C L A N B U C H : C L A N B U C H :

Ein Quellenband für Vampire: Die Maskerade

C L A N B U C H : C L A N B U C H :

Ein Quellenband für Vampire: Die Maskerade

 C L A N B U C H :

VON JAMES UND ELLEN KILEY

Gangrel00.p65 1 05.03.2002, 09:26

 MITARBEITER BESONDEREN DANK AN:
Holger „in our World now” Raab für die Umsiedelung
Autoren:
nach Norrath, Astrid „Cruise“ Mosler für Geschütteltes
James und Ellen Kiley
und Gerührtes, Oliver „Fatburner“ Hoffmann für Versu-
Entwicklung:
che der Ernährungsumstellung, Thomas „39“ Russow für
Justin Achilli
beherzte Alkoholübernahmen sowie an Werner „ewiges
Illustrationen:
Eis“ Lorch für Rock’n’roll-Ausflüge in die rheinhessische
Mike Danza, Richard Kane Ferguson, Michael Gaydos,
Pampa im tiefsten Winter.
Leif Jones und Christopher Shy
Umschlagillustration:
John Van Fleet
Deutsch von:
Hagen Hesterberg
Lektorat:
Oliver Hoffmann
Art Director und Umschlaggestaltung:
Oliver Graute
Satz und Layout:
Sylvia Koch, Angela Voelkel
Korrektorat:
Angela Voelkel
Mitarbeiter der US-Originalausgabe:
Cynthia Summers (Lektorat), Richard Thomas (Art Di-
rector), Becky Jollensten (Umschlaggestaltung, Satz und
Layout)

© 2001 Feder & Schwert

© White Wolf Publishing 2000
Unter Lizenz von White Wolf 1993
Originaltitel: Clanbook: Gangrel
Gesetzt aus der GoudyOISt BT
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck außer zu Rezensionszwecken nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags.
Charakterblätter dürfen ausschließlich zum persönlichen Gebrauch fotokopiert werden.
Die in diesem Buch beschriebenen Charaktere und Ereignisse sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit zwischen den
Charakteren und lebenden oder toten Personen ist rein zufällig.
Clanbuch: Gangrel ist ein Produkt von Feder&Schwert unter Lizenz von White Wolf 1993. Jegliche Copyrights liegen,
sofern nicht anders vermerkt, beim White Wolf Game Studio. White Wolf, Vampire the Masquerade, Vampire the Dark
Ages, Mage the Ascension, World of Darkness und Aberrant sowie Werewolf the Apocalypse, Wraith the Oblivion,
Changeling the Dreaming, Werewolf the Wild West, Mage the Sorcerers Crusade, Wraith the Great War, Trinity, Guide
to the Camarilla, Guide to the Sabbat, Vampire Storytellers Handbook und Clanbook Brujah sind eingetragene Waren-
zeichen oder Copyrights von White Wolf. Alle Rechte vorbehalten. Alle Namen, Titel, Charaktere und Text des vorlie-
genden Werkes sind © White Wolf.
Die Erwähnung von oder Bezugnahme auf Firmen oder Produkte auf den folgenden Seiten stellt keine Verletzung des
Copyrights dar.
Feder&Schwert im Internet: http://www.feder-und-schwert.com
CLANBUCH: GANGREL
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Gangrel00.p65 2 05.03.2002, 09:27

 C L A N B U C H :

INHALT
DIE SPÄTEN FRÜCHTE DER UNABHÄNGIGKEIT ..................................5
KAPITEL EINS: STEIN, STEPPE UND SEE:
EINE GESCHICHTE DES CLANSGANGREL .......................................... 11
KAPITEL ZWEI: INNENANSICHTEN DER GANGREL ........................... 41
KAPITEL DREI: TIERE UNTER MENSCHEN .......................................73

INHALT
3

Gangrel00.p65 3 05.03.2002, 09:27

Gangrel00.p65 4 05.03.2002, 09:27
 DIE SPÄTEN
FRÜCHTE DER
UNABHÄNGIGKEIT
Meine Springerstiefel machen erst ein schlurfendes, dann ein knallendes Geräusch
auf dem Gehweg der Stadt. Das Geräusch ist mir nicht fremd - wo ich herkomme, gibt es
auch Zement. Was mich fasziniert, sind die vielstimmigen Echos meiner Schritte in die-
sem Korridor aus Stahl und Glas. Wenn ich richtig fest aufstampfe und richtig gut hin-
höre, kann ich das Echo dreimal über der Straße hin- und hersausen hören, ehe der Stra-
ßenlärm es übertönt. Das hat Spaß gemacht, bis dieser Lieferwagen vorbei donnerte.
Ich muß aussehen wie ein Vollidiot, oder noch schlimmer, wie ein billiger Tourist. Wer
sonst würde Mittwoch nachts mit einem Arm voll Einkaufstüten, ’ner Baseballkappe und
solchen Stiefeln in der Innenstadt rumlaufen? Gut, daß ich bar zahle. Die Verkäufer im
Kaufhaus würden wohl noch denken, ich hätte ’ne Kreditkarte gestohlen. Ist mir egal,
was sie denken, wo das Geld herkommt, solange sie mir nicht ihre Wachmänner auf den
Hals hetzen. Das würde kompliziert.
Ich könnte genausogut ein Tourist sein. Ich komme nur zweimal im Jahr in die Stadt,
um Verbrauchsgüter, Lebensmittel und unverzichtbare Dinge zu besorgen. Auf dem
Rückweg zur U-Bahn gehe ich im Kopf noch mal meine Einkäufe durch. Es wäre Scheiße,
wenn mir unterwegs plötzlich auffiele, daß ich was vergessen hätte. Fünf Paar Jeans - da
stehe ich drauf. Ein Paar Chinos, für bessere Anlässe. Drei weiße Hemden, fünf Flanell-
hemden, Knöpfe, Nadel und Faden - ich bin vielleicht ein wandelndes Klischee, aber ich kann
meine Knöpfe selber annähen. Batterien in allen Formen und Größen. Gute Seife, Deo und
Parfüm - der beste Trick, um nach Mensch zu riechen. Die Leute sind nicht dumm; auch
wenn sie nicht wissen, daß sie es können, können sie Jäger riechen, und dann drehen sie
durch. Tarnung ist die Lösung, nicht nur im Aussehen, sondern auch im Geruch und den
Geräuschen, die man macht. Deswegen plage ich mich mit dieser Tüte rum, in der ein fet-
tiger Burger und Pommes Frites sind - wer erwartet schon einen Vampir, der Fast Food
mit sich rumschleppt?
Noch zwei Blocks bis zur Station, eine dreiviertel Stunde U-Bahnfahrt und dann noch mal
acht Blocks bis zu dem Parkhaus, wo mein Auto steht. Ich lasse es eigentlich nicht gern so
weit draußen stehen - da ist alles, was mir gehört, drin - aber es ist nicht unbedingt für
den Stadtverkehr gebaut. Es ist mein ganzer Stolz: ein 69er Chevy Sportsvan - keine
Bremskraftverstärker, keine Servolenkung, und er könnte auch aus Gußeisen gebaut sein.
Ich hab mal ’nen total angepißten Werwolf mit 100 km/h erwischt, das war, als hätte ich einen
schlafenden Polizisten überfahren. Ich nenne sie Werwölfe, und zwar nicht, weil ich glaube,
daß das diese behaarten Wichser am liebsten hören, sondern weil ich, wenn ich einen im Mond-

DIE SPÄTEN FRÜCHTE DER UNABHÄNGIGKEIT

5

Gangrel00.p65 5 05.03.2002, 09:27

 licht sabbern sehe, denke, „Oh Scheiße, ‘n Werwolf!“ und nicht „Oh Scheiße, ein Wolfling!“ Aber
er hat mir eine Delle in die Stoßstange gemacht.
Noch ein Block. Ich hab’s eigentlich ganz gut erwischt, wenn man’s genau betrachtet. Ich
bin der einzige Gangrel, den ich kenne, der einer regelmäßigen Arbeit nachgeht. Es ist
nichts besonderes - ich bin nur Nachtwächter im Nationalpark, und ich wünschte, sie würden
mir eine bessere Berufsbezeichnung dafür geben, denn ich habe mehr Nachtwächterwitze
gehört, als ich ertragen kann. Immerhin bringt der Job ein kleines, aber regelmäßiges Ge-
halt und einen abgelegenen Parkplatz für mein Auto auf dem Gelände. Die Parkleitung zeigt
viel Verständnis für meine seltsamen Arbeitszeiten, wenn der Senator zum Nachtspazier-
gang in der Natur vorbeikommt und seine quengeligen Kinder mal Hirsche sehen und Wölfe
heulen hören, ganz egal, welchen Lärm sie selbst machen, wenn sie durch den Wald stampfen.
Ich weiß, daß es hier in der Gegend Werwölfe gibt, aber bis jetzt haben sie mich in Ruhe ge-
lassen. Ich schätze, wir haben ’ne Art Abmachung - solange ich nicht die Kinder anbeiße, die
in den Park kommen, oder von Wolfswelpen trinke, drücken sie ein Auge zu, wenn Gelegen-
heitswilderer verschwinden oder übermütige Teens und einsame, alleinerziehende Mütter
den Park etwas bleicher verlassen, als sie gekommen sind.
Die Mündung einer dunklen Gasse mitten im Block zeichnet sich ein Stück vor mir ab.
Als ich vorbeigehe, fällt mir eine schnelle, gleitende Bewegung ins Auge. Ich bleibe ste-
hen, die Gestalt auch. Eine Stimme, als kratze etwas über den Boden einer Tonne, dringt
an mein Ohr: „Everett.“ Ich kenne diese Stimme.
* * *
Ich liege am Waldboden, mit dem Gesicht in fauligem Laub und Zweigen. Es ist Nacht, aber
die gewohnten Geräusche des Waldes sind verstummt - etwas jagt. Tatsächlich steht sie di-
rekt über mir, und ihre klauenbewehrten Füße sind nur eine Handbreit von meinem Gesicht
entfernt. Sie folgt mir schon seit einer Weile, ich konnte sie in den letzten Wochen alle paar
Nächte sehen. Ich dachte, sie wollte vielleicht etwas von mir. Als ich endlich die Möglichkeit
hatte, mich vorzustellen, stellte sich heraus, daß sie mich durch den halben Wald jagen woll-
te, bis ich tot bin. Jetzt liege ich da, schaue zu, wie mein Blut im Boden versickert, und frage
mich, ob diese Schlampe das unter Vorspiel versteht... Plötzlich höre ich ein anderes Ge-
räusch. Ich kann zwar den Kopf nicht heben, um hinzusehen, aber es klingt nach Stiefeln,
nicht nach nackten, klauenbewehrten Füßen wie ihre. Einen Moment lang stelle ich mir vor,
ein Ranger käme mit einer Axt, um mich zu retten, aber die Schritte enden in ihrer Nähe und
bleiben stehen. Die kehlige Stimme des Mannes senkt sich schnell auf meine Höhe: „Das ist
er?“ Ihre Füße drehen sich in seine Richtung, und ich denke, der Rest von ihr auch: „Jep!“ Ein
Grunzen von oben: „Sieht nicht so aus. Ich würde ihn nicht nehmen.“ Ich bin irgendwie belei-
digt.
Mein potentieller Mörder hat Geduld: „Ich hab dich nicht gebeten, ihn zu lieben, Sheperd,
du sollst nur Schmiere stehen.“ Der Mann, Sheperd, schätze ich, hockt sich hin, und es
dauert eine Weile, bis er seinen massigen Körper weit genug heruntergebeugt hat, um
in mein Gesicht sehen zu können. Er ist nicht besonders schön anzusehen - ich wünsch-
te, er wäre stehengeblieben. „Du hast ihn ganz schön vermöbelt, Jane. Denkst du, er
kommt durch?“ Sie antwortet in einem belustigten Ton: „Ich wollte sicher gehen, daß er
nicht gleich umkippt, wenn man ihn mal etwas härter anpackt. Er ist ok. Sie kommen alle
durch, wenn du sie nicht einfach kurzerhand umbringst, du Trottel.“ Es ist mir unmög-
lich, den Witz in meiner Lage zu erkennen, und es geht mir gar nicht gut. Mein Herz rast,
und ich habe Schwierigkeiten, scharf zu sehen.
Sheperd steht wieder auf. Ich bin dankbar, daß sein Gesicht nicht das letzte ist, was
ich in meinem Leben sehe. „Ich helfe dir aufpassen, Jane, aber sag mir, hat dir das je-
CLANBUCH: GANGREL
6

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 mand erlaubt?“ Sie lachte diesmal laut los: „Wen soll ich denn um Erlaubnis fragen, She-
perd? Siehst du hier einen Prinzen? Hörst oder riechst du einen? Die Gangrel fragen
nicht. Sie machen’s einfach. Wenn ich irgend jemanden fragen müßte, dann wäre es das
Kind, das ich ausgesucht habe, selbst.“
Jane kniet sich neben mich. Ihr Gesicht verschwimmt vor meinen Augen, und ich sehe
ihre roten, leuchtenden Augen in meiner Benommenheit mehrfach. Ich höre ihre Stimme
ganz deutlich und klammere mich daran wie ein Ertrinkender an die Uferböschung. „Es
ist eine ganz einfache Entscheidung. Sterben oder überleben. Willst du überleben?“ Mit
letzter Kraft hebe ich den Kopf. Ich erinnere mich, ja gesagt zu haben. Aber sie lag
falsch, denn es war - und ist - keine leichte Entscheidung.
* * *
Ich trete aus dem Licht in die Gasse. Meine Sicht verschwimmt kurz. Sobald ich wieder klar
sehe, erkenne ich ihn: „Sheperd.“ Ich hätte ihn eigentlich auf hundert Meter riechen müssen,
aber sein saurer, ranziger Geruch ähnelt beunruhigend dem der Pommes Frites, die ich mit
mir herumtrage. Wenn ich mich nicht irre, trägt er noch dieselben Stiefel, die er in jener
Nacht vor so vielen Jahren trug.
Er watschelt aus dem Torbogen, wo er sich verborgen hatte. Ich hatte vergessen, wie groß
er eigentlich ist. „Du hast dich nicht vorgestellt, Everett“, brummt er. Ich zucke die Ach-
seln, ich trage immer noch die Tüten auf den Armen. „Ich bin zwei Nächte hier. Ich habe nicht
getrunken und habe es auch nicht vor. Und der Prinz hält werktags nicht Hof.“ Sheperd lä-
chelt, und es ist kein nettes Lächeln. Er hat zu viel Spaß an seinem Job. „Regeln sind Regeln.“
Er kommt näher, gleitet an der Hauswand entlang und kickt beim Laufen Müll beiseite.
„Quatsch“, antworte ich, „ich war im letzten Winter hier und ein halbes Jahr davor. Ich habe
meinen Rhythmus, Sheperd, und bis jetzt hat sich noch niemand über meine Einkaufsgepflo-
genheiten beschwert.“ Ich bleibe ruhig. Er ist nicht schnell genug, um mir den Weg
abzuschneiden.Sheperd grunzt ein Zugeständnis.„Das war früher so“, sagt er. „Früher?“

DIE SPÄTEN FRÜCHTE DER UNABHÄNGIGKEIT

7

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 frage ich. Ich weiß, was er sagen will. Ich versuche, mich zu beruhigen; weiße Plastiktüten,
die in dunklen Gassen rascheln, könnten ungewollte Aufmerksamkeit erregen.„Ehe ihr die
Camarilla verlassen habt“, murmelt er. Er hat den Anstand, für einen Augenblick auf seine
Stiefel zu starren, denn auch er ist sich bewußt, wie gestellt die Situation ist. „Sheperd, das
ist albern. Denkst du etwa, ich sei so was wie ein Spion? Oder denkt der Prinz so was?“ Ich
mustere ihn. Sein wachsamer Blick beantwortet meine Frage. Ich glaube nicht, daß ich die Wut
in meiner Stimme unterdrücken kann: „Laß uns das einmal logisch angehen. Du bist auch
Gangrel, Sheperd. Bist du plötzlich Sabbatspitzel geworden?“ Er knurrt richtiggehend:
„Nein.“ „Wie kommst du dann darauf, daß ich’s bin? Habe ich je etwas getan, was den Prinzen zu
dieser Annahme verleiten könnte? Und wieso läßt er dich frei herumlaufen, wenn er denkt,
wir seien alle verdammte Verräter?“ Ich fuchtele herum, die Arme in Jesus-Pose weit aus-
gestreckt. Ich wußte, daß es wegen der Sache böses Blut gegeben hatte, aber ich hatte nicht
erwartet, daß die Dinge nach so kurzer Zeit so schlecht stehen würden.Sheperd bleibt ab-
rupt stehen. Kleine Blutschweißperlen bilden sich auf seiner Stirn und kullern langsam an
seinen Schläfen hinunter. Er spricht mit beherrschter Stimme: „Der Prinz... kann mir ver-
trauen... “ Mein Mut sinkt, als ich das höre. Ich fühle Ärger tief in mir aufwallen - Ärger auf
mich, weil ich hier reingeraten bin, auf Sheperd und seinen paranoiden Prinzen, die das hier
abziehen, sogar auf Xaviar, der dieses Chaos ausgelöst hat. „Du Idiot!“ schreit mein Mund.
„Du läßt das mit dir machen? Du läßt dich von ihm an die Kette legen wie ein kleiner Pitbull, da-
mit er dich auf andere hetzen kann, wie es ihm paßt? Was bist du bloß für ein Gangrel?“ Er
bewegt sich schneller, als ich es von ihm gedacht hätte, oder vielleicht bin ich auch zu be-
schäftigt damit zu motzen, um die ersten Anzeichen seiner Bewegung zu sehen. Ich wirble
herum - zu spät. Sein bulliger Körper steht zwischen mir und der Straße. Klauen sind aus
seinen Fingerspitzen gewachsen - er hatte vorher schon nicht vor, mich einfach so gehen
zu lassen, aber jetzt habe ich ihn verrückt gemacht. Bevor ich meine Tüten fallen lassen
kann, schlitzt er eine von ihnen mit einem fiesen Schlag auf. Ich wehre seine nächsten bei-
den Schläge ab, links - rechts. Das ist nicht leicht; Sheperd ist stark wie ein Bulle und diese
Klauen sind scharf. Ich bin schneller als er, aber ich kann die Stellung nicht halten. Ich
springe hoch, fasse das Ende einer Feuerleiter und verpasse ihm einen Tritt mit beiden
Füßen am Kopf. Das reicht, um ihn etwas zurückzuwerfen und verschafft mir einen Moment,
um meine Möglichkeiten zu erkennen. Ich könnte die Feuerleiter hoch, aber Sheperd ist wahr-
scheinlich schneller, weil er stärker ist. Die beiden Türen, die ich sehen kann, sind aus
Stahl, aber wenn sie zu sind, bin ich in einer Nische gefangen, wo ich keinen Raum zum Kämp-
fen habe. 30 Meter hinter mir endet die Gasse an einer Mauer. Wenn ich hier rauswill, dann
wohl über Sheperd.Er kommt und schwingt die Klauen wie Sensen. Ich weiche zurück in die
Gasse und versuche so gut es geht zu riechen, was hinter mir ist, während ich meine ge-
samte Hand-Auge-Koordination aufbringe, um Sheperds schlimmen Fäusten zu entgehen.
Ich nehme einen vielversprechenden Geruch wahr: Bleiche, ein bißchen Mehltau, ein leichter
Hauch von alter Kotze. Meine Nase lenkt mich ein wenig zu sehr ab, und Sheperd erwischt mich
am Kopf. Schmerz und Blut - er hat mich nur gestreift, aber ich habe das Gefühl, er hätte
meinen Skalp halbiert. Jetzt kann ich meinen Zorn sehen, wie ein rotes Tuch, das sich über
meine Augen legt. Ich dränge das Tier zurück - wenn ich jetzt zu rasen beginne, stürze ich
mich auf ihn, und er reißt mich in Stücke. Sheperd weidet sich einen Augenblick an dem ersten
Blut, und ich lege los. Ich hechte nach links, hoffe, meine Sinne haben mich nicht im Strich
gelassen, und strecke die Hand aus. Sie schließt sich um einen Besenstiel, und ich habe nun
eine Chance. Nachdem ich meine Muskeln mit soviel Blut wie möglich vollgepumpt habe, starte
ich einen schnellen Angriff mit Stock, Fäusten und Füßen. Ich habe Sheperd kalt erwischt.
Ich verletze ihn nicht, aber ich treibe ihn zurück. Drei Schritte, noch einer und noch einer
CLANBUCH: GANGREL
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 bringen uns an unseren Ausgangspunkt zurück. Ein angetäuschter Tritt ans Knie und
ein echter Kinnhaken drängen ihn noch ein letztes Stück zurück. Sein riesiger Fuß
stampft mit all seinem Gewicht in meine Einkäufe. Das leise Klirren brechenden Glases
ist alles, was ich höre. Eine fast schon sichtbare Duftwolke steigt von der zermalmten
Parfumflasche auf. Obwohl ich wußte, was uns erwartet, bleibt mir fast die Luft weg.
Sheperd dreht sich um, um zu sehen, in was er gerade getreten ist. Ich packe den Besen-
stiel, zerbreche ihn über meinem Knie und ramme das spitze Ende in Sheperds Brust-
korb und Herz. Einen panischen Moment lang bin ich unsicher, ob es funktioniert, aber
er braucht nur einen Moment, um steif zu werden und zu fallen. Ich trample gegen die
Wand, um den Zorn und die Angst aus meinem Körper zu vertreiben. Es sieht nicht aus,
als hätte jemand unsere kleine Reiberei mitbekommen. Ich sehe mir Sheperd an. Sein Ge-
sicht zeigt eine Mischung aus Haß und Resignation, die Klauen sind angespannt und ge-
krümmt. Ich grunze vor Anstrengung, als ich seinen schweren Arsch weiter in die Gas-
se schleife, weg von der Straße. Seine Helfer dürften ihn bis zum Morgen finden. Ich
bin hungrig, und meine Fänge zeigen sich, als ich auf das Blut starre, das Sheperds Hemd
tränkt. Ich zwinge die Zähne wieder zurück in meinen Kiefer - das letzte, was ich brau-
chen kann, wäre, einen Sheriff zu diablerieren. Sheperd ist außerdem nicht schuld. Es
hat ihn nur dummerweise erwischt, am falschen Ort, zur falschen Zeit, als Xaviar sei-
ne kleine Bombe geworfen hat - was das auch war. Wie viele Gangrel zahlen jetzt für un-
sere Freiheit und wissen nicht mal, warum? Ich bewege mich steif und finde meine
Baseballkappe, ziehe die Kopfhaut wieder über meinen Schädel und befestige sie mit der
Kappe, damit sie wieder anwachsen kann. Das wird einige Nächte dauern. Ich ziehe schnell
ein neues Hemd an und wische mir das Blut mit dem alten aus dem Gesicht. Dann werfe
ich das alte Hemd in die Gasse. Das letzte, was ich heute noch brauchen kann, ist irgend-
ein hilfsbereiter Mitmensch, der denkt, ich sollte mal im Krankenhaus vorbeischauen.
Ich stopfe, was ich kann; in die übrigen Tüten.„Du hast mich 75 Kröten gekostet, She-
perd“, grummle ich über meine Schulter, „sag dem Prinzen, ich werde hier in der Stadt
nichts mehr kaufen. Ich komme nicht mehr.“
Sheperds Antwort wäre wohl nicht allzu geistreich. Ich humple aus der Gasse zur U-
Bahn. Ich muß eigentlich nie wirklich in die Stadt. Es war nur mal wieder nett, Menschen-
mengen zu sehen und durch hell erleuchtete Einkaufszentren zu gehen, vielleicht um
eine Show mitzubekommen oder, was am wichtigsten ist, vielleicht um ein paar andere
Kainskinder zu treffen. Es wird nicht einfach werden, Jane davon zu erzählen, wenn
oder falls ich sie wiedersehe. Ich glaube, nächstes Mal werde ich wohl meine Garderobe
über das Internet bestellen.

DIE SPÄTEN FRÜCHTE DER UNABHÄNGIGKEIT

9

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Gangrel01.p65 10 05.03.2002, 09:51
 STEIN, STEPPE
UND SEE:
EINE GESCHICHTE DES
CLANS GANGREL
Das Wilde in einem Menschen wird nie gänzlich ausgelöscht.
- Henry David Thoreau
Das ist völlige Idiotie. Das kann mich den Kopf kosten.
Aber wenn ich mir keine Notizen mache über das, was ich
gehört habe, weiß ich, daß ich es vergessen werde. Zumin-
dest einen Teil. Und außerdem werde ich, wenn ich ewig
lebe, ganz schön angepißt sein, wenn ich mich an nichts
erinnern kann, was man mir mal gesagt hat. Ja, jetzt ist das
einzige, was mir durch den Kopf geht: Wenn ich das alles
aufschreibe, werde ich auf keinen Fall ewig leben.
Wirklich begonnen hat dieses Vorhaben vor ein paar
Jahren, als ich einen chaotischen Stoß Papier fand, den je-
mand, der sich Lord Ashton nannte, ’95 oder ’96 geschrie-
ben hatte. Ich glaube nicht, daß Ashton ganz bei Trost war,
als er das schrieb. Ich scannte einige seiner lustigeren Auf-
sätze und mailte sie verschiedenen untoten Freunden im
Netz zu. Einige ihrer Antworten stehen hier oder da in die-
sem Buch. Es sieht aus, als hätte Ashton im großen und
ganzen recht, aber wenn man den Leuten , mit denen ich
geredet habe, glauben kann, hat er mehrere Einzelheiten
verpeilt. Ich werde versuchen, aus dem, was ich gelesen
habe, und zwar sowohl in E-Mails, die ich von älteren
Vampiren bekam, als auch in Ashtons Schriften und den
Kommentaren dazu, aus einigen Gesprächen mit älteren
Kainskindern, aus der Geschichte und meiner Allgemein-
bildung die Wahrheit zu destillieren. Ich kann nicht garan-
tieren, daß das Ergebnis unanfechtbar ist, aber es ist das
beste Bild, das ich aus dem Konglomerat von Mythos, Ge-
schichte und Mist, das ich in den vergangenen 50 Jahren
gesammelt habe, zusammensetzen kann.
STREITAXT UND WURFSPEER
Ich weiß nicht viel über Archäologie oder kulturelle An-
thropologie. Als ich noch lebte, langweilten mich diese Fä-
cher, und jetzt, wo ich den Weitblick habe, sie zu schätzen,
KAPITEL EINS: STEIN, STEPPE
11
Gangrel01.p65 11
ist es viel zu hell draußen, um Feldstudien zu betreiben.
Ich habe aber eine ganze Menge gelesen, seit ich tot bin.
Die wissenschaftlichen Schätzungen, die ich kenne, datie-
ren Kains Mord an Abel und Gottes Fluch – falls Sie an so
was glauben – auf eine Zeit vor etwa 10.000 Jahren. Viel-
leicht auch 10.000 v. Chr., das bedeutete vor 12.000 Jah-
ren. Diese Dinge sind der Legende zuzurechnen, möglicher-
weise ist nichts davon wirklich geschehen. Zur Hölle, ich
habe nur den Namen eines verläßlichen Zeugen gehört –
„Pard“, – und als ich unterwegs war, um ihn zu suchen, schaff-
te ich es bis zur Sahara, bevor ich panisch wurde und aufgab.
Eine Sache, an die ich hier denken muß, ist die wahre
Geschichte der Realität. Klingt dumm, ich weiß. Ich kann
es anders ausdrücken, um die Frage klarer erscheinen zu
lassen: Hat Bischof Ussher recht? Geschah die Schöpfung
am Freitag, dem 12. Oktober 4004 v. Chr.? Wenn die Vam-
pire wirklich die Kinder Kains sind , dann müssen wir –
oder ich – erwägen, wie eng die Geschichte der Welt mit
der christlich-jüdischen Überlieferung verflochten ist.
Denn wenn wir wirklich in irgendeiner Hinsicht die Kin-
der Kains sind, bedeutet das, daß zumindest ein Teil der
biblischen Schöpfungsgeschichte in gewissem Sinne wahr
ist, was vieles an Wissenschaft über Bord wirft. Falls wir die
Kinder Kains sind, Kain der Sohn Adams und Adam der
erste Mensch ist, den Gott schuf, dann hat Gott vielleicht
wirklich die Dinosaurierfossile ausgelegt, um die Archäo-
logen zu täuschen. Oder wir fassen alles als Allegorie auf
und setzen voraus, daß die Vorsintflutlichen vielleicht
10.000 Jahre alt sind und schauen zu, in welche Richtung
die Diskussion sich wendet. Ich ziehe diesen Ansatz vor.
Aber es muß eine Wahrheit unter alldem geben. Wir sind
Vampire. Sonnenlicht verbrennt uns und Mondlicht, das
nur reflektiertes Sonnenlicht ist, tut uns nichts. Sternen-
licht nicht, und auf Video aufgezeichnetes Sonnenlicht
UND SEE
05.03.2002, 09:52
 auch nicht. Irgend etwas Geheimnisvolles muß am Son-
nenlicht sein. Wissenschaftler reden nicht viel über diese
Dinge. Ich glaube nicht, daß ich die Trennlinie zwischen
wissenschaftlicher Wahrheit und der übernatürlichen Welt
der Kainskinder klar ziehen kann. Jedenfalls werde ich ver-
suchen, die Geschichten und Hypothesen, die ich gehört
habe, zu vergleichen. Ich bin sicher, meine Quellen haben
mich mehrfach belogen, aber vielleicht werden wir einen
kleinen Teil der Wahrheit sehen, wenn sich die Widersprü-
che der Geschichten gegenseitig nivellieren. Der Diskus-
sion zuliebe sagen wir, daß die ersten Vampire in der Früh-
steinzeit auftauchten.
Außerdem werden wir noch ein paar großartige Annah-
men machen, bezogen auf das Buch Nod: Daß Enoch zwi-
schen 10.000 und 8000 v. Chr. existierte, daß Kain dort
herrschte, daß die Dritte Generation die Zweite dort töte-
te und daß Kain sie verfluchte.

ENOCH
Ich beginne mit Ashtons Bemerkung über unsere legen-
däre Ahnfrau, „Ennoia“. Man muß anmerken, daß in der
gnostischen Mythologie „Ennoia“ die weibliche Hälfte
Gottes repräsentiert. Ich kann mir nicht vorstellen, daß
unsere Ennoia jene Ennoia ist, aber man kann des öfteren
Bezüge zu unserer Vorsintflutlichen als „Mutter Natur“
hören. Ich bin nicht sicher, ob Ennoia nicht eine weibli-
che Form von Enoch darstellt, den das Buch Nod als ein
Mitglied der zweiten Generation erwähnt.
Vielleicht war sie eines seiner menschlichen Kinder oder
ein bevorzugtes vampirisches Kind.
Ashton beschreibt Ennoia als ein Kind Liliths, das von
einem Wolfsrudel aufgezogen wurde. Biblische Aussagen
zum gesamten Lilith-Thema und manche Feministinnen,
die sich ihren Namen auf die Flagge geschrieben haben,
einmal beiseite – betrachten wir, was Ashton des weiteren
schreibt: „(Ennoia) nahm sich einen Gefährten aus dem
Rudel und... gebar ihm Kinder... und von diesen stammen
die Wolflinge ab.“ Dies erklärt vielleicht die besondere Be-
ziehung, die Wolflinge und Gangrel zueinander haben. Ich
weiß nicht, worauf sich Ashton bezog, als er dies schrieb,
aber ich muß vermuten, daß er etwas Spezielles im Kopf
hatte. Wir haben keine besondere Beziehung zu den Wolf-
lingen. Wenn man sich an einen Werwolf schmiegt und
versucht, sein Kumpel zu sein, wird er einen wahrschein-
lich in Stücke reißen. Aber es wird noch komplexer.
Ennoia verbrachte angeblich einige Zeit in Enoch, der
ersten Stadt, nachdem sie die Wölfe verlassen hatte. Sie
schlief mit mehreren Männern und gebar ihnen einige
Kinder, bevor sie die Stadt verließ, wegen der Zwietracht,
die sie gesät hatte. Also, laut Ashton hurte sie herum, ge-
bar Kinder, gab diese ihren Vätern und verließ die Stadt.
Hatte niemand bemerkt, daß sie schwanger war? Hatte sie
Kinder von allen Männern gleichzeitig? (Ich schätze, das
ist genauso unwahrscheinlich wie die These, daß sie mit
einem Wolfsgefährten Werwölfe zeugte.) Aber hier ist ein
Widerspruch – Ashton schreibt, diese Kinder seien von
ihren Vätern zurückgewiesen und zu den Zigeunern ge-
worden. Hat dieser Bursche kein Geschichtsbuch gelesen?
Die Roma, die sogenannten „Zigeuner“, kamen im 10.
oder 11. Jahrhundert aus Indien. Vorher gibt es überhaupt
keine Hinweise auf sie, ignoriert man eine Legende, die sie
CLANBUCH: GANGREL
12

Gangrel01.p65 12 05.03.2002, 09:52

 verbreiten und die besagt, sie seien die Nachfahren der Gast-
wirte, die Maria und Josef in Bethlehem abwiesen. Auch in
diesem Falle würden sie zeitlich auf das Geburtsjahr Christi
festgelegt. Enoch muß vor dem Aufstieg des Pharaonenrei-
ches untergegangen sein, wobei uns sogar die ältesten Ver-
schwörungstheoretiker zustimmen, daß dies um 6000 v. Chr.
war. Das wäre eine große Lücke, die nicht zu erklären ist.
DIE DIASPORA
Archäologen sagen, die frühesten Städte seien zeitgleich
mit der mesopotamischen Stadt Ur entstanden, die um
4000 v.Chr. gegründet wurde.
Somit besteht eine Periode von 4000 Jahren, in der die
Menschheit als Jäger und Sammler lebte und vielleicht ver-
einzelte Bauerndörfer gründete. In einer solchen Gesellschaft
müssen die Gangrel als Götter erschienen sein. Auch im Ver-
gleich mit anderen Vampiren hoben sich die Gangrel dadurch
ab, daß sie die wichtigsten Dinge tun konnten. Sie konnten
eine Nomadengruppe begleiten, sie konnten sterblichen Jä-
gern helfen, die beste Beute zu finden und sie konnten sich
jeder Herausforderung stellen. Natürlich konnten sie nicht
bei Tag reisen, aber das ist hier nicht von Belang.
KAINITISCHE LEGENDEN
Ich habe eine recht klare Meinung über die vampiri-
schen Legenden vom Fall Enochs und über Ennoias Ver-
hältnis zum vorsintflutlichen Ravnos, den manche Rava-
na nennen – ich denke, das sind größtenteils Lügen oder
Legenden, die als Tatsachen mißverstanden wurden. Ich
werde hierauf näher eingehen, wenn ich über die Roma
schreibe. Vorerst lesen Sie nun die Überlieferung, wie ich
sie verstehe. Ennoia und Ravana waren in gewissem Sinne
Schwester und Bruder. Nachdem die Vorsintflutlichen die
Zweite Generation getötet hatten und Kain sie verflucht
hatte, zogen die Geschwister westwärts in die weite Step-
pe Zentralasiens. Sie trafen auf eingeborene Stämme,
meist Nomaden, bei denen sie Aufnahme und Freund-
schaft fanden. Sie zeugten Kinder und schufen die Wesen,
die heute als Methusalems der Gangrel und Ravnos be-
kannt sind. Einige Mythen berichten von vier oder fünf
Gangrel der Vierten Generation, aber ich glaube, daß die-
se Schätzung zu konservativ ist. Wie ich schon früher sag-
te und wieder betonen will, schweigen die einzigen Zeu-
gen. Laut der Legenden tat Ennoia dasselbe mit ihren
künftigen Kindern, was die meisten Gangrel heute noch
mit ihren eigenen tun: Sie schenkte ihnen den Kuß und
verließ sie dann für einige Zeit. Sicher beobachtete sie sie
aus der Ferne oder durch die Augen von Tieren, um si-
cherzugehen, daß das neue Kind mit der Belastung zu-
rechtkam. Sobald klar war, daß der Neugeborene auf eige-
ne Faust überleben konnte, begab sie sich zu ihm und er-
klärte ihm seine wahre Natur und sein Erbe. Sicher könn-
te diese Geschichte falsch sein – mir scheint es, als sei sie
aufgebracht worden, um die Gepflogenheit, die Kinder
nach der Zeugung auszusetzen, zu rechtfertigen. Sehen wir
den Tatsachen ins Auge: Die Gangrel sind bestenfalls
nachlässige Erzeuger. Irgend etwas passierte dort draußen.
Niemand weiß genau, was... entweder hatten Ennoia und
Ravana einen Konflikt, oder einer war des anderen über-
drüssig und wies des anderen Anspruch zurück, oder viel-
leicht stritten sie sich um einen bevorzugten Diener.
KAPITEL EINS: STEIN, STEPPE
13
Gangrel01.p65 13
EINE INSCHRIFT
Eine Bekannte von mir fand tief in einer leeren,
gruftartigen Höhle am Ufer des Kaspischen Meeres
eine Inschrift. Ihren Schätzungen nach stand die Höh-
le etwa 300 Jahre leer. Sie sagt, der Text sei in einer
prä-alexandrinischen Schrift geschrieben. Nachdem
sie mit Gelehrten, die mit alten türkischen und irani-
schen Texten vertraut waren, geforscht hatte, fertigte
sie die folgende Übersetzung an. Ich habe einige Theo-
rien über den Ursprung des Textes, aber vorerst äuße-
re ich mich dazu nicht.
Der große Spinnenkönig gab mir seine Fähigkeiten, als
ich ein Junge war. Als ich ein Mann wurde, war ich ihrer
überdrüssig und verließ seinen Hof. Die Spinne jagte die
Tigerkönigin und ihr Rudel. Da die Tigerkönigin mir nichts
Böses wollte, schoß ich einen Pfeil ins Auge der Spinne und
vergoß ihre Säfte aufs neue. Die Jäger fanden mich genau-
so wie das Rudel. Die Jäger waren der Himmel, das Feuer,
der Fels und die Flut. Wir waren bloß gebeugte und sture
Menschen. Als wir flohen, wendete der Spinnenkönig das
Feuer gegen meinen Namen und zerstörte ihn. Die Tiger-
königin ritzte einen neuen Namen in meine Brust. Sie gab
mir ihren Samen. Ich ward zum dritten Male geboren.
Habe ich nun einen Hof? Wenn ich dieser Höhle entfliehe,
werde ich es vielleicht erfahren.
Glaubt man den Legenden, so geschah etwas, das die bei-
den einander an die Kehle gehen ließ. Sie kämpften jahr-
zehntelang, hetzten ihre Kinder aufeinander und ermutig-
ten sie sogar, neue Kinder als Kanonenfutter zu zeugen.
Ennoias Brut war in jeder Hinsicht weitaus stärker, aber
Ravana war um ein vielfaches listiger und beherrschte die
Künste der Täuschung. Schließlich beschwor Ravana eine
Art unheiliger Verwüstung vom Himmel, um den Großteil
der Streitkräfte Ennoias zu vernichten oder außer Gefecht
zu setzen. Die wenigen, die überlebten, flohen gen Westen
nach Europa oder Afrika. Nach den wenigen Hinweisen,
die ich sammeln konnte, zeichnet sich ab, daß die Überle-
benden einander bekämpften und sich Richtung Norden,
Süden und Westen zerstreuten. Die nach Norden zogen,
trafen dort auf die Vorfahren der späteren sibirischen Völ-
ker und der Wikinger. Die, die nach Süden zogen, durch-
streiften die Ebenen Afrikas nördlich der Sahara oder wur-
den, wenn man Ashtons Interpretation den Vorzug gibt,
vielleicht die Gestaltwandler der Serengeti. Die wenigen
Vampire, die ostwärts flohen, glaubt man vernichtet (was
möglicherweise falsch ist). Die Mehrzahl zog nach Westen.
Auf sie führt der größte Teil des Clans Gangrel seinen
Stammbaum zurück. Unsere Gründerin Ennoia fiel in den
Millennien nach dem Falle Enochs mehrmals in Starre. Im
Dschihad mit Ravana selbst wurde sie nicht in Starre ge-
schlagen, falls dieser wirklich stattfand. Die Fragmente, die
ich finden konnte, besagen, daß Ennoia um die Zeit Chri-
sti in eine lange Starre fiel. Man diskutiert bis heute, ob
sie schon daraus erwacht ist.
FRÜHGESCHICHTE
Als ich einen frühen Auszug dieses Dokumentes verbreite-
te, fiel eine Abschrift in die Hände einer Historikerin und
Kritikerin des Clans Gangrel, Dr. Nona Abbot. Sie legte als
UND SEE
05.03.2002, 09:53
 ANDERE MYTHOLOGIEN
Torvus der Wikinger (das ist sein Name, nicht meine
Bezeichnung) erzählte mir eine völlig andere Schöpfungs-
geschichte. Seine Ansicht ist, Kain sei ein bevorzugter
und gesegneter Krieger Odins gewesen. Ich bezweifle
nicht, daß andere Gangrel, wie die Laibon Afrikas oder
die asiatischen Anda, ebenso andere Mythen kennen, die
sich ebenfalls als wahr herausstellen könnten. Ich möch-
te mich hier aber auf die Geschichten konzentrieren, die
europäische Gangrel gemeinsam haben. Das Hauptpro-
blem der Geschichtsforschung unter Kainskindern und
insbesondere Gangrel ist, daß wir immer eine mündliche
Überlieferung pflegten und unsere Ältesten im Laufe der
Zeit zu monströsen Bestien zu degenerieren pflegen, de-
nen die Fähigkeit der Sprache abgeht. Falls Sie etwas von
einer verläßlichen alten Quelle wissen, teilen Sie mir dies
bitte unverzüglich mit.

spontane Antwort meinem zwanzigseitigen Geschichtsabriß

34 Seiten an Verbesserungen und Fußnoten bei, und trotzdem
Teile ihrer Schriften reinster, unhaltbarer geistiger Dünnschiß
oder haßerfüllte Misanthropie waren, hatte sie einige verlok-
kende Ansichten, die ich hier zusammenfasse:
Der Aufstieg von Städten wie Ur und Jericho im Mesopota-
mien des vierten Jahrtausends v. Chr. kennzeichnet das Ende
einer reineren und einfacheren Kultur sowohl bei Sterblichen
wie Kainiten. Seit prähistorischer Zeit folgten umherziehende
Menschenstämme einem matriarchalischen Kodex. Wenn der
Stamm täglich unterwegs ist, müssen die Anführer die Popula-
tion durch persönliche Ausstrahlung anstatt durch die Andro-
hung von Gewalt zusammenhalten, denn wenn ein Stamm
nicht an das Land gebunden ist, ist es für unzufriedene Mit-
glieder oder Gruppierungen einfach, den Rest der Gruppe zu
verlassen. Eine solche soziale Struktur ist kein guter Nährbo-
den für eine Dominanz männlicher Individuen, da die typisch
männlichen Eigenschaften, wie Besitzanspruch und Einschüch-
terung, keine Aussicht auf Erfolg hatten. Nach dem Fall
[Enochs] fanden die Vampire, die auf Kain oder Lilith zurück-
zuführen sind, diese frühzeitliche menschliche Gemeinschaft.
Von den 13 angenommenen Vampirstämmen waren wenige
besser dafür geeignet, in dieser Umgebung aufzublühen, als die
Ennoianer, der heutige Clan Gangrel. Tatsächlich stellte eine
Gemeinschaft von Jägern und Sammlern eine hervorragende
Grundlage für ein goldenes Zeitalter der Gangrel dar, wobei
das Überleben der übrigen Clans allein von der Tapferkeit der
Gangrel abhing. Da es nur wenige entwickelte Dörfer gab,
mußten die Vampire mit den Menschenherden schritt halten
können, ganz abgesehen davon, daß sie Orte finden mußten,
die vor der Sonne geschützt waren. Diese Notwendigkeiten
machten die Mächte der Gangrel, die schnelles Reisen und das
Verschmelzen mit der Erde ermöglichen, lebenswichtig für wohl
jeden Kainiten. In der schlichten Wirtschaft der frühen Vampi-
re, die auf Tauschhandel ausgelegt war, wurde diese Disziplin
dadurch wie eine heiß begehrte technologische Neuerung be-
handelt: Stark gefragt und wenn möglich gehortet. Hiermit
wird nun auch der Bezug der Gangrel zu den Lilith- und En-
noia-Mythen klarer: Die Gangrel verkörpern das prähistori-
sche Matriarchat, das die übrigen Clans so sehr ablehnten. In
der Starre Ennoias wie in Liliths Exil durch Jehova erkennen
wir den Verlust der begünstigten Stellung der Gangrel dadurch,
CLANBUCH: GANGREL
14

Gangrel01.p65 14 05.03.2002, 09:53

 daß die anderen 12 Clans das Wachstum von Landwirtschaft und
Städten vorantreiben, beides Entwicklungen, die das Matriarchat
zugunsten eines kriegerdominierten Patriarchats unterminieren.
Wenn man das Wichtige von ihren radikalfeministi-
schen Anwandlungen zu trennen vermag, dürfte sie eini-
ges herausgefunden haben.
MESOPOTAMIEN
Sumer stellt die erste menschliche Zivilisation dar, so-
fern es den Westen angeht. Natürlich würde ein chinesi-
scher Anthropologe von sagenumwobenen Dynastien
sprechen, bis ihm die Luft wegbliebe, aber solche Dinge
sind von wenig Belang für uns Kainiten. Betrachtet man
die unzähligen Besonderheiten, die Sumer aufweist – sei-
ne Sprache ist mit keiner bekannten menschlichen Spra-
che verwandt, man kannte Schrift, Königsherrschaft und
Städtebau –, ist es ein kleiner Schritt, zu dem Schluß zu
kommen, daß die Sumerer von den Bewohnern Enochs
abstammten. Das ist die Art Fragen, die die Anthropolo-
gen unserer Art nicht zur Ruhe kommen läßt. Geschicht-
lich gesehen schlichen die Gangrel um diese Städte her-
um, wie sie es anderswo in den folgenden sechs Jahrtau-
senden tun sollten. Während sich andere Kainskinder in
diesen Städten aufhielten, um die sumerische Kultur auf
die eine oder andere Weise zu beeinflussen, zogen wir uns
zurück, verbargen uns vor den Riesen des Ostens und zo-
gen teilweise wie Barbaren umher. Ich habe den Eindruck,
daß kluge Gangrel zu dieser Zeit, als die Vorstellung von
Menschenstädten recht jung war, vieles taten, um die
Sterblichen dazu zu bringen, sich wieder einer nomadi-
schen Lebensweise zuzuwenden. Gangrel hetzten Horden
versklavter Tiere gegen Stadtmauern, sie bemächtigten
sich des Tiers in Hunderten von Räubern und sandten sie
sämtlich gegen die größten Städte und so weiter. Natürlich
machten sich die Gangrel auch die Pläne der Menschen zu
Nutze. Als die Semiten Sumer eroberten, folgten die
Gangrel ihrem Zug, um einer Orgie der Zerstörung Einhalt
zu gebieten. Obgleich es wohl Vernichtung zuhauf gab, sie-
delten die Semiten schließlich in den Gebieten der Sume-
rer, indem sie die Macht wohlhabender Städte erkannten.
Dieses Muster wiederholte sich immer wieder in der Ge-
schichte der Menschen, und die Ahnen unseres Clans er-
kannten, daß es ihnen nicht möglich sein würde, die Men-
schen dazu zu bringen, die Städte wieder zu verlassen, oder
sie vom Ackerbau abzubringen.
In der altbabylonischen Ära gaben unsere Ahnen derar-
tige Vorhaben schließlich auf. (Nun, das ist fürwahr eine
lange Zeit, um seine Meinung zu ändern – und bisher hielt
man britische Ventrue für verknöchert, wenn sie noch
heute vom Empire sprechen). Sie nahmen freiwillig die
Stellung der ewigen Außenseiter an, weil sie Nomadenkul-
turen tatsächlich als lebendiger erachteten als die, die sich
in engen Behausungen in den zeitgenössischen großen
Städten einnisteten. Zur Zeit Babylons hatten sich die
Gangrel bereits in alle Winde zerstreut.
DIE HELLENISCHEN KULTUREN
Die Kymren vernichteten die Mykenische Kultur um
1200 v. Chr. Über die Kymren selbst wissen wir nur wenig.
Sie waren Krieger, die nördlich von Griechenland lebten
und mehrere Konflikte mit den Skythen ausfochten. Die
KAPITEL EINS: STEIN, STEPPE
15
Gangrel01.p65 15
Kymren sollen sich in zwei Teile gespalten haben, von de-
nen die einen von den Skythen nach Norden aus ihrer
Heimat vertrieben wurden und über deren weiteren Ver-
bleib nichts überliefert ist. Die andere Fraktion verteidig-
te ihre Heimat mit ihrem Leben, das sie dabei auch verlor.
Das nenne ich Überzeugung. Die Griechen und Skythen
führten viele Kriege. Die Skythen waren ein Volk von Rei-
tern, die Sklaven hielten und einen brennenden Kampf-
geist besaßen. Herodot beschreibt ihre Fähigkeit, einen
Sklavenaufstand dadurch niederzuschlagen, daß sie sicher
dastanden und Pferdepeitschen schwangen. Sie bezeich-
neten sich selbst als die Nachkommen des Zeus oder sei-
nes Äquivalents. Zwar konnten sie dem Ansturm des Per-
serkönigs Darius nicht standhalten, doch war ihr Gebiet
eines der wenigen, das später nicht von Alexander dem
Großen erobert werden konnte. Trotz der allgemeinen
Tendenz unseres Clans, barbarischen Wanderungen zu fol-
gen, bevorzuge ich die Theorie, daß der Krieg zwischen
Kymren und Skythen durch einen Konflikt dreier Ge-
schwister im Blute, sämtlich Zöglinge desselben Gangrel-
Erzeugers, entstand. Ich kenne nur den Namen eines der
drei, nämlich Egothha, weshalb ich sie mit den griechi-
schen Namen der drei mythischen Gründer Skythiens be-
zeichnen werde. Die beiden älteren waren Agathyrsos und
Gelonus, der jüngste wurde Skythes genannt. Der Erzeu-
ger der drei hatte an Agathyrsos und Gelonus etwas aus-
zusetzen und verbannte sie in den Westen, wo sie zu den
Kymren gelangten und dort Einfluß gewannen. Skythes
war wahrscheinlich wirklich fähiger als seine Brüder und
half den Menschen, einen mächtigen Staat aufzubauen.
Die Kymren und Skythen führten mehrere Kriege, von denen
die Skythen die Mehrzahl gewannen, was zum Teil daran lie-
gen dürfte, daß Agathyrsos und Gelonus bei den Schlachten
anwesend waren. Die Kymrischen Krieger waren in gewisser
Weise dadurch zermürbt, daß die beiden Berater ihrer Köni-
ge zwei blutrünstige Berserker waren. Auf der anderen Seite
hielt sich Skythes von den Schlachten fern. Schließlich zwan-
gen skythische Soldaten die beiden älteren Geschwister in
Starre und eroberten das Gebiet der Kymren. Skythes selbst
(bitte beachten Sie, dies ist ein Pseudonym) verschwand lan-
ge vor dem Aufstieg Roms vom Antlitz der Welt.
DER ADLER UND DER
ELEFANT
KARTHAGO UND ROM
Wir waren weder in Karthago noch in Rom stark vertre-
ten. Unsere Fähigkeiten waren in der Wildnis, auf der Jagd
und auf Reisen von Vorteil, und riesige Reiche und ihre
Hauptstädte zogen uns wenig an. Sicherlich hielten sich
einige Gangrel in Rom und Karthago, aber beide wurden
als zu gefährlich angesehen – Rom, weil die Ventrue sich
die Herrschaft mit den Malkavianern teilten und Kartha-
go, weil die Pläne der Brujah und Assamiten den Geboten
Kains zu sehr widersprachen. Die Gangrel brachten zwar
in beiden Städten Kassandrarufe hervor; Ahnen des Clans
warnten die phönizischen Vampire vor der Gefahr der rö-
mischen Armeen, doch die Brujah und Assamiten vertrau-
ten auf die Stärke der karthagischen Flotte. Andere
Gangrel machten den Kainskindern des spätrömischen
UND SEE
05.03.2002, 09:54
 Reiches schmerzhaft bewußt, daß Stämme unter dem Ein-
fluß ihrer Clansbrüder vorhatten, die Ewige Stadt anzu-
greifen, aber auch ihnen schenkte man keine Beachtung.
DIE INVICTI
Zur Zeit des späten römischen Reiches schenkte ein gal-
lischer Gangrel zwei Verehrern der syrischen Gottheit Sol
Invictus („die unbesiegte Sonne“) den Kuß. Eine der bei-
den, deren Name nicht überliefert ist, traf auf eine Grup-
pe früher Vampirjäger, die sie zwangen, am Morgen nach
ihrer Zeugung ihrer Gottheit gegenüberzutreten, sie fand
natürlich die sofortige Vernichtung. Der andere, eine ge-
peinigte Seele, der später den Namen Constanus annahm,
ernannte sich zum „Beschützer der Untoten“, falls man so
etwas glauben will. Auffälligerweise nahm er es auf sich,
Menschen zu jagen, die Vampire vernichteten. Seinen
Kindern erzählte Constanus, er hätte seinen Auftrag dem
Buche Nod entnommen, worin [JHWH] festsetzt, kein
Sterblicher habe die Erlaubnis, die Hand gegen jene zu er-
heben, die das Kainsmal tragen. Da alle Kainskinder die-
ses Zeichen tragen, verwirkt jeder Mensch, der eines ver-
nichtet, sein Leben. Constanus und seine Nachkommen-
schaft, die Invicti, übernahmen diese Aufgabe. Im Lauf der
Zeit verdienten sich die Invicti eine ansehnliche Zahl von
Schuldigkeiten und Gefallen und natürlich die Feindschaft
der Hexenjäger. Sie wurden zu einer mächtigen politischen
Gruppierung unter den Kainskindern allgemein und waren
die wichtigste Splittergruppe innerhalb des Clans Gangrel.
Um 600 n. Chr. gerieten Constanus und seine mächtigsten
Kinder unachtsamerweise in einen Großbrand in Nordita-
lien; wenigstens sieben Vampire fanden den endgültigen
Tod. Nachforschungen der versprengten Invicti erbrach-
ten wenig Hinweise auf Schuldige; rachedurstige Jäger, ei-
fersüchtige Kainskinder oder ein zufälliger Blitzschlag hät-
ten das Feuer auslösen können. Die politischen Vorteile
und die Macht der Invicti ging innerhalb der nächsten
Jahre zugrunde, um 650 n. Chr. erinnerten sich nur noch
wenige an ihren Namen.
DER FALL ROMS
Schaut man sich eine Karte Europas an, die den Pflan-
zenbewuchs anzeigt, dürfte einem etwas auffallen. Frank-
reich, Deutschland, Italien, die Niederlande, die briti-
schen Inseln und Ungarn sind vornehmlich von Acker-
und Weideland bedeckt. Ackerland – das ist die Art Land-
schaft, die nötig ist, um Feudalstaaten, Landgüter und große
Städte hervorzubringen. Diese Gebiete beanspruchten wir.
Wir gingen ins Gebirge, nach Norden in die Wälder Skan-
dinaviens, in die Steppe oder in den Süden, ins uner-
forschte Afrika. Unser Clan ist nicht dafür geschaffen, fest
an einem Ort zu bleiben. Das Tier in uns sträubt sich da-
gegen, sich anzusiedeln. Wenn wir an einen zivilisierten
Ort kommen, hat sicher schon ein anderer Vampir dort
sein Revier abgesteckt, was uns ohne Zuflucht läßt. Des-
halb bleiben wir in alle Winde verstreut. Die ältesten
Gangrel stören die Ära Roms immer wieder mit den bei-
den größten Plünderungen der Stadt: Zuerst durch die
Gallier in der Frühzeit der römischen Republik und später
durch die Ostgoten, was das Ende des Weströmischen Rei-
ches darstellte. Die Gallier belagerten Rom 390 v. Chr. als
CLANBUCH: GANGREL
16
Gangrel01.p65 16
Vergeltung für den Mord an einem ihrer Häuptlinge. Die
Heere der Barbaren verjagten die römischen Legionen und
nahmen Rom ein, legten die Stadt in Schutt und Asche
und massakrierten die Bevölkerung. Achthundert Jahre
später, 476 n. Chr., standen erneut Barbaren vor den To-
ren der Stadt, diesmal waren es die Ostgoten unter Ale-
rich I. Wie ihre Vorgänger verwüsteten und plünderten sie
die Stadt und trieben Notzucht an den Bewohnern. Ale-
rich schickte Romulus, den Kaiser des Westreiches, ins
Exil, was den endgültigen Untergang des Reiches bedeu-
tete. Es ist von Wichtigkeit, daß ich die Einstellung der
Barbaren hier wiederhole. Es war der Wille der Götter, sag-
te man, daß gewisse Menschen in Städte zogen oder auf
Höfen lebten; ebenso war es der Wille der Götter, daß an-
dere auf dem Land lebten, als Herden umherwanderten
und vom Wetter gelenkt werden. Die Wanderer mußten
lernen, besser zu reiten, zu kämpfen und zu jagen als das
seßhafte Volk, denn sie mußten so überleben. Sicher war
das auch der Wille der Götter (oder Gottes, da die meisten
Germanenvölker christianisiert waren). Daher war es ein-
deutig der Wille Gottes, daß die Reitervölker zivilisierte
Städte plünderten und sich mit allen möglichen Gütern
davonmachten, besonders in mageren Jahren. Viele
Gangrel dieser Ära beteiligten sich natürlich daran. Wir
waren unter den Galliern wie unter den Ostgoten und all
ihren Verwandten in diesen 800 Jahren. Das ist eine enor-
me Zeitspanne: Beachten Sie, daß die Mongolen vor 800
Jahren in Europa eindrangen (unter ihnen waren wir
auch). Der Clan Gangrel war in der römischen Republik
wie im römischen Reich nur schwach vertreten, bis die
Römer begannen, Gallien zu erobern. Und auch dann hat-
ten wir alle Hände voll zu tun: Die Gangrel mußten ihre
bereits bestehenden Domänen gegen einfallende Ventrue,
Malkavianer und Toreador im Westen und gegen Tzimisce,
Brujah und Nosferatu im Osten verteidigen.
MARCUS SEXTUS
Marcus Sextus wurde im ersten Jahrhundert im la-
tinisierten Kairo geboren; gleich nach seiner Zeugung
durch einen Methusalem der Gangrel reiste er nach
Rom und stellte sich den Herren der Stadt (den
Clans der Ventrue und Malkavianer) einfach als der
„Ägypter“ vor. Sextus war zu Lebzeiten ein Adliger
gewesen und wünschte sich nichts sehnlicher als die
Anerkennung und Gesellschaft der untoten Führer
der Stadt, doch die machthungrigen Senatoren miß-
brauchten die Sehnsüchte des Gangrel, um ihn für
ihre Zwecke zu lenken. Gegen Ende des Reiches war
der Ägypter nichts weiter als eine Schachfigur. Bei ei-
nem Thing der Gangrel in Dakien um das Jahr 475
traf der Ägypter das einzige Mal den schrecklichen
Barbaren Arnulf und erfuhr durch ihn von der bevor-
stehenden Eroberung Roms. Zurück in der Stadt ver-
brachte er Monate in Gedanken versunken und be-
schloß schließlich, seine früheren Herren zu verlassen
und über das Mittelmeer nach Afrika zu fliehen. Dort
zeugte er zahlreiche Stammesangehörige, bis er sei-
nen Untergang durch die Hand Inyangas fand, seines
letzten Kindes, das heute im Norden der USA lebt.
05.03.2002, 09:54
 SCHWERT UND SCHILD
EUROPA NACH DER RÖMISCHEN
HERRSCHAFT
Der weite Bogen der europäischen Geschichte, der sich
vom Fall Roms bis zum Einfall der Mongolen spannt, ist viel
zu komplex, als daß man hier im Detail darauf eingehen
könnte. Die Zivilisation Europas zog sich in den Osten zu-
rück, nach Konstantinopel, während sogenannte Barbaren-
reiche, die West- und Ostgoten, die Sachsen, Franken usw.,
den Rest des Kontinents unsicher machten. Aufeinanderfol-
gende Jahrhunderte zeigen ein sich ständig wiederholendes
Thema: Eine barbarische Einwanderungswelle schwappt aus
der russischen Steppe nach Europa, bekriegt die dort ansässi-
gen Völkerschaften, siedelt sich dort an und geht schließlich
in der ansässigen Bevölkerung auf. Ihre Nachkommen wieder-
um ergreifen die Waffen gegen eine neue Welle von Einwan-
derern. In all diesen Jahrhunderten weigerten sich die
Gangrel typischerweise, sich niederzulassen. Obwohl unsere
Vorfahren unter den Angeln, Sachsen, Goten und praktisch
allen anderen Gruppen, bei denen sie Unterstützung fanden,
lebten, zogen sie es dennoch vor, diese zu verlassen, sobald sie
seßhaft wurden, und so etwas wie Nationalstaaten gründeten.
Nun, kaum hatten die Barbaren sich angesiedelt, da nistete
sich auch schon eine Gruppe Vampire bei ihnen ein und be-
gann ihr Ränkespiel. Als Alerichs Ostgoten auf den Ruinen
des römischen Reiches ein Königreich gründeten, gingen vie-
LAIBON
Als ich für dieses Buch Nachforschungen in vielen
Bibliotheken anstellte, stieß ich auf ein sächsisches
Epos, das vermutlich auf den Gangrel Maraulf von den
Drei Geschichten zurückgeht. Die Verse selbst schei-
nen aus der Zeit des Ehrwürdigen Bede stammen. Ich
brachte 1997 sie einem bekannten Spezialisten für alt-
englische Literatur zur Übersetzung.(Zu dieser Zeit war
ich noch Mitglied der Camarilla, und als der Prinz her-
ausfand, was ich getan hatte, ließ er den Gelehrten tö-
ten, aber das gehört nicht hierher.) Es scheint mir an-
gebracht, an dieser Stelle einen Teil der Übersetzung
abzudrucken:
In Clusium traf ich Otoaer den Finstren vom Stamme
der Laibon/Vom fernen Süden kommet er, Erdgeist und
Vampir/Stark gegen Feuer und klug bei der Jagd, macht
seiner Art das Tier keine Sorge
Darüber hinaus weiß ich kaum etwas über die Lai-
bon. Torvus beantwortete mir darüber keinerlei Fra-
gen, und er war der älteste Vampir, mit dem ich ge-
sprochen hatte. Es ist theoretisch möglich, daß die Lai-
bon vom Blute der Gangrel abstammten, da die Be-
schreibung der Kräfte Otoaers mit den unseren in ge-
wissem Maße übereinstimmen. Es ist auch umgekehrt
möglich - daß die Gangrel aus einem von jenseits der Sa-
hara stammenden Laibon-Clan stammen; ich weiß nicht
einmal, ob sie von Kain abstammen. Ich sammle uner-
müdlich Informationen über diese Wesen, aber die mei-
sten Kainskinder, mit denen ich spreche, sagen mir, Afri-
ka sei genauso gefährlich wie der ferne Osten.
KAPITEL EINS: STEIN, STEPPE
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Gangrel01.p65 17
le Gangrel zu den Hunnen auf den Balkan. Als Chlodwig das
Frankenreich in einen stabilen Staat verwandelte, zogen frän-
kische Gangrel nach Norden zu den Jüten, Lappen und Fin-
nen. So vergingen die Jahrhunderte. Avar Khan unterjochte
die Hunnen und Slawen des Balkans und bekriegte sich mit
dem Oströmischen Reich Justinians. Kurz darauf ließen sich
die Avaren in Mitteleuropa nieder, und wir gingen wieder auf
Wanderschaft.
KARL DER GROSSE
Karl, der älteste Sohn Pippins des Franken, wurde 771
der erste alleinige König der Franken. Im Laufe seiner
Herrschaft vereinigte er ein Gebiet, das in etwa die Gebie-
te des heutigen Frankreich und Deutschland vereinigte.
Karl der Große wurde auch der erste Kaiser des „Heiligen
Römischen Reiches Deutscher Nation“, er wurde im Jahre
800 vom Papst gekrönt. Zu dieser Zeit durchstreiften die
Gangrel die Wälder Deutschlands, den Balkan und die
Berge des Kaukasus, die Steppe im Osten und die kalten
Landschaften Skandinaviens. Die Ahnen des Clans
Gangrel hatten wenig mit Karl und seinem Reich am Hut,
außer, daß sie es angriffen, so zum Beispiel, als der Kaiser
seine Mannen gegen die Bulgaren und Araber ins Feld
führte. Nach dem Tode Karls des Großen ritten unsere
Vorfahren mit den Eroberern, den Wikingern und Warä-
gern, als sie sich ihren Weg nach Südeuropa bahnten.
DIE GARGYLEN
Die Tremere sind etwas verschlossen, was ihren Ursprung
angeht, aber der Eindruck, der sich mir aufdrängte, als ich die
Möglichkeit hatte, mich mit einigen sehr alten Gangrel zu
unterhalten, ist der, daß sie sich irgendwie selbst zu Vampiren
machten. Als sterbliche Zauberer dezimierten sie einen ande-
ren Clan, entweder die Tzimisce oder einen kleineren, die
Salubri, und verwendeten das Blut, das sie so errangen, um
sich selbst zu Vampiren zu machen. Gut, keine große Sache,
werden Sie denken, aber ich denke: Sie müssen wirklich mäch-
tige Zauberer gewesen sein. Und nun kommt der Teil der Ge-
schichte, der bei unseren Ahnen einen schalen Geschmack
hinterläßt: Die Tremere entschieden, sie bräuchten Muskel-
kraft. Die Tzimisce hatten Kinder als Kanonenfutter, Kriegs-
ghule und Unmengen an mißgestalten Dienern zur Verfü-
gung, die Tremere hatten nahezu nichts. Also nahmen sie un-
glückliche Seelen gefangen und experimentierten mit ihnen.
Ich weiß nicht, von welchen anderen Clans sie Vampire ein-
fingen oder was sie mit ihnen anstellten, aber sie fingen und
quälten dutzende Gangrel; das Ergebnis war die Blutlinie der
Gargylen. Sie machten Gangrel zu geistlosen Sklaven. Den
Gangrel, die dies erfuhren, gefiel das nicht. Binnen kürzester
Zeit versammelten sich ganze Rudel von uns vor den Toren
alter Tzimisceburgen, um de facto als Verbündete ihre Dien-
ste als Krieger anzubieten, damit sie eine Möglichkeit bekä-
men, ihre vermißten Brüder und Kinder zu retten oder zu rä-
chen. Die Tzimisce schienen über die Hilfe erfreut; manche
brauchten tatsächlich Hilfe gegen die Tremere, während an-
deren die Vorstellung gefiel, daß andere Kainiten für sie die
Drecksarbeit machten. Die Kämpfe währten mehrere hun-
dert Jahre, wobei wir sie töteten oder befreiten. Das Bündnis
mit den Tzimisce bröckelte im Lauf der Zeit, und Mitte des
13. Jh. kam nahezu alles in Osteuropa zum Stillstand.
UND SEE
05.03.2002, 09:55
 DER ANSTURM DER MONGOLEN
Ich habe keine Worte, um das Chaos und den Irrsinn zu
beschreiben, die den Westen ergriffen, als die goldene Hor-
de über die Wolga nach Rußland, den Balkan, Polen und
Ungarn eindrang. Dschingis Khan sagte, Gott selbst habe
ihn auserwählt, um die asiatische und russische Kultur aus-
zulöschen. Als Dschingis starb, hielten seine Kinder und
Enkel die Fahne hoch. Es war Batu Khan, Dschingis’ En-
kel, der die Mongolen schließlich nach Europa führte. Wie
eine Lawine überrollten sie vom Gebirge her kommend die
zivilisierten Länder mit Armeen, die man in dieser Größe
noch nie gesehen hatte. Und sie konnten kämpfen! Die
Erinnerung daran läßt mein altes, kaltes Herz höher schla-
gen. Schwer bewaffnet, langsam und unbeholfen führten
die europäischen Ritter mürrische Bauern ins Feld und er-
warteten eine gewöhnliche langsame und vorhersagbare
Schlacht, wie sie sie bisher für ihre Herren geschlagen hat-
ten. Die Mongolen waren, wenn überhaupt, leicht gepan-
zert. Sie ritten zähe, wendige Steppenponies und konnten
im vollen Galopp und rückwärts Pfeile abschießen. Der
aufmerksame (ja selbst der nicht ganz so aufmerksame)
Leser mag eine Spur Neid entdecken, die diese Worte
färbt. Das Heer der Mongolen fand in der bekannten Welt
nie seinen Meister, und wäre nicht der schicksalhafte Tod
des Ogadei Khan (1241) gewesen, hätte die Horde Euro-
pa wohl bis zum Atlantik überrannt. Etwas, das mit der
Mongolenhorde vergleichbar wäre, existiert heute nicht
mehr, es gibt keine unaufhaltsame barbarische Kraft, de-
ren Name allein schon Angst und Schrecken verbreitet.
Ich glaube, das einzige, was man in den Letzten Nächten
damit vergleichen könnte, wäre ein Börsencrash. Obwohl
die Mongolen und ihre Großkhans sterblich waren, ritt die
Horde nicht vom Übernatürlichen unbehelligt. Als die
Mongolen die Wolga überquerten, gesellten sich viele
Gangrel zu ihnen. Wie es der Fall mit den Hunnen tausend
Jahre früher gewesen war, ritten viele Vampire mit den
Mongolen, um von dem Chaos und der Zerstörung zu pro-
fitieren, die sie verbreiteten. Andere sehnten sich nach
den lange vergangenen Nächten voll Plünderung und
schlossen sich den Mongolen an, um ihre Jugend wieder-
zugewinnen. Zweifellos hatte jeder Gangrel seine ihm ei-
genen Beweggründe, ich möchte jedoch zwei wichtige
Ausnahmen nennen: Arnulf und die Anda. Unsere münd-
liche Überlieferung ist voll von Geschichten über Arnulf.
Er – oder es? – stamme aus skythischer Zeit oder noch frü-
her, so sagen Gerüchte, und solle sich sogar mit Alexan-
der dem Großen geschlagen haben. Er ritt mit den Hun-
nen, um Rom zu zerstören, unterstützte die Türken bei der
Eroberung Konstantinopels und war bei den Mongolen, als
sie Ungarn und Polen verwüsteten. Man weiß nicht, war-
um. Er ging seinen eigenen Plänen nach und hatte wenig
übrig für Geschichtsschreiber. Arnulf war eher eine Natur-
gewalt als ein Vampir. Er ist das beste Beispiel für den
Drang eines Barbaren, die Früchte der Zivilisation zu steh-
len und weiterzuziehen. Und man sagt, er rächte sich an
den Barbarenführern, die den Mantel der Zivilisation
selbst anlegten, nachdem sie eine Stadt eingenommen hat-
ten. Er wollte die Zivilisation zerstören und wieder primi-
tive, einfache Nächte verleben. Für einen Barbaren war es
das schlimmste Verbrechen, seine Stärke aufzugeben und
CLANBUCH: GANGREL
18
Gangrel01.p65 18
den Reichtümern einer Stadt zu frönen. Passenderweise
fand Arnulf seine Vernichtung, als er zwischen zwei einan-
der bekriegenden Ländern Stellung bezog. Im frühen 16.
Jh. kämpfte er auf seiten der Osmanen und zahlte den teu-
ersten Preis dafür, daß er die Fronten gewechselt hatte.
Die Geschichte der Anda ist weit komplexer. Wir West-
ler sind nicht sicher, woher sie kamen. Sie waren Kainskin-
der, anscheinend Abkömmlinge der Gangrel, von reinem
Mongolenblute. Das widerspricht dem, was wir über den
Fernen Osten zu wissen glaubten – man hatte angenom-
men, die Riesen, die wir heute Cathayer nennen, hätten
alle Kainiten getötet, die sich zu weit nach Osten vorge-
wagt hatten. Die tatsächliche Geschichte scheint etwas
verworrener zu sein. Am Ende wurden die Anda vernich-
tet, sie waren die Opfer eines großen Fluchs, den die
Cathayer in den letzten Nächten über das Mongolenreich
gelegt haben. Ich vermute, es ist manchen gelungen, dies
in tiefer Starre zu überstehen, aber wenn dem so ist, dann
glaube ich nicht, daß solche Wesen ein Interesse an solch
kurzlebigen modernen Monstren wie uns haben dürften.
Kinder der Anda, die im Westen gezeugt wurden, sind
wahrscheinlich ununterscheidbar von gewöhnlichen
Gangrel, und tatsächlich blieben viele dieser Vampire in
Europa, nachdem die Horde nach Karakorum zurückge-
kehrt war. Die Flammen der Inquisition vernichteten vie-
le von ihnen, und die übrigen beharren darauf, nichts be-
sonderes über die interessanteren Geheimnisse ihrer Blut-
linie zu wissen. Vampire sind vor allem zänkisch. Während
manche europäischen Kainskinder die Verheerungen der
Mongolenhorde willkommen hießen, kämpften die meisten
anderen entschlossen, um ihr Gebiet zu verteidigen. Zweifel-
los hätten die Europäer mehr Erfolg gehabt, wenn sie ihre
Kräfte vereint hätten, statt die Positionen der anderen zu un-
terhöhlen. In Wirklichkeit hatten es die Vampire Osteuropas
leichter, Verbündete gegen die Mongolen unter den Wolflin-
gen zu finden als bei ihresgleichen. Gangrel aller Schattierun-
gen starben rudelweise in Polen und Ungarn.
DIE ROMA
Dinge, die so lange zurückliegen, erscheinen immer et-
was verschwommen, aber versuchen wir, es zu rekonstru-
ieren. Als die Roma (also die Zigeuner) Indien verließen,
wurden einige von ihnen von Ravnos begleitet – nicht vie-
le, doch zumindest einige. Als Gruppen von Roma von
Reich zu Reich zogen, mußten sie Passierscheine von den
örtlichen Autoritäten bekommen. Manchmal wurde ihnen
die Erlaubnis nicht gewährt, und manchmal waren die Pas-
sierscheine von keinem großen Nutzen – ein Brief von ei-
nem fernen König zeigt nicht viel Wirkung bei Straßenräu-
bern –, doch größtenteils brachten sie den Roma Sicher-
heit. Es erscheint ein wenig seltsam, daß die Roma, denen
bei allem Respekt stets mißtraut wurde und denen man
schreckliche Verbrechen anlastete, mühelos Audienzen
bei Königen und Edelmännern und deren Geleitbriefe er-
langen konnten. Hier griffen die mit ihnen reisenden Rav-
nos ein. Den Vampiren gelang es viel leichter, Zutritt und
natürlich auch die Passierscheine zu erlangen. Sicher ge-
lang ihnen das in Europa nicht so gut. Genausowenig wie
ihre Herdenkarawane beherrschten die Ravnos die Spra-
chen, und wie schon erwähnt reisten sowieso nur wenige
Gruppen mit Vampiren. Als Roma auf europäische
05.03.2002, 09:56
 Gangrel trafen, boten sie ihr Blut den „shilmulo“ an, als
Gegenwert für die Gunst, einen Passierschein zu besorgen.
Dieses Schema zahlte sich für beide Parteien aus, und einige
Gangrel erlangten so eigene Roma-Herden. Schließlich drang
die Kunde von einem bestimmten Gangrel, der sich über die
„Besitztümer“ der Ravnos hermachte, zu einigen Ravnos
durch, und ein halbes Duzend der Gaukler lauerten dem li-
tauischen Gangrel Intarn auf, als er bei seiner Adoptivfamilie
ruhte. Intarn starb langsam, die Rede davon kam seinen
Nachkommen zu Ohren, und der Kampf war ausgebrochen.
Verbringen Sie genug Zeit Ihres Unlebens mit alten
Gangrel, und Sie können sicher sein, daß Sie Geschichten
über die Vorsintflutlichen der Gangrel und der Ravnos hören
werden, nach denen sie uralte Geliebte oder Feinde oder Ten-
nispartner gewesen sein sollen, ich gebe jedoch darauf nicht
viel. Ich weiß nicht, ob man es kann; sicher wären solche
Wesen in ihrer unglaublichen Macht unbegreiflich fremdar-
tig und ichbezogen. Theorien über eine zehntausendjährige
Geschwisterfehde erscheinen auf krankhafte Weise verein-
facht. Ich halte es für wahrscheinlicher, daß herrschende
Vampire der beschriebenen Zeit sich der alten Geschichten
über ihre Stammväter annahmen und sie auf die gegebene
Situation zuschnitten. Aber ich bin ja auch ein Zyniker.
PFÄHLE UND
SCHEITERHAUFEN
Die Ära der Inquisition war eine schrecklich finstere
Zeit für uns, wie jeder Leser mit halbwegs gesundem Men-
schenverstand schon vermutet haben dürfte. Vampirah-
nen waren als die unsterblichen Herren der Nacht umher-
stolziert, seit Rom gefallen war. Auch die Gangrel, die sich
KAPITEL EINS: STEIN, STEPPE
19
Gangrel01.p65 19
um derlei Scheiße normalerweise nicht scherten, waren
übermütig geworden, terrorisierten ganze Städte und ma-
rodierten unter Vieh, Kindern und Jungfrauen. Im 14. Jh.
schließlich begannen die Sethskinder, aufzuwachen und
bemerkten, daß Vampire weder unbesiegbar noch allwis-
send waren. Die Kirche bekämpfte Ketzer, Teufelsanbeter,
Hexen, Wolflinge, Kainskinder und alles, was sie in die
Finger bekam. Die Inquisition traf die Gangrel genauso
GEHEIMNIS DES ERZÄHLERS: DIE ANDA
Die Cathayer vertrieben in prähistorischer Zeit die
Gangrel aus Asien. Einige aber verblieben dort, verborgen
oder in Starre. Manche suchten sich ihre Zufluchten in den
sibirischen Wäldern, andere verbargen sich bei den Noma-
denstämmen – den Hunnen, den Tanguten und Mongolen.
Die meisten Gangrel, die unter den asiatischen Nomaden
wandelten, stammten von einem namenlosen Methusalem
ab, der sich unter der Wüste Gobi vergraben haben soll.
Diese Blutlinie, deren Angehörige sich Anda nennen, ver-
brachten ihre Nächte als Nutznießer der Eroberungen der
Mongolen. Als sich das Mongolenreich ausdehnte, gerie-
ten sie wieder in Kontakt mit der Gesellschaft der Kains-
kinder. Manche gliederten sich ein, andere nicht, und es
schlossen sich weiter Kainskinder aus dem Westen den
Mongolen an. Die Anda und ihre Konvertiten währten
nicht lange; ungefähr zu der Zeit, als die mongolische Dy-
nastie in China zusammenbrach, erhoben sich die
Cathayer und metzelten alle Kainskinder nieder, die sie in
die Klauen bekamen. Manche mögen geflohen sein – meh-
rere Ahnen der Gangrel behaupten, sich Dschingis Khans
zu erinnern –, als eine Einheit jedoch existiert die Blutlinie
der Anda nicht mehr.
UND SEE
05.03.2002, 09:57
 hart wie die übrigen Clans. Man mag glauben, daß wir sel- als der Prinz von Prag zur Konvention eingeladen wurde,
tener auf dem Scheiterhaufen endeten als andere Clans, bat er mich, an seiner statt zu gehen. Ich vermute, er re-
da wir uns nicht in Städten oder Herrenhäusern verkrie- spektierte mein Ehrgefühl; ich hatte nicht vor, zu lügen
chen, wie die Ventrue oder Nosferatu, Gangrel jedoch ha- oder ihn falsch zu repräsentieren. Es war in England. Zum
ben es schwer, ihre tierische Natur zu verbergen; wenn Glück wurden die Gespräche in einer zivilisierten Sprache
Vater Johannes einer Frau mit Klauenhänden oder Spin- geführt oder wenigstens auf Latein. Auf der einen Seite
nenaugen gewahr wird, brennt sie schon, ehe er „Dämon“ standen die Gründer: Hardestadt und seine Leute. Auf der
rufen kann. Die Ventrue fallen nicht so auf wie wir, und anderen standen die Anführer der Anarchenrevolte, ein
die Nosferatu, die ebenso auffällig sind wie wir, wissen, wie heulendes Rudel ehrloser Wilder und Schurken. Ich hatte
sie ihre wahren Gesichter verbergen können. Zweifellos mich für keine Seite entschieden, ich hatte die meiste Zeit
vernichtete die Inquisition zumindest eine Blutlinie unse- der Anarchenrevolte in Starre verbracht und fand beide
rer entfernten Verwandten, eine als Lhiannan bekannte Seiten widerwärtig. Hierin, so stellte sich heraus, stand ich
Gruppierung. Diese Sammlung von Kelten, Galliern und im Clan nicht allein. Die meisten von uns zogen keine der
Slawen war nicht in der Lage, dem Glauben der heiligen Konfliktparteien vor und hatten die Camarilla als Weg des
Inquisitoren zu widerstehen. Es gibt Geschichten, nach geringsten Widerstandes gewählt. Sehr viele Kainskinder
denen die Lhiannan Bluthexen, Satanisten oder schlim- von Ruf waren eingeladen worden, verstehst du, aber sie
meres waren – ich weiß nicht, was ich glauben soll. Ich waren nicht gekommen. Die meisten von uns hatten die
weiß nur, daß es sie jetzt nicht mehr gibt. Erwartung, daß eine echte Besprechung der Anarchenre-
volte stattfinden und man vielleicht eine Art Frieden er-
DIE ANARCHENREVOLTE UND DER reichen würde. Wir hatten uns geirrt. Die Gründer hatten
von Anfang an einen Plan. Sie wußten, welche Art von
DORNENVERTRAG Frieden sie wollten und sie waren nicht willens, etwas an-
Es spricht Torvus Blutbart, ein Wikinger; mein Glück, ihn dazu deres zu akzeptieren. Die Anarchen hatten ebenso Pläne,
zu bewegen, auf Band zu sprechen, erschreckt mich immer noch. und keine der Gruppen war zu einem Kompromiß bereit.
Ich werde dir vom Dornenvertrag erzählen. Ich war in Die Gründer beleidigten die Anarchen mit einem vorge-
Thorns; ich werde wohl wissen, was dort geschah. Die Ein- faßten Plan und einem Vertrag, der sich im Lauf der wü-
zelheiten sind nicht mehr allzu klar – ich erinnere mich an tenden Debatten, die über den Klosterhof fegten, in kei-
ein Kloster, Höhlen und eine Jahresration Blut –, aber dar- ner Weise veränderte. Statt dessen verbrachten beide Par-
auf kommt es nicht an. Es kommt darauf an, daß die ganze teien ihre Zeit damit, einflußreiche Vampire, die sich wie
Sache von vornherein ein Scherz war. Ich war in Prag, und ich noch für keine Seite entschieden hatten, zu beschwat-
zen. Es war recht schmeichelhaft, doch für mich stand die
Entscheidung fest: Ich hatte die Zeit nach meinem Tode
als Vargr im hohen Norden verbracht, und für uns stellte
Leif: initen aus
du ha tt es t Recht. Diesen Ka Diablerie das schwerste Verbrechen dar. Die Anarchen
Ich fürc ht e, en uns da-
an ge lt es an Ehre, und sie hass setzten Diablerie als Mittel zum Zweck voraus. Als dann
dem Süde n m s ich vor zwei
di e W ah rheit sprechen. Al Karsh auf mich zukam und von Ehre, Loyalität und Red-
für, da ß w ir unbekannten
vo r So nnenaufgang in lichkeit sprach, wußte ich, ich hatte keine Wahl, als mich
Woche n ku rz ntruefürsten Pi-
en w ar, bat ich den Ve auf die Seite der Gründer zu schlagen. Ich war nicht der
Land en ge fa ng zügig gewähr-
O bd ac h, was er mir groß einzige, mit dem Karsh oder Petrenkov, die Gangrel unter
ter Ar pa d um e, saß der Herr
nä ch st en Abend erwacht den Gründern, sprachen, und mit jedem Ahn der Gangrel,
te. Al s ic h am redeten über die
un de bei mir, und wir der diesen Weg einschlug, entschieden sich fünf oder sechs
Arpa d ei ne St der. Ich muß zu-
r St er bl ic hen und Kainskin er Neugeborene. Sicherlich sympathisierten viele junge
Pol iti k de gte, verstand, ab
be n, da ß ich ni cht alles, was er sa äc h si ch de r Gangrel mit den Anarchen und wollten diese Fraktion
ge Gespr
ge la ng m ir, ih m zu folgen. Als das l H us an ge - wegen der Beleidigung durch den fertigen Vertragstext
es Gene ra
dte, die der blinde nicht mehr verlassen, doch ihre Ahnen hatten es vermie-
Rebellion zuwan che Ar pa d da vo n,
en es mir, als sprä den, ihre Kinder mit den übelsten Anschuldigungen, die
zettelt hatte, schi lio n zu un terstützen. Das die Lasombra, Tzimisce und Ventrue an den Tag legten, zu
r Rebel
beide Parteien de te te vor Zorn, und ob
wohl ich
verlieren.
m . E r er rö bezichtig-
sagte ich ih e beschuldigt hatte,
er en Sü nd
ihn einer sc hw ndgut zu
te er mich al s Lü gn er
ni
un
ch
d bat mich, sein La
t gelogen, was ic
h ihm sagte, GEWEHR UND SCHIFF
. E s w ar auchte Herrn
verlassen
zo g ic h m ei n Schwert. Es br Mindestens ein Dutzend Ahnen der Gangrel wußten
Leif; da nn h aus seinem
ch s se in er Wachen, um mic schon um das Jahr 1200, daß sich westlich des Atlantik ein
Arpad un d se zwei von ihnen
rt re ib en , und ich erschlug weiterer Kontinent befand. Diese Gangrel stammten von
Hause zu ve ete ich Arpads
re N äc ht e danach beobacht Wikingern ab und hatten von heimkehrenden Seefahrern
dabei. M eh re Nach ein paar
vo n einem Baum aus. Geschichten über Vinland gehört. Einer – nennen wir ihn
Gut al s R ab e s zur Kirche des
n Bo te von Arpads Hau Olaf, obwohl sein Name im Laufe der Geschichte verlo-
Näc ht en lie f ei isition in der Ge-
nu n hö re ich, daß die Inqu - rengegangen ist – hatte großartige Vorstellungen von ei-
Ort es . U nd n genau meine Be
nd ei ne n D äm on sucht, auf de am en , Le if. nem Land, frei von europäischen oder asiatischen Vampi-
ge einen N
Und sie kennen m ren. Olaf, der im 12. Jh. schon rund 400 Jahre alt war, steu-
schreibung paßt. erte im tiefsten Winter Schiff und Mannschaft durch die
n Namen.
Sie kennen meine
CLANBUCH: GANGREL
20

Gangrel01.p65 20 05.03.2002, 09:57

 Stürme des Nordatlantiks auf der Suche nach seinem ge-
lobten Land. Er fand es schließlich. Die Vinländer sahen
sich von Eingeborenen, die sie Skraelinge nannten, um-
ringt; die Beschreibungen sind bruchstückhaft und ge-
schönt, aber sie waren recht offensichtlich Indianer. Mit
der Zeit lernten die Vinländer die Skraelinge kennen, was
wörtlich zu verstehen ist. Es ist zu vermuten, daß der
Stamm der Narragansett zum Teil von Vinländern ab-
stammt. Manche Vinländer wanderten mit ihren neuen
Familien gen Süden, während andere entweder starben
oder nach Europa zurückkehrten. Schließlich wanderten
Olaf und Karl, sein Kind, nach Süden in die offene Land-
schaft Amerikas. Olaf, der leicht paranoid war, lehrte Karl
die Fähigkeit des Verdunkelns der Nosferatu, und Karl
fand es recht nützlich, die Kunst des Auflauerns seiner
Jagdtaktik hinzuzufügen. Natürlich war die Reise schwie-
rig. Die Bevölkerung Europas sammelte sich in Dörfern
und Städten, aber die scheinbar primitiven Indianer taten
dies nicht. Wenn es ihnen nützte, traten Olaf und Karl als
wandernde Geister auf, ansonsten reisten sie unauffällig in
Menschen- oder Wolfsgestalt umher und jagten bei Bedarf.
Karl spricht von dieser Zeit als von einer friedlichen
Nachtidylle ohne Kainskinder, die ihnen Sorgen bereite-
ten. Diese kamen irgendwann natürlich doch. Ein Rudel
Werwölfe und ihre menschlichen Sklaven jagten das Duo
mehrere Jahre lang entlang der Atlantikküste und trieben
möglicherweise Olaf in Starre. Karl kam mit dem Unleben
davon und lebte über zwei Jahrhunderte in Frieden. Gele-
gentlich schenkte er einem Eingeborenen den Kuß, doch
die meiste Zeit verbrachte er als leiser Menschenjäger.
Karls Erzählung läßt vermuten, daß er lange vor der An-
kunft Columbus von in Amerika schlafenden Methusa-
lems wußte, doch er hielt sich von ihnen fern und verlang-
te von seinen Kindern dasselbe. Dessen ging er sicher, in-
dem er seine Kinder die Begabung der Nosferatu lehrte,
die Olaf ihm beigebracht hatte, wobei er dieser Disziplin
manchmal den Vorzug vor der in unserem Clan üblichen
Herrschaft über die Tiere gab.
DAS 16. JAHRHUNDERT
Als die Menschheit die westindischen Inseln und Ame-
rika entdeckte, verteilten wir uns über den Globus. Es gab
Gangrel, die ihre Zufluchten in der Wildnis des Songhai-
Reiches in Afrika hatten, ohne Rücksicht auf die Gefahr,
die die übernatürlichen Wesen des schwarzen Kontinents
darstellten. Gangrel kämpften an beiden Fronten, als Iwan
der Schreckliche Rußland von der Goldenen Horde zu-
rückeroberte. Wir nährten uns von den Azteken und ih-
ren Nachfahren. Wir ritten mit den Türken Suleimans des
Großartigen, als er europäische Städte vom Schwarzen
Meer bis weit in den Mittelmeerraum eroberte. Es ist si-
cher, daß viele Gangrel – darunter der berüchtigten Arnulf
der Hunne – mit den Türken ritten, als sie Europa im 15.
und 16. Jh. eroberten. Dieses Bündnis wird von vielen kai-
nitischen Historikern als Irrung verstanden, die die
Gangrel als Geschöpfe der Barbarei sehen, nicht des Islam
– obwohl im Gegensatz zur vorherrschenden Meinung eu-
ropäischer Kainskinder Suleimans Türken bei weitem
nicht barbarisch waren, sondern einer Kultur angehörten,
die so reichhaltig und fortschrittlich war wie die Europas.
Die Gangrel, die mit den Türken ritten, sahen diese nicht
KAPITEL EINS: STEIN, STEPPE
21
Gangrel01.p65 21
als Verheerer von Städten, sondern vielmehr als Mittel
zum Zweck. Ahnen, die ihre Burgen in Europa im Laufe
der Jahrhunderte gefestigt hatten, stellten eine große Zahl
von Feinden dar, und eine Zweckgemeinschaft mit den
Türken und ihren assamitischen Gefährten erlaubte es den
Gangrel, Festen der Tremere oder Tzimisce einzunehmen,
die unangreifbar für sie gewesen wären, wären sie in Euro-
pa verblieben.
DER SABBAT
Was die Geschichte des Sabbat betrifft, ist mein Wissen
bruchstückhaft. Nicht, daß ich mich nicht bemüht hätte,
doch kann man sich vorstellen, daß sich Probleme auftun,
will man einen Gangrel jedweder Art befragen. Multipli-
ziert man diese mit der Gefahr an Leib und Leben, die man
eingeht, wenn man seine Zeit mit einem Sabbatanhänger
verbringt, so sollten Sie verstehen, daß ich über sie weni-
ger Informationen besitze, als Sie gerne bekämen. Falls Sie
jedoch sachdienliche Hinweise haben – nur ernsthafte In-
formationen bitte, ich brauche nicht noch mehr Mails von
„Totschläger_d00d”, der mir erzählt, wie „völlig geil” es ist,
daß der Sabbat „total böse” ist –, zögern Sie nicht, sich bei
mir zu melden. Aber verwenden Sie bitte eine sinnvolle
Verschlüsselung, sonst werde ich die Nachricht ignorieren.
Die Camarilla mag ein Haufen Bastarde sein, die Maske-
rade erscheint mir jedoch zu sinnvoll, um sie aufzugeben.
Trotz allem ist manches klar. Einige Anarchen waren ra-
send über den Dornenvertrag. Trotz des Schadens, den sie
unter den Ahnen in ganz Europa angerichtet hatten – und
trotz der Vernichtung zweier Vorsintflutlicher, falls man
den Lasombra und Tzimisce glauben schenken kann –,
entschieden sich die meisten jungen Anarchen, als es an
der Zeit war, Stellung zu nehmen, für die Seite ihrer Erzeu-
ger und deren Vorväter. Wie Torvus Schwarzbart weiter
oben bereits erwähnte, gab es unter den Gangrel nicht all-
zu viele Anarchen, da die Clansahnen ihre Kinder nicht
annähernd so sehr mißbrauchten, wie es bei anderen Clans
der Fall war. (Zugegeben, vielleicht taten sie es doch, es ist
aber unwahrscheinlich, daß die Gangrel-Anarchen eine
bessere Sozialstruktur aufwiesen als der Clan, dem sie ent-
stammten.) Die, die sich der Sache der Anarchen an-
schlossen, wie der Mongole Jalan-Aajav, glaubten sehr fest
daran. (Fragen Sie mich nun nicht, ob Jalan-Aajav den
Anda angehörte, ich weiß es nicht – und er beantwortet
meine diesbezüglichen Fragen nicht.) Etwa Mitte des 16.
Jh. waren es die Anarchen müde, auf der Flucht vor den
Ahnen zu leben, gegen die sie sich nach dem Treffen von
Thorns gestellt hatten, und so hielten sie geheime Treffen
in Spanien und Südosteuropa ab. Bei diesen Treffen ent-
wickelte sich eine Philosophie, ein Name und ein neuer
Richtungssinn der verfolgten Anarchen. Sie nannten sich
Konvente und Sabbate und waren davon überzeugt, die
einzig wahre Brut des Teufels (oder Kains, je nach Land-
strich) zu sein; sie verspotteten die Maskerade und die
Ahnen, die sie verteidigten. Meiner Meinung nach traten
nur zwei Arten von Gangrel dem Sabbat bei: Solche, die
auf Kampf aus waren und solche, die sich weigerten, in der
Camarilla das Menschlein zu spielen. Die Kämpfer beka-
men mehr als genug zu tun. Die meisten fanden den end-
gültigen Tod im Kampf gegen die Camarilla. Die, die sieg-
reich waren, kannten keine Skrupel, ihre Gegner zu diable-
UND SEE
05.03.2002, 09:58
 rieren, wodurch sie ihre eigene Stärke vermehrten und ihre
Fähigkeiten für den nächsten Kampf verbesserten. Die
Kämpfe fanden hauptsächlich in Spanien und Frankreich
statt, obwohl einige Schlachten auch auf dem Balkan, im
Stammland der Tzimisce, tobten. Es war ein Guerillakrieg, die
Kampfesart, in der die Gangrel unübertroffen sind.
Aus Gesprächen mit Blutbart, Mortensen und ein oder
zwei anderen Ahnen erfuhr ich, daß unsere Vorfahren
menschliche Moral und Ethik beiseite schoben, wann es
ihnen beliebte. Die meisten wurden rasch vom Tier, das in
ihnen lebte, aufgezehrt, die disziplinierten unter ihnen je-
doch folgten dem „Pfad des wilden Herzen”, einem ethi-
schen Kodex, der es seinen Anhängern erlaubt, das Tier,
das an ihrem Innersten nagt, zu bändigen. Die Camarilla
jedoch legte ihren Angehörigen dringend ans Herz – man-
che reden von Zwang –, die Ethik der „Menschlichkeit”
anzunehmen, um den Kainskindern eine bessere Integra-
tion in die menschliche Gesellschaft zu ermöglichen. Es ist
kein leichtes, einen Moralkodex aufzugeben, an den man
fest glaubt; falls Sie mir nicht glauben, versuchen Sie es bei
Gelegenheit. Letztlich sagten die Gründer den Ahnen der
Gangrel, die den Weg des wilden Herzens gefunden hat-
ten, ihr Kodex sei falsch und es sei ein Verbrechen, ihn
nicht aufzugeben und sich der Menschlichkeit anzuschlie-
ßen. In der Folge wünschten einige Gangrelahnen die
Gründer zur Hölle und schlossen sich dem Sabbat an.

DAS 17. JAHRHUNDERT

Der Dreißigjährige Krieg diente dazu, einen Großteil der
Manöver zwischen Camarilla und Sabbat zu vertuschen.
Obwohl ich nicht bezweifle, daß es Menschen waren, die
den Krieg anzettelten und führten, so frage ich mich doch,
ob er so lange gedauert hätte, hätte er nicht dem Ränke-
spiel der Untoten gedient. Gangrel sind bekanntermaßen
die wildesten Kämpfer unter den Kainskindern, und wir
hatten während des Krieges viel zu tun. Aber nicht alle
glaubten fanatisch an das, wofür sie kämpften; schon da-
mals wählten Autarkis unter den Gangrel die Seite, die sie
besser entlohnte, sei es in Gold oder Blut.
Im 17. Jh. gründeten europäische Siedler die ersten
ernstzunehmenden Kolonien in Nordamerika. Manche be-
standen nicht lange, doch einige wuchsen, und bald war
die Ostküste Nordamerikas gesprenkelt von Siedlungen.
Europäische Kolonisten interagierten mit den Indianern
auf verschiedenste Weise, von offenem Krieg bis hin zu an-
genehmer Zusammenarbeit. Dieses Zusammenleben rück-
te die neuen Siedler ins Blickfeld mächtiger Gangrel, die
ihre Zuflucht schon lange in Amerika hatten. Diese Frem-
den labten sich an den Siedlern, bis 20 Jahre später
schließlich europäische Kainskinder den Atlantik über-
querten, wodurch es zu einigen... aufregenden Konflikten
zwischen beiden Gruppen kam.

DAS 18. JAHRHUNDERT

In keinem Abschnitt sehe ich mich genötigt, zu sagen,
es sei eine langweilige Zeit für die Gangrel gewesen und es
sei nicht viel passiert. Das 18. Jahrhundert war eine Zeit
der Erforschung und des Umbruchs. Um Staatsstreiche
scheren wir uns gemeinhin nicht, doch ist Forschung un-
sere Domäne. Ich werde jetzt nicht die absurde Aussage
machen, Lewis und Clark seien Gangrel gewesen (oder gar
CLANBUCH: GANGREL
22

Gangrel01.p65 22 05.03.2002, 09:58

 Gangrel-Ghule oder von einem geheimen Gangrel und sei-
ner Legion loyaler Anhänger gesteuert oder eine andere
lächerliche, ventrueske Aussage), doch viele Expeditionen
in die Wildnis Nordamerikas oblagen in Ehren ergrauten
Trappern und Händlern, deren Vergangenheit im Schatten
lag und deren Gewohnheiten ungewöhnlich waren. Sicher
werden Sie es nicht allzu ungewöhnlich finden, daß zu-
mindest einer von ihnen einer der unsrigen war. Revolu-
tionen tobten in Frankreich und Amerika, und dies ließ
beiderorts Gewalt zwischen Sabbat und Camarilla zu, wie
es in jedem Krieg der Fall ist. Aber abgesehen von den
Leckereien hatten die Gangrel, mit denen ich über dieses
Thema sprach, keine besondere Meinung dazu. Den mei-
sten gefielen die Vereinigten Staaten so, wie sie waren,
aber damals störte sie die Revolution nicht. Die einzige
Auswirkung, die sie, laut meinem Erzeuger und seinen Be-
kannten, auf die vampirische Gesellschaft hatte, war, daß
unzählige amerikanische Institutionen sich der europäi-
schen Vorherrschaft entwinden konnten, was amerikani-
schen Kainskindern die Möglichkeit eröffnete, selbst Ein-
fluß zu gewinnen. Natürlich brachte dies den Gangrel
nicht viel, da ihnen die nötigen Kontakte fehlten, um ein
Machtvakuum auszunutzen, aber die meisten scherten
sich eh nicht groß darum.
DAS 19. JAHRHUNDERT
In den USA beherrschte der Bürgerkrieg (oder wie es
meine Brüder in Georgia bevorzugen, der Staatenkrieg)
das 19. Jh. Aus dieser Perspektive ist es einfach, die Ereig-
nisse zu sehen, die dazu führten und sie als Vorboten zu
erkennen, und es ist sicherlich so, daß ein Großteil des
zweiten Teils des Jahrhunderts damit verbracht wurde, die
Folgen des Krieges zu verarbeiten. Was die Gangrel be-
trifft, so ist es die unschöne Wahrheit, daß Sklavenunter-
künfte feine Jagdgründe abgeben. Die Befreiung der ame-
rikanischen Sklaven nach dem Bürgerkrieg stellte eine
Härte für jene Gangrel dar, die sich für mehr als ein Jahr-
hundert von derselben Plantage ernährt hatten. Mir tut es
kein bißchen leid, wenn diese Gangrel magere Jahre erleb-
ten; ich halte Sklaverei für eklig, und sich von Sklaven
oder Gefangenen zu ernähren finde ich schlichtweg absto-
ßend. Aber bleiben wir realistisch: Wir reden von Sterbli-
chen oft als Vieh oder Gefäßen. Die Rücksicht auf Men-
schenwürde oder -rechte ist unter Vampiren nicht allge-
genwärtig, und nach einem Unleben, das ein Jahrhundert
andauert, ist davon nicht mehr allzu viel übrig, wie ich be-
obachten konnte, von den Gepflogenheiten des Sabbat
ganz zu schweigen. Was den Krieg betrifft, so war er eine
blutige, grauenvolle Sache. Es war der letzte „traditionel-
le” Krieg, den die Amerikaner führten; im Gegensatz zur
Mentalität des totalen Krieges, die sich im 2. Weltkrieg
zeigte, war der Bürgerkrieg regelrecht elegant. Doch es
starben Tausende. Grant wußte, daß der einzige Vorteil der
Union ihre enorme Bevölkerung war, und so jagte er Scha-
ren von Truppen auf die Stellungen der Föderierten. Wie
immer profitierten die Gangrel als nomadisierende Aas-
fresser von diesen Szenen der Massenvernichtung. Wenn
die Sonne unterging, krochen wir aus der Erde und
schmausten an den frisch Verstorbenen und den Halbto-
ten. Viele Neugeborene wurden im Krieg gezeugt, und die
meisten von ihnen behielten die Vorurteile ihres sterbli-
KAPITEL EINS: STEIN, STEPPE
23
Gangrel01.p65 23
chen Lebens. Für einen kurzen Zeitraum in den siebziger
Jahren des 19. Jh. machten neugeborene Gangrel, die ein-
ander bekämpften, die Appalachen von Norden nach Sü-
den praktisch unpassierbar, doch dieses Scharmützel löste
sich von selbst und zeitigte nur wenige Tote. Einige weni-
ge eigenbrötlerische Ancillæ hegen aus dieser Zeit immer
noch einen Groll und fordern zornig jeden jungen Gangrel
heraus, dessen Akzent zeigt, daß er von der falschen Seite
der Mason-Dixon-Linie stammt. Was die indianischen
Nationen betrifft, so gingen sie in diesem Jahrhundert
praktisch zugrunde. Die Indianer wurden westwärts ge-
drängt und mit Gewalt in Reservate gepfercht, um den
Weißen die besten Ländereien vorzubehalten. Die Stäm-
me, die sich weigerten, auf die Forderungen der USA ein-
zugehen, wurden vom Heer über die großen Ebenen ge-
hetzt. Viele Gangrel verstanden sich als Verbündete der
Indianerstämme. Viele andere tranken nur von ihnen,
ohne sich um ihr politisches Schicksal zu kümmern. Man-
che Gangrel hatten die Kühnheit, sich gegen die Truppen
zu stellen, die zur Umsiedlung der Stämme aufgebracht
wurden; es mag ihnen vielleicht gelungen sein, die Trup-
pen solange zu beschäftigen, bis bevorzugten Sterblichen
die Flucht gelänge, aber ebenso trieben sie ein verschreck-
tes Corps dazu, drastische Maßnahmen gegen die Indianer
zu ergreifen. Die Umsiedlung in die Reservate selbst stell-
te für die Untoten kaum ein Problem dar. Die Gangrel
zeichnen sich durch Beweglichkeit aus, doch der Umsied-
lung folgte ein spiritueller Verfall der Stämme. Ihre Zahl
ging zurück, und sie erkannten, daß sie selbst nur der Be-
weis für längst gebrochene Verträge waren. Zahlreiche
Gangrel schlugen ihr Lager in oder bei Indianerreservaten auf,
die sich nicht allzu sehr von den Konzentrationslagern späte-
rer Kriege unterschieden; die Ureinwohner stellten angeneh-
me Herden dar und einige waren bereit, als Diener oder so-
gar Ghule zu arbeiten. Die anderen Clans hielten sich größ-
tenteils fern von den Reservaten, da sie sie als zu arbeitsauf-
wendig erachteten, als daß sie sich lohnen könnten.
STADTGANGREL UND LANDGANGREL
Wie wir wissen, war der Sabbat in Nordamerika schon
immer stark. Es liefen auf dem Kontinent zu viele Blutlini-
en der Gangrel zusammen, als daß ich auch nur hoffen
könnte, zu irgendeinem Punkt der Geschichte eine kom-
plette Genealogie der Beteiligten liefern zu können, doch
kann ich einige interessante Tatsachen berichten. Zum ei-
nen dominierten zur Zeit der amerikanischen Revolution
die Nachkommen Karls, des Sohns Olafs, die nördlichen
Appalachen. Sie werden sich an meine frühere Erwähnung
Karls erinnern, er und Olaf entstammten der Zeit der Be-
siedlung Vinlands im heutigen Nova Scotia.
Teile von Karls Brut und europäische Sabbatgangrel ge-
langten zur Zeit des Bürgerkriegs in großer Zahl nach New
York City. Um 1860 hatten etwa drei Dutzend Sabbat-
gangrel ihre Heimstatt in der Stadt, wie meine Quellen
berichten (lassen sie sich die Zahl kurz auf der Zunge zer-
gehen). Interessanterweise hatten viele Sabbatgangrel die
Gegend um New York und Philadelphia in der vorange-
henden Dekade verlassen, scheinbar, um sich im wilden
Westen mit der Camarilla zu bekriegen. Mehrere Gangrel-
Rudel, die die neue Welt durchpirschten, hatten die Ge-
meinsamkeit enormer Größe. Im Unterschied zu ihren
UND SEE
05.03.2002, 09:58
 Clansbrüdern zeigten sie kein Interesse an der Wildnis.
Manche waren in Großstädten in Europa oder Amerika
geboren, andere hatten im Laufe ihrer Unleben eine – ver-
ständliche – Angst vor Wäldern und Ebenen bei Nacht
entwickelt. Viele dieser Vampire (auch wenn es sicher
nicht alle waren) hatten eine Tendenz gezeigt, insekten-
und spinnenartige Merkmale – wie der womöglich legen-
däre Achtaugen-Tonio – oder die typischen Kennzeichen
von Stadttieren auszubilden. Letztlich bevorzugten sie alle
unbewußt eine Reihe anderer Disziplinen als die, die un-
ser Clan im allgemeinen bevorzugt. Sie mieden die derbe
Widerstandsfähigkeit zugunsten übernatürlicher Schnel-
ligkeit und bevorzugten eher die Kunst des Verbergens
statt der Möglichkeiten der Tierbeherrschung. Die Rudel
erklärten um 1870 mittels eines haarsträubenden Rituals
in den Gebäuden Manhattans eine Verwandtschaft im
Geiste statt in der Abstammung. Die Führung des Sabbat
in New York erkannte etwa zehn Jahre später die Stadt-
gangrel als von den Landgangrel getrennte Blutlinie an,
und bis zur Jahrhundertwende hatten sie sich in Sabbat-
gebieten in Nord- und Südamerika ausgebreitet. Bis heu-
te, ließ ich mir sagen, sind die Stadtgangrel in Europa weit
seltener vertreten, und fast alle sind Nachkommen von
Amerikanern. Bezüglich derer, auf die dies nicht zutrifft,
kann ich nur Vermutungen anstellen, diese möchte ich an
dieser Stelle aber nicht äußern.

DAMPFMASCHINEN UND DER

HEISSE DRAHT
DIE INDUSTRIELLE REVOLUTION
Die industrielle Revolution, die Ende des 19. Jh. begann,
hatte auf die Kainskinder im gesamten und die Gangrel im
speziellen seltsame Auswirkungen. Viele Städte im Bereich
der großen Seen – wie Pittsburgh, Gary, Cleveland oder
Detroit – waren nach dem Bürgerkrieg verschlafene Ort-
schaften. Ihre Bevölkerung war gering, meist weniger als
die 100.000 Menschen, die nach den Richtlinien der Ca-
marilla nötig sind, um einen Vampir zu ernähren. In eini-
gen Fällen waren es einsame Vampire – Gangrel, die die
Gebiete seit Jahrhunderten als ihre Domäne beanspruch-
ten. Um 1880 jedoch begannen die Bevölkerungszahlen
dieser Städte durch einen Zufluß von Einwanderern und
Fabrikarbeitern emporzuschießen. Pittsburgh zum Beispiel
verdoppelte in den Jahren von 1880-1890 seine Bevölke-
rung. Eine Stadt, die 1850 noch dürftig einen einzelnen
Vampir ernähren konnte, konnte 50 Jahre später schon
zehn aushalten, und wenn eine Stadt mehr Kainskinder
nähren konnte, können Sie sicher gehen, daß diese auch
kamen. Gangrel, die diese Bevölkerungsexplosion erleb-
ten, reagierten auf verschiedenste Weise. Manche erklär-
ten sich zum Prinzen und zeugten ein oder zwei Kinder, um
ihren Anspruch mit einer Brut zu stützen. Manche zogen
sich hinter die Kulissen zurück, unterstützten Neuan-
kömmlinge im Tausch gegen größere Gefallen und viel-
leicht eine Stellung im Rat der Erstgeborenen. Manche
lang ansässige Gangrel verloren ihre Stellung gegen jünge-
re Rivalen; die neugebackenen Prinzen vernichteten oder
entzahnten die konkurrierenden Gangrel für gewöhnlich.
CLANBUCH: GANGREL
24

Gangrel01.p65 24 05.03.2002, 09:59

 Viele Gangrel wiederum verließen angesichts der industri-
ellen Revolution ihr Gebiet und machten sich auf die Su-
che nach wilderen Gebieten, fern von den Neuankömm-
lingen. Die Erfindung des Flugzeugs durch die Gebrüder
Wright schmälerte den Wert der einzig den Gangrel vor-
behaltenen Fähigkeit des Fliegens; Züge stachen flattern-
de Fledermäuse bereits aus, was die Geschwindigkeit be-
trifft, doch nur die Gargylen und die windigen Tremere
hatten den Gangrel ihre Lufthoheit streitig machen kön-
nen. Mit der Erfindung des Flugzeugs wurde der Flug in
Gestalt einer Fledermaus zu einer eher ungewöhnlichen
Form des Reisens oder der Kommunikation. So sehe ich
das zumindest. Es kann durchaus nützlich sein, in der
Stadt die Fledermausgestalt anzunehmen, um Verfolger
abzuhängen, doch ich würde nie auf den Gedanken kom-
men, so zu reisen. Die massive Industrialisierung bündelte
den Reichtum in den Händen weniger, und oft standen
diese unter dem Einfluß der Ventrue oder Tremere. Das
sollte Sie nicht überraschen, da es keinen von uns über-
raschte. Sich um hochtechnische Dinge wie Rohrverle-
gung zu kümmern ist nichts, wofür der durchschnittliche,
tierische Gangrel Interesse, geschweige denn Zeit hatte.
Natürlich gibt es Ausnahmen. Mehrere Gangrel hatten
zum Beispiel ihre Klauen im großen Stil in der Firma Stan-
dard Oil. Aber wie es immer ist, wenn eine wirtschaftliche
Neuerung kommt, schnappten sich die anderen Vampire die
Goldmine, und der Gangrel geht leer aus.
DIE SCHLIESSUNG DER GRENZEN
Das Ende der amerikanischen Grenze als greifbare Grö-
ße Anfang des 20. Jahrhunderts war ein harter Schlag ge-
gen die Gangrel Amerikas, was absehbar gewesen war. Es
war nun nicht mehr möglich, als Reaktion auf politische
Schwierigkeiten einfach nach Westen zu fliehen. Zwar gab
es die Wildnis noch, doch sie war kein freies, unbestimm-
tes Land mehr. Die wildesten Gangrel flohen nach Kalifor-
nien und an den Pazifischen Ozean. Es sollte nicht mehr
lange dauern, bis westwärts ziehende Flüchtlinge die West-
küste zum Freistaat machten. Mehrere Rudel Gangrel zo-
gen um die Jahrhundertwende an die Westküste. Die
Nachkommen Luchenkos nährten sich in den Bergen um
Denver, ein Trio nordafrikanischer Emigranten, die in der
Wüste um Las Vegas hausten, preßten später phantasti-
schen Reichtum aus den Vampiren der Camarilla, die in
der Stadt Geschäfte machten, und eine Gruppe ländlicher
indianischer Gangrel übten, angeführt von einem gewissen
Himmelsrauch, in Süd-Dakota Zurückhaltung, bis der er-
ste Weltkrieg hereinbrach.
DER PANAMAKANAL
Die Franzosen waren die ersten, die Ende des 19. Jh. ver-
suchten, einen Kanal durch die Landenge von Panama zu
graben. Es mißlang ihnen aus vielen Gründen, darunter
die rasante Übertragung der Malaria von Einheimischen
auf Franzosen. Als die amerikanische Regierung ihr eige-
nes Kanalprojekt im Schatten der Revolution in Panama
1903 begann, blieb die Malaria ein großes Problem, wobei
die Gegenwart malariainfizierter Kainskinder natürlich
auch nicht dienlich war. Ein kleiner Stamm der Gangrel
jagte derzeit im Gebiet des heutigen Kanals, und sie blie-
ben meist unter sich, aufgrund ihrer unmenschlichen At-
KAPITEL EINS: STEIN, STEPPE
25
Gangrel01.p65 25
tribute; sie hatten Facettenaugen, summende Stimmen
und so weiter. Besonders einer, von seinen Genossen José
genannt, hatte statt eines Großteils seines Schädels einen
Saugrüssel, wie ihn Moskitos haben. Seine Stammesbrüder
beharrten darauf, daß er schneller als jeder andere in der
Umgebung Blut saugen konnte, doch hatte er seine Fähig-
keit zu sprechen verloren. Die „Insektenartigen” verbrei-
teten die Malaria soviel schneller als erwartet, daß eine
Gruppe amerikanischer Wissenschaftler das Kanalgebiet
bereiste, um nach einem neuen Infektionsweg der Krank-
heit zu forschen. Nach wenigen Wochen der Forschung
waren sie sicher, einem neuen, großen, blutsaugenden
Raubtier auf der Spur zu sein. Sie unternahmen sogar Aus-
flüge in den nächtlichen Dschungel, in der Hoffnung, das
Tier bei der Nahrungsaufnahme zu fangen. Zum Glück
kam es nie dazu. Die Insektenartigen griffen den Forscher-
trupp während eines der nächtlichen Ausflüge an. Einige
Wissenschaftler wurden getötet, und die anderen waren so
schockiert, sowohl von der Brutalität als auch vom nahe-
zu unglaublichen Aussehen der Angreifer, daß sie sich spä-
ter weigerten, ihre Forschungen fortzusetzen.
FORSCHUNG
Zu Beginn des 20. Jh. gab es nicht mehr viele weiße Flek-
ken auf der Landkarte, auf die sich die wilden Angehöri-
gen unseres Clans zurückziehen konnten. Natürlich hatte
die Erfüllung des Amerikanischen Traums die Wolflinge
ebenso wie einige übrig gebliebene Indianer eingekreist,
und zudem scheinen die Werwölfe von der Wildnis noch
stärker abhängig zu sein, als wir es sind. Wir kamen mit
einem blauen Auge davon. Zahlreiche mutige Geister er-
forschten die letzten, noch nicht kartographierten Gebie-
te der Welt. Manchmal stellte sich das als recht gefährlich
heraus. So zogen zum Beispiel einige uralte Gangrel in prä-
historischer Zeit in den hohen Norden; manche nahmen
sich sibirische oder Inuitstämme als Herden. Wenigstens
eine Expedition in den hohen Norden störte solch einen
Stamm, und einige der Forscher starben des Nachts unter
mysteriösen Umständen. Ich habe noch von keiner Ant-
arktisexpedition gehört, die etwas oder jemanden gestört
hätte, aber das ist wohl nur Glück. Dann sterben plötzlich
alle Menschen auf einer solchen Reise, und man kann
nicht mit Sicherheit sagen, daß es kein Kainskind war, das
sie tötete. Man kann nur sagen, daß es nicht nach Vampi-
ren aussah. Das ist alles, was ich dazu sagen kann...
Doch der Drang menschlichen Strebens – personifiziert
in Teddy Roosevelt und später dem polternden, betrunke-
nen Ernest Hemingway – hatte großartige Nebeneffekte
auf manche Mitglieder unseres Clans. Als Ländereien zu
Teilen des Nationalparksystems erklärt wurden, wurden
die Amerikaner dazu aufgefordert, Campingurlaube, Wan-
dertouren und so weiter in die Wildnis zu unternehmen,
und falls ein „Bär” zufällig einen Wanderer verstümmelte,
nun, dann war das der Preis für den Genuß der luxuriösen
Wildnis. Die wirklich großen National- und Staatsparks
boten Wolflingen Zuflucht, daher waren die Parks keine
Buffets für die Gangrel, die sie sich abgesteckt hatten,
doch manche Gangrel genossen die Gefahr, die das Jagen
in Wolflingsgebieten birgt, andere hatten keine andere
Wahl.
UND SEE
05.03.2002, 09:59
 WENDEHALS
1902 landete Marvin Schellman, ein deutsch-ame-
rikanischer Sabbatvampir unseres Clans, einen großen
Coup: Er entkam den gegenseitigen Blutsbanden des
Sabbat und floh nach Europa, als sei ihm der Teufel auf
den Fersen. In München angekommen, warf er sich
dem dortigen Prinzen vor die Füße und bettelte um
Obdach. Die Camarilla der Stadt traute dem schein-
baren Wendehals nicht, doch als die Tremere Mün-
chens ihn als sicher erklärten (ich weiß nicht, wie –
wahrscheinlich suchten sie nach Blutsbanden), erlang-
te er eine gewisse Freiheit. Schellman ging während
des 2. Weltkriegs im wahrsten Sinne des Wortes zu
Grunde und hat seit dieser Zeit zwei Kinder gezeugt.
Er schickte beide nach Amerika, und heute dienen sie
ihrem Herrn, indem sie das Sabbatrudel jagen, aus
dem er floh. Aufgeschobene Gerechtigkeit ist nur auf-
gehoben, wenn die geschädigte Partei sterblich ist.

EUGENIK
Auf der Weltausstellung in St. Louis 1904 präsentierte
Dr. W. McGee einige Exemplare „primitiver” Menschen:
Indianer, afrikanische Pygmäen und Eingeborene aus der
ganzen Welt wurden in einem Menschenzoo gehalten, um
ihre barbarische Lebensweise zu zeigen. Am Ende dieser
Ausstellungsreihe stand natürlich die Präsentation des
weißen angelsächsischen Amerikaners als der Spitze der
menschlichen Entwicklung. Ich habe gehört, daß wenig-
stens eines der „Ausstellungsstücke” kurz vor Ende der
Ausstellung den Kuß durch einen von uns empfing. Ich
schätze, er oder sie ist heute noch in St. Louis, und sein
Verhalten gegenüber Weißen zeugt wohl auch heute nicht
gerade von Nachsicht. Ich war noch nicht auf der Welt,
geschweige denn gezeugt, als all das geschah, doch ich er-
innere mich, daß der Begriff der Eugenik vor dem 2. Welt-
krieg weit weniger belastet war, als er es heute ist. Es ging
um ein bewundernswertes Ziel: Die Verbesserung der
Menschheit. Teufel auch, wenn man den Geschichten
glaubt, pflegten Ahnen der Vampire im Laufe der gesam-
ten Geschichte menschliche Blutlinien, um sie ihren Be-
dürfnissen anzupassen. Nun, bleiben wir ernsthaft. In den
heutigen Nächten erscheint die Bewegung der Eugenik et-
was dubios. Heute meistern die Wissenschaftler das
menschliche Genom und werden bald die Möglichkeit ha-
ben, die menschlichen Gene direkt zu verbessern, statt daß
es Generationen dauert, den perfekten Menschen zu züch-
ten. Ich kann mir vorstellen, daß Vampire, die Generatio-
nen damit verbracht haben, „verbesserte” Menschen zu
züchten, daran Anstoß nehmen werden, wenn es soweit
ist. Wenn man bedenkt, wie sehr man den Unterschied
zwischen „zivilisierten” und „primitiven” Menschen beton-
te, dürfte es seltsam erscheinen, daß viele Amerikaner den
Versuch wagten, ein primitives Leben zu führen. Diese
Leute hielten große Stücke auf den Mythos des edlen Wil-
den und wollten wieder barbarisch sein. Ich muß säuerlich
hinzufügen, daß dies eine große Möglichkeit für unseren
Clan darstellte. Diese „Zurück zur Natur”-Typen verspra-
chen reichlich Blut, und die, welche in Städten arbeiteten
und ihre Wochenenden oder Ferien in den Wäldern auf
dem Land verbrachten, stellten hervorragende Kontakte
CLANBUCH: GANGREL
26

Gangrel01.p65 26 05.03.2002, 10:01

 für gesellschaftlich abseits stehende Gangrel dar. Nicht
wenige Naturfreunde traten den Reihen unseres Clans
Anfang dieses Jahrhunderts bei.
ZUWANDERUNG UND DAS NEUE BILD DER
STADT
Während der Jahre vor dem 1. Weltkrieg nahm die Zu-
wanderung sowohl von Menschen als auch Kainskindern
in die USA drastisch zu. Neuankömmlinge aus Süd- und
Osteuropa überquerten den Atlantik in großer Zahl, und
europäische Vampire begleiteten nicht wenige von ihnen.
Neugeborene aller Clans waren in Europa gefangen,
Machtstellungen würden sich nicht ohne Titanenkampf
auftun. Aus Furcht vor einer neuen Anarchenrevolte er-
mutigten europäische Ahnen ihre Kinder, in die USA zu
gehen. Diese Auswanderung fand unter den Gangrel des
Sabbat wie der Camarilla statt, was mich überraschte, als
ich es hörte. Ich war davon ausgegangen, daß der europäi-
sche Sabbat um das Jahr 1900 nicht mehr allzu viele Vam-
pire zählte; sicher wollte der Ahn der europäischen Cama-
rilla andeuten, daß der Sabbat dort derzeit kein großes
Problem mehr darstellte. Aber nein – in Spanien und auf
dem Balkan herrschte die Schwarze Hand immer noch,
und als die Bevölkerung zu sehr anschwoll, „verpflanzten”
die Ahnen der Sekte lästige Vampire nach Amerika, wie
es die Camarilla tat. Beide Sekten verliebten sich am An-
fang unseres Jahrhunderts förmlich in das neue Bild der
Stadt. Genauer gesagt sahen Gangrel beider Sekten die
Schönheit in Wolkenkratzern und U-Bahnschächten. Das
Hochhaus entsprach dem Wunsch, sich aus der Masse her-
auszuheben; die, die die Spitzen solcher Gebäude errei-
chen konnten, sprachen von einer neuen Sichtweise der
Stadt, im wörtlichen wie im übertragenen Sinne. Gangrel
erkannten, daß Wolkenkratzer großartige Ausgucke sein
konnten, und wenn man die Fähigkeit zu fliegen und
scharfe Sinne besitzt, ist ein Hochhaus ein feiner Platz, um
nach seiner Beute Ausschau zu halten. U-Bahnschächte
bleiben bis heute die Hauptverkehrsadern für die Untoten.
Jedes Wegenetz, das es einem Vampir ermöglicht, sich in
einer Stadt zu bewegen, ohne zu riskieren, dem Sonnen-
licht ausgesetzt zu sein, muß unter den Kainskindern sehr
beliebt werden. Es sind eher die Nosferatu als die Gangrel,
die ihre Lager in vergessenen Ausläufern des U-Bahnsy-
stems aufschlagen, doch auch viele Gangrel nutzen sie. Es
überraschte mich, Städteplaner und Bauingenieure in un-
serem Clan zu finden, sowohl in der Camarilla als auch der
Schwarzen Hand, im Rückblick jedoch erscheint es offen-
sichtlich. Die Stadt ist unser nächtlicher Spielplatz; die Ba-
stionen der Camarilla müssen den Invasionen des Sabbat
standhalten. Die Wolkenkratzer und die U-Bahn sind Schlaf-
stätten, Zuflucht, Schlupflöcher und Jagdgebiete. Natürlich
sind derartige Spezialisten recht jung, ein Methusalem kann
nicht dazu bewegt werden, die Feinheiten des Tiefbaus zu er-
lernen. Doch solche Dinge sind von großem Interesse für
Ahnen der meisten Clans; sichere U-Bahnen und Penthäu-
ser sind ein notwendiger Bestandteil unseres Daseins.
DER 1. WELTKRIEG
Bedenken Sie, daß es fünf verknöcherte Reiche gab, die
ineinander verkeilt waren, deren Bevölkerung exponenti-
ell zunahm und die mit jeder Nacht überlaufener waren.
KAPITEL EINS: STEIN, STEPPE
27
Gangrel01.p65 27
JENE ANDEREN LÄNDER
Wir Gangrel haben uns nie besonders um Staats-
grenzen geschert; kein Grenzbeamter dürfte eine Krä-
he daran hindern wollen, über sein Wachhäuschen zu
fliegen oder einen Kojoten am Vorbeilaufen, besonders
nicht, wenn er dabei das Auto mutmaßlicher Kokain-
oder Sprengstoffschmuggler auseinandernimmt. Viele
Gangrel, die die ursprüngliche Wildnis suchten, fan-
den sie nördlich des 55. Breitengrades in Kanada.
Noch in den heutigen Nächten sind die großen kana-
dischen Ebenen riesige, leere Flächen, wobei Kanada
mehr Parkflächen aufweist als die USA. Leider finden
sich in großen Gegenden unberührter Natur auch im-
mer Werwölfe. Ich weiß nicht, ob es in Kanada wirk-
lich mehr Werwölfe als in den Staaten gibt, oder ob es
mir das letzte mal, als ich im Norden war, nur so vor-
kam. Wenn man wirklich alles hinter sich lassen will,
sind Kanadas Ebenen oder die Rockies genau das rich-
tige. Man sollte nur acht geben, daß man nicht mehr
bekommt, als man sich wünscht.
Mexiko ist zwar dichter besiedelt als Kanada, aber Tei-
le des Landes sind genauso unberührt. Natürlich ver-
seucht der Sabbat Mexiko schon so lange, wie das Land
besteht, deshalb mußten südwärts Reisende schon immer
aufpassen, daß sie nicht zu einer Runde Blut eingeladen
wurden. Das heutige Mexiko-Stadt ist ein gruseliger Ort
für sozusagen Vampire jeden Geschmacks, die nicht dem
Sabbat angehören, wenn Sie also ein Kainskind der Ca-
marilla oder unabhängig sind, empfehle ich Ihnen, die
Stadt zu meiden. Andererseits gibt es in Mexiko nicht so
viele Wolflinge wie in Kanada, zumindest war es so, als
ich das letzte mal in Tijuana war.
Man multipliziere dies mit zunehmendem Nationalismus,
Sozialismus und Anarchismus – da überrascht es kaum je-
manden, was passierte, als Gavrilo Princip Erzherzog Fer-
dinand tötete, und damit die rostige Achse der europäi-
schen Kriegsmaschinerie ölte.
Ein Kommentar von Zeke J.
Princips Anarchistengruppe, die den Niedergang Serbiens er-
reichen wollte, nannte sich selbst die Schwarze Hand. Ich kann
einfach nicht glauben, daß das Zufall war – und vertrauen Sie mir,
ich würde lieber glauben, daß es einer war. Die Schwarze Hand
ist der Sabbat, wie wir alle wissen, also stellt sich uns die Frage:
Was nutzte es dem Sabbat, den ersten Weltkrieg anzuzetteln?
Wie ich es sehe, dient Krieg nicht den Zielen des Sabbat. Zur
Hölle, er dient manchmal den Zielen der Camarilla, jeder weiß,
daß sie alle Waffenhändler der Welt in der Hand hat und daß
Krieg es leichter macht, Maskeradebrüche zu verbergen. Also
muß es irgendeine besondere Stellung der Camarilla gegeben
haben, die der Sabbat unwiederbringlich beschädigen wollte.
Andererseits ist Serbien altes Tzimisce-Gebiet, vielleicht hat-
ten sie dort etwas zu erledigen. Ich bin sicher, daß Tom die
Wichtigkeit dieser Fährte völlig ignorieren wird, aber dafür gibt
es ja mich.
Die Gangrel Europas zogen Vorteile aus dieser vertrack-
ten Situation. Verschanzte Armeen und Schlachtfelder
voller Maschinengewehrfeuer sind einem leichten Unle-
ben nicht förderlich. Jedenfalls hatten die Gangrel einige
Vorteile, die andere Clans nicht hatten. Terence Arthur
UND SEE
05.03.2002, 10:01
 aus England war unbestritten der Erste, dem einfiel, daß
er mit Leichtigkeit Schlachtfelder auskundschaften konn-
te, wohl noch einfacher als die Nosferatu. Arthur machte
einen Reibach, indem er Luftaufnahmen an jene Ahnen
verkaufte, die ein gesteigertes Interesse am Ausgang des
Krieges hatten. In ähnlicher Weise dienten Gangrel als
hervorragende Boten zwischen Kainskindern, deren Infor-
mationswege durch Schützengräben abgeschnitten waren.
Es mag makaber klingen, aber ich weiß, daß Schlachtfel-
der sehr gute Futterplätze abgeben. Leichen genügen un-
seren Ansprüchen noch mehrere Stunden, nachdem sie
gefallen sind, und manchmal war das Niemandsland näch-
telang mit Toten gepflastert. Karsh, der Gangrel-Kriegs-
herr der Camarilla, nutzte die Kriegswirren, um Einsätze
gegen die übrig gebliebenen Sabbathochburgen in Europa
zu leiten. Vielfach stürmten sterbliche Soldaten Stütz-
punkte des Sabbat oder erhielten den Befehl, Örtlichkei-
ten zu verteidigen, die sich als Besitz von Vampirahnen
herausstellten. Natürlich erfuhr keiner von ihnen die wah-
re Natur ihrer Einsätze. Manchmal wurden auch Elite-
teams von Vampiren unter ähnlichen Umständen einge-
setzt, manche von ihnen hatten noch geatmet, als sie aus
den Schützengräben gezerrt worden waren. Vergessen wir
nicht, daß dieser Krieg aus gutem Grund Weltkrieg heißt,
und das nicht nur, weil Deutschland den Krieg begann.
Überall in Afrika, Südamerika und vielen Inseln im Indi-
schen Ozean starben Eingeborene zu tausenden im Kampf
gegen ihresgleichen auf Befehl ihrer Kolonialherren.
Gangrel, die sich in diesen entlegenen Gegenden niederge-
lassen hatten, genossen dieselben Vorzüge wie ihre europäi-
schen Erzeuger – Krieg bedeutet Tod, was leichtes Blut bedeu-
tet –, doch oft verbreiteten sie die Äquatorkrankheit weiter,
als sie es wollten, und manchmal wurden sie während eines
Scharmützels für Angehörige der falschen Seite gehalten.
Logischerweise erging es gezeugten Eingeborenen besser als
ihren Erzeugern, und natürlich nutzten manche von ihnen
derartige Umstände, um ihren Meistern zu entkommen.
In Amerika verhielt man sich pragmatischer als in Eu-
ropa. Es verbreitete sich die allgemeine Ansicht unter den
Gangrel, die Alte Welt begehe Selbstmord und man solle
ihr einen würdigen Tod erlauben. Als Gerüchte von der
Vernichtung europäischer Gangrel über den Atlantik
schwappten, beschlossen nur wenige Amerikaner, in die
Alte Welt zurückzukehren und Ansprüche auf die Territo-
rien ihrer Erzeuger zu stellen. Die meisten zogen ihre neue
Heimat vor, auch wenn sie ihnen einst Exil war.
DIE RUSSISCHE REVOLUTION
Die Russische Revolution war für uns an sich keine gro-
ße Sache, die Regierungen der Sterblichen wechseln stän-
dig. Die Brujah waren auf der Straße, wie es sich gehört,
aber das sind sie immer, wenn man ihnen erlaubt, das Wort
Revolution zu skandieren. Das einzig Interessante, was die
Gangrel betrifft, ist, daß die Linie Igor Strenskys, etwa ein
halbes Dutzend Camarillagangrel, dem Sabbat beitrat, und
zwar genau zu dem Zeitpunkt, als Zar Nikolaus seinen letz-
ten Atemzug tat. Das Rudel verließ sein Gebiet im Süden
Moskaus und fand eine der seltenen Burgen des Sabbat ir-
gendwo in den Karpaten oder auf dem Balkan, wie man
mir sagte. Es erkaufte sich seine Freiheit mit einer enor-
men Menge an gestohlenen orthodoxen und vorchristli-
CLANBUCH: GANGREL
28
Gangrel01.p65 28
ANDERSONS TORHEIT
Michael Anderson war ein recht junger Gangrel mit
einer Vision. Inspiriert von der Errichtung des Pana-
makanals und der Wolkenkratzer New Yorks und Chi-
cagos schlug er 1919 dem Rat der Erstgeborenen Den-
vers optimistisch vor, sie sollten doch in den Aufbau
einer riesigen unterirdischen Stadt für Kainskinder in-
vestieren. Dadurch, so argumentierte er, hätten Vam-
pire aus aller Welt eine neutrale Zuflucht und die Mög-
lichkeit, mit der Welt der Lebenden bei Tag und Nacht
zu interagieren. Denvers Rat der Erstgeborenen hatte
kaum die Zeit, Andersons wahnwitzigen Plan zu ver-
reißen, da begann der Neugeborene schon, ”Neu-
Enoch” zu planen. Er zog geologische Berichte, alte
Bergwerkskarten und so weiter zurate. Es wurde natür-
lich nie gebaut, ein Frischling wie Anderson hatte in
den Verhandlungen mit jahrhundertealten Vampiren
keine Chance. Zumindest aber überlebte er, und ich
habe mir sagen lasen, daß er in einer Kommune bei
Colorado Springs lebt, die ihn als ihren Guru betrach-
tet. Gerüchten zufolge existieren Andersons Pläne und
Karten noch irgendwo, der Prinz von Denver schnapp-
te sie sich um 1920, und man hat sie seitdem nicht
mehr gesehen.
chen Kunstwerken und Bildnissen, von denen manche si-
cher mystischer Art waren, und zweifellos alle unbezahlbar.
DIE ZWANZIGER
Die 20er waren eine Zeit des Aufruhrs und der Möglich-
keiten. Von der Prohibition bis zur Frauenwahlrechtsbewe-
gung wurde die amerikanische Gesellschaft auf den Kopf
gestellt. In Europa ging es weit härter zu; die Ressourcen
waren nach dem 1. Weltkrieg rar, und obwohl die Alliier-
ten versuchten, den Status quo ante bellum wieder herzu-
stellen, machten die Umwälzungen in Italien, Deutsch-
land und Rußland ein solches Vorhaben unmöglich. Nun
werde ich ein Thema anschneiden, das kultivierten, jün-
geren Vampiren ein wenig sauer aufstoßen dürfte, nämlich
die Rassenfrage. Hippe, moderne Vampire dürften sich um
dieses Thema wenig kümmern, wie Sie wissen. Meine
Freundin Alicia M. meint, sie schmeckten alle gleich. In
den 20ern scherte man sich um dieses Thema auch nicht,
denn es war klar, daß Schwarze, Indianer, Italiener und der
Rest dieser Menschen dem weißen angelsächsischen ame-
rikanischen Protestanten unterlegen waren. Natürlich
hielt man die Schwarzen nicht mehr in Fesseln, doch das
hatte nicht zu bedeuten, daß sie die Tochter eines Weißen
auch nur ansehen durften.
Viele Gangrel, die am Rande der Gesellschaft lebten,
fanden es leichter, sich von den Entrechteten zu ernähren,
als von erfolgreichen Geschäftsmännern und ihren Fami-
lien. Immerhin beanspruchte ja vielleicht irgendein Ven-
true oder Tremere die Wohnung dieses Geschäftsmanns als
seine Domäne. Andererseits hatten die Gangrel es nur mit
den Brujah, den Nosferatu oder den seltsamen Caitiff auf-
zunehmen. Diese Verhältnisse stellten sich schon lange vor-
her ein, daher dürfte sich der zeitgenössische Leser nicht wun-
dern, daß die Mitglieder des Clans Gangrel aus recht ver-
schiedenen gesellschaftlichen Gruppierungen stammen.
05.03.2002, 10:02
 Nebenbei sollte ich vielleicht bemerken, daß der Ku
Klux Klan in jenen Nächten wieder enorm erstarkte. Er
war nicht einfach nur eine Clique netter Kerle, die in ih-
ren Pickup’s saßen und nach einem Nigger zum Lynchen
Ausschau hielten, der KKK war eine bürgerliche Organi-
sation, und in vielen Städten war fast jeder Weiße Mit-
glied. Die Gruppe tat viel Gutes – sie unterstützte Waisen-
häuser und räumte Müll weg, und für Politiker bedeutete
die Bestätigung durch den KKK oft den Unterschied zwi-
schen Wiederwahl und Ruhestand. Mitglieder des KKK
waren von Indiana bis Oregon Bürgermeister und Staats-
beamte. Die Gangrel hatten ihre eigenen Berührungs-
punkte mit dem Klan. Jack Hanson, der drei Wochen lang
Prinz von Indianapolis war, war zu Lebzeiten Klansmitglied
gewesen. Er zog es vor, sich von den „niederen Rassen” zu
ernähren, wie er sie nannte. Er tötete sie, wenn er konnte.
Er zeugte wenigstens einen seiner befreundeten Klansbrü-
der, einen Herrn, der gerne anonym bleiben möchte. Han-
sons Nachlässigkeit in Bezug auf die Nahrungssuche lenk-
te den Augenmerk eines Archonten auf ihn, und Prinz
oder nicht, wer hoch fliegt, fällt tief. Schande seiner
Asche. Das genaue Gegenstück zu Jack Hansons Ge-
schichte ist Marcus Washburn, ein Schwarzer. Marcus
machte den Fehler, an einem Julinachmittag beim Mähen
des Rasens von John Phillip zu lange an seiner Limonade
zu trinken. Dabei lächelte er Phillips Ehefrau ein- oder
zweimal zu. Zwei Nächte später fand er sich verschnürt auf
dem Weg zu seinem eigenen Begräbnis wieder, was wohl
sein Ende gewesen wäre, hätte ihn nicht ein Gangrel be-
freit, zwei Männer getötet und ihm den Kuß geschenkt.
Natürlich machte es auch Marcus nicht lange. Nieman-
den überraschte es, als er an John Phillips Rache nahm,
doch jeder war überrascht, als sich Johns Frau Mary als
Werwolf entpuppte, der Marcus in Stücke riß.

PROHIBITION
Ich weiß nicht, wie die Generation meiner Eltern mit so
etwas zurechtkam. Das Alkoholverbot war wohl eine Kri-
se für Vampire allerorten, wäre es ernst genommen wor-
den, denn der Wegfall trunkener Opfer dürfte das Jagen
stark erschwert haben. Auf jeden Fall war die Prohibition
eine große Chance für Kainskinder, die ihre Finger im or-
ganisierten Verbrechen hatten. Das war der Clan Gangrel
für gewöhnlich nicht, weder in seiner Gesamtheit, noch im
Einzelnen. Wir sind die Taugenichtse und der Abschaum,
manche unserer Kontaktleute oder Ghule waren vielleicht
Menschenschinder oder gemachte Männer, doch die Ca-
pos waren gemeinhin Werkzeuge der Ventrue, Brujah oder
Giovanni, zumindest diejenigen, die unter vampirischem
Einfluß standen.
Wie gewöhnlich geschah also etwas besonderes in der
Kainskindergesellschaft, und für uns, die wir uns am Rand
befanden, war es, als sei nie etwas geschehen.

DAS AUTOMOBIL
Das Auto verminderte erneut den Wert der Fähigkeiten
der Gangrel in starkem Maße. Vorher konnten uns natür-
lich Züge im Bezug auf die Geschwindigkeit ausstechen,
aber nicht, was die Wendigkeit betrifft: Wollte man etwas
schnell an einen ungewöhnlichen Ort bringen und wußte,
daß die Bahnhaltestellen beobachtet waren, konnte man
KAPITEL EINS: STEIN, STEPPE UND SEE
29

Gangrel01.p65 29 05.03.2002, 10:02

 WIEDERBELEBUNG DES KELTENTUMS
UND IRISCHE REVOLUTION
1914 verabschiedete das englische Parlament ein Ge-
setz, das Irland teilweise Selbstbestimmung zusprach.
Der Ausbruch des Krieges verzögerte zur Frustration
vieler Iren das Inkrafttreten des Gesetzes. Eine Wieder-
belebung des Keltentums, die die traditionellen Künste
und Werte und die geschichtliche Unabhängigkeit von
England betonte, verbreitete sich im ganzen Land.
Ostern 1916 verlas Patrick Pearse eine Unabhängig-
keitserklärung, die Irland von britischer Herrschaft los-
sagte. Pearse und seine Mitstreiter von der „Irisch-Re-
publikanischen Bruderschaft” nahmen an, Großbritan-
nien sei zu sehr mit den Kämpfen gegen Deutschland
beschäftigt, als daß es Ressourcen für eine mindere Re-
volution im eigenen Hinterhof verschwenden wollte. Er
lag falsch. Die Briten dezimierten die Leute der IRB in-
nerhalb weniger Wochen, und die 15 Anführer der Re-
volution wurden kurzerhand enthauptet. In den folgen-
den Jahren sollte eine etwas friedvollere Abspaltung
stattfinden. Für irische Gangrel, besonders jene von
keltischer Abstammung, war das Wiedererstarken des
Keltentums ein Fanal. Neugeborene und Ancillæ, die
bisher im Leben wie Unleben nur die britische Herr-
schaft gekannt hatten, waren fasziniert von der Vorstel-
lung, ihren königlichen Unterdrückern einen Schlag zu
verpassen. Einige junge Neugeborene nannten sich
nach einer lange ausgelöschten Blutlinie Lhiannan. Sie
waren sicherlich keine Angehörigen dieser Gruppe,
doch das Aussehen war zu jener Zeit genauso wichtig
wie Blutsverwandtschaft.

sich an einen Gangrel wenden und es war garantiert, daß

es so schnell und sicher wie möglich dorthin gelangen wür-
de. Wir hatten unsere Methoden, uns so schnell zu bewe-
gen, daß es niemand außer den Wolflingen mit uns auf-
nehmen konnte.
Mit dem Aufkommen des Autos jedoch konnte ein Ahn
Ghule – oder gar seine Kinder oder andere Vampire –
schicken, um eilig und mit größter Sicherheit zu einem
entlegenen Bestimmungsort zu gelangen. Manche Gangrel
gaben in den damaligen Nächten ihr bestes, dies zu sabo-
tieren. Mein Erzeuger erzählt heute noch mit Stolz davon,
daß er davon gehört hatte, daß der Prinz von Cincinnati
sein bevorzugtes Kind mit wichtigen Papieren in einem na-
gelneuen Ford T schickte. Er tat den Wolflingen vom
Schwarzen Sumpf einen großen Gefallen, indem er sie von
der Fahrt wissen ließ; die Wolflinge waren ihm dankbar,
und ebenso die Anarchen von Cincinnati und das weni-
ger begünstigte Kind des Prinzen. Solche Dinge gehen
auch heute noch vor sich, es ist aber viel schwieriger, wenn
vierspurige Riesenautobahnen täglich tausende Fahrzeuge
in die Großstädte hinein und aus ihnen herausleiten.

DIE WELTWIRTSCHAFTSKRISE
Es war ein verdammter Schlamassel. Niemand wußte,
warum alles zum Teufel ging, aber jeder hatte eine Lösung.
Es gab die Kommunisten, die Anarchisten, die National-
sozialisten, und Gott sei Dank hatten wir noch Hoover.
Ich war während der Krise ein Kind. Es war nicht sehr lu-
CLANBUCH: GANGREL
30

Gangrel01.p65 30 05.03.2002, 10:03

 stig, meine Eltern strampelten sich ab, um Arbeit zu fin-
den, mußten jeden Pfennig umdrehen, und es gab oft kein
Fleisch zu essen. Wir kochten im wahrsten Sinne des Wor-
tes Suppe aus Schuhsohlen.
Mein Erzeuger erzählt die Geschichte anders. Die Welt-
wirtschaftskrise sei eine Goldgrube für unseren Clan gewe-
sen. Ein Grund, weswegen die Krise so viele betraf, war
ihm zufolge, daß gewöhnliche Leute mit Riesensummen an
der Börse spekulierten; wirklich riskante Aktien verspra-
chen den größten Gewinn, und die Leute, die mit riskan-
ten Aktien spielten, verloren ihr letztes Hemd. Vampire
investieren nicht so; wenn man zwei oder drei Jahrhunder-
te auskommen will, schätzt man die Fähigkeit, das Inter-
esse auf wenig riskante Investitionen zu lenken. Mein Er-
zeuger – kein Geschäftsmann – räumte während der Krise
ab. Als die Banken den verzweifelten Grundbesitzern die
Kredite aufkündigten, kam er daher und schnappte sich
Grundstück für Grundstück zu einem Bruchteil des wah-
ren Wertes. Als die verarmten Pächter verjagt wurden und
in der Hoffnung, sich in den Außenbezirken der Stadt am
Existenzminimum durchschlagen zu können, die Städte in
Scharen verließen, war er zur Stelle – mit scharfen Zäh-
nen und glühenden Augen. Heute spricht er mit großem
Stolz von der Weltwirtschaftskrise und meint, er freue sich
schon auf den Zusammenbruch der heutigen Börse.
DIE NSDAP
1938 erhob sich aus dem Nichts ein Klüngel von
Gangrel, die alle demselben politischen Credo folgten und
gelobten, drastische Maßnahmen zu ergreifen. Es war
nicht das erste Mal, daß so etwas geschah, diese Tradition
läßt sich wenigstens bis zur amerikanischen Revolution zu-
rückverfolgen. Sehr oft klammert sich ein neugeborener
Gangrel nach dem Kuß etwas zu fest an die Politik, die er
zu Lebzeiten kannte, und kann gar nicht schnell genug
eine Gruppe seiner Kumpanen zeugen, sobald ihn sein Er-
zeuger dem örtlichen Rat der Erstgeborenen als anerkann-
ten Vampir vorstellt. Derartiges geschieht weitaus öfter
unter den Brujah, wie man mir sagte, und heute auch nur
in bestimmten Städten. Jene Anarchen waren Faschisten
und waren in Deutschland heimisch.
Diese Brut, die sich selbst die Faust nannte, unterstütz-
te Hitlers nationalistischen und rassistischen Eifer; ihre
Mitglieder terrorisierten Vaterlandsfeinde, wo sich ihnen
die Möglichkeit bot. In späteren Jahren wurde die Maske-
rade in Berlin stark gedehnt, um der Gruppe einen großen
Handlungsspielraum zu erlauben, doch bereits vor dem 2.
Weltkrieg rief der Prinz von Berlin die Blutjagd auf meh-
rere Mitglieder der Gruppe aus.
Gleichzeitig kam eine neue Gruppierung in Skandinavi-
en auf, die sich Waelkyrige nannte und ihren Einfluß auf
Nord- und Mitteleuropa ausdehnte. Diese Kainskinder
hielten die Ethik der Wikinger hoch. Anscheinend glaub-
ten sie, sie seien die moderne Wiedergeburt der mythi-
schen Walküren. Sie behaupteten, einer Gangrel namens
Brunhilde zu folgen. Wenn sie sich wirklich als die Erwäh-
lerinnen der Gefallenen halten – denn das ist die mythi-
sche Rolle der Walküren –, so kann man sich vorstellen,
daß sie eine schrecklich hohe Zahl an Schlachtfeldzeugun-
gen während des Krieges tätigten. Nichtsdestotrotz hört
man in den USA nicht mehr viel von ihnen. Ich bezweifle
KAPITEL EINS: STEIN, STEPPE
31
Gangrel01.p65 31
jedoch nicht, daß sie die Höllenhunde des Schwarzwaldes
sind. Jedem, der freiwillig seine Zuflucht in Wolflingsgebiet
aufschlägt, zolle ich meinen Respekt als einem mächtigen
Vampir.
STALINS REVOLUTION
Der Verfolgungswahn Stalins kostete 18 Millionen Men-
schen in der Sowjetunion das Leben, ehe der alte Mann
endlich starb, was er wahrscheinlich auch getan hätte,
ohne daß sich die Brujah darum gekümmert hätten. Wenn
ich grob sein darf, vertilgten die sowjetischen Gangrel so-
viele von ihnen, wie sie konnten, ohne belangt zu werden.
Grimmige unabhängige russische Kleinbauern sträubten
sich, zu Kollektiven zusammengelegt zu werden. Um ihren
Herren zu trotzen, schlachteten sie in kürzester Zeit Mil-
lionen von Schafen, Schweinen und Gänsen. Über etwa
ein Jahr schmausten sie, dann brach der Hunger herein,
und die sowjetischen Gangrel ernährten sich sehr gut.
Nachdem man in Moskau knapp einem Maskerade-
bruch entgangen war, forderten die Brujah Rußlands, be-
sonders tierische und verkommene Gangrelahnen zu ver-
nichten. Der Beinahe-Bruch ging auf das Kerbholz eines
sehr tierhaften Gangrelahnen, weswegen die Moskauer
Gangrel sofort annahmen, der Rat wolle auf diesem Wege
dem Clan den Krieg erklären. Das führte zu Kämpfen in
Stadt und auf dem Lande; es sollte kaum Frieden geben,
bis der 2. Weltkrieg über die UdSSR kam.
DER 2. WELTKRIEG
Sodann kam es zu einem höllischen Greuel, mit dem wir
überhaupt nichts zu tun hatten.
Das ist eine Lüge, natürlich hatten wir damit zu tun,
aber wir haben es weder begonnen noch beendet. Wir ver-
änderten es hie und da ein wenig; manche Gangrel misch-
ten sich ein und veränderten die Stoßrichtung, um die
Kämpfe von behüteten Zufluchten fernzuhalten. Außer-
dem hatten wir eine Menge Arbeit, als die Nazis, die Ju-
den, die Franzosen und Vampire Kunstwerke und andere
Güter aus Europa herausschmuggelten.
Ich wurde im 2. Weltkrieg gezeugt, während der Kämp-
fe in den Ardennen; ich bin Amerikaner, und wie Sie sich
vorstellen können, ist meine Sicht der Aktivitäten der
Gangrel im Europa der Kriegsjahre etwas verzerrt. Mein
Erzeuger hat einige Informationen, die Sie weiter unten
finden, beigesteuert. Nach der wilden Zeit, die auf meine
Zeugung folgte, dauerte es Jahre, bis wir wieder anständig
miteinander reden konnten. In Osteuropa rotteten die
Deutschen die ansässige Bevölkerung aus und zerstreuten
die Asche jahrhundertealter Kainskinder in alle Windrich-
tungen. Als die Nazis Juden und andere „Unerwünschte”
deportierten, verloren die Kainskinder, die mit deren Ge-
meinschaften verbunden waren, einen großen Teil ihres
Einflusses. Man sagte mir, Janos Beck, ein Warschauer
Ventrue mit einer Vorliebe für jüdisches Blut, habe es in
den späteren Kriegsjahren sehr schwer gehabt; schließlich
zog er das Blutsband an einen jüdischen Gangrel, einen
Freund meines Erzeugers, dem endgültigen Tod vor. Nur
wenige Kainskinder erlebten die KZs der Nazis direkt,
doch viele mußten in Europa umherziehen, als ihre Her-
den umgesiedelt, zerstreut oder dahingemetzelt wurden,
und wenn ein Vampir durch Europa zieht, können Gangrel
UND SEE
05.03.2002, 10:03
 davon profitieren. Die Umsiedlungen und Konzentrations-
lager beeinflußten die Gangrel negativ. Viele aus unserem
Clan hatten Herden von Roma oder Juden. Ashtons Text
enthält einige Kommentare zu einem Gangrel namens „Ta-
los“, der von den Nazis gefangengenommen wurde und mit
seiner Herde, bestehend aus ein paar Dutzend Roma, in
ein Todeslager in Glödker gebracht wurde. Wenn man
Ashton glauben darf, so schenkte dieser Schwachsinnige
etwa 20 Menschen aus seiner Herde den Kuß und ermög-
lichte es so der Gruppe, das Lager zu zerstören und zu flie-
hen. Ich glaube Ashton nicht. Er erzählt, sein Talos sei ein
Vampir der 7. Generation. Ich habe bisher nur einen Vam-
pir der 7. Generation getroffen – ich kann mir nicht vor-
stellen, wie die Deutschen solch ein Geschöpf hätten fan-
gen und einsperren können. Entweder lügt Ashton, oder
Talos ließ sich absichtlich fangen, um seine Herde zu zeu-
gen. Ich habe noch niemanden kennengelernt, der eines
von Talos’ Kindern zu kennen glaubt, was in mir den Ver-
dacht aufkommen läßt, daß Ashton die Geschichte erfun-
den hat, um seinen Lesern ein besseres Bild der Aktivitä-
ten der Gangrel während des Holocaust zu vermitteln.
Viele Gangrel verhielten sich während des Holocaust ta-
delnswert. Eine wahrscheinlich unbekannte Geschichte
handelt von Daria, einer roma-stämmigen Gangrel, deren
Gefolgschaft gefangengenommen und in ein Arbeitslager
gebracht worden war. Im Gegensatz zur Geschichte von
Talos tat unsere Clansgenossin nichts, um ihre Herde zu
befreien, sondern schlief des Tags in der Erde, um abends
ins Lager zu schleichen und ihr Blut zu trinken. Dies ging
so lange, bis die SS Darias Zigeuner in ein weiter entfern-
tes Lager transportierte und sie ihre Spur verlor. Die Ge-
schichte von Daria ist kein Einzelfall, auch die Faust, die ich
weiter oben erwähnte, ernährte sich anscheinend im großen
Stil in den KZs. Sie und ihresgleichen zeigen, daß viele Vam-
pire nur opportunistische Scherenschleifer sind. Nur wenige
Kainskinder welchen Clans auch immer, darunter mein Er-
zeuger, taten während des 2. Weltkriegs etwas Ehrenhaftes.
Der durchschnittliche Vampir floh in seine sichere Zuflucht.
Rückblickend muß ich mich fragen, was für ein Mon-
strum man sein muß, um auf der Suche nach einem mög-
lichen Kind auf Schlachtfeldern herumzuschleichen.
Wenn mein Erzeuger nicht in der Nähe ist, kann ich die
Frage gefahrlos beantworten: Ein Perverser oder Wahnsin-
niger. Die Schlachtfelder Europas und Asiens waren viel
zu gefährlich für einen Vampir, als daß man einfach so her-
umspazieren könnte, um nach Nachwuchs zu suchen. Auf
der Suche nach Blut umherzuwandern ist natürlich etwas
völlig anderes; wie bei anderen Kriegen, die ich schon be-
schrieben habe, stand für einen kühnen Vampir reichlich
Blut bereit. Wie gesagt, nicht viele Clans außer den Gangrel
haben die Fähigkeiten, lange genug im Freien zu bleiben, um
solche Vorteile zu genießen. Da aber ein großer Teil der
Kämpfe im 2. Weltkrieg in Städten stattfand, eröffneten sich
anderen Kainskindern ähnliche Möglichkeiten.
Nun stellt sich uns eine leichte Rechenaufgabe. Schon
oft ließen Vampire zahlenmäßige Beschränkungen außer
acht. Die Camarilla sagt uns, es müsse pro Vampir in einer
Stadt 100.000 Menschen geben. Die Erfahrung mit den
Anarchen und dem Sabbat zeigt, daß dieser Wert unver-
hältnismäßig hoch angesetzt ist. Es gibt Orte, wo auf einen
CLANBUCH: GANGREL
32
Gangrel01.p65 32
Vampir gerade mal 10.000 Menschen kommen, doch wol-
len wir mit der höheren Zahl rechnen, dann erscheint die
Sache klarer. Im 2. Weltkrieg starben 60 Millionen Men-
schen. Folglich verloren ganz konservativ gerechnet 600
Vampire ihre Existenzberechtigung, und das hauptsächlich
in Europa. Einige dürften auch Cathayer gewesen sein,
und auch viele Kainskinder wurden im Krieg vernichtet,
doch die Tatsache bleibt bestehen: Hunderte von Kains-
kindern waren überzählig. Was tun? Genau wie die Augen
der Welt weiterhin auf Amerika gerichtet waren, waren es
die der Nachfahren Kains. Alteingesessene Ahnen in Eu-
ropa, die den Krieg überlebt hatten, schickten ihre lästig-
sten Kinder über den Atlantik in die Staaten. Der Clan
Gangrel, der nie geschlossen handelt, beschloß zwar nicht
gemeinsam, gewisse Vampire gen Westen zu schicken,
doch war Wildnis im Europa der Nachkriegszeit rar und
gefährdet. Es gab nicht genug Raum, daß jeder neugebo-
rene Gangrel sein Revier abstecken konnte, und die
menschliche Bevölkerung war derart dezimiert, daß Ah-
nen wie Wilhelm König ihre eigenen Reviere so weit aus-
dehnten, bis sie sich sicher fühlten. Dutzende Neugebore-
ne und Ancillæ gelangten an Bord von Fracht- und Passagier-
schiffen nach Amerika. Manche ließen sich in Nordamerika
nieder, während andere nach Südamerika oder nach Norden
ins dünnbesiedelte, wilde Kanada wanderten.
DIE BELAGERUNG LENINGRADS
Die deutsche Wehrmacht begann die Belagerung der so-
wjetischen Stadt Leningrad im August 1941. Die Stadt
sollte bis Januar 1944 nicht befreit werden, was eine Zeit
von mehr als 900 Tagen ergibt. Die Menschen hungerten
sich in dieser Zeit zu tausenden zu Tode. Man aß regelmä-
BLETCHLEY PARK
Daß die britischen und amerikanischen Streitkräfte
im 2. Weltkrieg so großen Erfolg hatten, ist zum Teil
den hart arbeitenden Männern und Frauen von
Bletchley Park in England zu verdanken. Bletchley
Park war der erste Tag und Nacht arbeitende Ent-
schlüsselungsdienst der Welt und diente während des
Krieges der Dekodierung tausender Funkübertragun-
gen der Nazis. Die Gangrel hatten länger als andere
Kainskinder mit Verschlüsselung zu tun. Wenn man im
Wald Botschaften an seine Clansbrüder, die hineinlau-
fen, hinterlassen muß, wird man schnell vorsichtig.
Die Codes der vergangenen Jahrhunderte bezogen sich
auf den Beowulf, die Bibel oder die gesammelten Wer-
ke Shakespeares, Mitte des 19. Jh. wurden unter den
gebildeten Gangrel dann Zahlencodes populär. Folg-
lich schlichen Gangrel und ihre Ghule durch die Gän-
ge der Rechenabteilungen Princetons und Cambridges
und schenkten den Geschehnissen in Bletchley Park
zumindest einige Aufmerksamkeit. Seit dem 2. Welt-
krieg bedient sich der größte Teil des Schriftverkehrs
der Camarilla der stärkstmöglichen Verschlüsselung
(da kann die NSA abstinken), und das verdankt man
zumeist dem Einfluß der Gangrel, die sich mit Codes
und Verschlüsselung auskannten und denen entweder
Xaviar oder Karsh Gehör schenkte.
05.03.2002, 10:04
 ßig Suppe aus Gräsern oder Sägespänen, und auch die
Kainskinder hatten es nicht viel besser. Zum Ende der Be-
lagerung hatte die gesamte untote Bevölkerung der Stadt
entweder die Flucht ergriffen, war vernichtet worden oder
willentlich in Starre gegangen, um der Raserei durch den
Hunger zu entgehen. Die Flüchtlinge mußte sich dem
„Wohlwollen” der sowjetischen Gangrel unterwerfen, die
meist auf schlechtem Fuße mit der Führung der sowjeti-
schen Brujah standen. Viele Schulden, die während der
Belagerung gemacht wurden, wurden Ende der achtziger
und Anfang der neunziger Jahre entweder mit politischem
Einfluß oder großen Summen westlicher Gelder wieder
gutgemacht. Ich sollte vielleicht anmerken, daß sich die mei-
sten Kainskinder, die sich zur Zeit der Belagerung in Lenin-
grad aufhielten, an drei oder vier recht mächtige Ahnen er-
innern, die in Starre gingen und bis heute noch nicht wieder
aufgetaucht sind. Vielleicht wurden sie vernichtet – fast alles
von Wert in der Stadt wurde wenigstens einmal geplündert.
Wenn Sie an Ammenmärchen glauben, könnte natürlich
auch etwas anderes Besitz von ihnen ergriffen haben...
DER ANARCHENFREISTAAT
1944 entbrannte unter den Anarchen der Westküste eine
wilde Raserei, nachdem der Prinz von L. A. besonders harte
Maßnahmen gegen ein Aushängeschild der Anarchen ergrif-
fen hatte. Als alles gesagt und getan war, waren nicht mehr
DIE ERZÄHLUNGEN ZWEIER REISENDER
Michael Flannery, ein irischer Gangrel, wurde im ge-
samten Clan Gangrel durch seine spektakuläre Flucht
bekannt, eine Geschichte, die allerdings zweifelhaft
ist. Flannery soll im schrecklichen Winter der Jahre
1946 und ’47 in Gestalt einer Fledermaus von Donegal
in Irland nach Boston in Massachusetts geflogen sein.
Es gibt unzählige Gerüchte, wie er solch eine Tat ge-
meistert haben soll: Er war insgeheim ein Methusalem,
der keine Zeit mit dem Trinken vergeuden mußte, und
verbrachte die Tage über zwanzig Meter unter der
Meeresoberfläche. Flannery flog jenseits des Polarkrei-
ses, wo die Sonne den gesamten Tag unterhalb des Ho-
rizonts bleibt. Flannery nutzte den enormen transat-
lantischen Frachtschiffverkehr, um zu ruhen und zu
trinken. Die Wahrheit wird nie herauskommen, da ihn
ein Sabbatrudel überfiel, als er 1948 den Staat New
York in Richtung Norden durchquerte und er ward
seitdem nicht mehr gesehen. Soviel zur Methusalem-
Version der Geschichte... wer weiß.
Vyechislav Dolcek hingegen kam an Bord des Passa-
gierschiffes Queen Elizabeth in die USA, dessen Mis-
sion es in erster Linie war, amerikanische Soldaten
nach dem Krieg heimzubringen. Dolcek war ein slawi-
scher Gangrel, der sieben Kriegsjahre in Warschau ver-
bracht und die Kunst des Tarnens und Täuschens von
polnischen Nosferatu gelernt hatte. Es gelang ihm,
sich als seekranker amerikanischer Infanterist auszuge-
ben, und er trank spät nachts vorsichtig von seinen
Pritschennachbarn. Nach seiner Ankunft in den Staa-
ten zog er in die Appalachen, wo er bis heute haust.
KAPITEL EINS: STEIN, STEPPE
33
Gangrel01.p65 33
alle Städte in Kalifornien wirklich der Camarilla zugehörig; es
gab dort keine Prinzen mehr, und sie hielten sich nur mehr
an ihre eigenen Regeln und ein geringes Maß öffentlicher
Ordnung. Es waren ein paar verrückte Dekaden voller Mög-
lichkeiten für viele neugeborene Gangrel.
Es war nie so, daß neugeborene Gangrel einer unter-
drückten vampirischen Unterschicht angehörten. Natür-
lich waren wir immer schon ein Haufen Außenseiter, wes-
halb es uns an den materiellen Ressourcen mangelte, die
ach so wichtig für unsere ehemaligen Pendants in den an-
deren Clans der Camarilla waren. Doch im Gegensatz zu
Neugeborenen anderer Clans haben wir die Freiheit,
schon wenige Jahre nach unserem Tode zu tun, was wir
wollen. Junge Gangrel werden an langen Leinen mit ge-
spickten Halsbändern gehalten. Meist haben wir nicht
viel, wogegen wir rebellieren könnten, was uns aber nicht
davon abhält, uns den ansässigen Anarchenrudeln anzu-
schließen. Manchmal lernt man in diesen Rudeln gute
Leute kennen. Aber wir treten den Anarchen nicht aus
Gründen wie „Kampf den Herrschenden, Mann!” bei.
Xaviar beorderte einen seiner vertrauenswürdigsten Ar-
chonten nach Kalifornien, damit er dort die Lage sondie-
re, Seth Geddes – dessen Faible für Geheimnisse und Ver-
schwörungen heute nur von meinem Bekannten Zeke J.
übertroffen wird und in den Vierzigern seinesgleichen
suchte –, doch Geddes fand den endgültigen Tod, ehe er
in den Westen abreisen konnte. Ein Tremere in Xaviars Ge-
folge identifizierte ein Häuflein Asche, das man in St. Louis
fand, als Geddes’ sterbliche Überreste. Man fand die Asche
am Ufer des Mississippi. Geddes’ persönliche Aufzeichnungen
waren durchwühlt worden, und zumindest eine seiner Zu-
fluchten war bis auf die Grundmauern abgebrannt. Ich weiß
nicht, was er gefunden hatte, und ich bin froh darüber.
DIE FÜNFZIGER JAHRE
Ich habe schon erwähnt, daß jemand, der den Kuß emp-
fängt, nicht automatisch die Prioritäten seines Lebens auf-
gibt. Sicher ändern sich manche Dinge, aber wenn Uschi
Mustermann eine glühende Republikanerin ist, wird sie
wohl nach dem Kuß nicht zur Kommunistin werden. Viele
lebenslange Überzeugungen haben Vorrang vor den
Machtkämpfen der Vampirsekten und dem inneren Kampf
gegen das Tier, zumindest im ersten Jahrhundert, aber das
ist eine andere Sache.
Das erklärt auch die Zahl der kainitischen Spione in
Mittel- und Osteuropa während des Kalten Krieges, von
denen Mitglieder unseres Clans einen großen Teil aus-
machten. Wie alle Zeitspannen des Aufruhrs, war auch die
Nachkriegszeit eine Zeit vieler Gelegenheiten für ehrgei-
zige Vampire. Zwar sind Nosferatu wahrscheinlich die Top-
spione, doch wir Gangrel sind nicht müßig, und Stadt-
gangrel können es mit Nosferatu aufnehmen, wenn sie
müssen. Die meisten, die in diesem Metier arbeiten, sind
offiziell Mitglieder der Camarilla, doch in diesem Fall hat
das nicht viel zu bedeuten. Loyalität dem Vaterland gegen-
über und die politische Einstellung sind weit wichtiger, es
ist irrelevant, ob der schwarze Mercedes, der einen be-
schattet, von einem Stadtgangrel des Sabbat oder einem
camarillahörigen Nosferatu gefahren wird. War der Fahrer
Russe, bedeutete das Ärger.
UND SEE
05.03.2002, 10:04
 DIE ÄRA MCCARTHY
Jede Gesellschaft macht in Abständen Zeiten schwerer
Paranoia und Fremdenfeindlichkeit durch. McCarthys
Tobsucht in den 50ern war nicht einmal die erste in die-
sem Jahrhundert – dieses Etikett trägt die Rote Furcht in
den frühen Zwanziger Jahren –, aber an sie erinnere ich
mich am besten. Die verrückte Jagd auf „Kommies” war
nur die neueste Form der Inquisition.
Zeiten der Paranoia bereiten Kainskindern immer
Schwierigkeiten, egal welcher Sekte sie angehören. Die
Gefahr ist groß, der Nutzen klein. Wenn die Sterblichen
jede verdächtige oder seltsame Gestalt ausspähen, haben
es Vampire viel schwerer, sich zu verstecken. Gewöhnliche
nächtliche Aktivitäten werden fast unmöglich. Klar, man
kann immer versuchen, das kommunistengeile FBI auf sei-
ne Feinde zu hetzen, aber die versuchen wahrscheinlich
dasselbe. Dabei muß ich Sie wohl nicht daran erinnern,
wie schwer es dem durchschnittlichen Gangrel fällt, poli-
tische Fäden zu ziehen.
Zeke J., der Verschwörungsspezialist, erzählte mir, Mc-
Carthy und Roy Cohn seien von der Camarilla kontrolliert
worden, aber wie viele seiner Behauptungen kaufe ich ihm
das nicht ab. Die Camarilla erfährt sehr wenig vom Komi-
tee für unamerikanische Aktivitäten im Weißen Haus.
Wenn mächtige Washingtoner Vampire versuchen, die
Marionetten ihrer Gegenspieler zu schlagen, begeben sie
sich dabei in zu große Gefahr. Es ist möglich, daß ein dum-
mer junger Ventrue oder Tremere Tailgunner Joe unter sei-
ner Fuchtel hatte, aber ich denke, wenn es so gewesen
wäre, hätten wir es im vorhinein gewußt.
Ungeachtet der Vorgänge in Washington, D.C. war der
Clan Gangrel weitgehend in der Lage, Schwierigkeiten aus
dem Weg zu gehen, allein durch die Tugend zu wissen,
wann und wie man am besten im Boden versinkt. In man-
chen Fällen verfeinerten wir unser Können sogar: Meine
Bekannte Josie T. aus der Nähe von Omaha büchste den
Jungs des dortigen Prinzen so oft aus, daß dieser einmal zu
oft im Licht der Öffentlichkeit stand und die Stadt schnell
verlassen mußte. Josie T. geht es heute viel besser.
Ich sollte noch erwähnen, daß 1955 ein Gangrelrudel
von beträchtlicher Größe, das die Everglades von Florida
unsicher machte, mit einem Rudel Werwölfe zusammen-
stieß. Rodriguez’ Leute hatten dem Prinzen von Tallahas-
see schon vor Jahren von Werwolfaktivitäten berichtet,
wahrscheinlich waren sie in irgendeine heilige Stätte oder
ähnliches gestolpert. Nur eines von Rodriguez’ Kindern,
Muñoz war sein Name, kam mit dem Unleben davon und
war derart traumatisiert vom Kampf, daß die Details nicht
allzu klar sind. Acht Gangrel, alle der 9. und 10. Generati-
on zugehörig und zwischen zehn und 200 Jahren alt, lie-
ßen in jener Nacht ihre Asche im Sumpf. Falls man Muñ-
oz glauben kann, stießen sie auf fast 50 Werwölfe. Ich weiß
nicht, ob es wahr ist, aber ich weiß, daß ich mich von den
Everglades fernhalte, auch heute noch.
DIE VORSTADTSIEDLUNGEN
Während die Vorstadtsiedlungen von den meisten ande-
ren Kainskindern mit Spott bedacht werden, waren sie für
uns Gangrel wie maßgeschneidert. Wenn man zu weit in
den Wald geht, werden einem die Wolflinge lästig – und
CLANBUCH: GANGREL
34
Gangrel01.p65 34
die sind bekanntlich nicht für ihre Zurückhaltung be-
rühmt. Zudem sind wir nicht in der hochtrabenden Städ-
tepolitik der anderen Vampire bewandert, vor allem, wenn
die anderen großen Clans der Camarilla sich bereits in der
Stadt eingenistet haben. Die Städteplaner der 50er Jahre
umgaben die Städte mit Ringen aus Zuckerbäckerhäus-
chen, und viele Zöglinge der Gangrel hatten es recht gut
in den Vorstadtsiedlungen, nachdem die Kommunisten-
Hysterie abgeklungen war.
Dies trifft auf den Sabbat wie die Camarilla zu. In den
darauffolgenden Jahrzehnten wurden in bemitleidenswer-
ten Örtchen mit Namen wie Hartmont Acres oder Beau
Pines unzählige Nachbarschaftskriege vom Zaun gebro-
chen. Gangrel mit einem perversen Sinn für Humor
schenkten bisweilen einem rasenmähenden Vati oder ei-
ner Mutti, die Kettenraucherin war, den Kuß. Ich kenne
einen ewigen Teenager, dessen Eltern 20 Jahre lang glaub-
ten, seine Schlafgewohnheiten und sein blasser Teint sei-
en „nur so eine Phase”. Die Vororte halfen den Vampiren,
viele seltsame Dinge zu verbergen: Nach den Problemen,
die McCarthy bereitet hatte, waren manche Leute so ver-
sessen darauf, zu einem normalen Leben zurückzufinden,
daß sie die abstrusesten Gewohnheiten ihrer Nachbarn
ignorierten. Wenn Sie mir das nicht glauben, sehen Sie
sich all die Geschichten von Kindesmißbrauch, Alkoholis-
mus, Drogenmißbrauch und sexueller Perversion in den
Vorstädten an, von denen wir nichts gehört hatten, bis rei-
ßerische Fernsehsendungen sie auf den Tisch brachten.
Doch das war nicht alles, was verheimlicht wurde.
DIE BÜRGERRECHTE
Da sie oft mit Unterprivilegierten und Randgruppen zu-
sammen waren, zeugten die Gangrel in den Südstaaten
auch sicherlich viele Schwarze. Nach dem Bürgerkrieg
wanderten Millionen Afro-Amerikaner in den Norden ab.
Vampire, die sich Schwarze als Herde oder Diener hielten,
zogen mit ihnen. Doch im ganzen Land waren Schwarze
im Kampf um ihre Rechte als amerikanische Bürger aktiv,
einige schwarze Gangrel waren unter ihnen und verliehen
ihrem Wunsch Nachdruck. Vampiren machte das Dasein
in einer Situation von solch extremer Ungleichheit das
Unleben unnötig schwer; diese Vampire gaben ihr Bestes,
um das Los ihrer menschlichen Leidensgenossen zu ver-
bessern.
Es gab unter den Kainskindern Rassenprobleme, und es
gibt sie heute noch. Es ist zwar schön und gut zu behaup-
ten, wir seien alle auf übermenschliche Weise vereint,
doch der Kuß findet nicht im Vakuum statt. Viele weiße
Vampire blicken verächtlich auf schwarze. Viele Gangrel
erwählten ihre Kinder aus unterdrückten Gruppen (sei es
aus Mitgefühl, Ähnlichkeit, Beschützerinstinkt oder ein-
fach Zufall), und dementsprechend haben die Gangrel un-
verhältnismäßig oft mit Benachteiligung zu kämpfen.1962
gab es einen Todesfall, der dem Seth Geddes‘ nahezu glich.
William Coolidge, auch Gangrel – diesmal ein Vertrauter
der mysteriösen Madame Guil –, hatte wohl im Laufe von
vier Jahren den Reiseverkehr von Kainskindern über den
Rio Grande untersucht. Sein Ziel war es seinen Kollegen
zufolge, Sabbatrudel auszumachen, die regelmäßig von Te-
xas nach Mexiko zogen. Niemand weiß, wer ihn erwisch-
te, aber auch seine Überreste wurden am Ufer eines nahen
05.03.2002, 10:06
 Flusses – des Rio Grande – gefunden, und seine nächstge-
legene Zuflucht war durchstöbert und niedergebrannt wor-
den.
DIE 60ER JAHRE
DIE ERMORDUNG KENNEDYS
Dies ist eine Anmerkung des geschätzten Zeke J. Er ist
nicht so ganz „beisammen” wie die meisten anderen, mit
denen ich mich sonst abgebe. Von der Behaarung seines
Gesichts ausgehend könnte man annehmen, er habe nicht
wenige Rasereien hinter sich. Er sagt, er sei bis 1975 Ar-
chont unter Luchenko gewesen, aber ich weiß nicht so
recht, ob ich ihm das glauben kann, da ich sicher war, daß
Xaviar schon vor meiner Zeugung und bis 1998 Justikar
war. Außerdem weiß ich nicht, ob Zeke je stabil genug war,
um so eine Stellung inne zu haben. Aber zum Teufel da-
mit, hier ist sein Beitrag, glauben Sie, was Sie wollen.
Das letzte Mal, als ich nachsah, waren mehr als 50 Bücher
auf dem Markt, die behaupteten, sie brächten Licht in den
Mord an John F. Kennedy. Keins davon hat recht, wenn man
aber ein paar der seriöseren nimmt und sie mit dem Wissen er-
gänzt, das wir als Vampire besitzen, erhält man ein recht ge-
naues Bild davon, was sich wirklich ereignete.
Ich kann es in drei Worten zusammenfassen: Kennedy wuß-
te es. Nicht die Bayerischen Illuminaten, nicht der Templeror-
den oder irgendeine derartige Institution, sondern die Camaril-
la ist die älteste Verschwörung der Welt, und wie bei allen Ver-
schwörungen gehen ihre Anführer über Leichen, um das Ge-
heimnis zu hüten.
Wie er es herausbekam, ist nicht sicher. Durch das Glück,
einer wohlhabenden Familie anzugehören, und seine Verbin-
dungen zu Gangstern wie Giancana und Überfliegern wie Si-
KAPITEL EINS: STEIN, STEPPE
35
Gangrel01.p65 35
natra, war Jack lange genug am Rande unserer Machtstruktu-
ren umhergeschlichen, um eine Ahnung von der Wahrheit zu
bekommen. Marilyn hatte wohl einige Zeit als Blutpüppchen ei-
nes dämlichen Toreador in L. A. verbracht, vielleicht trieb sie
sich auch nur mit anderen toten Freunden Giancanas herum.
Über die Details bin ich mir nicht im klaren, aber darauf
kommt es auch nicht an. Jack wußte bescheid, und die falschen
Leute hatten den Verdacht, daß er nach den Wahlen ’64 an die
Öffentlichkeit gehen würde. Nun, schlaue Leute wie Sie und
ich wissen, daß, wenn der Präsident plötzlich „Vampire” riefe,
jeder in der Regierung sofort einen Mißtrauensantrag stelle
würde, aber es ist nun mal nicht jeder so schlau wie wir.
Der Innere Rat ordnete den Schlag an. Der damalige Justi-
car der Gangrel, Luchenko, koordinierte unsere Handlanger in
der Mafia. Luchenko bediente sich einiger Strohmänner, Da-
vid Ferrie und Eladio del Valle, um den Boß der Mafia von
New Orleans, Carlos Marcello, dazu zu bringen, den Schlag
zu führen. Marcello mußte sich keine Mühe geben, Lee Har-
vey Oswald dazu zu bringen, und es ist allgemein bekannt, daß
Jack Ruby seinen Unterhalt von der Mafia bezog. Es war eine
verdammte Drecksarbeit, aufzuräumen. Ich diente in den Sech-
zigern und den frühen Siebzigern als Archont unter Luchenko,
und er hatte mich persönlich auf Eladio del Valle angesetzt. Um
sicherzugehen, daß ihn kein Kainskind in die Finger bekäme,
wollte er, daß ich den Leichnam besonders gewissenhaft ver-
stümmelte. Zur selben Zeit nagelten andere David Ferrie in
New Orleans fest. Marcello berief sich auf Sammy Giancana
und Johnny Roselli, und die beiden Bastarde wurden ins Weiße
Haus vorgeladen. Beide zur Strecke zu bringen war ebenfalls
schwierig. Als alles gelaufen war und die Johnson-Regierung
ihre eigenen Probleme hatte, mußten wir die halbe Nixon-Re-
gierung dafür verwenden, um den restlichen Papierkrieg zu be-
wältigen.
UND SEE
05.03.2002, 10:07
 DER MOTTENMANN
Mein verschwörungsgeiler Freund Zeke J. liebt die Ge-
schichten über den Mottenmann. Im Jahre 1968 gab es im
Tal des Ohio Dutzende von Sichtungen eines Wesens, das
von den Ansässigen „Mottenmann” genannt wurde (mit
mottenartigen Flügeln und rot leuchtenden Augen), nebst
vieler anderer seltsamer Geschehnisse, wie Viehverstüm-
melungen, Männern in Schwarz und Ufo-Sichtungen. Er
salbaderte mehrere größere Prophezeiungen ( auch eine
über den Papstmord und die Ermordung von RFK), und
ein paar Monate später verschwand er und wurde nie wie-
der gesehen. Die allgemeine öffentliche Meinung war, daß
der Mottenmann, falls es ihn tatsächlich gab, außerirdi-
scher Herkunft war. Der Mottenmann war ein wahnsinni-
ger, stark verunstalteter Gangrel, von dem niemand sicher
ist, welcher Sekte er angehörte. Auf jeden Fall war er eine
Gefahr für die Maskerade, egal, woher er stammte. Luchenko
sandte seine Archonten aus, damit sie das Chaos verhinder-
ten, das sich langsam um den Mottenmann herum zusam-
menbraute. Einer der Archonten namens Indrid Cold verklei-
dete sich als Außerirdischer, um das gesamte Ohio Valley als
einen Haufen Hinterwäldler erscheinen zu lassen. Die übri-
gen Männer Luchenkos suchten, jagten und töteten den
Mottenmann ohne eine Spur von Erbarmen; es dauerte ei-
nen Monat, die Maskerade in jenem Gebiet wieder herzustel-
len, indem man das Ausmaß an Seltsamkeiten in der Gegend
langsam wieder auf ein normales Maß herunterschraubte.
DIE 80ER
In den Achtzigern drehte sich alles ums Geld. Die Vam-
pire, die glauben, wir beherrschten wirklich alles, meinen,
in dieser Dekade hätten die Ventrue es endlich auf die
EINE ÜBERRASCHUNG
Wenn Sie dies lesen, kennen Sie den üblichen Aus-
gang einer Konfrontation zwischen Vampiren und
Werwölfen. Nun stellen Sie sich meine Überraschung
vor, als Anfang der Achtziger Geschichten in Umlauf ka-
men, nach denen im Winter ’77 in Norwegen ein Rudel
Werwölfe blutleer und steifgefroren aufgefunden wurde.
Norwegen ist altes Gangrel-Territorium, also schlossen
meine Clansbrüder und ich auf das Offensichtliche.
Ein paar meiner Bekannten riefen gleich bei einigen
ihrer Kontakte in Oslo an und forderten ein oder zwei
Gefallen ein, doch die Osloer Gangrel wollten nicht
reden. Es schien, als könne nur ein Kurzbesuch ihnen
irgendwelche Informationen abringen. Da aber nie-
mand von uns Zeit dazu hatte, taten wir das ganze als
Gerücht ab. Bis zum März 1982, als Kinssky in einem
schlimmen Traum einen zweihändigen Tyr sah, der
dem Fenriswolf den Kopf abschlug und das Blut, das
aus seinem Hals rann, aufleckte. Er hatte den Ver-
dacht, daß sich das auf den Zwischenfall in Oslo be-
zog, und erzählte mir davon. Kinssky machte sich Jah-
re später davon in den Anarchenfreistaat, ich hörte, er
sei vernichtet worden. Ich weiß nicht, was zur Zeit in
Norwegen vor sich geht, abgesehen von den Gerüch-
ten über Brunhilde.
CLANBUCH: GANGREL
36
Gangrel01.p65 36
Reihe gekriegt, ihren Einfluß von der Wall Street bis Cali
in Kolumbien durch Ghule geltend zu machen. Kriege zwi-
schen amerikanischen und sowjetischen Marionettenstaa-
ten lieferten den Gangrel reichlich Nahrung. Kleinere Re-
volten und Gegenaufstände in Mittel- und Südamerika,
Afrika und dem Nahen Osten, gaben dem Sabbat regelmä-
ßig Gelegenheit, in Camarillastädte vorzurücken und an-
dersherum.
Ich erhalte viele internationale Neuigkeiten. Ein netter
Vorteil daran, einem Clan aus lauter untoten Menschen
anzugehören, die sich in Wölfe, Fledermäuse und Nebel
verwandeln können, ist die Tatsache, daß wir herumkom-
men und die wirklichen Autoritäten nie bescheid wissen.
Ich denke, die Nosferatu empfinden auf ihre eigene Art
und Weise ähnlich. Mehrere Vampire leben in Ulan Bator
in der Mongolei. Theoretisch haben sie ein Auge auf die
fernöstlichen Vampire, die Cathayer, in China. Praktisch
bauen sie denselben Mist wie Kainskinder in anderen
Städten auch. Damals, 1983 war einer der toten Bewoh-
ner Ulan Bators ein Gangrel-Archont namens Jewgenij
Bodunow.
Bodunow verbreitete eine Geschichte, auf deren Wahr-
heitsgehalt einige Neugeborene bei ihrem Unleben schwo-
ren. Anscheinend waren sie, als sie eines nachts in der Art
der alten Mongolen in die südliche Steppe ausgeritten wa-
ren, wobei sie gelegentlich von ihren dahintrottenden
Pferden tranken, ein wenig zu weit in die Wüste Gobi ge-
raten. Sie schwören, dort einen riesigen, tierhaften Vam-
pir gesehen zu haben, der sich, während er langsam zu Be-
wußtsein kam, aus dem Sand erhob. Auf eine Handbewe-
gung von ihm hin gingen ihnen die Pferde durch, obwohl
sie sie unter Kontrolle gehabt hatten, und liefen zu dem
fernen Vampir. Während das Ungeheuer beschäftigt war,
flohen unsere Zeugen natürlich in Richtung Ulan Bator
und schrieen etwas über frisch erwachte Methusalems in
der Wüste Gobi.
Bodunow gab zu, daß die Geschichte mehr Schwächen
hat als der letzte medizinische Bericht über Andropows
Zustand, ich werde auch nicht die unzähligen anderen
Dinge aufzählen, die die Geschichte noch bedeuten könn-
te, da ich Ihren Intellekt respektiere. Wenn Sie aber dem-
nächst in der Wüste Gobi zu tun haben sollten, sollten Sie
vielleicht ein Auge auf den Sand werfen.
1987 gab es den ersten in einer aufrüttelnden Serie von
Archontenmorden. Es traf eine Gangrel, eine Gefolgsfrau
Petrodons, eine gewisse Gail Lovett. Ich kannte Gail, sie
war nur etwa 100 Jahre alt. Um ehrlich zu sein, war sie
seltsam. Sie war eine Art mathematische Koryphäe und
Einsiedlerin, als sie gezeugt wurde, und sie wurde nie um-
gänglicher, obwohl sie von Zeit zu Zeit die Things besuch-
te. Gail war eine Eins in Buchführung, hatte einen alten
aufgemotzten Minicomputer in ihrer Hütte in West Virgi-
nia stehen und brütete auf der Suche nach anderen Ein-
flüssen außer denen der Vampire über Aktienkursen und
Bilanzen. Als ich 1985 mit ihr sprach, ging sie gerade auf
der Suche nach Unstimmigkeiten jahrhundertealte Bü-
cher durch. Irgendwie besessen, aber der Job paßte zu ihr.
Ihre Asche fand man am Ufer des Kanawha River bei
Charleston. Ihre Hütte war durchwühlt worden, der Rech-
ner zerstört und der Rest des Ortes niedergebrannt. Nie-
05.03.2002, 10:07
 mand fand je heraus, woran sie 1987 gearbeitet hatte, und
jetzt, wo Petrodon vernichtet ist, glaube ich, daß man es
nie erfahren wird.
Gegen Ende der Achtziger Jahre kam ein starkes Um-
weltbewußtsein in der Öffentlichkeit auf. Gemeinden
überall in den Vereinigten Staaten begannen, Müll zu re-
cyceln. Firmen begannen, umweltfreundlich zu produzie-
ren und so weiter. In Wirklichkeit ist der Umweltschutz
ein altes Anliegen, das bis zur Zeit Roosevelts zurückgeht.
Greenpeace gibt es schon seit Jahrzehnten, und ich habe
mir sagen lassen, daß auch Wolflinge zu extremem Ökofa-
natismus neigen. Im Gegensatz zu dem, was Sie vielleicht
gehört haben mögen, sind Gangrel nicht immer brennen-
de Umweltschützer. Sicherlich sind es manche, vielleicht
auch zu einem beachtlichen Prozentsatz, aber nicht mehr-
heitlich. Die meisten haben mit dem Unleben genug am
Hals. Außerdem müssen Sie bedenken, daß in der unbe-
rührten Natur Werwölfe herumstreifen, also ist es nicht
unser größtes Anliegen, solche Gebiete zu erhalten. Wilde
Gegenden sind schön und gut, sie sind uns nützlich und es
gibt großartige Orte, an denen man den Dampf des städti-
schen Unlebens ablassen kann. Die Mammutbäume zu
verteidigen oder Öllecks aufzudecken ist aber zuviel
Mühe, wo Vampire doch tags nicht arbeiten.
DIE 90ER
Ich bin ein großer Fan des Internets und habe meinen
Zugang bereits seit 1994, ehe der große Boom kam. Viele
der anderen Vampire glauben, wir seien Nieten auf dem
Gebiet der Technik, nur weil wir uns von anderen Kains-
kindern fernhalten und Jeans tragen, aber diese Leute ha-
ben anscheinend noch nie eine Hütte mit Satellitenanten-
ne gesehen. Es ist zwar nur eine Minderheit relativ junger
Gangrel, die Internetuser sind, aber der Witz sagt es: Im
Netz sieht keiner, daß du ein Hund bist. Jedes Jahr wen-
den sich mehr von uns dem Netz zu. Gesicherte Chat-Ser-
ver und verschlüsselte Mailingdienste sind einfach zu
schön, als daß man sie nicht nutzen könnte. Außerdem ist
es viel einfacher, mit anderen Clans via Internet zu ver-
kehren; so können sich die Toreador eher auf deine klang-
vollen Worte als die Flöhe an deiner Stirn konzentrieren.
Schauen Sie nicht so, Sie wissen, wen ich meine.
Ein zusätzlicher Vorteil, den die Kommunikation im In-
ternet bietet, sei es per E-Mail oder in Echtzeit, ist es, daß
du sicher sein kannst, daß dein Gegenüber weder deine
Gedanken noch deine Worte beeinflußt, während du mit
ihm sprichst. Ich habe noch von keiner Fähigkeit zur Ge-
dankenbeeinflussung per Modem gehört. Zugegeben,
wenn man einer langandauernden Gehirnwäsche unterzo-
gen wurde, kann einem das Internet auch nicht helfen,
aber jedes bißchen Sicherheit ist nützlich.
Seit 1990 schießen in den Staaten Spielbanken, die von
Indianern betrieben werden, wie Pilze aus dem Boden. Ob-
KAPITEL EINS: STEIN, STEPPE
37
Gangrel01.p65 37
wohl viele Menschen das Glücksspiel schnell als auszumer-
zendes Übel abstempeln, bringen diese Kasinos den Reser-
vaten, in denen sie ansässig sind, großen Wohlstand und
Reichtum. Wie gesagt hausen viele Gangrel in oder bei Re-
servaten, und wie es in der Camarilla üblich ist, bedeutet
der Reichtum einer Herde meist auch Reichtum für ihren
Herrn. Das soll heißen, daß ich mindestens eine Handvoll
Gangrel nennen kann, die unerwartet zu wirklich phantasti-
schem Reichtum und Einfluß gekommen sind. Natürlich ver-
loren drei von ihnen diesen Reichtum an irgendwelche Ven-
true oder Giovanni, die ihnen bei den Feinheiten der Hochfi-
nanz ein wenig unter die Arme greifen wollten...
Ich verbringe nicht viel Zeit mit Sabbatvampiren, gleich
welcher Färbung, denn zuviele sind Verrückte oder Idio-
ten oder eine unschöne Mischung von beidem. Nachdem
wir im letzten Jahr unsere Unabhängigkeit deklariert ha-
ben, traf ich im letzten Jahr doch ein Rudel des Sabbat in
einem neutralen Gebiet (in Abilene, wenn Sie es wissen
wollen), und es kam dazu, daß wir unsinnige Geschichten
austauschten. Inmitten der ganzen Geschichten von Dia-
blerie, Ausschweifung und Feuerspringen fand ich nur ein
Goldstück: Diese Kerle, die sich selbst die Silberklingen
nennen, stießen 1992 in Massachusetts auf einen Gangrel,
der sein Gedächtnis verloren hatte. Dieser Gangrel beharr-
te darauf, er wüßte nicht, wer er sei, woher er komme und
wer sein Erzeuger sei.
Unter den Silberklingen war damals ein Tremere antitri-
bu (sie schwiegen, als ich fragte, war aus ihm geworden
sei), der diesen Joe Namenlos solange beschwatzte, bis er
ihm einige Tropfen seines Blutes gab. Der Zauberer tat
dann seine Sachen mit dem Blut, um den Namen von Joes
Erzeuger zu erfahren, damit sie nachvollziehen konnten,
was mit dem Mann passiert war (oder um ihn zu verspei-
sen, darüber waren sie sich noch nicht im klaren). Sie konn-
ten den Namen des Erzeugers nicht erkennen und waren von
den Ergebnissen der Prozedur äußerst überrascht.
Der Erzeuger von Joe Namenlos war eine Gargyle.
Doch Joe war keine, er war eindeutig Gangrel. Die Klin-
gen stritten mehrere Minuten darüber, was ihr verbliche-
ner Freund gesagt hatte; entweder hatte er gesagt, das Blut
in Joe sei derart dünn gewesen, daß der Gargylenfluch völ-
lig von ihm gewichen war, oder es müsse irgendwelchen
Vampirzauberern irgendwo gelungen sein, Gargylen in ihre
vampirischen Komponenten zu zerlegen. Ich weiß nicht,
was ich damit anfangen soll, außerdem wechselten die Sil-
berklingen eilig das Thema, als ich fragen wollte, was da-
nach mit dem alten Joe passierte.
DIE ENDZEIT
Ich traf mich in den ersten Tagen des Jahres mit ein paar
Freunden an einer leeren Raststätte, um die aktuellen Gescheh-
nisse zu besprechen; für Neugierige habe ich hier eine Mit-
schrift der Unterhaltung.
UND SEE
05.03.2002, 10:08
 im letzten Som-
TOM: Weiß irgend jemand, was
ist? Eine r me ine r TOM: Wie auch immer, weiß irgend jemand,
mer mit den Rav nos pas sier t was
te ein paar ge- eigentlich mit Xaviar los ist?
Kumpels im Osten sagte mir, er hät
Monaten nichts DINA : Ich denke, ich habe eine ganz gute
kannt und in den letzten sechs Vor-
stellung davon, was passiert sein könnte. Ich
mehr von ihnen gehört. weiß
Ich glaube, viele noch, als ich die Rede auf dem Althing in
DINA: Ich weiß es ehrlich nicht. Dallas
ch wen, weiß ich im letzten Frühjahr gehört habe, war ich froh
von ihnen sind vernichtet. Dur dar-
über, die Camarilla zu verlassen.
nicht.
m Ravnos aus TOM: Klar, ich bin auch raus, aber nur, weil
BETH: Mein Erzeuger spielt mit eine alle
aft Kat z und Maus, anderen auch gingen und ich nicht wollt
seiner entfernten Bekanntsch e, daß
Juli nich ts mehr von Xaviar zu mir kommt und mir eine verpaßt.
und er hat seit dem letzten Ich
Me in Erze uger ist et- habe es nicht wegen des Althings gemacht
seinem alten Feind gehört. . Es
ubt er, daß dieser Typ gab da eine Menge finsterer Gerüchte, bevo
was paranoid, und so gla rste-
pla nt. hende Säuberungen, Krieg mit den Cath
einen schwereren Angriff ayern
Tremere irgend- oder daß der Innere Rat eine Art Pakt mit
ZEKE: Ich habe gehört, daß die dem
eng em isch t haben, das sie Teufel vorhätte, das waren die drei wich
ein Blutserum zusamm tigsten,
alsky sah zwei die ich gehört hatte. Oder diese Sache
alle wahnsinnig gemacht hat. Kow mit Ge-
gegenseitig im henna natürlich.
von ihnen zu, wie sie einander
in L. A., das war DINA : Xaviar sah, daß etwas viel Mächtige
Kampf töteten, im Juli drüben res exi-
Gildenhaus der stiert, als er je geglaubt hätte. Ich bin nich
kurz nachdem zwei von ihnen ein t sicher,
cht hatten. was er sah.
Tremere vor der Stadt plattgema
ien und Pakistan TOM: Komm schon, es gibt keine Vorsintflut
TOM: Sind die Ravnos nicht in Ind lichen.
starke Monsun im Der Letzte starb bei der Anarchenrevolte
stark ver treten? Meint ihr, der oder
geschadet? dem Fall Karth ago s ode r der Erob erun g
letzten Jahr hat ihnen irgendwie Roms
cht da ein biß - oder bei eurer Lieblingstragödie. Xaviar
CHUCK: Ne, sie sind untot, was ma sah ir-
gendwas, was er dafür hielt, und ist ausg
chen Regen? eflippt.
ZEKE: Die Zahnräder greifen ineinander,
TOM: Ich schätze, du hast Recht. das ist
r akt uel le Din ge, der beschissene Dschihad.
CHUCK: Wir red en doc h übe
-Ten -Liste aus Xavi- TOM: Klappe, Zeke!
kennt einer von euch die Top
Inne ren Rat von ’98? DINA : Ich habe nicht viele Tatsachen, aber
ars Knüllersprüchen vor dem Xavi-
ar trat vor den Rat und sagt e, man hätte
TOM: Nein, Mann, sag schon! die
helnden Papiers): Kainskinder zu lange belogen und er könn
CHUCK: OK, (das Geräusch rasc e das
CBS und ABC angerufen, nicht länger dulden.
10. „Ich habe bei NBC,
Aus tritt der Gangrel ist für TOM: Aber worüber haben sie gelogen? Und
die Pressekonferenz zum wie-
1 um 9.00 Uhr angesetzt. so ist er plötzlich zum Altruisten geworden?
den ersten Januar 200
BETH: Über das, was er sah oder was ihm jema
Bis dann!” nd
richten, ihr seid gesagt hat.
9. „Kain läßt euch übrigens aus
TOM: Aber Xaviar ist doch nicht zum Sabbat
ein Haufen Versager!” über-
Gangrel sich jetzt gelaufen, oder?
8. „Habt ihr schon gehört, daß
? Iowa, wir kom- CHUCK: Ich habe gehört, daß er es getan
auch von Mais ernähren können haben
soll.
men!”
Zukunf t!” DINA : Ich habe gehört, daß er es nicht geta
7. „Jungs, Swing ist der Trend der n hat.
man die Diszi- CHUCK: Was ein Mist, woher willst du das
6. „Will einer von euch wissen, wie wissen?
Geschlechtsum- DINA : Ich kenne Leute im Sabbat.
plinen der Gangrel benutzt, um
CHUCK: ’nen Scheiß kennst du!
wandlungen vozunehmen?”
neu en Stür me r TOM: Leute, das ist nicht besonders prod
5. „We nn die Red Win gs ein en uktiv.
de ich versuchen, Also weiß niemand etwas von Xaviar. Was
brauchen, dann, bei Gott, wer ist mit
Cam aril la ode r den anderen hohen Tieren, Karsh, Mark
in das Team reinzukommen, Decker,
Inyanga?
nicht!”
BETH: Karsh und Xaviar sind nicht besonder
4. „Rosebud... ” s gut
die Verpflegung aufeinander zu sprechen. Sie beschimpfen
3. „Niemand würde bei sowas ein-
ander gegenseitig als Verräter.
liefern!”
” CHUCK: Wer war Decker nochmal?
2. „Ich will ‘ne Gehaltserhöhung!
n die se Vorhänge, oder ZEKE: Der Prinz von Milwaukee seit ungefähr
1. „Entweder wir nehme ’91.
Ein echter Fuchs.
ich gehe!”
Chuck, ich bin si- CHUCK: Nun, ich denke, er ist immer noch
TOM: Das war wirklich mager, Prinz.
aßt er dir ’nen ZEKE: Ja, ich glaube, Inyanga hat ihm geho
cher, wenn Xaviar das sieht, verp lfen,
so weit zu kommen. Sie hat auch die Cam
Arschtritt. arilla
ieben, jemand verlassen, als Xaviar es tat, aber sie ist nich
CHUCK: Ich hab’ es nicht geschr t zum
Sabbat gerannt. Sie ist viel zu gerissen.
hat es mir gemailt.
DINA : Karsh bleibt der Kriegsherr der Cam
arilla.
CLANBUCH: GANGREL
38

Gangrel01.p65 38 05.03.2002, 10:08

 die Mächtigen
TOM: Auf jeden Fall haben sich
bat davonge-
und Einflußreichen nicht zum Sab
macht.
Karsh Jalan-Aajav
BETH: Mein Erzeuger sagt, daß
wäre es sehr un-
noch mehr haßt als Xaviar, also
wahrscheinlich, daß er es täte. ZEKE: Die Zahnräder, Mann. Verl
eugne das Buch,
h wen n viel e
DINA: Du has t rec ht, Tom , auc und wenn die anderen Toten Ang
st vorm Schwar-
n haben, hat sich zen Mann bekommen, nimmst
Gangrel die Camarilla verlasse du sie aus.
angeschlossen.
nur ein kleiner Teil dem Sabbat TOM: Ach, komm schon! Ich has
se diesen Akte-X-
auf den en ihre
Ich wei ß, daß ich kein e Lust Schrott, Zeke. Was für ein Methus
alem würde sei-
Scheißparties habe. ne Manipulationspläne so einf
ach stricken, daß
vielleicht etwas
TOM: Manche von euch haben du durchsteigen könntest?
niss e gehört, einer BETH: Was steht noch so in den
von der Chronik der Geheim Chroniken?
End e der Zeit vor- TOM: Es gibt eine Zeile über die
Reihe von Gedichten, die das Zeit des dünnen
sow as gla ubt. Es gibt Blutes und Vampire, die keine
aussagen, wenn man an anderen erschaf-
End zeit : „Ma n wird sie fen können. Ich weiß nicht me
darin ein Verspaar über die hr, wie sie genau
die uns selb st in der lautet, aber ich schätze, es heiß
erkennen an den Wilden, t, daß die Caitiff
den ... ” Ma nch e meiner die Vorboten des Endes sind.
stärksten Stadt jagen wer utiert
übe r die se Zeil en disk DINA: Also kommt es mir schlau
Bekannten haben viel vor, Caitiff zu ver-
damit die Wolf-
und jeder geht davon aus, daß nichten, wenn möglich, oder?
ke an Chi kago
ling e gem ein t sind – ma n den TOM: Ja, ich gla ube sch on, auc
h wenn unser
Annahmen so ist.
1992 – aber ihr wißt, wie es mit Clan die meisten von ihnen her
vorbringt. Wenn
daß mit den Wil-
Meine Leute und ich glauben, vielleicht jeder erst mal runterk
ommen und zu-
eint sind, son-
den gar nicht die Wolflinge gem stimmen würde, für zwei Jahre niem
anden zu zeu-
e der älte sten
der n seh r alte Ga ngr el. Ma nch gen, wür de die se gan ze Geh
enn asa che viel -
ihr versteht, was
Gangrel sind echte Tiere, wenn leicht sowieso vorüber ziehen.
Tiere und denken ZEKE: Du tust mir leid, Tom.
ich meine, sie sehen aus wie
Ges chi cht en
wie wel che . Und wen n ma n den TOM: Und was für eine Wahl hab
en wir? Sollen wir
. Das klingt für
glaubt, dann haben sie Hunger auf irgendein Monster war ten,
das uns alle ver-
z sch ön nac h „Wil- schlingt?
mich (und meine Kumpels) gan viel
cht es mir
de” , und um ehr lich zu sein ma Wer -
BETH: Glaubst du, der Mythos ist
wahr? Nun, ich
r ang epi ßte
mehr Angst als Geschichten übe weiß nicht so recht, was ich gla
uben soll, das ist
wölfe. alles so neu für mich.
Geheimnisse viel- TOM: Ich weiß nicht, manchma
DINA: Dann ist die Chronik der l glaube ich dran.
für die, die die alten ZEKE: Was würdest du sagen, wen
leicht ein Aufruf zum Kampf n ich dir erzäh-
die Vampire der Ca- le, daß unsere Gründerin schon
Geschichten glauben und lange wach ist?
marilla hassen. TOM: Zeke, wenn du mir das sag
en würdest, wür-
den Sabbat? Ich
BETH: Vielleicht gilt es nur für de ich dir sagen, daß du sie
dir dahin stecken
h rec ht wild sein, oder? sollst, wo die Sonne immer noc
meine, sie sollen doc h scheint.
wirk lich , daß die Chronik der ZEKE: Hey, früher hast du gesagt
TOM: Ich bezweifle , daß es Gangrel
lafr eun dlic hen
Geh eim niss e aus ein er cam aril gibt, die glauben, daß sie in Abs
tänden aus der
sie wirklich so alt
Sicht geschrieben wurde, wenn Starre auf wacht. Wieso nicht jetz
t?
ist viel älter als
ist, wie jeder sagt. Ich meine, sie DINA: Hast du irgendeinen Bew
eis dafür?
nen die Prinzen
die Camarilla, und daher verleug ZEKE: Falls ein Vorsintflutlicher nich
t wollte, daß du
so oft sie können. wüßtest, daß er wach und aktiv
und Justicare das Scheißding, ist, glaubst du, du
„Boshafte Lügen,
Wie hat es Modius ausgedrückt? würdest es erfahren?
n” oder so ähn-
um Kinder aus Monstern zu mache DINA: Das Feh len von Bew eise
n bes agt gar
lich. nichts, du Dumpfbacke.
TOM: Leu te, das füh rt zu gar
nic hts. We nn ihr
nichts Nützliches hinzuzufügen hab
t, höre ich jetzt
auf mitzuschreiben.

KAPITEL EINS: STEIN, STEPPE UND SEE

39

Gangrel01.p65 39 05.03.2002, 10:08

Gangrel02.p65 40 05.03.2002, 13:50
 INNENANSICHTEN
DER GANGREL
Wer mit den Wölfen laufen will, muß mit ihnen heulen.
- Russisches Sprichwort
Der Clan Gangrel ist ein einziger Widerspruch. Das ist
auch zu erwarten, da ein Stereotyp nicht dazu dient, Ver-
schiedenheit zu beschreiben. Der stereotype Gangrel ist
verdrossen, unkommunikativ, hat schlechte Manieren und
neigt dazu, lange Zeitspannen allein in der Wildnis zu ver-
bringen. Dieses Klischee ist nicht falsch, aber genauso gibt
es ungestüme und beredte Gangrel, die die Nacht durch-
streifen. Viele Gangrel suchen sich ihre Zuflucht in den
belebten Gefilden der Großstadt, und manche schlum-
mern des Tags in beschaulichen Ländereien. Gemeinhin
sagt man, Gangrel mischten sich nicht in die Politik ein
und verachteten die Manöver des Dschihad, doch es gibt
Vertreter des Clans in hohen Machtpositionen in allen
wichtigen Bereichen der vampirischen Politik, und kein
Mitglied unseres Clans blieb von den Umwälzungen der
heutigen Nächte unberührt.
Wie die meisten Clans haben auch die Gangrel keine of-
fizielle Organisation. Sie haben eine gemeinsame Basis aus
Traditionen und grundlegenden Dingen, die ein komple-
xes Organisationsschema überflüssig und unnatürlich er-
scheinen ließe. Jeder Gangrel kennt die beste Taktik im
Umgang mit seinesgleichen aus sich heraus – Respekt und
Zurückhaltung gegenüber den Stärkeren. Ein Kind, das zu
jung und noch zu menschlich ist, um dieses grundlegende
Konzept zu begreifen, bekommt es schon eingebleut. Im
Gegensatz zur allgemeinen Meinung fliegen nicht immer
die Fetzen, wenn zwei Gangrel einander begegnen. Die
Gangrel achten immer auf ihre Stellung im Machtgefüge
und sind sehr schnell darin, die Stärke eines Neuankömm-
lings einzuschätzen.
Es überrascht nicht, daß diese simple Herangehenswei-
se an gesellschaftliche Interaktion nicht besonders gut
funktioniert, wenn sie auf Vampire anderer Clans ange-
wendet wird. Einerseits beleidigt sie sie, andererseits be-
KAPITEL ZWEI: INNENANSICHTEN
41
Gangrel02.p65 41
zieht sie die Täuschungen und Intrigen nicht mit ein, de-
rer sie fähig sind. Die Organisationen, die die anderen
Clans aufgebaut haben, sind nützlich – oder nötig –, um
mit dem Rest der Vampirgesellschaft zu verkehren. In der
Camarilla finden sich ebenso wie im Sabbat und bei den
Anarchen Gangrel, die sich dort heimisch fühlen.
Nicht alle Beziehungen der Gangrel entstehen auf dem
Wege des geringsten Widerstands. Der Clan war nie arm
an leidenschaftlichen Draufgängern, die auf Kampf aus
sind. Diese Gangrel unterstützen eine Organisation allein
wegen ihrer Prinzipien (auch wenn Lästerer behaupten
mögen, sie seien nur auf die härtesten Kämpfe aus). Die
Camarilla, der Sabbat, die Anarchen und auch die rätsel-
haften Inconnu profitieren von der Inbrunst ihrer
Gangrel-Mitglieder.
DIE ZEUGUNG EINES
GANGREL
Die Gangrel sind ein breit gefächerter Clan, der sich
trotz oder in glücklicher Ignoranz der Bindungen der
Sterblichen und Kainskinder über die gesamte Welt aus-
breitet. Eine Sache, die die meisten Clansmitglieder ge-
meinsam haben, ist die Art, wie sie den Kuß weitergeben.
Neugeborene Gangrel werden regelmäßig, nachdem sie
ihre ersten Schlucke Vitæ getrunken haben, allein gelas-
sen, und müssen ohne Beistand oder Unterstützung mit
den schrecklichen Veränderungen fertig werden, die Kains
Fluch an Geist und Körper hinterläßt. Ein Kind, das diese
quälende Zeit übersteht und mit seiner neuen Daseinsform
auskommt, wird akzeptiert. Die Erzeuger erkennen diese
Kinder an, lehren sie die Lebensweise der Gangrel und be-
handeln sie mit dem Respekt, der den Angehörigen einer
stolzen Blutlinie gebührt. Wer nicht durchkommt, wird
DER GANGREL
05.03.2002, 13:50
 vergessen. Wer durch die Erfahrung wahnsinnig wird, wird
vom Erzeuger gejagt und vernichtet. So wählen die
Gangrel seit den ersten Nächten ihre Nachkommenschaft
aus, und der Grund liegt auf der Hand. Nur die Stärksten,
die Angepaßtesten dürfen Gangrel genannt werden.
Wie immer gibt es Ausnahmen. Kinder, deren Fähigkei-
ten oder Vermögen zu wertvoll sind, als daß man sie ver-
lieren möchte oder die von ihrem Erzeuger geliebt werden,
werden manchmal während der Zeugung unterrichtet und
bei jedem Straucheln vorsichtig behandelt. Die Legenden
der Gangrel erzählen vom Schicksal, das diese sanften Er-
zeuger und ihre Zöglinge gewöhnlich ereilt. Der Sohn ei-
nes Häuptlings, der wegen seiner bemerkenswerten krie-
gerischen Fähigkeiten auserwählt worden war, fällt einem
schleichenden Irrsinn zum Opfer und tötet seinen Erzeu-
ger und dessen übrigen Kinder. Die zarte Tochter eines
niederen Fürsten, die von einem verliebten Freier den Kuß
empfangen hatte, bringt in ihrer Naivität die Häscher der
Inquisition auf die Fährte ihres Erzeugers. Die Härte der
Tradition der Gangrel soll zum Wohle der Kainskinder
Ausrutschern dieser Art schnell und gründlich vorbeugen.
Manchmal verspotten die Gangrel Clansmitglieder, die
ohne den gewöhnlichen Weg der Isolation gezeugt wur-
den. Erzeuger, die ihren Kindern einen so leichten Einstieg
gewähren, werden manchmal ähnlich behandelt. Die
Gangrel antitribu nehmen nur zögernd an den Erschaf-
fungsriten teil; um das völlige Fehlen an Vorsicht im Krieg
oder bei Massenzeugungen zu kompensieren, verbringen
sie sehr viel Zeit und Geduld damit, Kinder auszuwählen,
die wahre Sabbatvampire werden sollen.
Gangrel zeugen zügellos Caitiff, vielleicht sogar mehr als
die Brujah. Dies liegt fast ausschließlich an einem unglück-
lichen Zusammenspiel der Traditionen und dem Dünner-
werden des Blutes Kains im Laufe der Generationen. In
früheren Zeiten konnte ein Neugeborener, dessen Erzeu-
ger vernichtet oder irgendwie davon abgehalten wurde,
sich seines Kindes anzunehmen, mit Leichtigkeit als
Gangrel erkannt werden. Die, die Glück hatten, nahm ein
Mentor unter seine Fittiche, die weniger Glücklichen wur-
den vernichtet oder wie Tiere in die Wildnis gejagt. Heute
kann es passieren, daß verwirrte Zöglinge die Gewohnhei-
ten der Städte bevorzugen oder sich im Strudel der
Menschheit verlieren. Ihr Erzeuger mag sie suchen wie ein
Bluthund, aber es gibt natürlich Grenzen dessen, was er
bereit ist, für ein Kind auf sich zu nehmen, das ein anderes
Schicksal als das seine wählt. Ein Kind von hoher Genera-
tion ist von einem Caitiff quasi nicht zu unterscheiden und
ist so für seinen Clan für immer verloren.
Gangrel, die in der Camarilla bleiben, bemerken manch-
mal, daß das Recht, Nachkommen zu zeugen, eines der er-
sten ist, das ihnen von Prinzen oder eifersüchtigen Riva-
len beschnitten wird. Besonders schlaue Kainskinder kön-
nen die Massen der Caitiff nutzen, indem sie heimlich Kin-
der zeugen, sie in der traditionellen Weise aussetzen und
sich dann des armen, entrechteten „Caitiff” annehmen.
Der Erzeuger steht so mit weißer Weste da. Er hat nicht
nur ein Kind von seinem eigenen Blute, er unterstützt
auch den Prinzen, indem er einem potentiellen Aufrührer
Respekt vor der Maskerade lehrt. Es ist zwar ein gefährli-
ches Spiel, aber es wurden dabei noch wenige erwischt –
bis jetzt.
CLANBUCH: GANGREL
42
Gangrel02.p65 42
STOLZ, LOYALITÄT UND
EHRE:
TREUEEIDE DER GANGREL
DIE CAMARILLA
Die Gangrel haben die Camarilla verlassen. Dieser Satz
faßt die Gedanken eines durchschnittlichen Vampirs zu
diesem Thema zusammen. Dennoch ist die Situation et-
was komplexer, als die meisten Vampire verstehen.
Xaviars Rücktritt aus den Reihen der Justicare ist und
bleibt der Grund vieler Debatten zwischen den Ahnen der
Camarilla – immerhin kam es bisher noch nicht vor, daß
ein Clan einfach ausgetreten ist. Es existieren keine Prä-
zedenzfälle, anhand derer man mit diesem wesentlichen
politischen Ausfall fertig werden könnte, und Vampire an-
derer Clans beklagen zurecht die Beispielhaftigkeit dieses
Vorfalls. Ahnen der Ventrue und Toreador argumentier-
ten, keinem einzelnen Vampir sei die Macht gegeben, un-
geachtet seines Standes in Clan oder Sekte, seinen eige-
nen Clan aus der Camarilla loszulösen. Obwohl diese Ah-
nen behaupten, sich für die Interessen der Gangrel zu in-
teressieren, ist ihr Beweggrund doch wohl einfach das Ei-
geninteresse. Was wäre, wenn eines nachts ein wichtiger
Ventrue oder Toreador mit seinen Clansgenossen austrä-
te? Diese Ahnen bestehen darauf, daß der Innere Rat (wer
auch immer das sein mag) einfach einen neuen Justicar
hätte wählen sollen, um die Gangrel innerhalb der Cama-
rilla zu repräsentieren. Die Sache ist noch nicht zu lange
her, als daß sie nicht gerettet werden könnte – ein neuer
Justicar könnte noch eingesetzt werden, womit alles wie-
der in Ordnung wäre. Diese wenigen, aber dennoch be-
stimmten Gegner haben beschlossen, bei der nächsten Kon-
klave das Wort zu ergreifen, während sie sich heimlich darum
sorgen, welcher Art wohl Xaviars Nachricht an den Inneren
Rat gewesen sein mag, daß sie zu einem solchen Ausgang hat
führen können. Es überrascht nicht, daß die übrigen Justica-
re nicht schleunigst zu einer Konklave aufgerufen haben.
Andere Ahnen der Camarilla weisen darauf hin, daß ein
einzelner Gangrel unter den Gründern ausreichte, um die-
se von Anfang an Teil der Camarilla sein zu lassen. Diese
Ahnen, meist aus den Clans Tremere und Toreador, stim-
men der Reaktion des Inneren Rates (oder dem Ausblei-
ben einer solchen) zu, indem sie behaupten, es wäre eben-
so lächerlich und geschmacklos gewesen, den Gangrel eine
weitere Vertretung zuzugestehen wie einer minderen, po-
litisch machtlosen Blutlinie zu erlauben, einen Justicar zu
wählen. Die größten Dogmatiker unter diesen Ahnen be-
standen darauf, daß alle Mitglieder des Clans Gangrel ihrer
politischen Stellung, welcher Art sie auch sei, enthoben wer-
den sollten, da ihre Loyalität fraglich sei, und sie gänzlich aus
der Sekte ausgeschlossen werden sollten. Solche Proteste
wurden bisher im Stillen geäußert, da niemand bereit ist, dem
Kriegsherrn Karsh mitzuteilen, er müsse abtreten.
Die Debatte ist besonders heikel, da viele Gangrel Xavi-
ars Vorbild folgten und die Camarilla verließen. Entweder
taten sie es einfach aus Respekt gegenüber Xaviars Person
(was unwahrscheinlich ist, da wohl die Mehrheit des Clans
ihn nie gesehen hat) oder aus einer bisher nicht bekann-
ten, verborgenen Einheit, die andere Clans nicht kennen.
05.03.2002, 13:51
 Der Inhalt der berühmten Erklärung Xaviars an den Inne-
ren Rat, die aus nur einem Satz bestand, ist anderen Clans
ebenfalls unbekannt. Sie ist Gegenstand heimlicher Spe-
kulationen und wilder Gerüchte. Diejenigen, die versucht
haben, die Gangrel danach zu fragen, erhielten entweder
eine mürrische Abfuhr oder bekamen eine der lächerli-
chen vorgefertigten Antworten zu hören, die abartigerwei-
se innerhalb des Clans zum groß angelegten Scherz gewor-
den sind und unter den Clansmitgliedern die Runde machen.
Jeder Gangrel, der nicht völlig verwildert ist oder die
letzte Dekade in Starre lag, erfaßt die Krux des Streites
Xaviars mit dem Inneren Rat; natürlich variiert das Maß
der Genauigkeit, je nachdem, durch wie viele Münder die
Geschichte bereits gegangen ist. Sie wissen, daß Xaviar mit
eigenen Augen ein Wesen von unglaublicher, unbändiger
Macht gesehen hat, ein Wesen, das mächtiger ist, als es der
Innere Rat je zugeben würde. Xaviar weiß auf jeden Fall
nicht, was die Kreatur war, und die Spekulationen inner-
halb des Clans enden in wüsten Geschichten von erwa-
chenden Vorsintflutlichen oder wütenden Bestien, von
denen das Buch Nod spricht. Was auch immer das Wesen
ist, allein seine Existenz zeigt, daß die Führung der Cama-
rilla mit denen, die ihr Unleben der Organisation gewid-
met haben, nicht allzu ehrlich war.
Obwohl sie wissen, daß die Camarilla sie vielleicht belo-
gen hat, gibt es viele Gangrel, die beschlossen haben, in
der Camarilla zu bleiben. Der erste von ihnen ist Karsh,
der Kriegsherr, und eine Zahl von Archonten, die den Ju-
sticaren weiterhin dienen. Zusätzlich zu diesen „offiziellen”
Vertretern haben viele Gangrel in Städten und Lehen von
Prinzen auf der ganzen Welt ihren Beschluß geäußert, aus
eigenen Beweggründen in der Camarilla zu verbleiben.
Viele Gangrel beschlossen zu bleiben, weil sie Kontakte in-
KAPITEL ZWEI: INNENANSICHTEN
43
Gangrel02.p65 43
nerhalb der Sekte haben oder weil sie Dienstversprechen
Folge leisten müssen. Diese Gründe werden gewöhnlich
von ihren Clansgeschwistern anerkannt; Loyalität und
Ehrlichkeit sind bei den Gangrel hoch angesehen. Die, die
in der Camarilla zu bleiben scheinen, um ihre territorialen
oder sonstigen Interessen zu schützen, werden von denen,
die ausgetreten sind, mit weniger Respekt behandelt.
Zusätzlich zum Verlust des Respekts ihrer Clansgeschwi-
ster laufen die Gangrel, die Interessen in Camarilla-domi-
nierten Städten verfolgen, Gefahr, auch ihre dortige Stel-
lung zu verlieren. Man traut ihnen in manchen Städten
der Camarilla nicht mehr, weil andere Kainskinder manch-
mal sagen, sie seien zum Sabbat übergelaufen. Auch in Ge-
bieten, die weniger zur Hysterie neigen, können andere
Vampire nur hilflos zusehen, wie die Gangrel plötzlich
ohne Ansehen der Person ihre politische Geltung verlie-
ren. Als Folge beider Entwicklungen sehen sich die
Gangrel allmählich als die Sündenböcke der Camarilla, da
ihre Territorien und Jagdgründe unter anderen Vampiren
aufgeteilt werden, die gewiefter sind und mehr Pluspunk-
te in petto haben. Weise Kainskinder scheuen sich, sich
die Gangrel der Camarilla zu Feinden zu machen; tut man
es doch, ist es ganz so, als ließe man die sprichwörtlichen
Wölfe in sein Haus. Zum Pech für die Gangrel und die
Camarilla selbst sind nicht alle Kainskinder weise.
DER SABBAT
Die Gangrel sind seit dessen Gründung im Sabbat ver-
treten. Gangrel erwählten früher wie heute selten verzag-
te oder traditionsverbundene Menschen aus, um ihnen
den Kuß zu schenken. Eigensinnige Kainskinder fochten in
deren blutigen Kämpfen um die Freiheit oft an der Seite
der Anarchen. Ihre Erzeuger waren nicht geneigt, ihre auf-
DER GANGREL
05.03.2002, 13:51
 rührerische Nachkommenschaft davon abzubringen, so-
lange die blutrünstigen Rudel nicht auf sie selbst losgin-
gen. Viele ältere Gangrel hegen wegen der Vorstöße der
Kirche in unzivilisierte Lande und der wechselnden Regie-
rungen einen jahrhundertealten Groll gegen die politisch
aktiven Clans, und falls idealistische Vorstellungen von
Freiheit und Verantwortung nicht ausreichten, um das
Blut in Wallung zu bringen, so wurden die Neugeborenen
von ihren Erzeugern in den Streit mit den Tremere-Zau-
berern in Osteuropa hineingezogen, die Vampire vom Clan
Gangrel als Rohstoff für die alchimistische Herstellung ih-
rer Gargylensklaven verwendeten.
Die meisten Gangrel antitribu, die mithalfen, den frühen
Sabbat zu formen, sind heute nicht mehr aktiv. Die be-
kannteste Ausnahme ist Jalan-Aajav, der Seraph der
Schwarzen Hand. Die meisten anderen fielen dem Fluch
der Gangrel zum Opfer und können sich heute nicht ein-
mal mehr der liberalen und brutalen Politik des Sabbat an-
passen. Sie zogen sich in die Wildnis oder die Vergessen-
heit der Starre zurück. Sie glauben immer noch mit In-
brunst an die Sache und können von den Führern des Sab-
bat zum Kampf gerufen werden, doch diese tierischen
Gangrel, die aus der Erde hervorbrechen, sind gefährliche
und unberechenbare Verbündete. Der Sabbat vernichtete
diese Vampire oder hat es zumindest versucht, da sich die-
se so sehr an das Tier verloren haben, daß sie taktisch wie
ideologisch zum Problem wurden.
Im Sabbat herrscht kein Mangel an neugeborenen anti-
tribu. Sie dienen als Scouts und Stoßtruppen im Krieg ge-
gen die Camarilla. Sie infiltrieren die Städte und sind auf
den Straßen ebenso zuhause wie beim Erklimmen von
Wolkenkratzern. Sie durchstreifen das Land, „haben ein
Auge auf die Wolflinge“, werben Anarchen an und predigen
ganz allgemein das größte Gut des Sabbat – die Freiheit.
Diese jungen Gangrel gelangen auf verschiedenen We-
gen zum Sabbat. Die meisten empfangen von Stadt- oder
Landgangrel den Kuß und durchlaufen die normalen Er-
schaffungs- und Aufnahmeriten. Eine stattliche Anzahl
von Gangrel kam mehr oder weniger zufällig dazu, diese
armen Schlucker waren meist zur falschen Zeit am fal-
schen Ort. Ein einsamer Gangrel, der auf ein Sabbatrudel
stößt, dürfte seine größte Überlebenschance darin sehen
mitzuspielen, und bevor er sich’s versieht, ist er Teil des
Rudels und unterwegs zum Kreuzzug. Manche dieser „Be-
kehrten” schleichen sich davon, wenn sich die Chance er-
gibt, doch andere bleiben aus freien Stücken. Der Sabbat
bietet den Gangrel einiges. Die Vorstellung von einem Rudel
kommt manchem ganz natürlich vor, und auch die, die das
Leben des einsamen Wolfs bevorzugen, wissen, daß dieses
meist kurz und brutal ist (sogar nach Maßstäben des Sabbat).
Auch die Pfade der Erleuchtung (besonders der des wilden
Herzens) sind für die Gangrel, die fühlen, daß ihre Mensch-
lichkeit unter dem rasenden Druck, den das Tier ausübt, im-
mer mehr weicht, wie Strohhalme für einen Ertrinkenden.
Der plötzliche Zufluß von Überläufern aus der Camaril-
la hat die Ansprüche an die Gangrel antitribu steigen las-
sen. Der Sabbat kennt meist nur schwatzhafte, schmeich-
lerische, terrorisierende und schikanierende Bekehrte, die
Jahre damit verbringen, vom Rudel das Anrecht auf einen
Anerkennungsritus zu bekommen. Die ihm nun zuströ-
menden Gangrel sind erfahren, zäh und generell nicht be-
CLANBUCH: GANGREL
44
Gangrel02.p65 44
reit, sich etwas bieten zu lassen. Bisher gab es im Sabbat
nicht viele Ancillæ (wenn man sie so nennen darf), doch
nun schlossen sich viele, nachdem sie die Camarilla ver-
lassen hatten, der Sekte an. Gangrel antitribu von Rang
reagieren ganz unterschiedlich auf diese Verlegenheit, sei
es, daß sie den Hals nach Clansbrüdern recken oder die
bedrohlichen Neuankömmlinge zu wagemutigen Duellen
herausfordern. Rudelpriester und Dukti versuchen ver-
zweifelt, die Lunte dieses Pulverfasses mit der Hilfe der
Sektenführung zu löschen – denn politisch, kriegstech-
nisch und spirituell darf man die Ressource, die die neuen
antitribu darstellen, nicht verschwenden.
Auch die Führer des Sabbat wissen über die Gründe
Xaviars, die Camarilla zu verlassen, nur soviel, wie in die
Sekte strömende Gangrel ihnen sagen können. Diese wir-
ren Beschreibungen von „Wilden”, übernatürlichen Bedro-
hungen und unwahrscheinlich alten Vampiren haben die
Nodisten der Sekte aufgescheucht; diese zitieren Kapitel
und Verse, interpretieren sie neu, übersetzen alte Ab-
schnitte und berechnen die Ankunft der Vorsintflutlichen
neu. Der Sabbat kurbelt so unauffällig seine Vorbereitun-
gen für den Endkampf Gehenna an. Gehetzte Vorbereitun-
gen wären zu auffällig, und jede Nacht, die die schlum-
mernden Ahnen und ihre Marionetten in der Camarilla
vergeuden, bringt dem Schwert Kains weitere Vorteile.
DIE ANARCHEN
Wenn Vampire von Anarchen sprechen, denken sie an
Aussteiger wie in den Filmen Easy Rider oder The Lost
Boys, die auf schrecklich lauten Motorrädern in schwarzen
Lederjacken und schicken T-Shirts durch das ländliche
Amerika brausen. Die Gangrel unter den Anarchen tragen
nicht viel dazu bei, derartige Klischees zu entkräften.
Nordamerikanische Gangrel, die zu jung oder zu gesellig
sind, um sich in den Wald zu verziehen oder zu rebellisch,
um die politischen Spielchen von Camarilla und Sabbat
mitzuspielen, hängen sich manchmal an eine herumzie-
hende Rockerbande. Diese Banden sind nicht der Durch-
schnitt der Anarchenkultur, aber sie sind noch das Inter-
essanteste für die Gangrel. Jeder Gangrel, der mehr als ein
Jahr in der Großstadthölle des Anarchenfreistaats ver-
bringt, hat entweder irgend etwas wiedergutzumachen
oder ist ein hoffnungsloser Stadtgangrel. Besonders heut-
zutage trifft dies zu, da die fremdartigen asiatischen Vam-
pire, die aus den Chinatowns entlang der gesamten West-
küste strömen, sich Gangrel mit betont tierischen Zügen
als bevorzugtes Angriffsziel ausgesucht haben. Die Angrif-
fe mehren sich im selben Maße, wie die Angreifer an Si-
cherheit gewinnen. Die Gangrel sind sich nicht sicher, wie-
so gerade die mit tierhaftem Äußeren angegriffen werden,
außer der einfachen Tatsache, daß sie in der Menge leich-
ter auszumachen sind.
Trotz ihrer Zahl und des Respekts, den sie sich als Grup-
pe verdient haben, verbleiben die Gangrel selten für lange
Zeit bei den Anarchen. Sie haben mit ihren Reisegefähr-
ten keine politischen Ziele gemeinsam. Die meisten Anar-
chen verbergen hinter der harten Schale jemanden, der
vor etwas davonläuft. Die Gangrel, die mit ihnen unter-
wegs sind, laufen meist einfach so oder laufen vor ihrer
Vergangenheit weg und sind durch Zufall zu Anarchen ge-
worden. Wenn sie ihre tierhaften Züge nicht mehr verber-
05.03.2002, 13:51
 gen können oder alle ihre Freunde nach Hause gegangen
oder zu Staub zerfallen sind, lassen die Gangrel ihr Motor-
rad stehen und verschmelzen mit dem Boden.
Anarchen haben ihre Zuflucht nach wie vor auf der gan-
zen Welt (sie sind nicht alle nach Kalifornien gezogen, was
auch immer frustrierte Prinzen an der Westküste glauben
mögen). Die Anarchen Nordeuropas haben gerade eine
wachsende Unterstützung durch die ansässigen Gangrel
erfahren, besonders die – durchgehend aus Frauen beste-
hende – Gruppierung, die sich Walküren nennen. Diese
Vampire haben das Auftreten und die Fähigkeiten sehr alter
Vampire, obwohl sie sich ausschließlich mit jungen Vampiren
und wilden jungen Menschen umgeben, denen sie moralische
und materielle Unterstützung in Verbindung mit scheinbar
großer Freiheit bieten. Die Prinzen Europas sind darüber
nicht gerade erbaut, doch ihre Vergeltungsschläge gegen die
Anarchen führen nur zu Unruhen und dazu, daß sich immer
mehr Vampire in den Klauen der Walküren sammeln.
Die Walküren begrenzen ihre Aktivität nicht auf den
europäischen Raum. Angelockt von Berichten über das
„Anarchenparadies” an den fernen westlichen Gestaden
Vinlands, schickten die Walküren ganze vier Mitglieder ih-
rer Gruppe aus, um im Anarchenfreistaat zu ermitteln und
zu agieren. Diese vier schlagen eine beachtliche Schneise in
die Reihen der Anarchen an der Westküste – groß, blond und
nach der neuesten europäischen Anarchenmode aufgebre-
zelt. Kalifornien ist sehr nach ihrem Geschmack, und es fällt
ihnen nicht schwer, eine Gruppe von Männern und Frauen
(und Vampiren) zu sammeln, die Interesse an der alten Le-
bensart der Wikinger hegen. Das Quartett beginnt gerade, die
Ausschreitungen gegen Gangrel-Anarchen zu untersuchen,
und es wird nicht lange dauern, bis der Osten in einem hefti-
gen, ausufernden Kampf auf den Norden trifft.
DIE UNABHÄNGIGEN
Die Camarilla besteht darauf, diese Gangrel „Autarkis”
zu nennen, was für sie nicht mehr bedeutet als „egoistische
Hurensöhne“. Der Sabbat spricht von ihnen in freundli-
chen Zeiten als „Zaungäste“. Sie selbst nennen sich
Gangrel. Sie sind schon immer das Herzblut des Clans und
haben herzliche Verbindungen zu ihren Brüdern und
Schwestern zu beiden Seiten der Trennlinie zwischen Sab-
bat und Camarilla, zu den Anarchen und sogar zu den sel-
tenen Inconnu. Die Camarilla besteht erst seit etwa fünf
Jahrhunderten und der Sabbat erst seit 350 Jahren; diese
Zeitspanne stellt nur ein langes, wenn auch ein stürmi-
sches, Kapitel der Geschichte des Clans Gangrel dar. Die
Unabhängigen halten das übrige Buch in Händen oder
haben ein tiefes Loch gegraben und es darin versenkt.
Der Hauptgrund dafür, daß es so viele Unabhängige gibt,
ist der Clansfluch. Diese Vampire sind so tierisch gewor-
den, daß es an Selbstmord grenzte, wenn sie sich weiter-
hin unter anderen aufhielten – sie könnten nicht anders
als ausgenutzt oder ausgespielt werden. Dennoch besitzen
diese Gangrel unzweifelhaft unglaubliches Wissen und Er-
fahrung, es ist jedoch sicher, daß sie weitgehend unfähig
oder unwillig sind, es zu teilen.
Eine neue Brut von Gangrel-Autarkis ist im Lande –
eine Brut, die zweifellos dieses seltsame Wort noch nie ge-
hört hat. Es sind die Waisen der Camarilla, die Xaviars
Wort Folge geleistet haben, als er die Sekte verließ, einfach
KAPITEL ZWEI: INNENANSICHTEN
45
Gangrel02.p65 45
PFADE DER ERLEUCHTUNG
Die meisten Gangrel, auch die antitribu, folgen dem
Pfad der Menschlichkeit. Viele von denen, die lange ge-
nug leben, um ihrer Menschlichkeit immer mehr verlu-
stig zu gehen, gehen den Pfad des Wilden Herzens.
Manchmal wählen die Gangrel den am wenigsten began-
genen Weg. (Informationen zum Pfad des Wilden Herzen
und den folgenden Pfaden s. Sabbat-Handbuch. Die Re-
geln, wie man von Menschlichkeit zu einem Pfad wech-
selt, s. Vampire: Die Maskerade, S. 314.)
Der Pfad der bösen Enthüllungen: Die Inquisitoren
des Sabbat beobachten nomadisch und zurückgezogen
lebende Gangrel sehr genau, damit sie nicht zum Sa-
tanismus abwandern. Doch eigentlich sind nur wenige
Gangrel daran interessiert, sich für immer einem Dä-
mon zu unterwerfen. Die seltenen Ausnahmen berei-
ten den Inquisitoren Alpträume, da sie Sabbatgebiete
wie Städte der Camarilla gleichermaßen verwüsten
und nur auf ihr Wohl bedacht sind.
Der Pfad der Katharer: Stadtgangrel und auch eine
stramme Anzahl ihrer Vettern vom Lande folgen oft
diesem Pfad. Anscheinend kann man das Tier in sich
eher an ein Leben in Ausschweifung gewöhnen als an
Äste und Schlamm.
Der Pfad der Macht und der Inneren Stimme: Die
wenigen Gangrel, die diesen Pfad mit Erfolg beschrei-
ten, sind furchterregende Gegner. Junge Gangrel mit
politischem Ehrgeiz versuchen, ihnen nachzueifern,
doch die meisten gehen in Flammen auf, verwirrt und
gelähmt vom Tier in ihnen.
Der Pfad des Ehrenwerten Einklangs: Die Anhänger
dieses Pfades sind wenige an der Zahl, doch ihnen wird
unter Gangrel großer Respekt gezollt. Aufrichtige und
ehrenvolle Prügel sind immer in Mode.
Der Pfad des Todes und der Seele: Dieser Pfad birgt
wenig von Interesse für die Gangrel. Seine Anhänger
sind extrem leidenschaftslos, und nur wenige Gangrel
können den Drang ihres Blutes so sehr ignorieren.
Der Pfad Kains: Gangrel, die dem Pfad Kains folgen,
sind selten, doch die intelligenten, beharrlichen Scho-
laren, die diesen Schritt wagen, stechen aus der Men-
ge heraus. Gangrel wurden im großen Stil rekrutiert,
als die Nodisten Geschmack daran fanden, nach seltenen
und seltsamen Büchern vergessener Weisheit zu suchen.
Der Pfad Liliths: Die apokryphe Verbindung des Clans
zu Lilith macht diesen Pfad sehr attraktiv für Gangrel, die
zu ihren Wurzeln finden wollen. Ungeschickterweise
kann man als Ketzer schlecht Plakate aufhängen, um
Neuzugänge zu werben, weswegen die meisten Gangrel
den Pfad höchstens vom Hörensagen kennen. Die
Gangrel unterlassen es vielleicht, mit Bahari zu händeln,
die meisten jedoch verfolgen das Thema nicht weiter.
um es ihm gleich zu tun. Diese Vampire sind schwer damit
überfordert, auf sich allein gestellt zu sein; meist haben sie
gerade mal ein oder drei Jahrzehnte in der Camarilla auf
dem Buckel. Ganz egal, wie hart und unterprivilegiert ihr
Unleben war, viele sind überhaupt nicht darauf vorberei-
tet, ohne das sichere Netz der Maskerade und die Ressour-
DER GANGREL
05.03.2002, 13:51
 cen der Camarilla auszukommen. Es verwundert nicht, daß
die meisten, die die Camarilla verließen, direkt zum Sabbat
oder den Anarchen liefen. Diejenigen, die es allein versu-
chen, sind mutig, um nicht zu sagen töricht.
Die unabhängigen Gangrel haben keine allumfassende
Organisation – das ist auch ein Teilgrund, weshalb sie die
Sekte verließen. Sie organisieren sich in einem geringeren
Grad, für gewöhnlich in den Grenzen der Länder, in de-
nen sie leben, oder orientieren sich an der Ausstrahlung
oder dem Ruf eines Mentors oder Erzeugers. Die geogra-
phische Organisation kann sich an den politischen Eintei-
lungen der Menschen orientieren (der Staat Baden-Würt-
temberg) oder an Landschaftszügen (das Neckartal).
Gangrel, deren Territorium sich in den jeweiligen Grenzen
befindet, treffen sich manchmal zu jahreszeitlichen Alt-
hings und überlegen sich zweimal, ob sie wohl den Einla-
dungen zu weniger formellen Treffen nicht nachkommen
(eingedenk der Tatsache, daß der Einladende jederzeit vor-
beikommen und zuschlagen könnte, wenn einer Einladung
nicht Folge geleistet wird). Vampire, die sich nicht oft ge-
nug sehen lassen, können darauf zählen, daß eine Gruppe
besorgter Nachbarn regelmäßig hereinschneit, um nachzu-
sehen, ob auch nichts Dubioses vor sich geht – was sind
schon mehrere hundert Kilometer für Gangrel? Die politi-
schen und topographischen Einteilungen können überlappen
und tun es oft auch; Gangrel, die in den Überschneidungsge-
bieten leben, müssen gut auf ihr Verhalten achten.
Daß sich Gangrel um einflußreiche Anführer und Erzeu-
ger sammeln, ist das Aufleben althergebrachter Verhältnis-
se, die in den Jahren der Camarilla oft brach lagen. Die
Kultur der Gangrel trägt immer noch den untilgbaren
Stempel der kühnen Wikinger und wilden Vampire, die als
Fürsten voller Macht und List unter ihnen wandelten. Die
Ahnen, die sich der ruhmreichen Zeiten erinnern, in de-
nen sie einander bekämpften und die, denen ihre Erzeu-
ger und deren Ahnen davon erzählten, sehen sich als
Kämpfer und akzeptieren Treueschwüre im Gegenwert für
das Versprechen von Plünderungen und Jagd. Die Wikin-
ger stellten nicht den einzigen Stamm gewalttätiger Barbaren
dar, die Hunnen, Goten, Mongolen, Gallier, Azteken und Si-
oux treten aus den Wäldern, scharen Neugeborene und An-
cillæ um sich , die Führung brauchen (oder zeugen sie selbst)
und gründen Stämme in ganz Amerika und Europa. Diese
„ethnischen” Gruppen beeinflussen die anderen Gangrel un-
ausweichlich; es ist ratsam, deutsch zu sprechen, wenn die
Vandalen nebenan einziehen. Prinzen der Camarilla wie Bi-
schöfe des Sabbat beobachten diese Entwicklungen mit ei-
nem gewissen Schaudern – immerhin hat dieses Sengen und
Brennen irgendwo seine Gründe, und die schimmernden
Städte des 21. Jahrhunderts sind zweifellos verlockender als
die aus Stein und Lehm der früheren Jahrhunderte.
Manche jüngst gezeugte Autarkis, die nicht in den Split-
tergruppen der Kulturgeschichte gefangen und auch nicht
zu beschäftigt damit sind, am Stück zu bleiben, beschlos-
sen, Xaviar zu finden und ihm einige Fragen zu stellen.
Doch Xaviar ist nicht leicht aufzustöbern. Es gibt junge
Gangrel, die behaupten, es sei schon eine Art Test, ihn nur
zu finden. Zwei Gruppen von Gangrel behaupten, bereits
auf seiner Spur zu sein. Die Mitglieder dieser Gruppen ha-
ben einander lange Zeit nicht gekannt und scheinen sich
bisweilen auch nicht gerade gut miteinander zu verstehen.
CLANBUCH: GANGREL
46

Gangrel02.p65 46 05.03.2002, 13:52

 Sie haben es sich aber zur gemeinsamen Aufgabe gemacht,
Xaviar ausfindig zu machen, und haben das Gehabe jun-
ger Helden auf einer wichtigen Queste gemeinsam.
BLUTLINIEN
Der Clan Gangrel hat im Laufe der Geschichte mehr
verschiedene Blutlinien hervorgebracht als jeder andere.
Zumindest vermutet man den Ursprung dieser Blutlinien in
den Gangrel. Die Lhiannan Westeuropas, die sich in der
Antike vom Hauptclan abspalteten, sind heute ausge-
löscht. Die wilden Anda der Steppe Zentralasiens sind
auch verschwunden. Die zurückgezogen lebenden Laibon,
die vor Jahrtausenden vielleicht dem Clan entsprossen,
verbergen ihre geringe Zahl in der Wildnis Afrikas. Allein
der Sabbat hat in den wenigen Jahrhunderten seines Be-
stehens zwei Blutlinien der Gangrel hervorgebracht: Die
Stadtgangrel und die Ahrimane. Die Meerleute bewegen
sich außerhalb der Grenzen der Sekten und sogar des Fest-
lands, sie verfolgen ihre Wege auf der Reise zur letzten gro-
ßen unerforschten Grenze: Auf dem Meer.
Der Hang des Blutes der Gangrel, sich in Blutlinien auf-
zuspalten, ist für sehr viele Vampire von großem Interesse.
Die Tremere sind immer an Fragen des Blutes und der
Macht interessiert. Die Assamiten fragen sich, was sie mit
dem Blut eines Gangrelahnen wohl so alles mittrinken. Je-
des mächtige Kainskind, das gerne wüßte, was es braucht,
um einen Stamm von Kindern und Enkeln zu gründen, die
alle seinen Namen tragen, schaut mit Neid auf die
Gangrel. Kann diese einmalige Besonderheit des Bluts aus-
findig gemacht oder gar extrahiert werden?
Vielleicht kann die Ursache, die im Blut liegt, entdeckt
werden, doch sie wurde es bisher nicht (vielleicht hat
schon jemand die Entdeckung gemacht und ist nur nicht
KAPITEL ZWEI: INNENANSICHTEN
47
Gangrel02.p65 47
DIE LAIBON UND DIE LHIANNAN
Die Laibon und die Lhiannan werden im Vampire aus
der Alten Welt-Kompendium und in Vampire aus der
Alten Welt ausführlich beschrieben. Der aufmerksame
Leser wird bemerken, daß die Laibon ursprünglich nicht
als Blutlinie der Gangrel beschrieben wurden. Nun, die
Ahnen, die sich selbst als Fachleute der Genealogie der
Vampire verstehen, könnten stundenlang Freude an Dis-
kussionen über die Behauptungen finden, die im Haupt-
text aufgestellt werden. Erzählern wird zur Zeit nahege-
legt, die Verwandtschaftsverhältnisse entweder als gesi-
chert oder als reine Theorien zu verwenden.
bereit, anderen davon mitzuteilen). Es gibt natürlich my-
stische und wissenschaftliche Theorien zuhauf. Manche
meinen, es sei das magische Erbe der Beziehung des Clans
zu Lilith, deren Tochter Ennoia war. Andere sagen, es sei
einfach ein Ausdruck der Naturgesetze, Selektion in Verbin-
dung mit einer Lamarckschen Neigung, die durch die Nähe
der Gangrel zum Tier irgendwie in Kraft getreten sein muß.
DIE AHRIMANE
Die Ahrimane sind – oder waren – seit der Zeit der Verbrei-
tung des Sabbat in Amerika eine geheime Blutlinie. Sie stel-
len keine Blutlinie im eigentlichen Sinne dar, da sie ihr Blut
nicht von Erzeuger zu Kind weitergeben. Statt dessen wirkte
die erste Ahrimane, eine Gangrel antitribu namens Muricia,
ein mächtiges Ritual, das sie von ihrem Clan entfernte und
ihr die Zeugungsfähigkeit und die Fähigkeit, ein Blutsband zu
erzeugen, für immer nahm. Das Ritual versah sie zudem mit
einer engen Verbindung mit der Welt der Geister. Jede Ahri-
mane seit Muricia wurde aus einer weiblichen Gangrel ge-
DER GANGREL
05.03.2002, 13:52
 schaffen, wobei wenige wissen, ob dies nur eine Vorliebe ist
oder vom Ritual verlangt wird. Kainitische Anthropologen
haben hierzu zwei Theorien. Die eine ist, daß nur Muricia das
Ritual durchführen kann, das eine Ahrimane erschafft, und
sich weigert, es an Männern durchzuführen. Die zweite ist
die, daß schon versucht wurde, männliche Pendants zu schaf-
fen und keiner die Transformation überlebt hat. Die meisten
Ahrimane wurden aus Indianerstämmen in Nord- und Süd-
amerika erwählt. Die nächstgrößere Gruppe stellen afroame-
rikanische Frauen, Frauen asiatischer und europäischer Her-
kunft stellen den Rest.
All diese Punkte sind jedoch nur noch für die Kainskin-
der, die sich selbst Historiker nennen, von Bedeutung. An-
fang 1998 verschwanden die Ahrimane – zumindest be-
merkte man im Sabbat damals, daß sie weg waren, da sie
nie die geselligsten Wesen waren. Niemand weiß, wieso
oder wohin sie verschwanden. Die eher paranoiden Mit-
glieder des Sabbat behaupten, die Ahrimane seien einer
zweiten Thaumaturgensäuberung der Tremere zum Opfer
gefallen. Was auch immer die Wahrheit sein mag, ihre Zu-
fluchten waren leer, und Fragen bleiben unbeantwortet.
KEIN KLEINES NEGERLEIN
Den Spielern und Spielleitern, die die Ahrimane in ihre
Chroniken einbauen möchten, mit oder ohne die Gerüch-
te über ihr Verschwinden, stellen wir die folgenden Details
bereit. Die Disziplinen der Blutlinie der Ahrimane sind
Auspex, Gestaltwandel und Tierhaftigkeit. Zusätzlich lernt
fast jede Ahrimane die der Blutlinie eigene, seltsame
Thaumaturgie, die funktioniert, indem sie die Geister der
Natur anruft (feilen Sie einfach die Seriennummern von
Lockruf der Flammen aus Vampire: die Maskerade und
von Elementarherrschaft, dem Grünen Pfad , Neptuns
Macht, Geistermanipulation und Wetterkontrolle im Ca-
marilla-Handbuch ab und voilà).
Die Schwäche der Blutlinie ist das dünne Blut, Ahrima-
ne können weder Kinder zeugen noch Vampire oder Men-
schen an sich binden. Sie können aber Ghule erschaffen
und von anderen blutgebunden werden. Auch dürften die
meisten Ahrimane, da sie Gangrel waren, bevor sie ihren
Clan verlassen haben, zumindest einige tierische Züge tragen.
ANDA
Diese wilden Krieger ritten an der Seite der Barbaren
mit den Nomaden der Steppe Zentralasiens und folgten
den Horden, die die Mongolenkhans führten. Die Anda
(mongolisch für „Blutsbruder”) waren dem Überleben auf
den Hochebenen hervorragend angepaßt, im Leben wie im
Untod. Sie fürchteten sich nicht vor dem Reisen und leg-
ten mehr Kilometer im Sattel zurück als viele Vampire in
all den Jahrhunderten ihres Daseins. Sie wendeten die
Gangreldisziplinen Seelenstärke und Gestaltwandel und
ihre eigene besondere Form der Tierhaftigkeit an, die be-
sonders den Bedürfnissen des Nomadentums entsprach.
Zum Leidwesen der Anda gibt es in den Nächten Asiens
nicht nur Kainskinder. Die rätselhaften Vampire Chinas er-
hoben sich gegen Ende der Yuan-Dynastie gemeinsam gegen
die Anda und forderten ihren Tribut für jede eingenommene
Stadt und jedes verheerte Dorf, indem sie die Blutlinie bis auf
den letzten Mann auslöschten. Die verbliebenen Anda liegen
wohl seit Jahrhunderten in Starre und zeigen auch heute kein
Zeichen der Rückkehr. Jedes intelligente Kainskind weiß, daß
es die Anda nicht mehr wirklich gibt.
STADTGANGREL
Die Nachkommen der ersten Gangrelrudel des Sabbat in
der Neuen Welt nehmen einen anderen Platz ein als ihre
Brüder vom Lande. Es gibt im Sabbat fast so viele Stadt-
gangrel wie Mitglieder des Hauptclans. Die Blutlinie hat
sich mit erstaunlicher Geschwindigkeit vermehrt, was

Christian, chie ds kom men würd e. Diese Zeit ist gekommen und verstri-
wir wußten schon imm er, daß eine Zeit des Abs Du
, ohn e daß Du es bem erkt hast , fürc hte ich. Ich habe Dich verlassen, und es ist wahrscheinlich, daß Dir ge-
chen
er sehen wirs t. Ich glau be, ich find e es so besse r, ich will lieber durch das Schicksal von
mich nie wied immst.
trennt werden als durch Eifersucht oder mangelnDie des Vertrauen. Ich kann nur hoffen, daß Du mir zust davon. Die
einf ache Antwort ist die: Die Zeit läuf t uns
en woll en, wies o ich gega ngen bin.
Du wirs t wiss
schn ell und schl agar tig wie Ste rnsc hnu ppen . Sie können nicht mißverstanden oder geleug-
Anzeichen kommen müssen, aber bald müssen wir handeln, ob wir bereit sind
oder
net werden. Es gibt noch so viel, das wir lernen und tun
nicht.
g sage n. L eg das Buc h Nod für eine n Aug enbl ick weg – es ist älter als die Asche und
Ich kann Dir so weni ist großzügig. Das uralte Wissen der Nephiten kann de, die
immer
uso bitte r. Es gibt noch Hof fnu ng, der Her r
gena Lamaniten erschlagen wurden. Es gibt keine Sün
noch gefunden werden, auch wenn sie alle von denvon uraltem Blute sind, können immer noch reingewaschen
nicht vergeben werden kann. Hände, die schwarz
werden.
er wiss en, was wir sind . Wi r sind die Ker ze auf dem Altar, wir sind der Mani Chho-Khor
Du wolltest imm ist immer der Keim des Niederganges des Mannes
– kann
auf der windumtosten Spitze des Berges. Die Frau
sie ihm nicht auch die Erlösung bringen? , wird die Hoffnung auf Euren Schultern lasten,
denn
Nutze Deine Zeit klug, Liebster. Wenn wir versagen wird es Tag sein.
der Kampf geht weiter. Wenn wir uns wiedersehen,
Juliana CLANBUCH: GANGREL
48

Gangrel02.p65 48 05.03.2002, 14:14

 zweifellos an der hohen Zeugungsrate des Sabbat liegt –
die meisten Stadtgangrel gehören der 10. oder höheren
Generationen an. Manche Beobachter des Sabbat vermu-
ten, daß das blutige Ritual, das die ursprünglichen sieben
Rudel durchgeführt haben, eine Bedeutung hatte, die über
den gesellschaftlichen Aspekt hinausging – daß es die Teil-
nehmer auf mystische Weise aneinander band und in ihnen
das Blut einer neuen Linie schuf. Keines der Mitglieder hat
eine Blutprobe zum Test abgegeben, noch sind die, die noch
existieren, gewillt zu enthüllen, was in jener Nacht geschah.
Die Stadtgangrel sind städtische Mörder ohnegleichen in
ihren Revieren, da sie Ortskenntnis, Tapferkeit im Kampf und
ihre einzigartige Kombination an Disziplinen verwenden, um
hart, schnell und ohne Warnung zuzuschlagen. Sie fühlen
sich in der hellen, strahlenden Innenstadt ebenso wohl wie in
den dunklen, müllübersäten Elendsvierteln.
Stadtgangrel sind fast immer Mitglieder des Sabbat, ob-
wohl manche entsprechend der Zeugungsgewohnheiten
der Gangrel, Unabhängige oder Autarkis sind. Stadt-
gangrel, die der Camarilla beitreten, setzen sich selbst auf
die recht kurze Abschußliste der Wilden Jagd. Die apathi-
schen Anarchen und die Unabhängigen kann man igno-
rieren, aber den Überlauf zum Feind inmitten eines heili-
gen Kriegs nicht. Die meisten Stadtgangrel werden in den
Sabbat hineingezeugt, durchlaufen die gewöhnlichen Ri-
ten der Zeugung und Aufnahme und leben ihr kurzes,
nützliches und brutales Unleben.
Die Stadtgangrel vererben die Disziplinen Geschwindig-
keit, Verdunkelung und Gestaltwandel. Die Blutlinie lei-
det unter derselben Schwäche wie der Rest der Gangrel.
Ihre Mitglieder neigen dazu, die körperlichen Attribute zu
betonen, es gibt jedoch auch Taktiker, wenn der heilige
Dschihad in die Städte wogt. Talente und Fertigkeiten
KAPITEL ZWEI: INNENANSICHTEN
49
Gangrel02.p65 49
werden gleich gewichtet. Mentor, Kontakte und Verbün-
dete sind die bevorzugten Hintergründe, um lebenswich-
tige Informationen zu erhalten. Stadtgangrel, die ihre
Menschlichkeit verlieren, gehen normalerweise den Pfad
des Wilden Herzens, doch nicht wenige suchen die spiri-
tuelle Erleuchtung auf dem Pfad Liliths oder zeitweilige
Kraft auf dem Pfad der Macht und der Inneren Stimme.
LAIBON
Die Verbindung der Laibon zu den Gangrel, falls sie
denn existiert, muß unter dem Staub der Jahrhunderte
begraben sein. Die Laibon haben meist offen unter den
Völkern Afrikas existiert, bis die ersten Kainskinder auf sie
aufmerksam wurden. Scholare der Nodistenbewegung ver-
muten, die Vorsintflutliche der Gangrel sei eine von jenen
gewesen, die Kain den Gehorsam verweigerten und uner-
laubt Nachkommen zeugten, fern von Enoch, wo sie
glaubten, daß ihr Ungehorsam unentdeckt bliebe. Das
mögliche Ergebnis sind die Laibon. Manche spekulieren
über ähnlich abartige und rätselhafte Gangrel in den fern-
sten Winkeln Südamerikas.
Der Beweis, daß die Laibon verlorene Gangrel sein
könnten, mag schmerzhaft sein. Sie haben die Disziplinen
Tierhaftigkeit und Stärke gemeinsam. Die Disziplin
Abombwe, die die Laibon verwenden, scheint etwas mit
einer Art Bund mit dem Tier in ihnen zu tun zu haben;
dadurch, daß sie diesem wütenden Teil der Vampirpsyche
Vitæ abtreten, entgehen die Laibon der langsamen Verfor-
mung von Geist und Körper, die die Gangrel plagt.
Die Zahl der Laibon ist heute geringer denn je. In Kon-
takt zur Vampirgesellschaft steht nur etwa ein Dutzend. Es
mag andere geben, aber die halten sich an Orten auf, die
niemand außer den Einheimischen zu betreten wagt.
DER GANGREL
05.03.2002, 14:15

VERDUNKELUNG FÜR DIE UNGLAUBLICH
HÄSSLICHEN
Gangrel, die den Menschen in ihnen verloren ha-
ben, wenden gern die Verdunkelungsfähigkeit der
Maske der Tausend Gesichter an, um diese besondere
gesellschaftliche Behinderung zu umgehen. Dies ist
möglich, aber nicht einfach. Das Gesicht, das die Mas-
ke der Tausend Gesichter erzeugt, entspricht für ge-
wöhnlich einem Erscheinungsbild von Stufe 2. Um das
Aussehen eines Charakters mittels der Fähigkeit über
2 zu verbessern, muß man zwei Blutpunkte für jeden
Punktwert der Verbesserung ausgeben. Auch wenn der
Charakter besondere große Körperteile (einen Buckel
oder Schwanz) verbergen will, muß er genügend Erfol-
ge erzielen, um die Veränderung abzudecken. Norma-
lerweise sind drei Erfolge vonnöten, der Erzähler kann
dies jedoch auf zwei senken, wenn der Spieler kreative
Verkleidungen oder Make-up verwendet.
LHIANNAN
Die stolzen, sturen Vampire der Linie der Lhiannan wur-
den vom aufkommenden Christentum ausgelöscht – so-
wohl wegen ihrer heidnischen Gebräuche als auch weil sie
blutsaugende Monster waren. Die reisenden Gerichte der
Inquisition verbrannten die Lhiannan und ihre sterblichen
Anhänger gleichermaßen, wo sie sie finden konnten. Auch
die Lhiannan, die etwas ahnten und sich verbargen, wurden
von den Ventrue, Toreador und Lasombra verraten, die ihre
Zukunft in der neuen Kirche sahen und eine passend blutige
Ablenkung von ihrer eigenen Verfolgung suchten.
Obwohl seit dem 14. Jh. kein echter Angehöriger der
Blutlinie mehr gesehen wurde, gab es in den vergangenen
50 Jahren ein recht zaghaftes Wiederaufleben der blutrün-
stigen Legenden (nicht der Praktiken) der Lhiannan in Ir-
land, Schottland und Wales. Scharfsinnige Beobachter der
Welt der Sterblichen verweisen auf die Irische Revolution
1916. Zweifellos waren unter denen, die die Gangrel zeug-
ten, auch flammende, mutige Patrioten; mit der Zeit wür-
den die schon von dem Erbe erfahren, das ihnen „verlo-
rengegangen“ ist und versuchen, dieses goldene heidnische
Zeitalter aus eigener Kraft wiederzuerwecken. Diese Neo-
Lhiannan haben zwar keinen Zugang zu den mystischen Kräf-
ten der Altvordern, doch sie lernen fleißig. Gangrel, die alt
genug sind, diese Geheimnisse zu kennen, beobachten diese
Anfänger genau, für den Fall, daß sie sich mit Gewalt näh-
men, was ihnen nicht freiwillig angeboten wird.
DIE MEERLEUTE
Die steifen Zauberer des Clans Tremere bezeichnen die
Gangrel, die es ins Meer gezogen hat, als „Gangrel aquarii”.
Diesen Gangrel ist es scheißegal, wie die Tremere sie nennen
und nennen sich selbst Meerleute, wenn sie überhaupt von
sich als Gruppe sprechen. Die Meerleute nehmen die Formen
von Meerestieren an und ziehen die Tiefen des Ozeans der
menschlichen und der vampirischen Gesellschaft vor.
Als Blutlinie stellen sich die Meerleute etwas problema-
tisch dar. Sie üben dieselben Disziplinen aus wie der ge-
samte Clan Gangrel. Ihre gewöhnlichen Abwandlungen
der Clansdisziplin Gestaltwandel (Sonar und messerschar-
CLANBUCH: GANGREL
50
Gangrel02.p65 50
fe Schwimmhäute) kann sich jeder lernfähige Gangrel an-
eignen. Das Blut eines Erzeugers, der Meermann ist, führt
beim Kind nicht zwingend zu einer dem Wasser angepaß-
ten Form, wenn es auch nur selten vorkommt, daß ein
sorgfältig auserwähltes Kind eines Meermanns bei den kri-
tischen Gestaltwandlungsprüfungen versagt. Der einzige
Unterschied, der die Meerleute als Blutlinie kennzeichnet, ist
die Tatsache, daß sie extrem schnell tierhafte Züge annehmen
– Flossen, Tintenfischschnäbel, Rückenfinnen und noch selt-
samere Anhängsel von Wesen, die nie das Licht der Sonne
sehen, wurden schon bei relativ jungen Meerleuten ausge-
macht. (Die Meerleute erleiden eine besonders heftige Form
des Clansfluchs, und verlieren pro drei statt fünf erworbener
tierhafter Züge ein gesellschaftliches Attribut.)
Man hat den Meerleuten als Gruppe in der Vergangen-
heit die Mitgliedschaft in Camarilla und im Sabbat ange-
boten. Die einzelnen Meerleute haben bis heute Angebo-
te beider Sekten immer ausgeschlagen und tun es auch
weiterhin. Ihre Reaktion auf den Austritt der Gangrel aus
der Camarilla war mehr als unspektakulär – normalerwei-
se ein fischiges Schulterzucken, höchstens ein wäßriges
„das hätten wir euch auch vorher schon sagen können.”
GANGREL IN DER GANZEN
WELT
Die Erde ist ein riesiger Ort, und Gangrel findet man in den
entlegensten Ecken und Winkeln. Daher ist das folgende nur
ein verkürzter Abriß der weltweiten Aktivitäten der Gangrel.
ANTARKTIS
Es gibt keine Gangrel in der Antarktis. Einige wenige
Gangrel vermuten, daß es dort etwas feindliches gibt, tief be-
graben im ewigen Eis. Die Antarktis ist der logische Rück-
zugsort für die, die die Zivilisation nie wieder sehen wollen.
AFRIKA
Afrika hat grenzenlose Wüsten, turmhohe Regenwälder
und weite Savannen. Viele dieser Naturwunder wurden
von Menschenhand befleckt, doch es gibt noch einige be-
eindruckend ursprüngliche Gebiete. Diese Gebiete gehö-
ren meist den Wolflingen oder anderen wilden und seltsa-
men gestaltwandelnden Geschöpfen. Den Gangrel geht es
in den großen Flächen dazwischen recht gut. Die wirklich
mächtigen Kainskinder, die den Kontinent durchstreifen,
gehen, wohin und wann sie wollen. Es wird gemunkelt, En-
noia sei unter ihnen. Im Norden durchwühlen forschende
Gangrel unter dem Spott der übermächtigen Wolflingsbe-
völkerung des Landes den Wüstensand Ägyptens. Sie sind
auf der Suche nach Spuren der mysteriösen Vergangenheit
im Sand, wie viele Fremde vor ihnen.
Bekannte Gangrel: Eine Gruppe, die sich Nyayo nennt, hat
sehr großen Einfluß auf die kenianische Politik. Sie nutzt ih-
ren Einfluß, um ihr Heimatland so frei wie möglich von euro-
päischen und amerikanischen Einflüssen zu halten, mit dem
Ziel, die Camarilla und den Sabbat fernzuhalten. Eine Grup-
pe von Kommunisten-Sympathisanten im Sudan, bekannt
unter dem Namen Die Rote Bedrohung (eine Spottbezeich-
nung, die sie als Ehrentitel tragen), weigert sich, Hammer und
Sichel abzuhängen. Sie unterstützt kommunistische Revolu-
tionäre in Afrika sowohl finanziell als auch technisch.
05.03.2002, 14:15

SIND FISCHE SO HÄSSLICH?
Die Meerleute wurden aufgrund ihrer vollkommen bi-
zarren, tierhaften Züge schon immer selbst von ihrem ei-
genen Clan als Monstrositäten gemieden. In den letzten
Nächten jedoch treten im gesamten Clan Gangrel insek-
toide und fischähnliche Züge immer häufiger auf. Auf
Wunsch des Erzählers kann diese explosionsartige Aus-
breitung allgemeiner Häßlichkeit die Schwäche der
Meerleute für den Hauptclan wieder tolerabler machen;
sie verlieren dann wieder pro fünf tierhaften Zügen einen
gesellschaftlichen Attributspunkt.
ASIEN
Die vergangene Dekade war für die Gangrel Asiens tur-
bulent. Seit den Nächten der großen Khans bereisen west-
liche Kainskinder die weiten Lande Chinas nicht mehr
freiwillig. Jahrhundertelang durchwanderten sie die Mon-
golei und die Gegenden weiter im Norden, bis sich ein ver-
zwickter Zauber über Rußland legte, der die, die sich drin-
nen befanden, gefangenhielt und die anderen aussperrte.
Fremde belächeln die Geschichten über Baba Yaga und
ihre Hühnerhütte vielleicht, doch innerhalb des Schatten-
vorhangs wurde ihr Name mit Ehrfurcht geflüstert oder
gar nicht genannt. Vor kurzem fiel der Vorhang: Die
Gangrel, die ihre Freiheit schätzten, machten sich davon,
ehe ein solches Phänomen wieder auftreten konnte, und
reisten nach Westen, Süden oder sogar nach Norden, um
dem Einfluß der Hexe zu entkommen. Die Gangrel Indi-
ens stecken in einem aussichtslosen Kampf gegen die Flut
von Menschen, die aus den Städten aufs Land strömten. Je
mehr Wildnis verloren geht, desto mehr werden sie zum Kon-
flikt mit den Ravnos getrieben, was die gegenseitige Feind-
KAPITEL ZWEI: INNENANSICHTEN
51
Gangrel02.p65 51
schaft wie auch die mit den Cathayern weiter schürt. In Ja-
pan oder Indonesien sind keine Gangrel vertreten, doch sel-
tene Reisende können sicher von ihren Erlebnissen erzählen.
Bekannte Gangrel: Eine Gruppe dreier Gangrel leitet ei-
nen Schmugglerring über die Nordgrenze Chinas nach
Rußland, der große Mengen chinesischer Handarbeiten
transportiert, und den Zorn der Cathayer Pekings riskiert.
Die Beweggründe dieser Kainskinder, die alles dafür geben,
um anonym zu bleiben, sind völlig unbekannt – aber man
könnte glauben, daß es ihnen nicht ums Geld geht. Eine
ungewöhnliche Gangrelkoalition in der Barentssee be-
hauptet, einen Nuklearsprengkopf eines sowjetischen U-
Bootes, das vor der Insel Novaya Zemlya auf Grund gelau-
fen sei, gefunden zu haben. Ob sie hoffen, hohe Gebote für
das Stück einzuheimsen, ihrer politischen Karriere etwas
mehr Sprengkraft verleihen wollen oder ob sie das Ding
überhaupt besitzen, ist unbekannt.
AUSTRALIEN
Australien und Neuseeland kommen der Vorstellung der
Gangrel vom Paradies am nächsten. Die Wildnis ist weitge-
hend unbesiedelt, die Leute sind stark und findig – und diese
verdammten Wolflinge weit und breit nicht zu sehen. Die
Städte beherbergen die gewöhnlichen, zankenden Kainskin-
der und den einfallenden Sabbat, doch die anderen Clans
scheren sich nicht um das, was der Busch zu bieten hat. Viele
Gangrel, die das Land besuchen, bleiben für immer da; mehr
als ein aufrührerischer Eingeborener hatte schon den Gedan-
ken, die eine oder andere Insel zum Gangrelfreistaat zu ernen-
nen. In Neuseeland gelang es dem Sabbat, sich politisch zu
etablieren, und er zieht seine Mitglieder aus den Jugendlichen
der polynesischen Minderheiten, die sich von der weißen Re-
gierung hintergangen fühlen.
DER GANGREL
05.03.2002, 14:15
 Bekannte Gangrel: Eine ehrwürdige Gangrel der Maori,
Nyrie Waaka, hat das Kriegsbeil gegen den in Neuseeland
einfallenden Sabbat ausgegraben. Sie hat zwar keine wirk-
lichen Probleme mit der Ideologie des Sabbat, doch die
jungen Vampire, vornehmlich Stadtgangrel, haben die tra-
ditionellen Moko-Gesichtstätowierungen zu ihren Rudel-
insignien gemacht – Auszeichnungen, die sie nicht verdie-
nen. Die Asche der neuesten Konvertiten wurde in den Mu-
stern ausgestreut gefunden, die sie sich angemaßt hatten.

EUROPA
Europa ist kein besonders guter Ort, um Gangrel zu sein.
Jedes Jahr gibt es weniger unberührte Natur, den (leider
ungeordneten) Anstrengungen der Menschen, Wolflinge
und mancher Vampire zum Trotz. Die Ahnen der Gangrel
sind hier bis zu 1000 Jahre alt. Wenn es zu Übervölkerung
kommt, zwängen sich Neugeborene und Ancillæ in die Städ-
te, wo sie oft von der freundlichen Kainskindergesellschaft
ausgenutzt werden, oder sie verlassen den Kontinent ganz.
Bekannte Gangrel: Brunhilde, die Führerin der nordi-
schen Walküren, ist im letzten Kapitel ausführlich be-
schrieben. Sie und ihre kürzlich erwachte Streitmacht
weiblicher Kriegerinnen lösen ein Wiederaufleben der Wi-
kingerbräuche aus und wiegeln die Anarchen Europas auf.
Rufus von Andorra, der die Verheerungen des Sabbat seit
Jahrhunderten von seinen Bergen aus beobachtet, hat be-
gonnen, Waffen anzuhäufen und in sicheren Zufluchten
Kinder zu zeugen. Quellen von leicht dubiosem Ruf behaup-
ten, Rufus habe die Maskerade gebrochen, indem er sich of-
fen an die Regierung Andorras gewandt habe. Wie dem auch
sei, Archonten wurden mit der Aufklärung beauftragt.

DER NAHE OSTEN

Im Nahen Osten haben die Gangrel eine respektierte
Stellung in der Kainskindergesellschaft. Vielleicht verste-
hen die Vampire im harschen, trockenen Klima die uner-
schütterliche Stärke des Clans besser. Die menschliche Be-
völkerung des Gebiets, die sich zwischen den Fronten der
Modernisierung und des religiösen Fanatismus befindet,
macht den Vampiren aller Clans das Dasein schwer. Die
Zahl der Menschen, die wahren Glauben besitzen, ist gestie-
gen, und Vampire fürchten die Bomben der Extremisten ge-
nauso wie Menschen. In den ländlichen Gebieten jedoch, die
die Gangrel bevorzugen, lebt und stirbt es sich wie eh und je.
Bekannte Gangrel: Ebi Rabuod, der angesehene muslimi-
sche Scholar, hat Jahre damit verbracht, vorsichtig von
Zuflucht zu Zuflucht in Islamabad, Kabul und Teheran zu
wandern, auf der Hut vor Assamitenmeuchlern und den
stinkenden Pisacha, während er seine Kommentare zum
muslimischen Gesetz für Kainskinder zusammenstellte und
verbreitete. Nun lernt er eine neue Sorte Assamiten ken-
nen – gläubige Vampire, die vor dem Bürgerkrieg gegen
Alamut fliehen, ersuchen ihn um Hilfe und Rat. Er kann
diese Flüchtlinge nicht fortschicken, doch fürchtet er, den
Meuchelmörder unter den Bittstellern nicht zu sehen, bis
es zu spät ist.

NORDAMERIKA
Die Gangrel Nordamerikas haben die Hauptlast der Pro-
bleme zu tragen, die sich aus dem Ausstieg des Clans aus

CLANBUCH: GANGREL
52

Gangrel02.p65 52 05.03.2002, 14:16

 der Camarilla ergeben. Überall an der Ostküste, wo die
Spannung zwischen Camarilla und Sabbat am stärksten
ist, werden Gangrel zumindest mit Mißtrauen beäugt,
wenn nicht vernichtet, sobald man sie sieht. Die belager-
ten Prinzen halten die Gangrel, die keine Verräter sind,
zumindest für Deserteure. Loyale Mitglieder der Camaril-
la unter den Gangrel bleiben in der Nähe ihrer Zufluchten
und Schlupflöcher, um Mißverständnisse zu vermeiden.
Weiter im Westen ist die Spannung geringer, und die
Gangrel sind nur Opfer der Eigenheiten der dortigen Ob-
rigkeit. An der Westküste müssen sich die Gangrel zudem
Sorgen über die Cathayer machen.
Bekannte Gangrel: Pocatellos „Freies Mobiles Einsatz-
kommando” ist eine kleine Gruppe unabhängiger Gangrel
aus den Reihen der örtlichen Milizen und Überlebens-
künstler. Diese Aufrührer sind sauer (und zwar nicht nur
wegen der Paletten von Dosensuppen, die jetzt in ihrem
Keller vergammeln) – sie sind auf den Gedanken gekom-
men, die Vampire würden von der UN benutzt, um Ame-
rika zugrunde zu richten. Nun wollen sie die Waffen des
Feindes gegen ihn wenden. Die Cree-Indianer in Quebec
haben einen Beschützer in Tiergestalt namens Muskuuchi
– nach dem Berg, auf dem er lebt. Andere Gangrel berich-
ten, dieser Ahn habe sich an sie gewandt, meist in Gestalt
eines Bären, und sie darum gebeten, die Abspaltung Que-
becs von Kanada zu verhindern, da sonst die Cree das ih-
nen angestammte Land verlieren würden. Das Bärenwesen
ist der Ansicht, irgendein Individuum oder eine Organisa-
tion arbeite gegen seine Ziele. Andererseits sind seine An-
strengungen recht naiv und alles andere als diskret.

SÜDAMERIKA
Die feuchtheiße Landschaft Südamerikas ist eine riesige
Zuflucht für Gangrel. Sie beheimatet außerdem gestalt-
wandelnde Katzen und schreckliche Echsenmonster, doch
die meisten ansässigen Gangrel nehmen diese Prüfung ih-
rer Überlebenskünste gern hin. Doch auch wenn der Kon-
tinent Helden am Fließband zu gebären scheint, begeben
sich nur die wirklich törichten in das Amazonasbecken,
wo die Wolflinge irgendeine schreckenerregende, techno-
logische Macht bekämpfen. Gangrel, die aus den Eingebo-
renenstämmen der Region stammen, behaupten steif und
fest, es gebe im Dschungel eine seltsame Blutlinie einhei-
mischer Vampire, die die Neigung vieler Gangrel zu Fle-
dermäusen teilen – Geschöpfe, die große Verwüstung an-
richten können, wenn man sie ohne die richtigen Opfer
oder Rituale erweckt. Die, die dazu neigen, solche Ge-
schichten zu glauben, achten auf den Regenwald – Jagd-
waffen und Kettensägen sind gewöhnlich keine passenden
Kultgegenstände.
Bekannte Gangrel: Xotli, die Kröte, ein häßliches We-
sen mit Glubschaugen, schleimiger Haut und einer langen,
klebrigen Zunge, hat Guerillaangriffe auf eigene Faust ge-
gen gut befestigte Ziele in seiner Heimat Guatemala zu sei-
ner Spezialität gemacht. Die Güter, die er im Laufe der
Jahre durch die Arbeit für beide Seiten in einem Konflikt
zwischen Setiten und Sabbat angehäuft hat, haben ihm
Lust auf mehr gemacht, und er ist gierig geworden. Außer-
dem hätte er Lust auf einen angenehmeren Wohnort und
er überlegt sich, ob er sich nicht davonmachen soll.

KAPITEL ZWEI: INNENANSICHTEN DER GANGREL

53

Gangrel02.p65 53 05.03.2002, 14:16

 DAS ZÜGELLOSE TIER: DER
FLUCH DER GANGREL
Die Stärke des Clans ist gleichzeitig seine größte Schwä-
che. Die Gangrel sind auf eine Art an das Tier in ihnen ge-
kettet, die kein anderer Vampir verstehen kann. Ihre größ-
ten Begabungen kommen aus dieser urtümlichen Verbin-
dung, doch jeder Verlust der Kontrolle in einer Raserei
hinterläßt Spuren. Dieses Mal ist normalerweise ein sicht-
barer Makel, eine Veränderung am Leib des Gangrel. Sel-
tener sind Veränderungen der Seele, die sein Verhalten
oder seine Persönlichkeit beeinflussen.
Die anderen Clans sprechen von den tierhaften Zügen
der Gangrel abfällig als das Ergebnis von „Kontrollverlu-
sten”. Das ist nicht wirklich wahr: Jede Raserei, sei sie ge-
wollt oder trotz größten Widerstands eingetreten, bringt
einem Gangrel dieselbe Bestrafung. Erleidet ein Gangrel
Rötschreck, so muß er nicht unter diesem Fluch leiden; so-
lange der Vampir dem Drang zu fliehen gehorcht, erwirbt er
keinen tierischen Zug. Ein in die Enge getriebener Gangrel,
der die gewalttätige Seite des Schrecks erlebt, wird, wenn er
seine Sinne wiedererlangt, ein weiteres Mal des Tieres tragen,
da auch notwendige Gewalt das Tier zum Vorschein bringt.
Die Regeln, die die Raserei betreffen – was sie hervorruft,
ihre Auswirkungen und wann sie endet – sind der Interpreta-
tion des Erzählers bewußt freigestellt (siehe Vampire: Die
Maskerade, S. 248ff.). Der Erzähler sollte in Situationen, in
denen die Grenzen zwischen Flucht und Kampf verschwim-
men, behutsam vorgehen. Ein schneller Hieb eines Gangrel
in den Klauen des Rötschreck dürfte das Tier des Vampirs
nicht mehr betreffen als nur, um den Weg freizumachen.
Die meisten Attribute, die das Tier hervorbringt, sind
sichtbar und eindeutig von tierischer oder insektoider Na-
tur: Fell, Federn oder Schuppen, eine Veränderung in den
Gesichtszügen, an Händen oder Füßen; das Sprießen zu-
sätzlicher Gliedmaßen wie Schwänze oder Fühler oder das
Ausbilden wirklich seltsamer Körperteile wie Kiemen, ei-
nes Känguruhbeutels oder einer funktionierenden Mo-
schusdrüse. Es ist unwahrscheinlich, daß drastische Verän-
derungen plötzlich auftreten, obwohl einige besonders un-
glückliche oder tollwütige Gangrel einige der unten aufge-
listeten Veränderungen erleiden. Es ist eher wahrscheinlich,
daß Rasereien nacheinander ihre Auswirkungen bringen, so
daß Fell zuerst auf der Brust, dann später auf Rücken, Beinen,
Händen und dem Gesicht des Vampirs sprießt.
Die Zeichen, die das Tier hinterläßt, kann man nicht
immer so einfach sehen. Manche kann man nur riechen
oder hören, wie einen stechenden Moschusduft oder eine
schrille, krächzende Stimme. Manchmal hinterläßt die Ra-
serei auch tierische Triebe. Dies sind psychologische Ab-
weichungen, ähnlich dem Wahnsinn, doch weit weniger
beeinträchtigend. Der Gangrel ertappt sich plötzlich dabei,
wie er einen Stuhl dreimal umkreist, bis er sich setzt, sein
Revier (mit Blut) markiert oder mit seiner Beute spielt.
Derartiges Verhalten mag lustig wirken, doch in Situatio-
nen, die gutes Benehmen, Grazie, Verstohlenheit oder
Schnelligkeit verlangen, gibt es nichts mehr zu lachen. Der
betroffene Gangrel kann Willenskraftpunkte ausgeben, um
eine Runde lang diese Gewohnheiten nicht ausspielen zu
müssen.
CLANBUCH: GANGREL
54
Gangrel02.p65 54
Die Bandbreite der tierhaften Züge innerhalb des Clans ist
atemberaubend. Keine zwei Gangrel bilden je dieselben Züge
aus, auch wenn gewisse ähnliche Tendenzen von Erzeugern
auf Kinder vererbt werden können. Gangrel, die dem Wel-
penalter entwachsen sind, tragen nur selten die Züge nur ei-
ner Tierart; die Myriaden verschiedener Formen des Tierrei-
ches stellen ein breites Spektrum zur Verfügung.
Der tierhafte Zug, der durch eine Raserei erworben wird,
sollte immer vom Erzähler abgesegnet werden, besonders
im Falle großer Veränderungen oder tierischen Verhaltens.
Im Idealfall sollte der unvermeidliche Abstieg des Gangrel
in die Abgründe des Tieres ein Zusammenspiel von Spie-
ler und Erzähler sein, in manchen Fällen aber sollte sich
der Spielleiter berechtigt fühlen, dem Charakter eine
monströse oder unangenehme Veränderung zu bescheren.
Gangrel entwickeln sich nicht zu drolligen menschlichen
Plüschis, sie verkommen zu monströsen Chimären. Der
Erzähler sollte dies von Zeit zu Zeit betonen.
Mit jedem fünften tierhaften Zug, den der Charakter er-
hält, sei er körperlich oder geistig, verringert sich eins sei-
ner gesellschaftlichen Attribute um einen Punkt. Erschei-
nungsbild ist gewöhnlich das erste Attribut, das betroffen
ist, da die meisten Veränderungen, die der Charakter
durchmacht, körperlicher Art sind. Charisma und Mani-
pulation können von körperlichen Veränderungen genau-
so beeinträchtigt werden. Das tierische Aussehen des Cha-
rakters mag verwirren oder peinlich sein, die Umgangsfähig-
keit beeinträchtigen oder einfach einen so großen Schaden
auf das Selbstbewußtsein bewirken, daß es sich stark auf das
Verhalten anderen gegenüber auswirkt. Beim Ausbilden eines
geistigen Merkmals ist es wahrscheinlicher, daß Charisma
oder Manipulation des Charakters beeinträchtigt werden.
Es ist einem Gangrel möglich, Punkte gesellschaftlicher
Attribute zurückzukaufen, die durch wiederholte Raserei-
en verlorengegangen sind. Das sollte mit dem Erzähler zu-
sammen ausgespielt werden – möglicherweise geht der
Charakter irgendwann dazu über, weite Kleider zu tragen
oder sich die Haare zu kämmen. Vielleicht nimmt er Be-
nimm- oder Sprachunterricht. Es ist jedoch schwierig, ge-
sellschaftliche Attribute zurückzuerlangen. Der Spieler
sollte sich den Ausgangswert seiner gesellschaftlichen At-
tribute merken, denn dieser Wert bestimmt die Höhe der
Kosten an Erfahrungspunkten, die es braucht, um ein At-
tribut zu steigern. Die Kosten der Attributsteigerungen und
die Obergrenzen werden auch vom Ausgangswert bestimmt.
Beispiel: Der wilde Sam wird mit einem Erscheinungsbild
von 3 gezeugt. 10 Rasereien später (woher hat er wohl sei-
nen Namen?) ist sein Aussehen auf 1 gesunken. Wenn der
Spieler Sams Erscheinungsbild nun auf 2 steigern will, wer-
den die Kosten berechnet, als wolle er den Wert von 3 auf
4 steigern – 20 Erfahrungspunkte. Sams Erscheinungsbild
ist nun praktisch auf 4, wenn man den Preis für eine weitere
Steigerung berechnen will. Gehört Sam der 8. oder einer hö-
heren Generation an, kann er nur noch einen weiteren Punkt
dieses Attributs kaufen, ganz egal, wie tierhaft er noch wird.
DIVERSE SEGNUNGEN
Die tierhaften Züge, die im folgenden beschrieben wer-
den, stellen drastische und plötzliche Veränderungen am
Körper des Vampirs dar. Sie verringern eines der Attribute
des Vampirs sofort und langfristig um 1 Punkt. Normaler-
05.03.2002, 14:16
 weise verringern sie das Erscheinungsbild, doch wenn der
Bruce,
Charakter bereits so häßlich ist, daß ein schuppiger
ich bin von Deiner Theorie über die
Schwanz oder riesige, abstehende Ohren auch nichts mehr an-
tiso zial en Tend enze n, die so
ausmachen oder der Schock, plötzlich giftig zu sein, mehr viel e
Gang rel aufw eise n, hing eris sen.
ein Problem des Selbstbewußtseins denn des Aussehens Das
heißt, die Gangrel meiden den Umga
ist, können statt dessen andere Gesellschaftliche Attribu- ng mit
ande ren Kain skin dern , um Rase reie
te beeinflußt sein. Diese Veränderungen sind so schwer- n zu
entgehen. Der Gedanke hat einige Vorz
wiegend, daß sie nebenher noch Vorteile bringen, auch ü-
ge; es ist sich er Tats ache , daß der
wenn diese die Häßlichkeit nicht wettmachen können. Zu-
stand erhöhter Aggression, der geme
Diese Merkmale können ein ernsthaftes Problem dar- inhin
als Rase rei beze ichn et wird , eind
stellen: Der Vampir wird zum wandelnden Bruch der Mas- euti g
auf die Mitglieder unseres Clans Ausw
kerade. Man kann natürlich Vorkehrungen treffen – all diese ir-
kungen hat, die andere Clans nich
Äußerlichkeiten können in verschiedenem Maße verdeckt t tei-
len. Ich pers önli ch zöge re zu glau
werden –, doch viele Prinzen verlassen sich nicht gerne auf ben,
daß die Mehrzahl der Rasereien vamp
ihr Glück. Dieselben Eigenschaften machen solche Gangrel iri-
sche n Ursp rung s ist. Du soll test
jedoch auch zu erstklassigen Schocktruppen, die der Sabbat Dein e
Theorie dennoch überprüfen, indem Du
bei seinen Angriffen in Städte der Camarilla schickt. ein-
fach Kainskinder sozusagen in ihre
Jedes der folgenden Merkmale wird, falls es nicht gut m na-
türlichen Habitat beobachtest. Fall
versteckt ist (Wurf auf Geschick + Ausflüchte, die s Du
Kont akte zur Cama rill a hast , dürf
Schwierigkeit bestimmt der Erzähler je nach Grad der Ent- te es
möglich sein, von einer größeren Anza
stellung), eine zusätzliche Schwierigkeit von 2 auf alle ge- hl
von Prob ande n Erfa hrun gsbe rich te
sellschaftlichen Würfe bewirken. Im Umgang mit anderen über
die Häufigkeit der Raserei und die mögl
Gangrel oder Nosferatu tritt diese Schwierigkeit nicht in i-
chen Ursachen zu bekommen. Solche Erge
Kraft, wenn es der Erzähler erlaubt. b-
nisse dürften zwar nicht verläßlich
Es wird empfohlen, diese Veränderungen nur in Extremsi- sein,
wohl aber neue Pers pekt iven eröf
tuationen entstehen zu lassen (als Resultat eines Patzers oder fnen .
Nun, verzeihe mir solche Worte, die
einer sehr früh eingetretenen und blutigen Raserei) und je- sanf-
ten Wissenschaften haben noch nie soli
dem Gangrel immer nur ein derartiges Merkmal zu verpassen. de
Zahlen gebracht.
Froschaugen: Die Augen des Gangrel wandern unter star- Meine eigene, persönliche Neigung
ken Schmerzen an die Seiten des Schädels, wobei sie auf bei
diesem Thema, von der ich zugebe, daß
Untertassengröße anschwellen. Diese Augen haben für ge- sie
völl ig unwi ssen scha ftli ch und unüb
wöhnlich die schlitzförmigen Pupillen der Amphibien und er-
prüf bar ist, ist star k von Jung insp
Reptilien, doch seltene Exemplare bilden auch Facetten- i-
riert. Lieber Kollege, sogar Einstein
augen wie bei Insekten aus. Sonnenbrillen nützen gar be-
tete zu Gott. Ich glaube, daß die Grün
nichts mehr, doch der Vampir darf bei allen Wahrneh- de-
rin des Clans Gangrel nicht nur eine
mungswürfen, die mit dem Sehen zusammenhängen, zwei Frau
war, sond ern auch eine Inka rnat ion
zusätzliche Würfel benutzen, da er nun ein Gesichtsfeld von
Eigenschaften, die man als archetyp
von 270° hat. Es wird schwierig, ihn zu verfolgen, und er hat isch
weiblich bezeichnet. Zusammen mit
eine Erschwernis weniger bei Mehrfachgegnerschwierigkeiten ihrem
Blut haben wir einen Teil ihres Geis
im Nahkampf (keine Erschwernis bei zwei Angreifern, +1 bei tes
erhalten, eine Anima, um den Animus
dreien usw., bis zur Höchsterschwernis von +4). zu er-
gänz en. Das Erge bnis ist, daß wir
Exoskelett: Bei dieser besonders gemeinen Veränderung voll -
stän dige re Wese n sind , daß wir weni
erleidet der Vampir große Schmerzen, da sein Skelett als ger
das Bedürfnis haben, uns durch ande
Chitinpanzer nach außen tritt. Der Vampir kann seine na- re zu
verv olls tänd igen . Ich muß zuge ben,
türliche Kraft besser nutzen, so daß bei allen auf Körper- daß
ich noch die Kraft aufbringen muß, um
kraft bezogenen Würfen auf Sportlichkeit zwei zusätzliche die-
se kleine Theorie den weiblichen Mitg
Würfel verwendet werden dürfen und Willenskraftwürfe lie-
dern unseres Clans zu unterbreiten
für Kraftanstrengungen eine verringerte Schwierigkeit von , doch
was ich Dir damit aufzeigen will, ist,
8 statt 9 haben. Der harte Panzer bringt außerdem 1 zu- daß
die Ahrimane ein mögliches Beispiel
sätzlichen Würfel beim Absorbieren von Schlag- und für
eine Anim a auße r Rand und Band dars
schwer heilbarem Schaden. Diese Kraft hat einen schreck- tel-
len.
lichen Preis, den jedoch viele Gangrel erst bemerken, Jedenfalls freue ich mich auf Deine
wenn es zu spät ist. Weil das ursprüngliche Skelett nicht Er-
gebnisse. Falls Du wünschst, daß ich
mehr vorhanden ist, bieten weder Brustkorb noch Brust- dir
einige Vorschläge zur Methodologie
bein dem Herzen Schutz. Ein Gegner mit Pfahl muß nur 1 Dei-
ner Stud ie mach e, würd e mir nich ts
Schadenspunkt statt 3 (abzüglich des Absorbierten) mit ei- mehr
Freude machen.
ner Schwierigkeit von 9 erzielen, um den Vampir zu pfählen. Grüße,
Dicke Haut oder Panzer: Dieser Effekt kann sich auf ver-
schiedene Weisen auswirken: Dichtes, derbes Fell, feste Ele- Dr. Allan J. Woodstock
fantenhaut oder ein Kalkpanzer. Diese Hülle bietet eine na-
türliche Panzerung, so daß sie den Absorptionswürfeln des
KAPITEL ZWEI: INNENANSICHTEN DER GANGREL
55

Gangrel02.p65 55 05.03.2002, 14:16

 Vampirs 2 hinzufügt, auch für schwer heilbaren Schaden au-
ßer Feuer und Sonnenlicht. Zusätzlich zu der Schwierigkeit,
diese Ganzkörpermutation zu verbergen, verringert die Pan-
zerung das Geschick des Vampirs unweigerlich um 1 Punkt.
Maul: Diskrete Reißzähne werden durch ein Maul voller
Zähne ersetzt, wobei sich der Kiefer des Vampirs dehnt
und verlängert, um das neue Gebiß beherbergen zu kön-
nen. Seien sie nadelspitz wie Rattenzähne oder gezackt wie
die eines Hais, diese Zähne können sich nicht in den Kie-
fer zurückziehen. Ein Vampir mit einem solchen Gebiß kann
es nicht durch Mundhalten verstecken – der übertrieben gro-
ße Kiefer zeigt die Größe des Mundes, und die Zähne stehen
oft über die Lippen heraus. Im Kampf verursacht der Biß ei-
nes solchen Vampirs einen schwer heilbaren Schaden von
Körperkraft +2, und er kann beim Trinken pro Runde 2 Blut-
punkte mehr aufnehmen. Die Wunden, die diese Zähne rei-
ßen, können nicht auf normalem Wege geschlossen werden.
Sonar: Der sichtbare Teil dieser Veränderung sind wirklich
riesige Fledermausohren, jedes von etwa der Größe einer
Hand. Der Stimmapparat des Gangrel verändert sich eben-
falls, damit er hochfrequente Töne erzeugen kann (jemand
mit der Kenntnis Medizin kann einen Wurf auf Wahrneh-
mung + Medizin gegen 8 versuchen, um es zu entdecken).
Die Benutzung des Sonarsystems, um sich in Dunkelheit,
Rauch oder Nebel zu bewegen, verringert den Schwierigkeits-
wert des Vampirs in derartigen Situationen um 1. Die Ohren
dürfen, wenn sie benutzt werden, nicht verdeckt sein. Nicht
nur behindert jede Art der Abdeckung die Effektivität der
Ohren, die Ohren müssen auch die Möglichkeit haben, sich
voneinander unabhängig zu bewegen, um zu funktionieren.
Spinndrüsen: Irgendwo sichtbar am Unterleib bildet der
Vampir Seiden- und Spinndrüsen aus. Die Seidendrüsen
verwandeln das Blut des Vampirs in Spinnweben. Mit 1
Blutpunkt und einer Runde an Konzentration kann man
drei Quadratmeter Spinnweben oder einen 30 Meter lan-
gen Faden erzeugen. Der Vampir muß vorher entscheiden,
ob das Netz klebrig sein soll oder nicht, doch er selbst
bleibt an seiner Seide nie hängen, da sie aus seinem eige-
nen Blut ist. Die Fäden sind unglaublich fest, man benö-
tigt Körperkraft 5, um sie zu zerreißen oder 4, um sie mit
Klauen oder einem Messer zu zerschneiden. Die Spinndrü-
sen zeichnen sich unter jeder Art von Kleidung stark ab,
außer in schweren Mänteln oder Roben (Wahrnehmung +
Aufmerksamkeit, Schwierigkeit 5, um es zu bemerken) –
Jagen nach Gigolo-Art ist nahezu unmöglich. Es muß wohl
nicht extra erwähnt werden, daß der Vampir keine Hose
tragen darf, wenn er die Drüsen benutzen will. Außerdem
ist das Netz sehr empfindlich gegen Sonnenlicht, da es aus
Vampirblut ist. Sogar das schwache Leuchten einer Stra-
ßenlaterne oder der Strahl einer Taschenlampe zerstört
das Netz innerhalb von zehn Runden.
Schwanz: Die Wirbelsäule des Vampirs verlängert sich
drastisch über das Steißbein hinaus und bildet einen mus-
kulösen, schweren Schwanz. Der Schwanz ist normaler-
weise so lang, daß er auf dem Boden schleift, und meist
auch so schwer, daß er dies tut – er muß festgebunden wer-
den, um oben zu bleiben, und auch dann ist es recht leicht,
ihn zu entdecken (Schwierigkeit 4 für einen Wahrneh-
mung + Aufmerksamkeitswurf). Der Schwanz kann auch
als plumpe Waffe genutzt werden; solange der Vampir im
Nahkampf seine natürlichen Waffen verwendet, darf er
CLANBUCH: GANGREL
56
Gangrel02.p65 56
ohne die Erschwernis durch mehrere Angreifer einen zu-
sätzlichen normalen Angriff oder einen Schwanzhieb auf
seitlich oder hinter ihm stehende Gegner ausführen (an-
dere Attacken unterliegen den selben Malus). Der
Schwanz erzeugt Schlagschaden durch Körperkraft.
Klauen: Diese Klauen gleichen den Tierklauen, die die
Disziplin Gestaltwandel bietet – mit dem wichtigen Unter-
schied, daß sie nicht eingezogen werden können und im-
mer sowohl an Händen und Füßen vorhanden sind. Au-
ßer den gesellschaftlichen Schwierigkeiten, die aus der
Unfähigkeit, sich zu entwaffnen, resultieren, dürfte es dem
Vampir auch sehr schwer fallen, kleine Objekte wie Auto-
schlüssel oder Tastaturen zu benutzen. Gangrel mit Klau-
en erleiden eine zusätzliche Erschwernis von 1, was die
Feinmotorik betrifft, besonders in Streßsituationen.
Gift: Die Reißzähne des Gangrel werden hohl, und Giftdrü-
sen bilden sich in seinem Schädel oder im Nacken. Im Ver-
gleich zu manchen Giften im Tierreich ist das des Gangrel nur
mittelgiftig. Das Opfer eines erfolgreichen, schädigenden Bis-
ses muß einen Wurf auf Widerstandsfähigkeit (Schwierigkeit
7, 9 bei normalen Menschen und Tieren) versuchen oder ver-
liert einen Punkt eines körperlichen Attributs. Der Gangrel
muß, wenn diese Mutation eintritt, wählen, welches Attribut
sein Gift betrifft, dies ist nicht mehr veränderbar. Erreicht der
Wert des Attributs 0, fällt das Opfer in Ohnmacht oder Star-
re. Die Attribute, die so verloren gehen, kehren zurück, als
sei es schwer heilbarer Schaden. Aber in der Natur gibt es
kein Gift ohne entsprechende Warnung: Der Vampir ist er-
kennbar giftig; er schillert in den Farben eines giftigen Baum-
frosches oder hat ein geflecktes Gesicht wie eine Viper.
Flügel: Die Fledermaus- oder Vogelflügel, die der Vampir
ausbildet, sind nicht verwendbar. Sie sind verkümmert und
viel zu klein, als daß sie das Gewicht des Vampirs im Flug
tragen könnten. Dennoch sind sie groß genug, um leicht ent-
deckt zu werden – auf den Rücken gebunden geben sie das
Bild eines Buckligen statt einer geflügelten Laune der Natur
ab. Die Flügel können ein wenig Gleichgewicht in gefährli-
chen Situationen verschaffen oder helfen, einen Sturz abzu-
fangen, sofern sie nicht zusammengebunden oder bedeckt
sind. In diesen Situationen verwende man 2 Würfel mehr bei
Würfen auf Sportlichkeit, die des Gleichgewichts bedürfen,
und man veranschlage einen Würfel für Schlagschaden pro
zehn Meter freien Falls statt alle 15 Meter.
TDD-SYSTEME FÜR TIERHAFTE ZÜGE
Froschaugen: Diese fügen zwei Punkte zu allen Wahrneh-
mungsproben hinzu und ziehen einen Malus bei Mehr-
fachgegnerkämpfen ab.
Exoskelett: Der Gangrel erhält zwei körperliche Eigen-
schaften für körperkraftbezogene Proben und eine zusätz-
liche Rüstungsstufe gegen Schlag- und tödlichen Schaden.
Wer jedoch versucht, den Gangrel zu pfählen, muß nur eine
einfache Probe gewinnen oder Gleichstand erzielen, nachdem
er bei einer körperlichen Herausforderung Erfolg hatte.
Haut/Panzer: Der Vampir gewinnt zwei Rüstungsstufen ge-
gen Schlag- und tödlichen Schaden und eine gegen schwer
heilbaren Schaden, doch er erleidet einen Malus von einem
Punkt bei allen Proben, die sich auf Geschick beziehen.
Maul: Der Biß des Vampirs erzeugt zwei Stufen schwer
heilbaren Schadens, und er kann beim Trinken dreimal
mehr Blut pro Runde saugen.
05.03.2002, 14:21
 Sonar: Der Vampir hat einen Bonus von zwei Eigenschaf-
ten auf Proben, während er sich durch Dunkelheit, Rauch,
Nebel oder dergleichen bewegt. Wer die Fähigkeit Medi-
zin besitzt, kann eine geistige Herausforderung machen,
um die Veränderung der Stimme zu entdecken.
Spinndrüsen: Geben Sie einen Blutpunkt aus, um drei Qua-
dratmeter Netz oder einen drei Meter langen Faden zu erzeu-
gen. Jeder, der versucht, es zu zerreißen, muß eine festgesetz-
te körperliche Herausforderung gegen den Gesamtwert der
körperlichen Eigenschaften des Vampirs gewinnen (Bonus
von 1, falls derjenige Klauen, ein Messer oder etwas anderes
scharfes verwenden kann). Beobachter können eine geistige
Herausforderung machen, um die Spinndrüsen zu entdecken,
der Vampir hat einen Malus von 2 bei dieser Probe.
Schwanz: Beobachter können eine geistige Herausforderung
machen, um den Schwanz zu entdecken (falls er versteckt
ist), der Vampir hat eine Malus von drei Punkten auf diese
Probe. Der Schwanz bewirkt zwei Stufen Schlagschadens.
Klauen: Sie funktionieren wie Wolfsklauen an Händen
und Füßen, außer daß sie nicht eingezogen werden kön-
nen. Der Vampir erleidet einen Malus von einem Punkt
bei Proben, die die Feinmotorik betreffen.
Gift: Wenn der Vampir ein Ziel beißt, muß es eine stati-
sche körperliche Probe gegen 8 Eigenschaften machen.
Verliert das Ziel die Probe, verliert es eine körperliche Ei-
genschaft. Dieser Schaden verheilt wie schwer heilbarer
Schaden. Ein Opfer, das auf zwei körperliche Eigenschaf-
ten fällt, wird bewußtlos. Wenn dem Vampir eine Bißattak-
ke mißlingt, macht er zwei einfache Proben. Verpatzt er
beide, brechen ihm einer oder beide Zähne ab, die er nach-
wachsen lassen muß, als hätte er sie durch schwer heilba-
ren Schaden verloren.
Flügel: Sie fügen zwei Bonuseigenschaften bei Proben hinzu,
die die Balance betreffen, und der Vampir erleidet für alle 15
Meter freien Falls eine Stufe Schlagschaden statt alle zehn.
DIE ANDEREN
KAINSKINDER
ASSAMITEN
Gangrel und Assamiten stießen jahrhundertelang auf den
Schlachtfeldern Europas und Asiens aufeinander. Sie kämpf-
ten auch Seite an Seite, wohl auch in denselben Kriegen –
beide Clans sind für ihre Arbeit als Söldner bekannt. Die bei-
den Clans achten einander heute für ihre Tapferkeit im Krieg
und ihre brutale Ehrlichkeit. Zur Zeit macht die Einstellung
der Assamiten, seit sie den Fluch der Tremere abgeschüttelt
haben, den Gangrel Sorgen: Die Jagdsaison auf die Vampire
anderer Clans ist eröffnet. Für die Gangrel ist das Töten eine
Frage des Überlebens, keine Religion. Die Assamiten sehen
wenigstens ein, daß es leichtere Beute gibt.
BRUJAH
Oberflächlich betrachtet verstehen sich Gangrel und
Brujah gut. Gewalt macht Spaß, Rebellion gegen die Ob-
rigkeit ist auch nicht schlecht. Tiefergehende Beziehungen
allerdings sind schwierig. Der Hang der Brujah zur Raserei
nervt die Gangrel, die keinen weiteren Antrieb auf diesem
Weg zu Häßlichkeit und Ächtung wollen. Das Zögern der
Gangrel, die jeweils gerade angesagte Sache mit glänzen-
KAPITEL ZWEI: INNENANSICHTEN
57
Gangrel02.p65 57
den Augen und Inbrunst zu verfechten, stört die Brujah.
Der Überlebenswille der Gangrel und die Tendenz, einen
Kampf aufzuschieben, erscheint den Brujah als Feigheit
statt als Weisheit – und gelegentlich spricht ein junger
Strolch das auch aus. Wenn die Sache klar und ehrlich ist,
und man bei Sonnenaufgang seiner eigenen Wege geht,
arbeiten die beiden Clans bestens zusammen.
JÜNGER DES SET
Über die Gangrel haben die Jünger des Set wenig zu sa-
gen, und den Gangrel geht es ebenso. Gleichzeitig haben
beide Seiten auch wenig Schlechtes über die jeweils ande-
ren zu sagen, da sich die Wege der mondänen Setiten mit
denen der ehrlichen Gangrel selten kreuzen. Spannungen
entstehen in den wenigen Gebieten, wo Kontakt häufig ist,
wie in Nordafrika und den ausgedehnten Stadtparks der
US-Küste. Die Spannungen werden oft durch Blutvergie-
ßen und Betrug abgelöst, meist weil eine Seite die andere
beschuldigt, die Fähigkeit des Gestaltwandels gestohlen zu
haben. Gangrel, die in Aussehen und Persönlichkeit zu
Reptilien neigen, sollen schon Freundschaften zu Setiten
geknüpft haben, aber wohl auf eine sehr seltsame und ge-
spaltene Art, die Außenstehende nicht verstehen.
GIOVANNI
Giovanni und Gangrel haben quasi Nichts gemeinsam.
Sie haben nicht einmal etwas, worüber sie streiten könn-
ten. So bemerkenswert das bei Vampiren auch sein mag,
es macht sie nicht zu Verbündeten. Ihre beider Welten
sind einfach zu verschieden.
LASOMBRA
Das Schlüsselwort in der Beziehung der Lasombra zu
den Gangrel ist Achtung. Die Gangrel achten die Lasom-
bra für ihre Führungsqualitäten und ihr ehrenvolles Auf-
treten, die Lasombra die Gangrel für ihre Charakterstärke
und Wildheit. Die Gangrel trauen den Lasombra natürlich
nicht, und die Lasombra versuchen immer noch, die
Gangrel zu ihren politischen Lakaien zu machen. Doch
wenigstens wissen die Gangrel, daß die Wächter lange dar-
über nachdenken würden, ehe sie sie ausnutzten.
MALKAVIANER
Die Gangrel fürchten die Malkavianer – jedes denkende
und überlebensorientierte Kainskind tut das. Die Malka-
vianer sind unberechenbar und schwer einzuschätzen –
und dazu auch noch wahnsinnig. Die Gangrel geben sich
größte Mühe, die Instabilität in ihrem Clan auszumerzen,
zumindest was die Jüngeren betrifft. Der Geist der Älteren
wird unausweichlich vom Tier ergriffen, und sie müssen
stark sein, um der Raserei zu widerstehen. Die Malkavia-
ner ihrerseits scheinen das Unwohlsein der Gangrel in ihrer
Gegenwart zu spüren. Wie die Katze, die weiß, wen sie am
leichtesten aus der Fassung bringt, scheinen sie eine seltsame
Freude an der Anwesenheit der Gangrel zu haben.
NOSFERATU
Die Kainskinder dieser beiden Clans haben ein gewisses
Verständnis füreinander entwickelt, eine sehr traurige, re-
signierte Art von Arrangement. Keiner kann wirklich ver-
stehen, was der andere durchmacht: Die Gangrel die lang-
DER GANGREL
05.03.2002, 14:22
 same Auflösung der Persönlichkeit, die Nosferatu den
langsamen Verlust des Selbstbewußtseins. Doch es ist Ein-
fühlung und nicht Mitgefühl, was ihre Beziehung be-
schreibt, und die ist in beiden Gruppen sonst selten.
Gangrel und Nosferatu hauen einander selten übers Ohr,
meist tun sie es gar nicht, wenn es sich vermeiden läßt.
RAVNOS
Die Gangrel und Ravnos führen eine seltsame Bezie-
hung, und das schon seit Jahrhunderten, wenn nicht län-
ger. Sie fallen nicht übereinander her, wenn sie sich sehen;
nichts hindert Mitglieder beider Clans, miteinander Be-
kanntschaft zu schließen, Mitglieder eines Klüngels zu sein
oder einander einfach höflich zu begegnen. Es ist aber si-
cher, daß Gangrel, die Zeit mit gebildeten Vampiren verbracht
haben, entweder die Geschichte von der mythischen Rivali-
tät der beiden Vorsintflutlichen oder über das böse Blut, das
im 15. Jh. in Europa wegen der Zigeuner aufkam oder eine
persönliche Geschichte von Betrug und Diebstahl gehört ha-
ben. Die Ravnos scheinen ihren Kindern ebenfalls solche Ge-
schichten zu erzählen, da sogar die ersten Begegnungen fri-
scher Mitglieder der beiden Clans oft schlecht laufen.
Rebellische Charaktere werden wohl immer dem „Feind”
um den Hals fallen, weil ihnen jemand sagte, sie sollen es
nicht tun. Unter den Anarchen legen Gangrel den Ravnos
gegenüber oft eine „Scheißegal”-Haltung an den Tag, wäh-
rend sie ihre Angelegenheiten und Schlupflöcher im Auge
behalten. Das Unleben bei den Anarchen ist hart genug, daß
man sich fragen muß, ob der Erzeuger recht hatte, was diese
Stinker angeht, oder nicht. Sabbatvampire scheinen eine per-
verse Freude daran zu haben, Bündnisse zwischen Gangrel
und Ravnos herbeizuführen, doch diese Unternehmungen
enden wie viele andere Angelegenheiten des Sabbat: Kurzle-
big und blutig. Im Extremfall bestehen manche Pärchen die-
ser Art darauf, die endlose Fehde zwischen Gangrel und Rav-
nos sei der Wunsch der beiden Vorsintflutlichen, der durch
die Jahrhunderte hindurch fortwirkt. Wie Helden bei Shake-
speare rebellieren sie gegen den Wunsch ihrer Familien –
doch die Tragödie ist nicht spaßig für Romeo und Julia.
TOREADOR
Es ist schwierig, zwei Vampirclans zu finden, die weniger
gemein haben als Toreador und Gangrel. Die Toreador be-
trachten die Gangrel als roh, linkisch, schmutzig, stinkend
und kulturlos, die Gangrel bezeichnen die Toreador als hoch-
näsig, elitär, zahm und der Nabelschau zugeneigt. Beide Sei-
ten haben gewöhnlich recht. Da diese Unterschiede allge-
mein bekannt und anerkannt sind, kommt es selten zu Kon-
flikten zwischen den Toreador und den Gangrel. Sie bewegen
sich in unterschiedlichen Kreisen und sind damit zufrieden.
Selten kommt es zu einer Kooperation der beiden Clans,
meist im Zusammenhang mit besonders schönen Ländereien.
Diese Partnerschaften erweisen sich jedoch als flüchtig, da der
Toreador normalerweise das Interesse am Umweltschutz ver-
liert, sobald das Fleckchen Land in Form von Geld auf der
Bank liegt oder von der Gesellschaft anerkannt wurde.
TREMERE
Eine alte, böse Feindschaft schwärt zwischen den Tre-
mere und den Gangrel. Die Clans hängen einander an den
blassen Hälsen, seit die Hexenmeister sich im Mittelalter
CLANBUCH: GANGREL
58
Gangrel02.p65 58
in Osteuropa ausbreiteten. Gangrel verschwinden immer
wieder – und manche, so flüstert man, enden immer noch
in den Laboren der Tremere. Ärger gärte unter der Ober-
fläche der Friedhofsruhe der Camarilla, und heute, da die-
se nicht mehr herrscht, brennen viele Gangrel darauf, ihre
Krallen an den alten Feinden zu wetzen. Die Tremere ih-
rerseits sähen die Gangrel gern ausgemerzt – vielleicht, um
den Affront gegen die Camarilla zu bestrafen, und sicher
auch, um einen gefährlichen Feind aus dem Weg zu schaffen.
TZIMISCE
Außenstehende überrascht es zuweilen, daß sich
Gangrel und Tzimisce nicht prächtig verstehen, da sie
doch die Fähigkeit des Gestaltwandels gemeinsam haben.
Gangrel ziehen es vor, Worte wie „Entstellung” oder „Mu-
tation” zu verwenden, wenn sie von der teuflischen Kunst
der Tzimisce sprechen, während die Teufel die Vernarrt-
heit der Gangrel in Tiere einfach nicht nachvollziehen
können, wo doch die Fähigkeit, echte Monster zu sein, ih-
nen so nahe liegt. Doch abseits aller philosophischen De-
batten haben Gangrel und Tzimisce eines gewissen Alters
durch den Konflikt mit den verhaßten Tremere eine Ge-
meinsamkeit. Erzeuger und Kinder, die sich an diese Zei-
ten noch erinnern oder sie aus Geschichten kennen, dürf-
ten einander zumindest höflich begegnen – anfangs.
VENTRUE
Die Ventrue hielten die Gangrel für nützlich. Im
wahrsten Sinne des Wortes sahen sie in den Gangrel Blut-
und Wachhunde, manchmal gar den klassischen Jagd-
hund. Jetzt beißt der Hund die Hand, die ihn gängelte. Die
Haltung der Gangrel gegenüber den Ventrue hat sich nicht
verändert – die steifen, selbstgerechten Bastarde haben nie
verstanden, daß die Gangrel immer taten, was sie wollten,
und nicht was man von ihnen wollte.
DIE WOLFLINGE
ODER: WIE MAN WERWÖLFE DAVON
ABHÄLT, EINEN ZU TÖTEN.
Eine Randbemerkung Early Knox’, eines Gangrel der
10. Generation.
Es ist viel leichter, als man denkt. Der erste Schritt ist
einfach: Vermeide Werwölfe so gut wie möglich. Sie sind
NICHT deine Freunde. Es ist ihnen egal, ob du am Rand
der Vampirgesellschaft stehst. Es ist ihnen egal, ob du Mit-
glied von Greenpeace bist. Es ist ihnen egal, ob du dich an
Eisenbahnschienen kettest, um Castortransporte zu ver-
hindern. Soweit ich weiß, haben sie ein religiöses Problem
mit uns. Stell dir die Werwölfe als eine bösartige, fanati-
sche Gruppe mit Zähnen vor, und du bist im Bild. Auch
wenn du mit einem befreundet bist, der außerhalb ihrer
Gesellschaft steht oder einem Flohsack einen Gefallen
tust, der schnell Hilfe braucht, bist du NICHT Teil des
Stammes und wirst es nie sein. Ich kenne nicht alle De-
tails, weil ich mich an Schritt eins halte.
Die Wolflinge haben eine ganze Anzahl heiliger Stätten,
meist draußen in der Natur. Bleib ihnen fern. Wenn dein
Kontakt unter den Werwölfen dich zu einem einlädt, ist er
entweder ein Idiot oder es ist eine Falle.
05.03.2002, 14:22
 Gib nicht vor, ein Werwolf zu sein, um besser dazu zu
passen. Sie werden es merken. Ich weiß nicht, wie, aber zu-
nächst mal haben sie verdammt scharfe Sinne. Sie spüren,
daß du ’ne Leiche bist, weil du etwas bist, das sie Wurm
nennen, und haben ihre eigene Sprache, die sie Fremden
nicht beibringen, und ihre eigene Mythologie. Wenn sie
dich irgendwas über „den großen hölzernen Affengeist
Schimmy-ho-ho” fragen, wirst du sehr dumm aussehen,
egal, was du antwortest.
Wenn du einer Gruppe Werwölfe nicht aus dem Weg ge-
hen kannst, halte den Kontakt so kurz wie möglich. Du
kannst ihnen vielleicht ein paar Informationen verkaufen,
aber sie sind unzuverlässig; man kann ihnen nicht trauen,
daß sie einen nicht töten, nachdem man ihnen gesagt hat,
was sie hören wollen. Wenn du Gespräche führen mußt,
halte sie möglichst locker und freundlich. Sprich nicht von
den Hippies, die du gerade leergetrunken hast und disku-
tiere nicht über Umweltschutz mit ihnen. In einer perfek-
ten Welt müßte es möglich sein, nach ein paar netten Ge-
sprächen eine einfache Beziehung nach dem Motto „wir
lassen einander in Ruhe” aufzubauen, aber es ist eher
wahrscheinlich, daß es zu irgendwelchen unschönen Zu-
geständnissen deinerseits kommt. Sie halten nicht viel
vom Verhandeln, verstehst du, und finden, daß wir ihnen
allein durch unser Dasein auf den Schlips treten.
Wenn sie angepißt sind und du auf ihrem Land bist, dann
hau ab. Sie können nicht fliegen, was viele von uns können,
wenn sie also anfangen, dich zu verfolgen, werde zur Fleder-
maus, und ab die Post. Ich kann schon manche von euch –
besonders die mit den Hörnern am Helm – die Worte Ehre
und Territorium und Tapferkeit rufen hören. Macht ihr, was
ihr wollt, ich zünde euch eine Kerze in Wahnhall oder so an.
Im Kampf sind Wolflinge ein Alptraum. Ich habe nur
einmal welche von ihnen auf Video gesehen – geklautes
Material aus Chicago –, und ich hatte Angst. Ihre Kampf-
form ist ein etwa drei Meter großer Wolfsmensch, als wäre
DIE ZIGEUNER
Die Roma oder Zigeuner haben mit den Gangrel viel
gemeinsam, nämlich daß sie nie vergessen, wem sie
Gefallen schulden. Als die Roma im 15. Jh. nach Eu-
ropa kamen, brauchten sie Passierscheine der ansässi-
gen geistlichen oder weltlichen Machthaber. Ohne
diese wären die umherziehenden Banden vertrieben
oder gar verhaftet worden. Die Gangrel Europas lösten
alte Gefallen ein oder verließen sich auf ihren politi-
schen Einfluß, um diese Scheine von Fürsten und
Edelfrauen, die unter dem Einfluß anderer Clans stan-
den, zu bekommen, sei es, daß ein Clansbruder aus dem
Osten sie darum bat oder sie den Wunsch hatten, Ge-
meinschaften der Roma in ihre Schuld zu bringen. Noch
heute kommt es vor, daß ein Gangrel sich einer Bande
Roma vorstellt, indem er sagt, sein Vorfahr hätte einen
Passierschein vom Abt Soundso in Hintertupfingen für
Fürst Michael und seine Bande besorgt. Es gibt zwar kei-
ne Garantie, daß das dem Gangrel einen Gefallen oder
eine Ruhestätte für den Tag bringt, aber es ist eine besse-
re Begrüßung als andere. Natürlich nehmen die Roma
Gefallen, die man ihnen schuldig ist, genauso ernst.
KAPITEL ZWEI: INNENANSICHTEN
59
Gangrel02.p65 59
er direkt aus „The Howling” entsprungen, nur viel musku-
löser. Sie sind stark und schnell. Sie können sich bei Be-
darf unsichtbar machen. Sie benutzen Waffen wie wir auch
– auf dem Band sah ich zuerst eine Salve aus einem Ma-
schinengewehr und dann einen Frontalangriff –, und an-
scheinend haben sie auch Disziplinen wie wir. Ich habe
gehört, ein Rudel Werwölfe könne einen Methusalem fer-
tigmachen. Sicher hat damals, 1992 in Chicago, ein Rudel
Lodin zerrissen, einen Ahn, und nicht der schlechteste.
Wenn du gegen einen kämpfst, kannst du ihn vielleicht
besiegen, wenn du als erster am Zug bist und ’ne Knarre
hast. Wenn du an Silberkugeln rankommst – nicht lachen
–, dann stehen die Chancen in etwa 50:50. Wenn es keine
Kugeln sind, nimm irgendwas aus Silber – Gabeln, Messer,
spitze Löffel, Broschen oder Kreuze. Alles. Sie hassen das
Zeug wirklich, und es scheint zu brennen.
Viele andere Kainskinder glauben, wir Gangrel hätten
eine besondere Beziehung zu den Wolflingen. Das hat
kaum einer, aber die Ventrue und Toreador wissen das
nicht. Du kannst das auf verschiedene Arten nutzen. Ein-
mal kannst du, wenn du Straßen kennst, auf denen selten
Werwölfe unterwegs sind, diese Information verkaufen.
Das bedeutet andererseits, daß du auch Straßen kennst, die
besonders gefährlich sind. Warnungen an befreundete Kains-
kinder können Punkte bei Leuten bringen, die man besser
kennen sollte. Natürlich kannst du, wenn du die Stadt ver-
lassen willst oder sonstwie mit dem Rücken zur Wand stehst
und einen feindlichen Vampir ausschalten willst, ihm eine
Straße als sicheren Weg verkaufen, von der du weißt, daß es
der Werwolfhighway Nummer eins ist. Paß bloß auf, daß er es
nicht überlebt und keiner weiß, daß er den Tip von dir hatte.
(„Ja, ich habe gerade von John gehört. Schreckliche Sache...
weißt du, ich hab’ ihn gewarnt, daß die Werwölfe die US 19
beobachten, aber er wollte einfach nicht hören... ”)
Zum Schluß ein Tip: Alles, was ich oben gesagt habe, ist
wahr, aber es ist nicht die ganze Wahrheit. Nicht alle Werwöl-
fe denken mit einem Kopf. Es ist möglich, wenn auch unwahr-
scheinlich, daß zwei Leute die Schwierigkeiten zwischen den
Rassen überwinden und Freunde werden. Ich werde so was
nie versuchen, aber vielleicht steckt ihr ja irgendwann mal in
dieser Zwickmühle. Viel Glück, ihr werdet es brauchen.
DISZIPLINEN
GESTALTWANDEL
Gestaltwandel ist den Gangrel angeboren. Sie sind die ein-
zigen Vampire, denen die Disziplin so einfach zufliegt wie der
Zwang, Blut zu trinken und das Sonnenlicht zu meiden. Die
Disziplin ist ein ureigener Ausdruck des Tiers in uns allen, ein
Schutz durch die tierische Kraft, die jedem Vampir inne-
wohnt, doch besonders stark den Gangrel.
Wenn die Welt ein schöner Ort wäre, würden die anderen
Vampire den Gangrel dafür danken, daß sie eine solche Mög-
lichkeit des Vampirseins entdeckt haben. Im Laufe der Jahr-
tausende haben die Fähigkeiten, die die Disziplin des Gestalt-
wandels bringt, zahllose Vampire vor der Vernichtung be-
wahrt, indem sie ihnen Sicht in der finstersten Nacht, Schutz
vor Feinden und vor den tödlichen Sonnenstrahlen gewährt
haben. In den Nächten der Ersten Stadt teilten die Gangrel
die Kunst, das Tier in uns allen zu beeinflussen und zu gän-
DER GANGREL
05.03.2002, 14:22
 geln mit jedem, der sie lernen wollte. Jeder Vampir, der sich
weiter als eine Nachtreise von seiner Zuflucht entfernen woll-
te, lernte aus reiner Notwendigkeit, wie man zur Dämmerung
mit der Erde verschmilzt.
Seit jenen Zeiten sind viele Gangrel sehr geizig gewor-
den, was das Teilen ihrer Fähigkeiten mit anderen Vampi-
ren betrifft. Die anderen Clans überlieferten die Kenntnis-
se, die sie aus zweiter Hand erlernt hatten, vorsichtig von
Erzeuger zu Kind oder boten den Gangrel etwas Wertvol-
les im Austausch für die Unterrichtung an. Auch ist die
Disziplin inzwischen weniger lebensnotwendig geworden –
geschlossene Kutschen, Züge, Automobile und andere An-
nehmlichkeiten der Moderne ließen die Risiken der Reise
auch für den schwächsten Vampir schrumpfen.
Noch immer halten die Gangrel am Gestaltwandel fest,
bringen ihn sorgsam ihren Zöglingen bei und verfeinern
ihre Fähigkeiten auf eigene Faust. Die Gangrel wissen, daß
Gestaltwandel nicht der Bequemlichkeit dient – es dient
dem Überleben, jetzt und immer.
TIERGESTALTEN
Die Gangrel zeigen ihre Beherrschung der Fähigkeit des
Gestaltwandelns äußerst dramatisch mit der Gestalt des
Tieres. Diese Fähigkeit erlaubt es dem Vampir für gewöhn-
lich, die Gestalt eines Wolfes oder einer Fledermaus anzu-
nehmen. Vampire, die keine Gangrel sind, können zudem
nur diese beiden Tiergestalten annehmen. Die Gangrel
sind in dieser Hinsicht nicht eingeschränkt, im Gegenteil
– sie nehmen die Gestalt von Löwen, Adlern, Bären, Krä-
hen und unzählbaren anderen an.
Einige Beschränkungen gibt es allerdings in der Fähig-
keit der Gangrel, ihre Gestalt zu ändern. Erstens muß der
Gangrel seine Gestalten festlegen, wenn er die Fähigkeit
erlernt, und kann keine anderen annehmen. Zweitens müs-
sen die Gestalten des Gangrel immer die beiden wichtigsten
Triebe des Tierreiches ausdrücken: Kampf und Flucht.
Die „Kampfgestalt“ des Gangrel ist normalerweise groß
und von der Natur gut ausgerüstet für Jagd und Kampf.
Die jeweiligen Tiere sind oft Raubtiere, können aber auch
Aasfresser sein – sie alle verzehren das Fleisch anderer, um
zu überleben. Die angenommene Tiergestalt ist rüstig,
sieht gesund aus und tendiert zu einer für ihre Art enor-
men Größe – obwohl der Gangrel, der die Gestalt eines
großen Tieres, eines Grizzlybären oder bei den Meerleuten
eines Hais annimmt, im Vergleich zu den normalen Tie-
ren auch recht klein sein kann. Die Stadtgangrel des Sab-
bat stellen eine große Ausnahme dar. Sie nehmen Tierge-
stalten an, die alle räudig und krank aussehen, wie Stra-
ßenköter oder Ratten von außergewöhnlicher Größe. Die
Tarnung, die solche häßlichen Gestalten bieten, wiegt die
Scherze über Flöhe bei weitem auf.
Es ist bei manchen Gangrel in den letzten Jahren in
Mode gekommen, die riesenhaften Gestalten von Tieren
anzunehmen, die in der Natur nie eine derartige Größe er-
reichen würden – Spinnen, Wespen, Skorpione, Ratten,
Hyänen und andere. Unter den Ahnen des Clans hat das
nicht für viel Aufruhr gesorgt. Es ist möglich, daß in der
fernen Vergangenheit solche Gestalten üblich waren und
es aus unerfindlichen Gründen heute nicht mehr sind.
Dies verursachte einen gewissen Aufruhr unter den jungen
und aktiven Mitgliedern des Clans; Gangrel, die diese exo-
CLANBUCH: GANGREL
60
Gangrel02.p65 60
tischen Formen annehmen, besonders die insektoiden Va-
riationen, haben oft eine sehr seltsame, ja fremdartige Art
zu denken und sich zu verhalten. Diese Gangrel wandern
manchmal zum Sabbat ab, wo sie schnell ihre Menschlich-
keit hinter sich lassen und ihre schreckliche Schwarm-
mentalität in die Dienste der Sekte stellen.
Es wird gemunkelt, Gangrel hätten in der Vergangenheit
auch die Gestalt edler Fluchttiere annehmen können, wie
die des Hirsches und des Pferdes. Solche Gangrel wurden,
falls es sie gibt, in den Letzten Nächten nicht gesehen, und
der moderne Gangrel käme schwerlich in eine Situation, in
der er sich in den Gejagten statt den Jäger verwandeln sollte.
Die Fluchtgestalt des Gangrel muß nicht unbedingt ge-
flügelt sein. Es kann jede Gestalt sein, die gut dazu geeig-
net ist, schnell wegzulaufen, egal, ob sie sich in die Lüfte
erhebt, durch Tunnel kriecht oder hastig auf vier Beinen
flieht. Auch wenn diese Gestalt eigentlich nur dem reinen
Überleben und nicht der Ernährung dient, nehmen die
Gangrel nur Gestalten von Jägern oder Aasfressern an –
die Natur des Tieres im Vampir ist unabänderlich mit der
Notwendigkeit verbunden, andere zu verzehren, auch
wenn der andere ein Käfer ist.
In der Tat ist Flug die beste Methode zur Flucht, zudem
ist er unglaublich nützlich, um zu spähen oder Informatio-
nen zu sammeln. Die Fledermaus ist und bleibt eine ver-
breitete Gestalt für die Gangrel, zusammen mit Vögeln wie
Raben, Krähen und Falken. Besonders kriegerische Gangrel
können die Gestalten von Falken, Adlern und sogar Geiern
annehmen, doch diese recht großen Fluchtgestalten lassen
die Vorteile vermissen, die eine geringere Größe bringt.
Erdgebundene Fluchtgestalten verlassen sich entweder
auf Geschwindigkeit oder die Fähigkeit, in kleine Lücken
zu schlüpfen, um zu fliehen. Schlangen, Nagetiere, Katzen
und Ratten sind verbreitete Gestalten. Von mindestens ei-
nem Gangrel im Süden Amerikas weiß man, daß er die
Gestalt eines Opossums annimmt, das, während es intelli-
genten Gegnern gegenüber extrem benachteiligt ist, sehr
gute Dienste im Kontakt zu kleineren Tieren erweist. Wie
die Kampfgestalten sind auch diese Tiergestalten anschei-
nend bei bester Gesundheit, doch meist nicht besonders
groß für ihre Art – das wäre dem Zweck nicht dienlich.
TIERGESTALT 2.0 (GESTALTWANDEL ••••)
Diese Version von Tiergestalt bezieht sich nur auf Vam-
pire vom Clan Gangrel. Die Gangrel können sich in eine
Kampf- und eine Fluchtgestalt verwandeln. Diese Gestal-
ten werden ausgewählt, wenn die Kraft erworben wird und
dürfen danach nicht mehr geändert werden. Der Vampir
behält seine eigene Persönlichkeit, Erinnerung und Fähigkei-
ten und kann zudem die natürlichen Fähigkeiten der Tier-
form verwenden – diese sind erhöhte körperliche Attribute in
der Kampfgestalt und Fähigkeiten, die ein Entkommen er-
leichtern, in der Fluchtgestalt. Beide Tiergestalten bieten ge-
schärfte Sinne; der Gangrel kann wählen, bei welchem Sinn
– Sicht, Gehör oder Geschmack/Geruch – er die Schwierig-
keit auf Wahrnehmungswürfe um zwei senken möchte (der
Sinn kann in den beiden Gestalten verschieden sein).
System: Der Charakter gibt zwei Blutpunkte aus, um eine der
beiden Gestalten anzunehmen. Die Verwandlung dauert 3
Runden (man kann zusätzlich Blutpunkte ausgeben, um die
Transformation zu beschleunigen, einen Punkt pro Runde, sie
05.03.2002, 14:22
 dauert aber in jedem Fall mindestens 1 Runde). Der Gangrel
verbleibt in der Tiergestalt bis zur nächsten Dämmerung, so-
lange er sich nicht früher zurückverwandeln will. Kleidung
und kleine persönliche Besitztümer verwandeln sich mit.
Die Kampfgestalt des Gangrel bietet insgesamt fünf zu-
sätzliche Attributspunkte, die auf die körperlichen Attri-
bute verteilt werden. Sie müssen auf mindestens zwei At-
tribute verteilt werden. Für die Standardgestalt des Wol-
fes sind +1 auf Körperkraft, +2 auf Geschick und +2 auf
Ausdauer festgesetzt. Die Gestalt eines Bären hat ein Stär-
ke +3 und Ausdauer +2. Diese Punkte müssen vergeben
werden, wenn die Kampfgestalt gewählt wird und dürfen
später nicht mehr verschoben werden. Zusätzlich richtet
der Biß des Gangrel schwer heilbaren Schaden durch Kör-
perkraft und seine Klauen einen schwer heilbaren Scha-
den durch Körperkraft +1 an (diese Schadenswerte kön-
nen vom Erzähler bei Bedarf angepaßt werden, um die na-
türliche Angriffsweise des Tieres widerzuspiegeln – die
Gestalt eines Alligators dürfte einen höheren Bißbonus er-
lauben, aber keine Klauen). Die Laufgeschwindigkeit ver-
doppelt sich normalerweise, es sei denn, es gibt eine alter-
native Art der Fortbewegung wie Schwimmen.
Die Fluchtgestalt des Gangrel reduziert die Körperkraft
des Vampirs auf 1, erlaubt ihm dafür aber, mit einer Ge-
schwindigkeit zu fliegen, die seiner Laufgeschwindigkeit
gleichkommt (Gangrel, deren Fluchtform nicht fliegt, er-
halten einen Bonus von 2 auf Geschick). Zusätzlich sind
Angriffe auf die Fluchtgestalt mit einer Schwierigkeit von
+2 behaftet, was an der geringen Größe des Tieres liegt
(Gangrel, die große Formen wie Adler annehmen, dürfen
diesen Bonus der Größe durch ihre volle Körperkraft wett-
machen).
AUS DEM TIERHEIM
Gangrel des Sabbat, Stadt- wie Landgangrel, haben
einen Heidenspaß bei einem Spiel, das sie “Aus dem
Tierheim” nennen. Der Vampir nimmt eine passende
Tiergestalt an, die eines Hundes oder einer Katze, und
macht große Augen bei nächtlichen Passanten, bis ihn
ein weichherziger Tierfreund mit nach Hause nimmt.
Das Spiel endet normalerweise vor Sonnenaufgang mit
einem Haus voller Opfer, die in ihren Betten brutal da-
hingemetzelt wurden – die Gangrel haben selten die
Geduld, die Scharade länger als eine Nacht durchzu-
halten. Eine Menge Ansehen kann man gewinnen, in-
dem man das Spiel über längere Zeit spielt; das Risiko,
am Tage erwischt zu werden, ist nicht gering (“Mami,
wieso schläft Fleckchen den ganzen Tag im Keller?!”),
doch das Ergebnis eines vorsichtig geplanten Angriffs
kann spektakulär sein. Das Auslösen interfamiliärer
Gewalt und eine Schießerei mit der Polizei oder die
Vernichtung mehrerer Generationen einer Familie
beim Weihnachtsessen, all das verdient eine große Por-
tion Respekt. Der “Son of Sam” ist das glanzvolle Vor-
bild aller Spieler. Eine Partie “Aus dem Tierheim”, die
schief läuft, bringt einem Gangrel für immer den Spott
der anderen ein; Sabbatgangrel erzählen sich Ge-
schichten von besonders dummen Vampiren, die zur
Kastration zum Tierarzt gebracht wurden.
KAPITEL ZWEI: INNENANSICHTEN
61
Gangrel02.p65 61
Während er sich in der Fluchtgestalt befindet, kann der
Vampir jede Disziplin, die er beherrscht, anwenden, aus-
genommen Nekromantie, Serpentis, Thaumaturgie und
Fleischformen. Der Vampir kann seine Hände nicht be-
nutzen und verliert die Fähigkeit zu sprechen – das Tier
muß die Fähigkeit Wildes Flüstern der Disziplin Tierhaf-
tigkeit verwenden, um mit Tieren zu sprechen. Alle Attri-
bute und Fähigkeiten, die Tiergestalten bieten, sind der
Anerkennung und den Modifikationswünschen des Erzäh-
lers zur Zeit ihrer Zusammenstellung unterworfen.
Es ist seltsam, daß die tierhaften Züge, die ein Gangrel
nach einer Raserei erhält, nicht unbedingt mit der Tierge-
stalt konform gehen, die er annimmt. Die meisten Gangrel
erscheinen wie ein Flickenteppich aus den verschieden-
sten tierischen Einzelteilen, statt daß sie sich in die Rich-
tung eines speziellen Tieres entwickeln.
Es ist meist schwer vorauszusagen, welche Formen ein
Gangrel annehmen wird, wenn er Tiergestalt erlernt. Drei
Faktoren spielen hier eine wichtige Rolle: Die Persönlich-
keit des Vampirs, die Tiergestalten seines Erzeugers und
die Umgebung zur Zeit der Zeugung.
Die Persönlichkeit des Vampirs und sein Glaube sind
vielleicht der wichtigste Faktor – dennoch sind die Tier-
gestalten, die mittels Tiergestalt angenommen werden, ein
Ausdruck des Tiers in ihm. Vampire mit starken Persön-
lichkeiten verwandeln sich oft in die Tiere, denen man im
Volksglauben diese Züge nachsagt: Wölfen die Schläue,
Löwen den Mut, Reptilien die Durchtriebenheit, Raben
die Neugier usw. Dieser Aberglaube ist kulturell bestimmt,
und seine Interpretationen unterscheiden sich natürlich
unter den Kulturen. Menschen, die zu Lebzeiten eine star-
ke Bindung zu einem Tier hatten oder ein Tier für ein To-
tem oder Schutzgeist hielten, verwandeln sich gemeinhin
in dieses Tier, wenn sie Tiergestalt lernen.
Die Rolle, die der Erzeuger spielt, ist der Stoff langer
Diskussionen unter den Gangrelforschern. Es ist möglich,
daß der Einfluß des Erzeugers die Erwartungen des Kindes
beeinflußt. Falls das Kind seinen Erzeuger als Tiger sieht,
dürfte es so sehr annehmen, daß es sich auch in einen Ti-
ger verwandeln wird, daß die Erwartung Wirklichkeit wird.
Es gibt Stammbäume, in denen Erzeuger, Kind und Kin-
deskind alle dieselben Tiergestalten annehmen. Aufgrund
der Zähigkeit des Blutes der Gangrel, so meinen Ahnen, die
sich damit beschäftigen, wäre es durchaus denkbar, daß der-
artige Bevorzugungen eine Sache des Blutes sind.
Der Einfluß der direkten Umgebung kann vielleicht da-
durch belegt werden, daß die Wolfs- und die Fledermaus-
gestalt bei den Gangrel sehr beliebt sind – verschiedene
Spezies von Wölfen und Fledermäusen gibt es auf der gan-
zen Welt. In Ermangelung einer starken Persönlichkeit und
von Faktoren, die mit dem Blut zu tun haben, verleiht das
Tier des Vampirs ihm die Gestalt, die der Umgebung und dem
Überleben darin am besten angepaßt ist. Eine Gestalt, die
nicht nur jagen und flüchten kann, sondern auch noch gut
getarnt ist, bietet unleugbare Vorteile. Es ist unwahrschein-
lich, daß ein Vampir, der in den weiten Ebenen Nordameri-
kas aufgewachsen und gezeugt wurde, sich in einen Tiger oder
Hai verwandeln wird. In diesem Falle sind die Gestalten des
Wolfes und des Falken sowohl nützlich als auch sicher. Es sind
einheimische Wesen, die der Umwelt angepaßt sind.
DER GANGREL
05.03.2002, 14:23
 TdD-System: Entscheiden Sie sich für eine Kampf- und
eine Fluchtgestalt, wenn der Vampir die Kraft erlangt. Ge-
ben Sie 1 Bluteigenschaft aus, um eine der beiden zu akti-
vieren. Die Verwandlung dauert 3 Runden (2, wenn Sie 1
Bluteigenschaft zusätzlich ausgeben, mit 2 zusätzlichen
Bluteigenschaften nur eine Runde) und hält bis zur näch-
sten Dämmerung, sofern der Vampir sich nicht früher zu-
rück verwandeln möchte.
Jede Gestalt erhält fünf Bonuspunkte. Diese müssen un-
ter wenigstens zwei der Kategorien aufgeteilt werden, die
in Gesetze der Nacht, S. 87-91 angegeben sind: körper-
kraftbezogen, geschickbezogen, widerstandsfähigkeitsbe-
zogen, wahrnehmungsbezogen und geistesschärfebezogen.
Die klassische Wolfsgestalt beispielsweise erhält schnell
und geschmeidig (geschickbezogen), ausdauernd (wider-
standsfähigkeitsbezogen), aufmerksam (wahrnehmungsbe-
zogen) und wachsam (geistesschärfebezogen). Der norma-
le Bär bekommt muskulös, wild und rauh (körperkraftbezo-
gen) und ausdauernd und zäh (widerstandsfähigkeitsbezo-
gen) dazu. Legen Sie die entsprechenden Bonuseigen-
schaften fest, wenn Sie die Gestalt auswählen, sie bleiben
danach unverändert.
Der Biß Ihrer Tiergestalt richtet zwei Stufen schwer heilba-
ren Schadens an, die Klauen eine Stufe. In manchen Fällen
kann der Erzähler dies der Tiergestalt anpassen, ein Alligator
hat einen stärkeren Biß, aber keine Klauen. Die Tiergestalt
läuft mit der doppelten normalen Geschwindigkeit, oder in
normaler Geschwindigkeit und mit einer zusätzlichen Fortbe-
wegungsart, wie schwimmen oder graben.
Die Fluggestalt hat eine Beschränkung von drei körperli-
chen Eigenschaften, aus der üblichen Liste gewählt, und fliegt
mit Laufgeschwindigkeit. Schnelle, aber bodengebundene
Formen erhalten drei Bonuseigenschaften für Initiative und
Flucht. Angriffe auf die Fluchtgestalt haben einen Malus von
zwei, man kann jedoch auch auf diesen Vorteil verzichten,
indem man seinen Wert an Körperkraft behält.
Die Fluchtgestalt erlaubt es Ihnen, die geglückte Flucht
zu erklären, wenn Sie sich wenigstens fünf Schritte vom
nächsten Verfolger entfernt befinden, falls dieser nicht
mehr Punkte an erhöhter Geschwindigkeit besitzt.
HERR DER GESTALTEN
(GESTALTWANDEL ••••• •)
Gangrel, die diese Stufe des Gestaltwandels meistern,
können andere Gestaltwandler mit Hilfe ihres Bluts zwin-
gen, ihre gewöhnliche Gestalt anzunehmen. Damit die
Kraft wirkt, muß der Gangrel einen Teil seines Blutes mit
dem Ziel der Kraft in Berührung bringen (ob dieses das will
oder nicht). (Ein Gangrel nannte diese Kraft einmal, als er
sie gegen die Blutgestalt eines Tzimisce anwandte, „gutes
Blut nach schlechtem Blut werfen”.)
System: Der Gangrel muß sein Blut mit dem Ziel in Berüh-
rung bringen. Falls das Ziel den Gangrel erfolgreich mit na-
türlichen Waffen oder einer kurzen Waffe, wie einem Messer,
angegriffen hat, ist dies erfüllt. Ansonsten muß der Gangrel
mindestens 1 Blutpunkt Vitæ auf das Ziel schmieren, indem
er einen erfolgreichen Angriff macht oder sie heimlich auf ein
ahnungsloses Opfer tropfen. Das kann im voraus geschehen,
das Blut muß jedoch noch feucht sein, um zu wirken. Der
Gangrel aktiviert die Kraft seines Bluts, indem er 1 weiteren
Blutpunkt ausgibt und einen Wurf auf Wahrnehmung +
CLANBUCH: GANGREL
62
Gangrel02.p65 62
Dr. Netchurch,
Heute fanden 20 Jahre genauester Forschung ein ent-
täuschendes Ende. Ich versuchte seit Jahren, auf wis-
senschaftlichem Wege genaueres über die Disziplin
des Gestaltwandels herauszufinden. Meine ersten Ex-
perimente nahm ich an eigenen Kindern vor, mit dem
Ziel, zu erkennen, wie wir vom Clan Gangrel unsere
Tiergestalten annehmen – oder besser wählen. Diese
Experimente liefen gut. Es scheint, daß die Gestalt,
die eine VP annimmt, bis zu einem gewissen Grad beein-
flußt werden kann, was bedeuten soll, daß es zu ähnli-
chen Anteilen eine bewußte und unbewußte Wahl des Ob-
jektes gibt.
Das Experiment, das ich heute durchführte, war ein
Versuch, durch die Beobachtung, wie er von anderen
Clans praktiziert wird, mehr über Gestaltwandel zu
erfahren. Das heißt,ich versuchte zu entschlüsseln,
wieso Vampire anderer Clans recht unfähig scheinen,
andere Gestalten außer denen des Wolfes und der Fle-
dermaus anzunehmen. Dazu nahm ich mich einer Neugebo-
renen direkt nach der Geburt an und zog sie in streng-
stens kontrolliertem Umfeld bis zur Halbwüchsigkeit
auf. Meine VP (Anna) konnte nie einen Wolf oder eine
Fledermaus sehen, geschweige denn von deren Existenz
hören.
(Leider brachte das für ihre Erziehung ein gewisses
Defizit auf den Gebieten Biologie und Literatur, doch
ich glaube, ich habe ihr statt dessen gutes mathema-
tisches Wissen beigebracht. Aber ich schweife ab.)
Mit dem Erreichen des reifen Alters von 14 Jahren
wurde sie von einem Toreador in den vampirischen Zu-
stand versetzt, nachdem ich alle nötigen Erlaubnisse
erhalten und Bedenken zerstreut hatte (zu einem
stattlichen Preis, möchte ich hinzufügen). Dann
brachte ich der jungen Vampirin die Disziplin des Ge-
staltwandels bei, wobei ich der Erwähnung von Wolfs-
und Fledermausgestalt die ganze Zeit aus dem Wege
ging. Anna wußte nur, daß sie sich, sobald sie eine ge-
wisse Kontrolle über ihre Gestalt gewann, in ein Tier
verwandeln würde.
Heute verwandelte sich Anna unter Laborbedingungen
in eine Wölfin. In solchen Momenten verzweifle ich
daran, uns und unsere Fähigkeiten in irgendeiner Art
zu beschreiben, die man wissenschaftlich nennen
könnte. Ich konnte keine Besonderheit des Bluts aus-
machen, die uns eine solche Kontrolle ermöglicht, al-
len anderen jedoch nicht. Ich tröste mich mit dem Ge-
danken, daß eine einzelne VP noch keine Studie macht.
Ich werde mir einen neuen Säugling beschaffen und
meine Studie neu beginnen. Wenn ich mich in 14 Jahren
unwissenschaftlich fühle, werde ich vielleicht statt
dessen ein Experiment über die seltsamen Eigenschaf-
ten des Blutes der 14. und 15. Generation beginnen.
Ich muß es nun meinen Assistenten überlassen, die
formellen Labornotizen über das Experiment zu ma-
chen. Anna ist aus irgendeinem Grund böse auf mich,
und ihr Erzeuger, der Toreador, hat sie verlassen, nur
weil sie nicht die Fähigkeit hat, sich in ein exoti-
sches Wesen zu verwandeln. Ich bin ein schlechter
Wissenschaftler, fürchte ich; ich fühle mich sehr zu
meinem Studienobjekt hingezogen.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Allan J. Woodstock
05.03.2002, 14:23
 Überleben (Schwierigkeit 7) macht. 2 Erfolge sind nötig, um
das Ziel aus der veränderten Gestalt zu zwingen.
Die Kraft wirkt 1 Szene oder bis es dem Ziel gelingt, das
Blut des Gangrel zu entfernen, je nachdem, was eher ge-
schieht. (Die Dauer des Entfernens muß der Erzähler be-
stimmen, indem er die Blutmenge und das Vorhandensein
von Reinigungsutensilien berücksichtigt. Es sollte wenig-
stens 1 Runde dauern, auch wenn große Mengen Wasser
verfügbar sind.) Hat das Ziel das Blut geschluckt, ist das
Glück – die Kraft wird die gesamte Szene hindurch wirken.
Das Ziel muß seine Gestaltwandlungskraft reaktivieren,
wenn und falls es das wünscht, unter Aufwendung aller
damit verbundenen Kosten.
Die Kraft wirkt bei folgenden Gestaltwandlungskräften
bis einschließlich Stufe ••••• •: Verdunkelung, Gestalt-
wandel, Serpentis, Thaumaturgie und Fleischformen. Es
ist wichtig zu wissen, daß sie auch die angeborene Fähig-
keit der Garou und anderer Werkreaturen, die Gestalt zu
wandeln, betrifft.
TdD-System: Tragen Sie 1 Bluteigenschaft Vitæ auf das
Ziel auf, wie oben beschrieben. Eine erfolgreiche körperli-
che Herausforderung macht es Ihnen möglich, das Ziel
lange genug festzuhalten, um das Blut darauf zu schmie-
ren, eine geistige Herausforderung läßt Sie heranschlei-
chen, um Blut auf ein Ziel zu träufeln. Geben Sie eine 2.
Bluteigenschaft aus und machen Sie eine gesellschaftliche
Herausforderung. Bei Erfolg muß das Ziel in seine Men-
schengestalt zurückkehren und für 1 Stunde oder bis das
Blut vollständig entfernt wird so bleiben.

TIERSCHWARM (GESTALTWANDEL ••••• ••)

Wenn der Gangrel diese Kraft aktiviert, löst er sich in ei-
nen Schwarm kleiner Tiere auf, etwa Ratten oder Skorpio-
ne. Die Tiere bleiben unter der Kontrolle des Gangrel, er
kann sie einzeln oder zusammen lenken. Der Vampir kann
aus allen oder einem Teil des Schwarms wieder erstehen,
doch das Blut, das in den fehlenden Tieren enthalten ist,
fehlt ihm.
System: Der Gangrel kann sich in so viele Tiere auflösen,
wie er Blutpunkte hat, wobei jedes Tier 1 Blutpunkt in sich
trägt. Er kann auch weniger Wesen wählen, dann werden
die Blutpunkte so gleich wie möglich unter ihnen aufge-
teilt. Die Kreaturen können gemeinsam handeln oder ein-
zeln einen simplen Plan wie „zerstreuen und verstecken”
umsetzen. Der Gangrel kann sich nur je auf ein Tier kon-
zentrieren, so kann er z. B. im Körper einer Ratte ein Ge-
spräch belauschen, während er den anderen befiehlt, in
Bewegung zu bleiben und nicht gesehen zu werden.
Die Kraft dauert bis Sonnenaufgang an oder bis der
Gangrel beschließt, wieder Menschengestalt anzunehmen.
Dann werden alle vorhandenen Teilkreaturen und damit die
Blutpunkte, die sie in sich tragen, wieder in den Leib des
Gangrel aufgenommen. Falls der Gangrel hiernach weniger
als 3 Blutpunkte hat, muß er eine Probe auf Raserei machen
– ein Gangrel, der gezwungen ist, sich aus einer einzelnen
Krähe zurück zu verwandeln, dürfte wohl recht übel zugerich-
tet sein. Tiere, die nicht sofort in den Leib des Gangrel zu-
rückkehren, können im Lauf der Nacht wieder aufgenommen
werden. Alle Tiere, die bei Dämmerung noch frei sind, lösen
sich sofort in kleine Häufchen von Asche oder kleine Lachen
Bluts auf, je nachdem, ob sie sich im Sonnenlicht befinden
KAPITEL ZWEI: INNENANSICHTEN DER GANGREL
63

Gangrel02.p65 63 05.03.2002, 14:23

 oder nicht. Der Vampir muß seine Gestalt bei Sonnenaufgang
wieder annehmen, auch wenn er es aus nur einer Kreatur tut;
er kann jedoch wählen, welche Kreatur das ist.
Der Vampir kann folgende Disziplinen anwenden, wäh-
rend er sich in dieser Schwarmform befindet: Auspex, Ge-
schwindigkeit, Seelenstärke, Verdunkelung und Stärke.
Jede Disziplin, die den Einsatz von Blut verlangt, muß von
dem einzelnen Tier gespeist werden, das sie einsetzt. Teil-
kreaturen, deren Blutgehalt auf 0 sinkt, werden sofort ver-
nichtet.
Die Kraft braucht 1 Runde, um zu wirken, egal in wie
viele Kreaturen der Vampir zerfällt.
TdD-System: Entsprechend der Menge an Bluteigenschaf-
ten, die der Vampir besitzt, zerfällt er in eine Anzahl kleiner
oder größerer Tiere, auf die die Menge seines Bluts möglichst
gerade aufgeteilt wird. Sonst wirkt die Kraft wie oben be-
schrieben. Diese Kraft ist im Spiel schwer darzustellen; die
Erzähler seien angewiesen, sich gut zu überlegen, ob ein ein-
zelner Spieler einen Schwarm von Ratten darstellen kann,
ehe sie es ihm in ihrer Chronik erlauben.
FABELWESEN (GESTALTWANDEL ••••• •••)
Wenn er diese Kraft anwendet, verwandelt sich der
Gangrel in ein Fabelwesen mit allen schrecklichen Kräf-
ten, die es besitzt. Die Form des Fabelwesens hat ihren Ur-
sprung im kulturellen Hintergrund des Gangrel: Zum Bei-
spiel könnte ein antiker, skythischer Vampir die Form ei-
nes Greifen annehmen wollen, ein ägyptischer Gangrel die
Gestalt einer Sphinx und indianische Gangrel die Form
des Donnervogels. Zusätzlich zur Größe und dem furcht-
baren Aussehen dieser Wesen erhält der Gangrel auch die
besonderen Fähigkeiten, die für gewöhnlich mit den Fabel-
wesen verbunden werden. Ein Greif etwa hätte die Fähig-
keit zu fliegen und einen vernichtenden Klauenangriff.
System: Der Spieler gibt 3 Blutpunkte aus, um die Ver-
wandlung auszulösen. Diese dauert 3 Runden (zusätzliche
Blutpunkte dürfen nicht ausgegeben werden, doch der
Gangrel kann weiter ohne Erschwernis handeln, wenn die
Verwandlung eintritt). Die Verwandlung wirkt bis zum näch-
sten Sonnenaufgang oder bis der Vampir freiwillig seine ur-
sprüngliche Gestalt wieder annimmt. Es sei angemerkt, daß
Charaktere, die aus einer Kultur stammen, die keine mythi-
sche Tradition haben, wie moderne amerikanische Kulturen,
keine Fabeltierform annehmen können.
Das Fabelwesen, das man darstellt und dessen körperli-
che Attribute, müssen festgelegt werden, wenn der Vam-
pir die Fähigkeit erlernt, und dürfen im nachhinein nicht
mehr verändert werden. Die Gestalt des Fabelwesens
bringt dem Charakter zusätzlich 9 Punkte zu den körperli-
chen Attributen. Mindestens 1 muß jedem körperlichen
Attribut hinzugefügt werden. Außerdem erhält der Cha-
rakter 4 zusätzliche Gesundheitsstufen (2x Blaue Flecken,
2x Verletzt). Die Wahrnehmungsfähigkeit des Charakters
ist stark verbessert: Der Vampir erhält die Auspex-Fähig-
keit Geschärfte Sinne und die Kraft des Gestaltwandels Au-
gen des Tiers, wenn er die Fabelgestalt annimmt, mit allen
Nachteilen, die diese Fähigkeiten bringen. Wenn er ver-
wandelt ist, behält er die Fähigkeit zu sprechen, wobei die
Stimme verändert sein kann. Schließlich strahlt der Vampir
in der Gestalt des Fabelwesens eine Aura märchenhafter
Kraft aus, die sich auswirkt wie die Kraft Ehrfurcht bei Prä-
CLANBUCH: GANGREL
64
Gangrel02.p65 64
senz. Angriffe des Vampirs heben den Effekt der Ehrfurcht aus,
wie es den Regeln entspricht.
Die Fähigkeiten des Fabelwesens obliegen der Zustim-
mung des Erzählers, da sie dramatisch und furchterregend
sein können und sollten. Als Richtlinie sollte das Fabelwe-
sen je eine verbesserte Fähigkeit der Bewegung und der
Verteidigung besitzen, mehrere Nahkampfangriffe und
eine besondere Kraft, die weitreichende Angriffe ermögli-
chen sollte.
Verbesserte Fähigkeiten der Bewegung beinhalten Flie-
gen, Schwimmen, extrem schnelles Laufen oder sogar
Translokation.
Rüstung (3-5 Punkte) ist die Standard-Verteidigungsfä-
higkeit, doch gewisse Fabelwesen können statt dessen für
bestimmte Angriffe verletzbar sein (etwa Feuer, Sonnen-
licht und wahrer Glaube).
Nahkampfangriffe machen schwer heilbaren Schaden
von mindestens Körperkraft von +2. Falls mehr als eine
Angriffsmöglichkeit besteht, wie Klauen und Zähne zu-
sammen, bringt das nicht mehrere Aktionen im Kampf.
Entweder muß der Vampir seinen Würfelvorrat teilen oder
Geschwindigkeit anwenden.
Distanzangriffe erzeugen 3 Stufen schwer heilbaren Scha-
dens pro ausgegebenem Blutpunkt. Die Reichweite solcher
Angriffe ist der Wert der Ausdauer des Vampirs x 2, und die
Fläche ist der Wert seiner Ausdauer mal 30 cm. Geschick +
Sportlichkeit muß gegen 6 gewürfelt werden, um zu treffen,
zusätzliche Erfolge erhöhen den Schaden nicht.
Andere besondere Kräfte, wie die hypnotische Macht
des Rätsels der Sphinx oder die reinigende Kraft des Horns
des Einhorns, müssen mit dem Erzähler genauestens be-
sprochen werden.
Beispiel für Fabelwesen: Drache
+3 Körperkraft, +2 Geschick, +4 Widerstandsfähig-
keit. Fluggeschwindigkeit = Laufgeschwindigkeit. 3 Wür-
fel (Rüstung) dürfen gegen schwer heilbaren Schaden ein-
gesetzt werden. Biß- und Klauenangriffe machen Körper-
kraft +2 schwer heilbaren Schaden. Der Feuerodem hat
eine Reichweite wie oben erklärt.
TdD-System: Geben Sie 3 Bluteigenschaften aus, um die
Kraft zu aktivieren. Die Verwandlung dauert 3 Runden.
Man kann keine Bluteigenschaften zur Beschleunigung
ausgeben, aber währenddessen ohne Erschwernis handeln.
Wählen Sie ein Fabelwesen aus, wenn Sie die Fähigkeit
lernen. Sie können nur eine Gestalt wählen. Sie erhalten
einen Gesamtbonus von 9 Punkten, die Sie einsetzen kön-
nen, wenn Sie sich in der Gestalt des Fabeltiers befinden.
Auf jede der drei Kategorien, die in Gesetze der Nacht
2000, S. 87 beschrieben sind, muß mindestens 1 Punkt
vergeben werden: körperkraft-, geschick- und widerstands-
fähigkeitsbezogen. Die anderen 6 Punkte können Sie auf
die obigen drei Kategorien verteilen, aber auch auf ver-
schiedene körperliche, manipulationsbezogene, erschei-
nungsbildbezogene, wahrnehmungs- und geistesschärfebe-
zogene. Sie erhalten automatisch jeweils 2 zusätzliche Ge-
sundheitsstufen Blaue Flecken und Verletzt, wenn Sie sich
in der Gestalt des Fabelwesens befinden, dazu geschärfte
Sinne, Augen des Tiers und Ehrfurcht. Sie können insge-
samt 3 Stufen schwer heilbaren Schaden im Nahkampf
machen, die auf die entsprechenden natürlichen Waffen
aufgeteilt werden. Ein riesiger Kiefer allein könnte 3 Scha-
05.03.2002, 14:25
 densstufen anrichten, oder Sie könnten einen Schwanz
wählen, der 2 und ein Horn, das 1 Stufe verursacht. Sie
können einen Großflächenangriff pro Runde machen, wo-
bei Sie eine körperliche Herausforderung machen, um 2
Stufen schwer heilbaren Schaden pro ausgegebenem Blut-
punkt zu verursachen. Dieser hat den Gesamtwert Ihrer
körperlichen Werte als Reichweite und bedeckt eine Flä-
che der Hälfte desselben Wertes (abgerundet) im Quadrat.
Weitere Effekte s. Haupttext.
Diese Kraft ist, gelinde ausgedrückt, immens. Ein Erzähler
sollte sich über die Auswirkungen eines Drachen, Donnervo-
gels oder des bösen Wolfes in seinem Spiel klar sein.
Beispiel für Fabelwesen: Drache
Muskulös, rauh (Körperkraft), anmutig, schnell (Ge-
schick), ausdauernd, robust (Widerstandsfähigkeit), gebie-
terisch (Manipulation), klug, wachsam (Geistesschärfe).
Fliegt mit Laufgeschwindigkeit. 3 Rüstungsstufen ver-
wendbar gegen schwer heilbaren Schaden. Biß- und Klau-
enangriff erzeugen je 1 Stufe schwer heilbaren Schadens.
Feuerodem mit Standardreichweite (s. o.).

SEELENSTÄRKE
Seelenstärke muß nicht erklärt werden, was nicht heißt,
daß die Gangrel ihre übernatürliche Widerstandsfähigkeit
einfach hinnehmen. Jeder Vampir, der schon einem Wald-
brand entkam und unerwartet einen Strahl der Wüsten-
sonne über eine Düne blinzeln sah oder der knapp der Ver-
nichtung durch die Klauen eines Wolflings entkam, weiß,
wie lebensnotwendig diese Disziplin ist. Um der Sache et-
was Würze zu geben, sei gesagt, daß der Schutz, den die See-
lenstärke vor Feuer und Sonnenlicht bietet, dem urzeitlichen
Fluch der Engel widerspricht. Man könnte meinen, von da-
her sei die Anwendung von Seelenstärke gotteslästerlich,
doch die Gangrel legen sich nicht mit dargebotener Kehle ins
Sonnenlicht, nur um irgendein heiliges Wesen mit Schwert
zufriedenzustellen.
Ahnen der Gangrel haben ungewöhnliche Erweiterun-
gen der Seelenstärke entwickelt, die sie schützen und stär-
ken können. Diese Kräfte schützen die Sinne, den Ver-
stand und den Geist statt des Leibs.
SENSORISCHER SCHILD
(SEELENSTÄRKE ••••• •)
Ein Gangrel, der diese Kraft nutzt, schützt seine Sinne
vor schädlichen Wahrnehmungen. Er kann nicht von
Scheinwerfern oder Strahlung geblendet werden oder
durch Explosionen oder Schüsse ertauben; auch seine Fä-
higkeit, Schmerzen zu widerstehen, wächst. Seine Augen,
Ohren, Nase und offene Wunden leuchten in einem un-
heimlichen Schein, wenn diese Kraft wirkt.
System: Das Ausgeben von 2 Blutpunkten aktiviert die Kraft
für 1 Szene. Irdische Quellen überwältigender Sinneseindrük-
ke wie Suchscheinwerfer, Blitzlichter oder Pfefferspray haben
keine Wirkung, auch wenn wahrnehmungssteigernde Kräfte
wie Geschärfte Sinne benutzt werden. Die Wirkungen überna-
türlicher sensorischer Angriffe oder ungewöhnlicher Umstän-
de (etwa, wenn sich der Vampir in der Nähe einer Explosion
befindet) können mit den Seelenstärke-Würfeln des Vampirs
absorbiert werden, wobei jeder Erfolg die Wirkung oder Dau-
er der Wahrnehmungsschädigung verringert oder ganz auf-
hebt. Zusätzlich sind die Wundabzüge des Vampirs um 2 ver-
KAPITEL ZWEI: INNENANSICHTEN DER GANGREL
65

Gangrel02.p65 65 05.03.2002, 14:25

 ringert. Er hat keine Schmerzen, bis er die Stufe Verkrüppelt
erreicht, wo er einen Malus von nur 3 Würfeln hat. Am Ende
der Szene werden die Mali für alle angehäuften Schäden nor-
mal behandelt.
Das Leuchten, das von den Körperöffnungen und Wun-
den des Vampirs ausgeht, ist fast nicht zu verbergen und
bringt einen Malus von 2 Würfeln auf alle gesellschaftli-
chen Interaktionen mit Sterblichen (ausgenommen Ein-
schüchterung).
TdD-System: Geben Sie 2 Bluteigenschaften aus. Sie sind
für eine Stunde immun gegen überwältigende Sinnesein-
drücke – Suchscheinwerfer, Schüsse, Pfefferspray und der-
artiges –, auch, wenn Sie geschärfte Sinne verwenden oder
andere Kräfte, die die Empfindlichkeit gegenüber Reiz-
überflutungen erhöhen. Solange der Sensorische Schild aktiv
ist, haben Sie durch Wunden 2 Eigenschaftsabzüge weniger
als sonst; jeder Schaden, den Sie in dieser Stunde nehmen,
zeigt volle Wirkung, sobald der Schild abklingt. Sie machen
eine statische Probe mit Seelenstärke gegen den Malus, den
besondere Umstände Ihnen auferlegen, etwa eine Explosion
in unmittelbarer Nähe. Bei Erfolg können Sie den Malus um
eine Eigenschaft senken, zuzüglich eines Punktes pro körper-
licher Eigenschaft, den Sie ausgeben.
Ihre Wunden und Körperöffnungen leuchten während der
Wirkung des Sensorischen Schildes, Sie erleiden daher in die-
sem Zeitraum einen Malus von 2 Eigenschaften auf alle ge-
sellschaftlichen Herausforderungen gegen Menschen.
WIDERSTANDSFÄHIGER GEIST
(SEELENSTÄRKE ••••• ••)
Auf dieser Stufe der Vollendung erweitert der Gangrel
seine übernatürliche Widerstandskraft bis in die Tiefen
seiner Persönlichkeit. Sobald er diese Kraft erlangt, darf
der Vampir die Jahrhunderte des Verfolgungswahns, der
Ticks, Schrullen und anderer Störungen, die sich in den
staubigen Windungen seines Gehirns drängen, abschüt-
teln. Zudem wird es schwerer, geistige Disziplinen gegen
ihn anzuwenden. Leider hat diese geistige Stabilität auch
ihren Preis: Die tierhaften Züge, die er danach erwirbt,
müssen rein körperlich sein.
System: Wenn der Gangrel die Kraft lernt, muß er einen
Willenskraftwurf gegen 7 machen. Für jeden Erfolg darf er
1 Geistesstörung oder 2 tierhafte Züge streichen (gesell-
schaftliche Attribute, die aufgrund dieser Mängel verloren
gegangen sind, bleiben verloren). Dieser Effekt tritt nur
einmal ein, und zwar sofort.
Der Vampir gewinnt dauerhaft 3 Extrawürfel, um be-
wußtseinsverändernden Disziplinen und Zaubern zu wi-
derstehen. Dieser Bonus wirkt nicht bei Präsenz oder Dis-
ziplinen, die die Gefühle betreffen.
Schließlich darf der Spieler bei jeder Geistesstörung, die
der Vampir erwirbt, nachdem er die Kraft erlernt hat, ei-
nen Wurf auf Willenskraft gegen 6 machen. Erzielt er 3+
Erfolge, so besteht die Störung 1 Nacht und 1 Tag, wird
vom Vampir jedoch abgeschüttelt, wenn er sich beim
nächsten Sonnenuntergang erhebt. Willenskraft kann bei
diesem Wurf nicht eingesetzt werden.
TdD-System: Wenn Sie diese Kraft lernen, machen Sie
eine erweiterte statische Willenskraftprobe gegen 8 Eigen-
schaften. Jeder Erfolg erlaubt es Ihnen, eine Geistesstö-
rung oder zwei geistige Tierattribute abzulegen (die gesell-
CLANBUCH: GANGREL
66
Gangrel02.p65 66
schaftlichen Eigenschaften, die aufgrund dieser Mängel
verloren wurden, sind verloren).
Sie erhalten einen permanenten Bonus von 3 Punkten
bei Herausforderungen, die bewußtseinsverändernde Dis-
ziplinen und Zauber betreffen, sind aber nicht immun ge-
gen Präsenz und andere Kräfte, die eher die Gefühle als
den Geist beeinflussen. Wenn Sie eine Geistesstörung er-
werben, dürfen Sie eine statische Willenskraftprobe gegen
7 Eigenschaften machen. Wenn Sie erfolgreich sind, geben
Sie 3 geistige Eigenschaften aus. Die Störung beeinträch-
tigt Ihren Geist in dieser Nacht und während des nächsten
Tages, verschwindet aber mit dem nächsten Sonnenunter-
gang. Sie dürfen bei dieser Herausforderung keine Willens-
kraft ausgeben.
BERGKÖNIG (SEELENSTÄRKE ••••• •••)
Die besten Gegner sind nicht nur schwer zu verletzen, man
kann sie kaum berühren. Diese Kraft verbindet Effekte der
Kraft Persönliche Rüstung mit einer Aura des Widerstands, die
den Gegner beeinträchtigt, was es dem Gangrel leicht macht,
die Attacken mehrerer Angreifer zu parieren.
System: Der Gangrel gibt 3 Blutpunkte aus, um die Kraft zu
aktivieren, die eine Szene lang wirkt. Er profitiert nicht von
der Kraft, wenn er aktiv angreift. Statt dessen muß er alle
Angriffe parieren oder ihnen ausweichen und kann seinen ge-
samten Würfelvorrat gegen jeden einzelnen Angriff einset-
zen. Immer, wenn der Gangrel mit einer Waffe angegriffen
wird, würfelt sein Spieler auf Geschick + Handgemenge und
zusätzlich auf Seelenstärke gegen 6. Bringt der Wurf auf See-
lenstärke mehr Erfolge, als der Angreifer hatte, zerbricht des-
sen Waffe, sobald sie den Vampir berührt (mystische Waffen
dürfen nach Belieben des Erzählers dagegen gefeit sein). Ist
die Parade erfolgreich, erleidet der Vampir keinen Schaden
durch den Angriff (mißlingt der Wurf, kann der Vampir den
Schaden mittels Seelenstärke absorbieren).
Angriffe Mann gegen Mann können auch pariert wer-
den. Erfolgreiche Angriffe dieser Art lösen den Schaden,
den der Angreifer ausrichtet, sowohl beim Angreifer als
auch beim Vampir, der die Kraft anwendet, aus. Parierte
Mann-gegen-Mann-Angriffe lenken den Schaden nur auf
den Angreifer. In beiden Fällen kann der Schaden absor-
biert werden. Zusätzlich erleidet der Verteidiger nicht den
normalen Mehrfachangreifer-Malus, egal, wieviele Angrei-
fer ihm gegenüberstehen.
TdD-System: Geben Sie 3 Bluteigenschaften aus, um die
Kraft zu aktivieren, die eine Stunde wirkt. Sie haben den
gesamten Eigenschaftsvorrat für alle defensiven Aktionen,
statt ihn Vorrat teilen zu müssen. (Das wirkt sich nicht auf
Angriffe aus, die den gewöhnlichen Mali bei Mehrfachgeg-
ner-Aktionen unterliegen.)
Jeder Angreifer muß in einer geteilten Herausforderung
Erfolg haben. Zunächst machen Sie die körperliche Her-
ausforderung. Der Vampir, der sich mit Bergkönig vertei-
digt, gewinnt bei einem Gleichstand. Verpatzt der Angrei-
fer die einleitende Herausforderung, zerbricht seine Waffe
(sofern sie nicht mystischer Herkunft oder übernatürlich
verstärkt ist), und er nimmt den Schaden, den normaler-
weise der Verteidiger erlitte. Bei Gleichstand bricht die
Waffe, aber er entgeht dem Schaden. Gewinnt der Angrei-
fer, muß er eine einfache Probe machen. Nur wenn diese
gelingt, richtet er beim Verteidiger Schaden an. (Vampire
05.03.2002, 14:25
 mit hoher Seelenstärke überspringen diese zweite Probe
und verursachen Schaden, wenn sie die erste Probe erfolg-
reich bestehen.)
TIERHAFTIGKEIT
Tierhaftigkeit ist die stärkste Verbindung des Gangrel zu
seinem Tier. Auf der niedersten Stufe der Fähigkeit inter-
agieren Gangrel mit den niedersten Manifestationen des
Tiers – im wörtlichen Sinne: mit Tieren wie z. B. Insekten.
Wenn seine Macht wächst, beeinflußt der Vampir das ab-
strakte Tier (obwohl jeder Gangrel, der hört, daß man das
Tier abstrakt nennt, einem wohl einen Knoten in die Spei-
seröhre machen würde, um ihn eines Besseren zu beleh-
ren), die ursprüngliche Natur, die Tieren, Menschen und
Vampiren gemein ist.
Den praktischsten Nutzen bringt Tierhaftigkeit beim Ja-
gen. Die Spannung der Jagd kann süchtig machen, und
Menschenblut schmeckt besser, doch die Fähigkeit, ein
vierbeiniges Essen zu rufen, indem man den Lockruf an-
wendet, ist für einen verletzten oder anderweitig indispo-
nierten Vampir von großem Wert. Tierhaftigkeit erlaubt
es, tierische Gefährten, Ghule oder Nahrung herbeizuru-
fen. Dieses Konzept mag bei verhätschelten Menschen, die
es gewohnt sind, in hellen Supermärkten sauber abgepack-
tes Fleisch zu kaufen, eine gewisse Irritation hervorrufen,
aber für Bauern, Jäger und Vampire in aller Welt ist es ganz
natürlich. Tiere mögen warm und schnuckelig sein, doch
wenn das Essen knapp wird, heißt es wir oder sie. Der rote
Durst besiegt die heikelsten menschlichen Angewohnhei-
ten. Dieselben Fähigkeiten können auch zum Angriff ver-
wendet werden. Stellen Sie sich das Problem der osteuro-
päischen Tremere vor, die mit der Pestausbreitung den
Zorn der Gangrel, Nosferatu und Tzimisce auf sich gezo-
gen haben – die allesamt Tierhaftigkeit beherrschen.
Die Gangrel sind sehr stolz auf die Fähigkeit Geteilter
Geist, manchmal wenden sie sie auch nur zum Vergnügen
an, um den Spaß zu erleben, mit den Sinnen eines Tiers zu
sehen, schmecken und zu riechen. Die Freude und der
Schrecken, den Sonnenaufgang sehen zu können, können
befreiend sein – oder auch dem pragmatischsten Gangrel
schwere Depressionen bescheren. Die Gangrel stören sich
normalerweise nicht an den Nebenwirkungen des häufigen
Gebrauchs dieser Fähigkeit – der Neigung, sich tierhaft zu
verhalten. Untereinander übersehen sie solches Verhalten,
da viele unter ihnen solche Geistesstörungen haben, und
lernen, ihr Verhalten Außenstehenden gegenüber zu kon-
trollieren – indem sie, wenn nötig, die passenden Tiere
übernehmen. Ein Gangrel, auf dessen Terminkalender Be-
schattung steht, könnte eine Elster übernehmen, um de-
ren Neugierde anzunehmen, während ein anderer
Gangrel, der kurz vor einer Audienz beim Prinzen steht,
einen Wolf übernehmen könnte, um sicherzugehen, daß
seine tierischen Seltsamkeiten das richtige Verhalten Au-
toritäten gegenüber an den Tag legen.
AUSTREIBUNG DER HERDE
(TIERHAFTIGKEIT ••••• •)
Diese Kraft funktioniert wie Austreibung des Tiers – der
Gangrel zwingt seinen Willen sterblichen Tieren (oder
Menschen) auf, indem er deren Tier mit der schrecklichen
Kraft, die er besitzt, unterwirft. Leidenschaftliche Gefühle
KAPITEL ZWEI: INNENANSICHTEN
67
Gangrel02.p65 67
oder einfache Versuche, der Individualität oder dem Wil-
len zu folgen, werden unterdrückt, wodurch die Betroffe-
nen apathisch und lethargisch werden, solange die Wir-
kung anhält. Es können mehrere Ziele betroffen sein, die
einzige Bedingung ist, daß sich die Individuen in Sicht-
oder Hörweite befinden müssen. In manchen Situationen
mag es nötig sein, die Aufmerksamkeit des Ziels zu erlan-
gen, doch für ein Wesen von solcher Macht dürfte das
nicht schwierig sein.
System: Der Spieler würfelt Körperkraft + Einschüchte-
rung gegen 7 – der Gangrel unterwirft das Tier immer mit-
tels Furcht. Das ist eine erweiterte Aktion, die insgesamt
so viele Erfolge verlangt, wie das Ziel an Willenskraftpunk-
ten besitzt (jedes Individuum ist eingeschüchtert, sobald
sein Wert erreicht ist). Der Gangrel kann bis zum Doppel-
ten seines Willenskraftwerts an Tieren und/oder Men-
schen unterwerfen. Sind die Gruppe, die Herde oder das
Rudel zu groß, als daß der Vampir alle unterjochen könn-
te, sind die Einzelwesen, deren Willenskraft am niedrig-
sten ist, zuerst betroffen. Mißlingt ein Wurf, heißt das, daß
der Vampir von neuem Erfolge anhäufen muß, doch die
bereits beeinflußten Opfer verbleiben, wie sie sind. Ein
Patzer hat zur Folge, daß die bereits eingeschüchterten In-
dividuen in heftige Raserei verfallen – sie werden den
Gangrel, der sie zu unterjochen versuchte, oder was ihnen
im Weg steht, sofort angreifen.
Ist das Tier eines Sterblichen unterworfen, kann er sei-
ne Willenskraft weder nutzen noch erhöhen. Er hört auf,
sich zu wehren, selbst wenn er angegriffen wird (der Erzäh-
ler kann ihm einen Willenskraftwurf erlauben, falls sein
Leben bedroht wird). Um sich von dieser Macht zu erholen,
müssen der Mensch oder das Tier 1 x pro Tag einen Wurf auf
Willenskraft tätigen, bis sie so viele Erfolge angehäuft haben,
wie der Gangrel an Willenskraftpunkten besitzt. Vampire be-
einflußt diese Kraft normalerweise nicht, ihre Ghule schon.
TdD-System: Machen Sie eine gesellschaftliche Heraus-
forderung gegen eine beliebige Anzahl von Zielen gleich-
zeitig bis zum doppelten Wert Ihrer Willenskraft. Verwen-
den Sie die Regeln für Gruppenszenen in Gesetze der
Nacht 2000, S. 245 – setzen Sie Eigenschaften und wik-
keln Sie die gleichzeitigen Herausforderungen ab, als grif-
fen Sie körperlich mehrere Ziele an. Wie bei Austreibung
des Tiers können die Ziele, deren Widerstand mißlingt, kei-
ne Willenskraft verwenden und erhalten für den Rest der
Nacht unterwürfig x 2.
STAMPEDE (TIERHAFTIGKEIT ••••• ••)
Ein tiefer Sinn für die Instinkte der Tiere erlaubt dem
Gangrel, eine besondere Furcht in seinen Opfern auszulö-
sen – eine Panik, die hunderte von Wesen zu einer kopflo-
sen Flucht treibt. Diese Fähigkeit wirkt nur bei Menschen-
mengen; sind es zu wenige, so wird die Furcht des Einzel-
nen nicht ausreichen, um sein Handeln zu bestimmen.
Außerdem muß die Menge bereits durch irgendein weltli-
ches Geschehen aufgebracht sein, z. B. den Geruch eines
großen Raubtiers, ein verlorenes Heimspiel im Fußball
oder ein Engpaß des diesjährigen Modespielzeugs zur
Haupteinkaufssaison. (Der Gangrel kann diese Situation
selbst erzeugen, indem er das große Raubtier ist, den Aus-
gang des Spiels beeinflußt oder die Spielsachen stiehlt –
doch das ist weder nötig noch schlau.) Schlägt die Fähig-
DER GANGREL
05.03.2002, 14:26
 keit erst einmal an, werden die Opfer fliehen, bis sie den
Einflußbereich des Vampirs verlassen oder nicht mehr wei-
terlaufen können.
System: Diese Kraft muß in Sichtweite einer Ansammlung
etwa 50 aufgebrachter Menschen aktiviert werden (der Er-
zähler kann die Anwendung der Kraft auf kleinere Men-
gen wirklich saurer Menschen erlauben). Die entstehenden
Wellen des Schreckens breiten sich pro erzieltem Erfolg je-
weils 50 m in alle Richtungen vom Gangrel ausgehend aus.
Jeder unbedarfte Mensch innerhalb des Radius wird sofort
die Flucht in Richtung des nächsten Auswegs ergreifen,
solange der Gangrel die Stampede nicht nach seinem Wil-
len lenken will. Der Vampir kann eine Richtung oder ei-
nen Weg vorgeben, doch er kann ihn nicht verändern, so-
bald es losgeht. Die Teile der Stampede werden viele po-
tentielle Gefahren ignorieren, z. B. auf die Straße oder in
eine Schußlinie laufen, doch sie werden keine selbstmör-
derischen Dinge tun, wie von hohen Klippen oder aus
Hochhäusern zu springen. In manchen Fällen wird der
Mob die Gefahr nicht rechtzeitig sehen können – oder von
den nachdrängenden Massen hineingestoßen werden.
Sterbliche, die nicht von Anfang an betroffen waren, kön-
nen von der Flut mitgerissen werden, da das projizierte
Tier des Gangrel das Chaos für die Länge einer Szene an-
richtet, sofern er nicht wünscht, es früher zu beenden. So-
bald sie den Einflußbereich des Gangrel verlassen, gewin-
nen die Menschen ihre Sinne zurück und halten inne. Ver-
jüngt sich das Gebiet, wie in einem langen Gang oder ei-
nem Tal, dürften es sich die Sterblichen überlegen, ob sie
fliehen, um nicht zertrampelt zu werden, oder nicht. Man
muß bemerken, daß diese Kraft auch ohne Patzer ins Auge
gehen kann – die Kraft hunderter Tiere oder Menschen
kann die Kontrolle des Vampirs übersteigen. Tiere, die
man überfordert, neigen zur Raserei, und Menschen haben
dann eine Tendenz zum Aufruhr.
TdD-System: Machen Sie eine statische gesellschaftliche
Herausforderung gegen eine Anzahl von Eigenschaften,
die der höchsten Willenskraft einer Person in der Menge
entspricht. Die Stampede beeinflußt jeden in einem Radi-
us von 50m. Jede weitere gesellschaftliche Eigenschaft, die
Sie ausgeben, erweitert die Reichweite um 50 m. Personen,
deren Willenskraft weniger beträgt als Ihr gesellschaftli-
cher Wert, werden automatisch überwältigt. Die, deren
Willenskraft wenigstens die Hälfte dieses Werts beträgt,
dürfen 1 Willenskraftpunkt ausgeben, um eine statische
gesellschaftliche Herausforderung gegen den Gesamtwert
Ihrer gesellschaftlichen Eigenschaften zu machen. Gelingt
dies, entziehen sie sich der Stampede. Charaktere, deren

OPTIONALE REGELN FÜR TIERHAFTIGKEIT

Erzähler wollen vielleicht die folgenden Modifikationen für Tierhaftigkeit (s. Vampire: Die Maskerade) erlau-
ben oder auch nicht – die Spieler seien angewiesen, freundlich zu fragen, falls sie einen Effekt entdecken, den sie
mögen. Beachten Sie, daß all diese Kräfte auf bestehenden Ausprägungen von Tierhaftigkeit aufbauen – Erzähler,
die nicht möchten, daß Kainskinder, die über diese Disziplin verfügen, noch mächtiger werden, sollten diese Op-
tionen ausschließen.
DAS AUFRECHTE TIER
Manche Gangrel, die Pfaden der Erleuchtung folgen, behaupten, sie könnten Tierhaftigkeit auf Menschen anwenden.
Manche Gangrel beharren etwa darauf, sie hätten Obdachlose zu einer abgelegenen Zuflucht gerufen oder in Tiergestalt
mit einem Menschen gesprochen. Kainskinder verleihen ihrer Verachtung Menschen gegenüber, die sie Vieh nennen,
seit langem Ausdruck, deshalb überrascht dieser Erfolg nicht weiter. Erzähler sollten sich gut überlegen, ob sie diese Op-
tion in ihren Kampagnen erlauben wollen, da sie sehr hilfreich ist, um die Stellung der Vampire in der Welt zu erhellen,
aber auch eine Fähigkeit darstellt, die mißbraucht werden kann. Außerdem ist es kein Zeichen von großer Intelligenz,
weniger begünstigte Wesen als Tiere zu bezeichnen, kann aber der Handlung dienlich sein. Falls diese Option erlaubt ist,
sollte die Schwierigkeit solcher Handlungen stark ansteigen.
Lied der Ruhe (Tierhaftigkeit •••)
Das Tier, das übernatürlichen Kreaturen innewohnt, ist weit widerstandsfähiger und widerspenstiger als das Tier eines
gewöhnlichen Sterblichen. Vampire, Wolflinge, Feen, die seltsamen Untoten des fernen Ostens und andere ungewöhnli-
che Wesen dürften durch diese Fähigkeit nie bezwungen werden, die extreme Gewalttätigkeit ihres Verhaltens kann je-
doch eingedämmt werden. Erzähler können Gangrel erlauben, mit dieser Fähigkeit zu versuchen, jedes übernatürliche
Wesen aus einer Raserei zu holen, indem sie dasselbe System anwenden, als wenn sie einen Menschen unterwerfen.
Geteilter Geist (Tierhaftigkeit ••••)
Erzielt ein Spieler mehrere Erfolge bei dieser Kraft, kann er verschiedene geistige und spirituelle Disziplinen an-
wenden, während er sich im Körper eines Wirtstiers befindet. Wenn es der Erzähler zuläßt, kann der Spieler diese
Erfolge auch dazu aufwenden, um direkt die Zahl der Willenskraftpunkte herunterzusetzen, die eingesetzt werden
müssen, um die Nachwirkungen dieser Kraft völlig zu überstehen. Besonders großzügige Erzähler können dem Spie-
ler erlauben, die zusätzlichen Erfolge dem Fliegen zuzuteilen und die nach dem Ende der Disziplinanwendung üb-
rigen Erfolge zu verwenden, um den Einsatz von Willenskraftpunkten zu verringern.
Austreibung des Tiers (Tierhaftigkeit •••••)
Der Gangrel versteht die Natur des Tiers in ihm. Wenn der Erzähler will, ist der Verlust des Tieres, sobald das Opfer
außer Sicht- bzw. Hörweite des Gangrel gerät, von vorübergehender Natur, da es wohl keinen Ort gibt, wo das Tier sich
lieber aufhält, als im Leib des Besitzers. Dies muß sich nicht immer als wahr erweisen – andere Gangrel, Angehörige von
Clans, die Tierhaftigkeit beherrschen, oder (schluck) Werwölfe stellen auch passende Behausungen für das Tier dar. Ein
weiser Gangrel würde diese Macht nicht auf jemanden anwenden, von dem er annimmt, er sei so tierisch wie er selbst.

CLANBUCH: GANGREL
68

Gangrel02.p65 68 05.03.2002, 14:26

 Willenskraft Ihren Gesamtwert an gesellschaftlichen Ei-
genschaften übersteigt, dürfen diese Herausforderung ma-
chen, ohne Willenskraft auszugeben.
ROTE RASEREI (TIERHAFTIGKEIT ••••• •••)
Diese Fähigkeit ist Nährboden für viele Gerüchte, da sie
kaum sichtbare Auswirkungen hat. Wenn der Gangrel sie
erwirbt, kann er dem Tier erlauben, frei durch seine Adern
zu fließen. Bei Menschen und Vampiren, die sein Blut ko-
sten, erzeugt das Raserei. Sollte es einem Diableristen gelin-
gen, die Seele des Gangrel zu trinken, findet er ein schlimmes
Ende, da das Tier des Gangrel ihn von innen verzehrt.
System: Diese Kraft ist immer aktiv, sobald der Gangrel sie
lernt. Die geringste aufgenommene Menge Blutes des
Gangrel erzeugt Erregung beim Trinker, der einen Wurf auf
Willenskraft gegen 7 schaffen muß oder sofort in Raserei
verfällt. Dies gilt für frisch gezeugte Kinder, Ghule, Angrei-
fer, die beißen und jeden Vampir, der versucht, von dem
Gangrel zu trinken. Es entspricht einem Warnschuß für mög-
liche Diableristen. Sollte der Angreifer der Raserei widerste-
hen, kann er weiter trinken, doch die übernatürliche Erre-
gung, die er erfährt, sollte ein eindeutiges Zeichen dafür sein,
daß mit dem Blut etwas nicht stimmt. Fällt der Angreifer in
Raserei, muß er jede Runde 1 Willenskraftpunkt ausgeben,
solange er weitertrinkt.
Hat der Diablerist Erfolg, werden seine Rasereiwürfe für
einen Zeitraum, den der Erzähler festlegt, um 2 schwerer.
Er muß außerdem einen Willenskraftwurf gegen das Tier
des Opfers machen (das denselben Wert hat wie der ver-
schiedene Vampir). Der Verlierer des Wettstreits verliert
permanent 1 Punkt Willenskraft. Dieser Kampf findet im
ersten Jahr nach der Diablerie monatlich statt, danach
einmal jährlich. Da der Diablerist Willenskraft verliert,
wird er immer tierischer und impulsiver (das sollte ausge-
spielt werden, und der Erzähler sollte sich die Freiheit neh-
men, regelmäßige Selbstbeherrschungswürfe vom Spieler
des Diableristen zu verlangen). Verliert der Diablerist den
letzten Punkt Willenskraft, wird er ein verrücktes, bestia-
lisches Monster (und somit ein NSC). Verliert das angrei-
fende Tier den letzten Punkt Willenskraft, wird es ruhig und
ergibt sich dem Sieg des Diableristen. Die Spuren der Diable-
rie bleiben in der Aura des Täters, bis das Tier unterjocht ist.
Verluste von Menschlichkeit oder des Pfadwerts können
aus den Taten des „besessenen” Vampirs resultieren, sie
sind jedoch keine direkten Folgen dieser Fähigkeit.
Legenden der Gangrel berichten, manche unglaublich
mächtige „Opfer” einer Diablerie hätten sich durch ihre
Angreifer gefressen, indem sie zuerst die Seele des Angrei-
fers verzehrten, um dann den neuen Leib zu übernehmen.
Das ist nicht das normale Ergebnis dieser Kraft, doch die
Gerüchte sind in Umlauf...
TdD-System: Jeder, der von Ihnen trinkt, muß eine Pro-
be auf Selbstbeherrschung gegen 4 Eigenschaften machen,
um der Raserei zu entgehen. Wer versucht, Sie zu diable-
rieren, muß 1 Willenskraftpunkt pro Runde ausgeben.
Falls es jemandem gelingt, Sie zu diablerieren, erleidet er
eine dauerhafte Erschwernis von 1 Eigenschaft auf alle Ra-
serei-Proben. (Ein Vampir, dessen Selbstbeherrschung den
Wert von 1 erreicht, verfällt in einen Rausch, nicht erst bei
0.) Der Vampir muß auch eine Reihe von Willenskraftpro-
ben gegen sein Tier machen, das in diesem Falle den Ge-
KAPITEL ZWEI: INNENANSICHTEN
69
Gangrel02.p65 69
samtwert an Willenskraft des Vampirs erhält, der Rote Ra-
serei anwendete. Der Verlierer jeder Herausforderung ver-
liert dauerhaft 1 Willenskraftpunkt, bis Diablerist oder
Tier komplett die Kontrolle verlieren. Der Diablerist muß
eine solche Probe im Folgejahr einmal wöchentlich, im
nächsten Jahr einmal monatlich und danach einmal jähr-
lich machen.
AUGEN DES WALDES
(TIERHAFTIGKEIT ••••• ••••)
Diese Fähigkeit ist der Ursprung vieler Sagen über Zau-
berwälder und verzauberte Berge. Der Vampir begibt sich
in den Boden seiner Domäne, indem er sein geistiges und
körperliches Ich in das Gebiet einbringt. Im Gegensatz zu
Verschmelzen mit der Erde kann der Gangrel nicht ausgegra-
ben werden. Die Tiere und Insekten des Gebiets dienen ihm
als Ohren und Augen und bescheren ihm so genaue Kennt-
nis von den nächtlichen Geschehnissen seiner Domäne.
System: Es kostet 6 Blutpunkte, diese Kraft zu aktivieren,
und sie dauert so lange an, wie der Gangrel sich unter sei-
ner Domäne befinden will. Das Gebiet sollte geographisch
gut definiert sein, auch wenn es groß sein kann: ein Berg
oder ein Tal, ein isoliertes Waldstück, eine Hochebene.
Der Vampir sieht und hört durch die Tiere und Insekten,
die es bewohnen, alles innerhalb des Gebiets. Zusätzlich
kann der Gangrel alle geistigen Disziplinen anwenden, die
keines Körper- oder Blickkontakts bedürfen. Wenn die
Kraft wirkt, ist es unmöglich, den Gangrel anzugreifen.
Schwere Schädigungen des Gebietes, was es auch immer
sei – das Schlagen von Schneisen, Sprengungen, chemi-
sche Verseuchung – werden dem Vampir schaden und
können ihn aus dem Boden heraustreiben.
Ein Gebiet unter dem Einfluß eines Vampirs spiegelt seine
Natur wider. Auch das bei Tag schönste Wäldchen wird zum
Ort des Schreckens für Menschen, wenn die Sonne sinkt.
Sollten zwei Meister der Tierhaftigkeit irgendwie dassel-
be Gebiet beanspruchen, hat das Kainskind mit der höhe-
ren Willenskraft Erfolg. Daraus kann folgen, daß ein ein-
gesessenes Kainskind gezwungen wird, sich zu erheben und
das Gebiet zu verlassen und es zu einem Rachefeldzug ge-
gen den Eindringling veranlassen.
KOMBINATIONSDISZIPLINEN
Gangrel von erheblichem Alter und großer Begabung ha-
ben folgende Fähigkeiten entwickelt, die sich aus dem Zusam-
menspiel zweier Disziplinen ergeben. Diese Fähigkeiten wer-
den oft ohne theoretischen Hintergrund oder eine sichere
Einsicht, wieso sie funktionieren, von einem Gangrel zum an-
deren weitergegeben – so wie ein Fahrlehrer nicht wissen
muß, wie man ein Auto baut. Zweifellos behalten die Ahnen
die besten Tricks für sich; selbst der freigiebigste Ahn fürch-
tet insgeheim die Nacht, wenn seine Nachkommen nach sei-
nem Blut lechzen.
IMMUNITÄT GEGEN KLAUEN
(TIERHAFTIGKEIT ••, SEELENSTÄRKE ••••)
Viele Gangrel, auch Angehörige höherer Generationen,
können die natürlichen Krallen- und Bißwunden norma-
ler Tiere einfach abtun; das überrascht nicht, wenn man
den Nutzen dieser Fähigkeit in Betracht zieht. Manche
Vampire behaupten gar, sie böte Schutz gegen Wolflinge in
DER GANGREL
05.03.2002, 14:26
 ihrer Wolfsgestalt – doch niemand hat sich bisher freiwil-
lig zu Feldstudien gemeldet.
System: Der Spieler gibt 2 Blutpunkte aus und legt eine
Tierart fest: Wolf, Löwe, Stier usw. Für die Dauer der Sze-
ne erhält der Gangrel zusätzliche Würfel (entsprechend
seiner Punktzahl in Tierhaftigkeit + Seelenstärke) für das
Absorbieren des Schadens, den das gewählte Tier anrich-
tet (diese Würfel zählen zusätzlich zu den gewöhnlichen
Punkten von Ausdauer + Seelenstärke, das heißt Seelen-
stärke zählt doppelt). Es kann vorkommen, daß der Biß
oder Hieb eines Wolflings in Wolfsgestalt absorbiert wird,
dies hat der Erzähler zu entscheiden, doch man bedenke,
daß diese Wesen trotz der Wolfsgestalt keine Tiere sind.
Es kostet 18 Erfahrungspunkte, diese Fähigkeit zu lernen.
TdD-System: Geben Sie 2 Bluteigenschaften aus und le-
gen Sie eine Tierart fest: Wolf, Löwe usw. Verdoppeln Sie
den Effekt Ihrer Seelenstärke, wenn Sie in der folgenden
Stunde Schaden dieser Art absorbieren. Schaden, der
trotzdem erlitten wird, bleibt bestehen, nachdem die Im-
munität gegen Klauen endet.
FLEISCHWUNDE
(SEELENSTÄRKE••, VERDUNKELUNG•••)
Diese Fähigkeit ist unter Stadtgangrel verbreitet, ungeach-
tet der Tatsache, daß Seelenstärke keine Clansdisziplin ist.
Mit dieser Kraft erweckt ein Gangrel den Anschein, als näh-
me er keinen Schaden von Angriffen, die höllisch weh tun.
In Wirklichkeit tun sie höllisch weh, doch der Gangrel hält
den Anschein von Unverwundbarkeit aufrecht, die einen
Gegner stark verunsichern kann. Besonders begabte Gangrel
können Gegner gar glauben machen, sie seien immun gegen
Kugeln. Die Anwendung dieser Kraft während eines Ritus des
Sabbat wäre jedoch der Anlaß für eine Tracht Prügel oder
mehr, wenn der Priester dahinter kommt.
CLANBUCH: GANGREL
70
Gangrel02.p65 70
System: Der Spieler gibt 1 Blutpunkt aus, um die Fähig-
keit zu aktivieren. Für eine Szene erscheint der Charakter
wie zu dem Zeitpunkt, als die Kraft aktiviert wurde. Sicht-
bare Narben oder Wunden bleiben sichtbar. Die Ergebnisse
weiterer Schäden bleiben auf mystische Weise unsichtbar –
sowohl die Wunden selbst, als auch logische Folgen wie Hum-
peln oder tropfendes Blut. Die Kraft endet abrupt, wenn der
Vampir Außer Gefecht erreicht oder gepfählt wird.
Zusätzlich erhält der Gangrel auch eine um 2 verringerte
Schwierigkeit auf alle Würfe, die Ausflüchte beinhalten und
körperliche Fähigkeiten betreffen.
Es kostet 15 Erfahrungspunkte, diese Kraft zu lernen.
TdD-System: Geben Sie 1 Bluteigenschaft aus. Für die
nächste Stunde erzielt kein Schaden, den Sie erleiden, ein
sichtbares Ergebnis: keine Wunden, kein Humpeln bei
Beintreffern, keine Rinnsale von Blut aus Einschußlö-
chern. Charaktere mit Auspex können versuchen, dies mit
der gewöhnlichen Herausforderung Auspex gegen Verdun-
kelung zu durchschauen (s. Gesetze der Nacht 2000, S.
155). Beobachter, denen das Fehlen von Beweisen lächer-
lich erscheint, können eine geistige Herausforderung ver-
suchen, um die Illusion zu durchschauen. Während Sie
Fleischwunde anwenden, haben Sie einen Bonus von 2 Ei-
genschaften auf alle gesellschaftlichen Proben, die sich auf
körperliche Fähigkeiten beziehen.
SICHT DER GESPIEGELTEN GESTALT
(AUSPEX ••••, GESTALTWANDEL ••••)
Gangrel, die nicht nur über unglaubliche Wahrnehmung
verfügen, sondern auch die grundlegenden Veränderungen
des Leibs beherrschen, bekommen ein Gefühl für die mögli-
chen Gestalten anderer. Wenn er diese Kraft anwendet, kann
der Gangrel genaue Informationen aus der Aura eines Gegen-
übers lesen. Er kann die Tiergestalten eines Gangrel oder
05.03.2002, 14:27
 anderer Vampire, die Gestaltwandel anwenden, sehen, des
weiteren die verschiedenen Gestalten von Garou und an-
deren Gestaltwandlern, die halbwirklichen Traumformen
der Feen und die Gestalten, die Vampire annehmen, in-
dem sie Disziplinen wie Verdunkelung, Serpentis und
Fleischformen anwenden. Begabte Anwender können Nu-
ancen wie die bevorzugte Gestalt der betreffenden Person
oder ihre ursprüngliche Gestalt ausmachen. Manche
Gangrel behaupten, sie können die Gestalt sehen, die ein
neugeborener Gangrel annimmt, wenn er Tiergestalt lernt,
oder gar Totemtiere in den Auren von Menschen.
System: Der Spieler würfelt Wahrnehmung + Okkultis-
mus gegen 7. 1 Erfolg gibt ihm Wissen über die Gestalten,
die das Ziel beim Gestaltwandel annimmt, oder die mäch-
tigste Gestalt durch eine andere Disziplin/Fähigkeit. 3 Er-
folge erlauben ihm, alle möglichen Gestalten des Ziels zu
erkennen (wenn der betreffende Vampir gewöhnlich eine
bestimmte Gestalt mittels Fleischformen annimmt, kann
das gesehen werden, doch die Tatsache, daß er gestern sei-
ne Nase wie Pinocchio in die Länge zog, sicher nicht). Mit
5 Erfolgen ist es dem SC möglich, potentielle Gestalten zu
erkennen, oder die Gefühle zu lesen, die mit den Verwand-
lungen einher gehen, wie es dem Erzähler beliebt.
Dieser Fähigkeit kann wie bei Auspex contra Verdunke-
lung mit Verdunkelung widerstanden werden. Auch gibt
sie keine Informationen über die Gesichter, die mit Maske
der tausend Gesichter getragen werden – diese Fähigkeit
benebelt die Sinne und ist kein Gestaltwandel.
Es kostet 24 Erfahrungspunkte, diese Kraft zu lernen.
TdD-System: Machen Sie eine geistige Herausforderung.
Wenn Sie Erfolg haben, können Sie die Gestalten sehen,
die das Ziel mittels Gestaltwandel annimmt, oder die
mächtigste Gestalt, die mit einer anderen Disziplin mög-
lich ist. Sie können 1 zusätzliche geistige Eigenschaft aus-
geben, um alle festgelegten Formen des Charakters zu se-
hen, die regelmäßig angenommen werden, mit welcher
Disziplin auch immer. 1 weitere ausgegebene Eigenschaft
läßt Sie die möglichen Gestalten und Gefühle während des
Gestaltwandels sehen. Maske der tausend Gesichter ist kein
Gestaltwandel und wird daher von dieser Kraft nicht erfaßt.
VERSCHMELZUNG MIT DEM TIER
(TIERHAFTIGKEIT •••, GESTALTWANDEL ••••• •)
Gangrel, die so vertraut mit der tierischen Natur und
der Veränderbarkeit der Gestalt sind, können sich in den
Tieren der Erde statt in der Erde verbergen. Der Vampir
kontrolliert oder übernimmt das Tier in dieser Zeit nicht
wirklich, doch es wird bestimmten, vorher festgesetzten
Richtungen oder Befehlen nach besten Stücken folgen.
Das erlaubt dem Gangrel eine erstaunliche Reichweite
beim Reisen, da der Körper des Tiers ihn von den Sonnen-
strahlen abschirmt. Außerdem ist es eine gute Methode,
sich zu verstecken. Wie bei Verschmelzen mit der Erde ist die
Essenz des Vampirs auf magische Weise aufgelöst, doch der
Leib des Tieres verhüllt sie, und macht ein Auffinden des
Vampirs beinahe unmöglich, außer für thaumaturgische
Rituale oder ähnliche arkane Mittel.
KAPITEL ZWEI: INNENANSICHTEN
71
Gangrel02.p65 71
Manche Gangrel nutzen diese Fähigkeit, um Angriffe zu
starten. Mehr als ein Wilderer wurde in die ewigen Jagd-
gründe geschickt, als seine Beute plötzlich einen grimmi-
gen Vampir ausspuckte.
Der Wirt, den der Gangrel wählt, wird von der Natur
seines Passagiers beeinflußt. Das Tier meidet helles Licht
und wird merkbar kühn und aggressiv, obwohl es nicht in
Raserei verfallen wird wie ein Vampir. Wesen, die für Jahr-
zehnte Gangrel in sich tragen, werden zu Legenden und
können übernatürliche Charakteristika ausbilden; die Ein-
heimischen können von einem Puma mit leuchtenden Au-
gen oder einem Hirsch mit eisernem Geweih sprechen, die
man seit Generationen sieht.
System: Der Charakter muß sich ein passendes Gefäß su-
chen, das er reiten will und das groß genug sein muß, um
wenigstens seine kleinste tierische Gestalt zu tragen. Der
Spieler gibt 3 Blutpunkte aus und würfelt Charisma +
Tierkunde gegen 6. Der Einstieg in den Leib des Tiers ge-
schieht automatisch, und die Erfolge des Wurfes zeigen an,
wie gut es dem Vampir gelingt, dem Tier seine Wünsche
klarzumachen. 3 Erfolge reichen, um völlige Zusammenar-
beit (im Rahmen der Fähigkeiten des Tieres) zu gewähr-
leisten. Mit weniger Erfolgen kann es passieren, daß der
Vampir sich an einem Ort wiederfindet, wo er nicht hin-
wollte, nicht am Ziel oder eben irgendwo. Das Tier kann
die Instruktion haben, an eine bestimmte Stelle zu gehen,
in einer bestimmten Gegend zu bleiben oder eine Person
anhand einer einfachen Beschreibung zu finden.
Der Vampir muß zudem die Bedingung für seinen Aus-
tritt aus dem Leib des tierischen Wirts festlegen, wie zum
Beispiel „nach einer Woche”, „bei Angriff” oder „wenn wir
das Ziel erreichen” – auch wenn die letzte etwas riskant ist,
falls der Gangrel keine ausreichende Verständigung mit
dem Tier zustande bringt. Der Wirt zieht Nutzen aus der
Seelenstärke seines Reiters, um Schäden zu widerstehen.
Wenn das Tier getötet wird, wird der Gangrel umgehend
aus dessen Körper gestoßen. Tiere, die ein Vampir „reitet”,
sterben nicht an Altersschwäche, sterben aber kurz nach-
dem sie vom Vampir verlassen werden. Der Gangrel nimmt
keinen Schaden, dem der Wirt ausgesetzt ist, außer wenn
dieser von Feuer verursacht wird, was jedoch durch See-
lenstärke absorbiert werden kann.
Der Vampir gibt bei Sonnenuntergang wie gewöhnlich 1
Blutpunkt aus. Ein Vampir, der aus Blutmangel in Starre
fällt, bleibt im Leib des Tieres, bis er erwacht, sofern das
Tier nicht getötet wird.
Es kostet 30 Erfahrungspunkte, diese Kraft zu lernen.
TdD-System: Geben Sie 3 Bluteigenschaften aus und ma-
chen Sie eine körperliche Herausforderung. Bei Erfolg ver-
schmelzen Sie mit dem Tier Ihrer Wahl, das mindestens
die Größe Ihrer kleinsten Tiergestalt haben muß. Das Tier
verhält sich normal, sofern Sie keine Anstrengungen un-
ternehmen, es zu kontrollieren. Geben Sie 1 geistige Eigen-
schaft aus, um eine allgemeine Richtung anzugeben, oder 2
geistige Eigenschaften, um genauere Kommandos zu geben.
Wie im Haupttext erläutert müssen Sie eine Bedingung be-
nennen, unter der Sie aus der Verschmelzung heraustreten.
DER GANGREL
05.03.2002, 14:27
Gangrel03.p65 72 05.03.2002, 14:56
 TIERE UNTER
MENSCHEN

Ich habe den unsterblichen Teil meiner Seele verloren, und was übrig bleibt, ist tierisch.
- Othello, 2. Akt, 3. Szene

Hunderte Gangrel streichen durch die wilden Lande der Welt der
Dunkelheit. Hier einige Beispiele.

Die zehn Charaktere auf den folgenden Seiten können als Grundlage
für Charaktere dienen, falls der Spieler einen verwenden möchte. Sie
können nach Belieben den Bedürfnissen und Wünschen von Spielern
und Erzählern angepaßt werden, sind jedoch als Einstiegscharaktere gut
geeignet. Für Spieler, die diese Beispielcharaktere im Liverollenspiel
nach den Gesetzen der Nacht 2000 verwenden möchten, sind die
Werte für das Theater der Dunkelheit angegeben.

KAPITEL DREI: TIERE UNTER MENSCHEN

73

Gangrel03.p65 73 05.03.2002, 14:56

 UNERSCHROCKENE FORSCHERIN
Zitat: Ich sage dir, wenn du nicht dort gewesen bist, kennst du
die Spannung nicht.
Präludium: Sie waren gerade erst elf, als Ihre Eltern Sie VORZÜGE & SCHWÄCHEN
___________
Überleben x2
Sportlichkeit _
Ausweichen _
ins Reissmuseum zur Tutenchamun-Ausstellung mitnah- Tierkunde x2 Akadem. Wissen

men. Die gruseligen Einzelheiten der Mumifizierung wa-

Lockruf) ____ FÄHIGKEITEN
haftigkeit (Wildes Flüstern, Der ___________
Kenntnisreich
ren überwältigend für Sie. Was Sie aber am längsten fes-
Seelenstärke (Ausdauer), Tier- ________ Klug
Aufmerksam
DISZIPLINEN
selte, war das Gefühl der Aufregung, von dem Sie sicher
GEISTIG
Charismatisch ___ Freundlich
waren, daß es auch Howard Carter gespürt haben mußte, __ Entzückend Anziehend x2
GESELLSCHAFTLICH
als er die Gruft entdeckte. Bücher über Ägyptologie und EINFLUSS Rauh x2 ____ ___________
später dann über andere Wunder der Antike pflasterten ___________ __________
________ Zäh
___
Tatkräftig
Hartnäckig x2
Agil _______
den Boden Ihres Kinderzimmers, während andere Kinder ___________
___________
Ruhm x1 ____
Ressourcen x2
KÖRPERLICH
Herzschmerzromane und Sportmagazine lasen. Es war Ihr Verbündete x1 Gefolgsleute x1

Lebensziel, einen großen Fund zu machen, eine Entdeckung,

HINTERGRUND MENSCHLICHKEIT

die neues Licht auf eine verschollene Zivilisation werfen und GEWISSEN/ ÜBERZEUGUNG
Ihren Namen in die Enzyklopädien bringen würde.
Aufgrund der finanziellen Lage Ihrer Familie konnten SELBSTBEHERRSCHUNG/
INSTINKT
Sie nicht auf die Uni gehen, und so nahmen Sie einen Job
in einem Extremsportladen an und hamsterten mit Ihrem
MUT
Angestelltenrabatt Klamotten zusammen. Als Sie die NAME: _________________
komplette Ausrüstung beisammen hatten, packten Sie BLUTVORRAT KONZEPT: Unerschrockene
Ihre Sachen und kauften sich eine Busfahrkarte zum Flug- _________ Forscherin
CHRONIK: ______________
hafen. Zwei höllische Monate des Reisens später erreich- CLAN: Gangrel _______
ten Sie die Wälder Guatemalas und fingen an zu suchen. WILLENSKRAFT GENERATION: 13. ______
Die Mückenstiche, das Fieber und der Hunger waren wie ALTER: ________________
WESEN: Masochist
weggeblasen, als Sie plötzlich vor der rankenbedeckten
VERHALTEN: Visionär
Ruine eines Mayatempels standen. Sie hätten sich
denken können, daß es irgendeinen Fluch gab; Sie
hatten alle Bücher gelesen, und die besten
Entdeckungen hatten immer ihren
Preis. Als Sie über die Schwelle traten, der Welt wissen
schwoll der Hall Ihrer Schritte zu ei- wollte, ließ sie Sie
nem kreischenden Mißklang an – frei zu tun, was Sie
und irgendwas bewegte sich in der wollten. Mehr wollten
Dunkelheit. Sie nicht – es zeigt sich, daß
Unter einem sternenklaren es mehr zu entdecken gibt,
Nachthimmel kamen Sie wieder als Sie sich je hätten träu-
zu sich. Sie waren allein, nackt, men lassen, und nun haben Sie die Fähigkeit, es mit
und Ihre ganze tolle Ausrü- Stil zu tun.
stung war weg. In dieser Konzept: Ihnen gefällt die reinigende Wirkung
Nacht stillte das der Feldforschung, doch zur Zeit geben Sie
herbe Blut der sich damit zufrieden, Ihre Fähigkeiten (und
Waldtiere Ihren Grenzen) auszuloten. Sie hoffen, daß es
schrecklichen zuhause genügend Vampire gibt, damit Sie
Durst. Sie zogen jemanden haben, dem Sie von den Orten
des nachts durch den Dschungel, und Dingen, die Sie ausbuddeln, erzählen
verkrochen sich bei Tag in Be- können – Sie sind sich sicher, daß Dracula
helfsunterkünften bisher der einzige Vampir ist, der es in die Lexika ge-
und fanden schafft hat.
schließlich Rollenspielhinweise: Sie gehen unermüdlich und
zum Tempel enthusiastisch ans Werk – die Details und Feinhei-
zurück. Es ten sind anderer Leute Sache. Was das Reisen mit an-
dauerte deren Kainiten betrifft, sind Sie nicht so überzeugt
Monate, bis Sie sich mit – es gibt selten genug Blut, um alleine durchzu-
Ihrer Erzeugerin verstän- kommen –, aber es ist schön, jemanden zu haben,
digen konnten, da sie nur dem man von seinen Reisen erzählen kann.
ihre uralte Muttersprache Ausrüstung: Ein Jeep, der auch tatsächlich mal sei-
sprach. Als sie alles er- ne Geländegängigkeit unter Beweis stellen muß, Klet-
fahren hatte, was sie terausrüstung und Nylonseil, Rucksack und Überle-
über die Vorgänge in bensausrüstung, Leuchtpistole

GangrelTemplate01.p65 74 05.03.2002, 15:25

 COUNTRYSÄNGER
Zitat: Manchmal mußt du einfach spielen, was in deinem Her-
zen ist. Auch wenn es nicht mehr schlägt.
_____
Vortrag Handgemenge _
Überleben x2 Fahren _____
Präludium: Früher behaupteten Sie scherzhaft, Country VORZÜGE & SCHWÄCHEN
___ Tierkunde Ausweichen __
FÄHIGKEITEN
zu spielen, weil sich Ihr Leben wie ein Countrysong an- _________ ___________
hört. Von einer alleinerziehenden Mutter im Zwanzigton-
(Ausdauer) __ Kreativ _____ ___________
(Ehrfurcht), Seelenstärke Einsichtig ___ _ Nachdenklich
ner aufgezogen, sahen Sie einen großen Teil des Landes
Tiers, Tierklauen), Präsenz
Gestaltwandel (Augen des
GEISTIG
durch das Beifahrerfenster, ehe Sie acht Jahre alt waren. DISZIPLINEN Charismatisch ___________
Betrügerisch x2 Verführerisch
Dann kamen die Behörden und sagten, Sie müßten in die Ausdrucksvoll x2 __ Empathisch
GESELLSCHAFTLICH
Schule gehen, weshalb Sie zu Ihren Großeltern ziehen Standhaft x2 ___________
mußten – kein fließendes Wasser, viel Arbeit auf dem Hof EINFLUSS Flink _______ ________ Zäh
Ausdauernd _ Unerschütterlich
und Hausaufgaben beim Licht einer Kerosinlaterne. Dazu ___________
___________
__________
Ressourcen x1
KÖRPERLICH
gebe man eine große Portion Bier, ein paar prägende, ent- ____ Ruhm x2 Generation x2

täuschte Romanzen, und man hat eine Menge nützliches

HINTERGRUND MENSCHLICHKEIT

Material. GEWISSEN/ ÜBERZEUGUNG

Wenigstens gab es immer Musik. Sie hatten ein angebo-
renes Gefühl für die Gitarre, eine sanfte Stimme mit dem SELBSTBEHERRSCHUNG/
richtigen, näselnden Unterton und ein riesiges Repertoire INSTINKT
durch jahrelangen Radiokonsum. Nach der Highschool
MUT
beschlossen Sie, auf Wanderschaft zu gehen, die Alterna- NAME: _________________
tive wäre ein Job als Geschirrwäscher in einem 24-Stun- BLUTVORRAT KONZEPT: Countrysänger
den-Restaurant gewesen. Jahrelang hatten Sie deswegen CHRONIK: ______________
CLAN: Gangrel _______
keine Gewissensbisse. Sie waren zwar kein technisch bril- GENERATION: 11. ______
lanter Musiker oder begabter Komponist, doch Ihr feines WILLENSKRAFT ALTER: ________________
Gefühl für die Stimmung in den Bars oder Clubs, in de- WESEN: Schurke _____
nen Sie spielten, brachte Ihnen wiederholte Auftritte und VERHALTEN: Schurke
ein angenehmes Leben auf Tour.
Sie suchten sich einen Agenten
und heuerten eine alte Flamme
an, die Ihnen half, Ihre Ein-
Mann-Show auf- und abzubau- aufmerksam. Ihre Fähigkeiten, die Massen zu beeinflus-
en. sen, haben sich zwar verbessert, doch manchmal fragen
In einer Nacht vor Sie sich, wieso Sie eigentlich Ihrem Essen etwas vorsingen.
etwa drei Jahren geschah Konzept: Seit Ihrer Zeugung hat sich Ihre Wanderlust
jedoch etwas seltsames. Ein zotti- noch verstärkt, Sie fragen sich jedoch, ob Ihnen bei all
ger, unruhiger Typ mit dreckigen Fin- der Routine nicht etwas fehlt. Dahinter, daß Sie Ihr
gernägeln wünschte sich den Song schweres Unleben auf der Straße so freudig hinneh-
„Walking after Midnight” von Patsy Cline, men, steckt eine tiefe Furcht davor, was aus Ihnen
und bis heute sind Sie sich nicht sicher, ob geworden ist und was Sie noch tun könnten.
Ihr Scheiß-Instinkt Sie rettete oder nicht, Rollenspielhinweise: Sie setzen immer
aber der Mann beruhigte sich sichtbar, als eine gutgelaunte Miene für das Publikum
Sie sangen und verließ die Bar zufrieden. auf, doch halten dabei ein Auge auf die
Doch er kam zurück, um Ihr Blut zu trin- Gefühle der Leute und wissen immer,
ken und Ihnen seins zu geben. Seitdem wo die Hintertür ist. Sie erkennen die
haben Sie ihn nicht wiedergesehen. Stimmungsschwankungen einer
Sie haben alles ganz gut auf die Reihe Menge wie ein Hund, der eine Wit-
gekriegt, wenn man die Umstände be- terung aufnimmt. Ihre zunehmende
trachtet. Sie sind immer noch auf Tour – Entfremdung von normalen Leu-
das einzige Leben, das Sie kennen. Sie ten verstört Sie, auch wenn Sie
haben den Van lichtdicht gemacht. An sich selbst nie als normal
Fans und Groupies kann man sich gut bezeichnet hätten.
satt trinken, doch jeder Wenn es Ihre Fähigkeit
Fe h l t r i t t aufzutreten beein-
verringert trächtigt, was bleibt dir
Ihre Fan- dann noch?
gemein- Ausrüstung: Eine
de noch schrottige Collins C-10 De-
mehr und luxe-Gitarre, eine halbleere,
macht un- schrottige Zigarettenschachtel, ein schrottiger
nötig auf Sie Stetson und ein schrottiger Chevy-Lieferwagen

GangrelTemplate02.p65 76 05.03.2002, 15:30

 NAME: WESEN: Schurke GENERATION: 11.
SPIELER: VERHALTEN: Schurke ERZEUGER:
CHRONIK: KONZEPT: Countrysänger ZUFLUCHT:

KÖRPERLICH
Körperkraft ........................
Geschick ............................
Widerstandsfähigkeit ........
ATTRIBUTE
GESELLSCHAFTLICH
Charisma ...........................
Manipulation ....................
Erscheinungsbild ...............
GEISTIG
Wahrnehmung ..................
Intelligenz ..........................
Geistesschärfe ...................

TALENTE
Ausdruck ...........................
Aufmerksamkeit ...............
Ausflüchte .........................
Ausweichen .......................
Einschüchtern ...................
Empathie ...........................
Führungsqualitäten ..........
Handgemenge ...................
Sportlichkeit .....................
Szenekenntnis ...................
FÄHIGKEITEN
FERTIGKEITEN
Etikette ..............................
Fahren ...............................
Handwerk ..........................
Heimlichkeit .....................
Nahkampf ..........................
Schußwaffen .....................
Sicherheit ..........................
Tierkunde ..........................
Überleben ..........................
Vortrag ...............................
KENNTNISSE
Akademisches Wissen ......
Computer ..........................
Finanzen ............................
Gesetzeskenntnis ..............
Linguistik ..........................
Medizin ..............................
Nachforschungen .............
Naturwissenschaften ........
Okkultismus ......................
Politik ................................

HINTERGRUND
Generation ......................
Ressourcen .....................
Ruhm .................................
...........................................
...........................................
VORTEILE
DISZIPLINEN TUGENDEN
Gestaltwandel ................ Gewissen/
Präsenz ............................ Überzeugung .....................
Seelenstärke ................. Selbstbeherrschung/
........................................... Instinkt ..............................
........................................... Mut ....................................

VORZÜGE/ SCHWÄCHEN MENSCHLICHKEIT/ PFAD GESUNDHEIT

Blaue Flecken:
Verletzt: -1
Schwer verletzt: -1
Verwundet: -2
WILLENSKRAFT Schwer verwundet: -2
Verkrüppelt: -5
Außer Gefecht:

SCHWÄCHE
BLUTVORRAT
jede Raserei bringt einen
Tierhaften Zug

GangrelTemplate02.p65 77 05.03.2002, 15:31

 HACKER
Zitat: Wenn du keine 1.096-bit-Verschlüsselung auf ‘nem si- (Elektronik) __

cheren SQL-Server verwendest, kannst du genausogut all dei-

Naturwissenschaften
Fahren ______ _ Überleben x2
ne Daten auf meinem Account speichern; ich kann mich über- VORZÜGE & SCHWÄCHEN
Computer ___ ___ Tierkunde
Akadem. Wissen ___ Sicherheit
all reinhacken. _________ ___________ FÄHIGKEITEN
Präludium: Mit Ihrer großen Klappe haben Sie sich schon
kraft) ______ Klug x2 _____
Seelenstärke (Ausdauer, Ur- __ Verschlagen Kenntnisreich
immer in Schwierigkeiten reingeritten. In der Euphorie der Gestaltwandel (Augen des Tiers),
DISZIPLINEN
______ Schlau Einsichtig ___
_______ Listig
ersten Hackererfahrungen behaupteten Sie, ein enger
Achtsam ____
GEISTIG
Freund des Chaos-Computerclubs zu sein, und es war et- Geistreich x2 _ Überzeugend
___ Gewinnend Entzückend __
was schwierig, Ihren Eltern zu erklären, wieso sie ihre Te- EINFLUSS
GESELLSCHAFTLICH
lefonnummer ändern sollten. Ein paar Jahre später schnei- ___________ Mentor x1 ___
Geschickt ___ ___________
Drahtig ____ __ Unermüdlich
te das BKA ins Haus, weil Sie in einem Forum gepostet ___________
___________
Kontakte x2 _
Generation x3
KÖRPERLICH
hatten, Sie könnten ins System des Finanzministeriums Ressourcen x2 Einfluß (Uni x1)

einbrechen. Ironischerweise zwang Ihre große Klappe Sie,

HINTERGRUND MENSCHLICHKEIT

ein besserer Hacker zu werden; Sie lernten, wie man seine GEWISSEN/ ÜBERZEUGUNG
Spuren verwischt – zumindest meist.
Dann gerieten Sie an den Falschen. Die Leute im Café SELBSTBEHERRSCHUNG/
wußten schon, daß Ihre Geschichten mit Vorbehalt zu ge- INSTINKT
nießen waren, der Fremde an der Theke jedoch nicht. Und
MUT
er glaubte Ihnen, als Sie ihm erzählten, Sie könnten ein NAME: _________________
Programm schreiben, das unterschwellige Befehle an sei- BLUTVORRAT KONZEPT: Hacker
ne Computerperipherie schicken oder den Stromfluß zu CHRONIK: ______________
CLAN: Gangrel _______
seinen Haushaltsgeräten manipulieren GENERATION: 10. ______
könnte. Er verfolgte Sie auf dem WILLENSKRAFT ALTER: ________________
Heimweg, zerrte Sie aus dem Bett WESEN: Tagedieb _____
und zwang Sie, sein Blut zu trin- VERHALTEN: Casanova __
ken. Das letzte Jahr am Gym-
nasium verbrachten Sie als
Ghul. Ihr Herr brauchte
nicht lange, um zu mer-
ken, daß Sie nur Flausen noch in Schwierigkeiten, Sie haben aber die Kunst des
im Kopf hatten; er ver- Beschwichtigens gelernt und wissen, wann Sie Ihre
möbelte Sie einmal, Kehle zeigen müssen, um alles wieder gut zu machen.
damit Sie sich in Konzept: Sie passen perfekt in die Rolle des
Zukunft benäh- Omega, der untersten Sprosse der Hackordnung.
men, aber er Mit Ihren Fähigkeiten können Sie sich jedoch
schien Ihre auf eine Weise nützlich machen, die der Rest
große Klappe des Clans gerade erst zu begreifen beginnt, und
lustig zu fin- Sie werden dies sicher nutzen. Wenn sich end-
den. Auch lich alle Wesen der Nacht eingeloggt haben,
wenn Sie nicht werden sie merken, daß Sie der Chef sind.
alles konnten, Rollenspielhinweise: Es ist schwierig, jede
was Sie erzählt hatten, Möglichkeit zu nutzen, die Ihren Ruf verbes-
konnten Sie genug, um ihm sern könnte oder Witze auf Kosten anderer zu
nützlich zu sein. Nach Ihrem machen. Sie müssen damit rechen, daß man
Informatik-Diplom machte er Ihnen hin und wieder in den Arsch tritt, aber
Sie zum Vampir. Sie tragen Ihr Schicksal mit Fassung. Sie kön-
Ihre Zeugung überlebten nen sich darauf verlassen, daß Sie nicht als
Sie nur um ein Haar. Ihr Er- Landplage angesehen werden – zumin-
zeuger setzte Sie mitten in ei- dest bei den Gangrel.
nem Nationalpark aus, wo es Ausrüstung: Laptop auf Pump,
nicht mal eine Telefonzelle gab. Rechner auf Pump, dreckige
Als Sie Wochen später aus dem Klamotten, ein alter Saturn
Wald herausgekrochen kamen, Coupé
wund und des Eichhörnchen-
bluts überdrüssig, schleppte er
Sie zu einem anderen beschisse-
nen Fleck in der Landschaft, um
Sie all seinen Freunden vorzustel-
len. Ihre Klappe bringt Sie immer

GangrelTemplate03.p65 78 05.03.2002, 15:35

 NAME: WESEN: Tagedieb GENERATION: 10.
SPIELER: VERHALTEN: Casanova ERZEUGER:
CHRONIK: KONZEPT: Hacker ZUFLUCHT:

KÖRPERLICH
Körperkraft ........................
Geschick ............................
Widerstandsfähigkeit ........
ATTRIBUTE
GESELLSCHAFTLICH
Charisma ...........................
Manipulation ....................
Erscheinungsbild ...............
GEISTIG
Wahrnehmung ..................
Intelligenz ..........................
Geistesschärfe ...................

TALENTE
Ausdruck ...........................
Aufmerksamkeit ...............
Ausflüchte .........................
Ausweichen .......................
Einschüchtern ...................
Empathie ...........................
Führungsqualitäten ..........
Handgemenge ...................
Sportlichkeit .....................
Szenekenntnis ...................
FÄHIGKEITEN
FERTIGKEITEN
Etikette ..............................
Fahren ...............................
Handwerk ..........................
Heimlichkeit .....................
Nahkampf ..........................
Schußwaffen .....................
Sicherheit ..........................
Tierkunde ..........................
Überleben ..........................
Vortrag ...............................
KENNTNISSE
Akademisches Wissen ......
Computer ..........................
Finanzen ............................
Gesetzeskenntnis ..............
Linguistik ..........................
Medizin ..............................
Nachforschungen .............
Naturwissenschaften ........
Okkultismus ......................
Politik ................................

HINTERGRUND
Generation ......................
Kontakte ..........................
Mentor .............................
Ressourcen .....................
Status ..............................
VORTEILE
DISZIPLINEN TUGENDEN
Gestaltwandel ................ Gewissen/
Seelenstärke ................. Überzeugung .....................
........................................... Selbstbeherrschung/
........................................... Instinkt ..............................
........................................... Mut ....................................

VORZÜGE/ SCHWÄCHEN MENSCHLICHKEIT/ PFAD GESUNDHEIT

Blaue Flecken:
Verletzt: -1
Schwer verletzt: -1
Verwundet: -2
WILLENSKRAFT Schwer verwundet: -2
Verkrüppelt: -5
Außer Gefecht:

SCHWÄCHE
BLUTVORRAT
jede Raserei bringt einen
Tierhaften Zug

GangrelTemplate03.p65 79 05.03.2002, 15:36

 FELDBIOLOGE
Zitat: Tiere kann man nie wirklich kennen. Vertrauen Sie mir,
ich habe es auf die harte Tour gelernt. Man kann sie verste-
(Biologie x2) _ ___________
Naturwissensch. Überleben x2
hen, aber nie kennen.
VORZÜGE & SCHWÄCHEN Akadem. Wissen Tierkunde x2
_________ ___________ FÄHIGKEITEN
Präludium: Für viele ist Wissenschaft etwas Kaltes und der Ruhe) ___ __________
Steriles, das man in Laboren aus Glas und Edelstahl be-
des Flüstern, Der Lockruf, Lied Intuitiv ____ ___ Umsichtig
Tierklauen), Tierhaftigkeit (Wil- Aufmerksam _____ Rational
treibt. Für Sie ist Wissenschaft überall, und am besten ist Gestlatwandel (Augen des Tiers,
DISZIPLINEN
Achtsam ____ Kenntnisreich x2

sie draußen. Sie verbrachten Ihr Studium damit, Ratten

GEISTIG
_______________________
und Kaninchen in ihren Käfigen zu beobachten. Sie lern- Redegewandt ___________
Geistreich __ _ Überzeugend
ten, wie man einen Antrag auf Forschungsgelder schreibt EINFLUSS
GESELLSCHAFTLICH
und seine Ergebnisse veröffentlicht. Als der Antrag bewil- ___________ __________
_____ Wild x2
Geschickt ___
___ Tatkräftig
Ausdauernd _
ligt wurde, fuhren Sie gen Norden, um Wölfe zu beobachten. ___________
_____
Ruhm x1
Herde x1 ___
Generation x1
KÖRPERLICH
Die Ergebnisse waren verblüffend, eine so ausführliche Ressourcen x2 Gefolgsleute x1

Studie über das Verhalten von Wölfen hatte es nie zuvor

HINTERGRUND MENSCHLICHKEIT

gegeben; Ihre Arbeit beschritt neue Wege. Sie veröffent- GEWISSEN/ ÜBERZEUGUNG
lichten die Geschichte über Ihr Jahr mit den Wölfen mit
Hilfe eines Ghostwriters, was Sie später bedauerten, als sie SELBSTBEHERRSCHUNG/
als Grundlage für eine schlecht umgesetzte TV-Produkti- INSTINKT
on verwendet wurde. Ihre plötzliche Bekanntheit ebbte
MUT
schnell ab – Sie waren noch nie besonders telegen oder ex- NAME: _________________
trovertiert –, doch Ihr Name war bekannt genug, um Ihre BLUTVORRAT KONZEPT: Feldbiologe
Anträge bei Geldgebern an erster Stelle stehen zu lassen. CHRONIK: ______________
CLAN: Gangrel _______
Es war leicht, Geld für ein weiteres Jahr im Wald aufzu- GENERATION: 12. ______
bringen. WILLENSKRAFT ALTER: ________________
Die zweite Reise lief schief. Das Wolfsrudel, das Sie be- WESEN: Abweichler ___
obachteten, verhielt sich seltsam und durchkreuzte VERHALTEN: Pädagoge __
Ihre Anstrengungen mit einer Intelligenz, wie Sie
sie vorher nie beobachtet hatten. Sie wußten
schon, daß irgend etwas überhaupt nicht
stimmte, als es den Wölfen gelang, bei
Nacht an Ihre Filmdosen heranzukommen chungsrichtlinien in Zeitschriften. Heute rich-
und Ihr sorgsam gehütetes Material der aufge- ten Sie Ihre Forschungen so aus, daß sie poli-
henden Sonne auszusetzen. Es wäre klug gewe- tischen Zwecken dienen. Sie haben es sich
sen, zu packen und abzureisen, aber Ihre Neu- nicht so ausgesucht, aber vielleicht hei-
gier zwang Sie zu bleiben. ligt der Zweck die Mittel.
In der nächsten Nacht schlitzten Ihnen Rollenspielhinweise: Unter Leuten,
die Wölfe die Kehle auf. Die ersten Son- die sich nicht für Ihre Arbeit in-
nenstrahlen weckten Sie aus Ihrer Be- teressieren, fühlen Sie sich un-
wußtlosigkeit und zwangen Sie, unter wohl, bei denen, die sich da-
den zerfetzten Resten Ihres Zeltes im für interessieren, sind Sie
Schnee Schutz zu mißtrauisch. In gesell-
suchen. In der schaftlichen Situationen
Nacht, als Sie Ihr halten Sie sich eher be-
erstes Maultier er- deckt, was Ihnen viel
beutet hatten, kamen Zeit gibt, Ihre Umge-
die Wölfe zurück, und bung und Ihre Gefähr-
Ihr Erzeuger nahm ten gut einzuschätzen.
seine wahre Gestalt Ausrüstung: Digitale
an, um Ihnen zu erklä- Videokamera, zahllo-
ren, was Sie geworden se Notizbücher voller
waren und was er von Ih- Aufzeichnungen,
nen erwartete. Irgendwie ist es, Windjacke, Tragetasche
als wären Sie wieder an der
Uni, nur daß Ihr Tutor Blut
trinkt.
Konzept: Sie hatten gehofft, Sie könn-
ten den Uni-Intrigen entkommen, in-
dem Sie in der Natur arbeiteten. Dann
kamen Sie vom Regen in die Traufe – die
Pfähle hier sind schärfer als die Veröffentli-

GangrelTemplate04.p65 80 05.03.2002, 15:39

 NAME: WESEN: Abweichler GENERATION: 12.
SPIELER: VERHALTEN: Pädagoge ERZEUGER:
CHRONIK: KONZEPT: Feldbiologe ZUFLUCHT:

KÖRPERLICH
Körperkraft ........................
Geschick ............................
Widerstandsfähigkeit ........
ATTRIBUTE
GESELLSCHAFTLICH
Charisma ...........................
Manipulation ....................
Erscheinungsbild ...............
GEISTIG
Wahrnehmung ..................
Intelligenz ..........................
Geistesschärfe ...................

TALENTE
Ausdruck ...........................
Aufmerksamkeit ...............
Ausflüchte .........................
Ausweichen .......................
Einschüchtern ...................
Empathie ...........................
Führungsqualitäten ..........
Handgemenge ...................
Sportlichkeit .....................
Szenekenntnis ...................
FÄHIGKEITEN
FERTIGKEITEN
Etikette ..............................
Fahren ...............................
Handwerk ..........................
Heimlichkeit .....................
Nahkampf ..........................
Schußwaffen .....................
Sicherheit ..........................
Tierkunde ..........................
Überleben ..........................
Vortrag ...............................
KENNTNISSE
Akademisches Wissen ......
Computer ..........................
Finanzen ............................
Gesetzeskenntnis ..............
Linguistik ..........................
Medizin ..............................
Nachforschungen .............
Naturwissenschaften ........
Okkultismus ......................
Politik ................................

HINTERGRUND
Gefolgsleute ..................
Generation ......................
Herde ...............................
Ressourcen .....................
Ruhm .................................
VORTEILE
DISZIPLINEN TUGENDEN
Gestaltwandel ................ Gewissen/
Tierhaftigkeit ............... Überzeugung .....................
........................................... Selbstbeherrschung/
........................................... Instinkt ..............................
........................................... Mut ....................................

VORZÜGE/ SCHWÄCHEN MENSCHLICHKEIT/ PFAD GESUNDHEIT

Blaue Flecken:
Verletzt: -1
Schwer verletzt: -1
Verwundet: -2
WILLENSKRAFT Schwer verwundet: -2
Verkrüppelt: -5
Außer Gefecht:

SCHWÄCHE
BLUTVORRAT
jede Raserei bringt einen
Tierhaften Zug

GangrelTemplate04.p65 81 05.03.2002, 15:40

 BOHRINSELTECHNIKER
Zitat: Wollen wir schwimmen gehen?
Präludium: In der Anzeige klang die Stelle bei der Erdöl- Nachforschungen ___________
firma aufregend, fast exotisch. Durchsuchen Sie die salzi-
VORZÜGE & SCHWÄCHEN Handwerk ___ _ Tierkunde x2
Flüstern) ___ Einschüchtern _ Nahkampf x2
gen Tiefen des Ozeans nach schwarzem Gold wie ein mo- dauer), Tierhaftigkeit (Wildes FÄHIGKEITEN
derner Pirat mit einem hochtechnisierten Schiff! Sie füll-
der Erde), Seelenstärke (Aus- ___________ Geduldig ____
Tierklauen, Verschmelzung mit __ Verschlagen
Entschlossen
ten einen Antrag aus, machten die unzähligen körperli-
Gestaltwandel (Augen des Tiers, _______ Listig
Diszipliniert _
DISZIPLINEN
chen und geistigen Eignungstests und unterschrieben den
GEISTIG
__ Gebieterisch Einschüchternd x2
Vertrag. Als Sie auf die Bohrinsel kamen, war Ihnen klar, GESELLSCHAFTLICH
wieviel Scheiße die Anwerber erzählt und was für einen
___________
Muskulös x2 _
EINFLUSS ________ Zäh
Hartnäckig __
Knebelvertrag Sie unterschrieben hatten. Die Quartiere ___________ __________
_______ Wild
Geschmeidig _
______ Robust
Flink _______
waren lausig, die Arbeitsbedingungen mies, und es gab ___________
___________
__________
__________
KÖRPERLICH
weder Rum noch Miezen auf dem Kahn. Sie saßen auf ei- ___________ Mentor x1 ___

nem schwimmenden Metallklotz im Golf von Mexiko fest,

HINTERGRUND MENSCHLICHKEIT

und das Festland war nur ein Fleck hinten am Horizont – GEWISSEN/ ÜBERZEUGUNG
bei gutem Wetter.
Sie wuchsen in Alabama auf und hatten das warme, SELBSTBEHERRSCHUNG/
INSTINKT
freundliche Wasser des Golfs immer gemocht, doch die
Jahre auf der Bohrinsel haben diese Beziehung getrübt.
MUT
Selbst der Hurrikan, der über Sie hinwegzog, war angeneh- NAME: _________________
mer als der Gestank, der aus den Forschungseinrichtungen BLUTVORRAT KONZEPT: Bohrinsel-
des Schiffes kam und das rätselhafte Verschwinden Ihrer techniker
CHRONIK: ______________
Kumpel aus der Crew. An dem Morgen, als Sie aus der CLAN: (Land-)Gangrel antitribu
Messe kamen und Ihren Pritschennachbarn vom Dek- WILLENSKRAFT GENERATION: 13. ______
kenbalken baumeln sahen, war das Maß voll. In ALTER: ________________
WESEN: Monster _____
jener Nacht sprangen Sie von Deck und
VERHALTEN: Direktor
schwammen Richtung Land. Nach Kilome-
tern versagten Arme und Beine Ihnen den
Dienst, Ihre Lunge füllte sich mit Wasser,
und Sie begannen zu sinken. Da packte
Sie das Wesen und saugte sich an Ihrem Konzept: Sie nehmen die Dinge persönlich. Die
Oberkörper fest, während Ihr letzter Atem- Ölfirma hat Ihnen das Beste genommen, Ihr Leben
zug in einem nutzlosen Schrei aus Ihrer eingeschlossen. Damals waren Sie ein Niemand,
Lunge sprudelte. Ihr Blut und das aber heute sind Sie etwas Besonderes. An er-
des Wesens färbten das Was- ster Stelle Ihrer Prioritäten steht Rache,
ser, Haie umkreisten Sie, danach nehmen Sie, was kommt.
doch sie griffen nicht an, Rollenspielhinweise: Man hat Sie
als Ihr Körper sich ver- lange genug herumgeschubst, Sie
änderte. In derselben haben keine Lust mehr, Befehle
Nacht kehrten Sie zu- entgegenzunehmen. Sie träu-
rück zur Bohrinsel und men von einem Leben als
verkrochen sich wäh- Unterwasserprivatdetektiv,
rend des Tages in ihrem der nach Hinweisen fischt und
Schatten, um bei Son- Haie angelt. Denken Sie an Ihre
nenuntergang wieder an Ziele, auch wenn Sie mit Verbün-
Deck zu klettern. In dieser deten zusammenarbeiten – es ist
Nacht verschwanden der wichtig, daß Ihre Rache die süßeste
Schichtaufseher und der Koch, wird.
worauf das Management neue Ausrüstung: Bohrinsel-Sicher-
Anzeigen schaltete. heitspaß, nasser Overall, ein riesi-
Das Ding, das Sie vor dem Ertrin- ger Schraubenschlüssel, ein Bündel
ken gerettet hatte, stellte sich als feuchtes Bargeld
ganz nett heraus, als Sie sich
an die seltsamen Fischkörper-
teile gewöhnt hatten. Sie ver-
brachten einige Zeit im Golf
miteinander, doch es hatte ein
paar Sachen zu erledigen, und
Sie auch.

GangrelTemplate05.p65 82 05.03.2002, 15:52

 NAME: WESEN: Monster GENERATION: 13.
SPIELER: VERHALTEN: Direktor CLAN: (Land-) Gangrel antitribu
CHRONIK: KONZEPT: Bohrinseltechniker ZUFLUCHT:

KÖRPERLICH
Körperkraft ........................
Geschick ............................
Widerstandsfähigkeit ........
ATTRIBUTE
GESELLSCHAFTLICH
Charisma ...........................
Manipulation ....................
Erscheinungsbild ...............
GEISTIG
Wahrnehmung ..................
Intelligenz ..........................
Geistesschärfe ...................

TALENTE
Ausdruck ...........................
Aufmerksamkeit ...............
Ausflüchte .........................
Ausweichen .......................
Einschüchtern ...................
Empathie ...........................
Führungsqualitäten ..........
Handgemenge ...................
Sportlichkeit .....................
Szenekenntnis ...................
FÄHIGKEITEN
FERTIGKEITEN
Etikette ..............................
Fahren ...............................
Handwerk ..........................
Heimlichkeit .....................
Nahkampf ..........................
Schußwaffen .....................
Sicherheit ..........................
Tierkunde ..........................
Überleben ..........................
Vortrag ...............................
KENNTNISSE
Akademisches Wissen ......
Computer ..........................
Finanzen ............................
Gesetzeskenntnis ..............
Linguistik ..........................
Medizin ..............................
Nachforschungen .............
Naturwissenschaften ........
Okkultismus ......................
Politik ................................

HINTERGRUND
Mentor .............................
...........................................
...........................................
...........................................
...........................................
VORTEILE
DISZIPLINEN TUGENDEN
Gestaltwandel ................ Gewissen/
Seelenstärke ................. Überzeugung .....................
Tierhaftigkeit ............... Selbstbeherrschung/
........................................... Instinkt ..............................
........................................... Mut ....................................

VORZÜGE/ SCHWÄCHEN MENSCHLICHKEIT/ PFAD GESUNDHEIT

Blaue Flecken:
Verletzt: -1
Schwer verletzt: -1
Verwundet: -2
WILLENSKRAFT Schwer verwundet: -2
Verkrüppelt: -5
Außer Gefecht:

SCHWÄCHE
BLUTVORRAT
jede Raserei bringt einen
Tierhaften Zug

GangrelTemplate05.p65 83 05.03.2002, 15:52

 ÖKOTERRORISTIN
Zitat: Ich bin ein lebender Beweis dafür, daß Mutter Natur
manchmal eine eiskalte Schlampe sein kann.
_ Überleben x2 Schußwaffen _
___ Tierkunde Einschüchtern
Präludium: Die Uni öffnete Ihnen die Augen. Sie führten ein
VORZÜGE & SCHWÄCHEN ___ Sicherheit Ausweichen __
Gegenwart) __ FÄHIGKEITEN
behütetes Leben geistlosen Konsums im Hause Ihrer Eltern. (Schattenmantel, Unsichtbare Diszipliniert _
In dieser Zeit türmten Sie einen Berg karmischer Schuld in
Tierklauen), Verdunkelung ______ Schlau Aufmerksam
Gestaltwandel (Augen des Tiers, ________ Klug Achtsam ____
Form umweltschädlicher Verpackungen auf irgendeiner Müll- Geschwindigkeit (Munterkeit),
DISZIPLINEN
GEISTIG
halde auf. Sie waren sich nicht im Klaren darüber, was für
Auswirkungen Ihre colaschlürfende, popcornmampfende, Anziehend __ Gebieterisch x2

Dritte-Welt-Turnschuh-Mentalität auf unseren Planeten hat-

GESELLSCHAFTLICH
EINFLUSS Kräftig _____ ___________
te. Sie veränderte alles. Sie lernten sie kennen, als Sie als Stu- ___________ __________
Drahtig ____ Unermüdlich x2
Agil _______ ___ Schnell x2
dienanfängerin ein Jahr in einem Kiosk arbeiteten. Sie häng- ___________
___________
__________
Herde x1 ____
KÖRPERLICH
te gerade Plakate für die RAJG, die revolutionäre Aktionsju- ___ Mentor x1 Generation x2

gendgruppe für Gaia, auf. Sie war das schönste Mädchen, das
HINTERGRUND WILDEN HERZENS DES PFAD

Sie je gesehen hatten. Sie gingen zu diesem Treffen, hatten GEWISSEN/ ÜBERZEUGUNG
nun eine Freundin und eine Sache, an die Sie glaubten.
Sie wünschten, sie wäre es gewesen, die Sie zu dem SELBSTBEHERRSCHUNG/
machte, was Sie heute sind. Sie machte Schluß, als ihr Ihre INSTINKT
Methoden „zu brutal” wurden; sie meinte, Sie brächten
MUT
Turbulenzen in ihre Aura. Sie wurden radikal. Sie nagel- NAME: _________________
ten Mammutbäume, brachen in Labors ein, um Versuchs- BLUTVORRAT KONZEPT: Ökoterroristin
tiere zu befreien, und feuerten auf Walfänger. Als Sie da- CHRONIK: ______________
CLAN: (Stadt-) Gangrel antitribu
von hörten, daß ein ortsansässiger Chemiekonzern (eine in- GENERATION: 11. ______
ternationale AG) Abwasser in den Fluß leitete, organisierten WILLENSKRAFT ALTER: ________________
Sie eine kühne nächtliche Offensive, um die Fabrik zu be- WESEN: Buch mit 7 Siegeln
VERHALTEN: Überlebens-
schädigen. Sie hätten Schlagzeilen gemacht und wären hin-
künstler
ter Gittern gelandet – nur stolperten Sie genau
in einen geheimen Krieg.
Im düsteren Licht der chemischen Feu-
er konnten Sie erkennen, wie menschlich Umweltverschmutzung angegriffen hatte, sondern weil
aussehende Monster die schwer bewaffne- sie einem schmierigen Ventrue gehörte. Ihre Kumpels
ten Sicherheitsleute der Fabrik angriffen. interessieren sich nicht die Bohne für Ihre Sache, aber
Ihre Genossen flohen oder wurden von man kann sie leicht locken, wenn man ihnen ein Ge-
Querschlägern niedergestreckt. Sie waren metzel verspricht. Sie haben alles über die Vorsintflut-
wie in einem Godzillafilm auf der Seite lichen und Gehenna gehört und den Feind ausgemacht
der Monster, doch die Wachmänner – die Erderwärmung. Unter den Polkappen sind
rückten weiter vor. Sie schalteten auf schlimme Monster eingefroren...
Autopilot, krochen in die Fabrik, Konzept: Der Kampf hat sich nicht ge-
und während die Wesen das Feu- ändert, nur das Schlachtfeld. Um die
er auf sich zogen, legten Sie Kainskinder zu retten, muß man
Ihre fiese Bombe und rann- auch die Welt und die Menschen
ten, was das Zeug hielt. retten. Wenn Sie erst einmal heraus-
Kurz nach der Explosion gefunden haben, wie Sie Ihre Ver-
kamen die Monster zu Ih- bündeten unter Kontrolle bringen
nen, um zu gratulieren. Sie können, haben Sie eine Streit-
hatten Hunger. Sie stritten kraft, bei deren Anblick Green-
sich über die Gestalt, die Sie peace grün vor Neid wird.
wohl annehmen würden und fan- Rollenspielhinweise: Sie brin-
den wohl einen Kompromiß. Sie tran- gen die Leute nicht dazu, zu tun,
ken all Ihr Blut, machten Sie aber was Sie wollen, Sie führen sie,
als Belohnung für Ihren Kampfes- und sie wollen Ihnen folgen. Sie
mut zur Vampirin. Ihr Erzeuger, ein wissen, daß der Weg zu Ihrem
schuppiges, rattenzähniges Wesen, bestand Ziel über ein paar Umwege füh-
darauf, Sie für ein paar Monate in die ren wird, doch Fragen der
Wildnis zu verfrachten, aber das ging für Umwelt liegen Ihnen immer
Sie in Ordnung – der Mann kontrolliert am Herzen.
die Bullen, und nach dem, was Sie getan Ausrüstung: Skimütze, Ski-
hatten, würden sie Sie suchen. jacke, ein Rucksack voller
Inzwischen haben Sie erfahren, daß Munition und Nägeln für Bäu-
Ihr Rudel die Fabrik nicht wegen der me, Pfefferspray

GangrelTemplate06.p65 84 05.03.2002, 15:57

 NAME: WESEN: Buch mit sieben Siegeln GENERATION: 11.
SPIELER: VERHALTEN: Überlebenskünstler CLAN: (Stadt-) Gangrel antitribu
CHRONIK: KONZEPT: Ökoterroristin ZUFLUCHT:

KÖRPERLICH
Körperkraft ........................
Geschick ............................
Widerstandsfähigkeit ........
ATTRIBUTE
GESELLSCHAFTLICH
Charisma ...........................
Manipulation ....................
Erscheinungsbild ...............
GEISTIG
Wahrnehmung ..................
Intelligenz ..........................
Geistesschärfe ...................

TALENTE
Ausdruck ...........................
Aufmerksamkeit ...............
Ausflüchte .........................
Ausweichen .......................
Einschüchtern ...................
Empathie ...........................
Führungsqualitäten ..........
Handgemenge ...................
Sportlichkeit .....................
Szenekenntnis ...................
FÄHIGKEITEN
FERTIGKEITEN
Etikette ..............................
Fahren ...............................
Handwerk ..........................
Heimlichkeit .....................
Nahkampf ..........................
Schußwaffen .....................
Sicherheit ..........................
Tierkunde ..........................
Überleben ..........................
Vortrag ...............................
KENNTNISSE
Akademisches Wissen ......
Computer ..........................
Finanzen ............................
Gesetzeskenntnis ..............
Linguistik ..........................
Medizin ..............................
Nachforschungen .............
Naturwissenschaften ........
Okkultismus ......................
Politik ................................

HINTERGRUND
Generation ......................
Herde ...............................
Mentor .............................
Sabbatstatus .................
...........................................
VORTEILE
DISZIPLINEN TUGENDEN
Geschwindigkeit ............ Gewissen/
Gestaltwandel ................ Überzeugung .....................
Verdunkelung ................. Selbstbeherrschung/
........................................... Instinkt ..............................
........................................... Mut ....................................

VORZÜGE/ SCHWÄCHEN MENSCHLICHKEIT/ PFAD GESUNDHEIT

Blaue Flecken:
Verletzt: -1
Schwer verletzt: -1
Verwundet: -2
WILLENSKRAFT Schwer verwundet: -2
Verkrüppelt: -5
Außer Gefecht:

SCHWÄCHE
BLUTVORRAT
jede Raserei bringt einen
Tierhaften Zug

GangrelTemplate06.p65 85 05.03.2002, 15:57

 INDUSTRIELOBBYIST
Zitat: Ich bin sicher, daß wir eine Lösung finden, mit der wir
beide glücklich werden.
___________ Gesetzeskenntnis
___ Überleben Finanzen ___
Präludium: Sie wuchsen in einer Holzfällerstadt auf, um- VORZÜGE & SCHWÄCHEN
___ Tierkunde
______ Politik
Ausflüchte __
Akadem. Wissen
geben von Holzfällern, Sägemühlen, Zimmermännern und FÄHIGKEITEN
Papiermühlen. Der Geruch von Sägemehl ruft bei Ihnen
kraft, Hartnäckigkeit) _______
Seelenstärke (Ausdauer, Ur- _ Kenntnisreich Einsichtig x2
immer noch schöne Erinnerungen hervor. Der Duft von
Gestaltwandel (Augen des Tiers), Hingebungsvoll Diszipliniert _
DISZIPLINEN
Patschuli und billigen Räucherstäbchen weckt auch Erin-
GEISTIG
_ Redegewandt Bezaubernd x2
nerungen, aber keine guten. Das erinnert Sie eher an Bäu- ___ Gewinnend
_ Diplomatisch
Betrügerisch
Ausdrucksvoll
me umarmende Hippies, die Ihre Kleinstadt beschimpften, EINFLUSS
GESELLSCHAFTLICH
Rodungen verbieten ließen und Ihre Verwandten und Verbündete x1 Generation x1
Unerschütterlich __________
Anmutig ____ Unverwüstlich
Nachbarn zu Dutzenden arbeitslos werden ließen. Ihre Ressourcen x3
__ Kontakte x4
Politik x2) ___
(Industrie x2,
KÖRPERLICH
Geschichten von der Kindheit in Armut leisteten Ihnen ____ Herde x2 Einfluß _____

bei KVURE, der Koalition für den verantwortlichen Um-

HINTERGRUND MENSCHLICHKEIT

gang mit regenerativen Energiequellen, gute Dienste – im GEWISSEN/ ÜBERZEUGUNG

Bundestag blieb kein Auge trocken, als Sie von Weih-
nachtsfesten ohne Geschenke oder Baum erzählten, was SELBSTBEHERRSCHUNG/
INSTINKT
Sie nur diesen ungewaschenen liberalen Protestierern zu
verdanken hatten. Sie sind stolz auf Ihre Rolle bei der Re-
MUT
form der Forstbestimmungen und der Erweiterung der Ab- NAME: _________________
holzungsgebiete. BLUTVORRAT KONZEPT: Industrielobbyist
Ihre Eltern waren stolz auf Sie, doch jemand anderes CHRONIK: ______________
CLAN: (Land-) Gangrel antitribu
fand Sie nicht so gut. Eines nachts brach jemand in Ihre GENERATION: 12. ______
Wohnung in Berlin ein, fesselte Sie und packte Sie in sei- WILLENSKRAFT ALTER: ________________
nen Kofferraum, während er die ganze Zeit etwas von ei- WESEN: Architekt ____
ner Lektion murmelte. In der nächsten Nacht trank er VERHALTEN: Direktor __
inmitten der Stümpfe eines abgeholzten Waldes
Ihr Blut und zwang das Seine in Ihre Kehle. Be-
geistert von seiner erfolgreichen „Rache” ließ er
Sie unter den Sternen zurück. Der Ort, an dem
er Sie zurückgelassen hatte, war ein typischer Konzept: Sie sind interessiert an der Umwelt –
Fall von völligem Kahlschlag, aber was konnten vor allem daran, wie man sie am besten den
Sie schon für die Schlampigkeit irgendeines Menschen und jetzt Ihnen nutzbar ma-
Holzfällunternehmens – Sie wissen es bis heute chen kann. Manchmal stört es Sie, daß
nicht. Sie verbrachten die Tage unter Ber- skrupellose Handlungen auf Ihre Kappe
gen von Tannenästen, bis Sie eine gehen, aber wo gehobelt wird, fallen
Straße fanden und in die Zivi- Späne.
lisation trampten. Am näch- Rollenspielhinweise: Wenn Ihre
sten Montag saßen Sie wie- Beweggründe in Frage gestellt
der am Schreibtisch und werden, fühlen Sie sich in Ihrer
sortierten Ihre Geschäfts- Ehre verletzt. In der Gruppe ha-
essen nach Mahlzeiten ben Sie immer das Beste in Pet-
und Drinks. Berlin ist ein to, sei es unter Vampiren,
toller Ort, um tot zu sein, Holzfällern oder Bundestags-
solange man Geld und abgeordneten, die auf Wie-
Zugang zu den Korrido- derwahl hoffen.
ren der Macht hat. Ausrüstung: Saab, Filo-
Man sagte Ihnen, Sie fax, Handy, Kreditkarten
seien Mitglied des Sab-
bat und einem Rudel
zugewiesen. Bisher war
es nur Ihre Aufgabe,
Gelder aufzubringen und
sichere Plätzchen für Sek-
tenmitglieder in Not zu
finden. Sie achten genau dar-
auf, wer wen in der Hand hat,
und Ihr Notizbuch ist voll von
Gefallen, die Sie jederzeit einfor-
dern können, wenn es nötig ist.

GangrelTemplate07.p65 86 05.03.2002, 16:00

 NAME: WESEN: Architekt GENERATION: 12.
SPIELER: VERHALTEN: Direktor CLAN: (Land-) Gangrel antitribu
CHRONIK: KONZEPT: Industrielobbyist ZUFLUCHT:

KÖRPERLICH
Körperkraft ........................
Geschick ............................
Widerstandsfähigkeit ........
ATTRIBUTE
GESELLSCHAFTLICH
Charisma ...........................
Manipulation ....................
Erscheinungsbild ...............
GEISTIG
Wahrnehmung ..................
Intelligenz ..........................
Geistesschärfe ...................

TALENTE
Ausdruck ...........................
Aufmerksamkeit ...............
Ausflüchte .........................
Ausweichen .......................
Einschüchtern ...................
Empathie ...........................
Führungsqualitäten ..........
Handgemenge ...................
Sportlichkeit .....................
Szenekenntnis ...................
FÄHIGKEITEN
FERTIGKEITEN
Etikette ..............................
Fahren ...............................
Handwerk ..........................
Heimlichkeit .....................
Nahkampf ..........................
Schußwaffen .....................
Sicherheit ..........................
Tierkunde ..........................
Überleben ..........................
Vortrag ...............................
KENNTNISSE
Akademisches Wissen ......
Computer ..........................
Finanzen ............................
Gesetzeskenntnis ..............
Linguistik ..........................
Medizin ..............................
Nachforschungen .............
Naturwissenschaften ........
Okkultismus ......................
Politik ................................

HINTERGRUND
Einfluss ............................
Generation ......................
Herde ...............................
Kontakte ..........................
Ressourcen .....................
Sabbatstatus .................
Verbündete ....................
VORTEILE
DISZIPLINEN TUGENDEN
Gestaltwandel ................ Gewissen/
Seelenstärke ................. Überzeugung .....................
........................................... Selbstbeherrschung/
........................................... Instinkt ..............................
........................................... Mut ....................................

VORZÜGE/ SCHWÄCHEN MENSCHLICHKEIT/ PFAD GESUNDHEIT

Blaue Flecken:
Verletzt: -1
Schwer verletzt: -1
Verwundet: -2
WILLENSKRAFT Schwer verwundet: -2
Verkrüppelt: -5
Außer Gefecht:

SCHWÄCHE
BLUTVORRAT
jede Raserei bringt einen
Tierhaften Zug

GangrelTemplate07.p65 87 05.03.2002, 16:01

 NEW-AGE-WIKINGER
Zitat: Blut für den Blutgott, Mann, Blut für den Blutgott!
Präludium: Ihr Leben war cool. Mama und Papa zogen
Überleben x2 Sportlichkeit _
___ Tierkunde Handgemenge
nach Kalifornien und begannen mit antiautoritärer Erzie- VORZÜGE & SCHWÄCHEN
Szenekenntnis Ausweichen __
FÄHIGKEITEN
hung und anderen primitiven Erziehungsmethoden, also
konnten Sie alles machen, was Sie wollten. Die Lehrer in haftigkeit (Wildes Flüstern) __
___________
________ Klug
Hingebungsvoll
Entschlossen _
der Schule wollten Ihr Selbstbewußtsein nicht schwächen
Seelenstärke (Ausdauer), Tier-
GEISTIG
DISZIPLINEN
und ließen Sie nicht sitzenbleiben, so schafften Sie es bis Blend. Aussehen ______ Heiter
in die zehnte Klasse, bis Sie endlich die Schule schmissen Betrügerisch _
GESELLSCHAFTLICH
Freundlich x2

und nur noch surfen gingen. Sie waren jung, blond und EINFLUSS ________ Zäh
Rauh _______
braun, und das war alles, was man zum Glücklichsein ___________ __________
_ Tatkräftig x2
Muskulös x2 _
_____ Schnell
Geschickt ___
brauchte. ___________
_ Verbündete x2
Mentor x1 ___
Herde x4 ___
KÖRPERLICH
Dann trafen Sie die Frau Ihrer Träume. Sie waren mit Ressourcen x2 Generation x1

Ihren Eltern bei einem heidnischen Sabbat; sie waren im-

HINTERGRUND MENSCHLICHKEIT

mer froh, wenn Sie mit zum Zirkel kamen, auch wenn sie GEWISSEN/ ÜBERZEUGUNG
wußten, daß Sie irgendwie fehl am Platze waren. Sie sta-
chen unter den ganzen Hexen, Druiden und Unitariern SELBSTBEHERRSCHUNG/
INSTINKT
hervor wie die Galionsfigur eines Schiffes. Sie mischten
sich unter die Leute, die sie umringten und hörten ihr ge-
MUT
spannt zu, als sie mit einem exotischen Akzent von Ehre, NAME: _________________
Mut und Kampf sprach. Das Heidentum Ihrer Eltern war BLUTVORRAT KONZEPT: New-Age-
Ihnen immer so hohl und blutarm vorgekommen, doch sie Wikinger
CHRONIK: ______________
versicherte, daß es in ihrer Religion reichlich Blut gäbe. CLAN: Gangrel _______
Als die Menge sich im Laufe der Nacht zerstreute, konn- WILLENSKRAFT GENERATION: 12. ______
ten Sie selbst mit ihr sprechen. Sie verstand nicht, was ALTER: ________________
WESEN: Zelebrant ____
„Surfen” bedeutet, aber als Sie ihr sagten, daß Sie die
VERHALTEN: Bonvivant
Wellen ritten, begannen ihre Augen unmißverständ-
lich zu leuchten. Als Sie an diesem Abend mit ihr
nach hause gingen, dachten Sie, Sie würden
glücklich werden. Sie hatten keine Ahnung. Sie
dachten, die gehörnten Helme und ihre drei und kämpfen begeistert. Sie wissen, daß Sie
Freundinnen wären nur Spinnerei, aber nach- nicht das hellste Licht sind, aber das ist in
dem sie Sie verprügelt hatten, konnten Sie sich Ordnung. In Ihrem Job muß man nicht viel
drei Tage nicht rühren. denken.
Nun, jetzt sind Sie Vampir, aber was Ausrüstung: Zwei automatische Pistolen,
wichtiger ist, sie bringt Ihnen bei, Treibholzpfähle, Sonnenbrille, ultralok-
wie man Wikinger ist. Sie war et- kere Surfklamotten
was enttäuscht, als sie hörte, daß
Sie gar kein Boot besitzen, aber
sie meint, sie werde schon eins
finden, wenn sie erst mal ‘ne
Mannschaft zusammen hat. Ihr
Board benutzen Sie nicht mehr,
nach Sonnenaufgang ist Surfen
Scheiße, aber Sie sind beschäftigt
genug mit Axt- und Schildtrai-
ning und Norwegischkursen.
Monterey scheint ein netter Platz
zu sein, um Wikinger zu werden.
Konzept: Zu Lebzeiten fiel Ihnen
alles in den Schoß, und jetzt haben
Sie Gelegenheit, im größten End-
kampf aller Zeiten an der Seite der
schönsten Frau, die Sie je gesehen ha-
ben, zu kämpfen. Was könnte besser
sein?
Rollenspielhinweise: Keine Welle ist zu
groß, kein Feind zu wild. Sie stürzen sich
auf Ihre neue Rolle und feiern, prahlen

GangrelTemplate08.p65 88 05.03.2002, 16:08

 NAME: WESEN: Zelebrant GENERATION: 12.
SPIELER: VERHALTEN: Bonvivant ERZEUGER:
CHRONIK: KONZEPT: New-Age-Winkinger ZUFLUCHT:

KÖRPERLICH
Körperkraft ........................
Geschick ............................
Widerstandsfähigkeit ........
ATTRIBUTE
GESELLSCHAFTLICH
Charisma ...........................
Manipulation ....................
Erscheinungsbild ...............
GEISTIG
Wahrnehmung ..................
Intelligenz ..........................
Geistesschärfe ...................

TALENTE
Ausdruck ...........................
Aufmerksamkeit ...............
Ausflüchte .........................
Ausweichen .......................
Einschüchtern ...................
Empathie ...........................
Führungsqualitäten ..........
Handgemenge ...................
Sportlichkeit .....................
Szenekenntnis ...................
FÄHIGKEITEN
FERTIGKEITEN
Etikette ..............................
Fahren ...............................
Handwerk ..........................
Heimlichkeit .....................
Nahkampf ..........................
Schußwaffen .....................
Sicherheit ..........................
Tierkunde ..........................
Überleben ..........................
Vortrag ...............................
KENNTNISSE
Akademisches Wissen ......
Computer ..........................
Finanzen ............................
Gesetzeskenntnis ..............
Linguistik ..........................
Medizin ..............................
Nachforschungen .............
Naturwissenschaften ........
Okkultismus ......................
Politik ................................

HINTERGRUND
Generation ......................
Herde ...............................
Mentor .............................
Ressourcen .....................
Verbündete ....................
VORTEILE
DISZIPLINEN TUGENDEN
Seelenstärke ................. Gewissen/
Tierhaftigkeit ............... Überzeugung .....................
........................................... Selbstbeherrschung/
........................................... Instinkt ..............................
........................................... Mut ....................................

VORZÜGE/ SCHWÄCHEN MENSCHLICHKEIT/ PFAD GESUNDHEIT

Blaue Flecken:
Verletzt: -1
Schwer verletzt: -1
Verwundet: -2
WILLENSKRAFT Schwer verwundet: -2
Verkrüppelt: -5
Außer Gefecht:

SCHWÄCHE
BLUTVORRAT
jede Raserei bringt einen
Tierhaften Zug

GangrelTemplate08.p65 89 05.03.2002, 16:08

 KLEINSTADTGEISSEL
Zitat: Wenn du aufhörst zu zappeln, tut es weniger weh, du
dumme Schlampe.
Nahkampf __
___ Überleben Handgemenge _
Präludium: Mama sagte immer schon, Sie seien etwas auf- VORZÜGE & SCHWÄCHEN
___ Tierkunde
Szenekenntnis
Einschüchtern
Ausweichen __
brausend. Nicht Ihr Problem. Sie versuchten, sich zu be- FÄHIGKEITEN
ruhigen – keiner kann sagen, Sie hätten es nicht versucht,
dauer), Stärke (Begabung) ____
Tierklauebn), Seelenstärke (Aus- ___________ Schlau _____
VERDAMMT! –, aber es geht einfach nicht. Zur Schule
Gestaltwandel (Augen des Tiers, ____ Wachsam Intuitiv ____
DISZIPLINEN __ Verschlagen
gegangen, Job gekriegt, die ganze Scheiße gemacht, die
Aufmerksam
GEISTIG
man von Ihnen wollte. Immer wieder gefeuert. Immer wie- Einschüchtern x3 __________
GESELLSCHAFTLICH
der geprügelt. Mit dem Chef geprügelt. Mit dem dämli- EINFLUSS ______ Zäh x2
Robust _____
chen Fernsehmechaniker geprügelt. Sogar mit dem Predi- ___________ Kontakte x1 _
_____ Wild x2
Rauh _______
_____ Schnell
Muskulös ___
ger... nicht so stolz drauf. ___________
Ressourcen x2
Generation x2
(Straße x1) __
KÖRPERLICH
Waren leider nicht mal echte Prügeleien. Manchmal ___ Mentor x1 Einfluß _____

waren Sie voll. Dann wieder haben nicht Sie angefangen

HINTERGRUND MENSCHLICHKEIT

– so ein Idiot, der Ihnen auf die Eier ging, hat gekriegt, was GEWISSEN/ ÜBERZEUGUNG
er brauchte. Am Schluß waren Sie Rausschmeißer in ’ner
Stripbar am Highway 50. Keiner hätte Sie dazu bringen SELBSTBEHERRSCHUNG/
INSTINKT
können, ’ne Frau zu schlagen, was wohl auch Ihr Glück in
dem Job war. Hehe, viele Trucker verprügelt...
MUT
Lustig, daß man die Sachen nie kommen sieht. Gerieten NAME: _________________
in der Stripbar in eine Prügelei zuviel. Die letzte war hef- BLUTVORRAT KONZEPT: Kleinstadtgeißel
tig. Einiges abbekommen. Naja, heilt auch wieder, wenig- CHRONIK: ______________
CLAN: Gangrel _______
stens jetzt. Der Typ war nicht so toll, machte Sie zum Vam- GENERATION: 11. ______
pir. Er hat Sie in so ’ne politische Scheiße reingezogen, und WILLENSKRAFT ALTER: ________________
jetzt arbeiten Sie für ’nen Vampirkönig oder irgend so ’ne WESEN: Sadist _______
Type, der draußen in der Prärie rumheult. Naja, die Arbeit VERHALTEN: Rauhbein __
beim König is’ nich’ schlecht, wenn man schon was macht,
sollte es auch Spaß machen.
Konzept: Statt Sie zu vernichten, schonte der Prinz Ihr
Unleben dafür, daß Sie Verant-
wortung übernehmen. Er paar Leuten ’rum, so
hat Sie zu seiner Geißel klüngelmäßig, aber
ernannt. Jetzt trennen die meisten Leute
Sie die Spreu von den sind einfach da, um
Kainskindern und zie- sie ’rumzuschubsen,
hen die Dünnblütigen oder ihnen weh zu tun.
aus dem Verkehr. Es er- Manchmal auch zum Töten.
gibt Sinn: Sie verringern He, es ist die Hand Gottes.
die Überbevölkerung, was Ausrüstung: Stiefel mit Rasier-
dem Prinzen die Sorge um klingen an den Sohlen, die Taschen-
so ’ne bescheuerte Prophe- uhr Ihres Vaters, Taschenmesser, des-
zeiung nimmt. Egal, Hauptsa- sen Klinge viel länger ist, als die Polizei er-
che, Sie sterben nicht endgül- laubt, Chevy Pickup
tig. Anscheinend haben Prin-
zen solche Rechte.
Rollenspielhinweise: Sie
sind ein Feigling und
Maulheld und froh über
Ihre Stellung, weil sie Ih-
nen erlaubt, die fertig
zu machen, die
schwächer sind als
Sie. Wer stärker ist
als Sie, den können
Sie nicht leiden. Je-
dem, der stark genug
ist, um Sie zu ver-
nichten, zollen Sie wi-
derwilligen Respekt.
Sie hängen mit ein

GangrelTemplate09.p65 90 05.03.2002, 16:12

 NAME: WESEN: Sadist GENERATION: 11.
SPIELER: VERHALTEN: Rauhbein ERZEUGER:
CHRONIK: KONZEPT: Kleinstadtgeißel ZUFLUCHT:

KÖRPERLICH
Körperkraft ........................
Geschick ............................
Widerstandsfähigkeit ........
ATTRIBUTE
GESELLSCHAFTLICH
Charisma ...........................
Manipulation ....................
Erscheinungsbild ...............
GEISTIG
Wahrnehmung ..................
Intelligenz ..........................
Geistesschärfe ...................

TALENTE
Ausdruck ...........................
Aufmerksamkeit ...............
Ausflüchte .........................
Ausweichen .......................
Einschüchtern ...................
Empathie ...........................
Führungsqualitäten ..........
Handgemenge ...................
Sportlichkeit .....................
Szenekenntnis ...................
FÄHIGKEITEN
FERTIGKEITEN
Etikette ..............................
Fahren ...............................
Handwerk ..........................
Heimlichkeit .....................
Nahkampf ..........................
Schußwaffen .....................
Sicherheit ..........................
Tierkunde ..........................
Überleben ..........................
Vortrag ...............................
KENNTNISSE
Akademisches Wissen ......
Computer ..........................
Finanzen ............................
Gesetzeskenntnis ..............
Linguistik ..........................
Medizin ..............................
Nachforschungen .............
Naturwissenschaften ........
Okkultismus ......................
Politik ................................

HINTERGRUND
Generation ......................
Mentor .............................
Ressourcen .....................
Status ..............................
...........................................
VORTEILE
DISZIPLINEN TUGENDEN
Gestaltwandel ................ Gewissen/
Seelenstärke ................. Überzeugung .....................
Stärke .............................. Selbstbeherrschung/
........................................... Instinkt ..............................
........................................... Mut ....................................

VORZÜGE/ SCHWÄCHEN MENSCHLICHKEIT/ PFAD GESUNDHEIT

Blaue Flecken:
Verletzt: -1
Schwer verletzt: -1
Verwundet: -2
WILLENSKRAFT Schwer verwundet: -2
Verkrüppelt: -5
Außer Gefecht:

SCHWÄCHE
BLUTVORRAT
jede Raserei bringt einen
Tierhaften Zug

GangrelTemplate09.p65 91 05.03.2002, 16:12

 CHUPACABRA
Zitat: ...sangre... deseo sangre...
Präludium: Die Geschichten über die blutsaugenden Teu-
___________ Okkultismus __
Überleben x2 Heimlichkeit _
fel verschreckten schon immer das Dorf, in dem Sie leb-
VORZÜGE & SCHWÄCHEN Tierkunde x2 Handgemenge
FÄHIGKEITEN
ten. Die Bauern ließen ihre Gänse nachts nie draußen, El- des Flüstern, Der Lockruf) ___

tern schickten ihre Kinder vor Sonnenuntergang ins Bett.

der Erde), Tierhaftigkeit (Wil- ____ Wachsam Geduldig ____
Tierklauen, Verschmelzung mit ___ Intuitiv x2 Aufmerksam
Die plündernden Blutsauger terrorisieren Ihre Stadt schon so
Gestaltwandel (Augen des Tiers,
GEISTIG
DISZIPLINEN
lange, daß sie am Aussterben ist – niemand kam je hin, und __ Verlockend Freundlich __
die Leute hatten zuviel Angst vor den Monstren, um zu flie- ____ Geduldig
GESELLSCHAFTLICH
Charismatisch

hen. Nacht für Nacht versteckten sich die Bewohner in ih- EINFLUSS ___ Tatkräftig
Drahtig ____
ren Häuschen und beteten, daß der Morgen käme. ___________ __________
_______ Rauh
Ausdauernd x2
___ Hartnäckig
Agil _______
Natürlich hatte noch niemand die Monster aus der ___________
___________
__________
__________
KÖRPERLICH
Nähe gesehen. Die Chupacabras töteten nicht die Leute ___________ Generation x5

in ihren Häusern, aber sie tranken mit Sicherheit alles leer

HINTERGRUND MENSCHLICHKEIT

– Ratten, Katzen –, was nachts draußen rumläuft. Hin und GEWISSEN/ ÜBERZEUGUNG
wieder verschwand ein Rumtreiber spurlos, keiner bezwei-
felte, daß sein Blut die Bestien hinter dem Zaun nährte. SELBSTBEHERRSCHUNG/
INSTINKT
Eines abends blieben Sie zu lange im Laden, die Besitze-
rin mußte Sie rausjagen. Das Wesen kam aus dem Schat-
MUT
ten, verschlang Ihr Blut – und zog Sie in sein erbärmliches NAME: _________________
Unleben hinein. Es sagte, es sei einsam, aber Ihnen war BLUTVORRAT KONZEPT: Chupacabra
nach ein paar Nächten klar, daß Sie beide nicht beieinan- CHRONIK: ______________
CLAN: Gangrel _______
der bleiben konnten – es war zu monströs, als daß Sie eine GENERATION: 8. _______
Beziehung zu ihm hätten aufbauen können. Sie hatten WILLENSKRAFT ALTER: ________________
nicht den Mut, sich in die Sonne zu WESEN: Kind _________
stellen, also hauten Sie ab. VERHALTEN: Abweichler
So war es seitdem: Abhau-
en, verstecken, wieder ab-
hauen, wenn Ihre „Gastge-
ber” ihre Schrotflinten
und Mistgabeln holen. Ihnen große Probleme, die von Nacht zu Nacht
Konzept: Sie sind das zunehmen. Die anderen Chupacabras hassen Sie
Monster in der Nacht und nicht, Sie haben einfach keine Bindung zu ih-
haben mehr Angst vor nen. Hin und wieder läuft Ihnen ein Rudel
sich selbst als die anderen über den Weg, aber Sie bleiben selten länge-
vor Ihnen. Das Unleben re Zeit bei einem davon – Ihre einzelgänge-
ist ein Vagabunden- rische Art treibt Sie, das Rudel zu verlas-
dasein. Sie lassen sen und allein zu jagen.
sich einfach treiben Ausrüstung: Eklige Reste der Klei-
und folgen Ihren der, die Sie bei Ihrer Zeugung tru-
Trieben. Ab und gen, irgendwelche Federn
an erinnern Sie und Knochen
sich rudimentär
an Ihr altes Le-
ben, doch diese
Erinnerungen
verblassen,
wenn der
Hunger in Ih-
rem toten
Bauch tobt. Alles,
was Sie heute noch
wollen, ist Blut – und je
mehr Blut, desto bes-
ser. Vielleicht werden
Sie bald auch mal von
einem Menschen trinken.
Rollenspielhinweise: Der
Umgang mit anderen bereitet

GangrelTemplate10.p65 92 05.03.2002, 16:16

 NAME: WESEN: Kind GENERATION: 8.
SPIELER: VERHALTEN: Abweichler ERZEUGER:
CHRONIK: KONZEPT: Chupacabra ZUFLUCHT:

KÖRPERLICH
Körperkraft ........................
Geschick ............................
Widerstandsfähigkeit ........
ATTRIBUTE
GESELLSCHAFTLICH
Charisma ...........................
Manipulation ....................
Erscheinungsbild ...............
GEISTIG
Wahrnehmung ..................
Intelligenz ..........................
Geistesschärfe ...................

TALENTE
Ausdruck ...........................
Aufmerksamkeit ...............
Ausflüchte .........................
Ausweichen .......................
Einschüchtern ...................
Empathie ...........................
Führungsqualitäten ..........
Handgemenge ...................
Sportlichkeit .....................
Szenekenntnis ...................
FÄHIGKEITEN
FERTIGKEITEN
Etikette ..............................
Fahren ...............................
Handwerk ..........................
Heimlichkeit .....................
Nahkampf ..........................
Schußwaffen .....................
Sicherheit ..........................
Tierkunde ..........................
Überleben ..........................
Vortrag ...............................
KENNTNISSE
Akademisches Wissen ......
Computer ..........................
Finanzen ............................
Gesetzeskenntnis ..............
Linguistik ..........................
Medizin ..............................
Nachforschungen .............
Naturwissenschaften ........
Okkultismus ......................
Politik ................................

HINTERGRUND
Generation ......................
...........................................
...........................................
...........................................
...........................................
VORTEILE
DISZIPLINEN TUGENDEN
Gestaltwandel ................ Gewissen/
Tierhaftigkeit ............... Überzeugung .....................
........................................... Selbstbeherrschung/
........................................... Instinkt ..............................
........................................... Mut ....................................

VORZÜGE/ SCHWÄCHEN MENSCHLICHKEIT/ PFAD GESUNDHEIT

Blaue Flecken:
Verletzt: -1
Schwer verletzt: -1
Verwundet: -2
WILLENSKRAFT Schwer verwundet: -2
Verkrüppelt: -5
Außer Gefecht:

SCHWÄCHE
BLUTVORRAT
jede Raserei bringt einen
Tierhaften Zug

GangrelTemplate10.p65 93 05.03.2002, 16:17

 HINTERWÄLDLER VON BEDEUTUNG
Die folgenden Gangrel können SC jederzeit über den Weg
laufen. Jeder kann unterscheidlich eingesetzt werden und soll-
te der jeweiligen Geschichte angepaßt werden. Vielleicht paßt
es besser in die Vorstellungen des Erzählers, daß Ramona ein
Mann ist oder Decker Prinz von Chicago wird. Erzähler seien
ermutigt, Veränderungen vorzunehmen die in ihr Spiel passen.
Manche Charaktere werden in Kinder der Nacht besser be-
leuchtet, ihre Beschreibung in diesem Buch ist eher als Einführung
gedacht und soll ihre Tätigkeiten seit der letzten Erwähnung zei-
gen. Erzähler sollten sich jede Freiheit nehmen, die Charaktere zu
verändern und ihnen passende Eigenschaften zuschreiben. Man-
che Spieler könnten Gefallen daran finden, den Hintergrund ihres
SC mit solch mächtigen Personen zu verknüpfen; sie sollten daran
denken, ihren Erzählern Bescheid zu sagen.
BECKETT
Der Forscher und Historiker der Gangrel, der sich Beckett
nennt, ist und bleibt ein Rätsel. Er ist im wahrsten Sinne des
Wortes ein Nodist. Obwohl er nicht dem Pfad Kains folgt, ist
es sein Ziel, die wahre Geschichte der kainitischen Rasse und
besonders die Frühgeschichte von Kain und den Vorsintflutli-
chen in Enoch aufzudecken. Sowohl der zerstörerische Zahn
der Zeit als auch die Vampire des Sabbat und der Camarilla ver-
suchen, ihn daran zu hindern, die Wahrheit zu erkennen. Da-
her meidet er Konflikte mit Vampiren und zieht es vor, nur die
Probleme zu haben, denen sterbliche Archäologen gegenüber-
stehen. Das gelingt ihm gut, da sicher nicht jeder Vampir des
Sabbat oder der Camarilla gegen ihn eingestellt ist.
Nach den meisten Berichten ist Beckett ein Ahn – seit viel-
leicht 300 Jahren tot –, doch er zeigt ein sehr pragmatisches
Verhalten gegenüber Camarilla und Sabbat, das häufig bei
Vampiren zu finden ist, die älter sind als die beiden Sekten. Es
gibt Gerüchte, die besagen, Beckett sei sehr alt, habe aber in
den letzten 300 Jahren eine Art Wiedergeburt durchgemacht,
vielleicht indem er in dieser Zeit die Identität „Beckett” an-
nahm. Folglich ist Beckett schon länger unabhängig als seit
Xaviars Erklärung. Er war einer der Kommentatoren einer limi-
tierten Auflage des Buchs Nod, die sein gelegentlicher Mentor
Aristotèle de Laurent 1992 aus Fragmenten zusammengestellt
hatte. In diesem Buch vertrat Beckett die These, die Legende
von Kain sei nur ein Mythos, der den prähistorischen Konflikt
zwischen den nomadisch lebenden Jägern und Sammlern und
den ersten Ackerbauern beschreibe. Er meinte, „Kain” sei die
unpersönliche Macht, die die Menschheit dazu brachte, Felder
zu bestellen, um eine größere Bevölkerung zu ernähren, und
diese Macht sei die Veränderung gewesen, die „Abel”, den ar-
chetypischen wandernden Hirten, tötete. Wie das Vampirismus
hervorrufen könnte, ist unklar.
Beckett hat einen trockenen Humor, der ihm gut steht, wenn
er sich mit anderen unsterblichen Untoten abgibt; in vielen
Gesprächen können nur seine engsten Freunde erkennen, wie
er Insider-Witze in seine Fragen und Antworten einbaut. Alte
Vampire erkennen oft den Humor in seinen Aussagen nicht
oder ziehen es vor, derartige Trivialitäten zu überhören. Seine
Geistesschärfe richtet er häufig gegen Feinde; es ist ihm ein
leichtes, sein Gegenüber bis zu Weißglut zu provozieren.
Seit seiner Zeugung kämpft Beckett gegen den Priscus des
Sabbat, Sascha Vykos. Dieser Konflikt brachte Beckett den Ruf
ein, sehr schwer zu vernichten zu sein. Tatsächlich besagt eine
Geschichte, er sei seinem Gegner während eines Kampfes bei
Tag entkommen, indem er mehr als 100 m durch Sonnenlicht
rannte. Den meisten Kainiten ist der Grund des Konflikts Bek-
ketts mit Vykos unklar, es ist jedoch bekannt, daß beide oft
CLANBUCH: GANGREL
94
Gangrel04.p65 94
nach den selben nodistischen Artefakten suchten. Natürlich ist
keiner willens, derartige Dinge zu teilen.
Becketts beste Freundin ist Lucita. Die Lasombra antitribu hat in der
Vergangenheit mit ihm zusammengearbeitet, um die wahre Natur der
Vorsintflutlichen kennenzulernen und Gehenna zu vereiteln.
BRUNHILDE
Brunhilde erinnert sich an wenig aus ihrem Leben als Sterb-
liche. Sie war die Tochter eines Wikingers und für ihre Kraft
und ihren Mut bekannt. Sie erinnert sich nicht an die Sonne.
Auch ihre Zeugung vor mehr als 1000 Jahren ist nur noch eine
verschwommene Erinnerung. Ihr Erzeuger ist ein Mysterium,
sie weiß nur, daß es nicht der Höchste war. Ihr Erzeuger war ein
Lehnsmann des Höchsten, und Brunhilde folgte ihm auch ohne
übernatürlichen Druck. Sie lebte unter den Vargr des hohen
Nordens und übernahm die Rolle, die der Höchste ihr und ih-
ren Schwestern auferlegt hatte. Sie waren die Walküren, die
Schildmaiden, die die Gefallenen vom Schlachtfeld holten, um
sie ins Leben nach dem Tod zu begleiten.
Brunhilde kämpfte gegen die Christen, als sie in den Norden
kamen. Mehr als 200 Jahre, während derer ihr Lehnsherr und
ihre Kameradinnen in Starre fielen oder den endgültigen Tod
fanden, lauerte sie Vampiren aus dem Süden auf und verteilte
ihre Asche als Warnung für die Brüder der Eindringlinge - um-
sonst. Schließlich fiel auch sie in Starre, aus der sie sich bis zum
1. Weltkrieg nicht erhob. Sie sammelte die übrigen Walküren
in Schweden um sich, wo sie jahrzehntelang abwarteteb.
In einer kalten Winternacht 1977 sahen sie ihre größte Hoff-
nung und Furcht wahr werden. Nur Stunden nach Sonnenun-
tergang berichtete eine der Schwestern Brunhildes davon, ein
Klüngel der Camarilla habe in der Nähe der Zuflucht der Wal-
küren eine schauerliche Entdeckung gemacht. Ein Rudel von
sechs Garou war völlig ausgesaugt und steifgefroren in der ver-
eisten Ebene gefunden worden. Sofort verwandelte sich Brun-
hilde in einen Raben und flog zu der Höhle, in der der gefrore-
ne Leib des Höchsten seit Jahrhunderten geruht hatte.
Das Eis war etwas dicker, und der gefrorene Grabhügel des
Allerhöchsten war geschmolzen. Der Methusalem lag auf dem
Fels, wo zuvor der Eisblock gewesen war. Frisches Blut befleck-
te seinen Bart, doch er reagierte auf nichts. In den folgenden 5
Jahren rührte sich der Höchste nicht, doch 1982 verspeiste er
auf ähnliche Weise eine Gruppe der „Wilden”, wie die Walkü-
ren sie nennen. Seither hat er sich nicht geregt, doch seit ei-
nem sehr lebhaften Traum von Ragnarök im letzten Sommer
verbringt Brunhilde ihre Tage in der Höhle des Alten, in der
Nähe ihres Lehnsherrn – doch nicht allzu nah.
1986 tötete Brunhilde den schwedischen Premier Olof Pal-
me. Das ist kein Gerücht, sie gibt es gern zu – sie sagt, sein Blut
habe recht bitter geschmeckt. Brunhilde ist aber nicht willens,
über ihre Beweggründe zu sprechen. Ihre Schwestern glauben,
sie habe den Premier entweder getötet, um dem Prinzen Skan-
dinaviens ihre Rückkehr zu signalisieren, oder weil sie vom Al-
lerhöchsten dazu gebracht wurde.
Seit den Träumen von Ragnarök wuchs Brunhildes Interesse an den
Geschehnissen in der Welt. Um es zu stillen, schickte sie vor kurzem
vier ihrer Schwestern in den Anarchenfreistaat Kalifornien. Die jun-
gen Vampire Kaliforniens interessieren sich wenig für die Bürokratie der
Camarilla, wie Brunhilde und ihre Schwestern, und sie betrachtet die
Gegend als ein perfektes Gebiet für Rekrutierungen.
Die Rekrutierung unter den Anarchen stieß auf Widerstand.
Anscheinend begehrt auch der ehemalige Justicar Xaviar die
Unterstützung der unabhängigen Mitglieder seines Clans. Ver-
treter beider Gruppen umwerben die Anarchennach Kräften.
Sicher machen vier blonde, nordische Kämpferinnen Eindruck bei
den frisch gezeugten Männern des Clans, doch ihre Vorstellung
05.03.2002, 16:23
 von einem Unleben auf See voller Ehre und dem Dienst an einer
höheren Sache kam auch anderen Anarchen zu Ohren. Es ist nur
eine Frage der Zeit, bis das auch Xaviars Gruppe zu Ohren kommt.
Inzwischen haben die Walküren Europas den Prinzen des
Nordens mit Nachdruck klargemacht, daß sie weder Interesse
an Sektenpolitik haben, noch an dem Zirkus, den sie Camarilla
nennen. Das heißt nicht, daß sie eine Zusammenarbeit mit dem
Sabbat wünschen, der für sie nur einen Haufen ehrloser Mon-
ster darstellt. Derzeit beobachtet Brunhilde, was für ein Cahos
sie in der Welt bewirkt. Entscheidungen können warten.
(Weitere Informationen zu ihr s. Kinder der Nacht, S. 85f.)
INYANGA
Inyanga ist alt; sie wurde von einem römischen Flüchtling nach
der Eroberung Roms durch die Ostgoten gezeugt und verteidigt
seit über einem Jahrtausend die Menschen, da Vampire die Welt
zu oft als ihr Revier ansehen. Sie ist im Gebiet der Großen Seen
der USA zugange, seit sie gegen Ende des 18. Jh. aus der Starre er-
wachte. Sie reist regelmäßig durch Nord- und Südamerika, hat sich
in letzter Zeit jedoch auf Chicago und Milwaukee konzentriert.
In den Jahren nach dem Kuß wanderte Inyanga durch die
Wildnisse der Welt. Sie war nicht verwandt mit den Gestalt-
wandlern Afrikas oder Europas, doch sie war flink und weise
und hat einen Vorteil, der vielen Kainiten ihres Clans fehlt. Als
sie noch lebte, lernte sie einen Zauber, um sich in einen leben-
den Leoparden zu verwandeln. Diese Fähigkeit erlaubte ihr,
sich aus dem uralten Konflikt mit den Werkatzen heraus zu hal-
ten, da sie sie überzeugen konnte, daß ein Vampir, der sich in
ein lebendiges Tier verwandeln kann, nicht völlig von ihren
Erd- und Sonnengöttern verflucht sein kann.
Sie verbrachte ihre ersten Jahrhunderte in Afrika, wo sie die
verborgen lebenden Kainskinder kennenlernte, die man Laibon
nennt und die die Großstädte Afrikas besiedeln. Heute hat sie nur
noch zu wenigen von ihnen Kontakt, die meisten sind schon lange
in die Erde zurückgegangen, aus der sie stammten. Im 1. Jahrtau-
send reiste sie nur selten nach Europa; sie konnte das Mißtrauen
der europäisschen Kainskinder fast greifen und zog sich zurück. Sie
hatte nichts mit der Camarilla zu tun und wußte mehrere Jahr-
zehnte nichts von ihr. 1537 bekämpfte sie Malkavianer an der El-
fenbeinküste und fiel, obwohl sie siegreich war, in Starre.
Als sie erwachte, ging sie nach Baltimore, wo sie ihr Hunger
dazu trieb, mehrere Sterbliche zu töten, ehe sie ihre Sinne wie-
dererlangte. Sie floh nach Westen in die wachsende Stadt Chi-
cago, wo sie half, eine starke, unabhängige Hochburg der Vam-
pire zu gründen. Sie hatte Konflikte mit anderen Kainiten Chi-
cagos, doch ihre Neigung zu langen, weiten Reisen hielt sie von
einem Großteil der lasterhaften Politik der Stadt fern.
Inyanga war weit weg von Chicago, als die Garou kamen. Ein
übernatürlicher Sinn hatte sie vor Gefahr gewarnt, woraufhin sie
die Gelegenheit ergriff, die Großen Ebenen zu durchstreifen. Als
sie zurückkam, erwartete sie das Chaos. Lodin war vernichtet, die
rasenden Wolflinge hatten ihn in Stücke gerissen. Ein Dutzend
anderer riß sich um das Amt, sie weigerte sich aber, einen von ih-
nen zu unterstützen. Die Anwärter sahen nur den Glanz der Stadt,
die Lodin aufgebaut hatte, die Mühen und Opfer, die der Prinz
hatte auf sich nehmen müssen, sahen sie nicht.
Inyanga hat die Camarilla nie unterstützt. Sie ist eine europäi-
sche Institution, in der Afrikaner unterrepräsentiert sind. Außer-
dem stand bedingt durch die Umstände ihrer Zeugung für Inyanga
das Wohl der Sterblichen im Vordergrund. Sie versteht, daß die
Maskerade dazu dient, die Kainskinder vor den Nachkommen
Seths zu schützen, doch genauso nutzt die Camarilla die Maskera-
de, um die Menschheit zu beherrschen und auszunutzen.
Als Xaviar Inyanga das Wesen beschrieb, das er gesehen hat-
te und ihr erklärte, wieso er sein Amt als Justicar aufgegeben
KAPITEL DREI: TIERE
95
Gangrel04.p65 95
hatte, schenkte sie ihm interessiert Gehör und war ihm eine
geistreiche Verbündete. Inyanga zog sich aus dem Rat der Erst-
geborenen Chicagos zurück. Aus dieser Gruppe weiß nur der
Nosferatu Khalid, daß sie die Sekte verlassen hat, die anderen
glauben, sie mache wieder eine Reise durch Amerika und gehe
Geschäften nach. Die Gangrel Chicagos ahnen, daß Inyanga
die Sekte verlassen hat, obwohl sie ihnen ihre eigene Entschei-
dung in dieser Sache überlassen hat. Das Klüngel, das sich
Wolfsrudel nennt, bleibt standfest Mitglied der Camarilla, die
meisten anderen gehen den Weg der Unabhängigen.
JALAN-AAJAV
Aajav-Khan, wie ihn Untergebene nennen, ist ein Kriegsherr
des Sabbat. Bei großen Versammlungen des Sabbat erzählt er
von den uralten Nächten, als er mit Temujin ritt, den man
Dschingis Khan nannte. Es dauert nie lange, bis diese Geschich-
ten auch die ungestümsten Rudel zum Schweigen bringen.
Aajav-Khans Aura ist nicht gestreift von spinnwebartigen
schwarzen Linien der Diablerie – sie ist schwarz mit einigen weni-
gen farbigen Flecken. Im Laufe seines Unlebens hat er unzählige
Male diableriert, beginnend mit seinem Erzeuger in lange vergan-
genen Nächten, dem gegnerische Vampire jedweder Art folgten.
Der Seraph beschränkt den Amaranth nicht auf Feinde, die mäch-
tiger sind als er. Die Wollust, die das Verschlingen einer fremden
Seele bringt, ist zu groß, als daß er bei einem Vampir, der vielleicht
weiter von Kain entfernt ist als er selbst, davon absähe.
Nur ein halbes Dutzend Mitglieder des Sabbat kommt Jalan-
Aajav gleich, was Macht betrifft, politisch gesehen ist nur die
Regentin einflußreicher. Seine Loyalität gehört der Sekte, er ist
gewillt, sein Unleben dem Kampf gegen die gotteslästerlichen
Vorsintflutlichen zu opfern. Er ist schon länger Teil des Sabbat,
als die Mitglieder der Sekte ihr diesen Namen gegeben haben.
Er war den Zielen Lugojs während der Anarchenrevolte treu
und war den sizilianischen Lasombra loyal, als sie das unheilige
Blut ihres Stammvaters vergossen.
Obwohl niemand seine Handlungen hinterfragt, verschwin-
det Jalan-Aajav ab und zu jahrelang. Nur wenige Mitglieder des
Schwerts Kains würden dies je in seiner Gegenwart erwähnen,
doch wenn das Thema zur Sprache kommt, spricht Jalan-Aajav
von „Jagdexpeditionen”, Starre und dem Bedürfnis nach Freiheit.
Die ältesten Vampire des Sabbat wissen, daß der Seraph schon im-
mer solche Triebe verspürt, doch sie werden nie gefragt und geste-
hen einem Vampir solchen Alters seine Schwächen zu.
Jalaan-Aajav kennt Geheimnisse des Sabbat. Das wichtigste
ist, daß er um die Natur der manus nigrum weiß, der wahren
Schwarzen Hand. Er weiß auch, daß die manus nigrum unter
Vampiren keine Machtstellung mehr hat. Sie wurde stark dezi-
miert, ihre Machtbasis vernichtet, ihre Moral geschwächt. Die
Mitglieder der Schwarzen Hand, die Jalan-Aajav in den letzten
Monaten traf, waren nur Schatten ihrer selbst; der Ruhm ver-
gangener Tage verhallt in ihren Leibern, und nur wenig von
dem alten Feuer treibt sie an.
Derzeit arbeitet Jalan-Aajav mit den anderen Seraphen dar-
an, einen Schlag gegen Stellungen der Camarilla in den USA
zu planen. Die letzten Aktivitäten im Südosten waren erfolg-
reich. Jalan-Aajav drängt die anderen Seraphen, seinem Plan
zuzustimmen, der die Eroberung Chicagos beinhaltet, wonach
die anderen Städte des Mittleren Westens leichte Ziele darstell-
ten. Zur Zeit hängt der Plan von den Aktivitäten Philippe Ri-
gauds ab, eines Gangrel, der sich schon in Chicago befindet. Ri-
gaud provozierte erfolgreich einen Angriff der Garou auf die
Stadt, doch die Uneinigkeit unter den Seraphen machte es un-
möglich, das Chaos in der Stadt zu nutzen und entschieden zu-
zuschlagen.
(Weitere Informationen s. Kinder der Nacht, S. 9f.)
UNTER MENSCHEN
05.03.2002, 16:24
 KARSH
Den wenigen, denen er traut, erzählt Karsh, er sei vor 800 Jah-
ren ein Bewohner des Osmanischen Reichs gewesen. Er war zu
Lebzeiten ein guter General, wenn auch ein wenig stur. Sein Er-
zeuger war ein Wüstenwolf; Karsh spricht selten von ihm. In der
Camarilla ist Karsh eine Seltenheit. Er folgt dem Pfad des Wilden
Herzens statt dem der Menschlichkeit und sieht nicht ein, sich
deswegen zu rechtfertigen. Er ist älter als die Camarilla und würde
seinen Moralkodex nicht aufgeben, nur weil ein selbstherrlicher
Toreador verlangt, daß sich Kainskinder unter Menschen verber-
gen können müssen. Im Laufe der Jahrhunderte statuierte Karsh
an denen, die es wagten, das Wort gegen ihn zu erheben, ein Ex-
empel, indem er sie als Aschehäufchen zurückließ. Seit Jahrhun-
derten hat es kein Vampir gewagt, Karsh herauszufordern.
Karsh war einer der ersten Gangrel in der Camarilla. Nur von
Milov Petrenkov weiß man, daß er früher beitrat. In den frü-
hen Jahren der Sekte siegten Karshs Präsenz und Strenge über
mehrere Ahnen der Gangrel; seine taktischen Fähigkeiten sta-
chen zumindest einige weitere aus.
Karsh ist kein Mann der vielen Worte. Seine Motive bleiben
oft auch seinen engsten Vertrauten ein Rätsel. Er ist ehrenhaft:
Er setzt keine Meuchelmörder ein, noch nutzt er das Überra-
schungsmoment gegen seine Feinde. Er ist ein Meister der Tak-
tik mit kleinen Gruppen und geneigt, jeden Vorteil im Kampf
zu nutzen, der sich ihm auftut. Karshs Führungsqualitäten haben
der Camarilla im Laufe der letzten Jahre dazu verholfen, sich in
mehreren Städten des Sabbat festzusetzen, deren Rückeroberung
meist ohne einen einzigen Schwertstreich oder Schuß gelang.
Karsh hat persönlich die Einstellung der ehemaligen Archonten,
die unter Xaviar gedient und ihre Posten nach Xaviars Austritt
behalten hatten, geprüft. Diese sind aufgespalten, sie arbeiten
nicht mehr als Gruppe – die Gründe dafür sollten klar sein. Karsh
verwendet diese Archonten nur für Aufgaben, die nicht kritisch
sind. Im Kampf mit dem Sabbat stehen ihm Andere bei.
Xaviar und Karsh standen sich nie nahe, doch heute weigert
sich der Kriegsherr, über den Ex-Justicar zu sprechen. Er spricht so,
als sei Elijah der letzte Justicar der Gangrel gewesen und sieht
Xaviar als Verräter des Inneren Rats an – den Gangrel, die in der
Camarilla verbleiben, hat er unmißverständlich klargemacht, daß
alle Geschichten über Xaviars Bruch, die in Städte der Camarilla
dringen, nichts als Kindergeschrei sind. Er scheint zu glauben,
Xaviar habe aus Furcht die Camarilla verlassen und dadurch die
Sekte in ihren Grundfesten erschüttert.
In letzter Zeit begannen Karshs Archonten, Xaviars unab-
hängige Gangrel zu infiltrieren. Xaviar kann zwar in der Seele
eines Kainskind lesen, doch Karshs Spione können ihre wah-
ren Motive auch vor einer so genauen Kontrolle verbergen. Sie
hoffen es jedenfalls – Xaviar scheint sie in seine Gruppe aufge-
nommen zu haben und ihnen Aufgaben zuzuteilen.
(Weitere Informationen s. Kinder der Nacht, S. 70).
XAVIAR
Xavier de Calais focht im Hundertjährigen Krieg. Seine Zuverlässig-
keit brachte ihm die Ritterschaft ein, seine Kühnheit die Zeugung
durch Rhun den Spielmann, einen Gangrel von großem Ruf. Rhun
verließ das Küken, wie es oft unter Gangrel der Fall ist. Nach vielen
Nächten, in denen er seine Urtriebe kennenlernte, machte er sich in
den Norden auf, nach Skandinavien. Dort jagte er über 100 Jahre lang
Menschen und Tiere; die meisten tierhaften Züge seines Gesichtes
stammen aus dieser wilden Zeit.
Schließlich kehrte Xaviar zurück, erfuhr von der Camarilla
und der Maskerade und trat ersterer bei, da ihm letztere nütz-
lich erschien. Er stieg schnell auf und erlangte einen Ruf als
gnadenloser Feldwebel der Vampire. 1704 brachte er die Über-
CLANBUCH: GANGREL
96
Gangrel04.p65 96
reste seines wahnsinnigen Clansbruders, des Justicars Elijah,
dem Inneren Rat, worauf er der letzte Justicar der Gangrel wurde.
Xaviar weiß besser als jeder andere, daß die letzten Nächte be-
reits hereingebrochen sind. Er war sicher der meistgereiste der sie-
ben Justicare; sicher reisten die anderen sechs von Stadt zu Stadt,
wenn man sie rief, doch die meiste Zeit verbrachten sie in ihren
Heimatstädten, wo sie die dortigen Prinzen ruhig stellten, und die
Aktivitäten der Archonten auf vier Kontinenten planten. Xaviar
reiste und reist von sich aus.
Es war Xaviar, der als erster Berichte über die Katastrophe in
Kaschmir hörte, und er traf den Träger eines mächtigen Arte-
fakts in New York. Vielleicht war es Pech, daß er dieser Her-
ausforderung aus dem Weg ging. Und – so sagen die Gerüchte –
es war auch Xaviar, der in den Nächten Neuenglands noch etwas
anderes traf, etwas, das so alt ist, daß man es nicht mit Worten be-
schreiben kann und das ihm Angst machte.
Natürlich sind das Gerüchte. Was der durchschnittliche
Gangrel weiß, ist, daß Xaviar vor den Inneren Rat trat und etwas
verlangte. Als man es ihm nicht gewährte, legte er sein Amt nie-
der und schwor, daß sein Clan nicht mehr an der Seite der ande-
ren sechs stünde. Gab es im Inneren Rat keinen Gangrel, der ei-
ner derartigen Erklärung hätte widersprechen können? Anschei-
nend nicht, bis auf Karsh, der sich als einziger gegen Xaviars Be-
kanntmachung stellte. Die Harpyien haben tausend Fragen und
hundert Antworten, doch der Innere Rat hat keinen Hang zum
Klatsch. Es ist sicher, daß Xaviar und Karsh einander hassen, bei-
de sprechen vom jeweils anderen als Verräter.
Xaviar ist sicher, daß es die mythischen Vorsintflutlichen gibt
und daß sie irgendwann wieder auf der nächtlichen Erde wandeln
könnten. Bisher versucht er, jeden Gangrel, der ihm über den Weg
läuft, davon zu überzeugen – sofern er außerhalb der beiden Sek-
ten der vampirischen Gesellschaft steht. Er liebt weder die Kains-
kinder, die sich in der Camarilla verstecken, noch den Sabbat.
Wieder tritt er als Feldwebel auf und leitet die Rudel der Gangrel,
die hinter ihm stehen. Er besteht darauf, daß sie in Bewegung blei-
ben, da ein reisender Vampir ein schwierigeres Opfer für die Vor-
sintflutlichen darstellt als einer, der in der Stadt verweilt, und ver-
langt regelmäßig Reiseberichte über die Gebiete, die sie zuletzt
durchwandert haben.
Xaviar hat eine enorme Datenmenge über übernatürliche Vor-
gänge angesammelt. Diese befindet sich in seinem Kopf. Xaviar
würde einen Computer nicht erkennen, wenn sein Feind ihn ihm
an den Kopf würfe. Doch er verbringt jede Nacht Stunden damit,
die Berichte der Rudel aufeinander abzustimmen.
In Wirklichkeit könnte Xaviar besessen und paranoid sein, was
aber loyale Rudel fast nie untereinander bereden. Er wurde von
etwas erschreckt, und nun baut er eine Armee auf, um sich zu
schützen. Oder all das ist eine List, was noch schlimmer wäre.
Xaviar baut eine Armee auf; vielleicht soll sie nicht dazu dienen,
die Vorsintflutlichen zu finden und die Welt zu verteidigen, son-
dern einfach nur, um Xaviar eine Armee an die Hand zu geben.
(Weitere Informationen s. Kinder der Nacht, S. 94)
RAMONA
Hintergrund: (Ramona ist die Heldin des Clansromans:
Gangrel. Wenn Sie das Buch noch lesen möchten, sollten Sie
jetzt nicht weiterlesen.)
Vor drei Jahren war Ramona noch am Leben, doch es erscheint
ihr schon wie eine Ewigkeit, die Erinnerungen sind schon zu
Schwarzweiß verblaßt. L. A. war ein beschissener Ort zum Leben,
doch wenigstens wußte sie, was sie tat: Sie hielt sich von Dealern,
Zuhältern und Banden aller Art fern, und das hielt sie am Leben.
Ramona befolgte alle Regeln, und der Vampir fand sie doch – viel-
leicht gerade deswegen. Sie war allein in der Stadt, hungerte und
mied Freunde und Familie, bis sie ihrem Blut nicht widerstehen
05.03.2002, 16:26

konnte. Die Erinnerungen an diese Zeit sind wirr, die Schatten all
der Leute, die starben, bis Ramona lernte, ihren Hunger und ihre
neuen Kräfte zu kontrollieren, verschwimmen. Die Stadt war voll
von Vampiren, und manche davon gehören zu einer brutalen Ban-
de namens Sabbat. Also beschlossen Ramona und drei andere
„Waisen”, abzuhauen um einen besseren Ort zum Überleben zu fin-
den. Eddie starb in Texas, ein Werwolf riß ihn in Stücke. Als Ra-
mona und die anderen, Jen und Darnell, keinen Ort fanden, an
dem sie sich niederlassen konnten, fuhren sie weiter, bis sie nach
New York kamen.
Hier wurde es verwirrend – alles geschah Schlag auf Schlag
und geriet bald außer Kontrolle. Sie sah ein schönes Mädchen,
Zhavon, folgte ihr, rettete und tötete sie fast. Ein geheimnisvol-
ler Fremder, Tanner, folgte Ramona aus L. A. nach New York
und rettete sie vor dem Sabbat, der Sonne und einem Pfahl.
Am schlimmsten war das Monster, es hatte bis auf dieses triefende
Auge Menschengestalt und verwob die ganze Geschichte zu einem
großen Knoten aus Fleisch. Das Monster raubte Zhavon und ver-
formte und vernichtete Jen und Darnell.
Tanner rief die Gangrel zusammen, und plötzlich hatte Ra-
mona einen Clan und einen Erzeuger, einen Vater und eine Fa-
milie, die von ihr erwarteten, ihre Stellung zu kennen und An-
weisungen entgegennahm. Es gab sogar einen Großvater, Xavi-
ar, der Tanner behandelte wie er sie.
Es hielt nicht lange – das Monster mit dem Auge vernichtete
den Großteil des Rudels und ließ Ramona, den Welpen, zurück, die
den schwer verletzten Xaviar von den Bränden und dem Blutbad
wegzerren mußte. An die Vernichtung ihrer neuen Clansbrüder er-
innert sich Ramona mit schrecklicher Klarheit. Sie trägt ein Ge-
schenk eines Medizinmannes der Cherokee, Blackfeather, und den
Fluch seiner Prophezeiung mit sich: „Die Letzten Nächte dräuen,
und dein Weg wird ein schwieriger sein.“ Die Vision der Geister-
welt, die er ihr aufzwang, brannte die Bilder und Namen der Toten
in ihren Geist ein.
Ramona floh. Vor dem Monster mit dem Auge, vor Xaviar,
vor der Schlacht. Sie erfuhr, was sie ist – Gangrel – und wer sie
dazu gemacht hatte. Die Litanei der Toten läßt sie nicht ruhen.
Sie muß allen Gangrel, die sie auf ihrer Wanderung trifft, die
Liste vorbeten und die Geschichte erzählen, und so verbreitet
sie sich im Clan, und die gefallenen Freunde werden betrauert.
Beschreibung: Ramona ist schlank und sehnig, ihre Haut ist
gebräunt. Die chaotischen Erlebnisse ihres Lebens und ihres
noch kürzeren Unlebens haben sie sichtlich geschwächt. Ihr
KAPITEL DREI: TIERE
97
Gangrel04.p65 97
dunkles, wirres, kurzes Haar verdeckt die Spitzen ihrer behaar-
ten spitzen Ohren. Ihre deformierten, verlängerten Füße kann
sie nicht verbergen, sie muß barfuß laufen, man sieht also die
Klauen und die langen Zehen.
Rollenspielhinweise: Sie sind erst seit kurzer Zeit tot und haben
schon viel gesehen: Wolflinge, die Monster des Sabbat und den
Angriff des seltsamen Vampirs in New York. Blackfeather sagte, Ihr
Weg werde hart werden, und Sie sind sicher, daß das Schlimmste
noch kommt. Manchmal bereuen Sie, daß Sie nicht weiter ver-
sucht haben, auf eigene Faust durchzukommen. Niemand schubst
Sie herum, wo immer Sie auch sind. Die Großen können Ihnen erst
wieder Befehle geben, wenn sie den Mist weggeräumt haben.
Clan: Gangrel
Erzeuger: Tanner
Wesen: Schurke
Verhalten: Rebell
Generation: 11.
Kuß: 1998
Sieht aus wie: etwa 18
Körperlich: Körperkraft 2, Geschick 4, Widerstandsfähigkeit 3
Gesellschaftlich: Charisma 2, Manipulation 2, Erscheinungsbild 2
Geistig: Wahrnehmung 3, Intelligenz 3 Geistesschärfe 3
Talente: Aufmerksamkeit 4, Ausflüchte 1, Ausweichen 3, Empa-
thie 2, Führungsqualitäten 1, Handgemenge 1, Sportlichkeit 2,
Szenekenntnis 3
Fertigkeiten: Fahren 2, Heimlichkeit 3, Schußwaffen 1, Sicher-
heit 1, Überleben 3
Kenntnisse: Akademisches Wissen 1, Gesetzeskenntnis 1, Lin-
guistik (Spanisch) 1, Medizin 1, Nachforschungen 1
Disziplinen: Gestaltwandeln 3, Seelenstärke 2, Tierhaftigkeit 1
Hintergründe: Kontakte 2, Status 2, Verbündete 1
Tugenden: Gewissen 4, Selbstbeherrschung 2, Mut 3
Moral: Menschlichkeit 6
Willenskraft: 5
SUTTON GASSAWAY, HOFFNUNGSVOLLER
ANACHRONISMUS
Hintergrund: Sutton wurde 1861 in Montana geboren, kurz
bevor es zum Staat Montana wurde. Seine Eltern waren west-
wärts geflohen, um der Gefahr des Kriegs zu entgehen, als der
Süden seine Unabhängigkeit erklärte. Er arbeitete lange und
hart auf dem Hof seiner Eltern, und an den Abenden flüchte-
ten sich die Gassaways in Bücher und Lieder. Sutton genoß nie
eine Schulbildung, doch mit 18 Jahren las er besser als jeder
seines Alters in einem Umkreis von 80 Kilometern.
Eines Abends, als er von einem Einkauf in Bannack zurückkam,
fiel ihm auf, daß sich sein Pferd seltsam verhielt. Es wechselte vom
Galopp in Schritt und zurück, ohne daß er es ihm befahl, und woll-
te ihm nicht recht gehorchen. Dann bockte es, warf ihn ab und
lief fort, und Sutton, der nur Schrammen davontrug, rief ihm wü-
tend hinterher. Das brachte ihm nichts Gutes, denn es lenkte ihn
von dem untoten Jäger ab, der ihn übermannte und zeugte.
Sutton brauchte einen Monat, um sich an seinen Zustand zu
gewöhnen. Danach erklärte ihm sein Erzeuger, ein Gangrel na-
mens Aaron, er habe den Hof der Gassaways seit Monaten be-
obachtet und beschlossen, das „Geschenk des Unlebens” an
Sutton weiterzugeben. Es beunruhigte Sutton, als Aaron ihm
von seinem neuen Wesen erzählte, aber er nahm den Vampiris-
mus als Preis für das „ewige” Leben.
Gassaway hatte Kontakte zu Anarchen und Vampiren des Sab-
bat an der Pazifikküste, doch Aaron hatte ihn gewarnt, einen gro-
ßen Bogen um Garou zu machen, was er tat, so gut er konnte. Da
er immer noch lesewütig war, verbrachte er seine freien Nächte da-
mit, alles zu lesen, was ihm in die Finger kam. Sein besonderer
Liebling war H. G. Wells, und als nach dem 1. Weltkrieg Schund-
UNTER MENSCHEN
05.03.2002, 16:27

SF-Romane in Mode kamen, verbrachte er Nacht um Nacht ver-
zaubert auf fernen Welten und dem Meeresgrund.
Suttons Glückssträhne endete Ende der 30er Jahre des 20.
Jahrhunderts. Nach vielen einsamen Nächten traf er auf ein
Rudel Anarchen, das aus dem Freistaat in die nördlichen Rok-
kies geflohen war. Der Kampf, der in den Straßen Helenas aus-
brach, war einseitig, Gassaway hatte keine Chance gegen die
Anarchen. Schließlich floh er ins Hammondgebäude und fand
im Keller einen Flecken nackter Erde, der groß genug war, um
mit dem Boden zu verschmelzen und sich von seinen Wunden
zu erholen. Als er aus der Starre erwachte, war er gefangen –
das Fundament des Hammondgebäudes war überzementiert
worden, und er konnte nicht ausbrechen. Er fand sich mit der
Einmauerung ab und sank in tiefe Ohnmacht.
Er erwachte 1999. Das Hammondgebäude wurde gesprengt,
und da er unter dem Fundament lag, riß ihn die Explosion aus
der Starre. Die folgenden Nächte verbrachte Sutton nur mit
der Jagd und mit trinken. Die Förster suchen noch immer nach
Gassaway, den sie für einen Bären halten. Als Sutton wieder
sprechen konnte, erfuhr er, daß man das Jahr 1999 schrieb. Die
Neugier trieb ihn in dichter bevölkerte Gebiete.
Gassaway brauchte zwei Nächte, um Seattle zu erreichen,
und war erstaunt und glücklich über das, was er sah: Er war in
der Zukunft. Aber manches stimmte nicht. Erstens gab es im-
mer noch Anarchen; er war sicher gewesen, daß sie ausgelöscht
sein würden. Aber, was viel wichtiger war, wo waren die fliegen-
den Autos, wo die Raketenstartrampen für die Transporte zu
den Kolonien auf Mars und Venus? Wo waren die Laserpisto-
len? Die Menschen des Jahres 1999 waren besessen vom Inter-
net, Megahertz und der Börse. Sutton hörte nichts von Welt-
raumkolonien oder unterseeischen Städten, und man sah ihn
schief an, als er in der Bibliothek und im Café danach fragte.
Gassaway hat vom Austritt seines Clans aus der Camarilla
gehört, weiß aber noch nicht, was er davon halten soll. Zur Zeit
hält er sich in Seattle auf und arbeitet als Assistenzprofessor für
Englisch (spezialisiert auf viktorianische Literatur), während er
nach einem Hinweis darauf sucht, worum es in der Gesellschaft
eigentlich geht und sein Bestes gibt, um die Tätigkeiten der An-
archen, die ihm über den Weg laufen, zu durchkreuzen. Er macht
sich Sorgen wegen der Gerüchte über Gehenna und versucht, die
Raumfahrt anzutreiben, damit die Sterblichen, die keine persönli-
chen Kraftfelder besitzen, auf einen sicheren Planeten fliehen kön-
nen, wenn Gehenna kommt.
CLANBUCH: GANGREL
98
Gangrel04.p65 98
Beschreibung: Als großer, stämmiger Mann stellt Gassaway den
typischen „Berg”-Gangrel dar. Wenn er Zeit hat, rasiert er sich und
frisiert sein dünnes, schulterlanges braunes Haar, ehe er in die Öf-
fentlichkeit geht. Wenn er in Zeitnot ist, ist er ein haariger Wilder,
den man kaum als den gepflegten Dr. Gassaway erkennt.
Rollenspielhinweise: Verbinden Sie gebildete Ausstrahlung
mit völligem Unverständnis für die moderne Welt. Erwarten sie
Technologien, die es nicht gibt, und seien Sie verwirrt, wenn
Sie mit existierender Technik konfrontiert werden. („Handys?
Wieso benutzen Sie nicht Ihren Kommunikator?”). Sie sind
kein Idiot, sondern klug und belesen, doch sie kennen sich in
der Gesellschaft gar nicht aus und hatten, als sie 1999 erwacht
sind, eine etwas futuristischere Vorstellung dieser Zeit. Sie sind
enttäuscht, daß alles so irdisch ist. Sie sehen sich nicht unbe-
dingt als verflucht - gut, ihr Temperament ist wilder und sie
sind stärker behaart und vielleicht etwas häßlicher als früher,
und da ist diese Sache mit dem Blut, aber meist sind sie faszi-
niert von der Möglichkeit, die Zukunft anbrechen zu sehen.
Clan: Gangrel
Erzeuger: Aaron, der Feigling
Wesen: Wettkämpfer
Verhalten: Griesgram
Generation: 9.
Kuß: 1881
Sieht aus wie: 21
Körperlich: Körperkraft 4, Geschick 2, Widerstandsfähigkeit 4
(unermüdlich)
Gesellschaftlich: Charisma 2, Manipulation 2, Erscheinungsbild 1
Geistig: Wahrnehmung 4 (vorsichtig), Intelligenz 3, Geistesschärfe 3
Talente: Aufmerksamkeit 2, Ausweichen 2, Einschüchtern 2, Füh-
rungsqualitäten 1, Handgemenge 2, Sportlichkeit 1
Fertigkeiten: Fahren 1, Heimlichkeit 3, Schußwaffen 2, Tier-
kunde 2, Überleben 2
Kenntnisse: Akademisches Wissen 4 (viktorianische Literatur),
Finanzen 1, Gesetzeskenntnis 1, Linguistik 2, Medizin 1, Nachfor-
schung 2, Naturwissenschaften 2, Okkultismus 1, Politik 1
Disziplinen: Auspex 2, Gestaltwandel 3, Seelenstärke 2, Tier-
haftigkeit 2
Hintergründe: Herde 1, Kontakte 2, Ressourcen 2
Tugenden: Gewissen 3, Selbstbeherrschung 3, Mut 4
Moral: Menschlichkeit 6
Willenskraft: 7
DR. ALLAN T. WOODSTOCK
Hintergrund: Dr. Woodstocks Forscherkarriere in Cambridge wur-
de vom 1. Weltkrieg beendet. Er wurde eingezogen, durchlief die
Offiziersausbildung und wurde in ein Labor voller Wissenschaftler
verfrachtet, wo man Senfgas und andere tödliche chemische Waf-
fen herstellte und Transportgefäße dafür entwickelte. Aus Sorge
um Frau und Kind wandte er seinen bewundernswerten Geist der
Aufgabe zu, tausende feindliche Soldaten zu töten. Das Militär te-
stete seine Waffen an Ratten, Kaninchen und Hunden – was man
eben fangen und in Käfige stecken kann, um zu sehen, wie schnell
es stirbt. Woodstocks Leutnant war damit unzufrieden, also ord-
nete er Versuche an menschlichen Objekten an: Soldaten, die im
Kampf schwer verletzt wurden, und Kriegsgefangenen. Woodstock
weigerte sich, worauf ihn der Major zum Sergeanten degradierte
und zur Infanterie schickte. Sergeant Woodstock starb in der
Schlacht von Verdun im sechsten Monat des Kriegs.
Als sein Blut im Schlamm versickerte und er kaum noch at-
mete, fand ihn ein Gangrel auf dem Schlachtfeld. Woodstock
erinnert sich nicht an seinen Erzeuger und fragt sich bis heute,
ob diese schemenhafte Gestalt fühlte, daß er sich von den
Landeiern unterschied, die da starben, oder ob es nur die Wär-
me seines Bluts und die Nachlässigkeit seines Erzeugers war, die
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ihm die Unsterblichkeit brachten. Die Vitæ des Kainskinds er-
füllte seinen zerschlagenen Körper mit genügend Kraft, um tief
im blutgetränkten Boden zu versinken. Als er aufstand, war der
Krieg schon lange vorbei, die Deutschen waren zurückge-
drängt, und sein Bataillon hatte sich schon lange zurückgezo-
gen; seine junge Frau, die ihn tot geglaubt hatte, hatte wieder
geheiratet, was sicher auch das beste war. Woodstock zog sich
in die Wissenschaft zurück und arbeitete bei einer pharmazeu-
tischen Gesellschaft, die bereit war, einem geschockten Kriegs-
veteranen besondere Arbeitszeiten zuzugestehen. Seine glän-
zende Arbeit brachte ihm die Aufmerksamkeit Lady Annes von
London, die ihre Kundschafter aussandte, um zu erforschen, ob
es sich lohnte, den vielversprechenden Menschen in den Clan
Ventrue aufzunehmen. Sie nahm hin, daß er schon gezeugt war
und erleichterte ihm die Aufnahme in die Gesellschaft der
Kainskinder – im Austausch für gewisse Forschungsprojekte.
Während des 2. Weltkriegs hielt er sich bedeckt. Die Zeit war
reif, London zu verlassen und in Begleitung seiner Clansgenos-
sen in die Weiten Grönlands zu reisen, um die Traditionen und
Lebensweise der Gangrel zu lernen.
Seit Kriegsende reiste Woodstock viel, doch er unterhielt eine
ständige Zuflucht in London, während er seine Laboreinrichtung
von Stadt zu Stadt mitnahm, manchmal über Landesgrenzen und
Kontinente hinweg. Der Schwerpunkt seiner Forschung wechselte
im Laufe der Zeit. Obwohl ihn der menschliche Körper und seine
Reaktionen auf Vampirblut faszinieren, sind es die unerklärlichen
magischen Fähigkeiten, die ihm den Tagschlaf rauben, und er ent-
wirft ständig neue Studien, die es ihm ermöglichen sollen, die Dis-
ziplinen genau, mathematisch und wissenschaftlich zu beschrei-
ben. Die Ergebnisse haben ihn meist frustriert, da es unmöglich
scheint, sie zu wiederholen. Die Variationen und speziellen An-
wendungen von Disziplinen, die er in den vergangenen Dekaden
aufzeichnete, sind von Interesse für Prinzen und Ahnen. Wood-
stock versteht nicht, wie derart unzuverlässige Ergebnisse jeman-
dem könnten – er hat die gesamten Forschungsergebnisse eines ge-
wissen Dr. Netchurch gelesen, und sie erscheinen ihm weit voll-
ständiger als die seinen. Dennoch sind sie die Währung, mit der er
sein gutes Verhältnis zur Camarilla bezahlt.
Er nutzt sein ewiges Leben, um Experimente durchzuführen, die
extrem lange brauchen. Unter anderem blendete er junge Vampi-
re oder zeugte Menschen, die von Geburt an blind sind, um ihre
Art des Gestaltwandels zu beobachten. Er zeugte auch eineiige
Zwillinge, um ihr Geschick und ihre Lernfähigkeit zu vergleichen.
KAPITEL DREI: TIERE
99
Gangrel04.p65 99
Seine Experimente an Menschen und Vampiren, auch der gele-
gentliche Tod der Opfer, bereiten ihm manchmal Gewissensbisse –
diese drängt er aber zurück, indem er sich daran erinnert, welch
schreckliche Dinge die Menschen selbst entwickeln und daß sein
Gewissen ihm vor vielen Jahren selbst den Tod gebracht hat. Das
Objekt seiner letzten Studie ist eine Toreador namens Anna.
Woodstock beobachtete sie, wie sie vom Säugling zur schönen jun-
gen Frau heranwuchs. Das Blut einer Toreador und 20 Jahre sorg-
samer Hingabe brachte den sonst so reservierten Wissenschaftler
aus der Fassung. Er setzte Himmel und Hölle in Bewegung, um
Anna zu schützen, da ihr Erzeuger, der enttäuscht war vom Aus-
gang des Experiments, damit gedroht hatte, von seinem Recht zur
Vernichtung Gebrauch zu machen. Woodstock könnte sich aber
nicht vorstellen, nach so langer Zeit ohne sie zu leben.
Er besitzt ein kleines (aber teures) Labor mit zwei geghulten As-
sistenten (seinen Gefolgsleuten). Wenn er gerade keine Experi-
mente über die Disziplinen anstellt, verbringt er seine Zeit mit kon-
ventioneller Forschung und veröffentlicht seine Ergebnisse über
ein Netz von Wissenschaftlern an Universitäten und anderen For-
schungszentren. Sein Erscheinungsbild hat in den letzten Jahren
Rückschritte erfahren: Sein linkes Bein biegt sich am Knie nach
hinten wie der Hinterlauf eines Tiers, und sein gewohnter Labor-
kittel verbirgt eine Sammlung der verschiedensten Fellarten, die
einen Großteil seines Körpers bedecken.
Beschreibung: Woodstock bevorzugt Wollhosen, knittrige
Hemden und Krawatten unter dem abgetragenen, aber saube-
ren Laborkittel. Auf längeren Reisen tauscht er dies gegen be-
queme Khakikleidung im Kolonialstil. Die Gleitsichtbrille auf
der Nase ist zum Teil ein Tick, sie leistet ihm aber auch gute
Dienste als Vergrößerungsglas.
Rollenspielhinweise: Die Wissenschaft war das Wichtigste in Ih-
rem Leben. Sie verloren das Interesse an den Experimenten, doch
eines davon verzauberte sie. Anna ist das einzige, was Sie ohne
Frust von Ihren Studien fernhalten kann, und Sie tun alles in Ih-
rer Macht stehende, um ihre Bindung an Sie aufrecht zu erhalten.
Clan: Gangrel
Erzeuger: unbekannt
Wesen: Perfektionist
Verhalten: Pädagoge
Generation: 10.
Kuß: 1916
Sieht aus wie: Ende 20
Körperlich: Körperkraft 4, Geschicklichkeit 3, Widerstandsfähigkeit 5
Gesellschaftlich: Charisma 3, Manipulation 2, Erscheinungsbild 1
Geistig: Wahrnehmung 3, Intelligenz 5, Geistesschärfe 3
Talente: Aufmerksamkeit 4, Ausflüchte 1, Ausweichen 2, Ein-
schüchtern 2, Empathie 2, Führungsqualitäten 2, Handgemen-
ge 3, Sportlichkeit 2
Fertigkeiten: Etikette 2, Fahren 2, Handwerk 2, Heimlichkeit 2,
Nahkampf 2, Schußwaffen 3, Tierkunde 4, Überleben 3
Kenntnisse: Akademisches Wissen 4, Computer 1, Finanzen 1,
Linguistik 3, Medizin 4, Nachforschung 3, Naturwissenschaft 4,
Okkultismus 3, Politik 2
Disziplinen: Auspex 2, Gestaltwandeln 4, Seelenstärke 2, Tier-
haftigkeit 2
Hintergründe: Clanprestige 2, Einfluß 2, Gefolgsleute 2, Ge-
neration 5, Kontakte 3, Ressourcen 4, Status 3, Verbündete 3
Tugenden: Gewissen 2, Selbstbeherrschung 5, Mut 4
Moral: Menschlichkeit 5
Willenskraft: 5
MARK DECKER, ZÖGERNDER PRINZ VON
MILWAUKEE
Hintergrund: Lucian, ein Gangrel aus Rom, schenkte Decker
während des amerikanischen Revolutionskriegs den Kuß. Der
UNTER MENSCHEN
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 junge Mann war ein „Sorgenkind”, wie er selbst sagt. Lucian
konnte ihn nicht töten, als er von den Toten und Sterbenden
trank, also zeugte er Decker. Auf die eine oder andere Weise
mußte dieser immer kämpfen.
Er kaufte Anfang des 19. Jh. mit seinem Erzeuger eine Plantage
in Alabama und ernährte sich gut von den Sklaven, doch der Krieg
zwischen den Staaten zwang ihn wieder, die Waffen zu ergreifen.
Nach dem Krieg war die Plantage zerstört, die Sklaven waren be-
freit. Decker reiste nach Norden, wo er sich in der verschlafenen
Kleinstadt Milwaukee niederließ. Dort hatte er eine einfache Zu-
flucht, bis ihn ein Rudel Garou angriff und zur hastigen Flucht
trieb. Als er nach einer schrecklichen Raserei erwachte, erkannte
er, daß er seine kleine Herde von Menschen getötet und ausge-
saugt hatte. Er schwor Rache und gründete die Anubi, eine Grup-
pe, die sich der Verteidigung der Kainskinder gegen yWolflinge ver-
schrieb. Im folgenden Jahrhundert hielten sich die Anubi abseits
der Kainskindergesellschaft Milwaukees und erbeuteten mit Tri-
umph einige Werwolfsskalps und andere Trophäen.
Alles wäre weiter glatt gegangen, wäre Milwaukee nicht in den
Jahren 1992 und ’93 von drei heftigen Schlägen erschüttert wor-
den. Zuerst wurde der Justikar Ulisyan Thracs in der Nähe von
Racine vernichtet, kaum eine Woche später vernichtete eine
Gruppe Neugeborener den wahnsinnigen Prinzen Terence Merik
– der wohl für den Tod Thracs verantwortlich gewesen war. Weni-
ge Monate später griffen Wolflinge Chicago an, sie töteten den
dortigen Prinz und dezimierten die untote Bevölkerung der Stadt
Nach Meriks Tod spaltete sich die Gesellschaft der Kainskinder
Milwaukees auf. Einige stellten sich auf die Seite des Ventrue Gra-
cis, während andere für den Brujah Scott waren. Einige verzogen
sich in den Norden Chicagos, doch die meisten lehnten sich zu-
rück und warteten darauf, daß ein stolzer Vampir den Titel bean-
spruchte. Der Machtkampf dauerte Monate, und während die
Vampire einander in den Haaren lagen, erlegten Garou und ein
deutscher Vampirjäger Kainskinder in ganz Milwaukee.
Als die Garou Chicago überrannten, kehrte Decker aus seinem
selbstgewählten Exil in den Rat Milwaukees zurück. Er glaubte,
man werde das Schicksal Chicagos teilen, wenn die internen
Machtkämpfe unter den Vampiren der Stadt nicht aufhörten. Er
ging auf den Ventrue Hrothulf zu – es ist nicht klar, ob er sich sei-
ner Unterstützung oder seiner Neutralität versichern wollte – und
stattete dann Gracis einen Besuch ab. Decker erschlug den römi-
schen Ventrue und kehrte in die Stadt zurück. Mit den Anubi im
Rücken betrat er das Elysium und ernannte sich zum Prinzen.
CLANBUCH: GANGREL
100
Gangrel04.p65 100
Deckers Taktik hätte schief laufen können, doch die übrigen
Mitglieder des Rats sahen in ihm einen Unbekannten, den sie an-
deren Feinden, die sich um den Thron rissen, vorzogen. Außerdem
hatten die Kämpfe gegen die Wolflinge die Kampfesfähigkeiten
Deckers unglaublich gesteigert. Scott hatte zwar Anspruch auf den
Thron, doch er wollte kein Duell mit dem Anubi.
Wegen der Bedrohung durch die Garou hält Mark Decker
Milwaukee im Ausnahmezustand. Ehemalige Anubi haben die
wichtigen Ämter inne, und die Treffen mit dem Rat sind zur oft
nur vergessene Formalität. Er setzt die Traditionen durch und
verbietet oft sogar die Erschaffung von Ghulen, da sie die Mas-
kerade gefährden könnte. Was für einen Konsens er mit Hro-
thulf auch erreicht hatte, dadurch, daß er ihn vor einigen Jah-
ren an der Zeugung eines Kindes hinderte, zog er sich seine
Feindschaft zu.
Xaviars Bruch mit der Camarilla macht Deckers Unleben
noch schwerer. Der Prinz kannte Xaviar nicht gut, mißtraute
den Gerüchten, die ihm zu Ohren kamen und zog es vor, Mit-
glied der Camarilla zu bleiben. Eine alte Freundin aus der Zeit
des Kalten Kriegs verbringt heute fast genausoviel Zeit in Mil-
waukee wie in Chicago: die uralte Gangrel Inyanga. Inyanga hat
die Camarilla verlassen, da sie sich mehr um ihr Wohlergehen
kümmert als um Sektenpolitik. Decker und Inyanga kamen ein-
ander näher, der junge Krieger lernte Geheimnisse von der Hexe.
Durch ihren Einfluß kam er dazu, sich zu überlegen, ob er Milwau-
kee aus der Camarilla nehmen und zur Freistadt erklären soll.
Beschreibung: Decker ist ein großer, schlanker Mann. Wie bei den
meisten Kainskindern ist seine Haut fast weiß, sein Haar raben-
schwarz. Strahlte er nicht eine Aura der Bedrohung aus, könnte
man ihn für krank halten. Seine Stimme rasselt, was von einer
Narbe am Kehlkopf herrührt, die er in einem Kampf gegen Garou
vor langer Zeit davontrug. Er ist hager und wirkt müder, als man es
von einem Unsterblichen erwartet. Wenn er an langen Unterre-
dungen teilnimmt, neigt er dazu, nervös um sich zu blicken.
Rollenspielhinweise: Sie sind meist beunruhigt. Sie sind seit über
200 Jahren in den einen oder anderen Kampf verwickelt und sind
müde, können aber nicht ruhen. Sie wissen, daß, wenn Sie sich
ausruhten, wieder mehr Leute sterben werden, und wenn Sie sich
wirklich zur Ruhe legen würden, dann würden Sie für mehrere
Jahrzehnte in Starre fallen. Sie sind erschöpft, unentschieden und
achten auf zu viele Dinge gleichzeitig.
Clan: Gangrel
Wesen: Fanatiker
Verhalten: Überlebenskünstler
Generation: 9.
Zeugung: 1777
Sieht aus wie: Mitte 20
Körperlich: Körperkraft 5, Geschicklichkeit 5, Widerstandsfähigkeit 5
Gesellschaftlich: Charisma 4, Manipulation 3, Erscheinungsbild 2
Geistig: Wahrnehmung 5, Intelligenz 3, Geistesschärfe 3 (frü-
her 5, ehe seine Nerven schwächer wurden)
Talente: Aufmerksamkeit 4, Ausflüchte 3, Ausweichen 5, Ein-
schüchtern 3, Führungsqualitäten 4, Handgemenge 5, Sport-
lichkeit 2, Szenekenntnis 3
Fertigkeiten: Etikette 2, Fahren 3, Heimlichkeit 5, Nahkampf 5,
Schußwaffen 5, Sicherheit 4, Tierkunde 2
Kenntnisse: Akademisches Wissen 1, Camarilla-Kunde 2, Lin-
guistik 2 (Französisch und Deutsch), Medizin 2, Nachforschung
3, Politik 2
Disziplinen: Auspex 2, Beherrschung 1, Geschwindigkeit 5, Gestalt-
wandeln 5, Seelenstärke 3, Stärke 3, Tierhaftigkeit 3, Verdunkelung 4
Hintergründe: Gefolgsleute 5, Ressourcen 3, Status 4, Verbündete 2
Tugenden: Gewissen 2, Selbstbeherrschung 3, Mut 5
Moral: Menschlichkeit 5
Willenskraft: 7
05.03.2002, 16:32
 NAME: WESEN: GENERATION:
SPIELER: VERHALTEN: ERZEUGER:
CHRONIK: KONZEPT: ZUFLUCHT:

KÖRPERLICH
Körperkraft ..............................
Geschick .....................................
Widerstandsfähigkeit ........
ATTRIBUTE
GESELLSCHAFTLICH
Charisma ...................................
Manipulation .........................
Erscheinungsbild .................
GEISTIG
Wahrnehmung ......................
Intelligenz .................................
Geistesschärfe ........................

TALENTE
Ausdruck ...................................
Aufmerksamkeit ...................
Ausflüchte ................................
Ausweichen .............................
Einschüchtern ........................
Empathie ...................................
Führungsqualitäten ...........
Handgemenge ........................
Sportlichkeit ............................
Szenekenntnis ........................
FÄHIGKEITEN
FERTIGKEITEN
Etikette .........................................
Fahren .........................................
Handwerk .................................
Heimlichkeit ............................
Nahkampf .................................
Schußwaffen ...........................
Sicherheit ..................................
Tierkunde ..................................
Überleben .................................
Vortrag ........................................
KENNTNISSE
Akademisches Wissen .....
Computer ..................................
Finanzen ....................................
Gesetzeskenntnis .................
Linguistik ...................................
Medizin ......................................
Nachforschungen ...............
Naturwissenschaften ........
Okkultismus ............................
Politik ...........................................

HINTERGRUND
..........................................................
..........................................................
..........................................................
..........................................................
..........................................................
VORTEILE
DISZIPLINEN TUGENDEN
.......................................................... Gewissen/
.......................................................... Ü b e r z e u g u n g ....................
.......................................................... Selbstbeherrschung/
.......................................................... Instinkt ........................................
.......................................................... Mut ................................................

VORZÜGE/ SCHWÄCHEN MENSCHLICHKEIT/ PFAD GESUNDHEIT

Blaue Flecken:
Verletzt: -1
Schwer verletzt: -1
Verwundet: -2
WILLENSKRAFT Schwer verwundet: -2
Verkrüppelt: -5
Außer Gefecht:

SCHWÄCHE
BLUTVORRAT
jede Raserei bringt einen
Tierhaften Zug

GangrelRevSheet.p65 101 05.03.2002, 15:15

 NAME: SPIELER:

ANDERE EIGENSCHAFTEN
.......................................................... ..........................................................
.......................................................... ..........................................................
.......................................................... ..........................................................
.......................................................... ..........................................................
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.......................................................... ..........................................................
..........................................................
..........................................................
..........................................................
..........................................................
..........................................................
..........................................................

RITUALE ERFAHRUNG
NAME STUFE SUMME:
INSGESAMT AUSGEGEBEN:
VERWENDET AUF:

GEISTESSTÖRUNGEN

BLUTSBANDE/VINCULI
BAND AN: WERT: BAND AN: WERT:

KAMPF
WAFFE SCHWIERIGKEIT SCHADEN REICHWEITE SCHUSSFOLGE MAGAZIN VERSTECK RÜSTUNG

GangrelRevSheet.p65 102 05.03.2002, 15:16

 NAME: SPIELER:

ERWEITERTER HINTERGRUND
VERBÜNDETE WICHTIGE KONTAKTE

HERDE WEITERE KONTAKTE

MENTOR GEFOLGSLEUTE

EINFLUSS RESSOURCEN

CLANPRESTIGE STATUS

BESITZTÜMER
MITGEFÜHRTE AUSRÜSTUNG VORHANDENE AUSSTATTUNG

JAGDGRÜNDE FAHRZEUGE

ZUFLUCHTSORTE
LAGE BESCHREIBUNG

GangrelRevSheet.p65 103 05.03.2002, 15:16

 NAME: SPIELER:

PERSÖNLICHE GESCHICHTE
PRÄLUDIUM

PERSONENBESCHREIBUNG
ALTER:
SIEHT AUS WIE:
GEBURTSDATUM:
TODESTAG:
HAARFARBE:
AUGENFARBE:
HAUTFARBE:
NATIONALITÄT:
GRÖSSE:
GEWICHT:
GESCHLECHT:

ILLUSTRATION
DIAGRAMM DES KLÜNGELS CHARAKTERSKIZZE

GangrelRevSheet.p65 104 05.03.2002, 15:17