... INHALT ...

JACKPOINT 4 Schattenbesetzung 89
Kaz Yakamura 89
Dae 90
EIN NEUER KICK 5 Chikao Inoue 91
Straßenfeeling: Drogennebel oder Magieverstärkung 8 Chulsoon Gray-Wolf 92
NSI Leitartikel: Bandengewalt nimmt zu 14 Caine 92
In Memoriam: Maria Jones 14 Alec Littletree 92
Zehn Tote bei Schießerei unter Drogengangs 14 Xa Firebird 93
Bandenkrieg 17 Fußvolk und bewegliche Ziele 93
Drogenparty endet in sexuellen Übergriffen,
diplomatischer Zwischenfall 19 DIE QUELLE 98
Globale Verbreitung 22 Starthilfe 100
Was ist das eigentlich? 24 Seattle: Die Kostprobe ist gratis billig 100
Unruhe in Hongkong 27 Was geht in Seattle vor 100
Dringende Mitteilung von Interpol 28 Freunde, Feinde und Schwierigkeiten 101
Studenten der UOS verwiesen 29 Abenteuer-Gerüste Seattle 102
Steigende Drogenkriminalität: Regierung in der Kritik 30 Flipside 102
Live-Stream-PSL 31 Ableger und Nebenjobs in Seattle 105
Die Tempo-Tour 32 Hongkong: Brennende Straßen 106
Der Tcherno-Bill-Vorfall 33 Was geht in Hongkong vor 106
Knight Errant: Einschätzung und Analyse von Tempo 33 Brennpunkt: Freie Wirtschaft Hongkong 107
Alarmstufe Orange: Communiqué 71-09-49 35 Freunde, Feinde und Schwierigkeiten 108
Matrixhandel mit Tempo wird zu wachsendem Problem 37 Abenteuer-Gerüste in Hongkong 109
Blutbad in L.A. 40 Vergeltungs-Erstschlag 109
Vorläufiger Bericht, Datei 711211-0624-LMW 40 Das Kowloon-Massaker 110
Gesucht: Graciela Riveros 44 Ableger und Nebenjobs in Hongkong 113
Die ADL im Drogenrausch 47 Neo-Tokio: Verrat 113
Spielinformationen 50 Was geht in Neo-Tokio vor 113
Spielplan 50 Brennpunkt: Neo-Tokio 114
Wie die Zeit vergeht 50 Freunde, Feinde und Schwierigkeiten 114
Anschluss finden 52 Abenteuer-Gerüste in Neo-Tokio 116
Wertvolle Einzelstücke 52 Aufgeflogen 116
Auf der Höhe der Zeit 52 Bauernopfer 117
In der Schusslinie 53 Ableger und Nebenjobs in Neo-Tokio 119
Partitur: Zeitablauf 54 Los Angeles: Vor dem Sturm 120
Für und Wider 57 Was geht in Los Angeles vor 120
Die üblichen Verdächtigen 57 Brennpunkt: Los Angeles 120
Die Geisterkartelle 59 Freunde, Feinde und Schwierigkeiten 121
Kondorchid 60 Abenteuer-Gerüste in Los Angeles 122
Die Tempo-Welttour 60 Problem im Anmarsch 122
Schattenbesetzung 61 Ableger und Nebenjobs in Los Angeles 124
Jaime Salazar 61 Schattenbesetzung 124
Henry Uribe 61 Sacristán 124
Graciela Riveros 62 Jorge Rhys 125
Besessene Riveros 63 Hak 125
Tempo 63 Tse Ye Mu 125
Jurojin 127
KOSTPROBE 65 Smalls 127
Ich bin dein Dealer 66 José Vilamoura 127
Was geht hier vor 66 Besessener Vilamoura 128
Das Gesamtbild 69 Yama-König Chin You 128
Brennpunkt: Seattle 70 Fußvolk und bewegliche Ziele 128
Freunde, Feinde und Schwierigkeiten 71
Abenteuer-Gerüste 75 DIE EURO-TOUR 131
Der Fremde im Haus, Teil 1 75 Auf der anderen Seite des Atlantiks 132
Der Fremde im Haus, Teil 2 77 Schlechter Trip 132
Leichendiebe 79 Die Joker 134
Schönes schmutziges Geld 83 Was geht an der Nordfront vor 135
Das schwierige Tempo 83 Im Drogengeschäft 135
Feuerwerk aus Tokio 86 Flashpoint: Europort & Lille 135
Ableger und Nebenjobs 89 Freunde, Feinde und Schwierigkeiten 136

2 GEISTERKARTELLE
 Europort & Lille – Abenteuer-Gerüst 137
Partnersuche leicht gemacht 137
Ableger und Nebenjobs 140
Schattenbesetzung 140
French Connection
Was geht in Marseille vor?
143
142
IMPRESSUM:
Brennpunkt: Marseille-Provence-Méditeranée
Freunde, Feinde und andere Schwierigkeiten
142
143
GEISTERKARTELLE
Marseille – Abenteuer-Gerüst 144
Ombre est lumière 144 Texte: Lars Blumenstein, Elissa Carey, Robert Derie,
Tod auf dem Mars 146
John Dunn, Mark Edwards, Jennifer Harding, Jason
Ableger und Nebenjobs 149
Schattenbesetzung 149 Levine, Aaron Pavao, Peter Taylor, Malik Toms
Fußvolk und bewegte Ziele 150 Deutsche Zusatztexte: Lars Blumenstein
Latin Heat 152 Texte Euro-Tour: Anthony Bruno, Sylvain Devarieux,
Was geht in GeMiTo vor? 152 David Grashoff, Peter Taylor
Brennpunkt: Genua-Mailand-Turin 153
Redaktion: Michelle Lyons, Peter Taylor
Freunde, Feinde und andere Schwierigkeiten 153
GeMiTo – Abenteuer-Gerüst 154 Redaktion Euro-Tour: Anthony Bruno
Italienisches Doppelspiel 154 Deutsche Chefredaktion: Tobias Hamelmann
Durcheinander in Lissabon 156 Entwicklung: Rob Boyle, Peter Taylor
Was geht in Lissabon vor? 156 Art Direction: Randall N. Bills
Brennpunkt: Lissabon 158
Freunde, Feinde und Schwierigkeiten 158 Satz und Layout: Adam Jury
Lissabon – Abenteuer-Gerüst 159 Satz der deutschen Ausgabe: Ralf Berszuck
Party des Jahrzehnts 159 Überarbeitetes Design: Rita Geers, Ralf Berszuck
Ableger und Nebenjobs 160 Coverbild: Arndt Drechsler
Schattenbesetzung 161
Covergestaltung: Ralf Berszuck
Schattenbesetzung 163
Filipe Munoz 163 Illustrationen: Yoann Boissonnet, Philip Hilliker,
Salma Munoz 163 Felix Mertikat, Mike Mumah, Chad Sergesketter,
Luis Cordero 165 Brad McDevitt, Jean-Baptiste Reynaud, Florian
TODESSTOSS 166 Stitz, Trevor Claxton
Aufstieg und Fall von Tempo 168 Karten: Sean Macdonald, Romano Garnier, Jan Helke
Was geht hier vor? 168 Übersetzung der deutschen Ausgabe: David Gras-
Freunde, Feinde und Schwierigkeiten 169 hoff, Manuel Krainer
Das Gesamtbild 171 Lektorat der deutschen Ausgabe: Gerrit Czeplie,
Die Unterwelt 171
Tobias Hamelmann, Peter „Medizinmann“ Hecker,
Aztlan und Amazonien 172
Das Geheimnis von Tempo 173 Benjamin Plaga, Roman Reiß, Stephanie von Treyer
Primeira Vaga 174 Inspiration: John Campbell’s Howlin’ Mercy, Pro-
Brennpunkt: Distrito Caracas 174 ject Pitchfork
Brennpunkt: Estado Amazonas e Pará 175 Danksagung: Rob Boyle für die Unterstützung, die
Abenteuer-Gerüste 177
Flucht aus L.A. 177
tollen Möglichkeit und Shadowrun 4. Nathanael
Hausputz, Teil 1 179 Jouen für sein Feedback und Ghislain Bonnotte
Hausputz, Teil 2 182 für NSC-Werte. Ralf Berszuck, David Grashoff, die
Kreuzfeuer 183 Lektoren und Übersetzer der deutschen Ausgabe,
Verrat 185 die sich ein Bein ausgerissen haben, damit das
Letzter Vorhang 188
Ableger und Nebenjobs 189 Buch termingerecht fertig wird.
Schattenbesetzung 190 CD-Impressum: Siehe CD.
Tenoch 190
César da Silva 190 Pegasus Spiele GmbH,
Yajé 192 Straßheimer Str. 2, 61169 Friedberg, unter Lizenz von
Rayo 192 Catalyst Game Labs und Topps Company, Inc.
Domingo „Ding“ Ramos 193
© 2010, 2012 Topps Company, Inc.
Fußvolk und bewegliche Ziele 193
Alle Rechte vorbehalten.
KARTEN Shadowrun und Topps sind Handelsmarken und/oder
DocWagon-Klinik 80 eingetragene Marken von Topps Company, Inc.
Caines Unterschlupf 85 in den USA, in Deutschland
Garden of Eden (Hinterzimmer) 87 und/oder anderen Staaten.
Vilamouras Apartments 104 Catalyst Game Labs ist eine Handelsmarke von
Gebäude in der Kowloon Walled City 112 InMediaRes Productions, LLC.
Stützpunkt der Kodachi 118
Le Tcherno Bill 149
Baltimore Towers 179
Salazars Hazienda 184
Terreiro der Primeira Vaga 187

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3
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„Konzern: Ein geniales Vehikel, individuellen Profit ohne
individuelle Verantwortung zu erlangen.“

JackPoint-Statistik
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34 aktive Nutzer im Netzwerk Deine letzte Verbindung wurde vor 7 Stunden,
Aktuelle Nachrichten 8 Minuten, 41 Sekunden getrennt.
* <aktuell> Dieses private p2p-MoSoSo-
Netzwerk ist jetzt produktiv. Aber es
gibt keine Software, die keine Fehler
hat. Also meldet mir, wenn’s hakt.
– FastJack Heutige Hinweise
* <101171> Ich habe endlich die
Subsysteme JackPoint Filofax und * Schwirrt dir der Kopf von AR, VR, Technomancern und KIs?
Job-Börse upgedatet, ihr solltet jetzt
keinen 4011-Fehler mehr bekommen.
Alls, was du jemals über die Matrix 2.0 wissen wolltest (und auch, was nicht), findest du in diesem Reiseführer
[Download Patch 1.8b]. – FastJack durchs digitale Dataversum. [Vernetzt]
Private Hinweise * Du warst in der Wildnis und bist zurück und willst damit angeben? Wie wäre es damit, deine Gedanken in un-
* Dein „xpl0it3r”-Agent hat 2 dringende serem Führer durch die großen urbanen Wildnisse von heute mitzuteilen? [Krisenzonen]
Nachrichten für dich
* Du hast 8 neue private Nachrichten
* 3 Nachrichten warten darauf, anonymi-
siert und umgeleitet zu werden
In Kürze
* Es gibt 18 neue Antworten auf deine
JackPoint-Posts
* Die Funktionalität von JackPoint wird mit ein paar neuen Datenbanken, mehr Tools, und ein paar
* Du hast eine Verabredung mit Mr. J in fortgeschrittenen Optionen für euch Runner da draußen erweitert. Die Zusammenfassung gibt’s in
19 Stunden, 12 Minuten [Termine]
* Deine Horizontal-Tanzpartnerin Unna diesem handlichen Führer. [Runnerkompendium]
ist heute Abend im Dante’s Inferno
[Karte]
Top-News
Dein aktueller Reputationswert:
48 (93 % positiv)
* Gang-Zusammenstöße in Tacoma (Seattle) forderten am Freitag drei neue Opfer. Metroplex-Gouverneur Ken-
neth Brackhaven erklärte zu dieser jüngsten Episode des schlimmsten Bandenkriegs seit zehn Jahren: „Ich
Aktuelle Zeit: 27. November 2071, 21:15
möchte den Bürgern von Seattle versichern, dass dieser Schrecken nicht ungehindert weitergehen wird. Mein
Büro arbeitet eng mit Lone Star, der Metroplex-Garde und den Bundesbehörden zusammen, um das Übel an
der Wurzel zu packen. Mehr
* Das Außenministerium der UCAS hat die Reisewarnung für Caracas auf Stufe Zwei angehoben, nachdem drei
Bürger der UCAS von bewaffneten Verbrechern entführt wurden. Das Schicksal der drei Opfer, Mitarbeiter von
Kriminallabors, die zu Interpol abgestellt waren, ist noch unklar. Das Außenministerium hat angemerkt, dass
die Erhöhung der Warnstufe bereits seit September in Erwägung gezogen wurde. Stufe Zwei von vier möglichen
Stufen gilt für Länder, in denen Reisende Sicherheitsvorkehrungen treffen und sich nur in begründeten Fällen
aufhalten sollten. Mehr
* Die Gespräche zwischen dem Generalsekretariat der UNO und den virtuellkinetischen und synthetischen Intel-
ligenzen, die immer noch die Matrix von Genf in Geiselhaft halten, wurden gestern nach der journalistischen
Enthüllung, dass sich Genome kurz vor der Fertigstellung eines Medikaments befindet, das die Fähigkeiten von
Technomancern unterdrücken kann, abgebrochen. Mehr

GEISTERKARTELLE
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4
 ... EIN NEUER KICK ...

Coyote hasste den blassen Konzern-Abschaum mit seinen Echtlederjacken und seinen fetten, ver-
hätschelten Ärschen. Die Jungs gehörten nicht hierher; das war das Revier der First Nations. Er
genoss die nervösen Blicke, die sie ihm zuwarfen. Ram hatte heute Nacht das Dealen übernom-
men und Coyote und ein paar andere waren als Muskeln dabei. Während Ram mit den Kon-
Jungs sprach, gab Jitters einen dünnen Dermalpatch an Coyote weiter.
„Hier, Mann“, sagte Jitters mit einem hohen Kichern. „Warum sollen nur die Arschlöcher Spaß
haben?“
Coyote knallte sich den Patch drauf. Er hatte Tempo schon einmal ausprobiert und es war ein
erstklassiger Kick. Es gab nichts Vergleichbares, nicht in Seattle. Und deshalb würden die First
Nations bald im Sprawl das Sagen haben. Das Geld der hohlbirnigen Lohnsklaven hatte seine
neue Uzi IV gekauft, und Ram hatte ihm ein paar erstklassige Booster versprochen.
Jitters kicherte immer noch neben ihm. Coyote spürte, wie sich seine Lippen zu einem Grinsen
verzogen, als der erste Rausch kam und er sich leicht und schnell und so verdammt gut fühlte.
Die Kon-Jungs hatten sich verzogen. Ram sah zu ihm hinüber und schüttelte den Kopf. Coyote
lächelte zurück und spürte, wie sein Blut euphorisch kribbelte. Eine neue Gruppe Käufer kam an,
und Ram wandte sich ihnen zu. Coyote spürte seine Brust vor Lachen rumpeln; es war die reine
Freude mit den Lohnsklaven und ihrem Geld. Mann, Booster wären so cool. Der graue Regen be-
gann zu glitzern, die dunkle Straße wurde von einem perlmuttfarbenen Licht erhellt. Coyote sah
zu Jitters rüber. Sein Freund war von einer blendenden Aura aus Grün und Orange umgeben. Um
Ram herum war ein gold-pinkfarbenes Leuchten, durch das schwarze Schlieren liefen, die sich
hart und fies vom Licht abhoben.
„Ram–“, fing Coyote an, aber das Quietschen von Reifen übertönte ihn. Das hübsche, pink-
farbene Leuchten um Ram blitzte dunkelrot auf, und Coyote spürte, wie ihm etwas Warmes ins
Gesicht spritzte. Was zum Teufel? Er drehte sich um, versuchte, nach seiner Waffe zu greifen und
konnte nicht – denk, Mann, beweg dich! Desorientiert und betäubt hörte er Schreie. Jitters sah zu
ihm auf, Blut gurgelte aus seinem Mund, der nicht mehr lachte. Das blendende, grün-orangefar-
bene Leuchten war bei Jitters dunkel geworden; es hatte die Farbe von getrocknetem Blut.
Hilflosigkeit, Schrecken, Zorn, Hass – Emotionen überfluteten ihn, und Coyote war wie be-
täubt, als er im Blut seines Freundes kniete. Das Licht um Ram war weg, ausgelöscht, und Coyote
schluchzte. Jitters versuchte durch das schaumige Blut hindurch zu schreien. Coyote hatte jetzt
seine Waffe. Seine Hände waren ganz ruhig, als er fünf pulsierende, rote Lichter – nein, Cutters,
verfluchte Cutters, nicht Lichter – sah. Er hob die MP, zog durch, spürte den harten Stoß, als die
Kugeln durch die pulsierenden, roten Lichter drangen, in Fleisch und Knochen einschlugen. Die
roten Lichter splitterten, zerbrachen und spritzten und zerrissen zu schwarzen Schreien.
Oh Gott, oh Gott, oh Gott ...
Tempo ließ Coyote zum ersten Mal den Tod sehen. Er kniete im Blut seiner Freunde und Fein-
de, und der Wahnsinn erfasste ihn.

GEISTERKARTELLE
5
 //Archiv/Alarme/rekonstruiert//
Gang-Alarm! Crimson Crush vs. First Nations
Wenn ihr in Seattle arbeitet, haltet euch fern von Touristville,
Redmond. Die First Nations vergrößern ihr Revier auf Kosten
des Crimson Crush, und das wird eine blutige Angelegen-
heit. Gestern Nacht war der zweite größere Zusammenstoß
– sechs Tote und ein Unterschlupf des Crimson Crush nieder-
EIN NEUER KICK
gebrannt. Seltsam ist, dass die First Nations zwar den Kopf
eingezogen haben, seit sie nicht mehr mit den Yaks verbün-
det sind. Aber jetzt scheint sie etwas mächtig anzutreiben,
wenn sie von Everett nach Redmond und in den Verge ex-
pandieren. Das ist auch der Turf der Dogmen ... die Nations
haben für die Schmugglertruppe schon eine Weile die Securi-
ty gemacht. Also hängt das vielleicht zusammen? – Riser
//Hochgeladenes Alarm-Item :: User Riser :: 03/02/71//
//Trash/rekonstruiert//
LA-LA-LAND P2.0BLOG
Post-Orpheus.
Party!
Weil sich meine Wenigkeit diese Woche eine Auszeit vom ro-
ten Teppich und den starbesetzten Partys nimmt, gibt es mal
einen Tempowechsel. Im Gegensatz zu dem, was manche
Miesmacher glauben, schätzen viele Leute Post-Orpheus.
Meine Wenigkeit weilte als Ehrengast beim Osterferien-Me-
gabash der Medienwissenschaften an der UCLA. Schauplatz:
Hipnoise (Irving St. 36, nahe Marriot und Barkley) – übri-
gens von Jim Kong mit drei Sonnen definitiv unterbewertet,
von mir kriegt es mindestens vier.
Die VJs Kaffit und Synthonic gaben sich an dem Abend
die Ehre und bestimmten die Atmosphäre mit einigen Rave-
Grooves und Afroflash-Rhythmen, die den Floor zum Ko-
chen brachten. Wie immer bei solchen Uni-Raves gingen
ein paar Platten mit wenig unterhaltsamen, hausgemachten
CalHots und Patches mit exotischeren (aber völlig legalen)
Substanzen herum, darunter auch ein großartiger neuer Par-
tyfavorit: Tempo. Stellt euch vor: Es ist leicht halluzinogen,
öffnet dich aber für allen emotionalen Input der Masse. Und
es ist magisch! Mann, was für ein Kick! Nehmt dazu die auf-
peitschende Musik und das Hormonbombardement einer
College-Party, und ihr wisst, was ich meine. Alle hatten mehr
als nur Spaß. Keine langsame Nacht in der Stadt der Engel!
Diese Woche: Dinner mit Joe „The Dude“ Kliebermann
bei Vincenzo’s.
<Komplette Sim-Aufzeichnung verfügbar>
//Temporäre Datei gelöscht :: User Dr. Spin :: 03/12/71//
//Archiv/geschlossene Threads/rekonstruiert//
> Mehr über diese neue Droge, die alle Gangs verrückt macht.
> Sunshine
//Trash/rekonstruiert//
Von: Sally
Betreff: Freitag: Rave @ Lazarus
Weiß schon, dass du ziemlich down warst, Babe. Und ein
bisschen Fliegen kann genau die richtige Medizin sein, da-
mit der Kopf klar wird. Also, schwing deinen Luxuskörper
rüber, und ich besorge was zum Warmwerden. Ich will un-
bedingt diesen neuen Kick von Tempo. Ich habe ein paar
Patches gekriegt und ich teile das Vergnügen gern.
Bis später Babe, Sally
//Temporäre Datei gelöscht :: User Haze :: 03/16/71//
6 GEISTERKARTELLE
//Trash/rekonstruiert//
Von: Trina
Betreff: TempOMG!
Letzte Nacht habe ich’s probiert! Sally und ihr Macker ha-
ben mich in einen Club in Tarislar gebracht, wo sie einen
Kerl kennen, der das Zeug vertickt. Ich glaube, er hieß
Biggs oder Biggie oder Smalls; irgendwie so ähnlich. Je-
denfalls habe ich eine Menge Zeug probiert, und das ist
besser als alles andere. Du kannst es dir nicht vorstellen.
Es ist der Wahnsinn. Warum hast du es noch nicht probiert?
Ich gehe heute Nacht ins Daisy Chain. Dieser Dealer sagte,
er wäre um Mitternacht herum dort, wenn die Party richtig
losgeht. In der Gegend gibt es zwar viele Poser, aber das
ist es wert, wenn man „Flipside“ kriegen kann. Willst du
mitkommen? – T.
//Upload Abgefangenes_260471 :: User Riser
//Archiv/Newsfeeds/rekonstruiert//
DROGEN: REKORDMENGE BESCHLAGNAHMT
New Seattle Intelligencer [NN]–31. März 2071
SEATTLE, UCAS: Bei einer Drogenrazzia in Tarislar wur-
den gestern Abend 45,8 Tonnen Leäl beschlagnahmt, die
größte Menge in der Geschichte Seattles. Der Tipp eines
unbekannten Informanten hatte die Polizei auf ein Lager-
haus hingewiesen, das der Motorradgang der Ancients als
Unterschlupf dient. Beim Sturm auf das Gebäude kamen
ein Beamter und acht Verdächtige in einem kurzen Feuer-
gefecht ums Leben. Die Polizei sicherte anschließend den
Einsatzort und konnte die Drogen beschlagnahmen.
NTPD HAT DROGENSCHMUGGLER AM HAKEN
Pink Tentacle [NTT]– 04/01/71
NEO-TOKIO, Japan: Nach wochenlangen Ermittlungen
haben Mitglieder der Polizei von Neo-Tokio ihren ersten
Schlag gelandet. Die Beamten konnten fast 50 Kilogramm
der Straßendroge Tempo sicherstellen, die in gefrorenem
Fisch nach Japan geschmuggelt wurden. Die Schmuggler
sollen einem koreanischen Verbrechersyndikat angehören,
das seine Geschäfte nach Japan ausdehnen will. Die Be-
amten des NTPD verdanken ihren Erfolg dem wertvollen
Hinweis eines besorgten Bürgers. Obwohl Tempo in Japan
nicht als Betäubungsmittel klassifiziert ist, fällt es unter das
generelle Verbot der Einfuhr von Gewürzen oder Kräutern
ohne das Entrichten einer Gebühr. Dieses Gesetz wurde
ursprünglich erlassen, um das Umgehen der allgemeinen
Handelsvereinbarungen bezüglich traditioneller chine-
sischer Medizin zu verhindern.
E-Trend-Zitat des Tages
E-Trend E-zine [Horizon]–04/13/71
„Für den Scheiß bin ich nicht programmiert.“
– Cyborg Bob spricht über seine Erfahrungen mit Flipside
 EIN NEUER KICK

GEISTERKARTELLE
7
 //Upload Newsclip :: User Sunshine :: 04/30/71//
STRASSENFEELING:
DROGENNEBEL ODER MAGIEVERSTÄRKUNG?
Straßenmagie: „Mundpropaganda direkt auf euer Komm,
ohne Umweg seit ‘65.“
Gepostet von: The Gemini Twins
Wir bei SM bringen jede Woche – oder wenn wir Zeit haben
EIN NEUER KICK
– das Neueste, und wir hatten immer schon eine Schwäche
für Substanzgebrauch. Wir wissen, dass ein paar von euch
glauben, das hätte unsere Fähigkeit zu akkurater Berichter-
stattung geschädigt, und mindestens einer von euch hat uns
geschrieben, er fände unseren Stil unzusammenhängend.
(Wir werden dir eine Antwort schicken, DerangedAngel,
sobald es uns interessiert.) Au contraire! Schuld ist unser
Redakteur. [Anmerkung d. Red.: Die Twins sollten dankbar
sein. Die Kons sind seltsam empfindlich, wenn gestohlene
Forschungsunterlagen auf Anzeigetafeln in großen Metro-
plexen verbreitet werden.]
Es gibt in der Szene eine interessante und spaßige neue
Substanz, die man „Flipside“ nennt. Wir haben früher schon
mal mit Deepweed gespielt, und das war ein ziemlich schö-
ner Trip. (Besonders wenn dein Bruder, der Adept, das erste
Mal seine Schuhe stehen lässt, und endlich sieht, warum dein
Verbündeter einen Haufen Mitmagier erschreckt.) Im Ver-
gleich zu Flipside jedenfalls sieht Deepweed aus wie eine Tü-
te Küchenkräuter. Hier sind die wichtigsten Gründe dafür:
 Schöne Bilder: Es hat einen hübschen, mild halluzinoge-
nen Effekt. Die Lichter blinken und strahlen, Regenbogen-
spuren, ein bisschen mehr Farbtiefe, das ganze Programm.
Man hat nicht so leicht einen schlechten Trip. Trotzdem
sollte man sein PAN nicht ungeschützt dem Spam ausset-
zen, wenn man drauf ist. Die Werbung für die neue Koch-
show, die Aztechnology sponsert, ist gruselig, und kann
dir für immer den Appetit auf Soyburger verderben.
 Unter uns: Wer hätte gedacht, dass Empathie so viel Spaß
machen kann? Knall dir einen Patch drauf, und bald weißt
du genau, ob die heiße Schnecke wirklich auf dich steht
oder auf deinen weniger begabten Bruder, wie er immer
behauptet. Und wenn sie auch flippt, ist es gleich der dop-
pelte Spaß. Hubba Hubba.
 Schöne Bilder, Teil 2: Hey, ein neues Abenteuer! Das ist es,
woher Flipside seinen Namen hat: Wie bei Deepweed kann
jetzt jeder in den Astralraum gucken. Mann, heutzutage las-
sen sie wirklich jeden rein. Wir machen uns deswegen keine
Sorgen, weil wir immer Bob dabeihaben, um uns den Pö-
bel vom Leib zu halten. [Anmerkung d. Red.: Bob ist so ein
würdeloser Name für einen Geist, vor allem für einen, der
gerne die Knochen von Piasmas als Zahnstocher benutzt.]
 Skraa!: Oder so ähnlich. Jeder würde etwas auf Or’zet
schreien, wenn der Rausch losgeht. Es ist gleichzeitig
wie ein Treffer zwischen die Augen mit einem vororgas-
mischen Schuss Endorphinen und das Gefühl beim Base-
Jumping vom ACHE. Wir können uns ein paar magische
Anwendungsmöglichkeiten dafür vorstellen. Die hüb-
scheste davon ist, nächste Woche die Sisters of Ariadne zu
einem kleinen Freikörper-Ritual einzuladen.
Wenn ein paar von euch Schurken neue und kreative
Anwendungen von Flipside einfallen, schreibt uns einfach!
Wir suchen immer nach neuen Spielarten der Unterhaltung,
wenn wir gerade nicht bei Onkel Kon reinschauen, um Kor-
rekturen am Credflow vorzunehmen. Bis nächstes Mal, klei-
ne Ujnort-Freunde. Und denkt daran: Weihnachtsbäume
sind tolle Blitzableiter, vergesst nie, wo eure Schuhe stehen,
und haltet euren Teil eines Geisterpakts immer ein, diese
Mistkerle können wirklich unangenehm werden, wenn ihr
unanständig seid.
//Attachment Ende//
8 GEISTERKARTELLE
> Es weiß also keiner, was in diesem Tempo-Zeug drin ist, oder
wie es funktioniert?
> Snopes
> Ist das nicht bei den meisten Drogen so? Was weiß der Durch-
schnittssüchtige über die Zusammensetzung von Novacoke? Und
interessiert es ihn?
> Red Anya
> Ja, aber die haben keine Ahnung, was hier die Nachteile sind.
> Snopes
> Nachteile? Wie bei den meisten Drogen sind viele der Verlo-
ckungen Nachteile. Abgesehen von der möglichen Abhängigkeit
scheint Tempo nach außen hin ziemlich sanft: Du gleitest auf
einer leichten Welle, wirst ganz empathisch und fühlst dich ande-
ren Leuten verbunden. Du bekommst sogar einen kurzen Einblick
in die magische Anderwelt und siehst all die schönen Lichter.
Andererseits kann das alles zwischen ablenkend und selbstmör-
derisch wirken, wenn du zufällig in einem Emo-Club bist. Es ist
noch zu früh, um zu sagen, was es noch an Nachteilen geben
könnte. Die Dealer hängen das sicher nicht an die große Glocke
(wenn sie es überhaupt wissen). Kann sein, dass man langsam
wahnsinnig wird oder seine Aura beschädigt, wenn man zwischen
dem Astralraum und der physischen Ebene hin- und herspringt,
wie ein Epileptiker, der einen Anfall hat.
> Sticks
> Ich bin auf Resultate gespannt. Das Tempo, das man auf der
Straße bekommt, ist hochgradig nachbehandelt. Ich kann keine
Marker oder DNA-Spuren verfolgen. Bislang nicht. Es gibt einige
Substanzen, die eine Basis für die halluzinogenen Effekte und
die astralen Schlaglichter darstellen könnten, aber ich bin nicht
sicher, was die Empathie so hochtreibt. Aus dem Bauch heraus
würde ich sagen, dass es eine pflanzliche Grundlage gibt, aber
das ist nur Spekulation. Soviel ich weiß, könnte es sogar Gelee
Royale aus Chicago sein.
> Nephrine
> Ist dir klar, was du angerichtet hast? Wie soll ich jetzt heute
Nacht schlafen können?
> Sticks
> Jetzt kann man noch nichts sicher sagen. Die Triaden haben
haufenweise Geld für die Forschung über Drogen auf Pilzbasis
ausgegeben, und ich weiß von mindestens einer Truppe im Gol-
denen Dreieck, die versucht hat, genmanipulierte Bienen zur Pro-
duktion von mit BADs versetztem Honig zu bringen.
> Nephrine
> Wie blöd muss man sein, um solches Zeug zu nehmen? Beetles
sind ja schlimm genug, aber wir alle haben wenigstens eine Vor-
stellung davon, wie ASIST funktioniert.
> Snopes
> Du willst wissen, wie blöd man sein muss, um Tempo zu neh-
men? Versuch mal, in den Barrens aufzuwachsen, nachdem dein
nichtsnutziger Ganger von Vater deine Mutter verlassen hat, weil
sie dich nicht abtreiben wollte. Versuch mal, aufzuwachsen, wäh-
rend Mom zwei Jobs hat, damit sie die Miete für eine lausige
Zweizimmerwohnung zahlen kann, und sich an eine örtliche Gang
verkaufen muss, um dich vor den anderen Raubtieren zu schüt-
zen, und du dauernd Kugeln ausweichen musst. Versuch mal, in
dem Wissen aufzuwachsen, dass du Ballast bist, der sie runter-
zieht. Scheiß auf dich und deine Hochnäsigkeit, Snopes.
> Haze
> Nerv getroffen? > Sei’s drum! Vielleicht war das nicht meine klügste Idee, aber
> Red Anya das Zeug funktioniert. Wenn es mir nur einen kleinen Vorteil gibt
und meine Freunde am Leben bleiben, ist es das wert. Lasst die
> Bist du auf Flipside, Haze? Weil du ein Muttersöhnchen mit Belehrungen bleiben. Ich bin allein so weit gekommen, und ich
Vaterkomplex bist? glaube nicht, dass ihr euch plötzlich alle um mein Wohlergehen
> Slamm-0! sorgt. Außerdem habe ich es unter Kontrolle.
> Haze
> Ja, könnte man sagen! Es gab keinen Tag, an dem ich nicht

EIN NEUER KICK

dachte, alle wären ohne mich besser dran. Dass es für Mom ein-
facher wäre, wenn es mich nicht gäbe. Aber ich habe nie den
Mut dafür gefunden. Dann habe ich die Begabung entdeckt. Mei-
ne Fahrkarte aus dem miesen Leben, der Vorsprung, den ich vor
dem Rest des Gossenabschaums habe. Endlich fand ich Arbeit
und wurde bezahlt. Nicht als Lohnmagier; dafür hielt ich mich
zu wenig an die Regeln. Aber der örtliche Schieber gab mir ein
paar Jobs, und ich arbeitete hart an mir, um vorne zu bleiben.
Mom lebt jetzt in einem schönen Haus in Snohomish, und ich
bezahle ihre Miete. Das ist nicht mal ansatzweise das, was ich
ihr schulde.
> Haze
> Rede dir das nur weiter ein, Omae. Das ist das letzte Mal, dass
es mich kümmert.
> Slamm-0!
> Jesus! Wie viele Hacker benutzen heißes ASIST, obwohl es ge-
fährlich ist wie BTLs? Es macht süchtig, aber ihr alle benutzt es,
um vorne dabei zu sein. Tempo ist nicht eures, aber wer seid ihr,
dass ihr irgendjemandem darüber Vorträge haltet?
> Netcat
//Thread automatisch archiviert :: 06/07/71//
//Archiv/Geschlossene Threads/rekonstruiert//
//Upload Newsclip :: User Sunshine :: 04/07/71//

> Ach komm. Du bist ein Zauberer, Omae. Warum zum Teufel
machst du so etwas Dummes, wie Flipside zu nehmen?
> Snopes An: Mizagi

> Tempo ist ein Werkzeug. Nicht mehr und nicht weniger. Aber es
verschafft mir einen Vorteil. Ich bin nur deshalb aus den Barrens
raus und immer noch am Leben, weil ich einen Vorteil habe, der
mich über all die anderen verzweifelten Leute erhebt.
> Haze
> Ich dachte, deine Begabung wäre Vorteil genug. Scheint den
meisten Zauberern, die ich kenne, zu reichen.
> Pistons
Betreff: Flipside!
Unsere Operation bleibt den Spionen der Mafia verborgen,
macht aber nur langsam Fortschritte. Die Droge wird vor
allem von zwei Gangs gehandelt: Ihren früheren Partnern
First Nations und, in kleinerem Umfang, den Ragers. Au-
ßerdem untersuchen wir drei mögliche unabhängige Dea-
ler. Ich bin zu dem Eindruck gelangt, dass die Ragers von
den First Nations versorgt werden, aber woher die Droge
kommt, bleibt unklar. Eine kleine Gruppe Shadowrunner
ist damit beschäftigt, die Wahrheit zu verschleiern. Sie ha-
ben bei beiden Gangs Observationen durchgeführt, was da-

> Zuerst war das so, aber so einfach ist es nicht mehr. Heu- rauf hinweist, dass sie in Diensten der eigentlichen Quelle
stehen. Mit ihrer Erlaubnis würde ich gerne Vorkehrungen
te jage ich keinen Straßenschlägern mehr Angst ein oder be- treffen, um sie abzufangen. Möglicherweise sind diese
schwöre Elementare, um Geschäfte in Hinterhöfen zu bewachen. Runner vernünftigen Argumenten zugänglich und verraten
Ich habe einen guten Ruf, aber das bedeutet nicht, dass ich mir ihren Auftraggeber. Andernfalls gibt es Möglichkeiten, he-
Jobs aussuchen kann. Und die Arbeit, die ich heute mache, ist rauszufinden, was sie wissen. – C. Inoue
auch herausfordernder. Flipside ist ein Vorteil mehr, ein Ass mehr //Upload als Abgefangenes Batch_260485-04/71
im Ärmel. Ich schnupfe ein Fläschchen und kann spüren, was :: User Riser
alle anderen fühlen. Ich weiß besser, wann der Johnson mich
reinlegen will, als ich es je mit der Sicht könnte. Es ist egal, ob
er verzweifelt ist, gierig oder nur einfach dumm; Flipside bringt
mich auf die richtige Wellenlänge. Ich kann seine verwundbaren
Stellen sehen und zu meinem Vorteil nutzen. Ich kann spüren,
wenn ein Job in die falsche Richtung läuft, und weiß, wann ich
mich zurückziehen sollte. Ich bin für meine Leute als Unterhänd-
ler unverzichtbar geworden, und Flipside hilft mir dabei. Flipside
schärft auch meine Sinne und macht die astrale Welt um mich
herum klarer, wo ich so viel von meiner Arbeit mache. Flipside ist
ein Werkzeug in meinem Arsenal, und wenn ich mich dabei auch
noch gut fühle und kurz aus dieser beschissenen, kaputten Welt
ausbrechen kann, umso besser. Es ist mir ehrlich gesagt egal, wie
Tempo funktioniert. Wichtig ist, dass es funktioniert.
> Haze

> Cool bleiben, Haze. Es gibt keinen Grund, sich aufzuregen.

> Riser
> Sorry. Egal. Ist das Geheimnis also gelüftet: Ich nehme Flipsi-
de. Ich habe es im Griff.
> Haze
> Zuflucht in die Ignoranz steht dir nicht gut, mein Freund.
> Man-of-Many-Names

GEISTERKARTELLE
9
 //Archiv/LoneStar_Rips/rekonstruiert//

BE
Bericht der wöchentlichen Konferenz der Abteilung Seattle 12.71

NU TE S
AM
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DRINGLICHER BERICHT BANDENKRIMINALITÄT

FÜ E
R 3+
Eine erste Analyse des plötzlichen Anstiegs der gangbezogenen Straßenkriminalität,
EIN NEUER KICK

den unsere Patrouillen in den letzten drei Wochen registriert haben, deutet darauf hin,
dass die Ursache viel zu komplex und breitgefächert ist, um nur den üblichen Kriegen
um Einflussbereiche und Änderungen der Allianzen zugeschrieben werden zu können. Die
Konfliktzonen, die zunächst auf Redmonds Touristville, Tacomas Hafenviertel und Puyallup be-
schränkt waren, dehnen sich rapide aus. Unsere Informanten und eingeschleusten Aktiven neh-
men an, dass die Vorgänge mit einer neuen Biotechnologischen Erwachten Droge in der Szene
zu tun haben: Tempo, auch bekannt als „Flipside“ (siehe Bericht LSGD-767.03:10:71), sowie der
Ausdehnung der bandengestützten Verteilernetzwerke.
Die Abteilung Aufklärungsanalyse hat ähnliche Situationen in fünf anderen Metroplexen, die
Verträge mit Lone Star haben, als Vergleichsbasis, aber bislang gibt es keine verlässlichen Aussa-
gen über die Quelle der Droge. Der folgende Bericht beschäftigt sich mit den Hauptakteuren im
Handel mit Tempo auf Straßenniveau. Trotz Schwierigkeiten und Einschränkungen, dargelegt in
LSDG-767.03:10:71, wurden die verdeckten Ermittler nach Empfehlung der Abteilungskonferenz
12.71 neu instruiert und neue Nachforschungsmaßnahmen bezüglich der Verbreitung von Tem-
po im Metroplex eingeleitet.

> Dieser Artikel wurde von jemandem in ihrem Netzwerk verlinkt.

> Zugriff auf Link ...
> Die Feds und Stars sind anscheinend in einer ungemütlichen Lage. Ihnen sind ziemlich die Hände
gebunden, was den Umgang mit der Wurzel des Problems angeht. Sie können Strafen für die Ver-
breitung nicht-regulierter Drogen verteilen, aber niemand geht wegen Tempo ins Gefängnis. Die
Plattform für Sicherheit und Wohlstand des Gouverneurs ist ganz schön angeschlagen.
> Sunshine

> Die Sache mit der Regulierung, oder?

> Nephrine
> Genau. Im Gegensatz zu anderen Drogen sind BADs irgendwie gesetzliches Neuland. In manchen
Staaten, wie den UCAS, fallen ein paar unter pharmazeutische Richtlinien, andere sind thauma-
turgische Substanzen, aber nur ganz wenige sind derzeit als verbotene Substanzen gelistet (meist
Kampfdrogen). Es wird fast von Fall zu Fall entschieden, und Tempo ist derzeit gar nicht geregelt.
Andernorts werden sie generell als harte Drogen behandelt, aber in manchen Staaten, wie im Pueblo
und Sioux, sind sie völlig legal und werden als Medikamente betrachtet …
> Sunshine

> Pflanzliche Substanzen waren immer schon ein Minenfeld, vor allem in den NAN.
> Nephrine
> Trotzdem ist die Verbreitung von unregulierten Substanzen illegal, das heißt, der Star kann Dea-
ler hochnehmen. Dann kriegt man eine Geldstrafe und einen Eintrag ins Register, aber keiner geht
deswegen in den Knast.
> Sunshine

SITUATIONSANALYSE
Unseren Quellen zufolge wird die Entwicklung des Marktes für Tempo von einer Handvoll Frak-
tionen betrieben. Es scheint sich bei allen um eher kleine Marktteilnehmer zu handeln, was auf
Außenstehende als Beteiligte und Quelle des Verteilernetzwerks hindeutet. Alles deutet darauf
hin, dass Tempo auswärtigen Ursprungs ist. Der Identifikation der Großhändler ist entsprechend
Priorität zugewiesen worden.
Die Gang First Nations scheint der Hauptverteiler der Droge zu sein. Einiges an einschlägigem
Umsatz wird von den Ragers gemacht. Die dritte Gruppe bildet der Seoulpa-Ring der Komun’go.
Alle drei eignen sich angesichts ihrer individuellen Schwierigkeiten exzellent für gemeinsame
Geschäfte. Die Frage nach den Geldgebern der Operation stellt sich zum wiederholten Male.
Die beginnende Neugier der größeren Syndikate ergibt eine hervorragende Gelegenheit, zu
einer Einigung zu gelangen. Zudem sind Zeichen von Interesse an der Droge seitens einiger Meg-
akonzerne evident. Nachforschungen durch Horizon, Aztechnology und den lokalen Konzern
Chemtrex wurden entdeckt.

10 GEISTERKARTELLE
>

BE
Achtet besonders auf den Scan zum Komun’go. Von ihrer Beteiligung höre

NU TE S
AM
R TUF
ich zum ersten Mal.

FÜ E
> Riser

R 3+
First Nations

EIN NEUER KICK

Die Auswertung mehrerer Straßenquellen deutet auf diese Gang von Amerindianern als
Hauptversorger für den Metroplex Seattle hin. Alle Anzeichen sprechen dafür, dass die Grup-
pe nicht genügend Mittel zur Verarbeitung und Fertigstellung für eine Produktion in großem Stil
besitzt, was unsere Annahme der Beteiligung
Außenstehender bestärkt.
Die First Nations werden von einem Salish-
Elfen namens Blood-of-the-Buffalo (Fall Nr.:
2344160) geführt und rekrutieren sich vor Gang: First Nations
Identifikation und Farben: Blau, hauptsächlich amerindi-
allem aus den enttäuschten Haida- und Salish-
anisch, keine Meta-Vorurteile
Jugendlichen im Sprawl. Die Gang zählt zurzeit Mitglieder: ca. 130
etwa 130 Mitglieder, was gegenüber der Zahl Wichtige Mitglieder: Blood-of-the-Buffalo (Anführer),
des letzten Jahres eine deutliche Steigerung be- Walks-with-Spirits (Erster Schamane)
deutet, bedingt durch groß angelegte Rekrutie- Bekannte Verbündete: Dogmen, Komun’go, Shotozumi-
rungen zu Jahresbeginn. Die Abteilung Banden- rengo (früher)
kriminalität hat die Aktivitäten der Gang durch
einen verdeckten Ermittler seit Herbst letzten
Jahres verfolgt. Leider war unser Ermittler bis-
lang nicht in der Lage, den Führungszirkel um
Blood-of-the-Buffalo zu infiltrieren, und die Informationen über die Quelle von Tempo scheinen
nur den wichtigsten Mitgliedern der Gang zugänglich. Die Gruppe scheint das Bedürfnis nach
einer Neupositionierung als ernstzunehmende Größe in der örtlichen Szene zu haben, aber die
Frage nach der Finanzierung des Handels mit Tempo bleibt offen (vorausgesetzt, sie besitzt keine
verborgenen Produktionsstätten – IA bewertet die Chance mit unter 10 %).
Die ursprüngliche Operationsbasis ist Everett, aber die First Nations haben seit dem Abbruch
der Beziehungen zum Shotozumi-rengo Aktivitäten eingeleitet, sich wieder als lokale Größe zu
etablieren.
Die jüngste Expansion auf das Gebiet der Crimson Crush und in die Grenzlande in den Red-
mond Barrens, die zunächst auf die Verbindungen der Gang mit der Schmugglerorganisation „Dog-
men“ zurückgeführt wurde, muss, ebenso, wie ihre angenommenen transnationalen Beziehungen
zu den Koshari, unter dem Blickwinkel der Verteilung und Lagerung von Tempo neu bewertet
werden. Die Grenzregion von Redmond, als „Verge“ bekannt, ist eine nicht patrouillierte Z-Zone
und daher ideal für solche Operationen. Die Dogmen und/oder Koshari wären ideale Partner für
das logistische Rückgrat der Operation. Die First Nations stehen auch im Verdacht, „Schutztruppen“
für den Komun’go und einige kleinere Schmugglerorganisationen zu stellen, was die Verbindungen
zum Seoulpa-Ring erklären würde.
Der Handel scheint sich zurzeit aus den
Clubs von Downtown und Everett sowie dem
Campus der Universität in Richtung Straßendea- Umgangssprachliche Bezeichnung für den Landstrich zwi-
ler und sogenannter „Fliphouses“ auszudehnen. schen den Salish-Territorien und Redmond (Seattle Metro-
Diese Expansion und die resultierenden Kämpfe plex), schwer beschädigt durch den letzten Ausbruch des
um Einflussgebiete werden an Heftigkeit (nach Mount Rainier. Sämtliche Grundstücke der Gegend wur-
den jüngsten Vorhersagemodellen der IA) zu- den innerhalb weniger Wochen nach der Tragödie von Fe-
nehmen, wenn Tempo an Popularität gewinnt. derated Boeing aufgekauft, offenbar als PR-Maßnahme zur
Verbesserung des Images des Konzerns. Trotz des Erwerbs
der Besitzrechte wurde auf dem Land nichts unternom-
> Wie wahrscheinlich ist ein Konzern als Quelle? men. Im Laufe der Zeit zogen Besetzer in das Gebiet und
> Nephrine siedelten sich in den verlassenen Häusern und Läden ein.
Einige findige Besetzer nutzen Energie, die von den unter-

> Möglich ist das sicher. Ich bezweifle, dass die
First Nations groß genug sind, um so etwas allei-
ne zu machen, geschweige denn zu finanzieren.
> Sunshine
> Da muss ich Sunshine zustimmen. Das können
sie unmöglich alleine schaffen. Es war schon
schwer genug für sie, ihr Image als Schoßhunde
der Yaks loszuwerden, und plötzlich dealen sie
mit Drogen und haben schwere Waffen?
irdischen Stromleitungen abgezapft oder mit Generatoren
erzeugt wird, für ihre Zwecke. Das Gebiet wird von der Me-
troplex-Garde sowie der Grenzpatrouille der Salish-Shidhe
in geringem Umfang überwacht, da beide die Grenze als
ihren Zuständigkeitsbereich ansehen. Zudem bietet das
Gebiet Gangs und kriminellen Elementen Unterschlupf,
besonders den Crimson Crush und First Nations. (Letzte
Aktualisierung: 05-03-71)

GEISTERKARTELLE
11
 BE
Sie schwimmen in Geld. Ein Freund von mir hat ihnen vier Kisten mit auto-

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matischen Waffen verkauft – das war nicht billig.

FÜ E
> Riser

R 3+
> Warum sollte sich ein Konzern mit Drogendealern einlassen?
EIN NEUER KICK

> Icarus
> Drogenhändler haben einen guten Zugang zu vielen Abhängigen, die den Konzernen als Ver-
suchskaninchen dienen können, um die Schwächen von neuen Medikamenten auszubügeln, noch
bevor die FDA mit den Tests beginnt. Ich erinnere mich noch an meine Kon-Zeit. Wenn es die Tests
der FDA nicht besteht, kann das neue Medikament nicht vor Ablauf von neun Monaten wieder ein-
gereicht werden. Das sind drei Quartale, was bedeutet, dass das Medikament gestorben ist. Es ist
sinnvoller, es zuerst an irgendwelchen Trotteln zu testen, die Symptome von dem haben, was man
heilen will. Verdammt, in manchen Fällen infiziert der Konzern jemanden sogar, um ein Versuchs-
kaninchen zu haben.
> Mr. Bonds

Ragers
Die Ragers haben seit den frühen 60er-Jahren ihre Operationsbasis in den Docklands von Tacoma
und wurden bislang von der Abteilung Bandenkriminalität als wenig bedeutsam eingeschätzt,
trotz ihrer Vorliebe für Gewaltverbrechen.
In den letzten Monaten hat die Gang Kon-
takte zur Familie Gianelli und vor Kurzem auch
zu den Bilotkiy-Vory geknüpft, was ihr Bedro-
hungspotenzial erhöht. Gang: Ragers
Zurzeit deutet alles darauf hin, dass das Identifikation und Farben: Schwarz und Grau, vor allem
Orks und Trolle
Geschäft mit Tempo bei den Ragers von einem
Mitglieder: ca. 100
Leutnant betrieben wird, der sich Caine (Fall Wichtige Mitglieder: HardRain (Anführer), Moloch (Leut-
Nr.: 2800169) nennt – einer der wenigen Nicht- nant), Caine (Leutnant)
Orks in der Gang. Caine hat ein für sein Alter Bekannte Verbündete: Familie Gianelli, Bilotkiy-Vory
umfangreiches Strafregister. Unter anderem Territorium: Tacoma Docklands
wurde Haftbefehl wegen Brandstiftung erlas-
sen. Sein genauer Aufenthaltsort ist unbekannt,
aber er scheint seinen Drogenring ohne Wissen
seiner Vorgesetzten oder der verbündeten Syn-
dikate der Gang zu betreiben. Es scheint vielmehr so, als hätte Caine sich bemüht, die Geschäfte
vor den größeren Syndikaten zu verbergen. In diesem Zusammenhang belügt er auch die hö-
herrangigen Mitglieder der Gang über die Quelle der Drogen und die Zeitpunkte von Lieferung
und Verkauf. Man kann aus diesen wenigen Tatsachen auf einen Plan Caines zur Übernahme der
Führung der Ragers schließen.
Caines Quelle ist noch unbekannt, aber er bringt wesentlich weniger Drogen in Umlauf als
die Dealer der First Nations. Seine Geschäfte könnten aber einfacher zur Quelle zurückzuverfol-
gen sein.

> Ich dachte, die Kerle wären kleine Fische. Wie kommen die an Tempo?
> Haze
> Die Ragers sind ganz sicher kleine Fische. Ich habe gehört, sie werden von einer der anderen
Gruppen auf der Liste versorgt. Könnte sein, dass der Komun’go beide Gruppen versorgt, denn von
den drei Gruppen ist dieses Syndikat das einzige, das nicht selbst im Verkauf engagiert ist. Das
klingt, als hätten sie etwas zu verbergen. Dann darf man nicht die Yakuza ver-
gessen. Die First Nations waren den Yaks bis vor Kurzem noch praktisch hörig.
CAINE Diese Beziehung ging ungefähr zu der Zeit in die Brüche, als der Kenran-kai
versuchte, den Komun’go auszulöschen. Ich kann es nicht beweisen, aber ich
glaube, die beiden arbeiten zusammen. Sie haben beide Verbindungen zu den NAN, und beide ha-
ben eine solide Beziehung zu den Dogmen; so gut, dass Tamanous sich Sorgen macht. Wie aber die
Ragers in das Bild passen, ist mir noch unklar.
> Hannibelle

12 GEISTERKARTELLE
 Komun’go Seoulpa-Ring

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AM
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Der Komun’go ist neben dem Choson-Ring einer der überlebenden Seoul-

FÜ E
R 3
pa-Ringe nach dem jüngsten Konflikt mit der Yakuza. Die Auseinandersetzun-
gen mit dem Shotozumi-rengo haben den Komun’go schwer angeschlagen, und

EIN NEUER KICK

+
er ist auf der Suche nach Unterstützung. Er hat sich, zumindest zwischenzeitlich,
mit den Dogmen verbündet. Diese Beziehung hatte ihren Ursprung in Stammesver-
bindungen zwischen den Anführern der beiden Gruppen. Die Dogmen unterstützen den
Komun’go vor allem beim Organ- und Men-
schenhandel sowie beim Drogenschmuggel
in die NAN-Territorien – die Haupteinnahme-
quelle der letzten Jahre.
Syndikat: Komun’go Seoulpa-Ring
Der Ring wird zurzeit von Chulsoon Gray- Identifikation und Farben: koreanisch-amerindianische
Wolf (Fall Nr.: 293112) und einem loyalen Mitglieder
Kader von modifizierten Schlägern namens Mitglieder: ca. 60+
„Stand Over Men“ geführt. Einige Mitglieder Wichtige Mitglieder: Chulsoon Gray-Wolf (Anführer), Kaz
des Rings, unter Führung des Leutnants Kaz Yakamura (Leutnant), Ju Kon (Leutnant), Sutton Lao
Yakamura (Fall Nr.: 2931162), haben die Dro- (Mudang)
ge in den Konzernbereich gebracht. Auf den Bekannte Verbündete: Choson-Ring, Dogmen, First Na-
Straßen gibt es aber keine Anzeichen für ei- tions, Blood Mountain Boys
Territorium: Snohomish, nördliches Redmond
ne Beteiligung des Syndikats am Handel mit
Tempo.
Auffällig ist, dass weder bei den Gangs
noch beim Syndikat die Anführer als Ver-
antwortliche im Drogengeschäft auftreten. Ein dezentralisiertes Management, wie in der
Geschäftswelt allgemein üblich, war noch nie Kennzeichen der Kultur von Gangs und Syn-
dikaten. Dennoch steht auch hier der Drogenhandel vollständig unter der Aufsicht eines
niederrangigen Mitglieds. In diesem Fall ist der Ausführende in der Geschäftswelt bekannt.
Nach unseren Informationen ist sein Vater höchstwahrscheinlich Hideo Yakamura, ein Ver-
bindungsmann der Yakuza zu Mitsuhama während der 50er-Jahre. Die Entdeckung seines
trollischen Bastardkindes mit einer koreanischen Prostituierten war es, die ihn in den Ru-
hestand zwang. Kaz wurde von der Familie nie anerkannt oder an ihren Geschäften betei-
ligt. Er soll sich jahrelang im Ork-Untergrund aufgehalten haben, bevor er als Mitglied des
Komun’go-Rings in Erscheinung trat und langsam in dessen Hierarchie aufstieg.

> Das ist völliger Blödsinn. Zwei Straßengangs, die sich mit einem Seoulpa-Ring den Spielplatz
teilen? Wie soll denn so etwas gehen? Vor allem, wo die First Nations die Unterstützung der Yakuza
verloren haben.
> Mika

> Ich würde dir gerne zustimmen, Mika, aber ich habe von einem Kerl, der beim Komun’go ist, ein
Dutzend Portionen Tempo. Also hat der Ring sicher Zugang zu der Droge. Es könnte sein, dass der
Bericht die Verteiler durcheinanderbringt. Kann sein, dass der Komun’go die Geschäfte eigentlich
leitet und die Gangs als Verteilernetzwerk benutzt.
> Riser
KAZ YAKAMURA
> Das ergäbe mehr Sinn, wenn man die Schläge berücksichtigt, die der
Komun’go in den letzten Jahren vom Shotozumi-rengo bezogen hat. Er musste sich aus weiten
Teilen von Seattle zurückziehen, um überhaupt überleben zu können. Ich kann mir vorstellen, dass
er Gangs benutzt, um ein neues Produkt in Umlauf zu bringen. So haben die das gesamte Risiko,
und der Ring kann sich zurücklehnen und die Profite einstreichen. Aber eine solche Gruppe hätte
trotzdem nicht die Möglichkeit, die Droge zu produzieren. Sie müssen sie von jemandem bekommen.
Und dieser Jemand versteht es sehr gut, sich im Hintergrund zu halten.

CHULSOON GRAY-WOLF
> Pistons

> Zu eurer Information: Ich weiß nicht, was die Verbindung zu Konzernen in
dem Zusammenhang bedeutet, aber mir ist zu Ohren gekommen, dass Aztech und Chemtrex (von de-
nen man weiß, dass sie manchmal mit dem Komun’go Geschäfte machen) irgendwie mit drinstecken.
Das Interesse von Aztechnology ist etwas nebulös. Sie könnten mit der eigentlichen Quelle zu tun ha-
ben, aber Chemtrex handelt hauptsächlich mit Generika von der Stange. Es sieht so aus, als ob jemand
im Management beschlossen hat, den medizinischen Nutzen des neuesten Hypes zu überprüfen.
> Mr. Bonds
//Dateiende

GEISTERKARTELLE
13
 NSI LEITARTIKEL: BANDENGEWALT NIMMT ZU
von Stephen Hawk
Unsere Straßen ertrinken in Blut, und die Obrigkeit scheint
machtlos. Allein dieses Wochenende gab es 14 Tote bei drei
Zusammenstößen zwischen Gangs und zwei bewaffneten
Raubüberfällen. Man fragt sich, wie die Schlagzeilen morgen
aussehen werden, und wie weit die Eskalation noch gehen
EIN NEUER KICK
soll. Der schreckliche Blutzoll des Wochenendes forder-
te auch vier unschuldige Opfer, die im Kreuzfeuer getötet
wurden, und einen Beamten von Lone Star, der im Dienst
starb.
Laut offiziellen Angaben stehen die meisten Vorfälle im
Zusammenhang mit Drogen. Seit mehr als einem Jahrhun-
dert hat die Obrigkeit mit Designerdrogen, BTLs und nun
Biotechnologischen Erwachten Drogen zu tun. Wird sie dem
Verbrechen immer hinterherhinken?
Diese Unfähigkeit der Regierung, damit fertigzuwerden,
ist vielleicht der beunruhigendste Aspekt der Gewalt in der
Stadt. Es gelingt ihr nicht, sich dem Gang der Ereignisse und
der technologischen Entwicklung anzupassen. Die Exekuti-
ve darf den Verbrechern höchstens auf die Finger klopfen,
sie für eine Nacht einsperren oder nutzlose Geldstrafen ver-
hängen. Eine neue Generation von Drogendealern macht
mit ihren Schlägern die Stadt unsicher – ein paar Stunden
nach ihrer Verhaftung sind sie wieder auf der Straße. Wenn
sich nichts ändert, sehen wir düsteren Zeiten entgegen. Die
Gewalt zwischen den Syndikaten, deren Zeuge wir in den
späten Fünfzigern wurden, wird dagegen verblassen.
Biotechnologische Erwachte Drogen mögen im Moment
ein Alptraum sein, aber es hätten auch nanotechnologische
oder elektronische Drogen sein können. Wenn wir nicht
bald erkennen, dass die gegenwärtige Gesetzgebung des
Bundes und des Metroplex – oft von mächtigen Konzern-
Lobbys beeinflusst – bedauernswert inadäquat und veraltet
ist, könnte das sprichwörtliche Licht am Ende des Tunnels
ein herannahender Zug sein.
Die Plattform für Wohlstand und Sicherheit, die Gouver-
neur Brackhaven ins Amt gehievt hat, scheint zunehmend
wackelig. Der Gouverneur kann wenig unternehmen, außer
die Bundesgesetzgeber und die örtliche Exekutive zu drän-
gen, sich endlich dem Problem zu stellen. Das enthebt ihn
aber nicht der Verantwortung, sich intensiv mit den Wurzeln
der wiederholten Ausbrüche und den anderen Problemen
mit Gangs und Verbrechen in der Stadt zu beschäftigen.
All diese Probleme sind auf lange Sicht gleichermaßen
wichtig. Im Moment aber wollen die aufrechten, hart arbei-
tenden Bürger von Seattle wissen, was unternommen wird,
um „Wohlstand und Sicherheit“ zu gewährleisten.
S.H.
> An diesen „Zusammenstößen“ waren die First Nations, Chulos,
Ancients, Blood Mountain Boys, Ragers und Halloweeners betei-
ligt. Ich weiß aus sicherer Quelle, dass wenigstens ein paar von
ihnen vom Mob und den Yaks geschmiert werden, um dem Handel
der First Nations mit Tempo einen Dämpfer zu verpassen, bevor
er den BTLs noch mehr Marktanteile abjagt.
> Riser
> Der Handel mit BTLs ist schon seit einiger Zeit schwierig. Seit
Jahren machen die unabhängige Verbreitung über die Matrix und
Cracker den Syndikaten dabei Probleme. Der Gewinn schrumpft,
und deshalb wenden sich immer mehr Gruppen wieder den Drogen
zu. Die Kontrolle über die Verteilungswege und der Vorteil der
körperlichen Abhängigkeit scheinen schwerer zu wiegen als das
höhere Risiko beim Drogenhandel. Ein Hacker kann BTLs cracken,
aber mit Drogen hat man den Abhängigen an der Leine.
> Kay St. Irregular
14 GEISTERKARTELLE
> Hanzo Shotozumi ist mit diesem Verlauf der Dinge gar nicht
zufrieden. Ich bin sicher, dass das Leben für die First Nations und
ihre Verbündeten sehr bald komplizierter wird.
> Mihoshi Oni
//Archiv/Denkschriften/Batch rekonstruiert//
IN MEMORIAM: MARIA JONES
> Inzwischen sollte uns der Tod vertraut sein. Ich habe sein
Gesicht in zahllosen Augen gesehen, seinen Hauch in den Nach-
richten gehört und seinen eisigen Griff immer enger werden ge-
spürt, während die Jahre und Freunde dahingingen. Trotzdem
erschüttert mich das immer wieder. Vielleicht werde ich mit dem
Alter weich, aber es fühlt sich jedes Mal an, als hätte sich ein
Loch aufgetan und wieder ein Teil des Puzzles verschluckt. Heute
sind viel zu viele Lücken in dem Bild, und jede davon hat einen
Namen. Die neueste Lücke ist, falls ihr das noch nicht wisst oder
aus dem Artikel unten schließt, Maria „Fatima“ Jones. Egal, was
man über sie sagen will – aufgegeben hat sie nie. Wir waren nicht
so eng befreundet, aber ich habe sie zum JackPoint eingeladen,
weil sie so war. Jeder, der weiß, wie hart sie immer kämpfte,
müsste das verstehen.
Hut ab, Maria. Es ist schön, dass du ein paar von denen mitge-
nommen hast.
> FastJack
//Upload Newsclip :: User FastJack :: 06/09/71/
ZEHN TOTE BEI SCHIESSEREI UNTER DROGENGANGS
IndyMedia [IND]–06/08/71
SEATTLE, UCAS: Letzte Nacht explodierte die Gewalt in den
Hafenanlagen von Tacoma, als ein Feuergefecht zwischen ri-
valisierenden Gangs ausbrach. Laut Lone Star handelte es
sich um Mitglieder der First Nations und Ragers. Zuverläs-
sige Quellen geben an, der Kampf könnte von territorialen
Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem zunehmend pro-
fitablen Straßenhandel mit der neuen Droge Tempo verur-
sacht sein. Drogengewalt und Kleinkriminalität haben sich
im Metroplex seit dem ersten Auftauchen der Droge vor
mehr als sechs Monaten hochgeschaukelt. Die Gewalt der
letzten Nacht ist nur der jüngste solche Fall in den Nachrich-
ten. Eine immer größere Zahl von Jugendlichen und jungen
Erwachsenen begeht Verbrechen, um ihre Sucht zu finanzie-
ren. Die Behörden des Metroplex und Lone Star haben we-
nig unternommen, um die Verbrechensspirale aufzuhalten.
Zumindest sechs der Getöteten sind mit Sicherheit als Mit-
glieder der First Nations oder Ragers identifiziert. Bei einem
Opfer ist die Identität noch ungeklärt. Bei den anderen han-
delt es sich um Maria Jones, eine schwarze Orkin aus Down-
town Seattle, Matthias Jones, einen Schwarzen, der durch
DNA-Abgleich als ihr jüngerer Bruder identifiziert wurde, und
einen Ukrainer namens Semyon Gorobets. Alle sollen einen
kriminellen Hintergrund haben, und werden mit Elementen
des organisierten Verbrechens und der Untergrund-Gesell-
schaft der Shadowrunner in Verbindung gebracht.
//Attachment Ende//
> Scheiße, Gorobets gehört zu den Vory. Er war ein Vertrauter
von Zar Bilotkiy. Ich weiß nicht genau, wie er da hineinpasst,
aber ich nehme an, er sollte den Kids, die ohne Erlaubnis im
Hinterhof spielen, eine Botschaft überbringen. Das passt dazu,
was ich gehört habe.
Schade um Fatima. Sie war in Ordnung.
> Riser
> Die First Nations haben eindeutig ihre Geschäfte ausgedehnt
und sind dabei einer Menge Leute auf die Zehen getreten. Das gilt
auch für die Ragers. Die werden langsam größenwahnsinnig. Das
ist nicht die erste Schießerei, und es wird auch nicht die letzte
gewesen sein.
Tempo ist zum Hauptkonkurrenten für BTLs geworden, und es gibt
viele Gangs und Organisationen, die damit unzufrieden sind.
Für alle Interessierten: Wir werden morgen Nacht eine Totenwa-
che für Fatima bei Powerline abhalten. Kommt körperlich oder
virtuell vorbei und verabschiedet euch von ihr.
>
Turbo Bunny
> Ich hätte dort sein sollen. Verdammt. Ich hätte dort sein sol-
len; ich wusste ziemlich genau, worauf sie sich einließ, und ich
ließ sie ohne Unterstützung gehen. Ich dachte, es würde gut
ausgehen, wie immer, wenn sie etwas anpackte. Aber ich hätte
es besser wissen sollen, wie sie auch. Jetzt ist sie fort, und ich
werde sie nie wieder lächeln sehen.
Ich habe eine Kopie ihrer Kommlink-Dateien. Wir hatten abge-
sprochen, dass sie zumindest ihre Informationen sichern sollte.
Leute, da sind viele Dinge dabei, die ihr wirklich wissen solltet.
Hier geht es nicht um Reviere und neue Drogen, sondern um
etwas Schlimmeres. Fatima ist nicht bis zur Wurzel des Übels
vorgedrungen, aber wir wussten, dass sie etwas Großem, Bösem
auf der Spur war. Etwas, was sich mit den Mob-Kriegen vor über
einem Jahrzehnt durchaus vergleichen lässt.
Für dich, Fatima. Jetzt müssen sich andere darum kümmern. Ich
bin damit fertig. DC ist um diese Jahreszeit ohnehin ganz nett.
> Pistons
//Upload Batch-Anhänge
:: User Pistons ::06/09/71//
Es ist vielleicht zu wenig und zu spät, aber Matty wird
nicht denselben Weg wie Coil gehen, und wie Haze zu enden
ist auch nicht besser.
Blut ist dicker als Wasser. Buunda an alle Ärsche, die
was anderes sagen.
–Maria
(6. Mai 2071) [22:25:48]
//Upload Text Uniformat//
Tagebuch
[28. April 2071]
[...] Habe heute Nacht ein unerwartetes Gesicht beim
Treffen mit Six in der Fractured Helix gesehen. Ich habe
noch nie gehört, dass Coil irgendwo hingeht, ohne mindes-
tens zwei andere Drakes mitzunehmen. Aber er war in einem
Separee mit ein paar Mädchen, die U-Dub-Studentinnen
oder Nutten, die sich dafür ausgeben, sein hätten können.
Niemand sonst war von seiner Gang in der Nähe. Er schien
wirklich fröhlich, aber wer wäre das nicht in der Situation?
Ich frage ihn ein andermal.
//Attachment Ende//
//Attachment Chat
/User Fatima eingeloggt
/User Pistons eingeloggt
[Pistons] Das ist seltsam ... Dachte, du solltest wissen, dass
in der Fractured Helix viel von der neuen Droge verschoben
wird.
[Fatima] Was, Flipside?
[Pistons] Tempo.
[Fatima] Flipside, Tempo – kein Unterschied, außer bei den
Konsumenten. Also ...?
[Pistons] Ich habe schon zu oft davon gehört, als dass es
etwas Vorübergehendes sein könnte. Alte Kon-Verbindun-
gen, Gerüchte bei den Risikospielern, so Zeug. Die Gören
an den Unis schwimmen darin. Ich weiß nicht, woher sie
das Zeug haben, aber sie verteilen es wie Süßigkeiten an
Halloween.
GEISTERKARTELLE
//Archive/News/rekonstruiert//
P2.0 ALARM –
ENTSCHEIDUNGSKAMPF!
EIN NEUER KICK
LOS ANGELES, PCC: Die User Kane und Alex Machine
werden ihre Differenzen in einem Kampf auf einer Sand-
bank außerhalb der Stadtgrenzen von L.A. austragen. Die
Fehde zwischen dem berüchtigtsten Mann der CAS und
dem Hollywood-Schläger begann anscheinend Anfang des
Sommers, als sie und ihre Filmcrews beide ein Konzern-
Forschungslabor stürmten, das angeblich mit der neuen
Erwachten Droge Tempo experimentierte. Kane war bei
dem Kampf mit Rekordquoten zunächst im Vorteil, aber
Alex Machine brachte eine neue, bislang unbekannte Im-
plantatwaffe ins Spiel und drehte den Spieß um. Der Kampf
wurde von Experten als Unentschieden gewertet, da beide
Teilnehmer und ihre Crews vor den Truppen des Pueblo
Corporate Council fliehen mussten.
SHOTOZUMI DEMENTIERT SPALTUNG
New Financial Times [FN]–05/11/71
SEATTLE, UCAS: Hanzo Shotozumi, der Präsident von Eden
Investments, dementierte Berichte über eine geplante Spal-
tung der Gruppe. Das Dementi folgte auf eine veröffentli-
chte Schätzung der Eden Group über Verluste von beinahe
sieben Millionen im ersten Quartal. Die Verluste sind durch
eine viel kritisierte Entscheidung zur Investition in die
marode Ostafrika-Handelsgesellschaft TradeCo verursacht
worden. Der Betrag ist zwar nicht besorgniserregend, deu-
tet aber für Experten auf eine wachsende Unzufriedenheit
bei Shotozumis japanischen Geschäftspartnern mit seinen
Geschäftspraktiken hin. [Mehr]
KAISERIN HITOMI
GIBT SCHWANGERSCHAFT BEKANNT
Neo-TokioNow News [SCB]– 04/02/71
NEO-TOKIO, Japan: Das japanische Kaiserpaar gab bei ei-
ner heutigen Pressekonferenz bekannt, dass im Lauf des
Jahres mit der Geburt des ersten Kindes zu rechnen sei. Die
kaiserlichen Ärzte konnten zwar das Geschlecht des Kindes
noch nicht sicher feststellen, doch die 27-jährige Erstgebä-
rende sagte, sie hoffe auf einen Jungen.
REPORTERIN STIRBT AN ÜBERDOSIS
New Seattle Intelligencer [NN]–04/19/71
SEATTLE, UCAS: Jania Shields, Investigativjournalistin beim
NSI, wurde heute am frühen Abend tot in ihrem Haus auf-
gefunden. Sie war besonders bekannt für ihre Berichter-
stattung über die Or’zet-Rockkultur 2069. Sie wurde als
hochengagierte Reporterin beschrieben, die jedes Risiko
auf sich nahm, um ihre Story zu verfolgen. An welcher Sto-
ry sie zum Zeitpunkt ihres Todes arbeitete, ist unbekannt.
Einige Quellen, die dem Intelligencer nahestehen, deuten
an, sie hätte sich mit der Droge Flipside beschäftigt, die ge-
rade viel diskutiert wird. Lone Star nimmt die Ermittlungen
in dem Todesfall auf. Jania Shields hinterlässt ihre Mutter
und Schwester.
[Fatima] Das sagst du über jede neue Droge, die auf den
Markt kommt. Sie sind immer eine Zeit lang modern, bis
jeder, der sich selbst schaden will, sie zumindest einmal pro-
biert hat.
[Pistons] Vielleicht.
15
 [Fatima] Doch.
[Pistons] Okay, vielleicht hast du recht. Pass trotzdem auf.
Du könntest jemandem auf die Zehen treten, den du nicht
kennst.
[Fatima] Ich kann auf mich aufpassen. Außerdem muss ich
Matty finden.
[Pistons] Matty?
EIN NEUER KICK
[Fatima] Matthias, meinen Halbbruder. Er ist von zu Hause
weg, und Mutter macht sich genug Sorgen, dass sie mich
kontaktiert, ohne dass das Arschloch etwas weiß.
[Pistons] Das ist übel, wenn sie sogar den Zorn deines Stief-
vaters riskiert. Irgendeine Ahnung, wo Matty sein könnte?
[Fatima] Nicht so richtig. Aber höchstwahrscheinlich weit
weg von jedem Ort, an den die Humanis-Kumpel des Arsch-
lochs schauen werden. Ich habe gehört, dass Matty nichts
mehr mit ihnen zu tun haben will.
[Pistons] Also auf den Straßen.
[Fatima] Wahrscheinlich. Jeder Ort, wo ich war, ist für im-
mer „verdorben“, also wird Matty dort zuerst hingehen.
[Pistons] Ich wünsche dir viel Glück. Wenn du Hilfe beim
Finden der virtuellen Spuren deines Bruders brauchst, sag
es mir.
[Fatima] Mach ich. Übrigens: Letzte Nacht sahst du ganz gut
aus.
[Pistons] Flirtest du mit mir?
[Fatima] Stört dich das?
[Pistons] Nein. Aber jetzt weiß ich, wann du wirklich lä-
chelst und dich nicht hinter den Zähnen versteckst. Ich pin-
ge dich mal.
/User Pistons ausgeloggt
/User Fatima ausgeloggt
//Chat archiviert:: User Fatima ::
:: 05/10/71//
//Upload Text Uniformat//
MOM Community-Foren – Seattle 2071
Thread: Mit Verlusten umgehen (2)
:: Ich möchte erzählen, was ich heute erlebte. Ich bin er-
schüttert, und es tut weh. Ich hoffe, es hilft, wenn ich darü-
ber spreche. Ein paar von euch werden sich erinnern, dass
ich von Danielle sprach. Für die, die es nicht wissen: Ich
war ihre Mentorin. Danielle war achtzehn, ihr Vater macht
Schichtarbeit im örtlichen Autoshop und ihre Mutter ist
Kellnerin – tagsüber in einem Diner und nachts in einem
Restaurant in Downtown. Der Familie geht es besser als
den meisten hier, aber Danielle war den Großteil des Ta-
ges allein und begann, auf die schiefe Bahn zu geraten. Ich
lernte sie vor ein paar Jahren kennen, sie hatte damals eine
ziemlich schlechte Phase. Ihr Freund hatte sie auf Novacoke
gebracht und es stand schlecht um sie. Hätte er keine Über-
dosis genommen, weiß ich nicht, was passiert wäre. Das hat
ihr gerade genug Angst eingejagt, dass sie Hilfe suchte. Ich
nahm sie unter die Fittiche, als sie in die MOM-Beratungs-
stelle in Renton kam, wo ich jede Woche ein paar Stunden
arbeitete. Ich kann gar nicht sagen, wie stolz sie mich mach-
te. Sie krempelte ihr Leben in einem Jahr völlig um. Sie kam
von der Droge weg, verließ ihre nichtsnutzigen Kumpel, be-
kam bessere Noten und erhielt ein Medienstipendium von
Horizon.
Dann, vor ein paar Wochen, brach sie den Kontakt mit
mir ab. Ich machte mir Sorgen, aber weil Mark noch gestillt
werden muss, konnte ich nicht bei ihr vorbeikommen. Ges-
tern tat ich es dann. Lone Star war dort. Danielle ist tot. Sie
sagten, sie wäre seit einer Woche vermisst, und ihre Eltern
hätten es drei Tage lang nicht bemerkt. Sie sagten, Danielle
hätte sich gestern umgebracht. Laut dem Beamten wurde
sie bei einer Diebstahlserie in einer Mall in der Innenstadt
erwischt.
16 GEISTERKARTELLE
Sie muss auf etwas drauf gewesen sein. Sie hat zwei Leu-
te von der Security umgehauen und ist dann vor der Poli-
zei geflüchtet. Die haben sie auf das Dach eines Apartments
verfolgt, und sie ist einfach gesprungen. Gesprungen ... das
ergibt keinen Sinn. Der Beamte sagt, dass sie sicher Drogen
genommen hatte. Etwas Neues, „Tempo“. Er hat mich ge-
fragt, ob ich wüsste, woher sie es hat! Ich! Ich verstehe das
nicht. So war die Danielle, die ich kannte, nicht.
:: Tori Q
:: Dein Verlust tut mir Leid, Tori. Halte durch.
:: Knitalicious
:: Mann, das ist übel. Ich leide mit dir, aber ich habe so et-
was schon erlebt. Manchmal liegen die Probleme zu tief, und
man kann nichts machen.
:: Fatima
:: Genau, Schwester. Es gibt viele Versuchungen.
:: Candy
:: Ich werde heute Nacht hier sein, Tori. Jim ist aus der Stadt,
und du brauchst sicher eine Schulter zum Anlehnen.
:: Susan
:: Denkt nur daran: Ihr könnt nicht alle retten, ihr könnt nur
bei dem Versuch scheitern. Im Endeffekt treffen die Kinder
ihre eigenen Entscheidungen, und man kann nur versuchen,
sie auf den richtigen Weg zu lenken.
:: DrPhil
:: Ich weiß, was du durchmachst, Tori. Meine kleine Schwes-
ter ist ziemlich tief drin in der Tempo-Sache. Ich habe mit ihr
geredet, und sie behauptet, es wäre nichts Schlimmes. Sie
sagt, alle Kids am College würden es in den Clubs und bei
Partys am Campus nehmen. Es ist einfach in. Angeblich soll
es eine magische Mischung sein.
:: Devlin
:: Früher mussten wir uns nur sorgen, dass die Kinder sich
BTLs runterladen. Jetzt sollen Drogen wieder modern sein?
:: Candy
:: Sie waren nie ganz aus der Mode. Ich erinnere mich noch
an meine Collegezeit: Da nahmen viele Leute Freizeitdrogen.
Aber das jetzt ist anders. Sally spricht von ganzen Partys, die
nur unter diesem Motto stehen. Es ist diese magische Ma-
sche, von der die Kids angelockt werden. Der neueste, beste
Stimmungsaufheller. Ich habe den Vorrat meiner Schwester
konfisziert, bevor meine Eltern etwas mitbekamen, aber ein
paar Tage später hatte sie wieder diesen leeren Blick, den sie
von Tempo bekommt.
:: Devlin
:: Ich weiß genau, wovon du sprichst, Devlin. Der Rektor der
Schule in Bellevue, an der ich arbeite, hatte die örtlichen
Dealer bezahlt, damit sie von den Schulkindern wegblieben.
Sie ließen sich bestechen, vielleicht meinten sie, Schulkin-
der wären den Aufwand nicht wert. Aber vor Kurzem kam
eine neue Gang ins Geschäft: Indianer, die sich nicht um
die Übereinkunft scherten. Die verkaufen an jeder Ecke. Wir
riefen Lone Star, die ein paar Mal Präsenz zeigten und die
Gang vertrieben, aber sie kommt immer wieder. Jetzt habe
ich Kids, die von Flipside, wie sie es nennen, high sind, in
fast jeder Unterrichtsstunde. Man kann sie an dem abwesen-
den Blick erkennen. So als würden sie tagträumen und gera-
dewegs durch einen hindurchsehen.
:: CommunityTeacher2
:: Da ist noch mehr dran. Offenbar können mundane Meta-
menschen durch die Droge kurz in den Astralraum blicken
und Auren wahrnehmen. Kinder sollten mit solchen poten-
ziell gefährlichen Fähigkeiten nicht spielen.
:: Councilor Bear
:: Hier geht es nicht nur um Kids. Bei Weitem nicht. Vor ein
paar Nächten war ich im Dante’s Inferno, und dort nahmen
ein paar Anzugträger Flipside. Sie redeten allen möglichen
Blödsinn, wie sie damit zum Stich kämen, und verteilten so-
gar ein paar Patches.
:: Devlin
:: Das ist wirklich seltsam.
:: CommunityTeacher2
:: Ich werde das beim nächsten MOM-Treffen sicher zur Spra-
che bringen. Vielleicht können wir ein paar Flugblätter ma-
chen und eine Informationskampagne starten? Die Geister
wissen, wie viele Familien damit zu tun haben, wenn das
wirklich so verbreitet ist, wie du andeutest.
:: Knitalicious
//Attachment Ende//
//Link auf Thread :: 05/17/71//
BANDENKRIEG
> Es eskaliert also. Es ist Mittwoch, und die Opferzahl steht nach
der Schießerei gestern Nacht in Tacoma bei 12. Es war anschei-
nend eine Rache der Chulos, weil die First Nations ihr Revier ver-
letzt haben.
> Riser
> Ja, zum Teufel. Die Ragers, Drakes, Skraacha, Chulos, sogar die
Halloweeners – alle mischen mit. Man kann die Spannung auf
den Straßen mit einem Monodraht schneiden. Die Geister sollen
verhüten, dass man zufällig in eine der Schlägereien gerät.
> Fatima
> Genau. Von den Zwölfen, die Riser erwähnt hat, waren fünf
Zivilisten, die ins Kreuzfeuer gerieten.
> Sunshine
> Diese Gewaltspirale passt zu den Informationen meiner Quellen
in Seattle: Der Shotozumi-rengo und seine Alliierten mischen sich
ein. Die Verkaufszahlen von BTLs gehen schon seit einiger Zeit
zurück; Hinz und Kunz verticken zweitklassige Moodies und Bee-
tles aus Hinterzimmerstudios über die Matrix. Das untergräbt den
Handel des Syndikats. Aber jetzt hat Tempo dem Ganzen wirklich
den Wind aus den Segeln genommen. Die Chip-Verkäufe sind auf
dem niedrigsten Stand seit dem Crash 2.0.
> 2XL
> Das kommt alles von Tempo?
> Netcat
> Ja und nein. Tempo steht zwar sicher im Zentrum der Unruhe,
aber bei der Gewalt geht es nicht so sehr um die Verteilung und
Kontrolle. Die scheinen einigermaßen sicher in den Händen von
ein paar Gangs und einem Seoulpa-Ring, wenn man den Gerüch-
ten glaubt. Ein paar der Gangs benutzen ihre Profite von Tempo,
um sich zu bewaffnen, zu vergrößern und neue Territorien zu
erobern. Andere kämpfen dagegen, und einige nehmen einfach
die Gelegenheit war, den Status quo durcheinanderzubringen und
sich einen Namen zu machen. Aber es steckt noch mehr dahinter.
Der Anschlag auf Toju Shotozumi hat den Clan auf den Kriegspfad
gebracht. Zuerst haben sie in ein Wespennest gestochen, als sie
GEISTERKARTELLE
die Gianellis angriffen. Dann schwenkten sie um, und der alte
Hanzo selbst befahl dem Kenran-kai, den Komun’go-Ring zu ver-
nichten. Es wird eine blutige Angelegenheit.
> Riser
> Das Geschwätz auf den Komms von Lone Star sprengt alle Di-
mensionen. Und es geht nicht nur um Zusammenstöße und Schie-
EIN NEUER KICK
ßereien zwischen Gangs. Wenn man den richtigen Kanal knackt,
hört man von bewaffnetem Raub, Überfällen, Fahrzeugentfüh-
rungen, Einbrüchen und Diebstählen. Diese Flipheads tun alles,
um das Geld für den nächsten Schuss zu kriegen!
> Slamm-0!
> Verpfeif dich, Slamm-0!
> Haze
> Er hat schon recht, Haze. Du weißt, was eine Sucht für Familien
und Freunde bedeuten kann.
> Fatima
> Glaub’ es oder nicht: Es gibt einen Unterschied zwischen Gele-
genheitskonsumenten und schwer Süchtigen. Leute haben jahr-
hundertelang Pot geraucht und Coke gekaut, bevor die Gesetzge-
ber das für illegal erklärten.
> Haze
> Ach komm, Haze. Hier geht es nicht um harte und weiche
Drogen. Du weißt, was für eine Gratwanderung das ist. Wir ha-
ben beide zu viel von der Wirklichkeit gesehen, um uns selbst zu
belügen.
> Fatima
> Ich habe es vorher schon gesagt: Tempo ist für mich nur ein
neuer Trick. Nennt es eine Krücke, wenn ihr wollt, aber das ist
alles. Außerdem möchte ich erst mal Beweise für langzeitige Ne-
benwirkungen sehen.
> Haze
> Das ist nicht ganz wahr, Haze, und das weißt du. Wir wissen,
dass es süchtig macht, nach manchen Berichten sogar hochgra-
dig, und dass schon ein paar Leute eine Überdosis erwischt ha-
ben. Zum Beispiel diese Journalistin in Seattle. Es ist noch viel zu
früh, um sicher zu sagen, was einem der Langzeitkonsum antun
kann.
> Butch
> Seht es, wie ihr wollt. Mir geht es gut. Kümmert euch um euren
eigenen Dreck. Ich kümmere mich um meinen.
> Haze
> Du solltest es besser wissen.
> Fatima
> Woher das plötzliche Interesse an meinem Privatleben, Fatima?
Ich sage doch: Mir geht es gut. Ich habe es unter Kontrolle.
> Haze
> Kommt daher, weil mir der ganze Flipside-Mist sehr nahe
kommt. Du bist nicht der Erste.
> Fatima
> Ich habe das Flipside-Zeug mal in L.A. probiert. Hat mich nicht
besonders gejuckt, an keinem Körperteil. Mir geht es auch gut.
> Kane
> Kane, Kumpel! Dir geht es nie gut.
> 2XL
17
 > Wenn nicht alles so düster aussähe, würde ich tanzen vor Freu-
de, weil Brackhaven sich so windet. Der Sprawl geht zum Teufel,
und die ruhmreiche Politik für Wohlstand und Sicherheit, über
die er während der Wahlkampagne so laut getönt hat, spürt man
gar nicht. Und da dachten wir, der virtuellkinetische Fimmel im
letzten Jahr sei schlimm gewesen!
> Sunshine
EIN NEUER KICK
> Er hat es bisher verstanden, der Regierung die Schuld zu ge-
ben, aber alles hat ein Ende, und er stürzt in den Umfragen gna-
denlos ab.
> Dr. Spin
> Ein Lagerhaus des Komun’go in Redmond ist gestern in Flam-
men aufgegangen. Das Feuer hat sich auf drei Nachbargebäude
ausgebreitet, und man hat bis jetzt acht Tote aus den Trümmern
geborgen. Der typische Overkill des Kenran-kai.
> Mihoshi-Oni
> Und der Seoulpa-Ring zahlt mit gleicher Münze zurück. Sie
schwimmen in Geld und kaufen sich eine Menge Verbündete da-
für. Die Geldwäsche der Yakuza durch das Online-Casino „Dimeline
Connection“ ist gestern zusammengekracht. Das waren ziemlich
sicher Choson-Hacker.
> Riser
> Es geht nicht nur in Seattle drunter und drüber. Auch in den
UCAS und in CalFree schießen die Verbrechensraten und die Aus-
einandersetzungen zwischen den Syndikaten nach oben. Tempo
hat an einigen Orten die Balance gekippt. Ein paar alte Hasen
beim Intelligencer sagen, sie hätten seit fast 100 Jahren nichts
Vergleichbares gesehen.
> Sunshine
> ch kann etwas über die Lage an der Ostküste beisteuern. Der
Krieg um Flipside hat einiges an bösem Blut gemacht, und alles
geht durcheinander. Die Commission ist gespalten. Ein paar der
kleineren Familien in den CAS und Miami handeln jetzt auch mit
Tempo. Sogar die Sioux sollen ein paar ähnliche Probleme im
Hinterhof vertuschen.
> Kay St. Irregular
> Die jungen Mobster sollen mehr als nur sauer auf die alte Garde
in der Commission sein. Viele Emporkömmlinge behaupten, die
Alten seien zu konservativ und vorsichtig und die Mafia hätte
deshalb gegenüber der Yakuza und den kleineren Syndikaten in
den letzten Jahren an Boden verloren. Es gibt sogar Drohungen
von ein paar jüngeren Familienoberhäuptern, sie würden die Sa-
che selbst in die Hand nehmen, wenn die Commission ihre Stra-
tegie nicht ändert.
> Fianchetto
> Die DEA und das FBI drehen also Däumchen? Mir ist klar, dass
es für Lone Star ein Desaster in der öffentlichen Meinung ist, aber
auch die Feds wollen es aussitzen.
> Sneaker
> Anscheinend vermeiden sie Aufsehen, aber alle relevanten Ein-
satzgruppen sind alarmiert und warten darauf, dass die Gesetze
durchkommen. Die IDEA von Interpol scheint die weltweite Auf-
klärung zu koordinieren, aber es ist zu früh, um zu sagen, was
sie tun werden.
> Kay St. Irregular
> Gut zu wissen. Ich habe einen Freund, der bei Interpol arbeitet.
Schuldet mir noch einen Gefallen, weil ich ihn ins rechte Licht ge-
rückt habe. Ich poste alle spannenden Einblicke, die er mir gibt.
> Sunshine
18 GEISTERKARTELLE
BRACKHAVEN FINDET NEUES ZEN
META [M]–05/14/71
CARTWRIGHT, Salish-Shidhe: Die Politiker-Erbin
und Drogenkünstlerin Tiffany Brackhaven hat die
kleine Cascade-Ork-Stadt Cartwright in ein Mekka
für Künstler verwandelt. Seit sie vor zwei Jahren
dorthin zog, hat Brackhaven ihr Leben als Alleiner-
bin des Brackhaven-Imperiums aufgegeben und sich
ganz auf ihre kontroverse Drogenkunst konzentriert.
Mit der Zeit ist Cartwright zu einer blühenden Ork-
Community herangewachsen, die jedes Jahr Tausen-
de Besucher anlockt. Brackhaven steht nicht gern im
Rampenlicht und schreibt den Erfolg der Stadt den
örtlichen Geschäftsleuten und der Bereitschaft der
Bevölkerung, sie und ihresgleichen aufzunehmen,
zu. Kürzlich hat Brackhaven selbst etwas Neues in ihr
Leben gelassen. Sie hat bestätigt, die medizinische
Droge Tempo, auch unter ihrem Straßennamen
„Flipside“ bekannt, als Mittel zur Steigerung ihrer
Konzentration und Arbeitsleistung zu nutzen.
MORD IM GARDEN OF EDEN
New Seattle Intelligencer [NN]–05/16/71
SEATTLE, UCAS: Chaos herrschte heute Nacht im Gar-
den of Eden, als es den Sanitätern von Red Star nicht
gelang, Toju Shotozumi (57), den bekannten Philanth-
ropen und Investor aus Seattle, wiederzubeleben.
Details über die Todesursache wurden noch nicht
veröffentlicht, aber Lone Star und die Konzernsicher-
heit von Garden of Eden, Inc. haben Trideobilder von
Mordverdächtigen veröffentlicht. Red Star erschien
zuerst am Schauplatz, gefolgt von CrashCart und
DocWagon. Bislang gibt es noch keine Auskunft über
die Identität der anderen Opfer des Angriffs. [Mehr]
LONE STAR WILL EX-MILITÄRS ANWERBEN
New Seattle Intelligencer [NN]–05/18/71
SEATTLE, UCAS: Maxine Poocha, Pressesprecherin
von Lone Star, hat heute angekündigt, Lone Star
wolle „als Antwort auf die eskalierende Bandenge-
walt“ ehemalige Angehörige der Metroplex-Garde
anwerben, um die überlastete Seattle Fast Response
Division zu verstärken. Die Maßnahme steht im Zu-
sammenhang mit den stadtweit eskalierenden Ban-
denkriegen der letzten Wochen. Poocha gab zu, dass
die FRT-Truppen von der plötzlichen Aufwallung der
Bandengewalt überrascht wurden. „Wir waren nicht
auf die Feuerkraft und militärische Effizienz, mit der
die Gangs vorgehen, vorbereitet“, ließ sie verlautba-
ren. Poocha führte weiter aus, dass diese Maßnahme
der Polizei gestatten würde, „in größerer Zahl in den
Straßen präsent zu sein und die Stadt vor kriminellen
Elementen zu schützen.“ [Mehr]
> Verdammt. Die Logistik und die Verteilungsdynamik bei dieser
Droge laufen einfach schräg. Niemand hat so große Vorräte, und
ein so schneller Wachstumszyklus ist fast unmöglich. Wie zum
Teufel können sie eine so große Produktion geheim halten?
> Nephrine
//Attachment Ende//
//Upload Text Uniformat//
An: Fatima
Betreff: Matthias
Ich habe alles über Matthias ausgegraben, was ich anhand
deiner Informationen konnte. Wenn sein Kommlink an ist,
dann geistert er oft. Aber ich konnte seinen letzten bekann-
ten Standort herausfinden. Laut der Karte (die ich anhän-
ge) ist er an der Grenze zwischen Downtown und Tacoma
verschwunden. Dort hast du doch Freunde, oder? Du hast
mal die Creeps und Bot’Kham erwähnt; vielleicht können
die helfen.
Wo wir gerade bei Gangs sind: Ich habe deinen Freund
Coil vor Kurzem gesehen. Er sieht nicht so toll aus, selbst für
seine Verhältnisse. Ich dachte, er könnte mir Schwierigkei-
ten bereiten, aber ich bin, ehrlich gesagt, nicht mal sicher,
ob er mich gesehen hat. Er schien völlig auf einen Neo-Tribal
konzentriert, mit dem er sprach. Du weißt, dass ich Coil
nicht allzu ernst nehme, aber ich wollte nicht bleiben, um
zuzusehen, wie er jemanden verprügelt. Nicht mein Prob-
lem. –Pistons
//Attachment Ende//
//Upload Text Uniformat//
Tagebuch
[25. Mai 2071]
Mithilfe der Creeps konnte ich Matty in der Gegend um die
Tacoma-Mall finden. Mein Gott, sah er schlecht aus. Er hatte
Glück, noch am Leben zu sein. Er hatte kaum bis gar nicht
gegessen, sich an ein paar wirklich üblen Orten eingenistet
und sich für wissen die Geister was verkauft. Ich nahm ihn
in einem Mietwagen der Bot’Kham mit.
Einer von denen erzählte mir, dass Matty etwas Flipside
bei einem ihrer Kontakte gekauft hatte. Das wäre nicht so
schlimm, wären nicht ein paar Dosen (manche gebraucht,
manche nicht) aus Mattys Taschen gefallen, als ich ihn säu-
berte. Als ich auf die Reste eines regenbogenfarbenen, öligen
Films auf einem Patch starrte, erzählte mir der Creep ein we-
nig von dem, was er über die Droge gehört hatte. Dann gab
ich ihm 20 Nuyen, und er erzählte mir, woher er das wuss-
te: Ein anderer Schmuggler, kein Creep, hatte eine Ladung
durch den Ork-Untergrund gebracht. Dieser Schmuggler
stand auf Ork-Pornos und tauschte Info gegen Hauer-Mu-
schis. Meinte, er würde an eine NatAm-Gang liefern.
Ich werde mich nach dem Kerl umsehen. Ich muss her-
ausfinden, was Matty getan hat und in wie großen Schwie-
rigkeiten er ist.
//Attachment Ende//
//Batch Attachment Ende :: User Pistons //
MARKTERÖFFNUNG–07/25/71
Broker Pham erledigt Ihre Geschäfte. Preise alle 15 Minuten aktualisiert.
Blutorchidee (25 % +/- 3 %) – 46 ¥ (Höchst 56, Tiefst 43)
Suicide (48 % Novacoke, 25 % RO, 25 % T) – 89 ¥ (Höchst 94, Tiefst 88)
Tempo (64 % +/- 8 %) – 44 ¥ (Höchst 51, Tiefst 42)
White Heat (48 % RO, 48 % T) – 158 ¥ (Höchst 158, Tiefst 158)
GEISTERKARTELLE
//Upload Newsclip ::User FastJack:: 06/10/71//
DROGENPARTY ENDET IN SEXUELLEN ÜBERGRIFFEN,
DIPLOMATISCHER ZWISCHENFALL
NewsNet [NN]–06/09/71
SEATTLE, UCAS: Ein Sprecher von Lone Star hat bestätigt,
dass nach jemandem „zur Vernehmung“ im Fall eines an-
EIN NEUER KICK
geblichen sexuellen Übergriffs auf die neunzehnjährige
Mikayah Lakesong, Tochter von Allen Lakesong, einem At-
taché der Botschaft der Salish-Shidhe auf Council Island,
gesucht wird. Nach Aussage des mutmaßlichen Opfers fand
die Belästigung in der letzten Samstagnacht in der Damen-
toilette des Nachtclubs Arrowpoint in der Hafengegend von
Tacoma statt. Der Club ist in der jugendlichen Community
der Amerindianer von Seattle sehr beliebt. Lone Star bestä-
tigt Gerüchte nicht, wonach Bluttests ergeben hätten, dass
Mikayah zum Zeitpunkt des Übergriffs unter Einfluss von
Tempo gestanden wäre. Sprecher Sergeant Michael Donati
sagte: „Wir veröffentlichen die Ergebnisse von Miss Lake-
songs Bluttests zur Zeit nicht. Wir konzentrieren uns dar-
auf, den Vorfall zu untersuchen und die gesuchte Person zu
finden.“ Ein vom Salish-Shidhe Council gestellter Anwalt,
der die Familie Lakesong vertritt, fügte hinzu: „Ob Miss
Lakesong in dieser Nacht einen Fehler gemacht hat oder
nicht, ändert nichts daran, dass ein Verbrechen gegen eine
unschuldige Frau begangen wurde. Die Nation der Salish-
Shidhe steht hinter ihren Bürgern und wird dafür sorgen,
dass der Schuldige bestraft wird.“
Trotz Lone Stars Schweigen in der Angelegenheit deuten
Interviews mit Augenzeugen darauf hin, dass zum Zeitpunkt
des Vorfalls im Nachtclub Arrowpoint große Mengen von
Tempo konsumiert wurden. Lone Star hat weder Beschrei-
bung noch Phantombild des Gesuchten veröffentlicht, aber
unsere Quellen sagen, es werde nach einem männlichen,
weißen Elfen mit kurzem blondem Haar im Alter zwischen
zwanzig und dreißig Jahren gesucht.
> Ein weißer Elf? Was zum Teufel macht ein weißer Elfenjunge im
Arrowpoint? Das ist das Land der Tapferen, Revier der First Nations.
> Marcos
> Moment, wartet mal. First Nations? Arbeitet Haze nicht mit
einem von den First Nations zusammen? Ist Haze kein weißer Elf?
Verdammter Mist.
> Netcat
> Ach, bitte! Haze? Klar, er ist ein ziemlich egozentrisches Al-
phamännchen, aber er wäre nicht so dumm, so etwas zu tun.
> Rigger X
> Normalerweise wohl nicht. Aber ihr habt gehört, wie er in-
zwischen drauf ist. Er nimmt das Zeug. Wissen wir wirklich, was
heute in seinem Kopf vorgeht?
> Netcat
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19
 > Ach, leckt mich doch. Ich war dort. Wolltet ihr das hören? Ein
paar Bekannte von den First Nations haben mich dorthin mitge-
nommen, um etwas zu feiern. Ich weiß nicht, was sie feierten,
aber für mich ergab sich die Gelegenheit, geschäftliche Kontakte
zu knüpfen. Ja, es ging viel Tempo rum. Die First Nations stecken
bis zum Hals in dem Zeug. Aber ich verliere auf Tempo nicht den
Kopf. Alles wird klarer auf Tempo.
>
EIN NEUER KICK
Haze
> Kennst du das Mädchen, Haze? Wird dir etwas angehängt?
> Sticks
> Ich weiß nicht, wer dieses Mädchen ist. Ja, da war ein Mäd-
chen im Arrowpoint in dieser Nacht, klar. Das ist ein Nachtclub
voller Ganger, da gibt es immer Chicas. Aber das Mädchen, das
ich traf – ich weiß nicht mal ihren Namen – wollte es. Ich konnte
es spüren; Tempo macht es so offensichtlich. Ich tauchte schnell
in den Astralraum und konnte sehen, was sie wollte. Es sprach
sonnenklar aus ihrer Aura. Sie musste mir das nicht sagen, sie
musste gar nichts sagen. Sie war für mich ein offenes Buch. Wir
waren völlig synchron auf Tempo.
> Haze
> Haze, ich glaube, du solltest aus der Stadt verschwinden.
Ernsthaft.
> Sticks
> Willst du wirklich jemanden schützen, der ein neunzehnjähri-
ges Mädchen belästigt hat, weil er auf Gott-weiß-was war?
> Sounder
> Wir wissen nicht, ob er es wirklich war. Die First Nations
könnten ihn reinlegen wollen. Die Feinde der First Nations
könnten ihn reinlegen wollen. Wir wissen alle, dass die Ragers
die First Nations vernichten wollen. Vielleicht haben sie das Mäd-
chen bezahlt, um die Bullen auf Haze und seine Kumpel von den
First Nations zu bringen. Vielleicht hat einer vom First-Nations-
Abschaum das Mädchen vergewaltigt, und sie hängen es dem wei-
ßen Elfen an, weil er kein Amerindianer ist. Wir wissen es nicht,
also weg mit Fackeln und Mistgabeln.
> Sticks
> Haze hat sich in meinen Augen selbst ziemlich belastet.
> Sunshine
> Und was sind wir? Ein verdammtes Mädchenpensionat? Jack-
Point ist ein Netzwerk für selbsternannte Kriminelle. Wir alle hier
sind des einen oder anderen Verbrechens schuldig. Ich wette,
mindestens die Hälfte von uns hat Strafregister. Wie viele von
euch haben einen Wachmann getötet, um einen Run durchzufüh-
ren? Der Wachmann hatte wahrscheinlich eine Familie. Habt ihr
euch Lone Star gestellt? Hat euch einer von uns angezeigt? Wer
zum Teufel sind wir, dass wir entscheiden sollten, welche Verbre-
chen für uns akzeptabel sind und welche nicht?
> Jimmy No
> Ich will nur wissen, ob die First Nations Fatima getötet ha-
ben, und ob Haze etwas damit zu tun hatte. Ich werde sicher
nicht nachts wachliegen, wenn es für ein verzogenes Salish-Gör
in Seattle zu primitiv ist. Aber an dem Feuergefecht, in dem Fa-
tima starb, waren Leute von den First Nations beteiligt. Wenn ich
herausfinde, dass Haze dort war oder den Arschlöchern geholfen
hat, sie zu töten, sollte er beten, dass Lone Star ihn vor mir
findet.
> Pistons
20 GEISTERKARTELLE
> Ich schwöre bei Gott, dass ich nicht dort war, Pistons! Ich
wusste, dass die First Nations und Ragers wegen Tempo Krieg
führten, aber ich hatte keine Ahnung, dass Fatima beteiligt war.
Ich hätte es nicht so weit kommen lassen, wenn ich es gewusst
hätte. Lone Star sitzt mir im Nacken und quetscht meine Kontakte
aus, um mich zu finden. Die First Nations rühren keinen Finger,
um mir zu helfen. Vielleicht würden sie mich sogar verpfeifen,
wenn sie wüssten, wo ich bin. Ich muss für einige Zeit aus Seattle
verschwinden. Ich weiß nicht, wann ich wieder am JackPoint sein
kann. Es tut mir wirklich leid um Fatima. Alles tut mir Leid.
> Haze
//Archiv/QuikGuides/rekonstruiert//
//Upload Uniformat
:: User Kay St. Irregular :: 06/05/71//
WAS IST DIE EXCHANGE?
Die Exchange ist ein Shadowrunner-orientiertes virtuelles
privates Netzwerk, vor allem für Leistungen in und um
Seattle. Die Teilnehmer werden um die Erfüllung kurzer,
einfacher Aufträge gebeten, die direkt oder indirekt andere
Shadowrunner unterstützen. Als Gegenleistung analysiert
das Netzwerk die Bedürfnisse der Teilnehmer und bittet
andere um Hilfe, wenn möglich. Es wird angenommen,
dass eine Formel zur Verrechnung der Anzahl an angenom-
menen und erfolgreich durchgeführten Aufträgen mit der
Anzahl an Hilfeersuchen an die Exchange herangezogen
wird.
Instant-Karma
Die Exchange hat die Aufgabe, gegenseitige Hilfeleistung zu
fördern. Je mehr Hilfe man leistet, desto mehr Hilfe kommt
einem zu. Nach demselben Mechanismus führen Versuche
der Beschädigung und des Missbrauchs des Systems zu
„Schlechtem Karma“ – einer Strafzeit, während derer die
Exchange nicht verfügbar ist. Versuche zur Unterwande-
rung des Systems ziehen karmische Strafen nach sich. Die
Exchange wird beginnen, gegen Übeltäter vorzugehen.
Dies wird andauern, bis die Versuche, die Exchange zu ha-
cken, aufhören und Wiedergutmachung geleistet wird.
Exchange im Wandel
Der neueste Patch für die Exchange hat ein anonymes Mit-
teilungsprogramm eingeführt. Es wird spekuliert, dass die
Benutzernamen sich aus einer Art Bewertungssystem erge-
ben, da sie sich mit der Zeit verändern.
– aus der Benutzungsanleitung der Exchange
//Beginn ExChat Session 1000101101//
K113: Verdammte Hacke! Jetzt herrscht also offiziell der Drit-
te Mob-Krieg in Seattle. Weiß jemand, wer hinter der Ak-
tion gegen Toju Shotozumi steckt?
K223: Der Seoulpa-Ring bekennt sich dazu, und es scheint,
dass die Yaks das glauben. Der Oyabun hat zwei Millionen
Nuyen Kopfgeld auf Chulsoon Gray-Wolf ausgesetzt.
K86: Das wird ein seltsamer Kampf. Die Seoulpa-Ringe sind
eher paramilitärische Zellen als große Syndikate. Sie kön-
nen sich ihre Ziele bei den Yaks aussuchen, aber diese
können kaum wirklich gezielt zurückschlagen.
K340: Das sehe ich nicht so. Neueste Meldung: Ein Online-
Casino des Choson-Rings ist gerade vom Netz gegangen
... für immer.
K86: Toll. Was ist ein Online-Casino gegen das Leben des So-
kaiya des Shotozumi-rengo?
K223: Bezüglich der wirtschaftlichen Bedeutung? Eine Men-
ge. Das Casino war eine große Geldwaschanlage für den
Choson-Ring und nebenbei noch ein Goldesel. Egal, wie
viel die Seoulpa-Ringe mit Tempo einnehmen: Sie können
es nicht offen ausgeben, ohne dass es gewaschen wird.
K340: Aber genauso bringt der Tod von Toju Shotozumi
die Yaks von Seattle in die Bredouille. Der Alte wollte
MegaMedia aufkaufen. Jetzt ist der Deal gestorben, und
die Investoren wenden sich einer Fusion mit Mitsuha-
ma Media zu. Das ist ganz schön übel, wenn man Zeit
und Geld bedenkt, die vom Shotozumi-Clan investiert
wurden.
K113: Seit diesem Schlamassel im Garden of Eden bekomme
ich etwa zwanzig oder dreißig Anfragen pro Tag ... und
alles scheint sich wirklich zu meinen Gunsten zu entwi-
ckeln. Als würde ich eine Autobahn der Synchronizität
entlangrasen, und die Karma-Polizei hätte vergessen, ihr
Radar einzuschalten. Weiß jemand, warum jetzt alles so
schnell gehen muss?
K223: Ich glaube, das liegt daran, dass die Exchange ange-
griffen wird.
K86: Niemals.
K340: 223 könnte da einer Sache auf der Spur sein. Ich weiß
nicht, wie es dem Rest von euch geht, aber ich habe in
letzter Zeit sehr viel Arbeit – und bekomme noch mehr
Arbeit während der Arbeit, wenn ihr wisst, was ich mei-
ne.
K86: Diese Sache mit den Seoulpa-Ringen und der Yakuza
hat allen viel Arbeit beschert. Das bedeutet nicht viel; wir
haben einen gefährlichen Beruf.
K223: Viele von uns bei der Exchange sahnen beim Komun’go
ordentlich ab ... meint ihr, die räumliche Nähe hilft der
Exchange die Ereignisse zu koordinieren, sodass wir ei-
nander helfen können? Das wäre ziemlich angenehm.
K114: Was wäre, wenn jemand das Puzzle zusammenfügt
– eine Menge Runner sind in der Exchange, die Zusam-
menarbeit lässt alles schneller klappen – und dann be-
schließt, die Exchange anzugreifen?
K114: <= war 113!
K340: Könnte sein, 114, aber ich kann mir nicht vorstellen,
wie man das machen sollte. Klar, man könnte einzelne
Mitglieder ausschalten, aber die Software ist sehr gut ge-
schützt.
K114: Aber wenn, dann wären es die Yaks, oder? Wenn die
meisten von uns für den Komun’go arbeiten.
K86: Immer langsam, Hosenmatz! Ich habe nie gesagt, dass
ich für den Komun’go arbeite. Das nächste wäre dann,
mit Ghulen Geschäfte zu machen. Ich habe Skrupel.
GEISTERKARTELLE
K223: Wer sagt, dass du nicht gerade mit Ghulen Geschäfte
machst, 86?
K340: Wetten, deshalb gab es bei der Exchange früher keine
Chat-Option?
K114: Interessanter Gedanke. Meint ihr, die Exchange hat
EIN NEUER KICK
das Chatprogramm als Defensivmaßnahme entwickelt?
Damit wir uns besser koordinieren können?
K86: Ich glaube nicht daran, dass die Exchange ein selbstver-
besserndes Programm ist, 113. Ich glaube an den Großen
Programmierer.
K340: Es muss nicht die Yakuza sein. Ich bin eigentlich ziem-
lich sicher, dass dem nicht so ist.
K223: Was meinst du?
K340: Alle Familien in Dona O’Malleys Seattle stecken fast so
tief in BTLs wie die Yakuza, und der Handel mit Beetles
nimmt schweren Schaden. Numbers Ciarniello, der Kopf
der Familie, wurde beim Angriff auf Toju Shotozumi ver-
letzt (sie spielten Poker), und sein Sohn Chrome hat die
Führung, bis es ihm besser geht. Obwohl man die Leiche
eines Killers der Gianellis am Tatort gefunden hat, behält
der Mob eine geschlossene Front bei. Das zeigt, dass sie
etwas wissen, was wir nicht wissen. Die Gianellis beteu-
ern ihre Unschuld, und ich glaube, Dona O’Malley glaubt,
das ist alles eine List. Andererseits darf der Shotozumi-
gumi durch den Verlust von Toju nicht das Gesicht ver-
lieren. Sie schlagen gegen die Gianellis zurück, und der
Mob wird das nicht auf sich sitzen lassen.
K114: Du scheinst dich bei der Mafia gut auszukennen, 340.
K340: Schnüffeln ist unhöflich, 114. Jedenfalls hält Dona
O’Malley Chrome beschäftigt und lässt ihn gegen die Ya-
kuza und Seoulpa-Ringe vorgehen, die sein Territorium
verletzen. Aber denkt an meine Worte: Nächste Woche
schon werden der Mob und die Yaks einander an die
Kehle gehen.
K86: Und die Triaden? Handeln die nicht in großem Stil mit
Kong-Chips?
K223: Die Nachfrage ist zurückgegangen, aber die Yellow
Lotus interessiert sich für Fliphouses. Sie mischen Tem-
po mit anderen Substanzen und probieren verschiedene
Kombinationen in unterschiedlichen Fliphouses aus. Wie
damals in den Opiumhöhlen.
K340: Ich kann es nicht beschwören, aber ich glaube, die
Dona will die Exchange als Ganzes haben und hofft, dass
eines der Mitglieder Zugang zum Quellcode hat. Es ist
so weit gekommen, dass viele Teilnehmer sich in Partner-
schaften oder kleinen Gruppen zusammengeschlossen
haben, um die Zusammenarbeit zu verbessern.
K86: Hm. So wie du es beschreibst, sieht O’Malley das Netz-
werk als eine Art Software für große Strategie. Wenn die
Exchange mit einem Haufen nicht vernetzter Benutzer
gut funktioniert, kann man sich ausmalen, wozu sie in
der Lage wäre, wenn man sie mit echter Taktik-Software
kombiniert. O’Malley könnte alle Truppen in Seattle ver-
netzen und in eine beeindruckende Armee verwandeln.
K114: Die Auswirkung dieser Entwicklungen auf die Ex-
change macht mir aber leichte Sorgen. Je mehr Benutzer
sich in diesen Mob-Krieg einschalten, desto mehr werden
sie in ein Netz aus kleinen Gefallen, die sie durch die Ex-
change schulden, verstrickt. Und man darf nicht verges-
sen, dass kleine Teams aus Exchange-Runnern vielleicht
das Bewertungssystem durcheinanderbringen. Ich frage
mich, wie viel karmischen Kredit und karmische Schuld
ein Runner anhäufen kann?
//Ende ExChat Session 1000101101//
21
 //Archiv/Geschlossene Threads/rekonstruiert//

GLOBALE VERBREITUNG
> Sind wir eigentlich schon weiter bei der Such nach der Quelle
von Tempo? Dass das so lange dauert, macht mir Gänsehaut.
> Turbo Bunny
EIN NEUER KICK

> Die Droge scheint aus dem Rim getröpfelt zu sein, soweit ich
weiß. Die Verteilerzentren scheinen mit den Brennpunkten des
Schwarzmarktes entlang des Pacific Rim zusammenzufallen: L.A.,
Seattle, Hongkong und Macao. Caracas scheint hier die einzige
Ausnahme zu sein, da es am Atlantik liegt, und wahrscheinlich
eine Drehscheibe für die Karibische Liga und die Ostküste ist,
vielleicht auch für Europa. Die CAS werden vielleicht aus Miami
und New Orleans versorgt. Akimura sagte etwas über eine neue
Krewe und ein paar Auseinandersetzungen zwischen den örtlichen
Mafias. Ich weiß nicht genau, was in Europa und Afrika vorgeht.
Ich warte darauf, von Anya etwas zu hören, aber sie ist zuletzt
sehr beschäftigt. Abgesehen von den aberwitzigen Mengen, die
verschoben werden – fast unglaublich viel für eine BAD –, er-
staunt mich die Megakon-mäßige Logistik, die dahintersteckt.
Wir sprechen hier von einem stetigen Fluss durch ein Dutzend
großer Häfen in aller Welt. Das wäre für jedes Syndikat sehr be-
eindruckend.
> 2XL

> Ich glaube ja, Caracas ist der Schlüssel. Wenn irgendjemand Ca-
racas nutzt, dann wohl die Kartelle. Die beiden Großen in der Stadt
sind das Anden- und Olaya-Kartell. Ich wette auf das Olaya.
> Marcos
An: Kay St. Irregular
Betreff: Anschlag auf Shotozumi
Ganz sicher nicht die Gianellis, aber Shotozumi scheint
nicht zuhören zu wollen. Sie haben die Überreste eines Kil-
lers der Gianellis am Tatort gefunden, und ihm reicht das
als Beweis – ich finde, das riecht nach einer Täuschung.
Der Garden war neutrales Gebiet, und Joe Gianelli ist ein-
fach nicht so dumm. Außerdem musste Numbers Ciarnello
wegen des Anschlags bei DocWagon auf die Intensivstation.
Joe Gianelli hätte so etwas nie abgesegnet. Aber jetzt ist es
passiert; Toju war ein Cousin und der alte Hanzo darf nicht
das Gesicht verlieren. Jemand muss dafür büßen. Man
kann sich darauf verlassen, dass die Gianellis in den näch-
sten Tagen ein paar schwere Treffer einstecken müssen.
Wird interessant, was Dona O’Malley als Nächstes macht.
Wenn die Lage nicht bald entschärft wird, wird das alles
sehr hässlich.
–Riser
//Chat-Transkription angehängt :: User Sunshine//
[Sunshine] Hast du die Zusammenfassung über Flipside ge-
lesen, die ich geschickt hatte?
[Snow-WT] Ja. Ich habe mir die Dateien gestern angesehen
und ein paar Bekannte im Milieu darauf angesprochen. Der
amerikanische Name ist seltsam; den habe ich auf dieser Sei-
te des Atlantiks nie gehört.
[Sunshine] Ich bezweifle, dass er aus marketingtechnischen
Gründen gewählt wurde. *Grinsen* Dieser Straßenname ist
passend und zugleich eingängig.
[Snow-WT] Stimmt.
[Sunshine] Was haben deine Quellen über die Droge her-
ausgefunden?
[Snow-WT] Folgendes: Tempo hat viele Gesichter. Es wird
weder als Designerdroge für die Superreichen noch als billi-
ger Fix für die Massen verkauft. Eigentlich setzt es an beiden
Enden des Markts an. In Paris, Wien und Monaco – wo die
Reichen und Mächtigen Europas sich versammeln – ist es
sehr modern. Ich habe vor ein paar Stunden in der Helix
mit Mme. Rose gesprochen, die mit diesem Markt vertraut
ist. Sie sagt, die Droge ist auch bei den Glitterati der loka-
len Szene, von den Sternchen auf dem roten Teppich über
die Designer der Haute Couture, die armen Künstler, Gen-
Schrauber und Wizcoder bis hin zu den europäischen Adli-
gen, der letzte Schrei.

> Da fällt mir ein, dass es Gerüchte gibt, das Olaya-Kartell sei
mit KondOrchid im Bett, einem internationalen Transport-Kon-
zern aus Paraguay mit AA-Status. Ich hatte immer gedacht, das
NEUE ANFRAGE :: Krewe
wäre Propaganda der Azzies, aber es würde viel erklären.
> Glasswalker
Krewe[1]: Eine Krewe (wie „Crew“ ausgesprochen)
ist eine Organisation oder Gruppe, die eine Parade in der
Karnevalssaison ausrichtet. Der Ausdruck wird meist im Zu-
> Das Phänomen ist eindeutig nicht auf Nordamerika beschränkt. sammenhang mit dem Mardi Gras in New Orleans benutzt.
Tempo ist weltweit verbreitet. Ich habe gestern eine Bekann- Krewe[2]: Einheimische kriminelle Banden in New
te in Hamburg kontaktiert, um etwas von der anderen Seite des Orleans, die sich an den traditionellen Krewes des Mardi
Atlantiks zu hören. Sie arbeitet manchmal als Freie für die De- Gras orientieren. Der Name bezieht sich entweder auf ihr
MeKo, und wir hatten einen kurzen Chat über das Vorkommen Territorium oder ihr Geschäfts-(Verbrechens-)gebiet.
von Flipside in Nordeuropa. Eine Sekunde, ich füge den Teil der
Unterhaltung ein, damit ihr ihn lesen könnt.
> Sunshine

22 GEISTERKARTELLE
[Sunshine] Die alten Säcke auf der Grand Tour?
[Snow-WT] „Alt“ ist ein überholter Begriff, wenn man sich
Leonisation leisten kann. Ich habe (noch) keine Ahnung,
woher diese Leute die Droge bekommen, aber ich finde das
raus. Jedenfalls ist Tempo völlig außer Kontrolle. Es liegt im
Trend, ist ausgeflippt und en vogue. Aber, wo du es erwähnst:
Mme. Rose hat mir erzählt, dass die „Feinschmecker“ es als
letzten Schrei sehen, kleine, private „Emo-Séancen“ zu or-
ganisieren, wo „Darsteller“ durch starke emotionale Reize
gejagt werden, die mit technischen oder magischen Mitteln
ausgelöst werden. Die Connaisseurs genießen dann mit Hil-
fe von Tempo den emotionalen Output.
[Sunshine] Das klingt ein wenig ... mir fällt dazu nur „per-
vers“ ein.
[Snow-WT] Könnte man sagen. Diese Partys sind wie die
okkulten Séancen, damals Anfang des zwanzigsten Jahrhun-
derts, als die Privilegierten von Okkultismus und Spiritua-
lismus angezogen waren. Ich kann die zugrunde liegende
Theorie nicht erklären, aber ein Spruchschleuderer hat mir
erklärt, man könne die Erfahrung von Tempo verstärken,
wenn man eine empathische Rückkoppelung erzeugt. Dazu
muss man es in einer passenden psychoaktiven Astralumge-
bung konsumieren, die emotionalen Output wiedergibt und
verstärkt. Also gibt es „passendere“ und weniger passende
Orte. Aber wenn man etwas wirklich „Perverses“ sucht, gibt
es anscheinend auch die Hardcore-Variante des Trends –
zum Beispiel in Hamburg und Amsterdam. Und auf eurer
Seite des Atlantiks gibt es so was sicher auch. Spezielle „An-
bieter“ betreiben Lasterhöhlen, SM-Dungeons und sogar ein
paar aufgelassene Gefängnisse und toxische Umgebungen,
wo die Connaisseurs maßgeschneiderte Trips bekommen,
die von der verdorbenen psychoaktiven Astralumgebung
verstärkt werden.
[Sunshine] Das ist wirklich pervers.
[Snow-WT] Ja, und wenn man nach richtig extremen Er-
wachten Erfahrungen sucht, kann man sich aus Hamburg
auf einen Trip (im doppelten Wortsinn) auf die verseuchte
Nordsee oder in die Sümpfe der Schwarzen Flut mitnehmen
lassen.
[Sunshine] Hirnrissig.
[Snow-WT] Wo wir gerade davon sprechen: Ein Freund hat
mich gerade angefunkt, dass es irgendwelche Schwierigkeiten
im Empire gibt. Das ist nur ein paar Ecken weiter, und ich
mache mich mal dorthin auf den Weg. Ich halte dich auf dem
Laufenden, wenn sich etwas Neues tut.
Snow-WT [Kontakt] belegt. „Ich bin unterwegs. Bitte kon-
taktieren Sie mich, wenn es wirklich wichtig ist. Vielen
Dank.“
<snip>
Snow-WT [Kontakt] bereit
[Snow-WT] Das war interessant.
[Sunshine] Was? Eine interessante Geschichte?
[Snow-WT] Sozusagen. Ich stehe gerade neben einem Ret-
tungswagen des BuMoNa. Hier der Link zu meiner Kamera
<Gerät 322346.21 Link>.
[Sunshine] Bäh, lecker. Wer hat die Messerklaue zerfleischt?
Der scheint ziemlich schwer verchromt.
[Snow-WT] Deshalb war er im Empire. Das ist ein Club für
Cyberfetischisten, ein Brennpunkt des örtlichen Cyber-Un-
tergrunds. Habe gerade den Notarzt mit der Aussicht auf
einen Quickie bestochen, damit er ein paar Details über
den Tod der Messerklaue rausrückt. (Sag nichts, ich mache
das NICHT zur Gewohnheit. Der war süß.) Er meint, das
Opfer sei ein Borderliner gewesen, ein Cyberpsycho mit
GEISTERKARTELLE
bekannten Problemen. Er hat sich in der Toilette irgendein
Narkotikum gezogen, und als er auf die Tanzfläche zurück-
kam, ist er wegen all dieser dichtgedrängten Cyberschläger
irgendwie ausgetickt. Er hat versucht, ein paar Leute zu tö-
ten. Blöderweise waren dort ein paar bewaffnete Chromer
mit Spornen und implantierten Cyberwaffen, die haben ihn
in Fetzen gerissen. Er hatte noch etwas von dem Pulver in
EIN NEUER KICK
einem kleinen Plastikbeutel, und der Doc hat es mich anse-
hen lassen. Es ist Tempo, da bin ich ziemlich sicher. Passt
zur Beschreibung in deiner Datei.
[Sunshine] Ja. Und es geht hier nicht nur um die Konsu-
menten – es ist zur perfekten Ausrede für die Dealer und
Syndikate geworden, um einander an die Gurgel zu gehen.
Du weißt schon, „Leute, die anderen Leuten in die Suppe
spucken“.
[Snow-WT] Ich muss mich mit der Story eindeutig genauer
beschäftigen. Das wäre eine mögliche Erklärung für all die
Gewaltausbrüche, die wir in der ADL haben. Könnte sogar
ein paar Euro von der einen oder anderen Mediengruppe
einbringen, wenn es so heiß ist, wie es scheint. Ich werde
versuchen, mehr auszugraben, und ein paar Kontakte von
„Freunden in der Familie“ anwerfen. Ich lasse dich wissen,
wenn etwas dabei rauskommt. Halt mich auf dem Laufen-
den, wenn deine Kontakte etwas Neues ausspucken.
[Sunshine] Versprochen.
//Attachment Ende//
> Nicht unerwartet, wenn ihr mich fragt. Die Gelegenheit, einen
Blick in die Geisterwelt zu werfen, obwohl man nicht Erwacht
ist, muss verlockend sein. Aber wenn die Droge die emotionale
Empfänglichkeit erhöht, werden die meisten Leute schlecht damit
umgehen können, was ihnen auf der anderen Seite des Schleiers
begegnet.
> Winterhawk
> Kein Wunder, dass der Kerl ausgerastet ist. Wenn er schon vor-
her nicht im Gleichgewicht war, kann niemand sagen, was es in
seinem Hirn ausgelöst hat, dass er den verwüsteten Auren der
anderen Modifizierten ausgesetzt war. Es hat mich einige Zeit
gekostet, mich an das Gefühl von Leere und ... vielleicht ist „Ver-
lust“ das richtige Wort für das, was die Schwerverchromten aus-
strahlen, zu gewöhnen.
> Ethernaut
> Zu dem, was in Europa vorgeht, kann ich nicht viel beitra-
gen, aber ich kann euch sagen, dass Tempo in großem Umfang
über Lagos und Kapstadt verschoben wird. Ich habe gehört, die
Regenkönigin kümmere sich persönlich um die Angelegenheit,
weil in den Townships viel Unruhe entsteht. Fragt nicht, ich habe
gar keine Ahnung, warum. Ich habe nur von Anansi gehört, dass
Shinzeli durch die Stadt geistert. Das ist nie ein gutes Zeichen.
Wenn ich wetten sollte, würde ich sagen, der alte Pirat Baretto
bringt das Zeug in die Stadt. Er ist einer der wenigen übrig ge-
bliebenen Tsotsi-Gangbosse mit genug Verbindungen, und er hat
Kontakt zu afrikanischen Schmugglern und Freibeutern. Sogar für
ihn ist das ein großes Unternehmen, also ist er vielleicht der
Strohmann für ein ausländisches Syndikat, das den afrikanischen
Markt knacken will. Weil Tempo über Kapstadt und Lagos ins Land
gebracht wird, glaube ich, man kann sagen, dass die Quelle nicht
in Afrika liegt.
> Picador
> Bei Baretto bin ich nicht sicher. Interpol hat eine Ladung ab-
gefangen, die aus einem Frachtcontainer von Universal Omnitech
geladen wurde, aber ich weiß nicht, wohin sie unterwegs war.
> Marcos
23
 //Archiv/Verschiedenes /rekonstruiert//
An: Mr. Bonds
Betreff: Re: Verbreitung von Tempo in Neo-Tokio
Mr. Bonds,
in den letzten Monaten wurden die Yakuza und der Rest
EIN NEUER KICK
von Neo-Tokio von den Querelen zwischen Watada- und
Wanibuchi-rengo abgelenkt. Seit dem ersten April hat un-
sere stolze Polizei von Neo-Tokio enormen Erfolg bei der
Bekämpfung von Tempo, das in unser Land kommt. Trotz-
dem wird es, wie so oft, einige Zeit dauern, bis die altmo-
dischen Feinheiten des Gesetzes sich ganz an die Drogen
der Sechsten Welt anpassen. Im Moment ist geplant, den
Import der Droge, die als Tempo, Flipside oder Xi Shi
bekannt ist, ab dem ersten August zu verbieten. Dass das
entsprechende Gesetz angenommen wird, ist sehr wahr-
scheinlich. Bis dahin beschlagnahmen Polizei und Zoll die
Lieferungen gemäß einer selten benutzten Verordnung
über chinesische Erwachte Medizin.
Sicher wundern Sie sich, dass niemand von der Yaku-
za in Neo-Tokio am Handel mit Tempo beteiligt ist. Der
Grund ist so komplex wie einfach. Seit die erste größe-
re Ladung beschlagnahmt wurde, wird Tempo in ganz
Neo-Tokio als Produkt ausländischer Unterwelt-Syndikate
gesehen. Alle hoffnungslos Süchtigen (und die Gelegen-
heitskonsumenten, von denen es viel mehr gibt) werden
als selbst schuld an ihrem Zustand und den Verbrechen,
die sie zur Finanzierung der Droge begehen, betrachtet.
Zum Gutteil liegt das an den Medien, die ausländische
Syndikate scharf angreifen – vor allem die Bratva (örtliche
Verbündete der Vory v Zakone), die Red-Dragon-Triade
und die koreanischen Gangs, die mit den Jo-pok zusam-
menarbeiten.
Ungeachtet der gegenwärtigen Auseinandersetzung
um die Führerschaft des Watada-rengo soll der Wanibuchi-
rengo zumindest zweimal für eine Übernahme der Tempo-
Verteilung in Neo-Tokio gestimmt haben, was aber, auf An-
raten Jurojins, mit knapper Mehrheit abgelehnt wurde.
–Otaku-Zuku
> Nicht nur das Kap geht zum Teufel. Die Unterwelt von Maghreb
und Arabien ist ebenfalls in Aufruhr. Hier herrscht offener Krieg. Die
Großen fressen die Kleinen; jeder Neuling, der sich exponiert und
in der Gegend zu dealen beginnt, wird brutal hingerichtet. Bisher
gab es 25 Hinrichtungen in Istanbul, Ankara, Damaskus, Medina,
Bagdad und Dubai, inklusive einiger Shadowrunner. Alle wurden von
den Grauen Wölfen getötet; sie hinterlassen am Tatort eine War-
nung. Weil die Wölfe Verbindungen mit der Maffiya von Kabul und
den Drogenhändlern des Goldenen Dreiecks haben, ist es verständ-
lich, dass sie sich von Tempo nicht den Markt verderben lassen.
> Am-mut
> Standen die Toten mit einer bekannten Gruppe in Verbindung?
Gibt es irgendeinen globalen Bezug?
> Goat Foot
> Nicht dass ich wüsste. Ein paar waren kleine Dealer, ein paar
Schmuggler. Ich hätte nicht auf irgendeine Verbindung getippt,
aber die Grauen Wölfe scheinen mehr zu wissen.
> Am-mut
// Thread automatisch archiviert 09/15/71//
24 GEISTERKARTELLE
Die Erste Regel der Matrix: Daten dürfen nie verscho-
ben, nur kopiert werden.
An: Otaku-Zuku
Betreff: Re: Verbreitung von Tempo in Neo-Tokio
Sensei,
also dealen die Yaks nicht. Aber wo zum Teufel kriegen die
anderen Syndikate ihr Tempo her? Das passt zwar irgend-
wie zum Modus Operandi von Sprawls wie Seattle, ist aber
ganz anders als in Hongkong oder Neo-Tokio.
–Mr. Bonds
Ich habe einen Master in Forensischer Buchhaltung
und einen Abschluss in Management-Fu
An: Mr. Bonds
Betreff: Re: Verbreitung von Tempo in Neo-Tokio
Mr. Bonds,
von der Yakuza natürlich. Es wäre dumm, zu glauben,
dass ein so wohlhabender Metroplex wie Neo-Tokio mit
so großen kriminellen Organisationen und einem so herr-
lichen Markt einfach „ausgelassen“ würde. Ich bin sicher,
dass zumindest ein Gumi, oder sogar ein Rengo, Tempo
bereitwillig an die Bratva, Triaden und Jo-pok verkauft,
um sie zu exponieren und zu diskreditieren. Und dieser
Plan funktioniert großartig. Das NTPD hat in den letzten
drei Monaten mehr Koreaner verhaftet als in den zwei
Jahren zuvor – und das heißt einiges, wenn man die ras-
sistische Einstellung einiger unserer braven, standhaften
Beamten bedenkt.
Die wahren Schurken werden sich zu gegebener Zeit
zeigen, wenn sie sich der Territorien der gefallenen Aus-
länder-Syndikate annehmen oder sich selbst im Handel
mit Tempo versuchen.
–Otaku-Zuku
Die Dritte Regel der Matrix: Die Matrix ist ein multi-
dimensionaler Bereich. Denke nicht linear.
//Archiv/Geschlossene Threads/rekonstruiert//
WAS IST DAS EIGENTLICH?
> Drogen sind eigentlich nicht mein Fall, aber ich höre die gru-
seligsten Gerüchte über Flipside. Ich glaube, wir können das alles
nicht als moderne Legende betrachten. Es ist jetzt fast sechs
Monate her, dass wir zum ersten Mal etwas von Tempo gehört ha-
ben, und ich weiß, dass ein paar von euch sich damit beschäftigt
haben. Hat jemand etwas herausgefunden?
> Netcat
> Man weiß nichts Genaues. Ich habe die Reinheit getestet: Jede
Charge rohes Tempo ist identisch, bis hinab zu Körnung und Spu-
renelementen. Ich habe ein paar der Spurenelemente zurückver-
folgt und bin ziemlich sicher, dass Tempo organisch-pflanzlichen
Ursprungs ist. Ich bin überzeugt, dass es nur eine Quelle gibt. Ich
tippe auf Südamerika, aber ich suche noch.
> Nephrine
> Ist das Spekulation, oder hast du etwas herausgefunden?
> Butch
An: Otaku-Zuku Die Razzia vom 1. April 2071 ist zum Teil für die Zah-
Betreff: Zur Kenntnisnahme (war Re: Verteilung von len verantwortlich, aber es ist eindeutig, dass sich die
Tempo in Neo-Tokio) Menge an Tempo, die nach Neo-Tokio kommt, mehr als
verdreifacht hat. Es müssen wesentlich energischere Maß-
Sensei, nahmen ergriffen werden, um die Verbreitung von Tempo

EIN NEUER KICK

ich denke, das sollten Sie sehen: Es handelt sich um Teile einzuschränken, oder wir werden in Zukunft durch ande-
einer kommentierten Entwicklungsanalyse der Rauschgift- re BADs mit einer ähnlichen Situation konfrontiert.
abteilung des NTPD. Können Sie mir etwas über die Demo- //Attachment Ende//
graphie der Konsumenten oder die Marktanteile sagen?
–Mr. Bonds An: Mr. Bonds
Du kannst dir deine Keynesianische Ökonomie sonst Betreff: Zur Kenntnisnahme
wohin schieben. Mr. Bonds,
ich finde diese Zahlen sehr beunruhigend. In Neo-Tokio
//Upload Tabelle Uniformat: herrschte die Annahme, dass die Identifikation von Tempo
mit ausländischen Syndikaten seinen Marktwert reduziert
1. Better-Than-Life-Chips hätte. Die Clubgäste der Oberschicht betrachten öffent-
Zeitraum Beschlagnahmte Menge (Veränderung) lichen Konsum als zu geschmacklos, und die ärmeren Im-
12/70 111.153 migranten können sich oft nur die billigsten Verschnitte
01/71 204.823 (+84,3 %) leisten. Daher ist es wenig überraschend, dass in der Cho-
02/71 165.402 (–19,2 %) son Alley und Sub-Tokio die schlimmsten Süchtigen von
03/71 156.526 (–5,4 %) Neo-Tokio hausen. Viele der SINlosen Immigranten zeigen
04/71 148.610 (–5,1 %) die stumpfen, schlafwandlerischen Verhaltensmuster und
05/71 145.821 (–1,9 %) schlechte Hygiene, die Langzeit-Drogenabhängigen ge-
6 Monate (–1,2 %) mein ist.
Andererseits hat eine kleine Gruppe innerhalb der
Stetiger Rückgang der beschlagnahmten Menge seit Drogenkultur, die Kusuri-zuku (Medizin-Stamm), sich
der Markteinführung von Tempo im Februar. Möglicher- der Popularität von Tempo in Los Angeles und Seattle be-
weise wegen Preis und Neuartigkeit der Droge. dient, um es in der Künstlergemeinde und bei Studenten
zu verbreiten. Innerhalb der Kusuri-zuku verbergen sich
2. Novacoke die Kusuri-uri – Drogendealer, die sich oft als Pharmaver-
Zeitraum Beschlagnahmte Menge (Veränderung) treter, Therapeuten oder Pflegepersonal tarnen, deren
05/68 134.840 „Medikamente“ nur Mittel sind, mit deren Hilfe sie ille-
05/69 — gale Rauschmittel an ihre Opfer verteilen. Wenn das Opfer
===== süchtig wird, ist es in der Gewalt der Kusuri-uri und kennt
12/70 118.285 (–4,6 %) meist nicht einmal den Namen der Droge, von der es ab-
01/71 124.033 (+4,9 %) hängig ist.
02/71 119.736 (–3,5 %) Ich habe von dieser Masche gehört, hielt sie aber für
03/71 120.495 (+0,6 %) eine moderne Legende. Meist sind Hausfrauen, Großmüt-
04/71 117.321 (–2,6 %) ter oder Teenager betroffen. Ein Schwindler im Super-
05/71 112.920 (–3,8 %) markt, ein Priester auf Reisen oder ein schönes Mädchen
6 Monate (–6,3 %) in der Schule gibt einem eine Gratisprobe eines neuen
1 Jahr (–4,5 %) Getränks, eine Zigarette oder eine Salbe gegen Rücken-
2 Jahre (–) schmerzen, und man ist nach der ersten Kostprobe ab-
3 Jahre (–16,3 %) hängig. Schnell verzehrt man sich danach, gibt all sein
Geld aus, und die Kusuri-uri versuchen einen zu Diebstahl
Datenverlust durch möglichen Hackerangriff am 12. oder, häufiger, Prostitution zu überreden. Viele Bürger fal-
Dezember 2070. Angeforderte Rekonstruktion ist noch len sehr schnell durch das Netz, wenn sie nicht sofort auf-
in Arbeit, aber der stetige Rückgang von Novacoke und hören, was sehr schwierig ist.
anderen „traditionellen“ chemischen Stimulanzien und –Otaku-Zuku
Narkotika ist eindeutig. Das Einheitsgesetz der Matrix: Wer den Code schreibt,
ist das Gesetz.
3. TEMPO //Archivierte Datei :: User Mr. Bonds:: 05/28/71//
Zeitraum Beschlagnahmte Menge (Veränderung)
12/70 —
01/71 202.798
02/71 282.700 (+39,4 %)
03/71 408.784 (+44,6 %)
04/71 685.122 (–71,0 %)
05/71 964.730 (+236,0 %)
6 Monate (+337,8 %)

GEISTERKARTELLE
25
 > Ich kann es nicht morphologisch belegen, aber die chemischen > Wenigstens schließt das neue Machenschaften der Insekten-
Eigenschaften der Wirkstoffe in Tempo erinnern mich an jene der geister aus.
Engelstrompete, die weit verbreitet ist. Da Tempo eine BAD ist, > Sticks
könnte es sich um einen Hybriden oder eine biotechnisch be-
handelte Kultur der Pflanze handeln, was bedeutet, sie könnte > Es ist aber nicht unmöglich, dass pflanzliches Material einem
woanders her stammen. Verdauungsprozess unterzogen wurde ...
> Nephrine > Nephrine
EIN NEUER KICK

> Igitt! Sag, dass du uns nur schockieren willst.

ERLEBNIS TEMPO-KUNST
The Gallery Kunst-Blog–05/22/71
William Ferguson, der zeitgeistige New Yorker Maler mo-
derner Kunst, der zuletzt in der lokalen Szene durch sei-
ne expressionistischen Arbeiten sehr berühmt wurde, gab
zu, dass er zurzeit unter dem Einfluss von Tempo malt. In
einem kürzlich durchgeführten Online-Interview in einer
virtuellen Darstellung seines Studios in Manhattan sagte er,
er habe „immer die Schönheit, Kraft und Energie des Astral-
raums fühlen“ wollen, die ihm als Mundanem verschlossen
war. Ferguson hat die Erfahrung unter dem Einfluss der
Droge als „überwältigende Offenbarung“ bezeichnet. Er
gibt an, wie besessen an einem neuen Portfolio zu arbeiten,
das seine Erlebnisse und Visionen mit Tempo darstellt. Es
soll „Die herrlichen Bestien“ heißen. [Mehr]
SIEBTES OPFER GEFUNDEN
New York Times [NYT]–05/28/71
> Sneaker
> Will ich nicht.
> Nephrine
> Also könnten die Käfer dahinterstecken?
> Sticks
> Ich kann diese Möglichkeit nicht ausschließen. Wer weiß
schon, was im Dschungel südlich von Bogotá vorgeht? Aber ehr-
lich gesagt würde ich Spuren von Verdauungsenzymen erwarten,
wenn es so wäre. Könnte genauso gut einer der Bioreaktoren sein,
die Genesis angeblich in Paraguay testet. Aber ich kann sagen,
dass ich endlich ein wenig unverschnittenen Stoff in die Finger
bekommen habe: das Rohmaterial. Raffiniertes Tempo sieht aus
wie braune Zuckerkristalle, die von einem Ölfilm überzogen sind:
regenbogenfarben-ölig. Das Endprodukt bedarf einer weiteren
Verarbeitung und wird meist mit Füllmaterial verschnitten.
> Nephrine

SEATTLE, UCAS: Letzte Nacht wurde in Downtown eine

Leiche gefunden. Die Polizei macht keine näheren Anga-
> Und es stinkt, wenn es zu warm wird. Nicht, dass ich etwas
davon besäße.
ben, aber es wurde bestätigt, dass das unbekannte Opfer
auf die gleiche Weise ums Leben kam wie andere, die wäh-
> 2XL.
> Wäre mir nie eingefallen.
rend der letzten Wochen in Seattle gefunden wurden. Dies
ist das siebte Opfer eines Serienmörders, der in einigen
Zeitungen als „Fahrenheit-Killer“ bezeichnet wird. Die Be- > Red Anya
zeichnung leitet sich von Gerüchten her, alle Opfer wären
in der gleichen, seltsamen Weise verbrannt worden. Sieben > Wie stark wird der Stoff verschnitten?
Wochen, sieben Leichen, und noch immer keine Antwort > Butch
von Lone Star. Nach Aussagen eines örtlichen Reporters ist
dies ein Fall, den Lone Star nicht lösen will. „In den letzten
Monaten herrscht hier eine gewaltige kriminelle Aktivität,
> Ziemlich. Ich habe ein paar Proben von der Straße, und würde
sagen, dass pro Dosis etwa 1-2 Gramm Grundstoff enthalten sind.
meist im Zusammenhang mit der explosiven Verbreitung Der Rest ist Füllmaterial oder eine andere Droge, wie Blutorchidee
von Tempo. Die Polizei hat keine Zeit, sich mit einem Mör-
oder Marihuana. Das Mischen scheint aber in Seattle nicht so
der zu befassen, der seine Opfer in der Unterschicht sucht.“
üblich wie anderswo. Die Straßenpreise liegen zwischen 50 und
Die örtliche Exekutive hat zu diesem Artikel keinen Kom-
mentar abgegeben. 150 ¥, je nach Sprawl. Dabei scheinen aber eher Angebot und
Nachfrage entscheidend als die Nähe zur Quelle.
> Nephrine

JOURNALIST STIRBT IM KOWLOON-MASSAKER

MetaLife [Evo]–06/13/71
> Das ist ein hübscher Gewinn. Stellt euch vor: Ein Patient von
mir hat mir einen Patch angeboten, damit ich bei der Behandlung
HONGKONG, HKFEZ: Der Journalist Ryan Doyle inter- einfühlsamer werde.
viewte gerade Orks und Trolle im ärmsten Viertel von
Hongkong, als er von dem plötzlichen Gewaltausbruch
> Butch
zwischen zwei örtlichen Gangs, die beide mit Drogen-
handel zu tun haben, überrascht wurde. Ryan war zwi- > Ich war schon bei dir unterm Messer; also kann ich mir das gut
vorstellen.
schen den Fronten eingekeilt und sendete voll Mut eine
Liveübertragung der Schlacht – selbst nachdem er ange- > Kane
schossen worden war. Ryan Doyle starb nach 33 Minu-
ten an Blutverlust, aber seine Augenkameras sendeten > Hat jemand gehört, wie sich Tempo auf Virtuellkinetiker aus-
weiter, bis ihre Notstromversorgung zusammenbrach. wirkt?
Diese Übertragung ist das einzige Zeugnis des Kowloon-
Massakers. Die Fomorian Times erweist Bruder Doyle für
> Netcat
seine tapfere Zeugenschaft bei diesem tragischen Verlust
> Nein. Warum? Was hast du denn gehört?
metamenschlichen Lebens die Ehre. Doyle hinterlässt sei-
ne Frau und drei Söhne. [Mehr]
> Butch
> Oh, nichts. Nichts Wichtiges. Ich wollte nur fragen.
> Netcat
//Thread automatisch archiviert :: 09/11/71//

26 GEISTERKARTELLE
//Archiv/Geschlossene Threads/rekonstruiert//
UNRUHE IN HONGKONG
//Upload Newsclip Transkription
/Emerald Media:: User Ma’fan :: 08/06/71//
> Diese Datei wurde von jemandem in ihrem Netzwerk verlinkt.
> Zugriff auf Link ...
> Ihr habt inzwischen wohl vom Kowloon-Massaker gehört. In
den Nachrichten ist von über 5000 Toten die Rede, und ich glau-
be, sie übertreiben nicht. Mehr als 24 Stunden später brennen
die Feuer immer noch. Viele der Blocks sind von den Flammen
eingeschlossen und einige mehr sind zusammengebrochen. Der
Himmel ist immer noch voller Kameradrohnen, und die Rettungs-
einheiten holen Leute von den Dächern, wo sie können. Das war
in den Abendnachrichten darüber zu hören.
> Ma’fan
//LinguaCell-D Audio-zu-Text-Transkription gestartet//
Egal, wo man sich in Hongkong heute Nacht aufhält – man
kann das Leuchten der Feuer in und um die Walled City
sehen. Dutzende Feuerwehr- und Rettungseinheiten sind
zur Walled City gerast, im Gefolge dessen, was bereits
als blutigster Triadenkonflikt der Geschichte Hongkongs
bezeichnet wird. Die Details sind noch unklar, aber un-
bestätigte Berichte veranschlagen die Opferzahl in den
Tausenden: sowohl Kriminelle als auch unglückliche Be-
wohner, die ins Kreuzfeuer gerieten. Es wird angenom-
men, dass gewalttätige Auseinandersetzungen um Drogen
zwischen zwei Triaden außer Kontrolle gerieten, Dutzen-
de Opfer dabei zu beklagen waren, Feuer gelegt wurden,
sich rasch ausbreiteten und Hunderte von weiteren Le-
ben forderten. Bereits um vier Uhr nachmittags waren
Schusswechsel und Explosionen zu hören, aber ab neun
Uhr kamen Hunderte von Verwundeten und Sterbenden
aus einem der schlimmsten Slums der Stadt, nachdem der
Kampf zwischen den rivalisierenden Triaden vollends ent-
brannt war.
Wie unsere Zuschauer auf den Bildern unserer Kamera-
drohnen sehen können, verschlingen die Feuer im Gebiet
immer noch einen Block nach dem anderen im Zentrum
der Walled City. Dicker Rauch wälzt sich durch die schma-
len Gassen und behindert die Sicht, aber wir können sehen,
dass ein paar Gestalten von Dächern aus Zeichen machen
... oh nein ... die Geister mögen uns schützen! Zwei weitere
Gebäude sind gerade zusammengebrochen, wirbeln noch
mehr Staub und Rauch auf und haben mindestens ein Luft-
schiff der Feuerwehr in die Tiefe gerissen.
Wie die Zuschauer sehen können, werfen die Feuer-
löscheinheiten aus der Luft Löschschaum und Chemikalien
ab, in der Hoffnung, damit die Flammen zu ersticken, die
bereits ein volles Viertel der Walled City verschlungen ha-
ben. Die Behörden haben die unmittelbare Umgebung ab-
geriegelt, aber den Rettungskräften wurde das Betreten der
Walled City untersagt. Sie können sich nur um jene küm-
mern, die entkommen.
Gemäß unseren Quellen im HKPD ist das Gebiet höchst
instabil, und unerklärliche magische Phänomene behin-
dern alle Rettungsversuche. Nach dem Vorfall im Queen-
Elizabeth-Hospital im letzten Jahr gehen die Behörden mit
äußerster Vorsicht vor.
Weitere Meldungen in Kürze. Premium-Abonnenten kön-
nen auf Kanal 201 eine fortgesetzte Liveberichterstattung
von unseren Drohnen vom Unglücksort empfangen.
//Attachment Ende//
GEISTERKARTELLE
//Archive//Lone Star Rips/rekonstruiert//
VERBRECHENSRATE
DURCH DROGENMISSBRAUCH STEIGT!
Der Zusammenhang zwischen Drogenmissbrauch und Ver-
EIN NEUER KICK
brechen ist seit gut zwei Jahrhunderten gut dokumentiert
und wohlbekannt, und dennoch betrifft das Problem wei-
ter die Innenstädte. Tatsächlich geben fast drei Viertel aller
BTL-Süchtigen und Abhängigen im Verhör zu, mehrmals
Verbrechen begangen zu haben, um ihre Sucht finanzieren
zu können.
Lone Star hat es sich zur Aufgabe gemacht, diesen Teu-
felskreis im Interesse von Sicherheit, Geborgenheit und
Gemeinwohl der Bürger in unseren Vertragsstädten zu
durchbrechen. In den letzten Jahren haben unsere Beam-
ten einen deutlichen Anstieg, besonders der Drogenkrimi-
nalität, registriert.
Was ist Drogenkriminalität?
Drogen stehen auf verschiedene Weise mit Kriminalität im
Zusammenhang:
Direkte Drogenvergehen sind solche, die im Wider-
spruch zu Gesetzen stehen, die Besitz, Konsum, Herstel-
lung und Verbreitung von illegalen oder nicht geregelten
Rauschmitteln betreffen.
Indirekte Drogenvergehen umfassen Verbrechen,
die vor allem von den pharmakologischen Effekten oder
der Abhängigkeit ausgelöst werden (wie gewalttätiges Ver-
halten unter Drogeneinfluss oder bei Entzug). Dazu zählen
aber auch Verbrechen, die durch den Bedarf des Süchtigen
motiviert sind, seinen Drogenkonsum aufrechtzuerhalten
(Beschaffungskriminalität wie Diebstahl, Raub, Organhan-
del, Bettelei oder Prostitution). Die Beschaffungskrimina-
lität geht oft einher mit einer Weiterverbreitung der Droge
durch den Süchtigen, der schließlich in einen Teufelskreis
aus physischer, psychischer, sozialer und finanzieller Ab-
hängigkeit gerät.
Wie wir gegen die Drogenkriminalität vorgehen
Die Joint Metroplex Initiative – eine Zusammenarbeit der
Stadtverwaltung von Seattle unter Gouverneur Brackha-
ven mit den Bürgermeistern von Houston und New Jer-
sey – soll den Einfluss chemischer und digitaler Drogen
zurückdrängen. Sie beschäftigt sich mit den gefährlichsten
Drogen, dem angegriffenen Gemeinwesen und den proble-
matischen Süchtigen, die sich selbst, ihren Familien und
ihren Gemeinden das meiste Leid zufügen.
Die Strategie verfolgt einen fünffachen Ansatz:
 Vorgehen gegen Drogenkriminalität durch Dealer und
deren Hintergrund-Organisationen;
 Reduktion des Angebots an illegalen Drogen durch Un-
terbinden des Rauschgiftschmuggels und Stilllegung von
Download-Sites für elektronische Drogen wie BTLs;
 Aufklärung der Jugend durch matrixgestützte Erzie-
hungs- und Anti-Drogen-Kampagnen;
 Reduktion von Drogenkonsum und -kriminalität durch
verpflichtende Reha-Maßnahmen und psychologische
Betreuung im Rahmen unseres Rauschgiftpräventions-
programms;
 Restriktionen für leichte „Einstiegsdrogen“ wie Canna-
bis, Ex-2 und Bliss, verstärkte Überwachung von Peaks
und Regulativmaßnahmen für SimSinn-Software.
Lone Stars Rauschgiftpräventionsprogramm
Das Rauschgiftpräventionsprogramm ist das Schlüssele-
lement der Strategie gegen Drogenkriminalität. Es bietet
Straffälligen, deren Verbrechen mit Drogen im Zusammen-
hang stehen, die nötige Unterstützung für den Entzug.
<Wollen Sie mehr dazu erfahren?>
27
 //Upload Text Uniformat :: User Ma’fan
:: 08/06/71//
> Diese Datei wurde von jemandem in ihrem Netzwerk verlinkt.
> Zugriff auf Link ...
> Das ist die Transkription eines Audio-Tagebuchs, das ich vom
EIN NEUER KICK
Kommlink eines KE-Detectives in Hongkong gezogen habe. Das
könnte euch alle interessieren, bei all den Schwierigkeiten mit
Flipside, vor allem nach dem Desaster in Kowloon.
> Ma’fan
Vierzehnter Juni 2071. Illegale Dachgeschosswohnung
in Kun Tong, Aberdeen Lane 647 A, fünfter Stock, dritte
Tür links. Es ist 1:16 Uhr. Am Tatort drei Leichen: alle SIN-
los, menschlich, männlich. Wegen der Menge an Blut und
Blutspuren aus der Tür schätze ich, es gab mindestens zwei
weitere Opfer, die entfernt wurden. Todeszeitpunkt war vor
etwa zwei Stunden.
Ersteindruck: Das war schlampige Arbeit. Zwei der Män-
ner haben ein Sechseck auf den Nacken tätowiert, etwa auf
Kragenhöhe: 49. Steht für Revolution, aber auch für die Sol-
daten einer Triade; muss Hwang von der Organisierten Kri-
minalität fragen, welche Triaden solche Zeichen benutzen.
Drittes Opfer ist anders gekleidet: eine Art Müllmann-Ove-
rall. Hat einen holografischen Sticker oder Patch auf dem
Handrücken, der ein großbusiges Comic-Mädchen zeigt.
Alle drei wurden erschossen; nach den Einschusswin-
keln könnten sie aufeinander geschossen haben. Keine Hül-
sen; entweder hat jemand aufgeräumt oder sie benutzten
hülsenlose Munition.
Küchenablage sauber. Das einzig Saubere hier. Jemand
hat sich die Mühe gemacht, alles, was darauf war, hinunter-
zufegen. Keine Reste auf dem Boden; wahrscheinlich hat der
Betreffende sie mitgenommen. Vergrößerungsbilder der Ab-
lage zeigen Reste von rosa Puder: vielleicht Blutorchidee, ver-
schnitten mit Bliss oder Heroin; Forensik nach einer Probe im
Labor fragen. Nini beschwert sich immer, dass ich ihr zu viele
Kugeln und zu wenig Blumen und Schokolade schicke.
Keine Fenster, aber die Wände sind sehr dünn. Irgendje-
mand muss etwas gehört haben oder sogar getroffen worden
sein. Jemand hat uns alarmiert, aber keiner der Nachbarn re-
det. Zum Teufel, keiner der Nachbarn ist zu Hause.
Vierzehnter Juni 2071. Es ist 18:17 Uhr. Dem dritten
Opfer wurde vor Kurzem der linke Unterarm chirurgisch
ersetzt; Fingerabdrücke passen zur SIN eines Kriminellen
namens Cham Lon, bekanntes Mitglied der Black Chrysan-
themums. Schuldig der Beteiligung an einer Körperlotterie,
sechs Jahre Gefängnis, entlassen. Ich halte es für wahrschein-
lich, dass er in sein altes Betätigungsfeld zurückkehrte und
ihn das Glück verließ. Der Untersuchte hat eine unbekannte
Substanz im Blutkreislauf, möglicherweise Rauschgift. Nini
sagt, das Labor ist überbucht, und ich bekomme heute keine
Ergebnisse.
Hwang von der OrgKrim bestätigt, dass die Soldaten der
Golden Army, die unter Kontrolle der Smoke Circle Society
stehen, Sechsecke tragen. Captain will morgen einen Bericht.
Bisher bekannt: möglicher Triadenkonflikt. Zusammen-
hang mit Drogen. Könnte gar nichts bedeuten: ein miss-
lungener Deal, eine persönliche Sache. Wenn nichts weiter
herauskommt, ist das eine Sackgasse.
Fünfzehnter Juni 2071. Es ist 8:12 Uhr. Patrouillen ha-
ben zwei weitere ähnliche Tatorte gefunden. Die Leichen
können mit den Black Chrysanthemums, der Smoke Cir-
cle Society oder deren verbündeten Gangs in Verbindung
gebracht werden – alles in Kwun Tong. An allen Tatorten
Spuren von Drogen: entweder Blutorchidee oder das unbe-
kannte Rauschgift, das wir Lucky abgenommen haben. Sieht
28 GEISTERKARTELLE
aus, als würden die Triaden um den Besitz dieses Territori-
ums kämpfen. Captain sagt, ich werde einer Sonderkommis-
sion in Zusammenarbeit mit Rauschgift und Organisiertem
Verbrechen zugeteilt. Muss für Nini Milch kaufen.
Sechzehnter Juni 2071. Es ist 13:06 Uhr. Das ist nicht
nur ein typischer Territoriums-Unfug. Es gibt 67 Leichen an
32 Tatorten – alles in den letzten 72 Stunden. Die Medien sind
der Sache noch nicht auf der Spur, aber die Lamettaträger ma-
chen sich Sorgen. Sieht wie eine große Konfrontation aus.
Etwas ist seltsam daran. Es gibt an jedem Tatort Drogen-
spuren. Scheint nicht um Schlag und Gegenschlag zu gehen,
auch wenn das vielleicht noch kommt. Schlagen die Black
Chrysanthemums gegen die kleineren Labors und Dealer der
Smoke Circle Society los, um die Verteilung zu behindern?
Könnte die neue Droge erklären. Die Typen im Labor können
immer noch keine sinnvolle Aussage machen, was es ist, au-
ßer eine organische Verbindung. Nini sagt, sie wollen die Ma-
gische um Rat fragen. Die müssen wirklich viel zu tun haben,
wenn sie ihr Budget für solche Anfragen verschwenden.
//Attachment Ende//
//Thread automatisch archiviert :: 21/09/71//
//Archiv/Geschlossene Threads/rekonstruiert//
DRINGENDE MITTEILUNG VON INTERPOL
Die Untersuchung von Sicherheitsaufzeichnungen des Flug-
hafens Chek Lap Kok, die großzügig von Knight Errant zur
Verfügung gestellt wurden, führte zur Identifikation von
Henry Uribe (alias Enrique Uribe, Der Diplomat) unter den
ankommenden Passagieren zwei Wochen vor dem Vorfall in
Kowloon. Seine Anwesenheit im Metroplex soll direkt mit
der gegenwärtigen Krise in Verbindung stehen. Die IDEA
regt alle Behörden an, diese neue Information bei ihrer
Überwachungs- und Datenanalyse zu berücksichtigen. Bei-
gefügt sind biometrische Daten und Referenzdateien.
Die IDEA koordiniert die internationale und Inter-Kon-
zern-Zusammenarbeit bei der Untersuchung des Tempo-
Handels. Ihre Kooperation wird sowohl Interpol als auch
den anderen Behörden beim Umgang mit diesem Problem
höchst willkommen sein.
Uribe ist ein registrierter Bürger von KondOrchid, SA,
einem AA-Konzern aus Guayaquil in Ecuador, und war frü-
her Senator in Kolumbien. Zudem ist er als Strohmann und
Haupt-Verhandlungsführer für einige südamerikanische
Drogenkartelle tätig und besitzt gute Verbindungen in dip-
lomatischen Kreisen und der feinen Gesellschaft in einigen
Ländern. Er soll zu den Führungspersonen im Olaya-Kartell
gehören und mit Jaime Salazar, dem Präsidenten von Kon-
dOrchid, verwandt sein. Letztgenannter ist ebenfalls ein
Hauptziel unserer Ermittlungen – siehe das Dossier, das am
30. Juni allen Behörden des Netzwerks von der Aztechnolo-
gy Corporate Security weitergeleitet wurde.
Seien Sie sich dessen bewusst, dass Uribe bereits in sechs
Ländern gegen ihn eingeleitete Strafverfahren gewonnen hat.
Einige Behörden konnten Anklagen wegen transnationaler
krimineller Verschwörung, Korruption und Beteiligung am
Drogenhandel nicht vor Gericht bringen. Uribe wird wegen
Verdachts der Zugehörigkeit zu einer kriminellen Vereini-
gung in Aztlan, Korea und Großbritannien zwecks Befragung
gesucht. Es ist zurzeit kein Haftbefehl gegen ihn erlassen. Je-
de Observation muss diskret vorgenommen werden.
In Erwartung guter Zusammenarbeit,
Majia Wright
Maja Wright
Abteilungsleiterin der IDEA
> Diese Datei wurde von jemandem in Ihrem Netzwerk verlinkt.
> Zugriff auf Link ...
> Ich dachte, ich füge diesen kleinen Leckerbissen aus meiner
Amtszeit bei Interpol hinzu, um Ma’fans Thread etwas Würze zu
geben.
> Sunshine
//Attachment Ende//
//Thread automatisch archiviert :: 21/09/71//
//Archiv/Chats/rekonstruiert//
/User Nephrine eingeloggt
/User Haze eingeloggt
[Haze] Es ist 03:13. Kannst du mir sagen, warum ich um die
Zeit wach bin?
[Nephrine] Hier.
//Upload Attachment :: User Nephrine :: 06/22/71//
Der Einfluss von Parapharmazeutika
auf metaplanare Reisen im postmodernen Los Angeles
Von Jacques Mandelleon, Student im Aufbaustudium an der
Thaumaturgischen Fakultät, University of California, Los
Angeles.
Vorwort: Viele schamanische Kulturen machten bereits
vor dem Erwachen in ihren Ritualen Gebrauch von psycho-
aktiven Substanzen, um veränderte Bewusstseinszustände zu
erreichen, die man heute als Versuch zu astraler Projektion
oder metaplanarer Reise sehen könnte. Ist es im Normalfall
seit dem Erwachen unnötig, solche Praktiken zu verfolgen
(siehe meine Abhandlung „Gebrauch von Parapharmazeu-
tika als Geasa: Eine Kosten-Nutzen-Rechnung“), zeigte ei-
ne Studie von Dr. Anton d’Venescu im Jahre 2033, dass einige
Pharmazeutika in Bezug auf metaplanares Reisen von Nutzen
sein können, indem sie einen Initiaten durch Ausnützen des
geänderten Bewusstseinszustandes in Verbindung mit einer
symbolischen Kosmologie, wie sie in vielen Kulturen üblich
GEISTERKARTELLE
war, auf eine bestimmte Metaebene leiten können. Gemäß
der Maxime von der Beeinflussung des Makrokosmos durch
den Mikrokosmos könnte der geänderte Bewusstseinszu-
stand des Zauberers bei der Navigation in dieser symboli-
schen Umgebung als Landkarte dienen, mit deren Hilfe das
astrale Selbst eine vorher bestimmte – aber unbekannte –
Metaebene erreichen sollte. Diese Abhandlung wird sich mit
EIN NEUER KICK
einem Aspekt der Forschung von Anton d’Venescu im Lichte
der gestiegenen Bedeutung des Pharmazeutikums „Tempo“
beschäftigen, das kürzlich auf den Straßen von Los Angeles
in Erscheinung getreten ist.
//Attachment Ende//
[Nephrine] Das ist ein Ausschnitt aus der Zusammenfas-
sung einer Arbeit zur angewandten Thaumaturgie, die letz-
ten Monat erscheinen sollte. Der Autor starb, als ein wilder
Pflanzengeist der Kontrolle seines Beschwörers entkam und
in den Wohnanlagen neben dem Campus Amok lief. Selt-
samerweise wurden dabei Mandelleons gesamte Unterlagen
vernichtet, und niemand konnte den Beschwörer oder den
Geist nachher finden.
[Haze] Vielleicht ist ein Studentenulk übers Ziel hinausge-
schossen? Du weißt, wie die Studenten der Thaumaturgie
drauf sein können.
[Nephrine] Ja, aber dann fand ich das:
//Upload Attachment :: User Nephrine :: // 06/22/71//
STUDENTEN DER UOS VERWIESEN
New Seattle Intelligencer [NN]–28. Juni 2071
SEATTLE, UCAS: Die Studenten der Pharmakologie Latee-
sha Yang und Arnim Obolu wurden in Abwesenheit von
der Universität verwiesen und werden polizeilich gesucht,
nachdem die Feuerwehr ins Labor 3 gerufen wurde. Der
Alarm wurde letzten Sonntag durch die Verarbeitung der
Biotechnologischen Erwachten Droge Flipside ausgelöst. Ei-
ne Durchsuchung ihrer Zimmer erbrachte ebenfalls Spuren
von Flipside, eine Pistole und verschiedene Instrumente zur
Drogeneinnahme. Yang und Obolu wurden seit dem Vorfall
nicht gesehen und sollen sich versteckt halten.
//Attachment Ende//
[Haze] Da haben wir also drei College-Kids, die mit Tempo
rumspielen – das, egal was einen der NSI glauben machen
will, immer noch keine Einstiegsdroge ist – und die tot oder
vermisst sind. Das ist ungefähr der Landesdurchschnitt. Na
und?
[Nephrine] Lateesha und Arnim baten mich um Hilfe.
[Haze] Bist du nicht ein bisschen alt, um Streuner aufzu-
nehmen?
[Nephrine] Sie hatten Informationen. Unser alter Freund
Jorge Rhys war in Seattle, Haze.
[Haze] Ganz sicher nicht. Der kleine Streber hat sich vor
zwanzig Jahren nach Süden verpisst. Weißt du, wie viele An-
zeigen gegen ihn laufen?
[Nephrine] Ich erinnere mich an das vernarbte Lungenge-
webe, als er es versaute, eine Ladung Warp zu brauen, ‘59 am
MIT&T. Ich weiß, wie ich mit 19 vom FBI hops genommen
wurde, weil Jorge von der Army Formeln und Testergebnisse
zu chemischen Waffen gekauft hatte. Und ich weiß, dass du
und Jorge eine gemeinsame Geschichte haben.
[Haze] Könnte man sagen. Hast du deshalb dieses kleine
Stelldichein arrangiert? Um über den verfluchten Jorge Rhys
zu reden?
[Nephrine] Zum Teil, ja.
[Haze] Gut, dann eine Kurzfassung: Rhys kommt aus dieser
seltsamen Waliser Kolonie mitten in Amazonien. Brillanter
29
 Chemiker, besonderes Interesse an Pharmakologie und Er-
wachter Biochemie. Insgeheim eines der armseligen Würst-
chen, die gerne Magier wären; Alchemie hat ihn richtig scharf
gemacht. Hat ein paar wichtige theoretische Arbeiten zu
frühen Formeln für magische Verbindungen verfasst; hatte
keine stabilen Verbindungen erbracht, brachte ihn aber ‘58
ans MIT&T. Hat die Wirkstoffe der Gifte von Novaskorpion
EIN NEUER KICK
und Naga isoliert; hat an einem alten Ureinwohner-Trank ge-
arbeitet, der als Halluzinogen für die Geisterwelt empfäng-
lich machen sollte oder so ähnlich. Hat einen Selbstversuch
unternommen, ist fast gestorben, braute eine Ladung eines
Superhalluzinogens zusammen, das zwei Leute umbrachte
und fünf ausgewiesenen Genies, inklusive meiner damaligen
Freundin, bleibende Nervenschäden verpasste. Verschwand
nach Amazonien und kroch unter einen Felsen.
[Nephrine] Ich glaube, Rhys könnte hinter Tempo stecken
– oder zumindest für diese Leute arbeiten. Denk darüber
nach: Er geht zum Amazonas, seine Karriere ist beim Teufel,
er ist ein Genie, das sich für Halluzinogene und Erwachte
Drogen interessiert ... es passt, wenn er irgendwie mit dem
Handel von BADs zu tun hat.
[Haze] Was interessiert dich an alldem?
[Nephrine] Ich hoffe, ich kann eine Substanz synthetisie-
ren, die Süchtige von Tempo runterbringt. Es gibt im Mo-
ment keine allgemein akzeptierte Behandlung, nur kalten
Entzug und Willenskraft.
[Haze] Was bei Magiern gut klappen sollte. Die haben
schließlich genug Disziplin, oder?
[Nephrine] Jeder hat seine Grenzen, Haze. Überschätze
dich nicht.
[Haze] Das wird doch nicht wieder zu einem verdammten
Abstinenzler-Vortrag, oder? Mir geht es nämlich gut. Ich habe
es unter Kontrolle. Du brauchst mir keine Gruselgeschich-
ten über den beschissenen Jorge Rhys zu erzählen, Neph.
[Nephrine] Haze, ich will mit dir nicht über deinen Lebens-
weg reden, aber du kanntest Rhys damals, oder? Und jetzt ist
er wieder da und bringt Kids um, die Tempo untersuchen.
Ich muss verstehen, warum.
[Haze] Das musst du mir genauer erklären.
[Nephrine] Ich brauche eine Probe Tempo. Eine große Pro-
be. Und ich muss einen Süchtigen untersuchen, nachsehen,
wie sich die Biochemie verändert, wie es im Körper trans-
portiert, angereichert und ausgeschieden wird.
[Haze] Du brauchst ein Versuchskaninchen und eine Quel-
le. Ich wusste nicht, dass wir übers Geschäft reden, Neph.
Drecksarbeit, wo man Pisse und Scheiße analysiert, oder?
[Nephrine] Ich habe ein paar Laborassistenten, die für ih-
ren Lohn arbeiten sollen.
[Haze] Ja, ja ... wir treffen uns bei dem Biohazard-Container
hinter der Body Mall. Nicht das Ghul-Café, die andere. Um
23:00 Uhr? Du musst ungefähr 5K beglaubigt dabei haben.
[Nephrine] Bis dann.
/User Haze ausgeloggt
/User Nephrine ausgeloggt
//Chat archiviert:: User Haze :: 08/22/71//
STEIGENDE DROGENKRIMINALITÄT:
REGIERUNG IN DER KRITIK
Le Monde – Spätausgabe – 24-06-71
PARIS: Gemäß einer Umfrage von Horizon-CSA sinkt die
Zustimmung zur französischen Regierung weiter, vor allem
wegen der Verbrechenswelle, die den Süden des Landes seit
zwei Monaten erschüttert. Kervellec und seine Regierung
sind bereits wegen der SOX-Affäre, des politischen Skandals
und in deren Folge der Konzernkrise angeschlagen. Diese
30 GEISTERKARTELLE
> Nur mal was zum Nachdenken. Das ist eines der typischen
Probleme, mit denen sich die Organisationen zur Verbre-
chensbekämpfung weltweit rumschlagen müssen, gerade in
solch liberalen Ländern wie den Vereinigten Niederlanden.
>
Ethernaut
Ausschnitte einer Sitzung beim Polizeipsychologen
Dr. Van Ruuden. Patient 245/F – Nigel K.
Nigel K.: Guten Tag, Doktor.
Dr. Van Ruuden: Guten Tag, Herr K. Nehmen Sie doch
bitte Platz, entspannen Sie sich und erzählen Sie mir von
Ihren Problemen.
Nigel K.: Und alles, was ich sage, wird diesen Raum
niemals verlassen, oder?
Dr. Van Ruuden: Natürlich. Ich bin Mediziner und da-
mit an die ärztliche Schweigepflicht gebunden. Ich mache
zwar eine Audioaufnahme des Gesprächs, aber die dient
lediglich zur Nachsitzungsanalyse.
Nigel K.: Oh, das ist gut. (Ein paar Sekunden ange-
spannte Stille) Seit diese neue Droge Tempo, oder rod sui-
ker, wie wir sie in Holland nennen, auf den Straßen aufge-
taucht ist, ist meine Arbeit und damit auch mein Leben zur
Hölle geworden. Es war schon vorher nicht leicht, aber im
Moment gerät die Lage völlig außer Kontrolle. Diese Droge
macht meine Vorgesetzten sehr nervös, und diese Nervosi-
tät erhöht den Druck auf alle Polizisten, die wie ich auf der
Straße arbeiten. Wie ich bereits gesagt habe, ist unser Job
eigentlich schon hart genug, jetzt ist es aber so, als würden
wir nackt in einem Hochofen arbeiten. (Nervöses Lachen)
Letzte Woche haben wir einen Coffee Shop in Amster-
dam beobachtet und gesehen, wie etwas von diesem neuen
Stoff an eine Gruppe Yuppies verkauft wurde. Das waren
ganz normale Jungs, kein Straßenabschaum oder so was.
Ganz normale Jungs, mit einem Job, einer Familie und dem,
was man heutzutage schon als ein gutes Leben bezeichnen
kann. Ein paar Tage später hat einer dieser „ganz normalen
Jungs“ meinen Partner Ian erschossen. Wir wollten ihm ei-
gentlich nur ein paar Fragen stellen, und der Bastard hat
meinem Partner einfach ein Messer durchs Herz gerammt.
Der Kerl war auf rod suiker. (Leises Schluchzen)
Dr. Van Ruuden: Es ist eine sehr leidvolle Erfahrung,
jemanden, den man gut kennt, so sterben zu sehen.
Nigel K.: Es war nicht das erste Mal, dass jemand aus
meiner Abteilung bei der Ausübung seiner Pflicht gestor-
ben ist, aber ich war jetzt seit fünf Jahren mit Ian in einem
Team und ich verstehe einfach nicht, warum er draufgehen
musste. Sein Tod erscheint mir so sinnlos.
(Kurze Pause)
Doch das Frustrierende an der ganzen Sache, und das
macht mich wirklich verrückt, ist, dass wir nichts tun kön-
nen, um die Verteilung dieser Droge zu stoppen. Uns sind
einfach die Hände gebunden. Durch die liberale Politik
dieses Landes können wir den Verkauf in den Coffee Shops
nicht verhindern, und weil anscheinend ein paar Konzerne
ihre dreckigen Finger im Spiel haben, kriegen wir von je-
der Seite Druck, wie in einer Müllpresse. Ich fühle mich so
hilflos. Ich kann nicht mehr schlafen, habe keinen Appetit
mehr, und wenn nicht bald etwas passiert, drehe ich durch
und mache noch etwas Dummes.
Dr. Van Ruuden: Ich kann verstehen, dass sie wütend
sind, aber…
Ladevorgang unterbrochen // unerlaubter Zugriff //
> Wie ich gehört habe, ist dieser arme Bulle inzwischen
selbst auf Tempo. Das nenne ich doch mal Ironie.
> Ethernaut
> In den VNL fließt Tempo in rauen Mengen durch die Stra-
ßen, und dadurch entstehen große öffentliche Probleme.
> Red Anya
neue Entwicklung zeigt die zunehmende Entfremdung zwi-
schen den Amtsträgern und den Bürgern des Landes.
Die Zahlen sprechen für sich: Nur 22 % der Befragten
sind mit der Amtsführung des Präsidenten zufrieden, 25 %
halten seinen Umgang mit der ökonomischen und sozialen
Krise für richtig, 27 % sehen die Zukunft unter Kervellecs Re-
gierung positiv. Hingegen halten 67 % seine Konzernpolitik
für verfehlt, und 71 % sehen die Regierung nicht in der Lage,
die Situation zu verbessern. Angesichts des Unvermögens
der Regierung, die Verlagerung von 50.000 Arbeitsplätzen
nach Italien durch Ruhrmetall zu verhindern, ein erwartba-
res Ergebnis.
Mangelnde Sicherheit wird von 78 % der Befragten als
wichtigste Sorge angegeben. Diese Umfrage zeigt die Verun-
sicherung und die Angst, die durch die rekordverdächtige
Kriminalitätsrate vor allem in den selbsternannt unabhängi-
gen Städten des Südostens wie Marseille und Nizza herrscht.
In dieser Region gab es um 69 % mehr Körperverletzungen
als im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Zugleich nahmen
Raubüberfälle um 66 %, Einbrüche um 63 % und Vergewal-
tigungen um 59 % zu. Diese alarmierenden Zahlen korrelie-
ren mit dem Aufkommen einer neuen Droge in den Straßen:
Einer BAD namens Tempo oder Clams, die das Sozialverhal-
ten der Konsumenten schwer beeinträchtigt. Nach Angaben
der Polizei von Marseille sind drei von vier Verbrechen direkt
oder indirekt auf den Konsum von Clams zurückzuführen.
Der Gouverneur von Marseille, Thomas Filipini, sprach heu-
te Nachmittag alarmiert davon, die Lage sei „beinahe außer
Kontrolle. Wieder zeigen die Eliten von Paris keinerlei Inte-
resse am Leiden und Sterben der Menschen. Als wir unsere
Unabhängigkeit erlangten, bestanden sie darauf, die Bundes-
polizei hier zu lassen, um für Marseille Ruhe und Ordnung
zu garantieren. Wenn ihnen dieser Bereich so am Herzen
liegt, warum erfüllen sie dann nicht ihre Aufgaben? Ich hoffe
für uns alle, dass diese Umfrage sie endlich aufrüttelt.“
LIVE-STREAM-PSL
PiratesStreamLille // Datum 1. Juli 2070 //
Hier spricht Street Hawk von PSL-LiveStream!
//vid-jingle//
Euer Verkehrsexperte für Nordfrankreich.
//vid-jingle//
Wer immer gerade plant, in Argenteuil ein krummes Ding
zu drehen, sollte es sich noch mal überlegen, denn heute
Abend ist mit einem erhöhten Auftreten von Bullen zu rech-
nen. Solltet ihr dort unterwegs sein, haltet lieber eure SINs
bereit und eure Predators versteckt.
//vid-jingle//
Wir haben soeben eine interessante Verkehrsneuigkeit über
den Polizeifunk abgefangen!
//vid-jingle//
Anscheinend spielt sich gerade eine heiße Verfolgungsjagd
auf der EuroRoute in Richtung Lille ab. Den Bullen zufolge
sollen mehrere Autos gerade zwei Lkw jagen.
//Ausschnitt aus dem Polizeifunk//
„Diese Bastarde scheren sich einen Dreck um die anderen
Verkehrsteilnehmer und ballern ohne Rücksicht einfach
wild rum!“
//vid-jingle//
Wenn ihr gerade auf der EuroRoute 6 unterwegs seid, ver-
sucht lieber, den rasenden Autos und fliegenden Kugeln aus
dem Weg zu gehen.
//vid-jingle//
Mein Homie Timothy von der Polizeifunk-Überwachung hat
jetzt gerade ein paar neue spannende Ausschnitte für uns
parat!
//vid-jingle//
GEISTERKARTELLE
Von: SJohnson
Betreff: Job-Angebot
Die Smoke Circle Society und die Black Chrysanthemums
sind zwei der größten Triaden, und die zwei, die an den
hässlichsten Verbrechen in Hongkong, wenn nicht ganz
EIN NEUER KICK
Asien, beteiligt sind. Die Smoke Circle hat den Handel mit
Blutorchidee unter Kontrolle, aber die BCs haben Tempo
eingeführt und sie ertränkt. Genau jetzt ist die Gelegen-
heit, etwas noch Heißeres vorzustellen: Krötenstein. Ich
habe 50 Kilo, die zu den Ten Thousand Lions gebracht
werden müssen. Kein Vorschuss, aber du bekommst 10 %
– und viel mehr, wenn das Geschäft erst läuft. Wie sieht’s
aus, Omae? Interesse? Melde dich.
„Halten Sie sich zurück, Wagen A988. Wir haben Befehl,
nicht einzuschreiten. Eine Einheit der Konzernsicherheit
wird sich um den Zwischenfall kümmern.“
„Wollt ihr mich verarschen? Hier ist gerade eine schwere
Schießerei auf der Autobahn und wir sollen nicht eingreifen?
Also ich kann keine Einheit der Konzernkasper in unserer
Nähe sehen, das ist…“
„Ihre Befehle sind klar und eindeutig, Wagen A988. Brechen
Sie sofort die Verfolgung ab. Wir sind nicht mehr für den Fall
zuständig!“
„Blöde Schlampe!“
//vid-jingle//
So wie es aussieht, geht die Party auf der EuroRoute 6 wei-
ter!
//vid-jingle//
> Ich habe gerade gehört, dass die Kerle in den Trucks von der
russischen Mafia sein sollen. Die haben irgendwas gestohlen,
das jemand zurückhaben will. Wer immer für diesen Job bezahlt,
scheint nicht zum Scherzen aufgelegt.
> Red Anya
> Das folgende Dokument und die Karte sind heute in meinem
Nachrichteneingang gelandet. Das finden sicher einige von euch
interessant.
> Snopes
TEMPOVARIATIONEN
Tempo tritt auf dem alten Kontinent, je nach Regi-
on, unter verschiedenen Namen auf – in Holland
als rod suiker, in Frankreich als Clams (angeblich
nach dem Schalentier benannt). Die Bezeichnung
„Flipside”, die in manchen Gebieten Nordamerikas
populär ist, hat es nie wirklich über den Atlantik ge-
schafft. Die unterschiedlichen Bezeichnungen wa-
ren vor allem zu Beginn seiner Verbreitung auf dem
Kontinent in Gebrauch. In den nächsten Monaten
wird sich, wegen der allgemeineren Verständlich-
keit, wohl die ursprüngliche Bezeichnung „Tempo“
durchsetzen. Dennoch können, wie immer, die lo-
kalen Eigenheiten im Laufe eines Gesprächs wieder
durchkommen.
31
EIN NEUER KICK

//Upload Text Uniformat :: User Snopes :: 07/22/71//
DIE TEMPO-TOUR
> Braucht ihr Tempo? Sucht in den Taschen der kleinen reichen
Bälger. Einer von denen, Silvio Cagliotti, wird seit einer Party,
bei der es Tempo gab, vermisst. Silvio ist der Sohn von Carmine
Cagliotti, einem der Anführer der Camorra mit Sitz in der Alta
Commissione.
> Glasswalker
Klatsch und Tratsch im Promi-Forum – Thema:
Was geschah mit Silvio „Bogosse” Cagliotti?
OMFG, ich liebe diesen drahtigen, perfekten Körper, dieses
grünäugige Lächeln, das der Junge den Paparazzi schenkt,
die ihn auf den Brüs–, Verzeihung: Küsten von Cannes ab-
schießen. Aber sein P2.0 ist seit ein paar Tagen tot, und die
Trids sind total stumm.
–Amandine-du-13
Ich hasse diese Porno-Anzeigen. Das Frauenbild ist dort
nichts als eine unterwürfige, bloßgestellte, nymphomani-
sche Schlampe.
–Bikini13
Unterwelt + Promis + Party = Ich verwette meine Mutter,
das dieses Boot in Clams schwamm.
–FarmingAldo
Die Orgie ist total aus dem Ruder gelaufen. Ein Freund von
mir hat ein paar Mitschnitte, die er verkaufen will. Er will mir
heute Nacht etwas davon zeigen…
–TourWatcher
> Die Party wurde wirklich von diesem Häschen, Salma, organisiert.
Sie soll mit einem großen lateinamerikanischen Kartell zu tun ha-
ben. Das war keine Orgie für die Tour. Das war ein Gangster-Treffen!
> Mass

... Und die Paparazzi südlich von Paris jagen verzweifelt nach
Bildern von ihm. Die Preise sind der Wahnsinn. Ein echter
Abschuss bringt bis zu 10k!
–Nik-on
DER TCHERNO-BILL-VORFALL
> Habt ihr von dem Brand im Tcherno Bill vor drei Tagen gehört?
Seht mal, was ich auf einem Backup-Server des INPS (Institut
National de Police Scientifique) gefunden habe:

Soweit ich weiß, hat man Silvio das letzte Mal in Marseille
gesehen. Laut seinem P2.0 wurde er zu einer „Hardcore- Memo vom 29-07-71
Orgie, die mir das Hirn rausblasen wird“, auf einer Yacht Von: Leutnant Thierry Coulon
eingeladen. Die Party wurde von einer reichen, lateinameri- 9. Brigade INPS, Marseille
kanischen Touristin ausgerichtet. E-Mail: th.coulon@inps.mars
–TourWatcher
An: Kommissar Hamid Benhabir
Diese Touristin ist Salma Munoz, die neue, brandheiße Mu- DIPJ Marseille
se von Spinrad Industries. Man kann sie in allen Anzeigen E-Mail: ha.benhabir@dipj.mars
des Kons nackt sehen. Salma und Silvio haben sich vor zwei Herr Kommissar,
Monaten in Saint-Barth getroffen (siehe [Link]). Ich schätze, ich werde den Anregungen meiner Vorgesetzten folgen und
die zwei sind geheim zu einem Privatstrand gejettet, um sich die Akte über den Brand im Tcherno Bill vom 27. Juli als
gegenseitig wieder auf Touren zu bringen. geheim einstufen. Eine Kopie des Berichts ist dieser E-Mail
–Clozer angehängt.
Zudem deuten die ballistischen Ergebnisse (siehe Seite
66) darauf hin, dass beide Gruppen für die 24 Toten und 31
Verletzten verantwortlich sind.

32 GEISTERKARTELLE
 Die Spurensicherung ergab zwar tatsächlich eindeutige
Hinweise auf Verdächtige aus dem Kreis einer russischen Or-
ganisation, die unseren Diensten bekannt ist und leicht zu-
zuordnende Waffen, Munition und Spruchformeln benutzt
(siehe Seiten 17, 22 und 47), über die Zusammensetzung
der zweiten beteiligten Gruppe erlauben die Ergebnisse je-
doch keine eindeutige Aussage.
Gemäß unseren Untersuchungen kamen Vorgehenswei-
sen zum Einsatz, die, wegen der Positionierung von Schüt-
zen und Trefferquote, auf militärische Taktik und Ausbildung
schließen lassen. Zudem konnten wir durch Recherchen in
den Datenbanken von Europol einige der benutzten Waffen
der Gruppe eindeutig identifizieren. Sie waren in der Daten-
bank der holländischen Polizei registriert, bis sie vor einem
Monat angeblich vernichtet wurden.
Diese ballistischen Ergebnisse passen nicht zu der Spur
in die Unterwelt, die von den Europol-Ermittlern zurzeit ver-
folgt wird. Da ich angewiesen wurde, diese in der Endfas-
sung meines Berichts nicht zu erwähnen und dies ebenfalls
meinen Leuten zu untersagen, möchte ich mein deutliches
Missfallen über ihr völliges Verschwinden aus der Akte zum
Ausdruck bringen.
Mit aller gebotenen Hochachtung möchte ich ausdrü-
cken, dass ich nicht bereit bin, mich als Alleinverantwortli-
cher für vorgebliche Ermittlungsfehler hinstellen zu lassen.
Leutnant Thierry Coulon
9. Brigade INPS, Marseille
Anscheinend ist dieser Leutnant verschwunden; vielleicht nach
Französisch-Guyana oder sonst wo versetzt. Ich habe ihn zwar
nicht gesucht, aber es scheint, dass sogar ein paar Polizisten die
Aussage von Europol, es seien „nur Gangster“ beteiligt gewesen,
nicht glauben.
> Anubis
KNIGHT ERRANT:
EINSCHÄTZUNG UND ANALYSE VON TEMPO
An: ROOK@AD1.Detroit.Ares.Matrix
Datum: 31. Juli 2071
Von: Basq@KE1.Detroit.Ares.Matrix
Verschlüsselung aktiviert
Sir,
herkömmliche Modelle zur geo-ökonomischen Betrachtung
des Drogenmarkts greifen bei Tempo nicht. Die Verbrei-
tungswege sind einfach nur verrückt. Bei einer gewöhnli-
chen Droge können Experten Statistiken über Reinheit,
bekannten und geschätzten Konsum, Straßenpreise und
Verbrechenshäufigkeit im Zusammenhang mit der Droge
analysieren und dadurch die Zentren der Produktion – die
Quelle – und Verteilung finden. Die meisten allgemeinen
Annahmen – mehr Konsum in Gegenden, die näher an der
Quelle liegen, höhere Preise und geringere Reinheit in grö-
ßerer Entfernung (bezogen auf Transportverbindungen,
nicht nur Entfernung), scheinen nicht zuzutreffen. Kurz ge-
sagt: Wir können nicht sagen, woher Tempo kommt.
Zunächst hatten wir den Verdacht auf mehrere Quellen,
was die Zahlen durcheinanderbringen könnte, aber unsere
Chemiker sprechen sich dagegen aus. Die chemischen Analy-
sen der behördlichen und konzerneigenen Labore ergeben,
dass es sich immer um exakt dieselbe Substanz handelt, bis
hinab zu Kristallgröße, Spurenelementen und den wirklich
unüblichen organischen Verbindungen. Tempo wird immer
lokal verschnitten, aber es wird einheitlich an einer einzigen
Quelle produziert, roh transportiert und vor Ort verarbeitet.
Ich glaube, wir haben es mit einer absichtlichen Verschleie-
GEISTERKARTELLE
rung zu tun, und die zusätzlichen Indizien scheinen das zu
untermauern.
In jedem großen Sprawl am Pacific Rim, in Nord- und
Lateinamerika und Europa scheint es einen einzigen Haupt-
verteiler zu geben, und alle kaufen bei derselben Quelle.
Man kann nicht in jedem Metroplex die Hauptfiguren erken-
nen, da die Syndikate sich bemühen, ihre eigenen Netzwer-
EIN NEUER KICK
ke zur Weiterverteilung geheim zu halten, und Gangs und
Zwischenhändler zum Straßenverkauf nutzen. Aber ich habe
Vergleichsstudien zur Reinheit der Droge in den Datenban-
ken bei Interpol gefunden, und es scheint höchstwahr-
scheinlich so zu sein. Ich kann mit Sicherheit sagen, dass
weltweit mindestens dreißig Metroplexe aus einer einzigen
Quelle reines (98-100 %) Tempo bekommen, das dann ver-
schnitten, verkauft und wieder verschnitten wird. Die meis-
ten Syndikate haben Erfahrung im Handel mit Erwachten
Drogen; dies war vielleicht eine Maßnahme zur Täuschung
der örtlichen Polizeibehörden.
Unter normalen Umständen sollte es zumindest eine
Region oder einen Sprawl geben, in dem Tempo reiner
ist oder im Bevölkerungsschnitt mehr verbraucht wird als
überall sonst: Eine Quellregion, die von Süchtigen, Bauern,
Chemikern oder Ähnlichen umgeben ist – aber ich kann sie
nicht finden. Meines Wissens besitzt keines der Syndikate,
die mit Tempo dealen, die Mittel, es in den Mengen her-
zustellen, die abgesetzt werden, oder die Möglichkeit, eine
solche Produktion verborgen zu halten. BADs sind nicht
sonderlich schwierig herzustellen; die Probleme liegen da-
rin, genügend Erwachtes Ausgangsmaterial zu erhalten. Die
Quelle könnte ebenso viel Geld verdienen, indem sie nur
das Ausgangsmaterial verkaufte und den Syndikaten die Her-
stellung überließe. Dadurch würde sie aber ihr Monopol in
der Produktion aufgeben.
Wir sind immer noch nicht sicher, ob Tempo tierischen
oder pflanzlichen Ursprungs ist – ein mineralischer Ur-
sprung ist sehr unwahrscheinlich, es sei denn, jemand könn-
te unvollständig versteinerte Flora oder Fauna abbauen oder
anorganisches Material einem organischen Verarbeitungs-
prozess unterziehen. Bei den Mengen an Tempo ist aber ein
pflanzliches Produkt als Basis am wahrscheinlichsten.
Als erste verdächtigten wir die Geisterkartelle in Latein-
amerika, aber sie waren sehr unauffällig – wenig Hinweise
auf Verbrauch oder Produktion von Tempo außerhalb der
Großstädte wie Caracas, Bogotá und Metropole. Die ande-
ren Verdächtigen sind ebenso unwahrscheinlich: In jedem
Sprawl erledigt ein anderes Syndikat die Verteilung, und
viele von ihnen stehen in Konkurrenz. Wenn die Black Chry-
santhemums in Hongkong und Macao verkaufen, tun es in
Honolulu oder Manila nicht sie, sondern ihre Rivalen. Das-
selbe Muster ist weltweit zu beobachten: Die Mafia hat zwar
in Marseille den Handel in der Hand, doch in Paris dealen
die Vory v Zakone. Das bedeutet nicht, dass die Mafia in Paris
gar nicht verkauft, aber sie sind eindeutig nicht die Quelle,
sondern kaufen von ihren Freunden in Marseilles zu Groß-
handelspreisen kleinere Mengen, die oft mit anderen Dro-
gen verschnitten sind.
In kleineren Städten und Metroplexen, die zu klein für
einen Hauptverteiler sind, verbreitet sich Tempo durch die-
sen Sekundärmarkt. Zum Großteil kommt es auf die Wirt-
schaftlichkeit an: Wenn ein Syndikat direkt beliefert wird,
hat es im Prinzip ein Monopol im fraglichen Sprawl. Wenn es
in einer anderen Stadt einem dort ansässigen Hauptverteiler
gegenübersteht, muss es auf dem Heimatgebiet der betref-
fenden Gruppe kämpfen. Tempo ist, wenn es auf der Straße
ankommt, etwa zu 25–33 % rein und wegen der Transport-
und anderer Kosten deutlich teurer. Wenn das Milieu in
Marseille direkt von der „Quelle“ versorgt wird und an die
Mafia in Paris verkauft, wird das kaum zum Selbstkosten-
33
 preis geschehen. Zumindest die Kosten für den Transport
und vielleicht dessen Sicherung müssen aufgeschlagen wer-
den. Diese Kosten werden an die Dealer weitergegeben,
und schließlich an die Kunden in den Straßen von Paris, wo-
durch der Preis eigentlich höher wäre als jener bei den Vory.
Um konkurrenzfähig zu bleiben, müsste die Mafia in Paris
den Preis senken und entsprechend weniger Profit machen.
EIN NEUER KICK
Hongkong ist ein besonders wichtiges Gebiet – nicht nur
wegen unserer örtlichen Interessen, sondern auch wegen
des Preiskampfs zwischen den Black Chrysanthemums und
der Smoke Circle Society, die versuchen, ihre jeweiligen Pro-
dukte marktführend zu machen: Tempo und Blutorchidee.
Ich kenne keinen anderen Sprawl, in dem zwei Syndikate
mit vergleichbaren Erwachten Drogen in solchen Mengen
handeln. Ein paar Zwischenhändler sind regelrecht zu „Bro-
kern“ auf dem Drogenmarkt geworden und halten fest, wel-
che Gangs der Triaden zu welchem Preis und in welcher
Reinheit verkaufen. Die Black Chrysanthemums scheinen im
Moment im Vorteil zu sein.
Der gesamte Aufbau der Verteilung dient eindeutig
dazu, die wahren Hintermänner von Tempo geheim zu
halten. Wer immer das ist, könnte eine Unmenge Geld ma-
chen, wenn er überall den Verkauf selbst übernähme, aber
er tut es nicht. Gäbe es mehrere Quellen, müssten schon
längst undichte Stellen und unabhängige Verkäufer aufge-
taucht sein. Mein Durchkauen der Zahlen der letzten sechs
Monate zu Tempo ergab, dass die Hauptverteiler ziemlich
gleich geblieben sind – niemand hat begonnen, Tempo zu
verkaufen, und dann damit aufgehört, und alle neuen Ver-
käufer kaufen bei den „ursprünglichen“ Tempo-Syndikaten.
Außerdem explodiert die Menge an Tempo auf den Straßen
nach sechs bis acht Wochen geradezu. Als ob alle zuerst ei-
nen Zeh ins Wasser halten, bevor sie sich darauf einlassen ...
oder vielleicht braucht die erste Lieferung so lange, um an-
zukommen. Am ehesten kommt als Wirtschaftsmodell dafür
das Franchise-System in Frage. Wenn allerdings die Quelle
einmal mehr verlangen sollte, werden die Syndikate den
Einsatz erhöhen oder zusehen müssen, wie die Konkur-
An: Nephrine
Betreff: The Automatic Sticker Machine
Dies ist die Matrix-Quelle, von der ich dir erzählt habe: ein
anonymer Knoten, wo Käufer und Verkäufer sich treffen
können. Ich glaube, ein paar der regelmäßig anwesenden
Verkäufer sind in Wirklichkeit Absatzhelfer der Syndikate.
Wahrscheinlich wird die Site so finanziert. Es gibt ein Be-
wertungssystem, mit dem Käufer und Verkäufer einander
nach den Transaktionen bewerten können – verlässliche
Lieferung, Reinheit, problemlose Geldübergabe, etwaige
Überdosen – solche Kunden nennen wir Umfaller. Man
schreibt eine Überdosis in die Bewertung, bevor man kon-
sumiert, und wenn man diese nicht rechtzeitig widerruft,
erscheint bei der Bewertung des Verkäufers ein Totenschä-
del. Man hört den üblichen Mist, dass manche Leute nur
Verkäufern mit drei oder vier Totenschädeln vertrauen,
weil ihr Zeug sonst zu schwach wäre.
Ich weiß aber nicht, wie das zum Geschäftsmodell von
Slamm-0! passt. Steckt ein Syndikat hinter TASM oder ist es
die ominöse „Quelle“? Könnte es nur ein Sekundärmarkt
sein? Ich müsste von allen Verkäufern Proben kaufen, um
die Verteilungswege zurückzuverfolgen. Das ist wirklich
schlimm, wenn man die Möglichkeit hat, einfach ein paar
Dutzend Patches zu ordern, die ein oder zwei Tage später
im Briefkasten liegen. Das ist genau die Verlockung, die ich
jetzt nicht brauche. –Haze
34 GEISTERKARTELLE
renz das Geschäft macht; das ist das Wesen eines Monopols.
Selbst wenn ein Syndikat in einem Krieg mit einer ande-
ren kriminellen Organisation oder der Exekutive untergeht,
könnte die „Quelle“ einfach eine andere Gang im selben
Sprawl nutzen. Für einen Drogenring ist das ein ziemlich
risikoloses Geschäft.
Auch Neo-Tokio ist diesbezüglich seltsam; es war uns
nicht möglich, den Hauptverteiler in diesem Sprawl zu iden-
tifizieren. Sämtliches Tempo kommt durch kleine ausländi-
sche Syndikate nach N-T. Das wäre erklärlich, wenn sie von
ihren Verbündeten in anderen Sprawls einkaufen würden,
um in Neo-Tokio zu verkaufen, aber die Preise sind niedriger
und die Reinheit höher als bei vergleichbaren Zweitverteiler-
Syndikaten in anderen Sprawls. Es ist unerklärlich, warum
ein großer Sprawl wie Neo-Tokio kein Haupt-Syndikat haben
sollte, außer er wäre die eigentliche Quelle für Tempo. Es
sind jedoch keine Einrichtungen dort bekannt, die das Roh-
material liefern könnten.
Es scheint mir verdächtig, dass die kleinen ausländischen
Syndikate mit solchem Presserummel vom NTPD attackiert
werden. Alldem liegt ein Muster zugrunde. Wer profitiert,
wenn die kleineren Syndikate in Neo-Tokio untergehen? Die
Yakuza. Wir sollten darauf achten, ob Yakuza-Organisationen
vom Untergang der ausländischen Syndikate profitieren. Bis
dahin werden wir einem doppelten Ansatz folgen: Einfache,
statistische Analyse der Grunddaten und die Suche nach Ab-
weichungen helfen bei der Eingrenzung der Suche; zugleich
wird auf die kleineren Verteiler-Syndikate Druck ausgeübt,
damit sie ihre Quellen preisgeben.
Wir bleiben in Verbindung.
Captain James Dead Tree,
Knight Errant, Abteilung für Okkulte Kriminalität,
Bekämpfung Erwachter Drogen
Signatur
Verschlüsselung Ende
//Attachment Ende
//Archiv/Chats/rekonstruiert//
/User 2XL eingeloggt
/User Kane eingeloggt
[2XL] Howdy, Johnny Rebel.
[Kane] Selber Howdy, Yankee. Was geht an der Westküste?
[2XL] Geht ganz schön ab. Flipside ist überall.
[Kane] Wirklich?
[2XL] Yessir. Freund Sticks hat gesagt, die Ancients hätten
eine Pipeline über die I-5 von L.A. durch das strahlende San
Francisco, Sacramento, Portland und Salem. Sie stecken un-
ter einer Decke mit den Leuten, die in L.A. die Koshari be-
liefern.
[Kane] Und wie hat unser alter Kumpel Sticks davon erfah-
ren?
[2XL] Wie er es erzählt, hat er eine besondere Beziehung
zu Rosa Azul. Sie ist die Chefin des Kapitels der Ancients in
L.A.
[Kane] Ha. Was hat er genau gesagt?
[2XL] „Wir machen zärtlich Hass miteinander.“
[Kane] Klingt glaubwürdig. Aber wo wir gerade von L.A.
sprechen: Ich hätte einen kleinen Vorschlag für dich ...
[2XL] Niemals, selbst wenn du badest.
[Kane] Ha. Ha. Ernsthaft: Der ganze Pacific Rim liegt im
Temporausch. Man kann den Stoff gar nicht schnell genug
liefern. Ich habe eine Quelle in L.A.
[2XL] Sollen wir als Angestellte oder Selbstständige tätig
werden?

//Archiv/News/rekonstruiert//
DJ TRIDEOCHROME ERÖFFNET REHA-KLINIK
Malevolent Press [H-T]–07/15/71
GLACIER PEAK, Salish-Shidhe: Hochwürden DJ Trideo-
chrome, Geliebter der Gaia, lizenzierter Masseur und ma-
gischer Heiler, ältestes offizielles menschliches Mitglied der
Cascade-Orks (und ehemals Eagle Scout!) hat seine Thun-
derbird Lodge auf dem Glacier Peak nördlich des Seattle
Metroplex geöffnet. Dort sollen Patienten behandelt wer-
den, die unter spiritueller Krankheit wegen Flipside leiden.
Als Teil der Therapie, die 500 Nuyen pro Tag kostet, werden
die Leidenden im Wellness-Center (inklusive Magma Room
und Glacial Melt Frigitorium) verwöhnt, mit Ganzkörper-
Aura-Massagen behandelt und erhalten therapeutische
Stunden in Synth-Komposition.
GOUVERNEUR KÜNDIGT RAZZIA AN
New Seattle Intelligencer [NN]–07/16/71
SEATTLE, UCAS: Wegen der Unfähigkeit der Stadt, die um
sich greifende Gewalt im Gefolge von Tempo einzudäm-
men, stürzte Gouverneur Brackhaven in letzter Zeit in den
Meinungsumfragen deutlich ab. Josephine Dzhugashvili hat
sich als besonders lautstarke Kritikerin Brackhavens hervor-
getan und verlangt nach umfangreichen Befragungen der
Beamten von Lone Star und Regierungsmitarbeitern, die
verdächtig sind, von Kriminellen, die mit der schrecklichen
Droge zu tun haben, Bestechungsgelder angenommen zu
haben. Brackhavens Lage wurde nicht dadurch verbessert,
dass seine einzige lebende Verwandte, seine Nichte Tiffa-
ny Brackhaven, als Großimporteurin von Tempo enttarnt
wurde. Das Wissen um Tiffanys Tempo-Abhängigkeit si-
ckerte letzte Woche zu den Medien durch, zusammen mit
den skandalösen Berichten, dass Gouverneur Brackhaven
seit langer Zeit von ihrem Zustand wusste. Die Unterlagen
zeigten, dass der Gouverneur nicht nur von der Sucht sei-
ner Nichte wusste, sondern auch sagte, er hoffe, „dass sie
es an alle ihre Hauer-Freunde weitergegeben hat.“ Kommu-
nalpolitiker stellen die Frage, wie ein Gouverneur, der nicht
einmal für seine einzige Nichte Hilfsmaßnahmen einleiten
will, gegen die Dealer, Schmuggler und Hintermänner, die
die Stadt mit der Droge überfluten, vorgehen könnte. Dz-
hugashvili sagte, sie sei entschlossen, die „Tempo-Bedro-
hung“ aus Seattle zu vertreiben. Sie gab heute bekannt,
dass sie mit der Interpol Drug Enforcement Agency bei
der Untersuchung von Gouverneur Brackhavens „Machen-
schaften“ zusammenarbeite und bald „noch erdrückendere
Beweise ans Licht kommen werden.“ Eine Kampagne zur
Amtsenthebung Brackhavens gewinnt immer mehr an Zu-
spruch. [Mehr]
[Kane] Ein wenig von beidem. Ich habe einen Auftrag für
den ersten Transport, aber wenn wir gut planen, kann dar-
aus eine regelmäßige Veranstaltung werden.
[2XL] Angenommen, wir machen das. Wie sieht die Masche
aus?
[Kane] Ich sage nur eins, Hoss: Mushi-Sushi. Tokio ist ganz
verrückt nach dem Käfer-Zeug. Die zahlen eine Mordskohle
für diese Riesenkäfer – je größer, desto besser. Das sind die
Zahlen: 1,65 Tonnen kommen jeden Tag in den Plex, Alter.
Meinst du, die könnten alle Ladungen kontrollieren? Nie-
mals. Wir lassen die obersten paar Reihen frei und können
die unteren voll stopfen. Wenn wir das Tempo verkauft ha-
ben, können wir auch die Käfer auf den Markt schmeißen.
Beweise verschwinden lassen. Mann, ich stehe auf solche
Mushi-Sushi-Sachen. Ist wie Rache mit einem knusprigen
Snack.
GEISTERKARTELLE
[2XL] Ja ... Ich habe einmal eine Schabe gegessen, wegen
einer Wette. Meine Mutter ist fast gestorben, als sie es raus-
fand; die Ärzte haben ihr gesagt, ich hätte ein Immunsystem
wie eine Teufelsratte. Aber ernsthaft: Wo willst du eigentlich
die Käfer herkriegen? Wie willst du sie transportieren?
[Kane] Ich kenne jemanden. Ein pensionierter Entomologe
aus dem Zoo von Fort Lewis; er hat eine Aquafarm in der
EIN NEUER KICK
Tiefen Lacuna eingerichtet. Riesige Asseln. Wiegen fast zwei
Kilo pro Stück. Er hat ein U-Boot, fährt runter zum Füttern
und Ernten. Ich habe einen Platz in einem Frachter, der in
zwei Wochen von L.A. nach Neo-Tokio fährt. Wir bringen pro
Fuhre ungefähr vier- oder fünfhundert Käfer unter. Das wä-
ren dann etwa dreihundert Kilo, die wir locker unterbringen.
Kostet uns ungefähr 4000 als Startkapital oder sicherheitshal-
ber 8000. Und wir kriegen ungefähr das Zwanzigfache raus,
wenn die Ladung ankommt. Dann das Ganze von vorn.
[2XL] 40k pro Trip? Wofür brauchst du mich dabei? Klingt,
als hättest du alles schon in trockenen Tüchern.
[Kane] Weil ich dir vertraue. Du bist für mich wie ein Bru-
der. Ich brauche so jemanden als Rückendeckung. Und ich
bin total pleite.
[2XL] Und du musst schnell aus der Stadt. Hast wieder Ares
an den Hacken?
[Kane] Das auch.
[2XL] Was zum Teufel hast du gemacht, dass sie so angepisst
sind?
[Kane] Ich habe auf Damien Knights Schloss bei den Ten
Thousand Islands aufgepasst. Dort wollte ich einen Wein-
fleck aus dem Perser putzen und habe ihn irrtümlich ange-
zündet.
[2XL] <prust>
[Kane] Ehrlich, ich brauche das, Mann. Und du brauchst es
auch. Sonst wäre ich nicht zu dir gekommen. Das Beste ist,
dass sich Mushi-Sushi über den ganzen PacRim verbreitet.
Wir können nach Lima, Manila, Hongkong, überall hin.
[2XL] Hongkong nicht. Ich habe restlos genug von Triaden.
[Kane] Bist du dabei?
[2XL] Klingt nach einem guten Plan. Lass uns körperlich
treffen und ein bisschen mehr darüber reden, okay?
[Kane] Meine Rede. Treffen so um Mittag im Picnic Tables
übermorgen?
/User 2XL ausgeloggt
/User Kane ausgeloggt
//archivierter Chat :: User 2XL :: 08/15/71//
//Archiv/Abgefangenes/rekonstruiert//
//Upload Attachment Uniformat :: User Sunshine :: //
09/15/71//
ALARMSTUFE ORANGE: COMMUNIQUÉ 71-09-49
Interpol-Memorandum
Vertraulich, an zentrale nationale Exekutivbehörden und
Sicherheits-Kontraktinhaber zu übermitteln.
Communiqué 71-09-49
Betreff: Tempo-Handel und Auswirkungen
Bezug nehmend auf das letzte Communiqué 71-04-48, das
sich mit Beschreibung und erster Einschätzung der neuen
Droge „Tempo“ oder „Flipside“ beschäftigte, wurde der Dro-
ge von Interpol hohes Bedrohungspotenzial zugeschrieben.
Das Zentralkomitee und Abteilungsleiterin Majia Wright von
der Drogenbehörde bei Interpol treffen Repräsentanten
einiger Regierungen, um in den nächsten beiden Wochen
Gesetze gegen BADs zu forcieren. Der Austausch von Er-
kenntnissen und die Koordination zwischen den Behörden
werden in der Zwischenzeit fortgesetzt.
35
 Art: P2.0-Diskreditierung
JACKPOINT JOB-BÖRSE Gehaltsklasse: ¥¥¥
Zehn Jobs erfüllen Ihre Kriterien. Auflistung 1-10 Ort: Los Angeles, PCC
Beschreibung: Sim-Sternchen mit Flipside-Missbrauch in Verbin-
Art: Wetwork dung bringen. Instruktionen und Drogen werden nötigen-
EIN NEUER KICK

Gehaltsklasse: ¥¥ falls zur Verfügung gestellt.

Ort: Seattle, UCAS. Voraussetzung/Zeithorizont: Muss versierter Hacker und fo-
Beschreibung: Ziel ist Randfigur des organisierten Verbrechens. togen sein. Kosmetische Operationen werden nötigenfalls
Bei korrekter Ausführung winkt so viel Arbeit, wie Sie wol- übernommen.
len. Kontakt: Elliot/Margaret Dulchess, Viral Marketing Agency
Voraussetzung/Zeithorizont: Eigene Waffen mitbringen. <Ja>/<Ignorieren>
Kontakt: Mr. Johnson
<Ja>/<Ignorieren> Art: Astrale Sicherheit
Gehaltsklasse: ¥¥
Art: Kurier Ort: Los Angeles, PCC
Gehaltsklasse: ¥¥ Beschreibung: Astrale Sicherheit für ein Experiment in metapla-
Ort: Portland, Tir Tairngire narem Reisen.
Beschreibung: Handlungsreisender gesucht. Maximal drei Tage. Voraussetzung/ Zeithorizont: Adepten mit astraler Wahrneh-
Voraussetzung/Zeithorizont: Eigene Transportmittel nötig. mung bevorzugt; keine Technomancer.
Kontakt: Mr. Johnson Kontakt: Dr. Charles Montefort, Institut für Thaumaturgie,
<Ja>/<Ignorieren> UCLA
<Ja>/<Ignorieren>
Art: Bodyguard
Gehaltsklasse: ¥¥¥ Art: Abholen und Zustellen
Ort: Seattle, UCAS. Gehaltsklasse: ¥¥
Beschreibung: Ein bis zehn Tage. Sicherheit gewährleisten und Ort: Neo-Tokio, Japanisches Kaiserreich
zur besonderen Verfügung einer Gruppe von Geschäftsrei- Beschreibung: Einfache Liefertätigkeit. Routinetransport.
senden. Voraussetzung/Zeithorizont: Gute Russischkenntnisse von Vor-
Voraussetzung/Zeithorizont: Keine Koreaner oder Amerindia- teil. Diskretion unbedingt erforderlich.
ner. Zauberer bevorzugt. Kontakt: Mr. Johnson
Kontakt: María Fyolek García Sacristán <Ja>/<Ignorieren>
<Ja>/<Ignorieren>
Art: Extraktion
Art: Muskelarbeit Gehaltsklasse: ¥¥
Gehaltsklasse: ¥ Ort: Seattle
Ort: Hongkong Free Enterprise Zone Beschreibung: Rückholung eines fehlgeleiteten Teenagers aus
Beschreibung: Zusammenarbeit mit anderen nötig. den Seattle Barrens, Ablieferung an Reha.
Voraussetzung/Zeithorizont: Keine Verbindungen zu Smoke Voraussetzung/Zeithorizont: 3 Tage. Völlige Diskretion.
Circle Society oder Red-Dragon-Triade. Kontakt: Mr. Johnson
Kontakt: Jong-Min im Golden Ape <Ja>/<Ignorieren>
<Ja>/<Ignorieren>
Art: Kopfgeld
Art: Schmuggel Gehaltsklasse: ¥¥¥¥
Gehaltsklasse: ¥¥¥ Ort: Caracas
Ort: Macao Beschreibung: Gesuchten Kriminellen vor den Behörden ein-
Beschreibung: Über den Teich nach Hongkong. Heftiger Wider- fangen, an Johnson abliefern.
stand zu erwarten. Voraussetzung/Zeithorizont: Flüssige Beherrschung von ama-
Voraussetzung/Zeithorizont: Muss Anteilsscheine von Wuxing zonischem und aztlanischem Spanisch von Vorteil. Eine Wo-
akzeptieren. che.
Kontakt: James Beckworth Kontakt: Mr. Johnson
<Ja>/<Ignorieren> <Ja>/<Ignorieren>

Inzwischen ist die Abteilung für Drogenbekämpfung bei
Interpol durch Auswertung der Informationen von einge-
schleusten Beamten in Syndikaten und Erkenntnissen aller
Behörden, die mit dem Drogenschmuggel befasst sind, zur
Erkenntnis gelangt, dass die weltweite Einführung der Dro-
ge einem Muster folgt, das vom „Produzenten“ oder „Haupt-
verteiler“ (im Folgenden als „Quelle“ bezeichnet) bewusst
verschleiert wurde.
Im Gegensatz zu früheren Analysen ist nun davon auszu-
gehen, dass es nur eine Quelle gibt, die alle großen Metro-
plexe versorgt. Die Quelle scheint die örtlichen Kriminellen
und Drogenhändler (die sekundären und tertiären Verteiler)
sowie die verschiedenen Syndikate mit reinem, raffiniertem
Tempo derselben Zusammensetzung zu versorgen. Zurzeit
scheint jede größere kriminelle Organisation (zumindest
zum Teil) in Handel und Verteilung von Tempo in verschie-
denen Teilen der Welt verwickelt zu sein. Dennoch blieb es
unmöglich, durch Auswertung der logistischen Daten den
Ursprung festzustellen.
Obwohl eine Fülle an forensischen Laboren daran arbei-
tet, den Ursprung der Droge durch ihre Zusammensetzung
und chemische Spurenelemente zu bestimmen, blieb die
entscheidende Hürde die Beschaffung einer Probe der rei-
nen Droge. Wir glauben, die Verarbeitung zur Anwendbar-
keit (z.B. durch Patches, Injektion, Inhalation) wurde lokal
durchgeführt, was das frühe Erkennen des Problems weiter
erschwerte. Unseren Quellen zufolge scheint die Droge lo-
kal vor der Verteilung verschnitten und weiterverarbeitet zu
werden, um den Profit zu erhöhen. Dieser Vorgang hat den
Ursprung weiter verschleiert.

36 GEISTERKARTELLE
 Auf der Basis von Proben, die von nationalen Exekutiv-
behörden bei Razzien in Neo-Tokio im April, in Seattle im
Mai und Deutschland in diesem Monat beschafft wurden
und beinahe zu 100 % chemisch identisch waren, kann als
sicher angenommen werden, dass die Droge tatsächlich aus
einer einzigen gemeinsamen Quelle stammt. Aufgrund der
chemischen Zusammensetzung und mikroskopischer Men-
gen an Spurenelementen gehen wir im Moment von einem
südamerikanischen Ursprung aus.
Bisher konnte rekonstruiert werden, dass die Quelle so-
genannte „Kostproben“ weltweit an einige Zwischenhändler
in Metroplexen geschickt hat – vor allem an große Um-
schlagplätze und Handelshäfen. Unsere gegenwärtige Schät-
zung veranschlagt die Menge in einer Größenordnung von
zumindest zwei Kilogramm (möglicherweise mehr), im Wert
von etwa 100.000 Nuyen. Diese Kostproben ermöglichten
den örtlichen sekundären und tertiären Verteilern, die Dro-
ge in der lokalen Szene einzuführen und ohne Wissen der
Behörden einen „Probelauf“ zu veranstalten. Zudem konn-
ten die kleineren kriminellen Organisationen damit weitere
Einkäufe finanzieren. Das Aufbrauchen dieser ersten Bestän-
de könnte den weltweiten Preisanstieg erklären, den wir im
späten April und Mai registrierten.
Wir haben versucht, die Vorkommnisse auf den ver-
schiedenen Kontinenten zu ihrem Ursprung zu verfolgen,
was sich als extrem schwierig erwies. Ein vielversprechen-
der Ansatz war die Überprüfung des Reiseverkehrs zwischen
den hauptsächlichen Verteilungszentren (siehe unten), der
in den Monaten nach dem ersten Vorkommen stattfand, auf
bekannte Gestalten der lateinamerikanischen Drogenkrimi-
nalität.
Es scheint erwiesen, dass Seattle und Los Angeles die
Hauptverteilungszentren für die amerikanische Westküste
und die NAN waren. In dieser Region ist die Droge zurzeit
auch am weitesten verbreitet. Sie hat wie ein Virus die meis-
ten Sprawls infiziert und ist dabei langsam landeinwärts vor-
gedrungen. Die laxe Gesetzgebung der NAN in Bezug auf
pflanzliche Verbindungen hat zudem eine quasi-legale Ver-
breitung auf neue Märkte gefördert.
Die folgende Verbreitung entlang der Ostküste Nord-
amerikas, in den CAS und der Karibischen Liga scheint ihre
Epizentren in New Orleans, Miami und New Jersey zu ha-
ben. Bemerkenswert ist, dass die Verteiler sich nicht nur auf
Unterweltverbindungen zur Verteilung von Tempo entlang
der Ostküste verließen, sondern auch weniger bedeutende
Geschäftsleute und Konzerne instrumentalisierten. Die re-
gelmäßige Versorgung mit Tempo hat sich inzwischen land-
einwärts bis Gary, St. Louis und Cheyenne ausgebreitet.
Im Süden ergibt die mangelnde Kooperation mit den Be-
hörden der Karibischen Liga eine Lücke in der Aufklärung
der Region. Aztechnology hat zwar den Willen zur Zusam-
menarbeit bekundet, doch die Behörden von Aztlan sind
bezüglich genauer Zahlen sehr verschlossen.
Ein weiteres Zentrum scheint sich im Nahen Osten zu
befinden, möglicherweise in Kairo oder Istanbul. Tempo hat
sich von dort aus sowohl nach Griechenland und auf den
Balkan als auch entlang der Küstenstädte der Arabischen
Konföderation verbreitet.
Europa scheint eine bemerkenswerte Ausnahme zu sein.
Zunächst wurde Europa mit der Droge von Norden her
überflutet – vor allem durch skandinavische Viking-Gangs,
die Dutch Penose und Akula (abtrünnige russische U-Boot-
Besatzungen aus Kronstadt, siehe Bericht 345122-23). Doch
der europäische Verteiler löste im Mittelmeerraum feindliche
Reaktionen der Syndikate, vor allem der allgegenwärtigen
Mafia und ihrer Unterorganisationen, aus. (siehe Organi-
gramm 727468-a00 über die aktuelle Zusammensetzung der
Mafiafamilien.) Unseres Wissens haben die albanischen Fa-
GEISTERKARTELLE
Die Alta Commissione ist eine Körperschaft der europä-
ischen Mafia, die zwischen den Syndikaten vermittelt und
deren Umgang miteinander regelt. Jedes wichtige Syndikat
hat einen Sitz inne: die sizilianische Cosa Nostra, die ne-
apolitanische Camorra, die kalabrische N’drangheta, die
EIN NEUER KICK
Sacra Corona Unita, das Milieu aus Marseille, die spanische
Vasquez-Organisation, die Korsen und die türkische Maffiya
der Grauen Wölfe. Die Commissione wirkt auf eine Zusam-
menarbeit aller Mitgliedssyndikate gegen äußere Einflüsse
fremder Syndikate (Vory v Zakone Yakuza, Triaden) hin
und verhandelt (und entscheidet manchmal) Konflikte zwi-
schen den Syndikaten, wenn sie den italienischen Mob als
Ganzes bedrohen.
res und die arabische Al-Akhirah Aswad Mayid ein Geschäft
mit der Quelle gemacht, von dem sie sich versprachen, aus
dem Schatten der großen Syndikate treten und an Macht ge-
winnen zu können. Anscheinend hat aber der italienische
Mob davon Wind bekommen (vielleicht wegen des unerwar-
teten Verschiebens der Machtverhältnisse im Milieu von Mar-
seille), was zu Vergeltungsmaßnahmen der gesamten Mafia,
vor allem durch die Fratellanza, den ausführenden Arm der
Alta Commissione, führte.
Es gab mehrere gewaltsame Zusammenstöße zwischen
Truppen der Fratellanza und Mitgliedern beider Gruppen
in Lissabon, Marseille, GeMiTo, Triest und Barcelona, wo
Tempo in größeren Mengen zur Weiterverteilung nach Süd-
europa gebracht worden sein soll. Soweit uns bekannt ist,
überwacht die Mafia alle wichtigen Transport- und Schmug-
gelrouten nach Südeuropa (mit Schiff, Flugzeug, auf Straße
oder Schiene).
Agenten und spezielle Suchhunde, die in den letzten
zwei Wochen auf Tempo abgerichtet wurden, sind in alle
großen Metroplexe der Welt entsandt worden, um mit den
nationalen Behörden bei der Eindämmung des Eindringens
von Tempo in alle wichtigen Städte zusammenzuarbeiten,
und die Route zur Quelle zurückzuverfolgen.
// Attachment Ende//
// Newsclip Upload :: User Slamm-0!
MATRIXHANDEL MIT TEMPO
WIRD ZU WACHSENDEM PROBLEM
The Washington Post, Online-Ausgabe [Ind] – 07/06/71
Die Allgegenwart der Information und die Mobilität, die
durch die kabellose Matrix ermöglicht wurden, waren ein
Segen für die Wirtschaft nach dem Crash 2.0. Aber auch völ-
lig neue Betätigungsfelder für kriminelle Energie taten sich
auf – als neuester und beunruhigendster Aspekt die Mög-
lichkeit, illegale und reglementierte Substanzen über beina-
he unauffindbare Temporärknoten zu vertreiben.
Dieses Vorgehen ist der Exekutive und den Kontrollbe-
hörden als Methode des Kaufs und Downloads von illega-
len BTLs bekannt. Das jüngste Aufkommen der Verbreitung
von chemischen Drogen aber hat, besonders bei der Dro-
ge Tempo, eine ohnedies schwierige Gesetzeslage weiter
kompliziert. Viele dieser Verbreitungs-Sites ermöglichen
das legale Bestellen von Drogen aus Gebieten, in denen
diese nicht illegal sind. Gemäß CCMA und GOD haben die
Behörden weltweit etwa 1,5 Millionen Knoten identifiziert,
die sowohl illegale Substanzen, vor allem Tempo, als auch
legale Pharmazeutika und andere chemische Verbindungen
anbieten.
37
 //Memorandum von Saeder-Krupp Prime
//zur weltweiten Verteilung an alle Konzernbürger, (Zeit)
arbeiter oder Angestellte von Zulieferern und Familienmit-
glieder
//in allen Sprachen zugänglich zu machen
EIN NEUER KICK
//hohe Priorität
!WICHTIGE DROGENWARNUNG
BEZÜGLICH TEMPO!
Es kann sein, dass einige Personen Ihnen eine neue Substanz
namens Tempo angeboten, angepriesen oder verkauft haben.
Die Substanz (die auch unter dem Namen „Flipside“ und ande-
ren Namen bekannt ist, siehe hier) soll ein Wundermittel mit er-
staunlichen Effekten sein, das nicht gefährlicher als Alkohol oder
Schmerzmittel ist.
In Wahrheit ist Tempo eine hochgradig suchterzeugende und
gefährliche Biotechnologische Erwachte Droge (Bio-engineered
Awakened Drug; BAD), die ernsthafte Nebenwirkungen hat – von
bloßer Desorientierung bis hin zu Halluzinationen.
Was Sie wissen MÜSSEN:
 Egal, wie verlockend es sein mag, in den Astralraum zu blicken,
nehmen Sie die Droge NICHT!
 Lassen Sie sich NICHT von den falschen Versprechungen blen-
den, die Ihnen gemacht werden! Die Droge wird Ihr Leben
zerstören!
 Es ist KEINE „leichte Partydroge“, egal, was die Leute Sie glau-
ben machen wollen!
 Nehmen Sie die Droge NICHT, nur weil Ihre Freunde, Familie
oder Bekannte das tun!
Die Händler verstecken sich online hinter falschen Identi-
täten, machen in öffentlichen Knoten Werbung für die Droge
und stellen dem gewöhnlichen Matrixbenutzer ihre „wunder-
baren“ Wirkungen vor. Nach Berichten der FDA sind beson-
ders Jugendliche und junge Erwachsene für dieses Vorgehen
empfänglich. Dies ist die zweithäufigste Art von „Kostproben“
bei Tempo. Der Ruf von Tempo, magische Fähigkeiten und
kurze „astrale Einblicke“ zu ermöglichen, ist die wichtigste Ver-
lockung für Teenager und junge Erwachsene, was durch die
Verehrung von Magiern oder Erwachten Charakteren wie Suki
Red-Flower in Trideo-Unterhaltungssendungen verstärkt wird.
Die Drogendealer in der Matrix fädeln Verkäufe für Neu-
gierige und schwer Süchtige in harmlos wirkenden Nischen-
Chats oder Foren ein, die nicht von Suchroutinen erfasst
werden und von der Mundpropaganda der Kunden abhän-
gen. Noch bedenklicher ist, dass viele Dealer die Kunden
täuschen, indem sie erklären, wie man die Droge benutzt,
und behaupten, diese sei bei richtigem Gebrauch (gemäß
der mitgelieferten Instruktionen) für den Konsumenten un-
gefährlich. Die Drogen werden dann an den Kunden in dis-
kreten und beinahe unentdeckbaren Paketen durch Kuriere
oder unverdächtige Drohnen geliefert.
//Attachment Ende//
//Trash/temporäre Dateien/rekonstruiert//
//Einloggen in Verborgenes Netzwerk
//Übertragung Zugangscode ...
//Zugriff gewährt, Verbinden mit Magick Undernet
//verbunden
//Zugriff auf privaten Chatknoten
3 User online (Ethernaut, Immortelle, DeltaQueen)
User Ratchet tritt dem Chat bei
38 GEISTERKARTELLE
Wir von Saeder-Krupp sind besorgt und bringen gegenüber
allen in unserer Familie und uns Nahestehenden, deren Ver-
wandte unter dem Missbrauch von Tempo oder anderen Drogen
leiden, unser Mitgefühl zum Ausdruck.
Seien Sie gewiss:
 Es ist ein Verbrechen, Drogen in Umlauf zu bringen, und
dieses Verbrechen wird bestraft!
Im Kampf gegen die aufkommende Bedrohung durch Tempo
in den Gebieten der Megakonzerne brauchen wir Ihre Hilfe und
Unterstützung unserer und der nationalen Sicherheitsbehörden.
Wenn Sie also Sorgen – allgemeiner oder spezifischer Natur
– wegen Drogenkriminalität in Ihrer Arkologie, an Ihrem Arbeits-
platz, in Ihrer Nachbarschaft oder ihren Lieblingslokalen haben,
können Sie Ihren lokalen Repräsentanten zur Verbrechensverhin-
derung von S-K Prime kontaktieren. <Klicken Sie Hier>
Wenn Sie Hilfe brauchen, weil Sie selbst die Droge nehmen,
kontaktieren Sie bitte Ihren Psychologischen Helfer des Konzerns
in Ihrem lokalen S-K-Knoten. Man wird Ihnen die nötige Hilfe
leisten. Seien Sie versichert: Wir lassen Sie nicht alleine!
S-K-Bürger und Arbeitnehmer, die Auswirkungen von Dro-
genmissbrauch in ihrem Familienleben erleiden, und solche, die
bereits ähnliche Probleme mit Hilfe unseres Drogenberatungs-
programms überwunden haben, finden ein weltweites Forum, in
dem die Bürger ihre Erfahrungen vermitteln und sich darüber
austauschen können. <Klicken Sie Hier>
Saeder-Krupp – Immer an Ihrer Seite
[Ratchet] Verdammt!
[Immortelle] Hey Ratch, was ist los?
[Ethernaut] Hey.
[Ratchet] Bin fast von einem Punk ausgeraubt worden, als
ich über den Campus der U-Dub ging. Hat mir eine Spiel-
zeugknarre vors Gesicht gehalten und wollte mein Geld.
Der war sicher auf Tempo, mit leerem Blick, ausgemergelt
und seltsam emotionslos. Die kann man heutzutage leicht
erkennen.
[DeltaQueen] Lass mich raten, Süßer: Du hast ihn auf sein
Fehlverhalten hingewiesen? <grins>
[Immortelle] <Nicken> So könnte man es sagen.
[Ratchet] Habe ihm einen Blitz aufgebrannt, ihn aber nicht
getötet.
[Ratchet] Zuerst waren es nur Leute in Clubs, die vor sich
hin gelächelt haben, wenn sie den Astralraum sahen, mit
aufgerissenen Augen und Mündern wie Kinder im Süßwa-
renladen. Es war auf seltsame Weise niedlich. Aber jetzt?
Seht euch beliebige Nachrichten-Blogs an. Auf jedem Kanal
gibt es Drogenkriminalität oder Werbung für Hotlines zur
Drogenberatung. Man kann nicht über die Straße gehen, oh-
ne zu befürchten, dass dich jemand wegen Geld für Drogen
überfällt. Versteht mich nicht falsch: Aus Redmond bin ich
das gewöhnt, aber nicht aus Downtown und Bellevue.
[Immortelle] Ich glaube, das fühlt sich für die meisten von
uns noch seltsamer an, weil wir schon seit Jahren Erwacht
sind. Vielleicht habe ich beim ersten Blick auf die Geister-
welt auch so ausgesehen. Ich weiß es nicht.
[Ratchet] Es sind nicht nur die kurzen Bilder vom Astral-
raum, die sie faszinieren – obwohl das ganze Gefühl von
Magie sehr anziehend ist. Flipside erhöht die Empathie und
intensiviert den emotionalen Output. Es wird als perfekte
 JACKPOINT JOB-BÖRSE
30 Jobs erfüllen Ihre Kriterien. Auflistung 1-5
Art: Informationsbeschaffung
Gehaltsklasse: ¥¥, Verhandelbar
Ort: Hamburg
Beschreibung: Informationen sammeln, wer in den Clubs von
Hamburg-Mitte mit Tempo dealt und wer die Großhändler
sind. Kein enger Kontakt erforderlich. Attraktive Entloh-
nung.
Voraussetzung/Zeithorizont: Überwachungsspezialisten bevor-
zugt. Diskretion essenziell. Keine Süchtigen.
Kontakt: Medic
<Ja>/<Ignorieren>
Art: Schutz
Gehaltsklasse: ¥¥¥, Verhandelbar
Ort: Seattle, Hafengegend von Tacoma
Beschreibung: Schutzaufgaben (Matrix, astral, physisch) bei
Eskorte einer besonderen Lieferung (inklusive Schutz der
Lieferanten) an Zielort innerhalb der Stadtgrenze. Störungen
wahrscheinlich. Bewaffnete und gepanzerte Fahrzeuge vor-
handen. Großzügige Entlohnung.
Voraussetzung/Zeithorizont: Beginnend in 24 Stunden. Auf-
tragnehmer sollen sich bereithalten und innerhalb von ma-
ximal 10 Minuten vor Ort sein.
Kontakt: Mr. Johnson
<Ja>/<Ignorieren>
Partydroge gehandelt, aber ich habe auch schon gehört, dass
Anzugträger sich damit einen Vorteil verschaffen wollen.
[DeltaQueen] Es sind eindeutig nicht nur Clubbesucher,
die auf Tempo abfahren. Im French Quarter haben ein paar
Bordelle es auf ihre Liste der „Leistungsverbesserer“ gesetzt.
Fragt nicht. Ihr wollt es nicht wissen ...
[Ethernaut] Ich verstehe, wenn in einem Club die Hormo-
ne tanzen, wenn die Musik dröhnt und die Körper sich win-
den, aber in einem Bordell hätte ich nicht so viel Emotion
erwartet, die man verstärken könnte ...
[DeltaQueen] So wie ich es verstehe, Schätzchen, können
die Beteiligten, wenn sie Tempo nehmen, eine Art Feedback-
schleife lostreten, sogar wenn ein Teil nicht so in Stimmung
ist – du weißt, worauf ich hinauswill.
[Ratchet] Eine Vergewaltigung bei der Verabredung?
[DeltaQueen] Kann sein. Aber denkt daran, dass es auch
schlechte Emotionen verstärkt. Jedenfalls riecht das wirklich
nach schlechtem Mojo. Ich habe ein Gespür für solche Sa-
chen.
[Ratchet] Also, hier in Seattle bringt es sicher viel durchein-
ander. Die Kleinkriminalität nimmt zu. Aber es kommt noch
schlimmer. Die Kämpfe zwischen dem Mob, den Yaks und
den Ringen geraten außer Kontrolle, und die Straßen triefen
vor Blut. Der Shotozumi-rengo wird mächtig gebeutelt.
[Ethernaut] Da muss ich zustimmen. Die „Tempo-Krise“,
wie die Experten sie nennen, eskaliert. Ist schön, Joey D.
wieder in Aktion zu sehen, wie sie Brackhaven wegen der
versprochenen Reformen traktiert.
[Ratchet] Der Dödel tut mir fast leid ... fast. Die ganze Sache
mit Tiffany B. muss sehr peinlich sein <grins>.
[Ethernaut] Ich habe mich mit Freunden in der Branche
unterhalten, die diese Sache genauer als ich verfolgt haben,
und die machen sich Sorgen. BADs sind nicht neu, es gibt sie
schon eine Weile, aber allein die Masse, die umgesetzt wird,
ist schon erstaunlich. Ein Freund erzählte mir, dass BADs nur
GEISTERKARTELLE
Art: Extraktion
Gehaltsklasse: ¥¥
Ort: Renton, Seattle
Beschreibung: Team gesucht zur Auffindung und Abholung eines
vermissten Teenagers (18). Soll von Sekte entführt sein.
EIN NEUER KICK
Voraussetzung/Zeithorizont: Sofort.
Kontakt: Mr. Johnson
<Ja>/<Ignorieren>
Art: Abfangen
Gehaltsklasse: ¥¥
Ort: Redmond/ Salish-Shidhe Council
Beschreibung: Eine Ladung verbotener Substanzen abfangen.
Kleiner Konvoi, gut bewaffnet. Ziel: Cascades.
Voraussetzung/Zeithorizont: 48 Stunden.
Kontakt: Caine
<Ja>/<Ignorieren>
Art: Einschüchterung
Gehaltsklasse: ¥¥
Ort: Renton und Tacoma
Beschreibung: Brandstiftung und Verwüstung von Besitz, wei-
che Ziele, mittlere Sicherheit. Rücksichtsloses Vorgehen wird
erwartet.
Voraussetzung/Zeithorizont: 72 Stunden. Keine Mafia-Verbin-
dungen.
Kontakt: Michiko Kano
<Ja>/<Ignorieren>
deshalb nicht massentauglich sind, weil sie schwierig herzu-
stellen sind, aber bei Tempo scheint es, als gäbe es keinen
Sprawl, in dem es nicht vorkommt. Und es gibt anscheinend
keinen Unterschied durch Herkunft, Rasse oder gesellschaft-
liche Stellung. Universitätsprofessoren, Konzernangehörige
und Politiker – alle ziehen sich das Zeug rein. Leute geben
ihren Lohn für Tempo aus, verkaufen ihren Besitz, verlieren
ihre Jobs ...
[DeltaQueen] Werden SINlos. Die Mobster hier in der sorg-
losen Stadt gleichen verlorene Einnahmequellen aus, indem
sie SINs von Süchtigen kaufen. Wer einmal drin ist, kommt
schwer wieder raus.
[Immortelle] Und auch Magier sind nicht immun gegen ein
bisschen Sucht.
[Ethernaut] Stimmt. Ich weiß nicht, was an diesem Tempo-
Mist mir nahe geht. Vielleicht weil es die Begabung billig
macht ...
[DeltaQueen] Kann mir vorstellen, dass du das in den fal-
schen Hals kriegst.
[Ratchet] Aber denkt an die fetten Schattengeschäfte, die
das alles einbringt.
[Immortelle] Ich will niemandem den Spaß verderben,
aber ihr solltet hinter die Glitzerfassade schauen. Ich habe
schon eine meiner Connections an die Droge verloren ...
und ich kenne mindestens ein Dutzend Leute in den Schat-
ten, die Flipside nehmen. Wollt ihr euch darauf verlassen,
dass ein Süchtiger euch den Rücken deckt, eure Ausrüstung
sichert und euch nicht übers Ohr haut? Ich nicht. Und der
Irrsinn, der jetzt zwischen den Syndikaten läuft? Gewaltsame
Zusammenstöße, Schießereien, Brandstiftung ... Ich glaube
nicht, dass die Bullen sich noch lange raushalten.
[DeltaQueen] Zerbrich dir nicht dein hübsches Köpfchen.
Die haben genug mit den Symptomen zu tun. Bewaffnete
Überfälle, Raub, Diebstahl, Prostitution. Und der Entzug von
Tempo macht die Leute offenbar aggressiv. Ich bin sicher,
39
 die Kappenträger haben mehr als genug zu tun, um sich mit
meiner Wenigkeit zu befassen.
[Ratchet] <Nicken> Kommt noch so weit, dass man keine
paar Stunden schlafen kann, ohne dass einen die Sirenen
vom Star aufwecken. Die Beamten sind überarbeitet und
nervös. Nicht dass die Bullen immun wären gegen die Ver-
suchung ... ein kleines Vögelchen hat mir gezwitschert, dass
EIN NEUER KICK
gestern fünf Kilo reines Tempo aus der Asservatenkammer
verschwunden sind. So etwas gibt einem den Glauben ans
System zurück.
//Chat geschlossen//
//Ende Temporärdatei//
//Archiv/geschlossene Threads/rekonstruiert//
BLUTBAD IN L.A.
> Hey, wichtige Neuigkeiten aus L.A. Das kommt frisch aus dem
Netzwerk und wurde mir von meinem Freund Doc geschickt. An-
scheinend ist es vor ein paar Minuten über die Kanäle gekommen
– von einem „ungenannten“ Pueblo-Bullen auf Pito. Doc sagt,
in der Sunken City gehen Gerüchte, Trevor Pippen ließe sich von
jemandem bestechen und sie verdächtigt worden, Informationen
zu den Medien durchsickern zu lassen ...
> FastJack
//Upload Attachment Uniformat ::
:: User FastJack :: 09/11/71//
VORLÄUFIGER BERICHT, DATEI 711211-0624-LMW
Aufzeichnende Beamtin: Leutnant Lillian Windfeather
Ort: Baltimore Towers, Los Angeles
Zusammenfassung des Vorfalls:
Um 8:15 wurde die Pueblo Corporate Council Police (PCCP)
von der ACPS in Downtown informiert, dass mehrere Ver-
dächtige eines oder mehrerer unbekannter Verbrechen die
Baltimore Towers verließen. Zwei Minuten 31 Sekunden spä-
ter berichtete ACPS von nicht registrierten Fluggeräten, die
sich dem Dach der Baltimore Towers näherten. Etwa fünfzig
Sekunden später setzte das Sicherheitspersonal der Balti-
more Towers einen Notruf an das Zentrale Verwaltungszen-
trum ab. ACPS hatte bereits ein kleines Vier-Personen-Team
an den Schauplatz in Bewegung gesetzt und die Verdächti-
gen durch Sensoren und Flugdrohnen überwacht (Details
der ACPS-Daten in Datei 711211-0625-lmw). Eine Abteilung
Sicherheitstruppen des Pueblo wurde sofort zu den Balti-
more Towers geschickt. Ebenso wurde die Hausverwaltung
in Kenntnis gesetzt. Gemäß den Gesetzen des Pueblo wurde
magisches Sicherheitspersonal entsandt, um den Vorfall bei
den Baltimore Towers zu untersuchen, und eine Abteilung
Sicherheitshacker verschaffte sich Zugang zum Netzwerk der
Baltimore Towers. Diese haben keinen extraterritorialen Sta-
tus, daher hatte die PCCP volle Zugriffsrechte und die Verfah-
renshoheit bei der Untersuchung. Mehrere Knotenpunkte
der ACPS in der Nachbarschaft der Baltimore Towers wurden
gleichzeitig beschädigt – erste kriminaltechnische Analysen
legen eine höchst illegale Attacke mit HERF-Pistolen nahe,
obwohl zuvor keine Waffen in der Nähe bemerkt wurden.
Das magische Sicherheitspersonal berichtete sofort, dass die
Hüter der oberen Stockwerke unberührt waren, jedoch ein
Toter im Sicherheitszentrum zu finden war und sich mehrere
bewaffnete Eindringlinge am Tatort befanden. Die Erlaubnis
zum Durchschreiten der Hüter wurde erteilt. Die Sicher-
heitshacker, die mit der CPC in Verbindung standen, teilten
mit, dass das zentrale Netzwerk zum Absturz gebracht wor-
den war und sich in der Neustartphase befand; das Matrix-
40 GEISTERKARTELLE
Personal der Baltimore Towers war nicht mehr am Netzwerk
angemeldet. Auf Basis der Berichte wurde SWAT versammelt
und an den Tatort geschickt.
Anmerkung: Die Reaktionszeit des magischen Personals be-
trug 2 Minuten 35 Sekunden. Die Reaktionszeit des Matrix-
Personals betrug 2 Minuten 45 Sekunden. Die Reaktionszeit
des ersten Eingreif-Teams betrug 5 Minuten 8 Sekunden; SWAT
traf binnen 12 Minuten 35 Sekunden nach Aktivierung am
Tatort (innerhalb des vorgeschriebenen Zeitrahmens) ein.
SWAT konnte das Gebäude ohne Vorkommnisse sichern. Der
erste Ermittler am Tatort verständigte Leutnant Windfeather
vom Morddezernat, die als Erste den Tatort im Penthouse
betrat. Captain Trevor Pippen, zur Speziellen Einsatzgrup-
pe der Behörde für Regulierung von Pharmaprodukten und
Drogen abkommandiert, traf als Zweiter ein.
PCCP-Protokoll (transkribiert), 71-09-11 21:07 Uhr
ID 3498-373-97 (RT) – Lillian, ich brauche sofort eine Zu-
sammenfassung. Gouverneur Escalante ist auf dem Weg ins
Büro des Chiefs, und ich habe 15 Minuten, um dort einen
vollständigen Bericht abzuliefern.
ID 3937-200-36 (LW) – Eine Schweinerei, Captain. Eine Rie-
senschweinerei. Ich glaube, Sie sollten gleich herkommen.
RT– Damit mir der Gouverneur durch einen Tatort trampelt?
Sicher nicht. Sagen Sie mir einfach, was Sie bis jetzt wissen.
LW– Bis jetzt fünfzehn Leichen. Vierzehn im Speiseraum des
Nordturms, und der Sicherheits-Spinne hat es das Gehirn
geröstet. Ein abgestürztes Netzwerk, Sicherheitskameras
ohne Aufnahmen, und keine Zeugen. Und das Arschloch
Pippen tanzt hier rum und versucht, die Zuständigkeit an
sich zu reißen.
RT– Pippen? Was zum Teufel macht der hier?
LW– Die Spurensicherung hat einen Vorrat an Tempo in ei-
nem behelfsmäßigen Labor im Penthouse des Südturms ge-
funden.
RT– Was? Ein Tempo-Labor? In den Towers?
LW– Es kommt noch besser: Pippen hat drei der Leichen
vorläufig identifiziert. Einen Manuel Tamayo, Kopf des An-
denkartells, Oscar Callente vom Morales-Kartell und Maria
Sacristán vom Olaya-Kartell. Whitmore hat sich fast in die
Hosen gemacht. Es laufen schon Wetten, wie lange es dau-
ert, bis Interpol hier ankommt. Sieht aus, als hätten die An-
greifer ein gemütliches Arbeitsessen zwischen einigen der
größten Drogenbarone Südamerikas gestört. Bis jetzt sind
die anderen Toten noch nicht identifiziert. Wegen ihrer Klei-
dung und Waffen würde ich schätzen, dass neun von ihnen
wohl Bodyguards waren.
RT– Ich rede mit dem Chief ... [Pause] ... wir sind in zehn
Minuten dort. Was war dort noch los, Lillian?
LW– Ich muss erst den Planungskoordinator der Tow-
ers finden, aber die Sicherheitsleute vor Ort sagen, ein
Geschäftskonglomerat aus Lateinamerika habe die drei
Penthouse-Suiten für die Woche von 9. bis 13. Dezember
reserviert. Der Name des Konzerns war Tradex. Ich lasse In-
formationen über den Konzern einholen, aber ich habe das
Gefühl, dabei wird nichts herauskommen.
//Archiv/News/rekonstruiert//
AFRIKANISCHES TEMPO: EIN ANDERER TAKT
Meldung der London Times [Regency] – 08/04/71
NAIROBI, Kenia: Amakuru Mwangu, ein Würdenträger und Fürst
des Luhya-Stammes, wurde gestern vorübergehend festgenom-
men, als er am Nairobi International Spaceport aus Lagos ankam.
Hundeführer des Sicherheitspersonals stoppten den einfluss-
reichen Stammesführer und bestanden darauf, ihn und sein Ge-
päck zu durchsuchen, nachdem ihn drei der Tiere als potenziellen
Verdächtigen identifiziert hatten. Die Untersuchung des Gepäcks
ergab sieben Kilogramm Khat, das mit Tempo vermischt war, was
nach Mwangus Aussage nur dem Freizeitgebrauch diente. Tempo
wird fast immer stark gepanscht, bevor es in Afrika ankommt. Die
örtlichen Drogendealer mischen es mit dem pflanzlichen Stimu-
lans Khat, was eine Haschisch-ähnliche Substanz namens „wan-
ga“ ergibt. Mwangu durfte weiter reisen, nachdem er eine kleine
Geldstrafe gezahlt hatte, weil er das Material nicht ordnungsge-
mäß verpackt hatte.
DROGENRAZZIA IN SECHS APOTHEKEN
Keimzeit Beepscream Ticker [RNN] – 08/07/71
NORDRHEIN-RUHR, ADL: Sechs deutsche Apotheken im Nordr-
hein-Ruhr-Megaplex wurden gestern von 70 Polizeibeamten des
Landeskriminalamts, der Zollbehörde und der Saeder-Krupp-Kon-
zernwachen durchsucht. Die Verdächtigen, sechs Apotheker und
ein Angestellter, sollen die raffinierte und vorverarbeitete Droge
einem noch unbekannten Händler innerhalb des Megaplexes ge-
liefert haben. „Die konfiszierten zwölf Kilo rohen Tempos sind
genug, die gesamte Drogenszene des Metroplexes eine Woche
lang zu versorgen“, sagte ein Beobachter des LKA. Die Präsenz
bewaffneter Repräsentanten des AAA-Riesen Saeder-Krupp hat zu
Spekulationen Anlass gegeben, Angestellte des Konzerns seien
in diese Angelegenheit verwickelt, doch Essen dementiert jede
Verbindung. [Mehr]
BERÜHMTER MALER VON DROGENSÜCHTIGEM GETÖTET
New York Post, Online-Ausgabe – 09/05/71
NEW YORK, UCAS: Gestern wurde William Ferguson, der be-
rühmteste Künstler des Big Apple, bei einem brutalen Überfall
auf sein Studio in Lower Manhattan ermordet. Laut NYPD, Inc.
schoss der süchtige Verbrecher zweimal auf den Maler, als dieser
sich weigerte, seine Vorräte an Tempo herauszugeben. Daraufhin
zündete der Verdächtige das Studio an, bevor die Sicherheitsleute
eingreifen konnten, und zerstörte dadurch die gerade in Arbeit
befindlichen Werke des Künstlers. Dieser Vorfall hat die Diskus-
sion über schärfere Maßnahmen gegen die Tempo-Händler (und
Drogen im Allgemeinen) weiter angeheizt. Laut NYPD wird die
Polizei ihre Anstrengungen vervielfachen, um den Handel mit der
Droge in NYC zu unterbinden, da sie „nicht nur für Chipheads
und Junkies auf den Straßen, sondern für jeden aufrechten Bür-
ger eine Gefahr darstellt.“ [Mehr]
BLUTBAD IN DOWNTOWN
Sunview-Media-Sendung [HRZ] – 09/12/71
LOS ANGELES, PCC: Das gestrige Massaker in den Baltimore
Towers hat Gouverneur Escalantes Sessel zum Schleudersitz
gemacht. Anti-Drogen-Gruppen haben einige peinliche Fragen
gestellt – etwa, wie die mächtigen und korrupten südamerika-
GEISTERKARTELLE
nischen Drogenbarone ein Treffen in den bekannten neu er-
richteten Baltimore Towers arrangieren konnten. Eine anonyme
Quelle hat bestätigt, dass Gouverneur Escalante einen Anteil von
3 % an dem Gebäude hält. Quellen innerhalb der gebeutelten Pu-
EIN NEUER KICK
eblo Drug Enforcement Agency haben auch bestätigt, dass ein voll
ausgestattetes Tempo-Labor im obersten Stockwerk eingerichtet
war. Protestkundgebungen vor dem Rathaus haben den Rücktritt
des Gouverneurs verlangt. Wird dessen Popularität durch diesen
Skandal in Verbindung mit der steigenden Straßenkriminalität
endgültig in sich zusammenstürzen?
Ein Kommentar von Gouverneur Escalante, der heute Mor-
gen um 3 Uhr von seiner Pressestelle abgegeben wurde: „Die
Gewaltverbrechen der letzten Nacht in den Baltimore Towers
sind als Ergebnis der inneren Kämpfe unter gefährlichen Dro-
genbaronen zu werten. Fünfzehn Leute wurden kaltblütig er-
mordet, einschließlich einer heldenhaften Wache der Towers. Die
Verantwortlichen für seinen Tod und für den Tod von vierzehn
unidentifizierten weiteren Personen sind flüchtig. Bilder dieser
Kriminellen werden sofort nach meiner Botschaft übertragen.
Ich habe eine Belohnung von 50.000 Nuyen für Informationen,
die zur Festnahme dieser Individuen führen, aussetzen lassen.
Diese Kriminellen sind gefährlich und wahrscheinlich bewaffnet.
Versuchen Sie nicht, sich ihnen zu nähern. Verständigen Sie die
PCCP, wenn Sie sie sehen oder andere Informationen bekom-
men.“ [Mehr]
BLAUE ROSEN VON DER SCHULE VERBANNT
PTA-Newsletter des Los Angeles Unified School District [Ho-
rizon] – 08/02/71
LOS ANGELES, PCC: Nach Konsultationen mit den Vertretern von
Edgewalker Pharmaceuticals und der Drogenabteilung der Pue-
blo Council Security Force hat die PTA einstimmig beschlossen,
Verkauf und Besitz der Tattoo-Sticker „Blue Rose“ im Los Angeles
Unified School District zu verbieten. Diese Sticker enthalten of-
fenbar eine möglicherweise suchtmittelartige Substanz, die noch
nicht von der Pharmacological and Substance Regulation Autho-
rity freigegeben wurde. Besitz oder Gebrauch durch Schüler, Leh-
rer oder Angestellte wird mit einer Suspendierung von bis zu sie-
ben Jahren (im Fall der Mitarbeiter ohne Bezahlung) geahndet.
Der Verkauf führt zu Ausschluss oder Entlassung. [Mehr]
OVERSIGHT BOARD KÜNDIGT AKTION „NULL TOLERANZ“ AN.
News at 9 [BBCWorld] – 10/10/71
LONDON, UK: Sir Colin Woolsey, Sprecher des Oversight Board,
hat Gerüchte bestätigt, wonach in London, Birmingham, Mersey-
sprawl und Scotsprawl gerade Massenverhaftungen durch die Po-
lizei und Beamte des Oversight Board durchgeführt werden. Laut
Sir Woolsey ist das Ziel die „Ausrottung der Wurzeln des Übels,
das das Land von innen und außen bedroht.“ Insider fürchten,
die Antidrogen-Kampagne „Null Toleranz“ sei nur ein verstecktes
Vorgehen gegen Unterstützer der aufständischen Pendragon-
Bewegung und andere Dissidenten unter dem Deckmantel der
Bekämpfung des Drogenhandels. [Mehr]
41
 Die Opfer scheinen gerade beim Abendessen im Speise-
raum des Nordturms gewesen zu sein. Aus der Verteilung der
Leichen und Blutspuren leite ich ab, dass ein Überfallkom-
mando durch die Vordertür kam. Ich glaube, es gab ein paar
mehr Tote oder Verwundete, die man wohl abtransportiert
hat. Blutspuren auf der Skybridge deuten darauf hin, dass
zumindest vier schwer verwundete Metamenschen durch
EIN NEUER KICK
die Luft abtransportiert wurden. Die Spurensicherung arbei-
tet gerade daran, aber ich kann schon sagen, dass hier oben
ganze Seen von Blut sind. Es wird eine Weile dauern, bis das
analysiert ist. Dass die Spinne tot ist, sagt mir, dass jemand
die Matrix hier unterwandert hat. Dieser Jemand hat alle Si-
cherheitskameras und Ersatzsysteme ausgeschaltet, und es
gibt keine Aufzeichnung über die letzten vierundzwanzig
Stunden.
RT– Scheiße. Was lässt sich denn sagen?
LW– Ich bin seit etwa 23 Minuten am Tatort, Captain. Es gibt
keine Kameraaufzeichnungen, keine der Leichen hat ein
Kommlink bei sich, und alle Aufzeichnungen des Treffens
wurden vernichtet. Ich lasse meine Hacker das Netzwerk
durchkämmen, aber ich bezweifle, dass sie etwas finden. Das
war ein professioneller Anschlag. Sie haben die Sicherheits-
leute in anderen Stockwerken eingesperrt, die Kommkanäle
blockiert und die Spinne getötet. Meine P-CSI sagt, dass hier
eine Menge Mojo am Werk war. Der Astralraum leuchtet wie
an Weihnachten, und es wird eine Weile dauern, bis er so
weit abgekühlt ist, dass sie irgendwelche Signaturen identifi-
zieren kann. ACPS sagt, es gibt in der Nähe wenigstens einen
nicht registrierten Hubschrauber, und dass acht Fahrzeuge
das Gebäude innerhalb von 16 Minuten nach dem Zusam-
menbruch der Matrix verließen. Alle sind aus dem Überwa-
chungsbereich Downtown entkommen. Andere Berichte
sagen, dass einige Leute das Gebäude verließen, aber die
Security hat sie verloren. Die Daten von der ACPS konnte
ich noch nicht überprüfen. So wie das heute aussieht, haben
sie vielleicht die ACPS-Knoten, die nicht geröstet wurden,
gehackt. Eine Identifizierung wird verdammt schwierig.
RT– Was zum Teufel haben die in L.A. gemacht? Noch dazu
in den Towers?
LW– Garnelencremesuppe gegessen.
RT– Sehr witzig, Lil. Wenn die Mistkerle von Interpol vor mir
ankommen, wird Wright einen Heidenspaß haben. Lassen
Sie einen von deinen Netzaffen die Aufzüge blockieren oder
so etwas. Lassen Sie die anderen nicht an unseren Tatort, bis
ich dort bin. Und machen Sie der verdammten Kriminaltech-
nik Feuer unterm Hintern.
LW– Ja, ja. Die ACPS ruft mich. Wir sehen uns, wenn Sie hier
sind.
//Attachment Ende
//Archiv/Chats/rekonstruiert//
//suche JackPoint-User ...
Profil: Glasswalker ... Status: Online IM: <Ja/ nein>
/User Glasswalker eingeloggt
/User Nephrine eingeloggt
[Nephrine] Hola Amigo. Hast du kurz Zeit?
[Glasswalker] Selber hola, Neph. Was ist los?
[Nephrine] Ich habe Gerüchte gehört, dass es bei dir unten
ziemlich wüst zugeht.
[Glasswalker] Es ist ein verfluchtes Durcheinander. Die
Geisterkartelle gehen einander an die Kehle und verärgern
42 GEISTERKARTELLE
alle Parteien vor Ort, die Azzies bombardieren Bogotá, und
Interpol ist überall. Bogotá ist gerade kein schönes Urlaubs-
ziel.
[Nephrine] Die Azzies bombardieren also wirklich amazo-
nisches Gebiet?
[Glasswalker] Eher „neutrales Gebiet.“ Natürlich ist das
hier bei Amazonien und Aztlan immer schwierig; keiner
weiß, wo das eine aufhört und das andere anfängt. Aber
ein paar Fabriken und Lagerhäuser außerhalb von Bogotá
brennen, und die Medien sagen, es waren Raketen der Azzi-
es. Merkwürdig. Marcos ist gerade in Caracas; das habe ich
zumindest als Letztes gehört. Ich pinge ihn mal ...
[Nephrine] Klar. Je mehr, desto besser.
/User Marcos eingeloggt
[Marcos] Höre ich Geisterkartelle?
[Nephrine] Ich habe gerade Glasswalker gefragt, was zum
Teufel unten im Grünen vorgeht.
[Marcos] War noch nie so schlimm. Ich habe wirklich daran
gedacht, mir Arbeit in L.A. oder San Diego zu suchen.
[Glasswalker] Es wird hier sicher immer schwieriger, zu
arbeiten. Agenten von Interpol und den Azzies schlagen ge-
gen Dealer, Fliphouses und vermutete Labors los ... und na-
türlich gegen Runner. Die Logik dahinter ist wohl: Wenn wir
in Amazonien Runner sind, haben wir für die Kartelle gear-
beitet. Meine Quellen sagen auch, dass im Regenwald etwas
Großes läuft. Viel mehr Geisteraktivität. Ich habe überlegt,
dass es an der Zeit ist, in die Muralha Verde zu gehen. Möch-
test du mitspielen, Marcos?
[Marcos] Scheiße, lieber lasse ich mich von den Azzies, In-
terpol und Amazonien gleichzeitig rannehmen, bevor ich
wieder mit dir in den Dschungel gehe. Ich habe mir gerade
erst die letzten Narben von damals entfernen lassen.
[Glasswalker] Hah.
[Marcos] Jetzt lachst du noch. Aber eines Tages zahle ich
dir das heim.
[Nephrine] Ich will euer Liebesspiel nicht unterbrechen,
Jungs, aber was machen die Kartelle? Wo ich herkomme,
wird alles gerade vollkommen irrsinnig. Ganze Gangs
werden ausradiert, der Mob und die Yaks kämpfen in den
Straßen, die Krankenhäuser werden von Tempo-Junkies
überflutet, die keinen Schuss bekommen. Lone Star ist völ-
lig überfordert. Ich dachte, es wäre unangenehm mit Tem-
po, aber das ist nichts gegen Atlanta ohne Tempo.
[Marcos] Die Kartelle werden übel geprügelt, Omae. Be-
sonders das Olaya. Interpol verhaftet die Anführer, einen
nach dem anderen. Die anderen Kartelle lassen das Olaya
im Regen stehen. Aztechnology hat den Hafen gesperrt, und
es gibt Gerüchte, dass La Guaira für Olaya der Knotenpunkt
am Atlantik war. Jedes Schiff, das an- oder ablegen will, wird
von den IDEA-Agenten der Interpol durchsucht. Und die-
jenigen, die Extraterritorialität beanspruchen und sich ver-
weigern? Die Azzies haben vier Kriegsschiffe vor dem Hafen
liegen. Sie sagen, sie seien die einzigen, die Interpol unter-
stützen. Caracas ist ein freies Gebiet, also kann Amazonien
sich furchtbar aufregen, aber die Azzies dringen nicht in
ihre Gewässer ein. Kein Schiff kommt raus, ohne dass die
IDEA das genehmigt.
[Glasswalker] Das kommt sicher gut an.
[Marcos] Natürlich. Die Leute horten schon Nahrung und
andere Vorräte, weil sie Angst haben, dass die IDEA gar
nichts mehr durchlässt. Die Preise für Grundnahrungsmittel
steigen gewaltig. Wenn das noch ein paar Wochen so läuft,
gibt es eine Katastrophe.
[Nephrine] Gehen die Azzies an Bord der Schiffe?
[Marcos] Oh nein, die wollen kein neues Vera Cruz. Aber
sie haben ein paar kleine Schmugglergefährte in die Luft
gejagt und behauptet, die hätten Tempo transportiert. Von
den Booten ist nicht genug übrig, um das zu überprüfen.
Verdeckte Aktion: Obsidian-4
//Archive//abgefangene Nachrichten/rekonstruiert//
//Verschlüsselung aktiviert/Datenbombe entschärft/
OPERATION GEGENGIFT
Zuweisungen:
Hacker Zwei: Unterwanderung der Überwachungs-
drohnen vor dem Einsatz. Direktübertragung der Auf-
zeichnungen der Drohnen in das Battletac-Netzwerk von

EIN NEUER KICK

Hacker Eins.
Profil: Primärziel befindet sich in einem abgelegenen Hacker Eins: Battletac-Netzwerk und Anti-Hacking-
Landgut, 40 Kilometer außerhalb von Bogotá versteckt. Unterstützung.
Aufklärung zeigt die Präsenz von signifikanter bewaffneter Sekundäreinheit: Vorbereitung zum Verfolgen der
Sicherheit an (etwa 20 bis 30 Metamenschen). Die Sicher- Auftragnehmer nach Bogotá. Wahrscheinlich werden diese
heitsleute sind unterdurchschnittlich versiert und trainiert, auf dem Luftweg nach Caracas weiterreisen. Eine Unter-
bewaffnet mit AK-97 und ähnlichen Standardwaffen. Die stützungseinheit steht in Caracas bereit. Nach Bestätigung
Mehrzahl wahrscheinlich leicht vercybert. (Gefahrenklasse: der Landung in Caracas wird die Unterstützungseinheit
I). Sie sind wahrscheinlich mit internen Kommlinks über die Verfolgung übernehmen. Es ist entscheidend, dass die
einen zentralen Sicherheitsknoten verbunden, das Signal Mehrzahl der Angeworbenen überlebt, um Riveros Bericht
ist auf 50 % des Landguts zu empfangen. Sicherheitsmaß- zu erstatten. Es sind keine vollständigen Daten über sie
nahmen beinhalten auch RAMhound-Biodrohnen, die bei verfügbar, Gefahrenklasse C ist anzunehmen und Stan-
Einbruch der Dunkelheit zum Einsatz kommen. Das Land- dardvorgehensweise anzuwenden.
gut wird von drei Flugdrohnen in großer Höhe überwacht. Taktisches Kommando liegt beim Cuacuahtin. Alle Be-
Die Übertragungen der Drohnen wurden abgefangen und teiligten haben den Befehlen des Cuachicqueh ohne Fra-
bieten verlässliche Aufklärung für die Operation. gen Folge zu leisten.
Hauptziel wird von vier bis sechs eigenen Bodyguards
begleitet. Frühere Aufklärung ergibt, dass
die Bodyguards hochgra-
dig modifiziert sind. Beta-
ware oder höhere Klassen
an Cyberware und Biomodi-
fikationen sind zu erwarten.
(Gefahrenklasse: E) Stan-
dardvorgehensweise würde
vorsehen, dass zumindest
ein Bodyguard Magier ist.
Zurzeit keine Erkenntnisse
über Fähigkeiten (Standard-
Gefahrenklasse: D).
Landgut hat zusätzliches
Personal. Hauspersonal statt
Drohnen genutzt. Aufklärung
ergibt acht bis zehn Angehö-
rige im Haus und sechs außer-
halb (einschließlich Mietlabor
für Plantage). Es ist möglich,
dass Verwandte des Hauptziels
vor Ort sind; als Nebenziele zu
betrachten.
In den letzten 24 Stunden
sind einige Sekundärziele auf
dem Landgut eingetroffen. (Si-
ehe angehängte visuelle IDs).
Wahrscheinlich handelt es sich
um unabhängige Auftragnehmer
von Graciela Riveros. Analyse ergibt hohe Wahrscheinlich- Ziele:
keit, dass diese Auftragnehmer eine Spur zu Riveros erge- Primärziel: Jaime Salazar (BILD)
ben könnten. Sie sollen bei der Operation nicht getötet Sekundärziele – bekannte Mitglieder des Olaya-Kartells,
werden. deren Anwesenheit sicher ist:
Zur Ausnutzung der Schwächen in der Sicherheit des Henry Uribe (BILD)
Landguts wird Operation Gegengift bei Sonnenuntergang Mário Gomez (BILD)
gestartet. Die RAMhound-Biodrohnen werden bis zur völ- Esperanza de Tavira (BILD)
ligen Dunkelheit auf Standby sein. Überwachungsdrohnen Raul Mantilla-Coelho (BILD)
sind bei Lichtwechsel am wenigsten effektiv. Metamensch- // Dateiende//
liche Wachen mit nicht verbesserter Sicht werden ebenfalls
leicht behindert sein.

GEISTERKARTELLE
43
 Aber hört euch das an: Aztechnology macht nicht nur auf
gut Freund mit Interpol, sie haben auch eine Art Mandat
oder Vollstreckungsbefehl des Konzerngerichtshofs gegen
KondOrchid.
[Nephrine] KondOrchid? Warum kommt mir der Name be-
kannt vor?
[Marcos] Ein riesiger Logistikkonzern in Südamerika, der
EIN NEUER KICK
Niederlassungen in fast jedem wichtigen Hafen am Südatlan-
tik und dem PacRim hat ... ihr begreift den Zusammenhang?
Er hat seinen Sitz in Ecuador, und man hat lange vermutet,
dass er sich durch Drogengeld finanziert. Der CEO ist ein
Niemand, aber der Präsident ist anscheinend Jaime Salazar,
der Kopf des Olaya-Kartells ...
[Nephrine] Leck mich am Arsch. So offensichtlich. Kein
Wunder, dass die Feds so still blieben.
[Glasswalker] Rund um Bogotá arbeiten die Azzies ein
wenig offensichtlicher, aber ORO und das David-Kartell
haben gute örtliche Verbindungen. Es sind mehrere „Fel-
der“ bombardiert worden – obwohl alle meine Quellen
sagen, dass Tempo anderswo geerntet wird und hier nur
genmanipuliertes Coke in Rauch aufgegangen ist. Kampf-
jets sind auch über ein paar Labors geflogen und haben
sie bombardiert. Es hieß, die hätten tatsächlich Tempo er-
zeugt. Die Grenzpatrouille von Amazonien hatte vor ein
paar Tagen ein Scharmützel mit den Azzies; Amazonien
behauptet, die Flieger hätten einen Luftraum verletzt,
der vertragsgemäß neutral sein sollte, Aztlan sagt,
sie seien im Auftrag Interpols und deshalb legal
unterwegs gewesen. Kurz dachten alle, jetzt gäbe
es Krieg, aber noch ist es wohl nicht so weit. Bis
jetzt führen die Azzies und Interpol nur Luftschläge
und Raketenangriffe durch – noch sind keine
Soldaten oder IDEA-Agenten in der Nähe von
Bogotá zu sehen. Zumindest nicht offiziell.
Vertrauenswürdige Quellen sagen, dass ein
paar Einheiten verdeckt arbeiten, vielleicht
sogar Jaguarwachen. Und ich habe gerüchte-
weise von einer großen Truppe in der Nähe
gehört. Die Leute werden panisch und sagen,
die Azzies würden direkt vor der Stadt lagern.
Ich weiß, dass Amazonien in der Nähe Truppen
zusammenzieht. Ich habe unter den Wandlern in
den amazonischen Truppen ein paar Freunde.
Die wurden letzte Woche hierher „verlagert“.
[Marcos] Wenigstens habt ihr noch keine Azzie-
Truppen in den Straßen. In Caracas ist das so.
Die Azzies hassen die Kartelle, seit es sie gibt,
und jetzt können sie mithilfe von Interpol
aussehen wie die Guten, weil sie die Kartelle
jagen. Ich habe zwar noch nicht gehört, dass
sie Ziele angreifen, die nichts mit Tempo zu
tun haben, aber das ist nur eine Frage der Zeit.
KondOrchid und Riveros Applied Mimetics wer-
den genau untersucht, und ihre Mittel wurden
eingefroren. Riveros wird vermisst.
[Nephrine] Graciela Riveros?
[Marcos] Ja. Kennst du die Puta?
[Nephrine] Hab von ihr gehört. Sie hat
einen gewissen Ruf. Hätte wissen können,
dass sie beteiligt ist.
[Glasswalker] Wie zu Hause, oder, Marcos?
[Nephrine] Wie sieht’s mit Tempo aus? Was
richtet das alles mit der Versorgung an?
[Marcos] Wie es aussieht, gehen die Vorräte
hier zur Neige, und es ist unwahrscheinlich,
dass mehr Tempo ankommt, wenn die Az-
zies irgendetwas dagegen tun können. Sie
schlagen hier in Caracas so hart zu, dass es
44 GEISTERKARTELLE
mich überraschen würde, wenn die Kartelle sich auch nur
am Hintern kratzen könnten, ohne in die Luft zu fliegen.
Hier wird alles in Flammen aufgehen, wenn ihr mich fragt.
[Nephrine] Also, wenn du irgendwo in Deckung gehen
willst: Hier in Atlanta bist du immer willkommen.
[Marcos] Danke, Neph. Vielleicht komme ich darauf zu-
rück.
[Glasswalker] Wenn dir Caracas zu heiß wird, Marcos, fin-
dest du bei mir ein viel näheres Versteck als in Atlanta ... Und
es ist immer so witzig, wenn du zu Besuch kommst ...
[Marcos] Ich schwöre–
/User Glasswalker ausgeloggt
[Marcos] Er ist so ein Arsch. Bis später, Neph.
[Nephrine] Jederzeit. Und danke für die Info.
/User Marcos ausgeloggt.
/User Nephrine ausgeloggt
//Ende temporäre Datei
//Archive//abgefangene Nachrichten/rekonstruiert//
GESUCHT: GRACIELA RIVEROS
Gesucht wegen Drogenhandel, Mord, Verschwörung zum
Mord, Entführung.
Graciela Riveros ist eine menschliche, weibliche Latina.
Alter 46. Größe 168 cm. Gewicht etwa 67 Kilo. Die letz-
te bekannte Haarfarbe war blond, Augenfarbe braun.
Das beigefügte Foto ist zwar jüngeren Datums, doch
Riveros hat Zugang zu hochmodernen Bio-Modifi-
kationen und könnte ihr äußeres Erscheinungsbild
verändert haben.
Cyberware: unbekannt.
Bioware: unbekannt, doch erhebliche Modifika-
tionen vermutet.
Erwachtes Potenzial: vermutet, aber unbe-
stätigt.
Bekannte Verbindungen: Jaime Salazar,
Olaya-Kartell; Henry Uribe, Olaya-Kartell; soll
Kontakte zu einigen terroristischen Gruppen,
einschließlich Primeira Vaga und TerraFirst!,
haben.
Riveros ist eine hochintelligente und gebil-
dete Frau, mit Expertenwissen auf den Gebieten
Bio-Modifikation, Genetik, Drogenherstellung
und Biotechnologische Erwachte Drogen (Bio-
engineered Awakened Drugs; BADs). Riveros
soll sowohl Tempo als auch einige andere BADs
entwickelt haben. Riveros ist auch Alleineigen-
tümerin des Biotech-Konzerns Riveros Applied
Mimetics. Riveros ist bekanntermaßen ein hoch-
rangiges Mitglied des Olaya-Kartells. Riveros ist
mehrmals der Festnahme durch die IDEA entgan-
gen; sie könnte eine Informationsquelle innerhalb
der Polizei von Caracas haben. Alle künftigen Aktio-
nen gegen Riveros (oder ihre Verbindungen) werden
als Black Alpha klassifiziert. <Vollständiges Profil>
Letzter bekannter Aufenthaltsort von Riveros war
die freie Stadt Caracas. Wir gehen davon aus, dass
sie sich immer noch in Caracas oder
Umgebung aufhält.
Riveros wird lebendig zur
GRACIELA RIVEROS Befragung gesucht.
//Attachment Ende//
> Ich weiß, viele von euch haben ein Auge auf Tem-
po und die Geisterkartelle. Wir hier an der Oberseite des
Schachts hatten mit der Droge nicht viel direkt zu tun. Trotzdem
hoffe ich, dass diese verschlüsselte Datei, die ich, äh, gefunden
habe, interessant ist. Sagt nicht, ich wäre nicht mein Gewicht in
Gold wert (obwohl ich gerade merke, dass das für jemanden, der
in der Mikroschwerkraft lebt, wenig bedeutet).
> Orbital DK
//Attachment Uniformat :: User Orbital DK//
//HiTone-Key-Verschlüsselung
Vorsitzender Richter Hino: Der Konzerngerichts-
hof von Zürich-Orbital ist zu einer Sondersitzung zusam-
mengetreten. Dies ist eine nichtöffentliche Sitzung, die
unter Verschwiegenheitsverpflichtung fällt. Fall Nummer:
3870t8j34895-i93, Interpol gegen KondOrchid, SA. Alle
Richter sind auf Z-O zugegen. Über spezielle VR-Verbindung
zugegen: Majia Wright, Abteilungsleiterin von Interpol, und
Geoffrey Anderson, Anwalt bei Zulimar Law Offices in Ver-
tretung von KondOrchid. Eingabe unterstützt von Aztechno-
logy Corporation, Tenochtitlán. Der Inhalt dieser Anhörung
und die gemachten Aussagen sind Verschlusssache.
Interpol hat in Vertretung seiner Vertragsstaaten gebe-
ten, dass der Konzerngerichtshof einen Durchsuchungsbe-
fehl für KondOrchid, einen extraterritorialen AA-Konzern
aus Guayaquil, Ecuador, ausstellt und die Privilegien der Ex-
traterritorialität aufhebt, wenn eindeutige und unleugbare
Beweise für kriminelle Handlungen gefunden werden. Die
Eingabe wurde von Richterin Ana Villalobos von Aztechno-
logy unterstützt.
Die Richter sind zusammengekommen, um das Ab-
schlussplädoyer zu hören und in der Sache zu entscheiden.
Alle relevanten Daten wurden den Richtern vor dieser An-
hörung zur Verfügung gestellt. Die Richter haben jeweils
bestätigt, das fragliche Material erhalten und gesichtet zu
haben. Die förmliche Anfrage an den Konzerngerichtshof,
einen Durchsuchungsbefehl für KondOrchid, alle Tochter-
gesellschaften, Konzernbürger und das Personal auszustel-
len, wurde festgehalten. Ebenfalls wurde eine ergänzende
Eingabe nach Aufhebung der extraterritorialen Privilegien
von KondOrchid eingebracht. Diese würde strafrechtliche
Verfolgung des Konzerns und seines Personals sowie Straf-
maßnahmen gemäß nationalen und internationalen Geset-
zen ermöglichen.
Die Eingaben zwecks Durchsuchungsbefehl und Aufhe-
bung der extraterritorialen Privilegien, die dem Gerichtshof
gestern von Ms. Majia Wright als Fallnummer 3870t8j34895-
i93 übergeben wurden, beruhen auf dem Verdacht, Jaime
Salazar, Präsident und CEO von KondOrchid, habe wissent-
lich mehrere internationale Regelungen zu Transport und
Handel von illegalen und nicht reglementierten Substanzen
mit Bereicherungsabsicht gebrochen und bewusst die ex-
traterritoriale Transport- und logistische Infrastruktur von
KondOrchid genutzt, um die genannten Gesetzesübertre-
tungen auf Veranlassung der kriminellen Organisation, die
als Olaya-Drogenkartell bekannt ist, durchzuführen.
Angesichts des Umstandes, dass Mr. Salazar und Kon-
dOrchid möglicherweise angeklagt werden könnten und
dass eine Verletzung der Vertraulichkeit dieser Maßnahmen
ein erfolgreiches künftiges Vorgehen in dieser Angelegen-
heit erschweren könnten, erging noch keine offizielle Ver-
ständigung an diese. Sollte der Gerichtshof der Eingabe
zustimmen, muss jedoch das Urteil, gemäß Art. 542 Busi-
ness Recognition Accords (BRA), innerhalb von 24 Stunden
zugestellt werden.
Gemäß Art. 542b der BRA wurden die Rechtsvertreter
von KondOrchid, Zulimar Law Offices in Caracas, zur Er-
möglichung einer Vertretung unterrichtet und sind auf An-
ordnung des Gerichts heute anwesend, um die Interessen
von KondOrchid in Abwesenheit zu vertreten. Zulimar und
Mr. Anderson wurden von der Vertraulichkeitsverpflichtung
durch den Gerichtshof bezüglich einer Information des Kli-
GEISTERKARTELLE
enten über das Verfahren unterrichtet und sind über die
möglichen Strafen für den Bruch derselben informiert.
Mr. Anderson, möchten Sie jetzt gegenüber dem Gericht
eine Erklärung abgeben?
Mr. Anderson: Ja, Euer Ehren. Zunächst möchte ich die
Unschuld meines Klienten im vorliegenden Fall nochmals
betonen. Wie unsere begleitenden Unterlagen zeigen, war
EIN NEUER KICK
Mr. Salazar nicht darüber informiert, dass sein Konzern zum
Transport von Drogen missbraucht wurde. Mr. Salazar hielt
Graciela Riveros, die wahre Kriminelle in diesem Fall, für
eine ehrbare und aufrechte Konzernbürgerin, zumal sie
CEO einer bekannten Biotechnologie-Firma in Caracas und
verlässliche Geschäftspartnerin von KondOrchid war. Zum
Beweis haben wir die unterschriebenen Verträge zwischen
KondOrchid und Riveros vorgelegt, in denen diese angibt,
biotechnologische Apparate und Produkte zu transportie-
ren. Alle Ladelisten, die sie den Kapitänen von KondOrchid
vorlegte, beinhalteten Materialien, die in Caracas und allen
Zielhäfen legal waren. Wir sind des Problems erst seit der
Eingabe durch Interpol bewusst, und ich bin überzeugt,
mein Klient wird zutiefst erschüttert über die böswilligen
Absichten von Ms. Riveros sein. Im vorliegenden Fall ist Mr.
Salazar ebenso ein Opfer wie jeder der armen Bürger, die
Graciela Riveros’ giftigen Drogen ausgesetzt wurden.
Vorsitzender Richter Hino: Danke, Mr. Anderson. Ms.
Wright, wollen Sie der Zusammenfassung, die Sie dem Ge-
richt übermittelt haben, etwas hinzufügen?
Ms. Wright: Ja, Euer Ehren. Interpol hat die von Zu-
limar übermittelten Informationen überprüft. Meine Vor-
gesetzten halten die Wahrscheinlichkeit, dass Mr. Salazar
nicht wusste, welche Ladung sein Konzern transportierte,
gemäß den bereits vorgelegten Beweisen, die eindeutig ei-
ne direkte Verwicklung von KondOrchid in den Handel mit
Tempo, Novacoke und anderen Suchtgiften belegen, für lä-
cherlich. Die Ermittlungsergebnisse, die von Aztechnology
zur Verfügung gestellt wurden und die Frucht einiger Jahre
verdeckter Ermittlungen im Drogenverkehr durch den Ni-
caragua-Kanal sind, bestärken unsere Annahme, dass Kon-
dOrchid maßgeblich beteiligt ist.
Im Licht der vorgelegten Beweise für die direkte Betei-
ligung von KondOrchids Personal am Temposchmuggel in
verschiedenen Ländern und Konzerngebieten sind wir über-
zeugt, dass eine weitere Untersuchung unleugbare Beweise
für eine Beteiligung der Führungsspitze erbringen wird. In-
terpol ist der Meinung, dass Mr. Salazar an der Herstellung
und dem Transport von Tempo beteiligt war. Aber selbst
wenn das nicht der Fall wäre, geht Interpol davon aus, dass
Mr. Salazar und das Direktorium rechtlich für mehrere Ver-
letzungen internationaler Verträge durch KondOrchid zur
Verantwortung gezogen werden müssen. Wir räumen ein,
dass die Hinweise auf Mr. Salazars direkte Verantwortlich-
keit größtenteils Indizien sind, glauben aber, dass es mehr
als genug Grundlage für ein Vorgehen gegen KondOrchid
gibt. Wir sind überzeugt, dass der Durchsuchungsbefehl das
Finden neuer Beweise ermöglichen wird. Wir haben keinen
Zweifel, dass die Befragung von Graciela Riveros und/oder
Mr. Salazar ebenfalls zur Aufklärung beitragen wird.
Gegen Ms. Riveros wurde internationaler Haftbefehl
erlassen, und für die Labors ihrer RAM in Caracas wurden
Durchsuchungsbefehle ausgestellt. Eine gemeinsame Trup-
pe von IDEA und Aztechnology bereitet sich bereits wäh-
rend dieser Verhandlung auf die Verhaftung von Ms. Riveros
vor.
Interpol räumt ein, dass noch einige Fragen unbeant-
wortet sind, von denen einige durchaus prekär sind. Den-
noch warnen wir vor einer weiteren Verschlechterung der
Sicherheitslage in Sprawls rund um den Globus, sollte un-
serer Eingabe nicht entsprochen werden.
45
 //Archiv/Newsfeeds/rekonstruiert//
STC WILL TEMPO NICHT VERBIETEN
Cheyenne Eagle Stammes-Newsblog – 10/15/71
CHEYENNE, Sioux Nation: Der Souveräne Stammesrat (Sove-
EIN NEUER KICK
reign Tribal Council; STC) hat heute verlautbart, dass trotz aller
Hinweise auf das Suchtpotenzial von Tempo kein Verbot der Dro-
ge geplant ist. David Blacksilver sagte in einem Interview, dass
„wir unsere Stammesmitglieder nicht bevormunden. Sie sollten
Gelegenheit haben, ihre Umgebung wie unsere Schamanen
wahrnehmen zu können. Es wäre falsch, ihnen diese Erfahrung
zu verwehren.“ Er sagte weiter, dass „wir auf das Verantwortungs-
bewusstsein eines jeden bauen, der die Droge nimmt“. Der STC
macht sich auch für den legalen Handel und die eindeutige Kenn-
zeichnung der Droge wie bei jedem anderen Pharmazeutikum
stark. Er wird illegale Verbreitung und ebensolchen Verkauf ver-
folgen, aber nicht den Gebrauch.
BAD BABYBOOM
NewzByte Newsfeed [NN] – 11/26/71
SEATTLE, UCAS: Wir wissen, was ihr am Valentinstag getan habt,
ihr Flipper. Fast zehn Monate nach dem ersten Auftauchen der
Biotechnologischen Erwachten Droge Flipside werden die ersten
Kinder geboren, und es heißt: BAD Babys. „Wir registrieren sehr
geringe Geburtsgewichte“, sagte Dr. Kelly vom Seattle General
Hospital, „und ebenso eine ungekannte Häufung von Polydak-
tylie. Es könnten auch einige Entwicklungsstörungen auftreten,
aber das wird sich erst zeigen, wenn die Kinder heranwachsen.
Jene, die überleben, um genau zu sein.“ [Mehr]
GRENZSTREITIGKEITEN FLAMMEN AUF
Frontline Reporter [AP] – 11/10//71
BOGOTÁ, FS. Heute kam es zu schweren Spannungen in der
UNO, als die Repräsentantin Amazoniens, Paiva Acuoa, Behaup-
tungen seitens Aztlans scharf zurückwies, Amazonien gewähre
den gesuchten Verbrechern, die hinter Tempo stecken, Unter-
schlupf und schütze die Labors und Anbaugebiete der Geisterkar-
telle. Die höchste Vertreterin Interpols, Majia Wright, legte hinter
verschlossenen Türen die Erkenntnisse der Behörde den höch-
sten Beamten der UNO vor. Nach dem Treffen fand eine öffent-
liche Versammlung der Mitgliedsstaaten statt. Mehrere Länder be-
richteten von wachsenden Problemen mit Tempo, einschließlich
des Pueblo Corporate Councils, der UCAS, Deutschlands, Kenias,
Frankreichs und Großbritanniens. Amazonien hielt sich diesbe-
züglich auffällig bedeckt.
Der Repräsentant von Aztlan beantragte die Bildung einer
vereinigten Einsatzgruppe von Interpol und UNO, die nach
den Verantwortlichen für die Herstellung von Tempo suchen
Vorsitzender Richter Hino: Danke, Ms. Wright. Hohes
Gericht, sind Sie bereit, über die Eingabe Interpols abzu-
stimmen? Sehr gut.
Enthaltungen: 3
Nein: 1
Vorsitzender Richter Hino: Ich danke Ihnen. Es wird so-
fort ein Durchsuchungsbefehl durch den Konzerngerichtshof
erlassen. Können wir nun über die Eingabe zur Aufhebung
der extraterritorialen Privilegien zum Zweck der Strafverfol-
gung abstimmen? Eine Stimme mit „Ja“ führt zur Aufhebung
der Extraterritorialität von KondOrchid. Eine Stimme mit
„Nein“ erhält die Extraterritorialität. Bitte stimmen Sie ab.
Ja: 4
Nein: 9
46 GEISTERKARTELLE
und militärische Aktionen gegen Anbaugebiete und bekannte
Labors durchführen soll. Die anderen Mitgliedsstaaten unter-
stützten den Antrag vorsichtig, obwohl CAS und PCC zu einer
friedlichen Lösung rieten und Amazonien baten, freiwillig mit
Interpol zusammenzuarbeiten, um die Geisterkartelle zu ver-
nichten. Amazonien wies jede Verbindung mit den Geisterkar-
tellen zurück und sagte, die eigene Polizei untersuche bereits
Gerüchte über Labors der Kartelle, die innerhalb des Landes
Tempo herstellen sollen.
Die UCAS brachten einen Antrag ein, sämtliche Gelder von
Konzernen, die an Transport und Handel von Tempo beteiligt
sind, zu beschlagnahmen. Der Konzerngerichtshof wird sich mit
dem Antrag nächste Woche in einer Sondersitzung befassen.
Amazonien warnte, dass jede Militäraktion seitens Aztlans in-
nerhalb der Grenzen von Amazonien als feindlicher Akt betrach-
tet und entsprechend beantwortet werde. [Mehr]
VERRÜCKTER MONTAG
Venevisión News Bulletin [VVN] – 11/10/71
Die letztwöchige Rekordzahl von 117 Toten während des Wo-
chenendes wurde von den Zahlen, die heute Morgen veröffentli-
cht wurden, weit in den Schatten gestellt. Das blutigste Wochen-
ende aller Zeiten in Caracas forderte 324 Todesopfer.
Der Großteil der Todesfälle ist Bomben und Überfällen auf
bekannte Fliphouses und Labors geschuldet, aber auch die Ge-
walt unter den Gangs ist innerhalb der letzten Wochen enorm
gestiegen. General Marón sagte, ein weiteres Beharren auf der
aggressiven Verfolgung von bekannten Tempo-Dealern durch
Interpol und Aztechnology werde die Zahl der Todesfälle weiter
steigen lassen. In einer flammenden Rede appellierte General
Marón an die UNO, die Truppen von Interpol und Aztechnology
zurückzuhalten.
RIESIGER DROGENFUND
NewsNOW Live [HTB] – 11/14/71
VICTORIA, HKFEZ: Die Polizei von Hongkong hat den „Fang des
Jahrhunderts“ gemacht und nach ihren Angaben über 15.000 Do-
sen rohes Tempo in dem Lagerhaus hinter mir gefunden. Wie Sie
sehen können, kommt das SWAT-Team gerade aus dem Gebäude,
das während einer dreistündigen, angespannten Pattsituation
umstellt und abgeriegelt wurde. Die Spannung löste sich erst, als
die Beamten das Gebäude stürmten. Berichte über mehrere Ver-
luste unter den Kriminellen im Inneren sind noch nicht bestätigt,
doch Rettungsteams sind bereits vor Ort. In einem Exklusivinter-
view für NewsNOW hat ein Mitglied des HKPD bestätigt, dass es
sich bei den Leuten im Gebäude um Mitglieder der berüchtigten
Black Chrysanthemums handelt. [Mehr]
Vorsitzender Richter Hino: Ich danke Ihnen. Die Extra-
territorialität von KondOrchid bleibt bestehen. Die Sitzung
ist geschlossen. Ich danke allen Teilnehmern für die Anwe-
senheit. Guten Tag.
// Dateiende//
> Wow! Was sollte denn dieses Urteil? Das ergibt gar keinen
Sinn.
> Sneaker
> Aber ganz im Gegenteil. Interpol gegen KondOrchid schafft ei-
nen interessanten Präzedenzfall, den die Konzerne nicht zu weit
gehen lassen wollen. Wer weiß, ob ihnen das nicht eines Tages
selbst auf den Kopf fallen könnte? Ich bin überrascht, dass über-
haupt einer von ihnen für die Aufhebung der Extraterritorialität
gestimmt hat.
> Mr. Bonds
> Tja. Aztechnology hat sich auf KondOrchid und Salazar einge-
schossen. Sie wollen denen so sehr ans Leder, dass sie sich mit
Amazonien anlegen und einen richtigen Grenzstreit riskieren ...
Aber es wäre auch sinnvoll, KondOrchid zu erhalten, wenn sie den
Konzern enthaupten und übernehmen wollen. Hm ... Achtet nicht
drauf, hier spricht nur meine Paranoia.
> Glasswalker
> Könnte sein, dass Salazar irgendeinen geheimen Deal gemacht
hat. Ich glaube nicht, dass Zulimar Sanktionen des Gerichtshofs
riskieren würde, indem sie die Verschwiegenheit brechen, aber
wenn sie es getan haben, könnte Salazar sich leicht rauswinden.
> Kay St. Irregular
> Ich glaube nicht, dass er dazu eine Chance hatte ... es gehen
Gerüchte, dass seine Familien-Hazienda außerhalb von Bogotá
sofort nach Beginn der Razzien angegriffen wurde.
> Glasswalker
> Und Riveros wird vermisst? Das stinkt doch. Interpol hat ein
hohes Kopfgeld auf sie ausgesetzt. Sie haben ihre Labors ge-
stürmt und ihr Haus in Caracas? Und hört euch das an: Ding Ra-
mos ist in der Stadt. Am Morgen nach dem Aufmarsch der Truppen
von Interpol/Aztech angekommen ... Kann keiner sagen, dass das
nicht stinkt.
> Marcos
> Ja. Ich habe mich das auch gefragt. Weil ich vor einer Weile die
kleine Hintertür bei Interpol installiert habe – und die Deppen
haben sie noch nicht gefunden –, konnte ich mich ein wenig
umsehen. Es gibt etwas Witziges: Obwohl Riveros als vermisst ge-
meldet ist, hat Interpol doch eine Leiche aus ihrer ausgebrannten
Villa geborgen. Der Körper passt (nach den Aufzeichnungen der
RAM) zu ihrer DNA und ihrem Zahnschema. Majia Wright von der
IDEA wurde offiziell gerügt, weil sie den Gerichtsmediziner, der
die Identifikation gemacht hatte, befragt hat. Sie ist jetzt in
unbezahltem Urlaub.
> Netcat
> Majia ist in Gesetzeshüter-Kreisen als sehr geradlinig bekannt.
Ist sich nicht zu schade, Shadowrunner zur Informationsbeschaf-
fung anzuheuern, aber wenn sie an einem Fall arbeitet, macht sie
das zu 100 % nach Lehrbuch. Ihr Spitzname ist „Squeaky Clean
Wright“. Klingt, als hätte sie eins auf den Deckel bekommen, weil
sie nichts vertuschen wollte. Ich mochte sie eigentlich immer –
vielleicht besuche ich sie im „Urlaub“ und sehe nach, ob ich ihr
helfen kann.
> Fianchetto
> Saubere Arbeit, mit der Hintertür, Cat. Wie lange hast du die
schon?
> Slamm-0!
> Siebzehn Tage.
> Netcat
> Das ist ja über meinem Rekord. Gehen wir feiern?
> Slamm-0!
GEISTERKARTELLE
DIE ADL IM DROGENRAUSCH
// Privates Kommlink #Snow-WT#
// Mitschnitt P2P Separee
[Snow-WT] Du bist die beste Anlaufstelle für Informationen
über die Unterwelt in der ADL, die ich habe, Giacomo.
[Jacko] Na, lass das mal nicht deine kühle russische Freun-
EIN NEUER KICK
din in Hamburg hören, chronista mia bella. Aber danke für
die Blumen. Ich hoffe für dich, dass dieser Kanal auch sicher
ist. Die Dinge, über die du reden willst, sind so prekär, dass
sie mich in Teufels Küche bringen können. Nicht alle aus der
Familie sind so vergebend wie mein „Onkel“.
[Snow-WT] Probleme?
[Jacko] Nichts, was ich nicht wieder hinbiegen könnte. Aber
es gibt durchaus einige entfernte Verwandte, die der Mei-
nung sind, dass ich durch meine Einsicht in die Familien-
geschäfte und meine „Arbeit“ ein Sicherheitsrisiko darstelle.
Gerade die Canorettis hegen keine großen Sympathien für
mich. Aber ich schweife ab. Was genau willst du?
[Snow-WT] Schon mal was von Tempo gehört?
[Jacko] Wer hat das nicht? Aber du meinst sicher in famili-
ären Rängen. Die Droge ist vor allem in Stuttgart mit seiner
Musikszene, den Musikkons und „Kreativen“ populär, was
ich so aus „unseren Kreisen“ gehört habe. Die feine Gesell-
schaft und Glitzerwelt scheint ziemlich darauf abzufahren.
Die können sich das Zeug wenigstens leisten. Wenn ich mir
dagegen den Ruhrpott so anschaue…
[Snow-WT] Ich habe gehört, dass die Münchner Schickeria
sich zum besten Abnehmer entwickelt.
[Jacko] Da weißt du mehr als ich. Ich habe nur gehört,
dass die Wölfe darüber alles andere als glücklich sind, und
das heißt in der Regel nichts Gutes. Durch den Astral-Hype
mit dem Zeug sind deren BTL-Absätze rapide in den Keller
gegangen. Jeder möchte halt mal gerne einen Blick in den
Astralraum werfen. Wer auch immer das Zeug in München
vertickt – er sollte auf der Hut sein. Wenn die Wölfe den in
die Finger bekommen, werden sie kurzen Prozess mit ihm
machen.
[Snow-WT] Ihm? Du weißt mehr, als du zugeben willst. Raus
mit der Sprache.
[Jacko] Nun, lass mich so viel sagen: „La Lupa“ hat Sparkle
einen Besuch abgestattet, um zu sehen, ob er damit was zu
tun hat. Da er noch am Leben ist (was man so hört), scheint
er die Wölfin von seiner Unschuld überzeugt zu haben.
Bleibt nur noch ein Kandidat.
[Snow-WT] Mr. Wolf.
[Jacko] Allerdings gibt es keine Beweise für seine Beteili-
gung. Er ist und bleibt ein Störenfried, der überall mitmi-
schen will. Und er ist ein Überlebenskünstler. Bisher haben
die Wölfe ihn seinen Kleinkrieg mit den anderen austragen
lassen, aber das könnte sich ändern, wenn er da tatsächlich
auch seine Finger im Spiel hat.
[Snow-WT] Allerdings werden die Drogen ja eher in den
Clubs, auf dem Viktualienmarkt und auf Privatpartys verteilt,
was ich so von XTC gehört habe. Klassisches Wölfe-Territo-
rium.
[Jacko] Wenn die wüssten, woher die Drogen kommen,
würde das ja auch nicht mehr so hohe Wellen schlagen.
[Snow-WT] Hohe Wellen, Giacomo? Damit meinst du jetzt
aber den Ruhrplex, oder? Komm, lass dir nicht alles aus der
Nase ziehen. Du weißt, dass ich meine Quellen niemals
preisgeben würde.
[Jacko] Ebbene. Aber nur weil du es bist, strega elettrica.
Die Canorettis haben vor einer Woche eine Lieferung Tem-
po im Stuttgarter Hafen abgefangen. Die Flusspiraten, die
die Ladung über den Neckar reingebracht haben, haben die
Ladung in Mainz von einem Frachter übernommen, der aus
Duisburg kam.
47
 [Snow-WT] Das Zeug kam aus dem Ruhrplex!?
[Jacko] So sieht es zumindest aus. Don Lupo hat Gift und
Galle gespuckt. Das Ganze entwickelt sich inzwischen zu
einer Hexenjagd, nicht nur bei uns. Die Canorettis haben
wohl dem Marsmann einen höflichen Besuch abgestattet,
aber der wusste von nichts (bzw. er wusste nur irgendetwas
aus Hamburg von den Likedeelern zu berichten, die auch
EIN NEUER KICK
mit dem Problem kämpfen).
[Snow-WT] Definiere Hexenjagd.
[Jacko] Die Gasperis haben ihr Picciotti-Netzwerk von Köln
bis Dortmund angezapft. Und neben den Soldati wurden
auch noch mehrere Teams in den Schatten angeheuert, um
den Ursprung der Modedroge zu ermitteln.
[Snow-WT] Und festzustellen, ob nicht die Yaks oder Vory
ihre Finger im Spiel haben, ohne dass es zur Familie zurück-
verfolgt werden kann.
[Jacko] Oder die Wölfe.
[Snow-WT] Ich denke, die Wölfe sind Alliierte?
[Jacko] Auch in der Commissione nur auf dem Papier. Don
Lupo pflegt zwar mit Athena und Babas gute Geschäftsbe-
ziehungen, aber das tut er auch mit Oyabun Takawara. Die
Wölfe sind ein Rudel mit vielen Beta-Wölfen.
[Snow-WT] Falls die Vory drinhängen, wäre das natürlich
für Don Lupo der Grund, den Krieg mit den Gargaris aus-
zuweiten.
[Jacko] Wobei ich nicht glaube, dass es so weit kommt. Ich
glaube eher, dass Don Lupo sich darüber Gedanken macht,
ob das nicht über Konzernkanäle in Ruhr-Plex gelandet ist.
Wobei ich auch das für eher unwahrscheinlich halte. Einige
lokale Kontakte haben von internen Memos erzählt, die über
Tempo-Missbrauch aufklären sollen. Aber schwarze Schafe
gibt’s ja immer. Auch bei Saeder-Krupp.
// Mitschnitt Ende
#öffne Dateianhang#
Von: Flitter
An: Snow-WT
Antwort: Re: Tempo in Groß-Frankfurt
In der Tat macht der Tempo-Hype auch vor (Groß-)Frank-
furt nicht halt. Die Banker und AG-Chemie-Angestellten sind
ja in ihrer „romantischen Sehnsucht nach dem Astralraum“
auch nicht anders als die Leute anderswo. Zumindest wissen
jetzt viel mehr Leute, wie desolat der Astralraum über den
Rheinhessen Barrens tatsächlich aussieht. ;-)
Was deine Fragen angeht:
Meine Quellen sagen mir, dass der FBV seinen Angestellten
den Konsum der Droge offiziell verboten hat. Auch beim
Sternschutz fährt man offiziell diese Politik, wobei ich ein
Memorandum gesehen habe, dass Gernod Brambauer, der
Chef des SAMT, die Verwendung der Droge zu polizeilichen
Zwecken durchaus billigt. Aber Brambauer ist ja eh der größ-
te Heuchler, den das FBV-Imperium zu bieten hat. Als Re-
aktion auf den Tod des Skandal-Rappers KingKonKiller in
Stuttgart hat der Sternschutz eine Sonderkommission für
Suchtmittel und Stimulanzien ins Leben gerufen, die mit
SAPHADIS auf den jeweiligen Gebieten des Sternschutzes
zusammenarbeiten soll. Irgendetwas ist auf jeden Fall ko-
misch an dem Tod des Rappers, da auch SAMT eingeschaltet
und PsiAid hinzugezogen wurde.
Vor zwei Wochen gab es eine groß angelegte Razzia im DM-
SO, bei der ein paar Dealer verhaftet wurden. Wie es aus-
sieht, vergiftet das Zeug aus Mainz und Offenbach heraus
den Metroplex, was zu großen Missstimmungen in der Un-
terwelt geführt hat, da sich die Yakuza und die Wölfe ge-
genseitig an die Kehle gegangen sind. Makruh Ozbey war
48 GEISTERKARTELLE
in seiner Nachricht an den Kai ziemlich eindeutig, dass
sein Rudel damit nichts zu schaffen hat. Ich erspare dir die
unschönen Details. Auf jeden Fall schnüffeln die Wölfe im
ganzen Metroplex herum und gehen dabei mit wenig Fin-
gerspitzengefühl vor (wie üblich). Die Vertreiber scheinen
kleine Fische zu sein. Die Dealer, die man aufgespürt hat,
waren Catering-Angestellte und Lieferanten, die einen ent-
sprechenden Kontakt zu Firmen, Restaurants, Clubs usw.
hatten. Einige kommen aus dem Umfeld von Mainz, aber
bei weitem nicht alle. Vor allem handelt sich aber um andere
Leute als die, die für Ozbey in der Regel die Drogen bei uns
Yuppies an den Mann oder die Frau bringen. Wie die an die
Drogen gekommen sind, weiß ich nicht, aber das geht mich
auch nichts an.
Ansonsten habe ich läuten hören, dass der Zoll und der
Sternschutz am Frankfurter Flughafen in Alarmbereitschaft
versetzt wurden. Alle Ermittlungen in Sachen Tempo wur-
den an Europol übergeben. Der Sternschutz hat außerdem
im Eiltempo einige Drogenhunde auf Tempo trainieren las-
sen, um die Suchmannschaften am Flughafen zu unterstüt-
zen. Berger hat mir gesagt, dass sie kategorisch Ladungen
durchsuchen, die verdächtig sind, auch von extraterritoria-
len Konzernen. Anscheinend gibt es Liaison-Kontakte zu den
Megakons, die beim Öffnen extraterritorialer Waren zur Ra-
te gezogen werden und die Rechte des jeweiligen Konzerns
wahren sollen. Bisher hat man noch nichts gefunden. Das
sagt mir, dass die Waren entweder nicht über Frankfurt oder
nicht auf dem Luftweg in die ADL kommen.
Hoffe, ich konnte dir damit weiterhelfen.
Flitter
// Dateiende
#Dokumentenupload SWR Netzwerk #Hot Topic# ::
User :: Imperativ#
Zugriff nur für:
Schockwellenreiter Gruppe, Corpshark, Snow-WT
> Habe ich gerade bei einem Hack auf den Nexus von Renraku
in Berlin gezogen. Es handelt sich um ein Textfragment aus einer
Mail des Kommissionsleiters der Sicherheit an das Management in
Berlin und München.
> Imperativ
//
Basierend auf den Daten, die wir von Schering Pharma (Z-
IC) zur Verfügung gestellt bekommen haben, geht der Tod
unserer Mitarbeiter und der anderer Konzerne nicht auf die
Droge Tempo zurück. Die Proben der Droge, die im Rahmen
von Durchsuchungen und Käufen durch V-Männer erhalten
wurden, lassen den Schluss zu, dass bestimmte Proben wis-
sentlich mit toxischen Substanzen vergiftet wurden. Dabei
handelt es sich nicht um typische Verschnittsubstanzen,
sondern um gezielt eingebrachte Substanzen. So wurden
bestimmte Drogen zusätzlich mit nicht zugelassenen Psy-
chopharmaka versetzt, von denen bekannt ist, dass sie die
Selbstmord-Tendenz steigern. Auch der „Amoklauf“ unseres
Mitarbeiters vor einigen Wochen [siehe Bericht] steht ver-
mutlich in Zusammenhang mit so einem Drogenverschnitt.
Im Zuge der Autopsie konnten Restspuren einer Kampfdro-
ge in der Leber nachgewiesen werden. Basierend auf dem
Käuferstamm und –kreis ist klar zu sehen, dass vor allem
Käufer aus den Reihen der Großkonzerne vergiftet wurden.
Es scheint sich also um eine gezielte Kampagne zu handeln,
was die Vermutung zulässt, dass „Anarchisten“ – damit mei-
ne ich linksmotivierte Anti-Konzernsprawlguerillas – dafür
verantwortlich sind. Mein Kontaktmann bei Schering hat mir
bestätigt, dass jeder halbwegs fähige Chemiker in der Lage
wäre, die Drogen so zu verschneiden, Kenntnisse und Mate-
rial vorausgesetzt. Da es sich derzeit noch um singuläre Fäl-
le handelt, schlagen wir dennoch vor, die Sache möglichst
schnell aufzuklären und beizulegen. Wir schlagen vor, ein
Treffen mit den Sicherheitschefs der anderen Konzerne zu
organisieren, um das Problem multilateral anzugehen.
//
> Ist schön zu sehen, dass die Konzerne mal wieder die „Anar-
chos“ als Sündenbock auserkoren haben. Ich kann mir jetzt schon
die Medienpropaganda vorstellen.
> Anne Archiste
> Was macht dich so sicher, dass die Drogen nicht aus dem linken
Milieu kommen? Hobby-„Chemiker“, die sich mit Drogen ausken-
nen, gibt’s in der Szene genug. Zumal wir wissen, dass die Garga-
ris mit Tempo nichts zu schaffen haben…
> Imperativ
> Hat eigentlich irgendwer bisher was zu diesen mysteriösen Vor-
gängen in Karlsruhe ausgegraben, von denen Snow-WT berichtet
hat?
> Zeitgeist
> Arbeite daran. Irgendwer hat aber die Knoten der Bundeswehr
in Alarmzustand versetzt. Da ist kein Reinkommen. Selbst mit
meinen Mitteln nicht.
> Spime
#Reuters Online Newsfeed, 24 September 2071, 10:05#
Allianzweites Verbot von Tempo!
Als Antwort auf die steigenden Drogentoten und die explo-
sive Zunahme von Beschaffungskriminalitätsdelikten der
vergangenen Wochen wurde die als Tempo oder Flipside be-
kannt gewordene Modedroge, die es dem nicht-Erwachten
Konsumenten ermöglicht, in den Astralraum zu schauen,
mit sofortiger Wirkung von der Allianzregierung mit Zustim-
mung des Bundesrates verboten. Bundesgesundheitsminis-
ter Jannik Sophalla hatte dazu in den Abendstunden nach
einer Krisensitzung mit Vertretern aus Industrie und Ländern
noch eine Eilverordnung unterschrieben, die Herstellung,
Handel und Besitz in allen Allianzländern sowie den assozi-
ierten Staaten und der Freistadt Hamburg unter Strafe stellt.
Obwohl Dr. Irene Markwart, Leiterin der Sonderabteilung
für Pharmazeutische und Digitale Suchtmittel (SAPHADIS,
eine Kooperationsbehörde zwischen BKA und Bundeszoll-
amt), bekannt gab, dass damit „Tempo aus dem Verkehr ge-
zogen“ sei, gibt es Zweifel an dieser Aussage, da die Droge
niemals wirklich legal verkauft wurde und nur über zwei-
felhafte Kanäle oder Matrixdienste bezogen werden konnte.
Zwar lies das Innenministerium verlauten, dass man nun die
rechtliche Handhabe hätte, gegen solche Matrixknoten legal
GEISTERKARTELLE
Keimzeit BeepScream Ticker – 01.09.2071 – 05:30:01
HanSec nach Raketenwerfer-Angriff
auf Null-Toleranz-Kurs
Nachdem sich in den gestrigen Abendstunden eine Explosi-
EIN NEUER KICK
on in der Harburger Innenstadt ereignete, rückte eine Hun-
dertschaft der Hanse Security in das als Ghetto verschriene
Viertel des Metroplexes aus. Außerdem kam es zu einer groß
angelegten metroplexweiten Fahndung. Augenzeugenberich-
ten zufolge wurde das Courage, eine Kneipe im alten Stadt-
zentrum, Ziel eines Raketenwerferangriffs durch Vertreter ei-
ner lokalen Rockerbande, die als Thors Raben bekannt sind.
Nachdem mindestens zwei Raketen in das Gebäude einge-
schlagen waren, kam es auf offener Straße zu einem brutalen
Feuergefecht zwischen den Rockern und Besuchern des
Clubs, bei der zahlreiche Bewohner des Viertels verletzt wur-
den. Mindestens acht Besucher des Courage wurden getötet,
zahlreiche schwer verletzt, darunter auch Vasili Lobatchev-
ski, der Besitzer der Kneipe. Hintergrund des Angriffs waren
offenbar Unstimmigkeiten zwischen verfeindeten Gruppen
der Unterwelt um die Verteilung der Modedroge Tempo, die
seit Wochen den Metroplex in ihrem Griff hält. Obwohl wie-
derholt bekannt geworden ist, dass auf der Reeperbahn Tem-
po an Freier und Nachtschwärmer verkauft wird und es zu
zahlreichen Festnahmen im Rotlicht-Milieu seitens der Han-
Sec gekommen ist, brachte dieser Zwischenfall nun das Fass
zum Überlaufen. Anneliese Sadowia, Innensenatorin und
Geschäftsführerin der HanSec in Personalunion, stellte in
einer Presseerklärung klar, dass die HanSec in Absprache mit
dem Senat ab sofort eine Null-Toleranz-Politik verfolge und
das sich „gewisse Leute“ schon mal „warm anziehen“ sollten.
Noch in der Nacht ließ sie ihren Worten Taten folgen. So kam
es in ganz Hamburg zu zahlreichen Razzien und vorläufigen
Festnahmen von Mitgliedern der Unterwelt, oft nicht ohne
Gegenwehr seitens der Kriminellen. Zur Unterstützung der
HanSec wurden Hundertschaften aus Bremen und Lübeck
aus dem Norddeutschen Bund angefordert. Trotz zahlreicher
Verhaftungen befinden sich die Täter, darunter auch Crunsh,
der Anführer der Raben, noch auf freiem Fuß. Die Fahndung
wurde eingeleitet. [Mehr lesen]
> Dieser Artikel wurde von einem Teilnehmer Ihres Netz-
werkes getaggt.
> Zugriff auf Tag...
> WTF?! Ich denke, Thors Raben sind mit den Russen alliiert?
Was ist denn in die gefahren?
> Bequerel
>Wikinger-Brüdern
Anscheinend hatten sie ein besseres Angebot von ihren
aus Skandinavien und wollten sich an Tem-
po bereichern. Die Russen fragen sich schon lange, wo die
vielen Drogen herkommen, die seit Monaten den Metroplex
überschwemmen. Die Dutch Penose sind wohl eine Quelle,
was man so hört. Zumindest kann ich mir nur so deren ver-
stärkten Einfluss in der Neuen Mitte erklären. Die Raben hat-
te wohl niemand auf den Radar. Würde mich nicht wundern,
wenn die auch die Fliege haben beseitigen lassen. Pech für
sie, dass sie Vasili nicht umgebracht haben. Crunsh kann sich
schon mal beerdigen lassen.
> Hazardeur
>vielCrunsh hat da schon lange nicht mehr das Sagen. Der ist
zu dämlich, so etwas durchzuziehen, geschweige denn
sich auszudenken. Aus guter Quelle weiß ich, dass die Raben
kürzlich Waffen und militärische Hardware gekauft haben. Jetzt
wissen wir wofür. Wollen anscheinend ein größeres Stück vom
Kuchen. Ihr Kündigungsschreiben haben sie jetzt abgeschickt.
> Red Anya
49
 vorzugehen (basierend auf den digitalen Antiterrorismusge-
setzen vom letzten Jahr), die Erfahrung im Kampf gegen die
organisierte Drogenkriminalität (um die es sich vermutlich
handelt) habe aber gezeigt, dass die Betreiber darin geschult
sind, ihre Knoten im Datennetz zu verstecken.
Unmut wurde dagegen in diversen Städten laut, die sich
von der „Tempo-Taskforce“ aus Saeder-Krupp, Zeta-Imp-
EIN NEUER KICK
Chem und SAPHADIS gegängelt fühlen. Seit der Gründung
in den Fünfzigern wurde der Behörde aus Angst vor dem
steigenden Konsum von BTLs und möglichen Matrixsucht-
stimulanzien eine ganze Reihe Sonderrechte auf Landesebe-
ne eingeräumt, von denen SAPHADIS nun Gebrauch macht.
Diese umfassen neben erzwungenen chemischen wie neu-
rologischen Drogentests auch Hausdurchsuchungen bei
„Gefahr im Verzug“. Um etwaige Rechte auch auf extrater-
ritorialem Boden geltend machen zu können, hat sich S-K
angeboten, als Mitglied des Konzerngerichtshofs als Liaison
zu agieren, bis die „Krise“ bewältigt ist.
SPIELINFORMATIONEN
Drogen können schlimm sein, aber BADs (Biotechnologi-
sche Erwachte Drogen) sind noch schlimmer. Man nehme
dazu hohe Popularität, Suchtpotenzial, rivalisierende Ver-
brechersyndikate und den absoluten Willen, an die Spitze
zu kommen, und schon entsteht ein explosiver Cocktail, der
alles und alle ertränkt, die damit in Berührung kommen.
Tempo, die Droge der Saison, kommt aus Südamerika und
nimmt Nordamerika (und andere Kontinente) im Sturm,
wobei es einen Drogenkrieg auslöst, wie man ihn seit über
achtzig Jahren nicht erlebt hat. Chaos und Konflikte entste-
hen und ziehen sich durch alle Lebensbereiche – von den
Straßen zu den Penthouses und überall dazwischen.
In den folgenden Abschnitten vermitteln wir alle Infor-
mationen, die Spielleiter brauchen, um dieses Geschehen
in einer Kampagne zu schildern, Teile davon in eigene
Geschichten einzubauen oder sich einfach zu einem Ein-
zelabenteuer inspirieren zu lassen, in dem die Leben der
Charaktere kurz von den Ereignissen gestreift werden.
SPIELPLAN
Geisterkartelle folgt einem anderen Ansatz als die üblichen
Shadowrun-Bücher, indem es die Merkmale verschiedener
Kampagnen- und Abenteuerstile vereint.
Geisterkartelle ist zwar vorrangig an Spielleiter gerich-
tet, doch auch Spieler könnten Teile davon interessant fin-
den. Einige Teile des Buches sind auch speziell für Spieler
gedacht. Das vorangegangene Material im ersten Kapitel
besteht aus Schlaglichtern, die illustrieren, wie die Droge
Tempo jeden in den Sprawls der Sechsten Welt mit der Zeit
betreffen kann – von Händlern über Junkies, über unschul-
dige Opfer oder zynische Beobachter bis hin zu den Geset-
zeshütern –, und kann daher für jeden von Interesse sein,
der die folgenden Ereignisse durchspielen will. Das erste
Kapitel ist zudem so gestaltet, dass Spielleiter Teile daraus
kopieren und als Spieler-Handouts nutzen können.
Die folgenden Kapitel des Buches, Kostprobe, Die Quelle,
Todesstoß, stellen jeweils einen von drei zusammenhängen-
den „Kampagnen-Strängen“ dar, die entweder hintereinan-
der oder einzeln gespielt werden können. Dadurch soll für
Spielleiter möglichst viel Flexibilität erreicht werden. Die
zentrale Geschichte entfaltet sich über Abenteuer-Gerüste,
die entscheidende Momente im Ablauf hervorheben, und
entweder als klassische Abfolge einer Kampagne, als Aben-
teuer, die ab und zu in eine bestehende Kampagne einge-
50 GEISTERKARTELLE
streut werden, oder als Einzelabenteuer gespielt werden
können. Für jede der Varianten enthalten alle Kapitel einige
zusätzliche Abschnitte, die Hintergrundinformationen, Pro-
file der beteiligten Fraktionen und andere Hilfen für Spiel-
leiter bieten. Mit leicht abweichenden Nuancen enthalten
alle Kampagnen-Stränge die folgenden grundlegenden Ab-
schnitte:
Was geht hier vor: Stellt den grundlegenden Plot jedes
Handlungsstrangs vor und beschreibt, wie sich die Ereig-
nisse entwickeln, wer beteiligt ist und wie alles ins große
Ganze passt.
Brennpunkt: Bietet einen Überblick über den Sprawl,
in dem die Handlung angesiedelt ist, und über dessen Be-
wohner. Außerdem finden sich Verweise auf andere Sha-
dowrun-Quellen über den Ort.
Freunde, Feinde und Schwierigkeiten: Beschreibt die
wichtigsten beteiligten Fraktionen, ihre Anführer und ihre
Vorhaben.
Abenteuer-Gerüste: Stellt wichtige Punkte im Hand-
lungsablauf als Szene für Szene spielbares Gerüst vor, das
einfach an den Spielstil einer bestimmten Gruppe oder an
eine laufende Kampagne angepasst werden kann. Jedes
Abenteuer-Gerüst besteht aus einem Auftakt, mehreren
Szenen, einem Showdown, manchmal mit Epilog, und den
Folgen.
Ableger und Nebenjobs: Bietet einige einfache An-
stöße für Abenteuer, die entweder an Ereignisse in den
Abenteuer-Gerüsten anknüpfen oder andere Storyideen
vorschlagen, die mit Tempo zu tun haben.
Schattenbesetzung: Hintergründe und Werte für die
wichtigen und weniger wichtigen NSC in den Abenteuer-
Gerüsten.
Tatorte: Beschreibt die Hauptschauplätze, die in den
Abenteuer-Gerüsten vorkommen, und bietet nützliche In-
formationen und Karten.
Fußvolk und bewegliche Ziele: Beinhaltet übersicht-
lich zusammengefasst die Werte für alle Gegner oder neuen
Fahrzeuge, die in dem Abenteuer-Gerüst vorkommen.
ANDERE BÜCHER
Um die Handlungsstränge in diesem Buch zu spielen,
braucht man eigentlich nur das Grundregelwerk zu Sha-
dowrun 4. Viele Charaktere und Abenteuer in diesem Buch
basieren aber auch teilweise auf weiteren Regelbüchern
wie Straßenmagie, BodyTech, Arsenal 2070 und Vernetzt.
Sollten diese nicht zur Verfügung stehen, können Spiellei-
ter einfach auf Alternativen aus dem Grundregelwerk aus-
weichen.
Weil sich große Teile der Kampagnen-Stränge in Seattle,
Hongkong, Neo-Tokio, Los Angeles und Caracas abspielen,
bieten die Quellenbände Schattenstädte und Konzernen-
klaven Spielleitern und Spielern zusätzliche Hintergrund-
informationen und Abenteuerideen.
WIE DIE ZEIT VERGEHT
Spielleiter, die einige oder alle der Handlungsstränge in
Geisterkartelle verknüpfen wollen, werden erkennen, dass
die Abenteuer-Gerüste in allen Kapiteln in einer zeitlichen
Abfolge stehen und Verbindungen zwischen den Strängen
festgehalten sind. Charaktere können einfach als weitere
Gruppe von Shadowrunnern beginnen, die ums Überleben
kämpfen und sich auf dem Höhepunkt von Tempos Popula-
ANDERE ANSÄTZE
Geisterkartelle spielt sich eigentlich wie eine typische Shadow-
run-Kampagne. Spielleiter könnten aber auch Lust darauf ha-
ben, mit diesem Buch Spiele zu starten, die in anderen Milieus
spielen. Tempo und die Konflikte, die in seinem Gefolge auftre-
ten, betreffen alle Facetten des Lebens. Jeder aus jedem Umfeld
könnte in die Intrigen und Nachwirkungen rund um Tempo ver-
wickelt werden.
Neben den offensichtlichen Aufhängern, die alternative Kam-
pagnen direkt mit dem Hauptplot verbinden können, sind für
alle Welt die Auswirkungen der Unruhe in der Unterwelt, der
massiven Gewalt auf den Straßen und des Anstiegs der Drogen-
kriminalität spürbar. Die Allgegenwart des Phänomens Tempo
führt dazu, dass Charaktere sogar in völlig unerwarteten Situa-
tionen mit Gelegenheitskonsumenten und schwer Süchtigen zu
tun bekommen: vom Konzernbüro bis zur Seitengasse.
GESETZESHÜTER
Drogenkriege geben nicht nur den Drogendezernaten Arbeit,
sondern auch der Mordkommission, den Ermittlern, die sich
mit organisierter Kriminalität und Gangs beschäftigen, und den
gewöhnlichen Streifenpolizisten, die massenhaft Leute wegen
Gewalt, Drogenhandel oder -besitz und anderer Verbrechen ver-
haften. Kampagnen auf Straßenniveau könnten aus dem Blick-
winkel der Polizei statt der Verbrecher gespielt werden, wobei
die Charaktere einen ähnlichen Weg einschlagen könnten, wie
er in den Vorabtexten über Polizeiermittlungen zu finden ist.
Spielleiter können vielleicht versucht sein, die Tatsache zu be-
tonen, dass die Charaktere nur ihren Job machen, doch auch
Beamte können persönlich von den Umständen betroffen sein
– wenn etwa Partner erschossen werden oder der Sucht ver-
fallen, Familienmitglieder von Gangs und Syndikaten bedroht
werden, weil die Charaktere zu viel Staub aufwirbeln, und der-
gleichen mehr.
KONZERNER
Kampagnen im Konzernmilieu können alles Mögliche beinhal-
ten, je nachdem, welches Niveau Spielleiter anstreben. Als her-
vorragende Gesellschaftsdroge verbreitet sich Tempo auch unter
den Reichen und Schönen der mittleren und höheren Konzerne-
benen, was zu einer Fülle von Abenteuerideen inspirieren kann.
Charaktere könnten dem unteren oder mittleren Management
angehören und sich an die Spitze durchkämpfen wollen, wobei
Tempo entweder hilfreich oder hinderlich sein kann. Ein Charak-
ter, der sich bei einem partywütigen Boss lieb Kind machen will,
könnte zum Dealer werden. Ein schlitzohriger Verhandler oder
Broker könnte sich der Gefahr der Sucht aussetzen, um den klei-
nen Vorteil zu erlangen, den die empathischen Effekte der Dro-
ge gewähren. Andere könnten sich mit den Auswirkungen ihrer
Sucht auf das eigene Arbeitsleben herumschlagen müssen.
Höherrangige Charaktere könnten Forscher und Entwickler
oder Spezialagenten sein, die nach einer Möglichkeit suchen, die
Droge zum Wohle des eigenen Konzerns zu nutzen. Das könnte
durch die Suche nach einer Quelle für die Droge, um damit zu
experimentieren, den (vergeblichen) Versuch, die Verbindung im
Labor nachzubauen, oder den Kampf gegen die Konkurrenz, die
dasselbe versucht, geschehen.
MILITÄR UND SÖLDNER
Auch Militärangehörige und Söldner sind für Drogenmissbrauch
empfänglich, vielleicht sogar mehr als andere Leute oder Orga-
nisationen, wenn man ihre gefährlichen und stressbeladenen
Arbeitsumstände bedenkt. Ob sie Angriffsziele, Sicherheitsleute
GEISTERKARTELLE
für Händler oder Truppen im Krieg gegen Tempo sind – der Dro-
genkrieg bietet zahllose Möglichkeiten, Soldaten oder Söldner in
Handlungsstränge einzubinden.
In manchen Fällen könnten Söldner, wie für die südame-
EIN NEUER KICK
rikanischen Kartelle, als ausführende Organe für eine Händler-
gruppe oder ein Syndikat tätig werden. Sie könnten aber auch
gegen solche ausführenden Organe kämpfen müssen, weil die
örtliche Polizei zu schwach ist. Einige Militäreinheiten könnten
an (un)freiwilligen Versuchsreihen mit Tempo teilnehmen, weil
die „Lamettaträger“ immer nach der perfekten Kampfdroge su-
chen. Wenn es dabei zu Todesfällen kommt, werden diese für
Familien und Freunde wohl besonders schwierig zu untersuchen
sein, weil das Militär sich so gut abschotten kann.
NOTFALLMEDIZINER
Alle Notfalldienste, DocWagon, BuMoNa oder andere, bekom-
men durch Tempo wirklich viel zu tun: Überdosen, unerwartete
Nebenwirkungen „normaler“ Dosen (wie Atem- oder Herzstill-
stand), Gewalttätigkeit unter Drogeneinfluss oder Verletzungen
im Drogenkrieg führen zu vielen Einsätzen. Die Opfer können
unschuldige Dritte oder drogensüchtige Vertragsinhaber sein,
und Charaktere in einem Notfallteam könnten von Einsatz zu
Einsatz rasen, während der Wahnsinn rund um Tempo eskaliert.
Die Charaktere stehen direkt an der Front und könnten leicht
in eigene Dramen gezogen werden, wenn Freunde, Familienmit-
glieder, Geliebte, Partner oder Teammitglieder süchtig werden
oder der Gewalt zum Opfer fallen.
HIGH SOCIETY
Eine Kampagne könnte auch in den oberen Zehntausend ange-
siedelt sein, wobei die Charaktere Konzernmogule, Aristokraten,
Politiker, superreiche Medienstars oder deren Sicherheitsleute
sein könnten.
Solche Kampagnen ergeben eine Fülle von Möglichkeiten,
während die Charaktere sich von Club zu Club, durch dekadente
Partys und hedonistische Drogenorgien bewegen. Familienmit-
glieder beteiligen sich daran, und die Charaktere verkehren mit
den eher kriminell gesinnten Mitgliedern des Jetsets (wie Henry
Uribe oder Jaime Salazar). Es gibt zahllose Anknüpfungspunkte,
durch die die Charaktere in den Tempo-Krieg hineingezogen wer-
den können, ob als Sprösslinge der Eliten der Sechsten Welt oder
als einfache Mitglieder von deren Entourage, die durch die Unbe-
sonnenheit der Arbeitgeber in Schwierigkeiten geraten.
MEDIEN UND UNTERHALTUNG
In der allumfassenden Medienwelt des Jahres 2071 ergeben sich
für Journalisten, Selbstdarsteller und Künstler unzählige Möglich-
keiten. Reporter und Nachrichtenleute sehen spannenden Zeiten
entgegen. Die gesellschaftlichen Auswirkungen des Phänomens
Tempo, das Blutvergießen im Drogenkrieg, der Aufruhr in der
Unterwelt, der mysteriöse Ursprung der neuen Droge und die
menschliche Seite der Tragödien um Sucht und Gewalt bieten
unendlich viele Aufhänger für Storys.
Auch auf der anderen Seite der Kamera, direkt im Rampen-
licht, gibt es zahllose Betätigungsfelder in den schwierigen Zeiten
des Drogenkriegs. Eine Gruppe von Charakteren könnte Musi-
ker, Schauspieler, SimSinn-Stars, Aktionskünstler und deren Un-
terstützungskräfte wie Roadies, Techniker, Trainer, Manager oder
Reisebegleiter sein. Alle könnten Süchtige, Händler, Opfer oder
unfreiwillige Zeugen des Abgleitens eines Kollegen in die Selbst-
zerstörung durch Tempo sein. Oder sie könnten durch skrupel-
lose Manager oder Agenten mitschuldig an deren Machenschaf-
ten werden.
51
 rität im Sold der mächtigsten Jefes eines Geisterkartells fin-
den. Dieser Ablauf wird wahrscheinlich dazu führen, dass
die Charaktere viel reisen, da die Handlung in Seattle be-
ginnt (wobei Spielleiter natürlich die Eckpunkte verändern
können, um an einem anderen Ort zu starten) und weiter
nach Hongkong, L.A., Caracas, Bogotá und vielleicht sogar
bis in das abweisende Herz des amazonischen Regenwaldes
EIN NEUER KICK
fortschreitet.
Die Ereignisse, die in den hinteren Kapiteln des Buches
beschrieben sind, entwickeln sich zwar zu drei zentralen
Handlungssträngen, die zum Verständnis der Vorgänge
wichtig sind, sollten aber nicht als die einzig möglichen ge-
sehen werden. Der Aufstieg von Tempo hat weitreichende
Konsequenzen und ist möglicherweise eine wahre Fund-
grube für Handlungselemente und alternative Ideen für
unternehmungslustige Spielleiter. Es gibt einen generellen
Zeitablauf (siehe Partitur, S. 54), der den Gang der Ereig-
nisse schildert.
Jeder Kampagnen-Strang bietet Möglichkeiten, um die
Charaktere einzubinden; stattdessen können aber auch ande-
re Zugänge entworfen und gewählt werden, wozu der Zeit-
ablauf oder die vorangestellten Texte als Inspiration dienen
können. Zum Beispiel könnte eine Gruppe beschließen, eine
alternative Kampagne zu starten, die aus der Sicht von Geset-
zeshütern spielt. Polizisten im Drogen- oder Sittendezernat
könnten Gerüchte über eine neue Droge hören; Einheiten,
die sich mit Gangs und organisiertem Verbrechen beschäfti-
gen, können mehr als genug zu tun bekommen, sobald Tem-
po populär wird. Mordkommissionen haben wahrscheinlich
alle Hände voll zu tun, wenn in den Straßen die Hölle los-
bricht. Verdeckte Ermittler könnten die Kampagne mehr
oder weniger unverändert durchspielen, indem sie sich als
Shadowrunner ausgeben, um ein mächtiges internationales
Verbrechersyndikat zu unterwandern und zu zerschlagen.
Wenn die Charaktere Tempo bis zu seiner Quelle verfol-
gen, könnten sie sich mit Interpol oder anderen internatio-
nalen Behörden kurzschließen, die den südamerikanischen
Bossen das Handwerk legen wollen (und schließlich als
seltsame Bettgenossen beim späteren Engagement von
52 GEISTERKARTELLE
Aztechnology enden). Werden sie beiseitetreten und die-
se Organisation die Arbeit vollenden lassen, die sie selbst
begannen? Oder werden sie darauf bestehen, an wichtiger
Position teilzunehmen? Werden ihre Gründe dafür persön-
lich sein, wie der Verlust geliebter Menschen, oder werden
Berufsstolz oder die Suche nach neuen Auftraggebern aus-
schlaggebend sein?
ANSCHLUSS FINDEN
Wenn bereits eine Kampagne läuft, könnten Spielleiter lie-
ber einzelne Abenteuer statt des gesamten Buches einbin-
den wollen. Das kann auf allen Ebenen – egal ob Straße,
Konzern, Jetset oder andere – oder auch mit Blick auf eine
spezielle Region geschehen.
Zum Beispiel könnten Kampagnen, die in Hongkong spie-
len, die meisten Abenteuer-Gerüste in Kapitel 3 (Die Quelle)
gebrauchen. In Kampagnen auf Straßenniveau ließen sich
die Geschehnisse in Kostprobe einbauen, wenn man sie ein
wenig anpasst, da sich auch an anderen Orten Ähnliches ab-
spielen wird wie in Seattle. Solche Anpassungen verlangen
vielleicht ein wenig Aufwand, aber mithilfe von Büchern wie
Schattenstädte und Konzernenklaven können sich Spiellei-
ter diesen erleichtern. Altgediente Spielleiter könnten natür-
lich auch älteres Quellenmaterial heranziehen.
WERTVOLLE EINZELSTÜCKE
Genau so einfach kann man die Abenteuer-Gerüste als
Grundlage eines Spiels benutzen, das nicht mit bestimm-
ten Plots oder Kampagnen verbunden ist. Lesen Sie einfach
das Material durch, entscheiden Sie, wie viel Erfahrung die
Charaktere brauchen werden, suchen Sie sich einen Ort für
die Spielhandlung aus und gestalten Sie das Abenteuer auf
dieser Grundlage.
Einige der einführenden Texte in Kapitel 1 können eben-
falls Abenteuerideen ergeben. Einige der AR-Fenster bieten
auch Karten, Profile, Handouts und andere Informationen,
die für Spielleiter nützlich sind.
AUF DER HÖHE DER ZEIT
Jahrzehntelang hatten Drogen auf dem Markt der Süchtigen
keine Konkurrenz. Man konnte zwar eine Droge lieber mö-
gen als eine andere, doch die Drogen als Gesamtheit hat-
ten ein Monopol. Als die technologische Entwicklung aber
SimSinn erlaubte, kamen Better-Than-Life-Chips (BTL oder
„Beetle“) und -Downloads auf den Markt (bei denen die Si-
cherheitsschranken für verschiedene Sinnesübertragungen
erhöht oder außer Kraft gesetzt wurden). Damit ergab sich
für die Drogen nicht nur Konkurrenz, sondern Gefahr.
SimSinn und BTL ermöglichen einzigartige Erfahrungen,
die hauptsächlich psychisch abhängig machen – das aber
sehr effektiv. Die scherzhafte Vorstellung vom Affen, dessen
Lustzentrum im Gehirn durch das Drücken eines Knopfes
stimuliert wird und der daher bald nichts außer Knopfdrü-
cken tun kann, bis er verhungert, wurde in der Mitte des 21.
Jahrhunderts zur grausamen Realität der Sechsten Welt.
Substanzge- und -missbrauch gerät aber niemals ganz
außer Mode. Es entwickeln sich nur harte Kerne von Kon-
sumenten und Nischenhersteller, die sich modernisieren,
um profitabel zu bleiben. Diese Bereitschaft zum Experi-
mentieren führte zuerst zu Designerdrogen und später zu
Biotechnologischen Erwachten Drogen. Einige dieser neuen
Drogen werden gelegentlich beliebt genug, dass sie Chips
von der Spitze verdrängen, meist aber nicht dauerhaft. Tem-
po bringt diesen Status quo durcheinander, was ebenfalls
den Drogenkrieg anheizt.
 Es gibt verschiedene andere Gründe, warum Drogen po-
pulär bleiben und ein besseres Geschäft als die Hirnröster
darstellen; der größte davon ist die physische Abhängigkeit.
BTLs begünstigen psychische Abhängigkeit zwar sehr, aber
die meisten Drogen machen auch körperlich abhängig, wo-
von einige Konsumenten nie ganz weg kommen. Solange
die Körper der Süchtigen nach dem Produkt verlangen, ist
eine Entwöhnung nicht sehr wahrscheinlich, was sie zu wei-
terem Kaufen drängt.
Zudem werden die technologischen Fortschritte, die
BTLs so einfach verfügbar machen, auch zum Nachteil: Chips
und Downloads können gehackt, verändert, analysiert und
nachgemacht werden, ohne dass die ursprüngliche Quelle
es erlaubt – durch die drahtlose Matrix erfuhr dies noch wei-
tere Verbreitung. Drogen andererseits können leichter un-
ter Kontrolle gebracht werden, sowohl in Angebot als auch
Nachfrage. Dadurch erlangen die Syndikate einen viel grö-
ßeren Einfluss auf Produkt und Konsument – obwohl auch
das Risiko eines Warenverlusts höher ist. Zumindest kann
eine Ladung Drogen, die „verschwindet“, an einen Zielort
verfolgt und von dort mit Gewalt zurückgeholt werden. Die
unabhängigen Beetle-Cracker können den Code des Chips
einfach kopieren und dann eine Massenproduktion starten,
ohne dass jemand etwas davon merkt.
IN DER SCHUSSLINIE
Neben den unmittelbaren „Nutznießern“ des Tempo-Kriegs
können sich verschiedene Individuen und Organisationen
in dessen Gefolge einen Vorteil verschaffen. Für Spielleiter
ergibt sich vom Konzernprofit bis hin zur Zerstörung des
gesamten sozialen Umfelds eines Charakters, von Maßnah-
men der Regierung zur Eindämmung der Gewalt bis hin zu
Todesfällen in der Familie, eine Fülle von Anregungen für
Plots, die in Abenteuer und Kampagnen passen.
Buchstabensuppe: AAA bis CIA
Viele verschiedene Organisationen in der Sechsten Welt
(manche mit Namen aus der Buchstabensuppe), von Regie-
rungen und Konzernen über Behörden und Militär bis hin
zu Banken, Versicherungen und Geheimdiensten, leiden un-
ter oder profitieren von den Nebenwirkungen der Beliebt-
heit von Tempo.
Regierungen sind zum Beispiel von den schlimmsten
Auswirkungen betroffen, weil die Verbrechensrate im selben
Maße wie das Handelsvolumen in ihren jeweiligen Straßen
steigt. Eine schlechte Sicherheitslage führt zu Unzufrie-
denheit; die Bürger werden verlangen, dass die Regierung
handelt. Die Gesetzgeber suchen nach Wegen, die Verkäufe
einzuschränken oder zu unterbinden, indem sie strengere
Reglementierungen für die Droge einführen (bezogen auf
Besitz, Handel oder Handlungen unter Einfluss der Subs-
tanz). Politiker wie Kenneth Brackhaven, der neu gewähl-
te Gouverneur von Seattle, wollen ihrem Volk vermitteln,
dass sie gezielt und unbeirrbar gegen die Droge vorgehen,
während die Mächte im Hintergrund vielleicht versuchen,
die Situation zu ihren Gunsten zu nutzen. Auch wenn die
Regierung eines Gebiets nicht im Zentrum der Spielhand-
lung steht, können Spielleiter Elemente dieser Ebene durch
Reden, die im Trideo zu hören sind, das Anwerben von Cha-
rakteren als Schutzpersonal oder zum Transport von Unter-
lagen, die für die Gesetzgebung zu Tempo wichtig sind, in
eine größere Kampagne einbringen.
Die Exekutive wird wohl völlig mit Arbeit eingedeckt
sein und verzweifelt darum ringen, die Gewaltausbrüche,
die Tempo in den Straßen verursacht, einzudämmen. Die
Lage wird immer heißer, und der Druck von innen und au-
GEISTERKARTELLE
ßen nimmt stetig zu: Vorgesetzte, Anteilseigner, Regierungs-
mitglieder, wütende Bürger und die Syndikate – alle wollen
den Verkauf von Tempo entweder behindern oder fördern.
Viele gute Bullen können böse werden, und die Bösen noch
schlimmer, wenn sie daran gehen, potenzielle Drogenlager
auszuheben und Drogendeals zu stoppen. Jeder wirkliche
Kontakt mit den Geisterkartellen könnte die Sache noch
EIN NEUER KICK
weiter komplizieren. Spielleiter könnten eine ganze Kampa-
gne um eine Polizeieinheit aufbauen und den Charakteren
bei ihrem täglichen Kampf gegen Druck und Versuchung fol-
gen, die immer größer werden wie lästiges Unkraut.
Nachrichtendienste (wie Interpol) und Militäreinheiten
leiden unter denselben Auswirkungen wie die Polizei, nur
in noch höherem Maße. Kampagnen auf hohem Niveau
könnten davon handeln, wie Spezialeinheiten sich mit Bot-
schaftern und deren Lakaien auseinandersetzen müssen,
oder mit Elitetruppen, die angeblich in Regierungsauftrag
handeln, gefährlich versierten Drogenschiebern und ih-
ren Bodyguards – oder den Anführern der Drogenkartelle
selbst, wenn sie die größeren Ladungen zurückverfolgen,
das Geflecht der Finanzierung entwirren und die geheimen
Geschäfte aufdecken, die zur weltweiten Verbreitung der
Droge nötig sind.
Konzerne kennen nur Verbündete oder Feinde. Für man-
chen kann Tempo ein Verbündeter oder ein Werkzeug sein;
für andere ist es ein gefährlicher Feind, der Profite mindert,
entweder durch den Drogenmissbrauch selbst oder indem
es Profite an andere Organisationen abzweigt. Biomedizini-
sche und biochemische Gesellschaften könnten versuchen,
das Geheimnis von Tempo aufzudecken, um Mittel gegen
Überdosen oder eigene Drogen herzustellen. Firmen, die
auf Waffen und Kampfeinsätze spezialisiert sind, könnten
versuchen, ihr Personal durch Tempo als Kampfdroge zu
stärken, oder einen Weg suchen, diese Stärkung anderen zu-
gänglich zu machen ... natürlich nicht gratis. Magieorientier-
te Firmen, wie jene, die sich mit Taliskrämerei beschäftigen,
könnten die Charaktere in eine Suche nach der biologischen
und magischen Quelle von Tempo verwickeln – oder etwas
sehr Ähnliches. Da Flipside die Magier genauso stark wie die
Mundanen betrifft, könnten aber auch solche Gesellschaften
Angestellte haben, die nicht zögern, eine solche Untersu-
chung zu torpedieren, wenn sie dadurch ihre Stellung und
Bezahlung erhalten können. Jede Gesellschaft, die Verbin-
dungen mit der Yakuza hat, würde unter besonderem Druck
stehen, jede Verbreitung von und allen Profit durch Tempo
zu behindern, egal, ob sie davon profitiert oder nicht.
Die metamenschliche Note
Tempo hat verschiedene Auswirkungen auf Personen, die
sich alle als Handlungsanregungen für Spielleiter eignen.
Je nachdem, mit welchen Leuten die Charaktere regel-
mäßig Umgang pflegen, könnte Tempo sogar ihr soziales
Umfeld zerstören. Alte Freunde oder vertrauenswürdige
Kontakte könnten süchtig werden. Gangs und Freunde auf
Straßenniveau könnten inmitten des Drogenkriegs stehen
und tagtäglich vom Tode bedroht sein. Der Versuch, dem Tod
von der Schippe zu springen, während man immer noch Be-
fehle befolgt oder einfach nur verbissen um einen Tag mehr
Leben kämpft, ausweglos, ungeachtet der flehentlichen Bit-
ten eines Freundes, würde einige Charaktere mächtig unter
Druck setzen. Andere können von jenen, die sie als Freunde
betrachtet hatten, bedrängt werden, die Droge zu nehmen,
damit zu dealen, Lieferungen zu schützen, auf jemanden ei-
nen Anschlag zu verüben, der schlecht für das Geschäft ist,
oder ähnliche Aktivitäten zu starten. Wenn Charaktere mit
nichts von alldem einverstanden sind, könnte die Freund-
schaft entweder abkühlen oder langsam ganz verschwinden.
53
 Es gibt in allen Gesellschaftsschichten Händler und Süchti-
ge, und alle Charaktere können Probleme bekommen, wenn
ein Freund diesen abschüssigen Pfad beschreitet. Kämpfe,
Drohungen und sogar der Tod durch eine Überdosis könn-
ten das soziale Umfeld eines Charakters in alle vier Winde
zerstreuen.
Familienmitglieder und Angehörige könnten mit ähnli-
EIN NEUER KICK
chen Problemen konfrontiert sein, was die Sache für Charak-
tere noch brisanter macht. Wie weit werden sie gehen, wenn
ein Geliebter, der als Dealer bekannt ist, nach einem größeren
Deal vermisst wird? Oder wenn ein Verwandter süchtig wird
und sich immer verzweifelter und riskanter verhält, um die
zerstörerische Sucht zu befriedigen? Charaktere in solchen
Situationen könnten gezwungen sein, überall Feuerwehr zu
spielen, ohne dabei ihre Arbeit zu vernachlässigen, wobei
am Ende eine Entscheidung zwischen den beiden Pflichten
zu schrecklichen inneren Konflikten führt. Hilft man seiner
Schwester, aus dem Bunraku-Salon zu entkommen, in dem
sie arbeiten muss, um ihren Schuss zu bekommen – einem
Salon, der dem Yakuza-Boss gehört, für den der Charakter
Shadowruns durchführt –, oder lässt man sie dort, im Wissen,
dass sie tiefer in Sucht und Verzweiflung abgleitet? Bricht man
mitten in einem Run auf, um dem Freund zu helfen, der hän-
deringend um Unterstützung gegen einen Gangboss bettelt,
dem er Geld und einige Dosen Tempo gestohlen hat? Bittet
man die anderen Shadowrunner um Hilfe oder macht man
sich allein auf den Weg? Solche Fragen und Probleme können
eine intensive persönliche Betroffenheit nicht nur für einen
Abend, sondern für eine ganze Kampagne erzeugen, was die
Spieler stark in die Handlung einbindet.
Tempo wird im Verlauf weniger Wochen von der Party-
droge für Teenager zur beliebtesten Droge auf den Straßen
von Seattle. Sein einzigartiger Effekt bietet verlockende Ein-
blicke in die mysteriöse Welt der Magie und Emotionen, die
der Astralraum darstellt. Weil es als Empathieverstärker und
Unterstützung der gesellschaftlichen Fähigkeiten wirkt, ist
es trendy und cool. Gelegenheitsgebrauch wird aber bald
zur Sucht, und damit gehen verheerende Nebenwirkungen
einher. Im Endeffekt muss sich Joe SINner mit der menschli-
chen Seite von Tempo herumschlagen.
PARTITUR: ZEITABLAUF
Die Geisterkartelle, die einmal zu oft von den Königen des
Drogenhandels, wie der Yakuza, Mafia und den Vory, finanzi-
ell eins auf den Deckel bekommen haben, haben fieberhaft
an ihren Lieblingskreationen – den Biotechnologischen Er-
wachten Drogen – gearbeitet, um die eine große Sache zu
erfinden, die sie wieder zu dem Machtfaktor werden lässt,
der sie einst waren. Als eine Gruppe an das Olaya-Kartell
und Graciela Riveros mit dem Rezept für Tempo und einem
Angebot, bei der Produktion zu helfen, herantritt, nehmen
diese sofort an. Sobald ein stabiler Produktionsprozess in
Gang gesetzt ist, werden in Bogotá und anderswo Drogen-
labors eröffnet, die sich auf einen Sturm auf den ahnungslo-
sen Drogenmarkt vorbereiten.
Der Sommer 2071 ist besonders heiß, und er wird durch
die Einführung von Tempo noch heißer. Auch mit dem
Wechsel der Jahreszeiten geschehen Dinge, die den Rest des
Jahres, bildlich gesprochen, genau so heiß werden lassen –
zumindest bis jemand die Küchen des Kartells kalt werden
lassen kann.
Anfang Februar (Woche 1): Das Olaya-Kartell kontak-
tiert nach dem Anhäufen eines beträchtlichen Vorrats an
Tempo lokale Organisationen in Schlüsselgebieten, den
54 GEISTERKARTELLE
Test-Märkten für die „Kostproben“. Die Strategie des Kartells
besteht darin, mit kleineren Gruppen und Underdogs statt
mit großen Syndikaten zusammenzuarbeiten – das ergibt
die beste Verhandlungsposition und verhindert potenzielle
Interessenskonflikte. Das Kartell entscheidet sich für den
Komun’go in Seattle, die Black Chrysanthemums in Hong-
kong, die Koshari in Los Angeles und ähnliche Gangs und
Organisationen in anderen wichtigen Städten und Sprawls.
Jeder Partner soll 30.000 Dosen erhalten und kann nach Be-
lieben Verteilernetzwerke benutzen oder aufbauen, um die
Droge an ausgewählte Kunden zu bringen.
Februar–März (Woche 2–6): Als Vorbereitung des Han-
dels geht der Komun’go-Seoulpa-Ring eine strategische Part-
nerschaft mit seinen Gelegenheitspartnern, der Gang der
First Nations, ein, und ermuntert diese, sich für den Handel
mit dem neuen Produkt zu vergrößern. Nur die Anführer der
First Nations wissen von der Beteiligung des Komun’go.
Die ersten Proben Tempo kommen in Nordamerika, dem
Pacific Rim, Europa, Afrika und anderen Märkten der Welt
an. Die vom Kartell gewählten Organisationen geben diese
an verbündete Gangs und Händler weiter. Die Droge drängt
mit Vehemenz auf den Straßenmarkt. Zunächst wird sie in
Nachtclubs, auf Raves, an Universitäten und bei Gang-Partys
verkauft. Eine extrem positive Mundpropaganda verbreitet
die Kunde vom neuen Kick, der zum Verkauf steht.
März–April (Woche 7–13): Die großen Syndikate be-
merken die steigende Popularität der neuen Partydroge.
Tempo beginnt, sich negativ auf die Verkaufszahlen von BTLs
und anderen Drogen auszuwirken, bleibt aber zunächst ein
kleines Ärgernis. Tempo erlangt größere Marktanteile in Se-
attle, und der Shotozumi-rengo beauftragt den Kenran-kai,
sich damit zu befassen. Der Komun’go versucht, die eigene
Beteiligung zu verschleiern.
Die Strategie des Olaya-Kartells, die Verteilung zu de-
zentralisieren, wirkt und erschwert die Aufklärung und das
Finden von Verbindungen. Widersprüchliche Berichte deu-
ten auf alle möglichen Händler hin, von Unabhängigen über
rivalisierende Gangs bis hin zu kleineren Syndikaten. Die
Straßengewalt und Kriege um Territorien nehmen zu, als die
Gangs versuchen, ihre Interessen zu wahren oder ein Stück
vom Tempo-Kuchen abzubekommen. Die Medien kommen
zum ersten Mal mit Tempo in Berührung, als Überdosen
und Todesfälle bekannt werden.
Die größeren Syndikate (Mafia, Yakuza, Vory, Triaden)
beginnen, die Popularität von Tempo schmerzhaft zu spü-
ren, da ihr Handel mit BTLs und Drogen abnimmt. Gangs,
die von den Syndikaten unterstützt werden, beginnen, sich
zu bekriegen, und die Gewalt nimmt zu, als die Dealer un-
ter Druck gesetzt werden, die Tempo-Verkäufe zu reduzieren
oder zu beenden. Hinter den Kulissen suchen die Syndikate
nach den Hintermännern der Droge, wobei die Yakuza ei-
nen Vorsprung hat. Nichts davon verlangsamt die beinahe
seuchenartige Verbreitung von Tempo, die trotz schwinden-
der Vorräte wächst und sich in neue Gesellschaftsschichten
verbreitet.
Anfang April (Woche 11–13): Der Gesandte des Olaya-
Kartells, Henry „Der Diplomat“ Uribe, beginnt eine Tour um
den Pacific Rim – nach Seattle, Hongkong, Neo-Tokio, Los
Angeles und an andere Orte –, um die Verhandlungen mit
den verschiedenen lokalen Verteilern abzuschließen. Auch
die Gesandten für Touren durch andere Märkte werden aus-
gewählt. Die Kostproben gehen zur Neige, die Preise schie-
ßen in den Himmel und der Kampf um Tempo wird immer
gewalttätiger. In Hongkong häufen sich Zusammenstöße
zwischen den Triaden. In Seattle fällt es dem Komun’go im-
mer schwerer, die eigene Beteiligung zu verbergen, und er
wird schließlich von seinen Feinden identifiziert. Die Yakuza
nimmt Anstoß an der Vergrößerung des Komun’go und star-
tet einen Feldzug gegen den Seoulpa-Ring und seine Ver-
bündeten.
Verhandlungen zwischen dem Olaya-Kartell und dem
Komun’go-Ring geraten ins Stocken, weil die Anführer des
koreanischen Syndikats Zweifel bekommen. Die eskalierende
Gewalt und einige entschlossene Mitglieder des Komun’go
üben aber genug Druck aus, dass der Deal abgeschlossen
wird. Anderswo kommt man leichter zu Übereinkünften.
April–Juni (Woche 14–20): Nachdem der Grundstein
gelegt ist, wird Tempo noch populärer, als die ersten regel-
mäßigen Lieferungen in den Sprawls rund um die Welt ein-
treffen. Die Droge verbreitet sich in der Oberschicht, weil
die Leute erkennen, dass man damit, neben der Vielzahl
anderer Effekte, die die Reichen und Schönen an Drogen
schätzen, auch empathische Wahrnehmungen stärken kann.
Die Operationen des extraterritorialen Konzerns KondOr-
chid, der vom Olaya-Kartell kontrolliert wird, dienen als
legale Fassade für den weltweiten Transport und die Vertei-
lung der Droge.
Die Schwierigkeiten des Komun’go-Rings in Seattle wer-
den ernst, und er beginnt, den Verkauf einzuschränken.
Als Resultat eskaliert die Gewalt auf den Straßen und die
Gesetzeshüter werden darauf aufmerksam. Durch immer
mehr Berichte können die Einsatzgruppen, die sich mit den
Geisterkartellen beschäftigen, schließlich die Verbindung
langsam erahnen. Die Polizei wird mit immer mehr Tempo-
Süchtigen auf den Straßen konfrontiert, aber die Zahlen an
Verhaftungen und Razzien bleiben niedrig, da es noch keine
gesetzlichen Regelungen zu BADs gibt (was zum Großteil
der Lobby-Arbeit der Geisterkartelle geschuldet ist).
Der Mob in Seattle kann, trotz seiner Schwäche, die Ge-
legenheit nutzen, als der unvorsichtige Shotozumi-rengo
sich gegen eine unerwartet widerstandsfähige und reiche Al-
lianz aus Komun’go, First Nations und Dogmen übernimmt,
und Territorien zurückgewinnen, die er vor langer Zeit an
die Yakuza verloren hatte.
Anfang Mai (Woche 15–17): Henry Uribes Entourage
kommt am zweiten Zielort der Tour um den Pacific Rim
an: in Hongkong. Sie kommen gerade rechtzeitig, um zu-
gleich mit der ersten großen Lieferung ein Geschäft ab-
zuschließen, was sogleich zu einem Preiskampf auf dem
Drogenmarkt führt und die Triaden in Hongkong im
Kampf um die Spitzenstellung am Drogenmarkt gegenei-
nander aufhetzt.
GEISTERKARTELLE
Eine Gewaltspirale zwischen den Triaden der Black Chry-
santhemums und der Smoke Circle Society lässt Hongkongs
Unterwelt in Flammen aufgehen. Beide Seiten gehen ohne
jede Rücksicht in einen blutigen und erbitterten Feldzug.
Der Rest der Unterwelt-Mächte kreist wie die Aasgeier um
das Geschehen und ist bereit, sich auf den Ersten zu stürzen,
der Schwäche zeigt.
EIN NEUER KICK
Die Olaya-Delegation ist mit dem Abschluss zufrieden
und macht sich diskret auf die Weiterreise zum nächsten
Ziel. In Nordamerika und Europa haben die anderen De-
legationen ähnlichen Erfolg, obwohl die Alta Commissione
der Mafia in Europa beginnt, ihren Unmut zu äußern, dass
sie übergangen wurde.
Mai–Juni (Woche 18–22): Henry Uribes Entourage trifft
in Neo-Tokio ein, um die Verhandlungen mit dem Mita-gumi
abzuschließen. Die förmlichen Verhandlungen gehen eher
schleppend voran.
Die Olaya-Delegation verwickelt sich unwissend in ein
komplexes Geflecht aus Intrigen und Verrat, das vom Freien
Geist Jurojin gesponnen wird. Die japanische Unterwelt ist
uneins, und Jurojin hat eigene Motive, die Seiten in diesem
latenten Konflikt wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Mit
Hilfe des Mita-gumi, der Tempo an kleinere, ausländische
Verbrechergruppen weiterverkauft, manipuliert Jurojin die
Medien und den japanischen Rassismus, indem er Tempo als
ausländisches Laster darstellt, mit dem ausländische Krimi-
nelle Japan mit ihrem Schmutz besudeln wollen. Gleichzei-
tig stellt sich der Mita-gumi als traditioneller Verteidiger des
Volkes dar, um den eigenen Status zu erhöhen, hilft dabei,
mit den ausländischen Drogenhändlern und ihren Machen-
schaften aufzuräumen, und nimmt ihnen ihre Territorien.
Juni–August (Woche 20–28): Die Gewalt auf den Stra-
ßen und die Drogenkriminalität erreichen rund um den
Globus ungeahnte Höhen. Regierungen und Behörden re-
agieren langsam.
Die ersten Berichte über Nebenwirkungen des Tempo-
Missbrauchs werden ignoriert: Individuen, die nicht mit-
einander in Verbindung stehen – alles Tempo-Süchtige in
wichtigen Positionen oder Mitglieder anderer Syndikate –,
verursachen große Probleme, indem sie Sabotage durchfüh-
ren, die falschen Leute ärgern, Kämpfe anfangen und der-
gleichen mehr, was zu noch mehr Schwierigkeiten führt. Als
die Gang-Gewalt in Seattle sich zum Syndikatskrieg in meh-
reren großen Sprawls auswächst, versuchen Gangs, sich auf
den Markt zu drängen, sich als würdig für einen Handels-
vertrag zu erweisen oder sich mit größeren Mitspielern zu
verbünden, die den Handel stoppen wollen. Alle Fraktionen
der Unterwelt benutzen das Chaos, um Territorien wieder-
zugewinnen, alte Rechnungen zu begleiten, das Kräftegleich-
gewicht zu verschieben und nach der Macht zu greifen. Die
Schattengemeinschaft macht bei den Konflikten und Runs
rund um die Droge ein Mordsgeschäft (oft im wörtlichen
Sinne).
Mitte Juni (Woche 22–26): Die ersten internationa-
len, Bundes- und Landesbehörden beginnen mit Untersu-
chungen zu der neuen Droge. Die Medien werden immer
aufmerksamer und beginnen, nach der wahren Ursache
der Verbrechenswelle zu suchen, die die Straßen über-
schwemmt. Zumindest anfänglich wurde Tempo in der
Presse noch als „harmlos“ und als „leichte Freizeitdroge“
wahrgenommen, ähnlich MDMA (auch als Ecstasy bekannt)
– im Gegensatz zu den „harten“ Drogen wie Crack, Crystal
Meth oder Novacoke. Auch die Konzerne beginnen sich da-
mit zu befassen, vor allem wegen der Medienberichte und
des häufigeren Konsums durch Angestellte. Vor allem Hori-
55
 zon, Universal Omnitech, Aztechnology, Zeta-ImpChem und
andere, die mit Pharmazie oder Biochemie zu tun haben,
sind darunter.
Der gewaltige Druck und die deutliche Sichtbarkeit des
Tempo-Problems bereiten den anderen Geisterkartellen
zunehmend Sorgen. Nicht nur ihre eigenen Unternehmun-
gen sind gefährdet, sondern das Olaya-Kartell hat zudem
EIN NEUER KICK
ein Monopol auf die neue Droge, deren Reproduktion in
Labors sich als unmöglich erwiesen hat. Die Kartelle ver-
langen nach einem Gipfeltreffen, einem „Geister-Rat“ aller
großen Kartelle, auf neutralem Gebiet. Man entscheidet sich
für Los Angeles. Das Olaya-Kartell möchte auf dem Treffen
die anderen Kartelle beschwichtigen und Bedingungen für
eine Abgeltung aushandeln, wobei das Olaya die Verteiler-
netzwerke der anderen Kartelle benutzen dürfte, um Tempo
zu verschieben, wofür diese am Gewinn beteiligt würden.
Dadurch müsste das Olaya-Kartell keinen Zweifrontenkrieg
führen, und die anderen Kartelle hätten vitales Interesse da-
ran, den Handel mit Tempo aufrechtzuerhalten. Ein Termin
im September wird festgesetzt. Ein Repräsentant des Olaya-
Kartells, Sacristán, wird vorausgeschickt, um das Geheim-
treffen zu organisieren, und Henry Uribe setzt seine Tour
um den Pac Rim nach Wladiwostok fort.
Juni–August (Woche 24–32): Die Gewalt zwischen den
Syndikaten ebbt kurzfristig ab, und diese sichern ihre Zuge-
winne, schätzen Verluste und Schäden ein, gruppieren sich
neu und begraben die Toten. Während dieser Ruhephase
kommen die ersten Berichte über Todesfälle bei Langzeit-
konsumenten in die Medien: Die meisten kommen von
Überdosen oder anderem Drogenmissbrauch bei den Leu-
ten auf der Straße und „Unerwünschten“. Die Opfer wer-
den in den Medien oft als verwelkt, hohl oder Hüllen ihrer
selbst beschrieben. Partner von Süchtigen berichten oft von
Apathie, Depressionen, Abmagerung, geistiger Instabilität
und Unfähigkeit, irgendetwas, was nicht mit der Droge zu
tun hat, als schön zu empfinden. Verschiedene Gruppen –
andere Syndikate, Gesetzeshüter, Aztechnology und Aztlan,
und sogar Bürgerwehren, die die Opfer des Drogenkrieges
rächen wollen – versuchen, die Lieferungen der Droge an
ihren Ursprung zurückzuverfolgen.
Tempo verbreitet sich mit alarmierender Geschwindig-
keit über die ersten Verkaufsbereiche hinaus in entlegenere
Regionen.
Henry Uribes Tour geht weiter nach Seoul und Honolu-
lu. Aus Europa wird die Delegation der Olaya aber zurückge-
rufen, sobald die Alta Commissione ihr Missfallen über die
Frechheit des Kartells, die Famiglia verspotten zu wollen,
zum Ausdruck bringt, indem sie den Repräsentanten des
Kartells umbringen lässt.
August–September (Woche 32–38): Die Tempokri-
se, die nun weit mehr ist als ein einfacher Drogenkrieg,
hat ein alarmierendes Niveau erreicht. In der ganzen Welt
heben die Gegenden, die von der Gewalt heimgesucht
werden, genug von der Sache. Ausgehend von Japan und
sich verbreitend wie Dominosteine, die einander umwer-
fen, machen die Gesetzgeber Dampf und beschließen
harte Maßnahmen gegen Handel und Besitz von Tempo.
Die Auswirkungen auf Seattle sind immens – sowohl öf-
fentlich sichtbar als auch hinter den Kulissen – und einige
Politiker erleben einen Absturz ihrer Umfragewerte (wie
Kenneth Brackhaven), während andere ins Rampenlicht
zurückkehren (wie Josephine Dzhugashvili). Alles wegen
ihrer, tatsächlichen oder vermeintlichen, Maßnahmen zur
Eindämmung des Straßenterrors.
Endlich werden Regelungen und Programme zur Verbre-
chensbekämpfung eingeleitet. Lone Star und Konsorten ge-
56 GEISTERKARTELLE
hen schließlich offensiv vor, was neue Spannungen anheizt,
da die Polizei-Interventionen allen Geschäften schaden.
Nachdem Uribe zu Monatsanfang aus Honolulu nach
Portland gereist war, trifft er nun in Los Angeles ein, um die
Verhandlungen mit den Koshari und deren Verbündeten,
den Ancients, zum Abschluss zu bringen.
Anfang September (Woche 36): Nach Wochen der Vor-
bereitung soll der Geisterrat tagen. Repräsentanten aller
vier großen Geisterkartelle und einiger kleinerer Kartelle
treffen ein, und das Geheimtreffen wird in den Baltimore
Towers abgehalten. Leider sabotieren Aztechnology und das
David-Kartell die Veranstaltung gewaltsam, wodurch einige
Führungsfiguren umkommen und die Saat des Misstrauens
unter den Überlebenden gesät wird. Da sein Plan vereitelt
ist, schwindet die Einigkeit im Olaya-Kartell selbst. Riveros
kommt zu der Überzeugung, dass Salazar und Uribe sie ver-
raten könnten, wenn die Sache zu heiß wird, und schmiedet
eigene Pläne, um den Kopf aus der Schlinge zu ziehen – mit-
hilfe eines mysteriösen Verbündeten, der mit der wahren
Quelle von Tempo in Verbindung steht (siehe Das Geheim-
nis von Tempo, S. 173).
September–November (Woche 38–46): Das Olaya-Kar-
tell ist von den Rückschlägen und den Aktionen des David-
Kartells schwer getroffen, macht aber immer noch großen
Profit. Dennoch verliert es die Unterstützung der anderen
Geisterkartelle und beginnt, unter dem wachsenden Druck
zu leiden. Wenig überraschend beginnt Aztlan, andere Nati-
onen und Konzerne zur Zusammenarbeit in einem konzen-
trierten paramilitärischen Schlag gegen die Aktivposten des
Olaya-Kartells in Südamerika zu überreden. Interpol und
andere Behörden stehen dem positiv gegenüber, aber Ama-
zonien warnt, als es davon Wind bekommt, vor jeder Verlet-
zung neutraler Gebiete, was die Grenzfragen zur Drohung
eines Kriegs zwischen Aztlan und Amazonien verschärft, wo-
bei Caracas und Bogotá (die Hochburgen des Olaya-Kartells)
mitten in der Schusslinie lägen.
Die südamerikanische Front wird zu einer Brutstätte für
Spionage und Schattenaktivität, an denen beide Regierun-
gen, das Olaya- und David-Kartell, Interpol und andere Anti-
Drogen-Behörden beteiligt sind.
November (Woche 46–48): Das Militär von Aztlan ig-
noriert die Warnungen und unterstützt eine groß angeleg-
te paramilitärische Intervention durch Interpol und andere
Behörden in Caracas und Bogotá. Die Streitkräfte Aztlans
führen mit Zustimmung von Interpol und des Konzernge-
richtshofs Luftschläge gegen die Plantagen, Fabriken und
andere Aktivposten des Olaya-Kartells in einigen südameri-
kanischen Staaten – darunter auch Amazonien – durch. Ama-
zonien beschwert sich förmlich beim Konzerngerichtshof
und den Verantwortlichen bei Interpol und bringt danach
sein Militär in den entmilitarisierten Grenzgebieten um Bo-
gotá und Caracas in Stellung.
Interpol findet bei Razzien in Gebäuden von KondOrchid
und Riveros Applied Mimetics erdrückende Beweise, und Az-
technology versucht im Geheimen, die überlebenden Anfüh-
rer des Olaya-Kartells zu eliminieren. In die Enge getrieben,
machen zuerst Salazar und dann Riveros Deals mit Domingo
Ramos. Salazar bekommt einen Strafaufschub für seinen Kon-
zern und Riveros verschwindet in den offenen Armen von Az-
technology, gemeinsam mit den Geheimnissen von Tempo.
Das Olaya-Kartell ist beinahe vernichtet, der Bedarf an
Tempo ist höher als je zuvor, aber die weltweiten Vorräte
reichen nur noch für drei bis vier Monate. Die Angst vor ei-
nem Zusammenbruch der Versorgung erzeugt noch mehr
Unruhe in der Unterwelt.
 Ob das David-Kartell (oder Aztechnology) die Versor-
gung mit Tempo sicherstellen und die Territorien des Ola-
ya-Kartells übernehmen kann, wird in Geisterkartelle nicht
mehr behandelt. Künftige Shadowrun-Bücher werden dies
zeigen. Das Ende und die Auswirkungen der gewaltsamen
Erschütterung des weltweiten Status quo der Unterwelt so-
wie die Antwort auf die Frage nach dem wahren Plan der
Gruppe hinter Tempo werden ebenfalls in zukünftigen Bü-
chern behandelt.
FÜR UND WIDER
Spielleiter können sich an den folgenden Zusammenfassun-
gen über die Händler und Gegner von Tempo orientieren,
um ein Gefühl für die Mächte hinter den Ereignissen in Geis-
terkartelle und ihren Einfluss auf das Spiel zu bekommen.
DIE ÜBLICHEN VERDÄCHTIGEN
Syndikate verbünden sich selten, da sie einander die meiste
Zeit für Rivalen halten. Durch das Auftauchen von Tempo
werden sie wirklich zu einem „uneinigen Parlament“. Man
kann sich nicht auf ein gemeinsames Vorgehen einigen, und
die inneren Streitereien und Schwierigkeiten werden immer
größer.
Mafia
Der Mob, den man immer als traditionsverbundene, lang-
sam reagierende Organisation sah, musste sich in den letz-
ten Jahren modernisieren und Vorurteile über Bord werfen.
Der alte Kodex und die Omertá haben immer noch ihren
Sinn, doch Wettbewerb und die Notwendigkeit zur Anpas-
sung haben dazu geführt, dass sich die Geschäftsmethoden
der Mafia veränderten. Nun stellt die Tempo-Krise sowohl
eine Herausforderung als auch eine Chance für die Mob-Fa-
milien dar, die in der Commission in Nordamerika und der
Alta Commissione in Europa versammelt sind.
Die Mafia war immer eine große, dysfunktionale Famig-
lia, und das Auftauchen von Tempo ändert wenig daran.
Verschiedene Familien gehen damit unterschiedlich um. Ei-
nige kleinere von ihnen begrüßen es, da es als Droge „tra-
ditioneller“ und „natürlicher“ ist als Chips. Andere fassen es
(wenn überhaupt) nur mit spitzen Fingern an, da sie seine
„magische Verunreinigung“ verabscheuen. Wieder andere
sind vorsichtig und nehmen einen eher neutralen Stand-
punkt ein, vielleicht weil sie zu festgefahren sind, um sich
zu ändern, oder weil sie abwarten wollen, um nicht in An-
gelegenheiten verwickelt zu werden, die zu gefährlich oder
riskant sind, um ein Geschäft zu sein. Zum Teil erklärt sich
das Zögern dieser Familien dadurch, dass sie nicht wissen,
wer dahinter steckt, oder dass sie bereits im Bilde sind. Wa-
rum sollte man eine Droge fördern, von der ein Feind mehr
Gewinn hat?
In Seattle sind die meisten Familien entweder vorsichtig
oder gegen den Verkauf von Tempo, aber Rowena O’Malley
sieht die Yakuza stärker davon betroffen als sich selbst. Das
könnte genau die Gelegenheit sein, auf die sie gewartet hat.
In New Orleans machen die kleineren und ambitionierteren
Familien geheime Geschäfte mit dem Kartell, um Tempo di-
rekt unter den Augen der Dame zu verkaufen. Wo sich die
Mafia zahlenmäßig unterlegen fühlt, sind die Familien eher
willens, sich an dem Verteilernetzwerk zu beteiligen, weil sie
hoffen, dass die Tempo-Verkäufe sie stärken und wieder an
die Spitze bringen können. Das Olaya-Kartell versucht, die
Geschäfte mit der Mafia auf das notwendige Minimum zu
GEISTERKARTELLE
EIN NEUER KICK
beschränken, da sie ein direkter Konkurrent ist, führt deren
schwarze Schafe aber gerne von der Herde fort.
In Europa, wo die Cosa Nostra, Camorra und deren
Verbündete eine sichere Basis haben, sieht die Alta Com-
missione die Versorgung der kleineren Gruppen und Em-
porkömmlinge durch das Olaya-Kartell in sehr düsterem
Licht. Die finanziellen Einbußen durch das Einsickern von
Tempo in die europäischen Sprawls sind unbedeutend ge-
genüber der Frechheit des Kartells, die Alta Commissione
zu übergehen und nicht zuerst zur Mafia zu kommen. Dies
stellt einen inakzeptablen Präzedenzfall dar. Ein Kader der
besten Killer der Mafia, die Fratellanza, wird ausgesandt, um
sich mit der Olaya-Delegation zu treffen und eine Botschaft
zu überbringen. Sie finden die Delegation in Lissabon und
ermorden den Repräsentanten des Kartells. Die Botschaft ist
einfach: Wenn das Olaya-Kartell in Europa nicht mit der Ma-
fia Geschäfte macht, macht es mit niemandem Geschäfte.
Die amerikanische Mafia – besonders jene Familien, die
mehr mit BTLs und anderen digitalen Suchtformen Geld
verdienen und unter dem Schaden, den Tempo in ihrem
Markt anrichtet, leiden – geht in vielen Sprawls an der Ost-
küste ähnlich, wenn auch weniger direkt, vor. Die jüngere
Generation sucht aber nach Möglichkeiten, trotzdem zu pro-
fitieren – besonders unter den Leuten, die Tempo mit BTLs
zusammen nehmen. Diesen Trick hat sich der Mob von den
Triaden abgeschaut.
Yakuza
Die Yakuza, eindeutig die mächtigste und reichste interna-
tionale Verbrecherorganisation, war immer hervorragend
darin, sich Technologie und Tradition zunutze zu machen.
In den Jahren seit dem Crash 2.0 konnte sie wegen ihrer
technologischen Kenntnisse große Gewinne mit dem Ver-
kauf von BTLs und dem Ausnutzen des kabellosen Fort-
schritts machen. Illegale Downloads von BTLs wurden zu
einer wichtigen Einkommensquelle für die japanischen Ver-
brechersyndikate.
Offiziell stehen deshalb die Yakuza-rengos in Asien und
Nordamerika Tempo sehr feindselig gegenüber. Die Yakuza
57
 erhält nicht nur gerne eine Fassade der „Gutbürgerlichkeit“
aufrecht, wo immer sie auftritt (besonders in Japan), son-
dern die Droge schädigt ihren Absatz von BTLs und SimSinn
gewaltig, da die Konsumenten nach diesem einzigartigen
magischen Kick gieren. Selbst die leichte Erholung des Beet-
le-Marktes nach der Erfindung des Kombinierens von Tem-
po und BTLs hat die Yakuza mit der Droge nicht versöhnt.
EIN NEUER KICK
In Seattle und anderen nordamerikanischen Sprawls
schädigt Tempo den Handel der Yakuza mit BTLs deutlich.
Die Yakuza nutzt Gangs und Shadowrunner als Strohmänner,
um gegen die Tempo-Dealer und deren Unternehmungen
loszuschlagen. Besonders der Shotozumi-rengo ist wut-
entbrannt darüber, dass der Komun’go-Ring hinter seinen
Schwierigkeiten steckt, weshalb er sich auf einen Zweifron-
tenkrieg mit der Mafia und dem Seoulpa-Ring einlässt. Die
Kämpfe werden sehr heftig und sorgen für blutige Ausbrü-
che von Straßengewalt, was die Gesetzgeber dazu zwingt,
Maßnahmen zu ergreifen, um den Tempo-Handel in Seattle
ein für alle Mal zu unterbinden.
Auf der anderen Seite des Pazifiks sind die Fronten aller-
dings nicht so klar abgesteckt. Hier gibt es einige Clans, die
gerne die Profite eines Geschäfts mit dem Olaya-Kartell ein-
streichen wollen – zumindest scheint es so. In Japan spielt
Tempo den Plänen des Freien Geistes Jurojin für den Mita-
gumi und die latenten Konflikte zwischen der Yakuza Alter
und Neuer Schule in die Hände. Der Mita-gumi steht den
Avancen des Olaya-Kartells positiv gegenüber, plant aber,
Tempo an kleinere Gaijin-Syndikate weiterzuverkaufen, die
dadurch später zu Fall gebracht werden sollen, wodurch der
Mita expandieren kann, was die beiden großen Fraktionen
wieder ins Gleichgewicht bringen soll. Wenn Tempo erst
weit genug verbreitet und das Verbrechen auf den Straßen
auf einem Höhepunkt ist, möchte der Mita-gumi die Ver-
wicklung der Gaijin enthüllen.
Dies würde mit Sicherheit zu gewaltiger Empörung füh-
ren. Man darf ausländische Drogenhändler nicht tolerieren.
Die Polizei würde hart gegen sie vorgehen, und der Mita-
gumi könnte sich auf deren Territorien stürzen und das Va-
kuum füllen, das die Razzien hinterlassen hätten. Leider
sind andere Gumi nicht von der Expansion des Mita angetan
und rächen sich, indem sie gegen die Olaya-Delegation vor-
gehen.
Triaden
Die chinesischen Syndikate, die in Nordamerika manchmal
als Tongs bezeichnet werden, haben eine lange Geschichte
des Drogenhandels, die bis zu den Opiumhöhlen zurück-
reicht, die nach dem Opiumkrieg in der Mitte des 19. Jahr-
hunderts entstanden. Daher müsste man davon ausgehen,
dass sie Tempo recht positiv gegenüber stehen und den
Handel damit fördern oder daran teilnehmen. Die Triaden
in China sind aber uneins, und einige haben sich im Handel
mit BADs bereits mit südostasiatischen Drogenbaronen ver-
bündet. Tempo stellt also eher eine unwillkommene Kon-
kurrenz auf ihren Hauptmärkten dar. Zum Glück konnten
die Antennen des Olaya-Kartells einen potenziellen Partner
in Hongkong ausmachen: eine Triade aus Kowloon mit gu-
ten Verbindungen, die Black Chrysanthemums. Diese sehen
Tempo als ideales Mittel an, das örtliche Kräftegleichgewicht
zu verschieben und die marktbeherrschende Stellung der
Smoke Circle Society zu brechen. Die Drogendesigner von
Hongkong sind auch die ersten, die versuchen, Tempo mit
anderen Erwachten Drogen zu verschneiden.
Obwohl es in Amerika immer noch eine Tendenz zu Tra-
dition und ein Gefühl der Territorialität gibt, sind die Tria-
den ziemlich pragmatisch und haben sich der aufstrebenden
Technologie zugewandt. Die Triaden in Seattle und Los An-
58 GEISTERKARTELLE
ANDERE GEISTERKARTELLE
Es gibt zwar einige kleinere, lokal begrenzte Gruppen,
doch drei andere südamerikanische Kartelle dominieren
den internationalen Drogenhandel.
Das Anden-Kartell
Das Anden-Kartell hat seine Machtbasis in Guayaquil (Ecua-
dor) und wird von Manuel Tamayo geführt, einem ehema-
ligen Rinderbaron, der zum Drogenbaron wurde. Nachdem
die Sicherheitstruppen von Aztechnology angeblich seine
Familie getötet hatten, kletterte Tamayo rücksichtslos die
Leiter zur Spitze des Kartells empor und verwandelte es in
ein Werkzeug seiner Rache.
Das Anden-Kartell ist eines der traditionsbewusstesten
Geisterkartelle, und seine Hauptinteressengebiete liegen in
Peru, dem südlichen Amazonien und Argentinien. Tamayo
und sein Kartell waren Aztechnology immer ein Dorn im
Auge und unterstützten offen den Great-Colombia-Polik-
lub. Daher traf sie die Konsolidierung des David-Kartells
im südlichen Aztlan (einem früheren Stützpunkt des An-
den-Kartells) nach der Befriedung Yucatáns am härtesten.
Dennoch wütet Tamayos Rache weiter. Nur einer der sechs
Männer, die für den Tod seiner Familie verantwortlich wa-
ren, hat überlebt: Diego Chávez, der Vorstandsvorsitzende
von Aztechnology.
Das Morales-Kartell
Ein hinterlistiger Zwerg namens Angel Fuentes führt das
Morales-Kartell, das auf Boliviens Drogenexporte fast ein
Monopol hat. Es ist wohlbekannt, dass Fuentes Sympathie
für Boliviens kommunistische Regierung hegt, aber man
kann nur schwer feststellen, wer wen manipuliert. Vieles an
der unheiligen Allianz zwischen dem Regime von El Com-
mandante und dem Morales-Kartell bleibt verborgen. Das
Kartell soll als Velazcos geheime Eingreiftruppe dienen,
vor allem in Peru und Paraguay, wo es linke Aufständische
gegen Limas Regierung, die von Japanokons gestützt wird,
unterstützt und bewaffnet – anscheinend, ohne dabei etwas
zu verdienen. Es heißt, das Morales-Kartell soll im Dschun-
gel von Paraguay einige geheime Labors besitzen, die an
Drogen mit parazoologischem Ursprung arbeiten, wobei
die Technologie dafür von Boliviens charismatischem Dik-
tator kommen soll.
Außerhalb von Südamerika hat das Morales-Kartell
gute Verbindungen zu kleineren Syndikaten in Südeuropa
und Nordafrika.
Das Cachoeira-Kartell
Der Boss des Cachoeira-Kartells ist ein gefährlicher Amazo-
nier namens Zeca Diabo, ein ehemaliger Killer der Metró-
pole-Ganglords und südamerikanischer Politiker. Niemand
weiß genau, wie er an die Spitze des Cachoeira-Kartells
kam, aber niemand wagt es, seine Autorität in Frage zu
stellen. Dabei ist es sicher von Vorteil, dass er angeblich
ein Vampir ist. Die Machtbasis des Kartells ist die Ciudad
del Este (Paraguay), und es beherrscht den Großteil der
Drogenschmuggel-Routen von und nach Argentinien und
Amazonien mit Schnellbooten oder Drohnen, die von ver-
steckten Flugfeldern aus abheben. Es gibt Gerüchte, Zeca
Diabo hätte Übereinkünfte mit Bonzen im argentinischen
Establishment. Diese sollen für sicheres Geleit durch die
Militärgrenze sorgen, wofür das Cachoeira-Kartell Waffen
und Hilfsgüter an die Rebellen in Uruguay liefern soll, die
Amazonien so plagen.
geles sind es auch, die, inspiriert durch ihre Pendants in
Hongkong, als erste BTL-Technologien, vor allem Emotions-
verstärker oder „Moodies“, mit Tempo verbinden, um neue
Erfahrungen zu ermöglichen. Die amerikanischen Triaden
sind erpicht, die Verluste während des ersten Tempo-Booms
wettzumachen, und machen Geschäfte mit den örtlichen
Partnern des Olaya-Kartells, um Tempo in exklusiven „Tem-
po-Höhlen“ zu verkaufen.
Vory v Zakone
Die russische Mafia hat als ziemlich bösartige und praktisch
veranlagte Organisation generell wenig Probleme mit Tem-
po, solange sie ihren Anteil erhält. Erst wenn die Droge ih-
ren Geschäften im Weg steht, durch Verkäufe, Gewalt oder
vermeintliche Respektlosigkeit (wie das Eindringen in Ter-
ritorien), gehen die Vory dagegen vor, indem sie entweder
eine Einschränkung oder andere Konzessionen verlangen,
die sie zufriedenstellen können.
Das abgeschottete Wesen der Organizatsi ist von Vorteil.
Manchmal wendet sich das Olaya-Kartell sogar als Erstes an
einzelne Vory, weil es von deren brutalen, effizienten Metho-
den beeindruckt ist und nach künftiger Unterstützung zur
Kontrolle von Angebot und Nachfrage sucht. Das Olaya-Kar-
tell schreckt zwar vor den mächtigen russischen Avtoriets
(Bossen) zurück, hat aber keine Scheu, mit den Fraktionen
der Vory auf Straßenniveau in Wladiwostok und St. Peters-
burg Geschäfte zu machen. Chips oder Drogen machen für
die Vory keinen Unterschied; keins von beiden wird bevor-
zugt. Doch das Gewinnstreben könnte andere Prioritäten
setzen, wenn der Drogenkrieg sich zuspitzt.
Koshari
Die Koshari haben ihren Ursprung im Pueblo Corporate
Council und stammen von der Kachina Society und SAIM
aus den Tagen des Lone-Eagle-Vorfalls ab. Sie konnten selbst
nach der Gründung des PCC keinen Platz in der Gesellschaft
finden, gingen in den Untergrund und wurden eine Verbre-
cherorganisation. Von ihrer Basis im Pueblo aus operieren
sie auch in Denver, Las Vegas und Los Angeles. Sie sind auf
Schmuggel spezialisiert: meist BTLs, CalHot-Moodies, Desi-
gnerdrogen und Telesma. Zudem nutzen sie geschickt jede
Gelegenheit, sich bei anderen illegalen Aktivitäten zu enga-
gieren (wie der Fälschung von IDs, Prostitution, Schutzgeld
u.ä.). Genau diese Flexibilität in Verbindung mit der Macht,
die sie angehäuft haben, zieht die Geisterkartelle bei ihrer
Suche nach örtlichen Verteilern für ihre beabsichtigten Tem-
po-Märkte an. Sie sind das Paradebeispiel für das, was das
Olaya-Kartell bei seinen Allianzen sucht.
Wie der Komun’go-Ring bedienen sich die Koshari ver-
schiedener Gangs und anderer Kontakte, um Tempo auf die
örtlichen Märkte zu bringen oder Lieferungen zu schützen,
wie der Ancients und Los Verdugos in Los Angeles, einiger
indianischer oder Metamenschen-Gangs in Denver und Ve-
gas und der örtlichen Abteilungen der Ancients anderswo.
Als Tempo populärer wird, sind die Koshari nur allzu be-
reit, den Verkauf von Beetles komplett aufzugeben, damit
sie die Droge bestmöglich an den Mann bringen können. Sie
verwenden ihre technologischen Ressourcen darauf, ihren
Markt kontinuierlich mit der Droge zu versorgen.
DIE GEISTERKARTELLE
Die Geisterkartelle stammen von den großen Drogenkartel-
len Mittel- und Südamerikas im späten 20. Jahrhundert, den
Narcotrafficantes, ab. Diese waren vor allem für ihr aggres-
sives, gnadenloses und oft sehr gewalttätiges Vorgehen bei
GEISTERKARTELLE
Anbau, Produktion, Transport und Verteilung von Drogen
wie Marihuana und Kokain bekannt. Im 21. Jahrhundert
schlossen sich einige dieser Drogenkartelle zusammen und
legten den Grundstein für das, was heute als Aztechnology
bekannt ist, das wiederum eine wichtige Rolle bei der Grün-
dung von Aztlan spielte. Sie machten den anderen Kartellen
ein Angebot, das diese nicht ablehnen konnten: sich anzu-
EIN NEUER KICK
schließen und ihnen (als AZT oder als Regierung) zu dienen,
oder ausgelöscht zu werden.
Die Kartelle, die das überlebten, flohen in ihre Basen in
Südamerika (vor allem nach Kolumbien und Brasilien), ver-
kauften weiter Drogen und unterdrückten die Konkurrenz
der BTLs mit legalen und illegalen Mitteln. Als die Regierung
von Amazonien langsam flügge wurde, taten die Kartelle,
was sie konnten, um ihr zu helfen, um später Gefallen ein-
fordern und die Aufmerksamkeit von ihren Geschäften ab-
lenken zu können, damit sie weiter gedeihen konnten. Mit
der Zeit setzten sie sich in den Randgebieten Amazoniens
fest und vollführten einen Drahtseilakt, der sie überleben
– oder von den Toten auferstehen – ließ. Daher der Name
„Geisterkartelle“.
Die Geisterkartelle bestehen aus dem Olaya-, dem An-
den-, Morales-, Cachoeira- und vielen anderen, „kleineren“
Kartellen (wie der Castañeda-Gruppe), die aber durchaus lo-
kale Größen darstellen. Trotz ihrer Rivalitäten unterstützen
diese Kartelle einander fallweise, da sie erkennen, dass der
Gewinn auf diese Weise höher ist, als wenn man sich in in-
neren Streitigkeiten aufriebe. Sollte etwas den Gewinn aller
Beteiligten bedrohen, kann man mit Sicherheit davon ausge-
hen, dass der Übeltäter erbarmungslos bestraft wird.
Die Geisterkartelle zogen schließlich das große Los, als
sie begannen, mit Biotechnologischen Erwachten Drogen
(BADs) zu dealen. Wie die Narcotrafficantes die Erwach-
ten Pflanzen verändern konnten, kann noch immer nur
spekuliert werden, aber die Ergebnisse sind unzweifelhaft.
Verschiedene BADs eroberten den Weltmarkt während der
letzten Jahre im Sturm und ermöglichten den Junkies ver-
quere Einblicke in die Erwachte Welt. „Verquer“ deshalb,
weil einige dieser Substanzen anscheinend interessante Ne-
benwirkungen außer der Sucht haben. Ob dies Absicht ist,
wird sich zeigen.
Das Olaya-Kartell
Einer der wichtigsten Vertreter der Geisterkartelle von Süd-
amerika, das Olaya-Kartell (das frühere Cali-Kartell), ist ver-
antwortlich für die Herstellung und Verbreitung von Tempo.
Das Kartell unterstützt den Glauben daran, es produziere
Tempo selbst, aber dem ist nicht so. Sein Hauptquartier liegt
in Guayaquil, andere Stützpunkte befinden sich in Bogotá
und Caracas. Zudem hat es gute Verbindungen zu Teilen der
amazonischen Regierung. Die Gruppe benutzt KondOrchid,
einen transnationalen Transport- und Logistikkonzern im
Besitz des Kartellbosses Jaime Salazar, häufig zur Lieferung
versteckter Drogenladungen im Pacific Rim, Südatlantik und
anderswo. KondOrchid steht diesbezüglich schon lange im
Verdacht, konnte aber nie überführt werden, da der Kon-
zern sehr geschickt beim Verstecken der Ladung in seinen
Schiffen und beim Ausnützen seines extraterritorialen Status
ist. Das Kartell nutzt KondOrchid und bedient sich anderer
Schmuggler entlang des Anden-Highways und über die Mu-
ralha Verde, um die Droge in ihren verschiedenen Stadien
zur Weiterverarbeitung und Verteilung an die weltweiten
Märkte zu transportieren.
59
 Kondorchid
Firmensitz: Guayaquil, Ecuador
Präsident: Jaime Salazar
CEO: Anibal Casimiro Pereira
Tochterfirmen: KondOrchid Cargo, Tradex, Ribamar Ship-
building and Offshore Construction, PanAmerican Rail
KondOrchid ist ein Transport- und Logistikkonzern,
EIN NEUER KICK
als AA eingestuft, und die legale Fassade für das Ola-
ya-Kartell. Einst war KondOrchid eine amerikaweit
tätige Transportgesell-
schaft, bis Salazar sein
Vermögen an Drogen-
geld in ein weitverstreu-
tes Portfolio investierte,
was KondOrchid im Jahr 2061 endlich die AA-
Einstufung einbrachte. KondOrchid hält über einige
Scheinfirmen in Bogotá auch Anteile an Aerial Industries,
einer südamerikanischen Tochterfirma der Deutschen Zep-
pelinwerke in Metrópole, und nutzt das riesige Netzwerk an
Zeppelin-Routen zum Transport seiner Güter (und Drogen)
nach Amazonien und sogar Aztlan. Seine Frachtschiffe ver-
kehren auf den Handelsrouten des Pazifiks und der Karibik.
Das Engagement im Atlantik ist deutlich gewachsen, um das
Vakuum zu füllen, das von der einst mächtigen Gunderson
Corporation in Miami hinterlassen wurde.
Im Geheimen wickelt KondOrchid den Drogenhandel in
Südamerika von Ecuador zu anderen Sprawls und darüber
hinaus ab. Vor Ort ist es ein offenes Geheimnis, dass der Kon
ein Werkzeug der Kartelle ist, aber mit Ausnahme von Azt-
lan und Amazonien wagt es keine Regierung in Südamerika,
sich den Zorn der Kartelle zuzuziehen. Die Schiffe, Zeppeli-
ne und Lastwagen fahren unbehelligt weiter. In Nordameri-
ka und im Fernen Osten geht KondOrchid viel diskreter vor
und nutzt seinen extraterritorialen Status so weit wie mög-
lich aus, um offizielle Untersuchungen zu behindern.
DIE TEMPO-WELTTOUR
Ein Teil von Geisterkartelle konzentriert sich zwar auf die
Delegation am Pacific Rim, aber es gibt auch einige andere
Touren, die für reibungslose Lieferung und gut organisierte
Verteilung rund um die Welt sorgen sollen. Dabei werden
die nordamerikanische Ostküste, Europa und Afrika bereist.
Pacific Rim
Unter Führung von Henry Uribe startet die Tour am Pacific
Rim im Seattle Metroplex. Von dort geht es nach Hongkong,
Neo-Tokio, Wladiwostok, Seoul und schließlich nach Los An-
geles. Die Hauptroute zur Verteilung von Tempo soll gesi-
chert werden – selbst wenn alle anderen Touren erfolglos
sind, kann die Droge von diesen Städten aus in andere im
Inland verbreitet werden. Der Transport durch KondOrchid
hat in diesem Gebiet auch die höchste Erfolgswahrschein-
lichkeit, worauf das Olaya-Kartell in der Zeit nach der Tour
zählt. Zudem haben die meisten Organisationen, mit de-
nen das Kartell zusammenarbeiten will, Niederlassungen,
Verbündete oder Kontakte in anderen Gebieten; wenn hier
Übereinkünfte erzielt werden, haben die anderen Touren
größere Erfolgschancen.
Nordamerika
Diese Tour wird von Mário Gomez, einem Protegé von Hen-
ry Uribe, geleitet und startet in Miami (Karibische Liga).
Danach geht es nordwärts nach New Orleans (CAS), östlich
60 GEISTERKARTELLE
nach Atlanta (CAS), nördlich entlang der Küste der UCAS
nach Washington, New York, dann westlich nach Detroit,
Gary und schließlich nach Cheyenne, wo im Frühherbst das
Ziel erreicht wird. Die letzten beiden Städte auf dieser Tour
beherbergen Koshari oder entrechtete Ute, die sich nur zu
gerne beweisen wollen. Daher wurden sie eher pro forma
hinzugefügt, da es wenig Überredungskunst brauchen wird,
um das Produkt des Kartells dort auf den Markt zu brin-
gen. Die konzernbeherrschten Städte auf dieser Tour
verlangen mehr Finesse,
damit die Diplomaten-
gruppe nicht nur sicher
zwischen ihnen reisen
und ihre Kontakte knüp-
fen kann, sondern auch sicherstellen kann, dass
diese Individuen, Gangs oder anderen Organisatio-
nen Tempo auf ihre Märkte bringen können und wollen.
Europa
Die europäische Tour hat eine schwere Aufgabe. Die Szene
in Europa ist zwischen der Mafia, den Vory und den verschie-
denen örtlichen, ethnisch bestimmten Mobs polarisiert. Das
Olaya-Kartell hat entschieden, sich an kleinere Fraktionen zu
wenden, um einen Verhandlungsvorteil zu bekommen und
Konflikte zu vermeiden. Das bedeutet eine Missachtung der
Alta Commissione und eine Vermeidung der Vory, wo immer
das möglich ist. Filipe Munoz, ein hochstehender Exec bei
KondOrchid, soll die Tour unter dem Deckmantel einer Ex-
pansion von KO in europäische Länder anführen.
Die Reise beginnt in St. Petersburg. Das Olaya-Kartell
verhandelt mit den örtlichen Vory und weicht den mäch-
tigen Roten Avtoriets in Moskau aus, im Vertrauen darauf,
die Vory in St. Petersburg und Wladiwostok könnten ihre
eigenen Geschäfte im russischen Hinterland machen. Die
Delegation besucht kurz Oslo, um mit einer Allianz lokaler
Viking-Gangs eine Übereinkunft auszuhandeln. Von dort
geht es weiter nach Amsterdam, wo sie mit der Dutch Peno-
se ins Geschäft kommt. Die Eskalation der Gewalt zwischen
dem holländischen Syndikat und der Tremaine-Guliyev-Or-
ganizatsi wegen Tempo erfasst große Teile Amsterdams, was
die Alta Commissione auf die Vorgänge aufmerksam macht.
Nach Amsterdam reist man schnell nach Liverpool, um mit
den Yardies zu verhandeln. Der folgende Besuch des Olaya-
Kartells in Marseille und GeMiTo erregt den Zorn der Alta
Commissione – das respektlose Eindringen in traditionelles
Mafia-Gebiet kann nicht ungestraft bleiben.
Dem muss deutlich Ausdruck verliehen werden. Als die
Delegation in Lissabon, dem letzten Halt, ankommt, werden
Munoz und seine Bewacher in aller Öffentlichkeit von ei-
nem Einsatztrupp der Mafia hingerichtet.
Afrika
Ein in Ungnade gefallener amazonischer Diplomat und Ver-
handler für das Olaya-Kartell, António Cordoba, hat die Auf-
gabe, eine kurze Tour durch die Umschlagplätze Afrikas und
des Nahen Ostens zu machen. Die dortigen Märkte werden
nicht als sonderlich profitabel betrachtet, aber das Kartell
will überall Gewinn herausschlagen.
Das Kartell hofft, durch eine Partnerschaft mit den Grau-
en Wölfen in Istanbul Zugang zum Schwarzmeergebiet und
nach Südosteuropa zu bekommen. Aus der Türkei reist die
Delegation nach Beirut, wo eine Gruppe der Hamas nach
glänzendem Erfolg mit den Kostproben an weiteren Ge-
schäften interessiert ist. Kairo wird zu einem unerwartet
problematischen Aufenthalt, weil in der Stadt nach einer
Reihe magischer Anschläge durch eine Terroristengruppe,
die sich Kult der Isis nennt, Ausgangssperre herrscht und
Reisebeschränkungen erlassen wurden. Die Geschäfte mit
dem Syndikat Al-Akhirah Aswad Mayid können dennoch
abgeschlossen werden. Aus Kairo reist die Delegation wei-
ter ins gesetzlose Lagos, wo Cordoba die Handelsrechte für
Tempo unter den Warlords der verwilderten Stadt verstei-
gert. Zum Leidwesen der Meistbietenden wird die Strategie
des Olaya-Kartells bekannt, sodass einige der ersten Liefe-
rungen überfallen werden und verschwinden.
Der letzte (ereignislose) Aufenthalt der Tour ist in Kap-
stadt, wo das Olaya-Kartell Kontakte zu den Hard Time Kids,
einer der größten Gangs im Randgebiet und den umliegen-
den Townships, knüpft.
SCHATTENBESETZUNG
Die folgenden Individuen sind die treibenden Kräfte hinter
dem Olaya-Kartell, der Gruppe, die das Tempo-Phänomen
und damit den großen Unterweltkrieg auslöst. Alle drei Cha-
raktere nehmen in unterschiedlichem Maße an der Hand-
lung der Kampagnenstränge in Geisterkartelle Anteil. Die
Interaktion der Spielercharaktere mit den meisten von ih-
nen sollte zwar begrenzt bleiben; dennoch werden sie hier
zu Nachschlagezwecken vorgestellt. Bedenken Sie, dass die-
se Individuen zu den gefährlichsten und listigsten kriminel-
len Gehirnen der Welt zählen.
JAIME SALAZAR
Jaime „Der Boss“ Salazar ist CEO von KondOrchid, gern ge-
sehener Gast auf der Grand Tour und ein „besorgter Bürger“
von Amazonien. Mit Hilfe seines Onkels Henry Uribe hat er
die Reste des Cali-Kartells zum Olaya-Kartell geformt – und
damit zu der Macht in der Unterwelt, die es heute darstellt.
Darüber hinaus nutzte Salazar seinen halsabschneiderischen
Geschäftssinn und seine Vorliebe für riskante Manöver, um
sein Familienunternehmen – den südamerikanischen Trans-
port- und Logistik-Giganten KondOrchid – zum AA-Status zu
verhelfen.
Salazar ist Ende Dreißig. Er ist zwar verheiratet und hat
ein paar kleine Kinder, ist aber ein bekannter Playboy und
hat einige Geliebte. Seine dunklen, ausdrucksstarken Augen
deuten auf ein ähnlich dunkles Seelenleben hin. Er ist im-
mer makellos gekleidet und bevorzugt konservative Outfits.
Salazar spielt den lateinamerikanischen Aristokraten in jeder
Faser seines Seins: höflich, erfahren, leidenschaftlich und
unmoralisch zugleich.
Sein Führungsstil ist zwar immer noch kühn und unkon-
ventionell, doch ist er seit den frühen Jahren an der Spitze
des Kartells etwas sanfter geworden. Er gibt sich heute mit
überraschenden Manövern und kühnen Ideen zufrieden
– weshalb er auch Tempo auf den Weltmarkt bringen will.
Wie sein Onkel ist Salazar ein kolumbianischer Nationalist
und unterstützt neben dem Great-Colombia-Policlub auch
andere separatistische Bewegungen. Die Vorstellung, seine
Heimat würde zwischen Amazonien und Aztlan aufgeteilt,
ist ihm ein Gräuel.
K G R S C I L W EDG ESS INI ID
5 (6) 3 (4) 5 (9) 4 (5) 7 5 4 6 5 1,45 10 (14) 1 (4)
Zustandsmonitor (Körperlich/Geistig): 11/11
Panzerung: 13/8
Fertigkeiten: Amazonisches Portugiesisch N, Fertigkeits-
gruppe Athletik 4, Aztlanisches Spanisch 5, Einfluss 4, Ein-
schüchtern 5 (Körperlich +2), Englisch 5, Fertigkeitsgruppe
Feuerwaffen 5, Führung 6, Gebräuche 5 (High Society +2),
GEISTERKARTELLE
Geisterkartelle 6, Geschichte Kolumbiens 5, Geschichte La-
teinamerikas 4, Klingenwaffen 5 (Machete +2), Konzern-
politik 4, Religionen Lateinamerikas 4, Straßendrogen 4,
Waffenloser Kampf 3
Gaben und Handicaps: Bodytech-Sucht, Außergewöhnli-
ches Attribut (Charisma), Mut
Bodytech: (alles Deltaware) Adrenalinpumpe (3), Drachen-
EIN NEUER KICK
haut, Nickhäute, Orthoskin (3), Hyperschilddrüse, Kompo-
sitknochen (Titan), Reflexbooster (3), Schadenskompensator
(11), Thrombozytenfabrik
Ausrüstung: Ein Schrank voll maßgeschneiderter Anzüge
(Mortimer of London), formangepasste Halbkörpanzerung
[Thermische Isolierung (6)], verspiegelte Kontaktlinsen
(Blitzkompensation, Smartlink, Bildverbindung), Eichiro
Hatamoto II im Schnellziehholster, Goldanhänger (Kruzi-
fix), Ring mit großem Smaragd (verankerter Zauber: Astrale
Barriere Stufe 5; Auslöser: Berührung des Smaragds mit den
Lippen), Medizinbeutel (verankerter Zauber: Schildbrecher
Stufe 5; Auslöser: Kontakt mit magischer Barriere), Rolex
aus Platin (verstecktes Kommlink mit Hautlink und Nanot-
roden, [Firewall 6, Prozessor 6, System 6, Signal 6; Analyse
6, Ausnutzen 6, Schwarzer Hammer 6, Scannen 6, Agent 6
(Pilot 4)]
Waffen:
 Faust [Waffenlos, Schadenscode 6K, Reichweite 0]
 Machete [Klingenwaffen, Schadenscode 6K, Reichweite 1]
 Eichiro Hatamoto II [Schwere Pistole, Schadenscode 7K,
PB –1, Modus EM, RK 0, 1 (m), Smartgunverbindung, Ent-
fernungsmesser]
HENRY URIBE
Der frühere kolumbianische Senator Henry Uribe hat den
Spitznamen „Der Diplomat“ wegen seiner Fähigkeit, bei-
nahe mit jedem zu verhandeln und zu sprechen. Er ist seit
mehr als zwei Jahrzehnten der internationale Gesandte des
Geisterrats und noch länger eine Führungsfigur des Olaya-
Kartells.
Uribe ist ein silberzüngiger, freundlich aussehender und
distinguierter Mann Anfang Sechzig. Er ist der Onkel von Jai-
me Salazar, hat aber selbst keine Frau und Kinder, da die
Geschäfte des Olaya-Kartells ihn zu sehr mit Beschlag bele-
gen und er meint, es gäbe genügend Brüder und Schwes-
tern, die den Stammbaum weiter bestehen lassen könnten.
Er geht mit jeder gesellschaftlichen Situation gelassen um,
fähig, nach einem Gespräch mit den untersten Schichten
der Unterwelt sofort auf den richtigen Ton gegenüber dem
Premierminister eines Landes umzuschalten. Uribe hat zwar
viele Freunde und Verbündete in der Regierung Amazoni-
ens, der Römisch-Katholischen Kirche (sein Bruder Alfonso
ist Bischof) und in amazonischen Policlubs wie dem Great
Columbia, doch haben ihm seine Versuche, BTLs von Süd-
amerika fernzuhalten, einige Feinde bei Aztechnology und
der Mafia gemacht.
Er ist vollkommen skrupellos und hält jeden anderen,
sogar seine Stellvertreterin Sacristán, für entbehrlich. Uribe
ist als diplomatischer Experte, dem ein gewaltiger Ruf vor-
auseilt, geradezu prädestiniert dafür, die Olaya-Delegation
zu ihren Kunden rund um den PacRim anzuführen.
K G R S C I L W EDG ESS INI ID
4 3 3 4 6 4 5 5 3 5,51 7 1
Zustandsmonitor (Körperlich/Geistig): 10/11
Panzerung: 9/4
Fertigkeiten: Amazonisches Portugiesisch N, Aztlanisches
Spanisch 6, Chinesisch 5, Einschüchtern 5 (Geistig +2), Eng-
lisch 5, Fertigkeitsgruppe Feuerwaffen 4, Führung 5 (Über-
zeugen +2), Gebräuche 6 (Diplomatie +2), Geisterkartelle
61
EIN NEUER KICK
6, Geschichte Lateinamerikas 4, Japanisch 5, Klingenwaffen
4 (Machete +2), Straßendrogen 4, Überreden 6 (Verführen
+2), Verhandlung 6
Bodytech: Penisimplantat (Deltaware), Maßgeschneiderte
Pheromone (3, Betaware), Leonisation
Ausrüstung: Ein Dutzend Anzüge (Synergist Business Line)
[Schockstreifen, Elektrische Isolierung (5) und Thermische
Isolierung (5)], formangepasste Halbkörperpanzerung, Fair-
light Caliban mit Vector Xim, Machete, Smartlinkkontakte,
antike Rolex, Medaillon von St. Christophorus (reines Sil-
ber)
Waffen:
 Ares Predator IV (2) [Schwere Pistole, Schadenscode 5K,
PB –4, Modus HM, RK 0, 15 (s), Smartgunverbindung,
Persönlicher Stil (1; vergoldet), APDS-Geschosse, 4 Extra-
magazine]
 Yamaha Pulsar [Taser, Schadenscode 6G(e), PB –Hälfte,
Modus HM, RK 0, 4 (m), Smartgunverbindung]
GRACIELA RIVEROS
Graciela Riveros ist eine der wenigen erfolgreichen Frauen
bei den Geisterkartellen. Sie stieg zur Jefa des Zweigs in Ca-
racas auf, indem sie doppelt so rücksichtslos und tückisch
vorging wie ihre männlichen Konkurrenten. Ihr Spitzname
„Die Schöpferin“ kommt sowohl von ihrer gentechnischen
und biotechnologischen Arbeit in ihrer eigenen Firma (Ri-
veros Applied Mimetics) als auch daher, dass sie sich selbst
mithilfe von Technologie quasi „neu geschaffen“ hat. Ihre
Forschungen sind Grundlage für den Großteil, wenn nicht
die Gesamtheit, der BADs des Olaya-Kartells. Außerdem
ist sie das Verbindungsglied zwischen dem Kartell und der
Quelle des Rohmaterials – einer Geheimorganisation in
Amazonien, die sich Primeira Vaga nennt –, und sie ist als
62 GEISTERKARTELLE
einzige im Kartell in das Geheimnis der Herstellung von
Tempo und den Grund für die Unmöglichkeit, es im Labor
zu reproduzieren, eingeweiht.
Graciela Riveros ist eine attraktive Blondine, die etwa
zwanzig Jahre alt scheint, was zum Gutteil an intensiver
Nutzung der Gentherapien und Biomod-Techniken ihrer
eigenen Firma liegt. Hinter ihrem attraktiven Äußeren ver-
birgt sich ein kaltes, berechnendes Wesen. Riveros ist eine
geborene Manipulantin und zugleich heftigen Stimmungs-
schwankungen unterworfen. Sie ist unerbittlich, hochintel-
ligent und nutzt alle Informationsquellen, um sich auf dem
Laufenden zu halten – von den neuesten Entwicklungen
der Gentechnik bis hin zu den politischen Verwicklungen
in Caracas.
Abgesehen von ihrer offensichtlichen Loyalität zum
Olaya-Kartell fühlt sie sich niemandem verpflichtet. Wäh-
rend der Kampagne in Geisterkartelle gerät Riveros in die
Zwickmühle und muss sich ihren Weg freikämpfen, was sie
mit rücksichtslosem Pragmatismus, einem starken Selbster-
haltungstrieb und ein wenig Hilfe von unerwarteter Seite
schafft (siehe Kapitel 4, Todesstoß).
K G R S C I L W EDG ESS INI ID
4 3 4 3 4 5 6 4 4 4,33 9 1
Zustandsmonitor (Körperlich/Geistig): 10/10
Panzerung: 5/3
Fertigkeiten: Amazonisches Portugiesisch N, Arcana 1, Fer-
tigkeitsgruppe Athletik 1, Aztlanische Zeichensprache 4, Azt-
lanisches Spanisch 6, Biochemie 6 (BADs +2), Caracas 4,
Einfluss 4, Englisch 6, Exotische Fernkampfwaffen (Mund-
Pfeilpistole) 3, Gentechnik 6 (Genetische Infusionen +2),
Handwerk 3 (DNArt +2), Latein 4, Medizin 5, Olaya-Kartell
5, Parabotanik 5, Politik 3, Schnellfeuerwaffen 4, Straßen-
drogen 6, Wahrnehmung 2 (5)
Gaben und Handicaps: Gezeichnet, Geisterpakt
Bodytech: (alles Deltaware) Vitalmonitor, permanente
Genetische Infusionen (Braveheart, Endure, Inspiration,
Sideways), wiederverwendbares Injektionssystem, Magen-
nervstimulator, Mund-Pfeilpistole (geladen mit K–10), mo-
difizierte Shiawase Executive Suite Goldline [implantiertes
Kommlink (äquivalent Fairlight Caliban mit Iris Orb Be-
triebssystem), Bildverbindung, Aufmerksamkeitsbooster (3),
Datenbuchse (mit Datenbuchsengravur), Mathematische
SPU, Smartlink]
Ausrüstung: Geschäftsanzug (Armani), Egelband, lederne
Börse, Make-up, Lucifer Taschenlampe (10 Stunden Brenn-
dauer), zwei Dosen Gegengift gegen Ekyelebenle, leder-
ner Rucksack (Medkit, Chemie-Kit, zwei Dosen Kunsthaut,
Rolle mit zwanzig leeren Patches, Atemgerät mit Anschluss-
möglichkeit für Inhalatoren, Einsatz enthält zwei Dosen
Long Haul und zwei Dosen Overdrive, Chemsniffer (6)),
Gatorskin-Kleidersack (drei Sätze Kleidung, Ersatz-Chemie-
Kit, Hazmat-Anzug, Optochips mit Backup der Dokumenta-
tion über Produktion und Testreihen von Tempo)
Waffen:
 PPSK–4 Faltbare Maschinenpistole [Automatische Pistole,
Schadenscode 6G, PB +2, Modi HM/SM, RK (1), 30 (s),
Smartgunverbindung, verbesserte Sicherheit (biomet-
rischer Scanner, nur Riveros), Piloten-Upgrade (Pilot 3,
Firewall 6) und Munitionswechselautomatik; das Magazin
ist mit Kapselgeschossen geladen, abwechselnd Dopadrin
mit DMSO, Ekyelebenle-Gift und eine Säure Stufe 6 (jeweils
10 Schuss), die Wirkungen werden separat verrechnet]
Anmerkungen: Riveros ist als lebendes Geistergefäß vorbe-
reitet (Straßenmagie, S. 111) und hat durch experimentelle
Genetische Infusionen Essenz verloren.
BESESSENE RIVEROS
K G R S C I L W EDG ESS INI ID
4 (12) 3 (11) 4 (12) 3 (11) 8 8 8 8 4 4,33 20 2
Zustandsmonitor (Körperlich/Geistig): 14/12
Panzerung: 16/16
Kräfte: siehe Yajé, S. 192
TEMPO
Das zentrale Element für alle Ereignisse, die sich in diesem
Buch abspielen, ist Tempo, das von anderen Teilen der Ge-
sellschaft (auf der Straße und bei Magiern zum Beispiel)
Flipside genannt wird. Charaktere, die sich mit der mysteri-
ösen Quelle von Tempo befassen, werden glauben, es wäre
eine BAD, die von Graciela „Der Schöpferin“ Riveros vom
Olaya-Kartell, einem südamerikanischen Geisterkartell, ent-
wickelt wurde.
Die Droge wird aus einem einzigartigen Hybriden ge-
wonnen: Engelstrompeten (Brugmansia) und einer Er-
wachten Abart der Würgefeige (portugiesisch: Gameleira),
der pervertierten Würgefeige (Gameleira torcida). Die En-
gelstrompete wächst im Dschungel zu einem kleinen Baum
mit großen, hängenden Blüten heran. Alle Teile der Pflan-
ze sind giftig und enthalten die Alkaloide Skopolamin und
Atropin. Diese werden von alters her als Zutaten für die
schamanische Droge Ayawaska verwendet. Die Gameleira
torcida ist eine parasitäre Pflanze, die sich um die Äste und
Wurzeln anderer Bäume windet und diese schließlich tötet.
Die Gameleira gilt (unter anderem) in afro-brasilianischen
Kulturen seit langer Zeit als heilig. Sie erweckte in ihrer per-
vertierten Abart die Aufmerksamkeit des Olaya-Kartells und
wurde wegen ihrer stark rauschmittelartigen Wirkung zur
GEISTERKARTELLE
mysteriösen Quelle der Droge. Der resultierende Hybrid
ähnelt stark einer schaurigen Art des Banyan-Baumes, und
die Trompetenblüten mit ihrem süßlich-sauren Duft hängen
von den Zweigen wie Köder für die Unachtsamen.
Die Blüten enthalten zwar einiges an Wirkstoff, doch die
Rinde des Hybriden ist die Quelle für die wichtigste Zutat
von Tempo. Sie wird geerntet und zu einem kristallinen
EIN NEUER KICK
Pulver verarbeitet, das im richtigen Licht ein charakteristi-
sches öliges Regenbogenschimmern annimmt, woran man
die Echtheit erkennen kann. Das Pulver wird weiter zu einer
Substanz ähnlich braunem Zucker verarbeitet, die sich leicht
transportieren lässt und später zu feineren Pulvern raffiniert
wird, die geschnupft oder zu Pillen verarbeitet werden. Au-
ßerdem kann man den Grundstoff zu einer regenbogenglän-
zenden Flüssigkeit verarbeiten, die als Injektion oder auf
Patches verabreicht wird. Die endgültige Form ist nur für
den Konsumenten entscheidend, da sie die Wirkgeschwin-
digkeit beeinflusst.
Der Namen „Tempo“ stammt aus der afro-brasilianischen
Religion Umbanda, die mit Santeria, Voodoo und Candomb-
lé verwandt ist. Dort ist es der Namen eines Orixá oder Got-
tes, der auch als Gran Bwa (Großer Baum) bekannt ist. Die
Gameleira ist, wie der Banyan, dem Gott Tempo geweiht.
Der Name blieb der Droge über die Produktion und Markt-
einführung hinweg, weil er für eine vergnügungssüchtige
Zielgruppe passend schien, die von einem klingenden Na-
men angezogen würde. Wenn man eine Ahnung von ihrem
Ursprung hat, kann man den Namen auch mit einem „ur-
wüchsigen Takt“ und dem emotionalen Hochgefühl, das die
Droge produziert, assoziieren. Der Spitzname der Droge,
Flipside, stammt von den Konsumenten auf der Straße. Sie
sehen diese als Möglichkeit, die andere, magische Seite des
Lebens zu erkennen, auch wenn sie das gewöhnlich nicht
können. Daher kommt auch der Slangausdruck „flippen“ für
den Konsum.
Dauer: (10–Konstitution) Stunden, Minimum 1 Stunde
Wirkung: +1 Konstitution, +1 Wahrnehmung, Hohe
Schmerztoleranz 2, Astrale Wahrnehmung, –1 Willenskraft,
+2 auf alle Fertigkeiten der Gruppe Einfluss
Straßenpreis: 50–150 Nuyen pro Dosis
Beschreibung: Tempo ist hochgradig suchterzeugend,
in gleichem Maße wie die gefährlichsten Rauschgifte und
BTLs. Seine scheinbar harmlosen Wirkungen führen bei
Konsumenten aber zu dem Irrglauben, es bestünde wenig
Suchtgefahr. Die meisten Konsumenten entwickeln nach ein
paar Einnahmen eine Leichte Abhängigkeit, deren Schwere
mit jeder Dosis zunimmt. Ohne Vorwarnung entwickelt sich
das Gefühl, nicht mehr ohne die Droge leben zu können.
Spielleiter können dies, je nach den Attributen, der Vergan-
genheit und den aktuellen Aktivitäten eines Charakters, ins
Spiel einbringen.
Zum Beispiel könnte ein Charakter, der ab und zu Tem-
po auf Partys nimmt, sonst aber keine Drogenvergangenheit
hat und hohe Willenskraft besitzt, erst nach einigem Kon-
sum eine Leichte Abhängigkeit entwickeln. Es ist zwar nicht
wahrscheinlich, dass er wieder damit konfrontiert wird,
wenn es aber so ist, wird das Verlangen, die Droge zu neh-
men, ziemlich stark. Aus noch unbekannten Gründen sind
etwa 5 Prozent der Bevölkerung gegen Tempo vollständig
immun.
Nach der Verabreichung braucht die Droge meist etwa
fünf Minuten, bis sie wirkt (wenn sie direkt, durch Injek-
tion oder Patch in den Blutkreislauf gelangt), und bis zu
zehn Minuten bei den meisten anderen Methoden (wie In-
halation oder Schlucken). Ein Mensch mit geringer Konsti-
tution, der ein Patch benutzt, wird schneller eine Wirkung
spüren als ein Troll mit hoher Konstitution, der eine Pille
schluckt.
63
EIN NEUER KICK
Sobald die Droge im Blutkreislauf ist, stellen sich zu-
nächst ein euphorisches Hochgefühl und gute Laune ein –
ähnlich wie bei Novacoke, nur ohne die Nervosität. Diese
Wirkung klingt dann ab, und die Sinne des Konsumenten
öffnen sich für die Emotionen seiner Umwelt. Die Droge
schafft tatsächlich eine Verbindung zum Astralraum und
macht den Konsumenten zu einem psychoaktiven Medium,
das die emotionalen Energien der Umgebung spürt und
selbst stärker empathisch reagiert.
Zugleich stimuliert Tempo die Serotonin-Ausschüttung,
was zu leichten Halluzinationen führt, die die Sinneswahr-
nehmung überlagern und Konsumenten leicht desorientiert
und empfänglich macht. Die Kombination dieser beiden Ef-
fekte führt dazu, dass man unter dem Einfluss der Droge
kurze Einblicke in den Astralraum und Aurawahrnehmung
erhält. Zudem erfolgt eine starke Dopamin-Ausschüttung,
die schmerzdämpfend wirkt und Konsumenten eine gewisse
Schmerztoleranz verschafft, oft verbunden mit einem Gefühl
der Unverwundbarkeit. Daher wird Tempo als Partydroge,
Kampfdroge und zum Gefügigmachen anderer eingesetzt.
BTL-Konsumenten, die zugleich Tempo nehmen, werden
manchmal als „Heulsusen“ bezeichnet, weil sie scheinbar
übermäßig emotional reagieren.
Eine wichtige, wenig bekannte Nebenwirkung von
Tempo ist eine Störung technomantischer Fähigkeiten.
Technomancer, die Tempo nehmen, profitieren zwar von
der Steigerung der Empathie und leiden unter der mögli-
chen Abhängigkeit, erhalten aber keinen Zugang zum Ast-
ralraum, und ihre Resonanz-Fähigkeiten sind während des
64 GEISTERKARTELLE
Rausches eingeschränkt. Diese Wirkung ist kumulativ, und
Spielleiter sollten die Resonanz eines Charakters während
des Rausches um die Zahl der bisherigen Einnahmen redu-
zieren (bei einem Technomancer, der die Droge dreimal
genommen hat, wird bei der nächsten Dosis die Resonanz
um 3 reduziert). Die Wirkung geht vorüber, wenn der
Rausch endet.
Mit der Zeit beginnen Süchtige unter Schlaflosigkeit,
Apathie, Depression, Appetitlosigkeit, Psychosen, Schizo-
phrenie, Freudlosigkeit und beträchtlichem Gewichtsver-
lust zu leiden. Seltsamerweise treten die meisten dieser
Nebenwirkungen auch bei einem Entzug auf.
Süchtige stumpfen zudem gefühlsmäßig ab und brau-
chen schließlich den nächsten Schuss, um überhaupt etwas
zu empfinden. Die Dosen müssen immer größer werden,
um die Wirkung zu erzeugen, die bei den ersten Malen er-
fahren wurden. Ein Junkie wirkt wie ein unerreichbares Ge-
spenst seiner selbst, scheint von innen heraus verdorrt und
neigt manchmal zu Autoaggression (z.B. durch Schnitte)
oder extrem riskantem, gefährlichem Verhalten (wie Fahren
mit Höchstgeschwindigkeit in der Rushhour), um irgendet-
was fühlen zu können, wenn er nicht unter Drogeneinfluss
steht.
Bei schwer Süchtigen kommen zusätzliche Neben-
wirkungen hinzu, wie etwa Verlust des Zeitgefühls und
Gedächtnisverlust, tranceartige Zustände und zeitweilige
Persönlichkeitsveränderung in leichter oder schwerer Form.
Spielleiter finden in Das Geheimnis von Tempo, S.173, mehr
über diese Nebeneffekte.
 ... KOSTPROBE ...

Kaz Yakamura umarmte Blood-of-the-Buffalo zum Abschied, bevor der Gangboss den Konferenzraum
verließ. Seine beiden Leibwächter schlossen sich an. Kaz schaltete die Anti-Abhörmaßnahmen an der
Konsole des Tisches aus und gab Kai und Rimmer Bescheid, dass alles in Ordnung war. Das schwache
unterschwellige Kribbeln, das er unter White Noise immer empfand, verschwand.
Er sah aufs Display: 11:49. Es hatte weniger als 20 Minuten gedauert. Alles war glatt gegangen – die
Anzahlung der First Nations war auf ein Konto des Komun’go überwiesen worden –, aber er fühlte
sich immer noch sehr angespannt. Kaz holte einen Inhalator hervor und legte eine Ampulle ein. Der
sanfte blumige Duft füllte seine Nase und perlte seine Kehle hinunter. Er lehnte sich zurück, schloss die
Augen und wartete.
Es dauerte nicht lange und die erste Welle spülte über Kaz, umfing ihn, durchdrang ihn. Er gab
sich dem vertrauten Rausch hin. Seine Lippen verzogen sich hinter seinen Hauern zu einem Lächeln.
Viel besser. Sein Nacken entspannte sich, und seine Sicht verschwamm in dem abgedunkelten Raum.
Er stand auf, warf träge seinen langen Mantel über und ging aus dem Zimmer.
Kaz amüsierte sich darüber, wie lang der Gang schien, als er ihn entlangging. Er schlenderte in
den Hauptraum; die Unterschall-Vibrationen von Wänden und Boden wummerten im selben Takt
wie sein Körper, sein Blut floss im Einklang mit den Bässen. Er kannte den Song aus seiner Jugend-
zeit: eine Ballade der Elementals, Songbird. Er fragte sich, was wohl aus der Band geworden war.
Kaz streckte eine Hand aus und teilte den schweren Samtvorhang, der ihn von der Tanzfläche
trennte. Der Song spülte über ihn hinweg und berührte ihn stärker, als Kaz lieb war. Er nickte Pork
zu, der neben der Bühne Wache stand, und bemerkte eine leichte blau-purpurne Aura, die auftauchte
und verschwand – ganz anders als der übliche rötliche Ton seiner Wärmesicht.
Kaz ließ den Blick durch den eigentlich dunklen Raum jenseits der Bühnenbeleuchtung schweifen.
Alle Leute flackerten und glühten, wie Glühwürmchen in Technicolor. Bei den meisten war es das ge-
dämpfte Dunkelblau und Purpur der Müden und Gestressten. Außerdem flogen aufgeregtes Orange,
lüsternes Gelb und flackernd-trunkenes Grün herum. Die Mädchen auf der Bühne leuchteten über
ihren lächelnd vorgetragenen Tanzwindungen in dem stumpfen Blau und Grau der tödlich Gelang-
weilten. Dae auch. Das heißt – bis sie ihn sah. Dann blitzte sie in goldigem Rot auf und legte den Kopf
mit einer stummen Frage schief. Er lächelte und nickte – sie würden sich später treffen.
Kaz ging zur Tür und holte sich von Billy seine Ruger zurück. Der ewige Regen von Seattle fiel sanft
hernieder und verwandelte jede Straßenlaterne in eine magische Laterne. Jenseits der ACHE tanzten
Blitze durch die Wolkendecke – für Kaz‘ drogenumnebelte Sinne war es ein prächtiges Farbenspiel.
Etwas wischte an ihm vorbei. Er konnte es beinahe spüren, wie trockenes Laub auf der Haut. Es roch
wie die Orchideen seiner Mutter. Plötzlich schlangen sich die glühenden Ranken von tausend kleinen
Dornen um seine Arme. Er stürzte lächelnd ins Vergessen.
04:02 – zumindest behauptete das der Wecker auf dem Nachttisch. Kaz schreckte hoch. Die Blitze
zuckten noch immer draußen. Dae lag ausgestreckt neben ihm im Bett; sie war nackt. Er ebenfalls.
Was zum Teufel war letzte Nacht passiert? Scheiße, Scheiße, Scheiße. Das war ein echt schlechter
Tempo-Trip.

GEISTERKARTELLE
65
 ICH BIN DEIN DEALER
Kostprobe verfolgt die Erschütterungen, die Tempo auf der
Straße hervorruft, von seiner Markteinführung bis zum fol-
genden Krieg der Syndikate. Da der Seattle Metroplex günstig
zwischen den Native American Nations und dem pazifischen
Nordwesten liegt, stellt dieser Handels- und Transitknoten-
punkt eine perfekte Kulisse für diesen Kampagnen-Strang
dar. In der Stadt bringt die plötzliche Popularität von Tem-
po den Status quo zwischen den Verbrechersyndikaten des
Sprawls durcheinander. Die entstehende Unruhe in der Un-
terwelt kann nur zu Blutvergießen führen, was Schwierigkei-
ten in allen Gesellschaftsschichten erzeugt.
Der Plot in Kostprobe dreht sich vor allem um Leute
und Organisationen in Seattle, aber die Geschichte ist so
KOSTPROBE
gestaltet, dass sie leicht an andere Sprawls angepasst wer-
den kann. Tempo wird sehr schnell zu einem internationa-
len Problem, und ähnliche Schwierigkeiten tauchen in den
Sprawls der ganzen Welt auf.
Dieses Kapitel stellt alles Wichtige für Spielleiter zusam-
men: Handlungsübersichten, Profile von Organisationen
und Charakteren, Beweggründe, Abenteuer-Gerüste und
Anregungen für neue Abenteuer. Dies erlaubt die Einbin-
dung der Charaktere in die Geschichte vom kometenhaften
Aufstieg des Seoulpa-Rings Komun’go, des Hauptverteilers
für das Olaya-Kartell in Seattle. Die Abenteuer-Gerüste in
diesem Kapitel sind für aufeinanderfolgendes Spielen als
Teile einer größeren Geschichte gedacht und bilden das
Rückgrat eines Kampagnen-Strangs. Am Ende jedes Gerüs-
tes sind auch Anregungen für Folgeabenteuer zu finden.
Spielleiter können ihre eigenen Geschichten nach Belieben
in den Plot einbauen.
Kostprobe bietet zwar alle Informationen, die man
braucht, um diesen Handlungsstrang durchzuspielen, be-
schränkt sich dabei aber auf diejenigen Fraktionen und Int-
rigen, die direkt mit dem Plot zu tun haben. Für Spielleiter
könnte sich das Buch Schattenstädte als nützliche Zusatz-
quelle für Hintergrundinformationen erweisen.
WAS GEHT HIER VOR
Gelegenheit macht Diebe. Der Troll Kaz Yakamura, ein Leut-
nant im Seoulpa-Ring Komun’go, erhält von einem Sauf-
kumpanen die Chance seines Lebens. Roberto Záfon, der
Leiter der Verladeanlagen von KondOrchid in den Docks
von Tacoma und lokaler Agent für das südamerikanische
Olaya-Kartell, hat ihm die Kostprobe eines neuen Produktes
verschafft, das seine Herren und Meister auf den Markt brin-
gen wollen: Tempo.
Der Kartellmann hat sich, von Kaz unbemerkt, gezielt
das Vertrauen des Komun’go-Leutnants erschlichen. Kaz
ist völlig begeistert von der BAD, und Záfon schlägt ihm
ein Geschäft vor, das er nicht ablehnen kann: eine exklusi-
ve Gratislieferung von 30.000 Dosen der neuen Droge als
„Kostprobe“.
Kaz weiß Chancen zu nutzen und schlägt dieses Ge-
schäft Chulsoon Gray-Wolf, dem Boss des Komun’go-Rings,
vor. Gray-Wolf erkennt schnell, dass Tempo, wenn es nur
halb so interessant ist, wie es klingt, der Schlüssel für ei-
ne glorreiche Zukunft des Rings sein könnte. Er will aber
ungern die Aufmerksamkeit der großen Syndikate erregen.
Auseinandersetzungen mit der Yakuza haben den Ring vor
einigen Jahren beinahe vernichtet, daher möchte Gray-Wolf
auf Nummer sicher gehen. Statt den Komun’go selbst den
Handel übernehmen zu lassen, macht er es zur Bedingung,
dass Kaz das Dealen von Zwischenmännern erledigen lässt,
damit der Komun’go unentdeckt bleibt. Kaz ist ebenfalls der
Ansicht, dass man sich keinesfalls exponieren sollte. Das
66 GEISTERKARTELLE
Syndikat ist sich im Klaren, wie viel auf dem Spiel steht, und
dass es keinen neuen Krieg überstehen würde.
Gray-Wolf überträgt Kaz die Verantwortung für das Tem-
po-Geschäft. Er weist ihn an, locker verbündete Organisati-
onen wie die First Nations und die Dogmen vorzuschieben,
um die erste Kostprobe in Seattle und den angrenzenden
Gebieten des Salish-Shidhe Councils an den Mann zu brin-
gen. Zur Sicherheit werden nur die Anführer und deren
vertrauenswürdigste Leutnants über die Beteiligung des
Komun’go informiert.
Lass krachen
Sowohl die First Nations als auch die Dogmen stehen mit
dem Halbindianer Gray-Wolf auf gutem Fuß. Kaz fehlen je-
doch die ethnischen Verbindungen seines Bosses. Kurz nach-
dem die First Nations mit dem Straßenverkauf beginnen und
das Drogengeld zu fließen anfängt, bekommt der Troll erste
Zweifel. Die First Nations hatten früher für die Yakuza gear-
beitet; wenn sich nicht überzeugende Gegenbeweise finden,
müsste man das immer noch vermuten.
Im Lauf der nächsten Wochen erregen zwei der drei
Leutnants der First Nations bei Kaz Aufmerksamkeit: Alec
Littletree und Xa Firebird. Einer scheint weniger Tempo zu
verkaufen als er sollte, der andere mehr – und Kaz wird arg-
wöhnisch. Also heuert der Troll Shadowrunner an, die bei-
de beobachten sollen. Die Nachforschungen ergeben, dass
Littletree die Drogen an eine drittklassige Gang, die Ragers,
weiterverkauft, ohne dass sein Boss davon weiß, und dass
Xa Firebird in Wahrheit ein eingeschleuster Drogenfahnder
ist. (Der Fremde im Haus, Teil I & II.)
Inzwischen steigt die Nachfrage nach Tempo gewaltig, es
wird zum Hit auf Raves, in Clubs und bei Studentenfesten –
es ist die perfekte Party- und Gesellschaftsdroge. Aber nicht
alles verläuft nach Plan: Die ersten 30.000 Dosen werden
schnell aufgebraucht, die Nachfrage übersteigt das Angebot
bei Weitem, und Kaz Yakamura wird selbst abhängig.
Zum Glück für den Komun’go-Ring fließt das Geld in
Strömen, und das Olaya-Kartell scheint mit seiner Leistung
zufrieden. Das Kartell verspricht eine erste Lieferung von
100 Kilo innerhalb eines Monats und den „offiziellen Be-
such“ einer Olaya-Delegation, die die Details der zukünfti-
gen Geschäfte aushandeln soll.
Die wachsende Zahl von Konsumenten und solchen, die
es gerne probieren würden, führt aber dazu, dass sowohl
andere Gangs als auch die Polizei aufmerksam werden. Bald
werden die großen Syndikate sich dafür interessieren, wer
für den „besten Kick in Seattle“ verantwortlich ist. Tatsäch-
lich spürt der Shotozumi-gumi bereits einen Einschnitt bei
seinen BTL-Verkäufen, und Hanzo Shotozumi beauftragt
den Kenran-kai, sich die Sache anzusehen. Die Clanführer
betrauen den Einzelgänger Chikao Inoue mit der Aufgabe.
Der beste Kick der Stadt
Die Wirkung von Tempo ist für einige wundervoll, doch an-
dere kommen damit nicht zurecht. Jania Shields, eine Journa-
listin bei KXTV, ist offenbar eines der frühen Opfer. Die Story
droht, das unerwünschte Rampenlicht der Medienaufmerk-
samkeit anzuziehen – genau die Art Aufmerksamkeit, die der
Komun‘go und seine Partner nicht wollen. Runner werden
angeworben, um die Leiche zu stehlen und zu entsorgen, be-
vor eine Autopsie durchgeführt wird (Leichendiebe).
Jania Shields ist aber nicht die einzige bekannte Persön-
lichkeit, die süchtig wird. Seit dem ersten Mal verlangte auch
Tiffany Brackhaven nach mehr – und sie kann jeden Preis
bezahlen. Stammesfehden zwischen den Dogmen und den
Cascade-Orks verhindern, dass sie versorgt werden kann,
 EIN NEUER KICK

GEISTERKARTELLE
67
 weshalb der Komun’go Shadowrunner anheuert, um die
Lieferung zu transportieren. Doch diese Lieferung, die an
Brackhaven abgezweigt wird, fehlt beim Versorger der Ra-
gers unter den First Nations, weshalb diese mit dem Verkauf
in Verzug geraten. Ihr Kontakt verspricht zwar, das bei der
nächsten Lieferung wieder aufzuholen, doch die Ragers ha-
ben bereits eigene Pläne.
Ermuntert durch frühere Erfolge überzeugt Caine, der
bei den Ragers für den Tempo-Handel verantwortlich ist,
seinen Boss, ohne Vermittler direkt mit dem Komun’go Ge-
schäfte zu machen, dessen Verwicklung er durch Folter von
Littletree erfahren hat. Littletree erzählt Caine auch von der
Drogenlieferung an Brackhaven, und die Ragers fangen die-
se ab. Anschließend kontaktieren sie Kaz und arrangieren
ein Treffen, obwohl dieser gerade schwer mit einem mögli-
KOSTPROBE
chen Verräter zu tun hat (Schönes schmutziges Geld).
Die Ragers wollen beweisen, dass sie besser für den Han-
del sorgen können als die First Nations, aber Kaz Yakamura
ist wegen der abgefangenen Lieferung schwer verstimmt. Er
gibt den First Nations einen Tipp, und das Treffen endet in
einem Blutbad. Die Soldaten der First Nations überfallen die
Ragers und töten sie und alle am Tatort Anwesenden (auch
die altgediente Seattler Runnerin Fatima).
Die Ragers fühlen sich vom Komun’go verraten und
eröffnen ihrerseits (gegen Geld) der Finnigan-Familie und
dem Kenran-kai die wahre Herkunft des Tempo.
Up-Tempo
Die Gewalt auf den Straßen eskaliert, als Tempo die eta-
blierten Märkte für BTLs und Drogen unterhöhlt und der
Gewinn der Gangs und Syndikate schwindet. Yakuza, Mafia
und deren verbündete Gangs wollen, gestützt auf die Infor-
mationen der Ragers, dem schädlichen Handel mit Tempo
ein Ende machen (oder zumindest ihren Anteil daran ha-
ben). Die Triaden und Vory in Seattle sind zwar auch betrof-
fen, wollen aber zunächst abwarten, um später die eigenen
Territorien auf Kosten eines geschwächten Feindes auszu-
dehnen. Kleinere Gangs und Gruppen mischen sich eben-
falls ein, um nicht hinter der Konkurrenz zurückzubleiben.
Die Unternehmungen des Komun’go werden vom Sho-
tozumi- und Shigeda-gumi torpediert. Der Komun’go und
seine Verbündeten schwimmen in Geld und können daher
zunächst gegen die meisten ihrer Gegner bestehen. Das
Geheimnis des Rings ist nun gelüftet, und er beginnt, die
First Nations und die Dogmen zu unterstützen. Die Gruppe
erkauft sich die Loyalität anderer, kleinerer Gangs mit der
Aussicht einer Beteiligung am Tempo-Handel – obwohl die
Vorräte schwinden. Die Profite klettern immer noch höher,
obwohl es kaum mehr Lagerbestände gibt, und die BAD ver-
lockt weiter alle Gesellschaftsschichten.
Unter den Gangs bricht Krieg aus, während die unter-
schiedlichen Fraktionen sich in Position bringen. Einige in-
teressieren sich für die Goldmine Tempo (wie die Ancients),
andere verbünden sich mit den Feinden von Komun’go und
First Nations (wie die Cutters und Ragers), wieder andere
wollen eigene Marktlücken finden (wie die Halloweeners
und Chulos). Immer mehr Spieler drängen aufs Feld, und
Blut fließt auf den Straßen von Seattle. Drogenkriminalität,
Gang-Gewalt und Schießereien nehmen zu, aber Lone Star
reagiert wie üblich sehr langsam. Inzwischen tritt Dona
Rowena O’Malley mit dem „großzügigen“ Angebot an den
Komun’go heran, dem Ring den Tempo-Handel abzukau-
fen. Als dieser ablehnt, meint sie, er sollte das nochmals
überdenken. Sie weiß, dass die Yakuza unter der Situation
leidet, und hofft, diese würde sich übernehmen und dem
Seattler Mob die Möglichkeit geben, wieder an die Spitze
zu kommen.
68 GEISTERKARTELLE
Paso Doble
Während der Druck wächst, kommt eine Olaya-Delegation
in Seattle an, um Chulsoon Gray-Wolf und Kaz Yakamura
zu treffen und die Bedingungen für eine regelmäßige Ver-
sorgung auszuhandeln. Unterdessen erkennen nicht einmal
die engsten Vertrauten von Kaz, dass dessen Tempo-Abhän-
gigkeit zu immer größerer Paranoia führt. Er wird gegen-
über seinem Umfeld immer misstrauischer und vertraut
nicht mehr auf die Unterstützung des Komun’go, obwohl er
beim Ring beliebter ist als je zuvor. Er schickt die Stand Over
Men, die über ihn wachen sollen, fort und heuert Runner
an, um sich und seine Geliebte zu beschützen. Yakamuras
Sucht wird immer stärker, und er beginnt unter Blackouts
und Amnesien zu leiden – er wacht an unbekannten Orten
auf und kann sich nicht erinnern, wie er dort hingelangt ist
–, was er aber niemandem gegenüber zugibt.
Trotz ihrer Differenzen beginnen Kaz, der Olaya-Unter-
händler Henry Uribe und seine Stellvertreterin Maria Sacris-
tán schnell mit den Verhandlungen. Eine Einigung ist aber
weniger schnell zu erzielen als erwartet. Uribe ist darüber
unzufrieden, räumt aber dem Komun’go einige Tage Zeit
ein, um die Modalitäten zu überdenken und die Zahlungen
zu regeln: vier Millionen Nuyen für jede monatliche Liefe-
rung von 100 Kilo Tempo und exklusive Handelsrechte für
Seattle sowie die Gebiete der NAN im pazifischen Nordwes-
ten. Der Grund für die Verzögerung sind Bedenken, die
Chulsoon Gray-Wolf hegt, weshalb er die Verhandlungen
verschleppt, um Zeit für eine Entscheidung zu haben. Da-
zu kommen schwere Verluste; er beginnt zu glauben, der
Komun’go sollte das Geschäft mit Tempo aufgeben, solange
er noch die Nase vorn hat.
Um den Ring vor dem Krieg zu schützen, der zu dessen
Untergang führen könnte, tritt Gray-Wolf im Geheimen an
den Shotozumi-gumi heran und bietet an, den Handel auf-
zugeben, wenn dann Friede herrsche. Er weiß, dass Kaz und
viele andere beim Komun’go damit nicht einverstanden wä-
ren. Daher entschließt er sich, Kaz an die Yakuza zu verraten
und dem Kenran-kai einen Anschlag zu ermöglichen.
Yakamura, benebelt von Tempo, verraten und allein,
schafft es, nur leicht verletzt zu entkommen. Er weiß nicht,
wie er den Anschlag des Kenran-kai überlebt hat (siehe Das
Geheimnis von Tempo, S. 173). Er kann sich nur erinnern,
wie Inoues Schläger mit Tasern auf ihn feuerten und er spä-
ter in einem Unterschlupf des Komun’go erwachte – ver-
letzt, aber am Leben (Das schwierige Tempo)
Bitte zum Tanz
Es ist nicht das erste Mal, dass Kaz verraten wurde. Aber
für ihn ist alles Geschäft, daher versteht er, warum Gray-
Wolf meinte, ihn verkaufen zu müssen. Yakamura will nicht,
dass eine Spaltung im Komun’go entsteht, daher greift er
Gray-Wolf nicht öffentlich an, sondern macht einen riskan-
ten Zug, der sicherstellen soll, dass dieser ihn nicht noch
einmal im Regen stehen lässt.
Mit etwas Unterstützung seiner Freunde von der Ola-
ya-Delegation, die er davon überzeugt, sein Plan könnte
die Verhandlungen wieder ins Laufen bringen, organisiert
Kaz die Ermordung des Oyabuns des Kenran-kai und ei-
nes hochrangigen Mitglieds des Shotozumi-Clans und
schiebt der Gianelli-Familie die Schuld zu. (Feuerwerk
aus Tokio).
Für den Shotozumi-gumi ist dieser unprovozierte An-
griff auf neutralem Gebiet unverzeihlich und verlangt nach
Vergeltung. Trotz der Unschuldsbeteuerungen der Gianellis
brennt die Yakuza einige ihrer Lagerhäuser für Schmuggel-
gut und Hehlerware nieder, was zu einem Krieg führt – ge-
nau dem Krieg, den Dona O’Malley erwartet hatte.
 Sobald die Shotozumi drinstecken, lässt Kaz Yakamura
an Hanzo Shotozumi persönlich eine Mitteilung überbrin-
gen, die dem Oyabun klar macht, dass er reingelegt wurde.
Der Gesichtsverlust ist für Shotozumi unerträglich – reinge-
legt von einem Metamenschen, noch dazu einem Koreaner!
Nun ist jeder Kompromiss mit dem Komun’go unmöglich.
Der Oyabun gibt dem Shigeda-gumi den Befehl, die Em-
porkömmlinge zu vernichten und ein Exempel an allen zu
statuieren, die an den Shangri-La-Morden beteiligt waren.
Inzwischen soll sich der Rest des Shotozumi-rengo der Ver-
geltung der Mafia entgegenstellen.
Gray-Wolf erkennt schnell, dass auch er hintergangen
wurde, und muss sich dem kommenden Krieg stellen. Wie
von Kaz vorausgesehen, schließt er schnell einen Deal mit
dem Olaya-Kartell ab, damit Handel und Profite mit Tempo

KOSTPROBE
weiterlaufen. Doch Gray-Wolf tut noch mehr – er hat eigene
Notfallpläne. Gray-Wolf festigt seine Bündnisse mit den Dog-
men und den First Nations und legt den Grundstein für wei-
tergehende Kooperationen, wenn die nächsten paar Monate
erst überstanden sind.

Crescendo
In den Wochen nach der Abreise der Olaya-Delegation und
der Ankunft der ersten regulären Lieferungen über Kon-
dOrchid versinkt der Sprawl immer tiefer in der Gewalt der
Unterwelt. Die Angriffe der Yakuza auf den Komun’go-Ring
eskalieren; die profitablen Geschäfte des Rings mit der Bo-
dy Mall kommen fast zum Erliegen. Der Komun’go, der
eine seiner wertvollsten Einnahmequellen verloren hat,
reagiert mit einer Preiserhöhung für Tempo und schlägt
gegen die Leute der Yakuza los, besonders ihre Sokaiya.
Das hat zunächst einigen Erfolg, bis die Yaks ihre Geschäf-
te besser sichern und schließlich gezielt die Tempo-Dealer
angreifen.
Die zunehmenden Todesfälle bei Dealern treiben die
Tempo-Preise weiter nach oben. Die Süchtigen bezahlen die
höheren Preise, weil der Komun’go der einzige Versorger in
der Stadt ist, doch sie verschulden sich dabei schnell. Einige
beginnen zu stehlen, sich zu prostituieren oder andere Dro-
genverbrechen zu begehen, um ihre Sucht zu finanzieren,
was die Straßenkriminalität in ungekannte Höhen katapul-
tiert.
Die Yakuza ist im Krieg mit der Mafia und den Seoulpa-
Ringen, und die Fronten sind klar. Der Choson-Ring wird
widerwillig mit hineingezogen, aber die falsche Beschuldi-
gung der Gianelli-Familie gibt dem Mob von Seattle unter
Dona O’Malley den ersehnten Grund, sich zusammenzu-
schließen, um verlorene Gebiete zurückzuerobern. Was als
Krieg zwischen Gangs um Tempo begann, wird zu einem
ausgewachsenen Konflikt der Syndikate, wie ihn Seattle seit
einem Jahrzehnt nicht erlebt hat. Für kurze Zeit blühen die
Schatten wegen all der Arbeit im Gangsterkrieg auf.
Da kein Ende der Feindseligkeiten in Sicht ist, steigen
die menschlichen Verluste durch Tempo ebenfalls weiter
an. Mehr und mehr Zivilisten werden in die Gewalt der Un-
terwelt mit hineingezogen, und die Medien sind voll von
Schlagzeilen über Tempo-Überdosen. Der Druck durch das
Büro von Gouverneur Brackhaven zwingt Lone Star und
die Bundesbehörden schließlich zum Handeln. Die Obrig-
keit geht mit äußerster Härte gegen die Welle von Gewalt
und Verbrechen vor: Razzien gegen den Komun’go und sei-
ne Konkurrenz werden durchgeführt, die Metroplex-Garde
muss in Teilen von Redmond, Renton und Tacoma für Ord-
nung sorgen, einige Bezirke werden unter Ausgangssperre
gestellt, und alle Drogenverbrechen werden besonders hart
bestraft. Der Konflikt der Syndikate endet nicht, wird aber
ein wenig eingedämmt.
Auf der internationalen Bühne erleidet das Olaya-Kartell
Rückschläge, aber zunächst bleibt die Tempo-Versorgung
unbeeinträchtigt – bis die Ereignisse in Todesstoß (S. 166)
den Transport von Tempo durch KondOrchid unterbre-
chen, vergehen ein paar Monate. Bis dahin überlebt der
Komun’go nicht nur, sondern wird sogar stärker. Der Staub
hat sich zwar noch lange nicht gelegt, aber der Komun’go ist
reich genug geworden, um zu einem wichtigen Machtfaktor
zu werden, und die First Nations sind gewaltig an Mitglie-
dern gewachsen. Mit der Hilfe der Dogmen beim Aufbau
von Versorgungslinien aus Seattle heraus kann die Allianz
dieser drei Gruppen wirklich bedeutend werden – sie ist der
Grundstock für ein richtiges koreanisch-indianisches Syndi-
kat, dessen Tentakel sich über den pazifischen Nordwesten
ausbreiten.
DAS GESAMTBILD
Der Plotstrang von Kostprobe läuft, trotz seines Namens,
über die gesamte Zeit der Ereignisse in Geisterkartelle, vom
ersten Auftauchen von Tempo über die Unruhe in der Unter-
welt, die es auslöst, bis zur Eskalation zum Unterwelt-Krieg
und dem Vorgehen der Gesetzeshüter gegen die Drogenkri-
minalität. Sollte der Spielleiter die Ereignisse über jene, die
in Was geht hier vor dargestellt sind, weitertreiben wollen,
findet er in den folgenden Abschnitten Ideen und Anregun-
gen dazu, wie Tempo alle Lebensbereiche und Gesellschafts-
schichten in Seattle beeinflusst.
Die Reaktion der Schatten
Die Schatten von Seattle brauchen ungewöhnlich lange, um
das Ausmaß des Tempo-Problems zu erkennen. Zum Teil
kommt das daher, dass der Komun’go-Ring so subtil vor-
geht, zum Teil daher, dass man Tempo zunächst für ein vo-
rübergehendes Phänomen für Partys und Clubs hält. Doch
als die Gewalt zwischen den Gangs eskaliert und immer
mehr Fraktionen beteiligt werden, erwachen die Schatten

GEISTERKARTELLE
69
 plötzlich und erkennen die Geschäftschancen und die Aus-
wirkungen auf die Stadt. Schieber und Freischaffende wer-
den in das Chaos in der Unterwelt verstrickt. Sogar Johnsons
beginnen, sich zu interessieren, sobald die Kunde von der
Droge sich verbreitet hat. Die seuchenartige Verbreitung des
Drogenwahns verwickelt auch viele Runner, ihre Freunde,
Connections und Familien in die menschlichen Folgen des
Drogenmissbrauchs.
Die Schattengemeinschaft liegt am Rand der Gesellschaft
und gewährt vielen instabilen Persönlichkeiten Zuflucht,
daher erlebt sie auch einiges an Tempo-Missbrauch. Einige
halten Tempo für ein Werkzeug, das ihnen bei Verhandlun-
gen hilft und sie den Astralraum sehen lässt, andere nehmen
es, um die Grausamkeit der Runnerwelt besser zu ertragen.
Wie die Geschichten von Haze und Fatima zeigen, geht das
KOSTPROBE
selten gut aus.
Die Reaktion der Behörden
Die Aufregung in der politischen Szene von Seattle hat sich
noch nicht gelegt, als die Tempo-Krise hereinbricht. Die
Wahlen haben den erzkonservativen Kenneth Brackhaven
zum Metroplex-Gouverneur gemacht, und noch weiß nie-
mand, wie sich das auswirken wird.
Das Haupthindernis für die Behörden ist die Schwam-
migkeit der momentanen Gesetzgebung der UCAS bezüglich
biotechnischer Drogen, insbesondere Erwachter Drogen. Die
Gesetze sind so vage, dass der Anwalt eines Drogenbarons
eine Anklage leicht zu Fall bringen könnte. Es braucht neue
Regelungen, aber die liegen im Bereich des Bundes und die
Bürokratie arbeitet langsam – währenddessen löst Tempo ei-
ne Krise aus, der die neue Administration kaum gewachsen
ist. Viele Beamte und einige Bürgermeister der Stadt stehen
auf der Lohnliste der Syndikate, und folglich lassen die Be-
hörden sich mit Reaktionen oder bürokratischen Hindernis-
sen Zeit. Infolgedessen taucht Josephine Dzhugashvili, eine
ehemalige Kandidatin für das Gouverneursamt, wieder auf
der Bühne auf. Sie wendet sich an die Medien, verurteilt
Brackhavens Unvermögen, seine Kampagne für „Sicherheit
und Wohlstand in Seattle“ in die Tat umzusetzen, scharf und
verlangt nach seiner Amtsenthebung.
Lone Star und das FBI starten Ermittlungen zu Tempo
und dem Ansteigen der Aktivitäten des organisierten Ver-
brechens. Die erste Reaktion von Lone Star ist, die Gewalt
zwischen den Gangs laufen zu lassen, bis sie einander auf-
reiben – weniger Unruhestifter auf den Straßen. Als aber
die großen Syndikate mitmischen, wird klar, dass das nicht
funktioniert. Als die neuen Gesetze erlassen werden, nimmt
Lone Star das zum Anlass für brutales Vorgehen gegen die
kämpfenden Fraktionen und erzwingt so einen gespann-
ten Waffenstillstand. In manchen Gegenden muss sogar
die Metroplex-Garde die Ruhe wiederherstellen. Beide Ent-
wicklungen machen das Leben in den Schatten schwerer,
sogar für Runner, deren Geschäfte nichts mit all dem zu tun
haben.
Das FBI arbeitet unterdessen mit der Antidrogenbehör-
de DEA (Drug Enforcement Agency) zusammen, um die Ver-
bindungen des Olaya-Kartells in einigen großen Sprawls der
UCAS zu untersuchen. Beide verdächtigen das südamerika-
nische Kartell, der Drahtzieher hinter Tempo zu sein. Leider
ist es für die Einsatzgruppe Organisierte Kriminalität des FBI
besonders schwer, die Quelle von Tempo zu identifizieren,
weil der Komun’go sein Engagement so geschickt verbirgt.
Shadowrunner und andere Schurken stellen wichtige Infor-
mationsquellen dar und werden manchmal sogar für Nach-
forschungen angeheuert.
70 GEISTERKARTELLE
Die Reaktion der Konzerne
Viele der gut bezahlten Tempokonsumenten aus der Mittel-
schicht sind Angestellte der Konzerne und fangen sich ihre
Sucht im Nachtleben und in Clubs ein. Die Geschichten vom
Vorteil, den die Droge bei gesellschaftlichen und Geschäfts-
anlässen gewährt, machen die Runde. Manager, Unterhänd-
ler, Vertreter und sogar Kreativarbeiter verlangen stark nach
diesem kleinen Vorteil, die Gefühls- und Gedankenwelt ih-
rer Gegenüber zu erkennen. Aber nur wenige geben es zu,
wenn Tempo zur Sucht wird.
Megakonzerne, die die Hand am Puls der Zeit haben
und die Trends des Marktes verfolgen, wie Horizon und
Aztechnology, erkennen die Tempo-Manie als erste. Aztech-
nology gibt diese Erkenntnisse an sein David-Kartell weiter.
Andere, wie Mitsuhama und Wuxing, erfahren von der neu-
en Droge durch ihre Unterweltverbindungen zur Yakuza
und den Triaden.
Einige Konzerne rufen Programme ins Leben, mit denen
sie die Wirkungen von Tempo pharmazeutisch nutzen wol-
len, wobei es von Vorteil ist, dass Verkauf und Verbreitung
von biotechnischen Drogen durch die geltenden gesetzli-
chen Regelungen nicht abgedeckt sind. Durch abstreitbare
Aktivposten wird versucht, die wahre Quelle von Tempo zu
finden, sobald man erkennt, dass die Droge unter Labor-
bedingungen nicht reproduziert werden kann. Tatsächlich
können die drei Kampagnen-Stränge von Geisterkartelle
leicht so adaptiert werden, dass die Spielercharaktere als
Doppelagenten eines großen Konzerns auf der Spur der
wahren Quelle von Tempo sind.
Die Reaktion der Medien
Als Tempo zum ersten Mal in Seattle auftaucht, sind die Me-
dien noch mit den letzten Wahlen und den Nachwehen der
Vorjahreshysterie um Technomancer und KIs beschäftigt. Es
dauert ein wenig, bis die Kunde über die neue Droge in die
Nachrichten kommt, und dann meist als kleine Randnotiz
in der Chronik oder als Bericht über die Besorgnis örtlicher
Experten. Die kleinen lokalen Sender sind die ersten, die
erkennen, wie weit das Phänomen verbreitet sein könnte.
Überdosen sind zwar eher selten, doch die Gewalt zwischen
den Gangs und die Drogenkriminalität geben offensichtlich
Anlass zur Sorge. Die Berichte häufen sich, als die Lage auf
den Straßen von Seattle außer Kontrolle gerät.
Tempo nimmt immer mehr Fahrt auf, verbreitet sich über
das Nachtleben und Studentenkreise hinaus, und die Medi-
en werden immer aufmerksamer. Sie beginnen, die schein-
bar untätigen Politiker und Behörden anzugreifen. Als aber
der Krieg der Syndikate in großem Stil ausbricht, hängen sich
kleine und große Medienkonzerne ans Geschehen. Repor-
ter von Boulevard-, Nachrichten- und Lokalsendern strömen
auf die Straße, Runner stehen als Sicherheitsleute, Wegfin-
der durch den gefährlichen Sumpf des Unterweltkriegs und
Aufklärer auf unbekanntem Gebiet hoch im Kurs.
Die meisten Medienkonzerne konzentrieren sich auf die
offensichtliche Fassade des Gang-Konflikts, doch ein paar
Reporter verfolgen die geheimnisvolle Spur der Quelle der
Droge. Andere wollen die tragischen menschlichen Schick-
sale darstellen, zu denen Drogenmissbrauch führt.
BRENNPUNKT: SEATTLE
Der Seattle Metroplex ist der einzige Hafen der UCAS am Pa-
zifik. Er ist eine Enklave, die von der Native American Nation
der Salish-Shidhe umgeben ist, ein Stadtstaat, der auf Un-
abhängigkeit pocht und einer der wichtigsten Handelskno-
tenpunkte für den gesamten Pazifikraum ist. Der Sprawl ist
eine sehr internationale Stadt. In Seattle gibt es Botschaften

AUF EINEN BLICK: SEATTLE
Bevölkerung: 3.000.000+
Menschen: 66%
Elfen: 13%
Zwerge: 2%
Orks: 16%
Trolle: 2%
Andere: 1%
Bevölkerungsdichte: 500+ pro Quadratkilometer
Pro-Kopf-Einkommen: 26.000 ¥
Unter der Armutsgrenze: 32 %
Personen mit Konzernzugehörigkeit: 52 %
Krankenhäuser: 53
DocWagon-Kliniken: 25
Verbrechensrate: 18 pro 1.000 im Jahr
seiner vielen Handelspartner in den NAN und rund um den
Pazifik, sogar aus Lateinamerika.
Seattle ist berüchtigt für sein feucht-kaltes, regnerisches
Klima. Der Plex ist oft von dunklen Wolken verhangen und
leidet unter regelmäßigen Schauern von saurem Regen und
Asche, die von den nicht länger schlummernden Vulkanen
der Cascades herabkommen. Im Metroplex gibt es alles, von
der dichten Skyline in Downtown bis hin zu den ländlichen
Gebieten von Snohomish. Außerdem gibt es landesweit be-
rühmte Sehenswürdigkeiten wie das Eye of the Needle, die
gewaltige Pyramide der Arcology Commercial and Housing
Enclave (ACHE, ehemals die Renraku-Arkologie)und den
Ork-Untergrund. Der Sprawl hat seinen Spitznamen „Eme-
rald City“ von der Allgegenwart des grün-kristallenen AR-
Overlays, an die sich die meisten seiner Einwohner gewöhnt
haben.
Dunkler Smaragd
Die jüngsten Wahlen haben den ultrakonservativen Kenneth
Brackhaven, dem seine Gegner anti-metamenschliche Res-
sentiments vorwerfen, zum Metroplex-Gouverneur gemacht.
Er wird vom United Corporate Council (UCC) unterstützt, in
dem die wichtigsten Konzerne im Sprawl vertreten sind.
Der Seattle Metroplex ist in mehrere Bezirke unterteilt,
die jeweils von einem Bürgermeister regiert werden, der von
der einen oder anderen Fraktion gelenkt wird. Zwei Bezirke,
die Redmond und Puyallup Barrens, sind von Katastrophen
geformt, die die Stadt schwer erschüttert haben: Redmond
von der Kernschmelze eines Atomkraftwerks und Puyallup
von der Lava, die es während des Ausbruchs des Mount Rai-
nier während des Großen Geistertanzes überflutete.
Die Nähe der Native American Nations hat einigen Ein-
fluss auf die örtliche Kultur. Neo-Tribal-Mode und Neo-Stam-
mesgruppen liegen immer im Trend und finden ihr Forum
in mobilen sozialen Netzwerken. Große Teile des wichtigen
Import- und Exporthandels von Tir Tairngire und den NAN
fließen durch die Stadt am Sund. Also gibt es dort auch eine
unübliche Konzentration von Konzerninteressen, eine blü-
hende Kulturszene und ein einzigartiges Geflecht an politi-
schen und kriminellen Gruppen.
Verbrechen und Laster
Die Emerald City ist für ihre große multiethnische Bevöl-
kerung bekannt, aus der eine vielgestaltige und uneinige
Unterwelt erwächst. Die gesetzlosen, wirtschaftlich herun-
tergekommenen Barrens sind voll von Gangs. Aus ihnen
GEISTERKARTELLE
rekrutieren die vielen Verbrechersyndikate des Sprawls ihre
Soldaten. Der Shotozumi-rengo, ein Syndikat der Yakuza mit
Verbindungen in ganz Nord- und Südamerika, ist eindeu-
tig das größte von ihnen. Sein Oyabun, Hanzo Shotozumi,
herrscht nicht nur über seinen eigenen Shotozumi-gumi,
sondern auch über den Shigeda-gumi und den kleineren
Kenran-kai.
Die ärgsten Rivalen von Shotozumi sind die drei Ma-
fia-Familien von Seattle unter Führung von Dona Rowena
O’Malley, der Chefin der uneinigen Familie Finnigan, die ih-
ren Vorgänger getötet hat, um seinen Platz einzunehmen.
Die anderen Familien sind die brutalen, aber ausgebluteten
Gianellis und die ebenso erfolgreichen wie eitlen Ciarniel-
los. Beide großen Syndikate müssen sich mit Eindringlingen
aus dem Ausland, wie den chinesischen Triaden und den
KOSTPROBE
russischen Vory v Zakone, und ortsansässigen Syndikaten
wie den neu gegründeten elfischen Laésa und den Seoulpa-
Ringen herumschlagen.
Der letzte große Gewaltausbruch in der Unterwelt ist über
ein Jahrzehnt her, aber es gibt immer noch viel böses Blut.
Tempo bietet den idealen Nährboden für das Begleichen alter
Rechnungen und den Kampf um verlorenen Einfluss.
Seattle hat eine lange Tradition im Schattengeschäft. Be-
sonders bedeutsam ist seine große, blühende Hackergemein-
de, die sich rund um den verborgenen Shadowland-Knoten
der Stadt tummelt. Die örtlichen Johnsons und Schieber ho-
len oft Shadowrunner aus anderen Sprawls wegen deren be-
sonderer Fähigkeiten und bringen sie mit ansässigen Teams
zusammen.
Genaueres über Seattle und seine Verbrechersyndikate
ist im Quellenband Schattenstädte zu finden.
FREUNDE, FEINDE
UND SCHWIERIGKEITEN
Viele Jahre lang war Seattle Schauplatz großer Aktivität des
organisierten Verbrechens: zuerst der Mafia, dann der Yaku-
za, Seoulpa-Ringe, der Triaden und sogar der Vory v Zakone
– von den Dutzenden oder Hunderten Gangs und kleinen,
ethnisch oder metamenschlich zusammengesetzten Verbre-
chergruppen ganz zu schweigen.
Die unterschiedlichen Gruppen und Individuen in die-
sem Kapitel haben alle eigene Motive. Bei den größeren
Gruppen, wie der Mafia oder Yakuza, können auch nicht
alle Teile beteiligt sein oder auch nur davon wissen. Dieser
Abschnitt dient als Zusammenfassung der Motive und In-
teressen der Gruppen, die am Spiel um Tempo in diesem
Kampagnen-Strang beteiligt sind.
Komun’go
Der Komun’go ist einer der beiden Seoulpa-Ringe, die es
in Seattle noch gibt. Die Seoulpa-Ringe haben sich nach
dem „Schisma“ (Spaltung) der Yakuza gebildet – sie beste-
hen aus einstigen koreanischen Mitgliedern, die plötzlich in
der Yakuza nicht mehr wohl gelitten waren, weil diese in ei-
nem Anfall rassistischer Paranoia ihre Reihen „säuberte“ (so
lautet zumindest ihre Version der Geschichte). Die Überle-
benden schlossen sich zu dem zusammen, was als Seoulpa-
Ringe bekannt wurde. Sie gediehen in Seattle und anderswo
jahrelang, bis ein neuer Konflikt mit dem Shotozumi-rengo
die koreanischen Syndikate fast vernichtete. Besonders der
Komun’go erlitt massive Verluste bei Zusammenstößen mit
Truppen der Shigeda. Seine Fähigkeit, als Organisation zu
überleben, wurde auf eine harte Probe gestellt.
71

KOSTPROBE
Chulsoon Gray-Wolf (S. 92), der gegenwärtige Anfüh-
rer des Komun’go, kroch mit einem überraschenden Plan
zum Wiederaufbau des Syndikats aus den Ruinen. Gray-Wolf,
halb koreanischer und halb amerindianischer Abstammung,
wandte sich auf der Suche nach Unterstützung und neuen
Mitgliedern an seine Stammesbrüder – und heraus kam ein
Ring, der mit den Indianerstämmen ebenso eng verbunden
ist wie mit seinen koreanischen Wurzeln.
Im Jahr 2070 besteht der Komun’go aus einer Mischung
von Koreanern und Amerindianern – meist Haida aus Tsims-
hian, ein paar Salish und Angehörige anderer ansässiger
Stämme. Gray-Wolf schmiedete auch ein Bündnis mit der
Gruppe der Dogmen. Diese Verbrecherorganisation aus Sa-
lish und Haida hat gute Verbindungen in den benachbarten
NAN und bildet das Rückgrat der Schmuggelaktivitäten des
Rings. Die Dogmen sind auch bestimmend für die Entschei-
dung des Olaya-Kartells, nicht mit ihrem Hauptkontakt in
Seattle, dem größeren Choson-Ring, zu arbeiten: Das Kar-
tell will Tempo in die NAN verbreiten und die Vorurteile des
Choson gegen Amerindianer stellen ein Problem dar.
Der Komun’go hat sich durch Nischengeschäfte wie Or-
gan- und Sklavenhandel über Wasser gehalten, die weniger
von den größeren Syndikaten umkämpft sind. Das Über-
leben hat ihn zugleich hart, rücksichtslos und hinterhältig
gemacht; der Ring hat keine Probleme, mit Tamanous und
anderen unappetitlichen Gruppen zusammenzuarbeiten.
Doch viele im Komun’go wollen höher hinaus und riskieren
noch mehr. Das Geschäft mit Tempo, das Kaz Yakamura
(S. 89) an Land zieht, ist für die Organisation ein wahres
Glücksspiel – eines, auf das sich Gray-Wolf nur zögernd ein-
lässt. Die Risiken sind gewaltig, wenn die BAD nur die Hälfte
dessen hält, was sie verspricht.
Trotzdem erkennen viele im Komun’go schnell die gro-
ßen Möglichkeiten, die der Handel mit Tempo eröffnet, und
unterstützen Kaz Yakamura. Selbst als die Lage schwieriger
wird, die großen Syndikat sich einschalten und die Versor-
gung mit Tempo schlechter wird, werfen viele, angestachelt
durch den Erfolg der „Kostproben“, alle Vorsicht über Bord,
sogar als die Yakuza Jagd auf die Leute macht, die ihr Chip-
Geschäft ruinieren.
72 GEISTERKARTELLE
Als aber die Zeit kommt, sich voll und ganz dem Tem-
po-Handel zu verschreiben, hält Gray-Wolf es für nötig, die
Verluste des Rings zu minimieren und Kaz zu opfern. Der
Troll überlebt das Attentat der Yakuza, und der Komun’go-
Ring kommt einer Spaltung gefährlich nahe: Die jüngeren
Mitglieder des Syndikats verehren Kaz wie einen spirituel-
len Führer, während die Veteranen und Amerindianer lieber
weiter von Gray-Wolf geführt werden wollen. Zum Glück
möchte keiner der beiden eine Spaltung. Nachdem Kaz
sich an der Yakuza gerächt hat, wird der Konflikt begraben,
weil man sich gemeinsam dem Gegenschlag stellen muss.
Der Komun’go hat das Glück, durch Tempo zu gewaltigem
Reichtum gekommen zu sein, und das Olaya-Kartell ist be-
reit zu regelmäßigen Lieferungen.
In den folgenden Monaten des brutalen Drogenkriegs
sichern der Komun’go und seine Verbündeten ihre Positi-
onen und nutzen das Geld, um ihren Einfluss über Seattle
hinaus auszudehnen und zu einem wirklich großen Syndi-
kat zu werden.
Zum Komun’go gehört auch ein Kader von schwer ver-
cyberten Schlägern, die „Stand Over Men“, die Gray-Wolf
bedingungslos gehorchen. In diesem Kampagnen-Strang
dienen sie vor allem als persönliche Schutztruppe für Gray-
Wolf und Kaz Yakamura, später auch als Problemlöser und
Auftragskiller, wenn die großen Syndikate aktiv werden.
First Nations
Die First Nations wurden es müde, der Yakuza als Schoß-
hunde zu dienen, kappten ihre Verbindungen zum Shoto-
zumi-rengo und wollen sich einen eigenen Namen machen.
Blood-of-the-Buffalo, der Anführer der Gang, sieht diese
als amerindianische Version der Ancients. Er glaubt, die First
Nations könnten, wie die weit verbreitete Elfen-Gang, die
Speerspitze eines Volkes darstellen. Selbst seine jüngsten
Entscheidungen für Allianzen mit Gruppen wie den Dog-
men, Koshari und zuletzt dem Komun’go-Ring waren vor
allem von ethnischen Gesichtspunkten geprägt.
Blood-of-the-Buffalo sieht das Angebot des Komun’go,
die Gang zum Haupt(weiter)verteiler von Tempo auf den
Straßen von Seattle zu machen, als Chance, sich einen
Platz in der Hierarchie der Unterwelt zu erkämpfen. Die-
se Entscheidung führt zu leichten Spannungen zwischen
dem Komun’go- und dem Choson-Ring, da der Choson
sich durchaus noch an frühere Streitigkeiten mit den First
Nations erinnert, diese aber zu Gunsten der traditionellen
Zusammenarbeit zwischen den Ringen (und einer kleinen
Gewinnbeteiligung) hintanstellt.
Um Verrat zu erschweren, werden nur ein paar ausgewähl-
te Leutnants über die wahre Quelle von Tempo informiert.
Die gewöhnlichen Mitglieder haben zwar keine Ahnung von
der Beteiligung des Komun’go, doch die First Nations sind
bald sehr engagiert im Tempo-Verkauf und nutzen alle ver-
fügbaren Kontakte und Verbündeten dafür. Sie bringen die
Drogen von den Unterschlupfen des Komun’go in die Hin-
terzimmer von Clubs, zu den Schmuggellagern der Dogmen,
Lasterhöhlen und den örtlichen Dealern. Die Dealer der
First Nations sind bald überall zu sehen, von den angesagten
Clubs über Studentenfeste bis an jeder Straßenecke.
Der einfache Verkauf der Droge genügt den Anführern
der First Nations aber nicht. Sie betrachten Tempo als ih-
re Marke. Jeder andere, der es verkauft, bedroht ihre Gang
und sollte so schnell wie möglich eliminiert werden. Andere
innerhalb der Organisation sehen das nicht so. Einige Mit-
glieder, die eher auf schnellen Profit als auf ein Monopol
bedacht sind, verkaufen die Droge en gros. Sie erkennen die
Risiken dabei, aber werten den eigenen Gewinn höher als
die Loyalität zu ihren Bossen.
 Ein solcher Leutnant, Alec Littletree, verkauft Tempo an
die Ragers. Im Laufe der Kampagne werden immer mehr Mit-
glieder versucht, Tempo an unabhängige Versorger und sogar
an ein paar alte Kontakte bei der Yakuza zu verkaufen, was
Bruchlinien innerhalb der Gang aufzeigt, die Blood-of-the-
Buffalo und der Komun’go unmöglich hinnehmen können.
Außerdem werden die First Nations von einem Under-
cover-Agenten von Lone Star, Xa Firebird, unterwandert,
dessen Auftrag sich von einfacher Überwachung hin zu der
Suche nach dem Eintrittspunkt von Tempo in den Metro-
plex wandelt und zu einer Unterbrechung der Versorgung
führen soll. Zu seinem Unglück ziehen seine Ermittlungen
Aufmerksamkeit auf sich, bevor er die Beteiligung der Logis-
tikfirma KondOrchid aufzeigen kann.
Mit der Zeit sind die First Nations gezwungen, sich selbst
und ihre Position als Marktführer gegen jene zu verteidigen,
die beweisen wollen, dass sie den Verkauf besser abwickeln
können, und gegen die Gruppen, die unzufrieden darüber
sind, dass Tempo ihren eigenen Gewinn schmälert. Die
Gang ist sich nicht zu schade, mit ein oder zwei größeren
Gangs wie den Ancients (die ebenfalls Verbindungen mit
den Koshari haben) Geschäfte zu machen, möchte aber alle
kleineren Gangs fern halten, um nicht zu wenig Anteil am
Gesamtgewinn zu haben.
Der Krieg zwischen den Gangs eskaliert, und die großen
Syndikate beginnen, durch ihre abhängigen Gangs (wie etwa
die Blood Mountain Boys und Night Hunters) daran teilzu-
nehmen. Die First Nations stehen an vorderster Front der
Kämpfe um Territorien und Profite – gegen ihre früheren
Herren. Noch mehr als der Komun’go sind die First Nations,
als sichtbare Tempo-Händler, von schweren Verlusten in den
folgenden Kämpfen betroffen, aber sie erlangen dabei den
Ruhm, den sie immer wollten – wenn auch unter Schmerzen.
In den Monaten nach der gespannten Waffenruhe infol-
ge der harschen Maßnahmen der Obrigkeit treten Gray-Wolf
und der Komun’go an Blood-of-the-Buffalo und seine Be-
rater heran. Der ambitionierte Vorschlag wird gemacht, die
jeweiligen Aktivposten gemeinsam mit denen der Dogmen
zu einer neuen Macht in der Unterwelt der Region zu ver-
einigen.
Die Ragers
Die Ragers sind eine drittklassige Gang, die vor allem aus
Orks und Trollen besteht und ihr Gebiet in der Commence-
ment Bay von Tacoma hat. Sie hat ein paar hundert Mitglie-
der, von denen ein paar Menschen mit metamenschlichen
Verwandten oder Sympathien für Metas sind. Diese Men-
schen sind es, die mit Tempo dealen. Im Gegensatz zu den
anderen Organisationen weiß bei den Ragers nicht jeder,
dass die Droge von den eigenen Leuten gehandelt wird. Es
ist eher ein Nebengeschäft zu den üblichen Schutzgeld- und
Gewaltverbrechen.
Caine (S. 92), ein Leutnant der Gang, führt die wenigen
Menschen bei den Ragers an. Caine ist ein starker, gewitz-
ter und ehrgeiziger Mann, dessen Motivation vor allem in
einer Verbesserung der Stellung der Gang liegt. Um nicht
kaltgestellt zu werden, hält er seine Pläne geheim. Zunächst
wissen weniger als ein Viertel der Ragers, dass die Gang mit
Tempo dealt. Mehr und mehr bekommen davon Wind, als
die First Nations beginnen, in ihrem Territorium herumzu-
schnüffeln und ihre Quelle in dieser Gang versiegt.
Als das geschieht, erklärt Caine seinen Vorgesetzten al-
les. Er scheint bereit, die Strafe für den Tempo-Handel ohne
Zustimmung der Anführer anzunehmen, stellt die Lage aber
so dar, als würde er ein Geschäft einfädeln können. Caines
Unterstützer tun alles, um die Wahrheit zusätzlich zu ver-
schleiern.
GEISTERKARTELLE
Inzwischen ist die Tempo-Manie voll entbrannt und die
Anführer der Ragers erkennen die möglichen Gewinnaus-
sichten. Daher, und weil sie fürchten, das Gesicht zu ver-
lieren, wenn sie den First Nations nachgeben, erlauben die
Bosse Caine, einen Plan umzusetzen, der einen direkten
Kontakt mit dem Komun’go herstellt, um diesen um das
Recht zum Verkauf zu bitten.
Caines Plan, eine Ladung Tempo abzufangen, die zu
den Cascade-Orks unterwegs ist, geht schief. Der Komun’go
empfindet die Einmischung der Ragers als störend und de-
nunziert sie bei den First Nations. Diese erklären der Gang
nicht nur den Krieg, sondern Kaz Yakamura versucht auch,
den Schaden zu minimieren, indem er Caine von der Bild-
fläche verschwinden lässt. Zu Kaz‘ Unglück hat Caine aber
bereits seinen Boss informiert.
KOSTPROBE
Die Anführer der Ragers sind nun in der Defensive und
versuchen rücksichtslos, die ungünstige Lage doch noch zu
wenden. Sie verkaufen Informationen über die Verwicklung
des Komun’go in den Tempo-Handel an den Mob und die
Yakuza und bieten beiden ihre Hilfe an.
Die Yakuza
Der Shotozumi-rengo ist eindeutig das mächtigste Verbre-
chersyndikat in der Stadt. Unter Führung des alternden Oya-
bun Hanzo Shotozumi hat sich der Shotozumi-gumi durch
aggressive Expansion seiner Operationen in den 50ern
hervorgetan. Er hat sich den Mob-Krieg von 2057 zunutze
gemacht, wichtige Gebiete der Mafia übernommen und die
Spitze des organisierten Verbrechens in Seattle übernom-
men. Das bedeutet aber nicht, dass die Position des Shoto-
zumi-rengo sicher ist. Es kann jederzeit passieren, dass er
vom Thron gestoßen wird.
Der Shotozumi-gumi hat, nachdem er zum dominieren-
den Yakuza-Clan in Seattle geworden war, kühn seine Ver-
bindungen mit dem Watada-rengo in Japan gekappt und sich
selbst zu einem eigenständigen rengo (Bund) erklärt. Darauf
folgte eine kurze, blutige Säuberung, bei der der Nishidon-
gumi, der dem Watada-rengo loyal geblieben war, vernichtet
wurde. Der neue Shotozumi-rengo stützte sich auf den Sho-
tozumi-gumi des Oyabuns, den progressiven Shigeda-gumi
und den ultrakonservativen Kenran-kai (die überlebenden
Mitglieder des Nishidon-Clans, die Shotozumi gegenüber
loyal waren).
In den folgenden Jahren hat sich der Oyabun damit be-
schäftigt, seine Pfründe zu sichern und einen Schandfleck zu
beseitigen: die Seoulpa-Ringe (Abkömmlinge der verräteri-
schen Koreaner, die in den frühen Vierzigern aus der Yakuza
entfernt worden waren). Bei beiden Vorhaben war Shotozu-
mi beneidenswert erfolgreich. Einerseits blühten nicht nur
die traditionellen Einnahmequellen des Syndikats, sondern
es verdiente auch beachtlich viel Geld mit dem Boom der
BTLs, der durch die kabellose Matrix ausgelöst wurde. Ande-
rerseits bleiben nur zwei Seoulpa-Ringe in Seattle bestehen.
Diese können sich zwar noch halten, doch sie sind dezi-
miert, und Shotozumi sieht ihre Tage als gezählt an.
Daher ist es überraschend, dass Gerüchte den Choson-
Ring mit Tempo in Verbindung bringen, der neuen Biotech-
nischen Erwachten Droge (Bioengineered Awakened Drug,
BAD), die dem BTL-Verkauf der Yakuza so sehr schadet. Eini-
ge Razzien und Überfälle machen aber klar, dass der Choson
doch nicht dahintersteckt, was das Rätsel noch kompliziert.
Als auf der Straße Gerüchte aufkommen, die früher mit der
Yakuza verbündete Gang First Nations würde die Droge ver-
kaufen, schickt Hanzo Shotozumi den Kenran-kai aus, um
sich darum zu kümmern.
Ein gefährlicher junger Killer namens Chikao Inoue (S.
90) und seine Leute werden mit der Aufgabe betraut. Nach
73
 etwas Druck auf die unteren Ränge der First Nations wird
klar, dass deren Anführer ihre Zulieferer vor ihren Unter-
gebenen verheimlichen. Da die Gang der Yakuza gegen-
über sehr misstrauisch ist, beginnen Inoues Männer, einige
Mitglieder der Gang diskret zu beschatten, und hoffen, die
Quelle so zu entdecken.
Inzwischen geht die unglaubliche Erfolgsgeschichte von
Tempo weiter. Es verbreitet sich von den ursprünglichen
Party-Kreisen in immer mehr Gesellschaftsschichten. Die
Droge fängt an, immer mehr Marktanteile von anderen Sub-
stanzen abzugraben und schädigt die BTL-Downloads und
das Chip-Geschäft der Yakuza. Darüber hinaus hält die auf-
flammende Gewalt zwischen den Gangs auf den Straßen die
Stammkunden von den Bunraku-Salons und Spielhöllen der
Yakuza fern.
KOSTPROBE
Inoues Ermittlungen gehen weiter. Nach einigen Wochen
entdeckt er die Wahrheit mit Hilfe der Ragers. Shotozumi
wütet, als Inoue berichtet, dass der Komun’go-Ring und ein
mysteriöser südamerikanischer Zulieferer hinter Tempo ste-
cken. Shotozumi befiehlt dem Shigeda-gumi, dem Kenran-
kai und deren verbündeten Gangs, die Emporkömmlinge
von Komun’go und First Nations in die Schranken zu wei-
sen, was die Gewalt auf den Straßen weiter anheizt.
Bereits nach den ersten Wochen dieses Feldzugs tritt zu
Shotozumis Freude Gray-Wolf an ihn heran und bittet im
Namen des Komun’go um Waffenstillstand. Das Halbblut
bietet, wie erwartet, den Tempo-Handel und den Kopf des
Verantwortlichen auf einem Silbertablett an. Shotozumi ak-
zeptiert dies vorsichtig, nur um sogleich verraten zu werden.
Die Truppen des Kenran-kai, die den Troll ausschalten soll-
ten, entkommen nur knapp einer Falle.
Ein paar Tage später werden Kosuke Tomizawa, der
Oyabun des Kenran-kai, und Toju Shotozumi, ein Cousin
des Oyabuns und wichtigster Sokaiya (Buchhalter) der Or-
ganisation, ermordet. Alle Anzeichen deuten auf eine Intri-
ge der Gianelli-Familie hin. Trotz der Proteste der Gianellis
muss Shotozumi zurückschlagen oder das Gesicht verlieren,
was einen Konflikt mit der Mafia auslöst. Sobald er darin
verstrickt ist, erhält er eine Botschaft, in der Kaz Yakamura
im Namen des Komun’go die Verantwortung für die Morde
übernimmt.
Shotozumi ist über diese Frechheit empört: von einem
verräterischen Koreaner, noch dazu einem Meta, hereinge-
legt worden zu sein! Nun kann es keine Einigung mehr mit
Gray-Wolf geben. Shotozumi erklärt allen Seoulpa-Ringen
und deren Verbündeten den Krieg und befiehlt dem Shige-
da-gumi, die Emporkömmlinge zu vernichten.
Doch dies stellt sich als Fehler heraus. Dona O’Malley
von der Seattler Mafia hat darauf gewartet, dass die Yakuza
ihre Fronten überdehnt, und nimmt die Gelegenheit wahr,
die Mafia-Familien auf eine gemeinsame Sache einzuschwö-
ren.
Die folgenden Monate werden für die Yakuza verlust-
reich und teuer. Der Mob greift einige Unternehmungen
an, die Prostitution, Glücksspiel und Schutzgelderpressung
betreiben; der Choson-Ring vergreift sich aus Rache an den
Matrix-Geschäften der Yaks; sogar die Triaden und Vory kas-
sieren ein paar ungeschützte Aktivposten. Das Bitterste ist
aber, dass der Komun’go und die First Nations überleben
und die Gewinne aus Tempo investieren, um sich Verbünde-
te zu kaufen, die langsam die Truppen des Shotozumi-rengo
dezimieren. Die Yakuza muss sich in großem Umfang der
Schatten bedienen, ebenso der Komun’go-Ring. Das folgen-
de harsche Vorgehen von Lone Star und FBI macht alles nur
noch schlimmer.
Die Zukunft wird zeigen, wie es dem Shotozumi-rengo
gehen wird, wenn sich der Staub endlich legt.
74 GEISTERKARTELLE
Mafia
Der Mob in Seattle ist wegen der dauernden inneren Quere-
len in den letzten Jahrzehnten nicht mehr so stark wie frü-
her. Diese „Differenzen“ sind nun blutig beigelegt und die
neue Capa, Rowena O’Malley, tut alles, um die Familien
unter ihrer starken Hand zu einen. Der unerwartete Erfolg
von Tempo wird vom Mob erst nach ein paar Wochen be-
merkt, doch dann erkennt Dona O’Malley ihn als perfekte
Chance, die Einheit wieder herzustellen.
Obwohl einige Probleme entstehen, weil die Drogen-
verkäufe und der Markt für CalHots geschädigt werden, ist
die Capa überzeugt, dass die Lage dazu führen muss, dass
die Familien zusammenarbeiten, um die Hintermänner der
Droge zu vernichten. Außerdem kann man die Schwäche
der Yakuza ausnutzen, um verlorene Marktanteile zurück-
zuerlangen und alte Rechnungen zu begleichen. Angeneh-
merweise spielt der Plan von Kaz Yakamura, einen neuen
Verrat durch Gray-Wolf unmöglich zu machen, indem er die
Syndikat aufeinander hetzt, Rowena O’Malley hervorragend
in die Hände. Also versucht sie nicht einmal, an die Yakuza
heranzutreten, als klar wird, dass die Gianellis hereingelegt
wurden. Stattdessen nimmt sie die Vergeltung der Yakuza
zum Anlass, zur Offensive überzugehen. Der Komun’go
kann warten.
Eine weniger offensichtliche Chance taucht ebenfalls
wieder auf – man könnte eine alte Freundin in die Regie-
rung bringen: Josephine Dzhugashvili ruft nach schärfe-
ren Maßnahmen gegen die extreme Gewalt, da Gouverneur
Brackhaven offenbar unfähig – oder unwillig – dazu ist. Es
kann nicht lange dauern, bis das unzufriedene Volk lautstark
die Amtsenthebung fordert und nach einer entschlossene-
ren und effektiveren Führung durch Joey D. verlangt.
INTERESSENKONFLIKTE
Die Abenteuer-Gerüste in diesem Plot-Strang konfron-
tieren die Charaktere mit einer aufstrebenden Macht in
der Unterwelt von Seattle, deren Aufstieg von Tempo be-
fördert wird. Diese Verbindung ist zwar profitabel, kann
aber bestehende Loyalitäten langjähriger Runner und ihrer
Connections auf die Probe stellen. Heben Sie diese ungün-
stigen Nebenwirkungen einer rein profitorientierten Ar-
beit deutlich hervor.
Die Spieler werden wahrscheinlich eher Gewinn ma-
chen als Freunde finden wollen, doch ihre Connections
und andere wichtige Leute werden daran interessiert sein,
mögliche profitable Partnerschaften zu bewahren. Daher
könnten einige von ihnen den Runnern nicht helfen wol-
len, wenn diese gegen eine Gruppe vorgehen, mit der die
Connections Geschäfte machen.
Andererseits kann die Entscheidung der Runner, nur
für eine Seite in dem Konflikt zu arbeiten, zwar die Job-
möglichkeiten einschränken, aber auch die Verbindungen
mit dem jeweiligen Syndikat stärken und neue Jobs er-
möglichen, wenn die Abenteuer in diesem Buch vorbei
sind. Viele der Abenteuer-Gerüste können einfach an eine
Gegnerschaft gegen den Komun’go oder eine Arbeit als
Doppelagenten im Auftrag früherer Verbündeter angepasst
werden (zum Beispiel, indem man die Vorgänge an Yakuza
oder Mob verrät). Um aber zu verhindern, dass die Kam-
pagne aus den Fugen gerät, sollten Spielleiter die genauen
Hintergründe und Loyalitäten von Kaz erst ein wenig später
aufdecken.
Andere Syndikate in Seattle
Die Triaden erleiden durch den Erfolg von Tempo deutli-
che Einbußen, weil sie der Hauptlieferant für Biotechnische
Erwachte Drogen aus Südostasien sind. Sie erkennen aber,
weil sie eine sehr viel flexiblere Verteiler-Infrastruktur ha-
ben, auch die möglichen Synergien von Tempo und anderen
Produkten durch ihre Verbindungen in Hongkong. Als das
Engagement des Komun’go bekannt wird, treten die Tria-
den in Frieden an Gray-Wolf heran. Sie kaufen direkt von der
Quelle und beginnen, Tempo mit Blutorchidee und anderen
BADs zu kombinieren sowie die durch Tempo gesteigerte
Empathie für BTLs (besonders Kong Moodies) zu nutzen,
um neue „Designerdrogen-Erfahrungen“ zu erzeugen. In
einigen Teilen des Sprawls schießen Tempo-Höhlen der
Triaden aus dem Boden, in denen der wählerische Tempo-
Konsument einzigartige Erlebnisse haben kann.
Obwohl die Vory nicht besonders viel Drogengeschäft be-
treiben, sind sie alles andere als begeistert, als der Komun’go
sich in den Docks breitmacht, die sie als ihr Territorium be-
trachten. Zwar sind sie eigentlich nicht als besonders diplo-
matisch bekannt, unternehmen aber doch den Versuch, dem
Ring seinen Irrweg klar zu machen, als sie erfahren, dass in
ihrem Hinterhof mit Tempo gedealt wird. Vielleicht handeln
die Vory nur im Auftrag anderer Mächte, doch ihre Reaktion
auf die Ermordung ihres Gesandten ist sehr typisch für sie
– und ziemlich blutig, was die Gewalt, die im Sommer in
den Straßen ausbricht, nicht besänftigt, sondern noch an-
stachelt.
Auch andere kriminelle Elemente in Seattle werden in
die unruhige Lage verwickelt. Niemand ist davon nicht be-
troffen.
KondOrchid
Dieser transnationale Logistik-Konzern ist im Besitz von Jai-
me Salazar, dem Kopf des Olaya-Kartells, und wird benutzt,
um Drogen durch den Pacific Rim, die Karibik und an die
Atlantikküste zu transportieren. KondOrchid besitzt extra-
territorialen Status und hat in den Docks von Everett einen
Logistik- und Lagerhauskomplex, von wo aus das Tempo
weiterverteilt wird, das auf den eigenen Schiffen ankommt.
Roberto Záfon, der örtliche Geschäftsführer, ist der Agent
des Olaya-Kartells in Seattle und eine Connection von Kaz
Yakamura.
Mehr über KondOrchid und seine Aktivitäten ist auf S.
60 zu finden. Die Niederlassung in Everett wird auf S. 78
dargestellt.
ABENTEUER-GERÜSTE
Die folgenden Abenteuer-Gerüste sind offen gestaltet, wo-
durch Spielleiter die Freiheit haben, auf die Persönlichkei-
ten der Runner einzugehen und den Auswirkungen ihrer
Handlungen (vor allem der unerwarteten) einigen Raum zu
geben.
Doch egal was die Runner unternehmen, die Tempo-
Verkäufe werden ansteigen, die Konflikte in der Unterwelt
auslösen und schließlich den Komun’go in den offenen
Konflikt mit der Yakuza zwingen. Diese Vorgänge haben zu
viel Eigenleben, als dass man sie aufhalten könnte. Selbst
wenn einem der Haupthandlungsträger in Kostprobe etwas
passieren sollte, würde der Krieg um Tempo letzten Endes
trotzdem ausbrechen.
Das bedeutet aber nicht, dass die Handlungen der Spie-
ler unwichtig wären. Die Kampagne findet zum Großteil auf
Straßenniveau statt. Was bei den Runs passiert, wird sich
GEISTERKARTELLE
deutlich auf die eigentliche Schattengemeinde auswirken.
Der sinnlose Tod von Soldaten der Syndikate oder falsche
Loyalitäten könnten eine Folge von Ereignissen auslösen,
die sich auf die Reputation, die Jobaussichten oder sogar das
Privatleben von Runnern auswirken.
Die Kampagne ist zwar für das Straßenniveau ausgelegt,
doch die Runner finden auch Gelegenheit, Kontakte zu
Gangbossen, Amtsträgern, Gesetzeshütern und sogar dem
einen oder anderen Prominenten zu knüpfen. Wie sie sich
in diesen Situationen benehmen, wird sich auf ihre künftige
Reputation auswirken. Sie können rollenspielerische Her-
ausforderungen darstellen, durch Würfel entschieden wer-
den, oder als Kombination von beidem gestaltet werden, je
nach Belieben des Spielleiters.
Die Schockwellen des Chaos in der Unterwelt, das von
KOSTPROBE
Tempo ausgelöst wird, sind gewaltig – ebenso wie die per-
sönlichen und professionellen Auswirkungen dieser neuen
Drogen-Manie. Für Spielleiter ergibt sich daraus eine gro-
ße Fülle an Aufhängern für Geschichten. Spielleiter können
nach Belieben ihre eigenen Geschichten und Wendungen in
diesen Kampagnen-Strang einpassen – die Ereignisse, Grup-
pen und Charaktere, die oben vorgestellt wurden, kratzen
nur die Oberfläche dessen an, was durch Tempo und den
Drogenkrieg möglich wird. Einige Ideen und Aufhänger fin-
den sich im Abschnitt Gesamtbild.
Spielleiter sollten, wie immer, die Gegner und Schwie-
rigkeiten an den Spielstil ihrer Gruppe und den Grundton
ihrer Kampagne anpassen.
DER FREMDE IM HAUS, TEIL I
Die First Nations, ehemalige Schläger der Yakuza, suchen
nach ihrer eigenen kleinen Marktlücke. Sie werden von ei-
nem mysteriösen Zulieferer mit dem Verkauf einer brandhei-
ßen neuen Droge namens Tempo betraut, und die Gang ist
sich sicher, dadurch Einfluss und Territorien zu gewinnen.
Doch ihr Zulieferer will sichergehen, dass die Gang alle al-
ten Verbindungen zur Yakuza gekappt hat und keine Maul-
würfe in den eigenen Reihen beherbergt.
Eine Johnson beauftragt das Team mit Nachforschun-
gen und der Überwachung von zwei Mitgliedern der Gang,
die verdächtig sind – einer, weil er zu viel Geld mit Tempo
macht, der andere, weil er nicht genug macht. Dieses Aben-
teuer besteht aus zwei separaten Gerüsten, jeweils für eine
Ermittlung. Der Job verwickelt das Team in den aufkeimen-
den Konflikt zwischen den First Nations und den Ragers.
Die Sache wird dadurch weiter kompliziert, dass auch der
Kenran-kai und die Mafia-Familie Finnigan bereits Fühler
ausstrecken, um mehr über die Droge und ihre mysteriöse
Quelle zu erfahren. Das Team kommt an eine Handvoll Da-
ten und muss entscheiden, wem es die Informationen geben
will, was in jedem Fall einiges an Konsequenzen nach sich
ziehen wird.
Auftakt
Ein bekannter Schieber organisiert ein Treffen mit Miss
Johnson in einem heruntergekommen Striptease-Schuppen
in Downtown namens Tickler’s. Miss Johnson empfängt die
Runner an der Tür, (kaum) bekleidet mit einem durchsichti-
gen Spitzen-Top und passender Unterwäsche. Sie ist ebenso
cool und distanziert wie verführerisch. Es herrscht einiges
an Betrieb und die schwarzhaarige Asiatin führt die Gruppe
in ein Privatzimmer, „zu einer Show“.
Wenn das Team sich niedergelassen hat, holt Miss John-
son ein handtellergroßes Kommlink aus einer dunklen Zim-
merecke. Sie kopiert für jeden eine Datei von dem Gerät.
Das Datenpaket enthält ein paar Bilder von zwei Männern,
75
 DER VERGE (REDMOND)
Der Verge („Rand“) besteht aus einem drei Kilometer breiten
Streifen Land zwischen den Barrens und dem Salish-Gebiet. Die
Gegend wird von den First Nations beherrscht, die sie bis vor
Kurzem zum Verkauf von BTLs für die Yakuza benutzten. In der
Zone lebt ein Völkergemisch von armen amerindianischen und
asiatischen Einwohnern; der Anteil an Metamenschen ist unter-
durchschnittlich. Die Leute im Verge konnten sich nicht im Le-
ben außerhalb der Zone zurechtfinden und leben nun hier als
Hausbesetzer. Viele der Gebäude sind abrisswürdig oder ver-
lassen; die meisten sind besetzt. Die Einwohner des Verge sind
zumeist Ausgestoßene, Penner und Drogensüchtige, die sich um
ihre eigenen Angelegenheiten kümmern, aber darauf achten, wer
KOSTPROBE
„dazugehört“.
Staub von den Lavaflüssen in Redmond bedeckt viele Straßen
und Gebäude. Die Behausungen, die nicht verlassen sind, sehen
dennoch so aus. Das Gebiet ist unbeleuchtet und nachts gefähr-
lich, und nur Narren betreten es unbewaffnet. Der Verge ist eine
Z-Zone wie aus dem Bilderbuch.
Es gab dort etliche Fälle von spurlosem Verschwinden, die
großteils der Aktivität von Tamanous im Verge zugeschrieben
werden. Shadowrunner, die neu in der Gegend sind, werden als
Außenseiter behandelt, bis sie beweisen, dass sie nicht für Tama-
nous oder den Kenran-kai spionieren.
Die kabellose Matrix-Abdeckung ist bestenfalls lückenhaft.
Die Stromversorgung wird aus den Hauptleitungen der Stadt ab-
gezweigt und sorgt für ein wenig Beleuchtung. Das Wasser aus
der Leitung muss abgekocht werden, die sanitären Anlagen sind
schlecht und es gibt eine gesunde, reichhaltige Ungezieferbevöl-
kerung, daher brechen häufig Seuchen aus.
die in amerindianisch angehauchtes Gang-Outfit gekleidet
sind. Außerdem finden sich öffentlich zugängliche Satelli-
tenbilder einiger Gebäude nahe der Grenze zum Salish-Shi-
dhe Council. Die Datei enthält auch einen einmal nutzbaren
Kommcode für Miss Johnson.
Sie erklärt, dass die Bilder zwei Leutnants der First Na-
tions und einige ihrer Unterschlupfe darstellen. Es geht
darum, diese beiden Gangmitglieder, Alec Littletree (S.
92) und Xa Firebird (S. 93), eine Woche lang zu obser-
vieren. Miss Johnson möchte, dass das Team herausfindet,
was die Männer tun, welche Aktivposten sie haben, womit
jedes der Ziele Geld verdient, wer ihre Connections sind
und ob sie mit anderen Verbrechergruppen zu tun haben.
Die Runner sollen in keiner Weise mit ihnen in Kontakt
treten. Miss Johnson bietet 5.000 Nuyen pro Runner und
bezahlt die Hälfte im Voraus (verhandelbar, aber sie wird
nicht über 7.000 pro Kopf gehen). Wenn man handelseins
ist, wird Miss Johnson einen beglaubigten Credstick mit
der Hälfte der Bezahlung aus derselben dunklen Zimme-
recke holen, ihn an ein Teammitglied übergeben und den
Raum verlassen.
Man braucht nicht viel nachzuforschen, um zu erfahren,
dass es sich bei Miss Johnson um Dae (S. 90) handelt. Sie
ist eine Attraktion des Tickler’s und sehr beliebt bei den
wenigen Capi des Mobs, die diesen Schuppen besuchen.
Weitere Informationen sind schwerer zu finden. Runner mit
Connections in der Unterwelt können herausfinden, dass
sie definitiv nicht mit einer großen Gang oder einem wichti-
gen Syndikat zu tun hat. Konzernconnections könnten auf-
decken, dass Dae eine große Klientel unter den Konzernern
hat und sogar vor ein paar Jahren für Renraku als „Vertrags-
Entertainerin“ gearbeitet hat – doch zurzeit ist sie mit kei-
nem Konzern verbunden.
76 GEISTERKARTELLE
TICKLER’S STRIP-CLUB (AIKI, DOWNTOWN)
Das Tickler’s ist bei der Arbeiterklasse sehr beliebt und hat vor
Kurzem die Aufmerksamkeit der Mafia erregt. Es ist ein unabhän-
giger Strip-Club, der sich durch die Vielfalt an Ethnien und Meta-
typen seiner Darstellerinnen auszeichnet.
Der Club hat einen großen Hauptraum und acht abgeteilte
„Champagner-Zimmer“ im hinteren Teil. Ein dunkler Flur führt zu
einem Konferenzbereich und dem Hinterausgang. Davon zweigt
ein Gang nach rechts ab, durch den man zu den Garderoben, Bü-
ros und zum Küchenbereich kommt. Der schalldichte Konferenz-
bereich ist generell für Privatveranstaltungen reserviert. Durch
seine Lage nahe den Garderoben und dem Hinterausgang ist er
ideal geeignet, um Leute ungesehen rein- und rauszubringen.
Die Mafia hat versucht, den Besitzer des Clubs, Jacob Bel-
lows (verwenden Sie den Clubbesitzer, S. 6, Connections und
Szenarien), zum Verkauf zu „überreden“. Doch Bellows hat gute
Beziehungen, ist beliebt und lässt sich nicht gern unter Druck
setzen. Jake Hickory und Saul Matlock stehen hinter der Bar und
sind gute Informationsquellen über den Mob, die Kunden und
die Mädchen (verwenden Sie den Barkeeper, S. 333, SR4). Die
Sicherheitstruppe besteht aus zwei trollischen Rausschmeißern,
Benny und Pork (verwenden Sie den Vollstrecker, S. 138, SR4),
und einem frühpensionierten Straßensamurai namens Royce
(verwenden Sie die Straßensamurai, S. 135, SR4), der sich un-
ter das Publikum mischt und nur eingreift, wenn die Lage außer
Kontrolle gerät.
Das folgende Abenteuer-Gerüst führt die Runner durch
die Ermittlungen über Alec Littletree. Jene gegen Xa Firebird
werden von dem Abenteuer-Gerüst auf Seite 77 behandelt.
Szene 1
Der erste Schritt der Shadowrunner ist gute, altmodische
Beinarbeit. Sie kann so schwierig oder geradlinig gestaltet
werden, wie der Spielleiter will.
Connections in der Welt der Gangs können den Run-
nern helfen, herauszufinden, was die First Nations un-
ternommen haben, seit sie sich von der Yakuza lösten.
Oberflächlich betrachtet hat die Gang mit unterschiedli-
chen Gruppen zusammengearbeitet, um Einfluss in Seat-
tle und darüber hinaus zu erlangen (vor Kurzem hat sich
ein Ableger in Vancouver gebildet). Die wichtigsten dieser
Gruppen sind die Koshari (die nach Seattle expandieren
wollen), die Dogmen und der Seoulpa-Ring Komun’go
(die beide von den First Nations mit dringend benötigten
Muskeln versorgt werden). Infolge dieser Partnerschaften
haben die First Nations ihr Einflussgebiet in den Verge von
Redmond ausgedehnt.
Die Bilder und Karten bieten eine gute Spur zu Little-
tree, aber er muss noch gefunden werden. Connections
im Straßenpersonal der Unterwelt, bei Gangs oder in der
Drogenszene könnten enthüllen, dass Alec Littletree ein auf-
strebender Leutnant ist, der den Tempo-Handel in einigen
Clubs und Lasterhöhlen in Renton und Tacoma unter sich
hat. Seine Operationsbasis ist anscheinend ein Unterschlupf
der First Nations im Verge (auf den Bildern zu sehen). Etwas
Nachbohren ergibt, dass er viel mehr Tempo vertreibt und
Geld erwirtschaftet als zu erwarten wäre – doch es ist unklar,
wie er das anstellt.
 Die Schwierigkeit wird darin liegen, zu entscheiden, wie
Littletree unbemerkt observiert werden soll. Er hält sich viel
an öffentlichen Orten auf und ist mit Personal und Raus-
schmeißern vieler Clubs befreundet. Er passt auf, dass man
ihn nicht verfolgt (vor allem nicht die First Nations). Wenn
die Runner beim Unterschlupf entdeckt werden, werden die
First Nations ihnen zuerst eine Abreibung verpassen wollen
und eine Gruppe von sechs oder mehr Schlägern schicken,
um sich nach den Absichten der Runner zu erkundigen.
Wenn die First Nations aus irgendeinem Grund die Runner
für Verbündete der Yakuza halten, rufen sie nach Verstär-
kung und versuchen, sie zu töten.
Szene 2
Die Spielercharaktere verfolgen Littletree zu einer Bar in
Tacoma, wo sie, wenn sie nahe genug heran kommen, ein
Treffen zwischen ihm und einem Mitglied der Ragers beob-
achten. Er sitzt zusammen mit einem großen, muskulösen
Schwarzen in einem Separee. Littletree übergibt einen Ak-
tenkoffer voll Tempo und bekommt dafür mehrere beglau-
bigte Credsticks.
Inzwischen können aufmerksame Runner außerhalb der
Bar bemerken, dass eine Gruppe von drei Soldaten der Ya-
kuza versucht, das Geschehen unauffällig zu beobachten.
Wenn das Team die Yaks entdeckt, ist es wahrscheinlich, dass
diese es ebenfalls bemerken. Die Leute von der Yakuza – An-
gehörige der Gruppe von Inoue – werden, wenn sie verhört
werden, nur zugeben, für den Kenran-kai zu arbeiten, und
klarmachen, dass sie unter dem Schutz der Organisation ste-
hen. Sie werden nicht erklären, was sie vorhaben, nicht ein-
mal, wen sie beobachten – selbst unter schärfstem Verhör.
Sie fürchten, dass alles, was die Runner ihnen antun könn-
ten, nichts ist im Vergleich zu der Schande, die sie durch
irgendwelche Geständnisse auf sich laden würden.
Showdown
Egal ob die Charaktere aufgeflogen sind oder nicht, erhal-
ten sie nun Besuch von den Ragers. Das geschieht, während
sie Littletree beschatten. Eine Gruppe Mitglieder der Ragers
(S. 93) fängt das Team ab, zum Kampf gerüstet und in drei-
facher Überzahl. Der Anführer der Gruppe ist ein großer
Schwarzer, der sich Caine nennt (S. 93) – derselbe Kerl, den
Littletree in Redmond getroffen hat. Er fragt, warum sie Litt-
letree beschatten.
Die Ganger wollen eigentlich nicht kämpfen, weil sie
glauben, das Team arbeite für den Mob; sie haben nicht die
Ressourcen, um einen längeren Krieg mit dieser Organisa-
tion zu überstehen. Sie protzen nur mit ihren Waffen, um
Stärke zu demonstrieren. Caine möchte sicherstellen, dass
sein Maulwurf verborgen bleibt, damit das Tempo weiter zu
seiner Organisation fließt.
Caine wird sich den Runnern gegenüber zurückhaltend
geben und immer darauf hinweisen, dass er wisse, für wen
sie arbeiten. Er gibt ihnen den Rat, sich zurückzuziehen, be-
vor er ihnen das „Leben sehr schwer“ machen müsse. Wenn
die Runner einen Kampf anfangen, werden Caines Leute
versuchen, sie mit Schockstäben, Knüppeln, Totschlägern
und Unterarmschützern außer Gefecht zu setzen, ohne sie
zu töten.
Folgen
Am Ende des Runs werden die Runner wissen, dass sie nicht
für die First Nations gearbeitet haben. Es sollte noch nicht
klar sein, wer hinter Miss Johnson steckt, aber die weiteren
Runs in diesem Strang sollten darüber Aufklärung geben.
GEISTERKARTELLE
Wenn die Spieler nichts verbockt haben (Littletree getötet
oder die First Nations auf die Beschattung aufmerksam ge-
macht), wird dieses Abenteuer wenig Nebenwirkungen er-
zeugen. Die Yakuza ist an den Vorgängen nur mit Fußvolk
beteiligt; wenn also das Team einen der Spione des Kenran-
kai schwer verwundet oder tötet, wird es wenig unmittelbare
Vergeltung geben – der Gumi wird sie vielleicht eine Zeit lang
nicht anheuern –, aber Chikao Inoue wird erzürnt sein.
Der Erfolg dieser Mission hängt vor allem davon ab, wie
das Team mit seinem Wissen umgehen will. Sie können Kon-
takte zu den Ragers knüpfen, wenn sie die Verbindung der
Gang mit Littletree verschweigen. Das könnte bedeuten, dass
die Ragers sie vielleicht später mal anheuern und dass Litt-
letree für sie zu einer Connection wird. Wenn Miss Johnson
später herausfindet, dass die Runner ihr nicht alles erzählt
KOSTPROBE
haben, wird das aber ihre Reputation schwer beschädigen.
Wenn das Team alles über Littletrees Nebengeschäfte of-
fenbart, wird Miss Johnson den Job als Erfolg werten und
bereit sein, die Runner noch mal anzuheuern. Sollten sie
Miss Johnson über die Verbindung zu den Ragers informie-
ren, winkt ein Folgeauftrag zur Observierung der Ragers,
wie sie es bei den First Nations schon getan haben.
Die Untersuchung der Ragers wird ergeben, dass die
Gang lose Verbindungen mit dem Mob pflegt und begierig
ist, sich über die Grenzen von Tacoma hinaus zu verbrei-
ten – Kaz Yakamura wird sie nicht als bedrohlich einstufen
(was sich später als Fehler erweist). Er betrachtet Littletrees
Nebengeschäfte als weitere Fassade für den Komun’go und
wird Littletree nicht bei den Anführern der First Nations de-
nunzieren.
DER FREMDE IM HAUS, TEIL II
Der zweite Ganger, dem die Runner auf den Zahn fühlen
sollen, ist ein Elf namens Xa Firebird. Firebird ist in Wirklich-
keit ein Undercover-Agent von Lone Star, doch das müssen
die Runner selbst herausfinden. Xa sollte ursprünglich die
First Nations infiltrieren und Informationen über sie und
ihre Verbündeten herausfinden, doch inzwischen wurde er
abgestellt, um die Quelle von Tempo zu finden.
Die bestehenden Spannungen wachsen sich bereits zu
Kämpfen zwischen den Gangs um Territorien und Profite
aus, daher will Firebird nichts riskieren, was seine Tarnung
gefährdet. Zwei Faktoren machen die Sache aber kompli-
ziert. Während der sechsmonatigen Undercover-Operation
hat sich zwischen Xa und seiner Kontaktbeamtin beim Star,
Chief Detective Carla Matthews, eine Romanze entwickelt,
und er hat selbst begonnen, Tempo zu nehmen, weil er da-
durch leichter die Gedanken und Gefühle seiner Zielperso-
nen erkennen kann.
Szene 1
Die Observation wird zeigen, dass Xa ein Gewohnheitstier
ist. Er soll Tempo in den angesagten Clubs und auf Partys
im Dunstkreis des Campus der Universität von Seattle ver-
kaufen. Man kennt ihn in der Clubszene und er hat einige
Freunde, die ihm den Rücken freihalten, aber als Underco-
ver-Agent fühlt er sich schuldig und will zumindest nicht an
Kids verkaufen – was seine Verkaufszahlen niedrig hält. An-
dere Gangmitglieder und einige seiner Connections halten
Xa zwar für verlässlich, aber auch für einen Arschkriecher,
der sich bei Blood-of-the-Buffalo einschleimen will. Nie-
mand weiß wirklich viel über seinen Hintergrund.
Nach ein paar Tagen des Belauerns werden die Charak-
tere eine erste Unterbrechung der Routine bemerken. Nach-
dem er eine E-Mail abgesetzt hat, besucht Xa ein schmieriges
Billig-Hotel in Tacoma namens Harrington’s, offenbar zum
77
 DEPOT VON KONDORCHID (DOCKS VON EVERETT)
Der transnationale Logistikkonzern KondOrchid, als AA einge-
stuft, ist die legale Fassade für das Olaya-Kartell im Pazifikraum.
Er hat in allen wichtigen Häfen Depots. Seattle ist da keine Aus-
nahme – KO besitzt dort eine Niederlassung mit Lagerhäusern in
den Docks von Everett.
Die Anlage ist ein rechteckiges Gelände, das von einem vier
Meter hohen Elektrozaun begrenzt ist und drei große automa-
tisierte Lagerhäuser mit einigen Ladedocks enthält, dazu zwei
Containerkran-Drohnen an der Mole und ein zweistöckiges Bü-
rogebäude. Der Außenbereich wird von sechs GM-Nissan Dober-
mann-Drohnen (S. 398, SR4, Bewaffnung: AK-97 Sturmgewehr
KOSTPROBE
[Schadenscode 6K, PB –1, HM/SM/AM, RK 5, 38(s), Gasventil 3] in
fest montierter Halterung) und einer halbstündlichen Drei-Mann-
Patrouille gesichert.
Die Lagerhäuser (Panzerungsstufe 9, Strukturstufe 10) sind
versperrt (Magschlösser Stufe 5) und alle Tore und Türen sind
von Kameras überwacht, die unter dem Dach verborgen sind und
Zweck einer heißen sexuellen Eskapade mit einer „gelang-
weilten Hausfrau“. Das Zimmer ist unter dem (Deck-)Na-
men der Frau gemietet.
Sollten die Runner das als Tarnung für eine Nachrich-
tenübermittlung betrachten, hätten sie damit Recht. Doch
die Sache wird undurchsichtig, wenn man die Bücher des
Hotels und/oder das Zimmer untersucht und dabei heraus-
findet, dass Firebird und die Frau sich tatsächlich regelmäßig
treffen. Es gibt einige Hinweise auf die wahren Hintergrün-
de von Firebird und den Treffen, die aufmerksame Runner
herausfinden können, von denen jedoch keiner allein alles
erklärt:
 Xa besitzt ein SenseSation Livecaster Cyberware-Set (zu
teuer für den typischen Ganger) unter seinen kleineren
Implantaten;
 Xa schreibt alle zwei Tage an eine tote Mailbox (wieder
unüblich kompliziert für einen Ganger);
 Xas Kommlink hat eine heftige Firewall und IC (und was
noch auffälliger ist, die Programme sind legal und keine
Raubkopien);
 Astrale Beobachtung enthüllt tatsächlich ein romantisches
Stelldichein, aber auch, dass die Frau vielleicht wie eine
gelangweilte Hausfrau aussieht, aber einiges an Headware
eingebaut hat;
 Wenn man die Kennzeichen des Wagens der Frau über-
prüft, zeigt sich, dass er auf eine Scheinfirma zugelassen
ist (die über Umwege wiederum Lone Star gehört).
Showdown
Während einer Beobachtung sehen die Runner, wie Xa
heimlich Blood-of-the-Buffalo und ein paar anderen aus ei-
nem Unterschlupf der First Nations folgt. Der Anführer der
First Nations fährt in einem GMC Hermes (S. 117, Arsenal
2070) zu einem Gebäude von KondOrchid, um 3.000 wei-
tere Dosen Tempo von Kaz Yakamura und Roberto Záfon
(verwenden Sie den Mr. Johnson, S. 335, SR4, und geben Sie
ihm Unterwelt-Politik auf 4 dazu) zu übernehmen.
Xa wird dem Van der First Nations mit seinem Cyclops-
Einrad (S. 114, Arsenal 2070) bis zu den Docks von Everett
78 GEISTERKARTELLE
rund um die Uhr an die Sicherheitsspinne (modifizieren Sie den
Drohnenrigger auf S. 125, SR4, entsprechend) des zwölfköpfigen
Sicherheitstrupps samt Sicherheitsmagier im Bürogebäude über-
tragen werden (verwenden Sie die Konzernsicherheitseinheit, S.
326, SR4). Alle Türen haben zusätzlich zum Magschloss auch eine
Diebstahlsicherung mit Schocker, der von der Spinne per Fern-
steuerung ausgelöst werden kann.
In den Lagerhäusern gibt es mehrere Verstecke für illegale
Drogenlieferungen, meist unter getarnten Falltüren oder in leeren
Containern. Außerdem gibt es in jedem Lagerhaus einen Schacht
zur Notfall-Evakuierung (mit einem Bewegungsmelder Stufe 4
und Laser-Stolperdraht), der in die Kanalisation des Hafens führt.
Das Gebiet wird von zwei gebundenen Feuergeistern (Ele-
mentaren) der Stufe 8 patrouilliert und hat eine Hintergrund-
strahlung von 1 wegen der verwüsteten, schmutzigen Indus-
trielandschaft. Die Geister haben den Befehl, nur astrale oder
magisch aktive Eindringlinge anzugreifen.
folgen. Die Runner müssen ihn den ganzen Weg von Red-
mond bis Everett verfolgen, ohne entdeckt zu werden.
Bei der Ankunft treten zwei der Stand Over Men (S.
93) aus dem Schatten eines Lagerhauses und begleiten
den Van durch die Tore der Niederlassung von KondOr-
chid. Nachdem er sein Motorrad in einem versteckten
Winkel geparkt hat, erweist sich Xa als verdächtig ge-
schickter Einbrecher. Er überwindet den Zaun mithilfe
eines Kletterseils, das er von einem nahen Dach hinüber-
schießt, und bringt sich in Position, um die Vorgänge mit
seinen Cyberaugen zu filmen – außerhalb des Sichtfelds
der Runner. Xa lässt sein Kommlink ausgeschaltet, um
nicht entdeckt zu werden; er aktiviert sein PAN erst in
sicherer Entfernung wieder.
Um herauszufinden, was Xa will, muss das Team in das
gesicherte Depot eindringen – unwissend, dass Kaz und der
Komun’go hinter ihrer Miss Johnson stecken. Wenn sie Alarm
auslösen oder anders bemerkt werden, sollte der Spiellei-
ter genügend Widerstand auffahren, damit die Gruppe sich
zurückzieht und schließlich flüchtet. Falls sie sich für den
Kampf entscheiden, werden die Runner von der vereinten
Macht der Stand Over Men, First Nations und Sicherheits-
leute von KondOrchid überwältigt, während Xa entkommen
kann.
Folgen
Wenn die Spieler nicht selbst daran denken, sollte der Spiel-
leiter andeuten, dass sie etwas ziemlich Großes beobachtet
haben und Miss Johnson wohl gern sofort davon erfahren
würde. Wenn Dae hört, was geschehen ist, befiehlt sie den
Runnern, Xa zu eliminieren, bevor er an irgendjemanden
Informationen weitergeben kann.
Wenn sie Xa rechtzeitig einholen und alle Beweise ver-
nichten, die er gesammelt hat, wird Dae zufrieden sein und
ihnen 10.000 Nuyen als Bonus anbieten.
Wenn sie es nicht tun, wird Lone Star die Beteiligung
von KondOrchid und des Komun’go erfahren. Das führt
aber nicht sofort zu Aktionen, da die Ermittlungsergebnisse
illegal zustande gekommen sind und der südamerikanische
Konzern extraterritorialen Status hat.
LEICHENDIEBE
Die Medien beachten eine Droge nicht, bis ihre Auswirkun-
gen sich über das Ghetto hinaus verbreiten oder die ersten
Leute daran sterben. Bei Tempo scheint Letzteres der Fall. In
den letzten paar Monaten sind einige Konsumenten gestor-
ben. Und da nun Jania Shields, eine Reporterin von KXTV,
letzte Nacht tot aufgefunden wurde, kann es nicht lange
dauern, bis ein Leichenbeschauer, der klüger ist als gut für
ihn ist, das Puzzle zusammensetzt.
Kaz Yakamura hält einen Diebstahl der Leiche, bevor die
Todesursache genau festgestellt ist, für die beste Problem-
lösung. Er wirbt das Team an, um in die DocWagon-Klinik
einzubrechen, wo die Leiche aufbewahrt wird, diese und die
Untersuchungsberichte zu stehlen und die Verblichene an
eine Gruppe Ghule im Verge zu übergeben, die wissen, wie

KOSTPROBE
man Leichen verschwinden lässt.

Auftakt
Ein den Runnern bekannter Schieber bittet um ein unübli-
ches persönliches Treffen in einer unauffälligen Station der
Monorail. Bei der Ankunft bekommt jeder Runner einen
RFID-Chip und den Auftrag, sich später am Abend im 77 mit
einem Johnson zu treffen.
Das 77 ist ein ultra-exklusiver Club in Renton, in dem
sonst nur Kon-Funktionäre, hohe Mitglieder von Syndika-
ten und ähnliche Leute verkehren. Die Runner werden nur
mit Abendkleidung und den einmal gültigen RFIDs, die sie
bekommen haben, eingelassen. Drinnen werden sie rasch
durch den noblen Club geführt, wobei sie aus dem Augen-
winkel ein paar kleinere Berühmtheiten erspähen können,
die in separaten Räumen dinieren. Sie werden in ein Zimmer
mit Ledersesseln und echten Bildern geführt, wo sie einen
dünnen Troll treffen, der in einen feinen Geschäftsanzug ge-
kleidet ist. Er stellt sich als Kaz Yakamura vor und behauptet,
der stellvertretende Anführer des Komun’go zu sein.
Kaz dankt den Runnern für die Erledigung der vorheri-
gen Jobs und stellt ihnen mehr Arbeit in Aussicht.
Früher an diesem Tag wurde eine Reporterin namens Ja-
nia Shields tot in ihrem Apartment in Tacoma gefunden. Sie
hatte in der örtlichen Drogenszene herumgeschnüffelt und
war, nach seinen Quellen, auch Konsumentin. Kaz vermutet
eine Überdosis als Todesursache.
Shields’ frühes Dahinscheiden droht, unerwünschte
Aufmerksamkeit auf die Aktivitäten des Rings zu lenken.
Er möchte, dass die Runner die Leiche und die Autopsie-
berichte an sich bringen und den Körper an eine Gruppe
Organschmuggler von Tamanous im Verge übergeben. Nach
dem Feilschen um die Bezahlung gibt Kaz den Runnern ei-
ne DocWagon-RFID-Nummer, die Jania Shields gehört hat.
Mehr Hilfe beim Aufspüren der Leiche kann er nicht leisten.
Zudem gibt er ihnen einen beglaubigten Credstick, um eine
vorher ausgehandelte Zahlung an Tamanous zu leisten, und
einen zweiten, auf dem zwanzig Prozent Vorauskasse für die
Dienste der Runner sind. Als sie danach greifen, zeigt Kaz
ihnen noch einen schwarzen beglaubigten Credstick, und
sagt, es gäbe weitere 10.000, wenn sie die Aufzeichnungen
von Shields’ Recherchen finden und ihm aushändigen.
Szene 1
Bei den ersten Vorbereitungen lässt sich ausgraben, dass
Jania eine jüngere Schwester und ihre Mutter hinterlassen
hat – eine tief religiöse Frau, die aus Glaubensgründen strikt
gegen eine Autopsie ist. Die Mutter kämpft gegen die Behör-
den, um die Leichenbeschau zu verhindern, und hat bereits
einem Bestattungsunternehmen in Bellevue den Auftrag ge-
geben, für Aufbahrung und Begräbnis zu sorgen.
Wenn die Runner Mrs. Shields das Angebot machen, die
Leiche zu entwenden, wird sie skeptisch sein, aber zustim-
men, falls die Argumente überzeugend genug vorgebracht
werden. Das kann durch Rollenspiel oder eine vergleichen-
de Probe auf Gebräuche geschehen. Mrs. Shields weicht
auf Charisma 4 aus, mit einem Bonus von +2, wegen ihrer
Skepsis.
Janias Schwester, Katya, kann auch hilfreich sein. Sie ist
die einzige, die weiß, dass Jania auf Tempo war. Außerdem
weiß sie, dass Jania ihren Stoff von einem Dealer bekam, der
sich Sinn nennt. Nach Katyas Aussagen war Jania dabei, eine
Reihe von Morden zu untersuchen, die von Lone Star ver-
tuscht wurden. Die Story über einen örtlichen Serienmörder
hätte für sie den Durchbruch bedeutet. Katya glaubt, dass
ihre Schwester anfing, Tempo zu nehmen, um einen Fuß in
die Drogenszene zu bekommen und dort vertrauenswürdig
zu erscheinen.
Berichte über den Tod von Jania Shields werden als
Randnotizen auf allen Lokalsendern gebracht. Einige sa-
gen, sie sei ermordet worden, andere geben eine natürliche
Todesursache an. Es ist einfach herauszufinden, dass sie in
einer DocWagon-Klinik in Tacoma auf ihre von der Versiche-
rung vorgeschriebene Autopsie wartet. Lone Star verhandelt
gerade mit DocWagon und der Familie, wer die Leiche be-
kommt und wohin diese vor dem Begräbnis gebracht wird.
Da eine Ermittlung läuft, kann Lone Star damit rechnen,
innerhalb von 24 Stunden die Leiche ausgehändigt zu be-
kommen. Das ist das Zeitfenster für die Charaktere, in dem
sie die Leiche von DocWagon bekommen müssen, bevor sie
an die Metroplex-Gerichtsmedizin überstellt wird. Falls die
Runner die Leiche nicht innerhalb dieser Zeit an sich brin-
gen, müssen sie zwei Autopsieberichte stehlen: Den ersten
von DocWagon und den zweiten von Lone Star.
Szene 2
Die DocWagon-Klinik, in der Janias Leiche liegt, steht auf
dem Uferdamm in Tacoma, nördlich der Küste. Wie Polizei
und Feuerwehr sind auch die DocWagon-Teams an ihr zu-
gewiesenes Einsatzgebiet gebunden; die Klinik in Tacoma

GEISTERKARTELLE
79
 DOCWAGON-KLINIK (DOCKLANDS, TACOMA)
Dies ist die wichtigste medizinische Einrichtung von
DocWagon im Gebiet von Tacoma. Wegen der Nähe zu
Outremer und des dichten Seeverkehrs besitzt die Einrich-
tung ein HTR-Team zu Wasser und ein eigenes Dock zusätz-
lich zu den üblichen Teams am Boden und in der Luft.
Die Einrichtung ist von einer 1,5 Meter hohen Anti-
Fahrzeug-Barriere aus Stahlbeton (Panzerungsstufe 16,
Strukturstufe 13) mit automatischen Toren umgeben, auf
der ein 3 Meter hoher Stacheldrahtzaun angebracht ist.
Kameras mit Rundum-Blick (Stufe 4) sind alle 50 Meter
auf dem Umgebungszaun angebracht; weitere Kameras
auf dem Dach überwachen den öffentlichen Parkplatz.
DocWagon verlässt sich in hohem Maße auf metamensch-
KOSTPROBE
liche Sicherheitsspinnen. Im Fall großer Schwierigkeiten
werden die HTR-Teams (S. 95) zur Unterstützung der
Sicherheitsleute vor Ort einberufen. Kameragesteuerte
Geschütze [Infrarot- und Restlichtsensoren, Ares Super-
Squirt [Sprühwaffe, Narcoject, PB 0, HM, RK 0, 20(s)]
überwachen die wichtigen Zugänge (wie die Tore der
Garage und des Docks und den Eingang zum Bürotrakt),
und 2 Schienen-Drohnen (S. 128, Arsenal 2070, mit In-
gram White Knight [LMG, Schadenscode 6K, PB –1, SM/
AM, RK 8, 100(Gurt), Gel-Geschosse]) bestreichen die Zu-
fahrten zu Parkplatz und Garage vom Dach der Klinik aus.
Alle Außentüren sind verstärkte Sicherheitstüren (Panze-
rungsstufe 8, Strukturstufe 9).
Bei unbefugtem Eindringen können die Flure im Kel-
ler, die Treppenhäuser und die Aufzüge hermetisch versie-
gelt werden und per Fernsteuerung durch die Sicherheits-
spinnen mit Neurostun geflutet werden, um gefährliche
Eindringlinge zu isolieren und auszuschalten.
80 GEISTERKARTELLE
Die Klinik liegt im zentralen Hauptgebäude. Das Dock
(für zwei Surfstar SeaDoc Wasserrettungs-Einheiten), eine
Garage (mit drei Standard- und einem HTR-Rettungswa-
gen) und ein Helipad auf dem Dach (für zwei DocWagon
CRT-Helikopter) sind in einem der Flügel untergebracht,
Büros und Dienstwohnungen im anderen.
Die Pathologie liegt im Keller des Zentralgebäudes,
wo auch Ausrüstung und Ersatzteile für die Mechaniker
und Haustechniker gelagert werden. Durch Gänge ge-
langt man auch in die Keller der beiden Gebäudeflügel.
An den öffentlichen Eingängen zur Klinik gibt es Chems-
niffer und Magnetanomalie-Detektoren (siehe Scanner, S.
305, SR4) mit Stufe 6.
Alle Außentüren besitzen Magschlösser der Stufe 5,
außer der Garage, die sich durch individuelle Zugangs-
codes der Rettungswagen öffnen lässt, und den Dachtüren
zum Helipad, die unverschlossen sind. Alle zugangsbe-
schränkten Bereiche im Inneren sind mit Magschlössern
der Stufe 3 gesichert; die Lagerbereiche für Medikamente,
Cyberware, Bioware und Bio-Gefahrstoffe sind mit Mag-
schlössern Stufe 6 versperrt. Alle Türen zu nicht zugangs-
beschränkten Bereichen öffnen sich automatisch für die
RFIDs der Rettungsteams.
Vor Ort gibt es keinen Sicherheitsmagier, aber zwei
gebundene Geister des Tieres mit Stufe 6 halten nach
Eindringlingen oder unerlaubter Magieanwendung Aus-
schau. Ein Team aus einem Sicherheitsschamanen und
-Magier (verwenden Sie den Kampfmagier, S. 128, SR4)
kann in weniger als einer Minute astrale Unterstützung
leisten, wenn ein Geist einen Eindringling entdeckt und
sich ihm entgegenstellt.

bedient einen Radius von dreißig Kilometern. Die medizini-
sche Einrichtung hat ein Privatdock, einen Helipad und ein
Bürogebäude mit Dienstwohnungen. Eine kurze Untersu-
chung der Gebäudepläne in der Matrix oder die Befragung
einer Konzern- oder medizinischen Connection ergibt, dass
die Pathologie im Keller ist.
Die meisten der mehr als 40 Leute im Gebäude sind
Ärzte, Pflegepersonal, Patienten oder Büroangestellte und
Haustechniker. Doch die Nähe von Outremer und die Pirate-
naktivität in dem Gebiet zwingen die Klinik, auch ein für Ein-
sätze zu Wasser ausgestattetes High-Threat-Response-Team
neben den üblichen Land- und Lufteinsatzkräften zu unter-
halten. Die Bodenteams bestehen aus fünf Mitgliedern: ei-
nem Fahrer, zwei Rettungsassistenten und zwei medizinisch
geschulten Sicherheitsleuten. Die HTR-Lufteinheiten beste-
hen aus einem Rigger, einem Rettungsassistenten und drei
Sicherheitsleuten. Das Wasser-HTR-Team hat zudem noch
zwei Taucher und zwei zusätzliche Sicherheitsleute.
Der Spielleiter kann in dem Einsatzgebiet so viele DocWa-
gon-Teams postieren, wie er will. Besonders schlaue Runner
könnten große Mengen an Notrufen im Einsatzgebiet erzeu-
gen, um die Einrichtung vor dem Einbruch zu entvölkern.
Man könnte dafür auch einige Vertragsinhaber in medizinisch
bedrohliche Situationen bringen. Wenn einer der Runner ei-
nen Vertrag hat, kann er sogar eine Krankheit oder Verlet-
zung vortäuschen, um ins Gebäude gebracht zu werden.
Nach dem Einbruch in der Pathologie findet man dort Ja-
nia nackt auf dem Untersuchungstisch. Ein Leichenbeschau-
er beugt sich über sie und will gerade den ersten Einschnitt
mit dem Laser-Skalpell machen. Wenn er die Runner sieht,
wird er den Laser fallen lassen und zu schreien anfangen.
Janias Habseligkeiten sind in einer Lagerbox zu finden,
die mit ihrem Namen beschriftet ist. Außer ihren Kleidern
finden sich dort ein Kommlink und einige handelsübliche
Chips. Das Kommlink enthält Notizen, die Hinweise liefern,
dass die Rechercheergebnisse „bei Sinn“ gelagert sind. Au-
ßerdem gibt es einige Nachrichten von und an eine „Fatima“,
die anscheinend ebenfalls die Tempo-Sache untersucht hat.
GEISTERKARTELLE
KOSTPROBE
Showdown
Die Medien spekulieren bereits, welcher Story Jania auf
der Spur war, als sie starb. Um aber die Wahrheit heraus-
zufinden, müssen die Runner Sinn aufspüren. Kontakte bei
Gangs oder in der Unterwelt können den Dealer als ehemali-
ges Mitglied der Chulos identifizieren. Sinn hat nur peripher
mit dem Tempo-Handel zu tun und kauft kleine Mengen von
den Ragers – was aber nicht allgemein bekannt ist.
Runner, die sich mit Caine gut gestellt haben, werden
überrascht sein, wie schnell er Sinn verrät. Caine hat bereits
Leute ausgeschickt, um den Dealer zum Schweigen zu brin-
gen, weil er Angst hat, mit dem Mord an einer bekannten
Person in Verbindung gebracht zu werden. Er weiß, dass die
Runner ihn unmöglich rechtzeitig erreichen können. Wenn
die Runner Sinn mithilfe anderer Connections zu fassen
kriegen, finden sie sich mitten in einer Schießerei zwischen
den Ragers und den First Nations wieder.
Sinn (verwenden Sie den Schieber, S. 335, SR4, und ge-
ben Sie ihm Drogen 4 als Wissensfertigkeit) wird Janias Un-
terlagen gern herausgeben, wenn die Runner für ihn die
Kastanien aus dem Feuer holen. Die Charaktere könnten
überrascht sein, wenn sie herausfinden, dass die Informatio-
nen, die Sinn und Jania gesammelt haben, gar nichts mit dem
Tempo-Handel zu tun haben, sondern Unterlagen über ein
paar jüngst ermordete Tempo-Konsumenten sind. Die Reihe
von Morden deutet auf einen Serientäter hin, der es auf Tem-
po-Konsumenten abgesehen hat (Sie finden eine mögliche
Weiterführung auf S. 89, Ableger und Nebenjobs).
Epilog
Das Treffen mit den Organschmugglern, um die Leiche los-
zuwerden, findet in einem verlassenen Stuffer Shack im
Verge statt. Sobald diese aus den Schatten treten, wird den
Runnern klar, dass sie es mit Ghulen zu tun haben. Jeder
trägt eine Pistole und ein breites Grinsen zur Schau, wegen
der Reaktion der Runner.
81
 Nach einer kurzen Überprüfung des Credsticks sagt der
Anführer: „Was soll dieser Scheiß-Witz? Es war das Doppelte
abgemacht.“ Die Ghule wissen, dass sie genau die abgemach-
te Summe erhalten haben, sind aber neugierig, ob sie aus
den Runnern noch mehr herausholen können. Die Runner
können den Schwindel beenden, indem sie Kaz Yakamura
kontaktieren oder damit drohen. Sonst müssen sie mit den
Ghulen verhandeln. Wenn eine Schießerei droht, werden
die Ghule schnell nachgeben, um dann bei Kaz anzurufen
und zu behaupten, von den Runnern betrogen worden zu
sein.
Folgen
Ein Versagen bei diesem Run führt nicht zu Schwierigkeiten.
KOSTPROBE
Es wird festgestellt, dass Jania eine Lungenschwäche und Al-
lergie hatte. Sie starb am Einatmen einer Menge an Rauch,
die eine gesunde Person leicht überlebt hätte. Die Runner
erhalten eine zweite Chance zur Bewährung, aber die Be-
zahlung für künftige Runs wird um 10 % niedriger sein als
wenn sie Erfolg gehabt hätten. Sind sie erfolgreich, stehen
sie in der Gunst des Komun’go (und werden später auch
von der Olaya-Delegation bemerkt).
PARKGARAGE IN DOWNTOWN
(NORTHGATE, DOWNTOWN)
Diese dreistöckige Scheußlichkeit aus grauem Beton, ver-
ziert mit Neo-Glo-Graffiti und alten Plakaten, liegt direkt
zwischen der 99 und einigen wichtigen Durchfahrtstraßen
von Downtown. Die Parkgarage bietet eine billige Alternati-
ve für Tagespendler und hat eine minimale Sicherheitsaus-
stattung. Sie gehört (über eine Scheinfirma) dem Yakuza-
Clan Kenran-kai.
Rampen im Zentrum verbinden die einzelnen Ebe-
nen. Zwei Treppenhäuser in gegenüberliegenden Ecken
machen die Parkzonen zugänglich. Säulen und Wände aus
Beton (Panzerungsstufe 16, Strukturstufe 13) behindern
die Fahrzeugbewegung, und zu der Tageszeit, als Goldman
versucht, zum FBI zu kommen, ist die Parkkapazität fast
erschöpft. Alle möglichen Fahrzeuge stehen im Weg oder
bieten Deckung, falls es zu einem Schusswechsel kommen
sollte.
SCHÖNES SCHMUTZIGES GELD
Der Komun’go-Ring ist versiert bei der Geldwäsche, aber
nicht in den Mengen, die das Geschäft mit Tempo einbringt.
Kaz sucht einen Ansatzpunkt, um ein Ass von Hedgefonds-
Manager zwingen zu können, ihm bei der Buchhaltung zu
helfen und darüber zu schweigen. Es wird gute, altmodische
Erpressung – die Bedrohung dessen, was der Geldverschie-
ber am meisten liebt. Leider wendet sich der Mann, sobald
er erpresst wird, mit der Bitte um Schutz an Lone Star. Lone
Star reicht ihn ans FBI weiter, und aus der einfachen Erpres-
sung wird ein chaotisches Desaster.
Kaz war vorsichtig genug, den Erbsenzähler so weit wie
möglich im Dunkeln zu lassen, fürchtet aber, das FBI könnte
das Geld, das er für einen Probelauf zur Verfügung gestellt
hatte, zurückverfolgen und auf das Tempo-Geschäft stoßen.
Inzwischen hat auch ein Informant der Yakuza bei Lone Star
diese auf den Manager und dessen mögliche Verbindung zur
mysteriösen Quelle von Tempo hingewiesen. Chikao Inoue
will sich also auch mit dem Mann unterhalten – und so be-
ginnt der Wettlauf.
82 GEISTERKARTELLE
Auftakt
Die Charaktere erhalten per Matrix die Einladung zu einer
Privatparty im Tickler’s. Nach der Ankunft werden sie ins sel-
be Privatzimmer gebracht, in dem sie Miss Johnson das erste
Mal trafen. Diesmal ist Dae in einen aufreizenden schwar-
zen Rock mit passendem, formellem Oberteil gekleidet. Ihr
Haar ist hochgesteckt und gibt den Blick auf Nanotattoos im
Nacken frei. Sie erklärt den Runnern, dass ihre Geschäfts-
partner Hilfe beim Überzeugen eines Finanzberaters zur
Mitarbeit brauchen.
Wenn sie den Job annehmen, erklärt sie, das Ziel heiße
Evan Goldman und sei ein Hedgefonds-Manager bei Brack-
haven Investments. Ihre Aufgabe ist es, Informationen zu
sammeln, mit denen Goldman erpressbar ist, und dann als
Mittelsleute für die Erpressung zu fungieren. Sie bietet mehr
Bezahlung als beim vorigen Job an und stellt einen Bonus
von 2.500 Nuyen in Aussicht, falls die Sache binnen 24 Stun-
den erledigt ist. Zusammen mit einer Vorkasse von der Hälf-
te der Summe übergibt Dae den Runnern einen Datenchip,
der eine kurze Zusammenfassung über das Ziel enthält.
Szene 1
Der erste Teil des Auftrags beinhaltet Ermittlungen über
Goldman. Er ist weit von der Schattenwelt entfernt, al-
so braucht man Connections in der Finanzwelt oder eine
Matrixrecherche, um mehr herauszufinden. Die digitalen
Aufzeichnungen ergeben nichts Offensichtliches, womit
er erpressbar wäre. Er hat weder eine Geliebte noch be-
kannte Laster. Die Beziehung zu seiner Frau und seinen
Kindern leidet ein wenig durch die viele Zeit, die er im Bü-
ro verbringt. Eine Observation ergibt, dass der Workaholic
Goldman zu einem Psychologen geht, um die Beziehung
zu seiner Familie zu verbessern. Unterdessen verlangt sein
Job immer mehr Zeit, da er immer produktiver arbeitet. Die
Runner müssen erpressungstaugliche Beweise fälschen, um
die Sache zu Ende zu bringen. Sie haben zwei mögliche
Bereiche zur Auswahl: Am wichtigsten für Goldman sind
offensichtlich seine Familie und sein Job. Die Erpressung
muss sich auf etwas aus einem dieser Bereiche stützen, um
Erfolg zu haben.
Szene 2
Wenn die Runner die Erpressung vorbereitet haben, sollen
sie Miss Johnson/Dae kontaktieren. Nach einer Prüfung der
Daten wird diese das Team anweisen, Goldman zu entfüh-
ren und ihn mit verbundenen Augen zu einem Treffen zu
bringen. Für diese relativ unkomplizierte Phase der Ope-
ration und die folgende bietet Dae zusätzlich 3.500 Nuyen
pro Kopf.
Miss Johnson arrangiert das Treffen an dem einschüch-
terndsten Ort, den sie finden kann: in einem verlassenen La-
gerhaus im Verge. Während des Treffens legt Dae die Details
der Erpressung fest. Sie wird zunächst einen Testlauf mit
100.000 Nuyen durchführen lassen. Goldman soll das Geld
über seine Firma waschen und die Runner kontaktieren, um
die sauberen Credsticks zu übergeben – in spätestens 48
Stunden. Sie warnt ihn, nichts Dummes zu unternehmen;
die Runner würden ihn beobachten.
Goldman macht sich daran, das Geld zu waschen, kann
sich aber nicht zum Gesetzesbruch überwinden. Stattdessen
wendet er sich an Lone Star, die aber mit der wachsenden
Gewalt zwischen den Gangs zu viel zu tun haben und ihn an
die Einsatzgruppe Organisiertes Verbrechen der FBI-Nieder-
lassung Seattle überstellen. Das FBI setzt das Puzzle zusam-
men und erkennt, dass es so endlich auf die Spur der Quelle
von Tempo kommen könnte.
 Gleichzeitig gibt ein Informant der Yakuza bei Lone Star
dem Shotozumi-gumi einen Tipp bezüglich Goldmans Hil-
fegesuchs. Die Information wird an das Team von Chikao
Inoue übermittelt.
Szene 3
Wie sich die Dinge weiter entwickeln, hängt vor allem von
der Klugheit des Vorgehens der Runner bei der Observation
Goldmans während der nächsten Tage ab. Wenn sie Gold-
mans Tätigkeiten nicht ausreichend überwacht haben, wer-
den sie nicht wissen, dass er bei den Feds geplaudert hat.
Wenn sie ihn ordentlich observiert haben, wird ein erster
Hinweis darin bestehen, dass Goldman in der Mittagspau-
se in sein Auto steigt und nach Downtown zur Außenstelle
des FBI fährt. Falls die Runner seinen BMW 400GT (S. 116,
Arsenal 2070) hackt, können sie sehen, dass GridGuide ein-
geschaltet ist, und brauchen nur eine Minute, um sein Ziel
zu erkennen. Wenn sie sich beeilen, haben sie eine Chance,
ihn abzufangen.
Außerdem begegnet man beim Hacken des Autos einem
unbekannten Hacker (verwenden Sie den Hacker, S. 127,
SR4). Der Hacker gehört zum Team von Chikao Inoue und
versucht, den Wagen umzuleiten. Der Hacker rechnet nicht
mit Schwierigkeiten, wird aber von mindestens einem Agen-
ten mit Kampfprogrammen unterstützt. Falls ein Hacker aus
dem Team sich mit dem des Kenran-kai anlegt und gewinnt,
hat das Team noch ein paar Minuten, um Goldman abzufan-
gen, bevor drei Mercury Comet (S. 395, SR4) mit Chikaos
Leuten eintreffen.
Wenn die Charaktere nichts unternehmen, werden sie
beobachten, wie das Auto plötzlich seine Route verlässt und
zu einem mehrstöckigen Parkhaus im nächsten Block fährt.
Falls jemand Goldman (astral oder mit technischen Mitteln,
die durch die getönten Scheiben des BMW dringen) beob-
achtet, wird er bei diesem zuerst Erstaunen, dann Panik
wahrnehmen, als das Auto nicht auf die manuelle Steuerung
reagiert. Wenn das Team ihn weiter verfolgt, wird es von
zwei von Inoues Leuten überfallen, die die Zufahrtsrampe
der dreistöckigen Garage bewachen. Diese feuern aus der
Deckung einer Betonwand mit den Granatwerfern ihrer Ares
Alphas auf die vorbeifahrenden Fahrzeuge und verständigen
zugleich per Funk ihre Komplizen.
Goldman ruft noch aus dem Auto das FBI an und meldet,
dass er entführt wird. Man weist ihn an, sein Kommlink im
aktiven Modus zu belassen, sodass die bereits mobilisierten
FBI-Kommandos ihn aufspüren können.
Showdown
Sobald die Runner an den Yaks bei der Einfahrt vorbeikom-
men, haben sie nur eine Minute Zeit, um die zwei Stockwer-
ke zu überwinden, bis sie Chikao, seinen Stellvertreter und
sieben Kumi-in (S. 129) dabei beobachten, wie sie Goldman
aus dem Wagen zerren. Zeit für einen Showdown in einem
proppenvollen Downtown-Parkhaus.
Wenn sie überrascht werden, hechten die Yaks zuerst
zu ihren drei Mercury Comets, mit Goldman im Schlepp-
tau, und versuchen, zu entkommen. Wenn das unmöglich
ist, versuchen sechs Soldaten der Yakuza in zwei Autos, die
Angreifer aufzuhalten, während Chikao mit Goldman im
dritten Wagen wegfährt. Das Parkhaus bietet jede Menge De-
ckung für alle Beteiligten und ist von unregelmäßig platzier-
ten Lampen erleuchtet.
Nach ein paar Minuten des Gefechts wird ein Hub-
schrauber ein achtköpfiges Einsatzkommando des FBI (S.
94) auf dem obersten Stockwerk des Parkhauses absetzen.
Der schwerbewaffnete Trupp wird sich nach unten durch
GEISTERKARTELLE
das Gebäude kämpfen und dabei systematisch jeden elimi-
nieren, der Widerstand leistet, bis er Goldman erreicht hat.
Der Kampfmagier des FBI wird defensive Magie benutzen,
vor der Gruppe eine Manabarriere aufrechterhalten, Anti-
magie wirken und etwaige Geister mit Sprüchen angreifen.
Der Hubschrauber setzt auf einem benachbarten Dach einen
Scharfschützen ab und positioniert sich dann selbst über der
Ausfahrt, um flüchtende Fahrzeuge abzufangen. Zum Glück
verfügt das Gebäude über einige Fußgänger- und Notaus-
gänge, die unbewacht bleiben, bis die Bodentruppen des
FBI eintreffen.
Die Runner sollten im Idealfall Goldman (oder zumin-
dest den Credstick, den er bei sich trägt) einkassieren oder
ihn töten und die Beweise vernichten. Wenn Chikao mit
Goldman entkommt, wird er zwar die Spur von Tempo nicht
KOSTPROBE
zum Komun’go verfolgen, aber Dae und vielleicht einige auf-
fällige Runner in Zukunft identifizieren können. Der Spiel-
leiter sollte dafür sorgen, dass Chikao überlebt, um später
noch einen Kampf zu liefern (oder, wenn das unmöglich ist,
seinen leblosen Körper gerade noch von DocWagon abho-
len lassen).
Folgen
Die Runner können hier ihr Schicksal auf verschiedenste
Weise in die Hand nehmen. Wenn sie mit Goldman ent-
kommen oder ihn eliminieren und Miss Johnsons Credstick
zurückholen, wird ihnen Dae einen Bonus zahlen. Wenn
Goldman der Yakuza oder dem FBI in die Hände fällt, wird
Dae sehr ungehalten sein. Es wird lange dauern, bis sie den
Fähigkeiten der Runner wieder traut.
Natürlich ist es denkbar, dass die Runner auch den be-
glaubigten Credstick behalten möchten und behaupten, er
wäre bei Goldmans Tod zerstört worden, doch dann wird
der Bonus, den Dae zahlt, deutlich geringer ausfallen.
Wenn Goldman den Falschen in die Hände fällt, wer-
den die Pläne von Kaz beeinträchtigt (und seine Paranoia
gesteigert), aber der Erbsenzähler weiß nicht genug, um das
Tempo-Geschäft auffliegen zu lassen.
DAS SCHWIERIGE TEMPO
Nach der Sache mit Goldman und der Ankunft der Olaya-
Delegation, die ihre Verhandlungen abschließen will, hat
Kaz Yakamura begonnen, sich Sorgen über den Verlauf sei-
ner Geschäfte zu machen. Sein eigener Tempo-Missbrauch
heizt seine Paranoia noch an. Er fürchtet, er könne sich auf
die First Nations, die Ragers und sogar auf den eigenen
Komun’go nicht verlassen – vor allem, da Gray-Wolf beim
ersten Zusammentreffen mit dem Repräsentanten des Ola-
ya-Kartells so reserviert bleibt.
Kaz möchte sein Schicksal nicht mehr den Stand Over
Men anvertrauen und heuert das Team an, um ihn und seine
Geliebte, Dae, zu beschützen und ein paar Dinge in Ord-
nung zu bringen. Zuerst geht es um Caine.
Die Ragers haben vor Kurzem eine Lieferung Tempo ab-
gefangen, die zu den Cascade-Orks gehen sollte, und die
Frechheit besessen, sich dem Komun’go als Alternative zu
den First Nations anzubieten. Kaz weiß nicht, wie die Ragers
von der Beteiligung des Rings erfahren haben, will das aber
herausfinden. Er möchte sich mit Caine unterhalten und
schickt die Runner aus, ihn zu holen.
Kaz erfährt aber bald, dass es zu spät ist. Die Ragers ha-
ben gegenüber der Yakuza und dem Mob schon von der Be-
teiligung des Komun’go geredet, und das Versteckspiel ist
damit vorbei. Es dauert nicht lange, bis die Yakuza und ihre
Verbündeten den Komun’go unter Druck setzen und gegen
dessen Unternehmungen vorgehen. Kaz muss in Deckung
83
 gehen. Ein paar Tage später wird er zu einem Geheimtreffen
gerufen. Das Team bleibt zurück, um Dae zu beschützen,
während sie bei einem privaten Pokerspiel für Unterhaltung
sorgt.
Das Treffen ist eine Falle, die Kaz von der Yakuza gestellt
wurde. Irgendwie schafft er es, dem Zugriff seiner Henker
unverletzt zu entkommen. Nun hat seine Paranoia einen re-
alen Hintergrund und Kaz wendet sich an das Team, um die
Attentäter zu töten, bevor diese ihn erwischen.
Auftakt
Die Runner erhalten eine dringende Online-Nachricht von
Dae, die sie um ein Treffen im Tickler’s bittet. Nach der An-
kunft wird das Team ins Hinterzimmer geführt, wo Dae ner-
KOSTPROBE
vös auf und ab geht und raucht. In der Mitte des Raumes
sitzt ein sichtlich aufgeregter Kaz Yakamura. Es ist das erste
Mal, dass die Runner beide zusammen sehen; sofort wird
klar, dass zwischen ihnen mehr als nur Freundschaft besteht.
Kaz erzählt den Runnern, dass er glaubt, es gäbe Leute, die
sowohl ihn als auch Dae töten wollen. Er weiß nicht genau,
um wen es sich handelt, daher kann er sich auf niemanden
mehr verlassen, den er nicht selbst angeheuert hat.
Da gerade die Olaya-Delegation in der Stadt ist, um die
Verhandlungen abzuschließen, möchte er das Team als per-
sönliche Leibwache, die Dae und ihn beschützen und ein
paar Aufgaben erledigen soll. Dae will aber diesen Schutz
nicht. Sie hält seine Befürchtungen für übertrieben.
Wenn die Runner den Job annehmen, gibt Kaz jedem
einen beglaubigten Credstick mit der halben Bezahlung im
Voraus. Dae blickt sie flehentlich an, scheint sich aber seiner
Entscheidung zu fügen.
Szene 1
Nachdem sie Kaz und Dae in die relative Sicherheit von de-
ren Apartment in Renton gebracht haben, bekommen die
Runner den ersten Nebenauftrag.
Offenbar sind die Ragers für Kaz ein Dorn im Auge. Cai-
ne (der Leutnant der Ragers, den die Runner in Der Fremde
im Haus, Teil I begegneten) hat dem Komun’go das Angebot
unterbreitet, den Handel mit Tempo zu übernehmen – zu
einem höheren Preis pro Dosis, als ihn die First Nations zah-
len. Statt sich an Kaz zu wenden, ging Caine aber direkt zu
Gray-Wolf, was den immer paranoider werdenden Kaz ver-
anlasste, zu glauben, man wolle ihn ausbooten. Er möch-
te, dass das Team Caine findet und ihn zu einem kleinen
Plausch mitbringt.
Das Team muss zuerst Caine in seinem Stützpunkt in den
Docklands von Tacoma aufspüren – was nicht einfach wird,
da er sich nach dem jüngsten Zusammenstoß bedeckt hält.
Wenn die Runner sich vor ihrem Aufbruch mit Connections
bei Gangs oder in der Drogenszene unterhalten, erfahren
sie, dass sich dort etwas zusammenbraut. Die Ragers und
First Nations wollen einander wegen des Tempo-Geschäfts
an die Kehle. Da inzwischen auch die Yakuza und andere
Gruppen auf dem Kriegspfad sind, haben die Ragers ihre
Sicherheitsmaßnahmen verstärkt. In den Blocks rund um
Caines Unterschlupf patrouilliert ein Dutzend von ihnen in
Vierergruppen.
Caine selbst ist in ein enges schwarzes T-Shirt mit der
Aufschrift „Trolls Die No One Cries” und Bluejeans gekleidet
und trägt ein Schulterholster mit einer Ingram. Er vertraut
den Runnern nicht mehr und wird sofort auf sie schießen,
wenn er sie erkennt. Seine Soldaten halten Ausschau nach
Mitgliedern der First Nations. Wenn es im Team keine Ame-
rindianer gibt, sollte es unbehelligt bis zu Caines Unter-
schlupf vordringen können.
84 GEISTERKARTELLE
Wenn Caine entführt oder getötet wird, werden die
Gangmitglieder alles in ihrer Macht unternehmen, um die
Runner zu töten. Falls es Caine gelingt, den Runnern zu ent-
wischen, hastet er zu seinem versteckten Motorrad und rast
zum Ragers-Hauptquartier in zehn Blocks Entfernung.
Szene 2
Wenn die Runner Caine zu Kaz ins Apartment bringen, zerrt
ihn der Troll ins Badezimmer. Von dort hört man während
der nächsten paar Minuten gequälte Schreie. Nachdem diese
aufhören, tritt Kaz blutüberströmt vor die Runner und sagt
ihnen, dass er später am Nachmittag zu einem Geheimtref-
fen mit Gray-Wolf aufbrechen muss. Sie sollen derweil Dae
zu ihrem Termin eskortieren. Er möchte, dass die Runner in
ihrer Nähe bleiben, egal was geschieht. Dae ist von seinem
Verhalten schockiert und erhebt keinen Einspruch.
Daes Termin ist eigentlich ein Job. Sie ist von Caesar Ciar-
niello, einer großen Nummer beim Mob, als „Verabredung“
bei seiner wöchentlichen Pokerpartie mit Toju Shotozumi,
einem wichtigen Mitglied der Yakuza, engagiert worden. Ei-
ne koreanische Schönheit zum Kartenspiel mitzubringen, ist
für Toju ein Schlag ins Gesicht, der ihn vom Spiel ablenken
soll. Jeder Spieler darf zwei Leute mitbringen, Leibwächter
oder sonstige Begleitung. Da Dae selbst nicht spielt, müssen
die Runner mit dem Rest der Soldaten von Yakuza und Mob
draußen warten.
Zusätzlich zu den beiden regelmäßigen Spielern sind ei-
nige andere Syndikatsmitglieder anwesend, darunter auch
der Oyabun des Kenran-kai, sowie ein Vizepräsident von Fe-
derated Boeing. Die Soldaten des Kenran-kai vor Ort wissen
anscheinend nicht, wer die Runner sind, kennen aber ganz
eindeutig Dae.
Szene 3
Gegen Ende des Spiels ruft Kaz die Runner an und erzählt,
dass er knapp einem Anschlag entkommen ist. Das Treffen
war eine Falle; statt Gray-Wolf wartete ein ganzer Raum
voll Killer des Kenran-kai auf ihn. Kaz geht bezüglich sei-
ner Flucht nicht ins Detail – er weiß selber nicht genau,
was geschehen ist. Die Spieler können es nicht wissen,
aber für sein eigentlich unmögliches Entkommen ist die
geheime Nebenwirkung von Tempo (siehe S. 173) verant-
wortlich.
Unter dem Einfluss der Droge beginnt Kaz Yakamura,
sich für unsterblich zu halten. Und er glaubt, seine Positi-
on im Komun’go wieder herstellen zu müssen. Nun will er
seinem Vater beweisen, dass er alles erreichen kann, was er
als Kind erreichen wollte, selbst wenn er dafür jeden töten
muss, der im Weg steht. Kaz will es mit der Yakuza, der Mafia
und allen anderen aufnehmen.
Er möchte, dass die Möchtegern-Killer gefunden wer-
den. Er kann den Ort des Treffens als Ausgangspunkt an-
bieten, aber es wird einiges an Beinarbeit brauchen, um die
Leute zu finden. Kaz bietet einen Bonus von 10.000 Nuyen
für jeden Runner, wenn sie die Killer für ihn töten. Wie bei
Caine möchte Kaz den Anführer möglichst lebend haben.
Ansonsten will er zumindest dessen Leiche.
Wenn das Team zuvor schon mit den Leuten von Inoue
zu tun hatte, sollten die Charaktere ungefähr wissen, hinter
wem sie her sind. Sie werden alle ihre Connections ausquet-
schen müssen, um deren Aufenthaltsort zu finden – und da
die Unterwelt nun höchst nervös ist, müssen sie aufpassen,
dass ihre Ziele nichts erfahren. Chikao Inoue und sechs sei-
ner überlebenden Schläger lecken im Westin Hotel (Down-
town) ihre Wunden und versuchen herauszufinden, wie sie
Kaz so unterschätzen konnten.
Showdown
Wenn die Runner sie aufspüren, sind Inoue und seine Leute
gerade dabei, zu einem Treffen mit Hanzo Shotozumi per-
sönlich aufzubrechen. Sie verlassen das Westin Hotel in ein
paar gepanzerten Mercury Comets. Nun müssen die Runner
sich entscheiden, ob sie die Gruppe abfangen wollen. Wenn
sie es nicht tun, fahren die Wagen zu Shotozumis Privatan-
wesen in Bellevue, wo die Spur von Inoue verloren gehen
könnte – diesmal für lange Zeit. Es wird einige Wochen dau-
ern, bis die Runner die Fährte wieder aufnehmen können.
Bis dahin wird Shotozumi ihn bereits für sein Versagen und
den dadurch verursachten Gesichtsverlust bestraft haben.
CAINES UNTERSCHLUPF
(COMMENCEMENT BAY, TACOMA)
Der Leutnant der Ragers lebt in einem alten dreistöckigen Zie-
gelgemäuer, das verlassen an der Küste von Tacoma steht. Das
Gebäude, einer der Stützpunkte der Ragers, ist zwei Blocks von
den Docklands entfernt. Es liegt mitten in einem von leeren
Schnapsflaschen, Glo-Graffiti und ausgemergelten Huren über-
säten Block. Caines Unterschlupf dient etwa einem Dutzend Gan-
ger, die unter seinem Kommando stehen, als Absteige und wird
zugleich als Basis für seinen eigenen Tempo-Handel genutzt.
Bei Tag ist es verwaist, doch bei Nacht wird das Erdgeschoss
zu einem improvisierten Nachtclub, wo ernsthaft gedealt wird.
Die Dealer verkaufen Tempo aus der Küche im hinteren Teil. Die
Hintertür zur Gasse ist verbarrikadiert (Panzerungsstufe 6, Struk-
turstufe 9) und alle Fenster im Erdgeschoss sind mit Brettern
vernagelt.
Der erste und zweite Stock wurden dem Gang-Chic entspre-
chend hergerichtet. Dort gibt es nicht nur jeweils ein großes
Wohnzimmer, wo die Ragers gerne herumhängen und ihre ver-
schiedene Bedürfnisse befriedigen, sondern auch sanitäre Ein-
richtungen und drei Schlafzimmer, wo man sich hinhauen kann.
Es sind immer zwischen fünf und acht Ragers (S. 93) zu Hause.
GEISTERKARTELLE
Falls die Charaktere die Wagen abfangen wollen, sollten
sie das lieber machen, wenn diese am Rand von Downtown
sind, vielleicht auf einem wenig befahrenen Freeway nach
Bellevue. Die Verfolgungsjagd und Schießerei werden brutal
und gemein – ein passender Abschluss für Inoues Teilnahme
am Geschehen. Die Yaks tragen noch immer ihre Waffen von
dem gescheiterten Hinterhalt und Inoue wird sicher nicht
kampflos aufgeben.
Solange das Team Inoue tot oder lebendig abliefert, wird
Kaz zufrieden sein. Er wird die versprochene Summe bezah-
len und das Team bitten, weiter zur Verfügung zu stehen – er
hat noch mehr Arbeit für sie.
KOSTPROBE
Die Treppe in den dritten Stock endet an einer versperrten
(Magschloss Stufe 4) und verstärkten Tür (Panzerungsstufe 8,
Strukturstufe 10), die den Weg in ein umgebautes Loft freigibt:
Caines Privatbereich. Nur seine engsten Vertrauten und seine
aktuelle Freundin haben Zutritt. Caine hat einen beträchtlichen
Vorrat an Tempo in einem alten, mechanisch verschlossenen Safe
in einer Ecke.
Drei Ragers bewachen durchgehend die Eingangstür und
zwei weitere halten tagsüber von Aussichtspunkten in der Nach-
barschaft ein Auge auf Polizei und andere Schwierigkeiten (bei
Nacht sind es vier). Sie setzen ihre Warnungen drahtlos ab. Im
Fall einer Razzia oder anderer ernsthafter Probleme kann man
durch eine Tür in der Küche in den Keller und dort durch ein
Loch in der Mauer in die Kanalisation flüchten. Außerdem führt
das hintere Fenster von Caines Loft, was seine Leute aber nicht
wissen, zu einem (verminten) Steg, der zum Gebäude auf der
anderen Seite der Gasse geht. Ähnliche improvisierte Brücken
ermöglichen eine Flucht über die Dächer, bis zu einer Feuerlei-
ter vier Gebäude weiter, unter der eine Harley Scorpion in einer
versperrten Garage wartet. Falls Caine so weit kommt, könnte der
Spielleiter eine Verfolgungsjagd durch die Docklands zum Haupt-
quartier der Ragers in Tacoma veranstalten.
85
 Kaz hält nicht damit hinterm Berg, dass er die Killer
des Kenran-kai vernichtet hat. Die Beteiligung der Runner
spricht sich schnell herum, was ihre Beziehungen zu die-
sem Syndikat schwer stört. Nun gibt es für die Runner kein
Zurück mehr. Sie haben Kaz dabei geholfen, der Yakuza den
Krieg zu erklären, also betrachtet sie der Troll als Teil sei-
ner Entourage. Er wird sich vor allen anderen Runnern und
sogar seinen Komun’go-Soldaten an sie wenden, wenn er
einen Auftrag hat.
MEHR PLOT-BRÜCKEN
Der Plot des Kampagnen-Strangs Die Quelle im nächsten
Kapitel (S. 98) beginnt mit dem Besuch der Olaya-Delega-
KOSTPROBE
tion in Seattle. Es gibt eine Fülle an möglichen Brücken
zwischen den beiden Geschichten, wenn die Gruppe sie
nacheinander durchspielen möchte. Dabei ist anzumerken,
dass die beiden Seattle-basierten Abenteuer-Gerüste in Die
Quelle vor Feuerwerk aus Tokio, dem letzten Abenteuer-
Gerüst in diesem Abschnitt, stattfinden.
Folgen
Am Tag nach der Eliminierung von Inoue möchte Kaz, dass
die Runner ihn zu einem Treffen mit Gray-Wolf eskortieren.
Er reserviert für das abendliche Spiel der Supersonics eine
Loge. Gray-Wolf fragt sich, wie Kaz überleben konnte, und
bringt daher (Anzahl der Runner + 2) Stand Over Men (S.
93) mit. In offensichtlich gespannter Atmosphäre beginnen
die beiden Männer zunächst mit Smalltalk über Sport, bis
das Spiel anfängt. Kaz öffnet dann leichthin einen Aktenkof-
fer und zeigt Gray-Wolf einen Fetzen tätowierter, grauer Syn-
thohaut, die er von Chikao Inoues Arm abgezogen hat.
Er fragt ganz ruhig, ob Gray-Wolf ihn an die Yakuza ver-
kauft hat. Gray-Wolf gibt achselzuckend zu, dass es sich um
ein notwendiges Übel gehandelt habe. Wären die Rollen ver-
tauscht, hätte er von Kaz dasselbe erwartet. Er legt dar, dass
er Tempo für den Komun’go auf lange Sicht als geschäfts-
schädigend erachtet und die Verluste begrenzen möchte –
dass Kaz überlebt und sich gerächt hat, hat alles schwieriger
gemacht, doch Gray-Wolf glaubt, Shotozumi immer noch
zum Abblasen der Jagd überreden zu können, wenn der
Komun’go Tempo aufgibt.
Nach etwas hitzigem Hin und Her erklärt Kaz, er wolle
den Verrat des Anführers nicht im Ring publik machen und
damit eine Spaltung riskieren – sagt aber, wenn es nach ihm
ginge, würde der Komun’go noch lange mit Tempo dealen.
Dann dreht er sich um und verlässt den Raum.
FEUERWERK AUS TOKIO
Kaz Yakamura ist von seinem eigenen Boss verraten worden.
Als Pragmatiker will Kaz aber keinesfalls die Beteiligung von
Gray-Wolf an dem Anschlag in der Organisation bekannt ma-
chen. Das würde den Komun’go-Ring spalten, der gerade
jetzt einig sein muss. Stattdessen brütet Kaz mit den Infor-
mationen, die er von Dae erhalten hat, einen Plan aus, der
zugleich den Mob und die Yakuza gegeneinander aufhetzen,
dem Shotozumi-gumi eine unmissverständliche Warnung
vermitteln und Gray-Wolf keine Alternative lassen soll, als
Kaz zu unterstützen – drei Fliegen mit einer Klappe.
Kaz ist sich bewusst, dass er das nicht allein erreichen
kann, und trifft sich insgeheim mit Uribe und Sacristán vom
Olaya-Kartell, um seinen Plan darzulegen. Uribe erkennt
schnell, dass dieser Plan den unwilligen Gray-Wolf wieder
86 GEISTERKARTELLE
an den Verhandlungstisch zwingen und dafür sorgen wird,
dass die großen Syndikate lange genug beschäftigt sind, da-
mit der Komun’go sich dank der regelmäßigen Versorgung
mit Tempo ein festes Standbein schaffen kann. Der Olaya-
Delegierte ist bereit, die Operation zu finanzieren, und weist
Sacristán an, jede nötige Unterstützung zu leisten.
Auftakt
Nach dem Treffen mit Gray-Wolf hat Dae Kaz überzeugt, sich
in den Ork-Untergrund zurückzuziehen, wo sie die ansässi-
ge Skraacha-Gang bezahlt hat, um für seinen Schutz zu sor-
gen. Kaz kontaktiert die Runner und bittet sie um ein Treffen
im The Mother Load, einer beliebten Bar im Untergrund.
Er verspricht ihnen eine angemessene Vergütung. Wenn bei
der Gruppe nicht zumindest ein Ork oder jemand mit pas-
senden Connections dabei ist, kann der Spielleiter die Reise
zum Mother Load so „interessant“ gestalten, wie er möchte.
Bei der Ankunft führt Kaz das Team gleich in ein schlecht
beleuchtetes Hinterzimmer. Seine Aussagen sind absichtlich
vage gehalten, aber ehrlich. Er bietet der Gruppe 250.000
Nuyen (mit 20 Prozent Vorkasse) für Wetwork auf hohem Ni-
veau. Kaz warnt die Runner, dass sie unter Umständen Seat-
tle anschließend verlassen müssen, bis sich die Lage beruhigt
hat. Als Teil der Abmachung stellt er neue SINs, Reisedoku-
mente und sogar eine Beschäftigung bei der Olaya-Delegation
für die Zeit des Aufenthalts außerhalb der Stadt in Aussicht.
Falls die Runner unwillig sind, kann Kaz darauf hinwei-
sen, dass sie nach ihrem letzten Job von der Yakuza gesucht
werden. Da könnte eine kleine Reise eine willkommene Aus-
zeit darstellen.
Erst wenn sie zustimmen, erklärt Kaz seinen Plan. Er will,
dass der oberste Sokaiya des Shotozumi-rengo, Toju Shotozu-
mi, und der Oyabun des Kenran-kai während ihrer wöchent-
lichen Pokerpartie mit Caesar Ciarniello im Shangri-La-Casino
ermordet werden – außerdem sollen die Runner der Gianelli-
Familie die Schuld in die Schuhe schieben. Sie haben fünf Ta-
ge, um den Anschlag zu planen und durchzuführen.
Szene 1
Der erste Schritt ist das Ausspionieren des Ziels. Kaz hat ein
paar öffentlich zugängliche Daten und die Runner könnten
zuvor schon im Shangri-La-Casino gewesen sein (in Das
Schwierige Tempo), aber das ist vielleicht nicht genug. Viel-
leicht wissen die Runner bereits, dass die Sicherheitsmaß-
nahmen vor Ort ein einfaches Eindringen, Schießen und
Entkommen unmöglich machen.
Kaz’ erster Plan sieht ein Einschleichen – entweder in
das vom Mob kontrollierte Gebäude oder die Kanalisation
unter dem Parkplatz der VIPs – und die Platzierung von
Sprengkörpern vor dem Beginn der Partie vor. Sobald die
Pokerrunde dann vor Ort ist, müssen die Runner nur noch
die Bomben auslösen. Es ist wichtig, dass jemand anders als
der Komun’go dafür verantwortlich gemacht wird, daher
plant Kaz, die Gianelli-Familie vorzuschieben. Das soll er-
reicht werden, indem die Runner die Leiche eines Killers der
Gianellis am Tatort platzieren, damit es so aussieht, als hätte
dieser nicht rechtzeitig entkommen können.
Für dieses Bauernopfer wird Harry „Fingers“ Barducci
ausgesucht, ein altgedienter Schläger der Gianellis (verwen-
den Sie die Waffenexpertin, S. 139, SR4). Dae hat eine Datei
zusammengestellt, aus der die Runner seinen Aufenthaltsort
ersehen können. Kaz wird zudem für den nötigen Sprengstoff
sorgen. Doch es wird nicht einfach, Barducci zu schnappen
– er ist ausgesprochen paranoid. Die Runner müssen heraus-
finden, wie sie an „Fingers“ herankommen, ohne dass jemand
etwas davon bemerkt, wenn die Scharade gelingen soll.
Szene 2
Um Barducci und die Sprengkörper zu platzieren, muss
man an den Sicherheitsmaßnahmen des Garden of Eden
vorbei, bevor die Pokerpartie startet. Wenn die Ziele sich
an den gewöhnlichen Ablauf halten, kommen sie etwa
um 20 Uhr an. Die Sicherheit um das Casino ist tagsüber,
GARDEN OF EDEN UND SHANGRI-LA-CASINO
(CASINO CORNER, EVERETT)
Das Hotel Garden of Eden liegt mit dem Shangri-La-Casino im Ca-
sino Corner von Everett und ist eine exklusive Spielhölle für Leu-
te, die es vorziehen, hohe Einsätze mit echten Karten und Wür-
feln zu spielen. Das Garden of Eden gehört Alex Harrison und
wird von den großen Syndikaten als neutrales Gebiet betrachtet.
Die meisten Leute wissen nicht, dass in einem Hinterzimmer des
Shangri-La-Casinos in unregelmäßigen Abständen eine Pokerpar-
tie zwischen Toju Shotozumi und Don Vince „Numbers“ Ciarni-
ello stattfindet.
Das Shangri-La ist nicht Las Vegas, was bedeutet, dass die
Sicherheit eher auf herumstreunende Ganger und Matrix-Ein-
brüche als auf ausgeklügelte Abzocke ausgelegt ist. Die Wachen
sind unterschiedlich, doch die meisten haben Werte wie die Lo-
ne-Star-Polizeieinheit (S. 326, SR4). In dem Stockwerk mit den
Spielräumen sind Waffen verboten, Magie ist generell untersagt.
Wer sich nicht daran hält, bekommt einen Gratisdrink mit Gam-
ma-Skopolamin (S. 297, SR4), wird in einen Geheimraum neben
der Wachstation geführt, mit einem Gartenschlauch gewürgt (1
Kästchen Erschöpfungsschaden pro Runde) und verhört. Wenn
die Antworten den Wachen nicht gefallen, verschwindet der Be-
treffende.
Zwei Lohnmagier (verwenden Sie die Werte für den Kampf-
magier und den Magischen Ermittler, S. 128 und 130, SR4) und
ein gebundener Feuerelementar (Kraft 8) halten nach der Benut-
zung von Magie, selbst Adeptenkräften, Ausschau. Die Hauptein-
gänge von Hotel und Casino besitzen Chemsniffer, Cyberware-
scanner und Magnetanomaliedetektoren (siehe Scanner, S. 305,
GEISTERKARTELLE
wenn es geschlossen ist, weniger streng als nachts, aber
in den Gebäuden gibt es immer noch einiges an passiven
Sicherheitsmaßnahmen.
Die Runner haben wenig Auswahl, wo sie die Sprengkör-
per und das Bauernopfer platzieren können. Sie könnten
versuchen, sich als Hotelgäste auszugeben, als Angestellte
SR4 jeweils mit Stufe 5. Sechs Wachen sorgen für die physische
SR4),
Sicherheit.
Die Runner bekommen genaue dreidimensionale Pläne des
Gebäudes; das Privatzimmer liegt direkt an der Hinterwand.
Hüter (Kraftstufe 6) und FAB-Barrieren (Stufe 5) verhindern ein
astrales Eindringen in den Sicherheitsbereich (auch die Privaträu-
KOSTPROBE
me). Die Haupthalle des Casinos wird dauernd von zwei Adepten
mit astraler Wahrnehmung überwacht. In jedem Raum befinden
sich Kameras (mit Restlicht und Infrarot), davon ausgenommen
sind die Toiletten, das „Verhörzimmer“ (auf den Plänen als Besen-
kammer bezeichnet), die Zimmer im Hotel und das Hinterzim-
mer für private Pokerpartien.
Das Gebäude selbst besteht aus verstärktem Plastbeton (Pan-
zerungsstufe 24, Strukturstufe 15) mit WiFi-abschirmenden Mate-
rialien (Stufe 8); es gibt keine Erschütterungssensoren – da es kei-
nen Tresorraum gibt, wurde ein Tunnel nie als potentielle Gefahr
gesehen. Die WiFi-abschirmenden Materialien in den Mauern
verhindern einen Zugang von außerhalb des Casinos. Das Sicher-
heitssystem ist von der Matrix abgekoppelt: Ein Hacker muss phy-
sisch im Gebäude sein. Wer sich den Laden wirklich unbedingt
ansehen muss, erhält einen befristeten Gästepass, 10.000 Nuyen
als Spesen zum Verspielen und passende Kleidung.
Es ist möglich, aus der örtlichen Kanalisation unter dem An-
gestelltenparkplatz zum Keller durchzubrechen. Dafür braucht
man die passenden dreidimensionalen Pläne, einen Führer vom
Ork-Untergrund oder jemanden, der im Keller Messungen durch-
führt. Zudem muss zuerst ein Meter Plastbeton, Ziegel und Füll-
material (Panzerungsstufe 12, Strukturstufe 11) durchbrochen
werden.
87

KOSTPROBE
des Casinos oder als Reinigungspersonal, das von einem
CleanBright!-Franchisenehmer kommt (alle diese Gruppen
haben rund um die Uhr Zugang zum Shangri-La-Casino).
Man kann auch die Kanalisation in der Nähe des Hinter-
hofs benutzen, aber dann muss gegraben werden, um die
Sprengkörper nahe genug anzubringen, damit sie gegen die
Ziele wirksam werden, da die nächsten Rohre zehn Meter
entfernt und zwei Meter unter der Erde liegen.
Die Lage wird dadurch weiter kompliziert, dass das Ca-
sino diskret von Kameras und Drohnen der Einsatzgrup-
pe Organisiertes Verbrechen des FBI überwacht wird. Die
Überwachungssysteme sollten für die Runner schwierig,
aber nicht unmöglich zu entdecken sein. Wenn sie bereits
mit den Gesetzeshütern zusammengestoßen sind (Der
Fremde im Haus, Teil II oder bereits früher), riskieren
sie, beim Ausspähen des Ziels identifiziert zu werden und
zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt unerwünschte Auf-
merksamkeit auf sich zu ziehen. Falls das FBI erkennt, was
die Runner vorhaben, oder besonders misstrauisch wird,
wird es versuchen, einzuschreiten. Bei einem Misserfolg
wird es das Management des Garden of Eden informieren
– das FBI will nicht, dass die Straßengewalt noch weiter
eskaliert.
Showdown
Die Ziele, Kosuke Tomizawa und Toju Shotozumi, sollen
etwa um 20 Uhr über den Parkplatz für Angestellte auf der
Rückseite des Casinos eintreffen. Sie kommen in gepan-
zerten Nightsky-Limousinen (Panzerungsstufe 18), jeweils
von zwei Bodyguards flankiert (verwenden Sie die Werte
für Chikao Inoues Leute, S. 94, für die Yakuza-Soldaten zu
Menschen modifiziert), und begeben sich direkt zum Privat-
zimmer. Bis auf zwei warten alle Bodyguards draußen. Das
Ende der Pokerpartie ist nicht festgelegt – sie läuft meist bis
in die frühen Morgenstunden.
An diesem Abend kommt Toju fünfzehn Minuten zu spät.
Tomizawa und die anderen Spieler sind bereits vor Ort, als
er ankommt – die Runner sollen ruhig ins Schwitzen kom-
men, bis seine Limousine endlich in Sicht kommt. Falls die
88 GEISTERKARTELLE
Runner die Yaks auf dem Parkplatz im Hinterhof überfallen
wollen, müssen sie damit warten, bis die Partie vorüber ist,
um den Sokaiya und den Oyabun zur selben Zeit zu erwi-
schen. Je nachdem, wie gut die Pläne der Runner durch-
dacht sind und wie viele Komplikationen der Spielleiter
zum Würzen der Situation einbringt, werden die Ziele mit
ein wenig Glück und guter Planung (oder einem Overkill an
Sprengstoff) den Anschlag nicht überleben.
Es kann sein, dass die Charaktere rasch vom Tatort flie-
hen müssen, da die SWAT-Teams von Lone Star und die
Truppen des FBI dank der Überwachung innerhalb von Mi-
nuten am Tatort eintreffen und kurzerhand jeden im Casino
verhaften. Die Sicherheitsleute des Garden of Eden werden
in vollem Umfang kooperieren und ihre Überwachungsauf-
zeichnungen zur Verfügung stellen. Jeder Charakter, der ge-
filmt wurde, wird binnen weniger Stunden als Verdächtiger
betrachtet und findet sein Gesicht innerhalb eines Tages auf
den Trideo-Schirmen wieder.
Folgen
Das Trideo quillt über vor Nachrichten über den Anschlag.
Nach Medienberichten sind unter den Todesopfern der
Oyabun des Kenran-kai, einige hochrangige Mitglieder der
Clans Shotozumi und Shigeda und ein Vizepräsident von
Federated Boeing. Außerdem liegen einige Mitglieder der
Ciarniello-Familie, darunter der alte Vince „Numbers“ Ciar-
niello, im Krankenhaus.
Kluge Runner werden erkennen, dass Seattle für sie auf
absehbare Zeit nicht mehr sicher ist. Selbst wenn sie über
die Operation sehr verschwiegen waren, werden sich Ge-
rüchte über ihre Beziehungen zu Kaz verbreiten. Die Yakuza
und Mafia suchen nach Antworten und werden hinter den
Runnern her sein, um sie zumindest zu befragen.
Wenn die Medien den Erfolg des Anschlags verbreitet
haben, wird Kaz sie kontaktieren und die schlimmsten Be-
fürchtungen bestätigen. Er will in weniger als 48 Stunden
eine Nachricht an Hanzo Shotozumi senden, alles enthül-
len und die wahre Verantwortung für die Attentate über-
nehmen. Wegen ihrer jüngsten Verbindungen mit ihm ist es
leicht vorstellbar, dass die Runner mit auf die Verdächtigen-
liste kommen.
Falls sie noch unentschlossen sind, bietet Kaz an, ihnen
beim Verlassen der Stadt zu helfen und einen Auftrag der
Olaya-Delegation samt Übernahme der Reisekosten an Land
zu ziehen. Wenn die Runner das Angebot ablehnen, bittet
er sie, das nochmals zu überdenken, akzeptiert aber, wenn
sie dennoch bleiben wollen. Es ist schließlich ihr Begräbnis.
In diesem Fall wird der Komun’go-Ring für ihre Sicherheit
sorgen und ihnen weiter neue Aufträge geben. Das Leben in
Seattle wird definitiv sehr interessant werden.
Wenn sie das Angebot von Kaz annehmen, wird er sie
anweisen, ihre Bio-Daten für die falschen SINs an ihn zu
schicken und ihn in zwölf Stunden am Flughafen SeaTac
zu treffen (nur mit leichtem Gepäck und der nötigsten Aus-
rüstung).
Nach der Ankunft führt Kaz sie in eine VIP-Lounge, wo
Sacristán auf sie wartet, begleitet von einem unbekannten
Mitglied der Olaya-Delegation. Sollte Kaz der Gruppe noch
Geld schulden, bezahlt er sie jetzt mit beglaubigten Cred-
sticks. Danach gibt der Fremde jedem Mitglied der Gruppe
einen Credstick mit einer falschen SIN (Stufe 6). Außerdem
bietet er an, kleine Änderungen an den Daten (Lizenzen
für Cyberware oder Waffen, Alter, Familienstand oder an-
deres) vorzunehmen, falls ein Charakter vergessen hat, Kaz
gegenüber irgendetwas Wichtiges zu erwähnen. In der Zeit,
die zur Verfügung steht, kann er aber keine völlig neue ID
herstellen.

PLOT-BRÜCKEN:
DIE QUELLE UND DIE EURO-TOUR
Dieses Kapitel soll die Runner nach Hongkong führen,
doch der Spielleiter kann sie nicht zwingen, nach Asien zu
reisen, wenn sie lieber in Seattle bleiben wollen. Die poten-
zielle Rache der Yakuza kann für manche Gruppen kein Ar-
gument sein, damit sie ihre Koffer packen und verschwin-
den. Wenn sie bleiben wollen, dann sollten sie auch dürfen
… dafür müssen sie aber auch mit den Konsequenzen ihrer
Entscheidung leben.
Der Spielleiter kann sich aber auch dazu entscheiden,
den asiatischen Teil dieser Kampagne zu ignorieren, wenn
er lieber einen westlichen Hintergrund dafür haben will.
In diesem Fall kann er einfach davon ausgehen, dass Sa-
cristáns Delegation bereits komplett ist und sie keine Run-
ner mehr brauchen. Allerdings hat Sacristán von den Pro-
blemen ihres Gegenstücks auf dem alten Kontinent gehört
und wird die Runner, da sie sich ja bereits beweisen konn-
ten, nach Europa empfehlen.
Wenn Sie sich für diese Wahl entscheiden, packen Sie
die Charaktere auf den nächsten Flug nach Amsterdam und
überspringen sie einfach das Kapitel Die Quelle und gehen
sie direkt zu Die Euro-Tour.
Einmal durchgespielt, können Sie die Runner dann
wieder mit dem Kapitel Todesstoß oder mit den letzten
Ereignissen von Die Quelle fortfahren lassen, wo sie dann
wieder auf Sacristán und Uribe treffen.
Sobald alles erledigt ist, erklärt Sacristán den Runnern
ihre Aufgaben als Gefolgsleute, heißt sie in ihrem Team will-
kommen und sagt, dass sie in ein paar Minuten per Suborbi-
talflug nach Hongkong aufbrechen werden.
ABLEGER UND NEBENJOBS: ABENTEUER-IDEEN
 Jemand tötet Konsumenten der neuen Droge und ver-
brennt ihre Überreste zu Asche. Der Bruder eines Op-
fers – ein ahnungsloser College-Student – bietet den
Runnern alles, was er besitzt (eine kleine magische Bro-
sche), wenn sie den Mörder seines drogenabhängigen
Verwandten zur Strecke bringen. Diese Ermittlungen
sind eine gute Möglichkeit, den Spielern die menschli-
chen Konsequenzen des Drogenmissbrauchs und -han-
dels nahezubringen. Es lässt sich schnell ausgraben, dass
es schon drei gleichartige Todesfälle gab und Lone Star
zu viel zu tun hat, um sich darum zu kümmern. Wenn
man tiefer gräbt, kommt zu Tage, dass das Opfer sich in
letzter Zeit zunehmend seltsam verhalten hat. Wenn die
Runner endlich den Mörder finden, entpuppt sich die-
ser als Magier und Ausgestoßener des Sylvester-Ordens.
Der Mann ist offenbar gestört und behauptet, die Opfer
wären von Dämonen besessen und ihr Tod ein bedau-
ernswerter Nebeneffekt des Exorzismus und keinesfalls
beabsichtigt. Glauben die Charaktere ihm?
 Die Drogenkünstlerin und Millionenerbin Tiffany Brack-
haven ist dafür bekannt, Risiken einzugehen und immer
auf der Suche nach Neuem zu sein. Als sie bei einer Privat-
party mit Tempo in Berührung kommt, findet sie endlich
den Kick, den sie suchte. Das einzige Problem ist, dass Tif-
fany keinesfalls die Kommune der Cascade-Orks verlassen
will, in der sie lebt, um an ihren Stoff zu kommen. Da die
Dogmen zurzeit Knatsch mit den Cascade-Orks haben, ist
die einzige Möglichkeit, die Drogen an Brackhaven zu lie-
fern, ein Kurier von außen. Die Runner werden angeheu-
ert, eine Ladung Tempo zu ihr zu bringen, aber es scheint,
GEISTERKARTELLE
als wäre der Auftraggeber nicht der einzige, der von der
Lieferung weiß – eine Gruppe der Ragers versucht, sie ab-
zufangen.
 Ein Staatsbeamter bekommt Wind von den bevorstehen-
den Razzien durch Lone Star und die Feds und schickt ein
Team von Runnern, um seinen drogensüchtigen Sohn aus
einer Lasterhöhle im Verge von Redmond zu holen, be-
vor er verhaftet wird, was der Karriere des Vaters schaden
könnte. Leider handelt es sich bei der Gang, die ihn in den
Fingern hat, um die First Nations, die mitten in der Gang-
Gewalt im Sprawl stecken. Die First Nations wissen, wen
sie da haben, und wollen ihn für etwaige Erpressungen in
der Hinterhand behalten, also müssen die Runner ihnen
den Sohn um jeden Preis abjagen.
KOSTPROBE
SCHATTENBESETZUNG
Die folgenden Profile stellen die Schlüsselfiguren des Plot-
strangs in Kostprobe vor. Diese Charaktere werden den
Runnern wahrscheinlich nicht im Kampf begegnen, daher
werden ihre Werte weniger detailliert behandelt als ihre
Persönlichkeit und ihre Motive. Die folgenden Informatio-
nen sollten dem Spielleiter helfen, die Schlüsselfiguren dar-
zustellen, wenn sie mit den Runnern zusammentreffen.
KAZ YAKAMURA
Grauhäutig, mit einem gewundenen Horn, das ihm von ei-
ner Seite der Stirn absteht – das andere ist abgebrochen –,
und Boxernase, ist Kaz Yakamura alles andere als schön. Er
ist über zweieinhalb Meter groß, für einen Troll ziemlich
dünn und hinkt leicht. Seine mangelnde Attraktivität wird
von seiner Intelligenz, seiner Schläue und seinem puren
Siegeswillen mehr als kompensiert. Er ist vielleicht nicht
so einschüchternd wie andere Trolle, aber etwas an Kaz
Yakamura nötigt einem Respekt ab.
Kaz hat als Bastard eines Kobun des Shigeda-gumi mit
einer koreanischen Prostituierten zwanzig harte Jahre mit
Drogenhandel verbracht – zuerst als unabhängiger Dealer
und später als Mitglied des Komun´go. Seine Jahre beim
Ring vergingen in fortwährendem Kampf. Der Versuch,
sich in den Rängen des Syndikats nach oben zu arbeiten,
war, als wollte man mit blutigen Steaks auf dem Rücken
durch Redmond gehen. Wenn man ihn nicht als Troll ver-
achtete, legten ihm seine unleidliche Art und sein Unwille,
Befehle zu befolgen, Steine in den Weg.
Die einmalige Gelegenheit, die sich durch das Olaya-
Kartell auftat, stellte für den Troll einen Weg zum Glück
dar, einen Weg, das Versprechen zu erfüllen, das er sei-
nem Vater gegeben hatte, als er ihn verließ. Kaz ist sicher,
dass er weiter im Rang steigen wird, solange das Tempo
fließt – und dieses Mal wird sich ihm niemand in den Weg
stellen.
Kaz hat seit etwa einem Jahr vor Beginn der Handlung
ein Verhältnis mit Dae. Er weiß nicht genau, was sie an ihm
findet, aber die Stripperin ist eine der wenigen Personen,
denen er vertraut und die ihm wirklich etwas bedeuten. Er
erkennt ihr Potenzial und würde ihr nur zu gerne helfen,
ihr Leben zum Besseren zu wenden.
Zum Unglück aller Beteiligten wird Kaz selbst schnell
abhängig von Tempo. Mit zunehmender Sucht wird Kaz
paranoid und seelisch instabil. Er ist einer der ersten
Süchtigen, die unter den seltsamen Nebenwirkungen von
Wahrnehmungsverlust und Blackouts leiden (deren wah-
ren Hintergrund man in Das Geheimnis von Tempo, S.
173, nachlesen kann).
89
 K G R S C I L W EDG ESS INI ID
10 (11) 3 (5) 3 (5) 10 (12) 2 3 4 4 3 0,88 6 (8) 1 (3)
Zustandsmonitor (Körperlich/Geistig): 13/10
Panzerung: 14/11
Fertigkeiten: Fertigkeitsgruppe Athletik 4, Bodenfahrzeu-
ge 2 (Auto +2), Einschüchtern 3, Gebräuche 3 (Straße +2),
Klingenwaffen 4, Kriminelle Aktivitäten 3, Pistolen 4, Seattler
Gangs 3, Straßendrogen 3, Unterweltpolitik 3, Verhandlung 3
Gaben und Handicaps: Abhängigkeit (Leicht–Mittel, Tem-
po), Schnellheilung, Zähigkeit
Bodytech: Aufmerksamkeitsbooster (2), Dermalpanzerung
(3), Muskelverstärkung und -straffung (2, Alphaware), Re-
flexbooster (2)
Ausrüstung: Mortimer Greatcoat [Elektrische Isolierung
(5)] über formangepasster Halbkörperpanzerung, Erika Eli-
KOSTPROBE
te Kommlink mit Iris Orb Betriebssystem, AR-Handschuhe,
Brille (Bildverbindung, Smartlink)
Waffen:
 Hardliner-Handschuhe [Waffenlos, Reichweite 0, Scha-
denscode 7K, PB 0]
 Ruger Super Warhawk [Schwere Pistole, Schadenscode
7K, PB –3, EM, RK 0, 6(tr), Troll-Anpassung, angepasster
Griff, Smartgunsystem, EX-Explosiv-Geschosse]
 Ingram Smartgun X [Maschinenpistole, Schadenscode 6K,
PB –1, SM/AM, RK 3(4), 32(s), Gasventil 3, EX-Explosiv-
Geschosse]
DAE
Eine koreanische Schönheit, die sich, solange sie denken
kann, auf ihr Aussehen verlassen hat. Dae hat sich aus der
Gosse emporgekämpft und ist beinahe im Wortsinn eine
Selfmadewoman; sie ist Stripperin und hat ihr natürliches
Haar gegen gefühlssensitiven Monodraht ausgetauscht, der
seine Farbe abhängig von der Stärke und Art ihrer Emoti-
onen verändert. Ihr gesamter Oberkörper ist kosmetisch
modifiziert, nur ihr Gesicht hat noch seine natürliche Schön-
heit. Ihre scharfe Nase ist von einer halbkreisförmigen Nar-
be verunziert, die sie weniger perfekt – und dadurch noch
schöner – wirken lässt.
An Dae ist viel mehr dran als nur ihr schönes Gesicht.
Sie hat einen wachen Verstand und versteht es gut, die Wün-
sche einer Person zu erahnen. Das führte dazu, dass sie für
Kaz zur Miss Johnson wurde. Dae war einmal wirklich in Kaz
verliebt, aber sie findet, dass ihm die Suche nach Anerken-
nung zu Kopf gestiegen ist. Sie ist zwar weiter loyal und hilf-
reich, erwartet aber nun Bezahlung für ihren Aufwand. Im
Laufe der Kampagne macht sie sich immer mehr Sorgen um
seinen Geisteszustand, da er immer distanzierter und seine
Tempo-Sucht immer stärker wird.
K G R S C I L W EDG ESS INI ID
2 4 4 2 5 4 3 3 3 4,89 5 1 Kampftechniken: Blindkampf, Beidhändigkeit, Iaijutsu,
Zustandsmonitor (Körperlich/Geistig): 9/10
Panzerung: 4/2
Fertigkeiten: Akrobatik 2 (Tanzen +2), Gebräuche 2 (Stra-
ße +2), Knüppel 2, SimSinn-Stars 3,Straßengerüchte 3,
Stripclubs 4, Überreden 3, Unterweltpersönlichkeiten 3, Un-
terweltpolitik 3, Verhandlung 4, Verkleiden 2
Gaben und Handicaps: Soziales Chamäleon
Bodytech: Glasfaserhaar (Alphaware), Größere Bioformung
(+2 auf Soziales Chamäleon), Maßgeschneiderte Pheromo-
ne (2), Seidenhaut, Talentleitung-Expertensystem (Alphawa-
re), Talentleitungen (3)
Ausrüstung: Mantel [Elektrische Isolierung (5)] über Se-
cond-Skin-Designerkleidung, Erika Elite Kommlink mit Iris
Orb Betriebssystem, Talentsofts (Gebräuche Konzern 3, Bo-
denfahrzeuge 3, Pistolen 3)
90 GEISTERKARTELLE
Waffen:
 Betäubungsschlagstock [Knüppel, Reichweite 1, Scha-
denscode 6G(e), PB –Hälfte]
 Colt Asp[Leichte Pistole, Schadenscode 6G(e), PB –Hälfte,
HM, RK 0, 6(tr), Lasermarkierer, Schockergeschosse]
CHIKAO INOUE
Früh im Verlauf der Abenteuer heuert der Shotozumi-gumi
einen Killer des Kenran-kai an, um das Tempo-Netzwerk auf-
zudecken und zu vernichten. Ein Neuling wird nach Seat-
tle geschickt, jemand, der sich einen Ruf erwerben will: der
zweite Sohn eines mächtigen Oyabun aus Kyoto.
Chikao ist ein dünner Mann, der die offensichtliche Mas-
sigkeit natürlicher Muskeln gegen die Effizienz von Cyberware
ausgetauscht hat. Er hat zwei Cyberarme, die, wie Brust und
Rücken, von tätowierter Haut bedeckt sind. Chikao trägt sein
blondes Haar in kurzen Spitzen, sodass das Gesicht frei bleibt.
Ein Nanotattoo auf seiner rechten Wange blitzt mit verschiede-
nen Katakana-Symbolen auf, die seine Stimmung widerspie-
geln. Seine Augen sind ebenfalls Cyberware und tiefblau. Er
trägt gerne Anzüge, möglichst gepanzert. Chikao tritt zwar leise
und nachgiebig auf, ist aber ein Sadist. Er liebt es, seine kleine
Sammlung an Messern bei seinen Opfern einzusetzen, kann
aber auch mit Katana und Maschinenpistole gut umgehen.
Wenn er im Kampf einem offensichtlich unterlegenen
Gegner gegenüber steht, spielt Chikao mit ihm so lange wie
möglich, als wäre er ein Stierkämpfer in der Arena.
K G R S C I L W EDG ESS INI ID
4 5 (7) [9]* 5 (7) 3 (5) [7]* 4 4 3 3 8 1,69 11 (13) 1 (3)
Zustandsmonitor (Körperlich/Geistig): 13/10
Panzerung: 14/11
Fertigkeiten: Fertigkeitsgruppe Athletik 4, Bodenfahrzeuge
3 (Auto +2), Führung 4, Nahkampffertigkeitsgruppe 4, Pis-
tolen 6 (+1), Verhören 3
Gaben und Handicaps: Biokompatibilität (Cyberware),
Bodytech-Sucht, Glück, Kampfkunst: Krav Maga (Zielen und
Waffe bereitmachen als Freie Handlungen)
Bodytech: (alles Betaware) 2 maßgefertigte synthetische
Cyberarme [Geschicklichkeits- und Stärkeverbesserung (je
4), Panzerung (3); rechter Arm: Projektilsporn, Schockhand,
integriertes Kommlink; linker Arm: Cybertaser mit Smart-
gunsystem, Magnetsystem], Cyberaugen (4; Bildverbin-
dung, Infrarot, Restlicht, Smartlink], Dermalverkleidung (2),
Kompositknochen (Aluminium), Muskelverstärkung und
-straffung (2), Nanitenbrüter (2), Nanosymbionten (4), Na-
notattoos (2), Nano-Vitalmonitor, Reflexrecorder (Pistolen),
Synapsenbeschleuniger (2)
Ausrüstung: Jacke (Aces High) über formangepasster Ganz-
körperpanzerung, DocWagon-Vertrag (Gold), Hermes Ikon
Kommlink mit Mangadyne Deva Betriebssystem
Schwache Hand
Waffen:
 Projektilsporn [Implantatwaffe, Reichweite 0, Schadens-
code 7K/10K (beim Abfeuern)]
 Überlebensmesser [Klingenwaffen, Reichweite 0, Scha-
denscode 5K, PB 0]
 Cybertaser [Implantatwaffe, Schadenscode 6G(e), PB
–Hälfte, Smartgunsystem]
 Nitama NeMax [Schwere Pistole, Schadenscode 5K, PB
–5, HM, RK 0, 10(s), angepasster Griff, Smartgunsystem,
APDS-Geschosse]
 Enfield AS7 [Schrotflinte, Schadenscode 7K, PB –1, HM/
SM, RK 2, 24(t), angepasster Griff, Smartgunsystem, Nor-
malmunition]
* Werte in [ ] gelten für Proben mit den Cyberarmen
 KOSTPROBE

GEISTERKARTELLE
91
 CHULSOON GRAY-WOLF
Gray-Wolf ist der Anführer des Komun’go-Seoulpa-Rings. Er
hat die Angriffe der Yakuza überlebt, aber viele Blutsbrüder
in den Zusammenstößen mit dem Shigeda-gumi verloren.
Er hat auf die harte Tour gelernt, strategisch zu denken und
vorsichtig vorzugehen. Er hat den Ring langsam wieder auf
seine ursprüngliche Stärke gebracht und die Unternehmun-
gen der Gruppe in jede denkbare Nische der Unterwelt aus-
gedehnt: von Sklavenhandel und Rauschgiftschmuggel bis
hin zu spezialisierter Schutzgelderpressung von kaltschnäu-
ziger Effektivität.
Der ehrgeizige, schlaue Gray-Wolf ist halb koreanischer,
halb amerindianischer Abstammung und ehrlich stolz dar-
auf. Die Zukunft des Rings, dem seine ganze Hingabe gilt,
sieht er in der Fortführung dieses doppelten Erbes. Das Auf-
KOSTPROBE
treten von Gray-Wolf, der Mitte dreißig ist, spiegelt diesen
Stolz auf seine Abstammung wider; er vereint das Styling der
Ureinwohner mit koreanischem Technofetischismus.
Chulsoon erkennt von Anfang an, welches Risiko Tempo
darstellt; es könnte dem Ring viel Geld einbringen, ihn aber
auch ruinieren. Gray-Wolf ist ein pragmatischer Mann, voller
Hingabe an den Ring und seine Mitglieder. Wenn er sich zwi-
schen der Zukunft seiner Organisation und dem Glück eines
seiner Leutnants entscheiden muss, fällt ihm die Wahl leicht.
Als sein Vorhaben schiefgeht und kein Kompromiss mit dem
Shotozumi-gumi mehr möglich ist, hegt Gray-Wolf deswegen
keinen Groll. Stattdessen widmet er sich ganz dem Überle-
ben und Gedeihen des Komun’go.
K G R S C I L W EDG ESS INI ID
4 4 4 3 5 5 3 (5) 3 4 2,35 1 1 ALEC LITTLETREE (GANG-LEUTNANT)
Zustandsmonitor (Körperlich/Geistig): 10/10
Panzerung: 9/5
Fertigkeiten: Fertigkeitsgruppe Cracken 3(4), Gang-Iden-
tifizierung 2, Gebräuche 3 (Straße +2, Unterwelt +2),
Klingenwaffen 3, Kriminelle Machenschaften 3, Pistolen 3,
Syndikatsmanagement 4, Unterweltpolitik 4, Verhandlung
3, Waffenloser Kampf 3, Wahrnehmung 3 (5), Yakuza-Unter-
nehmungen 2
Gaben und Handicaps: Feindliche Geister (Geister des
Menschen), Fotografisches Gedächtnis, Soziales Chamäleon
Bodytech: Adrenalinpumpe (1), Aufmerksamkeitsbooster
(2), Datenbuchse (gebraucht), Enzephalon (1), Komposit-
knochen (Titan), Maßgeschneiderte Pheromone (2), Throm-
bozytenfabrik, Vitalmonitor, Zerebralbooster (2)
Ausrüstung: Altertümliche gefütterte Lederjacke über for-
mangepasster Ganzkörperpanzerung, DocWagon-Vertrag
(Platin), Transys Avalon Kommlink mit Novatech Navi Be-
triebssystem mit Sim-Modul, angepasst an Heißes Sim, Tro-
den
Waffen:
 Savalette Guardian [Schwere Pistole, Schadenscode 5K,
PB –5, HM/SM*, RK 2, 12(s), angepasster Griff, Smartgun-
system, APDS-Geschosse]
* Salvenfeuer benötigt eine Komplexe Handlung
CAINE
Der altgediente Leutnant der Ragers ist ein schwarzer
Mensch, der wegen seiner Größe leicht für einen Ork gehal-
ten werden könnte. Er ist der jüngste Bruder von fünf Orks
und einer der wenigen Menschen, die es bei den Ragers
nach oben geschafft haben. Sein Gesicht ist mit einer Unzahl
an Piercings verziert. Caines Auftreten, mit seinem rasierten
Schädel und der Lederkleidung, schreit förmlich „Schläger“,
aber er ist vor allem ein eiskalter Geschäftsmann.
92 GEISTERKARTELLE
Caine verhandelt lieber, als Gewalt anzuwenden. Wenn
eine Schießerei oder Schlägerei droht, schickt er lieber sein
Fußvolk vor. Caine glaubt, die Ragers könnten eine viel grö-
ßere Organisation werden als sie sind. Er kauft Tempo von
Alec Littletree und hofft, damit diese Expansion zu finanzie-
ren. Wenn die Gang ein größeres Revier hätte, bekäme er
selbst mehr Macht – und darum geht es ihm eigentlich.
K G R S C I L W EDG ESS INI ID
5 5 (7) 4 (6) 4 5 3 3 4 4 0,75 7 (9) 1 (3)
Zustandsmonitor (Körperlich/Geistig): 11/10
Panzerung: 10/8
Fertigkeiten: Computer 2, Einschüchtern 4, Gang-Reviere
2, Gebräuche 2 (Unterwelt +2), Knüppel 3, Kriminelle Ma-
chenschaften 3, Pistolen 2, Unterweltpolitik 4, Verhandlung
3, Waffenloser Kampf 3
Gaben und Handicaps: Mut, Überlebenswille, Unglück,
Zähigkeit
Bodytech: Adrenalinpumpe (2), Dermalpanzerung (2),
Muskelstraffung (2), Reflexbooster (2), Sporn
Ausrüstung: Panzerjacke mit Logo der Ragers, verspiegelte
Sonnenbrille (Bildverbindung, Smartlink)
Waffen:
 Colt Asp [Leichte Pistole, Schadenscode 4K, PB 0, HM, RK
0, 6(tr), Smartgunsystem]
 Colt Cobra TZ–110 [Maschinenpistole, Schadenscode 5K,
PB 0, HM/SM/AM, RK 2(3), 32(s), Gasventil 2, Smartgun-
system]
Alec ist zwischen 20 und 40. Er ist ein harter Ganger, der in ei-
ner verarmten Haida-Gemeinde in Redmond aufwuchs, und
sein einziges Lebensziel ist, da herauszukommen. Littletree
ist ehrgeizig und nur sich selbst gegenüber loyal und sieht
Tempo als Möglichkeit, etwas Größeres im Leben zu errei-
chen als sein Dasein in der Gang, das ihm bisher Schutz bot.
Er sieht sich als freundlicher Schieber und sucht dauernd
nach neuen Bekanntschaften und Freunden. Tempo gibt ihm
eine einzigartige Chance, an Kontakte und Geld zu kommen.
Littletree hat nicht nur einen Deal mit den Ragers gemacht,
sondern lebt auch deutlich über seine Verhältnisse.
Sein anderes Geheimnis, das er noch niemandem ver-
raten hat, ist, dass er ein sozialer Adept – ein Anhänger des
sogenannten Wegs des Sprechers.
K G R S C I L W M EDG ESS INI ID
4 4 4 3 4 4 5 3 4 4 6 8 1
Zustandsmonitor (Körperlich/Geistig): 10/10
Panzerung: 7/5
Fertigkeiten: Ausweichen 3, Gebräuche 4 (6) (Straße +2),
Pistolen 2, Verhandlung 4 (6) (Schnellreden +2), Wahrneh-
mung 3
Gaben und Handicaps: Adept, Leichte Abhängigkeit (Tem-
po)
Adeptenkräfte: Körpersprache (3), Stimmkontrolle, Ver-
besserte Fertigkeit: Gebräuche (2) Verbesserte Fertigkeit:
Verhandlung (2)
Ausrüstung: Abgerissene Panzerjacke, Kommlink, AR-Brille
und Nanotroden im Stirnband
Waffen:
 Überlebensmesser [Klingenwaffen, Reichweite 0, Scha-
denscode 3K, PB 0]
 Ruger Super Warhawk [Revolver, Schadenscode 6K, PB –2,
EM, RK 0, 6(tr)]
XA FIREBIRD K G R S C I L W ESS INI ID
(UNDERCOVER-ERMITTLER VON LONE STAR) 4 4 (5) 4 (5) 3 2 3 2 3 4,32 7 (8) 1
Xa Firebird ist ein junger Ermittler von Lone Star, der ver- Zustandsmonitor: 10
deckt in der Gang First Nations arbeitet. Eigentlich sollte Panzerung: 5/7
er die verbliebenen Verbindungen zur Yakuza und die Un- Fertigkeiten: Ausweichen 2, Bodenfahrzeuge 2 (Motorrad
terstützung des Schmuggels der Dogmen durch die First +2), Einschüchtern 1, Exotische Nahkampfwaffe (Peitsche)
Nations untersuchen, aber nun ist er beauftragt, den Tempo- 3, Gebräuche 1 (Straße +2), Pistolen 3, Verhandlung 2,
Lieferanten der Gang auszuforschen. Der Krieg der Gangs Wahrnehmung 2
eskaliert, und Firebird stellt sich die Frage, ob es wirklich Bodytech: (alles gebraucht) Kompositknochen (Kevlar),
klug war, sich freiwillig zu der verdeckten Ermittlung zu mel- Muskelstraffung (1), Reaktionsverbesserung (1)
den. Er hat versucht, bei Blood-of-the-Buffalo einen guten Ausrüstung: NoPaint, gepanzerter Rennanzug, Thunderc-
Stand zu erreichen, hatte aber bislang keinen großen Erfolg. loud Contrail, 1 Dosis einer beliebigen Kampfdroge
Dennoch plant Firebird, den Anführer der Gang beim Abho- Waffen:
len neuer Vorräte zu verfolgen, um der Quelle der Gang auf  Kette [Peitsche, Reichweite 2, Schadenscode 3K, PB 0]
die Spur zu kommen.  Browning Ultra-Power [Schwere Pistole, Schadenscode

Seine Lage wird zusätzlich kompliziert, weil Xa eine
Romanze mit seiner Agentenführerin Carla Matthews ange-
fangen hat und ihre wöchentlichen Treffen sich zu Schäfer-
stündchen entwickelt haben.
KOSTPROBE
5K, PB –2, HM, RK 0, 10(s), Lasermarkierer, Explosivge-
schosse]
 Remington Roomsweeper [Schrotflinte, Schadenscode
7K(f), PB +5, HM, RK 0, 8(m), Flechette-Geschosse]

K G R S C I L W EDG ESS INI ID

4 3 4 (7) 3 3 4 4 5 3 1,92 8 (11) 1 (2) Head Banger (Leutnant der Ragers)
Zustandsmonitor (Körperlich/Geistig): 10/11 Als größerer, fieserer, erfahrenerer Schläger und einziger
Panzerung: 8/6 Ork der Gruppe hält Head Banger seine Kohorten auf Linie
Fertigkeiten: Fertigkeitsgruppe Athletik 3, Computer 3, und ist Caine direkt unterstellt.
Einschüchtern 3, Führung 2, Gangs von Seattle 4, Infiltra-
tion 5, Knüppel 3, Pistolen 4 (Browning Ultra-Power +2), K G R S C I L W ESS INI ID
Strafverfolgung 4, Waffenloser Kampf 4 (Sporne +2), Wahr- 7 4 (6) 4 (5) 5 4 3 3 4 2,76 7 (8) 1 (2)
nehmung 4 Zustandsmonitor: 12
Bodytech: SenseSation Livecaster Cyberware-Suite [Cyber- Panzerung: 5/8
augen (3; Augenlichtsystem, Augen-Rekorder, Bildverbin- Fertigkeiten: Ausweichen 3, Bodenfahrzeuge 3 (Motorrad
dung, Restlicht), Cyberohren (2; Audioverbesserung (2), +2), Einschüchtern 3, Führung 2, Gebräuche 2 (Straße +2),
Dämpfer, Ohrrekorder, Richtungsdetektor), Simrig, Radar- Schnellfeuerwaffen 4, Schwere Waffen 3, Verhandlung 3,
sensor (3)], Reaktionsverbesserung (2), Reflexbooster (Stufe Wahrnehmung 3
1), Sporn (einziehbar) verbunden mit implantiertem Injekti- Bodytech: (alles gebraucht) Dermalverkleidung (1), Reflex-
onssystem [Narcoject (3 Dosen)] booster (1), Muskelstraffung (2)
Gaben und Handicaps: Magieresistenz 3 Ausrüstung: Gepanzerter Rennanzug, Kontaktlinsen (Blitz-
Ausrüstung: Panzerjacke, verspiegelte Sonnenbrille (Smart- kompensation, Bildverbindung, Smartlink), Erika Elite mit
link, Bildverbindung und Restlicht), Hermes Ikon Komm- Iris Orb Betriebssystem, Thundercloud Contrail, 2 Dosen
link, AR-Handschuhe, DocWagon-Vertrag (Gold) Kampfdrogen Jazz / Kamikaze
Waffen: Waffen:
 Betäubungsschlagstock [Knüppel, Reichweite 1, Scha-  AK-98 [Sturmgewehr, Schadenscode 6K, PB –1, HM/SM/
denscode 6G(e), PB –Hälfte] AM, RK 3, 38(s), Granatwerfer, Gasventil 3, Smartgunsys-
 Browning Ultra-Power [Schwere Pistole, Schadenscode tem, Splittergranaten]
5K, PB –1, HM, RK 0, 10(s), Smartgunsystem]  Splittergranaten [Granate, Schadenscode 12K(f), PB +5,
 Sporn [Implantatwaffe, Reichweite 0, Schadenscode 5K, Sprengwirkung –1/m]
PB 0, injiziert bei erfolgreichem Angriff Narcoject]

Stand Over Men des Komun’go (Professionalitätsstufe 4)

Chulsoon Gray-Wolf hat einiges an Geld in die Bodytech der

FUSSVOLK UND BEWEGLICHE ZIELE härtesten und loyalsten Mitglieder des Komun’go gesteckt.
Sie erfüllen eine Reihe von Funktionen, vom schweren Ein-
Der folgende Abschnitt beinhaltet die grundlegenden Wer- satztrupp über Personenschutz bis hin zum Schuldeneintrei-
te für die Kämpfer, Fahrzeuge und Drohnen, mit denen die ben und zur Schutzgelderpressung.
Charaktere während dieses Kampagnen-Bogens in Kontakt
kommen können, und die nicht in den Quellenbüchern zu K G R S C I L W ESS INI ID
Shadowrun 4 auftauchen oder sich von den Grundversio- 4 4 (6) 4 (7) 5 (7) 3 3 2 3 2,7 7 (10) 1 (2)
nen unterscheiden. Es sind jeweils nur die grundlegenden Zustandsmonitor: 10
Fertigkeiten, Ausrüstungen und Modifikationen angegeben. Panzerung: 10/5
Der Spielleiter kann die Stufen von Fertigkeiten, Bodytech Fertigkeiten: Fertigkeitsgruppe Athletik 3, Ausweichen 3
und Ausrüstung nach Bedarf anpassen. (4), Erste Hilfe 2, Gebräuche 3 (Unterwelt +2), Infiltration
3, Klingenwaffen 4 (Messer +2), Schnellfeuerwaffen 5, Waf-
fenloser Kampf 4, Wahrnehmung 3, Wurfwaffen 3
Gangmitglieder der Ragers (Professionalitätsstufe 3) Bodytech: Cyberaugen (2; Blitzkompensation, Infrarot,
Diese Ragers sind vor allem menschliche Schläger unter Cai- Smartlink), Knochenverstärkung (2), Move-by-wire-System
nes Kommando. Sie sind hartgesotten und gewalttätig, und (1), Muskelverstärkung und -straffung (je 2), Reaktionsver-
manche nehmen auch Kampfdrogen, um sich einen Vorteil besserung (1)
zu verschaffen.

GEISTERKARTELLE
93
 Ausrüstung: Panzerweste über formangepasster Halbkör-
perpanzerung, Hermes Ikon Kommlink mit Iris Orb Betriebs-
system, verschiedene Linguasofts, Stimulanz-Patch (Stufe 6)
Waffen:
 Cougar Fineblade (lang) [Klingenwaffen, Reichweite 0,
Schadenscode 6K, PB –1]
 Ingram Smartgun X [Maschinenpistole, Schadenscode 6K,
PB –1, SM/AM, RK 3 (4), 32(s), Gasventil 3, EX-Explosivge-
schosse]
 Weißer Phosphor (Granate) (3) [Granate, Schadenscode
8K/4K (Feuerschaden), PB –Hälfte, Sprengwirkung –1/m]
Ju Kon (Chef der Stand Over Men)
Ju Kon ist Koreaner, Schamane und ein loyales Mitglied von
KOSTPROBE
Gray-Wolfs engstem Kreis. Er ist sehr eifersüchtig auf Kaz
Yakamuras jüngsten Aufstieg in der Gunst des Anführers
und will sich für diesen als nützlich erweisen – koste es,
was es wolle.
K G R S C I L W M ESS INI ID
3 3 4 (5) 2 4 3 5 4 4 5,35 7 (8) 1 (2)
Zustandsmonitor: 10
Panzerung: 10/6
Fertigkeiten: Fertigkeitsgruppe Athletik 3, Fertigkeitsgrup-
pe Beschwörung 3, Einschüchtern 2 (Körperlich +2), Ge-
bräuche 3 (Unterwelt +2), Fertigkeitsgruppe Hexerei 4,
Infiltration 3, Klingenwaffen 3, Pistolen 5, Verhandlung 2,
Waffenloser Kampf 4, Wahrnehmung 3
Gaben und Handicaps: Zauberer (Schamane), Schutzpat-
ron (Der Widersacher – Antimagie)
Bodytech: Cyberaugen (2; Blitzkompensation, Restlicht,
Smartlink), Synapsenbeschleuniger (1)
Ausrüstung: Mortimer Greatcoat über formangepasster
Halbkörperpanzerung, Kraftfokus (Kraft 2), Zauberspeicher
(Kraft 4, hält einen Feinde Aufspüren (ER) mit 4 Erfolgen
aufrecht), Hermes Ikon Kommlink mit Iris Orb Betriebssys-
tem, Stimulanz-Patch (6)
Zaubersprüche: Ein Mensch Weniger, Energieblitz, Feinde
Aufspüren (ER), Mob-Laune, Panzerung, Verbesserte Un-
sichtbarkeit
Gebundene Geister: Feuergeist (Kraft 4, 2 Dienste), Was-
sergeist (Kraft 4, 2 Dienste)
Waffen:
 Colt Asp [Leichte Pistole, Schadenscode 6G(e), PB –Hälfte,
HM, 6(tr), Schockergeschosse]
 Cougar Fineblade (lang) [Klingenwaffen, Reichweite 0,
Schadenscode 3K, PB –1]
Inoues Yakuza-Soldaten (Professionalitätsstufe 4)
Dies sind loyale Mitglieder des traditionalistischen Ken-
ran-kai – entweder kampferprobte Veteranen des Bürger-
kriegs der Yakuza, in dem der Nishidon-gumi unterging,
oder eisenharte Neulinge aus Japan. Der Kenran-kai ist
sehr traditionell und konservativ gesinnt: gegen Metas,
magophobisch, frauenfeindlich; und so sind auch seine
Soldaten.
K G R S C I L W ESS INI
5 4 (6) 4 (5) 5 (7) 2 3 3 4 3,05 7 (8) 1 (2)
Zustandsmonitor: 11
Panzerung: 10/5
Fertigkeiten: Fertigkeitsgruppe Athletik 4, Einschüchtern 4,
Gewehre 5, Fertigkeitsgruppe Nahkampf 4, Wahrnehmung 4
Bodytech: Cyberaugen (2; Blitzkompensation, Infrarot,
Sichtvergrößerung) Reflexbooster (1), Orthoskin (2), Mus-
kelverstärkung und -straffung (je 2)
94 GEISTERKARTELLE
Ausrüstung: Gefütterter Mantel über formangepasster
Halbkörperpanzerung, Hermes Ikon Kommlink mit Iris Orb
Betriebssystem, AR-Handschuhe
Waffen:
 Katana [Schwert, Reichweite 1, Schadenscode 7K, PB –1]
 Ares Alpha [Sturmgewehr, Schadenscode 7K, PB –2, HM/
SM/AM, RK 6, 42(s), EX-Explosivgeschosse, Gasventil 3,
Klappbare Schulterstütze, Smartgunsystem]
 HK 227 X [Maschinenpistole, Schadenscode 6K, PB –1,
HM/SM/AM, RK 3 (4), 28(s), EX-Explosivgeschosse, Gas-
ventil 3, Smartgunsystem]
Morukai Shinomi (Anführer des Yakuza-Teams)
Der Stellvertreter von Chikao Inoue bei dieser Operation fun-
giert als Leutnant der Gruppe. Dieser bullige Kumi-in ist in
seinen Vierzigern und betrachtet seinen jüngeren, leicht psy-
chopathischen Kobun zugleich mit Ehrfurcht und Angst, ist
aber unverbrüchlich loyal und erwartet dasselbe von seinen
Leuten. Außerdem ist er ein Adept – was er ungern zugibt.
K G R S C I L W M ESS INI ID
5 6 6 (8) 4 3 4 3 5 6 6 10 (12) 1(3)
Zustandsmonitor: 11
Panzerung: 10/5
Fertigkeiten: Fertigkeitsgruppe Athletik 4, Fertigkeitsgrup-
pe Feuerwaffen 4, Gebräuche 2 (Unterwelt +2), Klingenwaf-
fen 4 (6)
Adeptenkräfte: Gesteigerte Reflexe (2), Kampfsinn (3),
Schmerzresistenz (3), Verbesserte Fertigkeit: Klingenwaffen
(2)
Gaben und Handicaps: Adept, Mut, Kampfkunst: Aikido
(+1 Würfel auf Volle Abwehr und Angriffe zum Nieder-
schlag)
Ausrüstung: Langer Mantel über formangepasster Halb-
körperpanzerung, Hermes Ikon Kommlink mit Iris Orb Be-
triebssystem, Brille (Bildverbindung, Restlicht, Smartlink),
AR-Handschuhe
Kampftechniken: Beidhändigkeit, Finaler Schlag, Rundum-
schlag, Wurf
Waffen:
 Enfield AS7 [Schrotflinte, Schadenscode 7K, PB –1, HM/
SM, RK 1, 24(t), angepasster Griff, Smartgunsystem]
 Katana [Schwert, Reichweite 1, Schadenscode 5K, PB –1]
FBI-Einsatzkommando (Professionalitätsstufe 5)
Alle Mitglieder des Kommandos sind hochqualifizierte, er-
fahrene Veteranen von Sicherheits- und paramilitärischen
Truppen. Sie gehen mit militärischer Ausrüstung und profes-
sioneller Taktik in den Einsatz, wenn das FBI es für nötig hält,
einer Bedrohung mit überwältigender Macht zu begegnen.
K G R S C I L W ESS INI ID
5 6 5 (7) 4 3 6 4 5 3,88 11 (13) 1 (3)
Zustandsmonitor: 11
Panzerung: 14/13 (mit Schild 20/17)
Fertigkeiten: Fertigkeitsgruppe Athletik 4 (6), Fertigkeitsgrup-
pe Feuerwaffen 5, Fertigkeitsgruppe Heimlichkeit 4, Spreng-
ID stoffe 3, Waffenloser Kampf 5, Wahrnehmung 4, Wurfwaffen 4
Bodytech: LS Watchman 2 Cybersuite [Cyberaugen (4;
Blitzkompensation, Infrarot, Smartlink)], Kompositknochen
(Aluminium), Reflexbooster (2)],Synthacardium (2)
Ausrüstung: Standard: SWAT-Panzerung und Helm [Elek-
trische Isolierung (5), integrierter Vitalmonitor, Injekti-
onssystem mit Stimulans (5)] Betäubungsschlagstock,
Betäubungsgranaten (2), IR-Rauch-Granaten (2), Kommlink,
Ballistischer Schutzschild (jedes zweite Mitglied)
Waffen:
 HK 227-S [Maschinenpistole, Schadenscode 5K, PB –4,
HM/SM, RK 4 (5), 28(s), verbesserte Sicherheit, klappbare
Schulterstütze, Gasventil 3, angepasster Griff, Smartgun-
system, APDS-Geschosse]
 Franchi SPAS–22 [Schrotflinte, Schadenscode 7K, PB –1,
HM/SM, RK 1 (2), 10(m), verbesserte Sicherheit, klappba-
re Schulterstütze, Smartgunsystem]
 Savalette Guardian [Schwere Pistole, Schadenscode 5K,
PB –1, HM/SM*, RK 2, 12(s), verbesserte Sicherheit, ange-
passter Griff, Smartgunsystem]
* Salvenfeuer benötigt eine Komplexe Handlung
Scharfschütze des FBI-Einsatzkommandos
Die Einsatzkommandos des FBI verfügen über einige der
besten Scharfschützen der Branche. Zu jedem SWAT-Team
gehört mindestens ein solcher Scharfschütze, dessen Waffen
und Implantate auf dem neuesten Stand sind.
K G R S C I L W ESS INI ID
4 6 5 (7) 4 5 6 4 5 3,88 11 (13) 1 (3)
Zustandsmonitor: 10
Panzerung: 20/17
Fertigkeiten: Fertigkeitsgruppe Athletik 4 (6), Fertig-
keitsgruppe Feuerwaffen 4 (Scharfschützengewehre 6),
Fertigkeitsgruppe Heimlichkeit 4, Waffenloser Kampf 5,
Wahrnehmung 5
Bodytech: LS Watchman 2 Cybersuite [Cyberaugen (4;
Blitzkompensation, Infrarot, Smartlink)], Kompositknochen
(Aluminium), Reflexbooster (2)], Synthacardium (2)
Ausrüstung: Siehe Standardausrüstung oben. Ballistischer
Schutzschild mit Schießscharte.
Waffen: Siehe Standardausrüstung oben.
 Ranger Arms SM–4 [Scharfschützengewehr, Schadenscode
8K, PB –7, HM, RK 1, 12 (s), verbesserte Sicherheit, Zwei-
bein, angepasster Griff, Smartgunsystem, APDS-Geschosse]
Kommandant des FBI-Einsatzkommandos
Der hochdekorierte Offizier ist ein erfahrener Frontkom-
mandant und exzellenter Taktiker. Er bleibt auch unter Feu-
er ruhig und gelassen und kämpft in der vordersten Linie.
K G R S C I L W ESS INI ID
4 6 [9]* 5 (7) 4 [7]* 5 6 4 5 2,58 11 (13) 1 (3)
Zustandsmonitor: 11
Panzerung: 14/13 (mit Schild 20/17)
Fertigkeiten: Fertigkeitsgruppe Athletik 4 (6), Fertigkeits-
gruppe Feuerwaffen 5, Fertigkeitsgruppe Heimlichkeit 6,
Knüppel 3, Sprengstoffe 3, Waffenloser Kampf 4, Wahrneh-
mung 5, Wurfwaffen 4
GEISTERKARTELLE
Bodytech: LS Watchman 2 Cybersuite [Cyberaugen (4; Blitz-
kompensation, Infrarot, Smartlink)], Kompositknochen
(Aluminium), Reflexbooster (2)], Cyberohren (2), Dämpfer,
Richtungsdetektor], Maßgefertigter offensichtlicher Cyberarm
[GES- und STR-Verbesserung (3), Schockhand, Sporn, Enter-
hakenkanone, integriertes Kommlink], Synthacardium (2)
Ausrüstung: Siehe Standardausrüstung oben. Petite-Brume-
Granate, Tacnet
Waffen: Siehe Standardausrüstung oben.
* Werte in [ ] gelten für Proben mit Cyberarm.
Kampfmagier des FBI-Einsatzkommandos
Wegen der Gefahren, die in den dunklen Gassen einer Er-
wachten Welt lauern, ist ein Kampfmagier integraler Bestand-
KOSTPROBE
teil jedes Einsatzkommandos. Er ist im Einsatz kombinierter
Stadtkampftaktiken geschult und gibt der Truppe während ei-
nes Einsatzes Schutz durch Antimagie und astrale Barrieren.
K G R S C I L W M ESS INI ID
4 6 5 (6) 4 5 5 4 6 4 4,85 10 (11) 1 (2)
Zustandsmonitor: 10
Panzerung: 14/13 (mit Schild 20/17)
Fertigkeiten: Fertigkeitsgruppe Athletik 3, Fertigkeitsgrup-
pe Beschwörung 3, Fertigkeitsgruppe Heimlichkeit 4, Fer-
tigkeitsgruppe Hexerei 4, Schnellfeuerwaffen 3, Waffenloser
Kampf 3, Wahrnehmung 4, Wurfwaffen 2
Gaben und Handicaps: Zauberer (Hermetiker)
Initiatengrad: 2
Metamagie: Abschirmung, Absorption
Bodytech: (alles Betaware) Cyberaugen (3; Blitzkompensa-
tion, Infrarot, Smartlink), Kompositknochen (Aluminium),
Synapsenbeschleuniger (1)
Ausrüstung: Siehe Standardausrüstung oben. Petite-Brume-
Granate, Kampfzauber-Fokus (Kraft 2), Manipulationszau-
ber-Fokus (Kraft 2)
Waffen: Siehe Standardausrüstung oben.
Zaubersprüche: Astrale Barriere, Betäubungsball, Betäu-
bungsblitz, Blitzstrahl, Energieblitz, Levitieren, Panzerung,
Physische Barriere
Gebundene Geister: 1 Erdgeist (Kraft 5, 3 Dienste), 1 Feu-
ergeist (Kraft 5, 2 Dienste), 2 Luftgeister (Kraft 5, 3 Dienste)
Sicherheits- und HTR-Personal
von DocWagon (Professionalitätsstufe 3)
Die HTR-Teams von DocWagon sind die Schutzengel in den
gewalttätigen Sprawls der Sechsten Welt. Sie können Pati-
enten auch aus schwerem Feuer holen und schrecken et-
waige Angreifer mit ihrem schweren Gerät ab. DocWagon
unterhält eine eigene Sicherheitstruppe, die in Taktik klei-
ner Einheiten und Notfallmedizin geschult ist. Mitglieder
der HTR-Teams werden turnusmäßig jede dritte Woche als
Sicherheitspersonal eingeteilt, um die Mietbullen vor Ort zu
unterstützen.
K G R S C I L W ESS INI ID
4 4 (6) 4 (5) 3 (5) 4 4 3 3 4,35 8 (9) 1 (2)
Zustandsmonitor: 10
Panzerung: 12/10 (mit Schild 18/14)
Fertigkeiten: Fertigkeitsgruppe Athletik 2 (4), Ausweichen
4, Bezirke von Seattle 3, DocWagon-Prozeduren 3, Erste Hil-
fe 3, Gebräuche 3 (Straße oder Konzerne +2), Konzerne von
Seattle 2, Pistolen 3, Schnellfeuerwaffen oder Gewehre 3,
Waffenloser Kampf 4, Wahrnehmung 3 (5)
Bodytech: Aufmerksamkeitsbooster (2), Muskelverstärkung
und -straffung (je 2), Synapsenbeschleuniger (1), Synthacar-
dium (2)
95
 Ausrüstung: DocWagon Vollkörperpanzerung [Feuerresis-
tenz (4), Vitalmonitor, Injektionssystem mit Stimulans (5)]
und Helm [Restlicht, Bildverbindung], Medkit (3), Ballisti-
scher Schutzschild (optional), Erika Elite Kommlink mit Iris
Orb Betriebssystem, Flash-Pak
Waffen:
 Enfield AS7 [Schrotflinte, Schadenscode 6K, PB +1), HM/
SM, RK 1, 24(t), angepasster Griff, Smartgunsystem, Gel-
Geschosse]
 Colt Manhunter [Schwere Pistole, Schadenscode 6G(e),
PB –Hälfte, HM, RK 1, 16(s), angepasster Griff, Smartgun-
system, Schockergeschosse]
Waffen:
Colt Manhunter [Schwere Pistole, Schadenscode 6G(e),
PB –Hälfte, HM, RK 1, 16(s), angepasster Griff, Smartgun-
system, Schockergeschosse]
Einsatz-Schamane von DocWagon
Die meisten Zauberer bei DocWagon sind holistische Heiler
und Medizinmänner, doch ein paar bevorzugen Adrenalin-
rausch und Risiko beim Einsatz an der Front, wo ihre Magie
so viel wie möglich so schnell wie möglich ausrichten kann.
Wie die anderen Mitglieder der HTR-Teams werden auch sie
turnusmäßig als Sicherheitspersonal eingesetzt.

DocWagon-Sicherheitschef K G R S C I L W M ESS INI ID

3 4 4 2 4 5 3 5 6 6 9 1
KOSTPROBE

DocWagon heuert das Sicherheitspersonal nach Leumund

und Kampferfahrung an. Unter den Angeworbenen finden
sich frühere Militärs, Polizisten oder Konzern-Sicherheitsleu-
te. Daher sind diejenigen, die es zum Sicherheitschef brin-
gen, Veteranen in diesem Geschäft mit Felderfahrung und
guten Fähigkeiten in Taktik und Sicherheitsprotokollen.
K G R S C I L W ESS INI ID
4 4 (6) 4 (6) 3 (5) 4 4 4 (6) 3 3,65 8 (10) 1 (3)
Zustandsmonitor: 10
Panzerung: 12/10 (mit Schild 18/14)
Fertigkeiten: Fertigkeitsgruppe Athletik 3 (4), Ausweichen
4, DocWagon-Prozeduren 3, Erste Hilfe 3, Führung 4, Ge-
bräuche 3 (Straße oder Konzerne +2), Konzerne von Seattle
2, Pistolen 3, Schnellfeuerwaffen 4, Sicherheitsprozeduren
3, Taktik kleiner Einheiten 4, Verhör 3, Waffenloser Kampf 4,
Wahrnehmung 4 (6)
Bodytech: Aufmerksamkeitsbooster (2), Muskelverstärkung
und -straffung (je 2), Reflexrecorder (Fertigkeitsgruppe Ath-
letik), Synapsenbeschleuniger (2), Synthacardium (2)
Ausrüstung: DocWagon Vollkörperpanzerung [Feuerresis-
tenz (4), Vitalmonitor, Injektionssystem mit Stimulans (5)]
und Helm [Restlicht, Bildverbindung], Medkit (3), Ballisti-
scher Schutzschild (optional), Erika Elite Kommlink mit Iris
Orb Betriebssystem
Waffen:
 Colt Manhunter [Schwere Pistole, Schadenscode 6G(e),
PB –Hälfte, HM, RK 1, 16(s), angepasster Griff, Smartgun-
system, Schockergeschosse]
Zustandsmonitor: 10
Panzerung: 8/6
Fertigkeiten: Binden 5, DocWagon-Prozeduren 3, Erste
Hilfe 3, Gebräuche 3 (Konzerne +2), Herbeirufen 5, Fertig-
keitsgruppe Hexerei 4, Holistische Heilpraktiken 4, Medizin
2, Pistolen 2, Wahrnehmung 2
Gaben und Handicaps: Zauberer (Schamane), Schutzpat-
ron (Bär), Feindliche Geister (Feuergeister)
Ausrüstung: DocWagon Panzerjacke [Vitalmonitor, Injek-
tionssystem mit Stimulans (5)], Antimagie-Fokus (Kraft 3),
Bindungs-Fokus(Kraft 2)
Zaubersprüche: Astrale Barriere, Betäubungsblitz, Chaoti-
sche Welt, Geistessonde, Heilen, Manablitz, Manastörung
Gebundene Geister: Tiergeist (Kraft 6, 2 Dienste) [auf Pa-
trouille gegen astrale Eindringlinge], Tiergeist (Stufe 5, 3
Dienste) [auf Standby], Luftgeist (Kraft 5, 3 Dienste)
Waffen:
 Colt Manhunter [Schwere Pistole, Schadenscode 6G(e),
PB –Hälfte, HM, RK 1, 16(s), angepasster Griff, Smartgun-
system, Schockergeschosse]

DocWagon-Sicherheitsspinne
Die Rigger und Spinnen von DocWagon werden von der
Firma selbst ausgebildet und ausgerüstet, wobei mehr auf
Vielseitigkeit als auf Spezialisierung geachtet wird. Wie die Mercury Comet der Yakuza (gepanzerte Limousine)
anderen Mitglieder der HTR-Teams tun auch die Rigger tur- Dies sind gering modifizierte Versionen des Standardmodells
nusmäßig Dienst als Sicherheitspersonal. mit zusätzlichem Panzerglas und versteckten Panzerplatten.

K G R S C I L W ESS INI ID Handling Beschl. Geschw. Pilot Rumpf Panz. Sensor

2 4 4 (6) 2 2 5 5 4 3,15 9 (11) 1 (3) 0 15/30 120 2 10 12 1
Zustandsmonitor: 9 Upgrades und Modifikationen: Diebstahlsicherung, GridLink, In-
Panzerung: 8/6 sassenpanzerung (4), Tarnpanzerung
Fertigkeiten: Architektur 3, Bodenfahrzeuge 4, Fertigkeits-
gruppe Cracken 4, Einbruchstechniken 3, Fertigkeitsgruppe
Elektronik 3, Flugzeuge 4, Geschütze 3, Konzernpolitik 2, FBI Hughes Kestrel C (gepanzerter Transporthubschrauber)
Sicherheitsprozeduren 3, Sicherheitssysteme 5, Wahrneh- In den späten Sechzigern stellte das FBI seine Flotte an
mung 4 Transporthubschraubern auf eine bewaffnete Variante des
Bodytech: Datenbuchse, Enzephalon (1), Riggerkontrolle, bewährten Hughes Kestrel um. Der Kestrel C ist ein Hub-
Simrig, SimSinn-Booster, Synapsenbeschleuniger (2) schrauber für Transport und taktischen Einsatz, der auch
Ausrüstung: DocWagon Panzerjacke [Vitalmonitor, Injekti- Deckungsaufgaben übernehmen kann.
onssystem mit Stimulans (5)], Transys Avalon Kommlink mit
Iris Orb Betriebssystem und Sim-Modul, angepasst an heißes Handling Beschl. Geschw. Pilot Rumpf Panz. Sensor
Sim, und Troden +2 20/40 150 2 14 18 3

96 GEISTERKARTELLE
Upgrades und Modifikationen: Fahrgastsicherheitssystem Surfstar Marine SeaDoc (Einsatzboot)
(4), Insassenpanzerung (5), Riggeradaption, 2 Lafetten (ex- Der Hersteller des berühmten SeaCop Marine-Speedboots
tern, ferngesteuert: Turm auf der Nase mit LMG und feste stellt für DocWagon auch eine Variante für den Rettungsein-
Raketenwerfer unter Flügeln) satz, den SeaDoc, her.
Waffen:
Handling Beschl. Geschw. Pilot Rumpf Panz. Sensor
 Ares MP-LMG [LMG, Schadenscode 6K, PB –1, SM/AM, 250
(Gurt), montiert] 1 12/24 60 1 14 14 2
 Fleche Hail Barrage Raketenwerfer [Raketenwerfer, 20 Ra- Upgrades und Modifikationen: ECCM 3, 2 Lafetten (ex-
keten, montiert] terner, ferngesteuerter Turm mit MMG auf Vorderdeck und
 Anti-Fahrzeug-Raketen (10) [Schadenscode 16K, PB –2/–6, externes Drehgestell mit LMG für manuelle Bedienung auf
Sprengwirkung –4/m] Bug), Riggeradaption, Valkyrie-Modul
 Seeker Anti-Fahrzeug-Raketen (5) [Schadenscode 16K, PB Waffen:
–2/–6, Sprengwirkung 4/m]  FN MAG–5 [MMG, Schadenscode 6K, PB –2, RK 2(8),
 Zapper Raketen (5)[Schadenscode 8G/12G(e), PB 150(Gurt)]
+0/–Hälfte, Sprengwirkung –/–4/m]  Ingram White Knight [LMG, Schadenscode 6K, PB –1, SM/

KOSTPROBE
AM, RK 5(69, 100(Gurt)]
Ausrüstung: 1 Evo Orderly Drohne [Schwimmfähigkeit, In-
DocWagon HTR (HTR-Rettungswagen) sassenpanzerung (5)]
Eine schwer bewaffnete und gepanzerte Version des Stan-
dardeinsatzfahrzeugs, die von HTR-Teams benutzt wird, um
Vertragsinhaber aus „Krisengebieten“ zu holen. Caines Harley-Davidson Scorpion (getuntes Motorrad)
Diese klassisch getunte Harley Scorpion ist Caines geheime
Handling Beschl. Geschw. Pilot Rumpf Panz. Sensor Leidenschaft. Er hat sie aufgemotzt und einige nützliche Ex-
+2 20/40 150 2 14 20 3 tras einbauen lassen. Sie steht in einer versperrten Garage,
Upgrades und Modifikationen: Große Drohnenhalterung, weniger als einen Block von Caines Unterschlupf in Tacoma
GridLink, Pistolenhalterungen (3), Riggeradaption, Valkyrie- entfernt.
Modul, Lafette (externer, ferngesteuerter, verstärkter Turm
auf Dach mit LMG und Wasserwerfer) Handling Beschl. Geschw. Pilot Rumpf Panz. Sensor
Waffen: Ingram White Knight [LMG, Schadenscode 6K, PB +2 18/36 144 2 8 12 1
–1, SM/AM, RK 5(6), 100(Gurt)] Upgrades und Modifikationen: Aufgemotzte Kiste, Gyro-
LS Flashflood Wasserwerfer [Wasserwerfer, Schadenscode stabilisator für Motorrad, Motortuning, Schmuggelbehälter
8G, PB –Hälfte, AM, RK –, 100(Tank)] (Standard), Tarnpanzerung
Ausrüstung: 2 Evo Orderly Drohnen [Insassenpanzerung (5)]

GEISTERKARTELLE
97
 ... DIE QUELLE ...

„Henry, du kommst gerade recht.“ Salazar hatte den Oberkörper frei. In der linken Hand hielt er
das Katana, das ihm Oyabun Sorumori von Metrópole geschenkt hatte. Das glänzende Licht auf
der Klinge kontrastierte enervierend mit seinen schwarzen Seidenhosen und italienischen Leder-
schuhen.
„Der Diplomat“ verlor kaum einen Blick an den gefesselten und geknebelten Mann, der beim
Baum vor seinem Neffen kniete.
„Ich möchte, dass du nach Seattle reist, und nach Hongkong. In alle Städte am Pazifik. Schließ die
Verträge mit diesen armseligen Cabrones.“ Mit einem plötzlichen Hieb vergrub Salazar seine Klinge
im Nacken seines Gefangenen. Blut spritzte auf. „Munoz, Córdoba und Gomez können den Rest über-
nehmen, aber ... der Pazifik. Dort muss jemand wie du hin, Henry, mit deiner Silberzunge und deinen
Eiern aus Stahl! Hah!
Du musst deine Magie wirken. Du musst ihnen sagen: ‚Wir wollen euch bei der Sache als Partner.
Wir brauchen euch. Die meisten Leute warten ihr Leben lang auf so eine Chance. Es ist, als würde
man Renraku für zwölf Nuyen pro Aktie kaufen. Wir wollen, dass ihr unser Produkt verkauft. Wir
wollen, dass ihr Geld verdient. Wir wollen, dass ihr glücklich seid, weil wir an euch verkaufen. Nicht
an die Cabrones von der Konkurrenz, nicht an jeden Hijo de Puta. An euch.‘“ Noch ein Schlag und
der Kopf rollte vom Rumpf. Salazar hob ihn mit der Rechten auf, das triefende Schwert in der Linken.
Blut besprenkelte die italienischen Dreitausend-Nuyen-Schuhe und die schwarzen Seidenhosen. „Nie-
mand, hörst du: Niemand legt sich mit Jaime Salazar an, verdammter Ladrón! Du bestiehlst mich nie
wieder, Hijo de Puta. Jetzt bist du Dünger für meinen Scheiß-Baum.“
Henry Uribe sah den Baum an. Seine massigen Triebe würgten langsam das Leben aus dem ural-
ten Sangre del Drago, die breite Fläche aufgequollener Rinde war von Rissen zerfurcht und von kno-
tigen, krebsartigen Auswüchsen übersät. Der Chemiker, Rhys, kam und schlug ein faustgroßes Stück
mit einem Querbeil aus der Rinde. Dünnflüssiger Saft rann herab; das Holz schloss die Wunde schnell
und ließ eine runzelige Narbe zurück. Rund um den Stamm des Baumes liefen viele solcher Narben.
Henry mochte den Baum nicht. Er war ein notwendiges Übel, und ein einträgliches dazu, aber das
hieß nicht, dass man ihn mögen musste. „Ich treffe die Vorbereitungen, Jaime. Sacristán wird noch
heute aufbrechen.“
Langsam streckten sich die verschlungenen Triebe des Baums nach der kopflosen Leiche. Blut rann
zu seinen Wurzeln hinab, um seinen Hunger zu stillen. Dürre Sprossen fraßen Fleisch und wanden
sich um Knochen. Binnen Minuten lag ein weiteres Skelett eingebettet im Fuß des Baums – sie bilde-
ten fast ein makabres Fries.
„Das ist erst der Anfang, Henry. Tempo wird uns das Geld geben, die Macht geben, alle unsere Träu-
me zu erfüllen.“ Salazar wischte die Klinge an seinen Hosen ab. „Eines Tages wird sich Kolumbien
wieder erheben, erbaut auf Drogen und unserem unerschütterlichen Willen. Man wird uns fürchten.“
Schweiß glänzte auf seiner breiten Brust. „Nimm Jorge mit. Die Gringos haben es nötig, dass jemand
eine Sprache spricht, die sie zu verstehen vorgeben können.“
Uribe nickte und bot seinem Neffen eine Cubano an.

98 GEISTERKARTELLE
 EIN NEUER KICK

GEISTERKARTELLE
99
 STARTHILFE
Der Kampagnen-Strang von Die Quelle soll die Charakte-
re auf eine Reise rund um den Pazifik führen. Sie werden
sehen, wie sich Tempo auf andere große Sprawls auswirkt,
und werden in die nebulösen Machenschaften rund um
die neue Droge hineingezogen. Dieser Kampagnen-Strang
erlaubt Spielleitern, die Charaktere von Seattle über Hong-
kong und Neo-Tokio bis zum Ende der Tour in Los Angeles
zu schicken.
Natürlich müssen nicht alle Kampagnen jeden Sprawl
besuchen. Ein Spielleiter, dessen Spiel in Hongkong ange-
siedelt ist, will vielleicht nicht, dass seine Charaktere rund
um die Welt reisen. Dann kann er auch einfach nur das Ma-
terial zu Hongkong nutzen oder andere Abenteuer-Gerüste
an diesen Metroplex anpassen. Zudem sollten sich Spiellei-
ter nicht auf die vier Sprawls (Seattle, Hongkong, Neo-Tokio
und Los Angeles), die in diesem Kapitel behandelt werden,
beschränkt fühlen. Der Plot schickt die Charaktere mit ihrer
Johnson nach Los Angeles, aber sie können durchaus mit
der Olaya-Delegation in andere Städte am Pazifik, wie Wladi-
wostok, Honolulu und schließlich Portland, kommen, bevor
sie Los Angeles erreichen.
DIE QUELLE
Spielleiter können die Ereignisse in diesem Strang auch
als Inspiration für eine der anderen Olaya-Delegationen nut-
zen, die zur gleichen Zeit durch Nordamerika, Europa und
Afrika reisen (siehe S. 60).
SEATTLE: DIE KOSTPROBE IST GRATIS BILLIG
Nach den Lieferungen der „Kostproben“ schickt das Olaya-
Kartell eine Delegation rund um den Pazifik, um Verhand-
lungen über eine regelmäßige Versorgung mit den örtlichen
Partnern zu führen. Als Erstes geht es nach Seattle zum
Komun’go-Ring.
Uribes Entourage trifft während des Ansteigens der Ver-
brechensraten und Gewalt ein. Tempo hat einen Konflikt
in der Unterwelt in Gang gesetzt, und Blut fließt auf den
Straßen der Emerald City. Die Delegation tritt offiziell als
Verhandlungsteam von KondOrchid auf. Sie soll diskret agie-
ren; man kann nie vorsichtig genug sein.
Die Organisatorin der Gruppe trifft als Erste ein und
erkennt schnell, dass man die Hilfe der Schatten brauchen
wird, um für mehr Sicherheit und Aufklärung zu sorgen –
oder für schmutzige Arbeiten. Charaktere, die bei der Arbeit
für die Delegation in Seattle erfolgreich sind und zu viel wis-
sen, werden eingeladen, die Entourage zu begleiten, wenn
sie sich wieder auf den Weg macht. Das kann besonders vor-
teilhaft sein, falls sie an Feuerwerk aus Tokio (S. 86) beteiligt
waren und Seattle eine Zeit lang verlassen sollten.
Die Johnson wird alle Reisespesen übernehmen und für
Dokumente sorgen, wenn das Team sich als fest angestellte
Eingreiftruppe und abstreitbare Aktivposten zur Verfügung
stellt. Sie können aber nicht viele Waffen, Fahrzeuge oder
Drohnen mitnehmen. Sacristán wird dafür sorgen, dass
KondOrchid Bescheinigungen für Handwaffen bis zur Grö-
ße von Maschinenpistolen beschafft; nur abgeschaltete Mi-
ni- und Mikrodrohnen sind im Gepäck erlaubt. Schwereres
Gerät wird je nach Notwendigkeit organisiert.
Mehr über Seattle findet sich in Brennpunkt: Seattle (S.
70) im vorigen Kapitel.
WAS GEHT IN SEATTLE VOR
Eine kleine Delegation des Olaya-Kartells reist unter Füh-
rung von Henry Uribe nach Seattle, um nach dem ersten
Erfolg mit Tempo weitere Lieferverträge mit dem Komun’go
auszuhandeln. Die Delegation soll gleichzeitig mit der ersten
100 GEISTERKARTELLE
MEHR PLOT-BRÜCKEN
Wie schon in Kostprobe gibt es in diesem Kapitel jede
Menge möglicher Verbindungen zu den anderen Teilen
dieses Buches. Auch wenn die Charaktere unabhängig
von Sacristán arbeiten, kann Kaz Yakamura – ihr Kontakt
beim Komun’go (dem Seoulpa-Ring) – sie ihr im Abschnitt
Kostprobe empfohlen haben. Damit entsteht zwischen den
beiden Kapiteln eine Verbindung. Der Spielleiter muss nur
im Hinterkopf behalten, dass sich die Ereignisse in diesem
Kapitel früher abspielen als Feuerwerk aus Tokio im vorher-
gehenden Kapitel.
Wenn Sie sich an die Reihenfolge des Plots halten wol-
len, sollten Sie die Runner am Ende ihres Asien-Ausflugs
nach Europa (Die Euro-Tour) schicken. Das letzte Abenteu-
er in Asien ist Bauernopfer im Kapitel Die Quelle. Über-
springen Sie das Abenteuer in Los Angeles (Problem im
Anmarsch) und setzen Sie dort wieder an, sobald die Cha-
raktere die Euro-Tour hinter sich gelassen haben, oder fa-
hren Sie mit dem ersten Abenteuer des Kapitels Todesstoß
(Flucht aus L.A.) fort.
Andere Verbindungen zwischen den folgenden Kapi-
teln, Die Euro-Tour und Todesstoß können Sie in Problem
im Anmarsch platzieren, indem Sacristán die Runner be-
zahlt, nachdem Graciela Riveros in den Baltimore Towers
angekommen ist, und sie ihnen gleich einen neuen Job an-
bietet. Sie sollen sie beim Geisterrat beschützen. Wenn sie
diesen Auftrag nicht annehmen, wird Sacristán ihnen für
ihr Schweigen eine kleine Prämie zahlen und dafür sorgen,
dass sie schnellstmöglich aus L.A. verschwinden. Sollten
die Charaktere aus Los Angeles kommen, wird sie ihnen ein
Angebot unterbreiten, das sie nicht ablehnen können.
großen Lieferung durch KondOrchid eintreffen – zweihun-
dert Kilo unverschnittenes Tempo im Wert von acht Millio-
nen Nuyen. Es ist der erste Aufenthalt einer weltweiten Tour,
die rund um den Pazifik Verträge mit den lokalen Handels-
partnern abschließen soll.
Sacristán, Henry Uribes Stellvertreterin, kommt diskret
bereits einige Wochen vorher im Sprawl an, um sich umzu-
sehen und das Treffen mit dem Komun’go vorzubereiten.
Sie schlägt ihr Lager im Gates Undersound Hotel auf und
organisiert Unterbringung und Sicherheit. Dann kontaktiert
sie Roberto Záfon, die Vorhut des Kartells in Seattle, der
ein erstes Treffen mit Kaz Yakamura, dem Bevollmächtig-
ten des Komun’go, arrangieren soll. Inzwischen streckt Sac-
ristán eigene Fühler aus, um die Lage vor Ort und den Erfolg
von Tempo einzuschätzen. Sie heuert ansässige Runner als
Sicherheitskräfte an, statt ihre eigenen Leute als Unterstüt-
zung kommen zu lassen, um möglichst wenig Aufsehen zu
erregen. Die Runner werden nicht genau wissen, für wen
sie arbeiten, aber Sacristán hat vor, den besten und vertrau-
enswürdigsten Teams zusätzliche (profitable) Aufträge zu
geben, um ihren Einsatzwillen zu steigern.
Rückschläge
Das erste Treffen mit Yakamura verläuft gut. Sacristán kommt
zu einem Einverständnis mit dem Troll vom Komun’go, und
die Vorbereitungen laufen nach Plan. Die Unterwelt von
Seattle ist vielleicht in Aufruhr, aber laut Sacristáns Quellen
boomt der Verkauf von Tempo und die „Kostproben“ gehen
zur Neige.
Dann aber will Yakamura plötzlich, kurz vor Uribes An-
kunft, ein persönliches Treffen. Der Troll verlangt zu erfah-
ren, ob das Olaya-Kartell vertragsbrüchig ist und noch ein
anderes Syndikat in Seattle versorgt. Äußerst beunruhigend
ist, dass er eine Probe hochreines Tempo vorweist, das je-
mand anders unter dem Namen „Flipside“ verkauft. Sacris-
tán versucht, ihn zu beruhigen, doch er bleibt skeptisch. Kaz
schwört, der Ring werde herausfinden, was dahintersteckt
und ob das Kartell beteiligt ist.
Sacristán steht hoch genug in der Hierarchie, um zu wis-
sen, dass die mysteriöse Quelle des Kartells damit zu tun
haben könnte – obwohl ihr schleierhaft ist, welchen Gewinn
diese sich versprechen könnte. Sie konsultiert ihren Boss
und gibt dann Záfon den Auftrag, über einen Schieber örtli-
che Runner zur Aufklärung der Sache anzuheuern (Flipside,
S. 102).
Diese Ermittlungen ergeben mehr Fragen als Antwor-
ten, doch beruhigt sie den Komun’go und bringt ihn, wie es
scheint, zurück an den Verhandlungstisch. In Wahrheit hat
Chulsoon Gray-Wolf aber schwere Zweifel.
Die Unterwelt von Seattle bemerkt sehr wohl den gewal-
tigen Reiz, der von Tempo ausgeht. Die Verkäufe von BTLs
sind wegen der neuen Droge deutlich zurückgegangen, was
besonders Yakuza und Mafia beunruhigt, die inzwischen
auch die Verbindung zum Seoulpa-Ring entdeckt haben.
Die Yakuza beginnt nun einen regelrechten Drogenkrieg
und Gray-Wolf verschleppt die Verhandlungen, weil er hofft,
sich Zeit zum Begrenzen der Verluste zu erkaufen. Sowohl
Yakamura als auch die Olaya-Delegation sind davon kons-
terniert.
Wegen der zunehmenden Gewalt der Gangs und der
Verzögerungen stellt Sacristán einige Runner „fest“ an. Sie
sollen, neben ein paar Runs, auch Schutz- und Begleitfunk-
tionen für die Delegation übernehmen, während diese in
Seattle ist. Uribe hat seine eigenen Sicherheitsleute, also
müssen die Runner Sacristán bei ihren Ermittlungen oder
beim Papierkrieg (wie zum Beispiel Reisen zum Konsulat
von Amazonien auf Council Island) begleiten. Oder sie müs-
sen für Rhys den Babysitter spielen, wenn dieser sich ins
Nachtleben stürzt.
Mehr Schwierigkeiten
Nachdem Kaz Yakamura schmerzhaft von Gray-Wolfs Plänen
erfahren hat (siehe S. 83), unterbreitet er Uribe und Sacris-
tán einen eigenen Plan, der Gray-Wolf zur Mitarbeit zwingen
soll. Wenn das Olaya-Kartell bereit ist, den Anschlag zu fi-
nanzieren (Kaz kann sich ein Unternehmen auf so hohem
Niveau nicht leisten), wird Yakamura Leute von außen zum
Mord an zwei hochrangigen Yaks anheuern. Er wird dafür
sorgen, dass der Shotozumi-gumi von der Beteiligung eines
Mitglieds des Komun’go erfährt (aber zunächst mit fingier-
ten Hinweisen den Mob als Schuldigen hinstellen und so die
Yakuza-Truppen auf zwei Fronten zu zersplittern). Die Ziele
sind der oberste Sokaiya (Buchhalter) des Shotozumi-gumi
und der Oyabun des Kenran-kai. Dadurch kann Gray-Wolf
mit den Yaks keinen Kompromiss erreichen und muss mit-
spielen.
Uribe gefällt die Kühnheit des Plans. Er will nicht, dass
die Tour um den Pazifik mit einer Schlappe beginnt. Also
stimmt er zu, den Anschlag zu finanzieren, und überlässt
Sacristán und Yakamura die Detailarbeit.
Nach dem erfolgreichen Anschlag bleibt Gray-Wolf nur
noch, den Deal schnell abzuschließen. Sonst würde der
Shotozumi-gumi seine Organisation vernichten. Er erklärt
sich schnell mit Uribes Vorschlägen einverstanden und ver-
spricht die Zahlung von acht Millionen Nuyen bei Ankunft
der ersten Lieferung.
Die Übergabe findet in der Niederlassung von KondOr-
chid in Everett statt, im Beisein der Olaya-Delegation, ihrer
Sicherheitsleute und aller fest angestellten Runner sowie
GEISTERKARTELLE
FEUERWERK AUS TOKIO
Der Plan von Kaz Yakamura wird im Abenteuer-Gerüst Feu-
erwerk aus Tokio (S. 86) im vorigen Kapitel dargestellt.
Als mögliche Plot-Brücke könnte Kaz sein angestammtes
Team den Auftrag übernehmen lassen und diesem dann
das Verlassen der Stadt mit Sacristán ermöglichen, damit
der Staub sich legen kann. Oder Charaktere, die gleich mit
Die Quelle beginnen und beim Olaya-Kartell fest angestellt
sind, könnten an Yakamura ausgeliehen werden – und wer-
den für das Unternehmen sicher einen ordentlichen Bonus
erhalten.
der Anführer des Komun’go. Runner, die es noch nicht be-
merkt haben, wissen jetzt, dass sie tief in den Tempo-Handel
verstrickt sind – sie haben den Auftrag, etliche Kilo regen-
bogenfarbener Kristalle zu bewachen. Nach der Übergabe
zieht sich Uribe kurz ins Gates Undersound Hotel zurück
und fliegt dann am selben Abend nach Hongkong weiter.
DIE QUELLE
Wenn Sacristán mit der Leistung eines Teams zu-
frieden ist oder es von Yakamura empfohlen wurde, wird sie
dieses zur Mitarbeit einladen. Sie sollen die Olaya-Delegati-
on mindestens für zwei Monate begleiten. Für Reisespesen
und (falsche) Dokumente wird gesorgt. Wenn die Runner
annehmen, haben sie nur wenige Stunden, um zu packen
und sich am Flughafen einzufinden, von wo aus ein Charter-
flug von KO nach Hongkong abheben soll.
FREUNDE, FEINDE
UND SCHWIERIGKEITEN
Die verschiedenen Gruppen, Individuen und deren Motive
in Seattle werden auf den Seiten 57 – 60 dargestellt. Der fol-
gende Abschnitt fügt dieser explosiven Mischung noch zwei
Gruppen hinzu. Denken Sie daran, dass jede Gruppe ihre ei-
genen Vorhaben verfolgt. Innerhalb einiger Gruppen wissen
vielleicht nicht alle Mitglieder, was genau vor sich geht.
Die Olaya-Delegation
Der Anführer der „Delegation“ des Olaya-Kartells auf der
Tour durch die Pazifikstaaten ist Henry „Der Diplomat“
Uribe (S. 61). Henry Uribe ist eine der Schlüsselfiguren
des Olaya-Kartells und dient der Gesamtheit der Geisterkar-
telle oft als Botschafter. Er schließt Verträge ab und sorgt
für den reibungslosen Ablauf der aktuellen Vorhaben. Sein
gegenwärtiger Auftrag ist es, Partnerschaften mit örtlichen
Verteilern zu schließen und die bestmöglichen Deals für das
Kartell auszuhandeln.
Seine Stellvertreterin ist María Fyolek García Sacristán
(S. 124), seine rechte Hand. Sie soll dafür sorgen, dass die
Delegation sicher ankommt, die Leute trifft, die sie treffen
soll, gut untergebracht ist, Zugang zu örtlichem Personal
hat, und dass auch sonst alles rund läuft. Im Laufe des Kam-
pagnen-Strangs stellt sich Sacristán als harte, aber faire John-
son heraus. Wenn die Charaktere ein wenig Sympathie für
sie empfinden, ist das umso besser. Ihre Loyalitäten werden
gegen Ende auf eine harte Probe gestellt.
Die Charaktere werden von Sacristán angeheuert und ar-
beiten während der Kampagne unter ihrer Aufsicht. Sie wer-
den, mit voller Absicht, wenig bis keinen Kontakt zu Uribe
101
 haben. Der Diplomat hat seine eigenen, loyalen Sicherheits-
leute und wird sich nicht mit den „Aushilfen“ abgeben.
Jorge Rhys (S. 125) ist ein brillanter Parachemiker, der
auf Erwachte Rauschmittel spezialisiert ist. Seine Aufgabe
ist es, ansässigen Alchemisten Anleitungen zu geben, wie
man rohes Tempo zum Verkauf auf der Straße vorbereitet.
Außerdem soll er die Wechselwirkung mit anderen Drogen
und die Wirkungen des Langzeitgebrauchs untersuchen, die
Reinheitsprüfungen während der Verhandlungen überwa-
chen und nötigenfalls neue Mischungen herstellen.
Nominell ist Jorge Rhys nach Sacristán das nächsthöhere
Mitglied des Kartells, aber sollte er jemals das Kommando
übernehmen müssen, wäre ohnehin schon alles verloren. Er
erwartet von den Runnern, seine Befehle zu befolgen, kann
aber wenig tun, um sie dazu zu zwingen. Schließlich werden
sie von Sacristán bezahlt.
Laésa
Dieses „ethnische“ Syndikat ist relativ neu auf der Seattler
Bühne. Es entstand aus den isolierten Elfengemeinden in
Tarislar (Puyallup). Sein Name bedeutet „Die Vergessenen“,
und das Syndikat hat gute Kontakte zum Sinsearach-Stamm
DIE QUELLE
im Salish-Shidhe. Es konzentriert sich vor allem auf den
Schmuggel besonderer Güter aus dem Tir und Talishandel,
betreibt nebenher aber auch Drogengeschäfte, vor allem mit
einer eigenen Variante von Laés, die Leäl genannt wird.
Die Verbindung der Laésa mit dem Plot ist zwar eher
zufällig, doch zumindest ein Dealer der Gruppe, ein Wie-
sel namens Smalls (S. 127), verkauft eine Eigenbauvarian-
te von Tempo. Er scheint aber nicht bei einem Partner des
Olaya-Kartells zu kaufen. Der Rest der Gruppe weiß nichts
von Smalls’ Nebengeschäften, wäre aber sicher daran inter-
essiert.
Seine Quelle könnte den Spielern einen Hinweis geben,
dass am Tempo-Handel etwas viel Komplexeres und Dunk-
leres beteiligt ist, als es den Anschein hat. Doch Genaueres
wird in diesem Plot-Strang nicht enthüllt.
ABENTEUER-GERÜSTE SEATTLE
Die Straßen von Seattle triefen vor Blut und die Tempo-
Verkaufszahlen schießen in den Himmel, als die Olaya-
Entourage ankommt, um den Deal mit dem Komun’go
abzuschließen. Yakuza und Mafia haben sich in den Kampf
gestürzt, und Lone Star findet keinen Ansatz zur Lösung des
Problems – immerhin ist Tempo ja nicht illegal.
Zum Unglück für die Olaya-Delegation läuft nicht alles
nach Plan. Es gibt Gerüchte über eine andere Quelle für
Tempo außerhalb des Einflusses des Komun’go. Diese un-
erklärliche Entwicklung führt zu Spannungen zwischen den
Partnern.
FLIPSIDE
Tempo ist die Droge, die jeder haben will und die nur beim
Komun’go zu bekommen ist. Oder doch nicht? Die junge
Partnerschaft des Rings mit dem Olaya-Kartell wird auf die
Probe gestellt, als Berichte über Dealer der Laésa auftau-
chen, die eine Droge namens „Flipside“ verkaufen. Sie ist
offenbar mit Tempo identisch. Ein wichtiger Bestandteil des
Handels zwischen dem Seoulpa-Ring und dem Geisterkar-
tell ist das Monopol des Komun’go für Seattle, das ihn Preis
und Reinheit der Droge bestimmen lässt.
Kaz Yakamura, der Leutnant des Komun’go, der für den
Tempo-Handel zuständig ist, entdeckt, dass ein elfischer Dea-
102 GEISTERKARTELLE
VON DEN EREIGNISSEN ÜBERROLLT
Spielleiter sollten beim Einpassen dieser Kampagnen-
Stränge an ihre eigenen Kampagnen behutsam vorgehen.
Es kann leicht passieren, dass man die Spieler gängelt. Für
den Spaß an der Geschichte ist es nicht wichtig, dass die
Spieler sämtliche Ereignisse miterleben. Wenn sie schlau
sind, finden sie vielleicht Lösungen, die schneller zum
Showdown führen. Das ist auch gut so. Spielleiter sollten
sich nicht gedrängt fühlen, alle Abenteuer-Gerüste in der
vorliegenden Reihenfolge zu spielen, oder sich eigene
Ideen zu verkneifen. Die Abenteuer-Gerüste in Die Quelle
beleuchten einfach wichtige Ereignisse während der, meist
mehrwöchigen, Aufenthalte der Delegation in den Metro-
plexen.
Der Plot geht zwar davon aus, dass die Charaktere sich
mit dem Kartell, vor allem mit Sacristán, einlassen, doch
der Spielleiter kann das drehen, wie er will. Gruppen, die
ihre Charaktere lieber nicht mit so mächtigen Drogenbaro-
nen in Kontakt sehen, können durch Mittelsmänner ange-
worben werden – vor allem durch Johnsons und Schieber,
mit denen sie schon vertraut sind.
Spieler, die niemals nur wegen der Nachwirkungen des
Anschlags auf Toju Shotozumi ihre Heimat verlassen wür-
den, könnten durch den Auftrag eines örtlichen Johnson
nach Hongkong gelockt werden. Außer Erpressung (etwa,
wenn das Olaya-Kartell meint, die Runner wüssten zu viel,
und Familienmitglieder oder Freunde bedroht) oder Ge-
walt gibt es nicht viele Möglichkeiten, die Charaktere gegen
ihren Willen von Sprawl zu Sprawl zu treiben. Und Spieler,
die sich zu etwas gezwungen fühlen, reagieren mit schlech-
ter Stimmung am Spieltisch.
Wenn Spieler nicht wollen, dass ein bestimmter Cha-
rakter in einen neuen Sprawl reist – oder wenn dieser das
verletzungsbedingt oder aus anderen Gründen nicht kann
–, könnte man im betreffenden Sprawl einen neuen Cha-
rakter zur Anwerbung durch Sacristán generieren. Solche
Charaktere könnten auch Connections oder Bekannte der
anderen Spielercharaktere sein. Wichtig ist nur, dass alle
Spaß daran haben.
ler der Laésa neben seinem Feenstaub auch Patches mit Flip-
side verkauft, und stellt Sacristán zur Rede. Die Beziehungen
zwischen Komun’go und dem Kartell erleiden einen Rück-
schlag. Labortests beweisen, dass es sich bei dem Produkt
wirklich um reines Tempo und keine Fälschung handelt.
Sacristán will, dass die Sache geklärt wird, bevor Uribe
in den nächsten Tagen eintrifft. Sie möchte herausfinden,
woher und wie der Elf seinen Stoff bekommt – und ihn von
der Bühne entfernen. Yakamura will sich ebenfalls um die
Sache kümmern.
Auftakt
Der übliche Schieber der Runner stellt ihnen den Job in sei-
nem „Büro“ vor. Sein Klient möchte völlig anonym bleiben.
Alle Verhandlungen laufen über den Schieber. Der Job ist
relativ einfach: aufspüren und einkassieren. Das Ziel ist ein
Dealer, ein elfischer Mistkerl namens Smalls (S. 127), der
in den Clubs von Tarislar und dem Elfendistrikt Flipside-Pat-
ches verkauft. Der Auftrag ist, herauszufinden, woher er sei-
nen Stoff bekommt, und den Verantwortlichen abzuliefern.
Der Schieber erklärt auch, dass der Komun’go-Ring etwas
damit zu tun hat, was die Sache ein wenig kompliziert. Der
Johnson will auf jeden Fall vor dem Ring erfahren, woher
Smalls sein Produkt bezieht.
 Geboten werden 6.000 Nuyen pro Runner, die Hälfte als
Vorkasse. Der Verhandlungsspielraum geht bis 8.000, aber
die Zeit drängt. Wenn die Runner das wollen, kann die Be-
zahlung auch in Tempo erfolgen. Der Schieber kann auch die
Connection mit einem Waffenhändler herstellen, der dem
Team nicht-tödliche Waffen und Fesselutensilien verkaufen
kann, aber dafür werden keine Spesen übernommen.
Der Schieber gibt dem Team einen verschlüsselten Mik-
ro-Transceiver (Stufe 6, Verschlüsselung 6), mit dem es In-
struktionen vom Johnson einholen kann. Der Transceiver
empfängt Daten von einem Transducer und gibt sie als Wor-
te mit einer Synthesizer-Stimme wieder, wodurch eine Iden-
tifikation des Gesprächspartners unmöglich wird. Wer die
Befehle gibt, ist für die Runner oder etwaige Zuhörer nicht
auszumachen. Sie können wie üblich nach mehr Details ver-
langen (die der Schieber nicht weiß) oder versuchen, den
Preis nach oben zu treiben (verwenden Sie Proben auf Ver-
handlung).
Szene 1
Smalls lässt sich durch gute, altmodische Beinarbeit finden.
Die besten Connections dafür sind Barmänner, elfische
Gangmitglieder und Tempo-Süchtige in Puyallup. Falls die
Runner Connections bei den Laésa oder dem Drogendezer-
nat von Lone Star haben, könnte es noch einfacher werden,
aber auch teurer. Runner ohne solche Connections kön-
nen sich selbst in Tarislar oder dem Elfendistrikt nach Ver-
dächtigen umsehen, Informationen mit Gewalt oder Geld
einholen oder sich selbst als potenzielle Kunden ausgeben.
Hacker können eine Akte über Smalls bei Lone Star finden.
Er hat eine kriminelle SIN (sein echter Name ist Francis Lin-
coln), es ist bekannt, dass er ein Dealer der Laésa ist, und es
gibt eine Liste möglicher Aufenthaltsorte in Tarislar und im
Elfendistrikt. Unter diesen fällt vor allem das Daisy Chain
(S. 104) auf.
Wenn die Gruppe zu langsam oder zu laut bei ihren
Nachforschungen vorgeht, könnte sie die Aufmerksamkeit
von Laésa, Komun’go-Ring oder Yakuza auf sich ziehen, die
alle ebenfalls auf der Jagd nach Smalls sind. Ein einsamer
Runner könnte von deren Schlägern überfallen werden, die
herausfinden wollen, was er weiß – oder ihn einfach vertrei-
ben wollen.
Szene 2
Meist kommt Smalls ungefähr um Mitternacht ins Daisy
Chain, trinkt etwas an der Bar und geht dann für etwa ei-
ne Stunde auf die Unisex-Toilette, um zu dealen. Die AR im
Lokal ist der gekünstelte Elfen-Gothic-Mist, der den Elfen
und Posern aus Mittel- und Oberschicht gefällt, die den Club
frequentieren. Die Bühnenshow wurde aber in letzter Zeit
zunehmend düsterer und gewalttätiger, was ein lebhafte-
res Publikum anzog. Diese Nacht treibt es eine rein elfische
Hardcoreband aus Pomorya (ADL) wirklich auf die Spitze:
Die Sängerin haut ihre implantierten Fänge in ein blutiges
Steak und spuckt das Blut ins Publikum.
Das bietet prächtige Ablenkung für ein Verhör von
Smalls in der Toilette. Eine Gruppe von Stand Over Men des
Komun’go (S. 93) will Smalls vivisezieren und seine Orga-
ne eines nach dem anderen verpackt in Kühlboxen mit Tro-
ckeneis legen, bis er seine Quelle nennt. Die Runner finden
die Toilettentür versperrt vor und hören erstickte Schreie
von drinnen. Es liegt an ihnen, ob sie eingreifen wollen oder
abwarten, um die Informationen später aus den Komun’go-
Schlägern herauszuholen.
GEISTERKARTELLE
AUF DER GEHALTSLISTE
„Fest angestellte“ Shadowrunner können sich auf einen
saftigen Gehaltsscheck am Ende der Reise (der mithilfe
von Proben auf Verhandlung und guter Arbeit noch fetter
werden kann) freuen. Außerdem bekommen sie Spesen
für Reise, Unterkunft, Essen und kleinere Ausrüstungsteile,
wie etwa passende Kleidung und Munition. Eine einfache
Methode, das abzuhandeln, wäre ein Online-Konto, das auf
die (echte oder falsche) SIN des Runners läuft. Die übliche
Höhe für ein Kostgeld wären etwa 200 ¥ pro Tag, was na-
türlich höher gehandelt werden könnte. Die Tagesspesen
bieten eine hervorragende Gelegenheit, Charaktere für
ihre Handlungen zu belohnen oder zu bestrafen. Wenn
jemand auf Wache betrunken ist oder einschläft, könnte
er sein Kostgeld plötzlich auf 15 ¥ reduziert sehen, was
gerade für dreimal täglich gebratene Nudeln beim Stuffer
Shack an der Ecke reicht. Um Missbrauch zu vermeiden,
könnten Spielleiter festlegen, dass nicht verbrauchtes Geld
von diesem Konto jeden Tag zur Zentrale rücküberwiesen
wird. Dadurch wären die Charaktere gezwungen, es zu ver-
brauchen oder zu verlieren.
Fest angestellte Shadowrunner können auch erleben,
DIE QUELLE
dass sie von ihren Auftraggebern aus brenzligen Situati-
onen geholt werden – etwa aus dem Gefängnis oder Kran-
kenhaus. Die Spesen für solche Rettungsaktionen, Beste-
chungen oder Krankenhausrechnungen werden aber nicht
übernommen. Und wenn sich ein Runner als zu kostspielig
für seine Leistung erweist, wird Uribe drohen, ihn verrotten
zu lassen. Außerdem wird von Festangestellten erwartet,
erreichbar zu sein. Der Mikro-Transceiver aus dem ersten
Abenteuer in Seattle in diesem Kampagnen-Strang bietet
sich dafür an. Hacker-Charaktere könnten auch selbst ein
sicheres Kommlink oder ähnliches Kommunikationsgerät
dafür präparieren.
Schließlich sollten Runner mit Festanstellung sich
darüber im Klaren sein, dass ihre Aufträge oft über einen
typischen „Shadowrun“ hinausgehen werden. Sie werden
für die Delegation Kurierdienste übernehmen, für Sacristán
Ermittlungen anstellen, Babysitter für Rhys spielen und
besondere Aufträge erfüllen müssen. Es liegt im Eigenin-
teresse der Runner, ihre Auftraggeber am Leben zu halten,
damit diese am Ende die großzügige Bezahlung (oder wo-
chenweise kleinere Bezahlungen) auch leisten können. Sie
sollten dafür sorgen, dass die Olaya-Delegation möglichst
heil und erfolgreich durch die Metroplexe tourt. Und man
kann sie auf dieses Eigeninteresse hinweisen, wenn ihre
Loyalität ins Wanken gerät.
Wenn das Team ihn rettet, erzählt Smalls ihm alles, was
er weiß, im Austausch für einen kurzen Weg zum nächsten
Straßendoc. Wenn die Runner zu spät kommen und Smalls
und/oder die Leute vom Komun’go tot sind, sollte eine
Durchsuchung seines Apartments in Tarislar genügend Hin-
weise ergeben.
Smalls kauft sein Flipside von José Vilamoura (S. 127),
einem Elfen, der im amazonischen Konsulat auf Council
Island arbeitet. Smalls zufolge behauptet José, er bekäme
seinen Stoff von einer Connection aus Amazonien, einem
Vertreter des Olaya-Kartells, der sich ein bisschen was ab-
zweigt und die Ware in halben Kilos per Diplomatenpost
nach Norden schickt. Nur José weiß, ob das wahr ist. Die
Runner können ihn in seiner Wohnung in Renton finden.
103
 Showdown
Wenn die Runner ihre Ergebnisse an ihren mysteriösen John-
son weitergeben, wird die Synthesizer-Stimme verlangen,
Vilamoura wenn irgend möglich lebend zu fangen. Dann
sollen sie um einen Übergabepunkt nachfragen.
Bei Ankunft der Runner parken vor dem Apartment-
haus von Vilamoura zwei verdächtige schwarze, gepanzer-
te Limousinen, und der Eingang wird von zwei Kumi-in der
Yakuza bewacht. Die Soldaten des Kenran-kai kümmern sich
erst um die Runner, wenn diese näher kommen, beschrän-
ken sich aber auf warnende Drohungen, statt einen offe-
nen Kampf auf der Straße anzufangen. Wenn sie Verdacht
DAS DAISY CHAIN (TARISLAR, PUYALLUP)
Das Daisy Chain ist ein Nachtclub, der ums Überleben kämpfte,
bis er seine Nische fand. Jetzt ist er ein Umschlagplatz für Drogen
und Geschäfte der Elfen. Die Besitzer des dunklen, schäbigen
Clubs haben viel in eine Elfen-Gothic-AR investiert, die den slum-
menden Elfengören und Möchtegerns, die ihn besuchen, zu ge-
fallen scheint. Langsam aber sicher erwirbt sich das Daisy Chain
DIE QUELLE
einen gewissen Ruf; in letzter Zeit hat es ein nervöseres und ge-
fährlicheres Publikum angezogen. Wie in vielen solchen Clubs ist
Tempo gerade sehr angesagt und die Atmosphäre der wöchent-
lichen Gigs wird wilder und zieht mehr Publikum an.
Mehrere Dealer und elfische Schattenbewohner operieren in
den Hinterzimmern des Clubs, und man kann hier gute Kontakte
zu Mitgliedern der Laésa knüpfen oder Neuigkeiten aus Tarislar
erfahren.
Smalls ist Stammgast und bezahlt die beiden Rausschmeißer
und den Barkeeper, damit sie ihm den Rücken freihalten. Nie-
mand mag dieses kleine Wiesel wirklich. Aber trotzdem wird man
ihn sicher über Verdächtige informieren, die sich nach ihm um-
hören. Und im Notfall verschafft man ihm genug Zeit, um durch
das Fenster der Toilette zu entwischen. Smalls hat um die Ecke
einen Horizon Revolution geparkt.
104 GEISTERKARTELLE
schöpfen, verständigen sie den Rest der Attentäter, die den
Runnern dann einen Hinterhalt legen, wenn diese mit dem
Aufzug oder zu Fuß oben ankommen.
Oben halten fünf Kumi-in (Chikao Inoues Yakuza-Sol-
daten, S. 94) Vilamoura in seinem Apartment fest und foltern
ihn. Sie glauben, dass er irgendwie mit dem Hauptgeschäft
von Tempo in Verbindung steht, und versuchen, obwohl er
offensichtlich bewusstlos ist, seine Quelle aus ihm herauszu-
prügeln. Die Ankunft der Runner bietet eine ideale Ablen-
kung und Vilamoura erhebt sich wie ein Besessener (S. 128)
– was durchaus wörtlich zu nehmen ist. Astrale Beobachter
können nämlich einen seltsamen, mächtigen Pflanzengeist
VILAMOURAS APARTMENTHAUS
(ISSAQUATH, RENTON)
Vilamoura, ein niederrangiges Stabsmitglied des amazonischen
Konsulats auf Council Island, hat zwei Apartments gemietet. Die
beiden liegen einander gegenüber am Ende eines Flurs im dritten
Stock eines Apartmenthauses aus dem späten zwanzigsten Jahr-
hundert in Renton. Eines sieht so aus, wie man das bei einem
öffentlich Bediensteten mittlerer Besoldungsklasse erwarten
würde; nur etwas grüner und farbenfroher. Vilamoura versucht,
ziemlich erfolglos, ein wenig von seiner Heimat Amazonien in
das graue Seattle zu bringen: Er hat etliche Zimmerpflanzen und
farbige Wandbehänge.
Das Apartment gegenüber besteht, wie das erste, aus einem
Schlafzimmer, einer Küche, einem Badezimmer und einem
Wohnzimmer. Es ist aber zu einem improvisierten Drogenlabor
umgebaut, das aussieht wie eine kleine Meth-Küche. Küche und
Badezimmer sind voller Laboreinrichtung und Zutaten. Hier
kocht Vilamoura seine Drogen auf Tempo-Basis und bereitet
Patches vor. Kleine Schachteln und Kurierpakete sind überall im
Wohnzimmer verstreut, und im Schlafzimmer herrscht die glei-
che Unordnung. Der Ort ist äußerst feuergefährlich.
sehen, der seine Ranken um die Aura des Mannes schlingt.
Der Elf schleudert seinen Peiniger mit Leichtigkeit gegen die
Wand und flieht über den Flur, bevor die Yaks wieder bei
sich sind. Er bricht durch die Tür in sein zweites Apartment,
wo er das rohe Tempo in der Küche raffiniert.
Der Chemiegestank dort ist überwältigend. Die meisten
Metamenschen werden ein Atemgerät brauchen, um sich
der Kochnische zu nähern, die voller Gerätschaften, Flecken
und Brandspuren ist. Der besessene Vilamoura wird versu-
chen, den hochentzündlichen Inhalt seines improvisierten
Labors anzuzünden. Wenn er das nicht schafft, versucht
er, zu Tode zu kommen – indem er die Angreifer reizt und
mit übermenschlicher Stärke gegen sie kämpft. Elementare
Manipulationszauber, Feuerwaffen oder alles, was feuerge-
fährlicher als ein Narcoject-Pfeil ist, können zu einem Brand
führen.
Falls die Runner mit den Soldaten der Yakuza fertig wer-
den und Vilamoura irgendwie in die Finger kriegen, bevor
der Geist ihn zum Selbstmord treibt, verlässt dieser den Kör-
per und lässt Vilamoura bewusstlos am Boden liegen. Sollte
ein Charakter versuchen, den Geist zu verbannen, gelingt das
nicht – es handelt sich um einen mächtigen Freien Geist.
Wenn Vilamoura es nicht schafft, sein Labor anzuzünden,

DIE QUELLE
kann man zwei Kilo rohes Tempo – für die ein Dealer oder
Schieber 60.000 Nuyen bezahlt – aus seiner Küche bergen.

Epilog
Wenn die Runner Vilamoura nicht haben, aber beweisen
können, dass er tot ist, bekommen sie die Hälfte der ausste-
henden Summe von ihrem Schieber. Wenn das Team aber
Vilamoura oder seine Leiche hat, ist Sacristán beeindruckt.
Die Runner sollen ihn, gefesselt und geknebelt (wenn er
lebt), zum Gethsemane-Friedhof bringen.
Dort treffen sie auf eine kleine Gruppe, bestehend aus
Chulsoon Gray-Wolf und Kaz Yakamura vom Komun’go-Ring
(die sie vielleicht schon kennen), einem distinguierten la-
teinamerikanischen Gentleman, einer zarten Latina und ein
paar Bodyguards. Die Gruppe steht bei einem frisch aus-
gehobenen Grab, dessen Grabstein Josés Namen trägt. Die
Latina kommt heran und spricht mit den Runnern. Einen
Sekundenbruchteil später wiederholt die Stimme aus dem
Mikro-Transceiver, was sie sagt. Sie stellt sich als Sacristán
vor und stellt ihnen einen Bonus in Aussicht, wenn die Zah-
lung später fällig ist.
Während Sacristán mit den Runnern spricht, führen der
Gentleman (Uribe), Gray-Wolf und Yakamura den Gefan-
genen weg, um ihn zu verhören (wenn er noch lebt). José
stammelt Unzusammenhängendes und kann sich nicht dar-
an erinnern, mit Tempo zu tun gehabt zu haben. Magische
und technische Mittel können belegen, dass er die Wahrheit
sagt. Er stand „unter Einfluss“, als er das Flipside vorbereite-
te und verkaufte; er kann sich nicht einmal daran erinnern,
die Wohnung gegenüber seiner eigenen gemietet zu haben.
Falls Vilamoura tot ist, ziehen sich die drei Männer zu
einer kurzen Unterhaltung zurück und scheinen sich zu
einigen. Wenn der Elf noch lebt, gibt Uribe den Runnern
den Befehl, ihm in den Kopf zu schießen, sicherzustellen,
dass er tot ist, und ihn zu begraben. Sollten sie sich weigern,
sieht Uribe drein, als wäre er über die Skrupel erstaunt,
und befördert Vilamoura mit einem Tritt ins Grab. Der Kopf
des Elfen schlägt gegen den Grabstein und schmiert eine
rote Spur darüber. Uribe zieht eine vergoldete Pistole und
schießt zweimal auf ihn. Dann verlassen alle außer Sacris-
tán den Schauplatz. Sie bezahlt das Team, wenn es das Loch
zugeschaufelt hat. Falls unter den Runnern Tempo-Süchtige
sind, steckt ihnen Sacristán diskret ein paar volle Einweg-
spritzen in die Taschen, bevor sie gehen.
Folgen
Zu diesem Zeitpunkt haben die Runner mehr Ahnung, wo
Tempo herkommt, als fast jeder andere in Seattle – und die
Olaya-Delegation ist sich dessen wohl bewusst. Wenn sich
das Team als nützlich erwiesen hat, wird das Kartell es be-
halten wollen. Waren die Runner zimperlich oder wirken
nicht vertrauenswürdig, befiehlt Sacristán ihre Hinrichtung.
Besonders geschickte (und wagemutige) Charaktere könn-
ten es schaffen, Vilamouras Tod vorzutäuschen oder dem
Komun’go und dem Olaya-Kartell Fehlinformationen über
die zweite Quelle zu geben. Damit könnten sie viel Geld
verdienen, indem sie am Komun’go-Ring vorbei operieren.
Zumindest eine Zeit lang.
ABLEGER UND NEBENJOBS IN SEATTLE
 Doktoranden der Pharmakologie an der Universität Seat-
tle haben begonnen, die Nebenwirkungen von Tempo zu
untersuchen. Auf Bitten von Jorge Rhys beauftragt Sacris-
tán die Runner, Kopien der Daten zu besorgen und sich
um die lästigen Studenten zu kümmern.
 Für das Olaya-Kartell ist es sehr wichtig, dass der Komun’go-
Ring die Lieferungen bezahlen kann. Schließlich sind viel
Geld, Zeit und Aufwand in den Handel in Seattle geflos-
sen. Wenn Gray-Wolf gezwungenermaßen die Bedingun-
gen des Kartells angenommen hat, soll die erste Ladung
am nächsten Tag geliefert und bezahlt werden. Die Kosten
leeren die Kassen des Komun’go fast zur Gänze – nun darf
nichts schiefgehen.
 Unangenehmerweise werden die Leute des Rings dabei
beobachtet, wie sie in Downtown bei der Bryn Mawr Cre-
dit Union einen beglaubigten Credstick zur Bezahlung der
Lieferung abholen. Ein Mitglied der Halloweeners glaubt,
dass etwas Wichtiges vorgeht, trommelt einen Schläger-
trupp zusammen und will die Kuriere beim Verlassen der
Bank überfallen. Zum Glück überlässt Sacristán nichts
dem Zufall. Die Runner stehen bereit, um jedes Hindernis
für die Zahlungen zu beseitigen.

GEISTERKARTELLE
105
 HONGKONG:
BRENNENDE STRASSEN
Die Olaya-Delegation prüft in Hongkong die Konkurrenzfä-
higkeit ihres Produkts. Im Sprawl gibt es bereits Tausende
von Süchtigen – und eine andere Erwachte Droge: Blutor-
chidee. Die plötzliche Einführung von Tempo wird eine erst
kürzlich begrabene Fehde zwischen zwei der großen Tria-
den in Hongkong wieder beleben, einen Preiskrieg auslösen
und eine Welle der Gewalt anstoßen, die sich schließlich im
Kowloon-Massaker Bahn bricht. Die Unterwelt von Hong-
kong wird noch jahrelang die Auswirkungen spüren.
WAS GEHT IN HONGKONG VOR
Die Black Chrysanthemums und der Komun’go-Ring spielen
ähnliche Rollen in Hongkong und Seattle. Beide haben Ver-
bindungen zu einer internationalen Organschmuggler-Orga-
nisation namens Tamanous. Henry Uribe hat den Kontakt
zu den Black Chrysanthemums über die Connections des
Komun’go zu Tamanous hergestellt. Sacristán ist, wie in Se-
attle, vorausgereist, um den Abschluss und Uribes Ankunft
DIE QUELLE
vorzubereiten.
Im Gegensatz zu Seattle gibt es in Hongkong bereits ei-
nen stark vertretenen Händler für BADs: Die Smoke Circle
Society ist eine Triade, die mit dem Erwachten Opiat Blutor-
chidee handelt. Zwischen den Black Chrysanthemums und
der Smoke Circle Society herrscht seit jeher böses Blut. Da-
her sind die Black Chrysanthemums sehr aufgeschlossen ge-
genüber dem Angebot des Olaya-Kartells. Uribe interessiert
sich sehr für die Lage in Hongkong. In Seattle hat man gese-
hen, dass sich Tempo gut verkaufen lässt, doch in Hongkong
gibt es echte Konkurrenz. Hongkong wird der erste echte
Markttest für die Droge.
Uribe trifft sich mit dem Sin Fung der Black Chrysanthe-
mums, einem Mann namens Hak (S. 125). Nach Erledigung
der Formalitäten unterrichtet Hak ihn über die Lage: Die
BAD Blutorchidee ist der Hauptkonkurrent für Tempo in
Hongkong.
Preiskrieg
Anders als die jungen Seoulpa-Ringe haben die undurch-
schaubaren Mächte hinter der Triade der Black Chrysan-
themums eine ausgeklügelte Marktstrategie für Tempo. Die
Triade nimmt vierzig Millionen Nuyen in die Hand, um die
Straßen mit Tempo regelrecht zu überfluten. Damit will sie
die rivalisierende Smoke Circle Society unterbieten und ih-
re Kunden weglocken. Zur Sicherheit wollen sie auch die
nächste Ladung Blutorchidee aus dem Goldenen Dreieck ab-
fangen, dadurch die Versorgung verknappen und den Preis
in die Höhe treiben. In die so geschaffene Marktlage wollen
die Black Chrysanthemums dann mit Tempo vorstoßen.
Sie wissen, dass dies zu einem Krieg auf der Straße füh-
ren wird. Man trifft Vorbereitungen, um die wichtigsten
Fertigungs- und Verteilungszentren zu schützen, und kund-
schaftet Ziele für Gegenschläge aus. Der Plan ist, die Smoke
Circle Society auf dem falschen Fuß zu erwischen.
Als Geste des guten Willens bietet Uribe die Dienste
der fest angestellten Eingreiftruppe der Delegation an. Als
Gwailos (Ausländer) sind sie für die Triade leichter zu ver-
leugnen, und obendrein wird die Paranoia der Smoke Circle
Society wegen der vermeintlichen Beteiligung einer drit-
ten Partei gefördert. Hak nimmt das Angebot an und stellt
Sacristán alle Informationen zur Verfügung, die er über die
anstehende Lieferung hat. Diese instruiert ihre Runner und
heuert einen Piratenkapitän über örtliche Schieber an. Die
106 GEISTERKARTELLE
START IN HONGKONG
Der Kampagnen-Strang von Die Quelle geht davon aus,
dass die Charaktere mit der Olaya-Delegation aus Seattle
ankommen und daher wenigstens ein oder zwei wichtige
Mitglieder kennen. Spielleiter, deren Kampagne in Hong-
kong angesiedelt ist, könnten auch mit diesem Abenteuer-
Gerüst beginnen. Dann müssen die Charaktere irgendwie
der Delegation vorgestellt werden. Das Abenteuer-Gerüst
von Flipside kann leicht nach Hongkong versetzt werden,
auch wenn es weniger spannend ist, wenn eine zweite
Quelle für Tempo in einer Stadt auftaucht, wo es schon
eine BAD gibt.
Stattdessen könnten die Runner auch zu einem Auftrag
nach Seattle geschickt werden und dort die Delegation tref-
fen. Das würde die Motivation der Gruppe erhöhen, mit
zurück nach Hongkong zu reisen. Aber es könnte schwierig
werden, sie dort noch einmal zum Aufbruch zu bewegen.
Schiffsladung wird abgefangen, aber nicht ganz so wie ge-
plant (Vergeltungs-Erstschlag, S. 109).
Nach dem ersten Erfolg nimmt Uribe die Einladung der
Black Chrysanthemums an, deren Unternehmen im benach-
barten Macao zu besuchen. Nun muss Sacristán für ein paar
Tage in Hongkong das Kommando übernehmen. Jorge Rhys,
der Parachemiker der Delegation, möchte die aufkommen-
de Szene der „Drogenkünstler“ und die Effekte einer Mi-
schung von Blutorchidee und Tempo studieren und bleibt
ebenfalls in Hongkong. Die fest angestellten Runner müssen
für beider Sicherheit sorgen. Rhys zu beschützen, während
er seine Nase in alles steckt, was ihn nichts angeht, ist ein
Ganztagsjob.
In Uribes Abwesenheit unternimmt die Smoke Circ-
le Society einen unerwarteten Gegenangriff: sie senkt die
Preise für Blutorchidee, um die Black Chrysanthemums zu
unterbieten. Daraus entsteht ein Preiskampf und jede Tria-
de versucht, der anderen das Wasser abzugraben – oft auf
Kosten der Produktreinheit. Als Uribe eine Woche später
zurückkehrt, hat der Preiskampf bereits eine neue Facette:
Chem-Broker sind auf der Bühne erschienen und beobach-
ten Preise, Mengen und Qualität der verschiedenen Dro-
gen – vor allem bei Tempo und Blutorchidee, aber auch bei
anderen mundanen und Erwachten Drogen. Diese Broker
halten engen Kontakt zu den Gangs, die den Handel der Tri-
aden abwickeln, und erwerben im Metroplex schnell einiges
an Einfluss und Connections. Auch die internationalen und
lokalen Medien beginnen, sich ernsthaft für den Tempo-
Handel zu interessieren, was unerwünschte Aufmerksamkeit
auf die explosive Lage in Hongkong lenkt.
Kugeln und Drogen
Während die Lage auf den Straßen immer schlimmer wird,
richtet sich das wachsame Auge der Medien plötzlich auf ei-
nen sensationellen Todesfall durch Überdosis: Diego Man-
gabat, Mitglied des Exekutivrats. Ähnliche Situationen in
anderen Sprawls zerren Tempo ins Rampenlicht und setzen
die Gesetzgeber unter Druck.
Vielleicht noch beunruhigender, und für die Olaya-De-
legation besonders interessant, ist, dass Süchtige und nie-
derrangige Gangs höchst unreines Tempo mit Blutorchidee
– und manchmal mit mundanen Drogen – mischen. An der
Universität von Hongkong treibt dies besondere Blüten und
es tauchen viele „Drogenkünstler“ auf, die sich durch das
Herstellen wahrhaft hirnverdrehender „Mixturen“ Ruhm er-
werben wollen. In der aufgewühlten Unterwelt wetteifern
die Chem-Broker um diese Drogenkünstler und wollen de-
ren Mixturen monopolisieren.
Die beiden großen Verkäufer, die Black Chrysanthemums
und die Smoke Circle Society, haben jeweils befestigte Ge-
bäude, wo ihre Drogen verschnitten und gehandelt werden.
Sie schicken keine Dealer auf die Straße, und die Süchtigen
müssen zu ihnen kommen, um einzukaufen. Daher müssen
Konkurrenten die schwer bewaffneten und gepanzerten Lie-
ferantenteams angreifen, die frische Ware bringen. Die bei-
den Triaden halten sich, trotz der Vorbereitungen, etwa die
Waage. Die Smoke Circle Society hat kürzere Transportwege,
kann aber mit den Mengen, die das Olaya-Kartell produziert,
nicht mithalten.
Die Feindseligkeiten zwischen den Black Chrysanthe-
mums und der Smoke Circle Society eskalieren. Beide Sei-
ten schicken zugedröhnte Junkies mit einfachen Waffen als
zusätzliche Wachen zu ihren Lagern. Dies kulminiert in ei-
nem großen Angriff auf das Verteilungszentrum der Black
Chrysanthemums in der Kowloon Walled City. Die Smoke
Circle Society wirft Wellen von bewaffneten Süchtigen gegen
die Befestigungen der Black Chrysanthemums, die ihrerseits
ihre Junkies, verstärkt durch gehortete Kampfdrogen, in den
Kampf schicken. Die Polizei von Hongkong reagiert schnell
darauf und riegelt die Walled City ab. Die Junkies sollen bis
zum Tod um ihren Schuss kämpfen (Das Kowloon-Massa-
ker, S. 110).
Unglückliches Timing hat dazu geführt, dass Sacristán,
Rhys und die Runner, die sie beschützen sollen, in der be-
lagerten Festung festsitzen. Die Black Chrysanthemums
überleben die blutige Attacke, und der Vorfall geht als Kow-
loon-Massaker in die Geschichte ein. Nach einer glücklichen
Flucht zieht die Olaya-Delegation wegen der gesteigerten
Aufmerksamkeit von Medien und Behörden weiter nach
Neo-Tokio.
BRENNPUNKT: FREIE WIRTSCHAFTSZONE HONGKONG
Die Freie Wirtschaftszone Hongkong (Hong Kong Free
Enterprise Zone, HKFEZ) ist einer der vielen Teilstaaten, die
bei der Auflösung Chinas entstanden. Es ist ein konzernbe-
herrschter Inselhafen an der Mündung des Perlflusses ins
südchinesische Meer und liegt dem hektischen Macao ge-
genüber.
Die Freie Wirtschaftszone, in der sowohl der Einfluss der
Konzerne als auch jener der Triaden allgegenwärtig sind,
wird vom Gouverneursrat verwaltet. Dort sind die lokalen
Konzerne und Tochtergesellschaften von Megakons ver-
treten, die einen achtköpfigen Exekutivrat wählen, der die
Regierungsgeschäfte führt und die Verträge für öffentliche
Dienste vergibt. Die Mitglieder dieses Rates bestehen nicht
NEBENJOBS UND SPEZIALAUFTRÄGE
Die Auftraggeber der Runner erwarten, dass sie keine an-
derweitigen Jobs annehmen, da sie ja gutes Geld mit der
Arbeit für das Kartell verdienen. Das bedeutet aber nicht,
dass Sacristán sie nicht an andere Syndikate ausleihen
oder ihnen einen Spezialauftrag geben kann. Diese Ne-
benjobs bieten für Spielleiter eine großartige Gelegenheit,
die Runner mit der Unterwelt verschiedener Sprawls und
den Auswirkungen des Tempo-Booms auf den Straßen zu
konfrontieren oder weitere Abenteuer und Wendungen der
Geschichte einzubringen.
GEISTERKARTELLE
aus Handlangern und Jasagern einzelner Konzerne, sondern
werden meist von einem Konsortium von Kons, die ähnliche
Interessen haben, gestützt.
Die Konzerne unterstützen diese Regierung gern, da sie
dadurch Zugang zu einem wichtigen Hafen und einer Frei-
handelszone in einem Gebiet erhalten, das sonst von der
repressiven Kantonesischen Konföderation dominiert wird.
Dieses Engagement der Konzerne hat eine Rebellion ange-
stachelt, vor allem in Form der sogenannten „9x9“, einem
örtlichen Terrornetzwerk mit Faible für chinesischen Aber-
glauben und Zahlenmystik. Die Gesellschaft von Hongkong
wird von Guanxi zusammengehalten, das den Ruf auf der
Straße, Respekt und das Netzwerk der Kontakte, die die Bür-
ger verbinden, umfasst.
Turbo-Qi
Das Klima von Hongkong ist subtropisch, und die Stadt ist
fortwährend von Tsunamis und Erbeben bedroht. Die Ein-
wohner aus allen Gesellschaftsschichten vertrauen auf die
Macht des Feng Shui, der chinesischen Kunst, das übernatür-
liche Qi zu manipulieren, das von den Bergen bis zum Meer
durch den Sprawl läuft. Die magische Landschaft von Hong-
DIE QUELLE
kong ist für seine Bewohner manchmal deutlich spürbar –
vor allem um den hoch aufragenden Wuxing Tower, Heimat
des Wu-Clans und Hauptquartier von Wuxing. Der Turm war
oft Schauplatz geomantischer Schlachten zwischen den ört-
lichen Konzernen und hat einige Male eine astrale Passage
von beträchtlichem Durchmesser ausgebildet. Die dunklere
Seite von Hongkong ist eine Brutstätte des Elends, die als
Kowloon Walled City bekannt ist. Sie ist ein Ghetto von ver-
armten Immigranten und menschlichem Abschaum, deren
Unglück, Gewalttätigkeit und Verzweiflung übernatürliche
Räuber und Plünderer angezogen haben, die als „Yama-Kö-
nige“ bekannt sind.
Rauch und Spiegel
Die Konzerne beherrschen vielleicht Regierung, Gerichte
und den Hafen, aber die Straßen gehören den Triaden von
Hongkong. Ein paar von ihnen gehören zu den größten und
mächtigsten Organisationen der Welt und haben Ableger
von Seattle über Wladiwostok bis London.
Einige der Triaden hüllen sich in einen Mantel aus tra-
ditionellen Ritualen, bindenden Schwüren und mystischen
Zeremonien, um die Loyalität ihrer Mitglieder zu sichern.
Tatsächlich ist die örtliche Unterwelt von einem neuen Phä-
nomen erfasst: den „Blutschwüren“, die Informanten der
Polizei und andere Verräter im wahrsten Wortsinn ausbluten
lassen. Die vielen kleineren Gangs von Hongkong sind in
dauernde Kämpfe untereinander verstrickt und schließen
sich entweder einer Triaden-Organisation an oder versu-
chen, eine eigene zu gründen.
Die einflussreichsten Tiraden sind die Red Dragon As-
sociation, die angeblich vom Großen Drachen Lung unter-
stützt wird, die Ten Thousand Lions, die führend in der
BTL-Industrie sind, die mysteriösen Black Chrysanthe-
mums – Organschmuggler und Schlimmeres, die demokrati-
schen 289s oder „Easy Money Gang“ und die Smoke Circle
Society, die Quelle der Erwachten Droge Blutorchidee.
107
 FREUNDE, FEINDE
UND SCHWIERIGKEITEN
Der folgende Abschnitt stellt einige der größeren und klei-
neren Gruppen des Kampagnen-Strangs Die Quelle vor.
Weiteres zu Hongkong, seiner Geografie, seinen Interes-
sensgruppen und den Triaden findet sich im Quellenband
Schattenstädte.
Black Chrysanthemums
Die Black Chrysanthemums kamen erst vor Kurzem aus Ma-
cao nach Hongkong und verdienen ihr Geld vor allem mit
Menschenhandel und Organschmuggel. Die schlimmsten
Slums von Hongkong sind ihr Revier, um das sie kaum mit
anderen Triaden kämpfen müssen. Selbst bei den Triaden
haben die Black Chrysanthemums den Ruf absoluter Un-
barmherzigkeit. Die mystischen Blutschwüre, die man beim
Beitritt ablegen muss, sorgen dafür, dass Verräter schnell
und schmerzhaft an massiven inneren Blutungen sterben.
Die Black Chrysanthemums und die Smoke Circle Soci-
ety waren Rivalen im Handel mit BADs, vor allem mit dem
DIE QUELLE
Erwachten Opiat Blutorchidee. Die Fehde wurde auf Betrei-
ben der anderen großen Triaden aber vorerst beigelegt. Die
Black Chrysanthemums erhielten den Handel in Macao, die
Smoke Circle Society den in Hongkong zugeschlagen – ins-
gesamt ein ungünstiger Ausgang für die Black Chrysanthe-
mums.
Ihre Anführer bleiben im Dunkel verborgen. Niemand
weiß, wer sie sind, außer ihrem Sin Fung (Wächter) Hak, der
die Übernahme und Eingliederung von kleineren Gangs in
die Triade organisiert. Hak – der Name bedeutet „grausam“
oder „schnitzen“ auf Kantonesisch – ist ein etwa dreißigjäh-
riger Veteran der Bordell-Gangs von Macao. Er verdankt sein
stark vernarbtes Gesicht einem toxischen Keiler, den er nur
mit einem Messer tötete. Er trägt gerne Kleidung, die auf tra-
ditionalistische, förmliche Weise seinen Status dokumentiert
– auch deshalb, weil sie ihm viel Platz für die versteckten
Waffen bietet, die er immer bei sich hat. Hak soll der Einzi-
ge sein, der unbesorgt durch die Walled City gehen kann.
Nur wenige Bewohner sind selbstmörderisch genug, ihn zu
belästigen, und er statuiert mit Freuden ein Exempel an de-
nen, die es doch tun.
Smoke Circle Society
Diese alteingesessene Triade unterhält von allen die bes-
ten Beziehungen zu den Organisationen des südostasiati-
schen „Goldenen Dreiecks“, darunter dem Drogenbaron
Kalokdam, der sie mit Blutorchidee beliefert. Die anderen
Geschäftsfelder der Smoke Circle Society sind Talishandel,
illegaler Handel mit Körperteilen von Tieren (für traditio-
nelle chinesische Medizin und anderes) und Prostitution.
Zwischen dieser und dem Drogenhandel gibt es eine Verbin-
dung: Die Huren sind oft Landflüchtlinge oder Entführte,
die mit den Drogen der Triade gefügig gemacht werden.
Der Shan Chu (Drachenkopf) der Smoke Circle Society
ist der achtzigjährige in Hongkong geborene Shing Li Tai.
Sein Weihrauchmeister ist die undurchsichtige Xi Shi, eine
taoistische Alchimistin und eine der schönsten Frauen von
Hongkong. Der Stellvertreter des Anführers, der Zwerg Xiao
Shu, ein Wu Fa, der seit Jahren mit Kalokdam zu tun hat, und
Gengchén, der Sin Fung der Smoke Circle Society, führen
den Krieg gegen die Black Chrysanthemums. Gengchén, der
auch „Metalldrache“ genannt wird, ist berühmt für seine Be-
herrschung der Ars Cybernetica, seine Drachen-Nanotattoos
und die vielen exotischen Waffen in seinen Cyberarmen.
108 GEISTERKARTELLE
AUF EINEN BLICK: HONGKONG
Bevölkerung: 9.450.000+
Menschen: 68 %
Elfen: 9 %
Zwerge: 2 %
Orks: 18 %
Trolle: 2 %
Andere: 1 %
Bevölkerungsdichte: 7.000+ pro Quadratkilometer
Durchschnittseinkommen: 16.000 ¥
Unter der Armutsgrenze: 38 %
Personen mit Konzernzugehörigkeit: 47 %
Krankenhäuser: 34
DocWagon-Kliniken: 9
Verbrechensrate: 33 pro 1.000 im Jahr
Andere Triaden in Hongkong
Der Großteil der Action wird sich zwischen der Smoke Circ-
le Society und den Black Chrysanthemums abspielen, doch
auch andere Triaden haben mit dem Drogenhandel zu tun.
Alle von ihnen spüren die Auswirkungen der größeren Ge-
walttätigkeit auf den Straßen. Die Frage ist, ob eine von
ihnen die Gelegenheit ergreift, wenn die Konkurrenz abge-
lenkt ist, und sich neue Marktanteile sichert.
Es heißt, die Red Dragon Association stehe unter dem
Patronat des Großen Drachen Lung. Unabhängig von der
Wahrheit dieser Behauptung sind die Red Dragons die größ-
te und einflussreichste der fünf großen Triaden des Metro-
plexes. Sie haben den Waffenschmuggel nach Hongkong
vollständig unter Kontrolle und verdienen ein kleines Ver-
mögen an dem Kampf zwischen den Black Chrysanthemums
und der Smoke Circle Society. Einige ihrer Mitglieder könn-
ten sogar absichtlich gewaltsame Auseinandersetzungen
zwischen den beiden Gruppen provozieren.
Die Ten Thousand Lions sind eine relativ junge Triade
voller Groll gegen die Red Dragon Association und mit Kon-
takten zu Wuxing und der Triade Yellow Lotus in Seattle.
Sie ist von allen Triaden in Hongkong Metamenschen ge-
genüber am aufgeschlossensten und am stärksten im Han-
del von billigen BTLs, so genannten Kong-Chips, engagiert,
die sie auch nach Seattle und in den Rest des Pazifikraums
schmuggelt. Die Ten Thousand Lions sind finanziell am
stärksten von den billigen Erwachten Drogen betroffen, die
auf den Markt fluten. Sie könnten darauf reagieren, indem
sie den ohnehin niedrigen Preis ihrer Hirnverdreher weiter
senken.
Die kleinste Triade in Hongkong sind die 289s oder Easy
Money Gang. Die 289s sind ein moderneres und innovati-
veres Syndikat als ihre traditionsgebundenen Vorväter und
haben einen eher demokratischen inneren Kreis mit Reprä-
sentanten von jeder größeren Mitgliedsgang. Die Easy Mo-
ney Gang betreibt Talishandel, aber bei Weitem nicht in dem
Umfang wie die Smoke Circle Society. Der Konflikt mit den
Black Chrysanthemums könnte die Gelegenheit sein, sich
ein größeres Stück vom Kuchen zu sichern. Andererseits
haben die 289s weniger Ressourcen, um der aufreibenden
Gang-Gewalt und Sucht zu widerstehen.
ABENTEUER-GERÜSTE
IN HONGKONG
Die Olaya-Delegation ist fast drei Wochen lang in Hongkong.
Die folgenden Abenteuer-Gerüste beleuchten wichtige Er-
eignisse, sind aber nur zwei der möglichen Plots, denen die
Runner bei ihrer Anstellung für das Kartell in Hongkong be-
gegnen können. Am Ende des Abschnitts finden sich noch
einige Abenteuer-Ideen.
VERGELTUNGS-ERSTSCHLAG
Die monatliche Lieferung von 400 Kilogramm Blutorchidee
aus Kalokdams Produktionsstätten im Goldenen Dreieck soll
per Schiff in Hongkong ankommen. Die Black Chrysanthe-
mums wollen verhindern, dass sie ihr Ziel erreicht, um die
Vorräte der Smoke Circle Society zu verknappen. Sie könn-
ten das selbst tun, wollen aber keine Auseinandersetzung
mit Kalokdam, da er sie in Macao beliefert. Uribe bietet die
Dienste der Runner als Geste guten Willens an.
Auftakt
Sacristán instruiert die Runner in deren Suite im Peninsu-
la Hotel. Die Suite sieht aus wie eine Gefechtszentrale: Ei-
ne AR-Karte des Südchinesischen Meers, neu angeschaffte
Tauchausrüstung und das metallene Grau einer Magnetmi-
ne, die in einer Federkernmatratze versinkt, verbreiten mar-
tialische Atmosphäre. Die Lieferung wird mit einem kleinen
Handelsschiff zu einer vorgelagerten Insel an der Südküste
Hongkongs gebracht. Die Charaktere sollen mit einer Pira-
tenmannschaft dort hinfahren, nachts an der Schiffsflanke
abtauchen, die Mine platzieren und das Schiff versenken.
Kling ganz einfach, oder?
Runner, die nicht schwimmen oder tauchen können, be-
kommen Talentsofts oder, wenn sie keine Talentleitungen
haben, einen Crash-Kurs von ehemaligen Militärtauchern in
der Schwimmhalle des Peninsula Hotels. Spielleiter können
dabei die Spieler Karma ausgeben lassen, um die Fertigkei-
ten zu kaufen. Die Charaktere könnten auch um Implanta-
DIE BLUTSCHWÜRE
Bei den Triaden gibt es eine uralte Tradition, wonach ihre
neuen Mitglieder durch eine Reihe von mystischen Ritu-
alen initiiert werden. Dabei müssen sie 36 Schwüre able-
gen, die ihre Loyalität bekräftigen und schreckliche Strafen
für Verrat an ihren Brüdern in Aussicht stellen. Seit dem
Erwachen heißt es, diese Schwüre seien durch einiges
an mystischer Kraft verstärkt: Ein Verräter könnte zum
Beispiel einen Unfall erleiden, bei dem er auf eine Kiste
Bajonette fällt (Der Tod der tausend Schnitte), während
er in der Obhut der Polizei ist. In letzter Zeit unterwerfen
einige Triaden, vor allem die Ten Thousand Lions, die Red
Dragon Association und die Black Chrysanthemums, ihre
Mitglieder „Blutschwüren“. Diese ziehen echte, sofortige
und tödliche Konsequenzen nach sich, wenn sie gebro-
chen werden.
Das bedeutet, dass die Runner schwerlich Informati-
onen von den Triaden bekommen oder ihre Mitglieder
durch Bestechung zum Wegsehen bringen können. Diese
werden alles tun, um ihre Schwüre nicht zu brechen. Und
wenn die Runner doch an Informationen kommen, wird
der Verräter wahrscheinlich schnell sterben.
GEISTERKARTELLE
te feilschen, die für den Job passen (wie etwa Cyberflossen
oder OXSYS Cyberkiemen). Die Hälfte der Kosten dafür wird
von ihrem Entgelt abgezogen, und mehr als Alphaware wird
in der knappen Zeit nicht zu beschaffen sein.
Szene 1
Sacristán mietet die Pok Guy, eine umgebaute Yacht vom
Typ Harland and Wolff Classique (S. 130), unter dem Kom-
mando von Kapitän Teng. Der elegante Schmuggler ist Han-
Chinese und ein Veteran des Südchinesischen Meers. Falls
er die Charaktere als zugänglich empfindet, versucht er, sie
vom Kapern statt Versenken des Schiffes zu überzeugen.
Seine sechsköpfige Crew ist hauptsächlich chinesisch – das
heißt, ihre Mitglieder sind Chinesen, mit ethnischen Ein-
sprengseln aus aller Welt. Sie haben die Werte der Triaden-
bande (S. 328, SR4), bereichert um Schwimmen 3. Kapitän
Teng hat die Werte des Triaden-Anführers (S. 328, SR4) mit
Schwimmen 3, Navigation 4 und Schiffe 4 statt Feng Shui.
Die Crew spricht eigentlich nicht gern mit Gwailos, ist
aber freundlich, weist auf Sehenswürdigkeiten hin, über-
prüft die Tauchausrüstung und erzählt Geschichten von
Unterwasserkampf und Piraterie. Hier ergibt sich auch die
DIE QUELLE
Chance, mehr über die Kultur und die wichtigen Mächte der
Gegend zu erfahren.
Das Schiff braucht zwei Tage, um an den Einsatzort zu ge-
langen. Die Crew hat nur die Aufgabe, die Runner hin- und
wieder zurückzubringen. Während des zweiten Tages gerät
die Pok Guy in einen Sturm und die Runner müssen unter
Deck. Bei Einbruch der Nacht ist das Schlimmste vorbei. Die
schweren Regenwolken bedecken den Himmel, aber die See
ist ruhiger. Kapitän Teng begrüßt das, da das Mondlicht ver-
deckt wird und die Runner so schlechter zu sehen sind.
Szene 2
Als die Koordinaten erreicht werden, bemerkt das Team, dass
ihre Beute vom Kurs abgekommen ist und eher süd-südwest-
lich von Hongkong ankommen wird. Teng fährt einen Ab-
fangkurs. In der Nacht des zweiten Tages werden die Runner
mit ihrer Ausrüstung in schwerem Regen etwa 500 Meter von
ihrem Ziel abgesetzt. Von dem Schiff sind wegen des tropi-
schen Regengusses nur die Positionslichter zu sehen.
Das Team wird mit drei Harpunen [Harpunenkanone,
Schadenscode 6K, PB –1, EM, 1 Schuss] ausgerüstet und
kann zudem wasserdichte Waffen mitnehmen. Ihre Taucher-
anzüge sind zur besseren Tarnung mit Wärmedämpfung
ausgerüstet. Das Ziel ist in Bewegung und die Runner könn-
ten niemals schnell genug schwimmen, um es einzuholen.
Daher müssen sie Tauchtorpedos benutzen: modifizierte
Torpedos für den Gebrauch als Unterwasserfahrzeuge. Die
Werte entsprechen SeaDoo Bolts (S. 119, Arsenal 2070) mit
Handling –1, die nur unter Wasser verwendbar sind.
Das Team soll ans Ziel herankommen, mit einem tragba-
ren Millimeterradar einen Punkt am Rumpf finden, wo genug
Metall für die Platzierung der Mine ist und nach der Anbrin-
gung zurückkehren. Sobald die Runner sich dem Schiff nä-
hern, entdecken sie eine unerwartete Gefahr: Ein Schwarm
Haie folgt dem Frachter. Sie müssen sich durchkämpfen oder
an den Haien vorbeischmuggeln, um die Mine zu platzieren.
Showdown
Falls die Runner an Bord der Yinhe gehen wollen – vielleicht,
weil Teng sie von der Kaperung überzeugt hat –, erleben sie
eine Überraschung. Das Schiff ist unter dem tropischen Wol-
kenbruch überraschend still. Nur die Positionslichter bren-
nen; Brücke, Quartiere und Laderaum sind dunkel.
109
 Die Crew wurde vor ein paar Tagen getötet und durch
eine Bande aus sechs Shedim und einem Meister-Shedim er-
setzt (S. 128). Der Meister-Shedim hat die Rolle eines Matro-
sen der Yinhe übernommen und einen Plan geschmiedet, das
Schiff als mobile Operationsbasis zu nutzen. Die Überleben-
den des ersten Angriffs sind lieber über Bord gesprungen, als
das Schicksal ihrer Kameraden zu erleiden. Das hat die Haie
angelockt, und daher ist das Schiff auch nicht mehr auf Kurs.
Sobald die Shedim merken, dass sie entdeckt sind, wer-
den sie versuchen, die Charaktere zu töten und die Pok Guy
zu versenken. Sie wollen, dass ihr neues Heim geheim bleibt.
Ein Kampf gegen Zombies, die von Geistern besessen sind,
könnte sich in der Dunkelheit der engen Gänge oder auf
dem durchnässten Ladedeck als herausfordernd und ang-
steinflößend erweisen. Die Charaktere könnten über Bord
springen, aber die Yinhe wird die Pok Guy verfolgen, und
dann wären sie schiffbrüchig in den haiverseuchten Gewäs-
sern des Südchinesischen Meers.
Kapitän Teng kann ihnen im Kampf nicht beistehen.
Wenn sie aber das Schiff kapern, kann er (für die Hälfte des
Erlöses) bei der Navigation nach Macao oder Guangzhou
und beim Verkauf der Prise und der Blutorchidee helfen.
Wenn die Runner Kapitän Teng davonfahren, leitet sie der
DIE QUELLE

Autopilot des Schiffs zu einer kleinen Insel bei den Philippi-

nen. Ein Rigger oder Hacker könnte versuchen, den Kurs zu
ändern oder das Schiff zu steuern.

Folgen
Natürlich werden die Runner auf ihrer Fahrt ans Ziel von
anderen Piraten überfallen: Schläger auf vier Schnellboo-
ten, bewaffnet mit Maschinenpistolen, Schrotflinten und ein
paar LMGs in drehbaren Halterungen. Teng lässt solche Boo-
te normalerweise nahe herankommen und dann mit selbst-
gebastelten Granaten bewerfen. Die Runner können die
Situation aber auch anders lösen. Falls sie in der Seeschlacht
zu unterliegen beginnen, kann die Küstenwache von Macao
eingreifen und die Piraten bekämpfen.
Wenn die Runner gut mit Kapitän Teng zusammengear-
beitet haben, kann er bereit sein, sie zu unterstützen, wenn
sie mal wieder nach Hongkong kommen sollten – oder in ei-
nen anderen Hafen, wo er zufällig auch gerade ist. Die Yinhe
bringt beim Verkauf in Macao oder Guangzhou bis zu einer
halben Million Nuyen (oder das Äquivalent in Waren). Dies
wird aber das Olaya-Kartell und die Black Chrysanthemums
nicht eben erfreuen – besonders wenn es in Macao geschieht,
wo Henry Uribe gerade zu Besuch ist und schnell davon er-
fahren könnte. Nach der Rückkehr nach Hongkong bekom-
men die Runner ihren Bonus von Sacristán ausbezahlt. Falls
etwas von der Tauchausrüstung verloren oder beschädigt ist,
werden sie gerügt; die Ausrüstung war nur gemietet.

DAS KOWLOON-MASSAKER
Ein Problem tritt auf, als eine offenbar verunreinigte Ladung
Tempo im Verteilerzentrum der Black Chrysanthemums
(S. 112) in der Walled City eintrifft. Die Runner sollen Sacris-
tán und Rhys dorthin eskortieren. Sie bekommen Schärpen,
die sie als Gäste der Black Chrysanthemums identifizieren,
damit ihnen niemand zu nahe tritt.
Während die Gruppe sich durch den Irrgarten von Kow-
loon tastet, erhalten die Black Chrysanthemums Nachricht
von einem bevorstehenden Angriff der Smoke Circle Soci-
ety auf das Zentrum. Jeder Süchtige, der ein Abzeichen der
Black Chrysanthemums zurückbringt, soll eine Woche um-
sonst versorgt werden. Die Runner kommen mit Sacristán
und Rhys kurz vor dem Angriff vor Ort an und sitzen wäh-
rend des Massakers dort fest.

110 GEISTERKARTELLE
Auftakt
Kowloon Walled City, der schlimmste Slum der Erde. Die
Runner eskortieren Sacristán und Rhys zum wichtigsten
Verarbeitungs- und Verteilungszentrum der Black Chrysan-
themums, um sich mit einer möglichen Verunreinigung der
Droge zu befassen.
Kowloon ist so schlimm wie das Übelste, was man in den
Barrens findet. Alle Geräusche sind seltsam gedämpft und
wenig Licht fällt in die Häuserschluchten. Das dunkle Gas-
senlabyrinth ist angefüllt mit dem Bodensatz der Menschheit:
Händler verscherbeln undefinierbares Essen und recycelte
Waren, Wäscheleinen voller Fetzen und offene Abwasserka-
näle bestimmen das Straßenbild. Die Alten und Armen ver-
suchen sich mit dem Recyceln von Elektronikschrott über
Wasser zu halten. Zu Skeletten abgemagerte Süchtige liegen
apathisch herum oder stolpern mit Entzugserscheinungen
durch die Gassen.
In den Blocks um das Verteilungszentrum sehen die Run-
ner mehr Waffen, mehr Abschaum: Ein stetiger Strom von
Süchtigen und Gangmitgliedern wogt von und zu dem Her-
zen des Irrgartens. Die Festung selbst umfasst vier Gebäu-
de, die ein Quadrat mit kleinem Innenhof bilden. Fenster
und Türen der ersten beiden Stockwerke sind zugemauert
und die Gassen ringsum von Plastbeton-Barrieren versperrt,
die mit Soldaten der Black Chrysanthemums bemannt sind.
Man lässt die Runner problemlos durch.
Hak, der Sin Fung der Black Chrysanthemums, begrüßt
Sacristán. Sein vernarbtes Gesicht ist grimmig verzerrt, als er
vom bevorstehenden Angriff berichtet.
Szene 1
Außerhalb des Gebäudes sind die ersten Schüsse zu hören,
gefolgt von Schreien und dem Trampeln Hunderter Füße.
Hak muss die Verteidigung des Gebäudes organisieren und
bittet die Runner um Unterstützung. Sacristán befiehlt ih-
nen, den Sze Kau der Triade beim nächsten Checkpoint zu
helfen und sich, sollte er fallen, ins Kommandozentrum im
ersten Stock zurückzuziehen. Hak versorgt die Runner mit
den Verschlüsselungscodes für die Funkkanäle der Triade,
und sofort wird das Team von hektischen Befehlen überflu-
tet. Die Truppen sollen sich zurückziehen und so die Ein-
dringlinge in die engen Gassen locken.
Die entfesselten Blutorchidee-Süchtigen stürmen heran
und Gangs, die mit den Chrysanthemums verbündet sind,
werfen improvisierte Sprengkörper auf sie hinab. Der ers-
te Ansturm verebbt in einer Serie von Explosionen, Wolken
von Schrapnell und abgetrennten Gliedmaßen. Trotzdem
kommt die Meute näher. Die nächste Welle klettert über die
Reste der vorigen, zündet Gebäude an und wirft Molotow-
cocktails über die Barrikaden. Zwar sind auf beiden Seiten
Magier, aber beengter Raum, schlechte Sicht und die Hinter-
grundstrahlung (3) machen Magie praktisch nutzlos.
Unerwartet sprengen die Angreifer einige Barrikaden,
die zwei Gassen blockieren, und strömen in die Straßen
rund um die Festung, wodurch einige Verteidigergruppen
an Checkpoints und Barrieren isoliert werden. Wer den An-
sturm überlebt, flüchtet in den Innenhof. Deckungsfeuer
aus den oberen Fenstern wird von einem Hagel an Kugeln
und improvisierten Granaten beantwortet.
Beim inneren Tor suchen Ströme von Mitgliedern der
verbündeten Gangs Zuflucht. Runner, die etwas von Taktik
verstehen, können versuchen, zu helfen. Alternativ können
sie für Sacristán einen sicheren Ort suchen, während Dut-
zende Bewaffnete das Gebäude füllen. Hak gewährt ihnen
Zugang zum taktischen Netzwerk der Verteidiger, das sie mit
Echtzeit-Informationen über die Festung und Umgebung
versorgt.
GEISTERKARTELLE
Nachdem die äußeren Barrikaden überrannt wurden,
steht die Festung der Black Chrysanthemums nun unter Be-
lagerung. Die dritte Welle der Süchtigen wird von verbünde-
ten Gangs der Smoke Circle Society in Richtung Tor gelenkt.
Andere versuchen, improvisierte Brücken zwischen den
oberen Stockwerken der Nachbargebäude und dem Stütz-
punkt zu bauen. Runner in den oberen Stockwerken um das
Kommandozentrum können bei Zurückschlagen dieser An-
greifer helfen.
Szene 2
Um Zeit zu gewinnen, lässt Hak Kamikaze an die im Innen-
hof gefangenen Tempo-Süchtigen verteilen und verspricht
Überlebenden eine Jahresration Tempo. Gerade als die An-
greifer das Tor stürmen, brechen hinter den Barrikaden drei-
ßig Süchtige mit Messern und improvisierten Waffen hervor.
Das Kamikaze macht sie zu rasenden Berserkern. Hak ver-
lässt das Kommandozentrum, um bei der Verteidigung des
Innenhofs zu helfen.
Plötzlich kreist ein tieffliegender Hubschrauber langsam
um die Dächer. Sein Suchscheinwerfer erleuchtet matt die
Süchtigen, die in den Gassen sterben. Beim zweiten Überflug
DIE QUELLE
geht er tiefer und wirft Tränengasgranaten in die Menge.
Sacristán hat inzwischen eine Notfall-Evakuierung or-
ganisiert und will aufs Dach des Gebäudes. Kluge Runner
machen sich vielleicht Gedanken über Scharfschützen,
praktisch Veranlagte über ein Ausbreiten der Brände in den
Nachbargebäuden. Auf dem Weg zum Dach (ohne Aufzüge)
trifft das Team auf kleine Angreifergruppen, die über die im-
provisierten Brücken gekommen sind.
Unten auf der Straße rücken die Gangs der Smoke Circle
Society durch die Wolken von Tränengas vor. Leider behin-
dern Rauch und Gas auch die Sicht der Verteidiger auf An-
greifer, die nicht fast auf ihren Füßen stehen. An den Toren
bricht automatisches Feuer los, bevor die Verteidiger über-
wältigt werden.
Ein Paar Wujen der Black Chrysanthemums und zwei
verstärkte Bunker halten die Angreifer von oben auf. Diese
aber geben nicht auf und kriechen wie die Küchenschaben
über die benachbarten Dächer. Im aufgewühlten Astralraum
über den Gebäuden prallen Gruppen von Geistern in stil-
lem, aber tödlichem Kampf aufeinander.
Showdown
Falls die Runner im Kommandozentrum geblieben sind, be-
fiehlt ihnen Hak, das nächste Treppenhaus zu halten. Die
Black Chrysanthemums haben vercyberte Truppen und
Adepten im Erdgeschoss stationiert, die die mundanen An-
greifer reihenweise niedermähen, sobald sie das Gebäude
betreten. Die Eingänge sind mit Leichen übersät und das
Blut steht in Pfützen im Innenhof.
Der Kampflärm verstummt kurz und eine unnatürliche
Stille breitet sich aus. Dinge bewegen sich in den Gassen,
unbeeindruckt von Gas oder Schüssen. Astrale Wahrneh-
mung zeigt die Störung als glitzernde Finsternis – die Dämo-
nen, die als die Yama-Könige bekannt sind.
Ein riesiges, pelziges Affending stürzt sich auf die ster-
benden Süchtigen von Black Chrysanthemums und Smoke
Circle Society. Schwärme von Schaben umhüllen ein drei
Meter großes Wesen, das die Verwundeten und Schwachen
durch Gullys zerrt, die eigentlich zu schmal für menschliche
Körper sind. Die beiden Triaden konzentrieren für kurze
Zeit ihr gemeinsames Feuer auf einen Troll mit drei Köpfen
und einem gewaltigen Schwert, um dessen Oberkörper eine
Kette mit Totenschädeln geschlungen ist. Als er zusammen-
bricht, werden die Gangs vom ungesunden Leuchten und ät-
111
 KOWLOON WALLED CITY
Dieses Labyrinth wackeliger, vierzig Jahre alter Gebäude ist der
schlimmste Slum von Hongkong. Es ist dicht bevölkert von Immi-
granten, Drogensüchtigen und den Black Chrysanthemums. Der
Alltag in der Walled City ist so schrecklich, dass ihr Astralraum von
Elend, Verzweiflung und Zerfall verzerrt ist. Das Mana fließt zäh
und bildet abgestandene Tümpel, die dunklere Wesen anziehen,
die sich von der physischen und astralen Verschmutzung nähren
und sie verstärken: die Yama-Könige.
Nur die Black Chrysanthemums beanspruchen die Kowloon
Walled City als Revier; die anderen Triaden überlassen sie ihnen
gerne. Die Gassen ersticken in Müll und Schmutz; Squatter und
Süchtige drängen sich wie Tiere in den Gebäuden, während Ghu-
le und Schlimmeres in der Kanalisation lauern. Ob alt oder jung,
Mann oder Frau, niemand kann sicher durch die Gassen gehen,
die zu schmal, verwinkelt und vollgestopft mit Müll für Fahrzeuge
sind. Vergewaltigung und Mord sind allgegenwärtig und viele hal-
ten die Gerüchte über Kannibalismus für wahr.
Die Kowloon Walled City besteht aus sich überlappenden
Domänen (meist Stufe 3, manche auch 4), und alle sind auf
verschiedene magische Bedrohungen oder verdorbene Magier
ausgerichtet (S. 135, Straßenmagie). Manastürme (S. 138, Stra-
DIE QUELLE
ßenmagie) sind häufig, vor allem, wenn einer oder mehrere der
Yama-Könige sich manifestieren. Die verdorbenen Domänen sind
auf diese Schattengeister ausgerichtet.
FESTUNG DER BLACK CHRYSANTHEMUMS
(KOWLOON WALLED CITY, HONGKONG)
Im Herzen des schlimmsten Slums von Hongkong haben sich die
Black Chrysanthemums in vier verfallenen Apartmenthäusern ein-
genistet. Hier ist die Zentrale ihres Tempo-Handels, verborgen in
einem gesetzlosen Labyrinth aus verstopften Straßen und Gassen,
vollgepackt mit Immigranten, Süchtigen, Obdachlosen und Rat-
ten. Die düsteren, engen Gassen sind gefährlich. Sie bieten allen
Arten von metamenschlichen Raubtieren Unterschlupf.
112 GEISTERKARTELLE
Ein Torbogen führt in einen etwa vier mal vier Meter groß-
en Innenhof. Er ist auf allen vier Seiten von Gebäuden umgeben
und übersät mit Müll und gebrauchten Spritzen. Nur über den
Innenhof kann man in die Gebäude gelangen. Die straßensei-
tigen Eingänge und Fenster der ersten beiden Stockwerke sind
zugemauert oder vernagelt. Auf den Außenmauern der Festung
liegen Hüter (Kraft 5).
Nur die Mitglieder der Triade und ihre Gäste dürfen in die
Gebäude. Im Erdgeschoss der Gebäude wurden Mauern einge-
rissen, um Platz für Werkstätten, Drogenlabore und Waffenkam-
mern zu schaffen. In den oberen Stockwerken hausen viele Mit-
glieder der Black Chrysanthemums. Ihre Quartiere sind sauber
und rattenfrei. Es gibt sogar sanitäre Anlagen und Strom. Die
Zimmer und Apartments der Anführer haben Hüter, und es gibt
mindestens ein Magisches Refugium für Wujen mit Stufe 8 im
Komplex.
Vier Soldaten der Black Chrysanthemums bewachen rund
um die Uhr das Tor, und in der Sicherheit des Innenhofs gehen
ein paar Dealer ihren Geschäften nach. Einige Seitengassen sind
abgezäunt oder verbarrikadiert, wodurch sich Checkpoints und
Beobachtungsposten ergeben, von denen aus die vier Straßen,
die zur Festung führen, gesichert werden.
Die Angreifer der Smoke Circle Society sprengen einige der
Barrikaden, um durch die Nebengassen an den Checkpoints
vorbeizukommen. Sie blockieren alle sichtbaren Fluchtwege,
überwältigen die Wachen draußen und belagern die Festung. Die
Black Chrysanthemums sind in der Unterzahl, aber viel besser
bewaffnet, und versuchen, die Gebäude zu halten. Als sich das
Haupttor als unpassierbare Todeszone entpuppt, erstürmen die
Angreifer die Nachbargebäude und springen durch die Fenster
über die Gassen.
Das Innere des Gebäudes wird zur Kampfzone und der ein-
zige Fluchtweg ist das Dach, auf dem Sacristán den Hubschrauber
landen lässt.
zenden Schleim eines sich windenden, züngelnden Wurms,
groß wie ein Lastwagen, verschlungen. Die Runner können
sich gegen die Yama-Könige wenden, aber dann müssten sie
auf dem Schlachtfeld zurückbleiben, alleingelassen mit den
anderen Schrecken der Walled City.
Während sich beide Seiten zurückziehen, um den Ya-
ma-Königen ihr Festmahl zu überlassen, schwebt ein Hub-
schrauber über dem Gebäude und macht mit seiner Minigun
kurzen Prozess mit einer angriffslustigen Harpyie. Eine Lei-
ter wird herabgelassen: Die Runner werden ausgeflogen,
wenn sie es in einem Stück dorthin schaffen.
Sobald die Charaktere aufs Dach gelangen, sehen sie den
Yama-König Chin You (S. 128), der auf den Überresten zwei-
er Wujen der Triade herumkaut. Der stierköpfige Dämon
steht zwischen ihnen und ihrem Fluchtweg und scheint von
den Salven der Minigun unbeeindruckt.
Folgen
Die Runner bekommen für ihre Loyalität und ihren Einsatz
einen beträchtlichen Bonus, wenn sie Sacristán heil aus dem
Massaker bringen. Vielleicht erhalten sie etwas Betaware, ei-
nen Kraftfokus oder andere nützliche Ausrüstung. Falls sie
einen der Yama-Könige verletzen oder vernichten können,
werden sie von diesem Erlebnis gezeichnet sein, doch ih-
re Reputation wird gewaltig steigen. Wenn die Runner den
Black Chrysanthemums bei der Verteidigung geholfen ha-
ben, bekommen sie unter Umständen die Chance, die 36
Schwüre zu abzulegen und Mitglieder zu werden.
ABLEGER UND NEBENJOBS IN HONGKONG
 Die Black Chrysanthemums haben traditionell gute Ver-
bindungen zu den Ghulen von Hongkong und nutzen sie,
um Körperteile loszuwerden, die sie nicht verkaufen oder
brauchen können. Die Ghule sind in letzter Zeit durch die
vielen Drogentoten wohlgenährt und sind dadurch nun
auch von Tempo abhängig. Jorge Rhys will, dass das Team
ihn bei der Beobachtung der süchtigen Ghule und dem
Entnehmen von Proben begleitet. Leider mögen die Ghu-
le es nicht, wenn man sie untersucht.
 Die 289s und Ten Thousand Lions haben durch den Preis-
kampf der Black Chrysanthemums und Smoke Circle
Society einen gewaltigen Verkaufseinbruch erlitten. Sie
verhandeln über eine Allianz. Sacristán ist davon unter-
richtet und schickt die Runner, um ein Treffen der beiden
Triaden zu stören (d.h. alle zu töten und keine Zeugen
entkommen zu lassen) und Indizien zurückzulassen, die
auf die Red Dragon Association deuten.
NEO-TOKIO: VERRAT
In Neo-Tokio wird die Olaya-Delegation in die Intrigen von
Jurojin, einem mächtigen Freien Geist, verwickelt. Er hat
Verbindungen zu beiden Seiten in einem internen Macht-
kampf der Yakuza, die versucht, Neo-Tokio von ausländischen
Syndikaten zu „reinigen“ – die zufällig auch die Konkurrenz
des Kartells sind.
Die Gruppe reist mit einem gewöhnlichen Suborbital-
flug nach Neo-Tokio, daher konfisziert Sacristán alle Schuss-
waffen und allen Sprengstoff. Diese Ausrüstung wird auf
anderem Weg in die Stadt geschmuggelt und ein paar Tage
später ankommen.
GEISTERKARTELLE
WAS GEHT IN NEO-TOKIO VOR
Jurojin hat mit Tempo etwas viel Spezielleres vor als seine
Kollegen in Hongkong und Seattle. Der Mita-gumi betreibt
keinen Straßenverkauf, sondern betätigt sich als Großhänd-
ler an Zwischenleute. Er versorgt „ausländische“ Verbre-
cherorganisationen in Neo-Tokio, wie die Bratva, die Snake
Head- und Red Dragon-Triaden und die verschiedenen
koreanischen Gangs von Sub-Tokio. Diese Gaijin-Gruppen
kämpfen miteinander um das Geschäft, und der Mita-gumi
sorgt dafür, dass das Medienspektakel die öffentliche Mei-
nung weiter gegen sie aufbringt. Die Polizei wird durch die
Empörung der Bürger von Neo-Tokio gezwungen sein, ge-
gen den Tempo-Handel vorzugehen.
Als die Olaya-Delegation eintrifft, hat dieser Vorgang be-
reits begonnen. Die Nachrichtensendungen quellen über
vor Berichten von Gewalt zwischen Dealern und gestiege-
nen Verbrechensraten. Die Süchtigen greifen zu Diebstahl,
Prostitution, Gewalt und anderen wenig appetitlichen Me-
thoden, um sich zu versorgen. Der Mita-gumi ist höchst
engagiert in seinem Plan mit Tempo, braucht aber große Lie-
ferungen – Hunderte Kilo –, um ihn vollständig zu verwirkli-
chen. Daher empfängt er die Olaya-Delegation mit höchster
DIE QUELLE
Gastfreundlichkeit, als diese aus Hongkong kommt.
Die Gruppe wird vom Hanada Aerospace Port gleich zu
einem angenehm großen Haus in Toshima gebracht. Vor
dem offiziellen Treffen tritt Jurojin persönlich auf, um in pri-
vatem Rahmen einige Angelegenheiten mit einem besonde-
ren Gesandten des Kartells zu besprechen. Später schließt
Uribe, vor allem durch Jurojins Unterstützung, den Deal mit
den anderen Repräsentanten des Mita-gumi ab.
Das Doppelspiel
Nach dem Treffen ergibt ein Lieferengpass leichte Schwierig-
keiten: Die Polizei von Neo-Tokio hat bei einer Razzia Glück
und findet vierhundert Kilogramm Tempo in einem Mini-U-
Boot aus Hawaii. Das Olaya-Kartell hat nicht die Zeit, eine
neue Ladung auf den Weg zu bringen. Daher bietet „Onkel“
Hiro, der Anführer des Mita-gumi, an, die Aufklärungsarbeit
zu leisten, wenn Uribe und Sacristán für die Rückholung der
Ware aus dem Polizeigewahrsam sorgen und der Mita-gumi
damit nicht in Verbindung gebracht wird.
Hiro besticht auch diskret einige Vertreter der Olaya-Dele-
gation, um als Dealer bei einem Geschäft mit der Bratva und
anderen Gruppen aufzutreten. Ein paar wohlplatzierte Tipps
bringen die Journalisten von Neo-Tokio auf die Spur. Sie fil-
men Gaijin als Lieferanten, Käufer und Verkäufer und festigen
so das Bild der Öffentlichkeit, die ausländischen Syndikate wä-
ren für den Anstieg der Drogenkriminalität verantwortlich.
Ein paar Tage nach der erfolgreichen Verhandlung mit
der Olaya-Delegation und den ersten großen Verkäufen an
ausländische Syndikate setzt Jurojin die zweite Stufe seines
Plans in Gang. Aufgrund von Tipps des Mita-gumi beginnt
die Polizei von Neo-Tokio mit präzise geplanten Razzien.
Sie stürzt sich auf die Lagerhäuser und Verteilungspunkte
von Bratva und Triaden, nimmt mehrere Bosse fest und
beschlagnahmt einige Hundert Kilo Tempo. Der Mita-gumi
unterstützt sie dabei auf eher lokalem Niveau, vertreibt „aus-
ländische“ Dealer und übernimmt deren Reviere – meist mit
dem Segen der dortigen Bewohner und Geschäftsleute.
Innerhalb der nächsten zwei Wochen wird die Delegati-
on in der Stadt herumgeführt, in den feinsten Restaurants
bewirtet und bekommt Kredit in den Spielhöllen und Bun-
raku-Salons des Mita-gumi. Die Besucher werden als VIPs
behandelt und lernen dabei ein wenig über die örtliche
Unterwelt, während Jurojins Plan sich entfaltet. Restriktive
Reglementierungen werden erlassen und die Polizei geht
113
 gegen Vory und Triaden vor (mit der Hilfe des Mita-gumi auf
Straßenniveau). Frei gewordene Territorien werden schnell
übernommen, und der Mita-gumi finanziert alles mit seinem
Gewinn aus dem Tempo-Großhandel.
Die plötzliche Vergrößerung des Mita-gumi löst einen
Konflikt mit der anderen großen Gruppe der Yakuza, dem
Wanibuchi-rengo, aus, als dieser an der Übernahme von
Teilen Yokohamas Anstoß nimmt. Nach kurzer Abstimmung
lässt der Wanibuchi-rengo durch den Kodachi-gumi eine
Botschaft übermitteln: Jorge Rhys und Sacristán werden ent-
führt und sollen erst im Austausch gegen Teile des umstritte-
nen Gebiets wieder freigelassen werden.
Genau während dieser Ereignisse verlangen die übrigen
Geisterkartelle nach einem Geisterrat. Uribe will nicht ver-
handeln und macht sich zum Aufbruch nach Wladiwostok
bereit. Er erlaubt einen einzigen Versuch, die Geiseln zu be-
freien. Sollte das schiefgehen, wird er örtliche Runner an-
heuern, um sie zu beseitigen, wenn er zu seinem neuen Ziel
unterwegs ist: Wladiwostok.
BRENNPUNKT: NEO-TOKIO
Neo-Tokio ist das Kronjuwel des japanischen Kaiserreichs,
DIE QUELLE
wiederaufgebaute Hauptstadt und Stern am Firmament der
japanischen Konzernwelt. Dieser florierende Bienenstock
hat eine der höchsten Bevölkerungsdichten der Welt. Das
Überleben des Sprawls wird zu einem Gutteil durch ein
komplexes Netzwerk von, oft nebulösen, kulturellen Bräu-
chen, jahrtausendealten Traditionen, gesellschaftlichen Re-
geln und Verhaltensnormen gesichert.
Die Stadt selbst ist ein riesiges Gewirr von Schluchten
und Wolkenkratzern aus Glas und Plastbeton. Ein filigra-
nes Geflecht aus Halogen und Neon umgibt die Arkologien
und Hightech-Türme, die durch ein komplexes Gewebe von
Schnellstraßen und Monorailbahnen – den pulsierenden
Arterien des Metroplexes – verbunden sind. Dieser Stolz
des Imperiums ist der architektonisch fortschrittlichste und
höchstentwickelte Sprawl der Sechsten Welt. Doch selbst
in der ultramodernen Stadtlandschaft dieser Megalopolis
sprießen überall kleine Parks und Schreine. Sie erinnern
an die Veränderungen und die spirituelle Wiedergeburt des
Sprawls nach den Verwüstungen beim Ausbruch des Pazifi-
schen Feuerrings im Jahr 2061.
Zwischen den Welten
Für Ausländer kann die Stadt in ihrer Komplexität zugleich
fremdartig, verblüffend und faszinierend sein, genau wie ihre
Bewohner und Kultur. Keine Wissenssoft und kein Download
können einen auf den Kulturschock vorbereiten. Zwischen
Kaiser und Megakonzernen, der alten und der neuen Ord-
nung herrscht ein endloser Konflikt, und Neo-Tokio ist eine
Gesellschaft voller Kontraste. Die ökonomische Hauptstadt
der Sechsten Welt ist ein Ort, an dem sich Tradition und Kul-
tur von Jahrhunderten mit dem Neo-Feudalismus der Kon-
zerne und einer ungebrochenen Faszination für Technologie
mischen. Obwohl viele der Megakonzerne global ausgerich-
tet sind, herrschen nationalistische und rassistische Vorurtei-
le bei den meisten vor. Der Rassismus stellt tatsächlich noch
immer einen wichtigen Faktor im Leben von Neo-Tokio dar
– Ausländer und Metamenschen werden trotz der Fortschrit-
te des letzten Jahrzehnts als Außenseiter behandelt. Frauen
haben es nur wenig besser, obwohl das Beispiel der Kaiserin
Hitomi für langsames Umdenken sorgt.
Aber nicht alles ist so klar und ordentlich, wie die Fas-
sade von japanischer Identität und allgegenwärtiger Kon-
zern-Monokultur einen glauben machen könnte. Die Rolle
der Kami beim Wiederaufbau der Hauptstadt hat zu einer
114 GEISTERKARTELLE
AUF EINEN BLICK: NEO-TOKIO
Bevölkerung: 45.000.000+
Menschen: 75 %
Elfen: 9 %
Zwerge: 2 %
Orks: 12 %
Trolle: 1 %
Andere: 1 %
Bevölkerungsdichte: 6.200+ pro Quadratkilometer
Durchschnittseinkommen: 30.000 ¥
Unter der Armutsgrenze: 24 %
Personen mit Konzernzugehörigkeit: 76 %
Krankenhäuser:190
Verbrechensrate: 14 pro 1.000 im Jahr
Wiedergeburt der Spiritualität bei Mittel- und Unterschicht
geführt. Eine junge Gegenkultur blüht in den sich vergrö-
ßernden Rissen der etablierten Gesellschaft. Und unter all-
dem erzeugt das unbeachtete Rackern der Metamenschen
und Immigranten der untersten Sichten immer mehr Leid.
Schwarzer Regen
In Neo-Tokio herrscht ein unsicherer Friede nach Jahren der
Auseinandersetzungen in der Yakuza. Zuerst ging es um die
Nachfolge des Shotozumi-gumi, dann um die Abspaltung
und die Bildung des Wanibuchi-rengo, und in beiden Fäl-
len hatte der herrschende Watada-rengo zu leiden. Einige
Veränderungen in der Führung des Watada-rengo haben ihn
daran gehindert, seine Macht zurückzuerlangen. Auch heute
kämpft der Oyabun darum, sein Imperium wieder aufzubau-
en und die Dissidenten auf Linie zu halten.
Die Yakuza in Neo-Tokio ist heutzutage geteilt in Tradi-
tionalisten der Alten Schule und Clans, die sich der Philo-
sophie der Neuen Schule verschrieben haben. Reviere und
Einflussgebiete sind peinlich genau abgesteckt. Die beiden
großen Rengos (Bünde) umtänzeln einander in einem lang-
sam eskalierenden Ballett aus Täuschung und Schattenbo-
xen – und jeder wartet auf ein Zeichen der Schwäche des
anderen. Die empfindliche Balance droht zu kippen, als der
Mita-gumi seine Kassen mit den Gewinnen des Tempo-Ge-
schäfts füllt und neue Reviere erobert.
Die Yaks operieren hier, für moderne Sprawls unüblich,
ganz offen und kooperieren mit der Polizei; gemeinsam
schützen sie die Viertel und Einwohner vor „gewöhnli-
cher“ Kriminalität. Weitere Informationen über Neo-Tokio
und seine Unterwelt finden Sie im Quellenband Konzer-
nenklaven.
FREUNDE, FEINDE
UND SCHWIERIGKEITEN
Die Lage in Neo-Tokio ist kompliziert und heikel. Das Olaya-
Kartell hat dem Mita-gumi den Handel mit Tempo angeboten,
da er um Beteiligung an Schmuggel und Geschäften mit Er-
wachten Drogen aus Südamerika gebuhlt hatte. Der Mita-gu-
mi ist aber Teil des Watada-rengo, der extrem nationalistisch
und traditionalistisch ist und Erwachte Drogen eher den Em-
porkömmlingen vom Wanibuchi-rengo überlassen würde.
Überraschend wird das Bündnis aber dennoch geschlossen,

NEUE GEGEN ALTE SCHULE
Die Yakuza ist, vor allem in Japan, traditionalistisch bis zur
Bewegungsunfähigkeit. Die Yaks der Alten Schule werden
wegen ihrer Prinzipien, ihrer Hingabe an die Vernichtung
ihrer Feinde, ihr Beachten der Gesellschaftsregeln und
ihrer fähigen Gewaltausübung bewundert. Leider sind sie
auch unglaublich rassistisch, frauenfeindlich, nationalis-
tisch, misstrauisch gegenüber den Erwachten (von Techno-
mancern ganz zu schweigen) und allgemein unflexibel. We-
nig überraschend sind die obersten Ränge der Yakuza der
Alten Schule von Männern mittleren bis sehr hohen Alters
besetzt. Die Jüngeren sind oft frustriert von der Unmög-
lichkeit des Aufstiegs, solange Onkel Hiro nicht endlich ins
Gras beißt. Angesichts der modernen Errungenschaften der
Medizin kann das aber noch gut fünfzig Jahre dauern!
Die Neue Schule besteht aus Jüngeren, die ihre eige-
nen Clans und Bünde bildeten, in denen Homosexuelle,
Metamenschen, Magier, Technomancer, Frauen – ja sogar
Halbjapaner – willkommen sind. Diese Modernisten sind
offener und verträglicher als ihre Kollegen der Alten Schu-
le, aber auch nicht so eng verbunden. Der Grad an Akzep-
tanz gegenüber Metas und Frauen ist auch unterschiedlich.
Der Wanibuchi-rengo
Der Wanibuchi-rengo ist die neueste und modernste Orga-
nisation der Yakuza in Neo-Tokio und besteht aus drei Clans
der Neuen Schule: dem Wanibuchi-gumi, dem Kodachi-
gumi und dem Inagawa-kai. Anders als die Traditionalis-
ten folgt der Wanibuchi-rengo eher einem Konzernmodell
der Entscheidungsfindung, bei dem die Aktionen durch
Abstimmung zwischen den Oyabuns festgelegt werden. Der
Wanibuchi-gumi hat gute Verbindungen zu den ausgewan-
derten Organisationen der Yakuza in Lateinamerika und
wird vom Freien Geist Jurojin mit Rat und Hilfe, auch gegen
den Watada-rengo, unterstützt.
Tomu Wanibuchi, der Oyabun, ist das nominelle Ober-
haupt des Wanibuchi-rengo: ein Erster unter Gleichen. Sein
Gumi hat vor allem mit Matrix- und Wirtschaftskriminalität
zu tun – wie etwa Geldwäsche und Datendiebstahl.
Yusako Sato ist Komuchi (Familienvorstand, ein Titel
ähnlich dem Oyabun) des Kodachi-gumi, der gewalttätigs-
ten Organisation der Yakuza in Neo-Tokio. Seine Mitglieder
werden von den Traditionalisten als Schläger und Barbaren
betrachtet. Tatsächlich genießen sie ihre gewaltsame Rebelli-
on gegen die althergebrachten Bräuche.
Michizane Oi ist der einzige elfische Oyabun von Neo-

Nur weil der Boss sagt, man sei im Team, heißt das nicht,
dass ein Kumi-in (Soldat) in dritter Generation einen ak-
zeptiert.
DIE QUELLE
Tokio, und sein Inagawa-kai ist der einzige rein metamensch-
liche Clan. Abgesehen von dieser Besonderheit ist alles am
Inagawa-kai extrem traditionell, und er hält eine uralte Nin-
ja-Tradition aufrecht: den Oni do kai.

Jurojin
mit dem Segen (und der subtilen Unterstützung) des Freien Vor dem Bruch mit seinem Herrn Ryumyo diente der als Ju-
Geistes Jurojin. Was genau er plant und wie Tempo ins Ge- rojin bekannte Verbündetengeist ihm als Verbindungsmann
samtbild der brodelnden Konflikte zwischen Alter und Neu- zur Yakuza und knüpfte zu vielen Oyabuns hervorragende
er Schule passt, ist mysteriös und enthüllt sich erst langsam persönliche Beziehungen als Freund und Berater. Nachdem
während des Aufenthalts der Delegation in Neo-Tokio. er Ryumyos Dienste verließ, verfolgte er als Freier Geist ei-
gene Ziele: Er half bei der Abspaltung des Wanabuchi-ren-
go und beschützte den Erben des Mita-gumi während der
Der Watada-rengo schlimmsten Kämpfe.
Der Watada-rengo hängt der Alten Schule an. Seit seiner Grün- Jurojin war über Jahrzehnte der Verbündete eines Großen
dung vor über einem Jahrhundert war er die bestimmende Drachen, und seine Handlungen gründen immer auf einem
Macht der Yakuza in Neo-Tokio und der ganzen Welt. Die Lo-
yalität des Syndikats gilt ganz dem Oyabun des Watada-gumi.
Der Große Drache Ryumyo hat großen Einfluss auf diese
Gruppe. Früher wurde er dabei durch seinen Verbündeten
Jurojin vertreten, aber seit dieser frei wurde (absichtlich oder
zufällig – man weiß es nicht genau), hat der Drache persön-
lich an vielen Ratstreffen der Oyabuns teilgenommen.
Oyabun Maasaki Watada ist zurzeit der Anführer des
Watada-gumi und damit des Watada-rengo. Theoretisch
müsste jeder seiner Befehle befolgt werden, doch die Bin-
dung der Mitglieder hat mehr mit Tradition als Loyalität zu
tun, und der Oyabun muss jede Situation vorsichtig abwä-
gen. Der Watada-gumi selbst hat sein Hauptquartier in Chiba
und beherrscht die weltberühmten Implantat- und medizi-
nischen Kliniken dieser Gegend fast völlig.
Die stärksten Verbündeten des Watada-gumi in Neo-Tokio
sind die Mitglieder des Mita-gumi, des ältesten Syndikats in
Neo-Tokio, das von Jahren der Kämpfe innerhalb der Yakuza
bedauernswert geschwächt ist. Nominell ist der dreizehnjäh-
rige Hiroshi Mita der Oyabun des Clans, aber zurzeit wird
er von seinen Beschützern, dem Freien Geist Jurojin und
dem Großen Drachen Ryumyo, erst auf die wirkliche Macht-
übernahme vorbereitet. Inzwischen führt „Onkel“ Hiro
Yamajima als Kumicho die Geschäfte. Neben seiner Schutz-
gelderpressung dealt der Mita-gumi mit BTLs und anderen
Drogen – seit Kurzem auch mit BADs. Onkel Hiro glaubt,
das Geschäft mit dem Olaya-Kartell könne dem uralten Clan
wieder zur früheren Macht verhelfen.

GEISTERKARTELLE
115
 komplexen Plan. Er wird von fast der gesamten Yakuza in Neo-
Tokio respektiert und geehrt, obwohl nur wenige leichtsin-
nig genug sind, zu glauben, der Freie Geist agiere wirklich
uneigennützig nur in ihrem Interesse. Er bewegt sich viel zu
freimütig zwischen den Angehörigen der Alten und Neuen
Schule. Einzig sein mangelndes Interesse an zeitweiser Macht
lässt ihn nicht als Bedrohung für die Rengos erscheinen.
Ausländische Syndikate in Neo-Tokio
Während der Jahre des Yakuza-internen Kampfes und des
Wiederaufbaus von Neo-Tokio haben sich dort einige aus-
ländische Syndikate und ethnisch definierte Gangs nieder-
gelassen. Gegen diese „Außenseiter“ gibt es Vorurteile bei
den nationalistischen Bürgern und der rassistischen Yakuza.
Aber sie überleben, wie sie es überall tun, in den Immigran-
tenvierteln und denjenigen Gebieten, an denen die Yakuza
entweder kein Interesse hat oder wo sie zu schwach ist, um
die Fremden zu vertreiben.
Die Bratva ist die örtliche Organizatsi der Vory. Sie
operiert fast ausschließlich in den Docks, hat Verbindungen
nach Wladiwostok und betreibt Schmuggel und Prostituti-
on. Es gibt einige koreanische Gangs, die mit den Jo-Pok
DIE QUELLE
verbunden und in Matrixkriminalität wie illegalen Online-
Casinos oder gecrackter Software engagiert sind oder in den
Immigranten-Slums Schutzgeld erpressen. Die Triaden Sea-
Tou (Schlangenkopf) und Red Dragon Association wettei-
fern um die große chinesische Immigrantengemeinde und
schleusen illegale Arbeiter aus China, Korea und den Phil-
ippinen ins Land. Viele dieser Organisationen haben sich in
letzter Zeit auf den geschwächten Mita-gumi gestürzt und
ihm Reviere und Profite entrissen.
ABENTEUER-GERÜSTE
IN NEO-TOKIO
Die folgenden Abenteuer-Gerüste können irgendwann wäh-
rend des dreiwöchigen Aufenthalts der Olaya-Delegation in
Neo-Tokio stattfinden. Sie haben bleibende Auswirkungen
auf die Unterwelt der Megalopolis.
AUFGEFLOGEN
Die Polizei von Neo-Tokio hat eine Ladung Tempo (400
Kilogramm) abgefangen, die der Mita-gumi an die Bratva
verkaufen wollte. Jurojin integriert dieses Ereignis und die
Olaya-Delegation in seine Pläne: Die Runner bekommen
Geld, um korrupte Polizisten zu bestechen, die Drogen zu-
rückzuholen und sie dann an die Bratva zu verkaufen. Mit
anonymen Hinweisen werden Journalisten auf die Aktionen
hingewiesen, damit ausländische Lieferanten und Dealer als
Schuldige an der jüngsten Welle der Kriminalität erscheinen.
Auftakt
Mit Zustimmung von Uribe und Sacristán nimmt Onkel Hiro
das Team beiseite und bietet ihm einen Nebenjob an. Die
abgefangene Ladung wird in den Medien nicht sehr promi-
nent behandelt, da die gerade verkündete Schwangerschaft
der Kaiserin Hitomi alles überstrahlt. Hiro braucht ein paar
Ausländer, die die korrupten Bewacher der Ladung im Poli-
zeihauptquartier bestechen und sich dann als Verkäufer an
die Bratva betätigen sollen. Jeder von seinen Leuten würde
sofort erkannt, aber die Runner sind perfekt geeignet, da
man sie nicht kennt. Wenn sie annehmen, gibt ihnen Hiro
116 GEISTERKARTELLE
die Schlüssel zu einem Van, Kartensofts, den Zugang zu ei-
nem anonymen Online-Konto und genauere Instruktionen.
Szene 1
Zur Vorbereitung des Deals wurden die Drogen in ein As-
servaten-Lagerhaus des NTPD (Neo-Tokyo Police Depart-
ment) in Koto gebracht (S. 117). Die Runner bekommen
einen Wagen von SunMedia Trideo Repair für den Transport.
Im Lagerhaus treffen sie fünf korrupte Polizisten (verwenden
Sie den Streifenpolizisten, S. 336, SR4), die sich ihnen gegen-
über herablassend und unangreifbar gebärden. Für sie sind
die Runner nur Laufburschen, und kein Lakai der Yakuza
würde es wagen, in Neo-Tokio einen Polizisten zu töten.
Die Charaktere können sich so viel beschimpfen lassen,
wie sie wollen – wichtig ist nur, dass hundert 1kg-„Ziegel“
aus dem Lagerhaus in den Van kommen. Ob das Team die
Bestechungssumme (eine halbe Million Nuyen in Eastern-
Tiger-Konzernwährung) übergibt oder den Bullen die Seele
aus dem Leib prügelt, in das Lagerhaus einbricht und das
Geld behält, bleibt den Spielern überlassen. Dem Mita-gumi
ist das alles gleichgültig, solange die Aktion Erfolg hat.
Aufmerksame Charaktere können Spyball-Drohnen be-
merken, die unter Dachvorsprüngen einiger Nachbargebäu-
de versteckt sind. Sie wurden von Reportern nach Tipps des
Mita-gumi platziert, um den Deal für die Nachwelt festzuhal-
ten. Falls es zu Gewaltanwendung kommt, schädigt das nur
weiter das Image des extrem gewalttätigen Drogenhandels
und der Gaijin-Syndikate. Runner, die ungern Gegenstand
von Nachrichtensendungen werden, könnten die Kameras
sabotieren oder die Journalisten aufspüren.
Szene 2
Sobald der Van fertig beladen und die Cops bezahlt sind,
schließt das NTPD seine verdeckte Operation ab. Einer der
Polizisten ist ein Maulwurf. Er hat so getan, als wäre er kor-
rupt, um Beweise gegen die anderen zu sammeln – und er
hat Unterstützung. Ein SWAT-Team aus sechs Beamten (ver-
wenden Sie die Werte des FBI-Einsatzkommandos, S. 94)
bricht aus den Fenstern der umliegenden Gebäude hervor,
seilt sich auf die Straße ab und legt auf die korrupten Cops
an. Falls die Charaktere schnell reagieren, können sie mit
dem Van (und den Drogen) entkommen, ohne dass es zum
Schusswechsel kommt – die Verstärkung der Polizei ist noch
weit weg. Dabei wird einer der korrupten Polizisten versu-
chen, auf den losfahrenden Van aufzuspringen und sich mit
einem magnetischen Cyberarm festzuhalten. Wie die Run-
ner mit ihm umgehen, ist ihre Sache.
Die Charaktere könnten mit Recht fürchten, verhaftet zu
werden. Sie sitzen in einem großen Van, rasen über unbekann-
te Straßen, und die Bullen sind (mit ihren allgegenwärtigen
Verkehrsüberwachungsdrohnen) überall. Tatsächlich muss
sich das Team keine allzu großen Sorgen machen, da der Mi-
ta-gumi Vorkehrungen für eine erfolgreiche Flucht getroffen
hat (schließlich haben die Yaks der Polizei den Tipp gegeben).
Die Spieler sollten aber zuerst eigene Pläne schmieden. Wenn
sie „Onkel“ Hiro anrufen, sagt er, dass er eine Ablenkung ar-
rangieren wird, damit sie zur Bratva durchkommen. Und er
erinnert sie daran, sich ganz natürlich zu verhalten.
Szene 3
Das Treffen mit der Bratva findet in der berüchtigten AR-Bar
Black Shogun statt, die nur heute Nacht in einem großen
Erdgeschoss-Apartment in Ikebukuro angesiedelt ist. Die
Runner sind von den (physischen und virtuellen) Gästen ei-
nigermaßen abgeschirmt, da ihnen die Garage zugewiesen
wird (in der AR ein Tipi mit IC-Agenten in schwarzer Samu-
rai-Rüstung davor), wo sie den Van parken und den Deal mit
fünf schwer bewaffneten Sibiriern aushandeln können. Die-
se sehen wie Amerindianer aus, haben aber einen schweren
russischen Akzent (verwenden Sie die Werte für die Triaden-
bande, S. 328, SR4, mit einem Straßensamurai, S. 135, SR4,
als Anführer). Der Chemiker der Bratva schneidet einen der
Ziegel auf und erklärt den Stoff nach ein paar Minuten Test
für zu 98 % rein. Nun wird um den Preis verhandelt.
„Onkel“ Hiro hat den Runnern aufgetragen, 40.000 ¥
pro Kilo zu verlangen, aber verhandlungsbereit zu sein. Sie
können bis auf 25.000 ¥ runtergehen. Falls die Bratva mehr
ASSERVATEN-LAGERHAUS DES NTPD
(KIBA, KOTO)
Verbrechen erzeugen viele Beweisstücke, und im Haupt-
quartier des NTPD ist einfach nicht genug Platz für die Sün-
den von 45 Millionen Einwohnern. Die meisten Beweise,
die gerade nicht gebraucht werden, werden in dieses La-
gerhaus gebracht. Es ist ein Bunker aus Stahlbeton (Pan-
zerungsstufe 20, Strukturstufe 20), der als hässliches, mas-
siges Überbleibsel der Tage vor dem Wiederaufbau zwischen
zwei Wohnhäusern steht. Die Sicherheitsmaßnahmen vor
Ort sind vollständig automatisiert und ferngesteuert. Man
verlässt sich zur Abwehr potenzieller Diebe auf Schienen-
drohnen, Kameras und Magschlösser (Stufe 6). Ein AR-Po-
lizist (Agent Stufe 3, Pilot 3) fragt alle Besucher nach ihrer
Identifikation, antwortet höflich auf alle Fragen und bittet
sie, nicht vor dem Gebäude herumzulungern. Bei einem
Einbruch ist ein Einsatzkommando (abhängig von der Ver-
kehrslage) in drei bis fünf Minuten vor Ort.
Um etwas Bestimmtes in dem Lagerhaus zu finden,
muss man das lokale System hacken, wozu man innerhalb
des Gebäudes sein oder eines der unterirdischen Kabel an-
zapfen muss.
DAS BLACK SHOGUN (IKEBUKURO, IKEBUKORU)
Das Black Shogun ist eine höchst mobile AR-Bar mit einem
düsteren Country-und-Western-Thema. Seine Ikonografie
ist mit Totholz, gebleichten Rinderschädeln und Rollen von
rostigem Stacheldraht überladen. Es wird ein wenig gespie-
lt, vor allem Poker und Faro. Die Gäste können „Drinks“
kaufen, die durch kurze BTL-Aufnahmen von schwarzge-
branntem Alkohol und Ähnlichem dargestellt werden. Eine
der größten Attraktionen ist natürlich die Livemusik, die
in Echtzeit übertragen wird: von Gothabilly über Voodoo-
Blues bis Steelmill Industrial.
In den Schatten hat das Black Shogun auch einen ge-
wissen Ruf als illegale Wechselstube, wo Konzernwährung,
Nuyen und andere Nationalwährungen gehandelt werden.
Diese Transaktionen finden in einem virtuellen Tipi (ei-
gentlich einem anderen Knoten mit höherer Sicherheit)
statt. Dort kaufen die Gäste auch unbeobachtet ihre Spiel-
chips. Man kann vom Black Shogun nach Voranmeldung
auch große Geldtransfers abwickeln lassen.
Diesmal liegt es in einem verlassenen Wohngebäude.
Besucher, die keine AR sehen, erkennen nur, wie etwa ein
Dutzend Leute herumwandert und mit der Luft spricht (die
virtuelle Bar ist wesentlich voller). Der Eingang ins Tipi
liegt auf dem Garageneingang, der von einigen Kampfha-
ckern der Vory bewacht wird (verwenden Sie die Werte des
Anführers der Roten Samurai, S. 327, SR4). Die Toilette in
dem kleinen Badezimmer ist mit gebrauchten Nadeln und
Patches verstopft. Die meisten Gäste scheinen Waschbe-
cken und Badewanne zu benutzen.
GEISTERKARTELLE
als 40k bezahlt, dürfen die Runner zehn Prozent der Diffe-
renz behalten. Wenn sie also den Preis auf 50.000 ¥ je Kilo
hochtreiben können, ergäbe das bei 100 Kilos 100.000 ¥ ex-
tra – 10 % der zusätzlichen Million.
Sobald man handelseins ist, übernimmt der Kassierer des
Black Shogun die Bankgeschäfte: Beide Parteien geben ihm die
Kontonummern, und er transferiert das Geld (für eine nicht
verhandelbare Gebühr von 3 %). Nun müssen die Runner nur
noch die Schlüssel zum Van übergeben und verschwinden.
Showdown
Beim Öffnen des Garagentors durchflutet das Licht von
Suchscheinwerfern der Polizei den Raum. Hinter den blen-
denden Lichtern verlangt jemand in gebrochenem Englisch,
man solle sich ergeben. Wieder will das NTPD eine gezielte
Razzia durchführen und die Bratva erwischen, wie sie ei-
ne große Menge an Tempo kauft. Die meisten Runner wür-
den wohl gerne abhauen, aber das wird schwierig. Beamte
in Zivil haben sich unter die Gäste gemischt. Sie sind mit
nicht-tödlichen Waffen ausgerüstet, um etwaige Dealer zu
erwischen, die durch das Apartment fliehen wollen. Beim
ersten Anzeichen der Polizei schließt die AR-Bar und alle
DIE QUELLE
Gäste werden ausgeworfen. Die Bratva will sich den Weg
freikämpfen – sie setzen mit dem Van zurück und nehmen
die Polizisten mit ihren AK-97 unter Feuer.
Ganz offensichtlich handelt es sich um eine Falle. Eine
schlaue Gruppe wird sich hinwerfen und die Hände auf den
Kopf legen. Dann läuft alles recht einfach, denn Onkel Hiro
wird dafür sorgen, dass man sie ein paar Kilometer entfernt
unbemerkt absetzt. Wenn das Team sich aber der Verhaftung
widersetzt, sollte der Spielleiter Taser, Magie, Pain Inducer
und Überzahl einsetzen, um es gefangen zu nehmen. Sollte
allerdings einer der Polizisten verletzt oder getötet werden,
wird alles komplizierter. Dann müssen die Runner vielleicht
eine Nacht im Verhörraum mit übel gelaunten, gewalttätigen
Bullen verbringen, bevor sie am Morgen entlassen werden
– gerade rechtzeitig, um in den Medien zu sehen, wie die
Polizei heldenhaft gegen korrupte Beamte und grässliche
ausländische Drogendealer vorgeht.
Folgen
Zum Glück wird das Team auf den Aufzeichnungen kaum zu
identifizieren sein. Sonst ergäben sich später auch schwere
Probleme mit Reportern und Polizei, denn Haftbefehle und
Steckbriefe würden über die Matrix von Neo-Tokio bis Los
Angeles verbreitet. Wenn die Runner die Drogen verloren
oder nie bekommen haben, ist „Onkel“ Hiro zwar enttäuscht,
aber nicht verwundert. Schließlich sind sie nur Gaijin. Bei
einem Erfolg könnte „Onkel“ Hiro auf die Idee kommen, das
Team sollte dieselbe Sache noch einmal mit der Red Dragon
Association in Yokohama machen.
BAUERNOPFER
Der Mita-gumi hat zwar seine Beteiligung am Tempo-Ge-
schäft verborgen, doch als die Razzien beginnen und er sich
im Revier der geschwächten ausländischen Syndikate aus-
breitet, bleibt das nicht unbemerkt. Das Gleichgewicht der
Kräfte in der Unterwelt ist bedroht. Der Wanibuchi-rengo
will dagegen vorgehen, indem er ein paar der mysteriösen
Gäste von „Onkel“ Hiro kidnappt, um sie als Verhandlungs-
masse zu benutzen. Zum Unglück dieser Geiseln haben die
anderen Geisterkartelle einen Geisterrat einberufen, und
Henry Uribe muss sich um andere Dinge kümmern. Er will
lieber den Schaden begrenzen und weiterziehen, bevor er
in eine ungünstige Lage gerät.
117
 Auftakt
Der Kodachi-gumi ist für seine Gewalttätigkeit bekannt. Sein
schneller und überraschender Überfall auf das Quartier der
Olaya-Delegation in Neo-Tokio geht dementsprechend von-
statten. Beim ersten Anzeichen von Ärger werden die Charak-
tere sofort zu Hilfe gerufen, aber sie sind gerade am anderen
Ende der Stadt, um eine Leiche in der Bucht zu entsorgen.
Als sie ankommen, ist alles schon vorbei. Brandspuren und
kleine Feuer – von improvisierten Brandsätzen oder Feuer-
bällen verursacht, schwer zu sagen – verunzieren die Ruinen
des Foyers. Leichen liegen herum, wo sie gestorben sind.
Henry Uribe blutet aus einem kleinen Schnitt über dem Au-
ge. Einer seiner Begleiter erzählt, was passiert ist, während er
eine Machete aus der Brust eines toten Yaks zieht. Sacristán
und Jorge Rhys wurden gefangen genommen und Uribe wur-
de abberufen. Er will so schnell wie möglich aufbrechen.
Szene 1
Nun ergibt sich ein moralisches Dilemma. Spielleiter soll-
ten möglichst viel Emotionen erzeugen, indem sie alle Ver-
bundenheit mit Sacristán oder Rhys betonen und auf die
DIE QUELLE
KODACHI-STÜTZPUNKT (IZUMI, YOKOHAMA)
Das dreigeschossige Gebäude in Yokohama ist eine umgebaute
Feuerwache. Die großräumige Garage dient nebenher auch als
Werkstatt. Der erste Stock ist zur Hälfte Büro und zur Hälfte Club-
haus mit Wohngelegenheit. Dort halten sich Kobun des Kodachi-
gumi auf, um sich die Wünsche und Beschwerden der Nachbarn
anzuhören, mit der Polizei zu sprechen oder zur Entspannung zu
spielen. Die Mauern sind massiv (Panzerungsstufe 16, Strukturstu-
fe 13) und mit WiFi-abschirmender Farbe gestrichen (Stufe 8). Im
obersten Stockwerk liegen das Büro des Oyabun und ein Apart-
ment, in dem er seine Geliebte bewirten kann. Der größte Teil aber
118 GEISTERKARTELLE
schrecklichen Dinge hinweisen, die beim Kodachi-gumi mit
den Opfern geschehen könnten, sofern man den Gerüchten
glaubt. Einigen Runnern ist das vielleicht egal; manche mö-
gen sich sogar erhoffen, statt Sacristán Uribes rechte Hand
zu werden. Sollten sie mit dem Plan zur Rettung der Gei-
seln an Uribe herantreten, gibt er ihnen 24 Stunden, bevor
er dafür sorgt, dass man „sich um die Geiseln kümmert“.
Er könnte sogar die Charaktere anweisen, die Geiseln zum
Schweigen zu bringen, bevor diese zu viel erzählen.
Falls die Runner sich nicht für die Rettung von Sacristán
oder Rhys interessieren, sollen sie bei den Reisevorberei-
tungen helfen. Während des Packens kommen Vertreter des
Mita-gumi und erklären, wer die Delegation warum ange-
griffen hat.
Szene 2
Wenn die Runnern nach den Geiseln suchen wollen, erfor-
dert das zunächst Beinarbeit. Am logischsten wäre es, zuerst
den Stützpunkt des Kodachi-gumi in Yokohama zu unter-
suchen, aber das Team kann seine Connections – auch im
Mita-gumi – noch eingehender befragen oder selbst ein paar
wird von einem traditionellen Tätowier- und Körperschmuckstudio
eingenommen (Magisches Refugium Stufe 6), wo die Mitglieder
ihre Irezumi und die Perlen erhalten, für die der Kodachi-gumi be-
rühmt ist. Über dem Stockwerk liegt ein Hüter (Kraft 5).
Im Gebäude befinden sich rund um die Uhr zwischen zehn
und dreißig Kumi-in (Soldaten, verwenden Sie die Triadenban-
de, S. 328, SR4) und drei bis fünf Kobun (Anführer, verwenden
Sie die Abteilung der Roten Samurai, S. 327, SR4). Jeder Kobun
hat einen auf Stufe 3 intensivierten Spruch mit Intensivierungs-
materialien (S. 233, SR4). Die Gefangenen werden im obersten
Stockwerk im Magischen Refugium festgehalten.
Nachforschungen anstellen. Es braucht wertvolle Zeit, an die
Informationen zu kommen, und die Uhr tickt. Uribe könnte
schon in ein paar Stunden den nächsten Suborbitalflug nach
Los Angeles nehmen.
Falls die Runner wenig Erfolg dabei haben, könnte es
sich als Glücksfall erweisen, dass zwischen dem Wanibuchi-
rengo und dem Mita-gumi Verhandlungen eröffnet werden.
Der Kodachi-gumi wird seine Geiseln als Vertrauensbeweis
mitbringen. Es wäre sehr knapp, aber die Runner könnten
es gerade noch schaffen, Rhys und Sacristán zu befreien und
rechtzeitig zum Flughafen zu kommen.
Szene 3
Ein diplomatischer Weg wäre es, eine Unterredung mit dem
Oyabun oder ältesten Kobun des Kodachi-gumi zu führen,
um die Geiseln freizukaufen. Dem wird er besonders zu-
gänglich sein, wenn ihm klar wird, dass weder der Mita-gumi
noch die Arbeitgeber der Gefangenen etwas um diese ge-
ben. Als Lösegeld wird eine halbe Million Nuyen verlangt;
also 250.000 ¥ pro Geisel.
Sollten die Runner nicht genug Geld dafür haben, kön-
nen sie ihren zukünftigen Lohn von Henry Uribe verpfän-
den oder die Bezahlung in Tempo abwickeln. Oder Sacristán
könnte die Verhandlungen übernehmen und ihr Wissen
über die Finanzen des Kartells nutzen, um die Bezahlung
von ihrem Treuhänderkonto zu bestreiten.
Wenn die Runner gute Argumente dafür bringen, die
Geiseln nicht weiter festzuhalten (wie etwa Vergeltungsmaß-
nahmen oder Mangel an Vorteilen), und zwar kein Geld,
aber eine gute Reputation haben, lässt der Kodachi-gumi die
Gefangenen auch auf Kredit frei. Dann würden die Runner
ihm 500.000 ¥ in Gütern oder Dienstleistungen schulden
und die Yaks könnten diese Schulden an andere verkaufen
– auch an die Feinde der Runner. Wenn sie ihre Schulden
nicht begleichen, leidet ihr Ruf und es werden plötzlich Leu-
te auftauchen, die ihre Organe und Implantate als Bezah-
lung verlangen.
Showdown
Wenn die Runner keine Verhandlung wollen, wird es auf
List oder Gewalt gegen den Kodachi-gumi hinauslaufen. Die
Geiseln können entweder im Kodachi-Stützpunkt in Yoko-
hama oder auf dem Weg zum Treffen mit dem Mita-gumi (im
Hinterzimmer eines Salons in der Pachinko Street) befreit
werden.
Nachdem die Runner die Geiseln – egal auf welche Art
– herausgeholt haben, müssen sie sich beeilen, den Flug-
hafen zu erreichen. Wenn die 24 Stunden Frist schon abge-
laufen sind, müssen sie auch den Anschlägen der Mietkiller
Uribes ausweichen. Diese sind modifizierte japanische Ex-
Marines, inklusive einem Scharfschützen und Nahkampf-
IM GEFOLGE DES DIPLOMATEN
Henry Uribe will seine Tour zu Ende bringen, während Sa-
cristán ein paar Wochen Zeit hat, in Los Angeles den Gei-
sterrat vorzubereiten. So können Spielleiter die Gruppe
weiter durch andere Sprawls, wie Wladiwostok, Honolulu
oder Portland, führen. Die Runner können dort ein paar
Abenteuer erleben, bevor sie zur Unterstützung Sacristáns
nach L.A. geschickt werden.
GEISTERKARTELLE
ENDSTATION
Falls die Runner nicht mehr als Laufburschen des Kartells
arbeiten wollen, wird Sacristán sie gerne bei der Ankunft
in Los Angeles bezahlen und zum Ausgeben der hart ver-
dienten Nuyen entlassen. Wenn sie trotzdem noch etwas
von den Runnern erledigt haben möchte, könnte die Be-
zahlung in Konzern-Pesos von Aztechnology geschehen.
Die Charaktere können dieses Geld in Los Angeles und
auch anderswo kaum ausgeben, nur in Niederlassungen
von Aztech oder in Aztlan selbst. Sacristán kann dann an-
bieten, das Geld nach einem weiteren Job in Nuyen um-
zutauschen, mit Bonus...
Spielleiter könnten auch die Gelegenheit wahrneh-
men, die Runner eine Weile gegen das Olaya-Kartell laufen
zu lassen. Bei der Zusammenarbeit mit örtlichen Gangs
und Syndikaten wird sich ihr Wissen als sehr wertvoll er-
weisen.
spezialisten mit maßgefertigten Cybergliedmaßen direkt
DIE QUELLE
aus Chiba. Aber es sind keine Adepten, Metas oder Ma-
gier dabei (verwenden Sie passende Beispielcharaktere
aus SR4). Zum Glück ist ein bewegtes Ziel in öffentlichem
Raum schwer zu treffen. Daraus könnten die Runner einen
Vorteil ziehen, wenn sie in Bewegung bleiben und in der
Masse untertauchen.
Falls das Team es nicht schafft, Sacristán zu retten, sorgt
Jurojin für ihre sichere Rückkehr, behält aber Jorge Rhys für
seine eigenen Zwecke.
Folgen
Es ist durchaus möglich, dass die Charaktere den Flug ver-
passen, in Neo-Tokio festsitzen und einen anderen Weg hin-
aus suchen müssen. Sacristán ist ihnen für die Rettung sicher
sehr zu Dank verpflichtet und wird versuchen, das irgendwie
gutzumachen. Jorge Rhys ist auch dankbar, kann aber nicht
viel mehr tun, als die Runner mit Tempo zu versorgen oder
als eher esoterische Connection zu dienen.
ABLEGER UND NEBENJOBS
IN NEO-TOKIO: ABENTEUER-IDEEN
 In der Chosun Alley liegt ein wichtiges Zentrum der kore-
anischen Syndikate in Japan, aber die Polizei kann ohne
echte Beweise keine großen Razzien durchführen. Das
Team soll dreißig Kilo Tempo verstecken und dann mit ei-
nem Reporter zurückkehren, um die Beweise zu „finden“
und an die Polizei zu übergeben.
 Eine Tochtergesellschaft von KondOrchid in Japan wird
von den Sokaiya des Watada-rengo auf subtile Weise
angegriffen. Die Buchhalter der Yakuza kaufen Schuld-
verschreibungen der Gesellschaft, um eine Übernahme
vorzubereiten. Diese Übernahme soll absichtlich schei-
tern, indem eine andere Transportgesellschaft, South
Sea Imports, Ltd., als weißer Ritter auftritt und eine Be-
teiligung verhindert. South Sea Imports gehört dem Ko-
mata-kai, einem Syndikat aus Amazonien, das mit dem
Mita-gumi verbündet ist. Mit den Aktien hätte South Sea
Imports eine Sperrminorität, was die Position des Mita-
gumi gegenüber dem Olaya-Kartell verbessern würde.
Sacristán beauftragt die Runner, den Übernahmever-
such zu verhindern, indem sie die Schuldverschreibun-
gen stehlen.
119
 LOS ANGELES: VOR DEM STURM
Die Lage in Lateinamerika spitzt sich zu, denn die anderen
Geisterkartelle setzen das Olaya-Kartell unter Druck, weil es sie
alle verdächtig gemacht und dafür nicht einmal etwas vom Ge-
winn abgegeben hat! Das Olaya-Kartell ist mit der Einberufung
eines Geisterrates einverstanden. Die Köpfe aller Geisterkar-
telle sollen sich auf neutralem Gebiet treffen. Als Tagungsort
wählt man Los Angeles, den großen Umschlagplatz für Tempo
im California Free State und den südlichen NAN.
Uribe führt seine Tour um den Pazifik zu Ende und
schickt Sacristán nach L.A., um das Treffen vorzubereiten
(vorausgesetzt, dass sie Bauernopfer überlebt hat; sonst
wird aus Ecuador ein Ersatz geschickt). Wenn es möglich ist,
will Sacristán die Runner nach L.A. mitnehmen (besonders,
wenn diese versucht haben, sie in Neo-Tokio zu retten).
Die Geisterkartelle von Lateinamerika sind unabhängi-
ge Gruppen mit eigenen Geschichten, Rivalitäten und Ge-
schäftsinteressen, aber mit gemeinsamen Feinden: Aztlan
und die drei Drogenkartelle, die in den ersten Jahren der
Sechsten Welt Aztechnology gründeten. Der Aufstieg von
Aztechnology geschah auf Kosten der Geisterkartelle, die
verfolgt, zerschlagen und zur Flucht gezwungen wurden, als
DIE QUELLE
ein Land in Lateinamerika nach dem anderen unter Aztlans
Herrschaft fiel. Die Geisterkartelle sind zwar zerstrittene
lateinamerikanische Drogendealer, aber in ihrem Hass auf
Aztlan sind sie vereint. Darin haben sie einen gemeinsamen
Nenner, um ihre Differenzen zu überwinden und gegen den
Feind zusammenzuarbeiten.
Der Geisterrat besteht aus den Führern und manchmal
Unterbossen der Geisterkartelle, die gemeinsam Angelegen-
heiten behandeln, die alle Kartelle betreffen oder Frieden stif-
ten, wenn zwei von ihnen einen Konflikt anfangen, der die
Geschäfte der anderen schädigt. Natürlich werden Ort und
Zeit der Treffen strikt geheim gehalten, denn Aztlan und Az-
technology würden sicher gerne alle auf einmal vernichten.
WAS GEHT IN LOS ANGELES VOR
Henry Uribe, der Botschafter des Olaya-Kartells im Pazifik-
raum, hat die Deals mit den örtlichen Syndikaten meisterhaft
abgeschlossen. Leider hat das Glück des Kartells die Aufmerk-
samkeit der anderen Geisterkartelle geweckt, die unter der
Konkurrenz, der Medienaufmerksamkeit und den Auswir-
kungen des Drogenkriegs leiden. Außerdem wollen sie auch
ihren Anteil bekommen. Der Geisterrat wird einberufen, um
zu einem für alle befriedigenden Kompromiss zu gelangen.
AUF EINEN BLICK: LOS ANGELES
Bevölkerung: 20.500.000+
Menschen: 64 %
Elfen: 11 %
Zwerge: 3 %
Orks: 19 %
Trolle: 2 %
Andere: 1 %
Bevölkerungsdichte: 750+ pro Quadratkilometer
Durchschnittseinkommen: 57.000 ¥
Unter der Armutsgrenze: 47 %
Personen mit Konzernzugehörigkeit: 62 %
Krankenhäuser: 60
DocWagon-Kliniken: 25
Verbrechensrate: 28 pro 1.000 im Jahr
120 GEISTERKARTELLE
Sacristán hat vier Wochen Zeit, den Rat und die Treffen
von Uribe mit seinen örtlichen Partnern vorzubereiten. Zu-
erst geht sie zu Tse Ye Mu von den Koshari, dann zu Rosa
Azul von der örtlichen Ancients-Abteilung, um die Versor-
gung mit Tempo in Uribes Namen zu verhandeln. Die Ver-
zögerungen in Neo-Tokio haben die Tour etwas hinter den
Zeitplan zurückgeworfen.
Nach diesen Formalitäten widmet sich Sacristán der
Logistik und Sicherheitsplanung für den Rat. Sie besichtigt
verschiedene Örtlichkeiten und mietet dann gleich drei da-
von, um für Ablenkung zu sorgen: Eine Villa in Fun City, ein
Anwesen in Malibu und die obersten beiden Stockwerke
der Baltimore Towers, eines Wolkenkratzers in Downtown.
Sacristán schickt dann ihr Runnerteam aus, die Baltimore
Towers auf Herz und Nieren zu prüfen und, basierend auf
den eigenen Berufserfahrungen, eine Risikoeinschätzung
und mögliche Angriffsszenarien zu entwerfen.
Partyvorbereitungen
Ein kleines Problem ergibt sich, als ein Mitglied der Ancients
stirbt, das acht Kilo Tempo als kleine Aufmerksamkeit für die
Jefes auf Besuch liefern sollte. Unfälle und gelegentliche Ver-
luste gehören zum Geschäft, aber bei diesem Mord ist an der
Vorgehensweise etwas, das Sacristán beunruhigt. Sie erhöht
die Sicherheitsmaßnahmen aus Angst, mit Aztech verbündete
Gangs in L.A. könnten versuchen, den Geisterrat zu stören.
Ihr Verdacht ist wohlbegründet. Ein Maulwurf von Aztech
in einem der Kartelle hat den Konzern von dem bevorste-
henden Geisterrat – wenn auch nicht vom Ort – unterrich-
tet, und der Megakon streckt seine Fühler nach Aktivitäten
der Kartelle in der Stadt aus. Dafür werden nicht nur die
Connections bei der Gang Los Angeles Ardientes (Burning
Angels), sondern auch eine seltsame Allianz mit dem Mob
von L.A. genutzt. Die Mafia ist von der Verletzung ihres Re-
viers durch die Koshari und Ancients, die auf einer Welle
von Tempo-Geld reiten, gar nicht erbaut. Tempo ist die Dro-
ge der Saison für die Schickeria in der Stadt der Engel, und
als natürliche Erwachte Verbindung ist es nach den Pueblo-
Gesetzen nicht einmal illegal – obwohl sich das ändern wird.
Die Koshari und Ancients machen großen Gewinn mit der
Versorgung von L.A. sowie dem Schmuggel nach CalFree
und San Francisco.
Der Tag des Rates rückt näher, und die Ankunft der
Jefes beginnt. Sacristán schickt ihre besten Leute, um
Graciela Riveros zu den Baltimore Towers zu eskortie-
ren. Leider werden ihre schlimmsten Befürchtungen be-
stätigt. Aztlan hat Leute vor Ort, die die Jefa auf ihrem
Weg durch die Stadt kidnappen sollen. Dadurch ist diese
gezwungen, die Angreifer mit ihrer Eskorte vom eigentli-
chen Treffpunkt des Geisterrates wegzulocken (Problem
im Anmarsch, S. 122).
Als Riveros endlich eintrifft, hat der Geisterrat längst be-
gonnen.
BRENNPUNKT: LOS ANGELES
Los Angeles (und ein ordentliches Stück vom California Free
State) wurde im Jahr 2061 vom Pueblo Corporate Council
annektiert. Seitdem ist die Stadt ein Brennpunkt verschie-
dener Konzerninteressen – besonders durch den kome-
tenhaften Aufstieg der Horizon Group. Der Sündenpfuhl
Hollywood ist tief gefallen, als ein Tsunami und Erdbeben
gleichzeitig die Stadt verwüsteten. Dabei stürzte ein Netz-
werk uralter Tunnel ein und ein Großteil der Stadt wurde
überflutet. Doch die Angelinos sind hart im Nehmen – es
braucht mehr als ein bisschen Wasser, um die strahlenden
Simstars auszulöschen.
 Weitere Informationen über Los Angeles finden Sie im
Quellenband Konzernenklaven.

Drei sind einer zu viel

Es ist wohlbekannt, dass Aztechnology rasend ist vor Wut
über den Gang der Dinge in Los Angeles. Sein Engagement
in anderen Gebieten hat den Kon um den Sieg gebracht,
und das darf nicht so bleiben. Im ehemaligen Ute-Territo-
rium gibt es einige Unterstützer, und das gibt Aztechnology
die Möglichkeit, den PCC zu einer Abstimmung über eine
Wiedererteilung der Geschäftslizenz zu zwingen. Wenn es
Aztechnology gelingt, die große Bevölkerung von L.A. zu be-
einflussen, kann die Abstimmung zu seinen Gunsten verlau-
fen. Und das Schwierigste dabei ist – wie bei jeder Stadt, in
der Horizon vertreten ist –, einen PR-Feldzug zu gewinnen.
Tempo und der Aufruhr, den es in allen Gesellschafts-
schichten erregt hat, sind dafür die ideale Basis. Der PCC hat
alle Hände voll zu tun, um die Ausbreitung dieses Flächen-
brandes zu verhindern. Horizon greift nur dann ein, wenn
sein Profit in Gefahr ist.
Aztechnology will bereitstehen, wenn sich die öffentliche
Meinung gegen die neueste Designerdroge wendet. Daher

sind Leute des Konzerns im Geheimen in der Stadt ausge-
schwärmt, haben Informationen gesammelt, die schlimms-
ten Gewaltausbrüche der Gangs publik gemacht und die
dunklen Suchtgeheimnisse der Stars entdeckt. In anderen
Sprawls spielt sich der Krieg gegen Tempo in dunklen Gas-
sen und zwischen Syndikaten und Gangs ab. In L.A. findet er
unter reger Anteilnahme der Medien statt ... und genau dar-
auf hat Aztech gewartet. Diesmal soll nichts schief gehen.
Wellenschlag
Die Geisterkartelle haben L.A. ausgesucht, weil es neutra-
les Gebiet ist und Aztechnology hier minimalen Einfluss hat.
Schließlich haben Horizon und PCC hart daran gearbeitet,
dass Aztech keinen Fuß ins Pueblo-Territorium bekommt.
Welcher Ort könnte sicherer sein als eine Konzernenklave,
in der Aztechnology nicht angreifen kann, ohne eine Vergel-
tung durch Pueblo und Horizon zu erwarten? Dies wird sich
aber als fataler Fehler herausstellen.
Als die Aufklärer von Aztechnology Wind von dem Tref-
fen bekommen, wird alles in Bewegung gesetzt, um dage-
gen loszuschlagen. Ein Angriff im Licht der Öffentlichkeit auf
dem Gebiet des PCC ist riskant. Doch die Azzies glauben, sie
könnten die öffentliche Meinung für sich einnehmen, sodass
der PCC nicht zurückschlagen kann. Die Popularität von Az-
technology würde durch einen Schlag gegen die Kriminellen,
die hinter der verheerenden Droge stehen, steigen (und zu-
gleich würden PCC und Horizon als machtlos erscheinen).
Aztechnology verbündet sich mit Interpol, um zu mehr Au-
torität und internationalem Ansehen zu kommen, und macht
sich bereit, die Geisterkartelle ein für alle Mal zu vernichten.
DIE QUELLE
Die Koshari
Die Koshari sind ein Syndikat von ansässigen Amerindianern,
das meist mit Talishandel, magischen Zutaten und illegalen
magischen Diensten sein Geld verdient. Sie sind auch Kun-
de des Olaya-Kartells und versorgen L.A. mit Tempo. Tse Ye
Mu ist ein Magieradept und Kopf der magischen Geschäfte
der Koshari in Los Angeles. Wenn er Unterstützung braucht,
wendet er sich an seine Vorgesetzten in Las Vegas.
Das Stammessyndikat war in L.A. immer ein wenig un-
terrepräsentiert. Es kam zeitgleich mit der Eroberung von
Los Angeles durch den PCC hier an, doch die Mafia war gut
eingebunkert und ließ sich kaum etwas von ihrem Revier ab-
nehmen. Viele Ressourcen wurden für die Kontrolle von Las
Vegas gebraucht. Der Vertragsabschluss zum Tempo-Vertrieb
mit dem Olaya-Kartell war eine einzigartige Chance.
Tse Ye Mu will sich bei seinen Vorgesetzten in Las Vegas
einen Namen machen. Nun ist er von Seiten der Triaden und
der Burning Angels unter Druck, die die Verteilungszentren,
Schmuggelrouten und Mitglieder der Koshari angreifen. Tse
Ye Mu will nicht in Las Vegas um Unterstützung bitten, aber
vielleicht schicken die Bosse sie trotzdem. Als er davon er-
fährt, dass die Ancients sich in den Tempo-Markt einschlei-
chen, hat er keine Wahl: Er muss zurückschlagen. Doch die
Ancients haben auch einen Vertrag mit dem Olaya-Kartell.
Tse Ye Mu muss vorsichtig sein, sonst könnte er das Kartell
verärgern und sein Geschäft an die Triaden verlieren...

FREUNDE, FEINDE
UND SCHWIERIGKEITEN
Nicht nur Aztechnology nutzt das Tempo-Phänomen, um
den Status quo durcheinanderzubringen. In L.A. wird die
Unterwelt vom Mob dominiert. Kleinere Organisationen,
wie die ehrgeizigen Koshari, die berühmten Ancients oder
die angeschlagenen Triaden, wollen die Turbulenzen aus-
nutzen, um die Dominanz der Mafia zu brechen – was zu
seltsamen Allianzen führt.
Triaden
Wing, der Shan Chu der Sapphire Crane Society, ist ein
schlauer, alter Mann, der etwas vom Geschäft versteht. Er
hat sich mit einigen Straßengangs wie den Ancients und Bur-
ning Angels verbündet und deren Rivalitäten mit List und
Entschlossenheit unter Kontrolle gebracht. Die Tiraden sind
zwar traditionell eher an BTLs interessiert, doch Wing ist be-
reit, auf den fahrenden Zug aufzuspringen.
Traditionell versorgt die Mafia die Stars (aus Trideo und
Politik). Doch Wing erkennt, dass diese flatterhaften Ge-
schöpfe sich den Triaden zuwenden könnten, wenn er das

GEISTERKARTELLE
121
 Tempo-Geschäft in die Hand bekommt. Das würde einiges
an Ansehen und Profit einbringen. Er hat die Mafia bereits
langsam zu umzingeln begonnen – und die Anschläge auf
Capos und Soldaten persönlich koordiniert. Erdbeben, Flu-
ten und die resultierenden Zerstörungen haben große Lü-
cken ins Territorium der Triaden gerissen. Nun aber wirkt
das zu ihrem Vorteil, da die Mafia es schwer hat, die weit
verstreuten Triaden empfindlich zu treffen. Wings vorsichti-
ges Einbinden der Ancients und Burning Angels (und damit
der Anasazi) beginnt, sich auszuzahlen.
Die Ancients
Die rein elfische Go-Gang der Ancients ist in den Städten von
Nordamerika und darüber hinaus vertreten. Rosa Azul, die
Anführerin der L.A.-Ortsgruppe hat gute Verbindungen zu
den Konzernen, die die Stadt der Engel regieren – vor allem
zu Horizon. Und sie hat Kontakte zu Drogendealern in Tir
Tairngire und dem California Free State. Ihr langes, blaues
Haar verdeckt ein halb abgebissenes Ohr. Rosa Azul hat den
guten Ruf der Gang genutzt, um sie zum Hauptschmuggler
des Olaya-Kartells entlang des Nord-Süd-Korridors der I-5,
die von Seattle nach L.A. führt, zu machen. Das Kartell weiß
DIE QUELLE
nicht, dass sie nebenher angefangen hat, mit ihren eigenen
„Blue Rose“-Patches zu handeln.
Die L.A.-Ancients sind nicht sehr groß (75 Mitglieder),
aber gut organisiert und können sich aus anderen Städten
Verstärkung rufen, wenn es sein muss. Ihr größter Feind
waren die Latinos von den Burning Angels, aber auch die
Koshari sind bestenfalls zeitweilige Verbündete.
Als Wing von der Sapphire Crane Society Rosa vorschlägt,
die Koshari, die Vertragspartner des Olaya-Kartells in L.A., zu
unterlaufen, ist das verlockend. Sie zweigt ein wenig Ware
für die Triaden ab und bekommt dafür einen deutlich besse-
ren Preis als von den Koshari. Die natürliche Rivalität der An-
cients mit den Koshari bricht hervor, als die Triaden sich als
immer einträglicherer Geschäftspartner herausstellen. Bald
muss Rosa Azul eine schwere Entscheidung treffen: Soll das
Arrangement mit den Koshari weiter laufen oder soll sie zu
den Triaden wechseln...
Los Ángeles Ardientes (Burning Angels)
Die Burning Angels scheinen in eine Art Blutrache mit den
Koshari verstrickt. Das könnte die Auswirkung des Kampfes
zwischen Pueblo und Aztechnology auf der Straße sein (wo-
bei die Burning Angels den Azzies zuzurechnen wären). Es
könnte sich aber auch um persönliche Rache von Sage, der
schwer vernarbten Magieradeptin, die die Angels führt, sein
– man weiß es nicht genau. Sie findet Gefallen daran, sich
mit den Koshari anzulegen und ihren profitablen Lieferver-
trag zu verderben.
Die Angels haben militärisches Gerät und besitzen (für
eine Gang) eine bemerkenswerte Fähigkeit zu strategischem
Vorgehen. Damit können sie den Koshari das Leben zur Höl-
le machen, und die Triaden wollen das ausnutzen. Doch die
Allianz der Burning Angels mit einem Undercover-Team von
Jaguarwachen und Cuachicqueh-Kriegern von Aztechnology
(S. 170–171), das Sage von jemandem beim Konzern ausge-
liehen wurde, ist ein noch größeres Geheimnis. Innerhalb
der Gang kursieren Gerüchte, Sage habe bei einer Pilgerrei-
se in die Mojave-Wüste jemand Ranghohen von Aztechnolo-
gy getroffen und einen Deal mit ihm abgeschlossen. Selbst
die vertrautesten Leutnants wissen nichts Genaues. Jeden-
falls hat Sage alle Mittel der Jaguarwachen genutzt, um ihre
Gang zu trainieren, Informationen einzuholen und sicherzu-
stellen, dass die Los Ángeles Ardientes am Ende in L.A. das
Sagen haben.
122 GEISTERKARTELLE
ABENTEUER-GERÜSTE
IN LOS ANGELES
Das folgende Abenteuer-Gerüst findet kurz vor Beginn des
Geisterrats statt, während die Teilnehmer in Los Angeles an-
kommen. Wenn die Charaktere mit Uribe von Neo-Tokio aus
weitergereist sind, werden sie bei ihrer Ankunft sofort mit-
ten in die Action gezogen. Wenn sie aber Sacristán nach L.A.
begleitet haben, können Spielleiter einige Nebenjobs und
Wendungen einbauen, um die Wochen der Organisation des
Gipfels zu füllen.
PROBLEM IM ANMARSCH
Der Tag ist gekommen. Überall aus Lateinamerika kom-
men die Jefes und Jefas nach Los Angeles zum Geisterrat.
Sie wollen Angelegenheiten besprechen, die Zehntausende
Süchtige und Hunderttausende Gelegenheitskonsumenten
betreffen ... und Sacristán hat eine Heidenangst, weil eine
Kampftruppe von Aztechnology irgendwo in der Stadt lau-
ert, bereit zum Zuschlagen.
Auftakt
Graciela „Die Schöpferin“ Riveros ist eine berühmte Dro-
gendesignerin, Jefa des Olaya-Kartells in Caracas, und viele
halten sie für das Gehirn hinter Tempo. Sie kommt in ei-
nem Privatjet am John Wayne Airport (S. 123) an, und das
Team soll sie von dort aus zum Rat eskortieren. Sacristán hat
das Team instruiert, dass mit Widerstand auf dem Weg zu
den Baltimore Towers zu rechnen ist, aber sie hat auch eine
gute Nachricht: Sobald Riveros abgeliefert ist, wird sie alle
ausstehenden Zahlungen an die Runner leisten und sie aus
ihrem Dienst entlassen. Die Charaktere sollten mit Sacristán
gemeinsam den Weg vom Flughafen planen, bevor sie los-
fahren. Sie bekommen Zugangsberechtigungen von Kond-
Orchid für den Flughafen.
Szene 1
Am Flughafen beginnen sofort die Schwierigkeiten. Die
Bremsen des Flugzeugs versagen, als es zum Hangar des
Konzerns rollt, und die Nase des Jets kracht in einen Han-
gar. Die wartenden Runner müssen entscheiden, ob sie Ri-
veros aus dem Flieger holen oder auf Einsatzkräfte warten
wollen, die das tun. Die Runner sollten alarmiert sein, weil
diese verdächtig schnell erscheinen – nur Sekunden nach
dem Unfall – und es sich ausschließlich um muskulöse
Latinos oder Amerindianer mit militärischem Haarschnitt
und Löchern in den Ohren, wo vielleicht Goldringe gewe-
sen sein könnten, handelt. Wenn die Spieler zu blauäugig
oder unaufmerksam sind, legen Sie insgeheim Wahrneh-
mungsprobe ab, um auf die versteckten Waffen hinweisen
zu können. Im schlimmsten Fall können die Runner zum
Flugzeug rennen, wenn sie die ersten gedämpften Schüs-
se hören.
Die Runner müssen Riveros herausholen, während
ihre Bodyguards die vermeintlichen Einsatzkräfte aufhal-
ten, und sie durch den Flughafen zur Gepäckhalle brin-
gen, wo ihr GMC Bulldog (S. 396, SR4) wartet. Wenn die
Runner eine Eskorte der Ancients dabeihaben, werden
sie diese im Kampf mit einer Gruppe Burning Angels
vorfinden. Ansonsten wird das Fahrzeug des Teams ex-
plodieren, sobald die Runner aus dem Konzernterminal
kommen. Dann müssen sie ein anderes Transportmit-
tel finden und sich durch eine Gruppe Burning Angels
durchkämpfen.
 JOHN WAYNE AIRPORT (FUN CITY, L.A.)
Der John Wayne Airport ist ein kleinerer Flughafen am Rand des
Stadtgebietes von Los Angeles, über den viel Verkehr aus Latein-
amerika abgewickelt wird und der besonders bei Touristen, die
das Virtual Disneyland von Horizon besuchen, beliebt ist. Sicher-
heitsmaßnahmen und Zoll sind an diesem Flughafen nicht sehr
streng. Die Cyberwarescanner (Stufe 2) können generell keine
ungeladenen Cyberwaffen aufspüren. Die Chemsniffer sind ein
wenig besser (Stufe 3). Die Sicherheitsleute (verwenden Sie die
Konzernsicherheitseinheit, S. 326, SR4) sind ein wenig voreinge-
nommen gegen Anglos, und Bleichgesichter werden eher einer
Stichprobenkontrolle unterzogen. Die magische Sicherheit ist ein
Witz. Eine der Wachen hat die Gabe Astrale Wahrnehmung (S. 25,
Straßenmagie), Askennen 3 und Astralkampf 3.
Das Olaya-Kartell hat die Hälfte des Gepäckdienstes in der
Tasche. Rosa Azul bekommt ihre Flugnummern und Zahlungen
über einen toten Briefkasten. Sie besticht regelmäßig drei der
Zollbeamten, damit diese wegsehen, wenn die Tempo-Ladungen
ankommen und sie diese in einem Minivan abholt, der als Shutt-
lebus getarnt ist. Wenn die Runner korrekt mit ihr umgehen, leiht
sie ihnen diesen vielleicht.
DIE TIEFE LACUNA
Unter den überfluteten Straßen von Los Angeles gibt es Tunnel
und Abwasserkanäle, sogar ganze Straßenzüge, die die Erbeben
überlebt haben. Diese Tunnel werden als Tiefe Lacuna bezeichnet
und Experten halten sie für Alchera, magische Konstrukte, die
physische Substanz erlangt haben. Während der Erdbeben (oder
als Hunderte Tonnen an Gestein verschwanden, die schwere Ge-
bäude stützten) brachen Teile dieser Tunnel ein und füllten sich
mit giftigem Meerwasser.
Falls die Runner schlau genug waren, ein paar Ablen-
kungen zu inszenieren, werden diese einiges Feuer auf sich
ziehen, während sie die echte Riveros zu ihrem wartenden
Fahrzeug bringen.
Szene 2
Sacristán hat drei mögliche Routen vom Flughafen zum Ho-
tel ausgekundschaftet. Leider hat sie nicht mit Scharfschüt-
zen, einem Sprengkommando und einem Ares Citymaster,
der die Straße blockiert, gerechnet. Die Runner kommen im
Endeffekt nicht weiter als bis zur Hälfte des Weges, bevor sie
sich zu Fuß oder mit anderen Mitteln weiterbewegen müs-
sen. Wenn die Runner die Ancients in ihre Pläne mit einbe-
zogen haben, begleiten die Gangmitglieder sie und helfen
bei den Schusswechseln unterwegs.
Wasser- und Luftkissenfahrzeuge könnten, wegen der
großen Wasserflächen im modernen Los Angeles, eine gu-
te Möglichkeit zum Vorwärtskommen bieten. In diesem Fall
begegnet man einer Patrouille von zwei GMC Beachcraft
der Aztlaner auf der Suche nach Riveros und den Runnern.
Luftfahrzeuge, vor allem Hubschrauber, sind auch möglich
– doch dann muss man sich wieder in den Flughafen hinein-
kämpfen oder einen Umweg zu einem anderen Flughafen
machen.
Auch die Kanalisation und ihre Verbindungen zu den
gefluteten Tunneln der Tiefen Lacuna (S. 123) sind mögli-
che Transportwege. Die Ancients werden diese vorschlagen,
wenn die Lage hoffnungslos scheint. Hier wären die Chan-
cen am ehesten ausgeglichen. Die Aztlaner werden die Run-
ner verfolgen, aber sie sind auch nicht im Unterwasserkampf
ausgebildet.
GEISTERKARTELLE
Niemand hat diese Tunnel ganz erforscht oder kartografiert.
Es heißt, sie würden bis zum Ozean führen, sollen präkolumbia-
nische Artefakte enthalten oder sogar einen Stamm Merrow. Ama-
teurtaucher erzählen von Verbindungen der Tunnel mit der ge-
fluteten Kanalisation, von Schlundlöchern, die hundert Meter tief
sein sollen, in denen Schmuggler ihre Schätze verstecken, und von
versunkenen Tresorräumen. Manche der Tunnel sind vielleicht
nicht einmal geflutet. Forscher kennzeichnen die Tunnel oft mit
verschiedenen Zeichen, um auf sichere Passagen hinzuweisen.
Runner, die bei Vergeltungs-Erstschlag (S. 109) dabei wa-
ren, können ihre Fertigkeiten in Schwimmen und Tauchen hier
gut einsetzen. Weil die Tunnel ein astrales Konstrukt sind, sind
sie dual und ihre Wände im Astralraum unpassierbar. Dennoch
könnte ein unternehmungslustiger Zauberer sie per astraler Pro-
jektion auskundschaften.
DOWNTOWN LOS ANGELES
Downtown ist den Fluten vor allem durch Horizon wieder abge-
rungen worden. Die Straßen sind sauber, mit breiten Rollsteigen,
die Fußgängerverkehr (und Tourismus) ankurbeln sollen. In den
Alkoven entlang der Gebäude sind Kunstwerke aufgestellt, und
DIE QUELLE
hohe Palmen säumen die Straßen. Die meisten Gebäude wurden
gründlich saniert. Die Flutschäden sind beseitigt, und die Häuser
sind gemäß Horizons Art-Déco-Stil renoviert, um die goldene Zeit
Hollywoods zu repräsentieren.
Die AR ist allgegenwärtig, und jeder muss SIN und ID dau-
ernd übertragen. Das Geschäft lief nie besser und die blühende
Downtown zeigt das deutlich. Die Polizei des Pueblo ist diskret
präsent. Die neuen Autonomen Verbrechensbekämpfungssy-
steme von Horizon garantieren Frieden und Sicherheit für Besu-
cher und Einwohner.
Szene 3
Schlaue Runner könnten daran denken, dass es unklug
wäre, die Azzies zum Geisterrat zu führen. Falls sie das
übersehen, macht Riveros sie darauf aufmerksam. In
diesem Fall könnte die Gruppe die Richtung ändern,
Sacristán um Instruktionen bitten, oder beides. Dieser
plötzliche Wechsel des Vorgehens wird die Aztlaner über-
raschen und kann eine Flucht ermöglichen. Alternativ
könnten die Runner sich den Gegnern mit rauchenden
Kanonen stellen.
Ein offener Kampf mit den Truppen von Aztechnology ist
eine schlechte Idee. Die Verfolger gehören zu den elitären Ja-
guarwachen – alle entweder Adepten oder stark modifiziert.
Die Runner sind in einem direkten Gefecht wahrscheinlich
unterlegen, aber mit List und etwas Glück können sie ihren
Gegnern lange genug ausweichen oder sie übertölpeln, bis
die Flucht gelingt. Besonders entschlossene Runner könn-
ten die Azzies auch einen nach dem anderen ausschalten, bis
sie nicht mehr verfolgt werden.
Showdown
Nach vielen Schwierigkeiten kommen die Runner endlich
mit Riveros bei den Baltimore Towers an, wo das Treffen be-
reits begonnen hat. Es juckt in den Abzugsfingern und die
Runner sind angespannt, als sie die eigenen Sicherheitsleu-
te passieren, Handzeichen austauschen und das Bad nach
versteckten Attentätern durchsuchen, bevor Riveros, an der
sie wie Kletten kleben, sich frischmacht. Die Runner werden
einfach erleichtert sein, wenn sie das Paket endlich abgelie-
fert haben.
123
 Sacristán gratuliert ihnen, dass sie Riveros (mehr oder
minder, falls sie verletzt ist) heil hergebracht haben, und be-
zahlt die versprochene Summe. Sie hat aber auch noch mehr
Aufträge, wenn die Runner das wollen. Riveros braucht eine
Schutztruppe, weil ihre eigenen Bodyguards am Flughafen
verloren gingen.
Folgen
Die unmittelbarste Folge ist das nächste Kapitel, Todesstoß,
aber die Runner könnten Riveros so beeindruckt haben, dass
diese sie irgendwann wieder anheuern will. Auch die Azzies
werden sich an die Runner erinnern und auf Vergeltung sin-
nen. Das Team ist entlassen und könnte nach Hause gehen
... mit allen damit verbundenen Schwierigkeiten.
ABLEGER UND NEBENJOBS IN LOS ANGELES
 Die Runner sollen ihre fünfzehn Sekunden Ruhm bekom-
men, indem sie für die Koshari in einer viralen Marketing-
kampagne auftreten. Dort wird im P2.0- Netzwerk Tempo
als natürliches Arzneipräparat angepriesen.
DIE QUELLE
 Ein schmieriger Produzent aus L.A. hat Tempo probiert
und den Trip echt genossen. Wenn er die SimSinn-Auf-
zeichnung eines Trips bekäme, könnte er diese zu einem
echten Hit machen. Leider finden sich für den Preis, den er
zahlen kann, keine Darsteller, die bei laufender Aufzeich-
nung mit Drogen experimentieren wollen. Die Runner
sollen sein bevorzugtes „schönes, junges Sim-Sternchen“
erpressen, damit er sie zwingen kann, mit ihm Tempo zu
nehmen und das aufzeichnen zu lassen.
 Die Sicherheitskräfte des Pueblo versuchen, die Ausbrei-
tung von Tempo im Sprawl einzudämmen. Sie haben ei-
ne große Menge der Droge bei Dealern, in Fixerstuben,
WOHIN JETZT, CHEFIN?
Sollten die Runner keine Lust mehr darauf haben, für die
Olaya Delegation als Knechte zu arbeiten, hat Sacristán kein
Problem damit, sie – einmal in Los Angeles angekommen –
zu bezahlen und ihnen die Freiheit zu lassen, ihre hart ver-
dienten Nuyen auszugeben. Wenn sie es darauf anlegt, sich
die Dienste der Runner ein letztes Mal zu sichern, kann sie
die Charaktere mit Konzerngeld von Aztechnology auszah-
len, das sie allerdings nur in Aztlan oder in Einrichtungen
von Aztechnology ausgeben können. Sie verspricht den
Runnern, dieses Geld – sogar mit einem kleinen Bonus – zu
wechseln, wenn sie ihr einen letzten kleinen Gefallen tun.
Andererseits kann das natürlich auch dazu führen, dass
die Charaktere die Seiten wechseln und gegen das Olaya-
Kartell arbeiten – vor allem weil ihr Wissen über das Kartell
für kriminelle Organisationen, die nicht am Vertrieb des
Tempos beteiligt wurden, sehr interessant sein dürfte.
Natürlich können sich die Runner auch dafür entschei-
den, einfach die Geschehnisse weiter zu verfolgen und sich
nach Europa aufzumachen, und sich an der Euro-Tour be-
teiligen. Dort arbeiten sie zwar immer noch für das Olaya-
Kartell, allerdings für andere Bosse des Kartells. In diesem
Fall überspringen Sie einfach den Abschnitt Problem im An-
marsch und fahren mit dem nächsten Kapitel fort.
Nach der Euro-Tour können die Charaktere dann wie-
der nach Los Angeles reisen, um Graciela Riveros vom Flug-
hafen abzuholen, um Problem im Anmarsch zu spielen,
oder sie springen gleich zum Kapitel Todesstoß, wo sie mit
dem Abenteuer Flucht aus L.A. weitermachen.
124 GEISTERKARTELLE
auf Raves und Partys beschlagnahmt. Die Drogen wer-
den in einem gesicherten Lagerhaus auf dem Gelände
des Ontario Airport aufbewahrt. Ein bekannter Dealer
soll vor Gericht gestellt werden. Sein Anwalt wird gut
bezahlen, wenn die „Beweise“, die bei seinem Klienten
gefunden wurden, plötzlich verschwinden. Der Haken
dabei ist, dass eine solche Menge Tempo für einige
Gruppen, wie die Triaden, den Mob und die Burning
Angels, verlockend ist. Wenn eine davon hört, dass die
Runner die Drogen an sich gebracht haben, werden sie
alles tun, um diese zu finden.
SCHATTENBESETZUNG
Die folgenden Charakter-Werte dienen zum einfachen Ein-
bringen der wichtigen Handlungsträger in die Kampagne.
Wenn im Verlauf der Handlung der eine oder andere davon
stirbt, ist das nicht schlimm. Keiner von ihnen ist unsterblich
oder unersetzlich – egal, was sie selbst glauben. Das Olaya-
Kartell wird jemand anderen als Ersatz schicken, wenn das
nötig ist, selbst wenn die Gesandten alle ausgeschaltet sind.
SACRISTÁN
María Fyolek García Sacristán ist die rechte Hand und Ter-
minplanerin von Henry Uribe. Sie ist eine Frau Ende zwanzig,
die sich nichts gefallen lässt. Gesicht und Hautfarbe deuten
auf eine lateinamerikanische Abstammung hin, aber der
Schnitt ihrer Augen verrät ein wenig asiatisches Erbe – oder
sehr gute plastische Chirurgie. Sacristán ist zwar zart und
attraktiv, doch sie ist durch harte Arbeit, Rücksichtslosigkeit
und ihre Fähigkeiten so weit gekommen. Uribe vertraut ih-
ren Instinkten und ihrem Rat, und Sacristán enttäuscht ihn
nie. Sie benutzt zwar ihre weiblichen Reize, um sich durch-
zusetzen, aber sie kann auch sehr wohl auf sich aufpassen,
wenn jemand zu aufdringlich wird oder sie ausnutzen will.
Sie verschwendet, anders als Uribe, ungern Zeit mit
Förmlichkeiten oder Smalltalk. Ihr Geschäft sind Termine
und Zahlen, und sie erledigt alles so schnell und sicher, wie
es geht. Während der Tour ist sie für die Planung der Ope-
rationen zuständig, die nicht unauffällig durch die Sicher-
heitstruppe des Kartells durchzuführen sind. Sie zieht dafür
verlässliche Unabhängige mit Festanstellung der Anmietung
unbekannter Größen vor.
K G R S C I L W EDG ESS INI ID
3 4 4 4 5 5 5 6 6 3,76 9 1
Zustandsmonitor (Körperlich/Geistig): 10/11
Panzerung: 7/5
Fertigkeiten: Amazonisches Portugiesisch 6, Aztlaner
Spanisch M, Buchhaltung 6, Chinesisch 5, Datensuche 5,
Deutsch 1, Deutsches Bier 4, Einfluss 6, Englisch 5, Exotische
Nahkampfwaffe (Fußsporn) 4, Exotische Nahkampfwaffe
(Kniesporn) 4, Geisterkartelle 5, Japanisch 5, Konzernpolitik
4, Wahrnehmung 6, Wurfwaffen 4 (Wurfmesser +2)
Gaben und Handicaps: Kampfkunst (Sangre y Acero: +1
Würfel auf Angriffe mit Exotischen Nahkampfwaffen mit Cy-
berimplantaten an unüblichen Orten)
Bodytech: (alles Betaware) Aufmerksamkeitsbooster (3),
Booster (Endosymbiont), Einziehbarer Sporn (linker Fuß),
Enzephalon (2), Gefährte (Endosymbiont), Maßgeschnei-
derte Pheromone (2), Mathematische SPU, Metabolismusfil-
ter, Projektilsporn (linkes Knie), Schlankwurm
Ausrüstung: Teufelsanbeterinnen-Gift (als Parfüm getarnt),
acht Anzüge (Berwick Line) mit formangepasster Halbkör-
perpanzerung, Emogotchi-Armreif (3), Transys Avalon mit
Novatech Navi, drei falsche SINs (6), Pepper Punch Spray
(1 Dosis)
Kampftechniken: Finaler Schlag, Willenskraft fokussieren
Waffen:
 Knie/Fuß-Sporn [Exotische Nahkampfwaffe, Reichweite 1,
Schadenscode 5K, PB 0]
 Projektilsporn [Exotische Nahkampfwaffe, Schadenscode
5K/10K, PB 0, EM, RK 0, 1]
 4 Wurfmesser [Wurfwaffen, Schadenscode 3K, mit Gam-
maskopolamin überzogen (S. 297, SR4)]
 Defiance EX Schocker [Taser, Schadenscode 8G(e), PB
–Hälfte, EM, RK 0, 4(m)]
JORGE RHYS
Rhys ist ein braungebrannter Zwerg Anfang dreißig, dem
gesellschaftliche Umgangsformen, außer im professionellen
Umgang mit anderen Wissenschaftlern, völlig fehlen. Wenn
er „Doktor spielt“ (also einen Süchtigen oder die Wirkung
einer Drogenkombination / Dosierung untersucht), geht er
dabei konzentriert und völlig emotionslos vor. Wenn er nicht
arbeitet, liest er online Fachblätter oder sucht in Clubs nach
ein bisschen Entspannung. Er gehorcht Uribe und Sacristán
und hinterfragt seine Rolle nie. Drogen für die Massen zu
entwerfen ist ein ehrliches Geschäft, das ihm ein bequemes
Leben ermöglicht. Er weiß zwar um die Fallstricke der Sucht,
doch Jorges typisches Mittel gegen Stress ist es, eine Pille
einzuwerfen. Und freundlichen Charakteren gibt er gern ei-
ne Kostprobe einer der Dutzend Drogen, die er in seinem
Medkit hat.
K G R S C I L W EDG ESS INI ID
3 2 2 2 1 5 5 4 1 3,80 7 1 Schlag, Fußtritt, Rundumschlag, Schwache Hand
Zustandsmonitor (Körperlich/Geistig): 10/10
Panzerung: 3/3
Fertigkeiten: Amazonisches Portugiesisch M, Arcana 4 (Ma-
gische Präparate +2), Aztlaner Spanisch 1, Biotech 4, Bota-
nik 4 (Parabotanik +2), Chemie 7 (BADs +2), Elektronik 4,
Englisch 4, Geisterkartelle 3, Pharmakologie 5, Pistolen 1,
Straßendrogen 5, Survival 4, Wahrnehmung 3
Gaben und Handicaps: Pathogen- und Toxinresistenz (2),
Talentiert (Chemie), Ungehobelt
Bodytech: (alles Betaware) Bildverbindung (Retinamodifi-
kation), Blutkreislauf-Kontrollsystem, Datenbuchse mit Da-
tenbuchsengravur, Extremverdauung, Geruchsbooster (6),
Geschmacksbooster (6), Magennervstimulator, Nierensieb
(4), Toxinextraktor (6), Vitalmonitor
Ausrüstung: Jacke (Aces High) über Freizeitkleidung, Pro-
benkiste, Chemiekasten, Medkit mit einer Dosis aller Dro-
gen aus Arsenal 2070, Survival-Kit, Sonnenbrille (Ultraschall,
Bildverbindung, Mikroskopsicht), Atemgerät (6), drei Dosen
Tempo, angepasstes Kommlink mit heißem Sim-Modul und
ausgeschaltetem RAS-Unterbrecher [Prozessor 6, System 5,
Signal 5, Firewall 5, Analyse 4, Angriff 4, Ausnutzen 4, Black-
out 4, Schmöker 4, Scannen 4, Schleicher 4, Agent 5 (Pilot
5)], falsche SIN (6)
Waffen:
 Defiance EX Schocker [Taser, Schadenscode 8G(e), PB
–Hälfte, EM, RK 0, 4(m)]
HAK
Bei den Triaden ist der Sin Fung der Fels, der die Wellen
bricht, das erste Hindernis, dem sich Feinde stellen müssen.
Hak ist der Sin Fung der Black Chrysanthemums. Er ist das
vernarbte Gesicht der meistgehassten Triade in Hongkong,
der erste, den feindliche Gangs und Syndikate besiegen
müssen – und sie alle sind gescheitert. Haks Ruf muss nicht
GEISTERKARTELLE
durch Geschichten ausgeschmückt werden. In Hongkong ist
Hak jener, den die Feinde der Black Chrysanthemums fürch-
ten, und er nutzt dies klug aus. In der Walled City erlebt
aber auch er eine Schlacht, wie er sie nie gesehen hat. Und
etwas in seinem Inneren wird sich an ihrem dunklen Irrsinn
erfreuen.
K G R S C I L W M EDG ESS INI ID
4 5 6 (8) 4 2 5 4 6 8 3 6,00 11 (13) 1 (3)
Zustandsmonitor (Körperlich/Geistig): 10/11
Panzerung: 8/8
Fertigkeiten: Chinesisch M, Einfluss 4, Einschüchtern 4
(Folter +2), Englisch 4, Exotische Fernkampfwaffe (Fichetti
Pain Inducer) 5, Fertigkeitsgruppe Feuerwaffen 4, Heimlich-
keit 3, Hongkong 5, Japanisch 2, Macao 4, Magisches Hin-
tergrundwissen 4, Fertigkeitsgruppe Nahkampf 5, Triaden 6
(Black Chrysanthemums +2)
Gaben und Handicaps: Adept, Feindliche Geister (Stadt-
geister), Kampfkunst (Kung Fu: +1 Würfel auf Blocken, Aus-
weichen und Parieren)
Initiatengrad: 4
Metamagie: Adeptenzentrierung, Maskierung, Erweiterte
Maskierung, Physische Kontrolle
DIE QUELLE
Adeptenkräfte: Analytik (2), Gegenangriff (2), Gesteigerte
Reflexe (2), Schmerzresistenz (8)
Ausrüstung: Traditionelle Kleidung über Schienbein- und
Unterarmschützern, formangepasste Halbkörperpanzerung,
Tarnholster (unterer Rücken), Springarm (links) für Yamaha
Sakura Fubuki, Kontaktlinsen (Bildverbindung, Blitzkom-
pensation und Smartlink), nachgebautes Transys Avalon mit
Mangadyne Deva
Kampftechniken: Angriffsposition, Beidhändigkeit, Finaler
Anmerkungen: Intensivierter Zauberspruch (Feinde Auf-
spüren, Kraft 2, mit 6 Zusatzwürfeln auf jede Probe)
Waffen:
 Butterfly-Messer [Klingenwaffen, Schadenscode 3K, PB –1,
Reichweite 0, angepasster Griff]
 Fichetti Pain Inducer [Exotische Fernkampfwaffe, Scha-
denscode speziell, PB –Hälfte, EM, RK 0, speziell, Smart-
gunsystem]
 Sakura Fubuki [Leichte Pistole, Schadenscode 4K, PB 0,
HM/SM, RK 1 (2), 10(v) x4, angepasster Griff, Smartgun-
system]
TSE YE MU
Tse Ye Mu trägt den Namen eines großen Hopi-Künstlers
des vergangenen Jahrhunderts – was er wüsste, wenn er
sich dafür interessierte – und ist ein grimmiger Veteran
der Unterwelt des PCC, mit mehr Menschenverstand als
Bildung. In L.A. hat er es bis ganz nach oben geschafft.
Er ist ein entschlossener, schmutzig kämpfender Koshari
– zu drei Vierteln Hopi in einer Stadt voller Halbblute und
Schlimmerem. Er will sich dort durch Bösartigkeit, Freun-
de in allen Schichten, indem er seine Bosse zufriedenstellt
und die Konkurrenz in der Mojave-Wüste begräbt, behaup-
ten. Das Tempo-Geschäft kommt ihm gelegen, auch wenn
er dafür mit einem Haufen Anglos und Latinos zusammen-
arbeiten muss. Zumindest bringt es Geld, und Tse Ye Mu
steht nicht gern ohne Geld da. Wer ihn übers Ohr zu hau-
en versucht, wird schnell erfahren, dass er sich das nicht
gefallen lässt.
K G R S C I L W M EDG ESS INI ID
4 3 3 4 4 4 3 4 8 2 5,20 7 1
Zustandsmonitor (Körperlich/Geistig): 11/10
Panzerung: 6/4
125
DIE QUELLE

126 GEISTERKARTELLE
Fertigkeiten: Arcana 4, Askennen 4, Aztlaner Spanisch
3, Chemie 4, Drogen 4, Englisch M, Gebräuche 4 (Magier
+2), Handwerk (Holzbearbeitung) 4, Handwerk (Malen)
4, Fertigkeitsgruppe Hexerei 4, Hopi-Kultur 3, Koshari-Un-
ternehmungen 4, Magisches Hintergrundwissen 5, Medizin
4, Fertigkeitsgruppe Nahkampf 4, Pistolen 4, Unterwelt des
Pueblo 4, Verbannen 3, Verhandlung 5, Verzaubern 5, Wahr-
nehmung 4, Wert Magischer Gegenstände 6
Gaben und Handicaps: Magieradept (3 Punkte auf magi-
sche Fertigkeiten), Schutzpatron (Der Schöpfer)
Initiatengrad: 4
Metamagie: Flexible Signatur, Intensivierung, Psychomet-
rie, Verankerung
Adeptenkräfte: Astrale Wahrnehmung, Eidetisches Sinnes-
gedächtnis, Elementarer Schlag (Sand), Magiegespür, Mysti-
scher Mantel (4), Todeskralle, Wahre Sicht (4)
Bodytech: Maßgefertigter modularer Cyberarm (Alphawa-
re, links, Konstitution 4, Stärke 4, Geschicklichkeit 3, Scan-
nersystem (4), Großer Schmuggelbehälter (Zehennägel von
Gefiederter Schlange), Unterarm meist gegen eingebaute
Probenkiste, Chemiekasten oder Medkit ausgetauscht)
Ausrüstung: Gefütterter Mantel [Feuerresistenz (6)] über
Feedback-Kleidung, schwerer Lederbeutel mit ungenutz-
ten modularen Plug-Ins; Dosen von magischen Präparaten:
Weissicht (1), Geiststärke (1) und Hexenmoos (2), Amulett:
Grizzlybär-Zahn (Kraftfokus 2), Cavalier Deputy (Waffenfo-
kus 4) im Schnellziehhalfter (rechte Hüfte) mit 2 Schnellla-
dern, Novatech Airware mit Novatech Navi, AR-Handschuhe,
Sim-Modul angepasst an heißes Sim, biometrischer Scanner,
besticktes Stirnband mit eingewebten Troden, Taschen vol-
ler Pillen, Patches und Poppers (6 Dosen Tempo, 4 Dosen,
2 Dosen Jazz)
Zaubersprüche: Magie Analysieren, Gerät Analysieren, Ma-
nastörung, Sandaura, Sandwand, Schockhand
Waffen:
 Cavalier Deputy [Knüppel, Schadenscode 2K, PB 0, Reich-
weite 0, Nahkampfverstärkung, Waffenfokus (4)]
 Cavalier Deputy [Schwere Pistole, Schadenscode 5K, PB –1,
HM, RK 1, 7 (tr), Nahkampfverstärkung, angepasster Griff]
JUROJIN
Wenn er öffentlich auftritt, nimmt Jurojin meist die Gestalt
eines älteren, aber nicht gebrechlichen japanischen Gent-
lemans an. Dies ist die geringste seiner Lügen. Im Inneren
ist Jurojin kein Metamensch und war nie etwas nur entfernt
Ähnliches. Als Verbündeter des Großen Drachen Ryumyo
lernte Jurojin, die Welt mit den Augen und Gedanken seines
Drachen-Herrn zu betrachten. Nun ist er frei – auch wenn
viele behaupten, Ryumyo würde nie zulassen, dass er als
Freier Geist weiter existiert – und bewegt sich in denselben
Schaltzentralen der Macht – aber nach seinen eigenen Plä-
nen. Sicher ist der ältere Japaner nicht seine einzige Erschei-
nungsform, und niemand, außer vielleicht Ryumyo, kann
sagen, wozu er fähig ist und was er vorhat. Fürs Erste wartet
Jurojin undurchschaubar hinter seiner Maske und nutzt die
Gunst des Schicksals.
Er ist ein uralter Freier Geist mit einer zweistelligen
Kraftstufe und einer gewaltigen Fülle an Kräften. Spiellei-
ter sollten ihm nach Belieben Fertigkeiten und Kräfte freier
oder gewöhnlicher Geister zuweisen.
SMALLS
Ein kleiner, abgemagerter Elf mit glattem, blondem Haar
und Ringen unter den Augen. Bestenfalls ist dieser Dea-
ler der Laésa ein Kerl, der Mädchen mit Drogen gefügig
macht und Minderjährigen Drogen in ihre Drinks schmug-
GEISTERKARTELLE
gelt. Er ist der Bodensatz des Dealer-Abschaums und weiß
es. Doch Smalls hat zwei Vorteile: Erstens ist er am Le-
ben und nicht dumm. Er geht vorsichtig zu Werke. Da
er ein erbärmlicher Schütze ist, trägt er seine Waffe sehr
offen, damit etwaige Angreifer ihn zuerst zu entwaffnen
versuchen. Dann braucht es nur einen Kratzer mit seinen
Nagelmessern voll Leäl, und die Droge ist verabreicht.
Zweitens hat er Zugang zu reinem Tempo, dem heißesten
neuen Stoff im Sprawl. Und diesen will er behalten, also
verkauft er „Flipside“ in seinem Lieblingsclub, dem Daisy
Chain.
K G R S C I L W EDG ESS INI ID
2 4 4 2 5 3 3 2 1 4,35 7 1
Zustandsmonitor (Körperlich/Geistig): 9/9
Panzerung: 4/2
Fertigkeiten: Chemie 3, Elfischer Distrikt 5, Englisch M,
Klingenwaffen 3 (Nagelmesser +2), Laésa 5, Moderne My-
then 3, Polizei-Prozeduren 2 (Rechte +2), Sperethiel 4,
Stadtsprech 2, Stile in Seattle 4, Straßendrogen 4 (Laés-Deri-
vate +2), Tarislar 5, Tir Tairngire 3, Unterwelt von Seattle 3,
Verhandlung 3 (Handeln +2)
Gaben und Handicaps: Abhängigkeit (Adrenalin-Junkie,
DIE QUELLE
leicht), Natürliche Immunität (Laés)
Bodytech: Abdruckentfernung, Kleinere Bioformung
(Ohren gespitzt), Cyberdrüse (6 Dosen Leäl, gemischt mit
DMSO, angeschlossen an Nagelmesser), Daredrenalin, Diät-
modifikation, Einziehbare Nagelmesser, Maßgeschneiderte
Pheromone (2), Seidenhaut, Sensitivhaut
Ausrüstung: Inline-Skates, Packung mit 20 Laés-Zigaretten,
Fingernagel-Datenspeicher (5, jeweils mit unterschiedlichen
BTLs), Gepanzerte Kleidung und Lederjacke (Très Chic),
DocWagon-Vertrag (Standard), Atemgerät (Stufe 3) ange-
passt an die Aufnahme von Poppers, Monokel mit Bildver-
bindung und Sichtvergrößerung, falsche SIN (Immigrant aus
Tir Tairngire), beglaubigter Credstick (1.500 ¥), zwei Sony
Emperor mit Redcap Nix, Sim-Modul angepasst an heißes
Sim, Nanitencreme-Troden, „Sticker-Automat“, der Tempo-
Patches ausgibt (50 Dosen)
Waffen:
 Colt America L36 [Leichte Pistole, Schadenscode 4K, PB 0,
HM, 3(s), Anmerkung: meist leeres Magazin]
 Nagelmesser [Implantatwaffen, Reichweite 0, Schadens-
code 2K, PB 0, gibt bei erfolgreichem Angriff Leäl ab (S.
83, Arsenal 2070)]
JOSÉ VILAMOURA
Smalls behauptet, er kaufe „Flipside“ von einem früheren
Kunden, José Vilamoura, einem Attaché des amazonischen
Konsulats auf Council Island. Vilamoura ist ein 30-jähriger
Latino, ein unauffälliger Bürokrat, der Drogen zu nehmen
begann, um das dauernde Heimweh im grauen Klima von
Seattle zu bekämpfen. Ein hochstehender Freund im di-
plomatischen Dienst von Amazonien gab ihm bei einem
Besuch, Monate vor dem großen Hype, ein paar Dosen
Tempo, und Vilamoura war sofort drauf. Er weiß aber
nicht, dass er Tempo gekocht und an Smalls verkauft hat
und es immer noch aus Amazonien per Diplomatenpost
erhält. Er handelt unter dem Einfluss von Tempo (siehe
Das Geheimnis von Tempo, S. 173).
Vilamoura wird schließlich von den Charakteren auf-
gespürt, die Chikao Inoues Soldaten gerade noch dabei
unterbrechen, ihn wegen Informationen zu foltern, die er
nicht besitzt. Er wird unter der Folter ohnmächtig und be-
sessen von einem unbekannten Geist (Yajé, S. 192), der zu
fliehen versucht. Deshalb auch die Werte für den besesse-
nen Vilamoura.
127
 K G R S C I L W EDG ESS INI ID Shedim, Kraft 4 (Professionalitätsstufe 6)
3 3 3 3 4 3 2 2 6 6 1 1 Eine Gruppe Shedim, Geisterbedrohungen aus den Tiefen
Zustandsmonitor (Körperlich/Geistig): 10/9 Metaebenen (S. 173-174, Straßenmagie) unter dem Kom-
Panzerung: 2/2 mando eines Meister-Shedim, hat die Crew eines Frachters
Fertigkeiten: Amazonien 5, Amazonisches Portugiesisch M, der Smoke Circle Society getötet, ihre Körper übernommen
Aztlaner Spanisch 3, Belangloses über Amazonien 3, Compu- und zu Zombie-artigen Kreaturen gemacht.
ter 2, Council Island 3, Englisch 6, Esperanto 4, Französisch 6,
K G R S C I L W ESS INI ID
Gesetze 1 (Diplomatisches Protokoll +2), Klassischer Spani-
4 (8) 3 (7) 4 (9) 3 (7) 4 4 4 4 6 8 (13) 2
scher Rock 5 (Hombres G +2), Latein 3, Linguistik 4, Spanisch
6, Straßendrogen 1, Verhandlung 2, Waffenloser Kampf 1 Zustandsmonitor: 12
Gaben und Handicaps: Abhängigkeit (Tempo, schwer), Panzerung (Ballistisch/Stoß): 8/8*
Geisterpakt, SIN-Mensch Fertigkeiten: Askennen 4, Astralkampf 4, Ausweichen 4,
Bodytech: Biotattoos von Imanjá (linker Unterarm) und sei- Fertigkeitsgruppe Nahkampf 4, Wahrnehmung 4
ner früheren Freundin (rechte Schulter) Kräfte: Astrale Gestalt, Besessenheit (Tote Gefäße), Energie-
Ausrüstung: Hemd und Hosen, Lederjacke, Erika Elite mit entzug (Karma, Berührung, Körperlicher Schaden), Grauen,
Amazonia Iris Orb, subvokales Mikrophon und Ohrstöpsel, Immunität (Alter, Normale Waffen*, Toxine, Pathogene),
Kassenbrille mit Bildverbindung, goldenes Kruzifix an Kette Lähmende Berührung, Todesaura
(20 kt). Schwächen:
Waffen: Waffen: Allergie (Sonnenlicht, leicht), Schwund
 Faust [Waffenlos, Schadenscode 2G, PB 0, Reichweite 0]  Machete [Klingenwaffen, Schadenscode 6K, Reichweite 0]
 Stahlrohr [Improvisierte Nahkampfwaffe, Schadenscode
5K, PB –1, Reichweite 1]
BESESSENER VILAMOURA  Faust [unbewaffnet, Schadenscode 4G, PB 0, Reichweite 0]
DIE QUELLE

K G R S C I L W M EDG ESS INI ID

3 (11) 3 (11) 3 (11) 3 (11) 8 8 8 8 8 4 6 19 2
Zustandsmonitor (Körperlich/Geistig): 14/12 Meister-Shedim (Leutnant)
Panzerung: 16/16* (* Immunität gegen Normale Waffen) Dieser Meister-Shedim hat sich mit Körper und Wissen ei-
Fertigkeiten: siehe Yajé, S. 192 nes Seemanns, der in einer Kneipenschlägerei umkam, an
Kräfte: siehe Yajé, S. 192 Bord geschmuggelt. Er hat sich den Drogenfrachter als mo-
Waffen: bile Operationsbasis ausgesucht. Die übrigen Seeleute hat
 Faust [unbewaffnet, Schadenscode 6G, PB 0, Reichweite 0] er systematisch getötet und durch seine Shedim ersetzt. Die
letzten Überlebenden zogen die haiverseuchten Gewässer
dem tödlichen Schiff vor. Wenn die Runner seine Diener be-
YAMA-KÖNIG CHIN YOU siegen, wird der Meister-Shedim versuchen, sich als überle-
(FREIER SCHATTENGEIST KRAFT 9) bendes Crewmitglied auszugeben.
Einer der mächtigen Freien Schattengeister, die in den
K G R S C I L W ESS INI ID
dunklen Ecken der Walled City wohnen. Chin You wird vom
4 (10) 3 (9) 3 (12) 3 (9) 6 6 6 6 6 9 (18) 2
Blutvergießen beim Kowloon-Massaker angezogen wie die
anderen Yama-Könige. Er ist zwar nicht ganz so stark wie ei- Zustandsmonitor: 13
nige der anderen Geister, hat aber Namen und Gestalt eines Panzerung (Ballistisch/Stoß): 12/12*
chinesischen Dämonenfürsten der Legenden angenommen, Fertigkeiten: Antimagie 5, Askennen 5, Astralkampf 5, Aus-
um Furcht zu verbreiten. Chin You ist ein Minotaur mit ge- weichen 5, Fertigkeitsgruppe Nahkampf 5, Spruchzauberei
panzertem Körper, ein wilder Kämpfer, der alle Arten von 5, Wahrnehmung 5
Magiern hasst. Kräfte: Astrale Gestalt, Astrales Tor, Auramaskierung, Beses-
senheit (Tote Gefäße), Energieentzug (Karma, Berührung,
K G R S C I L W M EDG ESS INI ID Körperlicher Schaden), Grauen, Immunität (Alter, Normale
12 9 9 17 9 9 9 9 9 3 6 18 2 Waffen*, Toxine, Pathogene), Regeneration, Todesaura, Ver-
Zustandsmonitor (Körperlich/Geistig): 14/13 bannungsresistenz, Zwang, Bewusstsein, Schatten
Panzerung: 18/18* Schwächen: Allergie (Sonnenlicht, leicht), Schwund
Fertigkeiten: Antimagie 9, Askennen 9, Astralkampf 9, Aus- Optionale Kräfte: Stille, Übler Atem
weichen 9, Exotische Fernkampfwaffen 9, Fertigkeitsgruppe Zaubersprüche: Betäubungsblitz, Energieblitz, Hellsicht,
Nahkampf 9, Wahrnehmung 9 Impuls, Manastörung
Kräfte: Astrale Gestalt, Bewusstsein, Elementarer Angriff
(Windstoß), Gesteigerte Sinne (Gehör, Restlicht, Infrarot),
Grauen, Immunität (Alter, Normale Waffen*, Toxine und Pa- Kanonenfutter der Smoke Circle Society
thogene), Natürliche Waffe, Magischer Schutz, Materialisie- (Professionalitätsstufe 3)
rung, Verbannungsresistenz, Verwirrung Die Smoke Circle Society hat ein paar Hundert Süchtige aus
Waffen: ihre Drogen- und Lasterhöhlen versammelt und ihnen eine
 Kriegshammer [Natürliche Waffe, Reichweite 1, Schadens- Wochenration Drogen für jedes Abzeichen der Black Chrys-
code 8K, PB 0] anthemums versprochen, das sie aus der Walled City brin-
gen. Außerdem dürfen sie alles behalten, was sie erobern.
Ein Fünftel der Armee der Süchtigen wird mit Kampfdrogen
unterstützt (hier gelten die Werte in Klammern).

FUSSVOLK UND BEWEGLICHE ZIELE K G R S C I L W ESS INI ID

2 (4) 3 (4) 3 3 (5) 2 3 2 3 (4) 6 6 1 (2)
Im folgenden Abschnitt werden einige Gegner und Fahrzeu-
ge vorgestellt, mit denen die Charaktere zu tun bekommen. Zustandsmonitor: 9 (10)
Nur die wichtigsten Werte werden aufgeführt. Panzerung (Ballistisch/Stoß): 4/3

128 GEISTERKARTELLE
Fertigkeiten: Ausweichen 3, Infiltration 2, Fertigkeitsgruppe Sze Kau der Black Chrysanthemums
Nahkampf 3, Pistolen 2, Rennen 3, Straßen von Kowloon 2 (Professionalitätsstufe 3)
Ausrüstung: 1 Dosis Kamikaze (Anmerkung: Hohe Schmerz- Zwei Dutzend Sze Kau, oder 49er, die Fußsoldaten der Black
toleranz 3), Plattfüße, Westen oder Jacken Chrysanthemums, sollen den Angriff in Kowloon abwehren.
Waffen:
 Messer [Klingenwaffen, Reichweite 0, Schadenscode 2(3) K G R S C I L W ESS INI ID
K, PB 0] 3 (4) 4 (5) 4 3 (5) 3 4 3 3 (4) 6,00 8 1 (2)
 Machete [Klingenwaffen, Reichweite 0, Schadenscode Zustandsmonitor: 10
3(4))K, PB –1] Panzerung (Ballistisch/Stoß): 6/4
 Brett mit Nagel [Improvisierte Nahkampfwaffe, Reichwei- Fertigkeiten: Einschüchtern 2 (Körperlich +2), Gebräuche
te 1, Schadenscode 2(3)K, PB 0] (Unterwelt) 3, Klingenwaffen 3, Schnellfeuerwaffen oder Ge-
 Stahlrohr [Improvisierte Nahkampfwaffe, Schadenscode wehre 4, Triaden 4, Waffenloser Kampf 3, Wahrnehmung 2
2(3)K, PB 1, Reichweite 1] Bodytech: Hohe Schmerztoleranz 3 (durch Kamikaze)
 Seco LD–120 [Leichte Pistole, Schadenscode 4K, PB 0, Ausrüstung: Kamikaze, Panzerweste mit Panzerplatten,
HM, RK 0, 12(s)] Kommlink, Sichtgerät (Bildverbindung, Restlicht, Smart-
 Browning Ultra-Power [Schwere Pistole, Schadenscode link)
5K, PB –1, HM, RK 0, 10(s)] Waffen:
 Molotow-Cocktail [Improvisierte Wurfwaffe, Schadens-  Ceska Black Scorpion [Automatikpistole, Schadenscode
code 5K*, PB –Hälfte] 4K, PB 0, HM/SM, RK 4, 35(s), Vordergriff, Gasventil 3]
* entfacht einen Brand, siehe S. 194, SR4  AK–98 [Sturmgewehr, Schadenscode 6K, PB –1, HM/SM/
AM, RK 2, 38(s), externes Smartgunsystem, Gasventil 2]
 Katar [Klingenwaffen, Reichweite 0, Schadenscode 4(5)K,
Verbündete Ganger der Smoke Circle Society PB –2]

DIE QUELLE
(Professionalitätsstufe 3)
Die Armee der Süchtigen wird beim Angriff auf den Stütz-
punkt der Black Chrysanthemums von jüngeren Mitgliedern Leutnant der Black Chrysanthemums
verbündeter Gangs angeführt. Diese Ganger sind gewalttä- Diese erfahrenen Triaden-Kämpfer stehen unter Haks Befehl
tig, wollen sich bei der Smoke Circle Society einen Namen und führen die Sze Kau bei der Verteidigung an. Ein paar
machen und haben keine Hemmungen, die Süchtigen als sind Veteranen der Straßenkämpfe von Macao, die die Black
Kanonenfutter zu gebrauchen. Chrysanthemums groß machten, und Experten im Häuser-
kampf.
K G R S C I L W ESS INI ID
4 (5) 4 (5) 4 3 (5) 3 4 3 4 6 8 1 K G R S C I L W ESS INI ID
Zustandsmonitor: 10 4 (5) 4 (5) 4 (6) 3 (5) 3 4 3 4 (5) 2,00 8 (10) 1 (3)
Panzerung (Ballistisch/Stoß): 8/6 Zustandsmonitor: 10
Fertigkeiten: Ausweichen 3, Gangs von Hongkong 3, Klin- Panzerung (Ballistisch/Stoß): 8/7
genwaffen 3, Pistolen 3, Schnellfeuerwaffen oder Gewehre Fertigkeiten: Gebräuche (Unterwelt) 3, Einschüchtern 2
3, Triaden 2, Waffenloser Kampf 3 (Körperlich +2), Gewehre 4, Klingenwaffen 4, Schwere Waf-
Bodytech: Hohe Schmerztoleranz 3 (durch Kamikaze) fen 2, Triaden 4, Waffenloser Kampf 3, Wahrnehmung 3
Ausrüstung: Kamikaze, Panzerjacke, Kommlink Bodytech: Dermalverkleidung (2), Reflexbooster (2)
Waffen: Ausrüstung: Kamikaze, Panzerweste, Sonnenbrille (Rest-
 Langes Messer [Klingenwaffen, Reichweite 0, Schadens- licht, Bildverbindung, Smartlink)
code 4K, PB –1] Waffen:
 Ceska Black Scorpion [Automatikpistole, Schadenscode  AK–98 [Sturmgewehr, Schadenscode 6K, PB –1, HM/SM/
4K, PB 0, HM/SM, RK 4, 35(s), Vordergriff, Gasventil 3] AM, RK 3, 38(s), externes Smartgunsystem, Vordergriff,
 Remington Roomsweeper [Schrotflinte, Schadenscode Gasventil 2, Unterlauf-Granatwerfer]
7K(f), PB +5, HM, RK 0, 8(m), Flechette-Geschosse]  Mini-Granate [Mini-Granate, Schadenscode 10K, Spreng-
 AK–97 Karabiner [Maschinenpistole, Schadenscode 5K, wirkung –2/m, PB –2, 6(m)]
PB 0, EM/HM/AM, RK 3, 30(s), einklappbare Schulterstüt-  Vibroschwert [Klingenwaffe, Reichweite 1, Schadenscode
ze, Gasventil 2] 6(7)K, PB –2]
 Splittergranate [Granate, Schadenscode 12K(f), PB +5,
Sprengwirkung –1/m]

Kumi-in der Kodachi (Professionalitätsstufe 4)

Die gewöhnlichen Mitglieder des Kodachi-gumi gehen ihren
Tagesgeschäften nach. Alle sind irgendwie bewaffnet, und
im Notfall rennen sie zu den Waffenschränken und holen
sich mehr Feuerkraft.

K G R S C I L W ESS INI ID
4 4 (6) 4 (5) 3 3 4 3 4 5,60 8 (9) 1 (2)
Zustandsmonitor: 10
Panzerung (Ballistisch/Stoß): 8/6
Fertigkeiten: Ausweichen 3, Fertigkeitsgruppe Feuerwaffen
3, Fertigkeitsgruppe Nahkampf 4, Wahrnehmung 3
Bodytech: Muskelstraffung (2)
Ausrüstung: Panzerjacke, Poppers mit Jazz, Sonnenbrille
(Restlicht, Smartlink)

GEISTERKARTELLE
129
 Waffen:
 Katana [Klingenwaffe, Reichweite 1, Schadenscode 5K,
PB –1]
 Browning Ultra-Power [Schwere Pistole, Schadenscode 6K,
PB –2, HM, 10(s), Smartgunsystem EX-Explosivgeschosse]
 SCK Model 100 [Maschinenpistole, Schadenscode 6K, PB
–2, HM/SM, RK 2 (3), 30(s), Gasventil 2, Smartgunsystem,
EX-Explosivgeschosse]
 Colt M23 [Sturmgewehr, Schadenscode 7K, PB –2, HM/
SM/AM, RK 4, 40(s), Gasventil 2, Vordergriff, EX-Explosiv-
geschosse]
 Auto-Assault 16 [Schrotflinte, Schadenscode 7K, PB –1, HM/
SM/AM, RK 2, 32(t), Smartgunsystem, Massivgeschosse]

Kobun der Kodachi (Leutnant)

Die höchstrangigen Yaks im Stützpunkt des Kodachi-gumi
sind mit der Bewachung der Geiseln beauftragt.

K G R S C I L W ESS M INI ID
4 5 4 (5) 4 3 4 3 4 6,0 4 8 (10) 1 (2)
Zustandsmonitor: 10
Panzerung (Ballistisch/Stoß): 8/6
DIE QUELLE

Fertigkeiten: Athletik 3, Ausweichen 4, Fertigkeitsgruppe Feu-

erwaffen 4, Fertigkeitsgruppe Nahkampf 5, Wahrnehmung 3
Adeptenkräfte: Adrenalinkick (Geschicklichkeit) 4, Kampf-
sinn 3, Gesteigerte Reflexe 1
Ausrüstung: Panzerjacke, Poppers mit Jazz, Sonnenbrille
(Restlicht, Smartlink)
Handling Beschl. Geschw. Pilot Rumpf Panz. Sensor
Waffen:
–1 20/35 42 2 24 12 2
 Ares Alpha [Sturmgewehr, Schadenscode 6K, PB –5, HM/
SM/AM, RK 5, 42(s), Gasventil 3, APDS-Geschosse, kein Upgrades und Modifikationen: Annehmlichkeiten (Mit-
Granatwerfer] tel), Motortuning (Geschwindigkeit), 8 Pistolenhalterungen,
 Katana [Klingenwaffe, Reichweite 1, Schadenscode 5K, Riggeradaption, 2 Schmuggelfrachträume (einer normal, ei-
PB –1] ner abgeschirmt), Tarnpanzerung 4, Tragflügel, 2 Turbola-
der, Wasserstrahldüse, Zusätzliche Ein-/Ausstiege (unter den
Decks), Zusätzliche Treibstofftanks

Pok Guy (Schmuggler- und Piratenschiff)

Die Pok Guy ist eine 20-Meter-Yacht, eigentlich eine aus- Yinhe (Frachter)
gemusterte Harland and Wolff Classique III mit einigen Ein 24-Meter-Handelsschiff, das bessere Zeiten gesehen hat.
Schmuggelbehältern (in denen zurzeit eine Ladung karibi- Die Yinhe fährt im Südchinesischen Meer zwischen dem
scher Rum und 25 Hochexplosivgranaten sind). Zusätzlich Goldenen Dreieck, Hongkong und Macao.
zur Standard-Ausrüstung (die bei dieser Crew etwa aus drei
Handling Beschl. Geschw. Pilot Rumpf Panz. Sensor
Feuerwaffen und/oder Klingen pro Mitglied besteht), ist
–2 5/15 25 2 30 10 2
einiges an Tauchgerät und ein Paar Tauchtorpedos für je 2
Mann an Bord. Upgrades und Modifikationen: Annehmlichkeiten (Mittel)

130 GEISTERKARTELLE
 ... DIE EURO-TOUR ...

Jason war high. Er sah in sein Spiegelbild und lächelte. Die Tribal-Tätowierungen auf seinem Gesicht
bewegten sich wie kleine Schlangen, und seine Augen glühten in einem warmen Rot.
Er fühlte sich richtig gut. Dieses rod suiker war wirklich jeden Cent wert, den er dafür bezahlt hat-
te, und Jason war ein Experte in Sachen Drogen. Seit dem Alter von acht Jahren warf der junge Ork
alles ein, was ihm das Gefühl gab, dass er lebte, und dieses rod suiker war sicher eine der besten Dro-
gen, die er sich bisher gegeben hatte. Während sein Herz im Einklang mit den wummernden Bässen
eines Neotrance-Liedes schlug, starrte er in das künstliche Licht des Waschraums im Amsterdamned,
das jetzt vor seinen Augen begann, kleine bunte Funken zu schlagen. Jason liebte diese leichte hallu-
zinogene Wirkung des Tempos einfach. Es war gerade genug, damit man sich gut fühlte, aber nicht so
viel, dass man den Abend sabbernd in einer Ecke verbrachte.
Mit einem leicht dämlichen Lächeln verließ er den Waschraum und trat in den Hauptraum des
Amsterdamned, den größten Raum des neuesten Highlights im Nachtleben von Amsterdam. Die Light-
show, die sowohl in der AR wie auch im „Real Life“ ablief, tauchte die riesige Tanzfläche der Disko-
thek in unglaubliche Farbexplosionen, die sich immer wieder dem treibenden Rhythmus des neuesten
Meisterwerks von Trance-Gott Masuka Shuri anglichen.
Mit offenem Mund starrte Jason auf diese Wellen aus phantasievollen Formen und Farben, die
über ihn hinwegrollten wie Tsunamis. Er hatte den Eindruck, dass er seine eigenen Synapsen kna-
cken hören konnte, während er in diesen Ozean aus warmen Eindrücken eintauchte und sich ganz
dem Rhythmus hingab.
Plötzlich teilte sich dieses Meer und er sah eine junge Frau. Nein, das war nicht nur eine einfache
junge Frau, sondern eine Göttin. Sie hatte die unschuldige Ausstrahlung von Schneewittchen, gepaart
mit der sexuellen Anziehungskraft eines Pornostars. Jason war sich sicher, dass sie nicht über die
Tanzfläche ging, sondern schwebte, als würde sie von einer sanften Frühlingsbrise getragen.
Es dauerte eine Weile, bis Jason merkte, dass diese Traumfrau Salma Munoz war, ein berühmtes
amazonisches Model. In ihrem Schlepptau befand sich eine Traube Paparazzi, die ihr folgten wie
Hunde einer läufigen Hündin. Auch Jason konnte nicht anders, als sich in ihre Richtung zu bewegen.
In einer tiefen Trance gefangen, hatte der Ork nur noch Augen für seine neue Traumfrau, in die er sich
gerade unsterblich verliebt hatte.
Als seine neue Liebe die Treppe zum VIP-Bereich ansteuerte, beschleunigte Jason seinen Schritt, um
sie abzufangen, bevor sie außer Reichweite war. Er wusste zwar noch nicht, was er ihr sagen wollte,
war sich aber sicher, dass er die richtigen Worte finden würde.
Dann, als er beinahe bei ihr war, bemerkte Jason aus den Augenwinkeln, wie sich ein schwarzer
Schatten näherte. Dieser dunkle Fleck schnitt sich erbarmungslos durch den Teppich aus Farben, der
über dem gesamten Raum lag – wie ein warmes Messer durch Butter. Jason streckte den Arm aus, um
Salma Munoz zu berühren, doch mitten in der Bewegung wurde sein Handgelenk gepackt.
Jetzt sah er, dass dieser dunkle Schatten von einer Gruppe von Männern stammte, und er war sich
ziemlich sicher, dass es sich dabei um Bodyguards handelte. Einer von ihnen hielt mit eisernem Griff
sein Handgelenk fest. Als Jason in seine Richtung schaute, schüttelte der Typ einfach nur den Kopf.
Noch einmal sah Jason in die Richtung seiner neuen Liebe und wusste sofort, was er zu tun hatte:
Er musste für sie kämpfen, um ihr zeigen, dass er der Richtige für sie war! Schlechte Idee, das…

GEISTERKARTELLE
131
 AUF DER ANDEREN
SEITE DES ATLANTIKS
Während Henry Uribe und Maria Sacristán im Pazifik die
Tour des Olaya Kartells begleiten, wird in Europa eine Dele-
gation von Jaime Salazars Transport-Konzern, KondOrchid,
offiziell damit beauftragt, den Vertrieb des Tempos auch auf
dem dortigen Markt zu forcieren. Die Delegation besteht aus
einem Dutzend Konzernmitarbeiter und ihren Bodyguards,
die das Ziel haben, Verträge zwischen dem südamerikani-
schen Konzern und einigen europäischen Partnern oder
Konkurrenten auszuhandeln. Für Salazar ist die Rechnung
einfach: Um den Erfolg für den Schmuggel der neuen Dro-
ge auf dem alten Kontinent zu sichern, muss er erst einmal
dafür sorgen, dass die Ware auch ohne Probleme dort an-
kommt – und das in einem Markt in dem KondOrchid nur
wenig bis gar nicht angesiedelt ist. Wie auch ihre Kollegen
im Pazifik, müssen sie sich, unter der Tarnung einer Ge-
schäftsreise, mit lokalen kriminellen Organisationen treffen,
die den Vertrieb des Tempos in den großen Ballungsräumen
übernehmen sollen.
Die Delegation wird von einem hohen Tier der KO an-
geführt, Filip Munoz, und von Luis Cordero, der zwar offizi-
ell auch für den Konzern arbeitet, aber eigentlich einer der
führenden Köpfe der Olaya ist. Cordero ist zwar ein hohes
Mitglied des Kartells, da aber die Euro-Tour als Geschäfts-
reise deklariert wurde, hat Munoz so weit das Sagen, was
zu Spannungen zwischen den beiden führt. Erst ist die Ri-
DIE EURO-TOUR
valität der beiden sehr subtil, doch nach und nach wird sie
immer stärker, bis sie in Lissabon kulminiert und Munoz
umkommt.
Munoz, Cordero und ihr Umfeld (allen voran Munoz‘
heißblütige Tochter Salma, die als neues Gesicht der aktu-
ellen Spinrad Industries Bodymod-Linie die Tour begleitet
und für das Unternehmen wirbt) starten die Euro-Tour in
Sankt Petersburg, wo sie Deals mit den lokalen Vory-Banden
und unabhängigen Schmugglern klarmachen, dabei aber
versuchen den mächtigen Roten Vory , die in Russland die
kriminelle Szene beherrschen, aus dem Weg zu gehen. Nach
einem zweiten Stopp in Oslo, wo die Delegation mit den
örtlichen Vikinger Banden einen Deal abwickelt, führt sie
die Reise nach Amsterdam. Zu diesem Zeitpunkt hat die De-
legation den Großteil von Nordeuropa abgedeckt und dank
einer Vereinbarung mit einer kleinen russischen Transport-
gesellschaft und der Maersk in Skandinavien sind auch die
Transportwege gesichert. Die Zukunft scheint aussichtsvoll.
SCHLECHTER TRIP
Die Euro-Tour besteht aus fünf Abenteuer-Gerüsten, die in
drei Abschnitten aufgeteilt sind. Hier eine kurze Zusammen-
fassung der Ereignisse dieses Kapitels.
Im ersten Teil (Business, Business!) wird der Deal des
Olaya-Kartells in Europort abgedeckt, der allerdings durch
die Entführung der ersten Tempo-Ladung kräftig durchein-
ander gewirbelt wird (Partnersuche leicht gemacht). Nach-
dem die Ware gesichert wurde, tritt die Europol auf dem
Plan und die Mafia bekommt Wind von den Geschehnissen
im hohen Norden.
Im zweiten Teil (French Connection) begleiten die Run-
ner die Delegation in die Marseiller Unterwelt, wo sie mit ei-
ner vietnamesischen Triade verhandeln wollen. Doch bevor
der Deal in trockenen Tüchern ist, müssen die Runner noch
für die Vietnamesen einen Job durchführen, um die Mafia
und die Vory gegeneinander auszuspielen (Licht und Schat-
132 GEISTERKARTELLE
PLOT-BRÜCKEN:
KOSTPROBE, DIE QUELLE UND TODESSTOSS
Die Ereignisse in diesem Kapitel sind so gestaltet worden,
dass sie zwischen Die Quelle und Todesstoß gespielt wer-
den können. Es ist aber auch durchaus möglich, sie unab-
hängig vom Rest zu spielen, vor allem wenn die Gruppe
normalerweise auf dem alten Kontinent tätig ist (in diesem
Fall werden die Runner von der Olaya nur für die euro-
päische Tour engagiert und sie brauchen den Teil in Asien
nicht zu spielen), und einfach mit dem letzten Kapitel der
Kampagne fortzufahren … oder auch nicht. Das liegt in Ih-
rer Hand.
Nach dem bewegten Ereignissen in Neo-Tokyo (Ab-
schnitt Bauernopfer) schlagen Urige und Sacristán (falls
sie frei ist und überlebt hat) den Runnern einen Deal vor:
Sie bringen sie auf Kosten des Kartells in eine Stadt ihrer
Wahl oder sie arbeiten weiter für das Kartell, diesmal aber
in Europa, wo eine weitere Delegation auf dem Weg ist,
das Tempo unter die Leute zu bringen. Da sie bereits ihre
Fähigkeiten bewiesen haben, wird ihnen versichert, dass
sie den Job haben können, wenn sie ihn wollen. Man gibt
den Charakteren 24 Stunden Bedenkzeit, aber sollten sie
vorher noch nach Hause wollen, um eine paar Dinge zu
klären, kann der Job auch noch 1 bis 2 Tage auf sie warten.
Natürlich bezahlt das Kartell auch die Anreise und küm-
mert sich darum, dass die Runner mit ihrem Equipment
nach Europa kommen. Sogar neue SINs könnte man ihnen
besorgen.
Ein paar Stunden später, nach einem kurzen Zwischen-
stopp in Nordamerika, landen die Charaktere mit einem
Suborbital-Flug in Amsterdam Schiphol. Dort wartet auch
schon ein großer, gepanzerter SUV auf die Runner, der sie
zum Hotel Pulitzer fährt, wo Cordero, Munoz und der Rest
der Delegation sich einquartiert haben.
Sollten die Charaktere keine große Lust verspüren,
weiter als Globetrotter durch die Welt zu reisen, kann
man sie mit dem Argument ködern, dass es besser wäre,
eine Zeit lang zu verschwinden, und außerdem haben die
europäischen Schatten den Ruf ziemlich lukrativ zu sein.
Die Arbeit für die europäische Delegation läuft überdies
auf einem höheren Level ab als die der Pazifik-Tour: Fünf-
Sterne-Hotel, Chauffeur-Dienst, gutes Essen, Zugang zu be-
sonderer Ausrüstung …
Die Euro-Delegation wird während ihrer Tour mehrere
europäische Großstädte besuchen und ihre Glaubwürdig-
keit gegenüber ihren neuen Partnern wird auch dadurch
verstärken, dass sie zeigen, was sie haben. Das denken sie
zumindest.
Am Ende dieses Kapitels können Sie sich dazu ent-
scheiden die Kampagne zu beenden , oder Sie fahren mit
den Ereignissen rum um den Geisterrat fort, an dem Corde-
ro und andere Überlebenden der Euro-Delegation teilneh-
men müssen. In diesem Fall werden die Runner sich nach
Los Angeles aufmachen. Sie können noch rechtzeitig ein-
treffen, um das letzte Abenteuer (Problem im Anmarsch)
aus dem Die Quelle Kapitel zu spielen, bei dem sie Graciela
Riveros am Flughafen abholen sollen. Wenn der Spielleiter
noch ein wenig an den Plotschrauben der Kampagne dreht,
kann Riveros gleichzeitig, vielleicht sogar mit dem gleichen
Flug in LA eintreffen. Eine andere Möglichkeit besteht da-
rin, gleich mit dem Kapitel Todesstoß weiterzumachen, und
den letzten Teil der Kampagne mit Flucht aus LA und dem
Treffen des Geisterrats in den Baltimore Tower ins Rollen
zu bringen.
Wenn Sie möchten, können Sie aber auch einfach das
Kapitel Die Quelle überspringen und Ihre Charaktere nach
dem Abschnitt Kostprobe direkt nach Europa auf Die Euro-
Tour schicken.
In diesem Fall begegnen die Runner Sacristán nur ganz
kurz, die ihnen als Mittelsfrau anbietet, für die europäische
Delegation der Olaya zu arbeiten. Dafür können sie die Ar-
gumente aus dem
Abschnitt Plot-Brücken: Die Quelle und Die Euro-Tour
auf Seite 89 benutzen.
 DIE EURO-TOUR

GEISTERKARTELLE
133
 ten). Auch wenn die Aufträge erfolgreich absolviert wurden,
kommt es zu einem schlimmen Zwischenfall, in den die
Tochter von Munoz – ein amazonisches Topmodell – invol-
viert ist, und dem Marseiller Milieu fallen Informationen in
die Hände, die sie benutzen, um Druck auf das Olaya-Kartell
auszuüben.
Zum Schluss kommt es zu einer Einigung zwischen den
Triaden und dem Milieu, bei der die Asiaten einen Teil des
Tempo-Kuchens bekommen und das Milieu den Vertrieb im
großen Stil übernimmt. Die Olaya-Delegation „verleiht“ die
Runner an das Milieu, damit sie den Kriminellen helfen das
Tempo besser an den Mann zu bekommen (Tod auf dem
Mars). Doch auch die Europol tritt auf den Plan, die alle
Hebel in Bewegung setzen, um das Tempo von der Straße
zu bekommen.
Der ursprüngliche Plan der Olaya, den Vertrieb der neu-
en Droge vor allem kleineren Organisationen zu überlassen,
die weniger Anteil verlangen, ging kräftig in die Hose, jetzt
wo sie mit dem mächtigen Milieu Geschäfte machen. Aber
immerhin kontrollieren sie noch die Einfuhr der Droge aus
Südamerika.
Der dritte Teil (Latin Heat) beginnt mit der Reise von Mu-
noz nach GeMiTo – gegen den Willen von Cordero –, dem ita-
lienischen Megasprawl, wo er hofft, das Geschäft im Rücken
der Alta Commissone mit ein paar Mafiosi aus der zweiten
Reihe abzuwickeln (Italian Double Cross). Die Dinge ver-
schlimmern sich, als Munoz merkt, dass ein Verräter in seiner
Delegation bereits Geschäfte mit der Mafia macht, unter dem
Vorwand, dass es zu gefährlich sei die Mafia zu umgehen. Die
DIE EURO-TOUR
Runner werden angewiesen die Verräter-Ratte zu eliminieren,
doch als sie merken, dass es sich dabei um Munoz’ Tochter
Salma handelt, die nach den Ereignissen in Marseille erpresst
wird, stehen sie vor einer schwierigen Entscheidung.
EUROPÄISCHE EIGENHEITEN
Europa ist nicht Nordamerika oder Asien. Hier sollten Sie
einige Punkte im Hinterkopf behalten, wenn Sie Abenteuer
aus diesem Abschnitt leiten:
Die Unterwelt: Das organisiertes Verbrechen in Eur-
opa ist genauso facettenreich wie überall sonst, doch da
Westeuropa nicht so groß ist und die Grenzen offen sind,
ist es schwieriger den großen Organisationen (die Vory im
Osten und die Mafia im Süden) aus dem Weg zu gehen.
Die Vernetzung und Bündnisse der Unterwelt sind extrem
komplex und es kann passieren, dass man jemandem in
Nordfrankreich auf die Füße tritt und dafür in Lissabon we-
nig später die Quittung bekommt. Das funktioniert aller-
dings auch in die andere Richtung: Die richtigen Freunde
können Türen öffnen, wo immer du auch hingehst.
Das Gesetz: Ein großer Vorteil der NEEC und ihrer
offenen Grenzen besteht in der Tatsache, dass auch die Po-
lizeieinheiten besser vernetzt sind und so die Polizeiarbeit
über die Grenzen hinaus effektiver abläuft. Das bedeutet,
dass die Polizei nicht aufhört Kriminelle zu verfolgen, nur
weil sie in ein anderes Land gefahren sind. Auf der ande-
ren Seite spielen natürlich immer noch nationale (oder
konzernbezogene) Interessen eine große Rolle, sodass die
Polizeieinheiten manchmal eher gegeneinander als mitei-
nander agieren.
Die Völker: Obwohl Europa so vereint ist wie nie, hat
jedes Land natürlich eine eigene nationale Identität mit
eigener Sprache und Kultur. Das bedeutet, dass gewisse
Verhaltensweise und Regeln der Etikette, die in Marseille
(Frankreich) schicklich sind, in Europort (VNL) für Ärger
sorgen können.
134 GEISTERKARTELLE
Nach dem halben Fehlschlag in GeMiTo und einer Mafia,
die nicht gut auf die Delegation zu sprechen ist, geht die
Reise weiter nach Lissabon für einen letzten Stopp, in der
Hoffnung, die Tour doch noch zu einem guten Ende zu füh-
ren. Jetzt ist klar, dass die Delegation eigentlich nicht mehr
daran vorbeikommt, die Mafia an das Tempo-Geschäft zu
beteiligen, doch was soll‘s, bisher haben sie ja überall Alter-
nativen gefunden. Doch die Mafia ist ziemlich angepisst und
will jetzt Blut für die ihr zugefügten Demütigungen sehen.
In Lissabon lässt Munoz eine große Party steigen und erhofft
sich dabei, dass sich die erhitzten Gemüter ein wenig beru-
higen (The Lisbon Shuffle).
Doch die Feier wird von einem schwer bewaffneten Team
der Mafia angegriffen, die aus der Party ein Blutbad machen,
und so ihre Macht und Durchschlagskraft beweisen. Munoz
und die meisten seiner Männer werden getötet und es liegt
an den Runnern, so viele Menschen wie möglich – und vor
allem Cordero – zu retten.
Nach dem Massaker wird zwischen Cordero und der Ma-
fia ein Deal ausgehandelt: Die Italiener erhalten die Ware zu
einem Sonderpreis und kümmern sich um den Vertrieb und
Verkauf auf dem südeuropäischen Markt.
Dadurch geht dem Olaya-Kartell zwar ein großer Teil des
Profits verloren und die Mafia macht einen guten Schnitt,
doch immerhin ist die Verteilung der Droge auf dem europä-
ischen Kontinent gesichert. Auch wenn es zu einem hohen
Preis geschehen ist.
Während der aufgewirbelte Staub der Ereignisse sich
langsam wieder setzt, wird der Geisterrat einberufen und
was von der Euro-Tour-Delegation noch übrig ist, fliegt nach
Los Angeles.
DIE JOKER
Zwei NSC spielen eine besondere Rolle in diesem Teil der
Kampagne und Sie müssen entscheiden, wie groß der Anteil
dieser Charaktere in ihrer Version der Kampagne werden
soll. Sie dienen vor allem dazu, die Abenteuer durch Neben-
aufgaben oder rollenspielerische Szenen zu erweitern. Sie
können diese so nutzen, wie in den Abschnitten vorgeschla-
gen oder ihnen eine prominentere Rolle in der Euro-Tour
zuweisen.
Salma Munoz ist die Tochter von Filipe Munoz, dem
Leiter der Olaya-Kartell auf der Euro-Tour. Sie ist oft in der
Nähe der Delegation, folgt aber ihrer eigene Agenda als Mo-
del eines großen Biotech-Unternehmens. Die Runner kön-
nen mit ihr Freundschaft schließen, oder es kann sogar zu
einer Liebesaffäre kommen, sie kann aber auch die Rolle der
nervigen, verwöhnten Göre übernehmen, die ständig Ärger
bekommt und von den Charakteren gerettet werden muss.
Sie spielt im Abschnitt Licht und Schatten eine wichtige Rol-
le. Ihr Profil finden sie im Abschnitt Schattenbesetzung auf
Seite 163.
Oscar Jordão steht für die andere Seite der Münze im
Drogengeschäft: die Justiz. Er ist ein Europol-Agent der Ab-
teilung Betäubungsmittel, der schwer mit dem Auftreten
des Tempos zu kämpfen hat. Seine Ermittlungen werden
von oben behindert, die Zeugen packen nicht aus und sein
bester Freund wird bei seinem Job als verdeckter Ermittler
getötet. Nach und nach wird aus dem unbestechlichen, ehr-
lichen Cop ein gewalttätiger und rachsüchtiger Bulle, der
auch nicht davor zurückschreckt auf illegalen Pfaden zu
wandern, um seinen Job zu erledigen. Er will, dass das Tem-
po von der Straße verschwindet und ist auch bereit, sich für
dieses Ziel die Hände dreckig zu machen und gegen seine
eigenen moralische Ansichten zu handeln. Sein Profil finden
sie im Abschnitt Schattenbesetzung auf Seite 140.

WAS GEHT AN DER NORDFRONT VOR?
Nach ihrem Oslo-Trip reist die Delegation nach Amsterdam.
Dort trennt sie sich, damit Cordero mit der Penose verhan-
deln kann und Munoz in Europort die richtigen Stellen
schmiert, damit die Ware ohne Probleme eingeführt werden
kann. Während Munoz ohne Probleme in Europort voran-
kommt, tut sich Cordero mit der Penose schwer, die noch
einige Punkte geregelt haben möchten, bevor das erste Tref-
fen stattfindet. Hier kommen die Charaktere ins Spiel, die
entweder durch ihren eigenen Schieber auf den Job ange-
setzt werden, oder mit der Empfehlung von Uribe und Sac-
ristán nach Amsterdam reisen.
Nachdem beim ersten Treffen in einer Discothek in
Amsterdam keine Einigung erzielt werden kann, wird das
Meeting verschoben und findet am nächsten Tag in Euro-
port statt. Doch die Vory der Tremaine-Guliyev-Organisation
stehlen die erste Tempo-Ladung und die Charaktere müssen
einige LKW mit der heißen Fracht finden und sichern. Einer
der LKWs entkommt aber nach Lille, wo das Dope in die
Hände der dortigen Vory fällt.
Munoz ist wütend, da er bereits dem Zeitplan hinterher-
hinkt, und muss weiter nach Liverpool reisen, während Cor-
dero und die Runner mit der Vory in Lille über das gestohlene
Tempo verhandeln. Es stellt sich heraus, dass ein Mitarbeiter
der kriminellen Organisation ein Undercover-Agent der Eu-
ropol ist, und diese Information ist der Trumpf der Runner
in den Verhandlungen mit den Russen. Man einigt sich auf
einen Deal, den die Charaktere noch festklopfen müssen, in
dem sie den Verräter finden und eliminieren.
IM DROGENGESCHÄFT
FLASHPOINT: EUROPORT & LILLE
Europort
Mit über 2 Millionen Einwohnern ist Europort der größte
Asphaltdschungel in den VNL. Auf den Überresten von Rot-
terdam gebaut, das 2011 durch eine Flutwelle zerstört wur-
de, breitete sich die Stadt schnell aus und schluckte kleinere
Städte aus der Umgebung wie Dordrecht und Vlaardingen.
Der alte Frachthafen wurde wieder aufgebaut und ist heute
das europäische Tor zur Welt. Die Hälfte der Stadt besteht
inzwischen aus dem Hafenplex: ein vollautomatisiertes und
DEMOGRAFISCHE DATEN ZU EUROPORT
Bevölkerung: 2.200.000+ Einwohner
Menschen: 67 %
Elfen: 11 %
Zwerge: 6 %
Orks: 13 %
Trolle: 2 %
Andere: 1 %
Bevölkerungsdichte: 3.400 Einwohner pro km²
Pro-Kopf-Einkommen: 33.000
Bevölkerung unter der Armutsgrenze: 27 %
Personen mit Konzernzugehörigkeit: 62 %
Krankenhäuser: 29
Daf Trauma & De Maas-Waker-Kliniken: 16
Verbrechensrate: 16 pro 1.000 pro Jahr
GEISTERKARTELLE
hochmodernes Areal, bestehend aus Docks, Fabriken, Raf-
finerien und Werften, verbunden durch ein umfangreiches
Netzwerk an Bahnen und anderen Transportmitteln.
Milliarden Nuyen wurden von verschiedenen Konzernen
investiert, um dieses logistische Meisterwerk zu bauen. Mil-
lionen Tonnen Fracht werden hier geladen, gelöscht, einge-
lagert und europaweit verteilt.
24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche – es gibt immer
genug Arbeit im Europort. Der Hafenplex tickt wie ein Uhr-
werk, bei dem jede Störung und jede Verzögerung Geld
kostet. In Europort werden Maschinen den Menschen vor-
gezogen, sodass der Automatisierungsgrad schon beängsti-
gende Ausmaße angenommen hat. Für Besucher können die
Myriaden von Drohnen, die überall wie Ameisen herumwu-
seln, schon leicht befremdlich wirken.
Die Stadt wird von der Europort-Regierung (Europort
Administrative Ruling Council, EARC) verwaltet, in dem
Mitglieder der großen lokalen Konzerne (Regulus, Proteus,
Ares…) sitzen, deren Zuständigkeitsbereich die Administ-
ration, die Finanzen und die infrastrukturelle Organisation
des Hafens umfassen.
Weitere Aufgabenbereiche, wie der öffentliche Transport,
das Bauwesen, die Instandhaltung der Anlagen oder die Si-
cherheit, wurden an einheimische Konzerne vergeben.
Trotz des Einflusses verschiedener Konzerne funktio-
niert der EARC erstaunlich gut, und es ist bemerkenswert,
wie harmonisch die Konzerne kooperieren.
Wo immer Fleischfresser regieren, sind auch die Aasfres-
ser nicht weit, und so profitieren auch die örtlichen krimi-
DIE EURO-TOUR
nellen Organisationen, wie die holländische Mafia Penose
oder die russischen Vory von der starken Präsenz der Kon-
zerne.
Lille
Während sich Europort bereits fest im Griff der Konzerne
befindet, ist Lille erst auf dem Weg dorthin. Die Stadt macht
gerade eine Verwandlung zur Konzernenklave durch, die
durch politische Wirren verursacht wird. Nachdem Frank-
reich wegen mehrerer Verstöße gegen die Business Recogni-
tion Accords von der NEEC sanktioniert wurde, wurde Lille
den Konzernen wie ein Stück Fleisch zum Fraß vorgeworfen.
Unter dem Druck einiger Eurokons – besonders von Esus,
S-K und Zeta-ImpChem – wurde die französische Regierung
dazu gedrängt, die Loureau-Gesetze zu überarbeiten, was
zur Einrichtung einer extraterritorialen Zone führte. Seitdem
wird Lille immer mehr zum Spielball einflussreicher Konzer-
DEMOGRAFISCHE DATEN ZU LILLE
Bevölkerung: 1.600.000 + Einwohner
Menschen: 76,5 %
Elfen: 4 %
Zwerge: 6 %
Orks: 12 %
Trolle: 1 %
Andere: 0,5 %
Bevölkerungsdichte: 2.100 Einwohner pro km²
Pro-Kopf-Einkommen: 35.000
Bevölkerung unter der Armutsgrenze: 18 %
Personen mit Konzernzugehörigkeit: 51 %
Krankenhäuser: 28
Private Kliniken: 23
Verbrechensrate: 20 pro 1.000 pro Jahr
135
DIE EURO-TOUR
ne. Heute gehören schon fast 55 % der Stadt den Konzernen
oder ihren Tochterunternehmen. Wie auch in Europort ge-
hen die Konzerne in Lille erstaunlich friedfertig miteinander
um. Verbunden durch ihre gemeinsame Feindschaft zu den
Überbleibseln der französischen Regierung, haben sie der
Stadt Wohlstand gebracht. Doch hinter dem Vorhang, in den
Schatten des Sprawls, werden bereits Vorbereitungen für
den Krieg um die Kontrolle der Stadt getroffen.
Die organisierte Kriminalität in Lille ist bei weitem nicht
so mächtig wie in Paris oder so umfangreich wie in Marseille,
aber sie ist tief in der Arbeitertradition der Stadt verwurzelt.
Die russischen Vory herrschen mit eiserner Faust in der Un-
terwelt von Lille, unterstützt von den einflussreichen Köp-
fen der Pariser Vory.
Diese Organisation wird von einer Frau geführt, die einst
aus Marseille kam und immer noch sehr gute Kontakte zum
mediterranen Megaplex pflegt. Es gibt noch ein paar klei-
nere Organisationen in Lille, wie die albanische Mafia oder
lokale Gangs, doch keine von ihnen besitzt die Macht und
den Einfluss der Vory.
FREUNDE, FEINDE UND ANDERE SCHWIERIGKEITEN
Penose
Die holländische Mafia namens Penose kontrolliert den
Großteil der Drogengeschäfte in Europort und Amsterdam,
hat ihre Finger aber auch in der Prostitution, dem BTL-Ver-
kauf und dem Menschenhandel, auch wenn sie in diesen
Bereichen ihren russischen Rivalen nicht das Wasser reichen
können. Diese Organisation ist ein Zusammenschluss der alt-
eingesessenen, holländischen Unterwelt, die sich verbündet
hat, um mit ihren russischen Konkurrenten Schritt halten zu
können. Obwohl die Vory die meisten kriminellen Bereiche
kontrolliert, liegt der Löwenanteil des blühenden Drogen-
geschäftes in den Händen der Penose. Aaron van Hout ist
136 GEISTERKARTELLE
der aktuelle Anführer der holländischen Mafia in Amsterdam
und Europort. Seine kriminelle Karriere begann er bereits
im Alter von neun Jahren als Drogenkurier und Mädchen für
alles. Heute ist er ein massiger Mann Mitte fünfzig, der sich
durch den Tempo-Deal mit Cordero einen Schub für seine
Organisation erhofft.
Vory v Zakone
Die Vory-Organisation von Tremaine-Gulyev, die in Euro-
port operiert, ist sehr eng mit der Lille-Sektion der russi-
schen Mafia verbunden, die von Tamara Minglov geführt
wird. Manche behaupten sogar, dass Minglov selbst Euro-
port beherrscht, was die Tremaine-Gulyev aber niemals so
sehen würden. Die Wahrheit ist, dass beide Organisationen
auf effektive Weise kooperieren und Minglov dadurch im-
mer weiter an Macht gewinnt, was über kurz oder lang da-
zu führen kann, dass beide Organisationen bald von einer
Hand geführt werden. In Europort kontrollieren die Vory
eine breite Palette an kriminellen Feldern, die meistens mit
dem Schmuggel zu tun haben (Waffen, Menschen, BTLs),
aber auch Prostitution und Schutzgelderpressung gehören
zu ihren Haupteinnahmequellen. Das Quasimonopol der
Penose auf den Drogenhandel ist den Vory ein Dorn im Au-
ge, und sie versuchen verzweifelt, auch in diesem Bereich
Fuß zu fassen.
In Lille ist die Vory von Tamara Minglov (siehe Profil auf
Seite 140) der Big Player der Unterwelt. Ihr einziger Rivale
vor Ort ist der Rumäne Piotr Wienskelas, der einst die rechte
Hand des Vory-Anführers Batoukhtinam war. Minglov ist die
jüngste Anführerin einer Vory-Sektion, die es je gab, und sie
ist stets darauf bedacht, ihre Macht weiter auszubauen. Sie
besitzt immer noch gute Kontakte zur Marseiller Unterwelt,
in der sie unter den Fittichen ihres Onkels Wassili Minglov
– eines engen Verbündeten von Natalya Mnouchkine – groß
geworden ist.
Europol
Seit einigen Jahren versuchen Europol-Agenten, dem
Schmuggel in Europort Einhalt zu gebieten, allerdings oh-
ne großen Erfolg. Auch wenn die Konzerne die Einrichtung
von Europol als effektivere Polizeieinheit unterstützt haben,
lassen sie all ihren Einfluss spielen, um sich vor deren Er-
mittlungen zu schützen.
Wegen der Macht der Konzerne und ihres Unwillens zur
Kooperation sind Europol in vielen Belangen die Hände ge-
bunden. Trotzdem verstärken sie in letzter Zeit ihre Bemü-
hungen, indem sie verdeckte Ermittler einsetzen und sich
bei ihren Aktionen auf das französische Herrschaftsgebiet
konzentrieren.
Einer dieser verdeckten Agenten ist Roman Karimisek
(siehe S. 141), der erfolgreich die Vory-Sektion von Tamara
Minglov infiltriert hat.
In Lille, das auch immer mehr in die Hände der Kon-
zerne gerät, hat Europol ähnliche Probleme wie in Euro-
port. Aufgrund der politischen Veränderungen in der Stadt
hat Europol einen großen Teil seines Einflusses und seiner
Kontakte eingebüßt, was den Aktionsradius der Behörde
sehr geschwächt hat.
EUROPORT & LILLE –
ABENTEUER-GERÜST
Die Olaya-Delegation erreicht die Niederlande, wo Cordero
einen Deal mit der holländischen Penose aushandeln will,
um Tempo in Europa zu verteilen. Währenddessen küm-
mert sich Munoz darum, einige Mitglieder der Europort-
Regierung zu schmieren und sie davon zu überzeugen,
eine Partnerschaft mit KondOrchid einzugehen. Außerdem
sollen sie die Ankunft der ersten großen Ladung Tempo in
Europa überwachen. Diese Ereignisse spielen sich in einem
Zeitrahmen von 4–5 Tagen ab, und es steht dem Spielleiter
frei, eigene Abenteuerideen einzubauen oder diejenigen zu
benutzen, die im Abschnitt Ableger und Nebenjobs am Ende
dieses Kapitels präsentiert werden.
PARTNERSUCHE LEICHT GEMACHT
Auftakt
Die Runner werden von Sacristán (oder von ihrem regulären
Schieber, wenn sie die vorangegangenen Abenteuer nicht
gespielt haben) kontaktiert, die ihnen im Auftrag eines ho-
hen Kartellmitgliedes einen Sicherheitsjob anbietet. Der Job
ist dringend und die Runner bekommen einen Kommcode,
den sie sofort anrufen sollen. Ein ziemlich gestresster und
kurz angebundener Cordero nimmt den Anruf entgegen.
Er braucht dringend einige Runner für einen Sicherheits-
job in Amsterdam. Er ist bereit, einen guten Preis zu zahlen,
und übernimmt bei Zusage der Runner natürlich auch den
nächsten direkten Flug nach Schiphol. Er sagt ihnen, dass sie
leichte Bewaffnung mitbringen sollen, aber nichts Extremes,
weil ihr Auftrag eher diskret ablaufen soll. Ein paar Sekun-
den nach ihrer Zusage erhalten die Charaktere Flugtickets
per Kommlink. Von jetzt an haben sie noch eine Stunde Zeit
bis zum Check-in. Sie müssen sich also beeilen.
Szene 1
In Amsterdam müssen die Charaktere Cordero und seine
Leute von seinem Hotel (Hotel Pulitzer – mitten in der In-
nenstadt) zu einer neuen Diskothek namens Amsterdamned
GEISTERKARTELLE
begleiten, die als neutraler Boden für die Verhandlungen mit
der Penose ausgesucht wurde. Die Delegation wird von Van
Hout persönlich empfangen, der sie in ein Separee bringt,
wo sie über ihren Deal verhandeln können.
Inmitten dieser Verhandlungen taucht Salma Munoz im
Amsterdamned auf und zieht sofort die Aufmerksamkeit auf
sich, auch von einigen Paparazzi, die scharf auf Vids von dem
amazonischen Model sind. Auch Cordero bemerkt den plötz-
lichen Trubel, und als er sieht, dass Salma dafür verantwort-
lich ist, wirkt er plötzlich ziemlich angesäuert, weil er gerne
darauf verzichten kann, die verwöhnte Göre bei einem wich-
tigen Drogendeal in seiner Nähe zu haben. Er beschließt,
die Verhandlungen erst einmal zu unterbrechen und zu ver-
schieben, weil ihm das Risiko zu groß ist, dass sein oder Van
Houts Gesicht plötzlich in irgendwelchen Boulevardblättern
auftauchen. Mit Wut im Bauch wird er die Runner anweisen,
sie ungesehen aus der Diskothek zu bringen und dafür Sor-
ge zu tragen, dass Salma nichts Dummes tut.
Während die Delegation und die Penose sich zum Aufbruch
bereit machen, müssen die Charaktere auch dafür sorgen, dass
Salma das Amsterdamned verlässt und niemand ihnen folgt.
Aus dem Sicherheitsjob wird jetzt schon fast ein Leib-
wächter-Job.
Nachdem die Runner Salma und Cordero zurück ins
Hotel gebracht haben, bekommen sie von Cordero ihr Geld
und das Angebot für weitere Jobs.
DIE EURO-TOUR
DAS AMSTERDAMNED
Der neue Stern am holländischen Partyhimmel befindet
sich auf zwei Etagen in einem ehemaligen Kornspeicher.
Das Amsterdamned verbindet die archaische Bauweise des
Gebäudes mit der neuesten und modernsten Laser- und
Holoshow in den Benelux-Staaten. Die besten DJs und Ho-
loJs Europas arbeiten hier, und die Gäste werden von den
imposanten Türstehern so aussortiert, dass das Geschlech-
terverhältnis etwa fifty-fifty beträgt.
Die Musik besteht meistens aus Neotrance und ande-
rer Dance-Music, die oftmals aus der starken europäischen
Dance-Szene stammt. Die Musik wird – sowohl in der Rea-
lität als auch in der AR – von einer beeindruckenden Laser-
und Holoshow begleitet. Überall inmitten der Tanzfläche
stehen Käfige, in denen Tänzer aller Geschlechter und Ras-
sen leichtbekleidet tanzen.
Szene 2
Cordero bietet den Runnern an, sie im Hotel Pulitzer einzu-
quartieren, damit sie für weitere Jobs zur Verfügung stehen.
Er erklärt ihnen, dass er sie für einen längerfristigen Job en-
gagieren will, der im Zusammenhang mit der europäischen
Tour der Delegation steht. Er bietet den Runnern gutes Geld
und eine 5-Sterne-Verpflegung an.
Am nächsten Morgen lädt er sie zum Brunch im Pulitzer
ein. Auch Filipe Munoz ist anwesend, der sich bei den Run-
nern als KondOrchid-Exec vorstellt, sowie seine Tochter Sal-
ma, ihres Zeichens Top-Model, die vor allem als das Gesicht
– oder besser gesagt der Körper – von Spinrad Industries’
letzter Bioformungslinie bekannt ist. Doch sie haben die
Runner ja schon am Vorabend kennenlernen dürfen.
Die Unterhaltung besteht so lange aus Smalltalk, bis Sal-
ma irgendwann ihrem Vater einen Kuss aufdrückt und ver-
schwindet. Als sie den Raum verlässt, fährt Cordero Munoz
an, weil seine Tochter gestern mit ihrem Auftauchen und
dem Presserummel den Deal mit der Penose gefährdet hat.
Munoz weist die Vorwürfe von sich, verteidigt seine Tochter
137
DIE EURO-TOUR
und verspricht Cordero, dafür zu sorgen, dass am nächsten
Tag ein neues Treffen in den Europort-Docks stattfindet.
Dieses Mal findet das Treffen in einem Fischrestaurant
mit dem Namen „Zeezout“ statt, in dem die Delegation ei-
nen eigenen Raum gemietet hat. Die Verhandlungen ver-
laufen ohne Zwischenfälle, und als die beiden Parteien sich
einig sind, gibt Cordero der Penose die GPS-Koordinaten
einer Lagerhalle, in der die erste Ladung versteckt ist. Die
heiße Fracht ist vor ein paar Stunden aus Hongkong gekom-
men und wurde in einem 40-Fuß-Container nach Europort
eingeführt. Die 2,5 Tonnen Tempo wurden dann auf drei
Lkw verteilt und unter normaler Fracht verborgen.
Als Van Hout wenig später das Lagerhaus erreicht, muss
er aber feststellen, dass die Lkw verschwunden sind. Die Wa-
chen der Olaya liegen bewusstlos oder tot auf dem Boden
und Graffiti mit kyrillischen Zeichen bedecken die Wände
und die Körper der Wachen. So wie es aussieht, hat die ört-
liche Vory-Sektion von Tremaine-Gulyev die Ware gestohlen
und ihr Zeichen hinterlassen, damit klar ist, dass man solche
Geschäfte in Europort nicht hinter dem Rücken der Russen
abwickelt.
Nun werden die Runner damit beauftragt, die Lkw so
schnell wie möglich zu finden und zurückzuholen. Weil sie
nicht wissen, wohin die Lastwagen unterwegs sind, bleibt ih-
nen nicht viel Zeit – sie müssen sofort handeln. Die schnells-
te Möglichkeit, die Lkw zu finden, besteht darin, sich in das
örtliche GridGuide-System zu hacken.
Haben die Runner das getan, werden sie sehen, dass
zwei der Trucks gerade auf die Euroroute 6 fahren (Euro-
port-Anvers-Brüssel-Lille). Da beim dritten Lkw der RFID-
Marker zerstört wurde, können sie diesen nicht orten.
Die Euroroute 6 ist eine erhöhte, zweigeschossige Su-
perautobahn mit einer Monorail-Strecke zwischen den Fahr-
bahnen. Dank ihrer Größe läuft der Verkehr auf der ER6 sehr
flüssig, und auch bei hohem Verkehrsaufkommen sorgt das
GridGuide dafür, dass keine Staus entstehen. Hier trifft man
138 GEISTERKARTELLE
auf kilometerlange Lkw-Konvois, Anzugträger in Sportwagen
und Familien auf ihrem Weg zur Oma.
Sobald die Vory bemerken, dass sie verfolgt werden, ge-
ben sie ohne Rücksicht auf Verluste Gas. Sie durchbrechen
die Absperrungen von Mautstellen, drängen andere Fahrzeu-
ge von der Straße und schießen wild um sich. Alles was sie
wollen, ist, die Ware nach Lille zu bringen – koste es, was es
wolle. Die Verfolgungsjagd sollte so dramatisch wie möglich
ablaufen. Immer wieder müssen die Runner unbeteiligten
Verkehrsteilnehmern ausweichen, durch Mautstellen bre-
chen und aufpassen, dass sie nicht von den plötzlich auftau-
chenden Maglev-Bahnen erfasst werden. Die Runner müssen
sich mächtig ins Zeug legen, damit sie die beiden Trucks ein-
holen und stoppen. Dabei sollten sie aber immer im Hinter-
kopf behalten, dass der Ware nichts passieren darf.
Sollte es den Runnern gelingen, das Tempo oder/und die
beiden Lkw zu sichern, werden sie in eine Werkstatt der Pe-
nose in Lille gelotst. Ist die Ware abgeliefert, wird Cordero
die Runner anweisen, erst einmal unterzutauchen und auf
weitere Instruktionen zu warten.
Szene 3
Cordero kontaktiert die Runner am nächsten Tag und erzählt
ihnen, dass Munoz nach Liverpool geflogen ist, um sich mit
neuen Partnern zu treffen, und er nun den Mist des Vorta-
ges aufräumen darf. Das bedeutet natürlich, dass die Runner
diese Aufgabe bekommen. Cordero lässt durchblicken, dass
er die Probleme gerne gelöst hätte, bevor er in der nächsten
Woche nach Frankreich fliegt.
Nach ein wenig Beinarbeit in den Schatten von Lille soll-
ten die Charaktere recht schnell herausfinden, dass sich der
dritte Lkw mit Tempo in den Händen der örtlichen Vory von
Tamara Minglov befindet.
Nachdem die Runner Cordero darüber informiert ha-
ben, wird er sie bitten, ein paar Informationen über die Or-
ganisation zu sammeln. Ein paar Stunden später ruft er die
Runner wieder an, und es wird schnell klar, dass direkte
Gewalt keine Option ist, da die Olaya weder die Zeit noch
das nötige Personal zur Hand haben, um einen Kleinkrieg
gegen die Vory zu beginnen. Die Alternative besteht darin,
mit Minglov zu verhandeln, und genau das ist es, was die
Runner jetzt machen sollen. Um ihre Position zu stärken,
hat Cordero einen Trumpf in der Hand: Einer der hohen
Kontakte von Munoz beim Europort-Konzernrat hat ihm die
Information zukommen lassen, dass ein verdeckter Ermitt-
ler von Europol sich in die Vory-Sektion von Minglov einge-
schlichen hat und dieser am Diebstahl einer unbestimmten
Drogenladung beteiligt war.
Dieser verdeckte Ermittler ist Roman Karimisek (siehe S.
141). Cordero vereinbart ein Treffen mit Minglov, zu dem er
die Runner als seine Mittelsmänner schickt.
Das Treffen findet in einem alten Lagerhaus in einem he-
runtergekommenen Industriegebiet in Lille statt. Den Run-
nern wird schnell klar, dass Minglov eine verdammt harte
Verhandlungspartnerin ist.
Wie erwartet ist sie nicht bereit, die Ladung Tempo ein-
fach so auszuhändigen; sie hat sogar schon damit begonnen,
die Ware zu verteilen. Trotzdem ist sie bereit zu verhandeln.
Sie ist stark daran interessiert, wer der Maulwurf in ihrer
Organisation ist, und möchte außerdem auch in Zukunft mit
dem profitablen Tempo versorgt werden. Sie ist sogar da-
zu bereit, einen Anteil der Gewinne an die Auftraggeber der
Runner zu überlassen – sie will auch gar nicht wissen, wer
das ist –, wenn dafür weitere Ladungen für sie drin sind.
Cordero ist nicht gerade von der Situation begeistert,
aber die Olaya haben im Moment weder die Mittel noch die
Zeit, um die verlorene Ladung aus eigenen Kräften zurück-
zuholen. Außerdem ist ein weiterer Verteiler in Lille keine
schlechte Sache, auch wenn man dadurch der Penose ans
Bein pinkelt.
Cordero geht auf den Deal ein, mit der Bedingung, dass
Minglov die Ware nicht in den VNL verkauft, damit die Penose
zumindest in diesem Gebiet ihr Geschäft weiterführen kann.
Minglov verspricht, dass sie ihren Tempo-Vertrieb auf
Nordfrankreich, die SOX und Westdeutschland beschränkt.
Um den Deal festzuklopfen, möchte Minglov aber noch, dass
die Runner ihr einen kleinen Gefallen tun: Sie möchte, dass
sie den Maulwurf finden und ihn aus dem Verkehr ziehen.
Showdown
Munoz‘ Konzernkontakt hat nicht wirklich viele Informatio-
nen über den Maulwurf, immerhin aber eine Adresse in Lille.
Die Adresse ist die erste (und einzige) Spur der Runner, die
sie verfolgen sollten. Diese Adresse gehört zu der Wohnung
von Karimiseks Ex-Frau Paula Heeren, die in einem gesicher-
ten AA-Wohnkomplex in Lille liegt. Sie wohnt dort in einem
modernen Loft, ganz oben in einem 4-Familienhaus. Wenn
die Charaktere in die Wohnung eindringen, werden sie we-
der seine Ex-Frau noch ihn selbst vorfinden – er ist gerade
untergetaucht und informiert seinen Vorgesetzten Oscar
Jordão (siehe S. 140) über die Ereignisse der letzten Tage.
Durchsuchen die Charaktere die Wohnung, werden sie nicht
viele nützliche Hinweise finden. So wie es aussieht, hält Ka-
rimiseks Ex-Frau nicht viel von ihrem einstigen Ehemann,
denn es gibt hier nichts, was auf ihn hindeutet.
Eine Sache allerdings sollte die Aufmerksamkeit der Cha-
raktere auf sich ziehen: das Foto eines jungen Mädchen vor
ihrer Schule (Grundschule Notre Dame de la Paix).
Anscheinend hat Karimisek eine Tochter, und jetzt,
da die Runner wissen, auf welche Schule sie geht, soll-
te es nicht schwierig sein, das Mädchen namens Sara zu
finden.
GEISTERKARTELLE
WOHNKOMPLEX: RÉSIDENCE DU LYS
Der Wohnkomplex du Lys wurde Ende der 60er-Jahre
gebaut, um Konzernmitarbeitern eine sichere Wohnum-
gebung zur Verfügung zu stellen. Dieses Areal ist in zwei
Bereiche geteilt: den Luxusbereich, mit einer AA-Sicher-
heitsstufe, in dem vor allem Mehrfamilienhäuser stehen,
und einen Premium-Bereich, mit einer AAA-Sicherheitsstu-
fe, in der vorrangig hohe Konzerntiere in exquisiten Villen
wohnen.
Der gesamte Komplex ist von einer fünf Meter hohen
Mauer aus Plastbeton (Panzerungsstufe 11, Strukturstufe
11) und zwei Ringen aus Elektrozäunen umgeben. Auf dem
Gelände befindet sich eine Vielzahl von Kameras und Be-
wegungsmeldern. Diese werden von zwei Sicherheitsleu-
ten (des Securitas-Sicherheitskonzerns) vom Kontrollzen-
trum aus ständig überwacht.
Das Sicherheitsteam besteht aus 12 Personen. Zwei
sind jeweils an den vier Eingängen des Komplexes platziert
(zwei im Luxus- und zwei im Premiumbereich), zwei im
Kontrollzentrum und zwei auf Patrouille.
(verwenden Sie die Werte der Lone-Star-Polizeieinheit,
S. 326, SR4)
Die regulären Bewohner kommen mit einem Komm-
link-Check in den Komplex, bei dem ihre Daten mit einer
Datenbank verglichen werden (Firewall 5, Prozessor 4, Si-
gnal 5, System 5). Es befindet sich immer ein Magier im Si-
cherheitsteam, der für die magische Sicherheit verantwort-
lich ist. Neben einigen Watchern (Kraftstufe 4) patrouilliert
noch ein Schutzgeist (Kraftstufe 6) über das Gelände.
DIE EURO-TOUR
Die Wohnungen des Luxusbereichs werden durch
Magschlösser der Stufe 5 gesichert.
Haben sie erst einmal das Mädchen in ihrer Gewalt,
dürfte es kein Problem für die Runner sein, Karimisek zu ei-
nem Treffen zu überreden. Sara wird sich natürlich panisch
verhalten und eine Menge weinen und die Runner müssen
schon sehr harte Hunde sein, wenn sie das Verhalten des
jungen Mädchens einfach ignorieren wollen.
Wenn sie Minglov kontaktieren, um ihr mitzuteilen, dass
sie Karimisek gefunden haben, wird sie anordnen, dass der
Eurocop eliminiert und ihr die Leiche als Beweis gebracht
wird.
Sollten die Charaktere nicht willens sein, Karimisek zu
töten, wird Minglov ziemlich angepisst sein und sie bitten,
ihn lebend zu ihr zu bringen. Das wird auf jeden Fall das An-
sehen der Runner bei ihr mindern, was sich für weitere Jobs
für sie negativ auswirken kann. Aber egal ob sie sich selber
die Hände dreckig machen oder den Maulwurf an Minglov
übergeben, Karimisek wird den Tag nicht überleben.
Sobald die Runner Karimisek – tot oder lebendig – an
Minglov übergeben haben, steht der Deal zwischen ihr und
der Olaya-Delegation.
Epilog
Am Tag nach der Übergabe von Karimisek an Minglov wer-
den die Charaktere von dem Mann der Penose in Lille, an
den sie die Lkw übergeben haben, kontaktiert. Er erzählt
den Runnern, dass er von einem Bullen mit dem Namen Os-
car Jordão angesprochen wurde, der sich mit den Runnern
in einer Bierstube in Lille treffen will. Der Kontakt gibt den
Runnern zu verstehen, dass der Laden sehr gut frequentiert
ist und deswegen keine Gefahr für sie besteht.
Jordão ist niemand Geringeres als der Vorgesetzte von
Karimisek bei Europol. Er ist wütend, weil er am Morgen
139
 über den Tod seines Agenten informiert wurde. Er offenbart
den Runnern seine Identität und spricht eine offene War-
nung aus. Obwohl er es nicht beweisen kann und dadurch
seine Hände gebunden sind, weiß er, dass die Runner für
den Tod des Europol-Agenten verantwortlich ist. Er droht ih-
nen, dass er sie im Auge behalten und irgendwann zu fassen
bekommen wird – koste es, was es wolle.
Sollten die Runner mit Cordero oder Munoz über das
Treffen mit Jordão sprechen, sagt man ihnen, dass sie sich
deshalb keine Sorgen machen sollen. Die Olaya-Delegation
wird sich darum kümmern, dass ihre Konzernkontakte die
Ermittlungen von Europol stoppen oder zumindest so lange
verzögern, bis die Runner aus dem Schussfeld sind.
Nach den Ereignissen in Europort und Lille ist die Bezie-
hung zwischen Cordero und Munoz gestört, weil der Deal
mit Minglov eigentlich gegen die Kartellpolitik verstößt.
Munoz, der mit dem Russen-Deal nicht wirklich zufrieden
ist, weiß, dass dadurch einige Parteien missmutig zurückge-
lassen werden: die Penose, die einen Teil ihres Geschäfts-
gebietes eingebüßt hat , die Tremaine-Gulyev, die zwar am
Diebstahl beteiligt waren, aber kein Stück vom Tempo-Ku-
chen abbekommen haben, und nicht zuletzt Europol, das
einen seiner besten verdeckten Ermittler verloren hat.
Jetzt, wo die Situation in Lille geklärt ist, zieht die Dele-
gation weiter nach Marseille.
ABLEGER UND NEBENJOBS
 Während seines Aufenthalts in Europort braucht Munoz
DIE EURO-TOUR
ein wenig Hilfe von den Runnern, um einige Europort-
Manager davon zu überzeugen, dass es besser wäre, seine
Fracht ohne Probleme in die Niederlande einzuführen.
Diese Überzeugungsarbeit kann aus der Zerstörung von
privatem Eigentum, körperlicher Einschüchterung, Dro-
hungen gegenüber der Familie oder aus subtileren Mitteln
bestehen, z.B. jemanden unter Drogen zu setzen und ihn
dann in einer kompromittierenden Situation zu filmen.
 Nachdem sie Karimiseks Leiche an Minglov übergeben ha-
ben, bittet sie die Runner darum, einen Tempo-Transport
zu beschützen, bei dem die Ware an verschiedene Dealer
verteilt wird. Minglovs Rivale Wienskelas hat allerdings von
dieser Aktion Wind bekommen und versucht jetzt mithilfe
der albanischen Mafia, an die Drogen zu kommen, in dem
er den Runnern in der Wohnung eines Dealers auflauern
lässt.
SCHATTENBESETZUNG
Oscar Jordão
Der orkische Europol-Agent genießt einen guten Ruf als
unbestechlicher und hartnäckiger Bulle. Während der
letzten Jahre hat er sich auf Bandenkriminalität speziali-
siert und ist durch Verhaftungen von Vory-Zellen in den
Niederlanden und Österreich schon einige Male befördert
worden. Seine Ermittlungsmethode ist eine ausgeglichene
Mischung aus Infiltration und Beinarbeit in den Schatten,
um an heiße Informationen zu kommen. Wenn er erst ein-
mal eine kriminelle Bande im Visier hat, versucht er sie
auf der physischen Ebene mit Razzien und dergleichen zu
schwächen, während er ihr durch gezielte Aktionen gegen
Buchhalter der Bande oder deren Einnahmequellen den
Geldhahn zudreht.
Geboren in Lissabon, ist Oscar in den Straßen des herun-
tergekommenen Distrikts Baixa in der Nähe der Docks auf-
gewachsen. In seiner Kindheit und Jugend wurde er ständig
Zeuge von Verbrechen und vor allem der Korruption, die in
ihm den Wunsch wachsen ließen, diesen Zustand zu ändern.
140 GEISTERKARTELLE
Seine ganze Karriere lang blieb dieser Gedanke in sei-
nem Hinterkopf, wodurch er zu einem der effektivsten und
zuverlässigsten Agenten von Europol geworden ist.
Oscar war einer der ersten Polizisten, die mit der Ankunft
von Tempo in Europa konfrontiert wurden, weshalb man
ihm die Ermittlungen übergab. Er verstand recht schnell,
welche positiven Auswirkungen das Geschäft mit der neuen
Droge auf die Finanzen der Banden haben würde, schaffte
es bisher aber weder, eine Spur zum Herkunftsort der Droge
zu finden, noch, die Verteilung der Droge in den Sprawls zu
verhindern.
Die Lille-Episode und der Tod von Karimisek – der ein
guter Freund von Jordão war –, haben ihn dazu veranlasst,
seine Methoden zu ändern. Von jetzt an ist er bereit, sich die
Hände schmutzig zu machen und schlechte Dinge für einen
guten Zweck zu tun – wie Hinweise fälschen oder Banden-
mitgliedern Drogen unterzuschieben, um sie zum Reden zu
bringen.
K G R S C I L W EDG ESS INI ID
7 5 3 (5) 5 2 6 4 4 5 3,28 9 (11) 1 (3)
Zustandsmonitor (Körperlich/Geistig): 12/10
Panzerung: 6/4 (12/10)
Fertigkeiten: Fertigkeitsgruppe Athletik 3, Chemie 2 (Dro-
gen +2), Computer 3, Datensuche 4 (Finanzen +2), Deutsch
3, Drogenhandel 5, Einschüchtern 3 (Verhör +2), Erste Hilfe
2, Französisch 3, Führung 3, Gebräuche 3 (Polizei +2), Hol-
ländisch 3, Italienisch 3, Kriminelle Organisationen Europas
5, Kriminologie 6, Lissabonner Banden 4, Lissabonner Gangs
3, Pistolen 4, Portugiesisch 5, Recht und Gesetze 6, Russisch
3, Schlosser 5, Unterweltfinanzen 4, Wahrnehmung 6
Gaben und Handicaps: Analytischer Geist, College-Ab-
schluss, Fotografisches Gedächtnis, SIN-Mensch, Sprachta-
lent, Vendetta
Bodytech: Cyberaugen [3; Augen-Rekorder (Zugriff nur
durch Datenbuchse), Bildverbindung, Blitzkompensation,
Infrarotsicht, Restlichtverstärkung, Schutzgläser, Sichtver-
besserung (2), Sichtvergrößerung, Smartlink], Cyberohren
[3; Audioverbesserung (3), Audioverbindung, Dämpfer,
Ohr-Rekorder (Zugriff nur durch Datenbuchse), Richtungs-
detektor, Selektiver Geräuschfilter (4)], Datenbuchse, Ge-
ruchsbooster (4), Geschmacksbooster (4), Luftröhrenfilter
(3), Mathematische SPU, Mnemoverstärker (3), Synapsenbe-
schleuniger (2), Stimmenmodulator
Ausrüstung: Panzerweste, Forensische Werkzeuge, Nova-
tech Airware mit Iris Orb, Holster, SWAT-Panzerung (mit
Helm) bei Razzien
Waffen:
 Cavalier Safeguard [Taser, Schadenscode 5G(e), PB –Hälf-
te, HM, 6(m), Smartgunsystem]
 Browning Ultra-Power [Schwere Pistole, Schadenscode
5G, PB +1, HM, 15(s), Smartgunsystem, Gelgeschosse]
Tamara Minglov
Tamara ist die Tochter einer ukrainischen Familie, die wäh-
rend der Eurokriege nach Europa flüchtete. Sie fanden Un-
terschlupf in einem der Marseiller Flüchtlingslager, wo ihr
Onkel Wassily der Familie Starthilfe in ein neues Leben gab.
Es ist unklar, wie und warum Tamara 2070 nach Lille kam,
aber innerhalb von sechs Monaten war sie plötzlich an der
Spitze der lokalen Vory-Organisation.
Tamara Minglov ist eine Frau weniger Worte, die sehr
großen Wert darauf legt, sich mit einer mysteriösen Aura zu
umgeben. Gerüchten zufolge soll sie ihren steilen Aufstieg
einem mächtigen Fürsprecher verdanken, wobei unklar
ist, um wen es sich dabei handelt: um Batouktinam – das
Oberhaupt der französischen Vory –, um eine Fraktion im
französischen Establishment, die versucht, die Übernahme Waffen:
Lilles durch die Konzerne zu verhindern, oder um einen  Messer [Klingenwaffe, Reichweite 0, Schaden 3K, PB 0]
mächtigen Magier, der sie unter seine Fittiche genommen  Ingram Smartgun X [Schnellfeuerwaffe, Schadenscode 6K,
hat – vielleicht sogar um alle drei. PB 0, SM/AM, RK 2(3), 32(s), Gasventilsystem 2, Smartgun-
system, Explosivgeschosse]
K G R S C I L W EDG M ESS INI ID
3 3 3 2 4 4 3 5 6 5 6 7 1
Vory-Rigger (Professionalitätsstufe 3)
Zustandsmonitor (Körperlich/Geistig): 10/11
Panzerung: 6/4 K G R S C I L W ESS INI ID
Fertigkeiten: Arcana 5, Führung 3, Herbeirufen 4, Pistolen 2 4 4 3 2 4 3 2 5,4 8 1
3, Spruchzauberei 5, Wahrnehmung 3 Zustandsmonitor (Körperlich/Geistig): 9/9
Gaben und Handicaps: Zauberer Panzerung: 8/6
Initiatengrad: 1 Fertigkeiten: Bodenfahrzeuge 3, Ausweichen 3, Flugzeuge
Metamagie: Großes Ritual 3, Knüppel 3, Schnellfeuerwaffen 4, Waffenloser Kampf 3
Ausrüstung: Kommlink Hermes Ikon mit Iris Orb, gefütter- Bodytech: Datenbuchse, Riggerkontrolle
ter Mantel Ausrüstung: Panzerjacke, Kommlink (3)
Waffen: Waffen:
 Hämmerli 620S (Leichte Pistole, Schadenscode 4K, PB 0,  Messer [Klingenwaffe, Reichweite 0, Schaden 3K, PB 0]
HM, RK 1, 6(s), Smartgunsystem)  Ingram Smartgun X [Schnellfeuerwaffe, Schadenscode 6K,
Zaubersprüche: Heilen, Hellsicht, Kugelblitz, Leben Auf- PB 0, SM/AM, RK 2(3), 32(s), Gasventilsystem 2, Smartgun-
spüren, Manablitz, Panzerung, Wahrheit Analysieren system, Explosivgeschosse]

Roman Karimisek Vory-Magier (Professionalitätsstufe 4)

Obwohl Roman in Amsterdam geboren wurde, hat er star- K G R S C I L W M ESS INI ID
ke Bindungen zur russischen Kultur, aus der seine Eltern 3 3 5 3 5 5 4 5 5 6 10 1
stammen. Er begann seine Polizeikarriere gleich nach sei- Zustandsmonitor (Körperlich/Geistig): 10/11
nem Schulabschluss und wurde recht schnell als verdeckter Panzerung: 6/4
Ermittler bei den Regiokons in Amsterdam eingesetzt. Er Fertigkeiten: Askennen 4, Fertigkeitsgruppe Beschwören 4,

DIE EURO-TOUR
lernte Oscar Jordão kennen, freundete sich mit ihm an und Fertigkeitsgruppe Hexerei 4, Klingenwaffen 3 (Schwert +2)
wechselte zu Europol. [Fokus +2], Pistolen 1, Schnellfeuerwaffen 2, Waffenloser
Roman ist ein hagerer Mann mit klaren Gesichtszügen Kampf 2
und einem Drei-Tage-Bart, der wie ein schwarzer Schatten Zaubersprüche: Energieblitz, Energieschlag, Feinde Auf-
über seinem Gesicht liegt. spüren, Katalog, Klebstoff, Manaball, [Mauern] Zertrüm-
mern, Physische Barriere, Verwirrung
K G R S C I L W EDG ESS INI ID Ausrüstung: Panzerweste, Kommlink (3), Herbeirufungsfo-
3 5 4 (5) 3 4 5 3 5 4 4,95 9 (10) 1 (2) kus (2), Zauberspruchfokus [Kampf] (2), Zauberspruchfo-
Zustandsmonitor (Körperlich/Geistig): 10/11 kus [Manipulation] (2), Waffenfokus [Schwert] (2)
Panzerung: 6/4 Waffen:
Fertigkeiten: Fertigkeitsgruppe Athletik 2, Datensuche 3,  Schwert [Klingenwaffe, Waffenfokus (2), Reichweite 1,
Fertigkeitsgruppe Feuerwaffen 4, Französische Unterwelt Schaden 5K, PB 1]
3, Kriminologie 4, Pistolen 4, Wahrnehmung 4, Fertigkeits-  Ingram Smartgun X [Schnellfeuerwaffe, Schadenscode 6K,
gruppe Heimlichkeit 5, Waffenloser Kampf 3 PB 0, SM/AM, RK 2(3), 32(s), Gasventilsystem 2, Smartgun-
Gaben und Handicaps: Soziales Chamäleon system, Explosivgeschosse]
Bodytech: Cyberaugen [3; Augen-Rekorder (Zugriff nur
durch Datenbuchse), Bildverbindung, Blitzkompensation,
Infrarotsicht, Restlichtverstärkung, Schutzgläser, Sichtver-
besserung (2), Sichtvergrößerung, Smartlink], Geruchsboos-
ter (4), Geschmacksbooster (4), Synapsenbeschleuniger (1)
Ausrüstung: Kommlink (4), Panzerweste
Waffen:
 Browning Ultra-Power [Schwere Pistole, Schadenscode
5G, PB +1, HM, 15(s), Smartgunsystem, Gelgeschosse]
 Ingram Smartgun X [Schnellfeuerwaffe, Schadenscode 6K,
PB 0, SM/AM, RK 2(3), 32(s), Gasventilsystem 2, Smartgun-
system, Explosivgeschosse]

Vory-Schläger (Professionalitätsstufe 3)
K G R S C I L W ESS INI ID
3 4 4 3 2 3 4 2 5,9 7 1
Zustandsmonitor (Körperlich/Geistig): 10/9
Panzerung: 8/6
Fertigkeiten: Ausweichen 3, Klingenwaffen 4, Knüppel 3,
Schnellfeuerwaffen 4, Waffenloser Kampf 3
Bodytech: Smartlink
Ausrüstung: Panzerjacke, Kommlink (2)

GEISTERKARTELLE
141
 FRENCH CONNECTION
Die Delegation bewegt sich – nach ein paar Anlaufschwie-
rigkeiten in Europort und Lille – nach Süden, in eine an-
dere vom Verbrechen geplagte Stadt, wo das Olaya-Kartell
versucht, Deals für ganz Südwesteuropa auszuhandeln: Mar-
seille.
WAS GEHT IN MARSEILLE VOR
Der Hafen von Marseille ist ein wichtiger Knotenpunkt des
gesamten Mittelmeerhandels. Er wird von einem Konsor-
tium aus örtlichen Repräsentanten, Konzernbesitzern und
Gangstern aus dem Milieu regiert. Die Letztgenannten sind
zum Teil dafür verantwortlich, dass KondOrchid, trotz des
AA-Status, in der Cité phocéenne nicht wirklich Fuß fassen
konnte. Und das erklärt, warum Munoz bei den Verhand-
lungen mit Foçëa, dem örtlichen Konglomerat, das den
Handelshafen verwaltet, besonders vorsichtig sein muss.
Währenddessen muss Luis Cordero zeitgleich mit den Ver-
handlungen mit den Konzernen den Tempohandel mit den
örtlichen Partnern des Olaya-Kartells, wie der jungen vietna-
mesischen Triade Clan des 51 Gorgones, wieder ganz allein
organisieren.
Asiatische Ambitionen
Diese Triade war ursprünglich ein Zweig der Ten Thousand
Lions aus Hongkong. Sie ist recht neu in der Marseiller Szene
DIE EURO-TOUR
und nicht Teil des Milieus. In ihren Anfangszeiten profitier-
te die Triade, die vom Vietnamesen Michel N’Guyen geführt
wird, von der Unterstützung der örtlichen Vory. Dadurch
konnte sie sich in Geschäftsbereichen festsetzen, die eigent-
lich der Spielplatz des Milieus waren, wie im Geschäft mit
Drogen, Dreamchips und illegalem Glücksspiel. Die Russen
gewährten der Triade sogar einige Zeit lang Schutz. Aber in
den letzten Jahren ist die Hilfe der Russen aus geschäftlichen
Erwägungen weniger geworden. Zwischen den beiden Syn-
dikaten scheint sich sogar ein Konflikt darum anzubahnen,
wer den zweiten Platz hinter dem Milieu einnimmt – wobei
die Vory immer noch großen Vorsprung haben.
Die Triade schien auf dem dritten Rang festzusitzen,
verdammt dazu, Kong-Chips an die Kunden zu verkaufen,
die ihre beiden Rivalen ihr überließen, als das Olaya-Kartell
mit seiner neuen BAD auftauchte. Tatsächlich wurden sie
dem Kartell von ihren neuen Verbündeten, den Black Chry-
santhemums (N’Guyen hat sich vor Kurzem von den Ten
Thousand Lions getrennt), empfohlen. Dennoch sind sie
nicht so groß oder so hart, wie sie sich geben. In jedem Fall
war die Gelegenheit einfach zu verlockend, der vietnamesi-
sche Anführer verkaufte seine Dienste meisterhaft, und der
Deal war schnell unter Dach und Fach. Die Kostprobe war,
wie in aller Welt, ein durchschlagender Erfolg, und die 51
Gorgones kamen in eine Position, von der sie nie geträumt
hätten, die ihnen aber Neid und Zorn der beiden großen
Rivalen eintragen könnte, sobald diese entdecken, wer den
neuen Kick der Stadt verkauft.
Kriegsgefahr
Das Milieu kämpft seit sieben Jahren mit den Vory, vor allem
auf dem Drogen- und Waffenmarkt. Seit Kurzem verstärken
beide für den Fall eines ausgewachsenen Unterweltkriegs
ihre Reihen. Dem Milieu wurden (zu seinem Missfallen) ei-
nige Muskeln aus der Fratellanza zur Verfügung gestellt, mit
denen die Alta Commissione es wohl eher überwachen als
unterstützen will. Die Vory bekamen Nachschub von den Or-
ganizatsi aus Lille und Holland. Aber durch die rasende Ver-
142 GEISTERKARTELLE
breitung von Tempo – oder Clams, wie es hier genannt wird
– sind die Syndikate gezwungen, sich in Marseille der neuen
Droge, ihrer Quelle und ihren Verkäufern zu widmen, damit
sie auf ihren Geschäftsfeldern nicht zu viel an Boden verlie-
ren. Sie bedienen sich dabei unterschiedlicher Techniken.
Das einflussreiche Milieu nutzte seine politischen Verbin-
dungen, um behördliche Maßnahmen gegen den Handel zu
erwirken, während zugleich seine Clans begannen, die Dea-
ler und Konsumenten von Clams zu jagen, um die Quelle zu
finden. Die Russen gehen dagegen sehr unelegant und ge-
waltsam vor, indem sie Informationen über Clams aus den
Straßen und Docks herausprügeln.
Dieses neue Kapitel der Bandengewalt rief, gemeinsam
mit dem Lobbying des Rats von Marseille für ein Einschrei-
ten der Behörden, der enthemmenden Wirkung von Clams
und dem Entzug nach dem Schwinden der Vorräte der Kost-
probe, eine Verbrechenswelle hervor, die sich in ganz Süd-
frankreich ausbreitete. Die französische Regierung, seit der
SOX-Affäre und der folgenden Wirtschaftskrise schwer unter
Druck, entschied sich dazu, Europol, das bereits durch das
Vordringen von Tempo auf dem alten Kontinent alarmiert
ist, offiziell zur Unterstützung der Ermittlungen zu bitten.
Die europäische Polizeibehörde hatte zuvor – vor allem
wegen des starken Einflusses der Unterwelt auf Politik und
Konzerne – nie in Marseille Fuß fassen können. Die Clams-
Affäre ist eine Gelegenheit, die sie sich nicht entgehen lassen
wird.
Zwei Monate nach dem ersten Deal in einer Seitengasse
des Hafengebiets stehen die Vory und das Milieu kurz davor,
der Triade auf die Schliche zu kommen, und die 51 Gor-
gones müssen versuchen, diese unerwünschte Aufmerksam-
keit loszuwerden. Hier kommen Cordero und die Runner
ins Spiel.
BRENNPUNKT: MARSEILLE-PROVENCE-MÉDITERRANÉE
300 Sonnentage im Jahr, 2.600 Jahre Geschichte, über 100
Ethnien, zwei Millionen Einwohner – Marseille, „la Cité pho-
céenne“, war immer eine urbane Landschaft voller Kontras-
te. Die Stadt ist das Urbild einer gemischten Kultur, der Kern
eines riesigen Sprawls, der von Toulon im Osten bis Aix-en-
Provence im Norden und Martigues im Westen verläuft und
mehr als 100 Kilometer Küste bedeckt. Ein großer, fetter,
korrupter Schmelztiegel der Menschheit, der unter der hei-
ßen Mittelmeersonne brodelt.
Das historische Stadtzentrum von Marseille ist ein pri-
vilegiertes, gut gesichertes Museum, auch wenn sich die
AUF EINEN BLICK: MARSEILLE
Bevölkerung: 4.400.000
Menschen: 63,5 %
Elfen: 7 %
Zwerge: 8 %
Orks: 17 %
Trolle: 3 %
Andere: 1,5 %
Bevölkerungsdichte: 750 pro Quadratkilometer
Pro-Kopf-Einkommen: 25.000
Unter der Armutsgrenze: 36 %
Personen mit Konzernzugehörigkeit: 42 %
Krankenhäuser: 41
Privatkliniken: 15
Verbrechensrate: 43 pro 1.000 im Jahr
Atmosphäre von Bezirk zu Bezirk ändert, weil ein paar Un-
terschichtviertel immer noch den steigenden Preisen trot-
zen. Der Süden des Sprawls ist von Enklaven der Reichen
und/oder Konzerne durchsetzt und wird von privaten Si-
cherheitsfirmen geschützt. „Enklaven” bedeutet aber nicht,
dass es hier keine Verbrechen gäbe. Ein paar Euro verschaf-
fen Zugang zu privaten Stränden, wo man leicht an etwas
Geld kommen, seinen perfekten Bikini-Körper verkaufen
oder seinen Stoff verdealen kann.
Der gesamte Norden des Sprawls wird von einem Un-
terschichtbezirk eingenommen, der als „Quartiers Nords“
bekannt ist – eine Ansammlung von hohen Betonbauten aus
dem letzten Jahrhundert, wo unabhängige Gangs eine Gewalt-
herrschaft ausüben und die Polizei es seit über 50 Jahren nicht
wagt, etwas dagegen zu unternehmen. Es vergeht kein Tag, an
dem die Gangs nicht in den umliegenden Vierteln auf Raub-
zug gehen. Viele fallen im Kugelhagel der Polizei, wenn sie
wegen ein paar Hundert Euro einen kleinen Laden überfallen,
und die Vorstadteinkaufszentren werden oft von Dutzenden
bewaffneten Personen überfallen, die Nahrung suchen.
Der Nordosten ist ein giftiges Brachland, das „La Fosse”
(„die Grube“) genannt wird. Diese Region um Fos-sur-Mer
und die Étang-de-Berre ist durch intensive Industrialisie-
rung, die Müllhalden des Sprawls und den Abfall des Hafens
unrettbar verdreckt und wird von den Vergessenen, Kranken
und Kriminellen bewohnt. Klingt wie die Barrens, oder?
Die Docks und der Industriehafen nehmen über 70 %
der Küste des Sprawls ein. Der Hafen selbst wird von einem
örtlichen Konzern namens Foçëa verwaltet, der ein Joint
Venture der hiesigen Konzernrepräsentanten, der reichen
Aristokraten der Stadt und der einheimischen Konzerne ist.
Dieses halbstaatliche Unternehmen ist aber in Wirklichkeit
vom Milieu tief unterwandert. Das Hafenviertel, das entlang
der Küste verläuft, wird Grand Port Maritime oder Dockland
genannt und steht ganz offen unter dem Einfluss der Unter-
welt. Es besteht aus einer Ansammlung von Docks, Lager-
häusern und Containerlagern. Sowohl die Vory als auch das
Milieu sind hier stark vertreten.
FoçNet, die Matrix von Marseille, wird von einem Joint
Venture aus Ætherlink, einer Tochter von Saeder-Krupp,
Foçëa, ESUS und NeoNet unterhalten. Dieses Zusammen-
spiel verschiedener Konzerne sorgt für ein unordentliches
Netzwerk mit über einem Dutzend Anbietern, von denen
Ætherlink und OM Media eindeutig die größten sind. Infol-
gedessen leidet das Netz häufig unter Verbindungsfehlern,
schlechter Signalqualität oder Totalzusammenbrüchen. Die
Einwohner von Marseille sind aber an diese unzuverlässige
Matrix gewöhnt; sie ist hier ein integraler Bestandteil des
Lebens.
Der legendäre Stolz der Einwohner manifestiert sich vor
allem bei der fanatischen Unterstützung der hiesigen Sport-
clubs. Die beiden wichtigsten Mannschaften, Olympique de
Marseille (Fußball) und Gaziers de Marseille (Urban Brawl),
werden geradezu religiös verehrt. Jede Sportveranstaltung,
bei der eines der Teams teilnimmt, wird zu einem gewalti-
gen Ereignis, dessen Atmosphäre auf die ganze Stadt wirkt.
Diese fanatische Hingabe macht die Sportveranstaltungen
auch zu einem Schlachtfeld in einem Medienkrieg zwischen
OM Media (S-K) und Javert & Co. (einer SpIn-Tochter).
Korrupte Unabhängigkeit
Der Metroplex hat einen Namen – Marseille-Provence-Médi-
terrannée (MPM) – und ist, zumindest auf dem Papier, un-
abhängig. Er wird von einem gewählten Gouverneur, zurzeit
Thomas Filipini, regiert, der einer Art Regierung, dem Rat
von Marseille, vorsteht. Der Rat ist höchst korrupt, leitet die
Lokalpolitik, die öffentlichen Einrichtungen und verwaltet
GEISTERKARTELLE
die Finanzen. Der Rest des öffentlichen Dienstes wird im-
mer noch vom französischen Staat aufrechterhalten, ohne
den die Stadt nicht lebensfähig wäre, auch wenn viele Ein-
wohner das nicht wissen.
Man kann sich Marseille nicht ohne seine Verbrechersyn-
dikate vorstellen, besonders nicht ohne das uralte Milieu. Es
hat sich, passend zu diesem Schmelztiegel von Stadt, vielen
traditionellen, ethnisch bestimmten Syndikaten geöffnet,
die sich hier während verschiedener Immigrationswellen
festgesetzt hatten. Heute besteht das Milieu aus vielen Clans,
die oft miteinander konkurrieren, aber im Kampf gegen die
Behörden und andere Syndikate vereint sind. In den letzten
beiden Dekaden erschienen zwei Rivalen auf der Bildfläche:
die russischen Vory v Zakone und die kleine vietnamesische
Triade Clan des 51 Gorgones.
FREUNDE, FEINDE UND ANDERE SCHWIERIGKEITEN
Die Unterwelt von Marseille wird vom hiesigen Milieu domi-
niert. Seine Konkurrenz sind die Russen, deren Einfluss im
Schwinden begriffen ist, und ein kleines asiatisches Syndi-
kat, das langsam von sich reden macht.
Le Milieu Marseillais
Das Milieu ist ein Konglomerat vieler krimineller Clans, die
einander mehr oder weniger friedlich ein Stück vom Mars-
Riegel überlassen. Die meisten haben sich aus ethnisch be-
stimmten Organisationen, wie jenen der Korsen, Italiener
DIE EURO-TOUR
oder Türken, entwickelt. Sie scheinen zwar uneins und stän-
dig in Konkurrenz stehend, doch ihre Vielfalt erlaubt dem
Milieu, alle Sparten krimineller Aktivität in Südfrankreich ab-
zudecken. Der Korse Pascal Angeloni hält die Organisation
einigermaßen auf Linie. Das Milieu ist in allen Bereichen der
Gesellschaft von Marseille sehr einflussreich – vom Rat über
die hiesigen Konzerne und die Docks bis hin zum Hafen.
Die Korsen, einer der wichtigsten Clans im Milieu, wer-
den von einem aufstrebenden Caïd namens Enzo „Muntag-
na“ Muntoni geführt. Er ist ein 25 Jahre alter Troll, Angelonis
Stellvertreter und der Einzige, dem dieser die Leitung des
Clans übertragen konnte, als er selbst die Führung des Mili-
eus übernahm. Muntagna gelang es, den großen Einfluss der
Korsen innerhalb des Milieus zu erhalten und den russischen
Rivalen einige bittere Niederlagen zuzufügen. Er ist es, dem
„Gros Pascal“ die Leitung einer Operation gegen die Russen
übertragen würde. Das Milieu steht nicht allein. Die Alta Com-
missione hat, angesichts der Möglichkeit eines echten Kriegs
gegen die Vory, eine Gruppe der Fratellanza nach Marseille
gesandt. Offiziell soll sie Angeloni bei seinem Vorgehen gegen
die Vory unterstützen. Inoffiziell aber sollen diese Männer das
Milieu ausspionieren und Don Spinelli Bericht erstatten.
Vory v Zakone
Während die Stadt bis in die 60er-Jahre von S-K regiert wur-
de, kamen auch die Vory. Die örtliche Organizatsi hat ihre
Basis am Hafen und wird von der ersten Frau in einer sol-
chen Position, Natalya Mnouchkine, mit Unterstützung ihres
Bruders Sergei geleitet. Sie ist, neben anderen Märkten, auf
Waffen- und Drogenhandel spezialisiert und bildet die größ-
te Konkurrenz des Milieus. Ein Krieg zwischen diesen bei-
den scheint unmittelbar bevorzustehen. Mnouchkine steht
sehr gut mit Alexis Batoukthina, dem Kopf der französischen
Vory, und hat ihre Geschäftsaktivitäten vor Kurzem auf das
Gebiet des Organ- und Sklavenhandels ausgedehnt. Dies
wurde durch ein nützliches Übereinkommen mit Tamanous
ermöglicht, denen sie die Untergeschosse ihres Hauptquar-
tiers als Labor geöffnet haben soll.
143
 Clan des 51 Gorgones
Zum Ärger des Milieus halfen die Vory vor ein paar Jahren
einer vietnamesischen „Triade“, dem Clan des 51 Gorgones,
sich in Marseille festzusetzen. Die Triade wird vom ehrgei-
zigen Michel N’Guyen geführt. Sie ist nicht so groß wie die
beiden Rivalen, hat aber in ein paar Märkten einen guten
Stand. Bis zur Tempo-Affäre war sie vor allem in Kong-Chips
tätig, die sie aus Hongkong importierte. N’Guyen will aber
mehr. Er beneidet die großen Rivalen um ihre etablierte Stel-
lung. Der Vorschlag des Olaya-Kartells, den Tempo-Handel
zu übernehmen, war genau die Gelegenheit, auf die er ge-
wartet hatte.
Europol
Europol konnte sich nie wirklich im Sprawl etablieren. Als
Clams über Marseille hereinbricht und die Gewalt in der
Unterwelt explodiert, ergreift die europäische Polizeibehör-
de die Gelegenheit und schickt eine Untersuchungsgruppe,
die von Chefermittler Oscar Jordão, geführt wird. Jordão
ist ein 30-jähriger Ork aus Portugal – ein unbestechlicher
Polizist mit einer rigiden Einstellung zu Rechtmäßigkeit
und Protokoll. Die Operation in Lille, die zum tragischen
Verschwinden eines seiner Agenten führte, hat ihn erschüt-
tert und dazu gebracht, sein Ziel rücksichtslos zu verfolgen:
den Tempo-Handel mit allen Mitteln zu stoppen. Sein Team
besteht zum Großteil aus loyalen, erfahrenen Agenten, die
er persönlich unter den härtesten Beamten Europas ausge-
sucht hat. Sie alle sind schwer zu beeinflussen und werden
DIE EURO-TOUR
alles tun, um ihre Ziele zu erreichen.
MARSEILLE –
ABENTEUER-GERÜSTE
Die Olaya-Delegation hält sich etwa drei bis vier Wochen
lang in Marseille auf. Die folgenden Abenteuer-Gerüste sind
nur ein paar der Abenteuer, die die Runner in dieser Zeit er-
leben können. Zögern Sie nicht, zwischendurch eigene Plots
einzuflechten.
OMBRE EST LUMIÈRE
Auftakt
Die Olaya-Delegation fliegt nach Marseille, um zwei wich-
tige Ziele zu erreichen. Als Erstes muss sie für KondOrchid
eine Vereinbarung aushandeln, damit der Konzern Zugang
zum Hafen erlangt. Zweitens muss sie sicherstellen, dass der
Handel mit Tempo nach der Kostprobe nicht abreißt. Munoz
ist im Hauptquartier von Foçëa, um eine möglichst vorteil-
hafte Vereinbarung für KondOrchid auszuhandeln, während
Cordero die Runner als Bedeckung für ein Treffen mit den
örtlichen Partnern, dem Clan des 51 Gorgones, mitnimmt.
Das Treffen soll in einem gemütlichen vietnamesischen Re-
staurant in Marseille, Le Voile de Saïgon, stattfinden. Das
Lokal ist für den Publikumsverkehr geschlossen und wird
von Asiaten mit Uzis bewacht. Drinnen lädt der Anführer der
Triade, Michel N’Guyen, Cordero und die Runner zu einem
vorzüglichen vietnamesischen Mittagessen ein, bei dem er
den Erfolg der Kostprobe bespricht. Die Ergebnisse sind,
dank der Bemühungen der Vietnamesen, gut. Die BAD hat
alle Schichten der Gesellschaft in Marseille durchdrungen.
Der Vietnamese weist aber darauf hin, dass der Druck von
Seiten der Rivalen des Clans, des Milieus und der Vory, den
Handelsfluss beinträchtigen könnte. Er sagt, er brauche zu-
144 GEISTERKARTELLE
sätzliche Unterstützung, vor allem ausländische Muskeln,
um sich der Rivalen zu erwehren. N’Guyen hat einen Plan.
Er möchte den schwelenden Konflikt der beiden Syndika-
te bis zu einem Krieg steigern, um sie vom Tempo-Handel
abzulenken. Er möchte vom Olaya-Kartell einige Leute aus-
geliehen bekommen, die man in der Stadt nicht kennt. Er
würde diese für ein paar empfindliche Schläge gegen das
Milieu nutzen und den Russen dafür die Schuld in die Schu-
he schieben. Dieses Anliegen gefällt Cordero gar nicht, der
wenig Freude daran hat, um Hilfe gebeten zu werden. Die
Spannungen steigern sich so weit, dass die Waffen gezogen
werden. Nach einer langen Verhandlung und einem Nachge-
ben der Triade bei ihrem Anteil erklärt sich Cordero bereit,
die Runner N’Guyen für eine Woche zu überlassen. Sie be-
kommen dafür einen Bonus versprochen.
Szene 1
N’Guyens erstes Ziel ist ein kleines Containerlager in Dock-
land, das drei der wichtigen Clans des Milieus (den Korsen,
Italienern und Arabern) als Waffen- und Drogenlager dient.
Das wichtige Lager ist Tag und Nacht bewacht. Wenn aber ein
großes europäisches Urban-Brawl-Match (wie jenes am nächs-
ten Tag zwischen Gaziers de Marseille und Cavalieri di Roma)
ansteht, ist die Wachmannschaft auf ein Minimum reduziert.
Die Runner müssen dorthin, jeden töten, der Widerstand
leistet, das Lager niederbrennen und Indizien hinterlassen,
LA FOSSE
Ein Jahrhundert der industriellen Schändung haben Étang-
de-Berre samt Umgebung zu einer Hölle auf Erden im
Nordosten des MPM-Metroplexes gemacht. Giftige Sümpfe,
verkohlte Wälder, Ruinen, verwüstete Straßen (außer der
gut geschützten A7), Mülldeponien, verseuchte Teiche: La
Fosse kann sich mit den schlimmsten Z-Zonen der Welt
messen. Aber die Unbewohnbarkeit sorgt nicht dafür, dass
dort niemand wohnt. Die Region war einst eine proven-
zalische Bilderbuchlandschaft, geschmückt mit niedlichen
kleinen Dörfern. Heute sind diese verfallen und verlassen.
Sie wurden zur Zuflucht für Randgruppen, Flüchtlinge und
Schädlinge des Sprawls (Ghule, giftige Critter und Gift-
geister, degenerierte Gangs und dergleichen mehr). Viele
dieser Geisterstädte werden von der Unterwelt oder den
Konzernen genutzt. Jene, die nahe an passierbaren Stra-
ßen liegen, beherbergen oft illegale Bordelle oder geheime
Labors. In einer von ihnen betrieb Spinrad Industries in
den späten 40er-Jahren geheime Menschenversuche, und
Saeder-Krupp soll in der Gegend noch immer eine Del-
taklinik unterhalten. Das Wichtigste aber ist: Außer zur
Verteidigung der Autobahnpfeiler kommt die Polizei nicht
hierher, ebenso wenig wie Feuerwehr oder Ambulanzen.
Die AR ist rudimentär und leidet unter Signalschwäche und
Ausfällen.
Ein paar Gebiete erinnern die Bewohner von La Fosse
an die Nähe der Zivilisation, die beschlossen hat, sie zu
ignorieren. Teile sind sogar Freihandelszonen, was im fran-
zösischen Recht sehr unüblich ist. Der Flughafen Marigna-
ne, dessen Landebahnen bis nach Étang-de-Berre reichen,
ist eine gut geschützte, hochgradig automatisierte Anlage.
Die Stadt Fos-sur-Mer wurde vollständig saniert, moder-
nisiert und dem Hafen als erstklassiges Industriezentrum
angeschlossen. La Fosse besitzt auch gute Eisenbahnverbin-
dungen, die den Expresshandel mit dem Rest Europas (vor
allem Spanien und den Niederlanden) erlauben. Sie bilden
das Rückgrat einer Frachtverbindung zwischen Lissabon
und Europort.

die auf die Vory deuten. Trotz der kleineren Wachmannschaft
gibt es vor Ort harten Widerstand: ein Dutzend bewaffneter
Gangster, einen Magier und einen Hacker. Die Triade kann
für jede Ablenkung sorgen, die die Runner wünschen, solan-
ge sie nicht offen auftreten oder kämpfen muss.
Szene 2
Die Antwort des Milieus lässt auf sich warten. Angeloni zö-
gert. Nach ein paar Schüssen, die die Runner auf die Dealer
des Milieus in den Straßen abgeben (wie in alten Gangster-
filmen), entschließt sich N’Guyen zu einem harten Schlag
gegen die Kassen der Rivalen. Einer der wichtigsten Geld-
wäscher des Milieus, ein Schweizer Bankier, ist in der Stadt.
Er bereitet sich zum Aufbruch zurück nach Genf vor. Die
Route ist bekannt: Ein gepanzerter Wagen verlässt mit einer
Eskorte (zwei Autos mit jeweils vier Leuten, inklusive Rig-
ger) den Hafen, durchquert La Fosse und will bei Aix-en-
Provence auf die Autobahn. Der Schweizer besteht jedoch
auf einem Zwischenstopp in einem der Bordelle des Milieus
in der Gegend. Der Weg durch La Fosse ist ideal für einen
Hinterhalt: ein feindliches Gebiet, schlechte Straßen, keine
Zeugen. Die Runner müssen den Konvoi abfangen, Geld
und Daten rauben und den Banker samt allen Zeugen außer
einem töten. Dessen Flucht muss so arrangiert werden, dass
er aussagt, ein russisches Team hätte den Überfall verübt.
Wenn sie die Fahrzeuge durchsuchen (sorgen Sie dafür, dass
dies geschieht, nachdem der gewünschte Zeuge entkom-
men ist), finden die Runner ein 15-jähriges Mädchen, das
nur Türkisch spricht. Sie ist eine Sklavin aus dem Bordell.
Nun müssen die Runner entscheiden, wie sie mit der uner-
wünschten Zeugin umgehen.
GEISTERKARTELLE
DIE EURO-TOUR
Showdown
Der Krieg ist erklärt. Überall bricht die Gewalt aus. Die letz-
ten paar Tage zeigten Wut und Effizienz des Milieus. Die
Vory werden in kurzer Zeit unterworfen, verschwinden von
den Straßen und gehen in Deckung, vielleicht in ihrem
Hauptquartier, dem Nachtclub Tcherno Bill. Sie warten auf
Verstärkung. N’Guyen ruft die Runner zusammen, um ih-
nen mitzuteilen, dass er ihre Dienste nicht länger benötigt.
Sie bekommen sogar einen überraschenden Bonus.
Munoz möchte auf Anraten seiner Tochter eine letzte Par-
ty auf der Yacht des Olaya-Kartells besuchen, ums sich höflich
von den Partnern zu verabschieden. Er befiehlt den Runnern,
für die Sicherheit zu sorgen. Sie sollen das Schiff überwachen
und bereitstehen, wenn das Kartell sie braucht. Und sie sol-
len während ihrer Mission nüchtern bleiben.
Das Schiff ist randvoll: Konzerner, Lokalpolitiker wie
Frédérique Ferrand, der Assistent des Kabinettchefs des Gou-
verneurs, und auch Prominente wie Ricardo, der Mittelfeld-
star von OM Amazonia, oder JimDé von der Rapcore-Band
Lignes de Fronts. Wie erwartet wird massenhaft Clams kon-
sumiert, und die Runner werden Zeugen von verstörenden,
abartigen Szenen. Sie beobachten sogar eine Emo-Seance,
die mit zweitklassigen Trideo-Darstellern besetzt ist.
Plötzlich erscheint Salma Munoz blutüberströmt und
schreiend auf dem Oberdeck. Cordero befiehlt den Run-
nern, sich sofort um die Sache zu kümmern. Sie müssen
das völlig zugedröhnte Mädchen vor der schockierten
Menge verstecken, eine gute Erklärung finden, damit kei-
ne Panik ausbricht, und herausfinden, was eigentlich ge-
schehen ist. Salma ist zu high, um zu antworten, aber die
Runner finden ihre Kabine voller Blut, und drei Körper lie-
gen herum. Zwei von ihnen, ein Junge und ein Mädchen,
sind nackt, in eindeutiger Pose, und tot. Der Dritte ist
ein Junge, der schockiert in einer Ecke weint und blutet.
Er wurde kastriert. Man erkennt ihn: Silvio Cagliotti, ein
berühmter Mafia-Erbe, Sohn eines der großen Fische der
145
 Alta Commissione. Er sollte eigentlich gar nicht an Bord
sein (da das Olaya-Kartell versucht, alles vor der Mafia zu
verbergen). Es finden sich Hinweise auf eine oder mehre-
re Personen, die die Runner finden und zum Schweigen
bringen müssen, während sie Cagliotti loswerden. Dieser
besitzt aber einen besonderen magischen Fokus, der sei-
nen Bodyguard, einen Schutzgeist, alarmiert, sobald er
das Bewusstsein verliert. Dadurch wird auch der Trupp
der Fratellanza alarmiert. Also müssen die Runner ihn sehr
schnell loswerden.
Folgen
Diese Episode verschärft die Spannungen zwischen Munoz
und Cordero. Die Runner beobachten eine laute Auseinan-
dersetzung zwischen den beiden über die nächste Zukunft
der verantwortungslosen Tochter. Nach einer wüsten Szene
dankt Cordero den Runnern und trägt ihnen auf, sich aus-
zuruhen und ihre Verletzungen zu versorgen, bevor die De-
legation Ende der Woche aufbrechen wird. Als die Wirkung
von Tempo nachlässt, dankt auch Salma den Runnern und
betrachtet sie von nun an als vertrauenswürdig.
Die russische Unterwelt von Marseille ist beinahe ver-
nichtet. Die Vory und das Milieu müssen ihre Wunden le-
cken und ihre Reihen ordnen, bevor sie sich wieder um
Clams kümmern können. Dadurch hat die Triade Zeit, die
Handelsströme zu sichern und sich Gebiete und Kunden der
Vory unter den Nagel zu reißen.
Die Triade weiß nicht, dass Angeloni und seine Män-
DIE EURO-TOUR
ner trotz aller Vorsicht von den Runnern und deren Be-
teiligung am Unterweltkrieg wissen. Zu dieser Erkenntnis
kamen sie bei den Nachforschungen über Cagliottis Ver-
schwinden. Sie verdächtigen die Vietnamesen, die wich-
tigsten Clams-Dealer im Sprawl zu sein, und bereiten ein
Angebot vor, das weder N’Guyen noch das Olaya-Kartell
ablehnen können.
146 GEISTERKARTELLE
TOD AUF DEM MARS
Auftakt
Die Runner begleiten Munoz zum neuen Hauptquartier
der 51 Gorgones in Dockland, um die letzten Details zu
besprechen. Die Runner sollen, gemeinsam mit Soldaten
der Triade, für die Sicherheit sorgen. Da taucht eine große
Limousine auf, der ein riesiger Troll im Armani-Anzug ent-
steigt. In ihrem Gefolge kommen zwei Fahrzeuge voller be-
waffneter Mafiosi an. Der Troll ist Muntagna, der Kopf des
korsischen Clans des Milieus und Angelonis rechte Hand. Er
stellt sich vor und bittet um ein Treffen mit N’Guyen. Er legt
dar, dass er und seine Freunde seit dem Vorfall auf der Yacht
mit Cagliotti und dem Model alles wissen.
Muntagna ist nicht auf einen Kampf aus, aber seine Leute
werden das Feuer eröffnen, wenn man sie reizt. In Wirklich-
keit möchte das Milieu den Vietnamesen einen Deal vorschla-
gen: Sie dürfen dem Milieu dienen und weiterleben. Die
Alternative ist die Vernichtung. Die Russen sind beinahe völ-
lig aus Marseille vertrieben, und das Milieu bietet der Triade
an, einige (weniger lukrative) Teile des Territoriums der Vory
zu behalten. Dafür muss sie aber den Clams-Handel abtreten
und das Milieu, besonders die Korsen, zu den alleinigen Ver-
sorgern von Südfrankreich bis hinauf nach Paris werden las-
sen. Muntagna hat auch den Auftrag, direkt mit Vertretern der
Quelle zu sprechen. Munoz erklärt sich auf Drängen Corderos
zu einem Deal bereit. Die Asiaten dürfen im Endeffekt weiter
den Straßenhandel betreiben, aber das Milieu verhandelt mit
dem Olaya-Kartell und trifft alle Grundsatzentscheidungen.
Cordero überzeugt Munoz, eine Woche länger in Mar-
seille zu bleiben und den neuen Partnern bei der Etablie-
rung des Handels zu helfen. Schließlich leiht er die Runner
wieder aus, diesmal an Muntagna, da der Korse für den
Unterweltkrieg Unterstützung braucht. Zugleich sollen die
Runner für Cordero spionieren.
 Muntagna will die Runner benutzen, um beim Transport
von Ware und dem Verlegen von Unterschlupfen zu helfen.
Außerdem will er, dass sie ein paar Dealer der Triade unter-
stützen und beobachten. Er muss aber bei allem sehr vor-
sichtig sein. Angeloni will nicht, dass die Alta Commissione
etwas mitbekommt; er will nicht teilen. Das bedeutet, sich
vor der Gruppe der Fratellanza in Dockland zu verbergen,
die noch nichts von den Runnern weiß.
Szene 1
Muntagna befiehlt den Runnern, ein vietnamesisches Team
zu begleiten, das eine Ladung Clams in Dockland abholen
und zu einer der Gangs in den Quartiers Nords bringen soll.
Er weist ohne nähere Angaben besonders darauf hin, dass
die Leute im Lagerhaus neben jenem mit dem Clams (der
Trupp der Fratellanza) nichts von dem Konvoi bemerken
dürfen. Die Runner müssen geschickt vorgehen.
Wenn sie die Ladung aus Dockland raus haben, machen
sie sich auf den Weg zu einem Betongebäude in den Quar-
tiers Nords, wo die Leute der Triade mit örtlichen Gangs
verhandeln müssen, die die Verteilung von Clams für dieses
üble Viertel übernehmen sollen. Eine dieser Gangs aber, Les
BodéBoys, führt gegen eine andere, Les Déchireurs, Krieg.
Diese sind ebenfalls Kunden der Triade und haben ihr Quar-
tier in einem Nachbargebäude. Zuerst sollen diese Rivalen
eliminiert werden. Wenn die Runner versuchen, bei den Dé-
chireurs einen Waffenstillstand zu vermitteln, fordern die-
se die Vernichtung der BodéBoys. Schließlich werden die
Runner mitten in einem Bandenkrieg stecken, und keine
der beiden Gangs lässt sie wieder abziehen, bevor nicht die
andere vernichtet ist. Sie müssen sich für eine der beiden
Seiten entscheiden, oder irgendwie versuchen, die beiden
durch eine Zusammenarbeit beim Clams-Verkauf zu einer
Einigung zu bringen.
Szene 2
Europol ist in die Stadt gekommen und versucht, in den
Schatten von Marseille dem Tempo-Netzwerk auf die Spur
zu kommen. Dabei sind die Polizisten nicht zimperlich, ver-
prügeln ihre Informanten und nehmen sie unter falschen
Verdächtigungen fest. Die europäische Polizei passt sich gut
an Marseille an.
Muntagna hat schlecht Neuigkeiten: Europol hat einen
Verräter so sehr unter Druck gesetzt, dass er mit Informati-
onen über ein Lager der Mafia in Le Panier, einem kleinen
provenzalischen Restaurant namens La P’tite Monnaie, her-
ausrückte. Dort soll nun ermittelt werden. Der Troll befiehlt
den Runnern, sich so schnell wie möglich mit einem Liefer-
wagen dorthin zu begeben und einen Zentner Clams, der
dort im Keller liegt, zu bergen. Er kann ihnen nötigenfalls
einen Hacker zur Unterstützung geben. Sie sollen in jedem
Fall diskret und vorsichtig vorgehen. Dieser Teil der Innen-
stadt ist sehr gut bewacht, und er will nicht, dass das Lager
entdeckt wird oder die Polizei genauer nachforscht.
Das Restaurant ist an diesem Tag geschlossen und leer.
Als die Runner ankommen, bricht gerade die Matrix zusam-
men. Sie können keine matrixgesteuerten Geräte oder Über-
wachungsanlagen nutzen. Die Runner wollen gerade das
Clams aus dem Restaurant holen und zu dem Lieferwagen,
der in der nächsten Straße steht, tragen, als fünf Europol-
Agenten das Gebäude betreten. Zwei weitere warten drau-
ßen. Die Polizisten, die die Runner für die Besitzer halten,
benehmen sich wie Schutzgelderpresser. Sie benutzen Dro-
hungen und körperliche Gewalt, um an Informationen zu
kommen. Die Runner sollten daran erinnert werden, dass
Aggression von ihrer Seite oder gar der Tod eines Polizisten
GEISTERKARTELLE
zu genau den Schwierigkeiten führen würde, die Muntagna
vermeiden will.
Sie müssen das Verhalten der Beamten über sich erge-
hen lassen, wenn sie nicht zu viel Aufmerksamkeit erregen
wollen. Zugleich müssen sie verhindern, dass das Gebäude
durchsucht wird. Im Keller lagern die Drogen nämlich in
Wasserkästen mit falschen RFIDs. Wenn sie Erfolg haben,
machen sich die Eurocops gerade zum Aufbruch bereit, als
Oscar Jordão, der Chefermittler (der draußen gewartet hat),
eintritt. Er erkennt die Runner sofort – schließlich hat er ein
paar, wenn nicht alle, in Lille gesehen. Nun müssen die Run-
ner flüchten und durch die schmalen, gewundenen Gassen
von Le Panier rennen. Die klassische Verfolgungsjagd zu Fuß
endet erst, wenn die Runner die Polizisten im Labyrinth des
Viertels abgeschüttelt haben.
Muntagna ist wütend, als sie ihm Bericht erstatten. Er
kann aber ein wenig besänftigt werden, wenn der Lieferwa-
gen nicht auch noch vor Ort geblieben ist. Er hat einen Zent-
ner Drogen und ein wichtiges Versteck in der Innenstadt, in
dem genügend unangenehme Beweise herum liegen.
Showdown
Das Geschäft ist abgeschlossen, der Tempo-Handel beginnt
zu laufen, wenn auch der letzte Erfolg von Europol nichts
Gutes für die Aktivitäten des Milieus verheißt. Außerdem hat
Muntagna schon wieder schlechte Neuigkeiten: Die hiesigen
Vory haben es geschafft, von der Organizatsi in Paris Unter-
stützung zu bekommen. Natalya Mnouchkine ist kurz davor,
DIE EURO-TOUR
mit einem Repräsentanten von Batoukthina bei einem Tref-
fen im Tcherno Bill ein Geschäft abzuschließen. Muntagna
weiß, dass er dagegen nicht viel unternehmen kann, aber
er ist neugierig. Er befiehlt den Runnern, die den Vory nicht
bekannt sind, in den Club zu gehen und das Treffen auszu-
kundschaften. Vor allem will er wissen, wer der Repräsen-
tant ist (den er töten lassen will).
Oscar Jordão hat bei der (gewaltsamen) Befragung ei-
nes kleinen Dealers ebenfalls von dem Treffen erfahren. Er
LE PANIER
Le Panier ist eines der ältesten und am stärksten touri-
stisch erschlossenen Viertel Marseilles. Es war lange Zeit
eine günstige Wohngegend, bis die steigenden Preise der
letzten drei Jahrzehnte die ärmeren Einwohner vertrieben.
Das Viertel liegt an den Hängen eines kleinen Hügels und
besteht aus kleinen Gebäuden mit Rohputz in typischem
Ocker, zwischen denen enge Gassen und Treppen verlau-
fen. Diese typische Architektur steht im Kontrast zu archi-
tektonischen Kunstwerken, wie La Maison Diamantée (heu-
te im Besitz von Universal Omnitech und eines der wenigen
Konzerngebäude der Gegend), La Vieille Charité oder dem
Hotel-Dieu aus dem 18. Jahrhundert. Zu jeder Tageszeit
strömen Touristen durch das Viertel und genießen die pro-
venzalische Dorfatmosphäre, die hier von einem beinahe
exzessiven AR-Dekor verstärkt wird. Die meisten Läden in
Le Panier sind Restaurants, Souvenirgeschäfte und Kunstga-
lerien, die allesamt unverschämte Preise verlangen.
Die Einwohnerschaft des Viertels war immer bunt ge-
mischt. Mit den steigenden Preisen und Einkommen verän-
derte sich aber die ethnische Zusammensetzung von den
armen Arabern, Vietnamesen, Italienern und Leuten von
den Komoren hin zu reichen Japanern, Chinesen, Ameri-
kanern oder Saudis, die hier gerne Zweit- oder Drittwohn-
sitze unterhalten.
147
 LE TCHERNO BILL
Das Tcherno Bill ist der beste Industrial-Club in Frankreich. Es
wird nicht vom Milieu kontrolliert, sondern von den Vory, was
es zu einer Ausnahme in den Nouveaux Docks des Suds, dem
Nachtclubviertel von Marseille, macht. Die Einrichtung ist retro-
minimalistisch wie ein sowjetischer Bunker gehalten, und die AR-
Dekoration variiert das berühmte Thema des Strahlungssymbols.
Der Eingang führt zu einem kurzen Gang mit Garderobe. Von
dort geht es auf den riesigen Dancefloor, der jedes Wochenende
von berühmten Industrial-Künstlern bespielt wird. Dort gibt es
nicht weniger als drei Bars, von denen eine ausschließlich Drinks
auf Wodkabasis ausschenkt. Die VIP-Zone liegt auf einer Plattform
20 Meter über der Tanzfläche. Diese ist über eine bewachte Trep-
DIE EURO-TOUR
braucht mehr als nur ein paar Kilo von der BAD, um die
Quelle aufzudecken. Und er braucht bessere Beweise, um
Europol als Ermittler gegen das Milieu dauerhaft in Mar-
seille zu etablieren. Daher plant er, das Lokal während des
Treffens zu überfallen, die Anführer der Vory (von denen er
glaubt, sie seien wie die Vory von Lille in den Tempo-Handel
verwickelt) zu entführen und zum Reden zu bringen. Den
Angriff will er dem Milieu in die Schuhe schieben, wodurch
Europol einen guten Grund hätte, weiter in Marseille zu
ermitteln, um den Unterweltkrieg zu beenden.
Das Treffen findet Samstagnacht statt; das Lokal ist ge-
rammelt voll. Vor Ort entdecken die Runner Natalya und
Konsorten in einem Zwischengeschoss für VIPs. Sie wollen
gerade dort hinein, als eine unbekannte Kommandoeinheit
(die aus Europol-Agenten ohne Rangabzeichen besteht) das
Haus stürmt. Überall wird geschossen, die Russen erwidern
das Feuer, schießen auf alles, was sich bewegt (die Eindring-
linge, Zivilisten, die Runner ...), und Panik bricht aus. Die
Eindringlinge wollen in die VIP-Zone, wohin Mnouchkine,
ihre Gäste und Wachen sich zurückgezogen haben. Die Run-
ner stecken zwischen den Fronten. Explosivgeschosse und
Granaten lösen einen Brand aus, der sich schnell ausbreitet.
148 GEISTERKARTELLE
pe und zwei Aufzüge zu erreichen. Zudem gibt es zwei kleinere
Räume und zwei kleine Tanzflächen, die für besondere Veranstal-
tungen gebucht werden können und andere Musikgeschmäcker,
wie Metajungle, Neo-Glam, Metal, Hard Tranx und dergleichen
bedienen – je nach den Gastkünstlern, die für ein bestimmtes
Wochenende zur Verfügung stehen.
Die Sicherheit vor Ort wird von einem Wachdienst besorgt,
der vor allem aus Vory besteht und – eigentlich – keine Waffen
tragen darf. Diese Sicherheitsleute achten sehr darauf, nicht zum
Ziel polizeilicher Ermittlungen zu werden, und verlassen sich auf
ihre gut geschulten Kampfkünste. Die AR wird von zwei Hackern
vor Ort unterhalten, aber das Lokal nutzt die Matrix-Infrastruktur
wenig.
Inzwischen sehen die Runner, wie Mitglieder der Kom-
mandoeinheit ein paar Dosen Tempo (aus der Beschlagnah-
me in Le Panier) im Zwischengeschoss verstreuen. In einem
schrecklichen Kampf rund um die VIP-Bar werden die Run-
ner von den Kommandotruppen attackiert. Einen von ihnen
erkennen sie als Oscar Jordão, als dieser seinen Helm ver-
liert. Er versucht, die Runner mit allen Mitteln zu eliminie-
ren, nicht ohne seinen Hass lautstark zu äußern. Er kann
in diesem Kampf verletzt werden, aber nicht sterben. Die
Runner können dem Zorn des Eurocops nur entkommen,
indem sie in die VIP-Zone flüchten, wo sie es mit den Solda-
ten der Vory zu tun und den Tod Natalya Mnouchkines zu
sehen bekommen (oder daran beteiligt sind). Im besten Fall
könnte er ein Resultat ihrer Konfrontation mit Jordão sein.
Dann müssen sie über eine Treppe ins Kellergeschoss flie-
hen. Dort treffen sie auf die Leute von Tamanous und den
Rest der Russen, die dabei sind, hastig das Labor abzubauen.
Die einzige Fluchtmöglichkeit bieten die geheimen Tunnel,
die direkt zum Dock der Vory führen, wo diese versuchen,
Sergei Mnouchkines Flucht (mit der Leiche seiner Schwester
auf den Armen) zu decken.

Folgen
Wenn die Runner in Sicherheit sind, werden sie von Corde-
ro kontaktiert. Er beschließt, ihre Dienste Muntagna nicht
mehr zur Verfügung zu stellen, und will sie so schnell wie
möglich wieder auf die Yacht bringen.
Die Olaya-Delegation erkennt, dass sie durch das Auftre-
ten von Europol und das Interesse der Alta Commissione
(die bereits ihre Fratellanza-Truppen vor Ort hat), das durch
Cagliottis Verschwinden geweckt wurde, in Marseille nicht
mehr sicher ist. Munoz beschließt, von Cordero ermuntert,
so schnell und diskret wie möglich zur nächsten Station Ge-
MiTo aufzubrechen.
Der Brand im Tcherno Bill und der Tod Natalyas setzen
der Präsenz der Vory in Marseille offiziell ein Ende. Dieses
Verschwinden verspricht dem Milieu und seinem neuen
Clan, der Triade der 51 Gorgones, eine bessere Zukunft.
Doch diese wird nicht so rosig, wie es scheint.
Oscar Jordão und seine Leute konnten während des Vor-
falls im Tcherno Bill die Anführer der Vory nicht entführen.
Die hohe Opferzahl sorgt aber für eine starke Reaktion der
Öffentlichkeit, wodurch Jordão Gelegenheit bekommt, sei-
ne Tempo-Ermittlungen zu intensivieren. Europol bekommt
zudem die Möglichkeit, eine ständige Sonderkommission
zur Ermittlung gegen das Milieu in Marseille zu installieren,
auch wenn der politische Einfluss der Unterwelt deren Ar-
beit vielleicht kurzzeitig behindert.
Auch die Alta Commissione schöpft Verdacht. Die Be-
richte der Fratellanza deuten darauf hin, dass das Milieu
vielleicht in den Tempo-Handel verwickelt sein könnte, und
Don Spinelli weiß, dass eine lateinamerikanische Gruppe in
Frankreich aktiv ist.
GEISTERKARTELLE
DIE EURO-TOUR
ABLEGER UND NEBENJOBS
 Jemand besitzt Bilder oder Videos von der Horror-Orgie
auf der Yacht des Kartells, auf denen Silvio Cagliottis Kast-
ration zu sehen ist. Cordero will, dass die Runner alle Ko-
pien der Aufzeichnungen vernichten und den Zeugen zum
Schweigen bringen. Dieser ist einer von Silvios Freunden,
der sich in einer Luxusenklave im Süden Marseilles ver-
birgt.
 Kurz nachdem der Deal mit dem Olaya-Kartell abgeschlos-
sen ist, beginnt das Milieu damit, insgeheim an Wienskelas
(Minglovs Konkurrenten) in Lille zu verkaufen. Dies be-
droht die vorher geschlossene Übereinkunft des Kartells
mit den Vory. Cordero befiehlt den Runnern, den Tem-
po-Konvoi abzufangen, bevor er in der nördlichen Stadt
ankommt. Dann sollen sie die Ware im Geheimen als Zei-
chen des guten Willens zu Minglov bringen.
SCHATTENBESETZUNG
Natalya Mnouchkine
Natalya ist eine der wenigen Frauen, die es bei den Vory so
weit gebracht haben. Ihre Karriere begann sie als Straßen-
schlägerin in Polen unter der Führung von Tariel Tcherke-
zov. Sie bildete dort gemeinsam mit ihrem magiebegabten
Bruder Sergei ein Team. Natürlich wurde er ihr Stellvertre-
ter, als sie die Vory in Marseille etablierte. Als kleines russi-
sches Mädchen, das einer Vory-Familie in dritter Generation
entstammte, entkam sie, die Tochter eines der wichtigen
Lideri von Tcherkezov, glücklicherweise dem Schicksal der
Prostitution, zu der Mädchen in dem slawischen Syndikat
meist gezwungen werden. Stattdessen wurde sie Handlan-
gerin ihres Vaters. Sie machte sich schnell durch Morde und
die Organisation des Menschenhandels einen Namen und
erbte nach dem (gewaltsamen) Tod ihres Vaters beim Zu-
149
 sammenstoß mit den Roten Vory von Warschau dessen Netz-
werk. Nachdem sie seinen Tod gerächt hatte, erkannte sie
eine Gelegenheit, mithilfe einer ihrer korrupten Kontaktper-
sonen bei Saeder-Krupp eine Organizatsi in Marseille aufzu-
bauen. Nach ihrer Ankunft konzentrierte sie ihre Aktivitäten
auf den Waffen- und Drogenmarkt und nutzte ihre Kontakte
zu Alexis Batoukthina, dem Kopf der europäischen Vory, der
ein enger Freund ihres Vaters gewesen war. Auch der ver-
trauenswürdigsten und wichtigsten Partner ihres Vaters, wie
Wassili Minglovs, des Onkels der Anführerin der Vory in Lille,
Tamara Minglov, bedient sie sich. Er folgte ihr nach Marseille
und betreut, mit seiner Erfahrung als internationaler Schie-
ber, die juristischen Belange ihres Geschäfts.
Natalya ist eine starke, athletische Frau in den Vierzigern,
gewitzt in der Verhandlung und tödlich gefährlich auf dem
Schlachtfeld. Sie liebt Feuerwaffen über alles und übt ihre
Fähigkeiten gerne an gefallenen Günstlingen oder fertig
verhörten Gefangenen. Wenn sie ihren Argumenten Nach-
druck verleihen will, droht sie gerne mit Waffengewalt. Sie
ist kaltblütig, sarkastisch, hat eine natürliche Begabung für
Zahlen und Geschäfte und wäre unter anderen Umständen
wohl eine echte Raubtierkapitalistin geworden. Sie ist eine
geborene Anführerin und versteht es, bei ihren Leuten Ver-
trauen und Loyalität zu erwecken. Sie wird immer von vier
bis fünf Bodyguards begleitet. Manchmal ist auch ihr Bruder
dabei, aber Natalya braucht eigentlich keine Hilfe, wenn der
Kampf losgeht.
K G R S C I L W EDG ESS INI ID
DIE EURO-TOUR
3 5 5 (8) 3 5 4 4 3 6 1,84 9 (12) 1 (4)
Zustandsmonitor (Körperlich/Geistig): 10/10
Panzerung: 9/4
Fertigkeiten: Fertigkeitsgruppe Athletik 5, Ausweichen 4,
Bodenfahrzeuge 2 (Motorrad +2), Buchhaltung 4, Chemie
2, Clubbing 4, Deutsch 2, Einfluss 6, Einschüchtern 6, Fran-
zösisch 4, Gebräuche 3 (Unterwelt +2), Industrial-Musik 3,
Klingenwaffen 5 (Handklingen +2), Kriminelle Geschäfte 5,
Paneuropäische Schmuggelrouten 3, Pistolen 6 (7), Russisch
6, Schnellfeuerwaffen 6 (7), Straßendrogen 5, Unterweltpo-
litik 5, Verhandlung 6, Vory 6, Waffenloser Kampf 4, Wahr-
nehmung 5, Zeichensprache 5
Gaben und Handicaps: Abhängigkeit (Leicht, Novacoke),
Glück, Mafiasoldat, Sensei
Bodytech: (alles Betaware) Cyberaugen [3; Blitzkompensa-
tion, Infrarotsicht, Restlichtverstärkung, Sichtverbesserung
(3), Smartlink], Einziehbare Handklinge, Maßgeschneiderte
Pheromone (2), Nanotattoos (2), Reflexbooster (3), Reflex-
rekorder (Feuerwaffen)
Ausrüstung: Anzüge (Berwick Line) [5/3], Formangepasste
Halbkörperpanzerung [4/1], Transys Avalon mit Novatech
Navi
Waffen:
 Ares Predator IV [Schwere Pistole, Schadenscode 6K, PB
–2, HM, RK 0, 15(s), Angepasster Griff, Smartgunsystem,
EX-Explosivgeschosse]
 Niatama NeMax [Schwere Pistole, Schadenscode 5K, PB
–5, HM, RK 0, 10(s), angepasster Griff, Smartgunsystem,
APDS-Geschosse]
 Ingram Smartgun X [Maschinenpistole, Schadenscode 6K,
PB –1, SM/AM, RK 3 (4), Gasventil 3, angepasster Griff,
Smartgunsystem, EX-Explosivgeschosse]
 Handklinge [Cyberimplantatwaffen, Reichweite 0, Scha-
denscode 4K, PB 0]
150 GEISTERKARTELLE
FUSSVOLK UND BEWEGTE ZIELE
Muntagna
Enzo Muntoni alias Muntagna (korsisch für „Berg”) war ein
Pfandleiher des Milieus und ist heute der Kopf des Clans der
Korsen in der Unterwelt von Marseille. Der beeindruckende
Troll ist gegenüber „Gros“ Pascal Angeloni unverbrüchlich
loyal und hat sich aus seinem früheren Beruf ein einschüch-
terndes Verhalten mitsamt der dazugehörigen Neigung zur
Gewaltanwendung behalten.
K G R S C I L W EDG ESS INI ID
10 4 (6) 3 (6) 9 (11) 2 3 4 3 7 4,01 6 (9) 1 (4)
Zustandsmonitor (Körperlich/Geistig): 15/10
Panzerung: 7/5
Fertigkeiten: Fertigkeitsgruppe Athletik 3, Ausweichen 5,
Chemie 1 (Drogen +2), Einschüchtern 6 (Folter +2), Füh-
rung 4, Gebräuche 4 (Unterwelt +2), Glücksspiel 4, Karten-
spiel 6, Knüppel 6, Kriminelle Machenschaften 3, Petanque
6, Pistolen 4, Schnellfeuerwaffen 4, Straßendrogen 4, Unter-
weltpolitik 2, Waffenloser Kampf 6
Gaben und Handicaps: Abhängigkeit (Mittel, Gutes Essen),
Die Harte Schule des Lebens, Knallhart (2), Mut, Schlechte
Selbstbeherrschung (Zwanghaft gut gekleidet), SIN-Mensch
(kriminelle SIN)
Bodytech: (alles Betaware) Kunstmuskeln (Stufe 2), Smart-
link, Synapsenbeschleuniger (Stufe 3)
Ausrüstung: Falsche ID (5), maßgeschneiderter Anzug: Mor-
timer of London (Werte siehe Berwick Line), zwei Schnell-
ziehholster, Erika Elite mit Iris Orb, AR-Handschuhe, Brille
(Bildverbindung)
Waffen:
 Ruger Super Warhawk [Schwere Pistole, Schadenscode
6K, PB –2, EM, RK 0, 6 (tr), Smartgunsystem]
 Yamaha Pulsar [Taser, Schadenscode 6G(e), PB –Hälfte,
HM, RK 0, 4 (m), Smartgunsystem]
Sergei Mnouchkine
Natalyas kleiner Bruder ist eine rüpelhafte, gewalttätige Per-
son. Seine Persönlichkeit und sein Schutzpatron machen
ihn zu einem sehr kampforientierten Magier, was gut zu den
Anforderungen seiner Organisation passt. Er bildet mit sei-
ner Schwester ein Team und hat sich einen gewissen Ruf
als eisenharter Schläger erworben. Er blieb immer schon an
Natalyas Seite und folgte ihr auch auf ihrem Abenteuer in
Marseille.
Dort passte er sich schnell an, wirkte als Stellvertreter
seiner Schwester und wurde zu ihrem Bodyguard und wich-
tigsten Killer. Er ist geradezu fanatisch loyal und würde sei-
ne Schwester oder seine Familie niemals hintergehen. Er ist
eine rachsüchtige Person und wird alle, die mit dem Tod
seiner Schwester zu tun haben, erbarmungslos verfolgen,
was ihn zu einem nützlichen NSC macht, der immer wieder
auftauchen kann.
K G R S C I L W EDG ESS M INI ID
5 4 4 5 4 3 3 6 5 6 9 7 1
Zustandsmonitor (Körperlich/Geistig): 11/11
Panzerung: 8/6
Fertigkeiten: Askennen 5, Astralkampf 5, Fertigkeitsgrup-
pe Beschwören 4, Bodenfahrzeuge 3 (Motorrad +2), Erste
Hilfe 4 (Kampfverletzungen +2), Französisch 2, Fertigkeits-
gruppe Hexerei 6, Pistolen 4, Russisch 3, Schnellfeuerwaffen
4, Schwere Waffen 2, Sprengstoff 2, Survival 4, Örtliche Talis-
krämer 4, Unterweltpolitik 3, Vory 3, Waffenloser Kampf 4,
Wurfwaffen 3 (Handgranaten +2), Zeichensprache 5
Gaben und Handicaps: Abhängigkeit (Leicht, Novacoke),
Mafiasoldat, Schutzpatron (Der Weise Krieger), Taub (Einge-
schränktes Hörvermögen), Fokus-Abhängigkeit [Mittel]
Initiatengrad: 4
Metamagie: Abschirmung, Maskierung, Psychometrie, Rei-
nigung
Ausrüstung: Panzerjacke [8/6], Meta Link mit Vector Xim,
Smartbrille, Zauberspruchfokus [Kampf] (ein goldener
Hund) (4), Zauberspeicher [Heilung] (Armband), Zauber-
speicher [Manipulation] (schwerer Metallring), 3 Spreng-
granaten
Waffen:
 Colt America L36 [Leichte Pistole, Schadenscode 4K, PB 0,
HM, RK 0, 11 (s)]
 AK-97 [Sturmgewehr, Schadenscode 6K, PB –1, HM/SM/
AM, RK 3, 38 (s), Gasventil 3, Smartgunsystem]
Zaubersprüche: Offensive Astrale Barriere, Betäubungsball,
Griechisches Feuer, Heilen, Hellsicht, Manaball, Manablitz,
Reflexe Steigern, Übersetzen, Telepathisches Netz [Erwei-
tert], [Feuerwaffen] Zersetzen
Triadenschläger (Professionalitätsstufe 3)
K G R S C I L W ESS INI
4 4 3 4 2 3 4 3 6 6
Zustandsmonitor (Körperlich/Geistig): 10
Panzerung: 8/6
Fertigkeiten: Gangs von Marseille 3, Handel mit Kong-
Mitglied des Europol-Kampfteams (Professionalitätsstufe 5)
K G R S C I L W ESS INI ID
5 5 (7) 5 (7) 5 (7) 2 3 4 3 2,15 8 (10) 1 (3)
Zustandsmonitor (Körperlich/Geistig): 11
Panzerung: 12/10
Fertigkeiten: Fertigkeitsverbesserung Athletik 5 (6), Erste
Hilfe 2, Fertigkeitsgruppe Feuerwaffen 5, Gebräuche 3 (Mi-
litär +2), Fertigkeitsgruppe Heimlichkeit 4, Kriminologie 3,
Fertigkeitsgruppe Nahkampf 5, Schwere Waffen 3, Verhand-
lung 4, Wahrnehmung 4, Wurfwaffen 5
Bodytech: Cyberaugen [3; Augen-Rekorder (nur über Da-
tenbuchse zugänglich), Bildverbindung, Blitzkompensati-
on, Infrarotsicht, Restlichtverstärkung, Sichtverbesserung
1, Sichtvergrößerung, Smartlink], Muskelverstärkung und
–straffung (je 2), Synthacardium (1), Reflexbooster (2)
Ausrüstung: Kommlink (4), Flash-Pack, Granaten (4 Gasgra-
naten), Medkit (Stufe 5) Leichte Militärpanzerung (Beweg-
lichkeitsverbesserung 1)
Waffen:
 Vibromesser [Klingenwaffe, Schadenscode 6K, PB –2]
 Browning Ultra-Power [Schwere Pistole, Schadenscode
5K, PB –1, HM, RK 0, 10(s), Smartgunsystem]
ID  Franchi SPAS-22 [Schrotflinte, Schadenscode 7K, PB –1,
1 HM/SM, RK (1), 10(m), verbesserte Sicherheit, ausklapp-
bare Schulterstütze, Smartgunsystem]
 Ares HVAR [Sturmgewehr, Schadenscode 5K, PB 0, HM/
SM/AM, RK 3 (4), 50(s), Gasventil 3, ausklappbare Schul-

DIE EURO-TOUR
Chips 4, Klingenwaffen 3, Fertigkeitsgruppe Nahkampf 3, terstütze, Smartgunsystem]
Pistolen 4, Schnellfeuerwaffen 4, Triaden 4, Unterwelt von  Breathtaker Gasgranate [Granate, Schadenscode 8G, PB 0,
Marseille 3 Sprengwirkung 10 m Radius]
Ausrüstung: Panzerjacke, Kommlink (2)
Waffen:
 Cougar Longblade [Klingenwaffe, Reichweite 0, Schadens- Kampfmagier des Europol-Kampfteams
code 4K, PB –1] (Professionalitätsstufe 5)
 Uzi IV [Maschinenpistole, Schadenscode 5K, PB 0, SM, RK
(1), 24(s), Smartgunsystem] K G R S C I L W ESS M INI ID
4 5 4 3 4 4 5 6 6 5 8 1
Zustandsmonitor (Körperlich/Geistig): 11
Europol-Agent (Professionalitätsstufe 4) Panzerung: 12/10
Fertigkeiten: Fertigkeitsgruppe Athletik 4, Askennen 4, Aus-
K G R S C I L W ESS INI ID weichen 5, Fertigkeitsgruppe Beschwören 5, Erste Hilfe 3,
4 5 3 (4) 3 3 5 4 3 4,95 8 (9) 1 (2) Fertigkeitsgruppe Feuerwaffen 3, Fertigkeitsgruppe Hexerei
Zustandsmonitor (Körperlich/Geistig): 10 5, Fertigkeitsgruppe Nahkampf 3, Verhandlung 4
Panzerung: 6/4 (14/12) Initiatengrad: 3
Fertigkeiten: Fertigkeitsgruppe Athletik 2, Chemie 2 (Dro- Metamagie: Abschirmung, Psychometrie, Zentrierung
gen +2), Datensuche 4 (Finanzdaten +2), Drogenhandel 3, Ausrüstung: Kommlink (4), Zauberspruch-Fokus [Kampf]
Kriminologie 4, Pistolen 4 (3), Smartbrille, Zauberspeicher [Heilung], Leichte Militär-
Bodytech: Cyberaugen [3; Augen-Rekorder (nur über Da- panzerung (Beweglichkeitsverbesserung 1)
tenbuchse zugänglich), Bildverbindung, Blitzkompensati- Waffen:
on, Infrarotsicht, Restlichtverstärkung, Sichtverbesserung  Vibromesser [Klingenwaffe, Schadenscode 4K, PB –2]
1, Sichtvergrößerung, Smartlink], Geruchsbooster (3), Ge-  Browning Ultra-Power [Schwere Pistole, Schadenscode
schmacksbooster (3), Synapsenbeschleuniger (1) 5K, PB –1, HM, RK 0, 10(s), Smartgunsystem]
Ausrüstung: Panzerweste, Kommlink (3), Spurensiche-  Ares HVAR [Sturmgewehr, Schadenscode 5K, PB 0, HM/
rungs-Kit, Granaten (2 Blendgranaten, 2 Gasgranaten), SM/AM, RK 3 (4), 50(s), Gasventil 3, ausklappbare Schul-
Leichte Militärpanzerung (Beweglichkeitsverbesserung 1) terstütze, Smartgunsystem]
beim Einsatz Zaubersprüche: Astrale Barriere, Betäubungsblitz, [Indivi-
Waffen: duum] Aufspüren, Magie Analysieren, Manaball, Manablitz,
 Cavalier Safe Guard [Taser, Schadenscode 5G(e), PB –Hälf- Physische Barriere, Stabilisieren
te, HM, RK 0, 6(m), Smartgunsystem]
 Browning Ultra-Power [Schwere Pistole, Schadenscode
5G, PB +1, HM, RK 0, 10(s), Smartgunsystem, Gelgeschos- Hacker des Europol-Kampfteams (Professionalitätsstufe 5)
se]
K G R S C I L W ESS INI ID
 Blendgranate [Granate, Schadenscode 0, PB 0, Sprengwir-
kung speziell] 4 5 6 (8) 3 2 5 5 4 2,45 11 (13) 1 (3)
 Breathtaker Gasgranate [Granate, Schadenscode 8G, PB 0, Zustandsmonitor (Körperlich/Geistig): 10
Sprengwirkung 10 m Radius] Panzerung: 12/10

GEISTERKARTELLE
151
 Fertigkeiten: Fertigkeitsgruppe Athletik 2, Ausweichen 5,
Fertigkeitsgruppe Cracken 5, Fertigkeitsgruppe Elektronik
5, Fertigkeitsgruppe Feuerwaffen 3, Gebräuche 3 (Matrix
+2), Fertigkeitsgruppe Nahkampf 5
Bodytech: Datenbuchse, Datenschloss, Kommlink, Mathe-
matische SPU, Reflexbooster (2)
Ausrüstung: Leichte Militärpanzerung (Beweglichkeitsver-
besserung 1)
Waffen:
 Vibromesser [Klingenwaffe, Schadenscode 4K, PB –2]
 Browning Ultra-Power [Schwere Pistole, Schadenscode
5K, PB –1, HM, RK 0, 10(s), Smartgunsystem]
 Ares HVAR [Sturmgewehr, Schadenscode 5K, PB 0, HM/
SM/AM, RK 3 (4), 50(s), Gasventil 3, ausklappbare Schul-
terstütze, Smartgunsystem]
LATIN HEAT
Trotz Corderos Empfehlung (er fürchtet den Zorn der Ca-
morra nach dem Vorfall mit Cagliotti) weigert sich Munoz,
den nächsten Teil der Tour abzusagen. Er will nach GeMi-
To, mitten in den Hinterhof der Alta Commissione. Dort soll
sich die Delegation mit der ‘Ndrangheta, einer Mafiagruppe,
die bereits eine Kostprobe von Tempo bekommen hat, tref-
fen. Wieder soll ein Deal hinter dem Rücken der Alta Com-
missione abgeschlossen werden.
DIE EURO-TOUR
WAS GEHT IN GEMITO VOR
Die Delegation kann durch eine Verbindung mit der ‘Ndran-
gheta sowohl den Tempohandel nach Italien und bis zum
Balkan hin ausweiten als auch eine alternative Route legen.
Schließlich ist das Milieu in Marseille von Seiten der Alta
Commissione und der Behörden zugleich unter Druck. Für
Cordero und die Delegation wird sich dies aber als selbst-
mörderisches Vorhaben erweisen.
Anruf von einem Freund
Der Untergang kommt schneller, als Cordero denkt. Ein
Gast auf der Yacht-Party vor Marseille sah, was mit Salma ge-
schah, und hat Guilhermo Mazzaro, den Capo der Camor-
ra in GeMiTo, informiert. Mazzaro weiß nun, dass er Salma
erpressen kann. Und sie ist zu ihm unterwegs, da die Yacht
des Kartells Salma, Cordero und die Runner nach Genua
bringen wird.
Er droht Salma damit, Silvios Vater und den Bossen der
Camorra alles zu erzählen. Er malt ihr die Hölle auf Erden aus.
Ihre Karriere wäre ruiniert, und sie würde einen bedauerli-
chen Unfall erleiden. Schließlich haben selbst Models Unfälle.
Doch er bietet ihr einen Ausweg an: Wenn sie ihm al-
les, was sie über die Delegation und deren Pläne in GeMiTo
weiß, erzählt, lässt er sie vom Haken. Salma weiß nicht allzu
viel, erklärt sich aber bereit, ihn täglich über Corderos Vor-
gehen auf dem Laufenden zu halten, sobald dieser an Land
gegangen ist.
Schlechte Neuigkeiten
Munoz muss in Turin und in der Schweiz Treffen besuchen,
die mit KondOrchid und der Geldwäsche des Kartells zu tun
haben. Er überlässt Cordero und den Runnern das Treffen
mit der ‘Ndrangheta und das Überbringen der schlechten
Nachricht: Das Syndikat wird weniger Tempo als geplant
erhalten, was an den Deals mit den Vory in Lille und dem
Milieu in Marseille liegt.
152 GEISTERKARTELLE
Damit nicht genug: Salma, die seit der katastrophalen
Party völlig geschockt ist, weigert sich, die Yacht zu verlas-
sen, und will sich dort verstecken. Von dort aus unterrich-
tet sie Mazzaro täglich darüber, was die Delegation an Land
macht. Salmas gespielte Anfälle zwingen die Runner und
Cordero, die ‘Ndrangheta auf deren eigenem Territorium zu
besuchen und Lucarelli die schlechten Nachrichten zu über-
bringen. Cordero will behaupten, die Mengenreduktion sei
auf mangelndes Vertrauen in die Infrastruktur der Kalabre-
sen zurückzuführen.
Überraschenderweise nimmt die ‘Ndrangheta die Nach-
richt gelassen auf und erklärt sich bereit, Cordero in ihrem
Territorium herumzuführen. Eine Woche lang besichtigt das
Kartell die Verteilungszentren und hilft den Partnern bei der
Entwicklung der Infrastruktur.
Die Ratte
Eine Woche später kommt eine Ladung des Olaya-Kartells
durch die Alpen, und die Delegation gerät in eine Falle, die
die Camorra durch Salmas Verrat stellen konnte. Falls sie
überleben, finden die Runner heraus, dass sie verraten wur-
den – und es zeigt sich, dass die Ratte niemand anders war
als Salma.
Schließlich aber schaffen es das Olaya-Kartell und die
‘Ndrangheta, sich gegen die Camorra in GeMiTo zu behaup-
ten. Sie sichern ihr Geschäft ab, was für die Alta Commissio-
ne endgültig das Fass zum Überlaufen bringt.
Cordero merkt, dass das Blatt sich wendet, und setzt
alles auf eine Karte: Er will sich an die Alta Commissione
wenden, um die europäische Tour zu retten. Er trifft sich
im Geheimen mit den Anführern der Alta Commissione und
schließt ein Geschäft mit der Mafia ab: Diese bekommt Tem-
po geliefert und verlangt dafür Munoz’ Kopf.
BRENNPUNKT: GENUA-MAILAND-TURIN
GeMiTo ist eine wilde, wuchernde Enklave, die einen Großteil
des italienischen Nordwestens bedeckt. Die früheren Indus-
triezentren Genua, Mailand und Turin bilden die Eckpunkte
eines riesigen Dreiecks, das nach einem unglücklichen Auf-
stand und dem Zusammenbruch der Zentralregierung Itali-
ens in den 30ern seinem Schicksal überlassen wurde. Mit der
Zeit wurde GeMiTo zu einem Flickenteppich aus Gebieten
von Warlords, umherziehenden Banden und Zeltstädten.
Das Leben in der Anarchie von GeMiTo ist hart, brutal
und oft kurz. Moderne Annehmlichkeiten und Komfort sind
außerhalb der wenigen Inseln (relativer) Ordnung um die
isolierten Konzerneinrichtungen und die Gebiete, die von
AUF EINEN BLICK: GEMITO
Bevölkerung: um 10.000.000 (geschätzt)
Menschen: 74,5 %
Elfen: 5 %
Zwerge: 4 %
Orks: 15 %
Trolle: 1 %
Andere: 0,5%
Bevölkerungsdichte: 200 pro Quadratkilometer
Durchschnittliches Jahreseinkommen: 0
Unter der Armutsgrenze: 99 % (geschätzt)
Personen mit Konzernzugehörigkeit: 2 % (geschätzt)
Krankenhäuser: 3 (ONG)
Verbrechensrate: unbekannt
Camorra und ‘Ndrangheta kontrolliert werden, beinahe un-
bekannt.
Einst war das Gebiet eine Drehscheibe der europäischen
Wirtschaft, und es besitzt immer noch ein paar freie Häfen,
etwas Landwirtschaft, einige Industrieenklaven, ein gerade
noch funktionierendes Eisenbahn- und Straßennetzwerk
und knapp unter zehn Millionen Einwohner. Wenige von
ihnen können lesen und schreiben, und fast alle sprechen
schwer verständliche Dialekte, die man kaum als Italie-
nisch bezeichnen kann. Straßen- und sogar Satellitenkarten
sind wenig nützlich, und die Grundversorgung mit Wasser,
Strom, Treibstoff und Matrixabdeckung existiert mancher-
orts einfach nicht.
Machtverteilung
In den großen Sprawls ist die Macht zwischen Warlords, der
Mafia – die Schmuggel und Handel kontrolliert – und anar-
cho-kollektivistischen Gruppen, die sich zur Selbstverteidi-
gung gebildet haben, geteilt.
Wichtige Eurokons wie Saeder-Krupp, Renault-Fiat, Es-
prit und viele andere haben sich in Enklaven, Fabriken und
Testgeländen in GeMiTo eingerichtet – alles ohne Kontrolle
und Aufsicht. Die Kons residieren in kleinen, abgeschotte-
ten Gebieten und machen mit den lokalen Machthabern Ge-
schäfte, denen sie erlauben, Wasser, Strom, WiFi und andere
Grundversorgung im Austausch gegen ein wenig Ordnung
und Stabilität abzuzapfen.
Einige der besser gesicherten Gebiete von GeMiTo, die
vor umherziehenden Gangs und neofeudalen Warlords ge-
schützt sind, stehen unter der Herrschaft von Camorra und
‘Ndrangheta. Die örtliche Mafia sorgt für Frieden und (rela-
tiven) Wohlstand – solange man bereit ist, sich ihrer harten
und oft ausbeuterischen Herrschaft zu unterwerfen. Die Ma-
fia hält gemeinsam mit den Konzernen die Reste von Stra-
ßen und Infrastruktur am Laufen, sodass ein einigermaßen
normaler Geschäftsbetrieb möglich bleibt. (Meist benutzen
sie dafür Zwangsarbeiter).
Andere Teile der verwüsteten Städte und Landschaften
werden von einzelnen Bossen, ethnisch bestimmten Gangs,
links-anarchistischen Kommunen und Aussteiger-Enklaven
kontrolliert. In ihnen werden die „Bürger” unterschied-
lich milde oder brutal beherrscht und vor Räuberbanden,
schlecht ausgerüsteten Söldnergruppen und Nachbarenkla-
ven geschützt. Die meisten dieser Gruppen zählen weniger
als hundert Köpfe, aber es gibt sehr viele von ihnen, und
jede steckt ihr eigenes Gebiet ab.
Ein paar humanitäre NGOs – die von so unterschiedli-
chen Interessengruppen wie der katholischen Kirche, der
Mafia oder Horizon gelenkt werden – beherrschen ebenfalls
Territorien um die Bevölkerungszentren.
Die übrigen bewohnten Gebiete sind unter Warlords,
links-anarchistischen Kommunen, Nomadensiedlungen,
Tendopoli (Zeltstädte von Migranten, die sich auf unter-
schiedliche Dienstleistungen und Güter spezialisieren) und
sogar dem Technomancer-Stamm der Capotreni verteilt.
Freihafen Genua
Marseille hat zwar die Rolle der logistischen Drehscheibe
von Genua übernommen, doch die Camorra hat den Hafen
einigermaßen instand gehalten und zu einem wohlhaben-
den Freihafen des Mittelmeers gemacht. Vor einiger Zeit
hat sie der ‘Ndrangheta die Kontrolle über den kleineren
Alten Hafen überlassen, doch in der verarmten, verzweifel-
ten Landschaft von GeMiTo bleibt der Freihafen Genua eine
Oase (relativen) Wohlstands. Er bildet die Drehscheibe für
Gelichter aller Art aus ganz Europa.
GEISTERKARTELLE
Die Camorra und ‘Ndrangheta teilen sich die Herrschaft
über den Markt, der jedes Wochenende auf der zentralen
Piazza der Stadt abgehalten wird und wo Piraten, Waffen-
händler, Schmuggler und andere Randständige ganz offen
Geschäfte machen, die fast überall sonst in Europa illegal
sind.
Die Hafengebiete und Viertel, die sich daran anschlie-
ßen, blühen durch den Handel auf. Sie werden von einer
ständig wechselnden Masse bewohnt, die von dem lebt, was
von den Händlern des mafiabeherrschten Freihafens abfällt.
Selbst Konzerne nutzen den Hafen, um Überschüsse und
Güter des Grauen Markts loszuwerden. Man kann hier öfter
Tanker beobachten, die Öl oder Diesel an die Einheimischen
liefern.
Jugend als Chance
Vor Kurzem gelangten die ersten Tempo-Dosen nach Genua.
Sie wurden überraschenderweise nicht von den üblichen
Drogenringen verkauft, sondern von Kindern – Straßenkin-
dern, Waisen und Schülern der Schulen, die von NGOs be-
trieben werden. Dieses Phänomen ist relativ jung, daher hat
noch niemand wirklich heraus gefunden, woher die Droge
kommt.
In Wahrheit hat die ‘Ndrangheta ein neuartiges Vertei-
lernetzwerk für die Kostprobe aufgezogen. Sie gab Kindern
einige Gratisproben (Patches, Sticker, sogar Süßigkeiten)
und erreichte damit zweierlei: Erstens baute sie damit einen
vielversprechenden „Kundenstock” auf: Kinder, die früh in
DIE EURO-TOUR
ihrem Leben auf Droge kommen, werden wahrscheinlich
abhängig bleiben. Zweitens sind Kinder als Kuriere schwe-
rer von den rivalisierenden Syndikaten zu entdecken als die
üblichen Dealer.
Dadurch hat die ‘Ndrangheta ein Verteilernetzwerk auf-
gebaut, das unter dem Deckmantel von humanitären Orga-
nisationen, Schulen und Gratiskliniken funktioniert. Manche
Kliniken verlassen die behandelten Patienten mit einem Lä-
cheln – und ein paar Proben Tempo, um „die Schmerzen zu
lindern”.
FREUNDE, FEINDE UND ANDERE SCHWIERIGKEITEN
GeMiTo ist der Hinterhof der Mafia. Es überrascht nicht, dass
sie hier so stark ist. Aber der Mob ist kein monolithischer
Block: Er besteht aus einigen Fraktionen, die nicht immer
verbündet sind und einander recht häufig bekämpfen. In
GeMiTo sind die bestimmenden Syndikate die ‘Ndrangheta
und die Camorra, die beide in der Alta Commissione vertre-
ten sind.
Die Alta Commissione
Die Alta Commissione ist eine Ratsorganisation, in der alle
Mitglieds-Syndikate einen Sitz haben. In Italien sind das die
Cosa Nostra, die Camorra, die ‘Ndrangheta und die Sacra
Corona Unitá. Aus Frankreich kommen das „Milieu” und
die Korsen, aus Spanien der Clan Vásquez, und dazu gesellt
sich, so seltsam das scheinen mag, die türkische Maffiya der
Grauen Wölfe.
Die Alta Commissione ist kein Super-Syndikat, sondern
eher eine Art „Konzerngerichtshof ” für die Mafia – eine
Schiedsinstanz, die vom Anführer der Cosa Nostra, Don Ca-
millo Spinelli, geleitet wird. Sie soll internationale Geschäfte
überwachen, Fehden schlichten und verhindern, dass Kon-
kurrenz sich zu einem regelrechten Krieg zwischen den Mit-
gliedern ausweiten kann.
Die Alta Commissione bietet für ihre Mitglieder ein Han-
delsnetzwerk für Südeuropa (mit Brückenköpfen in der ADL
153
 und Mitteleuropa). Das Netzwerk besteht aus Knoten, die je-
weils im Einflussbereich eines bestimmten Syndikats liegen.
Wann immer ein solcher Knoten von Waren passiert wird, wird
eine Art Zoll erhoben, sodass jeder auf seine Kosten kommt.
Die Alta Commissione wurde 2046 als Reaktion auf das
Vordringen der Vory in Europa gegründet und erlebte in ih-
rer Geschichte Phasen der Unterdrückung durch die mäch-
tigen europäischen Familien im Sinne der Alten Ordnung
und der Emanzipation der kleineren Syndikate. Genau so et-
was findet während der Kampagne statt: Das Milieu und die
‘Ndrangheta versuchen, sich mithilfe des Tempo-Handels
zu emanzipieren, und werden schließlich wieder unter die
Herrschaft der großen Syndikate gezwungen.
Wann immer die Spannungen zwischen den Syndika-
ten zu groß werden oder sich ein Feind von außen zeigt,
schickt die Alta Commissione ihr ausführendes Organ: die
Fratellanza („Bruderschaft”). Die Fratellanza setzt sich aus
Truppen zusammen, die von den verschiedenen Mitglieds-
Syndikaten für diesen Zweck „ausgeliehen“ werden.
‘Ndrangheta
Die ‘Ndrangheta – die kleinste der italienischen Mafia-Orga-
nisationen – ist unter den großen italienischen Syndikaten
dasjenige mit der ausgeprägtesten Clanstruktur. Außerdem
wird sie auch als einziges Syndikat von einer Frau geleitet:
der unerbittlichen Dona Allegra Fuselli. Wie das Milieu von
Marseille wird die ‘Ndrangheta geringgeschätzt und von
vielen Deals innerhalb der Alta Commissione ausgeschlos-
DIE EURO-TOUR
sen. Das hat sie aber nicht daran gehindert, ihr Territorium
aggressiv zu erweitern – weit über die kalabrische Heimat
hinaus. Doch das Geheimnis dieser, manchmal geradezu
spektakulären, Erfolge bleibt Außenstehenden verborgen.
Die ‘Ndrangheta hat durch ihre örtlichen Mitglieder, die
von Gianni Lucarelli geführt werden, ihren Stand in GeMi-
To verbessert, die albanischen Gangster und Schmuggler,
die kaum zum organisierten Verbrechen gezählt werden
konnten, vernichtet und hat jetzt nur mehr die Camorra als
Konkurrenz. Vor Kurzem wurden ein paar Gebiete in Mai-
land gegen Teile Genuas getauscht, was auf einen Waffen-
stillstand zwischen den Syndikaten hinzudeuten scheint.
Die ‘Ndrangheta betreibt eine der großen Schmuggelrouten
durch die schwer bewachte Grenzregion Norditaliens und
nutzt einige humanitäre NGOs als Fassade für den Transport
illegaler Güter von und nach GeMiTo. Das macht sie zum
idealen Partner für Cordero.
Die ‘Ndrangheta verbirgt aber in ihrer Isolation ein Ge-
heimnis, das selbst ihre treuesten Verbündeten zu Feinden
machen würde. Sie ist von einem Schwarm Insektengeister
unterwandert. Allegra Fuselli war einst eine Mafiaprinzessin
und hat ihren Vater und Bruder geopfert, um zum Kopf der
geschwächten Mafia-Bruderschaft zu werden und ihr Syndi-
kat zu revitalisieren, indem sie sich als Gefäß für eine mäch-
tige Ameisenkönigin zur Verfügung stellte. Der Pakt ist nun
über ein Jahrzehnt alt, und selbst die Verbündeten in der Alta
Commissione ahnen nichts davon. Hybriden mit maskierten
Auren halten den Kontakt mit der Außenwelt, und die weni-
ger Unauffälligen dienen oft als Soldati in den Stützpunkten
von GeMiTo, wo sie kaum bemerkt werden. Die ‘Ndrangheta
war immer die gewalttätigste, brutalste Mafia, doch nach der
Unterwanderung ist sie noch gefährlicher.
Fuselli ist von der Wirkung und den möglichen Profiten
von Tempo fasziniert und verfolgt aufmerksam die Berichte
ihres Untergebenen Lucarelli über die ersten Kostproben,
die er von Cordero erhalten hat. Sie ist noch unentschlos-
sen, ob ihr Syndikat sich wie das Milieu mit dem Kartell eini-
gen will oder lieber die neuen Geschäfte des Milieus an die
Alta Commissione verraten sollte.
154 GEISTERKARTELLE
Die Camorra
Die Camorra ist eines der größten Mafia-Syndikate, ein wich-
tiges Mitglied der Alta Commissione und wird (wenn über-
haupt) nur noch von der Cosa Nostra übertroffen. Sie stammt
aus Neapel, betreibt aber mittlerweile in der ganzen Italieni-
schen Konföderation, in Europa und weltweit Geschäfte.
In GeMiTo beherrscht die Camorra immer noch den ge-
samten Seehandel außerhalb des Alten Hafens, hat aber vor
Kurzem einige Gebiete mit der ‘Ndrangheta getauscht. Die
örtliche Camorra wird von Guilhermo Mazzaro, einem jun-
gen Mafioso mit ehrgeizigen Zielen, geführt. Als Mazzaro von
dem Tempo-Deal zwischen ‘Ndrangheta und Olaya-Kartell
hört, beginnt er sofort, eine Anklage vor der Alta Commis-
sione vorzubereiten, um ohne Bruch des Waffenstillstandes
gegen die Kalabrier vorgehen zu können.
Er erkennt in der Rolle, die Salma Munoz beim unglück-
lichen Schicksal von Silvio Cagliotti, dem Sohn eines wichti-
gen Camorra-Bosses, spielte, eine günstige Gelegenheit. Er
möchte die ‘Ndrangheta in flagranti ertappen und zugleich
Salma an seinen Boss ausliefern.
GEMITO – ABENTEUER-GERÜST
ITALIENISCHES DOPPELSPIEL
Munoz macht sich auf den Weg nach Turin und in die Schweiz.
Die Runner und Cordero fahren per Schiff nach Genua.
Auftakt
Das Kartell muss der ‘Ndrangheta erklären, warum sie weni-
ger Stoff geliefert bekommt als erwartet. Cordero hätte Gianni
Lucarelli eigentlich an Bord treffen wollen, doch er muss sei-
nen Plan umstoßen, weil Salma sich weigert, die Yacht zu ver-
lassen. Sie spioniert die Crew aus, die mit Cordero während
seines Aufenthalts in GeMiTo in Verbindung steht, und infor-
miert Guilhermo Mazzaro über alle Aktivitäten Corderos.
Szene 1
Die Runner müssen Cordero zum Hauptquartier der ‘Ndran-
gheta in der alten Festung Sperone auf den Hügeln über der
Stadt eskortieren. Cordero und Lucarelli treffen sich außer-
halb der Festung, denn Lucarelli will nicht, dass die Leute des
Kartells Gelegenheit bekommen, die Geheimnisse des Clans
zu entdecken. Auch Cordero hat etwas zu verbergen: Er hält
sich an Munoz’ Anweisungen und behauptet, die geringere
Menge an Tempo, die nach Genua geliefert wird, wäre durch
Zweifel an der Logistik und Sicherheit der ‘Ndrangheta be-
gründet. Er hat die Runner vor einer möglichen gewalttäti-
gen Reaktion gewarnt, doch der gute Soldat Lucarelli bleibt
ruhig und will nur das Geschäft unter Dach und Fach brin-
gen. Er lädt Cordero ein, sich in Genua selbst ein Bild von
den Verstecken und Verteilungszentren zu machen, damit er
sieht, wie geschäftstüchtig die ‘Ndrangheta ist.
Szene 2
Innerhalb der nächsten Woche wird die Olaya-Delegation in
Genua stationiert sein, und die Runner haben Gelegenheit,
etwas vom Lokalkolorit zu genießen und dem Syndikat bei
der Perfektionierung seines Verteilernetzwerks zu helfen. Die
Runner besichtigen, in Begleitung Corderos oder alleine, die
Stadt. Lucarelli zeigt ihnen, wie die Straßenkinder angewor-
ben werden, zeigt ihnen die Unterkünfte, die Schulen der
NGOs und die Waisenhäuser, über die der Handel läuft.

FRÉJUS-TUNNEL
(Straßentunnel in den Alpen an der Grenze zwischen Fran-
kreich und der Italienischen Konföderation)
Als ehemals wichtiger Straßentunnel durch die See-
alpen mit 13 Kilometern Länge verbindet der Fréjus-
Tunnel Frankreich und Italien. Er wurde in den letzten
Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts gebaut und später mit
verbesserten Sensoren und Sicherheitssystemen versehen.
Schließlich ist er aber nach dem Chaos des Erwachens, dem
Zusammenbruch der Europäischen Union, der Abspaltung
Südfrankreichs und der italienischen Provinzen, den Euro-
kriegen und dem Fall von Genua, Mailand und Turin völlig
verfallen.
Der französische Konzern, der den Tunnel betrieb, sah
sich durch den Zusammenbruch der italienischen Regie-
rung und das folgende Erlahmen des Warenverkehrs nicht
mehr in der Lage, ihn zu unterhalten. Der Großteil der
Einrichtungen wurde demontiert, und die Tunneleingänge
wurden verschlossen.
Heute ist der Tunnel offiziell geschlossen, aber die Ma-
fia hat einen Durchgang durch die Zäune und Mauern an
beiden Enden geschaffen und hält ihn für Schmuggelope-
rationen offen. Der Tunnel wurde seit fast drei Jahrzehnten
nicht mehr gewartet und ist sehr gefährlich. Er ist zur Heimat
von wilden Crittern (z.B.: Jauchekäfer, Schattenhunde) ge-
worden, ein paar Sektionen sind teilweise eingestürzt, viele
Wracks und Schutt blockieren die Straße, die Beleuchtung
ist völlig ausgefallen, und der Tunnel gilt (siehe Sichtmodifi-
katoren, S. 178, SR4) als in völliger Dunkelheit liegend.
An beiden Enden gibt es verlassene Zollhäuschen,
Rasthäuser und Lkw-Parkplätze. Die Straßen sind mit Be-
tonsperren blockiert, durch die ein Lastwagen gerade eben
passt, und die Gebiete um die Eingänge sind mit rostigen,
40 Jahre alten Zäunen und Stacheldraht gesichert. Keiner
der Sensoren und keines der Notsysteme funktioniert noch,
doch ein unternehmungslustiger Hacker oder Technoman-
cer könnte ein paar Kameras oder Feuerlöschsysteme zum
Laufen bringen, wenn er es ernsthaft versucht.
Das Team des Kartells und der ‘Ndrangheta empfängt
den Lastwagen aus Marseille etwa in der Mitte des Tunnels.
Auf dem Weg zurück auf die italienische Seite, etwa einen
Kilometer vor dem Ausgang, greifen Mazzaro und seine
Leute aus versteckten Positionen im Tunnel an.
Cordero entdeckt dabei allerdings ein Sicherheitspro-
blem: Eine Gruppe katholischer Priester versucht rund um
die Verteilerzentren, die verirrten Schäfchen wieder zur Her-
de zu führen. Die ‘Ndrangheta will nicht gegen sie vorgehen
(alle guten Italiener sind gläubig, und alle guten Insekten-
geister scheuen die Aufmerksamkeit des Ordens des Hl.
Sylvester), daher müssen die Runner die Priester gewaltlos
davon überzeugen, von ihrem Tun abzulassen.
Mehr Ideen zur Beschäftigung der Runner finden sich
in Ableger und Nebenjobs. Während dieser Aktivitäten
teilt Salma Mazzaro alles mit, was sie erfährt. Dieser will
den Waffenstillstand noch nicht brechen, sammelt nur
seine Kräfte und wartet auf den richtigen Moment zum
Zuschlagen.
Szene 3
Nach etwa einer Woche machen sich Lucarelli, Cordero und
die Runner auf, um einen Lastwagen aus Marseille im Fréjus-
Tunnel in Empfang zu nehmen.
Genau darauf hat Mazzaro gewartet. Er und seine Män-
ner legen Lucarelli und Cordero dort einen Hinterhalt. Zu-
GEISTERKARTELLE
gleich schickt Mazzaro Leute aus, die Salma von der Yacht
entführen sollen. Mazzaro ist gierig geworden und glaubt,
zwei Dinge zugleich erreichen zu können: die Konkurrenz
zu vernichten und das Lob dafür einzuheimsen, dass er die
Frau, die Cagliotti kastriert hat, an seine Bosse ausliefert.
Wenn er mit Lucarelli und Cordero fertig ist, will er zurück
nach Genua und sich um Salma kümmern.
Die Leute vom Kartell lassen ein paar Wachen draußen
und begeben sich zusammen mit der ‘Ndrangheta in den
stockfinsteren Tunnel, um den Wagen (einen Renault-Fiat
Tralis, Werte siehe Nordkapp Zugmaschine, S. 117, Arse-
nal 2070) zu übernehmen. Das Fahrzeug kann wegen des
Schutts und der Straßenschäden nur sehr langsam fahren
und ist schwer zu lenken. Spielen Sie mit der Angst und Pa-
ranoia, die beim Gang durch einen verlassenen Tunnel in
Begleitung eines Haufens Schläger, untermalt von allerlei
unheimlichen Geräuschen, aufkommen kann.
Während die Gruppe auf dem Rückweg ist, wird sie von
Mazzaro und seinen Leuten überfallen (verwenden Sie die
Werte der Vory für Mazzaros Leute und jene von Muntagna
für Mazzaro, wobei Sie die Attribute anpassen müssen, da
Mazzaro ein Mensch ist; rüsten Sie alle Gegner mit Infrarot-
sicht aus). Diese nutzen die Dunkelheit zu ihrem Vorteil (die
Wachen des Kartells vor dem Tunnel sind bereits aus dem
Weg geräumt). Den Wespengeistern macht die Dunkelheit
nichts aus; Sie können die Gelegenheit (vorsichtig) nutzen,
um den Runnern zarte Hinweise auf das wahre Wesen der
‘Ndrangheta zu geben. Es sollte aber nie völlig eindeutig
sein, was man gerade gesehen hat. Der Kampf ist hart, und
DIE EURO-TOUR
Mazzaro wird getötet oder entkommt.
Auf jeden Fall finden die Runner auf seinem Kommlink
oder durch die Befragung seiner Leute folgende Informati-
onen: Der Hinterhalt wurde durch einen Maulwurf in der
Olaya-Delegation ermöglicht, der Mazzaro mit Informatio-
nen gefüttert hat. Indizien (E-Mails, Notizen) deuten darauf
hin, dass sich Mazzaro mit seinem Informanten gleich nach
dem Überfall in einer verlassenen Schule in Genua treffen
wollte. Nun geht Cordero davon aus, dass der Maulwurf
vielleicht einer der Leute war, die den Eingang des Tunnels
bewachten. Schließlich sind diese alle verschwunden (weil
sie von der ‘Ndrangheta getötet wurden).
Showdown
Wenn die Gruppe versucht, die Yacht zu kontaktieren, mel-
det sich niemand. Munoz ist wütend, wenn er vom Vorfall
im Tunnel erfährt. Er befiehlt Cordero, Italien so schnell wie
möglich zu verlassen. Zuvor soll er herausfinden, wer der
Maulwurf war, und ihn vernichten.
Als die Gruppe bei der verlassenen Schule ankommt,
entdeckt sie dort Salma, die von einigen Schlägern der
‘Ndrangheta bewacht wird. (Wenn Mazzaro dem Tunnel
entkommen ist, ist er einige Minuten vor den Runnern zur
Schule gelangt und gerade dabei, aufzubrechen.) Die Run-
ner können sich den Weg freischießen oder verhandeln.
Wenn die Leute von der ‘Ndrangheta hören, dass ihr Boss
tot ist, fliehen sie.
Die Erkenntnis, dass Salma der Maulwurf war, sollte
die Runner schockieren. Der Spielleiter kann festlegen, ob
sie gefoltert oder missbraucht wurde, doch in jedem Fall
gesteht sie alles: den Vorfall mit Cagliotti, die Erpressung
durch die ‘Ndrangheta, ihre Entscheidung, das Kartell zu
verraten, um durch den Deal mit dem Mob ihr Image zu
retten. Munoz antwortet nicht auf Kontaktversuche, bevor
er in Lissabon ist, und Cordero befiehlt den Runnern, Salma
für immer zum Schweigen zu bringen, wie es den Regeln
des Kartells entspricht. Ihr Schicksal liegt in den Händen
der Runner…
155
 Epilog
Die Runner werden von Cordero in jedem Fall angewiesen,
Munoz nicht die volle Wahrheit zu sagen. Munoz ist sehr wü-
tend, doch er kennt die Regeln. Er gibt Cordero immer noch
die Schuld für den völligen Fehlschlag in Italien. Cordero
und die Runner verlassen GeMiTo mit einem Flugzeug der
‘Ndrangheta, das von einem kleinen Privatflugplatz startet.
Nach einer kurzen Zwischenlandung auf Korsika macht man
sich auf den Weg nach Marseille, wo die Gruppe eine Zeit
unter Muntagnas Schutz verbringt, bevor sie zu Munoz nach
Lissabon aufbricht.
Anmerkung: Sollten die Runner irgendwie das Geheim-
nis der ‘Ndrangheta aufdecken, macht sich der Schwarm un-
erbittlich an ihre Verfolgung. Er wird mit Freuden das Team
der Fratellanza in Lissabon mit Soldaten verstärken, die aus-
schließlich auf der Jagd nach den Runnern sind. Die ‘Ndran-
gheta sollte die Spur der Runner verlieren, wenn sie nach
Los Angeles oder Südamerika zum Schluss der Kampagne
aufbrechen, kann aber später wieder auftauchen.
Folgen
Der Deal mit der ‘Ndrangheta wird verzögert, aber nicht
unmöglich gemacht. Während die Runner bei Muntagna in
Marseille bleiben, macht sich Cordero im Geheimen nach
Sizilien auf.
Er erkennt, dass es zur Katastrophe führen würde, wenn
der bisherige Kurs des Ignorierens der Alta Commissione
forstgesetzt würde. Cordero will aber seine Vorgesetzten im
DIE EURO-TOUR
Unklaren lassen, da er weiß, dass Salazar und Uribe einer
Planänderung niemals zustimmen würden. Der Flug nach
Sizilien und zurück dauert nur ein paar Stunden, und Cor-
dero lässt sich eine glaubwürdige Ausrede einfallen, sodass
niemand von seinem Ausflug erfährt.
Cordero hat genug von Munoz’ Engstirnigkeit. Er hofft,
durch eine geheime Übereinkunft mit der Alta Commissione
Munoz loswerden und die Führung des Olaya-Kartells vor
vollendete Tatsachen stellen zu können. Er will sich als Ret-
ter in höchster Not präsentieren.
Cordero erfährt, dass die Alta Commissione prinzipiell
nichts gegen ein Geschäft mit dem Kartell einzuwenden hat,
die Respektlosigkeit des Vorgehens der Südamerikaner aber
nicht ungesühnt lassen kann. Cordero erkennt, pragmatisch
wie er ist, die Gelegenheit, Munoz loszuwerden und selbst
zum Helden zu werden. Er erklärt sich bereit, dem Team der
Fratellanza, das eine öffentliche Strafaktion durchführen soll,
Informationen zukommen zu lassen. Er selbst soll der Aktion
(gerade noch) entkommen und dem Kartell einen Vorschlag
unterbreiten, durch den beide Seiten vom Tempo-Handel
in Europa profitieren können (siehe Party des Jahrzehnts).
Don Spinelli stimmt, abhängig vom Verlauf der Strafaktion
und einem Beweis für Corderos Vertrauenswürdigkeit, zu.
DURCHEINANDER IN LISSABON
Die Olaya-Delegation erreicht die letzte Station ihrer Tour: das
internationale Drehkreuz Lissabon. Als panamerikanischer
Logistik-Gigant, der auf vielen südatlantischen Routen unter-
wegs ist, ist KondOrchid in Lissabon bereits etabliert. Munoz
beschließt daher, eine gewaltige PR-Aktion zu lancieren, um
seine (größtenteils) erfolgreich Europa-Tour zu krönen. Er will
für die „Crème” Europas eine denkwürdige Party geben.
Cordero soll die Verhandlungen mit dem örtlichen Part-
ner, der Afro-Gang Kussondulola, abschließen. Das gibt ihm
einen idealen Deckmantel für seine Pläne. Er steht über
einen temporären Matrixknoten mit dem Anführer des Fra-
156 GEISTERKARTELLE
tellanza-Teams in Verbindung und gibt die wichtigsten Infor-
mationen weiter.
WAS GEHT IN LISSABON VOR
Die Lage innerhalb der Olaya-Delegation ist sehr angespannt;
zwischen Cordero und Munoz spielt sich ein Machtkampf
ab, wobei der Letztgenannte aufholt. Das Debakel von GeMi-
To hat Cordero (scheinbar) in die Defensive gedrängt, aber
er wartet nur auf eine günstige Gelegenheit.
KondOrchid ist bereits etabliert, und Munoz will sich
Portugals laxe Einstellung zu weichen Drogen zunutze
machen und eine Tempo-getriebene Party veranstalten. Er
mietet den schicken Club Elysium, der der europäischen
Prominenten Claudia Romanova gehört und in den hoch
aufragenden Klippen der Costa do Estoril liegt. Er lädt dazu
führende Konzernangehörige und berühmte Syndikats-An-
führer ein, die er in den letzten Monaten kennengelernt hat.
Das Timing könnte nicht besser sein: Die jährliche Saison
der Grand Tour, die den Großteil der Reichen und Schönen
Europas anlockt, startet in genau dieser Woche in Lissabon,
und Munoz weitet die Einladung auf diese Promis aus. Er
will die Party zu der Veranstaltung der Saison machen – um
für sich und KondOrchid alle wichtigen Türen zu öffnen.
Pläne werden umgesetzt
Inzwischen hat Cordero freie Hand zur Verhandlung mit
den örtlichen Partnern, der Kussondulola. Er will das Treffen
nutzen, um der Alta Commissione seine Vertrauenswürdig-
keit zu beweisen und ihr Gelegenheit zu geben, Munoz eine
harte Lektion zu erteilen. Die Kussondulola spielt für seine
Pläne keine große Rolle, daher zögert Cordero nicht, das Fra-
tellanza-Team von dem Treffen und dem Empfang der ersten
Drogenladung zu unterrichten. Er arrangiert einen Angriff
auf das Treffen, dem er gerade noch entkommen will, damit
seine künftigen Geschichten noch glaubwürdiger werden.
Am Vorabend der Party greift die Fratellanza das Lager-
haus der Kussondulola an, als Cordero und seine Sicher-
heitsleute (die Runner) mit der ersten Ladung vom Hafen
kommen. Alles verläuft nach Plan, die Kussondulola erleidet
schwere Verluste, aber Cordero und die Seinen (die Charak-
tere) entkommen – verletzt, aber am Leben. Cordero beeilt
sich, Munoz zu „warnen” und ihm wegen des Sicherheitsri-
sikos abzuraten, die Party zu veranstalten. Allerdings weiß
er genau, dass Munoz sich den Gesichtsverlust, etwas so
Großes abzusagen, unmöglich leisten kann … Doch sein Wi-
AUF EINEN BLICK: LISSABON
Bevölkerung: über 5.200.000 Einwohner
Menschen: 74,5 %
Elfen: 5 %
Zwerge: 3 %
Orks: 13 %
Trolle: 4 %
Andere: 0,5%
Bevölkerungsdichte: über 1.200 pro Quadratkilometer
Durchschnittliches Jahreseinkommen: 23.000 ¥
Unter der Armutsgrenze: 34 %
Personen mit Konzernzugehörigkeit: 52 % (von Lusia-
da)
Krankenhäuser: 16
Verbrechensrate: 21 pro 1.000 im Jahr

derstand gegen die Party und seine „Warnung” werden ver-
merkt, was ihm später gegenüber Salazar und Uribe nützlich
sein wird.
Munoz trifft so viele Vorsichtsmaßnahmen, wie er kann:
Er heuert zusätzliche Wachen an, lässt die Sensoren des Ely-
siums verbessern – und hat keine Ahnung, dass Cordero
die Fratellanza über alles informiert. Cordero befiehlt den
Runnern, als zusätzliche Wachen und vor allem zu seinem
eigenen Schutz zu dienen. Er lässt alle Wachleute über ihre
Kommlinks einen ID-Code senden (eine Art primitiver tak-
tischer Kommunikation), damit der Hacker des Olaya-Kar-
tells die Sicherheitsmaßnahmen koordinieren kann. Auch
alle bewaffneten Bodyguards der VIPs sollen das machen,
und Cordero gibt der Fratellanza alle Codes, damit diese
ihre Ziele leichter identifizieren kann.
Währenddessen haben IDEA und Europol die Spur des
Kartells wiedergefunden und bereiten sich, unter der Füh-
rung des immer ungeduldiger werdenden Oscar Jordão,
zur Beweisaufnahme vor. Überwachungsteams machen sich
bereit, obwohl Gerüchte über die Präsenz der Fratellanza
die Runde machen.
Party-Time
Die Party selbst entwickelt sich genau so, wie Munoz wollte:
Promis, Stars, Aristos, Konzerner – alle kommen zur Ver-
anstaltung. Paparazzi-Drohnen schweben im Himmel über
dem Club.
Am Höhepunkt der Festlichkeit führt die Fratellanza ei-
nen chirurgischen Militärschlag durch, der viel schlimmer
aussieht, als er ist. Dreiergruppen von Auftragsmördern
segeln mit Gleitschirmen durch die Kuppeln und eliminie-
ren methodisch alle Mitglieder des Kartells. Chaos und Pa-
nik brechen aus, doch trotz automatischen Feuers, Rauch,
Schreien und Blut wird fast niemand außer der Delegation
getötet oder auch nur ernsthaft verletzt. Natürlich beißen
GEISTERKARTELLE
DIE EURO-TOUR
die Bodyguards und Wachen ins Gras (das ist ihr Job). Mu-
noz fällt als Erster.
Panische Gäste strömen aus dem Gebäude, die Not-
falleinheiten treffen ein, und auch Europol setzt seine
Eingreiftruppen in Marsch. Cordero hat zum Glück be-
reits einen Fluchtplan: Er schießt sich selbst ins Bein
(oder lässt es einen Runner machen) und wartet auf ein
LusoMedical-Team, das ihn „rettet”. Den Überlebenden
aus seiner Entourage und den Runnern bietet er an, sie
mitzunehmen.
Cordero und die Überlebenden der Delegation müs-
sen, von Europol verfolgt, Europa schnell verlassen. Die
überlebenden Runner sollen ihn eskortieren, alle anderen
Überlebenden sollen sich zerstreuen und sich zu extra-
territorialen Einrichtungen von KondOrchid aufmachen.
Nach einer Behandlung in einer Lissabonner Privatklinik
geht Cordero in Deckung, nutzt falsche IDs und entkommt
auf einem Schiff von KondOrchid in internationale Gewäs-
ser. Das Schiff lädt die Gruppe auf den Azoren ab, von wo
sie am nächsten Tag mit einem Charterflugzeug nach Los
Angeles gebracht wird, um Uribe, der beim Geisterrat ist,
zu unterrichten.
Oberflächlich betrachtet sieht das Ergebnis der Tour
katastrophal aus. In Wirklichkeit ist nicht alles verloren:
Die Deals in Nordeuropa und jene mit den neuen Kon-
zernpartnern von KondOrchid sind ein Erfolg. In Südeuro-
pa mag die Lage schwieriger scheinen, doch Cordero kann
einen beinahe fertig ausgehandelten Kompromiss mit der
Alta Commissione präsentieren. Natürlich wird die Mafia
ein größeres Stück vom Kuchen nehmen, als geplant war,
aber das Kartell kontrolliert immer noch die Zulieferung
und kann weiter verhandeln. Cordero erscheint als Retter
in der Not.
All dies geschieht nur ein paar Stunden, bevor Graciela
Riveros ankommt und der letzte Plotstrang Todesstoß be-
ginnt.
157
 BRENNPUNKT: LISSABON
Lissabon sonnt sich im Glanz vergangenen Ruhms und lebt
von seinem Ruf als freigeistige, offene Hafenstadt. Es ist bei
Söldnern, der Unterwelt und kleinen Konzernen beliebt,
die nach einem Ort mit toleranter Einstellung und weniger
halsabschneiderischer Konkurrenz suchen, der zugleich alle
Vorteile der Zugehörigkeit zu Europa und der NEEC bietet.
Die Altstadt schmiegt sich ans Nordufer des Flusses Ta-
gus, die jüngeren Bezirke sind von dort ausgehend konzent-
risch an beiden Flussufern angelegt. Viele Außenbezirke sind
ausschließliche Wohnviertel für die gewaltige Bevölkerung;
beinahe die Hälfte der Einwohner Portugals lebt in Groß-
Lissabon.
Das Herz, die Altstadt, das eigentliche Lisboa, hat sich in
den letzten Jahrhunderten kaum verändert. Das schreckli-
che Seebeben von 2021 hat Teile des inneren Viertels Baixa
überschwemmt, und das wiederaufgebaute Stadtbild ist nun
eine Mischung aus alten Gebäuden aus dem 18. Jahrhun-
dert und postmodernen Glas- und Betongebäuden. Tatsäch-
lich gibt es einen Trend, beides zu vereinen: Man lässt die
hohen Glastürme aus den renovierten Fassaden der alten
Zeit emporwachsen. Brasilianische und afrikanische Motive
dominieren weite Teile der Stadt, und die älteren Viertel,
die vom alten St.-Georgs-Kastell her zum Fluss hin abfallen,
sehen maurisch aus.
Jenseits des Flusses, gegenüber dem geschäftigen Ha-
fenbereich und dem brasilianischen Flüchtlingsghetto
Alcântara, stellt der 120-stöckige Lusiada Sentinel, die Ar-
kologie des nationalen Konzerns, die Christo-Rei-Statue in
DIE EURO-TOUR
den Schatten.
Stadt der Sünde
Die Gassen der Stadt strotzen vor Lasterhöhlen, kleinen,
exotischen Läden und Buden, die alles Mögliche verkaufen.
Studentencafés und überlaufene Nachtclubs teilen sich die
Straßen mit Kellercasinos und billigen Herbergen. Das über-
bordende Nachtleben und die vibrierende Electicidade, die
von dieser Mischung leben, sind einzigartig. Die Unterwelt
und Graue Märkte, aber auch unzählige kleine Konzerne, die
sich im sprichwörtlichen Schatten von Portugals AA-Konzern
Lusiada drängen, spielen eine wichtige Rolle.
Lissabons Wirtschaft ist ein Sammelsurium scheinbar un-
zusammenhängender Geschäftsfelder: Tourismus ist, wegen
der Mischung iberischer, brasilianischer, afrikanischer und
maurischer Kultur, die Haupteinnahmequelle, aber auch
Söldnerwesen, Seehandel und Schmuggel sind wegen des
drittgrößten Hafens Europas wichtig. Viele kleine Konzerne
– von der Forschung bis zur Zulieferindustrie – runden das
wirtschaftliche Bild ab.
Söldner, Diplomaten, Touristen, Flüchtlinge, Seeleute
und Geschäftsleute tummeln sich auf den vollen Gassen
Lissabons unter einer AR, die in einem Dutzend Sprachen
Werbung macht.
(Des)Organisiertes Verbrechen
Das Verbrechen in Lissabon, und ganz Portugal, ist desorga-
nisiert und kleinteilig.
Die beiden wichtigsten Gruppen in der Szene sind die
einst mächtige Baptista-Familie, die in der Alta Commissi-
one eine schwache Stimme hat, und die Gang Kussondu-
lola (S. 156). Beide haben gute Verbindungen zu anderen
europäischen und internationalen Gruppen und betreiben
einiges an Geschäften im Ausland. Sie sind auch mit der
größeren europäischen und afrikanischen Verbrecherszene
gut vernetzt.
158 GEISTERKARTELLE
Die Baptistas betreiben den Großteil der einfachen und
gehobenen kriminellen Geschäfte, von Geldverleih über
Glücksspiel und Geldwäsche bis hin zu Bestechung. Die
Kussondulola agiert als Dachorganisation für viele kleine
Gangs und Unabhängige, die mit Drogen, BTLs, Prostitution
und Schutzgeld ihr Geld verdienen. Beide lassen sich von
kleineren Konzernen anwerben, denen Leute oder Connec-
tions fehlen und die Muskeln, Strohmänner oder Zugang
zum Schwarzmarkt brauchen.
Die Kussondulola hat ihr Geschäftsfeld mithilfe der Pro-
fite aus der Kostprobe, die im Nachtleben und bei der Un-
terschicht gut ankam, vor Kurzem auf Unternehmungen wie
Talishandel ausgedehnt. Sie dürstet nach mehr Stoff.
FREUNDE, FEINDE UND ANDERE SCHWIERIGKEITEN
In Lissabon findet der Plotstrang der europäischen Tempo-
Tour seinen Abschluss – und alle Spieler legen die Karten
auf den Tisch.
Die Alta Commissione
Die Alta Commissione ist extrem ungehalten, weil sie vom
Olaya-Kartell übergangen wurde – nicht zuletzt weil die-
ses Vorgehen einige alte Wunden, wie die Unzufriedenheit
kleinerer Syndikate mit dem Status quo, wieder aufgerissen
hat. Corderos Angebot verspricht ein wenig Linderung der
internen Probleme (das Milieu und vielleicht die ‘Ndrang-
heta könnten mit Zustimmung der größeren Syndikate, wie
der Camorra und Cosa Nostra, guten Profit machen, anstatt
hinter deren Rücken). Dennoch muss eine öffentliche Be-
strafung dieses Vorgehens als Warnung an künftige Empor-
kömmlinge erfolgen.
Praktischerweise hat Cordero kein Problem damit, Mu-
noz (oder überhaupt irgendjemanden) zu verraten. Und
genau das will er in Lissabon tun, um zum Mittelsmann
für ein künftiges Geschäft zwischen Olaya-Kartell und Alta
Commissione werden zu können.
Die Alta Commissione tritt nach Corderos Besuch zu-
sammen, um die Sache zu besprechen. Sie schickt ein Team
der Fratellanza nach Lissabon und kommt zu einer prinzipi-
ellen Einigung über das Tempo-Geschäft (wobei Milieu und
‘Ndrangheta federführend bleiben, aber einen Teil des Ku-
chens abgeben sollen). Natürlich hängt alles davon ab, dass
Cordero seinen Teil der Abmachung erfüllt.
Fratellanza
Die Fratellanza ist die Elitetruppe der Alta Commissione. Sie
setzt sich aus den erfahrensten Auftragsmördern der Syndi-
kate zusammen und ist wie eine AAA-Konzern-Truppe aus-
gerüstet. Die Mitglieder trainieren und arbeiten als Einheit
zusammen, wodurch die alten Loyalitäten zum Heimatsyn-
dikat schnell durch Zusammenhalt und Freundschaft inner-
halb der Fratellanza ersetzt werden. Dieser Zusammenhalt
soll sich, gemäß dem Plan der Alta Commissione, auch auf
den Zusammenhalt der Mafia insgesamt auswirken.
Die Operationen der Fratellanza sind meist hochriskan-
te Angriffe auf wichtige Ziele. Die Mitglieder der Truppe
dürfen Mafiosi bis hin zu Capi, Sotto Capi und Capi di Fa-
miglia töten.
Das Team, das nach Lissabon geschickt wird, besteht
aus neun Mann (siehe Fratellanza-Truppen, S. 162), inklu-
sive einem hermetischen Magier und einem Kampfhacker.
Die Gruppe funktioniert wie ein gut trainiertes Konzern-
Einsatzteam und wird von Lino Bonanni, einem 42-jährigen
Veteranen der Camorra aus Neapels Straßen, geführt.
Kussondulola
Diese Gang ist eine der wichtigeren Gruppen in Lissabons
zersplitterter Unterwelt, besteht nur aus Afrikanern (aller
Metatypen) und hat Filialen in Angola, Guinea, Cabinda
und São Tomé. Sie ist weniger brutal als viele nordame-
rikanische und europäische Gangs dieses Kalibers, aber
dennoch profitorientiert und wenn nötig gewaltbereit. Die
Kussondulola hat weniger als hundert Mitglieder, von de-
nen jedoch einige Magier sind. Die meisten Soldaten der
Gang haben irgendeine Art von Militärerfahrung (und seit
einiger Zeit schickt die Gang ihre Schläger auch zu Söld-
nertruppen oder zum Militär, um sie ein paar Wochen lang
ausbilden zu lassen).
Die Kussondulola beherrscht einen Großteil der nicht
spezialisierten Schmugglerszene, hat aber auch politische
Vorhaben und gute Verbindungen zu einigen afrikanischen
Policlubs. Der Anführer, Jah Soba, ist ein unangenehmer
Kerl: ein angolanischer Flüchtling, der dort immer noch ge-
sucht wird. Er ist außerdem Adept mit guten Connections
in Alchemisten- und Magierzirkeln.
Europol
Oscar Jordão hat es endlich geschafft, die Eingreiftruppe in
Stellung zu bringen. Seine Ermittlungen haben, unterstützt
von Europol und IDEA, weitreichende Netzwerke innerhalb
von Europas Unterwelt aufgedeckt.
Jordão ist es sogar gelungen, mit seinen engsten Ver-
trauten zusammen zur Party eingeladen zu werden. Er kann
dort zwar niemanden verhaften, hat aber das Gefühl, dass
etwas Wichtiges geschehen könnte. Für ihn bietet sich eine
gute Gelegenheit, allen zu zeigen, dass die Behörden ihnen
sehr wohl auf die Finger schauen. Zudem will er Ermittlun-
gen über die verschiedenen anwesenden Bosse anstellen.
Als die Fratellanza das Elysium angreift, ruft Jordão die
Eingreiftruppe zu Hilfe, achtet aber sorgsam darauf, erst
loszuschlagen, wenn die Fratellanza mit einem Großteil der
Kartellmitglieder, inklusive Munoz, fertig ist. Warum sollte
man sich mehr Arbeit machen als nötig?
Jordão wird zwar einen historischen Schlag gegen den
Tempo-Handel landen, doch zu seinem Leidwesen wird
sich zeigen, dass die Polizei in der Sechsten Welt nicht das
letzte Wort hat.
LISSABON – ABENTEUER-GERÜST
Die Ereignisse spitzen sich zu, und der Spielleiter sollte die
Spannung und Paranoia verstärken – besonders, wenn die
Gruppe den gefährlichen Ausflug nach GeMiTo mitgemacht
hat. In Lissabon gibt es zahllose mögliche Aufhänger für
Plots, die das Bild der Kampagne abrunden, die Spannung
erhöhen und den Charakteren erlauben können, einige
Konsequenzen des Tempo-Fiebers zu sehen, an dessen Ent-
stehen sie mitgewirkt haben. Auch einige der mysteriösen
Nebenwirkungen könnten zu sehen sein.
PARTY DES JAHRZEHNTS
Die Runner sind mit der Ausführung von Corderos Plänen
beschäftigt, während Munoz die Party von KondOrchid im
Nachtclub der Romanova organisiert, zu der die Reichen
und Schönen und die Konzerner geladen sind, die er in Eu-
roport, Lille und Marseille kennengelernt hat. Dadurch ge-
rät die Gruppe vielleicht mehr als einmal in die Schusslinie:
beim Treffen mit der Kussondulola und bei der Party. Cor-
dero kümmert sich wenig um die Gesundheit seiner Unter-
GEISTERKARTELLE
gebenen, auch wenn er die Runner inzwischen als vielleicht
als kaltblütige, effiziente Profis schätzen gelernt hat.
Auftakt
Munoz organisiert die Party, und Cordero beginnt mit der
Umsetzung seiner Pläne. Er befiehlt den Runnern, ihn bei
der Übergabe an die Kussondulola zu eskortieren. Am
nächsten Tag sollen die gebeutelten Runner auch noch die
Wachen bei der Party verstärken.
Szene 1
Cordero ruft das Team zusammen, um bei der nächtlichen
Übergabe einer neuen Ladung Tempo in einem Unterschlupf
der Kussondulola für Sicherheit zu sorgen. Sie müssen einen
Van mit 100 Kilo Tempo zu einer Garage bei einem alten
Sozialwohnbau außerhalb Lissabons fahren. Die Runner sol-
len bewaffnet, aber nicht zu schwer bewaffnet erscheinen.
Schließlich trifft man sich mit Freunden.
Bis zum Treffen geht alles gut, trotz der portugiesischen
Polizei und Autobahnpatrouillen. Auch für die Kussondulola
geht alles gut … bis das Geld übergeben ist. Dann fallen die
Ganger plötzlich im Kreuzfeuer von Scharfschützen. Auch
die Charaktere werden von der Fratellanza, die sich in be-
nachbarten Hochhäusern gut verschanzt hat, unter Feuer
genommen. Sie werden es schwer haben, die Angreifer zu
entdecken. Außerdem sind diese außer Reichweite der meis-
ten (leichten) Waffen, die die Runner mithaben, und für Magie
DIE EURO-TOUR
sind sie zu gut in Deckung. Die Angreifer wollen niemanden
von der Delegation töten, aber sehr wohl verwunden.
Der Angriff hört so schnell auf, wie er begonnen hat. Tote
Ganger liegen überall, und die Runner sind verletzt, doch
am Leben. Cordero schließt schnell auf einen professionel-
len Anschlag, vielleicht auf Geheiß der Alta Commissione,
möglicherweise durchgeführt von der Fratellanza. Einige
Runner mögen verletzt sein, doch ihnen allen wird klar, dass
etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen ist. Wenn der
Anschlag als Warnung für das Olaya-Kartell gedacht war, hät-
ten die Runner eigentlich als Erste fallen sollen.
Szene 2
Kaum von der vorangegangenen Nacht erholt, sollen die
Runner sich in ihre besten Anzüge werfen und in der Party-
nacht Wache im Elysium schieben. Im Club sind nur nicht-
tödliche Waffen zugelassen, und an allen Eingängen gibt es
Metalldetektoren und Chemsniffer (Stufe 5).
Nach ein paar Stunden des Ausschauhaltens nach ver-
dächtigen Personen, des Smalltalks mit den Mächtigen Euro-
pas und des Auffrischens von Bekanntschaften (wie etwa mit
Aaron Van Houts, Muntagna und sogar Oscar Jordão, siehe
Europol) ruft Cordero die Runner zu sich, damit sie ihn per-
sönlich bewachen. Wenig später bricht die Hölle über die
Party herein: Die Fratellanza schlägt zu. In Kampfpanzerung,
ausgerüstet mit Sturmgewehren und Maschinenpistolen,
mähen die Mitglieder des Fratellanza-Teams die Wachen und
Angehörigen des Kartells mit beeindruckender Effizienz nie-
der – inklusive Filipe Munoz, den beiden Gespielinnen, die
ihn begleiten, und Salma, wenn diese GeMiTo überlebt hat.
Cordero will so unschuldig wie möglich wirken, daher
hat er der Fratellanza das Feuer auf seine Sicherheitsleute
freigegeben, auch wenn er selbst kein Ziel sein darf. Wäh-
rend des Kampfs befiehlt Cordero einem der Runner, ihm
ins Bein zu schießen, damit das Eingreifprotokoll seines me-
dizinischen Notfalldienstes (per Vitalmonitor) aktiviert wird.
Die Runner müssen nur aushalten, bis der Rettungshub-
schrauber da ist, und sie und Cordero von einer der Terras-
159
DIE EURO-TOUR
sen des Elysiums abholt – genau zu dem Zeitpunkt, als die
Europol-Truppe den Komplex stürmt. Hier kann man noch
einmal Oscar Jordão und die Seinen bei der fruchtlosen Ver-
folgung der Runner beobachten.e Seite NNN
Showdown
Die wenigen Überlebenden der Olaya-Delegation sammeln
sich in extraterritorialen Einrichtungen von KondOrchid,
und Cordero wird in einer örtlichen DocWagon-Klinik be-
handelt. Die Runner werden ebenfalls dort, aber in einem
anderen Flügel, verarztet. Plötzlich tauchen dort Jordão und
seine Leute, immer noch von der Schlacht gezeichnet, auf.
Sie haben Haftbefehle für die Runner mit. Wenn sie nicht
sehr schwer verwundet sind, müssen diese den Polizisten
folgen. Die Runner bekommen keine Chance, Cordero zu
kontaktieren, und es sollte ihnen klar sein, dass sie sich der
Verhaftung nicht widersetzen sollten.
Sie werden in ein nahe gelegenes Gefängnis gebracht
und etwa einen Tag lang durch Jordão verhört. Wenn alle
Hoffnung verloren scheint, erhält Jordão mitten in einer
„Befragung” einen Anruf auf seinem Kommlink. Die Runner
werden ein paar Minuten lang alleine gelassen, dann öffnet
sich die Tür wieder: Cordero erscheint kalt lächelnd mit
einem seiner Männer. Ein paar Sekunden lang können die
Runner vielleicht glauben, sie wären von Cordero hintergan-
gen worden, und dieser arbeite mit Jordão zusammen.
Doch Cordero befiehlt seinem Begleiter, die Runner
loszubinden und sie aus dem Gebäude zu führen. Auf dem
Weg nach draußen können die Runner sehen, wie Jordão
seine Vorgesetzten in schwarzen Anzügen wütend anschreit,
die sehr unwillig befohlen haben, die Runner freizugeben.
Drei ernst dreinblickende Männer in Anzügen stehen neben
Corderos Hubschrauber. Die Polizisten sehen diese und die
Runner mit einer Mischung aus blankem Hass und völliger
Überraschung an. Die Anwälte schütteln Cordero die Hand
160 GEISTERKARTELLE
und verteilen altmodische Visitenkarten an die Runner. Da-
rauf steht „Petrelli & Co. – Anwälte”. „Wenn Sie mal wieder
einen Rechtsbeistand benötigen“, sagt einer der Männer,
„wissen Sie, wen Sie anrufen können. Gute Reise.”
Folgen
Ein paar Stunden später treffen die Überlebenden der Dele-
gation auf einem Schiff von KondOrchid in internationalen
Gewässern ein. Am nächsten Tag erreichen sie die Azoren,
von wo aus sie direkt nach Los Angeles fliegen.
ABLEGER UND NEBENJOBS
 Die ‘Ndrangheta hat ihr Verteilernetzwerk in Genua zwar
aufgebaut, aber es gibt mehr zu tun: Die Kinder sind,
wenn sie sich in der Obhut einer Institution befinden,
viel leichter zu erreichen als auf der Straße. Die Runner
müssen sich einer NGO anschließen, die Kinder von der
Straße holt und in die Schule bringt. Dort sollen diese ihre
Tempo-Dosen erhalten.
 Der Leiter eines neu gebauten Krankenhauses in GeMiTo
weigert sich, mit der ‘Ndrangheta zusammenzuarbeiten
und an seine Patienten Tempo auszugeben. Die Runner
müssen ihn besuchen und überzeugen, mitzumachen.
Andernfalls müssen sie ihn entführen und in die Festung
Sperone bringen. Ein paar Tage später kommt der Mann
frei, nimmt seine Tätigkeit wieder auf und kooperiert wil-
lig mit der ‘Ndrangheta.
 Ein paar Kinder, die seit einigen Monaten Tempo konsu-
mieren, zeigen Zeichen hoher Abhängigkeit und die Beses-
senheits-Symptome, die den Runnern bei Yakamura oder
Vilamoura aufgefallen sind (siehe Kostprobe). Die Runner
müssen zwei von ihnen, einen Jungen im Teenageralter und
ein neunjähriges Mädchen, einfangen und unversehrt in die
Festung Sperone bringen. Man sieht die beiden nie wieder.

ELYSIUM (CLUB IN LISSABON)
Das Elysium ist die neueste Unternehmung der internatio-
nal prominenten Claudia Romanova und einer der popu-
lärsten Clubs an der reichen Costa do Estoril – der Ort, an
dem man gesehen werden muss, wenn die Grand Tour in
Lissabon weilt. Das Elysium liegt, 25 Minuten von der Alt-
stadt entfernt, auf den Klippen des Monte Estoril an der Kü-
stenautobahn – nur ein paar hundert Meter entfernt vom
eigentlichen Zentrum von Estoril mit seinen Gärten, Tou-
ristenabsteigen, Stränden, teuren Boutiquen, Fünf-Sterne-
Hotels und dem Casino.
Der Club besteht aus vier versetzt angeordneten Halb-
kuppeln, die in die Klippen hineingebaut sind. Die oberste,
wo Foyer und Rezeption liegen, hat einen Radius von etwa 25
Metern. Jede folgende Halbkuppel ist größer als jene darü-
ber, die unterste hat einen Radius von etwa 40 Metern. Auf je-
dem Stockwerk befindet sich auch eine Terrasse, die Ausblick
auf die kleine Privatbucht am Fuß der Klippen gewährt.
Die Inneneinrichtung des Elysiums kann man am be-
sten als neo-klassisch beschreiben: Pseudo-Renaissance-
Statuen, Fresken und Säulen mit neonblauen Strahlern
schmücken die gewölbten Kuppeln vor den dunklen Wän-
den um jede Tanzfläche. Wände und Decken sind Rutheni-
um-Bildschirme, die Sternenkonstellationen, Nachthimmel
oder die psychedelischen Bilder der VJs des Tages zeigen.
Auf jeder der Halbkuppeln sitzt, an die Wand der nächsthö-
heren geschmiegt, eine kleine Zentralkuppel als Oberlicht,
die ebenfalls als Bildschirm dient. Auf dem Höhepunkt der
Party befinden sich in dem Komplex über 500 Gäste – je-
weils über 100 auf jeder Ebene.
Das Fratellanza-Team kommt durch die Oberlichter der
beiden obersten Stockwerke und arbeitet sich sorgfältig
durch die Massen bis zur untersten Ebene, von wo aus es
sich zur Bucht abseilt und mit einem dort wartenden Mo-
torboot entkommt.
SCHATTENBESETZUNG
Gianni Lucarelli
Lucarelli ist Dona Fusellis rechte Hand und führt die Verhand-
lungen der ‘Ndrangheta mit Cordero in GeMiTo. Außerdem ist
er ein Insektenschamane, der Wespe folgt. Er ist der jüngste
Schamane des Schwarms und wurde von Allegra Fuselli selbst
auf den Straßen Genuas rekrutiert, um die Macht der ‘Ndran-
gheta in GeMiTo zu stärken. Dieser Aufgabe widmet er sich
geradezu fanatisch. Er ist seiner Herrin absolute treu ergeben.
Als Lohn dafür hat ihn die Dona mit großer Macht beschenkt.
Seine „Leute” folgen ihm, ohne Fragen zu stellen, und er wird
alles tun, um das Geheimnis des Schwarms zu wahren.
Lucarelli ist Ende zwanzig und achtet darauf, nichts von
seiner Macht zu zeigen. Er tut, als wäre er nur ein verwöhn-
ter Mafia-Prinz, der in Genua abhängt. Dona Allegra hat
ihm befohlen, mit dem Kartell zu verhandeln. Er nutzt die
Gelegenheit, um Tempo und dessen Nützlichkeit für den
Schwarm genauer zu untersuchen.
K G R S C I L W EDG ESS M INI
5 3 4 3 4 5 5 6 4 6 5 9 1
Zustandsmonitor (Körperlich/Geistig): 11/11
Panzerung: 8/3
Fertigkeiten: Arcana 3, Askennen 4, Astralkampf 4, Aus-
weichen 4, Beschatten 4, Fertigkeitsgruppe Beschwören 5,
Fertigkeitsgruppe Feuerwaffen 4, Fertigkeitsgruppe Hexerei
5Infiltration 4, Fertigkeitsgruppe Nahkampf 3, Verhandlung
4, Verzaubern 5, Wahrnehmung 4
Initiatengrad: 3
Metamagie: Abschirmung, Maskierung, Zentrierung
GEISTERKARTELLE
Zaubersprüche: Blitzstrahl, Energieschlag, [Feinde] Auf-
spüren (ER), [Felsen] Zersetzen, Feuerball, Hellsicht, [Indivi-
duum] Aufspüren, Magie Analysieren, Manabarriere, Reflexe
Steigern, Schildbrecher, Stille, Tiersinn Borgen, Verbesserte
Unsichtbarkeit, Zielfähigkeit Steigern
Ausrüstung: Actioneer Geschäftsanzug mit formangepass-
ter Körperpanzerung (Hemd), Kommlink (2), Smartbril-
le, Bindungsfokus [Wespengeist] (3), Herbeirufungsfokus
[Wespengeist] (3), Waffenfokus [Rapier] (3), Zauberspeicher
[Illusion], Zauberspruchfokus [Illusion] (3)
Waffen:
 Rapier [Klingenwaffe, Schadenscode 4K, Reichweite 1, PB
–1, Waffenfokus (3)]
 Walther Secura [Schwere Pistole, Schadenscode 5K, PB –1,
HM, RK 0, 12(s), Smartgunsystem, Schalldämpfer]
Soldato der ‘Ndrangheta – Wespengeist Kraftstufe 4,
Fleischgestalt (Professionalitätsstufe 5)
Lucarellis Soldati sind beinahe perfekte Fleischgestalten, die
Körper von modifizierten Konzernwachen und Kommando-
truppen bewohnen. Die Hälfte des Teams hat kleine Auffäl-
ligkeiten, wie verkümmerte Flügel, Chitinstellen am Körper,
kleine Fühler oder Wespenaugen. Sie verbergen diese Merk-
male sehr sorgfältig, tragen lange Mäntel, Make-up, langes
Haar oder Sonnenbrillen. Bei oberflächlicher Betrachtung
wirken sie also völlig menschlich. Die andere Hälfte des
Teams sieht absolut menschlich aus.
DIE EURO-TOUR
K G R S C I L W ESS M INI ID
5 6 (8) 4 (6) 5 (7) 4 4 4 4 1 4 (2) 8 (10) 1 (3)
Astrale INI/ID: 8 / 3
Zustandsmonitor (Körperlich/Geistig): 11/10
Panzerung: 6/4
Fertigkeiten: Antimagie 4, Askennen 4, Astralkampf 4, Fer-
tigkeitsgruppe Athletik 5, Exotische Fernkampfwaffe (Übler
Atem) 5, Fertigkeitsgruppe Feuerwaffen 5, Fertigkeitsgruppe
Heimlichkeit 5, Konzern-Sicherheitstaktik 4, Fertigkeitsgrup-
pe Nahkampf 5, Waffenbau 3, Wahrnehmung 4, Wurfwaffen 5
Kräfte: Astrale Gestalt, Auramaskierung, Bewohnung (Le-
bende Gefäße), Bewusstsein, Dualwesen, Grauen, Immunität
gegen normale Waffen, Realistische Gestalt, Schwarmver-
stand, Tierbeherrschung (Wespen), Übler Atem
Bodytech: Kunstmuskeln (2), Reflexbooster (2)
Ausrüstung: Flash-Pack, Granaten (4 Splittergranaten), Ge-
fütterter Mantel
Waffen:
 Cougar Fineblade kurz [Klingenwaffe, Schadenscode 4K,
Reichweite 0, PB –1]
 Walther Secura [Schwere Pistole, Schadenscode 5K, PB –1,
HM, RK 0, 12(s), Smartgunsystem, Schalldämpfer]
 Franchi SPAS-22 [Schrotflinte, Schadenscode 7K, PB –1,
HM/SM, RK (1), 10(m), Ausklappbare Schulterstütze]
oder
 Beretta Model 70 [Maschinenpistole, Schadenscode 5K,
PB 0, SM/AM, RK 3, 35(s), Gasventil (3), Ausklappbare
Schulterstütze, Lasermarkierer, Schallunterdrücker]
ID
Lino Bonanni (Anführer des Fratellanza-Teams)
Lino Bonanni ist ein 42-jähriger Veteran der Camorra aus
den Straßen Neapels, ein Adept, der sich auf gewalttätige
Spezialeinsätze spezialisiert hat, und einer der Besten der
Fratellanza. Er liebt Action, hat ein einzigartiges taktisches
Verständnis und ist dadurch der geborene Anführer für
handfeste Aktionen. Einst war allein als Schläger unterwegs,
weshalb er sich entschied, sein Training am Weg des Kriegers
auszurichten.
161
 K G R S C I L W EDG ESS M INI ID Bodytech: Kompositknochen (Keramik), Muskelstraffung
6 7 5 (7) 6 (7) 3 3 4 4 3 6 10 8 (10) 1 (3) (2), Muskelverstärkung (3), Reflexbooster (2), Smartlink
Zustandsmonitor (Körperlich/Geistig): 11/10 Ausrüstung: Kommlink (4), Leichte Militärpanzerung (Be-
Panzerung: 12/10 weglichkeitsverbesserung 1)
Fertigkeiten: Fertigkeitsgruppe Athletik 5, Französisch 2, Waffen:
Führung 4, Gebräuche 4 (Mafia +2), Italienisch 4 (Sizilia-  Cougar Fineblade lang [Klingenwaffe, Schadenscode 6K,
nisch +2), Klingenwaffen 6, Pistolen 5, Russisch 2, Schnell- Reichweite 0, PB –1]
feuerwaffen 5 (7), Waffenloser Kampf 6, Wurfwaffen 4  Ares Predator IV [Schwere Pistole, Schadenscode 6K, PB
Gaben und Handicaps: Adept, Berserker, Gezeichnet, Ma- –2, HM, RK 0, 15(s), Smartgunsystem, EX-Explosivge-
fiasoldat, Schlechte Selbstbeherrschung (Aufschneider), Zä- schosse]
higkeit, Zweites Herz  Steyr TMP [Automatikpistole, Schadenscode 4K, PB 0, HM/
Initiatengrad: 4 SM/AM, RK 2, 30(s), Gasventil 2, Smartgunsystem]
Metamagie: Abschirmung, Adeptenzentrierung, Flexible Si-
gnatur, Physische Kontrolle
Kräfte: Adrenalinkick [Geschicklichkeit] 2, Astrale Wahr- Kampfmagier des Fratellanza-Teams
nehmung, Berserker, Eiserner Wille 1, Gesteigerte Reflexe (Professionalitätsstufe 5)
2, Gesteigertes Körperliches Attribut [Stärke] 1, Kampfsinn
K G R S C I L W ESS M INI ID
2, Kritischer Schlag 3, Todeskralle, Verbesserte Fertigkeit
4 4 4 3 5 4 5 6 6 5 8 1
[Schnellfeuerwaffen] 2
Ausrüstung: Falsche ID (6), Leichte Militärpanzerung (Be- Zustandsmonitor (Körperlich/Geistig): 10/11
weglichkeitsverbesserung 1), Smartbrille, Novatech Airware Panzerung: 12/10
mit Novatech Navi, AR-Handschuhe, Sim-Modul für heißes Fertigkeiten: Askennen 4, Fertigkeitsgruppe Athletik 3, Aus-
Sim, Perlenbesetztes Stirnband mit Elektroden weichen 4, Fertigkeitsgruppe Beschwören 5, Erste Hilfe 3,
Waffen: Fertigkeitsgruppe Feuerwaffen 4, Fertigkeitsgruppe Hexerei
 Cougar Fineblade lang [Klingenwaffe, Schadenscode 6K, 5, Fertigkeitsgruppe Nahkampf 3
Reichweite 0, PB –1] Initiatengrad: 2
 Ares Predator IV [Schwere Pistole, Schadenscode 6K, PB Metamagie: Abschirmung, Reinigung
–2, HM, RK 0, 15(s), Smartgunsystem, EX-Explosivge- Zaubersprüche: Betäubungsball, Diagnose, Druckwelle,
schosse] [Feinde] Aufspüren (ER), Flammenwerfer, Geistessonde,
DIE EURO-TOUR

 Steyr TMP [Automatikpistole, Schadenscode 4K, PB 0, HM/ Handlungen Beherrschen, [Individuum] Aufspüren, [Kons-
SM/AM, RK 2, 30(s), Gasventil 2, Smartgunsystem] titution] Senken, Reflexe Steigern, Stille, [Tür] Vernichten
 Ares HVAR [Sturmgewehr, Schadenscode 5K, PB 0, HM/ Ausrüstung: Kommlink (4), Leichte Militärpanzerung (Be-
SM/AM, RK 3 (4), 50(s), Ausklappbare Schulterstütze, weglichkeitsverbesserung 1), Zauberspruch-Fokus [Kampf]
Smartgunsystem] (3), Smartbrille, Zauberspeicher [Heilung]
 Splittergranaten [Granate, Schadenscode 12K (f), PB +5, Waffen:
Sprengwirkung –1/m]  Cougar Fineblade lang [Klingenwaffe, Schadenscode 4K,
Reichweite 0, PB –1]
 Ares Predator IV [Schwere Pistole, Schadenscode 6K, PB
Mitglied des Fratellanza-Teams (Professionalitätsstufe 5) –2, HM, RK 0, 15(s), Smartgunsystem, EX-Explosivge-
schosse]
K G R S C I L W ESS INI ID  Steyr TMP [Automatikpistole, Schadenscode 4K, PB 0, HM/
4 4 (6) 5 (7) 5 (8) 2 3 3 3 1,2 8 (10) 1 (3) SM/AM, RK 2, 30(s), Gasventil 2, Smartgunsystem]
Zustandsmonitor (Körperlich/Geistig): 10/10
Panzerung: 12/12
Fertigkeiten: Fertigkeitsgruppe Athletik 3, Ausweichen 4, Hacker des Fratellanza-Teams (Professionalitätsstufe 5)
Erste Hilfe 3, Fertigkeitsgruppe Nahkampf 5, Fertigkeits-
K G R S C I L W ESS INI ID
gruppe Feuerwaffen 5, Waffenloser Kampf 4
3 5 6 (8) 3 3 6 5 3 4,58 12 (14) 1 (3)
Zustandsmonitor (Körperlich/Geistig): 10/10
Panzerung: 12/10
Fertigkeiten: Fertigkeitsgruppe Athletik 3, Ausweichen 4,
Fertigkeitsgruppe Cracken 5, Fertigkeitsgruppe Elektronik
5, Fertigkeitsgruppe Feuerwaffen 3, Gebräuche 2 (Matrix
+2), Fertigkeitsgruppe Nahkampf 4
Bodytech: Kommlink, Cyberaugen [3; Augen-Rekorder,
Bildverbindung, Datenschloss, Okulardrohne], Datenbuch-
se, Mathematische SPU, Synapsenbeschleuniger (2)
Ausrüstung: Leichte Militärpanzerung (Beweglichkeitsver-
besserung 1)
Waffen:
 Cougar Fineblade lang [Klingenwaffe, Schadenscode 4K,
Reichweite 0, PB –1]
 Ares Predator IV [Schwere Pistole, Schadenscode 6K, PB
–2, HM, RK 0, 15(s), Smartgunsystem, EX-Explosivge-
schosse]
 Steyr TMP [Automatikpistole, Schadenscode 4K, PB 0, HM/
SM/AM, RK 2, 30(s), Gasventil 2, Smartgunsystem]

162 GEISTERKARTELLE
SCHATTENBESETZUNG
Im folgenden Abschnitt werden die wichtigsten NSC dieses
Kampagnen-Strangs vorgestellt. Egal ob die Charaktere sie
persönlich kennenlernen oder nicht, spielen diese NSC eine
große Rolle bei den Ereignissen während der Euro-Tour, und
ihre Ziele und Motive haben Auswirkungen auf die Runner,
genauso wie die Aktionen der Charaktere Auswirkungen auf
diese NSC haben.
FILIPE MUNOZ
Munoz ist ein hohes Tier bei KondOrchid und ein Mitglied
des Olaya-Kartells, dem die Konzernwelt und Cocktailpartys
geläufiger sind als Drogendeals und Schmugglertechniken.
Mit anderen Worten: Er ist eigentlich besser darin, Bilanzen
zu fälschen, als Drogen zu verticken.
Er bewegt sich zwar in den Kreisen der Kriminellen, be-
sitzt aber eher die Ausstrahlung und die Kenntnisse eines
Geschäftsmanns. Den Wohlstand seiner Familie und seinen
College-Abschluss verdankt er größtenteils den Drogen,
trotzdem hat Munoz mehr mit Konzernhaien aus New York
oder sogar Neo-Tokio gemeinsam als mit harten Hunden wie
Salazar oder Manuel Tamayo. Auf jeden Fall weiß er, woher
er kommt und welchen Umständen er seine Position zu ver-
danken hat.
Munoz ist Anfang fünfzig, 1,75 m groß, hat freundliche
Augen, ein breites Lächeln und jede Menge krauser Brustbe-
haarung, die aus seinem Hemd wuchert. Eigentlich ist er ein
ziemlicher Prolet, mit jeder Menge Minderwertigkeitskom-
plexe, der immer von Eleganz und einem Leben in Luxus
geträumt hat. Während Uribe (S. 61) ein harter Kerl mit dip-
lomatischem Geschick und Domingo Ramos (S. 193) ein cha-
rismatischer Krimineller mit Klasse ist, wirkt Munoz oftmals
wie ein Möchtegern-Dandy mit europäischem Stil, dabei ist
er einfach nur ein neureicher Prolet, der vor allem durch sei-
nen schlechten Geschmack und seine Prahlereien auffällt. Mit
seinen protzigen Anzügen und dem übertriebenen Schmuck
könnte er auch glatt als Zuhälter durchgehen.
Munoz macht nicht gerade den Eindruck, die Idealbe-
setzung für einen Drogendeal zu sein, aber er besitzt eine
gewisse Art von Charisma, ist freundlich, kennt sich auf sei-
nem Gebiet sehr gut aus und ist ein cleverer Geschäftsmann
und Verhandlungspartner. Er ist wie kein anderer geeignet,
KO auf dem schwierigen europäischen Markt zu platzieren,
der von Vetternwirtschaft, Korruption und inzestuösen Ge-
schäftspraktiken geprägt ist.
Er ist der Typ, den die Leute geringschätzen, weil er zu
vulgär ist, den sie andererseits aber auch wegen seines Hu-
mors, seiner Großzügigkeit und seines Talentes schätzen,
seine Gesprächspartner stets so zu umgarnen, dass sie sich
in seiner Nähe wohlfühlen.
Munoz hat eine große Schwäche für seine Tochter Salma,
die er wie eine kleine Prinzessin behandelt und der er jeden
Wunsch erfüllt.
Am Ende des Kampagnenstrangs in Lissabon wird Filipe
Munoz’ Leben auf sehr öffentlichkeitswirksame und blutige
Art beendet.
K G R S C I L W EDG ESS INI ID
2 3 3 2 5 5 4 4 3 5,16 8 1 Panzerung: 3/1 oder 4/1
Zustandsmonitor (Körperlich/Geistig): 9/10
Panzerung: 5/3
Fertigkeiten: Amazonisches Spanisch M, Aztlanisches Spa-
nisch 5, Betriebswirtschaft 4, Betrügen 2 (Aufschwätzen
+2), Clubs 3 (VIP-Clubs +2), Datensuche 3, Englisch 5, Fi-
nanzen 4 (Buchhaltung +2), Führung 3 (Überzeugen +2),
Gebräuche 4 (High Society +2), Geisterkartelle 5 (Olaya
GEISTERKARTELLE
+2), Konzerngerüchte 4, Straßendrogen 3, Tempo-Welttour
3, Verhandlung 5 (Handeln +2), Wahrnehmung 2
Gaben und Handicaps: College-Abschluss, Kampflähmung
Bodytech: (alles Betaware) Penis-Implantat, Shiawase Execu-
tive Suite (Gold), Verstärkte Pheromonrezeptoren (Stufe 3)
Ausrüstung: Transys Avalon Kommlink mit Novatech Navi,
Synergist Business-Kollektion, auffälliger Schmuck
SALMA MUNOZ
Salma ist eine moderne Prinzessin und die Tochter des Kon-
zerndrogenbosses Filipe Munoz. Sie ist auch bekannt als das
elfische amazonische Model Almarita Sao Loman. Sie hat
den Charakter ihres Vaters und das Aussehen ihrer Mutter
geerbt, was bedeutet, dass sie gewitzt, freundlich, wunder-
schön und offen für Körpermodifikationen ist.
Salma ist 23 Jahre alt und eine sehr attraktive Frau mit
starken lateinamerikanischen Zügen, langem, lockigem
braunem Haar und einem sinnlichen Mund.
Ihr geliebter Vater lässt ihr beinahe alles durchgehen, und
obwohl sie normalerweise eher leichte Drogen einnimmt,
ist sie neuerdings dem Tempo verfallen. Sie ist halb Künstle-
rin, halb Jetset-Promi, doch ihre momentane Hauptaufgabe
besteht darin, für die neue, erfolgreiche Bioformungslinie
von Spinrad Industries ihren bewundernswerten Körper in
die Kameras zu halten.
Deswegen hat sie sich auch der Delegation angeschlos-
sen, um in der europäischen Konzern- und Medienwelt
wichtige Leute zu treffen und an besonderen Events teil-
DIE EURO-TOUR
zunehmen. Sie ist eine Person des öffentlichen Lebens, die
man in Zeitungen und Talkshows sieht, und nur wenigen
Leuten in Europa dürfte sie gänzlich unbekannt sein.
Salma ist eine ziemlich unschuldige, manchmal sogar na-
ive Frau, die nicht wirklich versteht, welche Auswirkungen
Drogenmissbrauch und Armut auf das Leben eines Lohnskla-
ven oder SINlosen überhaupt haben kann. Sie weiß zwar,
dass ihr Daddy in einige schmutzige Geschäfte verwickelt ist,
hat aber keine Ahnung davon, wie gefährlich dieses Business
eigentlich ist. Sie sieht immer nur die Sonnenseite der gan-
zen Angelegenheit, und da Tempo in einigen Ländern sogar
legal ist, macht sie sich auch keine weiteren Gedanken über
das Thema.
Salma ist gut in dem, was sie tut: gut aussehen und
Smalltalk über ihre Lieblingsthemen halten (Biomods und
Kosmetik). Doch sie besitzt auch ein angeborenes Talent da-
für, sich ständig in irgendwelchen Ärger hineinzumanövrie-
ren, wobei sie dabei stets die Erwartungshaltung hat, dass
sie schon jemand da rausholt.
Nach den Ereignissen auf der Jacht (Ombre est lumière)
wird ihr langsam klar, in was sie da wirklich drinsteckt, und
sie geht zur Mafia (Italienisches Doppelspiel), um ihr Image
zu retten, das durch den Zwischenfall angekratzt ist.
Durch die Abenteuer hindurch kann sich Salma zu einer
Freundin oder sogar Liebschaft eines der Charaktere entwi-
ckeln, bis sie am Ende des Abenteuerstrangs getötet oder
gerettet wird.
K G R S C I L W EDG ESS INI ID
2 4 3 2 6 4 4 3 3 5,49 7 1
Zustandsmonitor (Körperlich/Geistig): 9/10
Fertigkeiten: Amazonisches Spanisch M, Anekdoten über
SimSinn-Stars 3, Betrügen 3 (Verführen +2), Englisch 4, Ge-
bräuche 5 (Medien +2), Gymnastik 4 (Tanz +2), Promis 6,
Schönheitschirurgie 3 (Bioformung +2), Verhandeln 2, Ver-
kleiden 2 (Kosmetik +2)
Gaben und Handicaps: Globale Berühmtheit, Soziales
Chamäleon
163
DIE EURO-TOUR

164 GEISTERKARTELLE
Bodytech: (alles Betaware) größere Bioformung-Modifika-
tion, Brustimplantate, Diätmodifikation, Metabolismusfilter,
Seidenhaut, Verstärkte Pheromonrezeptoren (3)
Ausrüstung: Moonsilver- oder Second-Skin-Kleidung von
Zoé (je nach Anlass), Erika Elite Kommlink mit Iris Orb, Sim-
Modul, Nanitencreme-Troden, Simrig
LUIS CORDERO
Genau betrachtet ist Luis Cordero alles das, was Munoz nicht
ist. Dadurch ergänzen sich beide und werden so zu einem
sehr effektiven Team. Cordero ist der „Chief Operating Of-
ficer“ der Olaya, was bedeutet, dass er in der Nahrungskette
des Kartells nicht sehr weit von Uribe und Salazar entfernt
steht. Eigentlich hat Cordero einen höheren Rang als Mun-
oz, doch weil die Euro-Tour hauptsächlich in den Bahnen ei-
ner Geschäftsreise abläuft, hat Munoz bei der Euro-Tour das
Sagen. Das stört Cordero natürlich gewaltig, aber er weiß,
dass er besser im Hintergrund an den richtigen Strippen
zieht, als sich seinen Bosse offen entgegenzustellen.
Cordero arbeitet am effektivsten im Schatten, und er hat
definitiv keine Probleme damit, sich die Hände schmutzig zu
machen, wenn die Situation es verlangt. Ziemlich klein, mit
einem unscheinbaren Gesicht und einer tiefen Stimme ge-
segnet, ist der Endfünfziger Cordero eher ein pragmatischer
Mann, der so kaltherzig und unsympathisch ist, wie Mun-
oz überschwänglich und nett ist. Diesen Eigenschaften ver-
dankt er auch seinen Spitznamen „Enterrador“ (Bestatter).
Cordero ist derjenige, der bei der Euro-Tour die Fehler
von Munoz ausbügelt und mit den kriminellen Organisati-
onen verhandelt, womit er gut leben kann, auch wenn er
dem Straßenabschaum nichts abgewinnen kann. Munoz hat
zwar gute Kontakte in der Welt der Konzerne, doch Cordero
ist der Mann mit den wichtigen Connections in der Politik,
bei den Organisationen der Unterwelt und der Polizei (sogar
bei Europol).
Während der Geschehnisse der Euro-Tour wird Corderos
Geringschätzung für Munoz immer deutlicher sichtbar. Sind
es anfangs nur Kleinigkeiten, über die sie sich nicht einig
GEISTERKARTELLE
sind, wird ihre Rivalität im Laufe der Ereignisse immer hef-
tiger, bis sie irgendwann kein Wort mehr wechseln können,
ohne sich dabei gegenseitig an die Gurgel zu gehen.
Als Munoz in Lissabon getötet wird, übernimmt Cordero
die Verantwortung für die Euro-Tour und „rettet“ die Situati-
on durch einen Deal mit der Mafia.
Später reist er nach L.A. zum Geisterrat, wo es zu einem
Massaker kommt (S. 177). Doch Corderos Schicksal ist un-
klar, denn seine Leiche wird nie gefunden. Als Interpol Jai-
me Salazar ergreift, scheint es so, als sei Luis Cordero vom
Angesicht der Erde verschwunden.
K G R S C I L W EDG ESS INI ID
4 4 (6) 5 (7) 3 (5) 5 5 4 5 5 3,88 10 (12) 1 (3)
Zustandsmonitor (Körperlich/Geistig): 10/11
Panzerung: 12/7
Fertigkeiten: Amazonisches Spanisch M, Fertigkeitsgruppe
Athletik 3, Ausweichen 4, Aztlanisches Spanisch 5, Datensu-
che 3, Drogen 4, Fertigkeitsgruppe Einfluss 4, Einschüchtern
5, Englisch 5, Fertigkeitsgruppe Feuerwaffen 3, Geisterkar-
telle 6, Geschichte Kolumbiens 4, Konzernpolitik 4, Fertig-
keitsgruppe Nahkampf 3, Wahrnehmung 3
Gaben und Handicaps: Mut, Zähigkeit
Bodytech: (alles Deltaware) Cyberauge – Links [3; Augen-Pfeil-
pistole (Narcoject-Pfeil), Schutzgläser, Smartlink], Gesteigerte
Aufnahmefähigkeit (3), Knochenverstärkung (2), Muskelstraf-
fung und -verstärkung (2), Orthoskin (3), Schadenskompen-
sator (3), Sim-Modul, Synapsenbeschleuniger (2)
Ausrüstung: Synergist Business-Kollektion über formange-
DIE EURO-TOUR
passter Halbkörperpanzerung, Fairlight Caliban Kommlink
(Novatech Navi, Analyse 4, Editieren 4, Schmöker 2), Son-
nenbrille (mit Blitzkompensation und Restlichtverstärkung)
Waffen:
 Waffenlos [Reichweite 0, Schadenscode 3K, PB 0]
 Augen-Pfeilpistole [Schadenscode 2K, PB 0, EM, RK 0, 1
Schuss]
 HK Urban Fighter [Schwere Pistole, Schadenscode 5K, PB
–1, HM, RK 0, 10(s), mit Schalldämpfer und Smartgunver-
bindung]
165
 ... TODESSTOSS ...

Das Labor war akzeptabel, wenn nicht sogar bis ins Einzelne nach den genauen Spezifikationen
gestaltet, die sie verlangt hatte. Graciela hatte nichts anderes von Sacristán erwartet. Sie wollte es
benutzen, um den anderen zu zeigen, wie Tempo raffiniert wurde und welche Formen es anneh-
men konnte. Entlang einer Mauer waren ein Dutzend kleine Fertigbauzimmer mit jeweils einem
Bett und aufwendigem medizinischem Überwachungsgerät gebaut worden. In jeder der winzigen
Zellen befand sich eine Person. Zufrieden sah sich Graciela eine nach der anderen an. Sacristán
hatte eine hübsche Sammlung verschiedenster Metamenschen zusammengetragen. Wenn jemand
von den Jefes und Jefas die Wirkung aus nächster Nähe sehen wollte, wären diese Versuchspersonen
gut geeignet. Sie blieb vor der letzten Zelle stehen und runzelte die Stirn. Eine abgemagerte Frau
lag darin, schlafend auf dem schmalen Bett. Ihre dürren Arme und Beine hatte sie fest an sich ge-
zogen, ihre fahlgraue Haut spannte sich so über das Gesicht, dass man die Knochen durchscheinen
sah. Graciela sah auf ihre AR-Tabelle; Versuchsperson 12 nahm seit 21 Wochen Tempo. Sie war ein
wenig ärgerlich über Sacristán. Man hätte sicher bessere Süchtige in Los Angeles finden können.
Hätte sie nicht jemanden finden können, der nicht so aussah, als befinde er sich auf der Schwelle
des Todes?
Graciela schloss die Tabelle mit einem kräftigen Schnappen. Sie würde bei Sacristán reklamieren
müssen. Die Jefes wollten ein Produkt, das für den Langzeitkonsum geeignet war. Eine sterbende
Süchtige vorzuführen wäre da kontraproduktiv. Als sich Graciela abwenden wollte, sprangen die
Augen der Süchtigen auf. Sie blieb überrascht stehen. Hinter dem dicken Plastikfenster streckte die
Frau sich und stand dann in einer geschmeidigen Bewegung auf.
„Graciela“, sagte die Süchtige mit einem sanften Flüstern. Graciela sah über die Schulter und
blickte sich nervös in dem Labor um. Sie trat in die kleine Zelle und schloss die Tür hinter sich. Es
war kaum genug Platz für zwei Personen in dem winzigen Raum. Die beiden Frauen standen dicht
aneinander gepresst.
„Du solltest nicht hier sein“, flüsterte Graciela. Die Frau umschloss ihr Gesicht mit den Händen;
ihre Finger gruben sich wie eiserne Klauen ein.
„Ist alles bereit?“, fragte die Süchtige.
„ Ja“, murmelte Graciela, „ich werde die Jefes heute Nacht treffen. Morgen zeige ich ihnen dieses
Labor. Wir haben genug Vorräte in Caracas und Bogotá, um alle zu versorgen. In einer, spätestens
zwei Wochen wird Tempo über ihre Kanäle geliefert. Alles läuft nach Plan.“
„Und du gibst ihnen auch Proben?“, fragte die Süchtige.
„Damit sie ... so etwas werden?“, fragte Graciela, ergriff das dürre Handgelenk der Frau und
drückte zu, bis sie die Knochen knirschen spürte. Die Augen der Frau blitzten vor Lachen.
„Welch unglückliche Nebenwirkung“, hauchte sie. „Ich ziehe dein festes Fleisch diesen verdorrten
Hüllen bei Weitem vor. Ich komme heute Nacht zu dir. Ich werde es genießen, Los Angeles mit dei-
nem süßen Körper zu erleben.“
„Nicht, Yajé!“, sagte Graciela und trat zurück, bis sie die Tür im Rücken hatte. „Hier ist es zu
gefährlich. Es gibt zu viele Beobachter.“
„Ach Graciela“, murmelte die Frau mit leisem Lachen, „du kannst mich nicht aufhalten.“

166 GEISTERKARTELLE
 EIN NEUER KICK

GEISTERKARTELLE
167

AUFSTIEG UND FALL VON TEMPO
Die kometenhaft ansteigende Beliebtheit von Tempo auf der
ganzen Welt hat dem Olaya-Kartell unglaublichen Reichtum
beschert und die Aufmerksamkeit kleiner und großer Syn-
dikate, Gangs, Konzerne und Regierungen geweckt. Über-
all haben Aufruhr und Blutvergießen in der Unterwelt eine
Kräfteverschiebung zwischen Verbrechersyndikaten, Gangs
und sogar Regierungen verursacht.
Interpol steht von Seiten verschiedener Regierungen
unter Druck, eine Lösung zu finden, und kommt der Quel-
le der unglaublich beliebten Droge näher. Im Zuge der
Ereignisse wird das Olaya-Kartell innerlich zerrissen, und
die weltweite Versorgung mit Tempo wird gestört ... zu-
mindest vorerst.
Todesstoß führt die Runner auf eine gefährliche Reise
nach Lateinamerika, der Hochburg der Geisterkartelle. Die
Abenteuer-Gerüste beginnen in Los Angeles und führen bis
in den tiefsten Regenwald von Amazonien. Wie bei den vo-
rigen Kampagnen-Strängen sind die Abenteuer-Gerüste in
einer losen Abfolge aufgeführt. Zudem haben Spielleiter
weitere Optionen in den kleineren Abenteuer-Ideen, die
den Gerüsten folgen, um die weltweiten Auswirkungen zu
erkunden. Wie immer können Spielleiter auch ihre eigenen
Abenteuer einbringen oder die Spielorte an den Stil ihrer
Kampagne anpassen.
WAS GEHT HIER VOR
Die Geisterkartelle sind sowohl wegen der Aufmerksamkeit
(und der atemberaubenden Profite) unglücklich, die das
Olaya-Kartell erzielt, als auch darüber, dass Tempo sich ne-
gativ auf ihre eigenen Märkte auswirkt. Daher verlangen sie
nach einem Gipfeltreffen. Die anderen Geisterkartelle ha-
ben die Unternehmungen des Olaya-Kartells gehörig unter
TODESSTOSS
Druck gebracht, aber sie sind willens, zu verhandeln, bevor
die Lage noch schlimmer wird.
Die Jefes meinen, das Vorgehen des Olaya-Kartells
könnte internationales Aufsehen und Vergeltungsschläge
gegen alle hervorrufen – und zum Teil stimmt das auch.
Das Olaya-Kartell weiß aber, dass die anderen in Wirklich-
keit ein Stück vom Kuchen abhaben wollen, und hat dafür
vorgesorgt. Nun, da sich Tempo durchgesetzt hat, plant
Jaime Salazar (S. 61), noch mehr Gewinn herauszuschla-
gen. Beim bevorstehenden Geisterrat will er den Jefes ein
Angebot machen, das sie nicht ablehnen können. Salazar
plant, „nachzugeben“, indem er den anderen Kartellen ei-
nen Teil des Geschäfts im Austausch gegen die Nutzung
ihrer Verteilernetzwerke anbietet. Dadurch versucht er,
ein wenig von dem Druck des Tempohandels auf sie ab-
zuwälzen.
Das Olaya-Kartell wählt die neutrale Stadt der Engel
als Treffpunkt aus, da sie für Aztechnology und sein David-
Kartell schwieriges Terrain ist. Das Gipfeltreffen soll unter
höchstmöglicher Geheimhaltung stattfinden. Leider befin-
det sich in der Entourage von Manuel Tamayo vom Anden-
Kartell ein Maulwurf, der zuerst den Termin und dann den
Ort des Treffens an das David-Kartell verraten hat. Domin-
go Ramos (S. 193), Boss des David-Kartells und Mitglied
des Vorstands von Aztechnology, verliert keine Zeit und or-
ganisiert einen Angriff auf seine Gegner. Die schlimmsten
Befürchtungen der Geisterkartelle werden wahr. Sie haben
sich in ihrer Gier unwissentlich dem Risiko der völligen Ver-
nichtung ausgesetzt.
Das Kartenhaus des Olaya-Kartells beginnt, in sich zu-
sammenzustürzen.
168 GEISTERKARTELLE
In der Zwickmühle
Am zweiten Tag des Treffens greift eine (abstreitbare) Söld-
nertruppe, geführt von zwei Cuachicqueh (S. 193), die Bal-
timore Towers an. Sie haben zwei Aufträge: so viele Anfüh-
rer der Geisterkartelle wie möglich zu töten und Graciela
Riveros (S. 62) – und mit ihr das Geheimnis von Tempo
– einzukassieren. Bei ihrer Ankunft wurden ihre eigenen Si-
cherheitsleute in einem Hinterhalt getötet, daher wird sie
inzwischen von einem Runnerteam beschützt.
Ihre Bewacher werden von dem Angriff überrascht, doch
Riveros erhebt sich wieder, nachdem sie bewusstlos gewor-
den ist, und richtet unter den Angreifern ein Blutbad an. Sie
erschlägt einige, darunter auch einen Cuachicqueh, mit blo-
ßen Händen und verschafft ihrem Trupp genügend Zeit, sie
in Sicherheit zu bringen. Astrale Beobachter werden bemer-
ken, dass Riveros von einem mächtigen Freien Naturgeist
unbestimmbaren Typs besessen ist.
Ihr spektakuläres Überleben des Anschlags enthüllt ei-
nes ihrer tiefsten Geheimnisse. Die Runner kennen es jetzt,
und Graciela bleibt keine andere Wahl, als bei der Flucht
aus Los Angeles auf ihre Hilfe zu zählen und sie zu ihrem
Hauptquartier in Caracas mitzunehmen. Dort konsolidiert
sie ihre Kräfte und sucht nach möglichen Feinden. (Flucht
aus L.A., S. 177)
Sie nimmt die Dienste der Runner beim Stärken ihrer
Position in Anspruch. Doch bald wird offensichtlich, dass für
das Olaya-Kartell nicht alles gut läuft. Die anderen Geister-
kartelle sind wegen des Anschlags gegen das Olaya-Kartell
aufgebracht. Ohne deren Unterstützung müssen Uribe und
Salazar ihr Engagement im Tempo-Geschäft überdenken.
Ihre eigenen Verteilernetzwerke geraten zunehmend unter
Druck; Interpol, Aztechnology und die Agenten des David-
Kartells sind ihnen auf den Fersen. Langsam wird das Risiko
zu hoch für den Gewinn. Plötzlich entstehen Spannungen
zwischen Riveros und Salazar. Riveros glaubt, Salazar würde
sie eher verraten, bevor Aztechnology und das David-Kartell
gegen sein Reich in den Krieg ziehen. Jaime Salazar hinge-
gen ist es leid, von Riveros und ihren amazonischen Quellen
abhängig zu sein – und er beginnt zu fürchten, von ihnen
abgeschnitten zu werden. Die Auswirkungen könnten sich
weit über einen internen Konflikt hinaus wie ein Lauffeuer
durch die Sprawls von Südamerika verbreiten. (Hausputz,
Teil I & II, S. 179–183)
Seltsame Bettgenossen
Die Spannungen zwischen Riveros und Salazar eskalieren.
Riveros versucht ein letztes Mal, die Kluft zu überbrücken.
Sie schickt ein Friedensangebot: eine modifizierte Version
von Tempo (mit einem zusätzlichen halluzinogenen Effekt),
der sie noch größeres Potenzial unterstellt. Das Friedensan-
gebot ist aber von vornherein zum Scheitern verurteilt, da
Aztechnology eine Kommandoeinheit zum Angriff gegen die
Olaya-Anführer schickt (Kreuzfeuer, S. 183).
Als der Staub sich legt, steht Riveros alleine da. Yajé (S.
192), der Geist, der von Riveros (und unfreiwilligen Süch-
tigen) Besitz ergriffen hatte, schlägt sich auf ihre Seite. Sie
schicken die Runner in den Erwachten Regenwald von Ama-
zonien, um den Gameleira-torcida-Baum zu zerstören, von
dem Yajé Besitz ergriffen hat, damit sie von der Geister-Kaba-
le befreit wird, die die geheimnisvolle Macht hinter Tempo
ist. Dieses Abenteuer deckt viele Geheimnisse hinter Quelle
und Fall von Tempo auf. Wenn die Runner überleben, wer-
den sie endlich herausfinden, welche Mächte hinter der Er-
schaffung der Droge stehen. Doch die Ziele dieser Gruppe
werden im Dunkeln bleiben (Verrat, S. 185).
Die Regierungen der Welt müssen sich, da die Kämpfe zwi-
schen Gangs und Syndikaten öffentlich bekannt werden, mit
dem Tempo-Problem befassen. Dadurch bekommt das Olaya-
Kartell noch mehr Schwierigkeiten. Die öffentliche Meinung
wendet sich gegen Tempo, als immer mehr Süchtige extreme
Stimmungsschwankungen haben oder Amok laufen, während
andere dahinsiechen. Die Regierungen sind gezwungen, mehr
Polizeipräsenz, Hilfsdienste für Süchtige, Aufklärungskampag-
nen und andere Maßnahmen einzuleiten. In den Sprawls ma-
chen die Polizeidienste wie Lone Star, Knight Errant oder das
Hongkong PD Jagd auf Dealer und Gangs, und führen immer
mehr Razzien durch. Aber das genügt nicht. Die belagerten
Regierungen wenden sich an Interpol, um das Problem an
der Wurzel zu packen: den Geisterkartellen.
Interpol ergreift unter dem wachsenden Druck die Initi-
ative. Geheimdienstarbeit erbringt immer mehr Daten über
die Drahtzieher hinter Tempo, und Interpol versucht, hin-
ter das Geheimnis des Olaya-Kartells zu kommen. Die Be-
hörde erkennt Umfang und Ausmaß der Unternehmungen
der Geisterkartelle und sieht, dass die Kräfte nicht reichen,
um dagegen vorzugehen. Als Aztechnology eine Allianz mit
möglicher Unterstützung des Konzerngerichtshofs anbietet,
stimmt Interpol sofort zu. Die Behörde weiß, dass Aztechno-
logy sie benutzt, um seine eigenen Pläne zu verfolgen, aber
sie hat nur wenige Optionen.
Die Schau stehlen
KondOrchid genießt als AA-Konzern Extraterritorialität und
ist von nationalen Gesetzen nicht betroffen. Doch zum Pech
für Salazar gibt es eine Klausel in den Business Recognition
Accords, die es nationalen und internationalen Behörden er-
laubt, beim Konzerngerichtshof eine Verfügung zur Ermitt-
lung in Strafsachen gegen extraterritoriale Konzerne zu be-
antragen. Die Klausel wird, wegen möglicher Präzedenzfälle,
selten in Anspruch genommen. Zudem muss einer der Gro-
ßen Zehn den Antrag unterstützen. Als einige Gesetzgeber
und Konzerne Tempo für illegal erklären, tut Interpol, mit
Unterstützung von Aztechnology, genau das. Der Konzern-
gerichtshof nimmt den Antrag an.
Amazonien gibt sofort eine Warnung aus, dass jede Ver-
letzung seiner Grenzen oder jener von benachbarten neut-
ralen Gebieten als feindlicher (oder sogar kriegerischer) Akt
betrachtet wird. Trotzdem bildet sich genug internationale
Unterstützung (die heimlich von Aztechnologys PR-Apparat
gefördert wird). Interpol führt mit Hilfe der Truppen von Az-
tech paramilitärische Aktionen gegen die Produktions- und
Verteilungszentren des Olaya-Kartells in Bogotá, Caracas,
den Häfen Cartagena und Porto Escondido (im von Aztlan
beanspruchten Kolumbien) durch und unternimmt mehre-
re Razzien gegen Anlagen von KondOrchid.
Zurück in Caracas stehen die Runner vor den Scherben-
haufen des Olaya-Kartells und von RAM. Einrichtungen und
Labors wurden bombardiert, die Anlagen von RAM wurden
von Interpol gestürmt und sind paramilitärisch abgeriegelt,
und Riveros’ Unterschlupf wurde ausgehoben. Riveros selbst
wird vermisst. Die Runner müssen sie finden, um das vorige
Abenteuer abzuschließen, aber es ist noch schwieriger gewor-
den, durch Caracas zu kommen, und die Truppen von Inter-
pol und Aztechnology sind Riveros auch auf den Fersen.
Während die Runner weg waren, hat Aztechnology nicht
nur Truppen nach Caracas geschickt, sondern auch Luftschlä-
ge gegen Bogotá und Cartagena durchgeführt. Die Spannun-
gen in der Region sind am Siedepunkt, und die Machthaber
von Amazonien sind außer sich. Es ist durchaus möglich,
dass sich in Caracas ein Flächenbrand entzündet, der die ge-
samte Region in einen offenen Krieg stürzt. Und inmitten all
dessen müssen die Runner Riveros finden und ihr helfen, aus
dem Schlamassel, den sie und das Olaya-Kartell angerichtet
haben, herauszukommen (Letzter Vorhang, S. 188).
GEISTERKARTELLE
FREUNDE, FEINDE
UND SCHWIERIGKEITEN
Die folgenden Abschnitte stellen die wichtigsten Gruppen
in Todesstoß dar. Spielleiter können sie zum Nachschlagen
beim Spielen des Rests des Kapitels oder als Sprungbrett für
eigene Abenteuer und Kampagnen nutzen.
Das Olaya-Kartell
Jaime Salazar steckt massiv in Schwierigkeiten. Das Blut-
vergießen beim Geisterrat hat seinen Ruf bei den anderen
Geisterkartellen fast irreparabel geschädigt und sie alle eine
Menge gekostet. Salazar muss herausfinden, wer hinter dem
Anschlag steckte, denn für die anderen Kartelle scheint es, als
hätte Riveros, die ohne Erklärung geflohen ist, damit zu tun.
Salazar hat ihr jahrelang vertraut. Es war ihre Idee, Tempo
zu raffinieren und zu verkaufen. Zugegeben, die Droge war
unglaublich profitabel. Andererseits hat sie unerwünschte
Aufmerksamkeit erweckt und das Kartell gefährdet. Salazar
fürchtet, seine Lieferanten könnten die Versorgung einstellen,
wenn die Sache zu heiß wird. Und er ist verärgert, dass Rive-
ros der unverzichtbare Schlüssel zu seiner Versorgung ist.
Die anderen Kartelle lassen ihn unmissverständlich wis-
sen, dass sie nicht beim Tempo-Geschäft mitmachen (und
daher auch keine Vergeltungsmaßnahmen erleiden) werden.
Tatsächlich braucht es Henry Uribes Silberzunge, um sie da-
von abzuhalten, dem Olaya-Kartell offen den Krieg zu erklä-
ren. Doch selbst Uribe kann Interpol und die ausländischen
Regierungen nicht überzeugen, das Olaya-Kartell zu ignorie-
ren. Interpol erfährt, dass KondOrchid die Fassade für die Lo-
gistik des Kartells bildet, und geht mit einem Beschluss des
Konzerngerichtshofs gegen den Konzern vor. Als die Behör-
de beginnt, die Schiffe und Aktivposten von KondOrchid zu
beschlagnahmen, erkennt Salazar, dass sein Lieblingskonzern
ihn nicht länger decken kann. Er kann kein Tempo mehr auf
TODESSTOSS
den Weltmarkt bringen und keinen Gewinn mehr erwirtschaf-
ten. Also beginnt Salazar, nach einem Ausweg zu suchen.
Als Riveros die Runner zu Waffenstillstandsverhandlun-
gen schickt, will Salazar sich nicht festlegen. Sicher könnte
er Interpol und wahrscheinlich Aztechnology loswerden,
wenn er Riveros verrät und damit das Tempo-Geschäft auf-
gibt. Der folgende Attentatsversuch, bei dem Uribe fast den
Tod findet, bringt die Entscheidung. Salazar ist sicher, dass
Riveros dahintersteckt, und erklärt sich bereit, mit Domingo
Ramos und dem David-Kartell zusammenzuarbeiten, wenn
er dafür Ruhe vor Interpol hat.
Salazar will Riveros die ganze Schuld zuschieben und
hofft, er könnte seinen Konzern retten, indem er behaup-
tet, er habe nichts davon gewusst, dass sie seine Logistik
missbrauchte. Aztechnology und mehrere andere Konzerne,
darunter Horizon und Wuxing, haben Druck auf den Kon-
zerngerichtshof ausgeübt, damit dieser die Extraterritoria-
lität aufhebt und KondOrchid den AA-Status entzieht. Der
Gerichtshof will einen Beweis, dass KondOrchid wissentlich
Tempo in die ganze Welt verschifft. Salazar wird alle Energie
aufwenden müssen, um dies zu vertuschen, wenn er seinen
Konzern retten will.
David-Kartell und Aztechnology
Im Jahr 2007 gründeten drei mittelamerikanische Drogen-
barone einen Konzern, um ihr Geld zu waschen und ein
weiteres Standbein zu haben. Der ursprüngliche Name des
Konzerns war ORO; 2022 wurde er in Aztechnology umbe-
nannt. Das David-Kartell war einer der drei Gründer, und
sein Boss war damals Julio Ramos.
169

GUERREROS
Die Kriegerorden von Aztlan sind legendär. Es handelt
sich um Geheimgesellschaften, die von Aztechnology un-
terstützt werden und religiös indoktriniert sind. Ihre Mit-
glieder können dem Militär von Aztlan zugewiesen werden,
wenn Aztechnology das für richtig hält, oder rund um die
Welt zur Unterstützung der Interessen des Konzerns einge-
setzt werden.
Mitglied kann nur jemand mit beeindruckendem mili-
tärischem und bürgerlichem Werdegang werden. Magische
Begabung ist nicht zwingend erforderlich, aber ein wich-
tiger Faktor. Oft fördert auch eine rein aztlanische Abstam-
mung den Aufstieg eines Kriegers. Anders als die Unein-
geweihten meinen, werden die Guerreros darauf trainiert,
weniger tödlich zu sein als normale Soldaten, da sie häufig
Gefangene für religiöse Opfer nehmen. Es gibt vier bekann-
te Orden, die alle deutlich unterschiedliche Aufgabenbe-
reiche und Spezialitäten haben.
Ocelomeh (Die Jaguare)
Die Jaguare sind schreckliche Krieger aus den alten Sagen,
der Stoff für moderne Legenden. Tatsächlich sind die Jagu-
are mustergültige Kampfveteranen und sind in Einheiten
organisiert, die ausschließlich aus Jaguar-Wachen beste-
hen. Diese Elitetruppen operieren vor allem innerhalb der
Grenzen von Aztlan und Aztechnology. Sie bewachen die
wichtigsten Einrichtungen von Staat und Konzern. Nicht
alle Jaguar-Wachen sind Ocelomeh, doch alle ihre Magier
sind es. Jaguare sind darauf trainiert, eine bestimmte Rolle
in einem Team zu erfüllen, und ihre magischen Fähigkeiten
spiegeln dies für gewöhnlich wider.
Cuacuahtin (Die Adler)
Die Cuacuahtin werden, wie die anderen Guerreros, aus
verschiedenen Militäreinheiten von Staat und Konzern re-
krutiert. Sie werden, anders als die Adler, nach der Indoktri-
nation wieder an ihre ursprünglichen Einheiten überstellt.
TODESSTOSS
Den Adlern wird meist ein Kommando zugewiesen, bei dem
sie ihre Truppen mit ihrem religiösen Eifer und ihren ma-
gischen Fähigkeiten unterstützen. Viele beherrschen Tech-
niken, mit denen sie die Fähigkeiten ihrer Soldaten stärken
oder diese beschützen können. Die Adler operieren auf Be-
fehl auch außerhalb von Aztlan. Wie die Jaguare sind sie nur
an einem einzigartigen Schulterabzeichen zu erkennen.
Er übergab die Herrschaft über das Kartell an seinen
Sohn, Domingo „Ding“ Ramos. Nach seiner Gründung
wandte sich ORO (und später Aztechnology) gegen die an-
deren mittel- und südamerikanischen Drogenkartelle und
versuchte, die Konkurrenz zu vernichten. Das gelang nicht
vollständig. Die heutigen Geisterkartelle stammen von je-
nen ab, die überlebten. Von den drei Gründern geht nur
das David-Kartell unter Ding Ramos seinen ursprünglichen
Geschäften weiter nach. Sicher hat sein Sitz ihm Vorstand
von Aztechnology Ramos geholfen, sein Kartell im Polizei-
staat Aztlan am Leben zu halten.
Nach dem Friedensvertrag von Yucatán wandte sich Azt-
lan der Aufgabe zu, die „subversiven“ Verbrechersyndikate
auf seinem Territorium auszumerzen. Bald blieb nur noch
das David-Kartell als ernstzunehmendes Syndikat in Aztlan
über. Das Kartell hat das selbst geschaffene Vakuum schnell
gefüllt und alle Geschäftsoptionen genutzt.
Das David-Kartell hat seine Finger in allen vorstellbaren
Verbrechenssparten in Aztlan, aber es betreibt auch sein
ursprüngliches Spezialgeschäft: organische und technologi-
170 GEISTERKARTELLE
sche Drogen (vor allem Novacoke und hochwirksame Moo-
dies). Beim Export versucht das Kartell, bislang mit wenig
beeindruckenden Resultaten, die Konkurrenz der Geister-
kartelle und jamaikanischen Banden durch Billigangebote
vom Markt zu drängen.
Ramos hat Aztlan in der Tasche und nimmt nun den Rest
von Lateinamerika ins Visier. Es ist bekannt, dass die Geister-
kartelle mit Amazonien zusammenarbeiten und verschiede-
ne Regierungen der Region sowie Aufstände in Territorien,
die Aztlan kontrolliert, mit illegalen Waffenlieferungen und
Geld unterstützen.
Die Führer von Amazonien gewähren den Geisterkartel-
len Unterschlupf und Hilfe. Aztlan hat schon lange ein Auge
auf Gebiete unter amazonischer Kontrolle geworfen; das Da-
vid-Kartell will die Geisterkartelle übernehmen. Diese bei-
den Ziele sind so stark verflochten, dass es fast unmöglich
ist, zu sagen, wo die Aktionen von David-Kartell und Aztech-
nology jeweils beginnen und enden. In jedem Fall wäre ein
vernichtender Schlag gegen die Geisterkartelle eine große
Hilfe beim Destabilisieren der Gegner dieser Ziele und wür-
de die Feinde Aztechnologys ins Chaos stürzen.
Durch Tempo spitzt sich die Lage zu: Die gewaltigen Pro-
fite des Olaya-Kartells lassen Ramos keine Ruhe. Er macht
es sich zur Aufgabe, das Olaya-Kartell zu vernichten und das
entstehende Vakuum zu füllen. Im Idealfall könnte er den
Tempo-Handel übernehmen, doch dazu müsste er Graciela
Riveros und die geheimen Zutaten, mit denen sie, wie er
meint, einen Nachbau unmöglich machte, in die Finger be-
kommen.
Er plant, beim Geisterrat Chaos zu verbreiten, indem
er so viele Repräsentanten der Geisterkartelle wie möglich
töten lässt. Zudem lenkt er Aztechnology in Richtung einer
Vereinbarung mit Interpol und unterstützt einen Antrag ge-
gen KondOrchid. Dadurch erhält der Konzern einiges an
positiver Publicity und zugleich internationale Unterstüt-
zung zur Vernichtung der Machtbasis der Geisterkartelle. So
können auf einen Streich ein paar Gebiete in der neutralen
Pufferzone mit Amazonien erobert und zugleich die Haupt-
Geschäftskonkurrenten eliminiert werden.
Domingo Ramos verfolgt einen komplexen Plan. Er ma-
nipuliert auf meisterhafte Weise Aztechnology, Interpol und
die öffentliche Meinung, um seine Strategie zu verwirkli-
chen.
Interpol und Polizei
An die Internationale Kriminalpolizeiliche Organisation,
kurz Interpol, wenden sich Regierungen, wenn ihre Me-
troplexe vor Problemen stehen, die nichts mit den Kon-
zernen zu tun haben. Die Drogenbehörde bei Interpol
(Interpol Drug Enforcement Agency, IDEA) hat die wenig
beneidenswerte Aufgabe, gegen den internationalen Dro-
genhandel vorzugehen. Die Gesetze sind in jedem Land
anders – von den Ausnahmen und Regeln auf Konzernge-
biet ganz zu schweigen –, was die Aufgabe oft fast unlös-
bar macht. Was in einem Land streng verboten sein mag,
ist in einem anderen vollkommen legal. Ein Beispiel sind
CalHots: Im CalFree, wo sie hergestellt werden, sind sie
legal und leicht zu bekommen, während sie in Hongkong
verhasste Schmuggelware sind. Daher muss die IDEA vie-
le einzelne Fälle von Schmuggel und Handel bekämpfen,
statt gegen die Quellen oder Produktionsstätten vorgehen
zu können. Sie bekämpft bekannte Schmuggler oder ver-
sucht, Razzien gegen Lieferungen und Lagerstätten in den
Ländern, in denen bestimmte Drogen illegal sind, durch-
zuführen. Zudem wird der globale Trend in der Drogen-
szene überwacht. Dadurch sollen neue Drogen schnell
entdeckt, die Grade der Abhängigkeit erkannt, und die
 GUERREROS (FORTS.)
Otontin (Die Tapferen)
Die Otontin sind Infiltrationstruppen. Man begegnet ihnen
selten (zumindest bewusst). Sie sind vor allem in Heim-
lichkeit und Täuschung trainiert und operieren meist al-
lein hinter den feindlichen Linien. Sie sollen ausländische,
schwer bewachte Zielpersonen entführen oder töten. Wenn
jemand als Otontin rekrutiert wird, bricht er alle Brücken
zu Vergangenheit, Familie, Freunden und Truppe ab. Er
lebt dann nur noch für seinen Auftrag und seine Mission,
für die er jede passende Identität annimmt.
Cuachicqueh (Die Geschorenen)
Die Cuachicqueh sind Spezialisten für verdeckte Operati-
onen. Man könnte sie auch als Konzernmilitär-Terroristen
bezeichnen. Sie operieren in Paaren, die sich gegenseitig
ergänzen, und werden wie die Otontin oft weit hinter
den feindlichen Linien eingesetzt. Sie gehen entschieden
weniger subtil vor als die Otontin und sind für Sabotage,
Terroranschläge und brutale Kidnappings ausgebildet. Sie
halten Kontakt mit Aufständischen oder Terroristen in ih-
rem Zielgebiet, handeln aber auch völlig unabhängig von
diesen. Sie bekennen sich nicht zu ihren Taten; wenn einer
ihrer zeitweiligen Verbündeten dafür verantwortlich ge-
macht wird, ist das gewöhnlich nur zu ihrem Vorteil. Viele
Cuachicqueh können an ihrer traditionellen Kopfrasur
mit Irokesenschnitt oder einzelner Locke erkannt werden,
doch nicht alle halten sich an diese Tradition.
Drogen, die besonders verheerend wirken, rechtzeitig er-
forscht werden können.
Majia Wright ist Leiterin der IDEA zu dem Zeitpunkt, als
Tempo die Bühne betritt. Als die weltweiten Connections
der Behörde von der „heißen neuen BAD“ berichten, ruft
Wright eine Einsatzgruppe ins Leben, die die Lage einschät-
zen und ihr Bericht erstatten soll. Die IDEA erkennt schnell,
dass der Tempo-Handel der Grund für die eskalierende Ge-
walt zwischen Gangs und Syndikaten in den Sprawls ist. Bald
kommen auch die ersten Anfragen von Regierungen nach
Ermittlungsergebnissen, und Wright erweitert die Kompe-
tenzen der Einsatzgruppe.
Agenten werden auf die Straßen geschickt, um zu ermit-
teln und die Quelle der neuen Droge zu finden. Schließlich
wird das Olaya-Kartell als Wurzel des Übels identifiziert.
Ein hohes Kopfgeld auf dessen Anführer bleibt erfolglos.
Es scheint fast unmöglich, das Problem an seiner Wurzel in
Südamerika zu packen, wo die Kartelle das stillschweigen-
de Einverständnis vieler Regierungen besitzen. Stattdessen
wendet sich die IDEA in der zweiten Hälfte von 2071 gegen
die Händler und koordiniert die Maßnahmen verschiedener
Regierungen gegen Tempo-Handel und drogenbezogene
Gewaltverbrechen. In Hongkong werden große Ladungen
am Hafen beschlagnahmt. In Lagos werden Razzien gegen
Lagerhäuser durchgeführt, von denen aus die Droge in Afri-
ka verteilt werden soll. In Seattle arbeitet die IDEA mit Lone
Star und dem FBI zusammen, stürmt Labors und Raves und
verhaftet Dealer.
Als Aztechnology den Vorschlag unterbreitet, in einer
gemeinsamen Operation das Herz des Tempo-Geschäfts an-
zugreifen, akzeptiert Majia Wright sofort. Die IDEA bringt
beim Konzerngericht einen Antrag auf Durchsuchungsbe-
fehle gegen KondOrchid ein; Aztechnology unterstützt sie.
Der Antrag wird mit den Stimmen einiger anderer Meg-
akons (vor allem Ares, Wuxing und MCT) angenommen.
GEISTERKARTELLE
BEHÖRDEN,
DIE MIT INTERPOL VERBÜNDET SIND
ADL: Spezialabteilung für Pharmazeutische und Digitale
Suchtmittel (SAPHADIS)
CAS: Behörde zur Bekämpfung von Alkohol-, BTL- und
Drogenmissbrauch
EuroPol: Abteilung für Waffen, BTLs und Betäubungsmittel
(europaweit)
Frankreich: Zentralamt zur Bekämpfung von Drogenmiss-
brauch (OCRS)
Hongkong: Hong Kong Police Department – Drogende-
zernat
Japan: Abteilung für Innere Sicherheit und Verbrechen-
sprävention
Pueblo: Behörde zur Überwachung pharmazeutischer
Substanzen und Suchtmittel
Salish-Shidhe: Salish-Shidhe State Police – Abteilung für
Spezialermittlungen und Thaumaturgie, alias „Black
Feathers”
Sioux: Behörde für Betäubungs- und Suchtmittel
UCAS: Drogenbekämpfungsbehörde (DEA) und Bundes-
amt für Ermittlungen (FBI)
UK: Scotland Yard – Abteilung für Organisiertes Verbrechen
und Betäubungsmittel
Neben einigen Enthaltungen gibt es nur eine Gegenstimme
(von Horizon). Ein Militärschlag im empfindlichen Grenz-
gebiet von Amazonien ist aber eine delikate Angelegenheit.
Wright ist eine hervorragende Diplomatin (und sie kann
einige Gefallen einfordern) und sichert sich die Unterstüt-
zung mehrerer Länder, einschließlich der UCAS, CAS und
Tir Tairngires. Sie reist rund um die Welt, um Regierungen
für ihre Sache zu gewinnen, und ein Attentatsversuch auf
TODESSTOSS
sie – von Domingo Ramos so geplant, dass er scheitert und
den Geisterkartellen zugeschrieben wird – macht ihre Bot-
schaft glaubwürdig und verleiht ihr noch mehr Schlagkraft.
Die NEEC und die NAN berufen Sondersitzungen ein,
um Wright anzuhören. In geheimen Resolutionen werden
die Militäroperationen unterstützt. Mit derartiger weltwei-
ter Billigung gehen Aztechnology und Interpol dann gegen
die Stützpunkte des Olaya-Kartells in Caracas, Bogotá und
Ecuador vor.
DAS GESAMTBILD
Der Höhepunkt dieses Kampagnen-Strangs soll zwar eigent-
lich in den übervölkerten Sprawls und gefährlichen Regen-
wäldern von Südamerika stattfinden, aber Spielleiter bevor-
zugen vielleicht andere Länder und Städte als die in diesem
Kapitel dargestellten. Der Tempo-Boom hat weitreichende
Auswirkungen auf die Unterwelt, und diese werden über
Wochen, Monate, wenn nicht Jahre global zu spüren sein.
Die Auswirkungen von Tempo auf verschiedene Sprawls
können Spielleitern viel Inspiration und viele neue Blick-
winkel ermöglichen.
DIE UNTERWELT
Die Unterwelt ist in Aufruhr. Der mühevoll aufrechterhaltene
Status quo der großen Syndikate ist zerstört, und die kleine-
ren Syndikate, Gangs und kriminellen Elemente schwärmen
aus in eine neue Zukunft.
171
 In jedem Sprawl reagiert die Unterwelt unterschiedlich.
Einige der Turbulenzen haben bleibende Auswirkungen.
In L.A. verliert der Mob die Dominanz über das organisier-
te Verbrechen an die Triaden, Koshari und Straßengangs.
Diese kleineren Gruppen nutzen den Tempo-Konflikt zu
ihrem Vorteil aus. Horizon und PCC versuchen im Ange-
sicht der chaotischen Gewaltausbrüche in Straßen, Vier-
teln und sogar in Konzernbüros, die Ordnung zu wahren.
Aztechnology heizt die Lage im Geheimen an, um den Ruf
von PCC und Horizon zu schädigen. Bei alldem sind die
Medien dabei, berichten, zeichnen auf und gewinnen an
Quote ... in L.A. sind die Medien die wahren Sieger im
Tempo-Krieg.
In Seattle wird hingegen die Mafia profitieren, greift in
der verworrenen Lage die Yakuza an, gewinnt Gebiete zu-
rück und begleicht alte Rechnungen. Der Shotozumi-gumi
wurde in Seattle massiv geschwächt und befindet sich gegen
Mob und Komun’go-Ring in der Defensive.
In Hongkong macht der Triadenkonflikt zwischen Black
Chrysanthemums und Smoke Circle Society keine Anstalten,
sich zu legen. Die kleineren Syndikate, Gangs und Verbre-
cher müssen sich für eine Seite entscheiden oder werden
zwischen Hammer und Amboss zerquetscht.
In Neo-Tokio jedoch geht der Yakuza-Bürgerkrieg schnell
wieder vorbei und die Clans kehren zu ihren normalen Ge-
plänkeln zurück. Die durch Tempo verursachten kurzzeiti-
gen Wellen verebben an einer Mauer aus jahrhundertealter
Tradition.
Interpol und Aztech schlagen in Südamerika los, und die
Versorgung mit Tempo kommt langsam zum Erliegen, was
die Lage verschlimmert und einige Gruppen zu verzweifel-
ten Maßnahmen zwingt.
Die Geisterkartelle
Durch das Scheitern des Geisterrats hat das Olaya-Kartell
Macht, Ansehen und vor allem Verbündete verloren. Die
TODESSTOSS
anderen Kartelle ziehen jede Unterstützung zurück. Je
nach Ausgang des Attentats beim Geisterrat könnten eini-
ge von ihnen auch wichtige
Mitglieder verloren haben.
In den folgenden Monaten
und Jahren werden neue
Anführer auf der Bühne er-
scheinen, doch in der Zwischenzeit kämpfen die Kartelle
wütend und blutig um das entstandene Machtvakuum. In
diesem Chaos attackiert Aztechnology die übrigen Geister-
kartelle. Ohne jede Subtilität greift Aztechnology – mit Un-
terstützung von Interpol für öffentliche und dem David-
Kartell für weniger öffentliche Maßnahmen – die Mitglie-
der und Einrichtungen der Kartelle an. Die Spannungen
zwischen Amazonien und Aztlan verschärfen sich, denn
viele Stützpunkte der Kartelle liegen auf amazonischem
Territorium (und werden von Amazonien, offen oder ver-
deckt, finanziert).
Doch die Geisterkartelle sind Überlebenskünstler. Sie
kommen wieder, egal wie schwer sie getroffen sind. Die Po-
pularität von BADs und der nie endende Bedarf an neuen
Designerdrogen verschaffen ihnen immer einen Platz in der
Unterwelt.
Das Olaya-Kartell muss, von vielen Seiten angegriffen,
schmerzhafte Entscheidungen treffen. Jaime Salazar kappt
die Verbindungen mit der Geisterkabale und gibt den pro-
fitablen Handel mit Tempo auf. Er versucht auch, Graciela
Riveros zu opfern, der er für den Untergang seines Kartells
und seines Konzerns KondOrchid die Schuld gibt.
172 GEISTERKARTELLE
AZTLAN UND AMAZONIEN
Diese beiden regionalen Großmächte kämpfen seit Jahrzehn-
ten um Land in Südamerika und Einfluss in der Welt. Die
Kämpfe zwischen dem David-Kartell (Aztlan) und den Geister-
kartellen (Amazonien) sind in vielerlei Hinsicht ein Stellver-
treterkrieg, in dem beide Regierungen die Kartelle finanzie-
ren und unterstützen, um sie für sich kämpfen zu lassen. Die
Feindseligkeiten erreichen während des Tempo-Kriegs einen
gefährlichen Höhepunkt, und die beiden Staaten scheinen
am Rand eines Krieges. In den Grenzstädten werden heim-
lich (oder offen) Militäreinheiten zusammengezogen, und die
Geheimdienste in beiden Ländern machen Überstunden.
Aztlan möchte seine Südgrenze schon lange erweitern.
Dass Hualpa und seine Lakaien so viele Ressourcen (natür-
liche, erwachte und politische) kontrollieren, ist Aztlan ein
Dorn im Auge. Tatsächlich aber ist die Grenze in der Gewalt
der Pflanzen. Der Dschungel dort ist so sehr außer Kont-
rolle, dass sich die Grenze täglich verschiebt. Weder Aztlan
noch Amazonien können sagen, wo die Grenze wirklich
verläuft. Meist wird sie durch Erkundungsmissionen eines
der beiden Staaten vorübergehend festgelegt. Weil das Land
nicht zu beherrschen ist, halten sich dort fast nur Aufklä-
rungseinheiten auf. Die meisten außerhalb von Städten ge-
sammelten Informationen sind binnen Wochen veraltet, da
sich die Landschaft dauernd verändert.
Das David-Kartell, das viele als Unterwelt-Abteilung von
Aztechnology sehen, hat – nachdem es sich in seiner Heimat
wieder Geltung verschafft hat – einen Feldzug begonnen,
um die übrig gebliebenen Geisterkartelle zu vernichten. Weil
dies auch die Finanzen und den Einfluss von Amazonien be-
schneidet, unterstützt Aztlan diese Idee voll und ganz. Die
Auswirkungen von Tempo verschaffen dem David-Kartell die
lang ersehnte Chance.
Der Große Drache Hualpa hat während des Bürgerkriegs
die Yucatán-Rebellen aktiv unterstützt. Als Aztlan die Gefie-
derte Schlange Dzitbalchén 2064 exekutierte (angeblich
wegen Beteiligung an dem Bombenanschlag während der
Yucatán-Friedensverhandlungen, bei dem Aztlans Präsident
Juan Atzcapotzalco getötet wur-
de), brachte das viele der Gro-
ßen Drachen weltweit in Rage,
vor allem aber Hualpa. Er würde
Aztlan am liebsten vom Erdbo-
den tilgen und sein Öko-Reich über Süd- und Mittelamerika
ausbreiten. Der Drache hat seine Krallen nach den Resten
von Kolumbien und Venezuela ausgestreckt und rund um
Caracas Gebietsgewinne gemacht, um Überbevölkerung und
Umweltverschmutzung zu lindern. Einige glauben, er wollte
dort auch metamenschliche Flüchtlinge ansiedeln, die aus
den geheilten Regenwäldern vertrieben wurden.
Eine dritte, undurchsichtige Partei im kalten Krieg zwi-
schen Amazonien und Aztlan ist der mysteriöse Drache Sirr-
urg. Er hatte Hualpa aktiv bei der Rebellion unterstützt und
ist seither von der Bildfläche verschwunden. Niemand weiß
Genaues, aber es gibt Gerüchte, die ihn mit Öko-Terroristen,
radikalen Grünenbewegungen und sogar toxischen Schama-
nen in Verbindung bringen. Sirrurg betreibt keine Politik,
nimmt nicht an diplomatischen Unterredungen teil, und sei-
ne Öko-Agenda lässt Hualpa konservativ erscheinen. Viele
meinen, die beiden seien zerstritten, doch andere halten das
für Show. Sie sagen, Sirrurg wirke immer noch im Geheimen
für Amazonien und unterstütze tiefgrüne radikale Gruppen,
wie etwa Primeira Vaga und GreenWar. Der Truppenauf-
marsch an der Grenze könnte durchaus ein Teil seiner lang-
fristigen Pläne für die Region sein.

DAS GEHEIMNIS VON TEMPO
Gegen Ende der Kampagne sind weite Teile der Öffentlich-
keit über Tempo informiert. Doch Tempo ist nicht nur eine
beliebte neue Droge; es steckt ein geheimer Plan dahinter.
Einige Leute und Behörden haben versucht, eine Probe
von Gameleira torcida, dem verzerrten Würger-Maulbeer-
baum-Hybriden, in die Hand zu bekommen. Manche hatten
Erfolg. Doch niemand konnte aus der Rinde Tempo produ-
zieren. Der Grund dafür ist ein wohlgehütetes Geheimnis,
das nicht einmal alle Bosse des Olaya-Kartells kennen. Nur
wenige, wie Graciela Riveros, wissen davon.
In Wahrheit wohnt den verzerrten Bäumen selbst wenig
Macht inne. Nur während sie von einem mächtigen Freien
Schattengeist besessen sind, entfalten sich in der Rinde die
magischen Eigenschaften. Die Geister verleihen den Bäu-
men ihre Kraft der Regeneration, wodurch die Rinde immer
und immer wieder geerntet werden kann, ohne die Bäume
zu töten. Durch diesen Vorgang erhält die Rinde außerdem
die Eigenschaften, dank derer Tempo seine Konsumenten
den Astralraum sehen lässt – und noch mehr...
Tempo ist hochgradig suchterzeugend. Wie alle Drogen
hat es Nebenwirkungen. Mediziner, Drogenbarone, Wissen-
schaftler und Anti-Drogen-Behörden haben in der ganzen
Welt diese Nebenwirkungen analysiert, aber der tiefgreifends-
te Effekt ist allen entgangen: Langzeit-Konsum kann einen
Traumpakt (S. 124, Straßenmagie) zwischen den Geistern,
die die Droge erzeugen, und den unwissenden Süchtigen her-
beiführen. Dadurch kann der Geist immer, wenn der Süchtige
schläft, bewusstlos oder am Höhepunkt des Rausches ist, vom
Süchtigen Besitz ergreifen. Dieser Pakt wird vom Abhängigen
unwissentlich eingegangen. Er wird durch die allmähliche
Anreicherung von Tempo-Rückständen in seinem Körper er-
möglicht. Einige der bekannten Langzeitfolgen, wie Persön-
lichkeitsveränderung, Trancezustände und Gedächtnisverlust,
sind in Wirklichkeit Resultate der Besessenheit.
GEISTERKARTELLE
Die Besessenheit durch den Traumpakt lässt das Gefäß
völlig im Unklaren darüber, was vorgeht (das geschieht mit
Kaz Yakamura in Kostprobe und José Vilamoura in Die Quel-
le). Berichte über Süchtige, die verrückte Dinge tun, wie
durch die Rushhour zu rasen oder sich Verletzungen zuzu-
fügen, können der Neugier und Waghalsigkeit der Geister
in einem metamenschlichen Gefäß zugeschrieben werden.
Zwar verfügt das Gefäß während der Besessenheit über die
Kraft der Regeneration, aber wenn der Geist es verlässt, ver-
schwindet diese wieder und die Körper der Süchtigen blei-
ben als Normalsterbliche zurück. Hieraus können sich für
den Süchtigen gefährliche Situationen ergeben, die durch-
aus auch zum Tod führen können.
Wenn etwa ein Geist spüren möchte, wie es ist, ange-
schossen zu werden, könnte er einen Süchtigen überneh-
men und sich mit der Polizei anlegen. Die Kräfte des Geis-
tes heilen die Verletzungen des Gefäßes und lassen es weit
über metamenschliche Verhältnisse hinaus überleben und
bewegungsfähig bleiben. Wenn die Neugier des Geistes
befriedigt ist, verlässt er das Gefäß, und zurück bleibt ein
Süchtiger, dem panische Polizisten im nächsten Moment
ein ganzes Magazin in den Körper jagen. Berichte über
Tempo-Süchtige, die sich für unverwundbar halten, extrem
stark sind und gewaltige Schmerzen ertragen, während sie
high sind, gibt es in allen Polizeibehörden und Konzernen.
Entsprechend wurde der Umgang mit „Ausflippern“ daran
angepasst.
Während sich Tempo um die Welt verbreitet, erreichen
immer mehr Süchtige den Punkt, an dem sie sich in dem
Traumpakt verfangen. Außerhalb der Geisterkabale weiß nie-
mand, wie viele es genau sind. Schätzungen gehen aber in
die Tausende – oder Zehntausende –, und alle Gesellschafts-
schichten sind betroffen. Die Geister benutzen nicht alle
Süchtigen, die zur Verfügung stehen. Tatsächlich kommen
die wenigsten Süchtigen mit den Geistern in Berührung ...
zumindest vorerst. Die wahren Schöpfer von Tempo nennen
diese Süchtigen passenderweise „Schläfer“.
TODESSTOSS
Der Traumpakt bleibt ein wohl gehütetes Geheimnis.
Selbst Jaime Salazar und das Olaya-Kartell wissen nichts da-
von. Außerhalb von César da Silvas Kabale kennt nur Gra-
ciela Riveros das Geheimnis. Sie ist sogar einen freiwilligen
Pakt mit dem Freien Geist Yajé eingegangen, durch den sie
ein Attentat überlebt.
TEMPO-BESESSENHEIT
Das Gefäß ist bei der Besessenheit bewusstlos und sich des-
sen, was es unter dem Einfluss der Primeira-Vaga-Geister
tut, nicht bewusst. Die Kraft des Geistes wird zu den Kör-
perlichen Attributen addiert (was den Süchtigen unglaub-
liche Stärke und Ausdauer verschafft). Die Geistigen und
Speziellen Attribute werden durch jene des Geistes ersetzt.
Ein Geist hat durch einen besessenen Technomancer
keinen Zugang zur Resonanz. Da Technomancer gegen ei-
nige Auswirkungen von Tempo immun sind, wird das aber
ohnehin selten eine Rolle spielen.
In seinem Gefäß kann der Geist wie gewohnt seine
Kräfte einsetzen. Es handelt sich um mächtige Freie Geister,
unter deren Fähigkeiten und Kräften sich zum Beispiel Re-
generation und Immunität gegen Normale Waffen befinden
(siehe Yajé, S. 192, als typisches Beispiel).
173
 PRIMEIRA VAGA
Das zweite Geheimnis von Tempo ist, wer – oder besser, was
– die Droge wirklich erschaffen hat und herstellt. Die meisten
glauben, das Olaya-Kartell habe mit der Hilfe von Graciela Ri-
veros die Gameleira torcida gezüchtet. Tatsächlich sind sie
aber nur Mittelsmänner für die Primeira Vaga, eine Geheimor-
ganisation, die ihren Sitz tief im Regenwald Amazoniens hat.
Primeira Vaga begann als paramilitärische Gruppe von
Öko-Radikalen, die während des Aufstands der Erwachten in
Brasilien in die amazonischen Streitkräfte integriert wurde.
Mit der Zeit fiel diese Gruppe unter die Herrschaft mächti-
ger Freier Geister. Ob dies ein Resultat der Unterstützung
durch Amazonien oder Zufall ist, ist nicht bekannt.
Später wurde die Gruppe zur verdeckten Bekämpfung
Aztlans eingesetzt. Während des Yucatán-Kriegs unterstützte
sie insgeheim die Rebellen. Es heißt, während dieses Kampfes
seien die Geister und einige mächtige Metamenschen ver-
zerrt worden und hätten immer radikalere Ansichten entwi-
ckelt. Nun sind diese Naturgeister Rächer der Umwelt und
wollen all jene bestrafen, die die Natur verschandeln.
Zurzeit führt ein verzerrter Rächer-Schamane namens
César da Silva die Gruppe. Sie besteht aus Metamenschen,
intelligenten Crittern und den Freien Geistern. Sie haben in
den letzten vierzig Jahren neben ihrem Einsatz in Yucatán
auch in Kolumbien und Caracas Geheimoperationen durch-
geführt. Irgendjemand befehligt sie, doch es gibt nicht ein-
mal Gerüchte darüber, wer das sein könnte.
Die Geisterkabale im Herzen der Primeira Vaga hält sich
gern bedeckt. Sie nutzt die Verbindung zwischen César da
Silva und Graciela Riveros, um Zugang zu ihrem Labor und
zu metamenschlichen Versuchskaninchen zu bekommen,
um Tempo zu verfeinern und zu testen. Als Riveros sieht,
wie die Droge wirkt – und wie schnell sie süchtig macht –,
ist sie bereit, mit Jaime Salazar und dem Olaya-Kartell zu
sprechen. Sie ist überzeugt, dass die Droge alles andere auf
dem Markt in den Schatten stellt.
Salazar und ein paar der obersten Mitglieder des Kartells
TODESSTOSS
reisen zu César da Silvas Terreiro (portug.: Hof oder Tem-
pel), wo sie ihn treffen und die bemerkenswerten Gamelei-
ra-torcida-Bäume sehen. Die Geisterkabale zeigt sich dem
Olaya-Kartell nicht. Soweit Salazar und seine Partner wissen,
sind die Bäume einheimische, Erwachte Pflanzen, was ihnen
ihre erstaunlichen Eigenschaften verleiht. Da Silva und seine
Kabale planen zwar, das Kartell für die weltweite Verbreitung
der Droge zu benutzen, doch sie vertrauen ihm nicht.
Das Olaya-Kartell sieht nur den möglichen Gewinn und
hat keine Ahnung von dem Plan, der dahintersteckt. Für da
Silva und die Kabale bedeutet der Profit wenig. Sie wollen
einfach nur so viele Metamenschen wie möglich zu Konsu-
menten machen. Der große Einfluss, die logistische Infra-
struktur und die Kontakte in der Unterwelt machen das Kar-
tell zu einem idealen Partner.
Abseits des Terreiro tritt einer der Geister, Yajé, an Gra-
ciela Riveros heran. Die beiden schließen ihren eigenen
Traumpakt, doch Riveros ist schlau genug, niemals Tempo
zu probieren. Sie entdeckt schließlich, dass Langzeitkon-
sumenten unfreiwillig einen Traumpakt eingehen, als Yajé
gezwungen ist, von Süchtigen Besitz zu ergreifen, um das
Überleben von Riveros (und ihr eigenes) auf der Flucht vor
den Azzies und dem Olaya-Kartell zu sichern. Doch selbst
Riveros kennt den wirklichen Plan hinter dem Verlangen der
Primeira Vaga, überall „Schläfer“ zu haben, nicht.
Wenn Konsumenten zu Süchtigen und schließlich zu
„Schläfern“ werden, werden die Geister von Primeira Vaga
Zugang zu allen Ebenen der metamenschlichen Gesellschaft
erlangen, in jedem Sprawl der Erde. Warum? Das ist eine Fra-
ge, die einem den Schlaf rauben könnte – wenn man über-
haupt genug wüsste, um sie zu stellen…
174 GEISTERKARTELLE
BRENNPUNKT: DISTRITO CARACAS
Umgeben von der Muralha Verde (Grünen Wand) und voll-
gestopft mit 23 Millionen Metamenschen ist Caracas ein
brodelnder sozialer Vulkan kurz vor dem Ausbruch. No-
minell liegt die Stadt innerhalb von Amazonien, ist aber
eigentlich ein Freistaat – politisches Niemandsland, das
von reichen, südamerikanischen Familien, Konzernen und
Politikern, die ihren Herren von Aztech oder Amazonien
als Fassaden dienen, regiert wird. Überall – von den idyl-
lischen, sicheren Landgütern der reichen Oberschicht der
Patrones bis hin zu den schrecklichen Favelas (Slums) –
treiben die Geisterkartelle ihr Unwesen und ziehen Ge-
winn aus dem Leid der Massen.
Graciela Riveros ist in Caracas die örtliche Jefa des
Olaya-Kartells. Sie ist mit ihrem eigenen Konzern, Riveros
Applied Mimetics (RAM), zu Ruhm und Reichtum gelangt.
RAM ist auf Genbehandlungen und Bioformung speziali-
siert und stellt maßgefertigte Muñecas (Puppen) für die
boomende Sexindustrie her, die Caracas weltberühmt
gemacht hat. Bordelle, Pornoindustrie und Mädchenhan-
del hängen massiv von den verschiedenen Bioformungs-
Konzernen in Caracas ab, und Riveros ist die Königin die-
ses Wirtschaftszweiges. (Mehr über Caracas finden Sie in
Schattenstädte, S. 201–204.)
Landgüter von El Àvila
Die wunderschönen Landgüter der Patrones erstrecken
sich über die Hänge des El-Àvila-Gebirges, von wo aus man
auf die wimmelnden Massen im engen Kern der Stadt hi-
nabblicken kann. Es sind riesige Oasen aus manikürten
Gärten und traditionellen Plantagen, wo eine erstaunli-
che Vielfalt von Pflanzen – von gewöhnlichem Zuckerrohr
bis hin zu verhätschelten Orchideen – gezüchtet wird. Die
Häuser sind meist im Kolonialstil gehalten, mit luftigen In-
nenhöfen und grazilen Säulen und Bögen. Doch egal, wie
friedlich und historisch die Gebäude scheinen mögen, sind
die Sicherheitseinrichtungen auf dem allerneuesten Stand.
Diskrete Sensoren und Drohnen, oft von einer Spinne ge-
lenkt, werden von bewaffneten Wachen unterstützt, die mit
zahmen Paracrittern die Grenzen der Güter patrouillieren.
Man spart hier nicht an der Sicherheit seines Heims und
seiner Familie.
Graciela Riveros besitzt ein Anwesen, das aus einem
zweigeschossigen Wohngebäude mit ein paar Nebengebäu-
den und Gästehäusern besteht, die auf dem Gut verstreut
liegen. Drinnen befindet sich ein hochmodernes Labor, wo
sie Aufzeichnungen über ihre Forschungen und die Ergeb-
nisse ihrer geheimsten Experimente aufbewahrt. Sie hat
zwar ein vollständiges Matrixsystem im Haus, es ist aber
immer offline. Nur Riveros hat Zugang zu einer gesicherten
Satellitenverbindung, mit der sie sich mit ihren Büros und
Labors bei RAM in Verbindung setzen kann. Die auf dem Gut
lebende Sicherheitstruppe und die kleine Schar Dienstbo-
ten sind ihr treu ergeben.
Viele andere mächtige Patrones haben Landgüter in
der Nähe. Seltsame Gestalten, die sich hier herumtreiben,
werden von deren Sicherheitsleuten bemerkt. Spielleiter
sollten den Unterschied zwischen den schönen Landgü-
tern als Enklaven der Reichen und Mächtigen oben und der
vollgestopften, armen und gefährlichen Stadt unten hervor-
heben. Runner, die in Begleitung von Riveros ankommen,
kommen ungefragt über die Straßen durch die Checkpoints;
wer aber das gesicherte Areal ohne ihre Zustimmung betre-
ten will, muss für die entsprechenden IDs und Dokumente
sorgen.
Chacao
Im Bezirk Chacao ist die Hightech- und Biotech-Industrie
angesiedelt. Er ist ein geschäftiges Stadtzentrum mit hoch
aufragenden Wolkenkratzern aus Chrom und Glas, die durch
hohe Brücken und Laufstege miteinander verbunden sind.
Der Luftverkehr staut sich hier genauso schlimm wie der
Bodenverkehr auf den Straßen. Ein Leitsystem von Horizon
versucht, die Unfälle möglichst zu minimieren, indem jeder
Luftverkehr, auch Drohnen, RFID-Sender tragen und die
Steuersysteme dem zentralen Netzwerk öffnen muss.
Drogenkuriere, Kriminelle und Vergnügungssüchtige
missachten diese Vorschriften oft, was zu spektakulären Zu-
sammenstößen von Luftfahrzeugen führt, deren Wrackteile
dann auf die Straßen und Fußgänger regnen.
Unten am Boden füllen Massen von Fahrzeugen mit So-
lar- oder Biodieselantrieb die Straßen und erzeugen rund
um die Uhr eine Rushhour. An den Straßenrändern ziehen
sich zweistöckige Parkstreifen entlang – automatisiert und
sehr teuer. Die Straßen werden von Sicherheitstruppen
in voller Kampfmontur patrouilliert, deren gepanzerte
Citymaster rücksichtslos über die Fahrbahnen brettern.
Bewaffnete Drohnen übernehmen Aufklärung und Luftun-
terstützung.
Die Büros und Labors von RAM befinden sich in einem ge-
drungenen fünfgeschossigen Gebäude am Rand des Bezirks
Chacao. Die beiden ersten Geschosse haben keine Fenster,
und die wenigen Eingänge werden von Sicherheitstruppen
bewacht. Der Komplex arbeitet rund um die Uhr, und seine
sterilen Gänge und Labors sind von hektischer Produktivität
durchdrungen. Unter dem Gebäude gibt es drei Kellerge-
schosse, auf denen Hüter und WiFi-Abschirmungen liegen,
wo RAM neue – willige oder unwillige – Muñecas für die
Sexindustrie herstellt.
Unterwelt
Die Gangs von Caracas sind hinterlistig und brutal. Nur die
stärksten und gefürchtetsten von ihnen überleben den mör-
derischen Kampf um die paar Krümel, die die Kartelle und
kleineren Syndikate übrig lassen. Es gibt mehrere hochran-
gige Gangs in Caracas. Jede arbeitet in der einen oder ande-
ren Weise für ein Kartell. An den Docks von La Guaira kon-
trolliert die blutdurstige Alianza den Drogenhandel. Rayo,
ein stark vernarbter und vercyberter Ork, führt die Gruppe.
Das Olaya-Kartell hat eine Übereinkunft mit der Alianza, da
der Hafen ein wichtiger Umschlagplatz für Tempo und an-
dere Drogen ist.
AUF EINEN BLICK: CARACAS
Bevölkerung: 23.400.000+
Menschen: 60 %
Elfen: 12 %
Zwerge: 5 %
Orks: 20 %
Trolle: 2 %
Andere: 1 %
Bevölkerungsdichte: 750+ pro Quadratkilometer
Durchschnittseinkommen: 19.000 ¥
Unter der Armutsgrenze: 60 %
Bevölkerung mit Konzernzugehörigkeit: 22 %
Krankenhäuser: 12
DocWagon-Kliniken: 5
Verbrechensrate: 34 pro 1.000 pro Jahr
GEISTERKARTELLE
Das Olaya-Kartell hält sich in Caracas eher bedeckt. Ri-
veros achtet darauf, dass ihr eigener Konzern nicht mit dem
Kartell in Verbindung gebracht wird. Nur die wenigen, die
sie als Jefa des Kartells kennen, können die Verbindung her-
stellen. In den armen Vierteln unterhalten das Olaya-Kartell
und seine verbündeten Gangs Tempo-Höhlen.
Salazars Logistikkonzern KondOrchid ist am Hafen un-
übersehbar präsent. La Guaira ist die Drehscheibe des Tem-
po-Transports für Südamerika, die nordamerikanische Ost-
küste, die Karibik und Europa. Das Kartell, und besonders
Riveros, hat ein weit gespanntes Netzwerk an Connections
in Unterwelt und Behörden. Ihre Machenschaften stellen ei-
nen großen Teil der Unterweltaktivität von Caracas dar, und
sie haben gewaltigen politischen Einfluss.
Politik
Die Freistadt liegt ungünstig zwischen zwei regionalen Gi-
ganten: Amazonien und Aztlan. Die Stadt ist zwar vom dich-
ten Regenwald Amazoniens umgeben, doch die Mächte von
Aztlan hielten die Stadt und ihr Umland schon immer für
ihren Besitz. Beide Regionalmächte haben die Militärprä-
senz in der Nähe der Stadt deutlich verstärkt, doch bislang
hat noch niemand einen ersten Schlag geführt. Agenten von
Aztechnology und des DISA (Departamento de Inteligência
e Segurança Amazónica; Amazonischer Auslandsgeheim-
dienst) schwärmen in der Stadt herum, machen Geschäfte,
bespitzeln Patrones, die Kartelle, Gangs und einander. Eine
bereits angespannte Lage kommt zum Siedepunkt. Wird sie
von selbst überkochen, während die Runner anwesend sind,
oder werden diese das Fass zum Überlaufen bringen und
einen regionalen Krieg auslösen?
BRENNPUNKT:
ESTADO AMAZONAS E PARÁ
TODESSTOSS
Der amazonische Bundesstaat Amazonas e Pará – der heute
die nördlichen Gebiete des ehemaligen Brasilien und den
Großteil von Venezuela, Surinam und Guyana umfasst – ist
das Herz der Nation und zum Großteil von Dschungel über-
wuchert. Er erstreckt sich von den Grenzen zu Aztlan im
Norden bis zum Bundesstaat Mato Grosso im Süden und
zum Atlantik im Osten.
Im Staat liegt zwar die amazonische Hauptstadt Manaus,
doch Siedlungen und Straßen sind dünn und weit gesät.
Nur in Manaus gibt es mehr als 10.000 Einwohner, in den
meisten anderen Gemeinden erheblich weniger. Das bedeu-
tet aber nicht, dass das Gebiet unbewohnt ist. Im Dschungel
hausen metamenschliche Indiostämme und Gemeinschaf-
ten von intelligenten Paracrittern und Geistern.
Wilde Gebiete
Das Reisen durch den Regenwald gestaltet sich als Fuß-
marsch, bei dem man sich den Weg durch dichtes Unterholz
hackt, oder als Bootsfahrt, auf der man sich den vielen Raub-
tieren der Gewässer aussetzt. Man kann auch den Luftweg
wählen, sofern einen die stets wachsamen Augen der DISA
nicht stören. Die DISA sorgt im Regierungsauftrag für innere
Sicherheit und fungiert daneben als Grenzschutz und Nach-
richtendienst. Sie ist die mächtigste Regierungsbehörde des
Landes und hat ihre Augen und Ohren überall. Besonders
effektiv ist der Grenzschutz, bei dem außerordentlich viele
Erwachte Truppen in Dienst stehen (bis zu 25 % einer Pat-
rouille sind Erwachte und/oder vernunftbegabte Paracritter).
Der Regenwald ist tödlich und beinahe undurchdringlich.
175

Die Fähigkeiten der DISA-Grenztruppen sind allerdings so
legendär, dass viele Schmuggler, Talishändler und Wilderer
dennoch diesen Weg vorziehen.
Ein stetiger Strom an umweltfreundlichen Zeppelinen
und großen Binnenschiffen versorgt die kleinen Städte und
Manaus entlang etablierter Routen, aber der sonstige Fluss-
verkehr verläuft ziemlich chaotisch.
TODESSTOSS
Heimat
Tief im amazonischen Dschungel hat César da Silvas Primei-
ra Vaga (S. 174), verborgen vor neugierigen Blicken, ihre Ba-
sis. Der Urwald ist ein unwirtlicher Ort, an dem die meisten
Metamenschen nicht willkommen sind. Doch einige haben
gelernt, mit den Mächten des Waldes auszukommen, vereh-
ren die Geister und leben im Einklang mit der Natur. Viele
Stämme im Dschungel sind tatsächlich keine Metamenschen,
sondern bestehen aus intelligenten Crittern wie Nagas oder
Gestaltwandlern.
Die metamenschlichen Stämme sind meist stark von
einheimischen Glaubenssätzen oder den in Amazonien ver-
breiteten afro-brasilianischen Religionen in Amazonien be-
einflusst. Sie verehren die Geister der Ahnen, der Natur und
viele kleinere Gottheiten.
Der Regenwald von Amazonien war schon tödlich und
gefährlich, bevor metamenschenfressende Bäume auftauch-
ten. Die Straßen wurden schon vor langer Zeit vom Dschun-
gel verschlungen. In dieses Gebiet ohne erfahrenen Führer
oder Ortskenntnis zu gehen ist, einfach gesagt, Wahnsinn.
Der Regenwald ist mit allen möglichen Gefahren gespickt:
tierischen, pflanzlichen, mineralischen und astralen.
Die Stämme des Waldes im amazonischen Norden leben
nach strikten, umweltbewussten Regeln. Sie nehmen vom
Wald nur, was sie zum Überleben brauchen, und behan-
deln die Geister und Kreaturen dort mit höchstem Respekt.
Sie schlagen nur genug Holz für ihre Kanus, Bögen und
Ocas (Hütten). Meist benutzen sie primitive Waffen, oft mit
pflanzlichem oder tierischem Gift getränkt, doch viele Stäm-
me können auch gut mit Feuerwaffen umgehen. Ihr Glaube
176 GEISTERKARTELLE
INDIGENE UND AFRO-BRASILIANISCHE
TRADITIONEN IN AMAZONIEN
In den wildesten Teilen des Amazonasbeckens sind die
schamanistischen Religionen der indigenen Völker immer
noch stark vertreten. Die eingeborenen Stämme und jene,
die „zurück zur Natur“ wollen, verehren gleichermaßen die
animistischen und Naturgottheiten des Dschungels. Pajés
oder Xamãs (Schamanen) sind in diesen Gemeinschaften
genauso wichtig, wie in jeder traditionellen Siedlung in
den NAN. Sie wirken als weise Ratgeber und spirituelle
Führer des Stammes.
Die meisten südamerikanischen schamanischen Tradi-
tionen basieren auf Besessenheit. Die religiösen Zeremo-
nien werden vom Pajé oder Xamã eines Stammes durchge-
führt. Der Pajé kommuniziert mit den Geistern der Ahnen
und des Waldes. Fast immer sind diese Priester Erwacht
und werden von einem älteren Pajé ausgebildet, sobald sie
Hinweise auf die Begabung erkennen lassen.
In anderen Teilen der amazonischen Wildnis haben
sich seltsame synkretistische Glaubensformen gebildet, in
denen katholische, afrikanische und einheimische Kosmo-
logien verschmelzen. Als die afrikanischen Sklaven nach
Brasilien gebracht wurden, nahmen sie ihre Religionen mit.
In den folgenden Jahrhunderten sind diese Religionen mit-
einander verschmolzen und haben sich weiterentwickelt.
Die am weitesten verbreiteten Glaubenslehren in
Amazonien wurzeln in den afro-brasilianischen Religionen
Umbanda und Candomblé, sind aber stark von indigenen,
christlichen und sogar islamischen Vorstellungen beein-
flusst. Diese Religionen glauben an einen höchsten, tran-
szendenten Gott und viele göttliche oder halbgöttliche
Wesenheiten, die als Orishas (oder Orixás) bekannt sind.
In manchen Religionen werden sie ähnlich wie Heilige, in
anderen als wirkliche Götter betrachtet.
Orishas haben jeweils ein eigenes Aufgabengebiet, zum
Beispiel Ogun, der Schutzherr der Krieger. Gemeinsam ist
diesen Religionen ein Terreiro (Tempel) als Zentrum. Der
Pai-de-santo (Vater des Heiligen) oder die Mãe-de-santo
(Mutter des Heiligen) führt traditionellerweise die Zere-
monien durch. Die Terreiros waren ursprünglich die Ver-
sammlungsplätze vor den Senzalas (Sklavenquartieren),
wo die Sklaven ihren Glauben einigermaßen frei prakti-
zieren durften. Daher ist der Terreiro auch die Heimstatt
der Gemeinde, wo man Schutz, medizinische Versorgung,
Bildung, Essen und Kleidung für die Armen und sogar mili-
tärische Hilfe erhalten kann – je nachdem, welchem Orisha
er geweiht ist.
Die zentralen Glaubenssätze und auch viele der Oris-
has sind in den Religionen an der Westküste Afrikas (auch
der in Lagos vorherrschenden Religion Yoruba) ähnlich.
Außenseiter sollten sich aber nicht darauf verlassen. Die
amazonischen Ableger kombinieren oft einheimisches
Schamanentum mit afro-brasilianischen Traditionen.
ist eine Mischung aus afro-brasilianischen Religionen und
denen der indigenen Völker. Die Verehrung von Geistern
und Ahnen spielt eine große Rolle. In diesen Stämmen leitet
der Pajé die religiösen Zeremonien, während der Cacique
(Häuptling) als Ältester und Anführer des Stammes dient.
Direkt neben dem Terreiro von César da Silva lebt ein
großer Clan der Huapa mit etwa fünfzig Mitgliedern. Die Hu-
apa sind vor allem Jäger und benutzen die geheimen Pfade
des Regenwaldes. Sie sind zwar nicht mit da Silva verbündet,
erkennen aber, dass die Geister des Waldes ihn respektieren,
und überlassen daher ihn und seine Leute sich selbst. Wenn
aber jemand in das Stammesgebiet der Hualpa eindringt,
wird er wütend attackiert.

DER GROSSE PLAN
Der Grund, warum die Primeira Vaga Tempo und damit die
„Schläfer“ geschaffen hat, wird in dieser Kampagne nicht ver-
raten. Egal, wie tief die Runner graben, können sie nur win-
zige Hinweise auf die Primeira Vaga und gar keine auf deren
Motive finden. Von den Leuten, mit denen sie während der
Kampagne zu tun haben, weiß einfach niemand davon.
Aber keine Sorge. In zukünftigen Shadowrun-Büchern
werden die Details enthüllt. Fürs Erste bleibt das Geheim-
nis aber genau das: ein Geheimnis.
ABENTEUER-GERÜSTE
Die folgenden Abenteuer-Gerüste verwickeln die Charakte-
re in wichtige Ereignisse des Kampagnen-Strangs Todesstoß.
Sie sind nicht allzu detailliert gestaltet, um Spielleitern die
Freiheit zum Einbringen eigener Wendungen und Abenteu-
er zu geben.
FLUCHT AUS L.A.
Die Runner sind entweder von Sacristán direkt angeworben
worden, um Graciela Riveros während des Geisterrats zu be-
schützen, oder sie hat ihre Anstellung nach Die Quelle für
diesen letzten Aufpasserjob verlängert. Eine besonders er-
folgreiche Wahrnehmungsprobe (Mindestwurf 4+) enthüllt,
dass Sacristán äußerst besorgt ist.
Wenn die Runner neu sind, erzählt sie, es ginge um den
Schutz einer „Geschäftsfrau“, die in der Stadt eine wichtige
Konferenz hat. Geboten werden 800 ¥ pro Kopf und Tag. Au-
ßerdem sollen sich die Runner entsprechend kleiden. Falls
jemand offensichtlich Waffen trägt, wird sie darauf bestehen,
dass niemand eine größere Waffe als eine Pistole oder Au-
tomatikpistole trägt. Man ist schließlich in L.A., wo Schein
mehr zählt als Sein. Als Treffpunkt werden die Baltimore To-
wers (S. 179) in Downtown L.A. verabredet. Angesichts der
Sicherheitsmaßnahmen in Downtown braucht jeder, der of-
fensichtlich vercybert ist oder Waffen trägt, Lizenzen ... gute
Lizenzen.
NOCH MEHR PLOT-BRÜCKEN
Falls die Charaktere seit den Abenteuer-Gerüsten von
Die Quelle (oder früher) dabei sind, ist es einfach, sie
in das erste Abenteuer dieses Kapitels zu bringen. So-
bald Riveros sicher bei den Baltimore Towers angelangt
ist, zieht sie sich in ihre Suite zurück, um sich frisch zu
machen. Sacristán gibt den Charakteren Zeit, ein wenig
„auszuspannen“. Außerdem fragt sie, ob die Runner in Er-
wägung ziehen würden, auch während der Konferenz als
Bodyguards für Riveros zu fungieren. Die Veranstaltung
findet ausschließlich im Hotel statt, daher klingt das recht
einfach. Riveros kommt rechtzeitig zum Abendessen aus
ihrer Suite. Wenn die Runner mehr Zeit zur Erholung von
früheren Abenteuern brauchen, kann der Spielleiter mit
der Flucht aus L.A. auch erst nach zwei oder drei Tagen
beginnen.
GEISTERKARTELLE
Auftakt
Unglückliche Umstände haben dazu geführt, dass Graciela
„die Schöpferin“ Riveros zu spät im Hotel ankommt und
der Gipfel bereits begonnen hat. Sacristán besteht darauf,
dass Riveros auf eine Verhandlungspause wartet, bevor sie
sich den Jefes anschließt. Graciela ist entsprechend schlecht
gelaunt. Die Charaktere werden ihrer Schutzbefohlenen au-
ßerhalb des improvisierten Drogenlabors, das Sacristán vor-
bereiten ließ, vorgestellt.
Kurz danach wird zum Abendessen gebeten. Es soll ein
luxuriöses Ereignis im Speisesaal des Penthouses eines der
Türme sein, und Riveros nutzt die Gelegenheit, um sich den
anderen anzuschließen. Die Runner und ihre Schutzbefoh-
lene sollen die anderen Repräsentanten der Geisterkartelle
auf der Skybridge treffen. Nach der allgemeinen Vorstel-
lungsrunde begleiten Riveros und zwei Bodyguards die an-
deren in den opulenten Speisesaal. Die übrigen Sicherheits-
leute sollen in den angrenzenden kleinen Büros warten.
Szene 1
Der Speisesaal ist mit spiegelblank polierten Tischen aus
echtem Redwood luxuriös eingerichtet. Der Ausblick ist eine
Million Nuyen wert. Von hier oben sieht das Wasser vor den
Strandmauern von Downtown fast blau aus. Um die Tische
sind etwa ein Dutzend Männer und Frauen versammelt, die
in modische Anzüge mit offensichtlich starker Panzerung ge-
kleidet sind.
Hinter jedem Kartellrepräsentanten stehen zwei Body-
guards. Riveros darf eine zweiköpfige Eskorte mitnehmen.
Sie überlässt den Runnern die Auswahl, aber die Betreffen-
den müssen entsprechend gekleidet sein, und wer sich nicht
gebührend benimmt, wird des Saales verwiesen. Der Rest
des Teams muss in einem kleinen Nebenraum warten.
Trotz des eleganten Ambientes ist die Atmosphäre im
Speisesaal sehr angespannt. Die Gäste sind nervös. Es dau-
ert nicht lange, bis ein Streit zwischen drei Anwesenden be-
TODESSTOSS
ginnt. Mitten im lauten Wortgefecht der drei Kartellmitglie-
der wird die Doppeltür des Saals krachend aufgeschlagen.
Bevor jemand reagieren kann, sind schon einige Bodyguards
von Schüssen niedergemäht worden.
Szene 2
Ein Maulwurf in der Entourage des Anden-Kartells hat das
Treffen verraten und Sacristáns Sicherheitshacker ausge-
schaltet, damit ein von Aztech angeheuertes Söldnerteam
den Rat überraschen kann. Die Söldner werden von zwei
Cuachicqueh angeführt, von denen einer Tenoch ist (ver-
wenden Sie die Werte für Tenoch, S. 190, für beide). Der
Auftrag der Cuachicqueh ist, Riveros zu entführen oder not-
falls zu töten.
Die Angreifer sind in zwei Gruppen aufgeteilt. Tenoch
führt den Haupt-Angriffstrupp an, der so viele Anführer der
Geisterkartelle wie möglich töten soll. Der zweite Cuachic-
queh führt die kleinere Einheit, die Riveros schnappen soll.
Dieser Trupp sichert die wichtigen Fluchtwege (an der Re-
zeption, wo die Treppen, Aufzüge und Evakuierungskapseln
sind). Tenochs Team kommt per Hubschrauber über die
Skybridge und stürmt durch die große Doppeltür des Spei-
sesaals herein.
Dieser Haupteingang ist nun vom Haupttrupp blockiert.
Die Verteidiger nutzen jede Deckung, die sie kriegen, werfen
Tische um und tauchen hinter dem Buffet ab. Runner, die
Sacristán kennen, sehen, wie diese von einer Salve getroffen
zu Boden geht, während die Bodyguards sich hinter einem
umgeworfenen Tisch um Uribe und Salazar drängen.
177
 Riveros hat Glück und befindet sich gerade nahe der Tür
zum Seitenkorridor – neben dem kleinen Büro, in dem die
anderen Runner warten. Leider wird sie, als sie in Sicherheit
springen will, versehentlich (wirklich versehentlich) von
hinten von einem Bodyguard K.O. geschlagen.
Die zweite Einheit kommt aus Richtung der Rezeption
und versucht, Flüchtige in den Korridoren festzusetzen. Sie
benutzen bei der Konfrontation mit den Runnern nicht-tödli-
che Waffen und Nahkampf, um nicht versehentlich Riveros zu
verletzen. Tatsächlich will der zweite Trupp Riveros und die
Runner vom Hauptgefecht fernhalten, während der erste ver-
sucht, so viele Mitglieder der Kartelle zu töten wie möglich.
Yajé übernimmt, ohne Wissen der Runner oder Angreifer,
Gracielas Körper, sobald diese bewusstlos ist (und maskiert
ihr wahres Wesen). Wenn die Runner zu unterliegen schei-
nen, wirft sich Yajé in den Kampf und zerfetzt den Cuachic-
queh mit schier unglaublicher Gewalt. Dann zischt sie den
Charakteren – mit einer Stimme, die nicht entfernt jener von
Riveros ähnelt – zu, dass es jetzt Zeit ist, zu verschwinden.
Die Runner können versuchen, an den Angreifern, die
nun in den Speisesaal stürmen, vorbeizuschlüpfen, um über
die Skybridge zu einem anderen Penthouse zu entkommen.
Oder sie können sich durch die verschanzten Gegner zur
Rezeption durchkämpfen.
Szene 3
Die Flucht aus dem Penthouse im 25ten Stockwerk der Balti-
more Towers wird schwierig, besonders mit der blutbespritz-
ten Riveros im Schlepptau. Der Kampfhacker der Angreifer
(verwenden Sie den Hacker, S. 127, SR4) hat das Gebäude
bereits gehackt und die Sicherheitsspinne erledigt. Er hat
Zugriff auf die Sicherheitseinrichtungen der Towers und ver-
schließt alle Türen zu Fluchtwegen und die Aufzüge. Zudem
verfolgt er die Runner mit den allgegenwärtigen Kameras.
Der Hacker der Runner kann sich ihm entweder im Mat-
rixkampf stellen oder versuchen, die gehackten Systeme ein-
TODESSTOSS
zeln zu umgehen. Ansonsten entwickelt sich der Eindruck,
das Gebäude selbst hätte sich gegen die Runner verschwo-
ren, und versuche, sie festzuhalten, bis Verstärkung eintrifft.
Der Hacker der Azzies hat auch die Sicherheitsleute des
Gebäudes ausgesperrt. Wenn die Runner aber mit ihm fertig
werden, kommen diese zu Hilfe.
Neben den Aufzügen gibt es noch Treppenhäuser an den
Seiten des Gebäudes, die mit schweren Brandschutztüren
versperrt sind. Diese können gehackt, mit einem Magschloss-
knacker (Stufe 4) geöffnet oder sogar gewaltsam aufgebro-
chen werden. Auf dem Dach jedes der Gebäude befindet sich
ein Helipad, doch die Runner müssten einen Hubschrauber
vor Ort haben oder entführen (und sich dann mit dem Hub-
schrauber der Söldner befassen). Falls das Team es schafft,
sie zu erreichen, bieten auch die Evakuierungskapseln für
den Erdbebenfall eine Fluchtmöglichkeit. Es handelt sich
um Zwei-Mann-Kapseln, die durch einen pneumatischen
Schacht ins Erdgeschoss geschossen werden und mit stoß-
abweisendem brandsicherem Schaumstoff gepolstert sind.
Sollten die Runner in der Tiefgarage ein Fahrzeug stehen
haben (oder eines stehlen), können sie damit entkommen.
Egal, wie die Runner das Gebäude verlassen, sie bekommen
es sofort mit einem weiteren Hindernis zu tun: dem Autono-
men Verbrechensbekämpfungssystem (ACPS, S. 178).
Showdown
Die Flucht aus den Towers mag einfach scheinen, bis die
Runner merken, wie allgegenwärtig das ACPS draußen ist.
Es dauert nur ein paar Sekunden, und das System identifi-
ziert die Charaktere als kriminelle Elemente.
178 GEISTERKARTELLE
AUTONOMES VERBRECHENS-
BEKÄMPFUNGSSYSTEM – ACPS)
(DOWNTOWN, L.A.)
Das ACPS ist Horizons neuester Beitrag an der digitalen
Sicherheitsfront. Es ist ein intelligentes System mit einer
KI als Herz des Netzwerks. In Gebäuden, Straßenlaternen,
Bürgersteigen und sogar Palmen sind Sensoren eingebaut,
die im 360-Grad-Winkel Straßen und Erdgeschosse über-
wachen. Sie analysieren Passanten und Fahrzeuge, können
Bilder, Töne, Körpertemperaturen, offensichtliche Cyber-
ware und versteckte Waffen registrieren. Manche haben
sogar Pheromon- und Chemsniffer. Das System wertet die
gesammelten Daten aus und reagiert entsprechend mit
Drohnen, Polizeieinheiten, Magiern und/oder Geistern
oder einfach durch AR-Kommunikation. Wenn es zum Bei-
spiel eine Person mit körperlichen Schwierigkeiten sieht,
aus deren ID es ableitet, dass es sich um einen Diabetiker
handelt, und den biometrischen RFID auswertet, um den
medizinischen Zustand zu erfahren, setzt es daraufhin Sa-
nitäter in Marsch.
Die Schnelligkeit der Einsätze hängt von der Dring-
lichkeit ab. Das System lässt den PCC mit einer minimalen
Polizeimacht im Gebiet auskommen und optimiert die Re-
aktionszeit und Einsatzparameter.
Eine Minute später heftet sich eine unerschrockene Nach-
richtendrohne an ihre Fersen (und ab dann alle dreißig Se-
kunden eine weitere). Das ACPS befiehlt den Runnern per
AR, stehen zu bleiben. Wenn jemand verletzt ist, schickt es
medizinische Unterstützung, und es setzt ein SWAT in Marsch,
wenn jemand offensichtlich etwas Größeres als eine Pistole
mit hat. Außerdem errichtet das ACPS Straßensperren auf den
Hauptzufahrtswegen – man kann aber durch Nebenstraßen
und Gassen entkommen. Die Runner werden verfolgt, bis sie
Downtown verlassen. Das bedeutet, sie bekommen es mit der
Polizei des Pueblo, ihren Drohnen, Sicherheitsmagiern und
allem anderen, was der Spielleiter für passend hält, zu tun.
In dem Gebiet herrscht dichter Verkehr. Die Autobahnen,
die hinausführen, sind dauernd verstopft. Die Runner können
per Boot entkommen, besonders wenn sie Connections zur
örtlichen Unterwelt haben. Sobald sie Downtown verlassen
haben, werden die Runner von den Burning Angels (S. 122)
verfolgt. Diese sind mit Aztechnology verbündet und versu-
chen, Riveros zu töten. Zudem rufen sie Unterstützung von
Aztech, wenn die Runner sie nicht schnell loswerden. Es wird
ein wahres Wettrennen, Riveros hier rauszubringen. Der Geist
Yajé hat Riveros immer noch in Besitz und sagt den Runnern,
dass Riveros einen Senkrechtstarter auf Hahn Free Market, ei-
ner Insel inmitten der giftigen Gewässer von L.A., bereitstel-
len kann. Wenn die Runner dort hinkommen können, fliegt
sie der Senkrechtstarter zu einem abgelegenen Flugfeld au-
ßerhalb der Stadt, von wo aus sie endgültig fliehen können.
Folgen
Yajé bietet den Runnern im Namen von Riveros eine gute
Bezahlung, wenn sie sie nach Caracas begleiten. Als zusätz-
lichen Anreiz könnten Spielleiter darauf hinweisen, dass
die Flucht der Runner von mehreren Nachrichtendrohnen
aufgezeichnet wurde und die Behörden ihnen bereits die
Schuld am „Massaker in den Baltimore Towers“ zuschieben.
L.A. ist für die Charaktere ein sehr heißes Pflaster geworden:
Sie werden tage- oder wochenlang in den Schlagzeilen und

BALTIMORE TOWERS (DOWNTOWN, L.A.)
Die heroischen Gestalten der Wasserspeier der drei Baltimo-
re Towers sind fünfzig Meter hohe chthonische Gottheiten. Sie
wurden im Windkanal entworfen und in Ferrobeton, Plastahl
und glitzerndem Chrom verwirklicht. Ihre Züge werden von
kompliziert angeordneten Fenstern gebildet. Gemäß den Bau-
vorschriften für Downtown sind die Fassaden der drei spitzen
Türme in der Art Deco des Informationszeitalters gestaltet. Der
Stil dekonstruiert das Goldene Zeitalter Hollywoods und stellt
es dar, wie es mit modernen Baustoffen und allgegenwärtiger AR
aussehen könnte.
An den Spitzen der Monumente verbergen Sonnenstrahlen
und Halos aus blendend spiegelndem Chrom die überdachten
Skybridges, die aus den drei Büro-Penthouses der Türme eine zu-
sammenhängendes Stockwerk machen. Um jedes Penthouse läuft
ein drei Meter breiter Balkon. Hier soll der Geisterrat stattfinden.
Wie fast überall in Hollywood sagt die Verpackung aber nichts
über den Inhalt aus. Das Innere des Gebäudes ist ganz im Kon-
zern-Chic gehalten: schwarze und beigefarbene Abschnitten, die
harte Kontraste bilden und den Blick anziehen, aber nicht fesseln
sollen, dünner Teppichboden, der schwer zu verschmutzen und
leicht zu reinigen ist, fünfundzwanzig Stockwerke aus vorgefertig-
ten modular aufgebauten Büros mit hohen Decken, angefüllt mit
ergonomisch gestalteten Möbeln, Büroterminals, die am Boden
auf der Fahndungsliste des Pueblo sein. Yajé bietet ihnen an,
dass man sich auch darum kümmern wird, wenn sie dafür in
Caracas Hilfe bekommt.
Dieses Abenteuer-Gerüst soll als Brücke dienen, um die
Runner zum letzten Plot-Strang nach Caracas zu bringen.
Falls sie nicht abreisen wollen, können Spielleiter verschie-
dene andere Abenteuer in L.A. spielen – das Beweisen ihrer
Unschuld wäre zum Beispiel ein großes Abenteuer. Sollten
die Runner Beweise für Aztechnologys Beteiligung finden,
wären diese für Riveros einiges wert.
GEISTERKARTELLE
festgeschraubt sind, und der eine oder andere niedrige Konfe-
renztisch aus Spanplatten. Alle inneren Wände und Möbel sind
durchschnittliches Material (Panzerungsstufe 6, Strukturstufe 6).
Die Türen zu den Suiten, dem Konferenzraum und den Treppen-
häusern sind verstärkte Brandschutztüren (Panzerungsstufe 10,
Strukturstufe 8). Die Panoramafenster bieten einen atemberau-
benden Blick über die Stadt und bestehen aus zwei Lagen Panzer-
glas (Panzerungsstufe 8, Strukturstufe 9). Die Außenwände und
-Türen sind WiFi-gesichert (WiFi-Abschirmung 4), doch Kommuni-
kation über die hauseigenen Server ist möglich.
In jedem Penthouse befindet sich ein großer Konferenzraum:
In einem wird der Rat abgehalten, der zweite dient als Speisesaal,
im dritten ist das improvisierte Labor, in dem Graciela Tempo
vorführen will. Zudem gibt es je zwei Bürofluchten (jedes der
vier teilnehmenden Kartelle erhält eine zugewiesen), ein großes
und mehrere kleine Büros sowie zwei Badezimmer. Aus jedem
Penthouse führen zwei Expressaufzüge, eine Nottreppe und vier
Evakuierungskapseln für je zwei Personen, die durch einen pneu-
matischen Schacht in sieben Sekunden ins Erdgeschoss (24 Ge-
schosse tiefer) fallen und mit stoßabweisendem brandsicherem
Schaumstoff gepolstert sind.
Das Sicherheitssystem und die Kameras der drei Penthouses
sind vom Rest der Towers abgekoppelt. Sie werden Tag und Nacht
von einer Sicherheitsspinne in Sacristáns Diensten überwacht
(die vom Maulwurf vor dem Angriff getötet und ersetzt wird).
TODESSTOSS
HAUSPUTZ, TEIL I
Graciela Riveros ist wieder zu Hause in Caracas. Wenn die
Runner sie aus L.A. begleitet haben, sollten sie jetzt wissen,
dass mindestens ein mächtiger Geist mit dem Olaya-Kartell
verbündet ist. Die Wahrheit über die Verbindung zwischen
dem Kartell und Cesar da Silvas Geisterkabale liegt aber im-
mer noch im Dunkel. Riveros kennt das volle Ausmaß der
Partnerschaft – schließlich hat sie freiwillig einen Pakt mit
Yajé, einem der Geister, geschlossen. Außerdem erkennt sie,
179
 dass das Olaya-Kartell schwierigen Zeiten entgegensteuert
und das Risiko besteht, dass Salazar sie im Regen stehen
lässt. Riveros beschließt, dass es an der Zeit ist, die eigene
Position in Caracas zu stärken und abzusichern. Sie weiß
nicht genau, wie ihr Syndikat zu ihr steht, daher verwendet
sie Leute von außen (die Runner).
TODESSTOSS
Wenn die Runner seit L.A. mit Graciela unterwegs sind,
werden sie vielleicht erkannt haben, dass das David-Kartell
und Aztechnology hinter dem Olaya-Kartell her sind. Wenn
nicht, sollten sie im folgenden Abenteuer entdecken, dass die
Azzies auch in Caracas sind und das Olaya-Kartell angreifen.
Falls die Runner neu angeworben sind, hat Riveros ein
Dossier über jeden von ihnen, um sicherzustellen, dass sie
keine Verbindung zu ihren Feinden haben, lässt ihnen aber
ansonsten recht freie Hand. Sollte das Team Riveros aber be-
reits am Flughafen von L.A. kennengelernt haben (Die Quel-
le), lädt sie die Jefa auf ihr Anwesen ein, sagt, dass sie ihnen
vertraut und dass sie auf weitere Zusammenarbeit hofft.
Auftakt
Die Gästezimmer im Landhaus von Riveros sind spektaku-
lär, das Hauspersonal diskret und das Essen ausgezeichnet
(und natürlichen Ursprungs). Riveros lässt den Runnern ei-
ne Nacht Zeit, um richtig anzukommen. Dann gibt sie ihnen
ihren ersten Auftrag. Sie bietet ihnen 1.000 ¥ pro Kopf und
Tag sowie Kost und Logis. Die Bezahlung kann mit einer
erfolgreichen Verhandlungsprobe bis auf 2.000 ¥ hochge-
trieben werden. Wenn die Runner den größten Teil ihrer
Ausrüstung in L.A. zurücklassen mussten, vermittelt Gra-
ciela den Kontakt zu einem „Freund eines Freundes“, der
die meiste sinnvoll vertretbare Ausrüstung liefern kann. Die
Kosten dafür übernimmt sie nicht. (Aber für die hier gekauf-
ten Gegenstände gibt es 30 % Rabatt).
Riveros will ihre Connections auf Loyalität überprüft
wissen. Sie gibt den Runnern eine Liste mit Namen und
Adressen. Wie sie die Loyalität der Connections überprüfen
180 GEISTERKARTELLE
wollen, ist ihre Sache. Eines aber macht Riveros sehr deut-
lich: Wenn eine Connection sich als illoyal erweist, sollen
die Runner sie eliminieren – und vor allem dafür sorgen,
dass Riveros mit dem Mord nicht in Verbindung gebracht
wird. Sie schlägt vor, man sollte Aztechnology irgendwie die
Schuld in die Schuhe schieben.
Szene 1
Die erste Connection, die die Runner überprüfen sollen,
ist der Hafenmeister von La Guaira (S. 181). Ricardo Cal-
vo-Jurada hat die Position seit zehn Jahren inne, und das
Olaya-Kartell bezahlt ihn gut, damit Drogen und anderen
Ladungen ohne Belästigung durch Zoll oder ähnliches ver-
schifft werden. „Ricky“ ist ein Gewohnheitstier. Er pendelt
zwischen der Hafenbehörde, den Apartments seiner zwei
Geliebten und seiner Wohnung in einem sicheren Hochhaus
am Meer. Außerdem hängt er gern in der Hafenbar El Pica-
ruelo (S. 181) herum.
Die Runner sollen ihn verfolgen und herausfinden, ob er
Riveros gegenüber noch loyal ist. Sie können sein Kommlink
hacken, seine Gespräche belauschen (er sucht aber regelmä-
ßig nach Wanzen), sein Apartment oder Büro durchsuchen
oder ihn einfach nur beschatten.
Wenn Ricky sich beobachtet fühlt, wird er sehr vorsich-
tig. Er geht nirgends ohne zwei Bodyguards hin (verwenden
Sie die Bodyguards der Geisterkartelle, S. 194). Falls er sich
verfolgt fühlt, nimmt er noch zwei weitere mit. Wenn die
Runner ihn nicht aufschrecken, können sie ein Gespräch
zwischen ihm und Henry Uribe abhören, in dem Ricky die-
sem sagt, dass Tempo „zu heiß“ und (weil er glaubt, dass
Riveros in L.A. nicht überlebt hat) „das Kartell ohne die Puta
besser dran“ sei.
Berichten die Runner Riveros von dieser Unterhaltung,
erinnert diese sie kalt lächelnd an die Befehle: Alle illoya-
len Connections sollen eliminiert und den Azzies dafür die
Schuld zugeschoben werden.
Szene 2
Als Nächste steht Maria Lianos auf der Liste (verwenden Sie
den Mr. Johnson, S. 335, SR4), eine „Beschaffungsspezialis-
tin“ des Kartells. Lianos lebt im Rotlichtviertel Nueva Cara-
cas (S. 181) in einem Apartmentblock, der „Geschäfte“ im
Erdgeschoss und Wohnungen in den acht darüber liegenden
Etagen hat. Oberflächlich betrachtet sieht es so aus, als wür-
de Lianos vor allem verarmte Jugendliche für die Biomod-
Bordelle beschaffen. Aber sie heuert auch Drogenkuriere für
das Kartell an und ist in der Schattengemeinde als Schiebe-
rin mit guten Connections für Straßensamurai und andere
Leute, die keine Angst vor Wetwork und Personenschutz ha-
ben, bekannt.
Lianos ist viel vorsichtiger und misstrauischer als Calvo-
Jurada. Die Runner werden also deutlich mehr zu tun ha-
ben, um herauszufinden, ob sie noch loyal ist. Während sie
Lianos observieren, können sie Gerüchte hören, dass ein
Einsatzteam der Azzies in der Stadt ist. Alternativ könnten
die Runner dadurch, dass sie aus dem Augenwinkel einen
Mann sehen, auf den die Beschreibung von Tenoch passt
(oder Gerüchte über einen solchen hören), einige Hinweise
darauf bekommen, was ihnen noch bevorsteht.
Nach einigen Tagen der Observation kommen immer
noch keine Beweise ans Licht, und Riveros weist die Run-
ner an, Lianos zu kontaktieren. Einer soll als Johnson von
außerhalb auftreten und sie als Schieberin für Wetwork an-
sprechen. Beim Treffen sollen die Runner behaupten, sie
seien von Jaime Salazar geschickt (Riveros gibt ihnen gerade
genug Informationen über Salazar, dass sie dabei glaubwür-
dig scheinen können). Das Ziel soll eine gewisse „Graciela
Riveros“ sein. Je nachdem, ob Lianos den Auftrag annimmt
oder nicht, sollen die Runner sie töten oder ihr einen ver-
schlüsselten Chip zu lesen geben und sie dann zum Landgut
von Riveros eskortieren. Nach Erledigung des Auftrags wird
Riveros den Runnern freigeben, um „Caracas zu genießen“
– sie will ganz offensichtlich, dass diese das Landgut für den
Abend verlassen.
Showdown
Der Dritte auf der Liste ist der Boss der gefährlichen Alianza-
Gang am Hafen La Guaira. Rayo (S. 192) ist ein vercyberter
Straßensamurai Anfang zwanzig – was für einen Ganger in
Caracas ein respektables Alter darstellt. Die Mitglieder sei-
ner Gang verschieben Tempo an ein paar Dutzend Tempo-
Höhlen an den Docks. Salazar besticht sie, damit sie die La-
gerhäuser und das Personal von KondOrchid in Ruhe lassen.
Manchmal dient die Gang dem Kartell als zusätzliche Sicher-
heitstruppe – zum Beispiel wenn die Lagerhäuser voll mit
versandbereitem Tempo sind.
Rayo ist berüchtigt für seine Kaltblütigkeit. Er zweigt
auch manchmal ein wenig Tempo aus den Paketen ab, die
die Gang an die Dealer bringen soll. Riveros will seinen Tod,
doch zuerst will sie wissen, an wen er verkauft.
Die Runner finden heraus, dass Rayo in Wirklichkeit
selbst süchtig ist. Wenn sie Riveros dies mitteilen, ändert
sie ihre Befehle: Statt ihn zu töten, sollen die Runner ihm
die Kostprobe einer neuen Mischung, die sie erfunden hat,
übergeben.
Rayo ist misstrauisch. Er hat davon gehört, dass Riveros
aufräumt, und fürchtet, die Runner sollten ihn wegen seiner
Diebstähle töten. Die Runner werden all ihre List und sozia-
len Fertigkeiten brauchen, wenn sie einen Kampf vermeiden
wollen. Wenn sie Rayo zum Einnehmen der Droge bringen
(durch Überredung oder Gewalt), erlebt er einen völlig neu-
en Kick. Er wird Riveros gegenüber vollkommen loyal sein,
denn sie ist seine einzige Quelle für die neue Droge. Falls
die Runner die Überzeugungsarbeit verpatzen, kämpft Rayo
GEISTERKARTELLE
HAFEN LA GUAIRA (CARACAS)
An diesem großen Hafen werden Waren aller Art von und
nach Caracas umgeschlagen. KondOrchid, Jaime Salazars
Konzern, benutzt den Hafen, um seine Tempo-Lieferungen
(und auch andere Drogen, Waffen und gelegentlich bio-
modifizierte Sexsklaven) zu verschiffen. Der Hafen wird
von metamenschlichen Arbeitern statt der fortschrittlichen
Drohnen betrieben, die man in anderen Häfen sieht. Riesige
Frachter docken dort an, und ihre Besatzungen vergnügen
sich in den Hafenkneipen, Clubs und Bordellen. Der Hafen
ist von einem doppelten Elektrozaun mit Stacheldraht um-
geben, der von bewaffneten Wachen patrouilliert wird. Im
größeren Umkreis gibt es Drohnenüberwachung, und der
Komplex wird zusätzlich durch mehrere gebundene Gei-
ster geschützt. Innerhalb der Zäune liegt eine geschäftige
Ansammlung von Lagerhäusern, deren Bewachung vom je-
weiligen Besitzerkonzern übernommen wird (KondOrchid
hat mehrere davon).
EL PICARUELO (LA GUAIRA, CARACAS)
In dieser Bar mit Restaurant verkehren Schiffsoffiziere
und das obere Management kleinerer Hafenkonzerne.
Die Wände sind dunkel gestrichen und die Tische beste-
hen aus schönem Holzimitat. In der Mitte der Bar verleiht
ein Krähennest mit eingetopften Farnen dem Ganzen ei-
nen nautischen Touch. Auf der Speisekarte steht lokale
Küche. Der Besitzer der Bar hat wegen der vielen Ver-
brechen und Gangs in der Gegend ein paar gut bewaff-
nete Orks zum Schutz seines Ladens angeheuert. Zudem
gibt es einen privaten Speiseraum, der an kleine Gesell-
schaften – oder an Leute, die nicht beobachtet werden
wollen – vermietet wird.
NUEVA CARACAS (CARACAS)
Nueva Caracas ist eines der berüchtigten Rotlichtviertel der
TODESSTOSS
Stadt, wo alle Sünden und Laster zu Hause sind. Es ist be-
rüchtigt für die Muñecas (Puppen) in seinen Bordellen. Die
Gäste können das ideale Objekt ihrer Begierde bestellen,
und die Lieferung dauert weniger als eine Woche.
Die Straßen sind von den glitzernden Neonreklamen
der Bordelle, Drogenhöhlen und Freudenhäuser erleuch-
tet. Die Bars und Clubs beschallen die Szene mit lauter
Meta-Tropical-Musik, und Touristen wagen sich auf der Su-
che nach perversen Vergnügungen in die dunklen Gassen.
Die Atmosphäre ist eine Mischung aus lärmendem Fest und
schlüpfrigem Elend. Die Verzweifelten verkaufen Leben
und Körper an die abgestumpften Sextouristen.
Die Casa de los Angelitos ist so ein Bordell. Maria Lia-
nos arbeitet mit diesem Laden (und anderen) zusammen
und lebt darüber in einer kleinen Einzimmerwohnung im
vierten Stock. Die ersten drei Geschosse des Betongebäu-
des gehören zum Bordell, mit Schauräumen (wo die Gä-
ste körperlich oder virtuell präsente Ausstellungsstücke
betrachten können), Geschäftsräumen und Büros im Erd-
geschoss. Unterhaltungsräume, eine kleine Klinik und Pau-
senzimmer sind im ersten und zweiten Stockwerk, zusam-
men mit Unterkünften für die jungen Mädchen und Jungs,
die darauf warten, zu Muñecas geformt zu werden. In den
darüber liegenden Stockwerken befinden sich Wohnungen
für Klinikpersonal und andere. An allen Eingängen stehen
bewaffnete Wachen, die auch im ersten und zweiten Stock
patrouillieren (vor allem, um die Ware an der Flucht zu
hindern).
181
 bis zum Tod. Riveros ist über seinen Tod nicht erfreut und
verlangt, dass die Runner den Schaden mit etwas Extraarbeit
wiedergutmachen.
HAUSPUTZ, TEIL II
Riveros will noch mehr ihrer Connections überprüfen lassen.
Sollten die Runner genug davon haben, gibt es aber auch
andere Aufträge. Sonst schließt sich das nächste Abenteuer-
Gerüst an das vorige nahtlos an. Riveros ist während der gan-
zen Zeit kühl und konzentriert; meist hält sie sich in ihrem
Privatlabor auf dem Landgut oder im Büro bei RAM auf.
Szene 1
Das Olaya-Kartell hat durch ein Netzwerk von Bestechung,
Erpressung und Korruption der Mitglieder viel Einfluss auf
den Palco – den politischen Rat, der Caracas regiert. Ein sol-
ches Mitglied ist Pedro Jiménez (verwenden Sie den Mafia-
Consigliere, S. 334, SR4), ein reicher Biotech-Mogul, der ein
deutlich nicht professionelles Interesse an Graciela Riveros
hat. Diese hat seine Gefühle ausgenutzt, um selbst mehr
Einfluss auf den Palco zu erlangen. Sie will überprüfen, ob
Jiménez immer noch loyal – und in sie vernarrt – ist. Die
Runner sollen ihn überwachen, denn Riveros ist sicher, dass
Uribe sich bald mit ihm in Verbindung setzen wird. Jiménez
hält sich meist in den Nobelvierteln von Caracas auf.
Er trifft sich im exklusivsten Restaurant der Stadt, dem
Méson Gordo, mit Uribe. Die Sicherheitsmaßnahmen sind
streng. Diskretion wird durch Hüter im Speisebereich und
Anti-Überwachungsmaßnahmen in jedem Separee, ein-
schließlich White-Noise-Generatoren und Störsendern, ge-
währleistet. Die Runner müssen in das Restaurant gelangen,
um das Treffen zu beobachten. Man braucht die Fähigkeit
zum Lippenlesen oder sehr unauffällige Sichtgeräte, um den
Inhalt des Gesprächs mitzubekommen. Wenn die Runner
das schaffen, erkennen sie, dass Jiménez unverbrüchlich lo-
TODESSTOSS
yal zu seiner „süßen Graciela“ steht. Wenn Riveros davon er-
fährt, möchte sie, dass die Runner ein Rendezvous zwischen
ihm und ihr arrangieren...
Szene 2
Als letzten Auftrag sollen die Runner Rita Tuero, angehei-
ratete Cousine von Jaime Salazar und wichtiges Mitglied
des Olaya-Kartells, verfolgen. Leider wird sie vermisst. Die
Runner werden einiges an Detektivarbeit brauchen, um sie
zu finden. Wenn sie sich umhören, erfahren sie schließlich
gerüchteweise vom Körper einer Frau, der von einem Dealer
von Tamanous in La Rinconada gefunden wurde – einem
überbevölkerten Viertel voller Sozialwohnungen, wo Gangs
regieren und nur die Stärksten sicher sind. Die Runner müs-
sen sich in das gefährliche Viertel wagen und den Organ-
händler finden, wenn sie herausfinden wollen, was Tuero
zugestoßen ist.
Die müllübersäten Straßen von La Rinconada sind das
Jagdgebiet von Raubtieren – metamenschlichen und tieri-
schen. Die Runner müssen sich auf einiges gefasst machen,
denn sie dringen in das Revier der Bolivar ‚49 ein, einer der
übelsten und gewalttätigsten Gangs des Sprawls. Wenn die
Gruppe unvorsichtig ist, wird sie von Gangern, Riesenratten
oder hungrigen Ghulen angegriffen. Wenn sie überleben,
erkennen die Runner, dass sie für die Informationen in je-
dem Fall bezahlen müssen – falls sie redewillige Einwohner
finden.
Der Organhändler hat einen Bodyshop hinter einer
Klinik für gebrauchte Implantate, im Keller eines zerfal-
lenden Häuserblocks. Seine Sicherheitsmaßnahmen sind
182 GEISTERKARTELLE
überdurchschnittlich und beinhalten auch zwei vercyberte
Wächter (verwenden Sie die Straßensamurai, S. 135, SR4).
Man kann durch Überredungskunst, zähe Verhandlungen
oder eine schnelle, schmutzige Schlägerei an eine Unterre-
dung mit dem Organhändler kommen, der sich als Ghul ent-
puppt. Er gibt zu, ein wenig Ware „auf Eis liegen“ zu haben,
und ist auch bereit, den Körper zu verkaufen.
Die Runner können, durch eigene Untersuchungen oder
das Befragen des Ghuls, herausfinden, dass Tuero vor ihrem
Tod schwer gefoltert wurde. Der Ghul wird sich auch spon-
tan beklagen, es sei „eine Schande, dass der, der die Puta
entsorgt hat, das Herz behalten hat ... das habe ich am liebs-
ten.“ Eine Probe auf eine entsprechende Wissensfertigkeit
enthüllt, dass die Wunden von einem Obsidiandolch stam-
men (Splitter davon stecken in den tieferen Schnitten). Und
hatte der Cuachicqueh, den Yajé zerfetzte, nicht auch eine
Obsidianklinge?
RESTAURANT MÉSON GORDO (EL ÀVILA ESTATES)
An den unteren Hängen der Estates liegt ein luxuriöses Re-
staurant mit spektakulärem Blick über die Wolkenkratzer
von Downtown vor der blauen Kulisse des Meeres. Hier
speisen die Reichen und Mächtigen. Auf diesem neutralen
Gebiet treffen sich Mitglieder des Palco mit verschiedenen
Gruppen der Stadt. Das Méson Gordo ist eine ideale Bühne
für Geheimverhandlungen und Treffen mit den Eliten der
Stadt – wenn man sich die Essenspreise und die 1.000 Nu-
yen für die Reservierung leisten kann. Der Küchenchef ist
Franzose, und serviert wird südamerikanische Fusion-Kü-
che. Die Kellner sind diskret und effizient – sie wollen um
jeden Preis den besten Job (und die besten Trinkgelder) in
der Stadt behalten.
Das Restaurant liegt in einer umgebauten Kolonialvilla,
voller Charme der Alten Welt und neuester Sicherheitstech-
nik (inklusive Chemsniffer Stufe 5, Magnetanomaliedetek-
toren, Cyberwarescannern an allen Türen, Vibrationsalarm
an allen Fenstern und Störsendern sowie White-Noise-
Generatoren in jedem Tisch). Man ist zwar in Caracas, wo
die Waffengesetze lax sind, doch niemand betritt das Méson
Gordo bewaffnet. Die Sicherheitsleute des Restaurants sind
verdrahtet und gut bewaffnet (verwenden Sie den Vollstre-
cker, S. 138, SR4). Wer Schwierigkeiten macht, wird ohne
Vorwarnung zur Tür begleitet.
Im Innenhof treten täglich Mariachi auf, und die Sitze
auf der Veranda sind die begehrtesten. Mehrere lokale
Größen, wie die Mitglieder des Palco und auch Graciela
Riveros, haben dauerhaft Tische gemietet, die ihnen für Ge-
schäftstreffen zur Verfügung stehen.
LA RINCONADA (CARACAS)
La Rinconada ist ein übervölkerter Slum aus identischen
zwanzigstöckigen Betonwohnblöcken, wo die Verarmten
und Hoffnungslosen hausen. Die Häuser sehen von au-
ßen so verfallen aus wie die armen Seelen im Inneren. Die
Wohnverhältnisse sind so beengt, dass ganze Familien auf
wackligen Balkonen und improvisierten Brücken zwischen
den Häusern zusammengepfercht sind – luftige Todesfallen
für die Armen. Die Straßen werden von einer Vielfalt an
Gangs beherrscht, deren dauerndes Blutvergießen durch
den ständigen Zustrom frischen Blutes aufgewogen wird.
Riesenratten – und gefährlichere Kreaturen, die von der
Verfügbarkeit metamenschlichen Fleisches in den Slum ge-
lockt werden – machen nachts die Straßen unsicher. Die
Sexindustrie von Caracas rekrutiert hier ihren Nachschub,
aus dem sie – mit oder ohne Einverständnis – neue Mei-
sterwerke schafft. Es gibt keinen WiFi-Empfang, aber abge-
zweigter Strom hält das Viertel einigermaßen am Laufen.
Folgen
Riveros ist ausgesprochen unerfreut, dass ein Team von Az-
technology in Caracas sein könnte. Tueros Tod wird Jaime
Salazar erzürnen, und Riveros macht sich Sorgen, dass er ihr
die Schuld geben könnte. Wenn die Runner die Leiche nicht
mitbringen, wird Riveros sie vielleicht bitten, mehr über die
Präsenz der Azzies herauszufinden. Das könnte einige Tage
dauern, in denen Graciela sich einen Plan überlegen kann,
wie sie Salazar die Todesnachricht übermitteln kann.

KREUZFEUER
Inzwischen ist das Verhältnis zwischen Salazar und Riveros
mehr als gespannt. Salazar und Uribe wissen, dass Riveros ihre
Position in Caracas sichern will. Als sie von Rita Tueros Tod er-
fahren, verdächtigen sie Riveros als Schuldige. Diese bemerkt
das und unternimmt etwas, um die Lage zu beruhigen.

Auftakt
Riveros ruft die Runner in ihr Arbeitszimmer auf dem Land-
gut. Sie möchte, dass die Leiche von Salazars Cousine (mit
den gefundenen Hinweisen auf die Mörder) und „etwas zur
Stimmungsaufhellung“ als Friedensangebot überbracht wer-
den.
Riveros hat gehört, dass Jaime und die anderen Bosse
des Kartells sich auf seiner Hazienda außerhalb von Bogotá
treffen. Sie selbst wurde beunruhigenderweise nicht eingela-
den, doch sie ist sicher, dass das Kartell ihre neueste Kreati-
on – eine neue Tempo-Mischung mit verstärktem halluzino- man sie höflich zurück zu ihren Quartieren. Bei ihrem Auf-
genem Effekt – gern sehen möchte. Sie bietet den Runnern enthalt schleicht sich auch der fünfjährige Carlos, der Sohn
ihr Privatflugzeug samt Piloten für die Reise nach Bogotá an Salazars, zu ihnen. Er ist ein charmanter kleiner Satansbraten,
und verspricht das Dreifache der üblichen Bezahlung für die der seinem Vater viel Freude macht und sein Kindermädchen
beiden Tage. Falls Jaime die Runner länger dabehalten will, auf Trab hält. Er wird auch versuchen, Freundschaft mit den
kommt Riveros auch dafür auf. Runnern zu schließen (und jeder außer dem kaltherzigsten
Runner wird dem Charme des Bengels erliegen).
Am nächsten Abend ruft Jaime Salazar (S. 61) die Run-
Szene 1

Bei der Ankunft in Bogotá empfängt Henry Uribe (S. 61)
die Runner an der Rollbahn mit einer Limousine und zwei
SUVs – und einem Dutzend schwer bewaffneter Bodyguards
(S. 194). Dann eskortiert er sie zu Salazars Hazienda, 15 km
außerhalb der Stadt. Offensichtlich ist Uribe nicht erfreut,
die Runner zu sehen. Solange sie sich aber benehmen, ge-
schieht ihnen nichts.
Die Hazienda ist eine ausgedehnte Kaffeeplantage mit
üppigen tropischen Pflanzengärten rund um ein schönes,
zweigeschossiges Wohngebäude. Aus den Gärten ums Haus
erklingt das Lachen spielender Kinder. Ein Paar hübscher
Latinas sitzt auf der Veranda und genießt die Sonne. Die
Hazienda vermittelt den Eindruck kolonialer Opulenz, aber
wenn die Runner genau hinsehen, erkennen sie zwischen
den Feldarbeitern bewaffnete Wächter auf Patrouille. Bei der
Ankunft werden die Runner mit Magnetanomaliedetektoren
und Cyberwarescannern untersucht und anschließend ent-
waffnet, ohne Salazar zu sehen zu kriegen. Die Runner sind
in der Unterzahl, praktisch wehrlos und auf feindlichem Ge-
biet. Ihr Verhalten entscheidet über ihr Überleben.
Die Charaktere kommen gegen Abend an, und Salazar
hat zu viel zu tun, um sie zu treffen (außerdem will er sie
beobachten, um etwas über ihre Motive zu erfahren). Er lässt
die Gruppe über Nacht warten und trifft sie erst Ende des
nächsten Tages. Die Runner erhalten einen Aufpasser, sobald
sie die freundlicherweise zur Verfügung gestellten Gästezim-
mer verlassen, können sich aber (solange sie keine Waffen
tragen) recht frei außerhalb des Wohnbereichs der Familie
bewegen. Geschickte Runner können dabei gut Informatio-
nen sammeln, wenn sie aber zu auffällig vorgehen, begleitet
TODESSTOSS
ner kurz vor Sonnenuntergang zu sich. Er ist draußen in ei-
nem kleinen Pavillon, zusammen mit vier Männern und zwei
Frauen – Schlüsselfiguren seines Kartells. Salazar lässt den
Runner Zeit, sich vorzustellen, und sieht sich die Daten über
die neue Droge an, die Riveros geschickt hat, aber er ist of-
fensichtlich misstrauisch und sehr wütend auf Riveros (und
damit auch auf die Runner). Als Salazar gerade versucht, ei-
ne Entscheidung zu treffen, wie er mit den Runnern verfah-
ren will, wird er von Schreien und Schüssen unterbrochen.
Er ruft seinen Bodyguards zu, dass Riveros ihn verraten ha-
be und sie die Runner töten sollten. Doch bevor es dazu
kommt, brechen Soldaten in Tarnanzügen aus der Plantage
hervor und nehmen den Pavillon unter Feuer.
Szene 2
Uribe wirft sich vor Salazar und bekommt eine Salve ab, die
seinem Neffen gegolten hatte. Die anderen Männer und
Frauen im Pavillon versuchen zu fliehen, während ihre Bo-
dyguards das Feuer auf die Angreifer eröffnen. Die Gärten
bieten viel Deckung und viele Verstecke im dichten, blühen-
den Buschwerk. Die Runner sind sich selbst überlassen. Die
Wachen des Kartells werden sie weder schützen noch atta-
ckieren. Die Eindringlinge greifen sehr wohl an. Die Waffen
der Runner sind konfisziert, aber vielleicht lassen sich neue
bei den gefallenen Wachen finden. Vor dem Haus sind Autos
geparkt, aber es wird schwierig, dorthin zu gelangen. Wenn
die Runner in die Plantage fliehen, finden sie dort ein paar
Jeeps, die von den Arbeitern verlassen wurden. Riveros’ Pri-
vatflugzeug wartet in Bogotá. Während der Schießerei kön-
nen die Runner, im Kampf oder auf der Flucht, Tenoch se-

GEISTERKARTELLE
183
 JAIME SALAZARS HAZIENDA
(AUSSERHALB VON BOGOTÁ, KOLUMBIEN)
Die Anlage ist eine mehrere hundert Hektar große Bio-Kaffee-
plantage. Sie liegt ein paar Kilometer außerhalb von Bogotá.
Rund um das Haupthaus liegen gepflegte Gärten, ein Pool, natür-
liche Quellen mit kristallklarem Wasser, hoch aufragende Palmen-
haine und einige Nebengebäude (inklusive Dienstbotenquartier,
Gästehäusern und Arbeiterbaracken). Alles ist von tropischem Re-
genwald umgeben. Das Haus ist über zweihundert Jahre alt und
liebevoll restauriert, mit weißen Wänden (Panzerungsstufe 12,
Strukturstufe 11), großen Fenstern mit blauen Läden und einem
roten Dach. Außerdem gibt es allen Luxus, den der moderne Dro-
genbaron braucht: direkte Satelliten-Uplinks, einen eigenen Ne-
xus (System 5, Firewall 6, Prozessor 5, Signal 4, Satelliten-Uplink,
und IC: Juhseung Saja 4 (geladen), Watanabe Electronic Kitsune
4 (patrouillierend)), Tennis- und Basketballplatz, Designer-Pool
mit Wasserfall, einen Pavillon (Panzerungsstufe 6, Strukturstufe
7), VTOL-/Helipad und einen Bunker mit verstärkten Türen (Pan-
zerungsstufe 24, Strukturstufe 15).
Rund um das Wohngebäude verläuft eine Veranda mit schlan-
ken Säulen und sichtgeschützten Sitzgelegenheiten. Die lange
Zufahrt ist gepflastert, und eine große Garage, die durch einen
Hain blühender Bäume verdeckt ist, bietet Platz für Salazars ein-
drucksvolle Autosammlung. Die Sicherheitszentrale der Hazien-
TODESSTOSS
hen, der sie aber nicht zu bemerken scheint. Ein Entkommen
sollte für die Charaktere herausfordernd, aber nicht unmög-
lich sein. Schließlich will Tenoch sie zu Riveros verfolgen. Er
möchte, dass zumindest ein paar von ihnen überleben und
ihn zu ihr führen. In diesem Chaos entkommt Salazar, aber
Uribe ist schwer verletzt.
Die Runner entdecken inmitten des Durcheinanders
auch Salazars Sohn Carlos, der sich hinter der Leiche seines
Kindermädchens versteckt. Salazar ist geflohen, also werden
sich die Azzies das Kind schnappen und als Druckmittel ge-
184 GEISTERKARTELLE
da liegt im oberen Stockwerk der Garage, zusammen mit einem
eindrucksvollen Waffenlager. Kameras überwachen die Hauptzu-
gänge und das Gelände um Haus und Garage.
Die Wege zu den Feldern und anderen Teilen des Gutes sind
unbefestigt, weshalb Geländefahrzeuge von Vorteil sind. Die Ra-
senflächen um das Haus sind akkurat gestutzt und von Fußwegen
durchzogen. Große blühende Büsche und Gruppen von Palmen
erzeugen ein Gefühl der Abgeschiedenheit (und geben reichlich
Deckung).
Hier residiert Salazar, wenn er nicht rund um den Globus
seinen Geschäften nachgeht (was er meistens tut). Die anderen
beiden Gebäude im Innenbereich – ehemals Ställe und Sklaven-
quartiere – sind zu Büros bzw. Dienstbotenquartieren umgebaut
worden. Das Kartell herrscht auch über ein Dorf in der Nähe
(etwa fünf Minuten Fahrzeit), wo die meisten seiner Soldaten
leben.
Wenn Salazar, sein fünfjähriger Sohn und seine gegenwär-
tigen Geliebten zugegen sind, werden sie rund um die Uhr von
einem fünfköpfigen Team von Bodyguards bewacht (verwenden
Sie die Bodyguards der Geisterkartelle, S. 194). Das Gelände wird
durchgehend von zwei hoch fliegenden Überwachungsdrohnen
(Renraku Stormcloud, S. 398, SR4), 30 Soldaten des Kartells und
angeheuerten Söldnern patrouilliert. Nachts werden diese von
sechs Razorhound-Biodrohnen (Wildwechsel S. 40) unterstützt.
gen ihn verwenden wollen. Falls die Runner Carlos retten,
nimmt Riveros das Kind gern bei sich auf (und wird es ihrer-
seits als Druckmittel benutzen).
Showdown
Es wird schwierig, den internationalen Flughafen El Dorado
in Bogotá zu erreichen, der direkt neben dem Aztechnology
Business Complex liegt. Auf dem Weg dorthin sieht man die
Auswirkungen der Raketenangriffe und Luftschläge von Az-
technology auf die Felder und Lager des Olaya-Kartells (die
sich im von Amazonien beanspruchten Süden befinden).
Bogotá selbst strotzt vor Waffen, und die Nationalisten von
Gran Colombia, die vom Kartell unterstützt werden, liefern
sich Straßenschlachten mit den Truppen von Aztech.
Falls das Team es bis zum Flugzeug schafft, folgt ein drei-
stündiger Flug in angespannter Atmosphäre zurück nach
Caracas. Wenn die Runner Riveros von dem Geschehen un-
terrichten, verstärkt sie sofort die Sicherheitsmaßnahmen
auf ihrem Landgut. Andernfalls möchte sie die Runner im
Labor von RAM in Caracas treffen. Dadurch werden die Ver-
folger aber unerkannt vor Gracielas Tür geführt und schla-
gen überraschend zu.
Kurz nach Ankunft im Labor geht der AR-Alarm los. Wie
gut die Sicherheitsmaßnahmen sind, hängt davon ab, was
die Runner erzählt haben. Tenoch kommt mit einer kom-
pletten Kommandoeinheit (verwenden Sie die Aztlaner
Kommandotruppen, S. 195), um Riveros endlich zu fangen
oder zu töten. Die Flucht aus dem Labor wird zu einer offe-
nen Schlacht. Wenn es scheint, dass Graciela in Todesgefahr
ist, übernimmt Yajé wieder ihren Körper – dadurch kann sie
fast alles überleben. Tenoch wird jedoch bis zu seinem oder
ihrem Ende nicht aufgeben.
Die Lage scheint sich weiter zu verschlimmern. Riveros
führt die Runner zu einem sicheren Unterschlupf in der
Stadt. Sie sind zwar den Azzies entkommen, doch ein zwei-
ter Angriffstrupp steht bereit – diesmal vom Olaya-Kartell
(verwenden Sie die Bodyguards der Geisterkartelle, S. 194).
Jaime Salazar will Rache für den vermeintlichen Verrat und
den Anschlag. Falls die Runner seinen Sohn mitgenommen
haben, ist das ein weiterer Grund für den Angriff. Die Runner
müssen Riveros beschützen und mit ihr an einen sicheren Ort
entkommen, den weder die Azzies noch das Kartell kennen.
Folgen
Jaime Salazar überlebt den Anschlag, hält aber fälschlicher-
weise Riveros für die Drahtzieherin. Uribe ist schwer verletzt,
sein eigener Sohn entführt, sein Kartell wird von den anderen
Geisterkartellen nicht mehr unterstützt, und seine Chef-Dro-
gendesignerin hat ihn verraten. Salazar sitzt in der Klemme.
Aztechnology und Interpol nutzen die Gelegenheit und
schlagen weltweit gegen das Kartell los. Als Reaktion darauf
beschließt Salazar, den profitablen Tempo-Handel aufzuge-
ben, um seine Haut zu retten. Ding Ramos tritt mit einem
Angebot an ihn heran: Wenn das Olaya- und die anderen
Geisterkartelle die Tempo-Produktion an das David-Kartell
übergeben, sorgt Ding dafür, dass Aztechnology das Olaya-
Kartell nicht weiter bedrängt. Wenn sich Carlos Salazar in
seiner Gewalt befindet, nutzt er ihn als zusätzliche Verhand-
lungsmasse. Jaime Salazar kommt in eine Zwickmühle: Das
Olaya-Kartell produziert den Grundstoff ja gar nicht selbst.
Also muss er Riveros und ihre Verbindung mit der Geisterka-
bale opfern. Er weiß, dass die Primeira Vaga niemals mit Azt-
lanern Geschäfte machen würde, behält das aber für sich.
Jaime Salazar ist bereit, sowohl Riveros als auch seine
Aktivitäten in Caracas aufzugeben, um sich zu retten. Sobald
seine Geschäfte (und sein Sohn) in Sicherheit sind, erzählt
er also dem David-Kartell, dass Riveros die Verbindung zu ei-
ner geheimen amazonischen Quelle und Caracas der Haup-
tumschlagplatz ist.
VERRAT
Riveros ist in die Enge getrieben. Salazar hat sie verraten,
und Aztechnology ist hinter ihr her. Doch sie ist eine Über-
lebenskünstlerin und hat einen Notfallplan. Außerdem
fühlt sich Yajé, der Freie Geist, der seit dem Anschlag auf
GEISTERKARTELLE
den Geisterrat mehrmals von ihr Besitz ergriffen hat, immer
mehr zum Gefühl der Freiheit durch das Besitzergreifen von
Metamenschen hingezogen. Das Besetzen des Gameleira-
torcida-Baums für César da Silvas Kabale erscheint Yajé da-
gegen wie Sklaverei. Wenn die Welt nicht mehr mit Tempo
versorgt würde, weil Salazar damit aufhört, verlöre Yajé ih-
ren Hauptzugang zu Metamenschen (siehe Das Geheimnis
von Tempo, oben). Sie ist sich dessen nicht bewusst, aber sie
ist süchtig nach der Übernahme von Metamenschen gewor-
den. Und wie jeder Abhängige tut sie alles für den nächs-
ten Schuss ... auch wenn sie mit Riveros zusammenarbeiten
muss, um das Kartell und die Primeira Vaga zu verraten.
Auftakt
Riveros hat gehört, dass das Olaya-Kartell die Stadt nach
ihr durchkämmt. Sie sorgt sich auch (zurecht), dass Az-
technology immer noch in Caracas nach ihr suchen könn-
te. Interpol hat die Anlagen des Kartells durchsucht, und
RAM ist als Nächstes dran.
Riveros und Yajé brauchen einen Fluchtweg. Das heißt,
sie brauchen Verhandlungsmasse. Also bekommen die Run-
ner einen weiteren Auftrag, der sie tief in den Regenwald
zum Hain der Gameleira torcida führt. Die Runner müs-
sen dorthin, einen bestimmten Baum zerstören, und mit
einem noch nicht besessenen Schössling zurück kehren.
Jeder bekommt bei der Rückkehr 75.000 Nuyen dafür. Ri-
veros nennt ihnen die Lage der nächstgelegenen Siedlung
und gibt ihnen einen selbstgemachten Kompass mit einem
Rindenstück als Nadel. Die Rinde dient als materielle Ver-
bindung zur Gameleira und weist den Runnern den Weg.
Szene 1
Die Primeira Vaga hat einen Terreiro tief im Amazonasd-
schungel. Riveros kann für die Runner ein Boot organisie-
ren, das sie von der Küste den Amazonas hinauf bis zum
TODESSTOSS
Rio Negro bringt. Alternativ kann sie Maria Angela, die An-
führerin der Aves de Rapina (einer ansässigen Schmugg-
lerbande) anheuern, um sie über die Muralha Verde zur
nächstgelegenen Siedlung zu fliegen.
Die Runner stehen vor einer schweren Entscheidung.
Der Weg entlang der Küste und dann flussaufwärts bis
zum Rio Negro dauert mindestens zwei Wochen. Und man
müsste sich mit dem Regenwald auseinandersetzen, sei-
nen Bewohnern und ihren Dörfern, wilden Gestaltwand-
lern, riesigen Anakondas, Schwärmen von baseballgro-
ßen, Krankheiten übertragenden Moskitos, aggressiven
Naturgeistern sowie giftigen Tieren und Pflanzen. Zudem
leben dort Stämme von Metamenschen und intelligenten
Paracrittern. Ein paar sind vielleicht misstrauisch oder un-
freundlich, doch andere sind offen feindselig und greifen
alle Eindringlinge an – vor allem Außenseiter. Man braucht
unbedingt einen erfahrenen Führer, denn GPS und sons-
tige Orientierungsmethoden versagen in dem sich ständig
verändernden Dschungel.
Andererseits ist ein Flug über die Grenze von Amazo-
nien gefährlich wie nie zuvor. Die Spannungen zwischen
Aztlan und Amazonien sind seit den Luftschlägen gegen
Bogotá auf dem Höhepunkt, und die Patrouillen der DISA
sind extrem wachsam, aber die Schmuggler könnten die
Runner innerhalb von ein paar Tagen nach Santa Isabel am
Rio Negro bringen. Dort sind die Runner auf sich allein
gestellt. Die Schmuggler werden sie eine Woche später
wieder abholen. Natürlich müssten sich die Runner, falls
der Stealth-Zeppelin (S. 196) der Schmuggler abgefangen
wird und abstürzt, denselben Gefahren wie bei der Fluss-
reise stellen.
185

AUSFLUG ZUM AMAZONAS
Die Stadtkinder unter den Runnern sind wahrscheinlich
nicht auf die Gefahren des Regenwaldes vorbereitet. Ri-
veros kann für Survival-Talentsofts sorgen, wenn jemand sie
brauchen kann, und die Schmuggler können Tipps geben.
Neben den Gefahren der ungezähmten Wildnis drohen
den Runnern Hitzschlag, Dehydrierung und Krankheiten.
Sie sollten so viel Wasser und so wenig Panzerung wie
möglich mitnehmen. Wer Panzerung ohne Umweltanpas-
sung (S. 373, SR4) trägt, muss tagsüber alle 10 Minuten,
nachts alle 20 Minuten eine Erschöpfungsprobe ablegen.
Regen, Feuchtigkeit und Matsch durchdringen alles. Wenn
die Ausrüstung der Runner nicht umwelt-angepasst ist und
sie nicht alle paar Tage die Waffen reinigen, beeinträchtigen
Moos, Schlamm und Flechten die Funktion. Für jeden sol-
chen Gegenstand wird jeden Tag 1W6 geworfen. Bei einer
1 ist dieser unbrauchbar und muss mit einer Ausgedehnten
Probe auf Logik + Waffenbau oder Hardware (4, 1 Stunde)
repariert werden. Sollten die Gegenstände nicht regelmä-
ßig gereinigt werden, kann der Spielleiter die Wahrschein-
lichkeit einer Fehlfunktion um 1 pro Tag erhöhen.
Die Runner werden auch bemerken, dass die große
Hitze und die regelmäßigen Wolkenbrüche Wärmesen-
soren aller Art und sonstige komplexe Elektronik massiv
stören (und damit nutzlos machen).
Begegnungen
Die folgenden Begegnungen könnten etwas Würze in einen
Zug durch den unberührten Amazonasdschungel bringen.
 Nach ein paar Reisetagen treffen die Runner auf eine
Jagdgruppe der Huapa. Die Huapa sind sehr revierbe-
wusst und fordern die Eindringlinge – in ihrer eigenen
Sprache und mit bedrohlichen Gesten – heraus. Wenn
man mit Gewalt oder Einschüchterungsversuchen rea-
giert, ergibt das Schwierigkeiten: Die Huapa verschwin-
den im Dschungel, beschatten die Gruppe und beschie-
ßen sie aus fast perfekter Deckung mit ihren Giftpfeilen,
nur um sich gleich wieder zurückzuziehen.
 Die Runner stolpern aus dem Unterholz auf einen Feld-
weg und hören plötzlich Motorengeräusche. Ein Konvoi
TODESSTOSS
aus fünf Lastwagen (voller Tempo) kommt in Sicht. Er be-
wegt sich unnatürlich schnell (mit der Hilfe von Geistern)
über die schlammige Piste. Die Runner haben nur Sekun-
den Zeit, um zu reagieren, bevor man sie entdeckt.
 Die Runner überqueren gerade einen Hügelkamm, als
plötzlich der aufgeweichte Boden unter ihnen nachgibt.
Sie stürzen in einem Erdrutsch in eine Schlucht hinab.
Wenn sie ihre Rutschpartie nicht unter Kontrolle bringen
(Geschicklichkeit + Akrobatik oder Klettern, Mindest-
wurf 2), werden sie verletzt (Schadenscode 8K –halbe
Stoßpanzerung). Auch ihre Ausrüstung kann (nach Er-
messen des Spielleiters) beschädigt werden.
 Der gefährliche Regenwald birgt auch Schätze. Die Run-
ner finden bei einem Baum eine Gruppe Aspasia lunata
(Erwachte Orchideen, deren Knospen einen Perlglanz
verströmen, und die als wertvolle Unberührte Telesma
10.000 Nuyen pro Stück wert sind). Leider ist der Baum
eine Erwachte Variante des Huacapu-Baums, und seine
Rinde ist für Metamenschen giftig.
 Urplötzlich bricht vor den Runnern das Unterholz aus-
einander und sie sehen vor sich eine Große Anakonda,
die mit vier Ameisengeistern in Fleischgestalt und einem
in Wahrer Gestalt kämpft. Die Anakonda ist unabsichtlich
über einen Ameisenschwarm gestolpert, der einen Einge-
borenenstamm übernommen hatte. Die Insektengeister
wollen sie töten, weil sie glauben, die Anakonda spionie-
re für die amazonischen Behörden. Wenn die Charaktere
mit Großen Anakondas nicht vertraut sind, erkennen sie
vielleicht nicht, dass der Critter vernunftbegabt ist.
 Falls die Runner nicht geimpft sind, könnten sich einige
von ihnen durch Insektenbisse oder kleine Wunden mit
Tropenkrankheiten wie Malaria (S. 138, BodyTech) oder
etwas Exotischerem (aus der Giftküche des Spielleiters)
infizieren.
186 GEISTERKARTELLE
Von Santa Isabel do Rio Negro (S. 188) aus müssen
sich die Runner ein paar Tage lang durch eines der gefähr-
lichsten Gebiete der Erde zum Terreiro kämpfen. Ein paar
schlammige Straßen führen durch den Wald zu da Silvas
Tempel, aber diese Wege werden von Geistern und den Sol-
daten der Primeira Vaga bewacht.
Szene 2
Der Terreiro ist schon in seinen angenehmsten Momenten
ein unheimlicher Ort – und jetzt gerade ist keiner davon. Die
Runner kommen früh am Morgen an und sehen schnell, dass
hier eine große religiöse Zeremonie vorbereitet wird. César
da Silva wird seine Gemeinde bei der Verehrung von Tempo,
dem Orisha des Waldes, im Terreiro der Primeira Vaga (S.
187) leiten. (Schlaue Runner sollten erkennen, dass dieses
lautstarke Ritual eine ideale Gelegenheit bietet, sich reinzu-
schleichen, den Baum zu vernichten und mit dem Schössling
zu verschwinden.) Zu jeder Tageszeit halten sich zwischen
zwanzig und dreißig Guerilleros der Primeira Vaga im Lager
auf. Ein Sturmangriff wäre daher Selbstmord. Wenn die Run-
ner aber bei der Annäherung nicht zu auffällig sind, können
sie das Gelände ein paar Stunden lang auskundschaften,
während sie auf die Nacht warten … und auf das Ritual.
Sie können es nicht wissen, aber während des Rituals
wird der Terreiro (eine Domäne der Stufe 3, die auf Natur-
magie ausgerichtet ist) mit einer sich manifestierenden Al-
chera verschmelzen– ein lebendiges Blätterdach wölbt sich
über das ganze Camp, und die Geister und Tiere kommen
aus dem Wald, um an dem Ritual teilzunehmen.
Am Abend erfüllt ein tiefes rhythmisches Trommeln die
Luft, und die Runner riechen frisches Blut. Geister werden
von der Zeremonie und dem Opfer angezogen und schwär-
men durch das Gebiet. Diesmal ist der dichte Regenwald
auf Seiten der Runner, denn die pure Masse an Leben macht
es schwer, sie astral aufzuspüren. Das Gelände hat sich we-
gen der seltsamen Alchera verändert, sodass der Hain der
Gameleira torcida den Terreiro umgibt und mit einem
Blätterdach überdeckt. Die Runner müssen sich rund um
den Terreiro bewegen. (Spielleiter sollten hervorheben, wie
außerweltlich, unheimlich und feindselig die Atmosphäre
von Terreiro und Wald wirkt). Die Beteiligten sind ganz
auf das Ritual im zentralen Hof konzentriert, bei dem ein
Metamensch mit aztlanischen Offiziersabzeichen geopfert
wird. Wenn die Runner heimlich vorgehen, können sie un-
bemerkt an allen vorbei zum Hain gelangen.
Der Hain selbst ist das Herz der Alchera. Riveros‘ magi-
scher Kompass zeigt den Weg zum richtigen Baum. Er ist über
45 Meter hoch und an seiner Basis breit wie ein Bus. Skelette
und halbverweste Leichen sind in den verschlungenen Wur-
zeln verstrickt. Die Runner müssen den Baum zerstören, in-
dem sie ihn fällen oder alle Wurzeln abhacken – Feuer, Säure,
Gift, Sprengstoff oder Magie können ebenfalls helfen. Und
sie müssen bis in 35 Meter Höhe klettern, um aus den Ästen
einen Schössling zu holen. Es gibt kleine, weniger als einen
Meter große Schösslinge mit einer Dicke von nur wenigen
Zentimetern. Leider kann man sie nicht ernten, ohne den Ast
des Wirts abzuschneiden. Aufmerksame Charaktere können
an einigen Bäumen auch Wunden erkennen, wo die Rinde
abgeschält wurde und gerade nachwächst. Unterdessen wird
das ekstatische Trommeln immer intensiver.
Showdown
Egal wie leise sich die Runner anstellen – sobald Yajés
Baum fällt, erkennen die anderen Geister, was vor sich
geht. Der Lärm des Falls alarmiert die Wachen des Terrei-
ro, die ebenfalls auf die Jagd nach den Runnern gehen. So
 TERREIRO DER PRIMEIRA VAGA
(AMAZONASDSCHUNGEL, AMAZONIEN)
César da Silvas Terreiro ist ein abgelegenes Gelände tief im Ama-
zonasdschungel. Die Gebäude einer Kaffeeplantage sind schon
lange vom Erwachten Regenwald überwuchert und bilden nun
den Terreiro der Zauberer der Primeira Vaga (ein Magisches Re-
fugium der Stufe 10). Die weißen Gebäude im Kolonialstil sind
noch hinter den wuchernden Ranken zu erkennen. Diese Ran-
ken, dick wie die Taille eines Mannes, bedecken hier fast alle
Oberflächen. Die Äste biegen sich unter schweren, gelben und
weißen Trompetenblüten, die dauernd in einer Brise zu schwan-
ken scheinen – auch wenn die Luft völlig unbewegt ist.
Pfade durchschneiden den Dschungel zwischen den ver-
schiedenen Gebäuden, und ein wenig Fläche wurde dazwischen
abgeholzt, um als paramilitärisches Übungsgelände für die Pri-
meira Vaga (und andere tiefgrüne Terroristengruppen aus dem
Regenwald) zu dienen. Das Gelände ist nicht von Mauern oder
Zäunen umgeben – was Runnern, die sich anschleichen wollen,
einen wertvollen Hinweis gibt. Ständig sind etwa 20 bis 30 Sol-
daten der Primeira Vaga vor Ort (Metamenschen, Geister und
vernunftbegabte Paracritter Bewusstsein wie Nagas, Ozelot- und
Affen-Gestaltwandler und andere exotische Spezies).
oder so werden die Runner von da Silva, seinen Leuten
und der Geisterkabale verfolgt, während sie versuchen,
aus der Alchera zu flüchten. Landschaftsmerkmale, Lage
und Entfernung spielen keine Rolle in der Alchera, und
das Rennen durch die magische Dschungellandschaft ver-
wirrt die Runner sehr.
Ab dem Moment, wenn die Runner die Alchera verlassen
haben, schützt sie der Regenwald wieder ein klein wenig.
Leider sind die Geisterkabale und da Silvas Soldaten nicht
bereit, die Verfolgung aufzugeben. Die Flucht durch den
Wald kann so aufregend und gefährlich sein, wie der Spiel-
leiter das wünscht. Die Primeira Vaga gibt erst auf, wenn kei-
GEISTERKARTELLE
Das Zentrum bildet nicht die alte Fazenda, sondern die
Senzala (die früheren Sklavenquartiere). Die rot geziegelten Ve-
randen dieses ebenerdigen, U-förmigen Gebäudes umgeben den
eigentlichen Terreiro (Tempel). Der Hof war einst gepflastert,
doch das Pflaster ist längst aufgebrochen und von sanften grü-
nen Gräsern bedeckt. Im Zentrum des Hofes steht ein gewaltiger
Gameleira-Baum, der dem Orisha Tempo heilig ist. Der Terreiro
öffnet sich zu einem Hain von Gameleira torcida (die geheime
Quelle von Tempo), der mit dem Regenwald verschmilzt. Terrei-
ro und Hain sind eine Domäne (Stufe 3, ausgerichtet auf Natur-
magie jeder Art).
Regelmäßig werden dort Rituale mit Musik, Gesang und
Festmahlen abgehalten. Diese Rituale haben eine zusätzliche
Wirkung: Das konzentrierte Mana bewegt das Gebiet oft in eine
Alchera (S. 131, Straßenmagie). Dann wird das Gebäude viel grö-
ßer, mit langen gewundenen Korridoren und seltsam geformten
Fenstern, die einen erschreckenden Ausblick auf einen Wald
voll abenteuerlicher Pflanzen freigeben, und einem riesigen Hof
mit einer Steinplatte zu Füßen eines gigantischen Baumes. In
solchen Nächten erscheinen die mysteriösen Hintermänner der
Primeira Vaga.
TODESSTOSS
ne Chance mehr besteht, die Charaktere einzuholen. Wenn
die Runner entkommen, ist es von höchster Wichtigkeit,
dass sie auch den Schössling dabeihaben.
Folgen
Sobald die Runner Yajés Baum zerstört haben, ist sie aus der
Geisterkabale befreit. Riveros und sie wollen den Schöss-
ling, um damit weiter Tempo zu produzieren. Ohne ihn
kann Riveros im nächsten Abenteuer nicht verhandeln. Cé-
sar da Silva und die Primeira Vaga wissen nun, dass Yajé sie
verraten hat.
187
 SANTA ISABEL DO RIO NEGRO
(AMAZONAS E PARÁ, AMAZONIEN)
Diese kleine Gemeinde von etwa 1.500 Seelen ist einer der letzten
Handelsposten im tiefen amazonischen Regenwald. Sie schmiegt
sich an die Ufer des Rio Negro – heiß, dampfend und wenig ein-
ladend für Reisende oder Touristen. Die Einwohner sind zum
Großteil Metamenschen und daran gewöhnt, seltsame Einwohner
Amazoniens, wie Händlergruppen von Nagas, Gestaltwandlern
und Gefiederten Schlangen zu sehen. Daher ist die Atmosphäre
hier ziemlich offen und duldsam. Man ist hier auch an Schmuggler
und Talishändler gewöhnt und drückt bei kleineren illegalen Ge-
schäften ein Auge zu, solange sie Geld in die Stadt bringen.
Es gibt einige Mechaniker, die fast alles reparieren und. Da
es aber praktisch keine richtigen Ersatzteile gibt, haben sie sich
erfindungsreiches Basteln verlegt. El Tigre Taimado ist eine
Kneipe mit ein paar kahlen Räumen über der Bar, die der Be-
sitzer, ein Ozelot-Gestaltwandler, an Reisende vermietet. Ein
kleiner Laden neben der Kneipe verkauft Überlebensausrüstung
und andere Dinge, die man auf einer Reise durch den Dschungel
brauchen kann. Es gibt ein paar Boote zu mieten, wobei es stutzig
macht, dass die Kaution genauso hoch wie der Verkaufspreis ist.
Offenbar erwarten die Besitzer nicht, ihre Boote wiederzusehen
... Erfahrene Führer durch den Dschungel kann man in den vier
Kneipen der Siedlung finden.
LETZTER VORHANG
Als die Runner wieder in Caracas ankommen, ist Riveros un-
auffindbar. Wenn sie ihre Bezahlung haben wollen, müssen
die Runner sie finden. Unterdessen waren Aztechnology und
Interpol in der Stadt sehr aktiv, und Amazonien ist außer
sich. Es ist keine gute Zeit für einen Aufenthalt in Caracas,
aber die Runner sind mit der Sin City Sur noch nicht fertig.
TODESSTOSS
Auftakt
Die Stadt brodelt: Die Einrichtungen des Olaya-Kartells wur-
den bombardiert, die Gebäude von RAM sind von Interpol
und Aztechnology gestürmt worden und nun polizeilich
versiegelt, und das Landgut von Graciela Riveros in El Àvila
ist „unerklärlicherweise“ bis auf die Grundmauern nieder-
gebrannt. Im Sprawl wimmelt es von Interpol- und Aztech-
Truppen. Amazonien ist höchst aufgebracht über die „Ag-
gression seitens Aztlans“ in Zusammenarbeit mit Interpol
und mit Billigung des Konzerngerichtshofs. Es gibt Gerüchte
über Truppenkonzentrationen hinter der Muralha Verde. Al-
les deutet auf einen bevorstehenden Krieg zwischen Amazo-
nien und Aztlan hin.
Szene 1
Als die Runner den Unterschlupf erreichen, wo sie Riveros
verlassen haben, finden sie nur dessen ausgebrannte Hülle.
Die Anwohner berichten, das Gebäude sei vor ein paar Ta-
gen in die Luft gejagt worden. Riveros wird vermisst, und
das Olaya-Kartell hat einen Preis auf sie ausgesetzt – tot oder
lebendig. Auf ihrer Suche nach Riveros hören die Runner
auch davon, dass Aztechnology die Labors und Felder des
Kartells rund um Bogotá angegriffen hat. Das lokale Trideo
quillt über vor leidenschaftlichen Ansprachen von Hualpas
Sprecherin und anderen amazonischen Anführern, die die
feindlichen Akte Aztlans verdammen.
Es ist ein Alptraum, sich durch Caracas zu bewegen:
Agenten von Interpol stürmen (vermeintliche) Drogenhöh-
188 GEISTERKARTELLE
DER HAIN
Hinter dem Terreiro befindet sich das Herz des Tempo-Han-
dels: der Hain der Gameleira torcida. Die verzerrten Bäume
ragen über dem Rest des Regenwaldes auf, und ihre Wurzeln
schlingen sich um die Skelette ihrer Opfergaben. Die gelben
Trompetenblüten hängen schwer herab, groß wie kleine Bäu-
me, und ihr zitronenartiger Duft übertüncht den Leichenge-
stank. Schösslinge wachsen in den Baumkronen ihrer Wirte,
oft 45 Meter über dem Boden, von wo aus sie diese langsam
erwürgen und verzehren.
Die Gebäude neben dem Hain liegen manchmal in einer Al-
chera, doch der Hain selbst ist fast immer, ganz oder teilweise,
darin. Geisterhafte Erscheinungen von knotigen Trieben und
substanzlosen Bäumen, die ihre Äste nach Metamenschen aus-
strecken, die sich ihnen zu nähern wagen, erfüllen den Hain.
Schwache Echos von Schreien tönen durch das Gehölz, doch
man kann ihre Quelle nicht ausmachen. Manchmal materialisiert
sich die Alchera und verändert plötzlich das Gelände – von einer
tiefen Senke voll schlammigem Wasser bis hin zu nebelverhan-
genen Hügeln. Es ist ein unheimlicher, feindseliger Ort – Heimat
von Geistern, die die Metamenschheit verabscheuen. Ihr Hass
durchtränkt den Astralraum im Hain mit einer grausamen Mi-
schung aus Leid, Opfer und Tod.
len und Produktionsstätten und verhaften alle angeblichen
Mitglieder des Olaya-Kartells und dessen Verbündete. Wenn
die Runner in den vorigen Abenteuer-Gerüsten nicht extrem
vorsichtig waren, gelten sie jetzt als Verbündete von Riveros,
und Caracas wird für sie zu einem sehr unwirtlichen Ort.
Nun müssen sie selbst einen Unterschlupf suchen und alle
ihre früheren Connections meiden, wenn sie nicht gefunden
werden wollen. Wenn die Runner genügend Nachforschun-
gen anstellen, finden sie schließlich eine Tempo-Höhle, die
Interpol noch unbekannt ist. Eine ausgemergelte, blasse
Süchtige spricht sie dort an. Es ist Yajé, die im Körper der
Frau steckt und ihnen sagen kann, wo Riveros zu finden ist.
Szene 2
Riveros und Yajé haben sich in einem kleinen Apartment am
Rande von La Rinconada versteckt. Wenn die Runner den
Schössling mitbringen, bedankt sich Riveros. Im Moment
ist sie ein wenig unter Druck und bittet die Runner um die
Erledigung eines letzten Auftrags. Sie möchte, dass diese ei-
nen Kontakt zu Domingo Ramos herstellen, der sich in der
Stadt aufhält. Vielleicht lässt sich zwischen Riveros/Yajé und
Aztechnology ein Deal aushandeln. Selbst wenn das nicht
gelingt, hofft Riveros, Zeit zu gewinnen und weit weg von
Caracas mit Yajé von vorn anfangen zu können.
Die Runner müssen mit Ramos Kontakt aufnehmen und
ein Treffen organisieren. Er hält sich in seinem eigenen
Landsitz oben in El Àvila auf. Die Runner sollten die Gegend
inzwischen kennen. Es wird einiges an Überzeugungsarbeit
brauchen, um dort hineinzugelangen, aber wenn die Run-
ner es – mit Charme, List oder durch die Erwähnung des
Namens Riveros – schaffen, wird Ding sie anhören. Graciela
hat den Runnern dieselben Daten über ihre neue Tempo-
Mischung mitgegeben wie für das Treffen mit Salazar. Ra-
mos ist zu einem Treffen bereit, möchte aber, dass es geheim
bleibt. Schließlich will niemand, dass Interpol mitbekommt,
wie sich ein Repräsentant von Aztechnology mit ihrer meist-
gesuchten Verbrecherin trifft.
Showdown
Das Treffen findet in einem verlassenen Lagerhaus von Kon-
dOrchid am Rand von La Rinconada statt. Riveros schickt die
Runner vor, um das Gebäude zu sichern, und bittet sie dann,
zu bleiben und sie zu beschützen.
Ramos kommt mit einem Trupp Bodyguards – von de-
nen zwei, astral betrachtet, keine Lebewesen sind. Sie sind
die erste Generation von Aztechs Cyborgs (ähnlich dem MCT
Otomo mit Mimik-Modifikation, S. 155, BodyTech).
Die Stimmung ist angespannt. Keine Seite traut der an-
deren, doch solange die Runner nicht angreifen, bleiben die
Bodyguards ruhig. Ramos fragt Riveros nach dem Schöss-
ling, den sie auch tatsächlich dabeihat. Die beiden ziehen
sich in einen leeren Raum zu einer Privatbesprechung zu-
rück. Dieses Treffen verläuft tatsächlich ungestört, doch der
Spielleiter könnte ein wenig Paranoia erzeugen, indem er
zum Beispiel eine Gruppe der Bolivar ‘49 draußen vorbei-
poltern lässt.
Folgen
Nach zwei Stunden kommen Ramos und Riveros zurück.
Sie hält den Schössling im Arm wie ein Baby. Riveros dankt
den Runnern für die Hilfe und weist auch Ramos auf die
unschätzbaren Dienste des Teams hin. Er wirft den Runner
achtlos, als kleines „Dankeschön“ von Aztechnology, einen
beglaubigten Credstick zu. Zudem bietet er an, sie könnten
sich von Aztechnology in jeden beliebigen Sprawl bringen
lassen. Schließlich überwacht Interpol im Moment den ge-
samten Verkehr von und nach Caracas.
Die Runner können das Angebot annehmen oder nicht.
In jedem Fall sind sie entlassen. Nach so langer Zeit in Be-
gleitung von Riveros kennen sie inzwischen den Unterschied
in den Bewegungen, wenn sie von Yajé besessen ist. Und als
Ding Ramos und Graciela Riveros das Gebäude verlassen,
sind die Runner ziemlich sicher, dass es nicht Riveros ist, die
in den gepanzerten Van steigt...
ABLEGER UND NEBENJOBS: ABENTEUER-IDEEN
Es folgen einige kurze Aufhänger und Abenteuerideen, die
leicht in Todesstoß einzubauen sind. Sie beschäftigen sich mit
Nebenhandlungen abseits des Hauptplots. Spielleiter können
natürlich aber auch eigene Ideen einbringen. Die Geschichte
entwickelt sich über mehrere Monate, und die Abenteuer-
Gerüste oben behandeln nur die wichtigen Ereignisse.
 Graciela Riveros hat gerüchteweise von einer Erwachten
Pflanze im Amazonasdschungel gehört. Sie soll, nach dem
Konsum von Tempo, diesen verschleiern können (wo-
durch man Drogentests bestehen könnte). Sie hätte gerne
eine Probe von dieser Pflanze, wenn es sie denn wirklich
gibt. Die Runner sollen eine Gruppe von Kartellwissen-
schaftlern beschützen, die im Amazonasbecken danach
suchen sollen.
 Die IDEA hat erfahren, dass ein Teil der Bevölkerung nicht
von den Wirkungen von Tempo betroffen ist. Eine Agentin
der IDEA teilt diese Information mit einem Agenten des Ar-
tificial Resource Management (ARM) der Grid Overwatch
Division (GOD) des Konzerngerichtshofs. Der ARM-Agent
erkennt, dass einige der nicht Betroffenen Technomancer
sind. Der Agent ist selbst Technomancer und will die Da-
ten um jeden Preis aus dem Verkehr ziehen. Er hackt ge-
meinsam mit einigen anderen Agenten des ARM die IDEA
und vernichtet die Aufzeichnungen, bemerkt aber zu spät,
dass die Agentin eine Kopie ihrer Ermittlungsergebnisse
zu Hause hat. Die Runner sollen diese Kopie vernichten
und die Agentin eliminieren, bevor etwas an die Öffent-
lichkeit gelangt.
GEISTERKARTELLE
 Agenten der IDEA führen in Caracas eine Großrazzia in
Tempo-Höhlen durch. Sie nehmen jeden dort fest und
sperren die Gefangenen in Gruppenzellen auf den örtli-
chen Polizeirevieren. Inzwischen versuchen sie, herauszu-
finden, wer ein Dealer und wer ein Konsument ist. Eine
der Einrichtungen war zugleich ein Bordell, in dem aus-
ländische Touristen „völlig neuartige Intimitäten“ erleben
konnten. Ein Angestellter aus dem mittleren Management
von S-K wurde dort verhaftet. Er sollte eigentlich eine Ma-
nagementtagung in Caracas besuchen. Nun muss er aus
dem Gefängnis kommen, bevor seine Vorgesetzten – oder
noch schlimmer: seine Frau – erfahren, dass er statt des
Geschäftstermins ein wenig „Freizeit“ genossen hat.
RAMOS’ VILLA (EL ÀVILA, CARACAS)
Auch Domingo Ramos hat ein Landgut in El Àvila, denn Ca-
racas ist für ihn besonders interessant. Er ist ein sehr guter
Kunde der Bio-Mod-Sexindustrie und genießt die Gesell-
schaft seiner spezialgefertigten „Spielzeuge“ gern in seinem
luxuriösen Zuhause.
Die Villa ist ein langes, ebenerdiges Gebäude mit zwei
Flügeln, die einen kunstvoll gestalteten Pool und Wellness-
bereich umgeben. Im Haus befindet sich auch eine kleine
Klinik (mit Valkyrie-Modul). Einige der Gästezimmer sind
auch als luxuriöse Gefängniszellen zu benutzen.
Am Vordereingang befindet sich ein Wachhäuschen mit
zwei ständig anwesenden Wachen. Der Rest des Anwesens
ist von einem Zaun mit drei Lagen Stacheldraht und Selbst-
schussanlagen umgeben – Ramos legt großen Wert auf sei-
ne Privatsphäre.
Er reist immer mit einem sechsköpfigen Personen-
schutz-Team von Aztechnology. Wegen der besonderen
Umstände seines Aufenthalts in Caracas wird das Team
um zwei Huitzilopochtli-Cyborgs (S. 198) erweitert. In
der Stadt bewegt sich Ramos mit einem gepanzerten Rolls-
Royce Phaeton, der von mindestens einem gepanzerten
SUV begleitet wird.
TODESSTOSS
Alle Besucher werden genauestens mit Magnetanoma-
liedetektoren und Cyberwarescannern (Stufe 5) überprüft.
Sie werden entwaffnet, und offensive Cyberware wird neu-
tralisiert, bevor Gäste zu Ding vorgelassen werden.
LAGERHAUS VON KONDORCHID
(ZWISCHEN LA RINCONADA UND LA GUAIRA)
Dieses Lagerhaus wurde von Interpol und Aztech gründlich
durchsucht und ist nun leer.
Es ist ein großes Gebäude (etwa 40 mal 60 Meter) und
verfügt über zwei Ladebuchten mit breiten Schiebetüren.
Das Schloss des einzelnen Nebeneingangs ist aufgebro-
chen. Wände und Dach bestehen aus Densiplast (Panze-
rungsstufe 8, Strukturstufe 9).
Im Hauptbereich liegen Verpackungen aus Papier und
leere Paletten aus Plastiboard (Panzerungsstufe 4, Struktur-
stufe 7) herum, der Rest des Gebäudes ist leer. Kameras
und Sicherheitssysteme, sogar die Lichtinstallationen wur-
den von den Bewohnern des Viertels nur Minuten, nach-
dem die letzten Polizisten abgezogen waren, geplündert.
Die beiden Büros im hinteren Bereich sind relativ intakt,
aber nicht verschlossen. Es kann nicht lange dauern, bis die
ersten Squatter einziehen.
In der Nacht des Treffens ist der Ort nur vom Mond-
licht, das durch die Wolken sickert, und den Scheinwerfern
der Fahrzeuge beleuchtet. Graciela hat den Ort gewählt,
weil er abgelegen liegt und sie das Gebiet kennt.
Die Fahrzeuge des David-Kartells parken draußen, und
Ramos schickt zwei Bodyguards vor, um zu sehen, ob Gra-
ciela wirklich da ist.
189
 SCHATTENBESETZUNG
Im folgenden Abschnitt werden die wichtigsten Charaktere
in Todesstoß vorgestellt. Mit diesen NSC könnten die Spie-
lercharaktere in Berührung kommen oder auch nicht, aber
sie spielen eine wichtige Rolle in der Geschichte, und ihre
Vorhaben beeinflussen die Charaktere und werden von die-
sen beeinflusst.
TENOCH
Tenoch ist ein Cuachicqueh, oder Geschorener, ein Mitglied
der geheimen Stoßtruppen von Aztlans Spezialeinheiten. Die
Cuachicqueh treten meist in Paaren auf, die sich ergänzen.
Tenochs Partner kommt beim Angriff auf den Geisterrat ums
Leben. Tenoch ist fokussiert und rücksichtslos hingebungs-
voll und setzt seine Mission alleine fort, um sie zu Ende zu
bringen und seinen Partner zu rächen, indem er Graciela Ri-
veros tötet. Er jagt sie von L.A. über Caracas bis Bogotá, und
schließlich zurück nach Caracas zum letzten Gefecht. Nichts
würde ihn mehr erfreuen, als ihr das noch schlagende Herz
aus der Brust zu reißen.
Tenoch ist ein Veteran Dutzender Geheimoperationen
für Aztechnology. Er hält sich körperlich fit und behält für
sein Auftreten den traditionellen Stil der Cuachicqueh bei:
Sein Kopf ist bis auf einen kurzen Irokesenschnitt und Zopf
geschoren. Tätowierungen mit Adlern in klassisch-azteki-
schem Stil umringen seinen Nacken, und im Kampf trägt er
oft „Blutamulette“ von gefallenen Gegnern, wie Haarlocken
oder Fingerknochen.
Wie alle Cuachicqueh ist er ein geborener Krieger, un-
erbittlich und gefährlich. Er spricht nur selten, und wenn
er es tut, dann mit wenigen, groben Worten. Doch seine
Ausstrahlung ist überwältigend, und die Leute unter seinem
Kommando gehorchen ohne zu zögern. Als Cuachicqueh
zieht es Tenoch vor, aus dem Hinterhalt zuzuschlagen und
spurlos zu verschwinden, doch er fürchtet keine körperliche
TODESSTOSS
Konfrontation – ganz im Gegenteil.
K G R S C I L W M EDG ESS INI ID
6 4 5 (7) 6 2 4 3 5 7 4 4,57 9 (11) 1 (3)
Zustandsmonitor: 11/11
Panzerung (Ballistisch/Stoß): 14/12 oder 12/7
Fertigkeiten: Fertigkeitsgruppe Athletik 4, Beschatten 4 (5),
Einschüchtern 4 (Körperlich +2), Englisch 3, Geheimopera-
tionen 2, Geschichte Aztlans 4, Infiltration 5 (6), Klingenwaf-
fen 5 (8), Pistolen 3, Schnellfeuerwaffen 6 (9), Sprengstoffe
3, Survival 3, Traditionen der Cuachicqueh 3, Verhandlung
2, Verkleiden 3 (4), Wurfwaffen 3
Gaben und Handicaps: Adept, Gezeichnet, Kampfkunst
(ROSS: +1 auf Angesagtes Ziel zum Entwaffnen, Zielen als
Freie Handlung, Waffe Bereitmachen als Freie Handlung,
Modifikator für Gegner im Nahkampf um –1 reduziert),
Schutzpatron (Adler), Unglück
Initiatengrad: 4
Metamagie: Adeptenzentrierung, Infusion, Maskierung,
Physische Kontrolle
Adeptenkräfte: Gegenangriff (2), Verbesserte Fertigkeit:
Klingenwaffen (3), Verbesserte Fertigkeit: Schnellfeuerwaf-
fen (3), Geschossparade (2), Schmerzresistenz (3), Spurlo-
ser Schritt
Bodytech: (alles Deltaware) Adrenalinpumpe (2), Synap-
senbeschleuniger (2), Radarsensor (3), Reflexrecorder (Fer-
tigkeitsgruppe Heimlichkeit)
Ausrüstung: Leichte Militärpanzerung [Beweglichkeitsver-
besserung (2), Wärmedämpfung (5), Rutheniumpolymer-
Überzug, Auto-Injektor mit Stimulans (5)] und Militärhelm
[Bildverbindung, Entfernungsmesser, Restlichtverstärkung,
190 GEISTERKARTELLE
Smartlink] oder Panzerjacke über formangepasster Halb-
körperpanzerung [Elektrische Isolierung (4), Feuerresistenz
(4)], Nanitencreme-Verkleidung, Smart-Taschen-System [Mu-
nitionstasche, Rationstasche, Feldflasche, Kampf-Gepäck-
weste, 6 Magazine]
Kampftechniken: Angriffsposition, Beidhändigkeit, Rund-
umschlag, Schwache Hand
Waffen:
 Macauitl [Klingenwaffe, Reichweite 1, Schadenscode 5K,
PB 0, angepasster Griff]
 Nitama Optimum II [Sturmgewehr, Schadenscode 6K, PB
–5, HM/SM/AM, RK 5 (6), 30(s), selbstausrichtendes Unter-
laufgewicht, Gasventil 3, angepasster Griff, Smartgunsys-
tem, APDS-Geschosse]
 Unterlauf-Schrotflinte [Schrotflinte, Schadenscode 7K, PB
–1, HM, RK 1, 5(m), Massivgeschosse]
 2 Splittergranaten [Granate, Schadenscode 12K(f), PB+5,
Sprengwirkung –1/m]
 2 Sprenggranaten [Granate, Schadenscode 10K, PB –2,
Sprengwirkung –2/m]
 2 Betäubungsgranaten [Granate, Schadenscode 6G, PB
–3, Sprengwirkung 10m Radius]
CÉSAR DA SILVA
César da Silva ist ein verzerrter Rächer-Schamane (S. 155,
Straßenmagie), der einer dunklen Variante der Großen
Mutter folgt. César stammt aus Amazonien und hat sich in
jungen Jahren den Rebellen von Yucatán angeschlossen, die
gegen Aztlan kämpfen. Seine Begabung machte die Primeira
Vaga auf ihn aufmerksam, die sich auf Seiten der Rebellen
engagierte. Dort arbeitete sich der geborene Anführer und
talentierte Kampfmagier César schnell nach oben. Im Kampf
kanalisiert er gerne einen mächtigen Geist in Großer Gestalt
und führt seine Truppen an.
Césars Körper ist von den Jahren der Rebellion stark ver-
narbt. Seine Glatze ziert oft ein Panamahut (César behaup-
tet, die chemischen Waffen der Aztlaner hätten sein Haar
ausfallen lassen).
Nachdem der vorige Anführer der Primeira Vaga bei Aztlans
Yucatán-Offensive 2062 getötet wurde, nahm César seinen
Platz ein. Die Organisation zog sich dann aus der Zivilisation
in den Regenwald von Amazonien zurück. Die Gruppe wird
immer noch von einigen Fraktionen im DISA und in der ama-
zonischen Regierung unterstützt, hat aber inzwischen eigene
Pläne, die stark von Césars Visionen und einer Geisterkabale
im Herzen der Gruppe geprägt sind und seit dem Yucatán-
Konflikt immer düsterer und barbarischer wurden.
Unter Césars Führung hat die Primeira Vaga weiter die
Aztlaner angegriffen und Anti-Aztlan-Gruppen unterstützt,
doch auch die Öko-Radikalen im Dschungel in ihren Camps
trainiert. Nun hat sie begonnen, mithilfe des Olaya-Kartells
Tempo zu exportieren. César ist sich bewusst, dass die Pro-
duktion von Tempo nur der erste Schritt in einem viel weiter
gespannten Plan ist, und gestaltet seine Strategie entspre-
chend. Er ist fanatisch entschlossen, für seine mysteriöse Sa-
che zu sterben, wenn es sein muss.
K G R S C I L W M EDG ESS INI ID
3 4 4 4 6 5 4 6 9 4 6 9 1(3)
Zustandsmonitor: 10/12
Panzerung (Ballistisch/Stoß): 6/4
Fertigkeiten: Aztlaner Spanisch 5, Bodenfahrzeuge 4, Erste
Hilfe 3 (Kampfwunden +2), Herbeirufen 5, Fertigkeitsgrup-
pe Hexerei 5, Fertigkeitsgruppe Nahkampf 3, Regionalpoli-
tik 3, Schnellfeuerwaffen 4, Schwere Waffen 3, Sprengstoffe
3, Spurenlesen 4, Südamerikanische Religionen 3, Survival
4, Yucatán-Rebellion 3
 TODESSTOSS

GEISTERKARTELLE
191

Timo Thiele (order #6886218)

 Gaben und Handicaps: Immunabstoßung, Schutzpatron
(Dunkle Große Mutter), Zauberer (Verzerrter Pajé/Schama-
ne, auf Besessenheit basierende Tradition)
Initiatengrad: 4
Metamagie: Abschirmung, Anrufung, Kanalisierung, Opfe-
rung
Ausrüstung: Panzerweste und Militärhosen, Hartholzspeer
mit Feuersteinspitze, geschmückt mit Federn und indiani-
schen Schnitzereien [Kraftfokus (3)], Kette aus Meeresmu-
scheln [Verankerte Persönliche Physische Barriere, Auslöser:
Feinde Aufspüren (3 Erfolge)], Armband mit Perlen und Fe-
dern [Antimagie-Fokus (3)], abgerissener Panamahut, Mili-
tärrucksack, Feldrationen
Zaubersprüche: Betäubungsblitz, Energieball, Geistess-
onde, Heilen, Hellsicht, Napalm, Offensive Manabarriere,
Physische Barriere, [Objekt] Rammen, Reflexe Steigern, Tri-
deotrugbild
Gebundene Geister: 2 Tiergeister (Kraft 5, 2 Dienste), 2
Erdgeister (Kraft 4, 3 Dienste), 1 Luftgeist in Großer Gestalt
(Kraft 7, 2 Dienste)
Waffen:
 AK-97 Karabiner [Maschinenpistole, Schadenscode 5K, PB
0, RK 3 (4), 30(s), einklappbare Schulterstütze, Vorder-
griff, Gasventil 2]
 Walther PB-120 [Leichte Pistole, Schadenscode 4K, PB 0,
10(s)]
 Speer [Klingenwaffe, Reichweite 2, Schadenscode 4K,
PB –1]
 Opfermesser aus Feuerstein [Klingenwaffe, Reichweite 0,
Schadenscode 3K, PB 0]
Anmerkung: Da Silva hat ein Talisman-Geas in seinem Speer.
YAJÉ
Yajé ist ein Freier Geist in Großer Gestalt und Mitglied der
Kabale der Primeira Vaga. Die anderen Geister in César da
Silvas Gruppe betrachten die Legionen an Tempo-Süchtigen
TODESSTOSS
als kleinen Schritt eines großen Plans, doch Yajé hat selbst
eine Sucht entwickelt: Tempo-Süchtige in Besitz zu nehmen.
Es ist einfach spannend, stellvertretend die starken Emotio-
nen der Metamenschen und gefährliche Situationen zu erle-
ben (ohne jede Rücksicht auf das Gefäß). Und das hat sie auf
die andere Seite gezogen; ein rächender Naturgeist wurde
zu einem gefräßigen Schattengeist.
Yajé dürstet so sehr nach den einzigartigen Freuden des
metamenschlichen Lebens, dass sie eine eigene Schmuggler-
organisation aufgezogen hat (an der zum Beispiel José Vila-
moura und Kaz Yakamura beteiligt sind), um sich geheim,
ohne Wissen der anderen Geister in der Primeira Vaga, mit
Gefäßen zu versorgen. Ihr besonderes Interesse an der Me-
tamenschheit hat ironischerweise dazu geführt, dass sie aus-
gewählt wurde, Graciela Riveros zu kontaktieren. Mit der
Zeit entwickelte sich zwischen den beiden eine ganz eigene,
wenn auch nicht immer friedliche Beziehung.
Die Idee der Kabale, die Produktion von Tempo zu dros-
seln und zum nächsten Schritt des Plans überzugehen, gefällt
Yajé gar nicht. Daher wird sie zur Verräterin und verbündet
sich mit Graciela Riveros, um die Produktion am Laufen zu
halten. Zuerst muss sie aber ihre Bande mit der Kabale durch-
trennen und dafür sorgen, dass Riveros mit einer Gameleira
torcida weiterarbeiten kann. Das wird nicht leicht.
Yajé ist ein Geist der Besessenheit, also hat sie keine kör-
perliche Gestalt; astral erscheint sie als massives, schweben-
des Gewirr von sich windenden tropischen Ranken, die mit
blutbefleckten Blättern und Dornen gespickt sind.
K G R S C I L W EDG KR/M INI ID
10 8 8 9 8 8 8 8 4 8 16 2
192 GEISTERKARTELLE
Zustandsmonitor: 13/13
Panzerung (Ballistisch/Stoß): 16/16*
Fertigkeiten: Askennen 8, Astralkampf 8, Ausweichen 8,
Fertigkeitsgruppe Nahkampf 8, Wahrnehmung 8
Kraft: 8
Metamagie: Abschirmung, Erweiterte Maskierung
Geisterkräfte: Astrale Gestalt, Auramaskierung, Besessen-
heit, Bewusstsein, Geisterpakt, Grauen, Immunität (Alter,
Normale Waffen*, Toxine, Pathogene), Regeneration, Ver-
bannungsresistenz, Verschlingen, Zwang
RAYO,
ORKISCHER GANGBOSS
Rayo ist der kaltblütige Anführer der blutdurstigen Gang Ali-
anza. Er ist (teils im Wortsinne) ein Selfmademan. Er hat sich
mit Zähnen und Klauen an die Spitze der Alianza gekämpft.
Nun will er aus den gefährlichen Docks von Caracas sein
kleines Königreich machen. Er stand hinter der Übernahme
des Tempo-Handels durch die Alianza und ist auch selbst
süchtig geworden. Rayo ist ein massiger, stark vernarbter
Ork, der es liebt, seine Feinde mit einem Vorschlaghammer
in der Hand seines vernichtenden, aber quietschenden Cy-
berarms zu zerschmettern.
K G R S C I L W EDG ESS INI ID
7 4 3 (5) 6 [12]* 2 3 3 4 3 0,10 6 (8) 1 (3)
Zustandsmonitor: 14/10
Panzerung (Ballistisch/Stoß): 16/14
Fertigkeiten: Bodenfahrzeuge 3, Einschüchtern 4, Fertig-
keitsgruppe Feuerwaffen 3, Führung 3, Gebräuche 3 (Stra-
ße +2), Fertigkeitsgruppe Heimlichkeit 3, Fertigkeitsgrup-
pe Nahkampf 5, Rennen 3, Survival 2 (Stadt +2), Wasser-
fahrzeuge 2
Gaben und Handicaps: Abhängigkeit (Tempo, Mittel),
Kampfkunst (Kali), Mysteriöses Modgeräusch, Zähigkeit
Bodytech: Cyberaugen [4; Restlicht, Blitzkompensation,
Infrarot, Smartlink, Sichtverbesserung (3)], Cyberohren [2;
Audioverbesserung (3)], Maßgefertigter Cyberarm [Konsti-
tution (7), Geschicklichkeit (4), Stärke (12), Panzerung (4)],
Maßgefertigter Cybertorso [Konstitution (7), Geschicklich-
keit (4), S (6), Stärke (6), Panzerung (4)], Geruchsbooster
(3), Reflexbooster (2; Alphaware)
Ausrüstung: Panzerjacke, Medkit (5), Harley-Davidson Scor-
pion [Amphibisches Operationspaket (2)]
Kampftechniken: +1 Schadenscode auf Keulenangriffe,
Angriffsposition, Finaler Schlag
Waffen:
 Vorschlaghammer [Knüppel, Reichweite 1, Schadenscode
6[9]K, PB 0]
 Ares Predator IV [Schwere Pistole, Schadenscode 6K, PB
–2, HM, 15(s), EX-Explosivgeschosse]
 Defiance T-250 [Schrotflinte, Schadenscode 7K, PB –1,
HM, RK 0, 5(m), Massivgeschosse]
* Wert in [ ] gilt für Proben mit dem Cyberarm.
DOMINGO „DING“ RAMOS
Domingo Ramos ist das „R“ in ORO, dem Konzern/Kartell,
das einst das Herz von Aztechnology war, und er ist Vor-
stand des lateinamerikanischen Megakons. Neben seinem
gewaltigen Einfluss in dem AAA-Konzern führt „Ding“ (wie
ihn seine wenigen Freunde nennen) auch die traditionellen
Familiengeschäfte: das David-Kartell, einziges echtes Ver-
brechersyndikat respektabler Größe, das in Aztlan operiert.
Er ist im Geschäft so cool, kaltschnäuzig und berechnend,
wie er im Privaten rücksichtslos, leidenschaftlich und wild
ist. Vielleicht ist nur sein Abscheu gegen Blutmagie und
die Gruppen innerhalb von Aztechnology, die sich damit
beschäftigen, an ihm sympathisch. Wer – wie das Olaya-
Kartell – das Pech hat, ihm im Weg zu stehen, bekommt es
mit einem der mächtigsten und gefährlichsten Männer der
Sechsten Welt zu tun. Er hat keinerlei Skrupel beim Verfol-
gen seiner Ziele.
Domingo ist zwar schon fast 50, scheint aber höchstens
Ende zwanzig oder Anfang dreißig zu sein. Das zeugt von
seinem harten Leben, denn als Elf sollte er noch jünger
erscheinen. Ding ist ein höflicher Elf mit bronzener Haut,
einer gestylten, dunklen Mähne, und immer nach neuester
Mode gekleidet. Sein breites, helles Grinsen wird von einem
Anflug von Bart umrahmt. Es blitzt oft genau auf, bevor er
jemanden dem Tode überantwortet oder dessen Lebens-
grundlage zerstören lässt.
Ding ist immer ruhig und gefasst, selten verlegen und
nie überrascht. Er verbirgt seine Schwächen gut, ist aber ein
schwerer Hypochonder und hat ein maßlos übersteigertes
Selbstbewusstsein, das ihn oft übermannt.
K G R S C I L W EDG ESS INI ID
5 5 (8) 5 4 (7) 5 4[5] 5[5] 4 6 2,30 9 1
Zustandsmonitor: 11/10
Panzerung (Ballistisch/Stoß): 9/5
Fertigkeiten: Bodenfahrzeuge 4 (Auto +2), Computer 3,
Datensuche 3, Fertigkeitsgruppe Einfluss 5, Einschüchtern 4
FUSSVOLK UND BEWEGLICHE ZIELE
Der folgende Abschnitt behandelt die verschiedenen Grup-
pen von Kämpfern, Crittern und anderen Charakteren, die
für Spielleiter in den Abenteuer-Gerüsten in diesem Kapitel
nützlich sein könnten.
Die Attentäter der Baltimore Towers (Professionalitätsstufe 3)
Agenten von Aztechnology heuern in San Diego eine Söldne-
reinheit als Attentäter gegen die Geisterkartelle an, die nicht
direkt zurückzuverfolgen sind. Der Trupp wird von zwei Cu-
achicqueh kommandiert und besteht aus einem Kampfha-
cker (der vor dem Anschlag im Hotel platziert wird), zwei
Kampfmagiern, zehn Söldnern und einem Hubschrauberrig-
ger zur Unterstützung.
Söldner
Alle Mitglieder des Trupps sind erfahrene Söldner. Sie sind
taktisch geschult, nutzen das Gelände und geben sich ge-
genseitig Deckungsfeuer.
K G R S C I L W EDG ESS INI ID
4 5 (6) 5 (6) 4 (5) 3 4 3 4 2 3,40 9 (10) 1 (2)
Zustandsmonitor: 10
Panzerung (Ballistisch/Stoß): 14/12
Fertigkeiten: Fertigkeitsgruppe Athletik 3, Ausweichen 4,
Fertigkeitsgruppe Feuerwaffen 5, Gebräuche 3 (Militär +2),
Infiltration 3, Klingenwaffen 3 (Messer +2), Waffenloser
Kampf 4, Wahrnehmung 3
Gaben und Handicaps: Zähigkeit
Bodytech: Cyberaugen (3; Smartlink, Restlicht, Blitzkom-
pensation), Muskelverstärkung und -straffung (je 1), Reflex-
booster (1)
Ausrüstung: Leichte Militärpanzerung [Beweglichkeitsver-
besserung (2), Vitalmonitor, Auto-Injektor mit Stimulans (4),
Gyrostabilisator] und Militärhelm, Medkit (6)

TODESSTOSS
(Mental +2), Englisch 5, Exotische Fernkampfwaffe [Fichetti Waffen:
Pain Inducer] 5, Kartell-Machenschaften 4, Konzernpolitik  Vibromesser [Klingenwaffe, Reichweite 0, Schadenscode
5, Management von Aztechnology 6, Fertigkeitsgruppe Nah- 4K, PB –2]
kampf 4, Pistolen 5, Regionalpolitik 4, Sport 4  Ares HVAR [Sturmgewehr, Schadenscode 6K, PB –1, HM/
Gaben und Handicaps: Feindliche Geister (Geister des SM/AM, RK 6 (7), 50(s), Gasventil 3, Smartgunsystem, EX-
Menschen), Schlechte Verbindung, Schwaches Immunsys- Explosivgeschosse]
tem, Soziales Chamäleon
Bodytech: (alles Deltaware) DNA-Maskierung (Genwischer,
Vermischer), Genetische Optimierung (Konstitution, Stärke, Kampfhacker
Geschicklichkeit), Heiler (Endosymbiont), Maßgeschnei- K G R S C I L W ESS M INI ID
derte Pheromone (2), Metabolismusfilter, Muskelstraffung 4 5 5 (7) 4 3 4 4 4 6,00 5 9 (11) 1 (3)
und –verstärkung (je 3), Nanitenbrüter (6) mit O-Zellen (6), Zustandsmonitor: 10
Nanitenjäger (6), Nanosymbionten (5), Neuroverstärker Panzerung (Ballistisch/Stoß): 14/12
(neokortikal und Erinnerungs-), Schlankwurm (Endosym- Fertigkeiten: Fertigkeitsgruppe Athletik 2, Ausweichen 4,
biont), Toxinextraktor (4), Verbesserter Proteinaustausch Fertigkeitsgruppe Cracken 5, Fertigkeitsgruppe Elektronik
(Doppelelastin, Dynomitan, PuSHed, Vegsin), Verstärkte 5, Fertigkeitsgruppe Feuerwaffen 4, Gebräuche 3 (Matrix
Pheromonrezeptoren (2) +2), Infiltration 3 (Stadt +2), Klingenwaffen 3, Waffenloser
Ausrüstung: Maßgeschneiderte Freizeitanzüge (Manu- Kampf 4, Wahrnehmung 3
el D’Àvila) [Elektrische Isolierung (6), Feuerresistenz (6), Gaben und Handicaps: Adept, Zähigkeit
Schockstreifen] über formangepasster Halbkörperpanze- Initiatengrad: 1
rung, Kontaktlinsen [Blitzkompensation, Bildverbindung, Metamagie: Adeptenzentrierung
Restlicht, Infrarot, Vergrößerung], BancoMEX-Credstick Pla- Adeptenkräfte: Kampfsinn 3, Verbesserte Fertigkeit (Hacken)
tin, je 1 Dosis Jazz, Novacoke und Red Mescaline im Inhala- 2, Verbesserte Fertigkeit (Computer) 2, Gesteigerte Reflexe 2
tor, und alles, was er sonst braucht Ausrüstung: Leichte Militärpanzerung [Beweglichkeitsver-
Waffen: besserung (2), Vitalmonitor, Auto-Injektor mit Stimulans (4)]
 Fichetti Pain Inducer [Exotische Fernkampfwaffe, Scha- und Militärhelm (Gerätestufe 5 und Härte 2), Medkit (6)
denscode speziell, PB –Hälfte, EM, RK 0, angepasster Griff, Waffen:
Verbesserte Sicherheit (Elektroschocker)]  Vibromesser [Klingenwaffe, Reichweite 0, Schadenscode
4K, PB –2]
 Ares HVAR [Sturmgewehr, Schadenscode 5K, PB 0, HM/
SM/AM, RK 6 (7), 50(s), Gasventil 3, Smartgunsystem]

GEISTERKARTELLE
193
 Kampfmagier
Die Kampfmagier wirken an der Position der Einheit Anti-
magie und Offensive Manabarrieren. Zu Beginn des Eindrin-
gens werden vorhandene Geister eliminiert, um eine War-
nung der Verteidiger zu verhindern.

K G R S C I L W ESS M INI ID
4 4 5 3 4 5 5 4 6,00 7 10 1(3)
Zustandsmonitor: 10
Panzerung (Ballistisch/Stoß): 14/12
Fertigkeiten: Fertigkeitsgruppe Athletik 2, Ausweichen 4,
Fertigkeitsgruppe Beschwören 4, Gebräuche (Militär +2),
Fertigkeitsgruppe Hexerei 5, Infiltration 3, Klingenwaffen 3,
Schnellfeuerwaffen 3, Waffenloser Kampf 2, Wahrnehmung 3
Gaben und Handicaps: Zauberer (Hermetiker)
Initiatengrad: 1
Metamagie: Abschirmung
Ausrüstung: Leichte Militärpanzerung [Beweglichkeitsver-
besserung (2), Vitalmonitor, Auto-Injektor mit Stimulans
(4)] und Militärhelm, Medkit (6)
Waffen:
 Vibromesser [Klingenwaffe, Reichweite 0, Schadenscode
4K, PB –2]
 Ares HVAR [Sturmgewehr, Schadenscode 5K, PB 0, HM/
SM/AM, RK 6 (7), 50(s), Gasventil 3, Smartgunsystem]
Zaubersprüche: Betäubungsball, Blitzstrahl, Energieblitz,
Energieschlag, Ernährung, Feind Aufspüren (ER), Kampf-
sinn, Levitieren, Manabarriere, Napalm, Physische Barriere,
Sauerstoffmaske, Stabilisieren

Bodyguards der Geisterkartelle (Professionalitätsstufe 4)

Hubschrauberrigger Diese Männer und Frauen sind gut trainiert, diskret und
K G R S C I L W ESS INI ID vollkommen loyal; sie begleiten ihre Arbeitgeber überall
4 5 5 4 3 4 5 4 5,4 9 1 hin. Die Anführer des Kartells haben auch einen Erwachten
Zustandsmonitor: 10 Bodyguard, denn Geld spielt keine Rolle (und sie sind sehr
Panzerung (Ballistisch/Stoß): 12/10 paranoid). Jeder Repräsentant eines Kartells hat zwei Leute
Fertigkeiten: Fertigkeitsgruppe Athletik 2, Klingenwaffen 2, aus der folgenden Liste.
TODESSTOSS

Ausweichen 4, Fertigkeitsgruppe Feuerwaffen 3, Geschütze

5, Infiltration 3, Wahrnehmung 3, Flugzeuge 5, Waffenloser
Kampf 2, Gebräuche 3 (Militär +2)
Gaben und Handicaps: Zähigkeit
Bodytech: Datenbuchse, Riggerkontrolle
Ausrüstung: Leichte Militärpanzerung [Beweglichkeitsver-
besserung (2), Vitalmonitor, Auto-Injektor mit Stimulans
(4)] und Militärhelm, Medkit(6)
Waffen:
 Vibromesser [Klingenwaffe, Reichweite 0, Schadenscode
4K, PB –2]
 Ares Predator IV [Schwere Pistole, Schadenscode 6K, PB –2K,
HM, RK 1, 15(s), angepasster Griff, EX-Explosivgeschosse]
Kampfhubschrauber (Umgebauter Ares Dragon)
Handling Beschl. Geschw. Pilot Rumpf Panz. Sensor
–1 10/40 260 3 22 18 5 Waffen:
Upgrades und Modifikationen: Ablenkungssystem (6 Ein-
sätze), ECM (6), Entfernung Manueller Steuerung, Panzerung
(10), Raketen-Abwehrsystem, Riggeradaption, Rigger-Schutz-
blase, Signaturmaskierung (4), Spezieller Frachtraum (Perso-
nenabteil, zählt als Fahrgastraum), 1 Turm (Nase), Verbesserte
Sensorphalanx, 3 Verstärkte Waffenhalterungen (fix vorwärts)
Waffen:
 Ares MP-LMG [LMG, Schadenscode 6K, PB –1, SM/AM,
200(Gurt) im Turm, meist mit Raketenabwehr verbunden]
 Anti-Fahrzeug-Raketen [Rakete, Schadenscode 16K, PB –2
(–6 gegen Fahrzeuge), 2 Raketen, Sprengwirkung –4/m]
 Leichte Autokanonen [SMG, Schadenscode 9K, PB –5, SM/
AM, 200 (gurt)]
Modifizierte Bodyguards
Die Geisterkartelle können sich die besten Personenschüt-
zer leisten, die es außerhalb der Megakons gibt.
K G R S C I L W ESS INI ID
4 4 (6) 5 (6) 4 (6) 3 3 2 4 3,50 8 (9) 1 (2)
Zustandsmonitor: 10
Panzerung (Ballistisch/Stoß): 9/4
Fertigkeiten: Ausweichen 4, Knüppel 3, Pistolen 4, Schnell-
feuerwaffen 4 (Waffe der Wahl +2), Waffenloser Kampf 3
Bodytech: Muskelverstärkung und –straffung (je 2), Radar-
sensor (2), Reflexbooster (1)
Ausrüstung: Geschäftsanzug (Actioneer) über formange-
passter Halbkörperpanzerung, Sonnenbrille (Blitzkompen-
sation, Bildverbindung, Restlicht, Smartlink), Kommlink (3)
 Schockhandschuhe [Waffenlos, Schadenscode 5G(e), PB
–Hälfte, 10 Einsätze]
 HK Urban Fighter [Schwere Pistole, Schadenscode 5K, PB
–1, HM, RK 0, 10(s), Smartgunsystem]
 Fichetti Security 600 [Leichte Pistole, Schadenscode 6G(e),
PB –Hälfte, HM, RK (1), 30(s), Smartgunsystem, Schocker-
geschosse]
 HK 227X [Maschinenpistole, Schadenscode 5K, PB 0, HM/
SM/AM, RK 1 (2), 28(s), Smartgunsystem, Schwerer Lauf]
 HK MP-5TX [Maschinenpistole, Schadenscode 5K, PB
–4, HM/SM/AM, RK 4 (5), 28(s), Vordergriff, Gasventil 3,
Smartgunsystem, APDS-Geschosse]

194 GEISTERKARTELLE
Schamane K G R S C I L W ESS INI ID
4 4 3 3 4 3 2 3 6,00 6 1
Personenschutz-Zauberer benutzen eher defensive als of-
fensive Magie und Taktiken. Sie verlassen sich auf Geister, Zustandsmonitor: 10
Antimagie, Manabarrieren und Manastörungen, um gegen Panzerung (Ballistisch/Stoß): 8/6
magische Angreifer vorzugehen. Fertigkeiten: Akrobatik 3 (Parcours +2), Fertigkeitsgruppe
Feuerwaffen 3, Gebräuche 2 (Straße +2), Fertigkeitsgruppe
K G R S C I L W ESS M INI ID Nahkampf 3, Rennen 2, Waffenloser Kampf 2, Wahrnehmung
4 4 5 4 5 3 2 4 6,00 4 8 1 2, Wurfwaffen 3
Zustandsmonitor: 10 Bodytech: Genetische Infusion: Sideways (+2 auf defensive
Panzerung (Ballistisch/Stoß): 9/4 Reaktionsproben, +1 auf alle anderen Proben im Kampf, +1
Fertigkeiten: Ausweichen 3, Fertigkeitsgruppe Beschwö- auf Wahrnehmungsproben, keine Verletzungsmodifikatoren)
ren 3, Fertigkeitsgruppe Hexerei 4, Knüppel 1, Pistolen 1, Ausrüstung: Abgerissene Panzerjacke mit dem Bolivar-‘49-
Schnellfeuerwaffen 3, Waffenloser Kampf 2 Logo, Inline-Skates oder Fahrrad
Gaben und Handicaps: Zauberer (Schamane) Waffen:
Initiatengrad: 1  Machete [Klingenwaffe, Reichweite 1, Schadenscode 5K,
Metamagie: Zentrierung PB 0]
Ausrüstung: Geschäftsanzug (Actioneer) über formange-  Ceska Black Scorpion [Automatikpistole, Schadenscode 4K,
passter Halbkörperpanzerung, Kommlink (3), Kampfzauber- PB 0, HM/SM, RK (2), 35(s), Vordergriff, Lasermarkierer]
Fetisch, Wahrnehmungszauber-Fetisch  Sandler TMP [Maschinenpistole, Schadenscode 5K, PB 0,
Waffen: RK 1(2), 20(s), Vordergriff, Lasermarkierer]
 Fichetti Security 600 [Leichte Pistole, Schadenscode 6G(e),  Molotow-Cocktail [Improvisierte Wurfwaffe, 5K, Brandsatz]
PB –Hälfte, HM, RK (1), 30(s), Smartgunsystem, Schocker-
geschosse]
 HK 227X [MASCHINENPISTOLE, SCHADENSCODE 5K, Sicherheitsleute auf Salazars Hazienda
HM/SM/AM, RK 1 (2), 28(s), Smartgunsystem, Schwerer (Professionalitätsstufe 2)
Lauf] Salazar hat als Wachpersonal auf seinem Familienbesitz
Zaubersprüche: Betäubungsblitz (eingeschränkt), Feinde ehemalige Angehörige der kolumbianischen und amazo-
Aufspüren (eingeschränkt), Heilen, Manastörung, Offensive nischen Armeen unter Vertrag. Die meisten sind loyal und
Manabarriere, Schockhand, Stabilisieren Salazar persönlich verpflichtet und arbeiten seit Jahren für
den Kartellboss.

Trollische Leibwächteradepten K G R S C I L W ESS INI ID

4 4 5 4 3 3 2 4 6,00 8 1
Einige der Sicherheitsleute der Geisterkartelle sind Adepten,
die auf Personenschutz spezialisiert sind. Zustandsmonitor: 10
Panzerung (Ballistisch/Stoß): 8/6
K G R S C I L W ESS M INI ID Fertigkeiten: Ausweichen 3, Gebräuche 2 (Unterwelt +2),
8 4 5 (7) 8 2 2 2 3 6,00 5 7 (9) 1 (3) Pistolen 3, Schnellfeuerwaffen 3, Spurenlesen 4, Waffenloser

Zustandsmonitor: 12
Panzerung (Ballistisch/Stoß): 10/5
Fertigkeiten: Fertigkeitsgruppe Athletik 4, Knüppel 3, Pisto-
len 4, Schnellfeuerwaffen 4(6), Waffenloser Kampf 5 (Aikido
+2)
Gaben und Handicaps: Adept, Kampfkunst: Aikido (+1 auf
Volles Ausweichen, +1 auf Festhalten)
Initiatengrad: 1
Metamagie: Adeptenzentrierung
Adeptenkräfte: Gesteigerte Reflexe 2, Mystischer Panzer 3,
Verbesserte Fertigkeit (Schnellfeuerwaffen) 2
Ausrüstung: Geschäftsanzug (Actioneer) über formange-
passter Halbkörperpanzerung, Sonnenbrille (Blitzkompen-
sation, Restlicht, Smartlink), Kommlink (3)
Kampftechniken: Blindkampf, Entwaffnen
Waffen:
 Fichetti Security 600 [Leichte Pistole, Schadenscode 6G(e),
PB –Hälfte, HM, RK (1), 30(s), Smartgunsystem, Schocker-
geschosse]
 HK MP–5TX [Maschinenpistole, Schadenscode 5K, PB
–4, HM/SM/AM, RK 4 (5), 28(s), Vordergriff, Gasventil 3,
Smartgunsystem, APDS-Geschosse]
TODESSTOSS
Kampf 4
Gaben und Handicaps: Kampfkunst: Capoeira (+2 auf Aus-
weichen im Nahkampf)
Ausrüstung: Tarnanzug, Kommlink (3), Sonnenbrille (Blitz-
kompensation, Bildverbindung, Restlicht, Smartlink)
Kampftechniken: Fußtritt, Ausweichen
Waffen:
 Fichetti Security 600 [Leichte Pistole, Schadenscode 4K,
PB 0, HM, RK(1), 30(s), Smartgunsystem]
 HK 227X [Maschinenpistole, Schadenscode 5K, HM/SM/
AM, RK 2(3), 28(s), Gasventil 2, Smartgunsystem]
 AK-97 [Sturmgewehr, Schadenscode 6K, PB –1, HM/SM/
AM, RK 4, 38(s), Vordergriff, Gasventil 3, Smartgunsystem]
Aztlaner Kommandotruppen (Professionalitätsstufe 4)
Bei verschiedenen Grenzkonflikten werden diese Komman-
dos für verdeckte Operationen eingesetzt. Sie sollen das
Olaya-Kartell in Bogotá angreifen und später Riveros in Ca-
racas jagen. Tenoch schließt sich bei beiden Aktionen dieser
Truppe an. Die Kommandos tragen, da sie verdeckte Aktio-
nen durchführen, keinerlei Abzeichen oder IDs.

K G R S C I L W ESS INI ID
Ganger der Bolivar ‘49 (Professionalitätsstufe 2) 5 5 (7) 5 (7) 4 (6) 3 6 4 5 1,31 11 (13) 1 (3)
Die Bolivar ‘49 ist eine üble Gang, die im ganzen Sprawl für Zustandsmonitor: 10
ihre Gewalttätigkeit bekannt ist. Sie greifen gern mit der Lí- Panzerung (Ballistisch/Stoß): 14/12
nea de Fuego an: einer drogenbefeuerten Attacke mit Inline- Fertigkeiten: Fertigkeitsgruppe Athletik 4 (6), Fertigkeits-
Skates auf ein Viertel, bei dem alles, was ihnen unterkommt, gruppe Feuerwaffen 5, Gebräuche 3 (Militär +2), Fertig-
zerstört wird. keitsgruppe Heimlichkeit 5, Fertigkeitsgruppe Nahkampf 4,
Schwere Waffen 4, Survival 3, Wahrnehmung 4

GEISTERKARTELLE
195
 Gaben und Handicaps: Zähigkeit
Bodytech: (alles Betaware) Cybersuite Nuevo Guerrero [Cy-
beraugen (3; Blitzkompensation, Infrarot, Smartlink), Dermal-
panzerung (2), Kompositknochen (Titan), Reflexbooster (2)],
Muskelverstärkung und –straffung (je 2), Synthacardium (2)
Ausrüstung: Leichte Militärpanzerung [Beweglichkeitsver-
besserung (1), Gyrostabilisator] und Militärhelm, Medkit (5)
Waffen:
 Vibromesser [Klingenwaffe, Reichweite 0, Schadenscode
4K, PB –2]
 Ares Predator IV [Schwere Pistole, Schadenscode 5K, PB
–1, HM, 15(s), Smartgunsystem]
 Franchi SPAS–22 [Schrotflinte, Schadenscode 7K, PB –1,
HM/SM, RK 4, 10(m), verbesserte Sicherheit, einklappbare
Schulterstütze, Smartgunsystem]
 Ingram White Knight [LMG, Schadenscode 6K, PB –5, SM/
AM, RK 5 (6), 50(s), Smartgunsystem, APDS-Geschosse]
Leutnant der Kommandos, Cuacuahtin
Die Cuacuahtin oder Adlerkrieger kommandieren gewöhnli-
che Soldaten, deren Moral vom religiösen Eifer und den ma-
gischen Fähigkeiten ihrer Anführer stark gehoben wird. Man
sagt, ein Trupp Soldaten, der von einem Cuacuahtin geführt
wird, kann es, allein durch das Vertrauen in seinen Haupt-
mann, mit einer zehnmal so großen Streitmacht aufnehmen.
K G R S C I L W ESS M INI ID
5 5 5 (7) 5 5 6 4 5 6,00 6 11 (13) 1 (3)
Zustandsmonitor: 11
Panzerung (Ballistisch/Stoß): 14/12
Fertigkeiten: Fertigkeitsgruppe Athletik 4, Erste Hilfe 3, Fer-
tigkeitsgruppe Feuerwaffen 5, Führung 5 (7), Gebräuche 3
(Militär +2), Fertigkeitsgruppe Heimlichkeit 5, Fertigkeits-
gruppe Nahkampf 4, Schwere Waffen 5 (8), Wahrnehmung 4
Gaben und Handicaps: Kampfkunst: Firefight (Senkung
Fernkampfmodifikator „Angreifer im Nahkampf“ um 1), Zä-
TODESSTOSS
Stammeskrieger der Huapa (Professionalitätsstufe 2)
Die Huapa sind kein Stamm von hinterwäldlerischen Primi-
tiven, sondern eher ein traditionell gesinntes Volk, das sich
von der modernen Welt abgewandt hat, um im Einklang mit
der Natur zu leben. Die Stammesmitglieder sind geübte Jä-
ger und Spurenleser, die den Regenwald wie ihre Westenta-
sche kennen. Man kann sie leicht an ihrer Körper- und Ge-
sichtsbemalung in schwarz und ocker erkennen (die auch
zur Tarnung dient).
K G R S C I L W ESS INI ID
4 4 4 4 4 3 3 4 6,00 7 1
Zustandsmonitor: 10
Panzerung (Ballistisch/Stoß): 0/0
Fertigkeiten: Fertigkeitsgruppe Athletik 5, Ausweichen 4,
Beschatten 4 (Dschungel +2), Fertigkeitsgruppe Einfluss 2,
Erste Hilfe 3, Exotische Fernkampfwaffe (Blasrohr) 5, Ge-
bräuche 3 (Huapa +2), Infiltration 4, Fertigkeitsgruppe Nah-
kampf 4, Fertigkeitsgruppe Natur 5, Spurenlesen 4 (Dschun-
gel +2), Wahrnehmung 5 (Dschungel +2), Wurfwaffen 4
(Speer +2) oder Projektilwaffen 4 (Bogen +2)
Gaben und Handicaps: Allergie (Umweltverschmutzung,
Leicht), Immunabstoßung, Kampfkunst: Ringen (+1 auf
Festhalten), Vertrautes Terrain
Ausrüstung: Medizinbeutel (entspricht Medkit (2)), Pfeile
für Blasrohr
Kampftechniken: +1 auf Festhalten, Ausweichen, Treiben
Waffen:
 Blasrohr [Exotische Fernkampfwaffe, Schadenscode spezi-
ell*, PB 0, EM, RK 0, 1(m)]
* Huapa-Pfeilgift (Vektor: Injektion, Geschwindigkeit 1 KR,
Kraft 12, Effekt: Geistiger Schaden, Desorientierung)
Schutz-Tiergeist der Huapa (Geist des Regenwaldes)
Die Jagdgruppen der Huapa werden meist von einem
Schutzgeist begleitet, der vom Pajé (Schamanen) des Stam-

higkeit mes gesandt wird. Meist nimmt er die Gestalt einheimischer

Initiatengrad: 2 Tiere, wie Jaguar oder Anakonda, an.
Metamagie: Adeptenzentrierung, Einstimmung [Einstim-
mung] (Ingram White Knight) K G R S C I L W KR ESS INI ID
Adeptenkräfte: Befehlsstimme, Bewegungsgespür, Gestei- 8 7 8 8 6 6 6 6 6 6 14 2
gerte Reflexe 2, Mystischer Mantel 3, Verbesserte Fertigkeit Zustandsmonitor: 6
(Führung) 2, Verbesserte Fertigkeit (Schwere Waffen) 3 Panzerung (Ballistisch/Stoß): 12/12*
Ausrüstung: Leichte Militärpanzerung [Beweglichkeitsver- Fertigkeiten: Askennen 6, Astralkampf 6, Ausweichen 6,
besserung (1), Gyrostabilisator] und Militärhelm, Medkit (5) Waffenloser Kampf 6, Wahrnehmung 6
Kampftechniken: Ausweichen, Iaijutsu, Voller Angriff, Kraft: 6
Wachsamkeit Kräfte: Astrale Gestalt, Bewegung, Bewusstsein, Gesteigerte
Waffen: Sinne (Gehör, Restlicht, Geruch), Grauen, Immunität (Nor-
 Vibromesser [Klingenwaffe, Reichweite 0, Schadenscode male Waffen*), Materialisierung, Natürliche Waffe, Suche
4K, PB –2] oder Gift, Tierbeherrschung
 Ares Predator IV [Schwere Pistole, Schadenscode 5K, PB Waffen:
–1, HM, 15(s), Smartgunsystem]  Biss [Waffenlos, Schadenscode 6K, PB 0, injiziert Gift]
 Ingram White Knight [LMG, Schadenscode 6K, PB –5, SM/  Klauen [Waffenlos, Schadenscode 6K, PB 0]
AM, RK 5 (6), 50(s), Smartgunsystem, APDS-Geschosse]

Soldaten der Primeira Vaga (Professionalitätsstufe 3)

Schmugglerzeppelin der Aves de Rapina (Umgebauter Zeppelin) Die Öko-Krieger der Primeira Vaga werden unter den Ent-
Handling Beschl. Geschw. Pilot Rumpf Panz. Sensor täuschten und Rechtlosen aus den Sprawls von Amazonien
–2 12/24 80 3 24 20 6 und der Nachbarländer rekrutiert. Die Trainingscamps der
Upgrades und Modifikationen: Ablenkungssystem, Cha- Gruppe werden manchmal von Öko-Radikalen verschie-
mäleonfarbe, ECM (6), Luftschiff, Motortuning, Raketenab- denster Art genutzt. Die Soldaten können idealistische Öko-
wehrsystem, Riggeradaption, Signaturmaskierung 3, Smart- Krieger oder enttäuschte Jugendliche sein, die nach einem
panzerung, Solarzelle, 3 Waffenhalterungen: ferngesteuerte Sinn in ihrem Leben suchen. Keiner von ihnen kennt die
Türme mit LMG (oben, Nase, unten) wahren Ziele der Gruppe.
Waffen:
K G R S C I L W EDG ESS INI ID
 Ingram White Knight [LMG, Schadenscode 6K, PB –5, SM/
AM, RK 5(6), 50(s), Smartgunsystem, APDS-Geschosse] 3 4 4 3 3 3 3 4 1 6,00 7 2

196 GEISTERKARTELLE
Zustandsmonitor: 10 Feindlicher Pflanzengeist (Geist des Regenwaldes)
Panzerung (Ballistisch/Stoß): 8/6 Zusätzlich zu ihren verbündeten Freien Geistern können
Fertigkeiten: Fertigkeitsgruppe Athletik 3, Knüppel 3, Pisto- die Schamanen der Primeira Vaga auch örtliche Geister be-
len 3, Schnellfeuerwaffen 3, Spurenlesen 3, Survival 2 schwören, die Angreifer abwehren, die Camps schützen und
Ausrüstung: Tarnanzug aus alten Heeresbeständen, Wasser- fliehende Feinde verfolgen.
flasche, Kampfgeschirr
Waffen: K G R S C I L W ESS INI ID
7 3 6 8 4 4 4 4 4 10 2
 Überlebensmesser [Klingenwaffe, Reichweite 0, Schadens-
code 3K, PB 0] Zustandsmonitor: 12
 Katar [Klingenwaffe, Reichweite 0, Schadenscode 4K, Panzerung (Ballistisch/Stoß): 8/8*
PB –2] Kraft: 4
 AK–97 [Sturmgewehr, Schadenscode 6K, PB 0, HM/SM/ Fertigkeiten: Antimagie 4, Askennen 4, Astralkampf 4, Aus-
AM, RK 3 (4), 38(s), Vordergriff, Gasventil 2] weichen 4, Waffenloser Kampf 4, Wahrnehmung 4
 Remington 950 [Jagdgewehr, Schadenscode 8K, PB –1, Kräfte: Astrale Gestalt, Bewegung, Bewusstsein, Grauen,
EM, RK 0, 5(m)] Immunität (Normale Waffen*), Magischer Schutz, Materia-
 Splittergranate [Granate, Schadenscode 12K(f), PB +5, lisierung, Schutz, Suche, Übler Atem, Verschleierung, Ver-
Sprengwirkung –1/m] schlingen
 Sprenggranate [Granate, Schadenscode 10K, PB –2, Waffen:
Sprengwirkung –2/m]  Schlag [Waffenlos, Reichweite 0, Schadenscode 4G]

Feindlicher Wassergeist (Geist des Amazonas)

K G R S C I L W KR ESS INI ID
7 5 7 5 5 5 5 5 5 5 12 2
Zustandsmonitor: 12
Panzerung (Ballistisch/Stoß): 10/10*
Kraft: 5
Fertigkeiten: Askennen 5, Astralkampf 5, Ausweichen 5,
Exotische Fernkampfwaffe (Elementarer Angriff) 5, Waffen-
loser Kampf 5, Wahrnehmung 5
Kräfte: Astrale Gestalt, Bewegung, Bewusstsein, Elementa-
rer Angriff, Immunität (Normale Waffen*), Materialisierung,
Suche, Verschleierung, Verschlingen, Verwirrung
Waffen:
 Schlag [Waffenlos, Reichweite 0, Schadenscode 3G]
 Elementarangriff [Exotische Fernkampfwaffe, BF, Stoß,
Schadenscode 5K(wasser), PB –Hälfte]

TODESSTOSS
Große Anakonda
Große Anakondas leben im Regenwald des Amazonasbe- Gestaltwandler (Jaguar)
ckens bis hinunter zum Pantanal. Sie sind intelligente und Gestaltwandler sind seltene Paracritter mit der einzigarti-
einzelgängerische Tiere, die entfernt mit den Nagas ver- gen Fähigkeit, menschliche Gestalt annehmen zu können.
wandt und etwa so mächtig wie gefiederte Schlangen sind. In dieser können sie menschliche Kleidung tragen und Aus-
Manche haben sich mit der Grenzpatrouille von Amazoni- rüstung benutzen. In Tiergestalt erscheinen sie als große,
en verbündet, meist verjagen sie aber Eindringlinge eher, Erwachte Versionen ihrer tierischen Verwandten und haben
als sie sofort zu töten. Sie spielen mit ihrer Beute wie eine all deren angeborene Fähigkeiten. Im Amazonasgebiet sind
Katze mit der Maus. Andere sind allen metamenschlichen vor allem Jaguar- und Affengestaltwandler verbreitet.
Eindringlingen gegenüber sehr feindselig oder betrachten
sie als Imbiss. Einige sind Mitglieder der Primeira Vaga. K G R S C I L W ESS M INI ID
5 7 5 5 2 4 4 5 6 1 9 2
K G R S C I L W ESS M INI ID Zustandsmonitor: 12
12 4 7 22 6 7 6 8 6 8 14 2 Panzerung (Ballistisch/Stoß): 8/5*
Zustandsmonitor: 14 Fertigkeiten: Spurenlesen 6, Survival 5, Waffenloser Kampf
Panzerung (Ballistisch/Stoß): 7/7 6 (Natürliche Waffe +2)
Fertigkeiten: Fertigkeitsgruppe Hexerei 4 Kräfte: Gesteigerte Sinne (Gehör, Restlicht, Geruch), Natür-
Kräfte: Bewusstsein, Dualwesen, Gesteigerte Sinne (Breit- liche Waffe, Regeneration, Verschleierung
band-Gehör, Infrarot, Restlicht), Gift, Mystischer Panzer 7, Waffen:
Natürliche Waffe, Tierbeherrschung (Schlangen), Verschleie-  Krallen [Waffenlos, Reichweite 0, Schadenscode 4K, PB –1]
rung, Verstärkter Panzer 7 * Nur in menschlicher Gestalt
Bewegung: 15/40
Waffen:
 Fänge [Natürliche Waffe, Schadenscode 7K, PB –2, inji- Bodyguards von Domingo Ramos (Professionalitätsstufe 4)
ziert Gift] Angehörige des David-Kartells, die als erste Verteidigungsli-
 Peitschenschwanz [Natürliche Waffe, Schadenscode 11G, nie dienen und von den schweren Huitzilopochtli-Cyborgs,
PB 0, Reichweite 2] die den Personenschutz machen, ablenken sollen.
 Würgen [als Festhalteangriff zu behandeln]
Zaubersprüche: Heilen, Manabarriere, Mob-Laune, Trideo- K G R S C I L W ESS INI ID
trugbild, Verwirrung 4 4 (6) 5 (6) 4 (6) 3 3 2 4 3,3 8 (9) 1 (2)

GEISTERKARTELLE
197
 Zustandsmonitor: 10 Waffen:
Panzerung (Ballistisch/Stoß): 12/7  Ares Executive Protector [Maschinenpistole, Schadens-
Fertigkeiten: Ausweichen 4, Knüppel 3, Pistolen 4, Schnell- code 5K, HM/SM/AM, RK 3(4), 30(s), Gasventil 3, Smart-
feuerwaffen 4 (Waffe der Wahl +2), Waffenloser Kampf 3 gunsystem]
Bodytech: Muskelverstärkung und –straffung (je 2), Radar-  Ruger Super Warhawk [Schwere Pistole, Schadenscode
sensor (2), Reflexbooster (1) 7K, PB –3, EM, 6(tr), angepasster Griff, Smartgunsystem,
Gaben und Handicaps: Kampfkunst: Escrima (verursacht Ex-Explosivgeschosse]
Schaden beim Entwaffnen, +1 Schadenscode auf Angriffe
mit Klingenwaffen)
Ausrüstung: Panzerjacke und formangepasste Halbkör-
perpanzerung, Sonnenbrille (Blitzkompensation, Restlicht,
Smartlink), Kommlink (3)
Kampftechniken: Entwaffnen, Beidhändigkeit
Waffen:
 Vibromesser [Klingenwaffe, Reichweite 0, Schadenscode
5K, PB –2]
 Fichetti Security 600 [Leichte Pistole, Schadenscode 6G(e),
PB –Hälfte, HM, RK (1), 30(s), Smartgunsystem, Schocker-
geschosse]
 Ares Executive Protector [Maschinenpistole, Schadens-
code 5K, PB 0, HM/SM/AM, RK 3(5), 30(s), Vordergriff,
Gasventil 3, Smartgunsystem]

Huitzilopochtli-Cyborg-Bodyguard
Die Huitzilopochtli-Cyborgs sind Aztechnologys Nachbau-
ten des beliebten Otomo und relativ neu auf dem Markt.

Handling Beschl. Geschw. Pilot Rumpf Panz. Sensor

+1 6/12 30 – 7 15(23/20) 5
Upgrades und Modifikationen: Cyborgadaption, Tarnpan-
zerung, Verbesserte Sensorphalanx, Mechanischer Arm (2),
Mimik (Stufe 3), Tastsensoren

Gehirn des Huitzilopochtli-Cyborg-Bodyguards

K G R S C I L W EDG ESS INI ID
TODESSTOSS

– – – – 3 4 2 4 3 0,10 9 4
Zustandsmonitor: 12
Panzerung (Ballistisch/Stoß): 10/10
Fertigkeiten: Schnellfeuerwaffen 4, Ausweichen 3, Wahr-
nehmung 3, Pistolen 3, Waffenloser Kampf 4
Ausrüstung: Panzerjacke, Sonnenbrille, Zerebral-Schutz-
kapsel mit Kommlink-Upgrades (Gerätestufe 5)

198 GEISTERKARTELLE
Die Schatten sind geflutet mit einer neuen
Droge aus den Megasprawls dieser Welt: Tempo.
Ein novaheißer Stoff, denn er liefert den
ultimativen, einmaligen Kick, besser als alles,
was vorher war. Alle Gesellschaftsschichten
durchdringend lässt er seine Opfer nur
noch an eines denken: Mehr, mehr, mehr.
Und die Nachfrage nach der neuen
Wunderdroge bringt die Machtverhältnisse
unter den Syndikaten ins Wanken -
bald schon fliegen die ersten Kugeln
und Blut fließt auf den Straßen.
Geisterkartelle zieht die Shadowrunner
in den Drogenhandel und die
Unterweltkriege von Seattle, Los
Angeles, Hong Kong und den ADL
und letztendlich, mit jeder
neuen Spur, in den Dschungel
Südamerikas.

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