SH A D O W R U N

SCHATTEN
ÜBER CHICAGO
INHALT IMPRESSUM
Shadowrun Missions Redaktion:
EINLEITUNG ........................................................... 3 Ray Rigel, Steven „Bull“ Ratkovich
Chefredaktion: Jason M. Hardy
BEFREIUNG ............................................................ 6 Texte: Michael Messmer, Stephen A.
WÄHREND DIE STADT SCHLÄFT ........................ 22 Tinner, Thomas Willoughby
Lektorat: Addison Clark
RISKIER MAL WAS! ............................................. 44 Illustrationen: Daniel Comerci,
David Dotson, Igor Fiorentini,
CHICAGO .............................................................. 72
Alex Stone, Shane Tyree
HANDOUTS .......................................................... 79 Layout: Matt Heerdt
Art Direction: Brent Evans, Kat Hardy
Deutsche Chefredaktion:
Tobias Hamelmann
Übersetzung: Lars Schiele
Deutsches Lektorat & Errata:
Benjamin Plaga
Deutsches Layout: Ralf Berszuck

Pegasus Spiele GmbH, Am Straßbach 3, 61169 Friedberg, unter Lizenz von Catalyst Game Labs und Topps Company, Inc.
© 2016 Topps Company, Inc. Alle Rechte vorbehalten.
Shadowrun und Topps sind Handelsmarken und/oder eingetragene Marken von Topps Company, Inc. in den USA,
in Deutschland und/oder anderen Staaten.
Catalyst Game Labs ist eine Handelsmarke von InMediaRes Productions, LLC.

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EINLEITUNG
Die Abenteuer in diesem Buch entstammen der fünften
Staffel der Shadowrun-Missions-Kampagne. Da sie alle im
selben Setting – Chicago – angesiedelt sind, kann man sie
zu einer Kampagne verbinden oder sie auch einzeln spielen.
DIE VORBEREITUNG
EINES ABENTEUERS
Die Abenteuer in diesem Buch sind mit Shadowrun, Fünf-
te Edition, spielbar. Alle angegebenen Charakterwerte und
Regeln beziehen sich auf diese Shadowrun-Version.
ABENTEUERSTRUKTUR
Jedes Abenteuer setzt sich aus mehreren Szenen zusam-
men. Diese Szenen bilden das Grundgerüst des Abenteu-
ers. Ein Abenteuer sollte in ca. vier Stunden durchspielbar
sein. Wenn die Zeit knapp wird, können Sie die Szenen
etwas straffen und mit Hinweisen, Proben und sonstigen
Hilfen etwas großzügiger umgehen, um die Spieler zügig
durch das Abenteuer zu führen.
In jeder Szene wird die wahrscheinlichste Abfolge der
Ereignisse beschrieben. Dazu gibt es Tipps, wie man mit
unerwarteten Wendungen und Komplikationen umgehen
kann, die unweigerlich auftreten werden. Die Szenen be-
stehen jeweils aus den folgenden Abschnitten, die den
Spielleiter mit allen benötigten Informationen versorgen:
Auf einen Blick fasst die Geschehnisse der Szene zu-
sammen und verschafft dem Spielleiter einen knappen
Überblick über das, was die Charaktere erwartet.
Sag’s ihnen ins Gesicht soll den Spielern laut vorge-
lesen werden. Hier wird beschrieben, wie die Charaktere
den Beginn der Szene erleben. Der Text kann natürlich
nach Belieben modifiziert werden, um ihn an die jeweilige
Gruppe und Situation anzupassen, denn die Charaktere
können ja durchaus auf anderem Wege oder unter ande-
ren Umständen als im Text vorausgesetzt an den Beginn
der Szene gelangen.
Hinter den Kulissen beschreibt die eigentlichen Vor-
gänge der Szene – das, was tatsächlich geschieht, was die
Nichtspielercharaktere tun, wie sie auf die Aktionen der
Spielercharaktere reagieren usw. Des Weiteren wird hier
das Umfeld der Szene beschrieben, darunter beispielswei-
se die Wetterbedingungen, besondere Eigenschaften des
Schauplatzes der Szene oder auch Beschreibungen von
wichtigen Gegenständen.
Der Abschnitt Daumenschrauben enthält Vorschlä-
ge, wie man die Szene für erfahrenere oder mächtigere
Charaktere herausfordernder gestalten oder ihr insgesamt
zusätzliche Würze verleihen kann. Dieser Abschnitt sollte
in der Regel nur bei Spielen in heimischer Runde verwen-
det werden – oder dann, wenn Zeit keine Rolle spielt. Auf
Conventions oder ähnlichen Spieltreffen sollte man den
Abschnitt lieber ignorieren; er kann die Szene interessan-
ter gestalten, enthält aber keine wichtigen Informationen.
Keine Panik bietet Lösungsvorschläge für potenziel-
le Probleme, die während der Szene auftreten können.
Natürlich ist es unmöglich, alles vorherzusehen, was die
Spielercharaktere eventuell anstellen, aber dieser Ab-
schnitt soll dabei helfen, häufig auftretende Probleme im
Vorfeld zu bedenken, und bietet Tipps für den Umgang mit
ihnen.
EIN ABENTEUER LEITEN
Die Tätigkeit des Spielleiters ist oft mehr Kunst als Wissen-
schaft, und jeder Spielleiter geht die Dinge etwas anders
an. Folgen Sie bei der Vorbereitung und beim Leiten eines
Abenteuers Ihren eigenen Vorstellungen und tun Sie, was
Sie für richtig halten, um Ihren Spielern ein möglichst gu-
tes Shadowrun-Erlebnis zu präsentieren.
Hier sind noch ein paar Tipps, die für die Vorbereitung
eines Shadowrun-Abenteuers von Nutzen sein könnten.
SCHRITT 1:
LESEN SIE DAS ABENTEUER
Lesen Sie das Abenteuer sorgfältig von vorne bis hinten
durch. Machen Sie sich ein Bild vom Handlungsverlauf
und davon, was in jeder einzelnen Szene geschieht. Auf
diese Weise erwischt es Sie nicht ganz auf dem falschen
Fuß, wenn etwas Unvorhergesehenes passiert, und es wird
Ihnen leichter fallen, Anpassungen vorzunehmen.
SCHRITT 2:
MACHEN SIE SICH NOTIZEN
Machen Sie sich beim Durchlesen des Abenteuers Noti-
zen, auf die Sie später zurückgreifen können. Notieren Sie
sich beispielsweise die Handlungsschwerpunkte (damit
Sie diese auf einen Blick überschauen können), die Namen
wichtiger Nichtspielercharaktere, mögliche Probleme, die
Ihnen aufgefallen sind, Situationen, in denen Ihrer Mei-
nung nach ein bestimmter Charakter glänzen könnte, oder
andere Dinge, die Sie während des Abenteuers im Hinter-
kopf behalten wollen.
<< EINLEITUNG 3
>> SCHATTEN ÜBER CHICAGO <<
SCHRITT 3: LERNEN SIE
DIE CHARAKTERE KENNEN
Studieren Sie vor Beginn des Abenteuers die Charakterbö-
gen und notieren Sie sich wichtige Werte, damit Sie diese
während des Spiels kennen. Wenn Sie die Aktionen der
Nichtspielercharaktere planen, achten Sie darauf, ob die
Spielercharaktere schon früher mit diesen NSC zu tun hat-
ten und ob Sie das bei Ihrer Planung eventuell berücksich-
tigen müssen.
SCHRITT 4: KEINE PANIK!
Beim Leiten eines Abenteuers muss man oft mit vielen
Bällen gleichzeitig jonglieren. Manchmal lässt man einen
Ball fallen und vergisst etwas oder macht einen Fehler.
Wenn das geschieht, bleiben Sie ganz ruhig. Niemand
kann immer perfekt sein; jeder macht mal Fehler. Geste-
hen Sie Ihr Missgeschick ein und machen Sie von da aus
weiter. Die Spieler werden es verstehen und die Sache
vergessen, sobald die Action weitergeht.
4 EINLEITUNG >>
ALLGEMEINE
ABENTEUERREGELN
Diese Sammlung von Shadowrun-Abenteuern verwendet
die Regeln, wie sie in Shadowrun, Fünfte Edition (SR5) ent-
halten sind. Die Standardregeln – wie etwa Erfolgsproben,
Limits, Patzer und andere Spielmechanismen – werden
ausführlich in SR5 beschrieben und hier nicht noch einmal
wiederholt.
Denken Sie bei der Vorbereitung des Abenteuers bitte
auch daran, dass eine Gruppe von Spielercharakteren nicht
immer ein ausgewogenes Team bildet. Es kann durchaus
sein, dass das Team komplett aus Technomancern oder
naturverbundenen Schamanen besteht. Sollten die Run-
ner deswegen in einer Sackgasse landen, beweisen Sie
Flexibilität und führen Sie sie mit etwas Fingerspitzenge-
fühl wieder auf den richtigen Weg.

NICHTSPIELERCHARAKTERE
Nichtspielercharaktere (NSC) sind ein unverzichtbarer
Bestandteil jedes Abenteuers. Sie sind die Verbündeten,
Gegner und Nebenfiguren, mit denen die Spielercharakte-
re es im Verlauf der Handlung zu tun bekommen. Die NSC
der vorliegenden Abenteuer wurden bereits komplett vor-
bereitet und sind an den entsprechenden Stellen im Buch
zu finden.
Unwichtigere NSC werden in der Szene beschrieben,
in der sie auftreten, in der Regel mit einem kurzen Text,
der nur ihre wichtigsten Fertigkeiten und ihre Ausrüstung
angibt. Ihre Würfelpools wurden schon im Voraus berech-
net, um dem Spielleiter Zeit zu sparen.
Wichtige NSC, die oft in mehreren Szenen vorkommen,
werden am Ende eines Abenteuers im Abschnitt Haupt-
darsteller genauer beschrieben, inklusive des Großteils
ihrer Fertigkeiten und ihrer Ausrüstung.
Die NSC sollten dem durchschnittlichen Spielercharak-
ter normalerweise einigermaßen ebenbürtig sein, doch
für bestimmte Gruppen von Charakteren – vor allem von
besonders erfahrenen oder kampfstarken Charakteren –
sind unter Umständen einige Anpassungen ratsam. Die
Szenen und NSC-Beschreibungen enthalten häufig Tipps,
wie die NSC den Fähigkeiten der Spielercharaktere ange-
passt werden können. Bei der Anpassung der Werte eines
NSCs können Sie sich auch an der Tabelle Steigerung von
Top-Runnern (SR5, S. 385) orientieren. Berücksichtigen Sie
die Fähigkeiten der Spielercharaktere und modifizieren Sie
die NSC entsprechend.
SCHWIERIGKEIT DES RUNS
Sie sollten sich auf Ihr eigenes Urteilsvermögen verlas-
sen, um die Schwierigkeit einer Szene oder eines Aben-
teuers an die Fähigkeiten der Spielercharaktere anzupas-
sen. Wenn die Spieler beispielsweise keine magische
Unterstützung haben, sollten Sie magische Gegenwehr
gegen nichtmagische austauschen. Fehlt es den Spielern
an Kampfkraft, so verringern Sie die Anzahl der Gegner
um einen oder zwei. Oder anders herum: Wenn die Spie-
lercharaktere so stark sind, dass sie die Gegner einfach
überrollen würden, dann fügen Sie noch einen oder zwei
zusätzliche Gegner hinzu. Die Runs sollen für die Gruppe
eine Herausforderung sein, sie aber nie vor unüberwind-
bare Hindernisse stellen, solange sich die Spieler nicht zu
dumm anstellen.
>> SCHATTEN ÜBER CHICAGO <<
CHICAGO, DIE CZ, RAUSCHEN
UND HINTERGRUNDSTRAHLUNG
Für viele Leute sind Chicago und die Bug City Containment
Zone dasselbe, dabei umfasst die CZ weniger als ein Drit-
tel der gesamten Fläche der Stadt Chicago – die Vororte
und Landwirtschaftsflächen, die mit der Stadt verbunden
sind, nicht mitgezählt. Aber die CZ ist immer noch groß,
und sie ist das verrottete, ausgeweidete, brutale Herz der
Windy City. Sie beginnt an der 115. Straße im Süden, läuft
fast 30 Kilometer nordwärts bis zur Belmont Avenue und
reicht vom Lake Michigan im Osten etwa 15 Kilometer
landeinwärts bis zur Harlem Avenue im Westen. In den
drei Jahren, in denen die Containment Zone bestand, wur-
de eine Ansammlung aus abgerissenen Gebäuden und
hastig errichteten Barrikaden erweitert und verstärkt, und
selbst jetzt – fast zwanzig Jahre später – bildet diese Bar-
riere immer noch eine imposante Trennlinie zwischen der
Zone und der Außenwelt. Angeblich kann jeder frei zwi-
schen der Zone und Chicago reisen, aber Lone Star be-
obachtet diejenigen, die herauskommen, sehr sorgfältig
– und die Gangs und Warlords tun dasselbe bei denen, die
hereinkommen.
Durch die Cermak-Explosion, die Insektengeister, die
zehrenden Wirkungen von FAB III und die Jahre des Todes
und metamenschlichen Leids ist der Astralraum in der und
rund um die Zone in einem schrecklichen Zustand. Wenn
in der jeweiligen Szene nicht anders angegeben, gilt für
alle Charaktere, die sich in der Containment Zone befin-
den, eine Hintergrundstrahlung von 2 (s. Straßengrimoire,
S. 32). Zeitweilig fluktuiert die Hintergrundstrahlung stark,
deshalb sollten Spieler auf alles gefasst sein, von hoher
Hintergrundstrahlung und Manahohlräumen bis hin zu
verschiedenen ausgerichteten Domänen und Manaver-
zerrungen. Chicagoer Stadtteile außerhalb der CZ können
gelegentlich ebenfalls unter aus der Zone „austretender“
Hintergrundstrahlung leiden.
Abgesehen von der Hintergrundstrahlung ist die CZ
auch ein virtueller Albtraum für Decker und Technoman-
cer. Die überall vorherrschende niedrige radioaktive Strah-
lung – gepaart mit einem ausgeprägten Mangel an moder-
ner Matrixfunkausrüstung im gesamten Gebiet – führt zu
einem starken, beständigen Rauschen, das selbst grundle-
gende Matrixkommunikation schwierig macht. Der Rau-
schenwert variiert von Gebiet zu Gebiet, aber sofern in der
jeweiligen Szene nichts anderes angegeben ist, gilt für alle
Charaktere, die sich in der Containment Zone befinden,
ein Standard-Rauschenwert von 2 (s. SR5, S. 227).
<< EINLEITUNG 5
SH A D O W R U N

BEFREIUNG

Steinalt
„Steinalt.“
Ein Ausdruck, der in letzter Zeit immer häufiger verwendet wird, wenn es um mich geht. Als ich jung war,
verschwendete ich keinen Gedanken an das Alter. Ich war jung und stark. Mit der Kraft meines trollischen
Erbes gesegnet, doch glücklicherweise frei von jenen geistigen Einschränkungen, die unter den Angehöri-
gen meiner Metaspezies so verbreitet sind. Ich hielt meine körperlichen Fähigkeiten und meine magische
Kompetenz für selbstverständlich.
Doch ich bin nicht mehr jung. Jahre als Shadowrunner und als Lehrer haben ihre Spuren hinterlassen.
Mein Körper reagiert nicht mehr wie einst. Statt nach Verletzungen und Strapazen rasch wieder auf die Füße
zu kommen, leide ich heute lange darunter. Meine alten Gelenke knacken und schmerzen allmorgendlich
beim Aufstehen. Glücklicherweise hat mein Verstand nichts von seiner Schärfe eingebüßt, aber die Magie
antwortet nicht mehr in der Geschwindigkeit früherer Tage. Ich kann mit meinem Geist nicht einfach den
lieben langen Tag auf das Mana einprügeln, ohne mir über schmerzhafte Konsequenzen Sorgen machen zu
müssen. Dafür ermüde ich zu rasch.
Wenn dich ein Bein im Stich lässt, benötigst du einen Krückstock. Ich benötige einen. Und meiner Magie
würde eine Krücke ebenfalls gut tun.
Deshalb halte ich mich in diesem widerlichen Höllenpfuhl auf und gebe mich mit metaphysischem und
metamenschlichem Ungeziefer ab. Was tut man nicht alles für uraltes Gestein.
Die Wissenschaft bezeichnet diese spezielle Gesteine als präsolare Minerale. Es handelt sich um Bruch-
stücke von Mineralen, Kristallen und sogar Edelsteinen, die vor unserem Sonnensystem entstanden sind,
sogar noch vor dessen Zentralgestirn. In uralten Meteoriten gelangen diese Fragmente auf unsere Erde. Und
in seiner Zeit brüstete sich das Chicago Field Museum der größten Sammlung von präsolaren Mineralen auf
der ganzen Welt.
Das war natürlich, bevor die Bugs kamen. Vor dem Atomschlag. Vor den Gangs und vor FAB. Die wenigen
Proben dieses seltenen Materials, die es heute noch in Chicago gibt, sind im Besitz einer Gruppe mit dem
eigenwilligen Namen Astral Space Preservation Society und befinden sich an einem Ort, den sie Sanktum
nennen. Ich bin mir sicher, dass sie keine Ahnung haben, was sich da in ihrem Besitz befindet. Wenn ich
sie persönlich aufsuchte, würden sie es natürlich begreifen und eine angemessene Bezahlung verlangen.
Insbesondere würden sie darauf bestehen, dass ich ihnen bei ihrem wahnwitzigen Projekt helfe, ein soge-
nanntes natürliches Reservat für freie Geister zu errichten. Für solche Albernheiten werde ich meine wichti-
gen Arbeiten nicht zurückstellen. Dafür sind meine Bedürfnisse zu dringlich. Ich brauche meine Krücke, und
dafür brauche ich diese präsolaren Minerale.
Aus diesen Gründen werde ich mich eines Werkzeugs bedienen. Ich werde Mittelsmänner schicken,
die an meiner statt die Verhandlungen führen werden. Dass ich als ehemaliger Shadowrunner nun jün-
geren Angehörigen dieses Berufsstandes Arbeit gebe, scheint mir angemessen. Diese Runner sollen mit
den Wissenschaftlern verhandeln. Diesen jungen Leuten werden die Gelehrten in ihrem Elfenbeinturm
vertrauen, und ihnen werden sie die Minerale übergeben. Die jungen Leute ihrerseits werden mir das Ge-
wünschte aushändigen. Ich meinerseits überweise ihnen dafür Nuyen in beträchtlicher Menge. So haben
alle etwas davon.
Sie sollten mir wirklich dankbar sein. Zu meiner Zeit hätte man so etwas einen Spaziergang genannt.

6 DIE MISSION IM ÜBERBLICK >>

DIE MISSION IM ÜBERBLICK
In Befreiung will Lothan der Weise, dass das Team ihn in
seinem Taliskramladen „Der Weiseste Troll“ trifft. Er heuert
die Runner an, damit sie ihm einen metallenen Behälter
bringen, der sich derzeit im Gewahrsam von Dr. Eric Kersh
im Sanktum der Astral Space Preservation Society befin-
det – dem alten Chicago Field Museum. Lothan hält dies
für eine einfache Aufgabe, aber wie immer kommt es zu
Schwierigkeiten.
Kersh beschließt, dass die Runner etwas für ihn erledi-
gen sollen. Er schickt sie mit speziellen Geräten zum Cer-
mak-Krater, damit sie dort für ihn Messungen vornehmen.
Beim Krater müssen die Runner mit zwei kindischen toxis-
chen Geistern fertigwerden, die mit jedem spielen wollen,
der mutig oder dumm genug ist, ihr Erdloch zu besuchen.
Als die Runner die Messdaten zurückbringen, wird Kersh
gerade von den Swamp Thangs angegriffen, einer Gang
SZENE 1: EIN PROF FÜR ALLE FÄLLE
AUF EINEN BLICK
Die Runner erhalten eine Einladung in den Taliskramladen
„Der Weiseste Troll“. Dort beauftragt Lothan der Weise sie,
einen Behälter mit präsolaren Mineralen aus dem Chicago
Field Museum zu beschaffen. Lothan will die Minerale als
mächtiges Telesma für einen einzigartigen, sehr mächti-
gen Fokus verwenden. Die zugrunde liegende magische
Theorie ist für die schlichten Gemüter der Runner ganz of-
fensichtlich zu weit hoch. Lothan ist schroff und unhöflich,
aber er hat Geld, und es sieht sehr danach aus, dass die
Charaktere das Gewünschte ohne Blutvergießen beschaf-
fen können: Das Field Museum wird derzeit von einiger-
maßen vernünftigen Leuten geleitet.
SAG’S IHNEN INS GESICHT
Der Wind weht heute Nacht einen unangenehmen Ge-
ruch vom Lake Michigan heran. Es ist ein angenehmes
Gefühl, ins Miller’s Pub zu kommen und den Gestank
hinter sich zu lassen. Der Barkeeper mustert euch kurz,
erkennt euch als professionelle Shadowrunner und weist
euch tiefer in die Kneipe hinein. Ihr geht an den ande-
<< DIE MISSION IM ÜBERBLICK
aus Chicago. Den Behälter mit dem Gestein haben ihm
die Angreifer gestohlen. Wenn die Charaktere die Swamp
Thangs, die Kersh bedrohen, verjagt oder besiegt haben,
finden sie heraus, dass sich das Gestein im Calumet-Sumpf
befindet – in der Obhut des geheimnisvollen Anführers der
Gang. Die Runner müssen gegen den Widerstand weiterer
Gangmitglieder den Behälter zurückholen.
Anschließend können sie Lothar anrufen und sich aus-
zahlen lassen. Allerdings telefonieren sie in Wahrheit gar
nicht mit Lothar: Die Wendigo-Moskitoschamanin „The
Foul One“ (die Bösartige) hört Lothans Telefon ab und
hat den Anruf der Runner umgeleitet. Sie versucht, das
Gestein zurückzubekommen, indem sie den Charakteren
vorspielt, sie sei Lothan. Die Runner müssen ihre Maskera-
de durchschauen und sie besiegen, um den Behälter bei
Lothan abzuliefern und ihre Belohnung zu erhalten.
ren Kunden vorbei, die sich hier betrinken, steigt ein paar
Stufen in den Keller, schiebt euch durch einen schweren
Vorhang mit Glasperlen und befindet euch im Weises-
ten Troll – dem Taliskramladen Lothans des Weisen. Die
aufgereihten Amulette und Zaubertränke versprechen
euch alles Mögliche: ein Medaillon, das Insektengeister
abwehrt, eine Salbe, die euch schöner, männlicher oder
allgemein attraktiver für jedermann macht. Viel auffäl-
liger als diese Waren ist aber der Betreiber des Ladens:
Lothan der Weise, legendärer Shadowrunner, Lehrer der
Zauberei und ein Griesgram vor dem Herrn, sitzt an ei-
nem großen Tisch und ordnet bunte Steine nach einem
vorgegebenen Muster an.
„Sehr erfreulich, dass ihr kommen konntet“, sagt Lo-
than, ohne aufzuschauen. „Die Feinheiten und der Ge-
samtumfang des Unternehmens, mit dem ich euch zu
beauftragen gedenke, wären den begriffsstutzigeren Mit-
gliedern eures Verbunds zweifelsohne rasch zu hoch. Da-
her befleißige ich mich der knappsten Sprache, die mir zur
Verfügung steht: Ich will Dingsi. Ihr holt Dingsi. Ich euch
geben viele Nuyen. Kapiert? Nötigenfalls kann ich das
auch noch mal und langsamer sagen.“
7
>> BEFREIUNG <<
HINTER DEN KULISSEN
Trotz seines herablassenden Benehmens macht Lothan
der Weise ein gutes Angebot. Er will einen Behälter mit
präsolaren Mineralen haben. Der Behälter mit der Archi-
vnummer CAT27000 ist eines von vielen Exponaten im al-
ten Chicago Field Museum, aber Lothan glaubt, aus diesen
präsolaren Mineralen einen einzigartigen Kraftfokus her-
stellen zu können. Deshalb ist er bereit, dem Team 5.000
Nuyen im Voraus zu zahlen, und weitere 5.000 Nuyen,
sobald er den Behälter mit dem Sternenstaub erhält. Die
Gruppe kann feilschen, um mehr Geld herauszuschlagen.
Jeder Nettoerfolg bei einer Vergleichenden Probe auf Ver-
handlung + Charisma [Sozial] sorgt dafür, dass Lothan sein
Angebot um 500 Nuyen sofort und weitere 500 Nuyen
bei Lieferung aufstockt. Lothans Höchstgebot liegt bei
7.000 Nuyen vorab und 7.000 Nuyen bei Lieferung, also
14.000 Nuyen insgesamt.
Wenn sich die Charaktere und Lothan geeinigt haben,
erläutert Lothan, worum es bei diesem Job genau geht:
„Die Erledigung dieser Aufgabe sollte selbst Raufbolden
wie euch mühelos möglich sein. Ich habe bereits anonym
Kontakt mit dem Oberhaupt der Astral Space Preserva-
tion Society aufgenommen, einem bleichhäutigen Men-
schen namens Dr. Eric Kersh. Kersh wird euch in einer
Stunde vor dem alten Chicago Field Museum treffen. Mir
ist nicht bekannt, was er von euch im Austausch für den
Behälter verlangen wird. Sollte sich die betreffende Auf-
gabe als unerwartet mühselig erweisen, können wir über
eine zusätzliche finanzielle Entschädigung verhandeln,
sobald ihr im Besitz des Behälters seid. Ich muss euch
noch eine weitere Einschränkung auferlegen: Erwähnt
gegenüber Kersh keinesfalls meinen Namen. Er hat die
besten Absichten, aber er ist ein fehlgeleiteter Träumer.
Sobald er erfährt, dass ich den Behälter will, wird er als
Preis dafür zweifelsohne eine absurde Zurschaustellung
von Zauberkraft meinerseits verlangen. Mir fehlt die
Zeit, seine Affenliebe für alberne Zauberei zufriedenzu-
stellen. Solange Kersh glaubt, dass ihr den Behälter für
euch wollt, sollte dies eine sehr einfache Unternehmung
bleiben. Beschafft mir Behälter CAT27000. Ruft mich an-
schließend unter dieser Nummer an, damit wir eine sau-
bere Übergabe vereinbaren können.“
Falls die Runner sich den Astralraum ansehen, können
Sie aus dem Vollen schöpfen: Der Astralraum im Miller’s
Pub ist ruhig, aber lebendig. Es gibt kleine freie Geister
und Watcher, die hier herumflitzen. Man findet die emo-
tionalen Zustände, die man von einem Ort erwartet, der
jahrzehntelang als Kneipe gedient hat. Lothans Laden ist
emotional ähnlich aufgeladen. Verschiedene mächtige
Auren von Zaubern, die Lothan jüngst gewirkt hat, hän-
gen in der Luft. Wer das Muster mit den Steinen askennt,
an dem Lothan arbeitet, erkennt, dass es sich um einen
mächtigen Zauberspruchfokus für Wahrnehmungszauber
handelt. Nicht gerade transportfähig, aber sehr stark.
Die Matrix dagegen ist hier im Miller’s fast tot. Es gibt
ein billiges Verkaufssystem (Gerätestufe 2), das als Regis-
trierkasse und Lagerverwaltung dient. Lothan selbst hat
8 SZENE 1: EIN PROF FÜR ALLE FÄLLE >>
kein Kommlink. Er hat, man glaubt es kaum, eine Kabelver-
bindung. (Diese Leitung ist manipuliert worden. Jemand
anders fängt Anrufe bei Lothan ab und kann sie auch kom-
plett an ihm vorbeileiten. Das hat Auswirkungen in Szene
6: Bezahlung gefällig? (S. 15).
KEINE PANIK
Vor allem sollten Sie Lothan in dieser Szene als schlecht
gelaunten alten Troll darstellen. Dass die Spieler ihn so
kennengelernt haben, wird in Szene 6 noch wichtig. Lo-
than ist herablassend und er nervt. Er ist sich absolut sicher,
dass er der klügste Einwohner Chicagos ist, und er benutzt
Bildungs- und Fachsprache, wo immer es ihm möglich ist,
um sich selbst seiner Intelligenz zu vergewissern. Dass er
tatsächlich unglaublich schlau ist, ist angesichts seiner Ar-
roganz eher ein Nachteil.
Wenn Sie Lothan so darstellen, kann das natürlich dazu
führen, dass die Charaktere nicht für ihn arbeiten wollen.
Sie können den Auftrag selbstverständlich ablehnen. In
diesem Fall entschuldigt sich Lothan schlecht gelaunt und
halbherzig, da er ja tatsächlich möchte, dass die Runner
den Job für ihn erledigen. Falls die Runner sich dauerhaft
weigern, droht Lothan ihnen sehr deutlich an, dass er je-
dem sagen wird, dass er persönlich sie für unprofessionell,
nicht vertrauenswürdig und generell für Leute hält, die
man besser nicht anheuert. Wenn die Gruppe sich wei-
gert, können Sie jedem Mitglied 1-3 Punkte Schlechter
Ruf geben. Falls die Charaktere dumm genug sind, gegen
Lothan zu kämpfen oder ihn zu bestehlen, können Sie ru-
hig dafür sorgen, dass der alte Troll mit Ihrer Gruppe den
Boden aufwischt. Lothans Laden ist für ihn eine Festung.
Er ist von magischen Gegenständen umgeben, die er
persönlich hergestellt hat, und hat höchstwahrscheinlich
mehrere gebundene Geister zur Hand. Mit einem Runner-
team sollte er auf jeden Fall fertigwerden.
PRÄSOLARE MINERALE
Präsolare Minerale sind kleine Festkörper, die sich in der in-
terstellaren Gaswolke befanden, aus der später die Sonne
entstand. Bevor die Sonne zu dem allseits beliebten Glutball
aus Wasserstoff und Helium wurde, der unser aller Leben
ermöglicht, war sie eine ungeordnete Gaswolke im Weltall.
Die Materie dieser Wolke, die damals nicht mit zu unserer
Sonne wurde, bildet heute diese präsolaren Minerale. Nor-
malerweise findet man sie auf der Erde als Bruchstücke von
Meteoriten. Die häufigsten Stoffe in präsolaren Mineralen
sind Diamant, Graphit, Titan und diverse Silicium- und Kohlen-
stoffverbindungen. Fast alle dieser Stoffe liegen in den auch
Sternenstaub genannten präsolaren Mineralen als einzigarti-
ge Isotope vor. Dass sie so selten oder sogar einzigartig sind,
macht sie zu erstklassigen Bestandteilen für alle möglichen
Verzauberungsprojekte.

SZENE 2: CARGO IN CHICAGO
AUF EINEN BLICK
Die Runner begeben sich zu den Überresten des Chica-
go Field Museums und versuchen, die präsolaren Mine-
rale von der Astral Space Preservation Society und deren
Leiter Dr. Eric Kersh zu erhalten. Mit Gewalt zuzuschlagen
oder sich das Gewünschte heimlich zu besorgen ist eine
sehr schlechte Idee, denn die gesamte Anlage wird von
einer wahren Streitmacht freier Geister bewacht, die mit
der Astral Space Preservation Society verbündet sind.
Wenn die Runner höflich bleiben, können sie die präso-
laren Minerale im Austausch für einen weiteren Run er-
halten: Sie sollen beim Cermak-Krater eine Probe der dort
vorhandenen FAB nehmen.
SAG’S IHNEN INS GESICHT
Einst war es eine der weltweit wichtigsten wissenschaft-
lichen Einrichtungen, doch heute ist das Chicago Field
Museum nur noch ein Schatten seiner einstigen Größe.
Die zum Gebäude heraufführenden Stufen liegen voller
Müll. Auf der untersten Stufe befindet sich ein gewaltiger
dunkelbrauner Fleck, den man vermutlich nicht zu genau
untersuchen sollte. Am oberen Ende der Stufen steht ein
nicht zueinander passendes Pärchen – das müssen eure
Kontaktpersonen sein.
<< SZENE 2: CARGO IN CHICAGO
>> BEFREIUNG <<
HINTER DEN KULISSEN
Die beiden Personen sind Dr. Eric Kersh und ein freier Geist
namens Tagesgast. Dr. Kersh ist ein sehr kompetenter Magi-
er, allerdings ist er eher Forscher und Theoretiker als Kampf-
magier. Tagesgast zeigt sich als bescheidener älterer Gent-
leman mit Hängebacken, hervorquellenden Augen und selt-
sam grellfarbiger Kleidung. Sowohl Kersh als auch der Geist
haben ihre Auren maskiert, sodass sie mundan wirken.
Die Verhandlungen mit Kersh sollten kein Problem
darstellen. Er hat für die präsolaren Minerale keine Ver-
wendung und gibt sie im Austausch gegen einen Gefallen
gern ab. Lassen Sie die Charaktere ein Angebot vorlegen.
Sie können so ziemlich alles offerieren, und Kersh wird
einfach nicken und lächeln. Falls die Runner Lothan den
Weisen erwähnen, geht ein kurzer Ruck durch Kershs Kör-
per, danach grinst er ein wenig. Dieses Detail wird sich auf
die abschließende Bezahlung auswirken, daher sollten Sie
sich eine diesbezügliche Notiz machen. Wenn die Runner
fertig sind, macht Kersh ihnen ein Gegenangebot:
„Ich danke Ihnen dafür, dass sie mir so großzügige
Bedingungen anbieten. Ich bin gern bereit, Ihnen den Be-
hälter CAT27000 auszuhändigen, aber ich habe eine sehr
spezielle Aufgabe, die ich Sie im Gegenzug zu erledigen
bitte.“ Mit diesen Worten greift Kersh in seinen Laborkittel
und zeigt den Charakteren ein eigenartiges elektronisches
Gerät.
9
>> BEFREIUNG <<
„Dieses Messgerät habe ich selbst entwickelt. Es nimmt
ein breites Spektrum von kontaminierenden Elementen
auf der physischen und der Astralebene wahr und misst
ihre Strahlungsintensität. Bitte bringen Sie dieses Gerät
zum Cermak-Krater und nehmen Sie es dort in Betrieb.
Passen Sie darauf auf, während das Gerät 15 Minuten lang
Messdaten aus der Umgebung sammelt, und bringen Sie
es mir anschließend zurück. In einer oder höchstens zwei
Stunden sollten Sie damit fertig sein. Dann gehört der Be-
hälter Ihnen.“
Egal wie sehr sich Ihre Runner ins Zeug legen mögen –
Kersh wird sich auf kein anderes Angebot einlassen.
„Die Sache ist die: Sie sind eine gut bewaffnete und
hervorragend ausgebildete Gruppe kampfbereiter
Shadowrunner. Genau so ein Team brauche ich für diese
Aufgabe. Mir ist klar, dass das Unternehmen gefährlich ist.
Deshalb möchte ich, dass Profis wie Sie es in Angriff neh-
men.“
Wenn die Spieler mit Kersh verhandeln, können Sie ihn
dazu bewegen, ihnen einige Extras zu gewähren: Die Ast-
ral Space Preservation Society verfügt über alle möglichen
magischen Gegenstände und Zauber. Kersh wird den
Runnern alles aus dem Angebot der Society mit einem
Nachlass von 20 Prozent anbieten, falls die Runner zwei
oder mehr Nettoerfolge bei einer Vergleichenden Probe
auf Verhandlung + Charisma [Sozial] erzielen. Falls sie fünf
oder mehr Nettoerfolge erzielen, wird er einen Zauber
auf ihnen intensivieren, bevor sich die Charaktere auf den
Weg machen. Kersh wird außerdem anbieten, dass er die
Charaktere mit Entgiftungszaubern behandeln wird, um
gegebenenfalls die Strahlenvergiftung zu beseitigen, die
sie sich bei dieser Aufgabe zuziehen könnten.
Falls die Runner Kersh und seinen Freund, den er ledig-
lich kurz als Tagesgast vorstellt, askennen, erfahren sie nur
sehr wenig. Kersh ist ein Initiat des 4. Grades und maskiert
seine Aura, um mundan zu wirken. Tagesgast ist ein mäch-
tiger freier Geist, der ebenfalls seine Aura maskiert, um
wie ein mundaner Mensch zu erscheinen.
KEINE PANIK
Kersh hat den Behälter nicht dabei. Daher wäre es pure
Zeitverschwendung, ihn anzugreifen. Falls die Runner
Kersh gegenüber aggressiv werden, wird Tagesgast ihn
verteidigen. Tagesgast ist ein mächtiger freier Geist mit
einer breiten Auswahl von Geisterkräften und Beherr-
schungszaubern mit Flächenwirkung. Er wird je nach Lage
verschieden vorgehen. Im Zweifelsfall versucht er, den
SZENE 3: GEIGERZÄHLER
AUF EINEN BLICK
Die Runner sind zum Cermak-Krater unterwegs. Wenn sie
keine Vorsichtsmaßnahmen ergriffen haben, werden sie
einem gefährlichen Ausmaß an Strahlung ausgesetzt wer-
den. Magieanwender werden ihre Foki deaktivieren und
auf den Gebrauch ihrer magischen Fähigkeiten verzichten
10 SZENE 3: GEIGERZÄHLER >>
Kampf zu beenden, indem er seine Kraft Grauen einsetzt.
Denken Sie daran, dass Zauberabwehr nicht gegen Geis-
terkräfte wirkt.
Falls die Runner Kersh darauf ansprechen, dass der
Cermak-Krater radioaktiv verseucht ist, stellt Kersh ihnen
gern Hazmat-Anzüge (Strahlenschutz 6) zur Verfügung,
damit sie vor Strahlung geschützt sind. Kersh gibt diese
wertvolle Ausrüstung nicht gern her; er wird warten, bis
die Runner ihn fragen, und sie nicht von sich aus anbieten.
Aus demselben Grund wird er auch darauf bestehen, dass
die Spieler die Anzüge zurückgeben, sobald der Auftrag
erledigt ist. „Hazmat-Anzüge sind teuer und schwer zu
beschaffen“, erläutert er. Die Anzüge, die die Runner von
Kersh bekommen können, sind alt und spröde. Er warnt
die Runner davor, keinen Unfug anzustellen, solange sie
die Anzüge tragen, sonst könnten diese einreißen und
nutzlos werden.
Diese Hazmat-Anzüge sind zusätzlich mit einfachen
Dosimetern ausgestattet. Kersh wird deren Gebrauch er-
läutern. Solange die Anzeige grün ist, ist die Strahlung ge-
ring und harmlos. Gelb bedeutet, dass der Anzug einiger
Strahlung ausgesetzt ist. Rot bedeutet gefährliche Strah-
lung, Schwarz zeigt ein tödliches Maß an Strahlung an.
Sie als Spielleiter können diese Messangaben im kom-
menden Kapitel einsetzen, um den Charakteren etwas
Angst einzujagen. Stellen Sie deshalb sicher, dass die
Spieler verstanden haben, was die Farben bedeuten.
ASTRAL SPACE
PRESERVATION SOCIETY
Die Zentrale der Astral Space Preservation Society (Gesell-
schaft zum Schutz des Astralraums) liegt in der Elemental Hall,
einem vierstöckigen Gebäudekomplex, der früher zum Fachbe-
reich magische Studien der Universität von Chicago gehörte.
Sie liegt einen halben Kilometer vom Ufer des Lake Michigan
entfernt. Satzungsgemäßes Ziel der Gesellschaft ist die Wie-
derherstellung des beschädigten Astralraums in ganz Chicago.
Chef der Forschungsabteilung ist Dr. Eric Kersh. Die Gruppe
besteht aus einer beträchtlichen Anzahl von Thaumaturgen
jeglicher Couleur. Die Gesellschaft nimmt jeden Zauberer auf,
der bereit ist, den Zustand des Astralraums von Chicago zu
verbessern. Die ASPS würde zwar niemanden dazu zwingen,
mit ihr zusammenzuarbeiten, aber man ist durchaus zu robuster
Verhandlungsführung bereit.
müssen, ansonsten riskieren sie, Bekanntschaft mit FAB III
zu machen. Zu viel Krach wird die Insektengeister aufwe-
cken, die sich seit der Cermak-Explosion in astraler Starre
befinden, aber die größte Gefahr stellen die verschiede-
nen Räuber und das miese Gesindel dar, denen die Run-
nern begegnen könnten.

SAG’S IHNEN INS GESICHT
Der Cermak-Krater. Hier ließen UCAS-Soldaten unter dem
Befehl von Ares einen Atomsprengkopf in die Luft gehen,
um die größte Ansammlung von Insektengeistern zu ver-
nichten, die es in der Sechsten Welt je gegeben hat. Das
liegt viele Jahre zurück, aber dieses zerstörte Stadtviertel
ist bis heute still. Zu still. Hier rührt sich nichts. Hier wächst
nichts. Die Gegend sieht aus, als wäre sie in der Zeit einge-
froren, für immer verschmutzt und verseucht. Ein radioak-
tiver Schnappschuss für die Ewigkeit.
HINTER DEN KULISSEN
Wenn Sie die Runner zu einem Auftrag in den Cermak-Kra-
ter schicken, werden sie Insektengeister erwarten. Aber
die Charaktere haben Glück: Die Insekten hier liegen in as-
traler Starre. Ein Atomschlag und FAB haben sie ins Koma
versetzt. Wenn Ihre Runner nicht bescheuerterweise ei-
nen der ruhenden Geister anstupsen, werden sie nicht
gegen sie kämpfen müssen. Schlafende Geister soll man
nicht wecken.
Aber Ärger gibt es trotzdem genug. Zum einen ist
der Krater stark radioaktiv verseucht. Ungeschützte Cha-
raktere bekommen innerhalb von einer Stunde eine töd-
liche Strahlendosis ab. Sorgen Sie dafür, dass die Spieler
gewarnt sind, bevor sie hierher reisen. Lassen Sie das
Messgerät, das die Spieler von Kersh erhalten haben, ein
unheilverkündendes, immer schneller werdendes Ticken
ausstoßen, wie einen Geigerzähler.
Außerdem ist der Astralraum hier schwerst geschädigt.
Zwar ist die FAB-Konzentration hier sehr gering, aber die
gesamte astrale Ebene ist ständig in Aufruhr. Ein Strudel
unbekannter und gefährlicher Energien tobt zu jeder Zeit
durch dieses Gebiet. Selbst wenn man nur astral wahrneh-
men will, erhält man einen Würfelpoolmodifikator von -5
auf alle Askennen-Proben. Wer astral projizieren will, erlei-
det in jeder Runde, in der er sich außerhalb seines Körpers
befindet, automatisch ein Kästchen Körperlichen Scha-
den, und die toxischen Energien im Astralraum zerfetzen
seine astrale Gestalt.
Die Hintergrundstrahlung am Rand des Kraters beträgt
6 und steigt allmählich bis auf 12 in einer Entfernung von
einem halben Häuserblock vom Zentrum des Kraters. Die
Hintergrundstrahlung ist auf Strahlung ausgerichtet. Im
Zentrum des Kraters befindet sich ein Mana-Hohlraum.
Hier gibt es einfach keine Astralebene. Jeder aktive ma-
gische Gegenstand und jede Person, die aktiv Magie
anwendet, astrale Wahrnehmung oder astrale Projektion
nutzt, wird verdrängt (s. SR5, S. 315).
In dieser Szene geht es vor allem darum, die Runner
nervös zu machen. Hunderte schlafende Insektengeister
sind um sie herum, und die Radioaktivität ist verheerend
und allgegenwärtig. Das sollte genügen, um die Spie-
ler extrem nervös zu machen. Eine kleine Bewegung
im Schatten oder ein plötzliches Geräusch sollte sie an
Flucht denken lassen. Vielleicht zuckt einer der träumen-
den Insektengeister im Schlaf? Stellen Sie die widerna-
türliche, unheimliche Atmosphäre mit allen verfügbaren
Mitteln dar.
>> BEFREIUNG <<
Wenn die Runner nicht außerordentlich heimlich vor-
gehen, werden zwei Nukleargeister sie entdecken. Da die
Hintergrundstrahlung auf Strahlung ausgerichtet ist, erhal-
ten die Geister für alle mit Magie verbundenen Proben ei-
nen Würfelpoolbonus in Höhe der Hintergrundstrahlung.
Die beiden Geister nehmen die Gestalt von Heranwach-
senden an, ein Mädchen und ein Junge, allerdings in elek-
trisch glühendem Licht – wie eine kaputte Neonröhre, die
von einem Trid mit Sendepause Störsignale auffängt, ge-
ben sie summende Geräusche von sich.
Die beiden Geister sind anfangs nicht feindselig, son-
dern nur neugierig. Da das Gebiet so gefährlich ist, haben
sie schon seit längerer Zeit keinen Kontakt mehr zu Lebe-
wesen gehabt. Spielen Sie die Geister wie anstrengende,
launische Kinder. Einer von ihnen wird den Runner anspre-
chen, der am nächsten zu Kershs Gerät steht, und mit selt-
sam toter Stimme sagen: „Was machst’n da?“ Wenn die
Runner sich höflich benehmen und die ständig anwach-
senden Wünsche der Geister befriedigen, werden die
Geister ruhig bleiben und sich wie normale Kinder beneh-
men. Allerdings wie Kinder, die andere Personen gerne
berühren – die Geister lieben es, die Runner zu umarmen.
Die Geister sehnen sich danach, wieder Kontakt zu
Lebenden zu haben. Bedauerlicherweise lässt jeder kör-
perliche Kontakt zu den Geistern die Messgeräte an den
Anzügen der Runner eine Stufe höher springen. Dasselbe
passiert, wenn einer der Geister Elementarer Angriff oder
Verschlingen gegen die Runner einsetzt. Sagen Sie jedes
Mal, wenn ein Runner auf diese Weise betroffen ist, deut-
lich an, dass sein Messgerät eine Farbstufe höher gesprun-
gen ist.
Spielen Sie die Begegnung der Runner mit den Geis-
tern einige Zeit aus. Schließlich ertönt ein „Bing“ von
Kershs Messgerät, das seine Arbeit offenbar erledigt hat.
Sobald die Runner packen und gehen, werden die kind-
lichen Geister sehr aufgeregt und fragen, ob die Runner
bleiben und „Fangen“ spielen. Wenn die Runner hier nicht
eine Engelsgeduld aufbringen, werden sie gegen die Geis-
ter kämpfen oder vor ihnen fliehen müssen. Die Geister
verfolgen die Runner nur innerhalb der radioaktiven Zone,
aber das wissen die Spieler nicht.
NUKLEARGEISTER
(KRAFTSTUFE 5)
K G R S W L I C EDG M ESS
6 7 8 3 5 5 6 5 3 5 5
Initiative 14 + 2W6
Astrale
12 + 3W6
Initiative
Zustands-
11/11
monitor (K/G)
Limits Körperlich 7, Geistig 7, Sozial 7
Fertigkeiten Askennen 11, Astralkampf 11, Exotische Fernkampfwaffe
(Würfelpools) 12, Fliegen 12, Waffenloser Kampf 12, Wahrnehmung 11
Astrale Gestalt, Bewusstsein, Elementarer Angriff (Strah-
Kräfte lung), Energieaura (Strahlung), Grauen, Materialisierung,
Verschlingen (Feuer)
<< SZENE 3: GEIGERZÄHLER 11
>> BEFREIUNG <<
DAUMENSCHRAUBEN
Falls die Spieler sich langweilen und einen kleinen Kampf
zum Wachwerden benötigen, können Sie weitere toxische
Geister auftauchen lassen. Wenn die Runner dumm ge-
nug sind, einen der schlafenden Insektengeister zu stören,
können Sie den Geist aufwachen und sofort angreifen las-
sen. Wenn Sie es für Ihr Team schwer werden lassen wol-
len, gibt es hier mehr als genug Gefahren. Denken Sie aber
daran, dass die Gegend eine brutale Hintergrundstrahlung
hat – mit nichts als mundaner Ausrüstung können schon
zwei Geister für die Runner eine sehr harte Nuss sein. Ma-
terialisierte Geister erhalten Immunität gegen Normale
Waffen, was den beiden Geistern 10 Punkte Verstärkter
Panzer beschert.
SZENE 4: FALSCHES SPIEL
AUF EINEN BLICK
Die Runner bringen ihre FAB-Probe zur Astral Space Preser-
vation Society, aber bevor die Runner die präsolaren Mine-
rale in Besitz nehmen können, wird der Behälter von den
Swamp Thangs gestohlen. Es wird eine Schlacht durch die
Straßen von Chicago geben, und letzten Endes können die
Charaktere zwar einige Gang-Mitglieder befragen, aber die
präsolaren Minerale werden gestohlen. Sowohl eine Befra-
gung der Gefangenen als auch herkömmliche Beinarbeit
wird zutage fördern, dass die Swamp Thangs als Gang be-
kanntermaßen unter der Fuchtel eines Insektengeistes ste-
hen und ihr Hauptquartier im Calumet-Sumpf haben.
SAG’S IHNEN INS GESICHT
War doch gar nicht so schlimm. Ein bisschen Strahlung,
ein paar gefährliche Geister – das gehört bei Runnern wie
euch zum Alltag. Ihr ruft Dr. Kersh an, und er ist gern bereit,
euch erneut vor dem Field Museum zu treffen. Im Großen
und Ganzen war das so einfach, wie Lothan es angekün-
digt hat. Ihr musstet ja eigentlich nur einen Botengang
erledigen. Jetzt kriegt ihr euren Behälter mit dem Gestein
und könnt euch auszahlen lassen. Alles kein Problem.
Moment mal! Waren das Schüsse?
HINTER DEN KULISSEN
Als die Runner zum Field Museum zurückkehren, sehen sie
Dr. Kersh, der sich ängstlich hinter einer physischen Barri-
ere mit Panzerung 20 und Struktur 20 verbirgt, während
ihn sechs Mitglieder der Gang Swamp Thangs attackieren.
Die andere Hälfte der Gang ist bereits mit dem Behälter
auf der Flucht. Diese sechs sollen laut den Anweisungen
ihrer Herrin hierbleiben und Kersh erledigen. Die Runner
müssen schnell eingreifen, wenn sie Kersh retten wollen.
Lassen Sie ihnen keine Zeit zum Planen, sondern springen
Sie mitten hinein in die Action.
Solange die Runner nicht eingreifen, konzentrieren die
Gangmitglieder ihre Feuerkraft auf Kersh. Unter den An-
greifern ist kein Zauberer, deshalb ist es schwer für sie, die
magische physische Barriere zu durchbrechen. Jeder der
12 SZENE 4: FALSCHES SPIEL >>
KEINE PANIK
Wenn die Augen der Runner größer sind als ihr Magen,
können Sie die Lage etwas entspannen: Die unterschied-
lichen Gefahren des Kraters sind auch füreinander ge-
fährlich. Wenn die Runner mit den beiden Geistern nicht
klarkommen, können Sie einen fehlgegangenen Gift-
hauch einen der schlafenden Insektengeister treffen las-
sen, der sofort erwacht und den anderen Geist attackiert.
Die Charaktere können fliehen, während die Geister mit-
einander kämpfen. Wenn die Runner die Messdaten für
Dr. Kersh nicht beschaffen können oder wollen, müssen
sie mit leeren Händen zurückkehren. Das wird aufgrund
des Verlaufes der nächsten Szene allerdings kein Prob-
lem darstellen.
Angreifer hat sich vor dem ersten Schuss Jazz eingewor-
fen, um sich kampfbereit zu machen.
Sobald der Kampf vorbei ist, können die Runner von ih-
ren Feinden schnell erfahren, dass diese zur berüchtigten
Gang Swamp Thangs gehören. Es ist allgemein bekannt,
dass sie eine Maden-Gang sind, die für einen geheim-
nisvollen Meister im Calumet-Sumpf arbeitet. Wenn die
Spielercharaktere ein Gangmitglied lebend gefangen ge-
nommen haben und befragen, erzählt er ihnen Folgendes:
„Scheißegal, dass ihr mich erwischt habt, Omae. Wir
haben die Blechbüchse. Unsere Herrin wird sie benutzen,
um noch mächtiger zu werden. Und dann wird sie uns
alle stark machen. Nichts kann die Swamp Thangs aufhal-
ten. Folgt ihr ruhig. Geht in den Sumpf. Meine Brüder und
Schwestern freuen sich über was zu essen.“
Mit dem Sumpf ist der Calumet-Sumpf gemeint. Offen-
bar hat die Gang den Behälter in ihr Hauptquartier gebracht.
SWAMP-THANG-GANGER
(PROFESSIONALITÄTSSTUFE 2)
K G R S W L I C ESS
7 4 4[5] 7 4 4 3 4 4,75
Initiative 7[8] + 1W6[3W6]
Zustands-
13
monitor
Limits Körperlich 9[10], Geistig 5, Sozial 6
Panzerung 12
Athletik-Fertigkeitsgruppe 9, Einschüchtern 9, Heimlich-
Fertigkeiten
keit-Fertigkeitsgruppe 6, Klingenwaffen (Äxte) 9 (11), Pis-
(Würfelpools)
tolen 7, Waffenloser Kampf 9, Wahrnehmung 6
Bodytech Cyberarm [gebraucht; offensichtlich]
Brille [Kapazität 1; Bildverbindung], 1 Dosis Jazz [+1 Re-
Ausrüstung aktion, +1 Körperliches Limit, +2W6 Initiative], Panzerja-
cke [12] [Elektrische Isolierung 6]
Kampfaxt [Klingenwaffe | Reichweite 2 | Präz. 4 | Scha-
den 12K | DK -4]
Messer [Klingenwaffe | Reichweite – | Präz. 5 | Schaden
Waffen 8K | DK -1]
Ruger Super Warhawk [Schwere Pistole | Präz. 5 | Scha-
den 9K | DK -2 | EM | RK – | 6(tr) | 2 Schnelllader, 30
Schuss Standardmunition]

DAUMENSCHRAUBEN
Wenn die Runner es mit den Swamp Thangs zu leicht ha-
ben, können natürlich weitere Gangmitglieder als Verstär-
kung auftauchen. Die Thangs haben die klare Anweisung,
Dr. Kersh umzubringen. Sie sind gern bereit, dafür mehr
Feuerkraft zur Verfügung zu stellen, wenn das nötig sein
sollte.
KEINE PANIK
Wenn Ihr Team von den Thangs unangespitzt in den Bo-
den gerammt wird, kann Dr. Kersh sich ein Herz fassen
und das Team seinerseits mit Magie unterstützen. Er
könnte einen Geist herbeirufen, der den Runnern hilft, die
Runner heilen oder ihnen mit Verbesserungs-Zaubern un-
ter die Arme greifen. Tagesgast, der freie Geist in Kershs
Begleitung, wird die Gang nicht angreifen, er konzentriert
sich ganz darauf, die physische Barriere um sich und Kersh
aufrechtzuerhalten.
<< SZENE 4: FALSCHES SPIEL
>> BEFREIUNG <<
Falls die Spielercharaktere alle Angreifer töten, können
sie mit ein wenig Beinarbeit herausfinden, wo der Rück-
zugsort der Gang liegt. Die Swamp Thangs sind eine be-
kannte Gang – selbst Dr. Kersh hat schon von ihnen gehört
–, und viele Leute können das Team auf den Weg in Rich-
tung Calumet-Sumpf bringen.
Denken Sie daran, dass Kersh trotz allem natürlich sein
Messgerät und die Daten zurückhaben will. Wenn die Run-
ner sich an ihren Teil der Abmachung halten und das Gerät
zurückgeben, bekommen sie magische Heilung, Entgif-
tungszauber gegen ihre Verstrahlung und natürlich auch
weitere Boni, die sie gegebenenfalls mit Kersh vereinbart
hatten.
Besonders sadistische Spielleiter können berechnen,
wie viel zusätzliche Strahlung die Ausrüstung abbekommen
hat, die mit den Nukleargeistern in Berührung gekommen
ist. Insbesondere Nahkampfwaffen sind höchstwahrschein-
lich kontaminiert. Wenn die Runner fragen, wird Kersh diese
Gegenstände sehr gern entgiften. Wenn die Spieler nicht
daran denken – nun, dazu kommen wir später.
13
>> BEFREIUNG <<

SZENE 5: DAS DING AUS DEM SUMPF

AUF EINEN BLICK SWAMP-THANG-GANGER

Die Runner verfolgen die Swamp Thangs zu ihrer Zuflucht. (PROFESSIONALITÄTSSTUFE 2)
Dort gibt es in den giftigen Sümpfen einen langen, hässli-
chen Kampf. Schließlich kann das Team seine Feinde be- K G R S W L I C ESS
zwingen und den Behälter mit den präsolaren Mineralen 7 4 4[5] 7 4 4 3 4 4,75
an sich bringen.
Initiative 7[8] + 1W6[3W6]
Zustands-
SAG’S IHNEN INS GESICHT monitor
13

Der Calumet-Sumpf sieht ein bisschen anders aus als die Limits Körperlich 9[10], Geistig 5, Sozial 6
landläufige Vorstellung von einem Sumpfgebiet in Nord- Panzerung 12
amerika. Die meisten Leute denken an warmes, schlammi- Athletik-Fertigkeitsgruppe 9, Einschüchtern 9, Heimlich-
Fertigkeiten
ges Wasser, Alligatoren und Schilf. In Chicago besteht ein keit-Fertigkeitsgruppe 6, Klingenwaffen (Äxte) 9 (11), Pis-
(Würfelpools)
Sumpf aus kaltem, nassem Tiefland, wo wieder und wieder tolen 7, Waffenloser Kampf 9, Wahrnehmung 6
billiger Wohnraum errichtet wurde. Dazu gibt es noch gifti- Bodytech Cyberarm [gebraucht; offensichtlich]
ge Hinterlassenschaften, die man hier entsorgt hat, brutale Brille [Kapazität 1; Bildverbindung], 1 Dosis Jazz [+1 Re-
Gangs, die sich Insektengeistern angeschlossen haben, eine Ausrüstung aktion, +1 Körperliches Limit, +2W6 Initiative], Panzerja-
durch menschliches Wirken verschmutzte Astralebene – das cke [12] [Elektrische Isolierung 6]
ist die verfaulende Jauchegrube namens Calumet-Sumpf. Kampfaxt [Klingenwaffe | Reichweite 2 | Präz. 4 | Scha-
Spurenlesen und Beinarbeit haben sich ausgezahlt. Ihr den 12K | DK -4]
habt das Lager der Swamp Thangs gefunden. Jetzt müsst Messer [Klingenwaffe | Reichweite – | Präz. 5 | Schaden
ihr euch bloß noch den Behälter schnappen und ver- 8K | DK -1]
schwinden. Waffen Ruger Super Warhawk [Schwere Pistole | Präz. 5 | Scha-
den 9K | DK -2 | EM | RK – | 6(tr) | 2 Schnelllader, 30
Schuss Standardmunition]
HINTER DEN KULISSEN Sprenggranate [Wurfwaffe | Präz. 9 | Schaden 16K | DK
Das Hauptquartier der Swamp Thangs ist ein sehr, sehr -2 | Sprengwirkung -2/m]
unheimlicher Ort, eine alte Sozialbausiedlung, die halb im
Sumpf versunken ist und von dieser berüchtigten Gang
übernommen wurde. Die Swamp Thangs sind eine abge- SCHRECKHAHN
rissene Gruppe aus Orks und Menschen, die sich mit ei- K G R S W L I C EDG M ESS
ner geheimnisvollen Insektenschamanin zusammengetan
4 5 4 4 4 2 3 1 1 5 6
haben. Dafür, dass die Gang ihren insektoiden Herrschern
dient, ist sie ihrerseits vor Angriffen anderer Insektengeis- Initiative 7 + 1W6
ter geschützt. Der Behälter befindet sich im sogenannten Zustands-
10/10
Vorratslager, einem windschiefen Haus, wo die Gang Es- monitor (K/G)
sen für schlechte Zeiten aufbewahrt. Das eigentliche Lager Limits Körperlich 6, Geistig 4, Sozial 4
wird von zwölf Gangmitgliedern bewacht. Panzerung 1
Vermutlich ist es am günstigsten, heimlich vorzuge- Laufen 7, Schleichen 5, Waffenloser Kampf 7,
Fertigkeiten
hen. Gewalt ist aber auch eine Lösung, sofern die Runner Wahrnehmung 3
genügend Waffen und Munition für zwölf Gangmitglieder Immunität (Eigene Berührung), Lähmende Berührung
mitgebracht haben. Wenn ein Kampf ausbricht, gehen die Kräfte (Schwanz), Natürliche Waffe (Klauen: Schaden 5K, DK
Thangs zunächst einmal in Deckung. Die Hälfte von ihnen -1), Panzer 1
pfeift sich dann eine Dosis Jazz rein, während die andere
Hälfte Granaten in Richtung weiter entfernter Runner wirft.
In der kommenden Runde tauschen sich die Gang-Kämp-
fer aus, die andere Hälfte bedient sich am Jazz, und die KEINE PANIK
bereits Versorgten werfen Granaten. Anschließend greifen Besondere Schwierigkeiten für die Runner sollte es nicht
alle mit Äxten oder Knarren an. in dieser, sondern in der nächsten Szene geben. Sobald
die Runner den Behälter in ihren Besitz gebracht haben,
sollen sie sich zwecks Ablieferung desselben mit Lothan
DAUMENSCHRAUBEN in Verbindung setzen. Ohne dass sie es wissen, ist aller-
Höchstwahrscheinlich entbrennt ein klassischer Kampf, dings sein Telefon angezapft und umgeleitet worden. Alle
den man nicht weiter anheizen muss. Falls der Sieg den Anrufe bei der Nummer, die er ihnen gegeben hat, werden
Runnern allerdings zu leicht fällt, können Sie sechs abge- zu der Herrin der Swamp Thangs umgeleitet, die sich bis-
richtete Schreckhähne im Lager sein lassen, für die die her verborgen gehalten hat.
Runner dann ebenfalls Vorkehrungen treffen müssen.

14 SZENE 5: DAS DING AUS DEM SUMPF >>

 >> BEFREIUNG <<

SZENE 6: BEZAHLUNG GEFÄLLIG?

AUF EINEN BLICK
Das Team setzt sich mit Lothan in Verbindung und
vereinbart ein Treffen, um ihm die präsolaren Mine-
rale zu übergeben und dafür die vereinbarte Bezah-
lung zu erhalten. Lothan wird ein Ausbund an Höf-
lichkeit und guter Laune sein, was die Runner hof-
fentlich misstrauisch machen wird. Wenn sie dem
falschen Lothan die Maske vom Gesicht reißen
oder ihn einfach angreifen, entdecken sie, dass sie
es nicht mit Lothan, sondern mit der Wendigo-Füh-
rerin der Swamp-Thangs zu tun haben –„The Foul
One“. Wenn sie es mit ihr zu tun bekommen, setzt
sie ihre Zauber und beschworene Moskitogeister
ein und versucht, mit den präsolaren Mineralen zu
entkommen. Falls das Team nichts unternimmt und
„The Foul One“ nach Bezahlung mit den Mineralen
davonspaziert oder fliehen kann, bekommen die
Runner bald darauf einen Anruf von Lothan, der
sich wundert, wo seine Minerale bleiben.

SAG’S IHNEN
INS GESICHT
Endlich habt ihr den Behälter. Jetzt müsst ihr euch
nur noch mit eurem Auftraggeber treffen und
Ware gegen Geld eintauschen. Nach ein paar
schnellen Nachrichten über Lothans Nummern
seid ihr unterwegs, um euch vor Merle’s Grocery
beim Hafen mit ihm zu treffen.
Lothan ist ein sehr pünktlicher Troll. Er wartet
bereits, als ihr eintrefft. Er trägt diesmal nicht seine
übliche protzige Robe. Ein schlichtes schwarzes
Hemd und Cargohosen sind für Lothan den Wei-
sen außerordentlich leger. Mit einem freundlichen
Nicken seines Riesenschädels begrüßt er euch.
„Moin, Chummer. Habt ihr den Behälter? Klas-
se! Ich wusste, dass ihr die Allerbesten seid. Su-
pergeil! Ihr könnt euch darauf verlassen, dass ich
euch megascharf weiterempfehlen werde. Kost’
mich null Persp.“
Hat Lothan der Weise euch gerade mit „Chum-
mer“ angeredet? Und was zum Geier soll „null Per-
sp“ heißen?

HINTER DEN KULISSEN

Wegen dieser Szene ist es so wichtig, dass Sie Lo-
than in der ersten Szene unhöflich und schroff ha-
ben auftreten und mit seiner Bildung und Intelligenz
haben angeben lassen. Der Lothan, der die Runner
in dieser Szene trifft, benimmt sich vollkommen
anders als der Lothan, dem sie am Anfang des Runs
begegnet sind. Das liegt daran, dass dieser Lothan
in Wirklichkeit die Wendigo-Moskitoschamanin
und Anführerin der Swamp Thangs ist, die sich „The
Foul One“ (die Bösartige) nennt. Sie weiß, dass die
Runner den Behälter mit den präsolaren Mineralen
haben und dass dies ihre allerletzte Chance ist, ihn
Lothan doch noch abzujagen.

<< SZENE 6: BEZAHLUNG GEFÄLLIG? 15

>> BEFREIUNG <<
„The Foul One“ wird unglaublich höflich zu den Runnern
sein – so sehr, dass es schmerzen kann. Sie benimmt sich ge-
nau entgegengesetzt zu Lothan, als er die Runner angeheu-
ert hat. Selbst wenn die Runner sie beschimpfen, lacht sie
nur darüber und reißt noch selbst einen Witz auf ihre eige-
nen Kosten. Wird sie auf den Unterschied zu ihrem früheren
Verhalten angesprochen, gesteht sie, dass sie damals wohl
unhöflich gewesen ist, und entschuldigt sich: Sie hatte Stress
wegen des Behälters und bittet die Runner um Verständnis
dafür. „The Foul One“ ist gut maskiert und verwendet den
Zauber Physische Maske, um wie Lothan auszusehen.
Wenn die Spieler wegen Lothans seltsamen Verhaltens
kein Misstrauen schöpfen, wird „The Foul One“ gern be-
zahlen, was Lothan den Spielern geboten hat, den Behäl-
ter an sich nehmen und verschwinden. Die Runner werden
sie nie wiedersehen.
Es sollte aber genug Hinweise geben, damit die Run-
ner ihre Tarnung durchschauen. Wenn sie sie direkt darauf
ansprechen, dass sie nicht Lothan ist oder ihr den Behälter
allzu lange vorenthalten, greift sie an. „The Foul One“ setzt
ihre Magie ein, um die Runner zu erledigen. Sie kämpft,
bis sie den Tod vor Augen hat – dann verheizt sie Edge,
um zu entkommen, und beschwört weitere Schergen der
Swamp Thangs, um ihre Flucht zu decken.
SZENE 7: BEZAHLUNG!
AUF EINEN BLICK
Die Runner verständigen sich irgendwie mit Lothan dem
Weisen. Entweder geben sie dem echten Lothan die
präsolaren Minerale, oder sie teilen dem Troll mit, dass sie
die Güter versehentlich jemand anderem in die Pfote ge-
drückt haben.
SAG’S IHNEN INS GESICHT
FALLS DIE RUNNER „THE FOUL ONE“
BESIEGT HABEN UND LOTHAN DEN
BEHÄLTER VON IHNEN ERHALTEN HAT,
LESEN SIE DAS FOLGENDE VOR:
Es gab ein paar Unebenheiten, aber ihr habt euren Job er-
ledigt und bekommen, was euer Auftrag war. Ihr trefft Lo-
than im Weisesten Troll. „Eine zufriedenstellende Leistung“,
grunzt er. „Von einer Ansammlung wie der euren habe ich
genau das erwartet. Ihr habt eure Aufgabe erfüllt, und da
ich zu meinem Wort stehe, sollt ihr nun euer vereinbartes
Entgelt erhalten.“ Lothan händigt euch mehrere Credsticks
aus. Als ihr nachseht, stellt ihr fest, dass sie erfreulicher-
weise ein wenig mehr enthalten, als abgemacht war. „Be-
trachtet den Zusatzbetrag als Geste meines auch zukünftig
guten Willens. Ich bin sicher, dass wir erneut zusammen-
arbeiten werden.“
16 SZENE 7: BEZAHLUNG! >>
DAUMENSCHRAUBEN
Es wäre absolut plausibel, wenn „The Foul One“ einige
gebundene Geister zur Hand hat, falls Sie den Kampf
schwieriger machen möchten. Behandeln Sie diese wie
Tiergeister der Kraftstufe 6 mit jeweils 4 Diensten. Sie
nehmen die Gestalt von furchteinflößenden Riesen-
moskitos an. „The Foul One“ könnte weiterhin ein paar
Swamp Thangs in Reserve haben, um die Runner zu
schwächen, falls diese den Kampf zu leicht gewinnen.
Wenn ein oder mehr Orks zu dem Team gehören, könnte
sie auch boshaft genug sein, sie zu beißen, um sie mit
MMVV zu infizieren.
KEINE PANIK
Falls die Runner Prügel beziehen, brauchen Sie nichts zu
unternehmen. Dies ist Shadowrun, da kriegt man manch-
mal etwas ab. „The Foul One“ will die Runner ja nicht tö-
ten, und sie will sie noch nicht einmal essen. Sie will bloß
die präsolaren Minerale. Wenn sie sie hat und die Runner
keine Gefahr mehr darstellen, wird sie sich irgendwohin
zurückziehen, wo sie ihre Wunden lecken und ihre aufge-
riebene Gang neu aufbauen kann.
FALLS DIE RUNNER DEN BEHÄLTER
AN „THE FOUL ONE“ VERLOREN HABEN,
LESEN SIE DIESEN TEXT VOR:
Ein Anruf geht auf eurem Kommlink ein – es ist Lothan. „Ihr
habt mich verärgert und bekümmert. Ihr bezeichnet euch als
Shadowrunner, da solltet ihr eigentlich wissen, dass man
mit Gütern, die man beschafft, sorgfältig umgeht und sie
nicht dem erstbesten Scharlatan übergibt, der danach fragt.
Ihr habt Lothan den Weisen sehr unglücklich gemacht, und
in dieser Stadt mindert das die Aussichten für eure weitere
Laufbahn. Nichtsdestoweniger kann ich auch großmütig
sein. Wenn meine cholerische Ader nicht mehr mein Verhal-
ten bestimmt, habe ich womöglich einen weiteren Job für
euch. Das sehen wir dann.“ Er hat aufgelegt.
HINTER DEN KULISSEN
Geben Sie den Spielern die Chance, Lothan zu erleben.
Wenn er mit ihnen zufrieden ist, spielen Sie es aus. Las-
sen Sie ihn die Runner widerwillig lobende Worte über die
Leistung und die Fähigkeiten der Runner finden. Wenn das
Team versagt hat, sollte Lothan sie ordentlich abkanzeln.
Lothan spricht in diesem Fall mit ihnen, als ob sie Kinder
sind, die ihn enttäuscht haben. Lassen Sie ihn den Run-
nern ein paar Lektionen über professionelles Misstrauen
erteilen.

NACH DEM ABENTEUER
GELD
• Bezahlung von Lothan dem Weisen für das Beschaf-
fen von Behälter CAT27000: Grundbezahlung 10.000
¥ plus 500 ¥ pro Nettoerfolg bei der Verhandlungs-
probe (insgesamt maximal 14.000 ¥)
• oder
• Bezahlung von The Foul One für Behälter CAT27000:
Grundbezahlung 10.000 ¥
• plus 500 ¥ pro Nettoerfolg bei der Verhandlungspro-
be (insgesamt maximal 14.000 ¥)
KARMA
• 1 Karma – Die Runner holen für Kersh die Messdaten
aus dem Cermak-Krater.
• 1 Karma – Die Runner besiegen die Swamp Thangs
und bringen den Behälter wieder an sich.
• 1 Karma – Die Runner besiegen „The Foul One“.
• 1 Karma – Die Runner überleben das Abenteuer.
• 3 Karma – Abenteuerschwierigkeit.
Zusätzlich können noch 1 bis 3 Punkte Karma für gutes
Rollenspiel, besonderen Humor, gute Regelkenntnis, Wei-
terbringen des Abenteuers und der Action oder für eine
besonders kluge Aktion vergeben werden. Diese Punkte
müssen die Spieler sich verdienen, und die vollen 3 Punk-
te sollten wirklich nur die Besten von ihnen erhalten. Die
maximale Karmabelohnung eines Charakters für dieses
Abenteuer sollte 9 nicht überschreiten.
REPUTATION
Es könnte passieren, dass die Aktionen der Runner wäh-
rend des Abenteuers sich auf ihren Straßenruf oder ihre
Prominenz auswirken oder ihnen einen Schlechten Ruf
BEINARBEIT
Wenn ein Spielercharakter eine Connection kontaktiert,
legt der Spielleiter für diese Connection eine Probe auf
Einfluss + Einfluss ab. Die Anzahl der Erfolge gibt an, wie
viele Ränge an Informationen die Connection über das
fragliche Thema weiß. Wenn das Thema eine Speziali-
tät der Connection ist, erhält sie einen Würfelpoolbonus
von +3 für die Probe. Der Spielercharakter legt anschlie-
ßend eine Probe auf Charisma + Gebräuche + Loyalität
ab. Die Anzahl der Erfolge bestimmt, welche Anzahl
von Rängen an Informationen die Connection umsonst
preisgibt (bis zur Grenze dessen, was die Connection
weiß). Weiß die Connection mehr, können ihr zusätzli-
che Informationen zu einem Preis von 500 ¥ - (Loyalität
>> BEFREIUNG <<
einbringen (s. SR5, S. 371). Der Spielleiter sollte dabei nicht
nur die im Folgenden aufgelisteten szenariospezifischen
Modifikatoren einbeziehen, sondern auf Basis der Hand-
lungen der Charaktere während des gesamten Abenteuers
weitere Punkte dort vergeben, wo es sich anbietet.
• +1 Straßenruf, falls die Runner Dr. Kersh vor den
Swamp Thangs retten.
• +1 Schlechter Ruf, falls die Runner den Behälter an The
Foul One übergeben.
CONNECTIONS
Durch die Erfüllung von Missionszielen oder die Ausfüh-
rung der weiter unten beschriebenen Aktionen können
die Charaktere neue Connections mit Loyalität 1 hinzuge-
winnen. Wenn die Charaktere die betreffende Connection
bereits haben, erhöht sich stattdessen deren Loyalität um
1, bis hin zu einem Maximum von 4.
Natürlich können die Charaktere auch mit nicht in-
nerhalb des Abenteuers beschriebenen NSC interagie-
ren und diese als Connections mit einer Loyalität von 1
gewinnen. Ebenso können sie auch nicht mit der Missi-
on in Verbindung stehende Connections nutzen, die sie
sich bereits verdient oder bei der Charaktererschaffung
erworben haben. Die Loyalität dieser Connections kann
ebenfalls um 1 steigen, bis zu einem Maximum von 4.
Der Spielleiter sollte Connections nur dann vergeben,
wenn die Spieler sich besondere Mühe geben, den NSC
zu beeindrucken und sich die Connection auch zu ver-
dienen, indem sie ihr einen Gefallen tun oder ihr für ihre
Dienste und Informationen weit mehr als den Standard-
preis bezahlen.
Lothan der Weise: +1 Loyalität, wenn die Runner ihm
den Behälter geben, -1 Loyalität, wenn die Runner den Be-
hälter an „The Foul One“ übergeben.
x 100 ¥), mindestens aber 100 ¥, pro zusätzlichem Rang
entlockt werden.
Falls die Spielercharaktere sich bei allen ihren Connec-
tions umgehört haben und ihnen immer noch wichtige
Informationen fehlen, können sie eine Connection bitten,
sich umzuhören. In diesem Fall legt die Connection eine
Ausgedehnte Probe auf Einfluss + Einfluss (20 Minuten)
ab. Zusätzliche Informationen kosten in diesem Fall 1.000
¥ - (Loyalität x 100 ¥), mindestens aber 200 ¥.
Eine Handlung Matrixsuche (SR5, S. 238) kann eben-
falls verwendet werden, um Informationen aus den fol-
genden Tabellen zu sammeln, indem die angegebenen
Schwellenwerte und Suchzeiträume verwendet werden.
<< NACH DEM ABENTEUER 17
>> BEFREIUNG <<
LOTHAN DER WEISE
Passende Connections: Taliskrämer, Schieber, jeder Troll,
jeder Zauberer
Schwellen- Suchzeit-
Information
wert raum
0 – Na klar, das ist der alte Sack,
der Neil den Orkbarbaren be-
raten hat, stimmt’s?
1 1 Minute Irgend so ein alter Schrat.
Hat einen Zauberladen nahe
der CZ, der an eine Bar ange-
schlossen ist.
2 5 Minuten Er ist ein Taliskrämer. Sein La-
den heißt Der Weiseste Troll. Du
erreichst ihn über Miller’s Pub.
3 30 Minuten Früher war er mal in den
Schatten von Seattle aktiv.
Vermutlich hat er sich zur
Ruhe gesetzt.
4 2 Stunden Er ist ein Großmaul und ein An-
geber. Er redet immer, als ob
er die Weisheit mit Löffeln ge-
fressen hätte. Arrogant bis zum
Geht-nicht-mehr.
5 6 Stunden Hör gut zu, Chummer, Lothan
ist ganz heißer Scheiß! Der Typ
hat Kellan Colt trainiert.
BEHÄLTER CAT27000
Passende Connections: Taliskrämer, Schieber, jeder Wis-
senschaftler, jeder Zauberer
Schwellen- Suchzeit-
Information
wert raum
0 – Das ist doch dieser Synthahol
von diesem kleinen Privat-
label, oder? Die tun da was
rein – irgend so eine Geheim-
formel. Das Zeug bringt dich
echt auf Trab.
1 1 Minute Diese Registratur hat das Chi-
cago Field Museum früher be-
nutzt.
2 5 Minuten Bei der Nummerierung muss es
irgendeine seltene Mineralien-
probe sein.
3 30 Minuten Katalogisiert wurde es als 10
kg präsolare Minerale.
4 2 Stunden Diese seltenen Minerale sind
erstklassige Ingredienzen für
Kraftfoki.
18 BEINARBEIT >>
ASTRAL SPACE
PRESERVATION SOCIETY
Passende Connections: Taliskrämer, Geister, alle Zauberer
Schwellen- Suchzeit-
Information
wert raum
0 – Oh Käpt’n, mein Käpt’n (stellt
sich auf einen Stuhl).
1 1 Minute Diese Hippiebande gehörte
früher zum Chicago Field Mu-
seum.
2 5 Minuten Sie versuchen, die Astralebene
im Chicagoer Sprawl zu heilen.
3 30 Minuten Angeblich errichten sie ein
natürliches Reservat für freie
Geister.
4 2 Stunden Ein großes Kollektiv von Den-
kern und Forschern mit sehr
eigenwilligen und originellen
Lösungsansätzen. Sie arbeiten
alle an thaumaturgischen For-
schungen. Jeder Zauberkram,
an dem sie beteiligt sind, wird
früher oder später groß raus-
kommen.
5 6 Stunden Angeblich haben sie sogar die
Ankunft der Bugs vorherge-
sagt. Sie haben versucht, die
Leute zu warnen, aber damals
hat niemand auf sie gehört.
DR. ERIC KERSH
Passende Connections: Taliskrämer, jeder Zauberer, jeder
Wissenschaftler
Schwellen- Suchzeit-
Information
wert raum
0 – Das ist doch dieser Gymna-
stoproktologe, oder?
1 1 Minute Ein Magieforscher. Glaube
ich.
2 5 Minuten Er ist theoretischer Thaumaturg
und arbeitet für die Astral Space
Preservation Society.
3 30 Minuten Er ist der stellvertretende Vor-
sitzende der ASPS. Das heißt,
dass er in der magischen Sze-
ne von Chicago echt was zu
sagen hat.
 >> BEFREIUNG <<

DER CERMAK-KRATER
Passende Connections: Historiker, alte Leute, jeder Ein-
wohner von Chicago
Schwellen- Suchzeit-
Information
wert raum
0 – Das Klo von deiner Mudda ist
ein Krater.
1 1 Minute Da ist vor vielen Jahren eine
Atombombe hochgegangen.
2 5 Minuten Das war der größte Insektenbau
in ganz Chicago, heute ist es ein
radioaktiver Hotspot.
3 30 Minuten Die ganze Gegend ist ein
einziger magischer Friedhof.
Versuch da bloß nicht zu zau-
bern! Das bringt dich um.
4 2 Stunden Einige Blocks rund um den Kra-
ter ist die gesamte Astralebene
voller Insektengeister im Win-
terschlaf.
DIE SWAMP THANGS
Passende Connections: Gangmitglieder, kleine Ge-
schäftsleute, alle Polizisten
Schwellen- Suchzeit-
Information
wert raum
0 – So ein sehr großer grüner Bur-
sche mit einem Wischmopp
statt Haaren?
1 1 Minute Eine von vielen barbarischen
Gangs in Chicago.
2 5 Minuten Eine von den Gangs, die die
ganze Zeit auf Drogen sind.
Ihr Hauptquartier ist im Calu-
met-Sumpf.
3 30 Minuten Das sind alles Maden – die
machen mit den Bugs ge-
meinsame Sache.
Schwellen- Suchzeit-
Information
wert raum
4 2 Stunden Die Typen sind gefährlich. Sie
machen eine ganze Menge
Dreck, mit dem sich andere
Gangs nicht abgeben. Da zieht
irgendjemand im Hintergrund
die Fäden.
5 6 Stunden Niemand hat ihre Anführerin
je gesehen. Sie wird bloß „The
Foul One“ genannt.
THE FOUL ONE
(DIE BÖSARTIGE)
Passende Connections: Gangmitglieder, Parazoologen,
alle Zauberer
Schwellen- Suchzeit-
Information
wert raum
0 – Das ist doch bloß meine
Nachbarin, die alte Mabel. Sie
ist grottenhässlich, aber sie
tut keiner Fliege was zuleide.
1 1 Minute Die Anführerin der Swamp
Thangs. Eine mächtige Scha-
manin.
2 5 Minuten Niemand weiß, wie sie wirklich
aussieht. Sie sieht jedes Mal an-
ders aus.
3 30 Minuten Sie ist eine Insektenschama-
nin und folgt Moskito.
4 2 Stunden Sie und ihre Gang wollen die
alten Insektenstöcke wiederer-
richten und Chicago erneut zur
Heimat für die Bugs machen.
5 6 Stunden Angeblich ist The Foul One kein
gewöhnlicher Metamensch,
sondern irgendein paranorma-
les Geschöpf.

HAUPTDARSTELLER

LOTHAN DER WEISE

Lothan der Weise ist jahrelang durch die Schatten von Se-
attle gelaufen und hatte seine beste Zeit Mitte der 60er
als Mentor und Teammitglied von Straßenlegende Kellan
Colt. Er hält sich für ein mystisches Genie und einen Ex-
perten auf allen Gebieten der Magie und Magietheorie,
was er durch ein gewaltiges Selbstvertrauen und eine or-
dentliche Portion Arroganz zeigt. Seine Einstellung mag
nicht ganz gerechtfertigt sein, aber er weiß in der Tat eine
Menge über Magie. Er ist vor ein paar Jahren nach Chicago
gezogen und hat einen Taliskramladen – den „Weisesten
Troll“ – eröffnet.
Lothan ist ein alternder Troll, aber immer noch wuchtig
und kräftig. Was er an körperlichen Fähigkeiten eingebüßt
hat, macht er mit seinen magischen Fähigkeiten wett. Sein
Haar ist knochenweiß, er kleidet sich sehr auffällig in pur-
purn-goldene Roben über seiner Panzerung, und er trägt
teure Schmuckstücke, die ihm gleichzeitig als mächtige
Foki dienen.
Einfluss: 4
Loyalität: zu Beginn maximal 3
Zitat: „Ihr seid an den richtigen Ort gekommen. Natür-
lich verfüge ich über das Wissen, das ihr sucht.“

<< HAUPTDARSTELLER 19
>> BEFREIUNG <<

K G R S W L I C EDG M ESS
DR. ERIC KERSH
8 4 4 8 6 5 5 5 6 11 6
Dr. Kersh ist ein betulicher älterer Mann und ein in der
Initiative 9 + 1W6
Wolle gefärbter Akademiker.
Astrale
10 + 2W6
Initiative
Zustands- K G R S W L I C EDG M ESS
12/11 3 3 3 2 5 6 5 5 2 9 6
monitor
Limits Körperlich 10, Geistig 7, Sozial 8 Initiative 8 + 1W6
Panzerung 13 Zustands-
10/11
Analytischer Geist, Außergewöhnliches Attribut (Charis- monitor (K/G)
Vorteile
ma), Erhöhte Konzentrationsfähigkeit 3 Limits Körperlich 4, Geistig 8, Sozial 7
Nachteile Allergie (Silber, Mittel), Berüchtigt Panzerung 6
Antimagie 8, Askennen 8, Astralkampf 5, Athletik-Fertig- Antimagie 4, Askennen 8, Athletik-Fertigkeitsgruppe 2,
keitsgruppe 5, Beschwören-Fertigkeitsgruppe 8, Compu- Aktions- Beschwören-Fertigkeitsgruppe 7, Erste Hilfe 5, Gebräu-
ter 4, Einschüchtern 7, Erste Hilfe 5, Führung 7, Gebräuche fertigkeiten che 5, Ritualzauberei 7, Spruchzauberei 8, Verhandlung 4,
Aktions-
7, Heimlichkeit-Fertigkeitsgruppe 4, Klingenwaffen 4, Ritu- Verzaubern-Fertigkeitsgruppe 4, Wahrnehmung 4
fertigkeiten
alzauberei 9, Spruchzauberei 10, Überreden 6, Unterricht Wissens-
Geistertheorie 8, Geschichte 6, Magietheorie 8
6, Verhandlung 9, Verzaubern-Fertigkeitsgruppe 10, Vor- fertigkeiten
führung 4, Waffenloser Kampf 5, Wahrnehmung 6 Sprach-
Englisch M, Französisch 3, Latein 4
Elfische Weine 5, Geistertheorie 8, Geschichte 6, Klassi- fertigkeiten
Wissens-
sche Kunst 5, Klassische Musik 4, Magietheorie 10, Magi- Initiatengrad 4
fertigkeiten
sche Artefakte 8, Oldtimer 4 Metamagie Anrufung, Intensivierung, Maskierung, Reinigung
Sprach- Deutsch 4, Englisch M, Französisch 2, Italienisch 3, Latein Zauber Entgiftung, Heilen, Panzerung, Trideo-Trugbild
fertigkeiten 5, Mandarin 3, Or’zet 1, Spanisch 4, Sperethiel 3 Ausrüstung Panzerkleidung [6]
Initiatengrad 6
Abschirmung, Fixierung, Intensivierung, Maskierung, Zau-
Metamagie
berformung, Zentrierung (Latein)
Je nach Bedarf, sowohl als Zauber als auch als Alchemi-
Zauber
sche Erzeugnisse
Gebundene 3 Feuergeister (Kraftstufe 6, jeweils 4 Dienste), Luftgeist
Geister (Kraftstufe 5, 4 Dienste)
Bindungsfokus [Kraftstufe 5; Feuergeister; Rubinanhän-
ger], Kommlink [Fairlight Caliban; Gerätestufe 7], Kraftfo-
kus [Kraftstufe 5; Stab], Panzerjacke [12], Zauberspeicher
Ausrüstung [Kraftstufe 5; Heilzauber; Smaragdring], Zauberspeicher
[Kraftstufe 5; Illusionszauber; Saphirring], Zauberspeicher
[Kraftstufe 5; Manipulationszauber; Rubinring], Zauber-
spruchfokus [Kraftstufe 4; Kampfzauber; Goldkette]

20 HAUPTDARSTELLER >>
 >> BEFREIUNG <<

TAGESGAST THE FOUL ONE

(FREIER GEIST, KRAFTSTUFE 10) K G R S W L I C EDG M ESS
Tagesgast ist ein exzentrischer, etwas verwirrt dreinbli- 8 4 5(9) 6 6 4 5 4 4 10 10
ckender freier Feist, der einen taubenblauen Freizeitanzug Initiative 10(14) + 2W6
trägt. Warum er beim Sanktum ist und Dr. Kersh hilft, weiß Zustands-
niemand so genau, auch Kersh nicht – womöglich weiß es 12/11
monitor (K/G)
nicht einmal Tagesgast selbst. Er wird gelegentlich in die Limits Körperlich 9, Geistig 7, Sozial 8
Hocke gehen, als säße er auf einer Couch, die nur er sehen
Panzerung 18
kann, und dabei dem Programm eines unsichtbaren Fernse-
Askennen 5, Astralkampf 6, Beschwören-Fertigkeitsgrup-
hers zuschauen. Er lacht dann über Sitcoms, die nur er sieht,
pe 5, Einschüchtern 8, Heimlichkeit-Fertigkeitsgruppe 6,
und gibt gelegentlich auch entsprechende Kommentare Fertigkeiten
Hexerei-Fertigkeitsgruppe 6, Überreden 5, Waffenloser
von sich. („‚Gott ist mein Zeuge, dass ich wirklich geglaubt
Kampf 9, Wahrnehmung 6
habe, Truthähne könnten fliegen.‘ Das ist wirklich lustig. Sol-
Bewusstsein, Dualwesen, Einfluss, Essenzentzug, Es-
che Sendungen werden heute gar nicht mehr gemacht.“)
senzentzug (Attributsschub: Stärke), Gesteigerte Sinne
(Gehör, Geruchssinn, Sicht), Grauen, Immunität (Alter, Pa-
K G R S W L I C EDG M ESS Kräfte
thogene, Toxine), Infektion, Natürliche Waffe (Biss: Scha-
11 10 12 8 10 10 11 10 7 10 10 den 7K, DK -1, Reichweite -1), Natürliche Waffe (Klauen:
Initiative 23 + 2W6 Schaden 8K, DK -1), Regeneration
Astrale Allergie (Mittel, Eisenhaltige Metalle), Allergie (Schwer,
22 + 3W6
Initiative Schwächen Sonnenlicht), Essenzverlust, Nahrungsbedarf (Meta-
Zustands- menschliches Fleisch)
14/13
monitor (K/G) Heilen, Kampfsinn, Panzerung, Physische Maske, Reakti-
Zauber
Antimagie 10, Askennen 10, Astralkampf 10, Ritualzaube- on Steigern, Säurestrahl, Säurewelle
Fertigkeiten rei 10, Spruchzauberei 10, Waffenloser Kampf 10, Wahr- Ausrüstung Panzerjacke [12]
nehmung 10 Biss [Waffenlos | Präz. 9 | Reichweite -1 | Schaden 7K |
Astrale Gestalt, Auramaskierung, Bewegung, Bewusst- DK -1]
Waffen
sein, Einfluss, Gesteigerte Sinne (Infrarotsicht, Rest- Klauen [Waffenlos | Präz. 9 | Reichweite – | Schaden 8K
Kräfte lichtverstärkung), Materialisierung, Psychokinese, | DK -1]
Realistische Gestalt, Schutz, Suche, Unfall, Verbannungs- Intensivierte Zauber: Kampfsinn (4 Erfolge), Reaktion
Anmerkungen
resistenz, Verschleierung, Verwirrung Steigern (4 Erfolge), Panzerung (6 Erfolge)

<< HAUPTDARSTELLER 21
SH A D O W R U N

WÄHREND DIE
STADT SCHLÄFT
Der grosse Kampf
Der helle Ton der Glocke zeigt das Ende der vierten Runde an, und man sieht, dass Billy „The Beast“ Barlow erleichtert
aufatmet. Durch sein blau geschlagenes rechtes Auge kann er undeutlich erkennen, wie sein Gegner durch den Ring
stolziert, als hätte er bereits gewonnen, obwohl ihm das Blut aus einem hässlichen Schnitt über dem zugeschwollenen
linken Auge tropft. Wer ist dieser Miguel Garza eigentlich? Barlow hat einige seiner Kämpfe gesehen, aber so wie heu-
te ist er noch nie rangegangen. Barlow weiß, wie es läuft – lass es für ein paar Runden spannend aussehen, und dann
prügle ihn in der fünften Runde zu Boden. Sid meinte, der Typ wisse Bescheid und spiele mit. Aber ein Blick in Garzas
blutunterlaufene Augen verrät Barlow, dass er es mit einem Wahnsinnigen zu tun hat, der seit sechs Tagen nonstop No-
vacoke nimmt. Garza sieht zwar aus, als wäre er von einem Bus überfahren worden, aber er kümmert sich nicht darum
und kämpft weiter wie eine Maschine.
Barlow ist froh, dass er kurz verschnaufen kann, lässt die Fäuste sinken und geht in seine Ringecke. Garzas Gesicht
ist wutverzerrt, und plötzlich schlägt er hart auf Barlows Hinterkopf ein, und der Wettfavorit des heutigen Abends lan-
det mit dem Gesicht im Ring. Die wütende Zuschauermenge tobt und zischt und schreit nach dem Ringrichter. Garzas
unverständliche Beschimpfungen werden vom Schreien des aufgebrachten Publikums übertönt, während sich der klar
angeschlagene Barlow mühsam zu seinem Ruheplatz in der Ecke schleppt.
Barlows Trainer ist ein alternder, kahlköpfiger Ork mit Narben, die zeigen, dass er schon Schlimmeres überstanden
hat, als vielen Leuten jemals zustößt. Mit grimmiger Miene wischt er dem Boxer den Schweiß ab und wendet sich dann
kopfschüttelnd an Sid. Die nächste Tracht Prügel steckt Barlow nicht mehr weg.
Sid Gambetti runzelt die Stirn und wischt sich mit einem schmutzigen Tuch den Schweiß aus dem Gesicht. Sein
Jackett hat er schon lange ausgezogen, und seine Krawatte hängt lose um seinen Hals. Sein fadenscheiniges weißes
Hemd zeigt Schweißflecken unter den Armen, während er mit dem Finger auf Barlows Trainer zeigt. Der falsche Diam-
antring, den er am kleinen Finger trägt, funkelt.
„Schick ihn wieder in den Ring, sonst kannst du für ihn weiterkämpfen!“, knurrt Sid den Ork an. Er starrt in die an-
dere Ecke, wo Garza sitzt. Der junge Boxer schaut stumm zu Barlow, während sein Trainer immer aufgeregter versucht,
seinen Kämpfer auf sich aufmerksam zu machen. Gott sei Dank hatte er seine Jungs angewiesen, den Gästen sämtliche
Aufnahmegeräte wegzunehmen oder sie zu deaktivieren. Niemand muss diese Farce ein zweites Mal sehen.
Seufzend wendet sich der Ork an Barlow und teilt ihm die unangenehmen Anweisungen mit. Verbotene Boxkämpfe
sind ein hartes und schmutziges Geschäft, egal, was der sogenannte Ringrichter erzählt.
Nachdem er seine Anweisungen erteilt hat, schaut Sid diskret nach links, wo ein paar Beobachter stehen, die viel zu
gut gekleidet sind, als dass sie aus dieser Gegend stammen könnten. Die deutlich als solche zu erkennenden Schläger
sind die Leibwächter mehrerer Männer in maßgeschneiderten Anzügen und mit Frauen in bunten Kleidern als Beglei-
tung. Die gesamte Gruppe sticht aus den Einheimischen heraus, weil sie Geld hat und offenbar auch weiß, wie man mit
Geld Macht kauft. Einer der Männer, ein Mensch mittleren Alters mit ergrauenden Schläfen, wirft Sid einen vernichten-
den Blick zu. Offenbar hat da jemand eine größere Menge Geld auf diesen Kampf gesetzt und dabei einen diskreten
Tipp bekommen, wie der Kampf ausgehen würde.
Die Boxer machen sich fertig, jetzt stehen sie in der Ringmitte, aber der Schiedsrichter hält sie noch voneinander
getrennt.
Während er sich erneut mit seinem blauen Tuch die Stirn unter seinem schütteren Haar abtupft, zuckt Sid regelrecht
zusammen, als die Glocke die fünfte Runde einläutet. Das Echo klingt ihm noch im Ohr, als Garza schon eine wilde Kom-
bination von Schlägen auf Barlow loslässt und dieser den Ringboden küsst. Sid kämpft sich an den Ring heran, während
der Ringrichter Barlow auszählt. Sid schreit Barlow an, dass er hochkommen soll. Sein Boxer rührt sich, kommt langsam
hoch und kann endlich aufstehen. Er spuckt etwas Rotes aus, das auf dem Ringboden aufklatscht, und ein paar Tropfen
landen auch auf Sids Hemd. Als der Ringrichter bei sieben ist, kann Barlow endlich wieder allein stehen.
Sid flucht und drängelt sich an einigen Offiziellen vorbei auf die andere Seite des Boxrings. Die Glocke ertönt, der
Kampf geht weiter, und die gesamte Halle wird pechschwarz. Aus dem Schrei nach Blut wird besorgtes Gemurmel, aber
nach wenigen Augenblicken geht das Licht nach dem kurzen Stromausfall wieder an.

22 HAUPTDARSTELLER >>
 Garza steht an einer Seite des Ringes, mit seiner Rechten im Boxhandschuh greift er sich an die Seite. Barlow sieht
seine Chance und greift an. Garza versucht, sich zu bewegen, aber er ist zu langsam und bekommt einen brutalen Kinn-
haken ab. Er dreht sich einmal um sich selbst und kracht auf die Matte, wo er als zuckendes Bündel zusammenbricht.
Sid sieht schockiert aus. Er zieht seine Hände aus den Taschen, wobei man nur für einen Sekundenbruchteil matten
Stahl aufblitzen sieht. Garza wird ausgezählt, und der Schiedsrichter hebt Barlows Hand in die Höhe und erklärt ihn zum
Sieger durch K. O. in der fünften Runde.
Ein paar Unzufriedene murren, weil sie gerade ihre Wetten verloren haben. Ein paar Buhrufe ertönen, und ein paar
Stimmen halten den unpassenden Stromausfall für eine abgekartete Sache, aber die meisten Leute im Publikum strö-
men fröhlich schwatzend aus dem Saal.
Sid lehnt sich gegen den Ring. Ein gut gekleideter Mann mit ergrauenden Schläfen kommt zu ihm. Der Mann sieht
nicht fröhlich aus, aber er schüttelt Sid die Hand und gibt ihm mit der anderen einen vollgestopften Umschlag. Er flüs-
tert Sid etwas ins Ohr, und dessen ohnehin schon erschüttert wirkendes Gesicht wird kalkweiß, während der Mann und
seine Leibwächter den Ausgang nehmen.
Sid holt sein Tuch aus der Tasche, wischt sich den Schweiß aus dem Gesicht und lässt sich in einen Stuhl nahe dem
Boxring fallen. Seine zitternden Finger holen unsicher einen Flachmann aus seinem abgelegten Jackett. Er nimmt einen
tiefen Zug und atmet tief aus. Immerhin atmet er noch.

HINTERGRUND
Sid hat eine hochinteressante Vergangenheit. Als Box-Pro-
moter hat er schon einige krumme Geschäfte durchgezo-
gen. Aber jetzt kommt seine Vergangenheit unangemel-
det zu Besuch, und sie klopft ziemlich ungeduldig an.
Vor einigen Monaten hat Sid Wetten auf einen ille-
galen Bareknuckle-Boxkampf zwischen Billy „The Beast“
Barlow und dem Newcomer Miguel Garza angenommen.
Es sollte eine einfache, wenn auch brutale Angelegen-
heit sein, bei der Garza in der fünften Runde zu Boden
geht. Leider hatte sich Garza mit Kamikaze vollgepumpt
und wollte den Kampf gewinnen, weil er auf sich gesetzt
hatte. Als die fünfte Runde da war, hatte Barlow ihn be-
reits zu Brei geschlagen, aber dank der Droge bemerk-
te Garza das überhaupt nicht. Als immer klarer wurde,
dass die Wetten der Leute, denen er Tipps gegeben hat-
te, verloren gehen würden, geriet Sid in Panik. Er konnte
die Vorstellung, dass ein Mann mit italienischem Akzent
namens Mario ihm die Beine oberhalb der Knie absägen
würde, einfach nicht aus seinem Kopf bekommen. Also
schaltete er den Strom ab. Weniger als zehn Sekunden
später ging das Licht gerade rechtzeitig wieder an, dass
jeder sehen konnte, wie Barlow den K.O.-Schlag landete.
Die Krise war überstanden.
Was Sid nicht wusste, war, dass einige von Garzas Pro-
motern bei diesem Kampf ihrerseits viel Geld verloren
hatten. Auch Garza selbst hatte viel Geld verloren, weil er
auf sich selbst gesetzt hatte. Garza war klar, dass in die-
sen zehn Sekunden Dunkelheit irgendein falsches Spiel
abgezogen worden war, aber die bewusstseinstrübende
Kampfdroge macht es ihm schwer, sich genau zu erinnern.
Bis jemand anonym an ihn herantrat und ihm hochauflö-
sende Infrarotaufnahmen von der besagten Nacht zur Ver-
fügung stellte.
Die anonyme Quelle war ein kleiner Hacker in Diens-
ten der Mafia namens Richard Bryson. Er wollte sehen, wo
er am meisten Geld für seine Aufnahmen bekommen wür-
de. Daher schickte er Garza einen kleinen Ausschnitt der
Aufnahmen zu. Er dachte sich, völlig zu Recht, dass Garza
und die Leute, die auf ihn gesetzt hatten, brennend daran
interessiert und bereit wären, ihn reichlich für die vollstän-
dige Aufnahmedatei zu bezahlen, mit der sie Sid erledigen
könnten.
Garza hatte seine große Chance im Ring versemmelt.
Jetzt hatte er einen Grund, dem Typen an den Kragen zu
gehen, der ihn, aus seiner Sicht, zu einem Leben als kaput-
ter, kleiner Schläger verurteilt hat. Er will seine alten Pro-
moter ansprechen, eine Gang namens Chemical Boyz, die
bei seiner Niederlage viel Geld verloren haben. Mit den
Daten will er Sid erpressen.
Sid dagegen will herausfinden, woher die Aufnahmen
stammen, mit denen er erpresst wird. Darum heuert er ein
Team an, um an den geheimen Hintermann heranzukom-
men, der die Aufnahmen gemacht hat – an Bryson. Die
Runner sollen die Aufnahmen beschaffen und sämtliche
im Umlauf befindlichen Kopien vernichten – diese Aufnah-
me muss für immer verschwinden.

<< HINTERGRUND 23
>> WÄHREND DIE STADT SCHLÄFT <<
DIE MISSION IM ÜBERBLICK
Die Runner werden von einem aufgebrachten Sid angewor-
ben, damit sie ihm in sehr kurzer Zeit belastende Aufnahmen
beschaffen. Wir gehen im Folgenden davon aus, dass min-
destens einer der Runner Sid von einem früheren Auftrag
kennt oder ihn als Connection hat. Sid teilt dem Team mit,
dass er wegen eines dumm gelaufenen Kampfes vor ein paar
Monaten erpresst wird: Man hat ihn bedroht, dass man be-
stimmte Aufnahmen Leuten zuspielen werde, die seinen Tod
wollen, wenn sie sich den Film erst einmal angesehen haben.
Sid hat ein bisschen Geld, aber keine Zeit. Die Runner sollen
ihm die Aufnahmen besorgen, bevor sie verkauft werden.
Er berichtet, dass ihn die Chemical Boyz erpressen:
Diese kleine Straßengang ist ihrerseits der Raging Horde
schutzgeldpflichtig, aber Sid weiß, dass Erpressung über-
haupt nicht zum normalen Vorgehen der Chemical Boyz
passt. Er geht davon aus, dass die Gang Geld dafür be-
kommen hat, dass sie ihn erpresst. Er schlägt vor, dass das
Team als Erstes dem Ort einen Besuch abstattet, an dem
sich die Gang in ihrer Freizeit aufhält.
Die Chemical Boyz treffen sich in einer Billardknei-
pe für Motorradfahrer, dem „Hole“. Einige der Boyz sind
auch tatsächlich da, darunter auch die, die Sid unter
Druck setzen. Sie geben nicht freiwillig preis, wer ihr Auf-
traggeber ist, daher müssen die Runner sie auf irgendei-
ne Weise davon überzeugen.
SZENE 1: HOHE EINSÄTZE
AUF EINEN BLICK
Ein aufgelöster Sid ruft die Runner an. Er braucht Leute, die
sofort etwas für ihn erledigen. Er zahlt den Runnern extra
dafür, dass sie so schnell einspringen, aber er hofft, dass
seine neuen Freunde ihm diesen Gefallen tun.
SAG’S IHNEN INS GESICHT
Das dumpfe Brausen der Unterhaltungen der Leute in der
Bar erstirbt, als der Kommentator des heutigen Urban-Bra-
wl-Spiels im Trideo erscheint. Heute Abend gibt es ein
Spiel zwischen zwei alten Rivalen: Die Chicago Extermina-
tors empfangen die New York Slashers. Seit die Stadt wie-
der offen ist, wollten die Einwohner, dass die Spiele näher
an der alten Innenstadt ausgetragen werden. Bei der letz-
ten Begegnung gab es zwei Strafstöße für unsportliches
Verhalten und einen für unnötige Sachbeschädigung, weil
der Reserve-Sprengmeister der Exterminators es für eine
gute Idee hielt, einen Lieferwagen der Presse in die Luft
zu jagen, hinter dem er zwei Slasher vermutete. New York
gewann 6:5, und Jerry, der Barkeeper der Nachtschicht im
Emmett, reibt dir das heute noch unter die Nase.
Dieses Mal hat Chicago einen echten Heimvorteil. Die
Slashers mussten schon einen großen Teil ihrer Reservis-
ten aufs Feld bringen, und die Exterminators haben gerade
einen Lauf. Das wird ein super Spiel. Jerry wird dir nachher
Soybier deiner Lieblingsmarke ausgeben müssen, nämlich
Freibier. Du kannst das Soyweiser schon schmecken, als
die grandiose Titelmusik aus dem Trideo sich über die Ju-
24 DIE MISSION IM ÜBERBLICK >>
Die Runner finden heraus, dass die Gang für niemand
anderen als Miguel Garza arbeitet, der Sid erpresst. Garzas
Anweisung war, Sid solle bezahlen, sonst würde er die
Aufnahme öffentlich verkaufen und Sid würde ins Faden-
kreuz all jener Leute geraten, die bei dem manipulierten
Kampf viel Geld verloren haben.
Es ist kein Problem, Garza zu finden: Er verbringt die
Nacht drogenumnebelt in seiner Wohnung. Er ist schwer
Kamikaze-abhängig. Allerdings können die Runner von
Garza nur mühsam erfahren, woher er die Aufnahme hat
– er ist aufgekratzt und zugedröhnt zugleich, und er ist
immer noch mit seiner Cyberware für seine gescheiterte
Laufbahn als Boxer ausgestattet. Wenn sie mit ihm fertig-
geworden sind, erfahren sie, dass ihm die Person die Auf-
nahmen übergeben hat, die sie im Verlaufe des Kampfes
auch gemacht hat: ein kleiner Decker namens Richard Bry-
son, der als Sicherheitshacker unter dem Dach des frühe-
ren Mafia-Paten Leo McCaskill wohnt.
Mit ein bisschen Beinarbeit bekommen die Runner he-
raus, dass McCaskills Anwesen in einer wohlsituierten be-
wachten Siedlung mit Rund-um-die-Uhr-Sicherheitsdienst
und hochklassigem Alarmsystem liegt. Die Runner müs-
sen die Sicherheitsmaßnahmen überwinden, in McCaskills
Haus einsteigen, dort Bryson finden, von ihm die Aufnah-
me bekommen und alle Kopien löschen.
belrufe und das aufgeregte Geschnatter erhebt. Du spürst
einen kurzen Adrenalinstoß, als dein Kommlink in deiner
Tasche summt. Deine Laune verschlechtert sich schlagar-
tig, als dir klar wird, dass das die Arbeitsnummer ist. Für
ein paar wertvolle Sekunden Urban Brawl ignorierst du das
Summen. Vielleicht geht es ja weg, wenn du es nicht beach-
test, oder der Anrufer sucht sich einen anderen Dummen.
Da bekommst du einen Text in Großbuchstaben in der AR:
„GEH RAN, ES IST WICHTIG!!! – SID.“
Seufzend lässt du das Display die AR zeigen. Sid ist
ein einziges Wrack, das rote Gesicht schweißbedeckt. Wo
sonst eine strahlende Fassade glänzt, sieht man nun die
Sorgenfalten dahinter.
„Danke, dass du abgenommen hast. Du musst was
für mich erledigen, und es muss noch heute Nacht sein“,
sprudelt es aus ihm heraus. „Ich stelle euch mal eben alle
auf Konferenz.“
Du wirfst einen letzten, bedauernden Blick auf das Tri-
deo, als der Barkeeper dir das erste kalte Bier bringt, dem
eigentlich noch viele weitere hätten folgen sollen. Das
Spiel findet anscheinend ohne dich statt.
HINTER DEN KULISSEN
Als Promoter von illegalen Kämpfen hat Sid schon eini-
ge krumme Geschäfte hinter sich. Aber dieses Mal holt
es ihn ein, dass er das Ergebnis eines Kampfes manipu-
liert hat: Nachdem ein Kampf schieflief, weil einer der be-
teiligten Kämpfer eine hohe Summe auf sich selbst und
damit gegen das geplante Ergebnis gesetzt hatte, musste

Sid persönlich einschreiten, um zu verhindern, dass die
Leute Geld verlieren würden, die ihm vertraut und hohe
Summen auf den von ihm vorhergesagten Ausgang des
Kampfes gesetzt hatten (siehe Hintergrund, S. 23).
Aber Sid hatte Pech: Obwohl er sich wirklich Mühe ge-
geben hatte, ungesehen vorzugehen, hatte ihn doch je-
mand gefilmt. Der Informant ist Richard Bryson, der mit
den Aufnahmen viel Geld verdienen will. Daher setzte
Bryson sich mit dem Verlierer des Kampfes in Verbindung,
mit Garza. Bryson bot Garza die Aufnahmen an. Garza er-
griff die Gelegenheit beim Schopfe und heuerte ein paar
Schläger an, um Sid zu erpressen: Sid solle für die Auf-
nahmen Geld ausspucken. Sid wiederum wollte sein Geld
nicht einem Erpresser in den Rachen werfen und heuert
als kleiner Mr. Johnson die Runner an: In einem Präventiv-
schlag sollen sie ihm die Aufnahmen beschaffen und so
den Erpressern eine Lektion erteilen.
Ein Mitglied der Gang Chemical Boyz hat Sid erpresst.
Er teilte ihm mit, dass man am kommenden Morgen die
Aufnahmen Sids Feinden zukommen lassen werde, wenn
dieser nicht 150.000 Nuyen zu einem ihrer Treffpunkte
bringen lässt. Natürlich haben die Chemical Boyz nicht da-
mit gerechnet, dass Sid in so kurzer Zeit ein Team anheu-
ern könnte, um die Daten mit Gewalt zu beschaffen.
Sid vermutet, und das zu Recht, dass die Gang ihm
sein Geld, all seine weiteren Besitztümer und vermutlich
auch sein Leben nehmen würde, wenn er am Treffpunkt
auftauchen würde. Er weiß ein wenig über die Boyz und
vermutet daher – zutreffenderweise –, dass dieses für die
Gang untypische Vorgehen von einer dritten Partei in Auf-
trag gegeben wurde.
Wenn alle an der Telefonkonferenz beteiligt sind, at-
met Sid tief durch und erklärt den Runnern den Auftrag. Er
will, dass sie zum Treffpunkt gehen, herausfinden, wer die
Gang angeheuert hat, sich diesen Auftraggeber schnap-
pen und die Aufnahme besorgen.
„Ich bin froh, dass ihr dabei seid. Ich weiß nicht, was ich
gemacht hätte, wenn ihr nicht drangegangen wärt.“ Sid be-
ruhigt sich ein wenig und scheint seine Gedanken zu ord-
nen, bevor er weiterspricht: „Es gibt da ein paar Typen, die
mich richtig in die Mangel nehmen. Sie behaupten, dass sie
ein paar Aufnahmen von mir bei einem Kampf haben, den
ich vor ein paar Monaten betreut habe. Sie wollen die Auf-
nahmen veröffentlichen, wenn ich ihnen kein Geld gebe.
Nur sind die Typen, die mich erpressen, Schläger. Richtige
Neandertaler, wenn ihr wisst, was ich meine. Ich glaube nie
im Leben, dass die so etwas auf den Weg bringen. Vermut-
lich ist den Schlägern das auch scheißegal. Denen geht es
SZENE 2: ÜBLE TYPEN
AUF EINEN BLICK
Das Team besucht die Chemical Boyz in ihrer Kneipe The
Hole und findet heraus, wer sie angeworben hat, Sid zu
erpressen.
>> WÄHREND DIE STADT SCHLÄFT <<
bestimmt nur ums Geld. Ich will, dass ihr den Hintermann
findet und die Aufnahmen von ihm beschafft. Ihr könnt sie
auch gern aus ihm herausprügeln. Hauptsache, er versucht
nie wieder, mich aufs Kreuz zu legen, versteht ihr?“
Sid muss grinsen: „Ich kann jedem von euch zehn Gro-
ße geben. Mir ist klar, dass das alles sehr kurzfristig ist, aber
ich dachte, dass ihr mir als Freunde aus der Scheiße helft.“
Wenn die Runner den Auftrag annehmen, sagt Sid,
dass der Treffpunkt eine Gang-Kneipe namens The Hole
an der North Side ist. Das Gangmitglied, das mit ihm ge-
sprochen hat, hat sich selbst als „der Oger“ bezeichnet.
DAUMENSCHRAUBEN
Dies ist eine einfache, geradlinige Anwerbung. Sid ist klar,
dass das Team eventuell mit ihm über den Preis verhan-
delt. Er lässt sich darauf ein, allerdings nur widerwillig,
denn er weiß ja, dass er stattdessen auch die Erpresser
bezahlen könnte. Jeder Nettoerfolg bei einer vergleichen-
den Probe auf Verhandlung ergibt zusätzliche 200 Nuyen
pro Runner, bis zu einem Höchstbetrag von zusätzlichen
1.000 Nuyen. Sid hat einen Würfelpool aus Verhandlung
und Charisma von 12 und ein Soziales Limit von 7.
KEINE PANIK
Einige Runner werden den Ruf nicht annehmen oder noch
mehr Geld aus Sid herausquetschen wollen. Sie könnten
ihm sagen, dass er keine andere Wahl hat, als ihnen mehr
zu zahlen. In diesem Fall wird Sid den Runnern so weit ent-
gegenkommen, wie es ihm möglich ist. Er wird sich aber
nicht darauf einlassen, den Runnern irgendeine Art von
unbestimmtem Gefallen in der Zukunft schuldig zu sein.
Und er kann ihnen auch keine besondere Ausrüstung für
den Run beschaffen. Er ist bereit, jedem Runner 1.000
Nuyen im Voraus zu zahlen, aber wenn die Runner Vorräte
oder anderes Material vor dem Run verlangen, bricht es
aus Sid heraus: „Ich hatte doch gesagt, dass das eine kurz-
fristige Angelegenheit ist, oder?“
Wenn ein Team auf Biegen und Brechen um mehr Geld
verhandelt, wird Sid widerwillig gestehen, dass er keine
andere Wahl hat, und bis zu 12.000 Nuyen pro Runner
zahlen. In diesem Fall wird Sid in der Folge zweimal dar-
über nachdenken, ob er den Runnern einen Gefallen tut,
nachdem diese ihm nicht beigestanden haben. Außerdem
wird sich das auf Sids Loyalitätsstufe am Ende des Aben-
teuers auswirken. Manchmal müssen auch die Runner je-
mandem einen Gefallen tun.
SAG’S IHNEN INS GESICHT
Normalerweise ist der Verkehr zu dieser Zeit kein Prob-
lem. Aber normalerweise läuft um diese Zeit auch kein
Urban-Brawl-Spiel. Das ihr verpasst. Und das dazu geführt
hat, dass der Verkehr durch diese Gegend umgeleitet
wird. Auf den Straßen herrscht Chaos. Der Stop-and-Go-
Verkehr lässt schließlich nach, je weiter ihr euch von der
Innenstadt entfernt.
<< SZENE 2: ÜBLE TYPEN 25
>> WÄHREND DIE STADT SCHLÄFT <<
Und als ihr euch eurem Ziel nähert, gibt es überhaupt
keinen Verkehr mehr. Diese Gegend würde selbst die
AR-Werbung eines Maklers als Armeleuteviertel bezeich-
nen. In der hiesigen AR gibt nur virtuelle Gangmarkierun-
gen und gelegentlich ein immer noch funktionierendes
Verkehrszeichen. An einigen Stellen ragen Ruinen des
alten GridGuide-Systems in den Nachthimmel. Euer Fahr-
zeug protestiert quietschend, als ihr es zwei Blocks von
The Hole entfernt an den Bordstein zwingt und dabei ein
paar nur unzureichend reparierte Schlaglöcher mitnehmt.
Ihr hört einen laut dröhnenden Rhythmus aus der Nähe
– das einzige Lebenszeichen in der ganzen herunterge-
kommenen Gegend.
HINTER DEN KULISSEN
The Hole ist tatsächlich ein Drecksloch. Es liegt im Unter-
geschoss eines abrissreifen dreistöckigen sandsteinfarbe-
nen Ziegelbaus. Die Chemical Boyz haben hier schon ihre
Freizeit verbracht, bevor die Horde sie überrollt hat – seit-
her kassiert die größere Gang von den Boyz Schutzgeld.
The Hole ist so alt, dass der Boden und die Bar noch aus
echtem Holz sind. Die übrigen Möbel bestehen größten-
teils aus Geklautem und Weggeworfenem und passen
nicht zueinander. Es gibt einen Plastikstuhl von McHugh’s,
und ein paar große Kabeltrommeln dienen als behelfsmä-
ßige Tische. Im Inneren kann man mehr als nur ein paar
Einschusslöcher sehen, und von der Decke hängt uralte
26 SZENE 2: ÜBLE TYPEN >>
Neonreklame für Biermarken, die schon vor Jahren vom
Markt verschwunden sind. Hinter der Bar hängt ein größ-
tenteils zerbrochener Spiegel – es klebt so viel Schmiere
darauf, dass der Spiegel fast überall blind ist. Die hölzerne
Bar ist abgenutzt, aber einigermaßen sauber. Nur an eini-
gen Stellen haben Erbrochenes, Blut und möglicherweise
auch andere Flüssigkeiten hartnäckige Flecken hinterlas-
sen. Zwei große Billardtische mit abgenutztem Filz domi-
nieren den Raum, und in den Ecken hängen ein paar Bild-
schirme, auf denen das Urban-Brawl-Spiel läuft (die Chi-
cago Exterminators sind früh 2:0 in Führung gegangen).
Es muss hier drinnen von Rauchern wimmeln, denn der
ganze Raum riecht nach schalem Zigarettenqualm und bil-
ligem Bier, auch wenn er menschenleer ist.
Draußen verrotten zwölf Motorräder verschiedener
Qualität, alle verbeult und heruntergekommen wie Rocker
am Tag nach der großen Schlägerei. Die meisten Sitze sind
zerstochen. Charakteren, die sich mit Motorrädern aus-
kennen, fällt auf, dass nur vier der Maschinen fahrtüchtig
sind. Die anderen sind durch Lecks im Tank, das Fehlen not-
wendiger Motorteile oder aus anderen Gründen dauerhaft
fahrunfähig, und zwar schon seit längerer Zeit (um dies zu
erkennen, ist eine erfolgreiche Probe auf Fahrzeugmecha-
nik, Motorräder oder eine passende Wissensfertigkeit mit
einem Schwellenwert von 2 erforderlich). Alle Motorräder
sind in den Farben der Chemical Boyz bemalt, mit orange-
farbenen und grünen Streifen. Es gibt hier einen Matrixzu-
gang, allerdings ist er erbärmlich. Das Umgebungsrauschen

der Gegend hat einen Wert von 2, und The Hole ist aus
Ziegelsteinen und Metall errichtet, was für weitere 2 Punk-
te Rauschen sorgt, falls man ein Signal durch die Wände
schicken will. The Hole weist lediglich einige Sicherheits-
kameras in einem geschlossenen System auf. Außerdem
gibt es eine Möglichkeit, Musik zu empfangen und über die
einzigen einigermaßen beeindruckenden Einrichtungsge-
genstände laufen zu lassen, nämlich über die Lautsprecher.
Es gibt hier auch AR, aber zum größten Teil nur in Form von
Arrow-Gangmarkierungen und ein paar Arrow-Bildern von
Tänzerinnen und anderen größtenteils nackten Frauen.
Als die Runner näherkommen, sehen sie als Erstes ei-
nen Ork und einen Menschen. Die beiden rauchen drau-
ßen und reden über ihre Maschinen. Beide tragen die
Gangfarben der Chemical Boyz und nehmen die Runner
kaum zur Kenntnis, selbst wenn sie sie bemerken. Sie
überlegen sich gerade, welche Teile der ausgemusterten
Motorräder sie ausschlachten können, um ihre eigenen
Hobel wieder zum Laufen zu bringen. Wenn man ihre Un-
terhaltung länger belauscht, geht es um andere Themen:
Der Ork beschwert sich, dass seine Freundin zu dick wird,
und der Mensch hört ihm weniger und weniger zu. Die
beiden werden niemanden davon abhalten, The Hole zu
betreten, allerdings werden Leute, die nicht in die Gegend
passen, auffällig angestarrt – zum Beispiel Leute, die An-
züge tragen oder sehr auffällig gekleidet sind.
Im Inneren der Kneipe stehen zwei Gangmitglieder,
ein Zwerg und ein Mensch, am Billardtisch – es sieht nach
einem sehr deutlichen Sieg für den Zwerg aus. Drei wei-
tere, zwei Menschen und ein Ork, schauen sich an der Bar
das Urban-Brawl-Spiel an, wenn sie nicht gerade den im
Billard verlierenden Menschen verhöhnen. Der Barkeeper
ist ein älterer Ork in einem fleckigen, fadenscheinigen wei-
ßen T-Shirt. Er schenkt jedem das ein, was er bestellt. Run-
ner, die einen Drink bestellen, kriegen ihn – allerdings in
einem ziemlich schmutzigen Glas, und zum Wucherpreis
von zehn Nuyen. Beschwerden über das Getränk oder
über den Preis führen dazu, dass die Gangmitglieder an
der Bar nun den Runner verhöhnen, dass er oder sie sich
nicht mal lausige zehn Nuyen für einen Drink leisten könne
oder dass er eine Pussie sei, weil er wegen des bisschen
Schmutzes das leckere Getränk nicht genießen könne.
Weiter hinten in der Bar sitzen in einem abgeteilten
Raum vier weitere Chemical Boyz an einem Tisch und
spielen eine lange Pokerpartie aus. Einer von ihnen ist der
Anführer der Gang: ein brutal großer und kräftiger Ork mit
abgebrochenem linkem Stoßzahn, der als der Oger be-
kannt ist. Er ist von Garza kontaktiert worden, und er ist
derjenige, der Sid angerufen hat, um ihn zu erpressen.
Die Info mit dem Anruf und der Identität des Anrufers,
Garza, befindet sich auf dem Kommlink des Ogers. Es ist
nicht besonders gut geschützt, aber es läuft auf Schleich-
fahrt. Wenn man sich die Aufzeichnungen über empfange-
ne Anrufe anschaut, sieht man, dass er wenige Minuten,
bevor er Sid angerufen hat, von Garza angerufen wurde.
Sogar die Adresse von Garzas Kommlink ist hier abzule-
sen: N. Ridgeway Avenue 2419, Apartment 102.
Die Chemical Boyz sind nur leicht bewaffnet, die meis-
ten werden sich Ausstattungsstücke wie Billardqueues
und Messer schnappen, aber es gibt hier auch ein paar
Schusswaffen. Der Oger hat eine Enfield AS-7 bei sich im
Hinterzimmer, und der Barkeeper hat unter der Bar eine
Defiance T-250.
>> WÄHREND DIE STADT SCHLÄFT <<
DAUMENSCHRAUBEN
Es gibt insgesamt zwölf Gangmitglieder im Hole. Wenn ein
Kampf ausbricht, wird der Barkeeper in der ersten Kampfrun-
de unter der Bar verschwinden und danach mit der Schrot-
flinte wieder auftauchen. Er hofft, dass die große Waffe in
seiner Hand die Kämpfer davon abhält, allzu viel kaputt zu
machen. Er hat allerdings keine Skrupel, die Waffe nötigen-
falls auch einzusetzen. Die beiden Billardspieler werden
Runner mit ihren Queues attackieren. Die Chemical Boyz
sind dazu bereit, ihr Freizeitzentrum zu zerlegen – sie wer-
den Tische umwerfen, um dahinter Deckung vor Beschuss
zu suchen, und leere oder sogar volle Schnapsflaschen als
Wurfgeschosse, Schlagwaffen oder, sobald sie zerbrochen
sind, auch als Stichwaffen einzusetzen. Falls ein Kampf aus-
bricht, wird der Oger zusammen mit drei menschlichen
Gang-Mitgliedern eine Gasgranate mit Zeitzünder in den
Raum werfen, die mit Neuro-Stun VIII geladen ist. Danach
stürmt er aus dem Hinterzimmer in die Bar und feuert mit
seiner Enfield eine Salve nach der anderen. Er will so viele
Gegner wie möglich kampfunfähig machen. Notfalls be-
nutzt er auch seine eigenen Boyz als Deckung – in dieser
Szene gibt es viele Möglichkeiten, in Deckung zu gehen.
Die Chemical Boyz sind nur eine kleine und eher un-
bedeutende Gang, aber sie haben ihren Stolz und werden
sich mit lauten Worten und unmissverständlichen Gesten
über die Runner lustig machen und sie provozieren. Be-
vorzugte Ziele sind „Spitzohren“ (Elfen) sowie „Schönlin-
ge/Bordsteinschwalben“ (Runner, die sich auffällig kleiden
oder die ganz allgemein körperlich attraktiv sind und sich
auch so benehmen).
KEINE PANIK
Wenn die Granate in den Raum fliegt, können Sie entschei-
den, dass mehrere oder alle Kämpfer der Gang eine Hand-
lung dafür aufwenden, in Deckung zu gehen und dort ihre
Gasmasken aufzusetzen, statt auf die Runner zu schießen.
Die Runner können bei außer Gefecht gesetzten Boyz eine
Gasmaske finden. Clevere Runner können auch einem Gang-
mitglied, das noch bei Bewusstsein ist, die Maske abziehen.
Wenn die Runner nicht daran denken, die Kommlinks
der Gang zu überprüfen, kann Sid sie fragen, ob sie das
schon gemacht haben, falls sie ihn anrufen und ihm sagen,
dass sich die Spur als Sackgasse erwiesen hat.
Es ist absolut in Ordnung, wenn es in dieser Szene nicht
zum Kampf kommt. Ein Hacker kann die Informationen
vom Kommlink des Ogers beschaffen, wenn er vorsich-
tig vorgeht. Wegen der miserablen Signalqualität in dieser
Gegend muss der Hacker allerdings in der Bar sein, um
das zu versuchen, sonst machen Rauschen und Störungen
das unmöglich, hauptsächlich deshalb, weil das Kommlink
des Ogers so eine erbärmlich Gerätestufe aufweist.
Die Charaktere können auch versuchen, die Gang zu
bestechen oder die Information, die sie wollen, als Einsatz
bei einer Partie Billard anzubieten. In diesem Fall müssen
den Runnern einige Proben auf soziale Fertigkeiten und
auf Geschicklichkeit gelingen, letztere mit einem Modifi-
kator von -1, weil der Queue krumm und schief ist. Gege-
benenfalls können für die Proben auch angemessene Wis-
sensfertigkeiten eingesetzt werden, über die die Runner
verfügen. Diese Szene hat viele mögliche Ausgänge. Ein
Kampf ist wahrscheinlich, aber in keiner Weise nötig.
<< SZENE 2: ÜBLE TYPEN 27
>> WÄHREND DIE STADT SCHLÄFT <<

GANGMITGLIEDER
DER CHEMICAL BOYZ DER OGER
(PROFESSIONALITÄTSSTUFE 2) K G R S W L I C EDG ESS
K G R S W L I C ESS 7(9) 5(7) 5(6) 6(8) 4 2 5 4 4 0,8
4(5) 4 3 4 3 2 3 3 6 Initiative 10(11) + 2W6
Initiative 6 + 1W6 Zustands-
12/10
monitor (K/G)
Zustands-
10 Limits Körperlich 8(10), Geistig 5, Sozial 5
monitor
Limits Körperlich 5, Geistig 4, Sozial 5 Panzerung 14
Panzerung 12 Vorteile Natürliche Immunität (Neuro-Stun VIII)
Vorteile Zähigkeit Aktions- Einschüchtern 8, Gebräuche (Straße) 8 (10), Gewehre
fertigkeiten (Schrotflinten) 12 (14), Klingenwaffen 10, Knüppel 10, Pis-
Fertigkeiten Einschüchtern 8, Gebräuche (Straße) 7 (9), Klingenwaf-
(Würfelpools) tolen 10, Waffenloser Kampf 11, Wahrnehmung 8
(Würfelpools) fen 8, Knüppel 8, Pistolen 8, Wahrnehmung 6
Kompositknochen [Aluminium], Kunstmuskeln 2,
2 Dosen Cram [+1 Reaktion, +1W6 Initiative], Gasmaske, Bodytech
Reflexbooster 1, Smartlink
Ausrüstung Kommlink [Meta Link; Gerätestufe 1], Panzerjacke [12]
[Chemische Isolierung 5] 2 Dosen Cram [+1 Reaktion, +1W6 Initiative], Kommlink
Ausrüstung [Meta Link; Gerätestufe 1], Panzerjacke [12] [Chemische
Browning Ultra Power [Schwere Pistole | Präz. 5(6) |
Isolierung 5]
Schaden 8K | DK -1 | HM | RK – | 10(s) | Lasermarkierer]
Waffen Messer [Klingenwaffe | Präz. 5 | Schaden 5K | DK -1] Enfield AS-7 [Schrotflinte | Präz. 4(6) | Schaden 13K | DK
Billardqueue [Knüppel | Präz. 4 | Reichweite 1 | Schaden -1 | HM/SM | RK – | 24(t) | Smartgunsystem]
7K | DK –] Waffen 2 Gasgranaten [Wurfwaffe | Radius 10 m | Neuro-Stun
VIII (Kraft 15, Durchdringung 0, 1 Kampfrunde)]
Messer [Klingenwaffe | Präz. 5 | Schaden 9K | DK -1]
ED, BARKEEPER IM HOLE
K G R S W L I C EDG ESS
7(8) 4(6) 5 6(8) 3 2 3 2 3 1,8
Initiative 8 + 1W6
Zustands-
12/10
monitor (K/G)
Limits Körperlich 8(10), Geistig 4, Sozial 3
Panzerung 16
Vorteile Zähigkeit
Einschüchtern 7, Gebräuche (Straße) 6 (8), Gewehre 12,
Fertigkeiten
Klingenwaffen 10, Knüppel 10, Pistolen 10, Waffenloser
(Würfelpools)
Kampf 11, Wahrnehmung 6
Bodytech Dermalpanzerung 4, Kunstmuskeln 2, Smartlink
Gasmaske, Kommlink [Meta Link; Gerätestufe 1], Panzer-
Ausrüstung
jacke [12] [Chemische Isolierung 5]
Defiance T-250 [Schrotflinte | Präz. 4(6)| Schaden 10K |
Waffen
DK -1 | EM/HM | RK – | 5(m) | Smartgunsystem]

SZENE 3: DAS AUFGEMOTZTE MONSTER

AUF EINEN BLICK vorbeifahrt, um es unauffällig in Augenschein zu nehmen,

Die Runner wissen jetzt, dass Garza die Chemical Boyz an-
geheuert hat, um Sid zu erpressen. Das Team begibt sich
zu seiner Wohnung, um von ihm herauszubekommen,
woher er die Information hat.
SAG’S IHNEN INS GESICHT
Der Verkehr hat etwas nachgelassen, als ihr die Adresse
aufsucht, die ihr auf dem Kommlink gefunden habt. Hof-
fentlich hat dieser Garza auch wirklich das, was ihr benö-
tigt. Reich ist er jedenfalls nicht: Als ihr an dem Gebäude
seht ihr einen dreistöckigen Ziegelsteinbau mit ein paar
Wohnungen im Erdgeschoss. Die Glastür zur Straße ist ge-
schlossen und sieht unbeschädigt aus, aber die flackernde
Beleuchtung darüber teilt euch mit, dass das Haus nicht
allzu sorgfältig gepflegt wird. Auf einem kleinen Parkplatz
an der Seite des Gebäudes stehen mehrere verbeulte und
rostige Fahrzeuge älteren Baujahrs.
Eines eurer Kommlinks summt und weist auf eine Text-
nachricht in der AR hin: New York hat ausgeglichen. Wenn
das hier schnell geht, bleibt vielleicht noch genügend Zeit,
die Endphase des Spiels live mitzuerleben.

28 SZENE 3: DAS AUFGEMOTZTE MONSTER >>


HINTER DEN KULISSEN
Im Kommlink ist Garzas Adresse angegeben: N. Ridgeway
Avenue 2419, ein Gebäude mit kleinen Wohnungen etwas
hinter Fullerton. Der Eingangsbereich des Gebäudes ist ein
kleines Foyer mit einem Summer, mit dem man Besucher
ins eigentliche Haus hineinlassen kann. Die Außentür ist zu
dieser Zeit abgeschlossen, die innere Tür ebenso. An bei-
den Türen befinden sich Magschlösser der Stufe 4. Laut
den Namen draußen wohnt in Wohnung 102 jemand na-
mens Malloy. Allerdings sehen alle Namensschilder alt aus.
Auch eine Suche in der Matrix ergibt als Bewohnerin
und Mieterin Stephanie Malloy, es wird allerdings kein
Kommcode angegeben. Der Matrixzugang erfolgt über
einen Host der Stufe 4, über den die Türschlösser und die
Kameras laufen. Außerdem hat er eine öffentliche Werbe-
seite für Leute, die eine der Wohnungen mieten wollen.
Die AR in dieser Gegend läuft größtenteils auf Spanisch,
da es hier eine große hispanische Gemeinschaft gibt. Es
gibt aber ebenso auch an die englischsprachige Welt ge-
richtete lautstarke Werbungen für Restaurants, Gebraucht-
wagenhändler und andere Firmen in grellen Farben.
Die Runner haben mehrere Möglichkeiten. Sie können
den Host hacken und so die Türen aufschließen. Sie kön-
nen auch mit eigener Hardware die Magschlösser außer
Gefecht setzen. Weiterhin können sie die Türen einschla-
gen, allerdings lösen die Türen, sobald sie beschädigt
werden, einen Alarm im Host aus, und es erfolgt eine au-
tomatische Meldung bei Lone Star mit der Aufforderung,
einen Streifenwagen vorbeizuschicken. In diesem Fall fährt
vier Minuten nach Auslösen des Alarms ein Streifenwagen
vor, um dem Alarm nachzugehen (verwenden Sie dafür
die Streifenpolizisten, SR5, S. 383).
Die Wohnung 102 liegt im Erdgeschoss und ist leicht zu
finden. Die Tür ist unauffällig, aber aus der Wohnung kann
man Geräusche hören: Ein Kind weint, und jemand schaut
Trideo. Wenn die Runner klopfen, öffnet ihnen nach eini-
ger Zeit eine Orkfrau Anfang zwanzig, die ein weinendes
Baby im Arm hält. Sie hat offenbar vor kurzer Zeit Schläge
eingesteckt, denn auf der rechten Gesichtshälfte zeichnen
sich blaue Flecken ab, auch wenn sie versucht, diese mit
ihrem Haar zu verdecken, und auf ihrer Lippe ist eine grö-
ßere frisch verschorfte Blutung zu sehen.
Dies ist Stephanie Malloy, Miguel Garzas Freundin und
Opfer seines jüngsten, durch Drogenmissbrauch herbeige-
führten Wutausbruchs. Sie fragt die Runner, was sie wollen.
Falls die Runner antworten, dass sie Garza sehen wollen,
wird sie sich besorgt nach einem Zimmer umsehen und
dann antworten, dass er nicht da ist, und versuchen, die
Runner zur Tür hinauszudrängen (wenn den Runnern eine
Probe auf Wahrnehmung + Intuition [Geistig] (3) gelingt,
bemerken sie Stephanies raschen Blick). Wenn die Runner
sie beiseite stoßen, wird sie ihnen Platz machen und den
Säugling eng an ihre Brust drücken, während das Team in
die Wohnung eindringt. Garza hat ihr die sichtbaren Ver-
letzungen zugefügt, auch wenn sie das eigentlich nicht zu-
geben will. Bei einem seiner jüngsten Wutanfälle hat das
weinende Kind ihn so überfordert, dass er es erwürgen
wollte. Stephanie stellte sich ihm weinend und bettelnd
in den Weg und bekam seine Schläge ab. Stephanie weiß
nicht, wie sie mit Garza umgehen soll. Sie möchte, dass er
auszieht und einen Entzug macht. Sie fragt sich ernsthaft,
ob sie noch mit ihm zusammen sein will, aber sie will nicht,
<< SZENE 3: DAS AUFGEMOTZTE MONSTER
>> WÄHREND DIE STADT SCHLÄFT <<
dass man ihn tötet. Einige Runner werden allerdings genau
das tun wollen. Eine erfolgreiche Probe auf Führung oder
Überreden (Schwellenwert 4) bringt sie dazu, sich zurück-
zuhalten und die Runner mit Garza fertigwerden zu lassen.
Die kleine Wohnung besteht aus zwei Schlafzimmern
und einer Küche auf der gegenüberliegenden Seite. Der
Boden des Wohnzimmers vor dem ausgeschalteten Trideo
ist mit Spielzeug und Stofftieren gepflastert. Aus einem
der Schlafzimmer ist ein angeschaltetes Trideo zu hören.
Dort schwitzt Garza im Unterhemd an einer Trainingsma-
schine mit elastischen Bändern, während das Trideo das
Urban-Brawl-Spiel überträgt. Wenn die Runner einfach
den Raum betreten, blafft er sie sofort an: „Wer zum Teufel
seid ihr?“, bevor er einem von ihnen einen Tiefschlag ver-
passt, wobei er Edge einsetzt, um die Probe zu verbessern.
Ein Runner kann eine Probe auf Wahrnehmung + In-
tuition [Geistig] (3) ablegen, um zu erkennen, dass Garza
vollkommen außer Kontrolle ist – er hat Drogen genom-
men und ist derzeit in instabiler Verfassung.
Garzas Kommlink liegt ausgeschaltet auf dem Tisch-
chen an seinem Bett. Dort befindet sich auch sein Ruger
Super Warhawk. Die Waffe ist geladen und schussbe-
reit, aber nicht in unmittelbarer Reichweite des Ex-Bo-
xers. Garza ist so aufgeputscht, dass man ihn fast nicht
aufhalten kann, solange er bei Bewusstsein ist. Die Run-
ner werden ihn zunächst auf die eine oder andere Weise
kampfunfähig machen müssen, bevor sie seine Wohnung
durchsuchen. Garzas Kommlink an seinem Bett enthält In-
formationen zu den Aufnahmen, nach denen die Runner
suchen. Insbesondere enthält es einen kurzen Ausschnitt
des Kampfes, bei dem Garza offenbar von einem Taser in
die Seite getroffen wird. Allerdings ist das nicht sehr gut
zu erkennen, denn es handelt sich um eine Infrarotauf-
nahme. Weiterhin befindet sich auf dem Kommlink eine
Unterhaltung als Text zwischen Garza und Richard Bry-
son. Bryson erklärt Garza, wie er aus dieser Aufnahme
am meisten Geld herausschlagen kann: Garza soll Bryson
morgen treffen, um die vollständige Aufnahme zu erhal-
ten und Bryson auszuzahlen.
Garza hätte als Boxer fast den Durchbruch geschafft,
aber dann kam heraus, dass er von verschiedenen aufput-
schenden Drogen abhängig ist und einiges an Cyberware
eingebaut hat. Auf seinen Kampf gegen Billy „The Beast“
Barlow bereitete er sich vor, indem er sich bei mehreren
Kredithaien Geld lieh, um sich durch weitere Einbauten
und Bioware einen Vorteil zu verschaffen. Das Geld wollte
er zurückbekommen, indem er auf sich selbst setzte. Bil-
ly stand im Ring einem wahren Monster gegenüber, und
es ist eigentlich ein kleines Wunder, dass Sids Taser bei
Garza überhaupt eine Wirkung zeigte. Nun hat Garza kei-
ne Kämpfe und keine Arbeit. Er erpresst Sid, um die Kre-
dithaie bezahlen zu können.
DAUMENSCHRAUBEN
Falls in dem Haus Schüsse ertönen, schickt Lone Star so-
fort einen Streifenwagen dorthin. Vom Knall des ersten
Schusses bis zum Eintreffen des Streifenwagens hat das
Team drei Minuten. Wenn der Streifenwagen vor Ort ist,
ist es Standardvorgehensweise von Lone Star, alle Anwe-
senden festzunehmen und auf der Wache Genaueres he-
rauszufinden. Falls man vor Ort auf zu starken Widerstand
stößt, fordern die Sicherheitskräfte Verstärkung an. Even-
29
>> WÄHREND DIE STADT SCHLÄFT <<

tuell ergibt sich daraus eine Verfolgungsjagd, die in dem

Moment beginnt, in dem die Runner das Haus verlassen,
weil gleichzeitig weitere Lone-Star-Wagen eintreffen.
Falls das Team sich gewaltsam Zugang verschafft hat,
wird Stephanie Malloy sie wiedererkennen können und
das bei einer polizeilichen Gegenüberstellung auch tun.
Sie wird hingegen behaupten, die Runner noch nie ge-
sehen zu haben, wenn diese sie davon überzeugt haben,
dass sie ihr helfen (siehe oben). Dadurch kann sich die Pro-
minenz oder der Schlechte Ruf des Teams erhöhen.

KEINE PANIK
Wenn das Team den Raum betritt und Garza sofort um-
bringt, müssen die Runner eben nach dem Kommlink su-
chen. Wenn sie es gefunden haben, müssen sie es hacken
und die Informationen zu Bryson heraussuchen. Falls die
Runner aus irgendeinem Grund festgenommen werden,
kann das selbstverständlich Probleme aufwerfen. Da aller-
dings nicht mehr die Gefahr besteht, dass Garza die Aufnah-
men gleich am nächsten Tag verkauft, wenn er tot ist, hätten
die Runner Sid in diesem Fall zumindest etwas Zeit gekauft.
Womöglich reicht die Zeit sogar aus, um Sid zu benachrich-
tigen, dass er Bryson ein anderes Team auf den Hals hetzen
muss. Falls die Runner festgenommen werden, werden sie
diesen Auftrag jedenfalls nicht abschließen können.

MIGUEL GARZA
K G R S W L I C EDG ESS
5(+2) 4(7) 5(8) 6(9) 3(4) 2 4(3) 3 5 1,5
Initiative 9(12) + 1W6
Zustands-
11/10
monitor (K/G)
Limits Körperlich 8(11), Geistig 4, Sozial 4
Panzerung 4
Vorteile Zähigkeit
Nachteile Abhängigkeit [Schwer, Kamikaze]
Aktions- Athletik-Fertigkeitsgruppe 14, Einschüchtern 6, Knüppel
fertigkeiten 10, Pistolen 10, Waffenloser Kampf 15(16), Wahrneh-
(Würfelpools) mung 9
Wissens-
fertigkeiten Chicago 8, Drogendealer 7, Kredithaie 6, Urban Brawl 8
(Würfelpools)
Sprach-
Englisch 5, Spanisch M
fertigkeiten
Kompositknochen [Aluminium], Reaktionsverbesserung
Bodytech 3; Muskelstraffung 3, Muskelverstärkung 3, Orthoskin 4,
Reflexrekorder (Waffenloser Kampf), Schmerzeditor
Ausrüstung Shorts
Waffenlos [Waffenlos | Präz. 11 | Reichweite – | Schaden
Waffen
11K | DK –]

HOST DES APARTMENTGEBÄUDES

DATENVER-
STUFE ANGRIFF SCHLEICHER FIREWALL
ARBEITUNG
4 5 4 7 6
Installiertes IC Aufspüren, Marker, Patrouille, Wirbel
Slave-Geräte Alarme, Türen
Spinnen Keine
Aussehen Hotelrezeption

30 SZENE 3: DAS AUFGEMOTZTE MONSTER >>


SZENE 4: OPERATION WOLF
AUF EINEN BLICK
Die Runner haben herausgefunden, von wem die Aufnah-
me stammt, mit der Sid erpresst wird: von Richard Bryson,
der als Sicherheitshacker für den ehemaligen Mafiapaten
Leo McCaskill arbeitet.
SAG’S IHNEN INS GESICHT
Ihr lasst die mieseren Gegenden hinter euch und kommt
nach North Side, das so gar nicht nach Chicago zu passen
scheint. Es ist zwar merkwürdig, aber je näher ihr Milwaukee
seid, desto hübscher wird die Stadt um euch herum. Hier
hat man die zerstörten Gebäude durch moderne Einkaufs-
zentren und andere Annehmlichkeiten wie Schulen und
Kliniken ersetzt, und alles um euch herum erweckt fast den
Eindruck einer ganz normalen Stadt. Helle ARO-Reklamen
für abendliche Freizeitangebote wie Bars und Restaurants
sind allgegenwärtig, und es gibt fast überall Matrixzugang.
Heute Nacht sind aber natürlich nur wenige Leute auf der
Straße – in dieser Gegend hat man Arbeit und geht früh zu
Bett. Leider hat ein Wetterumschwung einen heftigen Re-
gen gebracht, und eure Arbeit ist immer noch nicht erledigt.
Garzas Kommlink hat euch zu einem ganz anderen
Wohnsitz gebracht als der muffigen, kleinen Bleibe, in der
ihr die Infos erhalten habt. Eine drei Meter hohe Ziegel-
mauer umgibt eine ganze bewachte Siedlung, und in den
umliegenden Straßen seht ihr große Gitter in die Kanalisa-
tion. Das Wachhäuschen am Eingangstor ist erleuchtet. Am
Empfangstresen streckt sich der Wachmann, der sich offen-
bar gerade in der AR die Zeit vertreibt. Wenn hier ein Alarm
losgeht, muss niemand die Bullen rufen– sie sind schon da.
HINTER DEN KULISSEN
Der gesamte Häuserblock ist eine abgeschlossene und
gesicherte Nachbarschaft für alle, die sich Abgeschieden-
heit und Sicherheit leisten können. In dieses Gebiet einzu-
brechen, ohne den Alarm auszulösen, sollte den Runnern
einiges abverlangen. Hinter der Mauer befinden sich ins-
gesamt 25 Häuser. Auf den Straßen fahren Drohnen, die
darauf programmiert sind, Personen ohne Aufenthalts-
erlaubnis unschädlich zu machen. Sobald eine Drohne
jemanden entdeckt, sendet sie ein Signal an die Wachen
im Wachhäuschen, die dann den Panicbutton unter dem
Tresen aktivieren und einen Streifenwagen von Lone Star
anfordern. Die gepflegten Büsche und Bäume bieten ein-
fallsreichen Runnern Deckung – um an den Drohnen vor-
beizukommen, ist eine erfolgreiche Probe auf Schleichen
+ Geschicklichkeit [Körperlich] (4) nötig.
Des Weiteren gibt es hier auch astrale Sicherheitsvor-
kehrungen in Gestalt eines Luftgeistes (Kraftstufe 5). Um
unbemerkt an dem Geist vorbeizukommen, sind even-
tuell vergleichende Schleichen-Proben nötig. Wenn der
Geist verdrängt oder zerstört wird, werden die Wachleute
aus dem Wachhäuschen dem innerhalb von einer Minu-
te nachgehen. Da der Beschwörer sich um diese Uhrzeit
nicht mehr auf dem Gelände befindet, wird ein zerstörter
Geist nicht ersetzt. In McCaskills Haus gibt es zusätzliche
astrale Sicherheitsmaßnahmen.
<< SZENE 4: OPERATION WOLF
>> WÄHREND DIE STADT SCHLÄFT <<
Das Haus hat eine kurze Zufahrt, die durch einen sorg-
fältig gestutzten Rasen führt. Da auch hier ein paar Bäume
stehen, hat man auf dem Weg zum Haus etwas Deckung.
Auf demselben Grundstück befinden sich noch zwei Ne-
bengebäude. Das eine sieht aus wie eine alte Scheune,
das andere wie ein Gartenhäuschen. Das Haupthaus ist ein
zweigeschossiges Bauwerk im alten Stil. Die Zufahrt macht
einen kleinen Schlenker direkt vor die Vordertür. Um die
Zeit brennt im Haus fast kein Licht mehr. Nur ein Zimmer im
Erdgeschoss und eines im ersten Stock sind noch erleuch-
tet. Kleine Lampen in Büschen und Übertöpfen erhellen
auch die unmittelbare Umgebung des Hauses. Es stehen
einige Möglichkeiten zur Auswahl, hier einzudringen:
• Der Weg durch das Haupttor ist riskant, weil dort
Wachleute Dienst tun. Außerdem zeichnet eine Kame-
ra alle auf, die die Siedlung betreten oder verlassen.
• Oben auf der drei Meter hohen Mauer, die die Sied-
lung umgibt, befinden sich kleine Stahlspitzen, um
eifrige Kletterer abzuschrecken. Ein Troll unter den
Runnern mag seinen Kameraden vergleichsweise wir-
kungsvoll über die Mauer helfen.
• Mit Sprengstoff oder mit einem gepanzerten Fahr-
zeug durch die Mauer zu brechen, ist eine problema-
tische Option, da der Krach die Aufmerksamkeit vieler
Bewohner erregen wird – und natürlich die des Wach-
personals.
• Die Kanalisation in der Siedlung steckt voller bösarti-
ger Geschöpfe, darunter auch Teufelsratten. Sie bleibt
aber ein möglicher Zugang (siehe Szene 4a, S. 32).
Falls ein Alarm ausgelöst wird, wird der Streifenwagen
von Lone Star innerhalb von zwei Minuten vor Ort eintref-
fen. Das genaue Vorgehen der Polizeistreife hängt davon
ab, was für ein Problem gemeldet wurde. In den meisten
Fällen werden die Lone-Star-Polizisten zuerst beim Wach-
häuschen nachfragen und sich anschließend mittels einer
Rotordrohne, die automatisch selbständig aufsteigt, wenn
der Alarm ausgelöst wird, einen Überblick verschaffen.
Falls es scheint, dass hier eine größere Gefahr vorliegt, als
die Besatzung eines Streifenwagens bewältigen kann, wird
Lone Star Verstärkung anfordern, die drei Minuten später
eintrifft. Diese Verstärkung ist sehr viel schwerer bewaffnet.
DAUMENSCHRAUBEN
Falls die Runner sich über die Mauer oder durch die Ka-
nalisation einschleichen wollen, stellen die patrouillieren-
den Drohnen ein Problem dar. Es handelt sich um zwei
Dobermann-Drohnen mit Suchscheinwerfern, jeweils be-
waffnet mit einem Taser vom Typ Yamaha Pulsar. Falls ei-
nem Runner eine Schleichen-Probe misslingt, richten die
beiden Drohnen ihren Suchscheinwerfer in die Richtung
des Geräuschs und legen eine Probe auf Pilot + Clearsight
[Sensor] ab. Eine automatische Stimme wird die Person
ansprechen und nach dem Passwort fragen (es lautet der-
zeit „Gürteltier“). Wenn die Drohnen das Passwort nicht
innerhalb von fünfzehn Sekunden erhalten, feuern sie den
Pulsar-Taser ab und senden zugleich einen Hilferuf an die
Wachen im Häuschen am Eingang.
31
>> WÄHREND DIE STADT SCHLÄFT <<

Falls das Team Sprengstoff, selbstschießende Waffen

oder ähnliche quasimilitärische Mittel einsetzt, wird die
GM-NISSAN DOBERMANN
Polizei dies als Bedrohung der höchsten Stufe einschät- HANDLING GESCHW. BESCHL. RUMPF PANZ. PILOT SENSOR
zen und dementsprechend reagieren. Dann erscheint an- 5 3 1 4 8 3 3
stelle eines Streifenwagens ein SWAT-Team (benutzen Sie
Modifikationen Zusätzliche Panzerung
die Werte für Elite-Konzernsicherheitskräfte, SR5, S. 384;
ein Zug besteht aus sechs Polizisten und einem Offizier in Programme Clearsight 4, Zielerfassung [Taser] 4
einem Ares Roadmaster, der mit mittleren Maschinenge- Ausrüstung Suchscheinwerfer
wehren und verstärkter Panzerung ausgestattet ist). Falls Yamaha Pulsar [Taser | Präz. 4 | Schaden 9G(e) |
Waffen
sich die Runner auch mit diesen Leuten anlegen, haben sie DK -5 | HM | RK – | 4(m)]
alles verdient, was Sie ihnen einschenken.
WACHLEUTE
KEINE PANIK (PROFESSIONALITÄTSSTUFE 3)

Falls es die Runner durch irgendein Problem oder eine ext- K G R S W L I C ESS
rem misslungene Probe zur Informationsbeschaffung nicht 4 3 4 3 4 2 3 3 6
schaffen, diese Adresse aufzusuchen, kann Stephanie Mal- Initiative 7 + 1W6
loy ihnen, sobald sie Garza unschädlich gemacht haben, sa- Zustands-
gen, wohin sie müssen: Sie weiß, dass Garza mit „so einem 10
monitor
Hacker, der für einen alten Paten von der Mafia im Norden Limits Körperlich 5, Geistig 4, Sozial 6
der Stadt arbeitet“, einen Deal hatte. Sie hat ihre Informati- Panzerung 12
onen von einem Notizzettel, auf dem Garza sich während Fertigkeiten Knüppel 6, Laufen 6, Pistolen 7, Waffenloser Kampf 7,
seines Gesprächs mit Bryson Notizen gemacht hatte. (Würfelpools) Wahrnehmung 6
2 Dosen Jazz [+1 Reaktion, +1 Körperliches Limit, +2W6
MCT-NISSAN ROTO-DROHNE Ausrüstung Initiative], Panzerjacke [12], Sonnenbrille [Kapazität 2;
Bildverbindung, Smartlink]
HANDLING GESCHW. BESCHL. RUMPF PANZ. PILOT SENSOR Ares Predator V [Schwere Pistole | Präz. 5(7) | Schaden
4 4 2 4 4 3 3 8K | DK -1 | HM | RK – | 15(s) | Smartgunsystem]
Programme Clearsight 4, Zielerfassung [Taser] 4 Defiance EX-Shocker [Taser | Präz. 4 | Schaden 11G(e) |
Waffen
Ausrüstung Suchscheinwerfer DK -5 | EM | RK – | 4(m)]
Yamaha Pulsar [Taser | Präz. 4 | Schaden 9G(e) | Betäubungsschlagstock [Knüppel | Präz. 4 | Reichweite 1
Waffen | Schaden 9G(e) | DK -5]
DK -5 | HM | RK – | 4(m)]

SZENE 4A: KANALRATTEN

AUF EINEN BLICK
Diese Szene passiert nur, wenn die Runner sich dazu
durchgerungen haben, den unerfreulichen Weg durch die
Kanalisation zu benutzen, um ins Innere der abgeschotte-
ten Siedlung zu kommen.
Ein Stahlgitter versperrt den Teil des Hauptausfluss-
rohrs, der nicht unter „Wasser“ steht. An der Tür befindet
sich eine vor der Feuchtigkeit geschützte Tastatur, und
daneben blinkt rhythmisch ein rotes Licht. Scheint abge-
schlossen zu sein.

SAG’S IHNEN INS GESICHT HINTER DEN KULISSEN

Der Gestank der Kanalisation wird immer schlimmer, als
ihr die Leiter hinuntersteigt. Ihr springt ab und landet mit
einem weichen Schmatzen auf einem Haufen Müll. Je-
denfalls hofft ihr, dass es Müll ist. Wer auch immer diese
großartige Idee hatte, er hat sich eine Belohnung verdient.
Am besten eine große Ladung Schrot. Ins Gesicht. Die un-
beleuchtete Kanalisation erstreckt sich vor euch. Ströme
von Flüssigkeit, über deren genaue Zusammensetzung ihr
nicht näher nachdenken wollt, fließen langsam an euch
vorbei und von der abgeschotteten Siedlung fort in Rich-
tung See. Ganz in eurer Nähe ist eine Tür in der Wand,
die dasselbe Logo hat wie die Mauer und das Tor an der
Erdoberfläche: ein Sonnenaufgang über einer Stadt. Das
war leicht zu finden.
Die Kanalisation ist viel älter als die Siedlung, deren Ab-
wässer sie fortleitet. Natürlich stinkt die Kloake, und der
Matrixzugang ist lückenhaft. Dafür gibt es an Sicherheits-
vorkehrungen außer der verschlossenen Tür auch nur ein
paar AROs, die besagen: „Privateigentum – Betreten ver-
boten“. Die Runner können durch die Kanalisation waten;
wenn sie allerdings an die Tür wollen, die sich hinter dem
Stahlgitter befindet, müssen sie einmal durch den Strom
an Fäkalien tauchen.
Die Tür ist eine normale Sicherheitstür aus Metall. Sie
ist verschlossen, aber man kann sie hacken oder knacken.
Die Tür ist mit dem Wachhäuschen an der Oberfläche ver-
bunden. Wenn die Tür einen Alarm auslöst, wird normaler-
weise eine Wache nach unten geschickt. Falls die Wache
sieht, dass die Tür geöffnet worden ist, fordert sie bei Lone
Star Verstärkung an.

32 SZENE 4A: KANALRATTEN >>


Es gibt noch weitere Bewohner der Kanalisation hier:
Eine Kolonie Teufelsratten lauert darauf, dass unvorsichti-
ge Durchwatende etwas Essbares fallenlassen. Ihr Bau be-
findet sich nahe dem Ausgang innerhalb der abgeschotte-
ten Siedlung.
TEUFELSRATTE
K G R S W L I C EDG M ESS
2 5 5 1 3 2 5 5 2 4 6
Limits Körperlich 3, Geistig 4, Sozial 7
Fertigkeiten Akrobatik 10, Laufen 3, Schleichen 11, Waffenloser Kampf
(Würfelpool) 10, Wahrnehmung 9
Immunität (Toxine), Natürliche Waffe (Biss: Schaden 2K,
Kräfte DK –, Reichweite -1), Tierbeherrschung (gewöhnliche
Ratte), Verschleierung (nur Selbst)
Schwächen Allergie (Sonnenlicht, Leicht)
DAUMENSCHRAUBEN
Sie können die Zahl der Teufelsratten anpassen, aber
diese Critter greifen normalerweise nicht an, es sei denn,
sie sind in überwältigender Überzahl. Sie können sie das
SZENE 5: OBERSTE PRIORITÄT
AUF EINEN BLICK
Das Team hat das Haus erreicht, in dem sich Bryson auf-
hält. Nun müssen die Runner eindringen, die Aufnahme
beschaffen und verschwinden, bevor jemand auf sie auf-
merksam wird.
SAG’S IHNEN INS GESICHT
Wer auch immer hier lebt, die Sonne lacht ihm aus dem
Arsch. Er lebt in einer gesicherten Siedlung, abgeschot-
tet von Gelichter wie euch, und hat ein riesiges Haus mit
Säulen an der Vordertür. Ein bisschen geschmacklos, mag
sein, aber wen stört das, wenn man ein Pate der Mafia im
Ruhestand ist?
Als ihr euch dem Haus nähert, erlischt ein Licht im Erd-
geschoss. Irgendjemand legt sich wohl gerade schlafen.
Das sollte die Angelegenheit vereinfachen.
HINTER DEN KULISSEN
Das Haus ist ein zweistöckiges Herrenhaus. Es hat hohe ge-
wölbte Decken im Wohnbereich und bietet eine großartige
Aussicht auf den nahe gelegenen Golfplatz. Zu dieser nacht-
schlafenden Zeit ist das Haus natürlich verschlossen, und
die meisten seiner Einwohner schlafen. Das einzige Licht im
Haus kommt aus Brysons Zimmer im oberen Stockwerk.
Die Sicherheitsmaßnahmen für das Haus wirken etwas
dünn. Eine Sicherheitskamera über der Vordertür ist in ei-
nem Relief verborgen. Die Runner können sie mit einer er-
folgreichen Probe auf Wahrnehmung + Intuition [Geistig]
(4) bemerken. Die Kamera nimmt den Rundweg mit dem
An- und Abfahrtsbereich vor der Vordertür auf. Eine weite-
<< SZENE 5: OBERSTE PRIORITÄT
>> WÄHREND DIE STADT SCHLÄFT <<
Team angreifen lassen, falls die Runner sich zu viel Zeit
lassen. Die Zahl der angreifenden Ratten legen Sie am
einfachsten fest, indem sie abschätzen, wie schwer das
Team es bis jetzt hatte – je einfacher es bisher für die
Runner war, desto dringender wollen die Spieler einen
Kampf. Runner, die in der Kloake geschwommen sind,
werden die Teufelsratten nicht angreifen. Insofern ha-
ben die Abwässer durchaus einen Nutzen – neben ihrer
Funktion als wirksame soziale und gesellschaftliche Ab-
schreckung.
KEINE PANIK
Falls der Alarm ausgelöst wird und ein Wachmann er-
scheint, könnten die Runner vermutlich beide Wachleute
einen nach dem anderen erledigen. Falls die Runner die
beiden Wachen ausgeschaltet haben, müssen sie sich nur
noch wegen der Drohnen Sorgen machen. Wenn aller-
dings Alarmrufe nicht beantwortet und per Standardvor-
gehensweise als harmlos gemeldet werden, werden au-
tomatisch weitere Alarmmeldungen erzeugt. Wenn sich
nach einem Alarm fünf Minuten lang niemand aus dem
Wachhäuschen meldet, wird ein automatischer Ruf an
Lone Star abgesetzt.
re Sicherheitskamera nimmt den Zugang von der Auffahrt
zur eigentlichen Straße auf. Den Runnern muss eine Probe
auf Schleichen + Geschicklichkeit [Körperlich] (3) gelingen,
damit sie von diesen Kameras nicht aufgenommen werden.
Die Fenster im Erdgeschoss sind verschlossen und mit
Glasbruchdetektoren versehen: Auf der Rückseite des
Hauses steht ein Fenster im ersten Stock offen, das in ei-
nen dunklen Raum führt. Dies ist McCaskills Schlafzimmer.
Sein Schlaf wird von einem Vitalmonitor überwacht, da
sich sein Gesundheitszustand seit Jahren verschlechtert.
Falls das Team auf diesem Weg einsteigen will, wird es sich
mit Zeus auseinandersetzen müssen, McCaskills uralter
Dänischer Dogge. Zeus ist zwar alt, kann aber immer noch
einen Riesenkrach schlagen, wenn Einbrecher ihn wecken.
Die Türschlösser sind mit einem Bolzenschloss verse-
hen und werden über eine Tastatur geöffnet. Die Tastatur
kann man mit der richtigen Ausrüstung umgehen oder ha-
cken. Das Schloss lässt sich von geübten Einbrechern oder
auch mit einem automatischen Dietrich knacken (Probe
auf Schlosser + Geschicklichkeit [Körperlich] (4)).
Auf dem Anwesen selbst gibt es keine Patrouillen. Für
die Sicherheit der gesamten abgeschotteten Siedlung sor-
gen zum größten Teil die Wachen, als Reserve steht Lone
Star bereit.
Bryson ist todmüde, aber er leidet unter Schlaflosigkeit
und hat beschlossen, aufzubleiben und das Sicherheits-
system ein bisschen aufzumotzen. Das Licht, das die Run-
ner im ersten Stock sehen, kommt aus seinem Raum. Falls
die Runner von den Überwachungskameras aufgenom-
men werden, wird nicht automatisch ein Alarm ausgelöst.
Diese Kameras speichern lediglich die Aufnahmen. Aller-
dings könnten solche Aufnahmen später ihre Prominenz
erhöhen.
33
>> WÄHREND DIE STADT SCHLÄFT <<

Bryson hat die Matrixsicherheit für das Haus aufge- MCCASKILLS SICHERHEITSMAGIER
baut. Er kennt ein paar Tricks, ist aber kein brandheißer (PROFESSIONALITÄTSSTUFE 3)
Decker.
Als astrale Sicherheitsmaßnahme gibt es einen Luft- K G R S W L I C ESS M
geist (Kraftstufe 6). Wenn ein Alarm ausgelöst wird, be- 2 3 2 2 6 5 5 5 6 4
nachrichtigt der Geist sofort seinen Beschwörer. Der Ma- Initiative 7 + 1W6
gier wird dann als astrale Projektion erscheinen und mit
Astrale
Bryson als Manifestierung zusammenarbeiten, um die Ge- 10 + 2W6
Initiative
fahrenquellen aufzuhalten oder auszuschalten.
Zustands-
Am einfachsten ist es für die Runner, wenn sie ins Haus 11
monitor (K/G)
eindringen, ohne einen Alarm auszulösen. Falls sie eine Limits Körperlich 3, Geistig 7, Sozial 8
Tür öffnen, wird ein Countdown ausgelöst: Wer eintritt,
Vorteile Erhöhte Konzentrationsfähigkeit 5
hat eine Minute Zeit, das Alarmsystem durch Eingabe des
Fertigkeiten Antimagie 9, Askennen 9, Astralkampf 12, Herbeirufen 8,
korrekten Codes wieder in den Ruhezustand zu versetzen.
(Würfelpools) Spruchzauberei 10, Verbannen 8
Wenn in dieser Zeit weder der korrekte Code eingegeben
Geistessonde, Handlungen Beherrschen, Kampfsinn,
noch das System gehackt wird, werden sowohl Lone Star Zauber
Manablitz, Massenverwirrung, Schmerz
als auch die Wachen am Eingang der Siedlung alarmiert.
Gebundene Erdgeist (Kraftstufe 6, 3 Dienste), Feuergeist (Kraftstufe
Alle vier menschlichen Bewohner des Hauses kennen die-
Geister 5, 2 Dienste), Luftgeist (Kraftstufe 5, 4 Dienste)
sen Code (siehe Szene 6, S. 35).
Ausrüstung Waffenfokus [Katana; Kraftstufe 3]
Katana [Klingenwaffe | Präz. 7 | Reichweite 1 | Schaden
Waffen
DAUMENSCHRAUBEN 5K | DK -3 | Waffenfokus Kraftstufe 3]
Dieser Magier projiziert astral, er wird also haupt-
Wenn ein Team es besonders stilvoll oder besonders
sächlich die Regeln für den Astralkampf (SR5, S. 314)
elegant machen will, schickt es eventuell einen Runner verwenden, da er nicht körperlich anwesend ist. Der
durch das offen stehende Fenster im ersten Stock. Das Anmerkung
Magier hält einen Kampfsinn-Zauber der Kraftstufe 5 mit
größte Problem ist hier der Hund. Zeus wird aufwachen 5 Erfolgen aufrecht; keine Modifikatoren aufgrund der
und bellen, falls dem Runner keine Probe auf Schleichen Erhöhten Konzentrationsfähigkeit.
+ Geschicklichkeit [Körperlich] (5) gelingt. Das Zimmer
ist mit medizinischen Geräten vollgestellt, und auf dem
Boden sind dementsprechend viele Kabel verlegt. Sie RICHARD BRYSON
können also jedem Charakter ein paar Würfel aus dem K G R S W L I C EDG ESS
Pool entfernen, der durch dieses Chaos hindurchschlei- 3 2 3 2 5 6(8) 5 2 5 4,35
chen will. Wenn der Runner bei der Probe scheitert,
Initiative 8 + 1W6
wacht der Hund auf, hebt den Kopf und bellt laut und
tief. Ein einzelner Runner könnte sich irgendwo im Raum, Matrix-
9 + 3W6 (+4W6 mit heißem Sim)
Initiative
zum Beispiel im Schrank, verstecken, bevor Loretta he-
reinkommt: Die im Haus wohnende Pflegerin wird über Zustands-
10/11
monitor (K/G)
die Treppe in den ersten Stock kommen, um Zeus zu be-
ruhigen. Es wird längere Zeit dauern, bis Zeus wieder ein- Limits Körperlich 4, Geistig 8(9), Sozial 5
geschlafen ist, aber auf diese Weise wird zumindest kein Panzerung 9
Alarm ausgelöst. Programmiergenie (Eiliges Hacken), Vertrautes Terrain
Vorteile
Wenn Bryson Eindringlinge entdeckt oder das (McCaskill-Host)
Alarmsystem ausgelöst wird, zieht er sich sofort in einen Nachteile Feindliche Geister (Tiergeister), Schlaflosigkeit (15)
eigens gesicherten Raum zurück, der neben seinem Zim- Athletik-Fertigkeitsgruppe 4, Computer 13, Elektroni-
Aktions-
mer liegt. Bryson verschließt die Tür (Struktur 8, Panze- sche Kriegsführung 13, Hacking (Geräte) 14 (16), Hard-
fertigkeiten
rung 12, Magschloss Stufe 5) und betritt die VR, um vom ware 12, Matrixkampf 14, Schnellfeuerwaffen 4, Soft-
(Würfelpools)
ware 11, Waffenloser Kampf 4
Host aus die Lage zu beurteilen. Alle Runner mit aktiver
Kommunikation, Cyberware oder optischen Systemen, Wissens-
Boxen 9, Chicago 10, Decker-Treffpunkte 9, Sicherheits-
fertigkeiten
die online sind, und Ähnlichem bekommen Probleme. prozeduren 13, Überwachungstechniken 13
(Würfelpools)
Bryson wird alles tun, was in seiner Macht steht, um auf
Sprach-
den Geräten der Eindringlinge Marken zu platzieren, um Englisch M
fertigkeiten
sie danach zu übernehmen oder ihnen Datenspikes zu
Cyberaugen [Stufe 3; Blitzkompensation, Infrarotsicht,
verpassen.
Restlichtverstärkung, Smartlink], Cyberdeck [Shiawase
Wenn der Luftgeist seinen Herrn benachrichtigt hat,
Bodytech Cyber 5; Gerätestufe 5, Attributanordnung 8 7 6 5, Pro-
befindet sich der Magier im Astralraum. Er wird versuchen, gramme 5], Datenbuchse, Interner Lufttank 1, Fingerkup-
aktivierte Zauberspeicher oder aufrechterhaltene Zauber penbehälter; Zerebralbooster 2
zu bannen, sodass die Magieanwender sie erneut wirken Ausrüstung Gefütterter Mantel [9], 3 Optische Chips
müssen. Außerdem lauert er darauf, dass einer der Runner Aufspüren, Ausnutzen, Babymonitor, Biofeedback, Bio-
sich auf der Astralebene angreifbar macht, woraufhin er feedback-Filter, Editieren, Entschlüsselung, Gabel, Ham-
entweder einen Astralkampf einleitet oder ihn mit einem Programme mer, Irreführung, Konfigurator, Panzerung, Schmöker,
Manablitz attackiert. Signalreiniger, Tarnkappe, Toolbox, Verschlüsselung,
Virtuelle Maschine
Ingram Smartgun X [MP | Präz. 4(6) | Schaden 8K | DK
-4 | SM/AM | RK 2(3) | 32(s) | Ausziehbare Schulter-
Waffen
stütze, Gasventil 2, Schalldämpfer, Smartgunsystem;
APDS-Munition]

34 SZENE 5: OBERSTE PRIORITÄT >>


KEINE PANIK
Wenn der Alarm ausgelöst wird, haben die Runner nur
noch wenig Zeit. Bryson wird aktiv werden und die
Kameraaufnahmen und sonstigen Überwachungssys-
teme auswerten, um Spuren der Eindringlinge zu fin-
den. Loretta wird sofort in McCaskills Zimmer gehen
und dort bleiben. Lone Star schätzt es nicht besonders,
auf einen alten Mafiaboss aufzupassen, aber die Ein-
satzkräfte werden sich trotzdem sofort auf den Weg
machen. Nach dem Auslösen des Alarms haben die
SZENE 6: ALLEROBERSTE PRIORITÄT
AUF EINEN BLICK
Nachdem die Runner ins Haus eingedrungen sind, müs-
sen sie Bryson finden und sich von ihm die Aufnahmen
beschaffen.
SAG’S IHNEN INS GESICHT
Im Inneren des Hauses ist es dunkel und still. Eure Schrit-
te auf dem quietschenden hölzernen Fußboden werden
von den teuren Teppichen gedämpft, die überall liegen.
Irgendwo hier muss dieser Sicherheitshacker sein.
HINTER DEN KULISSEN
An einigen vielgenutzten Stellen innerhalb des Hauses
gibt es Bewegungsmelder. Diese werden normalerweise
eingeschaltet, wenn der jeweils letzte Bewohner des Hau-
ses ins Bett geht.
McCaskill, der Hausbesitzer, hat eine uralte Dänische
Dogge, die auch in seinem Schlafzimmer schläft. Wenn
das Team durchs Fenster einsteigt, erwacht der Hund
eventuell und schlägt Krach (siehe Szene 5, S. 33). Auch
wenn der Hund alt ist, kann er Leute hören, die sich unvor-
sichtig durchs Haus bewegen. Hier sind Proben auf Schlei-
chen + Geschicklichkeit [Körperlich] (3) nötig, um das zu
verhindern.
Brysons Zimmer befindet sich im ersten Stock. Er hat
vor kurzer Zeit damit begonnen, sich die Highlights des
Urban-Brawl-Spiels anzuschauen. Falls auf dem Grund-
stück oder im Haus ein Alarm ausgelöst wird, wird er in
der Matrix alarmiert.
Zwei weitere Angestellte wohnen unter McCaskills
Dach: Loretta, die den ehemaligen Mafiaboss rund um die
Uhr pflegt, und Jim, der Gärtner. Beide kennen den Code,
mit dem man das Sicherheitssystem ausschaltet (siehe
Szene 5, S. 33).
Loretta wird ihren Schutzbefohlenen in keiner Weise
in Gefahr bringen. Wenn man ihr glaubwürdig versichert,
dass nicht McCaskill, sondern Bryson das Ziel des Ein-
bruchs ist, kann man sie eventuell überzeugen, den Code
zu verraten.
Wenn Jim nicht arbeitet, verbringt er den größten Teil
seiner Freizeit ebenfalls auf dem Grundstück – meistens
trinkt er und spielt Sim-Games für Erwachsene in seinem
Zimmer. Falls das Team ihn ausfindig macht, wird er so-
<< SZENE 6: ALLEROBERSTE PRIORITÄT
>> WÄHREND DIE STADT SCHLÄFT <<
Runner zwei Minuten Zeit, bevor der erste Streifen-
wagen eintrifft, und drei weitere Minuten, bevor das
SWAT-Team da ist.
Wenn die Runner in eine Verfolgungsjagd geraten, wird
Lone Star sie hetzen. Sie können eine Hochgeschwindig-
keitsszene ausspielen, denn es ist ziemlich schwierig, die
Wagen von Lone Star abzuhängen. Falls die Runner Rich-
tung Süden fliehen, wird das leichter, da das generelle Si-
cherheitsniveau in der Nähe der Innenstadt sinkt. Wenn
die Runner zu viele Fehler machen, können Sie sie ruhig
von McCaskills Hof jagen lassen.
wohl den Code als auch Brysons Aufenthaltsort für ein an-
gemessenes Bestechungsgeld verraten.
Wenn die Runner sich endlich Brysons Aufnahme an-
sehen können, sehen sie eine Infrarotaufnahme eines Box-
kampfes. In dem Augenblick, in dem die Lichter ausgehen,
schießt ein in Infrarot hellweiß leuchtender elektrischer
Schlag auf einen der Boxer zu, der im nächsten Moment,
als die Lichter wieder angehen, von einem Schlag seines
Gegners zu Boden geschickt wird.
DAUMENSCHRAUBEN
Wenn das Sicherheitssystem alarmiert wird, weil eine Tür
geöffnet wird, hat das Team eine Minute Zeit, das System
zu hacken und ihm einen Code vorzulegen, der das Öff-
nen der Tür erlaubt. Ansonsten wird ein Alarm ertönen,
und zwar als heulende Sirene. Das Sicherheitssystem läuft
auf einem Host der Stufe 5 und wird von Brysons Deck
gesteuert.
Sobald die Sirene ertönt, knallen die Fenster und Tü-
ren zu McCaskills Schlafzimmer zu und werden vollauto-
matisch verschlossen. Ein unabhängiges System springt
an und trennt diese Räume vom Rest des Hauses ab, bis
McCaskill oder im Falle seines Todes seine Pflegerin es
deaktiviert. Sobald die Tür verschlossen und abgeschottet
ist, stoßen verschiedene Düsen im Erdgeschoss Brechreiz-
Gas (SR5, S. 411) in den Rest des Hauses aus. Dieses Gas
soll alle Einbrecher ausschalten. Jeder Runner, der im Haus
bleibt, bekommt alle vier Kampfrunden eine neue Dosis
ab. Da das Gas über Inhalation wirkt, bietet eine Gasmas-
ke ihrem Träger vollkommenen Schutz. Ebenso gut wirkt
ein interner Lufttank, wie ihn Bryson hat. Wenn Bryson
die Zeit hatte, den Sicherheitsmagier zu benachrichtigen,
oder wenn dieser von seinem Luftgeist auf eine Gefahr
aufmerksam gemacht wurde, wird der Magier mit seinen
Geistern auftauchen und ihnen befehlen, anzugreifen. Der
Magier hat drei gebundene Geister. Wie viele davon er
schickt, um Eindringlinge zu verjagen, sollte davon abhän-
gen, wie leicht es die Runner bis jetzt hatten.
Einfallsreiche Runner oder Teams ohne Hacker ent-
scheiden sich eventuell, das System elektronisch zu um-
gehen oder es komplett abzuschalten. Runner können eine
Probe auf Sicherheitssysteme + Logik [Geistig] (2) ablegen
– haben sie Erfolg, wissen sie, dass so ein System über ein
physisches Schaltpult sowie mehrere mobile Schaltpulte
35
>> WÄHREND DIE STADT SCHLÄFT <<
in der AR verfügt. Außerdem gibt es eine physische Reser-
vebatterie, falls der Strom ausfällt. Diese versorgt auch die
Sirene mit Energie. Wenn die Runner einbrechen und ih-
nen die oben genannte Probe gelingt, sollten ihnen einige
Orte einfallen, wo sich die Batterie mit hoher Wahrschein-
lichkeit befinden könnte: im Wandschrank im Zimmer des
Besitzers, in einem eigenen Raum im Erdgeschoss, in der
Speisekammer oder im Keller. Diese Räumlichkeiten sind
unauffällig, und wenn der eigentliche Sicherheitsraum
oder einer der Zugänge geknackt wird, kann von hier aus
immer noch ein Signal gesendet werden. Wenn allerdings
das Batteriegehäuse aufgebrochen und die Batterie ent-
fernt wird, ist das gesamte System inaktiv – außer in der
Matrix, dort schickt das System Benachrichtigungen an
den Administrator, dass es inaktiv ist. Allerdings sind diese
Nachrichten standardmäßig von niedriger Priorität, denn
derartige Benachrichtigungen werden im Laufe von War-
tungsmaßnahmen immer wieder versendet. Tatsächlich
ruft Bryson derzeit seine Mails nicht aktiv ab.
Wenn die Runner Bryson aufgespürt haben, müssen
sie noch seine Aufnahmen an sich bringen. Decker und
Technomancer können sein Kommlink hacken und nach
der Datei suchen. Eine oberflächliche Suche ergibt einen
Treffer. Wenn die so gefundene Datei zunächst sorgfältig
überprüft wird, stellt sich heraus, dass sie von einer Daten-
bombe geschützt wird. Wenn die Datenbombe ausgelöst
wird, löst das System den Alarmzustand aus und benach-
richtigt Bryson.
Die so geschützte Datei ist ein Köder. Die echte Datei
ist im Speicher von Brysons Headware hinterlegt – hinter
einem Datenschloss.
Wenn das Team Bryson in die Ecke getrieben hat, ver-
sucht er, aus dieser Klemme herauszukommen, ohne dass
man ihm wehtut. Er wird laut mit den Runnern sprechen,
scheinbar wütend mit dem Fuß aufstampfen und „verse-
hentlich“ beim Gestikulieren Dinge zu Boden werfen, um
die anderen Bewohner des Hauses zu wecken. Wenn die
Runner ihn nach weiteren Kopien der Datei fragen, wird er
lügen und behaupten, dass sich die einzige weitere Kopie
in einem Nexus anderswo befindet.
Mit dieser Lüge will Bryson sich Zeit verschaffen, um
nachzudenken, wie er hier herauskommt, ohne dass man
ihn foltert oder gar tötet. Der Nexus, so seine Lügenge-
schichte, befinde sich in einem Speicher, der dem Syndi-
kat gehöre, für das er arbeitet. Er hofft, dass man ihn dort
anrufen lässt und er so auf irgendeine Weise um Hilfe ru-
fen kann.
Brysons wichtigstes Ziel ist es, nicht getötet zu wer-
den. Wenn man ihn ausreichend hart bedrängt, wird er
die Datei in seiner Headware herausgeben. Wenn man
ihn dazu auffordert, das Sicherheitssystem zu deaktivie-
ren, tut er das, wählt dafür aber einen speziell für solche
Fälle geschaffenen Notfallcode, der zwar die Alarmsirene
ausschaltet, gleichzeitig aber den Wachen am Eingang der
Siedlung die Anweisung erteilt, Lone Star herbeizurufen.
36 SZENE 6: ALLEROBERSTE PRIORITÄT >>
KEINE PANIK
Wenn der Alarm erst in dieser Szene ausgelöst wird, läuft
die Zeit für die Runner ab wie oben beschrieben. Gege-
benenfalls wird Bryson darauf aufmerksam, dass es ein
Problem gibt. Falls das Team sich zu einer brachialen Vor-
gehensweise entschließt und beispielsweise das Haus in
Brand steckt, wird sofort ein Feueralarm oder gegebenen-
falls ein anderer spezieller Alarm ausgelöst – je nachdem,
welchen Notfall die Detektoren melden. Dieser Alarmruf
geht an die Wachen am Eingang der Siedlung und die
jeweilige Institution (bei einem Brand die Feuerwehr).
Das Auslösen eines solchen Alarms wird zwar das Si-
cherheitssystem ausschalten, damit die Feuerwehrleute
nicht Opfer der Abwehrmaßnahmen werden. Allerdings
wird mit einem solchen Alarm wiederum die Sirene im
Haus mit einem speziellen Warnton laut aufheulen, und
Zeus wird die Herausforderung annehmen und fröhlich
mitheulen. Dieser Krach lässt alle Bewohner des Hauses
erwachen.
McCaskill ist nicht in der Verfassung, aus dem Bett zu
springen und sich den Runnern entgegenzustellen. Wenn
man ihm genug Zeit lässt, nachdem der Alarm losgegan-
gen ist, wird er über die Matrix ein paar von seinen Freun-
den bei der Mafia Bescheid sagen, dass hier irgendetwas
überhaupt nicht in Ordnung ist, und sie bitten, ihm sofort
zu Hilfe zu kommen. Die Mafiosi werden zwar wesentlich
länger für den Weg benötigen als die Wagen von Lone
Star, aber eventuell spielt diese zusätzliche Verstärkung
ja doch noch eine Rolle. Wenn alles schiefgeht, hat der
alte Mafioso noch ein Jagdgewehr im Schrank, mit dem
er gut umgehen kann – wenn er nicht gerade durch einen
Schwächeanfall an den Rollstuhl gefesselt ist. Zeus ist fast
vollkommen harmlos und wird keinen Runner angreifen,
es sei denn, jemand aus dem Team geht unmittelbar auf
McCaskill los. Selbst dann sieht man sofort, dass Zeus’
Tage als Wachhund weit in der Vergangenheit liegen. Jeder
Angriffsversuch der Dänischen Dogge flößt eher Mitleid
als Furcht ein.
Falls Sie das Abenteuer an einem Abend beenden
wollen, ist Szene 7 optional. Bryson kann dem Team auch
einfach die Datei aushändigen, um seine Haut zu retten –
immer vorausgesetzt, die Runner bedrohen ihn halbwegs
glaubwürdig.
MCCASKILL-HOST
DATENVER-
STUFE ANGRIFF SCHLEICHER FIREWALL
ARBEITUNG
5 5 7 6 8
Aufspüren, Killer, Marker,
Installiertes IC
Patrouille, Sparky, Wirbel
Alarme, Gassystem, Kameras,
Slave-Geräte
Klimatisierung, Türen
Aussehen Replika des McCaskill-Anwesens

SZENE 7: MIT SPECK FÄNGT MAN MÄUSE
AUF EINEN BLICK
Bryson hat dem Team klargemacht, dass die Datei sich
andernorts befindet, und den Runnern versprochen, sie
dorthin zu führen. Tatsächlich lockt er sie geradewegs in
eine Falle.
SAG’S IHNEN INS GESICHT
Die kleine Ratte ist schlauer, als ihr gedacht hättet. Er
hat die Datei anderswo hinterlegt, falls Leute wie ihr ihm
plötzlich eine Knarre ins Gesicht halten. Er grunzt und
zeigt nach rechts – offenbar kann man sich mit einem Pis-
tolenlauf im Mund doch recht gut verständlich machen.
Ihr seid in einer Gegend voller Lagerhäuser in der Nähe
des Sees. Bryson weist auf ein rostiges Haus aus Metall
und zeigt an, dass ihr anhalten sollt. Ein paar uralte hölzer-
ne Schilder werben hier seit langer Zeit für uralte Ersatztei-
le für irgendeine Agrarmaschine.
HINTER DEN KULISSEN
Falls das Team Bryson glaubt und zum Lagerhaus geht,
versucht er, sie zu übertölpeln. Das Lagerhaus liegt im
Norden der Stadt nahe dem See. In dieser Gegend gibt es
<< SZENE 7: MIT SPECK FÄNGT MAN MÄUSE
>> WÄHREND DIE STADT SCHLÄFT <<
viele verrostete Lagerhäuser wie das, auf das Bryson die
Runner zuführt.
Im Inneren des Lagerhauses sind sechs Schläger der
Mafia damit beschäftigt, versiegelte Plastikbeutel mit Dro-
gen aus Holzkisten auszupacken und sie zu wiegen. Sie
alle tragen Waffen oder haben Waffen vor sich liegen.
Wenn die Runner beim Lagerhaus sind, besteht Bry-
son darauf, dass er den Schlägern drinnen Bescheid sagen
muss, dass er hier ist. Wenn die Runner ihn begleiten oder
ihn zu einem Anruf zwingen, wird er in verschlüsselter Wei-
se von den Runnern selbst sprechen und die Schläger vor
diesem feindseligen Besuch warnen. Runner, die sich mit
dem üblichen Vorgehen der Mafia auskennen, also über
eine entsprechende Wissensfertigkeit verfügen, dürfen
eine entsprechende Probe ablegen, um das Doppelspiel
von Bryson im Gespräch mit den Schlägern zu entdecken
(Schwellenwert 2). Alternativ ist auch eine erfolgreiche
Menschenkenntnis-Probe möglich, um Brysons wahre Ab-
sicht zu erkennen, aber hier beträgt der Schwellenwert 4.
Wenn Bryson mit dem Schläger, der draußen vor der
Tür Wache steht, redet, teilt er den Runnern mit, dass sie
kurz warten sollen. Das ist das Stichwort für den Angriff.
Wenn das Team sofort flieht, werden die Schläger Bryson
erschießen, weil er Außenstehende zu diesem Umschlag-
platz gebracht hat.
37
>> WÄHREND DIE STADT SCHLÄFT <<

Wenn die Runner mehrere Schläger erschießen, wer- MAFIA-SCHLÄGER

den die anderen versuchen, sich ihr Leben zu erkaufen, in-
(PROFESSIONALITÄTSSTUFE 4)
dem sie die Runner mit Drogen bestechen. Falls das nicht
funktioniert, werden sie das Gebäude mit einer dafür vor- K G R S W L I C ESS
bereiteten Vorkehrung in Brand setzen. 4 5 4 4 4 3 4 3 6
Im ersten Stock des Lagerhauses liegen drei fast kom-
Initiative 8 + 1W6
plett verlassene und ungenutzte Büros. Das Büro an der
Zustands-
Ecke ist ein Desktop-Nexus, an dem niemand arbeitet. 10
monitor
Dieser Computer ist ungeschützt und dient hauptsächlich
Limits Körperlich 6, Geistig 5, Sozial 6
als überqualifizierter Taschenrechner, falls die Schläger be-
Panzerung 9
rechnen müssen, wie schwer eine Palette mit 1.756 Dro-
genbeuteln á 350 g beladen ist. Auf dem Nexus befinden Fertigkeiten Einschüchtern 9, Klingenwaffen 10, Schnellfeuerwaffen
sich einige belastende Informationen über vor kurzer Zeit (Würfelpools) 10, Pistolen 9, Waffenloser Kampf 7, Wahrnehmung 6
eingetroffene Lieferungen und Angaben darüber, in wel- Gefütterter Mantel [9], Kommlink [Renraku Sensei; Ge-
Ausrüstung
chem Frachtcontainer sich die Lieferung befindet. Dane- rätestufe 3]
ben sind auch die eingetroffenen Mengen verzeichnet, Ceska Black Scorpion [Automatikpistole | Präz. 5 | Scha-
die die Schläger hier im Lagerhaus umgeladen haben. Falls den 6K | DK -4 | HM/SM | RK (1) | 35(s) | APDS-Munition]
Waffen
die Runner diese Daten verkaufen wollen, sind sie für eini- Messer [Klingenwaffe | Präz. 5 | Reichweite – | Schaden
ge ihrer Kontakte durchaus von Interesse. 5K | DK -1]
Insgesamt ist diese Szene vor allem eine falsche Spur.
Bryson hat die Aufnahme, die die Runner wollen, bei sich. KORRUPTE LONE-STAR-
Er versucht bloß, seine Haut zu retten. POLIZISTEN
(PROFESSIONALITÄTSSTUFE 3)
DAUMENSCHRAUBEN K G R S W L I C ESS
Sie können die Anzahl der Schläger im Lagerhaus der 4 3 4 3 4 2 3 3 6
Gefährlichkeit der Runner anpassen. Alle Schläger außer
Initiative 7 + 1W6
der Wache am Tor sind drinnen und verpacken unter dem
Zustands-
Neonlicht ihre Drogenlieferung, um sie schließlich an ihre 10
monitor
Dealer weiterleiten zu können. Wenn die Schläger für Ihr
Limits Körperlich 5, Geistig 4, Sozial 6
Team keine Gegner sind, mag es weitere, gefährlichere
Bewaffnete geben, die extra als Wachen hier sind. Es sind Panzerung 12
zwar große Mengen von Drogen hier, allerdings sind die- Fertigkeiten Knüppel 6, Laufen 6, Pistolen 7, Waffenloser Kampf 7,
se roh und nicht verbrauchsfertig – wenn Charaktere die- (Würfelpools) Wahrnehmung 6
se Drogen zu sich nehmen, kann dies Nebenwirkungen 2 Dosen Jazz [+1 Reaktion, +1 Körperliches Limit, +2W6
haben, zum Beispiel unerwartet schwere Abstürze, zeit- Ausrüstung Initiative], Panzerjacke [12], Sonnenbrille [Kapazität 2;
weiliger Magieverlust oder chemische Instabilitäten, die Bildverbindung, Smartlink]
zu Störungen an der Cyberware führen können. Da hier Ares Predator V [Schwere Pistole | Präz. 5(7) | Schaden
mehrere große, teils auch entladene Paletten und einzelne 8K | DK -1 | HM | RK – | 15(s) | Smartgunsystem]
Kisten herumstehen, bietet das Lagerhaus im Falle eines Defiance EX-Shocker [Taser | Präz. 4 | Schaden 9G(e) | DK
Waffen
Feuergefechtes viel Deckung. -5 | EM | RK – | 4 (m)]
Betäubungsschlagstock [Knüppel | Präz. 4 | Reichweite 1 |
Schaden 9G(e) | DK -5]
KEINE PANIK
Einige Teams riechen einen Verräter sofort. Sie werden da-
rauf bestehen, dass sie selbst in das Lagerhaus einbrechen
und sich die Aufnahme von dem Nexus besorgen. Das ist
nicht einmal allzu schwer. In diesem Fall beschreibt ihnen
Bryson, dass die Aufnahme sich im ersten Geschoss des
Lagerhauses in dem Büro mit dem Desktop-Nexus auf
eben diesem befindet. Falls die Runner das Gebäude nicht
selbst betreten wollen, können sie auch Lone Star einen
Tipp geben. Der erste Streifenwagen, der eintrifft, enthält
allerdings nur Polizisten, die von der Mafia bestochen
wurden, um bei genau dieser Drogenlieferung ein Auge
zuzudrücken. Sie werden die Runner gemeinsam mit den
Schlägern im Lagerhaus angreifen, um ihnen ein paar
neue Zementschuhe spendieren zu können.

38 SZENE 7: MIT SPECK FÄNGT MAN MÄUSE >>


SZENE 8: K.O.-SCHLAG
AUF EINEN BLICK
Die Runner rufen Sid an, um ihm mitzuteilen, dass sie die
Aufnahmen haben und dass sie ihre verabredete Entloh-
nung wollen.
SAG’S IHNEN INS GESICHT
Die letzten zwei Stunden hat das Kommlink ständig mit
Updates zum Urban-Brawl-Spiel gesummt. Du hast dich
dazu entschlossen, nicht reinzuschauen – vielleicht kannst
du dir die Höhepunkte des Spiels daheim in einer schönen
Zusammenfassung angucken.
Der Himmel hellt sich im Osten auf, die Sonne wird
bald da sein. Aber bevor es für dunkle Geschäfte zu hell
ist, bleiben noch ein paar Stunden Zeit. Du rufst Sid an. Er
geht fast sofort ran. In seinem Video-Feed sieht er furcht-
bar aus, obwohl er schief lächelt. Sein normalerweise bis
oben zugeknöpftes Hemd steht offen, auf seinem Unter-
hemd sind bräunliche Flecken. Er schaut sein Kommlink
misstrauisch an. Die Nachrichtensendung hinter ihm zeigt
das Ergebnis des Spiels an: Chicago besiegt New York
mit 5:4, der letzte Punkt wurde erzielt, als während eines
druckvollen Angriffs Sam Lewis, einer der Grenadiere der
Slashers, einen der Schiedsrichter versehentlich (so seine
Behauptung) erschoss. Anschließend konnte Chicagos
Sprengmeister Ramsey den Tag für dein Team retten. Du
hast die Wette gewonnen – und konntest nicht mal deinen
Einsatz abholen.
„Hatte ich euch nicht losgeschickt, mir die Aufnahme
zu besorgen? Habt ihr sie schon? Bitte sagt mir, dass ihr
sie habt!“, lallt Sid mit schwerer Stimme. Es mag nur ein
Videoanruf sein, aber du kannst den Whisky durch die
Bildverbindung riechen.
Na, wenigstens einer hat sich heute Nacht so richtig
schön zugeballert.
HINTER DEN KULISSEN
Sid war, seit das Team zu dem Run aufgebrochen ist, ein
einziges Nervenbündel. Er war in den letzten Stunden so
aufgeregt, dass er versucht hat, mit einer Flasche billi-
gem Whisky runterzukommen, die noch irgendwo her-
umlag. Vielleicht war es auch mehr als eine Flasche. Als
die Runner ihn anrufen, ist er ziemlich hinüber, aber er
muss immer noch die ganze Zeit daran denken, was mit
ihm passiert, wenn die Runner ihn nicht anrufen. Wenn
Sid erfährt, dass die Runner die Aufnahme gesichert ha-
ben, und sie ihm die Datei überspielen, seufzt er hörbar.
>> WÄHREND DIE STADT SCHLÄFT <<
„Verdammte Scheiße, ihr habt’s geschafft“, nuschelt er.
„Ich möchte euch sagen, dass ich wirklich zu schätzen
weiß, dass ihr das in so kurzer Zeit durchgezogen habt.
Das vergesse ich euch nicht.“
In diesem Augenblick spuckt dein Kommlink eine klei-
ne Benachrichtigung in einem Extrafenster aus. Offenbar
hast du gerade eine Zahlung erhalten.
„Das hier ist doch die einzige Datei, die es von dieser
Aufnahme noch gibt, oder?“ Sid hat sich von einer Sekun-
de auf die andere ausgenüchtert und fragt mit kalter, ge-
schäftsmäßiger Stimme.
DAUMENSCHRAUBEN
Falls die Runner Sid darauf hinweisen, dass die Aufnahme
ihn bei einem klaren, durch nichts zu rechtfertigenden Re-
gelverstoß zeigen, wird Sid erwidern, dass er keine Wahl
hatte. Also hat er den Strom abgeschaltet und Garza mit
einer kleinen Pistole mit Schockermunition einen Schuss
verpasst. Genug, dass Garza für einen Moment still hält,
und leise genug, dass man es bei so viel Publikum nicht
gehört hat. Sid ist nicht stolz darauf, aber es tut ihm auch
nicht leid, denn: „Garza, dieser Mistkerl, hat sich nicht an
die Scheiß-Absprache gehalten!“
KEINE PANIK
Wenn das Team mehr Geld von Sid will oder ihn sogar selbst
mit der Aufnahme erpresst, wird er schimpfen wie ein Rohr-
spatz mit Tourette-Syndrom, aber letztlich ist er gezwungen,
zu zahlen – bis zu weiteren 1.000 Nuyen pro Runner. Wenn
die Runner Sids Zwangslage in dieser Weise ausnutzen,
sinkt seine Loyalitätsstufe um 1; wenn seine Loyalitätsstufe
bereits 1 betragen hat, verlieren sie ihn als Connection. Falls
sie ihn noch nicht als Connection hatten, wird er auch keine
Connection, aber es gibt keine weiteren Nachteile.
Darüber hinaus will das Team womöglich die Daten
verkaufen, die es im Lagerhaus an sich gebracht hat. Die-
se Daten sind für viele Connections in Chicago nützlich,
besonders aber für Sarah Silverleaf, Juan Xihuitl, Becky 99
oder Nick Ryder. Die Verhandlungen mit ihnen sollten ein-
fach sein, und das Eingangsgebot an die Runner beträgt
5.000 Nuyen. Darüber lässt sich natürlich noch verhan-
deln – jeder Nettoerfolg einer Seite erhöht oder senkt die-
sen Betrag um 200 Nuyen, bis zu einer maximalen Verän-
derung von ±1.000 Nuyen. Auch wenn die Connections
an den Informationen interessiert sind, werden sie doch
hart verhandeln.
<< SZENE 8: K.O.-SCHLAG 39
>> WÄHREND DIE STADT SCHLÄFT <<
NACH DEM ABENTEUER
GELD
• 10.000 ¥ pro Runner, wenn der Run erfolgreich abge-
schlossen wird, zuzüglich weiteren 200 ¥ pro Nettoer-
folg bei der Verhandlungsprobe (maximal 1.000 ¥).
• 1.000 ¥ pro Runner, falls die Runner alles über den aus
dem Ruder gelaufenen Kampf herausfinden und am
Ende des Runs weiteres Geld aus Sid herauspressen.
• Falls die Runner die Daten aus dem Computer im La-
gerhaus gefunden haben und verkaufen wollen, kom-
men verschiedene Connections dafür in Betracht. Die-
se Informationen werden als Ganzes betrachtet und
nicht aufgeteilt. Das Startgebot beträgt 5.000 ¥, aber
die Verhandlungen können den Preis sowohl anheben
als auch senken – jeder Nettoerfolg einer Seite erhöht
oder senkt diesen Betrag um 200 ¥, bis zu einer maxi-
malen Veränderung von ±1.000 ¥.
KARMA
• 1 Karma – Die Runner beschaffen die Aufnahme und
übergeben diese wie vereinbart an Sid.
• 1 Karma – Die Runner haben sich vergewissert, dass
diese Datei die einzige Kopie ist.
• 1 Karma – Die Runner nehmen es mit den Chemical
Boyz auf und finden heraus, wer die Boyz beauftragt hat.
• 1 Karma – Die Runner überleben das Abenteuer.
• 2 Karma –Abenteuerschwierigkeit
Zusätzlich können noch 1 bis 3 Punkte Karma für gutes
Rollenspiel, besonderen Humor, gute Regelkenntnis, Wei-
terbringen des Abenteuers und der Action oder für eine
besonders kluge Aktion vergeben werden. Diese Punkte
müssen die Spieler sich verdienen, und die vollen 3 Punk-
te sollten wirklich nur die Besten von ihnen erhalten. Die
maximale Karmabelohnung eines Charakters für dieses
Abenteuer sollte 9 nicht überschreiten.
REPUTATION
Es könnte passieren, dass die Aktionen der Runner wäh-
rend des Abenteuers sich auf ihren Straßenruf oder ihre
Prominenz auswirken oder ihnen einen Schlechten Ruf
BEINARBEIT
Wenn ein Spielercharakter eine Connection kontaktiert,
legt der Spielleiter für diese Connection eine Probe auf
Einfluss + Einfluss ab. Die Anzahl der Erfolge gibt an, wie
viele Ränge an Informationen die Connection über das
fragliche Thema weiß. Wenn das Thema eine Speziali-
tät der Connection ist, erhält sie einen Würfelpoolbonus
von +3 für die Probe. Der Spielercharakter legt anschlie-
ßend eine Probe auf Charisma + Gebräuche + Loyalität
ab. Die Anzahl der Erfolge bestimmt, welche Anzahl
von Rängen an Informationen die Connection umsonst
preisgibt (bis zur Grenze dessen, was die Connection
40 NACH DEM ABENTEUER >>
einbringen (s. SR5, S. 371). Der Spielleiter sollte dabei nicht
nur die im Folgenden aufgelisteten szenariospezifischen
Modifikatoren einbeziehen, sondern auf Basis der Hand-
lungen der Charaktere während des gesamten Abenteuers
weitere Punkte dort vergeben, wo es sich anbietet.
• +1 Straßenruf, wenn die Runner Garza zusammen-
schlagen, ihn aber am Leben lassen und ihn der Polizei
übergeben.
• +1 Schlechter Ruf für jeden Runner, der daran beteiligt
ist, Garza zu töten.
• +1 Prominenz, wenn das Team auf Sicherheitskame-
ras aufgenommen wird, wie es etwas Verbotenes tut.
CONNECTIONS
Durch die Erfüllung von Missionszielen oder die Ausführung
der weiter unten beschriebenen Aktionen können die Cha-
raktere neue Connections mit Loyalität 1 hinzugewinnen.
Wenn die Charaktere die betreffende Connection bereits
haben, erhöht sich stattdessen deren Loyalität um 1, bis hin
zu einem Maximum von 4. Natürlich können die Charakte-
re auch mit nicht innerhalb des Abenteuers beschriebenen
NSC interagieren und diese als Connections mit einer Loya-
lität von 1 gewinnen. Ebenso können sie auch nicht mit der
Mission in Verbindung stehende Connections nutzen, die
sie sich bereits verdient oder bei der Charaktererschaffung
erworben haben. Die Loyalität dieser Connections kann
ebenfalls um 1 steigen, bis zu einem Maximum von 4. Der
Spielleiter sollte Connections nur dann vergeben, wenn die
Spieler sich besondere Mühe geben, den NSC zu beeindru-
cken und sich die Connection auch zu verdienen, indem sie
ihr einen Gefallen tun oder ihr für ihre Dienste und Informa-
tionen weit mehr als den Standardpreis bezahlen.
Sid Gambetti: Falls die Charaktere Sids Auftrag nach
nur einem Minimum an Verhandlungen angenommen ha-
ben, erhalten sie Sid als Connection mit Loyalität 1. Falls
sie ihn bereits als Connection haben, erhöht sich seine
Loyalität um 1 (bis zu einem Maximum von 4). Falls die
Charaktere am Ende des Abenteuers versucht haben, ihn
zu erpressen, um mehr Geld zu erhalten, erhalten sie ihn
nicht als Connection oder senken seine Loyalität um 1, falls
sie ihn bereits als Connection hatten (wenn seine Loyalität
dadurch auf 0 sinkt, verlieren sie ihn als Connection).
weiß). Weiß die Connection mehr, können ihr zusätzli-
che Informationen zu einem Preis von 500 ¥ - (Loyalität
x 100 ¥), mindestens aber 100 ¥, pro zusätzlichem Rang
entlockt werden.
Falls die Spielercharaktere sich bei allen ihren Connec-
tions umgehört haben und ihnen immer noch wichtige
Informationen fehlen, können sie eine Connection bitten,
sich umzuhören. In diesem Fall legt die Connection eine
Ausgedehnte Probe auf Einfluss + Einfluss (20 Minuten)
ab. Zusätzliche Informationen kosten in diesem Fall 1.000
¥ - (Loyalität x 100 ¥), mindestens aber 200 ¥.

Eine Handlung Matrixsuche (SR5, S. 238) kann eben-
falls verwendet werden, um Informationen aus den fol-
genden Tabellen zu sammeln, indem die angegebenen
Schwellenwerte und Suchzeiträume verwendet werden.
DIE CHEMICAL BOYZ
Passende Connections: Gangmitglieder, Gangbosse,
Squatter, Barkeeper
Schwellen- Suchzeit-
Information
wert raum
0 – Verpiss dich, ich verkauf dir
keine Drogen!
1 1 Minute So ein Haufen Wichser oben
im Norden. Sie hängen in ei-
ner Kaschemme namens The
Hole rum.
2 5 Minuten Ein paar von denen sind ganz
gute Billard-Spieler und ziem-
lich stolz darauf. Ich hab mal
zwei Große gegen einen der
Typen verloren. Glücklicherwei-
se hatte ich das Geld dabei, die
hätten das sonst aus mir her-
ausgeprügelt.
3 30 Minuten Das sind bloß ein paar kleine
Gauner. Als Alexej und die
Horde hier alles plattgemacht
haben, haben sie den Schwanz
eingekniffen. Heute zahlen sie
ihm Schutzgeld. Aber sprich
sie bloß nicht darauf an – da-
rauf sind sie nicht stolz.
4 2 Stunden Als Schläger sind sie durch-
aus zu gebrauchen. Solange
sie ihr Revier nicht verlassen
müssen, nehmen sie eigent-
lich jeden Job an.
5 6 Stunden Ihr Anführer nennt sich Oger
und ist völlig durchgeknallt. Ir-
gendwie ist er an ein paar Gas-
granaten rangekommen, und
jetzt schmeißt er die bei jeder
sich bietenden Gelegenheit –
ob seine eigenen Jungs dabei
was abbekommen, ist ihm voll-
kommen egal.
MIGUEL GARZA
Passende Connections: Barkeeper, Journalist, Sportfans,
Spieler
Schwellen- Suchzeit-
Information
wert raum
0 – Spielt der nicht für die Screa-
mers?
1 1 Minute Der hat mal geboxt. Sid hat ihn
promotet. Seit Billy the Beast
ihn K.O. geschlagen hat, ist er
raus aus dem Ring.
>> WÄHREND DIE STADT SCHLÄFT <<
Schwellen- Suchzeit-
Information
wert raum
2 5 Minuten Er sucht seitdem nach einem neu-
en Manager, aber bisher hat er
kein Glück gehabt. Ich hab gehört,
er hat irgendeine Scheißstelle als
Autowäscher.
3 30 Minuten Das Dreckschwein schlägt seine
Frau vor den Augen seines Kin-
des. Dem haben sie doch das
Hirn rausgeprügelt.
4 2 Stunden Seine Niederlage gegen das
Beast war irgendwie nicht ganz
koscher. Er hat später noch ir-
gendwas von Schiebung ge-
sagt. Ich könnte mir vorstellen,
dass er immer noch sauer auf
Sid ist.
5 6 Stunden Ich bin froh, dass der nicht mehr
im Boxring steht. Wenn ich
richtig informiert war, war der
bis Oberkante Unterlippe mit
allem Möglichen aufgemotzt.
Woher er das Geld wohl hatte?
Ich wette mein Kommlink, dass
er irgendjemandem noch was
schuldet. Ich hoffe für ihn, dass
er außer Chrom und Kampfdro-
gen noch irgendein anderes Ass
im Ärmel hat, sonst kriegt er
garantiert bald Besuch von ein
paar großen Leuten in schlecht
sitzenden Anzügen, die ihre Cy-
berware zurückwollen.
LEO MCCASKILL
Passende Connections: Journalist, Mafia-Schläger, Ma-
fia-Capo, Hacker, Kriminelle, jeder, der am organisierten
Verbrechen interessiert ist
Schwellen- Suchzeit- Information
wert raum
0 – Ein Gebrauchtwagenhändler
in Joliet. Da habe ich mir einen
brandneuen Jackrabbit ganz bil-
lig geschossen. Für einen Hun-
derter kriegst du die Adresse.
1 1 Minute McCaskill? Das ist doch der
Pate von Milwaukee. Glaube
ich.
2 5 Minuten Ein alter Mafiaboss wie aus dem
Lehrprogramm. Früher war er
der Capo von Milwaukee, aber
nachdem die CZ eingerichtet
wurde, hat er auch einen Teil
von Chicago übernommen.
3 30 Minuten Er hat sich vor einiger Zeit aus
gesundheitlichen Gründen zu-
rückgezogen.
<< BEINARBEIT 41
>> WÄHREND DIE STADT SCHLÄFT <<

RICHARD BRYSON
Passende Connections: Hacker, Mafiaschläger, Mafia-Capo, Journalist

Schwellen- Suchzeit-
Information
wert raum
0 – Das war doch irgend so ein britischer Millionär. Ich dachte, der wäre tot?
1 1 Minute Bryson? Arbeitet der nicht als Mafia-Hacker?
2 5 Minuten Der arbeitet schon seit langer Zeit als Sicherheitsspinne für die Mafia. Ich hab gehört, er habe sich
zur Ruhe gesetzt.
3 30 Minuten Er arbeitet als Sicherheitsfachmann für den alten Leo McCaskill oben im Norden der Stadt
und wohnt da auch.
4 2 Stunden Ist wohl ziemlich langweilig, für einen alten Mann zu arbeiten, der an lebenserhaltenden
Systemen hängt. Bryson hängt oft bei illegalen Kämpfen herum. Er schläft sowieso nie, er
leidet nämlich unter Schlaflosigkeit.
5 6 Stunden Angeblich hat er irgendeine spannende Information, was bei diesem Kampf damals wirklich
passiert ist, bei dem das Beast Garza K.O. geschlagen hat. Ein Vögelchen hat mir gezwitschert,
dass er Sids Konkurrenten mit irgendwelchen Andeutungen heißgemacht hat. Vermutlich will
er bloß ein bisschen Geld rausschlagen. Geschäft ist Geschäft, stimmt’s?

HAUPTDARSTELLER
RICHARD BRYSON
Ein kleiner Sicherheitshacker, der bei dem ehemaligen Ma- RICHARD BRYSON
fiapaten Leo McCaskill wohnt und für ihn arbeitet. Bryson K G R S W L I C EDG ESS
verbringt den größten Teil seiner Zeit damit, sich alte Auf- 3 2 3 2 5 6(8) 5 2 5 4,35
zeichnungen von Sportveranstaltungen anzuschauen, und Initiative 8 + 1W6
manchmal verlässt er auch sein Haus, um sich ein solches Matrix-
Event live anzugucken. Nachdem er in Infrarot gesehen hat, 9 + 3W6 (+4W6 mit heißem Sim)
Initiative
was wirklich beim Kampf Barlow gegen Garza passiert ist, Zustands-
hat er die Aufnahmen fein säuberlich editiert und beschlos- 10/11
monitor (K/G)
sen, sie zu verkaufen. Bryson gibt sich Mühe, für McCaskill Limits Körperlich 4, Geistig 8(9), Sozial 5
gute Arbeit zu leisten, aber er möchte einen anderen Job und Panzerung 9
sucht nach einer Möglichkeit, einen Ersatz für sich zu finden, Programmiergenie (Eiliges Hacken), Vertrautes Terrain
ohne irgendwelche Traditionen der Mafia zu verletzen. Vorteile
(McCaskill-Host)
Nachteile Feindliche Geister (Tiergeister), Schlaflosigkeit (15)
SID GAMBETTI Athletik-Fertigkeitsgruppe 2, Computer 5, Elektronische
Aktions- Kriegsführung 5, Hacking (Geräte) 6 (+2), Hardware 4,
Sid arbeitet als kleiner Box-Promoter für Matt Wrath, aber fertigkeiten Matrixkampf 6, Schnellfeuerwaffen 2, Software 3, Waf-
er will selbst weiter nach oben und diesen Job bei größeren fenloser Kampf 2
Kämpfen machen. Er hat viele Connections in der Stadt, Wissensfer- Boxen 4, Chicago 5, Decker-Treffpunkte 4,
aber noch nicht allzu viel Einfluss. Er hofft, dass er sich da- tigkeiten Sicherheitsprozeduren 5, Überwachungstechniken 5
durch einen Namen machen kann, dass die Shadowrun- Sprach-
ner, die er gelegentlich für Jobs anwirbt, Erfolg haben. Sid Englisch M
fertigkeiten
ist ziemlich schmierig, aber er ist clever und hat in diesem Cyberaugen [Stufe 3; Blitzkompensation, Infrarotsicht,
schwierigen Gewerbe bis heute überlebt. Restlichtverstärkung, Smartlink], Cyberdeck [Shiawase
Sid ist ein kleiner Mensch, dem langsam die Haare Bodytech Cyber 5; Gerätestufe 5, Attributanordnung 8 7 6 5, Pro-
ausfallen. Er versucht sehr unzulänglich, das mit einem gramme 5], Datenbuchse, Interner Lufttank 1, Fingerkup-
Pferdeschwanz zu kaschieren. Er trägt meistens billige penbehälter; Zerebralbooster 2
Anzüge, trinkt billigen Whisky und raucht noch billigere Ausrüstung Gefütterter Mantel [9], 3 Optische Chips
Zigarren – Sid sieht so aus, wie man sich einen windigen Aufspüren, Ausnutzen, Babymonitor, Biofeedback, Bio-
Geschäftsmann vorstellt. Er hat eine verchromte Daten- feedback-Filter, Editieren, Entschlüsselung, Gabel, Ham-
buchse in der linken Schläfe, trägt einen großen, falschen Programme mer, Irreführung, Konfigurator, Panzerung, Schmöker,
Diamantstecker im Ohr, hält meistens sein Kommlink in ei- Signalreiniger, Tarnkappe, Toolbox, Verschlüsselung,
ner Hand und eine übelriechende Zigarre in der anderen. Virtuelle Maschine
Einfluss: 3 Ingram Smartgun X [MP | Präz. 4(6) | Schaden 8K | DK
Loyalität: zu Beginn maximal 4 -4 | SM/AM | RK 2(3) | 32(s) | Ausziehbare Schulter-
Waffen
Zitat: „Meine Damen, meine Herren, ich bin sicher, stütze, Gasventil 2, Schalldämpfer, Smartgunsystem;
dass wir uns friedlich einigen können. Sie verstehen?“ APDS-Munition]

42 HAUPTDARSTELLER >>
 >> WÄHREND DIE STADT SCHLÄFT <<

MIGUEL GARZA
Der frühere illegale Boxer und Arenakämpfer hat seine
große Chance verpasst, als er in einem Kampf, den Sid
vermarktet hatte, nach Absprache zu Boden gegangen
ist, um bei einer Wette Geld zu gewinnen. Seitdem setzt
Sid ihn nur noch als denjenigen ein, der in einem knap-
pen Kampf zu Boden geht – bis zu dem Kampf mit Barlow.
Dieses Match, beschloss Garza, würde er nicht verlieren.
Um sich auf diesen Kampf vorzubereiten, lieht er sich von
Kredithaien Geld und motzte sich ordentlich auf. Da er
nicht mehr daran glaubte, dass er es noch in den Profibe-
reich schaffen würde, kaufte er einigermaßen unauffälli-
ge Cyberware und Bioware und begann mit dem Training.
Um sich einen zusätzlichen Vorteil zu verschaffen, nahm
er Kampfdrogen, von denen er prompt abhängig wurde.
Er fühlte sich dank der Drogen unbesiegbar. Aber selbst
mit den Drogen war er nicht stark genug für Sids Taser,
nachdem er einige Runden lang einiges an Schlägen ein-
gesteckt hatte.
Nach dem Kampf wusch Sid Garza ordentlich den
Kopf, zahlte ihm, was er ihm noch schuldig war, und setz-
te ihn auf die Straße. Garza ist mit seiner Freundin in den
Westen der Stadt gezogen und versucht seitdem, es Sid
heimzuzahlen.

SID GAMBETTI MIGUEL GARZA

K G R S W L I C EDG ESS K G R S W L I C EDG ESS
3 3 3 2 5 3 5 4 4 5,5 5(+2) 4(7) 5(8) 6(9) 3(4) 2 4(3) 3 5 1,5
Initiative 8 + 1W6 Initiative 9(12) + 1W6
Zustands- Zustands-
10/11 11/10
monitor (K/G) monitor (K/G)
Limits Körperlich 4, Geistig 6, Sozial 7 Limits Körperlich 8(11), Geistig 4, Sozial 4
Panzerung 6 Panzerung 4
Bodenfahrzeuge 1, Computer 3, Einschüchtern 5, Erste Vorteile Zähigkeit
Aktions- Hilfe 4, Fälschen 4, Fingerfertigkeit 6, Gebräuche (Stra- Nachteile Abhängigkeit [Schwer, Kamikaze]
fertigkeiten ße) 5 (+2), Schleichen 3, Schlosser 4, Überreden 5, Ver- Aktions- Athletik-Fertigkeitsgruppe 5, Einschüchtern 3, Knüppel
handlung (Feilschen) 6 (+2) fertigkeiten 3, Pistolen 3, Waffenloser Kampf 8(9), Wahrnehmung 6
Wissensfer- Glücksspiel (Sport) 7 (+2), Recht (Vertragsrecht) 4 (+2), Wissens-
Chicago 5, Drogendealer 4, Kredithaie 3, Urban Brawl 5
tigkeiten Sport (Untergrundkämpfe) 7 (+2), Straßengerüchte 4 fertigkeiten
Sprach- Sprach-
Englisch M Englisch 5, Spanisch M
fertigkeiten fertigkeiten
Audioverbindung, Bildverbindung, Datenbuchse, Komm- Kompositknochen [Aluminium], Reaktionsverbesserung
Bodytech
link [Gerätestufe 6] Bodytech 3; Muskelstraffung 3, Muskelverstärkung 3, Orthoskin 4,
DocWagon-Vertrag (Gold), Kommlink [Renraku Sensei; Reflexrekorder (Waffenloser Kampf), Schmerzeditor
Ausrüstung Gerätestufe 3; soll sein implantiertes Kommlink tarnen], Ausrüstung Shorts
Panzerkleidung [6] Waffenlos [Waffenlos | Präz. 11 | Reichweite – | Schaden
Waffen
11K | DK –]

<< HAUPTDARSTELLER 43
SH A D O W R U N

RISKIER
MAL WAS!
Ist rein geschäftlich
VON STEVEN „BULL“ RATKOVICH

Wenn man in diesem Gewerbe einen Auftrag angeboten bekommt, lehnt man nicht ab – schon gar nicht, wenn es ein
eiliger Auftrag ist. Denn ein eiliger Auftrag wird besser bezahlt. Ich schickte den anderen aus der Gang eine Nachricht,
dass sie mich im Purple Pig in der Zone treffen sollten. Ich hasse die Gegend; ich hab jedes Mal Angst, dass meine
Dinger von der Strahlung verschrumpeln, aber ich hab ja schon gesagt, dass man einen Auftrag nicht ablehnt. Die Rech-
nungen müssen auch bezahlt werden, wenn es keinen Mr Johnson und keine Belohnung gibt.
Ich schaute mal schnell im NooseNet in der Matrix vorbei, um zu sehen, worauf ich mich beim Pig einließ. Scheint
ein ziemlich abgehobener Laden zu sein, obwohl die glühende Grube in Cermak und das spukende Höllenloch der
Shattergraves ganz in der Nähe liegen. Aber eigentlich hat sich jedes Restaurant, das in der CZ überlebt, einen Goldstern
verdient. Ein paar alte Säcke haben mir erzählt, dass man damals wegen einer Kakerlake in der Küche keine Probleme
mit dem Gesundheitsamt bekam – man bekam Besuch von ein paar Jungs von Ares, und die hatten Flammenwerfer und
Sprengstoff dabei.
Die Grenzübergänge in die Zone sind kaum bewacht. Klar. Niemanden interessiert, ob du da reingehst, aber man
will alles wissen, wenn du wieder rauskommst. Ich gebe den Jungs vom Star beim Rauskommen immer ein paar Nuyen
in bar, damit sie mir nicht das letzte Hemd ausziehen. Ist schon nervig, aber ich kann es ihnen nicht verdenken. Deren
Rechnungen müssen auch bezahlt werden. Seit der Bürgermeister diese „Take Back the Night“-Kampagne am Laufen
hat, sind die Straßen ganz schön sauber geworden, das ist schon mal gut. Als ich zum allerersten Mal in der CZ war,
waren die Schlaglöcher so riesig, dass sich ein Behemoth bequem darin hätte verstecken können, die Straßen waren
ein Labyrinth aus zerstörten Autos, und die Straßengangs hatten überall Barrikaden aufgebaut. Ich habe eine Stunde
gebraucht – pro Häuserblock. Die Schlaglöcher gibt es immer noch, und hier und da gibt es Straßensperren, wo man
Schutzgeld für den Weg abkassiert, aber es ist lange nicht mehr so schlimm.
Beim Pig parke ich mein Motorrad und gehe rein, nachdem ich das Alarmsystem auf Nummer vier, „leicht angebra-
ten“, programmiert habe. Die Süße beim Scanner fragt mich nach Waffen, und ich gebe sie ihr. Von draußen sieht es
nicht nach viel aus, aber der Ort ist sauber und gut in Schuss, und der Waffenscanner sieht hochwertig aus. Außerdem
ist das ein Familienunternehmen, da erwarte ich sowieso kaum Ärger, also gebe ich meinen Colt und mein Cougar Fine-
blade ab, werde hineingebeten und schaue mich um.
Kacke! Ich hätte meine Waffen behalten sollen. Ich hätte gleich größere mitbringen sollen.
An der Bar steht ein Troll im Schottenrock, den ich kenne. Angus. Er ist ein richtiger Bastard, und wir können einander
nicht ausstehen. Ich hab zwei Mal mit ihm zusammengearbeitet und es beide Male bereut. Er hat eine neue Mannschaft
– sie sitzen neben ihm an der Bar.
Ein paar Tische weiter sitzt Trashmouth, ein Zwerg, den ich kenne, und die Jungs, mit denen er seine Runs erledigt.
Ich kenne ihn kaum und hab keinen Stress mit ihm, aber er glotzt mich so auffällig an, dass ich nervös werde. Ich erkenne
noch ein paar andere Gruppen in kleinen Nischen und an Tischen, aber keine Freunde. Das gefällt mir nicht.
Dann sehe ich sie. Platinblonde Haare, Kurven, für die ein Mann mordet, und diese Lippen. Mist, verdammter! Das
ist doch nicht wahr. Was macht die denn hier? Vixen und ihre Mädels. Das Gesicht will ich wirklich nicht sehen. Eigent-
lich doch. Manchmal träume ich noch von ihr. Aber nach unserem letzten Mal … immerhin beruht es auf Gegenseitig-
keit. Wir sind beide nicht glücklich darüber, dass wir beide hier sind.
In diesem Restaurant gibt es einiges an Talenten, und viele sind richtig gut. Ich gehe in die Sitzecke, wo Josh und
Wrecker sich hingefläzt haben, und lasse mich seufzend fallen. Konkurrenz. Konkurrenz bedeutet, dass wir schlechter
bezahlt werden und dass wir den Auftrag vielleicht gar nicht bekommen. Ich hasse mein Gewerbe.

44 HAUPTDARSTELLER >>
DIE MISSION IM ÜBERBLICK
Vor zwanzig Jahren war Yamatetsu, das heutige Evo, im
spannenden neuen Feld von Genforschung und Bioware
ganz vorn mit dabei und bekam daher viel unwillkomme-
nen Besuch von Shadowrunnern. In Anlehnung an die
Vorsichtsmaßnahmen des AA-Konzerns Proteus verlegte
Yamatetsu viele seiner Forschungseinrichtungen auf ein-
same Inseln oder, wo es möglich war, unter Wasser. For-
schungseinrichtung Nummer 42, Ryugo-jo, lag im Michi-
gansee vor der Küste Chicagos, als die Bugs ausgebombt
wurden. Die Forschungseinrichtung war zwar nie direkt
von den Insektengeistern betroffen, aber die Nuklearex-
plosion direkt vor ihren Toren und die nachfolgende Qua-
rantäne führten dazu, dass man das Projekt stilllegte.
Derzeit läuft Projekt Rückgewinnung: Konzerne holen
sich ihr Land und andere Ressourcen zurück, die wegen
der Mauer bis jetzt unzugänglich waren. Evo hat im Zuge
dessen herausgefunden, dass seine Forschungseinrich-
tung immer noch existiert. Der Konzern schickt deshalb
ein kleines Team dorthin, das untersuchen soll, welchen
möglichen Nutzen sie noch haben könnte. Unglücklicher-
weise bekam ein Maulwurf bei Evo diese Information in
die Finger, bevor sie innerhalb des Konzerns weitergege-
ben werden konnte, und hat sie an verschiedene Konkur-
renten wie Renraku und Saeder-Krupp verkauft. Da sich
hier nur für sehr kurze Zeit eine gute Gelegenheit bietet,
hat sich Sarah Silverleaf entschlossen, das Wettrennen
gegen Evo zu gewinnen. Silverleaf ist eine Ms Johnson in
Chicago, die die Interessen von Renraku vertritt. Sie heu-
ert ein Team von Shadowrunnern an, das rasch in die For-
schungsstätte eindringen und so viele Informationen und
Daten wie möglich beschaffen soll.
Das Abenteuer beginnt damit, dass ein Treffen des
Teams mit Sarah vereinbart wird. Dabei stellen die Runner
fest, dass sie nicht die einzigen sind, die sich um diesen
Auftrag bewerben. Außerdem tritt Simon Andrews, ein
echsenartiger Transformierter, der für Saeder-Krupp ar-
beitet, an die Runner heran und bietet ihnen an, ebenfalls
Informationen von ihnen zu kaufen.
Beim Gespräch mit Sarah Silverleaf erhält das Team ei-
nen groben Überblick über den Auftrag und wird gründlich
befragt, wobei ihre Reaktionen sehr ins Gewicht fallen. So-
bald das Gespräch beendet ist, werden sie aus dem Raum
geschickt – und bekommen wenige Augenblicke später
die Mitteilung, dass sie den Auftrag erhalten. Während die
anderen Teams verschwinden, erhalten die Spielercharak-
<< DIE MISSION IM ÜBERBLICK
tere ein zweites, deutlich genaueres Einsatzgespräch mit
allen nötigen Informationen. Außerdem machen sie die
Bekanntschaft von Goober, einem zwergischen Schmug-
gler, dessen Mitarbeit dem Team für einen Anteil an ihrem
Geld angeboten wird. Jetzt haben die Runner noch genau
24 Stunden, um den Auftrag abzuschließen.
Da sie erst jetzt erfahren haben, dass es unter Wasser
geht, erhalten sie Gelegenheit zum Einkaufen. Falls sie
nicht mit Goober zusammenarbeiten wollen, können sie
sich auch ein eigenes Boot oder einen eigenen Kapitän
mieten. Die Auswahl ist begrenzt, da die Zeit drängt, aber
sie sollten sich in relativ kurzer Zeit im Besitz der grund-
sätzlich notwendigen Ausrüstung befinden. Danach tref-
fen sie sich am Hafen, und der Einsatz beginnt.
Bei Forschungseinrichtung Nummer 42 angekommen,
stellen die Runner rasch fest, dass sie beschädigt und nicht
mehr betriebsfähig ist, und untersuchen die Lage. Die
Zentrale liegt in Trümmern und bringt kaum weiterführen-
de Informationen. Dort finden die Runner einen blinden
Passagier – eine Frau namens Otoko. Das ist schon des-
wegen seltsam, weil ein Mensch hier nicht ohne Weite-
res hätte überleben können. Das führt zu weiteren Fragen
und schließlich zu dem Ergebnis, dass das zweite Gebäu-
de weniger zerstört ist als das erste und dass sich dort
erstaunlicherweise noch einer der Wissenschaftler von
damals befindet. Die Runner müssen irgendwie zum zwei-
ten Gebäude gelangen. Spätestens dort stoßen sie auf die
Merrows, die die Anlage für sich beanspruchen. Wenn die
Runner die Verhandlungen geschickt führen, nimmt man
sie zum Häuptling der Merrows mit und stellt sie Dr. Uras-
hima vor, dem Projektleiter von Einrichtung Nummer 42,
der zurückblieb, als der Mutterkonzern die Anlage aufgab.
Er lässt sich dazu überreden, den Spielercharakteren sei-
ne Forschungsergebnisse zu überreichen, bittet sie aber
im Gegenzug freundlich darum, dass sie niemandem von
den Merrows hier erzählen mögen, die ihn aufgenommen
haben.
Sobald die Runner die Merrows verlassen, stoßen sie
auf Agenten von Saeder-Krupp und müssen flüchten oder
kämpfen. Anschließend können sie sich entscheiden, an
wen sie die Forschungsergebnisse verkaufen wollen –
oder ob sie auf das Geld verzichten. Nass und erschöpft
kommen sie wieder an die Wasseroberfläche, froh, noch
am Leben zu sein. Das bringt der Beruf als Shadowrunner
eben mit sich, Chummer.
45
>> RISKIER MAL WAS! <<
SZENE 1: MIT STIL UND SCHICK IM PURPLE PIG
AUF EINEN BLICK
Sid Gambetti teilt den Runnern telefonisch mit, dass Sa-
rah Silverleaf einen sehr eiligen Job hat. Er braucht sofort
ein Team. Wenn die Runner Interesse haben, sollen sie in
wenigen Stunden im Purple Pig sein. Allerdings sind die
Runner nicht die einzigen Kandidaten für diese Aufgabe
– Sid hat gehört, dass Sarah mit mehreren anderen Teams
Bewerbergespräche führen wird, deshalb bittet er die Run-
ner darum, sich möglichst gut zu benehmen und nichts
Dummes zu tun.
SAG’S IHNEN INS GESICHT
Kann man nicht mal eine Nacht frei haben? Ein paar lecke-
re Aztex-Mex-Meltdown-Soydawgs, ein paar kalte Fizzy-
goo-HiProof-Bierchen und eine krachende Niederlage der
Chicago Sensations gegen Cleveland Chaos im neuesten
Urban-Brawl-Spiel – denn sehen wir den Tatsachen ins
Auge, die Sensations würden in dieser Saison auch gegen
ein paar zufällig ausgewählte Squatter und Straßenbengel
verlieren. Das wäre doch mal ein schöner Abend. Aber
nein, du kriegst keinen Feierabend. Dein Kommlink summt,
und ein örtlicher Schieber namens Sid Gambetti ist dran:
„Grüß dich, Chummer, ich hab was Gutes für dich! Sa-
rah Silverleaf sucht nach einem Team, das irgendeinen Job
erledigt“, ruft er ins Telefon. Er arbeitet wohl gerade in sei-
nem Hauptberuf als Untergrund-Boxpromoter, denn im
Hintergrund hörst du das Johlen einer Menschenmenge.
„Der Zeitplan ist ein bisschen eng, und ihr wärt auch nicht
die einzigen, denen der Job angeboten wird. Wenn ihr Inte-
resse habt, kommt innerhalb der nächsten vier Stunden zu
der Adresse, die ich euch schicke. Und benehmt euch, so
gut ihr könnt – ich hab sie ziemlich heiß auf euch gemacht.“
WENN DIE RUNNER
INS PURPLE PIG KOMMEN:
Das Purple Pig hat die Jahre der Quarantäne und des Cha-
os in Chicago mit überraschend viel Würde überstanden,
obwohl es einiges abbekommen hat. Das Restaurant hat
als eine der wenigen Bastionen von zivilem Benehmen
Jahre der Unruhe überstanden und lediglich einige Nar-
ben davongetragen. Jetzt, da das Leben in die Stadt zu-
rückkehrt, kann man den Laden leicht übersehen, denn
die glänzenden neuen Restaurants und ihre Angebote
nach der allerneusten Mode überstrahlen sie. Aber dem
Pig scheint es gut zu gehen. Es hat treue Angestellte – die
ganze Belegschaft wirkt fast wie eine Großfamilie. Und
in dieser gemütlichen Atmosphäre waren Shadowrunner
stets willkommen, solange sie sich benehmen.
Ein bunt bemaltes hölzernes Zeichen, das so altmo-
disch ist, dass es schon wieder nach Vintage aussieht,
schwingt über der Tür, und das Pig heißt euch mit dem
herzhaften Geruch echten Fleisches willkommen; ihr fragt
euch unwillkürlich, was das wohl kosten wird. Eine Ange-
stellte an der kleinen Garderobe am Eingang bittet euch
um eure Waffen und gibt euch dafür Marken, gegen deren
Vorlage ihr sie später zurückerhaltet. Dann bittet man euch
hinein. Das Restaurant ist in den letzten Jahren größer ge-
46 SZENE 1: MIT STIL UND SCHICK IM PURPLE PIG >>
worden – es hat in der wilden Zeit mehrere Nachbarhäuser
geschluckt. Aber es herrscht immer noch eine behagliche
Atmosphäre mit gedämpftem Licht und Tischen, die so
eng beieinanderstehen, dass Trolle es nie ganz bequem
haben werden. Sid hat euch eine kleine Nische reserviert,
zu der man euch führt, und er schickt euch ein Ping auf
eure Kommlinks, gerade als ihr euch hinsetzt: „Sarah Sil-
verleaf ist noch mit einem anderen Team beschäftigt, das
wird wohl noch ein bisschen dauern. Ihr habt vermutlich
Zeit für eine Vorspeise, aber haltet euch bereit. Ich weiß,
dass ihr Profis seid, aber für die anderen Teams überneh-
me ich keine Garantie.“
Ihr seht um euch herum viele halb bekannte Gesichter.
Mindestens fünf weitere Teams bewerben sich um diesen
Auftrag, jeder behält jeden im Auge, und das Restaurant
scheint vor unterdrückter Anspannung zu vibrieren.
HINTER DEN KULISSEN
Das Purple Pig hat einen Waffendetektor der Stufe 5 am
Eingang; wenn jemand dabei erwischt wird, dass er Waffen
ins Restaurant schmuggelt, erhält er heute Abend keinen
Zutritt. Das gilt auch für Klingenwaffen und Sprengstoffe.
DAS PURPLE PIG
500 N Michigan Avenue
Das Pig ist eine mittelgroße, gehobene Fressbude mit einer
ausgezeichneten Weinkarte und damit genau die Art von Eta-
blissement, die sich ein Pärchen der Mittelklasse zu einem
runden Jahrestag oder der Vizepräsident eines Unternehmens
zum Mittagessen leistet. Wer offensichtlich nicht zu dieser
Einkommensklasse gehört, hat es manchmal schwer, hinein-
zukommen, allerdings haben die Besitzer mit vielen Schie-
bern eine Vereinbarung getroffen, sodass sich hier öfter mal
Shadowrunner treffen. Eines der drei privaten Hinterzimmer
ist meist monatsweise für irgendeinen Johnson reserviert.
Wer ein Leben in der Mittelklasse oder höher führt, kann sich
ein Essen hier leisten. Wer weniger verdient, hat eine größe-
re Ausgabe vor sich: Die billigste Vorspeise kostet 30 Nuyen,
das billigste Hauptgericht 60 Nuyen, und die teuersten Spei-
sen kosten deutlich mehr. Es gibt echtes Schweinefleisch, das
auf verschiedenste Weise zubereitet wird, das billigste Gericht
kostet 75 Nuyen. Die Auswahl an Weinen und Käse ist viel grö-
ßer, als man erwarten würde, was auch viele Angehörige von
Großkonzernen dazu bringt, ihre Geschäftspartner hierher ein-
zuladen.
> Bevor die Bugs Chicago angegriffen haben, habe ich meine
Frau manchmal dahin eingeladen – das war so ein kleiner
Luxus, den wir uns leisten konnten. Wenn ich mir überlege,
wie nahe das Haus sowohl an den Shattergraves als auch
am Cermak-Krater liegt, wundere ich mich schon sehr, dass
es nicht nur überlebt hat, sondern auch noch richtig gut
läuft.
> Bull

Sid Gambetti ist an diesem Job nicht beteiligt, sondern
nimmt nur die Vermittlerrolle ein. Wenn die Runner mehr
von ihm wissen wollen, lacht er und antwortet: „Ich weiß
nur, dass das Ding heiß wie eine Kernschmelze ist. Aber
ich bin nicht wie ihr, ich kann so etwas nicht mal mit der
Kneifzange anfassen, wenn ihr versteht, was ich meine.
Ich bin hier wirklich nur der Mittelsmann.“ Falls die Run-
ner Sid allerdings ein paar Nuyen extra anbieten, damit er
ebenfalls dort erscheint, wird er nicht nein sagen, obwohl
er bereits von Sarah Silverleaf Geld bekommt.
Im gesamten Restaurant befinden sich ungefähr hun-
dert Gäste, von denen mehr als die Hälfte Runner sind.
Das ist ein großer Teil von Chicagos Shadowrunnern. Die
Bedienung ist höflich und schnell, und obwohl sich die
Spannung im Raum mit Händen greifen lässt, gehen alle
aufmerksam ihrer Arbeit nach. Diese Leute haben zwanzig
Jahre in der CZ verbracht, da versetzt sie ein Raum voller
Shadowrunner nicht gleich in Panik. Das Essen duftet un-
glaublich verführerisch, aber ein Blick auf die Preise mag
die Runner dazu bringen, ein Wasser mit einem Spritzer
Zitrone zu bestellen und sich die billigste Vorspeise auf
der Karte zu teilen, denn die kostet immer noch 30 Nuyen.
Die meisten Gerichte kosten zwischen 60 und 75 Nuyen
für frische, importierte Steaks aus echtem Fleisch und über
100 Nuyen für Meeresfrüchte.
SARAH SILVERLEAF
Wie Sid erwähnt hat, befasst sich Sarah Silverleaf gerade
mit einem anderen Team, den Silver Vixens, einer nur aus
Shadowrunnerinnen bestehenden Gruppe, die ihre Arbeit
aufnimmt und sie später als spannende Sims veröffent-
licht. Sie sind das fünfte Team, das Sarah Silverleaf in die-
ser Nacht interviewt, und nach den Spielercharakteren hat
sie noch ein weiteres Team vor sich.
Alle Runner hier benehmen sich einigermaßen unauf-
fällig, behalten aber die anderen im Auge. Das Purple Pig
ist neutraler Boden, und niemand will bei Silverleaf einen
schlechten Eindruck hinterlassen, also sucht niemand Är-
ger. Bissige Kommentare fliegen aber nur so durch den
Raum. Wenn die Spielercharaktere andere Runner ärgern,
fangen sie sich nichts Schlimmeres ein als eine deutliche
Ermahnung, sich um ihren eigenen Dreck zu kümmern.
Mehr als ein paar vor die Brust gestoßene Zeigefinger soll-
te es hier eigentlich nicht geben, es sei denn, die Spieler
entscheiden, dass ihre Charaktere ein paar Konkurrenten
ausmerzen sollen.
SIMON ANDREWS
Dieser hochinteressante Zeitgenosse stellt sich den Run-
nern vor, nachdem diese bestellt, aber bevor sie ihre Spei-
sen und Getränke bekommen haben. Es ist möglich, dass
die Spielercharaktere Simon schon mal begegnet sind. Er ist
ein 1,80 Meter großer Eidechsentransformierter, der aus-
sieht, als wäre er das Kind einer Liebesbeziehung zwischen
Johnny Rotten und einem Drachen. Er entschuldigt sich für
die Störung, stellt sich als Simon Andrews vor und bietet
dem Team eine weitere Verdienstmöglichkeit an. Er weiß
zwar nicht, ob Sarah Silverleaf sie auswählt, aber falls sie
den Job bekommen, können sie noch etwas mehr Geld ver-
dienen. Wenn sie bereit sind, aufzunehmen und zu berich-
ten, was sie bei Sarahs Mission finden, und ihm Kopien da-
<< SZENE 1: MIT STIL UND SCHICK IM PURPLE PIG
>> RISKIER MAL WAS! <<
von übergeben, bekommen sie von ihm 3.000 Nuyen pro
Person. Wenn sie bereit sind, eventuelle Dateien und For-
schungsergebnisse oder Ähnliches vollständig zu kopieren
und ihm die Kopien zu übergeben, zahlt er weitere 3.000
Nuyen pro Person. Und falls sie ihm funktionsfähige oder
wenigstens aussagekräftige Prototypen oder in vergleich-
barer Weise funktionsfähige Kopien von dem mitbringen,
was sie untersuchen sollen, verspricht er ihnen einen wei-
teren Bonus – dessen Höhe wäre dann abhängig vom Wert
des oder der Prototypen. Und all diese Zahlungen stehen
natürlich unter dem Vorbehalt, dass die Runner Sarah Sil-
verleaf nichts über dieses kleine Zusatzgeschäft erzählen.
„Das ist kein Verrat an eurem Auftraggeber; ihr könnt
die Aufgabe erledigen und abschließen, und Ms Silver-
leaf bekommt genau das, wofür sie euch bezahlt hat. Ich
bitte euch nur darum, dass ihr Aufnahmen macht und mir
von allen Dateien, die ihr findet, ein Back-up übergebt. Ihr
macht das, was ihr sowieso machen würdet, aber ihr ver-
sorgt zwei Auftraggeber mit Informationen statt nur einer
einzigen. Dementsprechend bekommt ihr natürlich auch
zweimal Geld. Ihr müsst euch gar nicht jetzt entscheiden –
denkt in Ruhe darüber nach. Falls ihr euch entscheidet, da-
rauf einzugehen, ruft ihr einfach diese Kommnummer an.“
Wenn die Runner verhandeln wollen, legen die Spie-
ler eine Vergleichende Probe auf Verhandlung + Charisma
[Sozial] ab. Simon hat für diese Probe einen Würfelpool
von 14 und ein Soziales Limit von 8. Pro Nettoerfolg bie-
tet Andrews ihnen 250 Nuyen zusätzlich an, bis zu einem
Maximum von 8 Nettoerfolgen.
Andrews beantwortet den Runnern noch kurz einfa-
che Fragen, verschwindet aber, bevor ihre Vorspeise auf-
getragen wird. Wenn die Spielercharaktere ihn im Auge
behalten, sehen sie, dass er kurz innehält und mit einer
Kellnerin spricht, wobei seine Hand beiläufig über ihren
Rücken streicht. Ihre Antwort enthält ein eher resigniertes
Kichern. Andrews setzt sich anschließend an einen Tisch
in der anderen Hälfte des Restaurants zu einem ausge-
sprochen attraktiven menschlichen Mann und einer noch
attraktiveren Elfe. Er lehnt sich vor und beginnt, ganz of-
fen mit beiden zu flirten. Als kurz darauf die Silver Vixens
aus einem Hinterraum treten, wirft Vix ihm einen scharfen
Blick zu, dem er standhält, bevor er sich wieder an seinen
Tisch setzt und seine Mahlzeit fortsetzt. Falls immer einer
der Runner ihn im Auge behält, während die anderen sich
nacheinander von Sarah Silverleaf befragen lassen, sieht
man, dass er sich zum Tisch eines anderen Teams begibt,
denen er vermutlich denselben Vorschlag macht.
DAS PERSONAL
Die freundlichen und gut gelaunten Kellnerinnen und Kell-
ner kommen immer wieder an den Tisch, füllen die Glä-
ser auf und überprüfen, ob auch alles in Ordnung ist – es
sei denn, man bittet sie ausdrücklich um etwas Anderes.
Sie haben eine grobe Vorstellung davon, welche Art von
außergewöhnlichem Vorgang hier stattfindet. Für eine
freundliche kleine Bestechung kann man ihnen Informa-
tionen über die anderen Teams entlocken. Allerdings sind
dies Zivilisten, und sie wollen vor allem ihre Bestellungen
abarbeiten und sich ein gutes Trinkgeld verdienen. Da
das Purple Pig auch Familien bewirtet, trägt das Personal
lange Hosen und zugeknöpfte Hemden. Das Personal ist
für Kampfsituationen nicht ausgebildet. Der orkische Bar-
47
>> RISKIER MAL WAS! <<
keeper Logan Crews spielt im Notfall das Schwergewicht,
aber mehr als ein paar Schläge teilt er nicht aus. Wenn je-
mand eine Waffe zieht, drückt er auf den Alarmknopf und
geht in Deckung. Logan verfügt über dasselbe Wissen wie
die Kellnerinnen und Kellner, aber er kann keine Botschaf-
ten überbringen und kriegt nicht ganz so viel mit.
GUCKT JEMAND?
Drei der anderen Runnerteams beobachten die Spielercha-
raktere, um sich irgendwie einen Vorteil ihnen gegenüber
zu verschaffen. Eines der Teams wird von einem Decker na-
mens 8-Ball angeführt, der versuchen wird, sich die Komm-
links der Spielercharaktere anzuschauen. Sketches, der Rig-
ger eines anderen Teams, wird hingegen versuchen, eine
MCT Fly-Spy (SR5, S. 472) an der Decke über der Nische zu
platzieren, in der die Runner sitzen. Die Vixens probieren es
recht direkt, indem sie mit den Runnern flirten. Keiner von
ihnen wird Gegenmaßnahmen persönlich nehmen, die Zer-
störung von persönlicher Ausrüstung wäre aber eine Krän-
kung, die sie zumindest später zurückzahlen wollen würden.
WAFFEN
Alle anderen Runner im Raum haben ihre Waffen abgege-
ben – mit Ausnahme eines großen Trolls namens Angus, der
zwei leichte Pistolen vom Typ Ares Light Fire 70 in Schmug-
gelbehältern in seinen Cyberbeinen hat. Falls hier etwas
schiefläuft, wird er eine der beiden Pistolen Texas zuwerfen,
dem anderen Samurai aus seinem Team. Sonst ist niemand
in der Bar bewaffnet, auch nicht Logan, der Barkeeper.
SZENE 2: GESTATTEN, SARAH SILVERLEAF
AUF EINEN BLICK
Die Runner müssen das Bewerbungsgespräch mit Sarah Sil-
verleaf überstehen und herausfinden, worum es bei diesem
Auftrag überhaupt geht. Das Ganze läuft ein wenig anders
ab als das typische erste Gespräch mit einem Johnson.
SAG’S IHNEN INS GESICHT
Das Essen ist teuer, aber auch gut. Die Gesellschaft hinge-
gen lässt zu wünschen übrig. Ihr seid es gewöhnt, dass man
euch anstarrt, wenn ihr euch in der Öffentlichkeit bewegt.
Normale Menschen kriegen mit, dass ihr gefährlich seid,
und die Bewohner am Rand der Schatten achten sehr ge-
nau darauf, was die anderen Raubtiere machen. Aber das
hier ist doch ein wenig anders – Dutzende von Runnern in
diesem Raum haben ein Auge auf euch und aufeinander. Da
kann man schon nervös werden, obwohl ihr das natürlich
niemals zugeben würdet. Trotzdem wäre es schön gewesen,
ein paar Schusswaffen dabei zu haben. Nur zur Sicherheit.
Ein paar schöne, aber ziemlich tödliche Ladys stolzie-
ren aus dem hinteren Teil des Restaurants heran, als würden
sie über einen Laufsteg gehen. Es sind die Silver Vixens, ein
sehr professionelles Team, das nur aus Runnerinnen be-
steht. Vixen höchstpersönlich bedenkt euch für eine Sekun-
de mit einem stählernen, humorlosen Blick, bevor sie zur
48 SZENE 2: GESTATTEN, SARAH SILVERLEAF >>
KEINE PANIK
Wenn sich so viele konkurrierende Shadowrunner unter
einem Dach befinden, kann es zu Eifersüchteleien kom-
men, oder die berufliche Rivalität eskaliert. Insbesondere
ist den Spielern wahrscheinlich klar, dass es die Chancen
ihrer Runner erhöht, wenn sie die Zahl ihrer Mitbewerber
verringern. Von daher werden einige Gruppen möglicher-
weise versuchen, gegen ihre Konkurrenten vorzugehen.
Die NSCs haben Angst, dass sie nie wieder Aufträge von
Sarah bekommen, wenn sie hier Streit anfangen, und ver-
halten sich so lange friedlich, wie sie nicht angegriffen
werden.
Es gibt insgesamt sechs weitere Teams, die aus je vier
bis acht Mitgliedern bestehen. Wenn die Spielercharakte-
re Streit anfangen, können Sie die Zahl und Art der geg-
nerischen Teammitglieder Ihren Bedürfnissen und denen
Ihrer Gruppe anpassen. Benutzen Sie vorgefertigte Cha-
raktere aus SR5 (S. 112-127) oder aus Schattenläufer (S.
138-145) als Vorlage und passen Sie diese so an, dass die
Figuren es mit den Charakteren Ihrer Spieler aufnehmen
können. Falls es zu einem Kampf kommt und die Runner
der Spieler die Oberhand behalten, will Sarah ihnen im-
mer noch den Auftrag geben, da sie ja das letzte Team
sind, das noch zu gebrauchen ist. Allerdings bietet sie nur
noch die halbe Entlohnung an, und auch eventuelle Boni
durch Proben auf Verhandlung werden halbiert, da sich
das Team in Sarahs Augen wenig professionell verhalten
hat (siehe Szene 2: Gestatten, Sarah Silverleaf). Eventu-
elle Schäden am Purple Pig zieht Sarah den Runnern von
ihrem Honorar ab.
Vordertür herausgeht. Sie strahlen Selbstsicherheit aus, als
ob der Job bereits ihnen gehört. Aber damit könnt ihr euch
nicht aufhalten, denn ein Kellner kommt an euren Tisch und
bedeutet euch, dass nun ihr dran seid. Er wartet, bis ihr auf-
gestanden seid, und führt euch dann in ein Hinterzimmer.
2012ER MONDAVI
Der 2012er Mondavi ist ein Wein aus dem Freistaat Kalifornien.
Er wird ausschließlich aus Trauben gekeltert, die in dem Jahr
gewachsen und gereift sind, in dem die Magie zurückgekehrt
ist. Viele halten ihn in besonderen Ehren, weil sie (fälschli-
cherweise) glauben, dass er mehr Magie enthalte als andere
Weinsorten. Dieser Irrglaube führt dazu, dass dieser Wein we-
sentlich teurer ist als andere im selben Jahr gewonnene Wein-
sorten. Eine Flasche kostet 500 Nuyen. Das zu wissen erfordert
nur einen einzigen Erfolg auf die Wissensfertigkeit Weine oder
die Wissensfertigkeit Haute Cuisine. Wenn ein Runner aller-
dings ausgefallenes zusätzliches Wissen ins Gespräch ein-
bringt, über das er mit drei oder mehr Erfolgen verfügt, kann er
Sarah Silverleaf beeindrucken.

Dieser Raum ist eine noblere Ausgabe des vorderen
Sitzbereichs. An einem einzigen langen Tisch stehen zehn
Stühle. Sarah Silverleaf sitzt in einem davon, und zwei
knüppelharte trollische Leibwächterinnen ihres Konzerns
stehen zu ihren Seiten. Sie überfliegt die Weinkarte, als
die Spielercharaktere hereinkommen, und bestellt eine
Flasche 2012er Mondavi, bevor sie die Runner bittet, Platz
zu nehmen. Sie lässt die AR-Weinkarte mit einer nachläs-
sigen Handbewegung verschwinden und lächelt, als sie
euch anschaut.
„Guten Abend, meine Damen, meine Herren.“ Sie macht
eine kurze Pause und schaut jedem von euch tief in die Au-
gen, wobei sie verführerisch lächelt. „Die meisten von Ihnen
haben schon mit mir zusammengearbeitet, aber für dieje-
nigen unter Ihnen, für die es das erste Mal ist: Mein Name
ist Sarah Silverleaf. Sie könnten mich auch Ms Johnson nen-
nen, denke ich, aber ich finde diesen altmodischen Unfug
mit Tarnnamen schrecklich unpersönlich. Es ist mir außer-
ordentlich wichtig, zu den Spitzenkräften, mit denen ich
zusammenarbeite, eine persönliche Beziehung zu haben.“
Falls einige Ihrer Spieler in Mission Chicago im Abenteu-
er Verdammt lang her die Rose Valley Pharmaceuticals be-
treffende Information an Maggie Goldberg statt an Sarah
Silverleaf verkauft haben, oder an beide, schaut sie diesen
Runnern fest in die Augen und fügt hinzu: „Einige von Ih-
nen haben mich beim letzten Mal nicht sehr nett behan-
delt. Aber zu nützlichen Leuten sage ich gern: vergeben
und vergessen. Deshalb gebe ich Ihnen gern die Chance,
sich zu rehabilitieren.
Ich habe vor kurzer Zeit ein paar Informationen über
ein Stück nicht beanspruchten Landes erhalten, und ich
<< SZENE 2: GESTATTEN, SARAH SILVERLEAF
>> RISKIER MAL WAS! <<
möchte, dass es untersucht wird, bevor ich es tatsächlich
erwerbe. Aber die Zeit drängt, denn ein weiterer poten-
zieller Käufer nähert sich. Ich muss daher wissen, inwiefern
die von mir ins Auge gefasste Anlage noch intakt ist und
ob sie eventuell weitere reizvolle Dinge enthält. In diesem
Fall würden wir handeln, bevor besagter Rivale seinerseits
einen Kaufvertrag abschließt.“
Sie beugt sich nach vorn. „Ich kann Ihnen nichts Genau-
es sagen, bevor Sie sich diesen Job nicht verdient haben.
Sie wissen vermutlich, dass Ihr Team nur eines von sie-
ben ist, mit denen ich mich heute treffe. Wettstreit bringt
auf wunderbare Weise das Beste in Menschen hervor und
motiviert sie zu Höchstleistungen, denken Sie nicht auch?
Ich kann Ihnen verraten, dass ich ein Team benötige, das
unter eher ungewöhnlichen Bedingungen einen Auftrag
innerhalb der kommenden 24 Stunden ausführen und
darüber Stillschweigen bewahren kann. Kommen wir also
zum Interview!“
HINTER DEN KULISSEN
Sarah versucht, die Teams einschätzen zu können. Außer-
dem will sie nicht mehr als nötig bezahlen. Sie engt den
Verhandlungsspielraum der angeworbenen Shadowrun-
ner ein, indem sie ihnen demonstriert, dass sie eine große
Auswahl hat. Sie bleibt aber höflich und erpresst nieman-
den. Sie lässt lieber die Tatsachen für sich sprechen. Nur
wenn die Runner ihrerseits grob beleidigend werden oder
sie bedrohen, weist sie sie gut gelaunt darauf hin.
Während des gesamten Gesprächs ist sie höflich, ver-
spielt und flirtet mit einzelnen Charakteren. Sie sollten
49
>> RISKIER MAL WAS! <<
vor dem Spiel herausgefunden haben, ob einzelne Run-
ner sehr hoch in Silverleafs Gunst stehen (Loyalitätsstufe
3 oder höher) oder ihr im Rahmen des Rollenspiels oder
durch andere Maßnahmen besonders nahe stehen, weil
sie zum Beispiel mit ihr ausgegangen sind oder von ihr
verführt wurden. Zu diesen Runnern ist sie besonders
freundlich und flirtet viel mit ihnen: „Bitte setz dich doch
neben mich. Es ist viel zu lange her, mein Lieber/meine
Liebe …“ Auch Runner mit einem Charisma von 5 oder
mehr werden in dieser Weise zur Zielscheibe von Silverle-
afs Charme, und zwar unabhängig von ihrem Geschlecht
und ihrer sexuellen Orientierung.
Sie fragt jeden Runner zunächst, was er oder sie kann,
wie er oder sie sich einschätzt und dergleichen. Diese Fra-
gen übergeht sie bei Runnern, denen gegenüber sie eine
Loyalitätsstufe von mindestens 3 hat („Dich muss ich das
ja nicht fragen, du hast dich bereits als äußerst nützlich er-
wiesen.“) oder bei Runnern, mit denen sie bereits etwas
hatte („Ich weiß genau, wozu du fähig bist.“). Sie konzent-
riert sich auf Neulinge oder Runner, denen gegenüber sie
eine niedrige Loyalität hat.
Anschließend fragt sie, was die größte Herausforde-
rung war, der sich jeder einzelne Runner in seiner bisheri-
gen Laufbahn stellen musste. Ob es Jobs gibt, an denen sie
gescheitert sind – Silverleaf erweist sich als gut informiert,
wenn die Runner in den letzten zwei Monaten einen Auf-
trag in Chicago und im Umland in den Sand gesetzt haben
und das nicht von sich aus gestehen, erwähnt sie es. Und
schließlich soll jeder Runner beschreiben, wie er oder sie
sich ein perfektes Date vorstellt.
Dies ist im Wesentlichen Rollenspiel. Haben Sie Spaß
bei der Darstellung der Figur, aber nehmen Sie sich nicht
zu viel Zeit, denn dies ist erst der Anfang des Abenteuers.
Lassen Sie die Runner zehn bis fünfzehn Minuten lang mit
Sarah spielen, dann kommt sie zur Sache.
Ohne harte Fakten zu verraten (sie verschweigt weiter-
hin, dass sich die Aufgabe unter Wasser abspielt), wieder-
holt sie: „Der Job muss rasch erledigt werden, also inner-
halb der nächsten 24 Stunden. Die bewusste Immobilie
ist nicht so leicht zu erreichen, aber wir sorgen für eine
vernünftige Anreisemöglichkeit, falls Sie über keine bes-
sere verfügen. Wir vermuten, dass störende Nachbarn
aufgrund der Natur der Nachbarschaft kein Problem sind,
aber wir wissen fast nichts über den baulichen Zustand der
Anlage. Passen Sie auf, wo Sie hintreten. Unsere Bauplä-
ne der Anlage sind leider im Zweiten Crash verloren ge-
gangen, daher freuen wir uns besonders, wenn sie solche
Pläne dort drinnen entdecken. Wir wissen nicht, ob die
früheren Bewohner irgendwelche Wertsachen zurückge-
lassen haben, aber wenn sie welche finden, mögen Sie
diese bitte an uns abgeben. Ihre Hauptaufgabe ist aber die
Erforschung der Anlage. Wir wollen wissen, ob wir die An-
lage noch retten können. Und wir wollen alle Dateien, die
es dort gibt. Haben Sie Fragen?“
Die Bezahlung dürfte die erste Frage der Runner sein.
Sarah bietet ihnen 6.000 Nuyen zuzüglich eventueller
Boni für wertvolle Dateien oder für besondere Gegenstän-
de, die sie mitbringen – die Höhe des jeweiligen Bonus
wäre bei der Übergabe zu vereinbaren. Sie betont, dass
sie exklusiven Zugang zu allen Informationen will, zu den
besonderen Dingen, die die Runner eventuell finden, und
natürlich auch zu den Dateien. Weiter will sie nicht ver-
handeln – sie findet, dass dies ein faires Angebot ist, da
50 SZENE 2: GESTATTEN, SARAH SILVERLEAF >>
es ja potenzielle Boni beinhaltet. Wenn die Runner hart
bleiben und feilschen wollen, lächelt sie und sagt: „Mac
und sein Team haben nicht debattiert, und die halte ich für
mindestens so fähig wie Sie. Vielleicht sollte ich die noch
mal hereinrufen?“
Wenn die Runner nach der Anreisemöglichkeit fra-
gen, gibt sie keine Details preis, aber sie versichert den
Runnern, dass man für eine besondere Transportmög-
lichkeit sorgen muss und dass es die Aufgabe der Spie-
lercharaktere ist, eine solche Transportmöglichkeit zu
besorgen. Wenn sie das Team der Spieler auswählt, wird
sie gern mit jedem zusammenarbeiten, den die Runner
als Händler benennen, und zahlt für den Erwerb von spe-
zieller Ausrüstung sowie für die Miete oder den Erwerb
eines Fortbewegungsmittels insgesamt bis zu 3.000
Nuyen.
Ihre beiden trollischen Leibwächterinnen gleichen sich
wie ein Ei dem anderen. Sie halten sich vollkommen zu-
rück und stellen lediglich sicher, dass Sarah Silverleaf nicht
belästigt wird.
TROLLISCHE LEIBWÄCHTERINNEN
(PROFESSIONALITÄTSSTUFE 4)
K G R S W L I C ESS
9(+3) 5(9) 5(8) 9(13) 5 2 5 2 0,42
Initiative 10(13) + 4W6
Zustands-
13
monitor
Limits Körperlich 11(15), Geistig 5, Sozial 4
Panzerung 19
Vorteile Hohe Schmerztoleranz 3
Einschüchtern 6, Klingenwaffen 14, Knüppel 14, Pistolen
Fertigkeiten
14, Waffenloser Kampf (Boxen (Schlägerstil)) 17 (+2),
(Würfelpools)
Wahrnehmung 10
Kompositknochen (Titan) (Betaware), Reflexbooster 3
(Deltaware), Sporn (Betaware); Muskelstraffung 4 (Be-
Bodytech
taware), Muskelverstärkung 4 (Betaware), Orthoskin 4
(Betaware)
Kommlink [Transys Avalon; Gerätestufe 6], Mortimer of
Ausrüstung
London Argentum [Elektrische Isolierung 6] [12]
Sporn [Waffenlos | Präz. 15 | Reichweite 1 | Schaden 16K
| DK -2]
Waffen
Waffenlos [Waffenlos | Präz. 15 | Reichweite 1 | Schaden
16K | DK –]
SARAH UND SIMON
Wenn einer der Runner erwähnt, dass Simon Andrews
herumgeschnüffelt hat und sich bei den Ergebnissen ih-
res Runs einkaufen möchte, verschlechtert sich Sarahs
Laune ein wenig. „Und ich habe mich noch gefragt, wo
dieser Geruch nach Kölnisch Wasser und Echsenschuppen
plötzlich herkommt. Was will dieser unerträgliche Mann
denn nun schon wieder?“ Sie bittet die Charaktere um
eine detaillierte Schilderung und möchte auch wissen,
wie viel Simon den Runnern geboten hat. Anschließend
nickt sie einer ihrer Leibwächterinnen zu, und diese ver-
lässt den Raum. Zwei Minuten später kehrt sie mit Simon
im Schlepptau zurück. Sarah und Simon schauen sich kurz
ernsthaft an, dann lächeln sie plötzlich.

„Sarah, was für eine angenehme Überraschung. Ich
denke immer wieder an unsere letzte Zusammenarbeit in
Seattle zurück. Es war eine der schönsten Nächte meines
Lebens“, beginnt Simon, und seine drachenhafte Schnau-
ze verzieht sich zu einem Grinsen.
„Oh Simon, du schmeichelst mir. Du bist so überaus
eloquent. Und zungenfertig.“ Sie erschauert wohlig. Es ist
schwer zu unterscheiden, was daran vorgespielt und was
tatsächlich eine angenehme Erinnerung ist. „Trotzdem wil-
derst du unter meinen Teams, du ungezogene Eidechse. Ich
hätte erwartet, dass Lofwyr ein strengerer Lehrmeister ist.“
„Was glaubst du denn, von wem ich das gelernt
habe?“, erwidert Simon lachend. Er schaut zu den Run-
nern. „Nichts für ungut, Chummer, aber ich muss unser
kleines Geschäft leider canceln. Ich hätte vorsichtiger sein
sollen, aber für komplizierte Spielchen fehlte mir einfach
die Zeit. Was soll’s?“
Als er sich vor Sarah verneigt, klingeln die Knöpfe an
seiner Lederweste. „Meine Liebe, ich überlasse dir das
Feld. Aber Martin und Maggie schnüffeln ebenfalls am
Aquarium, also wiege dich noch nicht in Sicherheit.“ Er
grinst anzüglich. „Ich rufe dich nachher an, ja?“
„Unter einer Bedingung. Was wolltest du ihnen für den
Job bezahlen?“ Sarah grinst, als Simon die verschiedenen
Belohnungen nennt. Nachdem er die Tür hinter sich ge-
schlossen hat, wendet sie sich an die Runner: „Ich schulde
Ihnen etwas, weil Sie mir einen Konkurrenten vom Hals
geschafft haben. Schließlich haben Sie dabei auf Geld ver-
zichtet. Ich schätze Ihre Loyalität, daher stocke ich auf und
mache Ihnen dasselbe Angebot, das er Ihnen gemacht hat
– sofern ich Ihr Team auswähle. Aber bleiben Sie noch ein
wenig im Restaurant, denn ich habe den starken Verdacht,
dass Sie sich den Job soeben verdient haben.“
Sobald das Team das Gespräch abgeschlossen hat,
wird es entlassen. Fünf Minuten später wird das nächste
Team hereingebeten. Deren Gespräch dauert 20 Minu-
ten. In dieser Zeit können sich die Runner mit den ande-
ren Gruppen unterhalten, sich untereinander abstimmen,
Spionagedrohnen loswerden oder tun, wonach ihnen der
Sinn steht.
LESEN SIE DAS FOLGENDE VOR:
Zwanzig Minuten später kommen die letzten Bewerber he-
raus und verlassen sofort das Restaurant. Sie sehen ziem-
lich sauer aus. Anscheinend sind sie beim Bewerbungsge-
spräch durchgefallen. Wenige Minuten danach summen
und piepsen eure Kommlinks, weil eine neue Nachricht
eingetroffen ist. Um euch herum sind weitere Geräusche
zu hören, und andere Runner überprüfen ebenfalls ihre
Kommlinks. Eure Nachricht lautet: „Bitte begeben Sie sich
nochmals in den Vorstellungsraum.“ Die anderen Runner
um euch herum murren etwas von „Zeitverschwendung“
und quetschen sich durch den Ausgang. Sieht aus, als ob
ihr den Gig hättet. Herzlichen Glückwunsch.
SIE SIND ENGAGIERT!
Sarah begrüßt das Team erneut in dem Raum, in dem
die Runner ihr Bewerbungsgespräch hinter sich gebracht
haben, und bittet sie mit einer Handbewegung, Platz zu
nehmen. „Wir hatten alle einen harten Tag, daher fasse
ich mich nun, da Sie den Job haben, kurz: Es gibt eine auf-
<< SZENE 2: GESTATTEN, SARAH SILVERLEAF
>> RISKIER MAL WAS! <<
gegebene experimentelle Aquakologie im Michigansee,
mehrere Kilometer vom Ufer entfernt in ungefähr achtzig
Meter Tiefe. Die Anlage gehörte früher Yamatetsu. So-
weit wir das beurteilen können, sind die Dateien darüber
beim letzten Crash fast vollständig zerstört worden. Evo
weiß also nicht viel. Aber leider sind eben doch nicht alle
Dateien zerstört worden, und in den letzten 24 Stunden
sind Gerüchte in Umlauf gekommen, und leider auch ge-
wisse konkrete Angaben. Da einige weitere Parteien an
der Anlage und ihren Geheimnissen interessiert sind,
befinden wir uns in einem Wettrennen, das Sie für uns
gewinnen sollen.
Ich möchte, dass Sie die Anlage betreten, den zentra-
len Datenkern gegebenenfalls bergen und uns übergeben.
Darüber hinaus wollen wir, dass Sie alle weiteren span-
nenden Dateien und Forschungsprojekte, die Sie finden
können, hierherbringen. An der Anlage selbst sind wir
nicht interessiert, daher ist es uns auch egal, in welchem
Zustand Sie sie hinterlassen – Hauptsache, die Konkurrenz
kann dort keine Informationen mehr finden. Nach meinen
Informationen erreicht spätestens morgen Abend das
Team einer anderen Interessengruppe die Anlage. Von
daher haben Sie allerhöchstens 24 Stunden Zeit, bevor es
da unten eng wird, und ich will, dass Sie den Job bis dahin
beendet haben. Ihr spätester Abgabetermin ist morgen
Abend, 22 Uhr.
Mir ist klar, dass Sie vermutlich keine ausgebilde-
ten Taucher sind, aber wir haben Grund zu der Annah-
me, dass die Anlage selbst nicht vollgelaufen ist. Falls
alles unter Wasser steht, sind sämtliche Geheimnisse
dort drin aller Wahrscheinlichkeit nach zerstört und
wertlos. Sie müssen in eine Tiefe, in der Ihnen norma-
le Tauchausrüstung für Freizeitaktivitäten nichts nützt,
aber es ist auch nicht so tief, dass Sie Tiefseeausrüstung
benötigen. Ich vermute, dass Sie ein U-Boot brauchen,
um die Taucherkrankheit beim Aufsteigen zu vermei-
den. Falls Ihnen keines zur Verfügung steht, können wir
Ihnen einen Spezialisten in dieser Gegend vermitteln,
der Ihnen eines zur Verfügung stellt und dieses Gefährt
auch selbst lenkt, falls keiner von Ihnen das überneh-
men will oder kann.“
Die Aquakologie, Yamatetsu-Forschungseinrichtung
Nummer 42, erhielt bei ihrem Bau den Codenamen Ryu-
go-jo. Abgesehen von gelegentlichen beiläufigen Erwäh-
nungen wurden sämtliche wichtigen Informationen dar-
über, auch Karten, beim Crash 2.0 oder bei der Evakuie-
rung und Abriegelung Chicagos zerstört. Sarah hat keine
Ahnung, warum die Anlage aufgegeben wurde, aber sie
vermutet, dass die Abriegelung von Chicago nach dem
Atomschlag der Hauptgrund war, da in dieser Zeit viele
Anlagen dort abgeschaltet, geräumt oder unter Quarantä-
ne gestellt wurden.
Sie vereinbart ein Treffen der Runner mit einem zwer-
gischen Waffenbauer namens Goober zwei Stunden
nach ihrem Treffen mit den Runnern, also gegen Mit-
ternacht. Sie erwähnt, dass sie bereits persönlich mit
Goober gesprochen hat. Falls die Runner bereits über
ein U-Boot verfügen oder aus irgendeinem Grund selbst
eines besorgen wollen, nickt Sarah bloß und gibt ihnen
einen Kommcode, bei dem sie anrufen und um Kosten-
erstattung bitten können. Dabei erinnert sie die Runner
nochmals daran, dass Ihnen dafür nur 3.000 Nuyen zur
Verfügung stehen.
51
>> RISKIER MAL WAS! <<
DAUMENSCHRAUBEN
Einige der Teams sind bereits seit drei Stunden hier, und
die NSC-Runner werden allmählich ungeduldig. Falls die
Runner ins Restaurant zurückkommen und damit ange-
ben, dass sie den Job in der Tasche haben, werden einige
der anderen Runner äußerst gereizt reagieren. Außer-
dem suchen einige Zeitgenossen ohnehin Ärger, ohne
dass sie dafür einen Grund benötigen. Sie können ent-
scheiden, dass ein oder zwei streitlustige Zeitgenossen
absichtlich einen Konflikt herbeiführen. Sie werden die
Runner provozieren und beschimpfen, damit diese zu-
erst zuschlagen, da sie annehmen, dass das Team, das
einen Streit beginnt, den Job auf keinen Fall bekommen
wird. Falls es zum Kampf kommt, wird Sarah die Spie-
52 SZENE 2: GESTATTEN, SARAH SILVERLEAF >>
lercharaktere nach wie vor anheuern, aber sie wird ihnen
nur die Hälfte des angegebenen Lohns anbieten und da-
von auch noch die Reparaturrechnung des Restaurants
abziehen.
KEINE PANIK
Wenn die Runner so großen Schaden anrichten, dass sie
fliehen, bevor die Polizei auftaucht, meldet sich Sarah über
ihr Kommlink bei ihnen und gibt ihnen den Auftrag, wo-
bei sie ihnen nur das halbe Honorar zahlt (siehe Daumen-
schrauben). Falls die Runner dumm genug sind, während
des Gesprächs mit Sarah Ärger zu suchen, werden die bei-
den trollischen Leibwächterinnen alles daran setzen, die
Runner auszuschalten.

SZENE 3:
FISCHERS FRITZ FISCHT FRISCHE FISCHE
AUF EINEN BLICK
Die Runner treffen sich mit einer Waffenbauer-Connection,
die ihnen ein U-Boot und Unterwasserausrüstung beschafft.
SAG’S IHNEN INS GESICHT
Pünktlich bremst ihr vor dem Warenhaus bei den Docks im
südlichen Ende der CZ und seht einen mürrischen Zwerg,
der einen Blaumann ohne Ärmel trägt, sodass man seinen
zerbeulten verchromten Cyberarm sieht. Er trägt eine Ba-
seballkappe und zwei altmodische Cyberaugen, die ihn
aussehen lassen, als trüge er ein Sichtgerät. Er zieht gerade
ein paar Holzkisten von einem GMC Bulldog herunter. Als
er euch sieht, grinst er und stampft zu einem überdachten
Bootsanleger. „Ich hab genau das Richtige für euch!“
HINTER DEN KULISSEN
Es gibt einige Schmuggler und einige Schieber, die Unter-
wasserausrüstung verschachern, aber Goober hat mit Ab-
stand das am besten ausgestattete Lager und die besten
Geschäftspartner – vor allem, wenn es schnell gehen soll.
Wenn ein Runner einen guten Waffenbauer als Connection
hat, können Sie diesen anstelle von Goober auftreten lassen,
aber die meisten anderen Connections werden die Runner
an Goober verweisen. Wenn Sarah oder die Runner ihm im
Voraus mitgeteilt haben, was sie brauchen, ist Goober bereits
vorbereitet. Dieser Bootsanleger ist eines seiner vielen Ma-
teriallager in und um Chicago, und er vermietet und verkauft
eine gute Auswahl an Unterwasserausrüstung. Da er von Sa-
rah Silverleaf eine Provision bekommt, ist er auch bereit, Aus-
rüstung zu vermieten, die er sonst nur verkaufen würde. Na-
türlich können die Runner die Ausrüstung auch kaufen, aber
wenn der Preis mehr als die 3.000 Nuyen beträgt, die Sarah
ihnen erstattet, müssen sie für den Rest selbst aufkommen.
Goober hat eine brauchbare Auswahl an Harpunenge-
wehren (Kreuzfeuer, S. 22), Gyrojetpistolen (Kreuzfeuer, S.
26) und Taucherausrüstung (SR5, S. 453, und Kreuzfeuer, S.
79-80). Goober kann Waffen auch so umrüsten, dass man
sie unter Wasser abfeuern kann, aber das dauert pro Waffe
eine Stunde und kostet jeweils 200 Nuyen. Schließlich öff-
net er die Tür zum überdachten Kai, und die Runner sehen
etwas Großes, das nur ein wenig über die Wasseroberflä-
che ragt, aber komplett von einer Plane verdeckt ist.
„Das ist mein liebstes Schmuckstück. Ich habe sie vor
ein paar Monaten erworben. Was heißt erworben – gerettet
habe ich sie aus dem Hafen von Bogotá. Sie ist bei dem gro-
ßen Hauen und Stechen vor ein paar Jahren dort im Hafen-
becken versenkt worden, aber ich habe sie wieder zusam-
mengeflickt. Ich bin froh, dass ich sie endlich mal im Einsatz
ausprobieren kann.“ Er reißt die Plane herunter und enthüllt
ein gut sieben Meter langes, beschädigt wirkendes Mini-
U-Boot – ein Vulkan Delphin RQ7. Ihr seht überall geflickte
Stellen. An der Seite ist anscheinend ein zwei mal ein Meter
großes Stück Blech einfach aufgeschweißt worden.
Wenn die Runner seine Bemerkung über den Hafen von
Bogotá hinterfragen oder ihm widersprechen, weil Bogotá
<< SZENE 3: FISCHERS FRITZ FISCHT FRISCHE FISCHE
>> RISKIER MAL WAS! <<
nicht am Meer liegt, lacht Goober: „Ihr lest zu viel Shadow-
SEA. Vor ein paar Jahren ist ein JackPoint-Dokument über
Wasserfahrzeuge veröffentlicht worden, und jemand hat
kommentiert, dass man damit aus Bogotá herauskommen
könne. Ein paar Schwachköpfe haben sich verarscht gefühlt
und sich furchtbar darüber aufgeregt. Sie meinten, Bogotá
liegt doch gar nicht am Meer. Aber die sind halt nicht darauf
gekommen, dass der Fluss Bogotá mitten durch die Stadt
fließt, und genau dafür sind Mini-U-Boote gemacht. Ich er-
zähle gern vom Hafen von Bogotá, um herauszufinden, ob
meine Kunden Humor oder eine Schraube im Arsch haben.“
Goober bietet seine Ausrüstung zum Standardpreis an.
Er vermietet Ausrüstung für 72 Stunden, verlangt in diesem
Fall aber, dass der Mieter den vollen Kaufpreis als Sicherheit
hinterlegt. Sobald er die gemietete Ausrüstung unbeschä-
digt zurückerhält, erhält der Mieter 75 Prozent dieser hinter-
legten Sicherheit. Stattdessen kann sich der Mieter natürlich
auch freiwillig dazu entscheiden, die Ausrüstung zu kaufen.
Das U-Boot verkauft Goober für 75.000 Nuyen, al-
lerdings hat Sarah bereits die Miete entrichtet und auch
schon den Preis dafür bezahlt, dass Goober es lenkt und
die Runner zu ihrem Ziel im See bringt.
Sobald alle Geschäfte unter Dach und Fach sind, erklärt
Goober, dass er sofort aufbrechen kann. Die Runner kön-
nen auf Tauchfahrt gehen, oder sie erledigen erst weitere
Vorbereitungen und kommen dann zurück.
Spielleiter sollten für das folgende Abenteuer den
Abschnitt Weltliche Gefahren: Unter der Wasseroberfläche in
Kreuzfeuer auf Seite 156-159 lesen, um auf Kämpfe und
sonstige Action unter Wasser vorbereitet zu sein.
KEINE PANIK
Hier kann eigentlich nicht viel schiefgehen, es sei denn,
die Runner weigern sich, mit Goober zusammenzuar-
beiten, und haben keine Connection, um ihn zu erset-
zen. Die Runner müssen sich mindestens grundlegende
Taucherausrüstung und ein Boot beschaffen, bis über
die Anlage fahren und frei dorthin tauchen – sofern alle
die Fertigkeit Tauchen haben. Wenn es eng wird und die
Runner keinen guten Weg in die Tiefe finden, kann Sarah
Silverleaf sie anrufen und ihnen drohen, dass sie ihnen
den Auftrag entzieht und ihn den Silver Vixens erteilt,
wenn die Runner nicht mit Goober zusammenarbeiten.
VULKAN DELPHIN RQ 7
HANDL. GESCHW. BESCHL. RUMPF PANZ. PILOT SENSOR SITZE
3(1)* 3 2 20(15)* 15(10)* 3(2)* 2 8
Ballasttanks 2, Lebenserhaltungssystem 2,
Upgrades
Mechanischer Greifer
* Das Mini-U-Boot ist geflickt und fahrtüchtig, aber seine Hülle und eine Reihe
von Systemen müssen entweder ersetzt oder von Grund auf neu aufgebaut
werden. Dies geht über den normalen Schaden hinaus, der durch den Zu-
standsmonitor repräsentiert wird. Goober kann die Reparaturarbeiten durch-
führen, braucht dafür aber vier Wochen Zeit und berechnet zusätzliche 30.000
Nuyen für die Materialien. Ein Runner mit der Fertigkeit Seefahrtmechanik
kann die Arbeiten selbst durchführen, sofern er eine Reparaturwerkstatt hat:
Die Teile kosten 10.000 Nuyen, und er benötigt dafür [12 – Fertigkeitsstufe in
Seefahrtmechanik] Wochen, mindestens aber vier Wochen.
53
>> RISKIER MAL WAS! <<
SZENE 4: IN DEM GRÜNGELBEN U-BOOT
AUF EINEN BLICK
Die Reise von den Docks zur Unterwasseranlage ist ereig-
nislos, es ist die Ruhe vor dem Sturm. Das ist eine gute Ge-
legenheit für die Runner, die Gegend zu erforschen, bevor
sie in die Anlage vordringen.
SAG’S IHNEN INS GESICHT
„Anschnallen, Kinder!“, ruft der Zwerg am Steuer mit
heiserer Stimme in Richtung eurer arg engen Plätze.
„Planscht nicht mit den Händen im Wasser, winkt, wenn
Nessie unser Boot fressen will, und keiner von euch –
ja, genau dich dahinten meine ich – öffnet die Notluke.
Alles klar?“
Der Zwerg aktiviert eine Fernbedienung, und das
U-Boot verlässt die Tragevorrichtung, die es über Wasser
gehalten hat, und sinkt langsam in die Tiefe. Mit einem
unregelmäßigen Stottern springt die Maschine an, und
stockend bewegt sich das U-Boot vorwärts. Das Motoren-
geräusch klingt irgendwie ungesund, aber Goober reckt
den Daumen nach oben, um euch zu zeigen, dass alles in
Ordnung ist. Das U-Boot fährt durch das trübe Wasser des
Michigansees. Obwohl der Wasserdruck nicht besonders
hoch sein sollte, stöhnen die Außenwände, insbesondere
rund um das gezackte Loch, das mit der aufgeschweißten
Platte verschlossen ist, die ihr von außen gesehen habt.
Wie lange das wohl hält?
54 SZENE 4: IN DEM GRÜNGELBEN U-BOOT >>
Durch die Fenster könnt ihr nur ein paar Meter weit se-
hen – so nahe an der Küste ist das Wasser entsetzlich dre-
ckig. Als ihr weiter auf den See hinausfahrt, wird das Was-
ser klarer und die Sicht etwas besser. Ihr seht den Grund
des Sees unter euch. Manchmal scheint sich dort etwas zu
bewegen. Etwas Kleines, vermutlich Fische. Dann seht ihr
etwas Größeres, noch größer, größer als das U-Boot – aber
es ist weg, bevor ihr es genauer erkennen könnt.
Nach einer Stunde meint Goober: „Da vorn müsste es
sein.“ Ihr erahnt vor euch die Umrisse von etwas Großem
auf dem Boden des Sees, menschliche Architektur und so
groß, dass es Gebäude sein könnten. Ihr seid da.
HINTER DEN KULISSEN
Der Grund des Sees befindet sich gut achtzig Meter unter
der Wasseroberfläche. Das ist das Doppelte der Tiefe, die
normale Taucher im eigenen Interesse nicht unterschrei-
ten sollten. Um in dem schwarzen Wasser kleine Dinge zu
erkennen, ist ein mächtiger Scheinwerfer vonnöten. Von
der Wasseroberfläche aus könnte man hier gar nichts er-
kennen, aber so knapp über dem Grund des Sees sieht
man die gesuchte Anlage.
Die Aquakologie bestand aus drei Bereichen: einer
kleinen Zentrale, die zuerst errichtet wurde, einer deutlich
größeren Anlage, in der an Algen und Merrows geforscht
wurde, und einer dritten Anlage, in der sich die Bewohner
erholen konnten. Die große, zweite Anlage liegt an der

tiefsten Stelle des Seebodens und erhebt sich zehn Meter
in die Höhe. Die Zentrale selbst ist bloß drei Meter hoch,
steht aber auf Säulen, die zehn Meter hoch sind, über der
größeren Anlage. Früher waren die beiden durch einen re-
lativ dünnen, röhrenartigen Gang miteinander verbunden.
In diesem Gang fuhr ein Fahrstuhl, aber die Reste dieser
Verbindung hängen heute nur noch an der Zentrale, die
dadurch ein wenig wie ein abgetrennter Kopf aussieht.
Da schon seit Jahrzehnten keine Wartungsarbeiten mehr
durchgeführt worden sind, haben sich Schlamm und Stei-
ne auf den Gebäuden abgelagert, auf denen wiederum
Bodenbewohner leben; vor allem Quagga-Dreikantmu-
scheln gibt es fast überall. Unter den Pflanzen sticht vor
allem eine hervor, die rings um die Anlage wächst und wie
ein runder Kaktus aussieht, der ein bisschen größer als ein
Tennisball wird.
Unterhalb der Zentrale befindet sich ein Moonpool,
eine Art Schleuse, durch die man direkt vom See ins Inne-
re gelangen kann, wobei durch hohen Luftdruck das Ein-
dringen von Wasser verhindert wird. Ein fähiger Kapitän
kann sein Mini-U-Boot hier andocken lassen, sodass die
Passagiere trockenen Fußes die Anlage betreten können.
Auch Drucklufttaucher können die Anlage so betreten und
verlassen, falls die Runner auf eher herkömmliche Weise
anreisen.
Es ist kühl und still hier, und es gibt in der Anlage kei-
nerlei Zeichen von Leben. Es gibt keine Lichter, keine voll-
automatisierten Systeme und keinen Funkverkehr. Abge-
sehen von den gemächlich vorbeipaddelnden Fischen ist
der Ort ruhig wie ein Grab. Das Seewasser ist verschmutzt,
deshalb gibt es im Wasser eine Hintergrundstrahlung von
1. Innerhalb der Anlage gibt es aber keine Hintergrund-
strahlung. Allerdings gibt es auch keine Verbindung zur
Matrix, daher sind die Funkverbindungen der Runner in
ihrer Reichweite extrem begrenzt.
Außerhalb der Anlage befinden sich vier Süßwasser-
merrows, die die Runner und ihr U-Boot aus respektvoller
Entfernung unauffällig beobachten. Da hier gelegentlich
Unterwasserfahrzeuge vorbeikommen, sind sie nicht so-
fort feindselig, aber sie sind aufmerksam. Wenn die Run-
ner nach Beobachtern suchen, müssen sie eine Probe auf
Wahrnehmung + Intuition [Geistig] ablegen. Bei 4 Erfol-
gen sehen sie die Merrows für einen Sekundenbruchteil.
Bei 7 Erfolgen sehen sie die Merrows klar und deutlich.
Die Merrows fliehen schwimmend, wenn die Runner sie
entdeckt haben und sich ihnen nähern. Sobald die Runner
die Jagd aufgeben, kehren die Merrows vorsichtig hierher
zurück. Ihnen ist klar, dass sie dem U-Boot keinen Scha-
den zufügen können, aber Tauchern können sie gefährlich
werden. Die Zentrale ist den Merrows vollkommen gleich-
gültig, aber sobald sich die Runner der größeren Anlage
nähern, in der früher geforscht wurde, werden die Mer-
rows diese aggressiv verteidigen.
ASTRALE ERKUNDUNG
Wenn Runner die Umgebung astral auskundschaften, erle-
ben sie eine Überraschung: Der größere Bau enthält eine
astrale Barriere der Kraftstufe 6 – so etwas hat eine aufge-
gebene und verlassene Anlage eigentlich nicht (sie wird
vom Häuptling der Merrows aufrechterhalten). Die ehe-
malige Zentrale weist keinen solchen Schutz auf, nur ein
kleines Gebiet darin mit einem Umfang von 3 mal 3 Me-
<< SZENE 4: IN DEM GRÜNGELBEN U-BOOT
>> RISKIER MAL WAS! <<
MERROWS
Merrows sehen mit ihrem menschlichen Oberkörper, dem
sich nach unten verjüngenden Leib und dem schlanken, aber
kräftigen Schwanz ein wenig wie Meerjungfrauen aus den
klassischen Märchen und Sagen aus. Die langen Arme enden
in Händen mit drei Fingern, wobei sie dank ihrer Daumen wie
Menschen Dinge ergreifen können. Ihre lange Mähne fällt ih-
nen bis auf den Rücken, und an der Hinterseite ihres Rückens
verläuft eine Reihe von Stacheln ihr Rückgrat entlang. Obwohl
ihr gesamter Unterleib durch verknöcherte Haut geschützt ist,
ist ihr Schwanz außerordentlich beweglich. Merrows benutzen
einfache Werkzeuge, weswegen viele Parazoologen glauben,
dass sie ein metamenschliches Maß an Intelligenz aufweisen.
Yamatetsu hat in Forschungseinrichtung Nummer 42 Expe-
rimente an Merrows durchgeführt, um größere und stärkere
Merrows zu züchten, die man später als Wächter der Unter-
wasseranlagen benutzen wollte. Diese Forschungen waren
noch nicht sehr weit fortgeschritten, als die Krise in Chicago
eskalierte, sodass Yamatetsu die gesamte Anlage evakuierte,
aber alle Merrows in der Nähe von Forschungseinrichtung 42
sind genetisch verändert und daher schneller, stärker und intel-
ligenter als ihre normalen Artgenossen. Außerdem tritt bei ih-
nen häufiger ein magisches Talent auf: Einer von vier Merrows
dieses Stammes kann in irgendeiner Weise Magie anwenden.
SÜSSWASSER-MERROW
(PROFESSIONALITÄTSSTUFE 3)
K G R S W L I C ESS M
6 5 7 7 5 3 3 2 6 4
Initiative 10 + 2W6
Zustands-
11
monitor (K/G)
Limits Körperlich 9, Geistig 5, Sozial 5
Panzerung 9
Askennen 7, Klingenwaffen (Speere) 11 (+2), Navigation
Fertigkeiten 7, Schleichen (unter Wasser) 10 (+2), Schwimmen 13,
(Würfelpools) Waffenloser Kampf 7, Wahrnehmung (unter Wasser) 8
(+2)
Bewusstsein, Dualwesen, Gesteigerte Sinne (Geruch),
Kräfte
Menschliche Gestalt, Mimikry, Panzer 9
Speer [Klingenwaffe | Präz. 5 | Reichweite 3 | Schaden
Waffen
10K | DK -2 | 1 Anwendung Lambtonlurch-Gift*]
* Lambtonlurch-Gift: Jeder, der von dem Gift berührt wird, muss eine
Probe auf Konstitution + Willenskraft (9) ablegen. Misslingt die Probe, ist
er für [10–Konstitution] Minuten gelähmt, mindestens aber für 1 Minute.
tern hat eine eigene astrale Barriere der Kraftstufe 3 (Oto-
kos Schlafplatz). Außerdem befinden sich im See zwei
Merrow-Jagdgruppen. Die eine ist weit genug entfernt,
dass man sie vernachlässigen kann, die andere könnte re-
levant werden. Darüber hinaus schwimmt ein Wassergeist
(Kraftstufe 3) gerade gemächlich zwischen den beiden
Bauten hindurch. Er patrouilliert in einer Art und Weise,
die eher auf einen unter jemandes Befehl stehenden Geist
als auf sein natürliches Verhalten hinweist. Man hatte den
Runnern eine einsame Anlage auf dem Meeresgrund ver-
sprochen, aber in Ryugo-jo ist einiges los.
55
>> RISKIER MAL WAS! <<

Der Wachgeist greift nicht ein, wenn die Runner die raktere sollten sich während des Kampfes gezwungen
Zentrale betreten, aber wenn sie sich der astralen Barriere sehen, ein paar Maßnahmen zum Schutz ihres U-Bootes
im ehemaligen Forschungsbereich nähern, versucht er, sie zu ergreifen.
zu verjagen.
KEINE PANIK
WASSERGEIST Wenn die Runner in eine der beiden Barrieren hinein-
(KRAFTSTUFE 3) laufen, wird deren Erschaffer alarmiert – Ryujin hat die
größere Barriere errichtet, Otoko die kleinere. Wenn die
K G R S W L I C EDG ESS M Spielercharaktere eine der Barrieren attackieren, erregen
3 4 5 3 3 3 3 3 2 3 3 sie die Aufmerksamkeit des Wassergeistes. In jedem Fall
Initiative 8 + 2W6 wissen die Merrows anschließend, dass draußen jemand
Astrale ist, und bereiten sich dementsprechend vor. Die meisten
6 + 3W6
Initiative von ihnen wohnen in dem zusammengebrochenen drit-
Fertigkeiten Askennen 6, Astralkampf 6, Exotische Fernkampfwaffe 7, ten Bau, den sie als künstliches Riff nutzen. Die wenigen,
(Würfelpools) Waffenloser Kampf 7, Wahrnehmung 6 die den Zauber Verwandlung in Mensch oder die Kraft
Astrale Gestalt, Bewegung, Bewusstsein, Materialisie- Menschliche Gestalt verfügen, leben stattdessen in dem
Kräfte rung, Suche, Unfall, Verschleierung, Verschlingen, Ver- größeren Bau.
wirrung Es ist unmöglich, das Mini-U-Boot direkt zu diesem
Schwächen Allergie (Feuer, Schwer) größeren Bau zu lenken, von daher bietet sich die Zen-
Wassergeister bewegen sich im Wasser doppelt so trale als erster Einstieg an. Falls das Team frei taucht,
Anmerkungen
schnell. sollten Sie stattdessen beschreiben, dass der ehemalige
Übergang vom zerstörten Bau zur Zentrale offen ist und
betreten werden kann. Diesen Eingang nutzen auch die
DAUMENSCHRAUBEN Merrows.
Wenn Sie den Run ein wenig erschweren wollen und Die Merrows in Szene 7 (S. 60) werden sich, je nach-
noch früher zeigen wollen, dass auch andere an der An- dem, was die Spielercharaktere hier tun, freundlich, neut-
lage interessiert sind, kann ein weiteres Runnerteam an ral oder feindselig verhalten. Sollten sie von den Runnern
den Docks auftauchen, bevor die Runner ablegen, und bemerkt werden, halten sie sich von ihnen fern. Wenn
sie aus dem Hinterhalt angreifen, um zu verhindern, dass man sie jagt, zerstreuen sie sich und kehren zurück, sobald
sie bis zur Anlage vordringen. Die Angriffe richten sich ihre Verfolger aufgeben. Wenn ein Runner sie ernstlich
sowohl gegen die Runner als auch gegen das U-Boot, verfolgt, fliehen sie weiter in die Mitte des Michigansees
das die Runner ebenfalls beschützen sollten. Benutzen und dort noch weiter in die Tiefe, wo entweder der grö-
Sie vorgefertigte Charaktere aus bisherigen Publikati- ßere Druck oder ein gewalttätigeres Mitglied der dortigen
onen für die feindlichen Runner. Der Angriff sollte im Tierwelt den Runner von der weiteren Verfolgung abhal-
Endeffekt nicht allzu schlimm sein, aber die Spielercha- ten wird.

SZENE 5: WIR SIND HIER NICHT ALLEIN

AUF EINEN BLICK len am Moonpool und gelegentlich einen stöhnenden

Die Runner begeben sich in die Zentrale der Anlage und
beginnen, sie zu untersuchen. Spätestens jetzt begreifen
sie, dass sich hier noch jemand oder etwas befindet.
SAG’S IHNEN INS GESICHT
Nur durch den Moonpool unter der kleinen Zentrale der
Anlage scheint man überhaupt hineinzukommen. Die
Öffnung ist groß genug, dass euer U-Boot dort ando-
cken kann. So könntet ihr einigermaßen trocken ins Innere
kommen. Goobers Messungen ergeben, dass sich die Luft
noch einigermaßen atmen lässt, also tretet ihr durch die
Luftschleuse eures U-Boots in die Anlage. Die Luft ist kühl
und sehr schal, und es riecht durchdringend nach verfaul-
tem Fisch. Die Luft lässt sich tatsächlich atmen, aber nur
so eben noch.
Die U-Boot-Scheinwerfer erleuchten eure nähere
Umgebung, aber alles andere ist pechschwarz. Ihr hört
nur das Stottern des Elektromotors des U-Boots, die Wel-
Protest der Wände, wenn Wellen und Wasserdruck auf
sie einwirken.
HINTER DEN KULISSEN
Wenn die Runner mit Goober angereist sind, bleibt er im
Mini-U-Boot. Er grunzt, dass er die Vulkan bewachen müs-
se und nicht dafür bezahlt wird, da draußen seine Haut zu
Markte zu tragen. Er ist nur der Fahrer, und falls niemand
von den Runnern weiß, wie man ein U-Boot steuert, kön-
nen sie sich dauerhaft von der Verpflegung abmelden,
wenn er ausfällt. Falls die Runner von einem Boot aus
mit Druckluftgeräten hierhergetaucht sind, finden sie im
Eingangsbereich jahrzehntealte, aber noch funktionsfähi-
ge Spinde, in denen sie ihre Tauchausrüstung verstauen
können. Offenbar sind diese Spinde vor langer Zeit genau
dafür aufgestellt worden, allerdings sind die Borde und
Bügelstangen teilweise herausgenommen und irgendwo
aufgestapelt worden.

56 SZENE 5: WIR SIND HIER NICHT ALLEIN >>


In dem Raum mit dem Moonpool stehen mehrere
Schränke. In einem befinden sich zwei Neoprenanzüge in
beklagenswertem Zustand. Die Überreste einiger weiterer
Neoprenanzüge sind auseinandergerissen und anschei-
nend zufällig in Stücke zerrissen. Sechs Sauerstoffflaschen
sind noch intakt, aber auf ihren Anzeigen kann man ab-
lesen, dass sie keine Luft mehr enthalten. Ein japanischer
Schriftzug an der Wand weist darauf hin, dass sich hier
eine Anlage befindet, an der man Flaschen auffüllen kann,
aber da die Anlage keinen Strom mehr hat, kann man zwar
an dem entsprechenden Knopf drehen, aber es passiert
nichts – insbesondere strömt kein Gas aus. Ein Runner be-
nötigt eine gelungene Probe auf Industriemechanik + Lo-
gik [Geistig] (3) und ungefähr zehn Minuten Zeit, um ein
Kabel vom U-Boot zur Luftaufladestation zu verlegen. An-
schließend können die Runner hier ihre Sauerstoffflaschen
auffüllen. Das dauert pro herumliegender Flasche ungefähr
zehn Minuten. Die Jahre sind nicht spurlos an den Sauer-
stoffflaschen vorbeigezogen: Wenn jemand einen Patzer
oder einen kritischen Patzer würfelt, reißt einer der Schläu-
che, was gegebenenfalls Probleme aufwirft. Betonen Sie
die unheimliche Atmosphäre, während die Runner all das
erkunden, wie schal und feucht die Luft ist und wie bedroh-
lich die Anlage schwankt – als wolle sie jeden Augenblick
zusammenbrechen. Die Runner sollten sich vor jedem un-
heimlichen Schatten erschrecken, aber immer noch davon
überzeugt sein, dass die Anlage unbewohnt ist.
Ohne Strom liegt die gesamte Anlage in tiefster Fins-
ternis. Obwohl die Luft nach Schimmel stinkt, kann man
sie überleben. In einigen Räumen leben immer noch ei-
nige Pflanzen, die die Anlage für eine einzelne Person auf
unbegrenzte Zeit mit ausreichend Sauerstoff versorgen.
Eine größere Gruppe kann hier ungefähr eine Woche lang
überleben. Ohne Strom lässt sich kein Gerät in der Anla-
ge bedienen. Auch die Türen sind versperrt und müssen
mit einer erfolgreichen Probe auf Konstitution + Stärke (3)
gewaltsam geöffnet werden. Die Durchsuchung sollte den
Runnern somit nicht allzu schwerfallen. Die Beschreibung
der meisten Räume in der Zentrale lautet: „Ein verlassener
Raum, dessen Ausstattung überall herumliegt, als ob ihn
jemand geplündert hätte. Das einzig Bemerkenswerte ist
der allgegenwärtige Schimmel.“ Die wenigen Räume, die
mehr enthalten, sind zum allergrößten Teil auf Japanisch
beschriftet.
Die Runner betreten die Anlage durch den Moonpool.
Neben dem Pool und den Schränken gibt es im Eingangs-
bereich eine Kamera und einen Monitor, die aber mangels
Strom vollkommen nutzlos sind. Hinter dem Moonpool
liegt der Luft-Wiederverwerter. Eine große Maschine mit
einem Dutzend voluminöser Flaschen steht im Zentrum
dieses Raumes. Bei einer gelungenen Probe auf eine be-
liebige Biologie-Fertigkeit (5) oder auf Meeresbiologie (3)
erfährt ein Runner, dass sich in den Gefäßen früher ver-
mutlich Algen befunden haben, die von der Maschine mit
Nährstoffen gefüttert wurden, Kohlendioxid in Sauerstoff
umwandelten und dadurch die gesamte Anlage mit Sau-
<< SZENE 5: WIR SIND HIER NICHT ALLEIN
>> RISKIER MAL WAS! <<
erstoff versorgten. Als der Strom ausblieb, starben die Al-
gen. Es gibt aber auch Dutzende von kleinen Tontöpfen
mit verschiedenen Pflanzen in relativ frisch und sauber
wirkender Erde, die gesund wirken. An diesem Punkt ist
den Runnern nicht klar, woher diese Pflanzen kommen
oder wie sie ohne Licht gedeihen (das wird in Szene 8:
Gespräch mit dem Stamm erläutert).
Der nächste Raum ist der Generatorraum, der die An-
lage früher mit Strom versorgt hat. Eine erfolgreiche Probe
auf irgendeine Mechanik-Fertigkeit (3) zeigt, dass die Ma-
schinen kleinere Reparaturen nötig haben und dringend
gereinigt, geölt und entrostet werden müssen, dass ihnen
aber vor allem der Treibstoff fehlt. Am anderen Ende des
Baus liegt der Fahrstuhlschacht, der zu dem größeren Bau
führt, den die Runner von außen sehen konnten. Die Tür
steht offen, und die Fahrstuhlkabine ist nicht da. Wie im
Moonpool ist das Wasser fast bis zum Rand der Zentrale
angestiegen.
Die wichtigsten anderen Räume sind die vollkommen
unordentliche Küche, die weder etwas Nützliches noch et-
was Essbares enthält, ein paar Duschen und das Lager, in
dem sich Werkzeuge und Ersatzteile für den Generator be-
finden, außerdem ein kleiner Generator, der mit Salzwas-
ser durch Osmose Strom erzeugt, derzeit aber außer Be-
trieb ist – er liegt in Einzelteilen im Raum verstreut.
Der allerletzte Raum direkt neben dem Fahrstuhl-
schacht ist Otokos Wohnort. Falls sie nicht dadurch
alarmiert worden ist, dass die Runner die astrale Barriere
durchbrochen haben, die sie errichtet hat, oder dadurch,
dass die Runner beim Suchen Krach machen, schläft sie,
wenn die Runner eintreffen. Falls die Runner bewusst leise
vorgehen, können Sie ohne Probe entscheiden, dass Oto-
ko sie nicht hört. Aber auch dann wird sie in ihrem Raum
bleiben, bis die Spielercharaktere sie entdecken (siehe die
folgende Szene 6: Wer bist du denn?)
KEINE PANIK
Früher gab es hier Sicherheitsmaßnahmen, aber nach 20
Jahren ohne Strom sind sie alle außer Betrieb. Wenn die
Spielercharaktere nicht gerade das in bunten Farben pel-
zig verschimmelte Zeug im Kühlschrank essen oder sich
aus reiner Lust an der Zerstörung gegenseitig bekämpfen,
kann ihnen hier nicht viel passieren. Dementsprechend
sollten Sie die Durchsuchung beschleunigen, falls Ihre
Spieler anfangen, sich zu langweilen. Als die Anlage auf-
gegeben wurde, hat die Besatzung die meisten Dinge mit-
genommen, alles andere haben später die Merrows und
Dr. Urashima an sich genommen.
Wenn die Runner es irgendwie geschafft haben, die
Merrow-Kundschafter draußen zu verletzen, zu verängs-
tigen oder gegen sich aufzubringen, können Sie entschei-
den, dass weitere Merrows die Zentrale betreten, nach-
dem die Runner angedockt haben. Sie können sowohl
durch den Moonpool als auch durch den Fahrstuhlschacht
kommen, um den Runnern einen Hinterhalt zu legen.
57
>> RISKIER MAL WAS! <<
SZENE 6: WER BIST DU DENN?
Die Runner begegnen einer vollkommen verängstigten
Teenagerin. Sie müssen entscheiden, was sie mit ihr machen.
SAG’S IHNEN INS GESICHT
Ihr nähert euch der allerletzten Tür im Flur und bereitet
euch darauf vor, sie aufzubrechen. Zu eurer Überraschung
geht sie auf wie frisch geölt. Behutsam leuchtet ihr in den
dunklen Raum hinein. Ihr seht Müll und verschiedene elek-
tronische Geräte und Einzelteile. Ihr erkennt ein älteres
Modell des Sony Emperor aus der Zeit vor dem schmalen
Gehäuse und einen Handheld – einen Renraku GameTron
2600. Behälter, in denen früher mal Nahrungsmittel und
Getränke waren, liegen überall verstreut, und in einer Ecke
sind Reste von Stoffen und verschiedenen Kleidungsstü-
cken zu einer Art Bett aufgehäuft. Das waren vermutlich
mal Laken und alte Arbeiteruniformen.
Während ihr mit euren Lampen herumleuchtet, hört ihr
ein Geräusch, als ob sich etwas bewegt. Dann steht plötz-
lich eine dünne Gestalt mit langem Haar im Licht. Sie krei-
scht und stürzt sich auf euch.
HINTER DEN KULISSEN
In dieser Szene sollen sich die Spieler erschrecken, wenn
Otoko sich kreischend auf sie stürzt. Wenn die Runner erst
schießen, dann plündern und niemals fragen, handeln sie
sich hier eventuell einigen Ärger ein. Otoko will die Runner
überhaupt nicht angreifen, sondern sie nur so sehr erschre-
cken, dass sie zurückweichen, sodass sie an ihnen vorbei flie-
hen kann. Sie will im Fahrstuhlschacht ins Wasser springen.
Otoko ist eine der genetisch verbesserten Merrows,
die nun in der alten Anlage wohnen. Sie entspricht einem
menschlichen Teenager, denn sie ist eigenwillig und auf-
sässig. Im Gegensatz zu den anderen Merrows ist sie von
der Welt außerhalb des Wassers fasziniert, und sie liebt
Technologie, obwohl sie nicht viel davon versteht. Einmal
im Monat reist sie nach Chicago, um sich dort alles anzu-
schauen und ein paar Dinge mitgehen zu lassen. Wie die
meisten Merrows hier spricht Otoko fließend Japanisch,
im Gegensatz zu allen anderen Merrows spricht sie außer-
dem ein wenig Englisch, wenn auch sehr gebrochen.
Die anderen Merrows begnügen sich mit der früheren
Forschungsabteilung und den vom Wasser verschlunge-
nen Resten der Unterkünfte, aber Otoko hat sich in der
Zentrale ihr persönliches Nest gebaut. Mithilfe von Dr.
Urashima hat sie Gartenbau betrieben, damit die Luft
atembar wurde, denn die Algentanks sind schon lange
ohne Leben. Sowohl die Technik als auch die Musik der
Menschen faszinieren sie, wobei sie sich allerdings an sehr
oberflächlichen Dingen erfreut: helle und fröhliche Lichter,
laute Geräusche und fröhliches Geklimper.
Wenn die Runner sie entdecken, gerät sie in Panik und
versucht zu fliehen. Es ist nicht schwer, sie einzufangen. Es ist
auch leicht, sie zu töten. Falls die Runner sie gefangen neh-
men, ist sie verängstigt, beantwortet aber alle Fragen. Wenn
die Runner ihr nichts tun, hält sie sich anfangs noch bedeckt
und gibt kurze, einsilbige Antworten, sie wird aber freundli-
cher, wenn man sie mit Technikspielzeug besticht. Wenn sie
verletzt ist, beantwortet sie Fragen widerwillig, wird aber ver-
58 SZENE 6: WER BIST DU DENN? >>
suchen, die Runner an Orte zu führen, an denen die anderen
Merrows ihnen einen Hinterhalt legen können. Da sie ziem-
lich verwildert aufgewachsen ist und dieser Merrow-Stamm
eine Kultur der Gewalt pflegt, kann man Otoko nicht ein-
schüchtern. Sie liebt ihre „Oberflächendingsies“ aber heiß
und innig, und wenn die Runner ihr damit drohen, diese Ge-
genstände kaputt zu machen, bringt sie das zum Reden.
Einer ihrer wichtigsten Gegenstände in diesem Raum ist
ein wasserdichter Koffer, der den Druck in hundert Metern
Wassertiefe übersteht. Er trägt ein verwaschenes Konzern-
logo von Yamatetsu und dient Otoko dazu, Gegenstände
aus Chicago unbeschädigt hierher zu bringen. Des Weite-
ren hat sie ein halbes Dutzend Kommlinks der Gerätestufe
1 bis 3, ein tragbares Abspielgerät für Simchips mit zwei
Dutzend passenden Chips, verschiedenes Computerspiel-
zeug, ein gutes Dutzend nicht zueinander passender Klei-
dungsstücke, die dringend gewaschen werden müssten,
ein Outdoor-Messer, das sie Großes Fleisch schenken will,
und die leeren Behälter für Nahrungsmittel und Getränke,
die die Runner schon gesehen haben. Die Akkus der Geräte
sind alle leer, nur das Simchip-Abspielgerät hat noch etwas
Saft. Es gibt auch ein paar einzelne Werkzeuge und ein paar
aufgebrochene Geräte sowie die von den Runnern bereits
angeleuchtete Schlafecke aus mehreren Laken.
FRAGESTUNDE
Mit Otoko zu reden birgt die Gefahr, sie misszuverstehen,
denn in den Kategorien Zeit und Entfernung verfügt sie nur
über die Angaben „bald“, „später“, „nah“ und „fern“. Alle
Zahlen über zehn sind „viele“, und ihre Vorstellungswelt ist
die einer Jägerin und Sammlerin, die am Grund eines tiefen
Sees lebt. Dank ihrer Ausflüge nach Chicago weiß sie etwas
mehr von der Welt der Metamenschheit als die übrigen Mit-
glieder ihres Stammes, aber sie weiß trotzdem nur sehr we-
nig. Sie liebt die Medien und findet alles Elektronische cool.
Sie beantwortet zunächst nur die zuletzt gestellte Frage mit
einer möglichst kurzen Antwort und gibt keine zusätzlichen
Informationen preis. Für die meisten Dinge von der Ober-
fläche hat sie keine Namen, und sie kennt weder U-Boote
noch Drucklufttauchgeräte oder andere Ausrüstung dieser
Art. Wenn sie antwortet, stellt sie häufig Gegenfragen.
Sie nennt ihren Namen und gibt zu, dass sie hier lebt
und dass sie hier zur Welt gekommen ist. Wenn die Runner
fragen, wie sie hierhergekommen ist, antwortet sie: „Die
Tür.“ Auf Nachfragen erläutert sie: „Ich reingeschwommen.“
Dass sie sich auf dem Grund des Michigansees befindet,
scheint ihr nichts auszumachen. Fragen nach ihren Eltern
weicht sie zunächst aus („Jeder hat Eltern.“). Ebenso aus-
weichend antwortet sie, wenn sie gefragt wird, wer noch
hier unten ist („Ihr?!“). Wenn die Runner sie nach den elek-
tronischen Geräten fragen, die größtenteils aus den letzten
fünf Jahren stammen, zuckt sie mit den Achseln und sagt:
„Gehört mir. Eingetauscht. Bin kein Stehler.“ Wenn man sie
fragt, von wem und gegen was sie die Geräte eingetauscht
hat, antwortet sie: „Verschiedene Leute, verschiedene Din-
ge“, und: „Verschiedenes, Zeug von hier.“
Wenn die Runner sie nach dem zentralen Datenspei-
cher fragen, hat sie keine Ahnung, was das ist. Wenn die
Runner ihr erklären, dass das etwas wichtiges Technolo-

gisches von diesem Ort ist, sagt sie: „Wahrscheinlich hat
es Urashima.“ Dann schaut sie plötzlich schuldbewusst
und schweigt. Wenn man sie energischer nach Urashi-
ma befragt, sagt sie, dass das „jemand“ sei, und dass er
nicht hier sei, weil er nicht schwimmen könne. Dann sagt
sie plötzlich, dass sie nicht länger hierbleiben dürften. Sie
weiß nicht, wo Urashima das Ding aufbewahrt, und wenn
die Runner mit Urashima reden wollen, antwortet sie: „Das
dürft ihr nicht. Erst fragen.“
Wenn ihr Blick auf die technischen Geräte fällt, die die
Runner bei sich tragen, wird sie etwas davon eintauschen
wollen. Wertvoll sind für sie große Geräte, die interessant
aussehen und glänzen und die sie noch nicht hat. Sie hat
mehrere billige Kommlinks, aber bisher nichts, was dem
neuesten Stand der Technik entspricht. Wenn die Runner
sie fragen, was sie sich wünscht, zeigt sie auf verchromte
Cybergliedmaßen, Cyberdecks und Schutzbrillen. Außer-
dem fragt sie, warum ihre Gegenstände immer so schnell
kaputtgehen. Wenn die Runner nachfragen, können sie
herausbekommen, dass die Akkus in den meisten ihrer
Geräte leer sind, weswegen sie annimmt, die Geräte seien
kaputt. Und da sie hier unten keinen Strom hat, kann sie
die Akkus auch nicht einfach wieder aufladen.
Falls die Runner den Osmosegenerator entdeckt haben,
können sie ihn vermutlich auch wieder zum Funktionieren
bringen und aus einer Mischung aus Salz- und Süßwasser
mit Hilfe von Umkehr-Elektrodialyse Strom erzeugen. Der
Generator erzeugt nur wenig Strom, aber mehr als genug,
um kleine elektronische Geräte aufzuladen. Um ihn in einen
funktionstüchtigen Zustand zu versetzen, muss einem Spie-
lercharakter eine Probe auf Industriemechanik + Logik [Geis-
tig] (3) gelingen, was ungefähr eine halbe Stunde dauert. Falls
keiner der Runner das kann, können sie auch Goober bitten,
den Generator zu reparieren. Dafür verlangt er 500 Nuyen,
wobei er gern bereit ist, das auf Sarah Silverleafs Rechnung
zu setzen, falls die Runner die 3.000 Nuyen, die sie ihnen
zur Verfügung stellt, noch nicht vollständig ausgeschöpft ha-
ben. Otoko begreift schnell, wie sie den Generator bedienen
muss, und sie muss nur regelmäßig Salz eintauschen, damit
das Gerät läuft. Wenn die Runner ihr auf diese Weise hel-
fen, erfreut sie das sogar noch mehr, als wenn die Runner ihr
Elektronik schenken, und sie wird ihnen danach gerne helfen.
HALLO, FLEISCH!
Wenn die Runner höflich waren, keine Merrows angegriffen
haben, freundlich mit Otoko umgegangen sind und sie mit
Geschenken bestochen haben – insbesondere, wenn sie
ihr den Osmosegenerator repariert und ihr erklärt haben,
wie sie daraus Strom für die Akkus ihrer elektrischen Geräte
gewinnt –, führt die junge Merrow sie gern zu der ehema-
ligen Forschungsabteilung. Andernfalls besteht sie darauf,
dass die Runner hier warten: „Ich hole Großes Fleisch. Er
spricht. Er entscheidet.“ Wenn die Runner sie nach dem
Schreck des ersten Treffens gut behandelt haben, kommt
sie mit Großes Fleisch und vier Merrow-Wachen zurück, die
die Spielercharaktere zum größeren Bau eskortieren sollen.
Wenn die Runner gewalttätig waren, ihr wehgetan
oder ihr gedroht haben, kommt sie mit Großes Fleisch und
einem Dutzend Merrows wieder, um die Charaktere an-
zugreifen. Otoko verlässt die Zentrale durch den kaputten
Fahrstuhl, aber die Merrows kehren durch den Moonpool
zurück. Wenn Goober im U-Boot ist, wird er die Runner
<< SZENE 6: WER BIST DU DENN?
>> RISKIER MAL WAS! <<
warnen, dass die Merrows kommen, aber er kann von
innerhalb des U-Boots nicht gegen sie vorgehen, und er
wird das U-Boot nicht von sich aus verlassen. Die Merrows
bewegen sich so schnell, dass sie die Anlage bereits betre-
ten haben, bis die Runner beim Moonpool sind.
Wenn die Runner Otoko bedrohen oder gar foltern,
damit sie sie sofort mitnimmt, wird sie darauf nicht einge-
hen. Wenn die Runner Otoko mit dem Tod drohen, zuckt
sie mit den Schultern und sagt: „Großer Fisch frisst kleinen
Fisch. So ist das Meer.“
Großes Fleisch ist ein riesiger Merrow, der die Runner
nicht mag: Er hat etwas gegen Eindringlinge und zeigt das
auch deutlich, aber solange Otoko für die Runner bürgt,
erträgt er ihre Anwesenheit. Er behält sie aber sehr genau
im Auge. Er spricht nur Japanisch und weigert sich, sich
normal mit den Runnern zu unterhalten – entweder be-
fiehlt er ihnen einfach, ihm zu folgen und sich zu beneh-
men, oder er führt den Angriff gegen sie an.
Es ist für die Runner gar nicht so einfach, zu dem größe-
ren Bauwerk zu gelangen. Die Merrows führen die Runner
durch den Fahrstuhlschacht. Vom oberen Ende des Schachts
bis zum Fahrstuhl müssen sie noch zwei Meter klettern,
wobei es gute Griffmöglichkeiten gibt. Vor Jahren hat eine
Explosion das obere Ende des Fahrstuhlschachtes und die
Fahrstuhlkabine fast vollkommen zerstört. Die Merrows
haben anschließend auch noch den Boden der Kabine in
Stücke gerissen, um sich den Weg zu erleichtern. Das obere
Ende wird nur von Otoko regelmäßig benutzt und ist in bes-
serem Zustand. Trolle, die sich hindurchquetschen, müssen
eine erfolgreiche Probe auf Entfesseln + Geschicklichkeit
[Körperlich] (3) ablegen. Man kann den Schacht auch durch
brutale Gewalt erweitern. Mit einer erfolgreichen Probe auf
Stärke + Stärke (6) ist er anschließend breit genug für ei-
nen Troll, allerdings kann in dem engen Durchgang nur eine
weitere Person dem Troll bei einer Teamworkprobe helfen,
und der Helfer kann selbst kein Troll sein.
Durch den Schacht zu schwimmen, ist ebenfalls nicht
leicht: Eine erfolgreiche Probe auf Tauchen + Geschick-
lichkeit [Körperlich] (1) ist nötig, um bis zur Biegung zu
tauchen, und eine zweite solche Probe entscheidet da-
rüber, ob man sich durch die Biegung in die ehemalige
Forschungsabteilung hineinquetschen kann. Wem hier ein
Patzer unterläuft, der gerät eventuell in Schwierigkeiten,
weil das benutzte Gerät eventuell festhängt und beschä-
digt wird. Bei einem kritischen Patzer gibt es auf jeden
Fall Probleme. Ohne Gerät sollte in dieser Tiefe keiner der
Runner schwimmen, weil der Wasserdruck in dieser Tie-
fe die Luft viel schneller aus der Lunge des Tauchenden
presst als bei normalem Schwimmen.
KEINE PANIK
Falls die Runner Otoko umgebracht haben, werden sie nur
das herausfinden, was sie hier aufsammeln können. Das
verändert die Stimmung und Grundatmosphäre der fol-
genden zwei Szenen, ist aber kein Problem.
Das größte Problem in dieser Szene ist es, zu dem grö-
ßeren Bau zu schwimmen. Obwohl der Weg kurz und eini-
germaßen überschaubar ist, ist Wasser eine potenziell tödli-
che Umgebung, und die meisten Shadowrunner sind keine
besonders guten Schwimmer und können nicht tauchen.
Wenn Sie betonen, dass man auf diese Entfernung Sauer-
stoffflaschen benötigt, sollte nichts Schlimmes passieren.
59
>> RISKIER MAL WAS! <<
SZENE 7: GESPRÄCH MIT DEM STAMM
AUF EINEN BLICK
Endlich sind die Spielercharaktere in dem großen Bau
angekommen. Sie lernen den Stamm der Merrows ken-
nen, die hier zu Hause sind. Diese sind nicht besonders
glücklich darüber, dass Fremde hier eindringen, aber sie
sind auch nicht grundsätzlich aggressiv. Die Herausfor-
derung für die Runner besteht darin, erfolgreich zu ver-
handeln.
SAG’S IHNEN INS GESICHT
Im dunklen, trüben Wasser durch einen Fahrstuhlschacht
zu tauchen, ist eine furchtbare Erfahrung: Das Wasser
ist verschmutzt, scharfe Metallvorsprünge ragen in den
teilweise zerrissenen Schacht, und es gibt Seepocken,
die euch die Haut wie ein Käsehobel vom Leib schälen
werden, wenn ihr daran entlangschrammt. Der Tauch-
gang nimmt zehn Minuten in Anspruch, aber die Zeit
fühlt sich deutlich länger an. Endlich durchbrecht ihr die
Wasseroberfläche und klettert an Land. Der Boden hier
ist mit Algen und Schimmel bedeckt, sieht aber zuver-
lässig aus.
Als ihr die Sauerstoffmasken abnehmt, erweist sich die
Luft als gut zu atmen, aber der Gestank nach verfaultem
Fisch ist hier noch stärker und leicht Übelkeit erregend. Es
60 SZENE 7: GESPRÄCH MIT DEM STAMM >>
ist finster, aber durch die geöffneten Türen könnt ihr in ei-
niger Entfernung ein trübes Licht erkennen. Allerdings ist
es nicht stark genug, als dass ihr Einzelheiten erkennen
könntet. Ihr folgt eurem Führer in einen großen Raum, der
den größten Teil dieser Einheit der Aquakologie einnimmt.
Als ihr eure Lampen herumschwenkt, könnt ihr erkennen,
dass ein Laufgang rings um den Raum führt, und dahinter
seht ihr kleinere offene Räume. In der Mitte des Raumes
wachsen auf Mutterboden seltsame Pflanzen.
Als ihr den Raum betretet, beginnen die Algen, die
an den Wänden wachsen, in demselben trüben, grünen
Licht aufzuleuchten, das ihr aus der Ferne gesehen habt.
Die Algen leuchten noch ein paar Sekunden weiter, nach-
dem ihr an ihnen vorbeigegangen seid, dann erlöscht ihr
Licht langsam. Die Türen der Nebenräume sind alle ir-
gendwann einmal gewaltsam geöffnet worden; ihr könnt
sehen, dass sich jemand oder etwas dort bewegt. Män-
ner und Frauen beobachten euch, als man euch einmal
quer durch das Modul auf die andere Seite geleitet. Ein
älterer Mann steht dort, der sich schwer auf einen Stab
stützt, während er mit einem winzigen Erdgeist redet. Er
schickt den Geist mit einer Handbewegung zurück an die
Arbeit auf dem Feld, richtet sich an seinem Stab auf und
fragt euch lächelnd auf Japanisch: „Was führt Sie in mein
bescheidenes Anwesen?“

HINTER DEN KULISSEN
Dieser Teil der Anlage war früher der Forschungsbereich
von Yamatetsu. Vor allem wurde hier in zwei Bereichen
gearbeitet: an der Zucht essbarer Pflanzen, die mit mög-
lichst wenig Licht unter Wasser wachsen, und an der biolo-
gischen Manipulation der Merrows, die man zu ans Was-
ser angepassten Wächtern der Aquakologien heranzüch-
ten wollten. Beide Projekte ließen sich vielversprechend
an. Dann kam es zum katastrophalen Befall von Chicago
durch Insektengeister und schließlich zum Atomschlag.
Nach dieser Katastrophe musste Yamatetsu die gesamte
Anlage verlassen. In der allgemeinen Unruhe gingen vie-
le Untersuchungsergebnisse verloren. Der Leiter der For-
schungsabteilung, Dr. Urashima, wurde als vermisst ge-
meldet, und schließlich ging der Konzern davon aus, dass
er tot war. In Wahrheit blieb Dr. Urashima im Inneren der
Anlage und lebt dort bis heute, denn seine Versuchswe-
sen, die Merrows, sind ihm ans Herz gewachsen. Er wollte
sie weiterhin beobachten und erforschen. Heute ist er für
den Stamm zu einer Art Vaterfigur geworden.
Auf dem Pflanzenbeet in der Mitte der Halle wachsen
essbarer Süßwassertang und Seegras sowie einige pflanz-
liche Hybride. Kleine, schwache Erdelementare erzeugen
frischen Mutterboden und halten die Nutzpflanzen von
Unkraut und anderen Schädlingen frei. Kompostierte Fi-
schreste und nicht essbare Pflanzen dienen als Dünger.
Darüber hinaus wurde hier auch eine auf Algen beru-
hende Variante des Glühmooses gezüchtet. Die Ergeb-
nisse dieser Forschung dienen heute in diesem Teil der
Anlage als Lichtquelle. Die Merrows können zwar gut im
Dunkeln sehen, Urashima jedoch nicht, daher dient das
Glühmoos in Algenform hauptsächlich seinen Bedürfnis-
sen. Da relativ viele der Merrows magisch aktiv sind, ist
dieses Glühmoos mehr oder weniger ein Bewegungsmel-
der, das das Licht an- und später wieder ausschaltet. Oto-
ko und ihre Wachen sind alle ausreichend magisch aktiv,
dass sie das Glühmoos aktivieren, aber falls es die Runner
unter irgendwelchen Umständen schaffen, sich hier hin-
einzuschleichen, leuchtet das Moos in ihrer Nähe nur auf,
wenn wenigstens einer von ihnen aktiv Magie benutzt
(durch einen aktiven Zauberfokus, einen aufrechterhalte-
nen Zauber, aktivierte Adeptenkräfte, astrale Projektion
oder Vergleichbares).
Da sie wissen, dass Fremde hierherkommen, haben die
Merrows ihre Kraft Menschliche Gestalt genutzt und sich
hier in großer Zahl versammelt. Sie sind neugierig, aber
auch ein wenig misstrauisch. Außer Großes Fleisch und
Häuptling Ryujin warten hier noch ein Dutzend Merrows,
dazu kommen noch die Merrows in Otokos Begleitung.
Großes Fleisch will nichts mit der Oberflächenwelt und
ihren Bewohnern zu tun haben – er hält sie allesamt für
gefährliche Wilde. Die Merrows tragen Reste der Overalls
und sonstigen Kleidung der Yamatetsu-Konzernangehöri-
gen, die hier gelebt und gearbeitet haben. Sie haben die
Kleidungsstücke im Laufe vieler Jahre aus den Spinden
und Kleiderschränken gestohlen und sie angezogen, weil
Ryujin ihnen erzählt hat, dass man das so macht.
Ryujin ist der Häuptling des Stammes und war das al-
lererste Versuchsobjekt Dr. Urashimas. Er ist Besuchern
viel freundlicher gesonnen, da er in der Vergangenheit zu
einzelnen Oberflächenbewohnern gute Beziehungen an
anderen Orten aufgebaut hat. Die folgenden Gespräche
<< SZENE 7: GESPRÄCH MIT DEM STAMM
>> RISKIER MAL WAS! <<
werden aber natürlich von Otokos Verbleib entscheidend
beeinflusst. Falls die Runner sie getötet haben, wird das
Gespräch höchstwahrscheinlich schnell eskalieren. Spie-
len Sie Ryujin als weisen alten Staatenlenker, der keine
Gewalt will. Er möchte vor allem, dass sein Freund in Ruhe
gelassen wird und in Frieden leben kann. Obwohl er die
Gesellschaft Dr. Urashimas schon seit Jahren genießt, ist
ihm doch bewusst, dass viele Menschen in Anwesenheit
des Wissenschaftlers unvorhergesehen reagieren könn-
ten. Wenn der Häuptling glaubt, dass er den Runnern ver-
trauen kann, wird er ihnen gern helfen.
Großes Fleisch hingegen ist ein missmutiger Anfüh-
rer, der Metamenschen von der Oberfläche generell nicht
mag. Er wird allem, was die Spielercharaktere vorbringen,
widersprechen, und er sieht bei allem die Risiken und Ge-
fahren. Wenn er einen halbwegs guten Grund sieht, brüllt
er los. Am liebsten würde er den Runnern alles abnehmen,
was sie bei sich tragen, und sie nackt in den See werfen.
Aber er ist eben nicht der Häuptling, sondern lediglich der
beste Jäger des Stammes, also befolgt er Ryujins Anwei-
sungen, wenn auch gereizt. Er schaut unzufrieden drein.
Otoko ist Ryujins Enkelin. Ihre Mutter Otohime wartet
in einem der Nebenräume, weil sie Menschen misstraut.
Otoko hört meistens auf das, was ihr Großvater und
Häuptling sagt. Allerdings schwärmt sie auch ein bisschen
für Großes Fleisch – wie die meisten Frauen des Stammes.
Je nachdem, wie die Spielercharaktere sie behandelt ha-
ben, hetzt sie ihn entweder gegen sie auf oder verbietet
ihm, ihnen weh zu tun.
Alle Merrows hier verstehen Japanisch, und die meis-
ten sprechen auch ein bisschen Japanisch. Dr. Urashima
hat sie unterrichtet. Alle Schilder in den Anlagen sind in
Japanisch beschriftet. Nur Otoko spricht Englisch; sie kann,
wenn sie noch lebt, als Übersetzerin dienen. Denken Sie
an die Regeln, dass Proben auf Soziale Fertigkeiten durch
die Kenntnis der verwendeten Sprache begrenzt werden
(s. SR5, S. 152). Falls nicht wenigstens einer der Runner Ja-
panisch spricht, werden sich die Verhandlungen schwierig
gestalten.
Die Diskussion zwischen Ryujin und den Runnern ist
ein gegenseitiges Abtasten: Er will wissen, wie sie seinen
Stamm und die Anlage gefunden haben, was sie über-
haupt wollen und ob man ihnen trauen kann. Wie die Run-
ner Otoko behandelt haben, wird die Diskussion beein-
flussen, aber in den meisten Runden wird der Verlauf der
Diskussion selbst den Ausschlag geben.
Falls die Runner Ryujin nicht überzeugen können, dass
sie es gut mit seinem Stamm meinen, wird er sie anlügen.
In diesem Fall erzählt er ihnen, dass Dr. Urashima schon
vor Jahren gestorben ist. Er gibt ihnen dann einen zent-
ralen Datenspeicher mit, aber es handelt sich um eine
Fälschung, die er und Dr. Urashima schon vor Jahren vor-
bereitet haben, falls sie unerwünschten Besuch von der
Oberfläche bekommen. Er gibt ihnen den (falschen) Da-
tenspeicher nur unter der Bedingung, dass sie fortgehen,
niemandem von diesem Ort erzählen und nie wieder zu-
rückkehren.
Wenn die Spielercharaktere Ryujin von ihren guten Ab-
sichten und ihrer Vertrauenswürdigkeit überzeugen, verrät
er ihnen, dass Dr. Urashima noch am Leben ist, und fragt
sie, ob sie ihn treffen möchten. Sehr leise fügt er hinzu,
dass es mit der Gesundheit des guten Doktors in der letz-
ten Zeit nicht zum Besten steht. Daher hofft er, dass sie
61
>> RISKIER MAL WAS! <<
ihm auf irgendeine Weise medizinisch helfen können –die
Merrows können es nicht. Ryujin weiß zwar, dass Urashi-
ma den zentralen Datenspeicher aufbewahrt, wird das den
Runnern aber auf keinen Fall verraten, sondern stattdessen
auf Urashimas Urteil vertrauen.
DER BAU
Die meisten Räume hier lassen sich folgendermaßen
beschreiben: „Die Merrows haben diesen Raum in eine
Wohnhöhle verwandelt. Kleine Andenken sind hier und
dort versteckt, und auf dem Boden sind Kleidungsreste
und Stoffe als Schlafstätte aufgehäuft.“ Alternativ kön-
nen sie wie folgt beschrieben werden: „Dieser Raum ist
seit langer Zeit verlassen. Alle irgendwie wertvollen Dinge
wurden entfernt. Im Wesentlichen ist der Raum leer.“
Die einzigen andersartigen Räume sind die Küche, in
der die hier wohnenden Merrows noch heute ihre Mahl-
zeiten einnehmen, Ryujins Schlafraum und ein ehema-
liges Frauenbadezimmer, das heute von Großes Fleisch
als sein Privatraum genutzt wird. Darüber hinaus gibt es
einen Computerraum ohne Strom (eine gelungene Probe
auf Hardware + Logik [Geistig] (3) erlaubt es, ein Cyber-
deck daran anzuschließen und den Computer in Betrieb zu
nehmen, aber er enthält keine nützlichen Dateien mehr, da
Dr. Urashima sie vor der Evakuierung der Anlage gelöscht
hat. Der im Nachbarraum stehende Stromgenerator ist
hoffnungslos zerstört. Im Nachbarraum befindet sich die
Wohnung von Dr. Urashima.
KEINE PANIK
Wenn die Runner Otoko getötet haben und sich heimlich
in diesen Teil der Anlage begeben, verläuft die Szene ganz
anders. Zunächst sind weniger Merrows anwesend. Au-
ßerdem warten die Runner nicht auf eine Audienz – Gro-
ßes Fleisch und Ryujin befinden sich in ihren Räumen. Vier
Merrows sind auf dem Laufgang, ein paar weitere halten
sich in den nahegelegenen Räumen auf. Alle anderen be-
finden sich unter Wasser in den Resten der dritten Anla-
ge. Wenn die Spielercharaktere friedlich auftreten oder
ohne allzu viel Widerstand erwischt werden, kommt es
SZENE 8: DR. URASHIMA, NEHME ICH AN?
AUF EINEN BLICK
Die Runner haben die Merrows durch geschickte Ver-
handlungen oder in harten Kämpfen aus dem Weg ge-
schafft. Nun müssen sie mit Dr. Urashima reden und in
Erfahrung bringen, dass er den zentralen Datenspeicher
hat. Er ist tatsächlich froh, den Speicher den Charakte-
ren zu übergeben, aber er möchte, dass sie ihn mit nach
draußen nehmen.
62 SZENE 8: DR. URASHIMA, NEHME ICH AN? >>
KAMPF IN DER ANLAGE
Um dem Wasserdruck zu widerstehen, wurde die Anlage aus
widerstandsfähigen Materialien mit einer großen Wandstär-
ke errichtet. Schusswaffen (insbesondere schwere Waffen),
Sprengstoffe und alles, was starke Rüstungen durchdringen
kann, kann allerdings auch durch die Wände der Anlage drin-
gen und einen Wassereinbruch oder Schlimmeres hervorrufen.
Die Außenwände gelten als gepanzertes verstärktes Material
(Struktur 14, Panzerung 24). Immer, wenn etwas die Wände
durchdringt, tröpfelt allmählich Wasser herein. Wenn die Run-
ner genügend Schaden anrichten, um die Barriere zu zerstö-
ren (s. SR5, S. 197), schwächt das die gesamte Struktur, und
es kommt zu einem größeren Wassereinbruch. Wenn drei oder
mehr Abschnitte innerhalb eines der beiden übrig gebliebenen
Bauten zerstört werden, kollabiert der verbleibende Bau all-
mählich unter dem Wasserdruck. Innerhalb von zehn Minuten
läuft die Anlage mit Wasser voll.
auch hier zu Verhandlungen mit Ryujin. Sofern die Runner
Otokos Körper nicht aufwendig entsorgt oder versteckt
haben, kommt zu einem kritischen Punkt ihrer Verhand-
lungen eine Jagdgruppe mit Otokos Leichnam in den
Raum – diese Merrows haben die Spielercharaktere aus
einiger Entfernung beobachtet und schauten, nachdem
diese sich in die größere Anlage begeben hatten, in der
ehemaligen Zentrale nach, was die Runner dort angestellt
haben. Nachdem die Merrows dort die tote Otoko gefun-
den haben, bringen sie sie entsetzt zu ihrem Häuptling.
Warten Sie, bis es am spannendsten ist und eine Entschei-
dung von Ryujin unmittelbar bevorzustehen scheint, bevor
Sie die Jagdgruppe mit ihrem grausigen Fund auftauchen
lassen. Großes Fleisch wird vor Wut schäumen, und Ryujin
will nichts mehr mit den Charakteren zu tun haben. Wenn
das Team nicht von sich aus flieht, wird Großes Fleisch sei-
nen Jägern befehlen, sie anzugreifen, und Ryujin wird ihn
mit beschworenen Geistern unterstützen. Jede Handlung
hat Konsequenzen.
SAG’S IHNEN INS GESICHT
WENN DIE RUNNER AUF
DIPLOMATISCHEM WEGE ZU DR.
URASHIMA GEKOMMEN SIND:
Ryujin bringt euch zu einem der Nebenräume am Rand
der Anlage, klopft mit seinem Stab an den Türrahmen und
sagt auf Japanisch: „Dr. Urashima? Hier will Sie jemand
sprechen.“ Er wartet kurz, es ertönt eine Antwort, und er
nickt und macht dem Team Platz. Im Inneren des Raumes
geht ein Licht an, und jemand sagt: „Kommen Sie herein.
Ich habe auf Sie gewartet.“

WENN DIE RUNNER SICH DURCH DIE
MERROWS HINDURCHGEKÄMPFT HABEN:
Ihr geht an den Kadavern vorbei ins Innere der Anlage und
seht größtenteils Kinder, die sich hinter alt aussehenden
Merrows verstecken. Ein Raum allerdings sticht hervor,
weil er von außen sehr gepflegt aussieht. Als ihr euch die-
sem Raum nähert, sagt jemand drinnen: „Warum haben
Sie das getan? Sie waren unschuldig und hätten Ihnen
nichts getan.“ Der Sprecher seufzt müde. „Nun ist die Zeit
gekommen. Treten Sie ein.“
WENN DIE RUNNER EINTRETEN:
Im Gegensatz zu allen anderen Räumen in der Anlage ist
dieser wohlgepflegt. Die Kleidungsstücke sind sorgfältig
an Bügeln aufgehängt oder liegen zusammengefaltet in
Regalen. In einem weiteren Regal stehen Bücher, das Bett
ist gemacht, und der ganze Raum ist sauber und ordent-
lich. Ein betagter Japaner sitzt an einem kleinen Schreib-
tisch und schaut zur Tür und euch ins Gesicht. Er legt einen
kleinen leuchtenden Ball auf einen Ständer neben seinem
Tisch. „Ein Geschenk von Ryujin“, erläutert er. „Das einzige
Licht in einem finsteren Leben. Irgendwie passend. Ich war
da, als wir ihn erschaffen haben, und ich habe ihn in ein
Leben geführt, wie keiner seiner Art es je geführt hat. Als
unser Projekt beendet wurde, nahm er mich seinerseits auf
und zeigte mir eine Welt, die kein Mensch je erblickt hat.
Licht für Licht, verstehen Sie? Aber Sie sind weit gereist, um
hierherzukommen, und sicherlich haben Sie kein Interesse
an dem Geschwätz eines alten Mannes. Was kann ich für
Sie tun?“
HINTER DEN KULISSEN
Dr. Taro Urashima hat früher als Forscher für Yamatetsu
in der Forschungseinrichtung Nummer 42 gearbeitet. Als
er mit seiner Arbeit hier begann, bestand seine Aufgabe
darin, Pflanzen zu entwickeln, die Sauerstoff produzieren
sollten, ohne Sonnenlicht zu benötigen. Dadurch sollten
Unterwasser-Arkologien einfacher zu unterhalten sein, da
man keinen Strom für die Wiederauffrischung der Luft ver-
schwenden wollte.
Später erweiterte sich Urashimas Aufgabenbereich um
die Arbeit mit den Merrows. Süßwassermerrows galten
damals als schlauer als ihre Verwandten aus dem Meer,
und Yamatetsu wollte wissen, ob man ihre Intelligenz
steigern könnte, bis zu dem Niveau von Metamenschen.
„Waren sie wirklich intelligent? Haben wir diesen Funken in
ihnen entfacht, oder haben wir ihn wenigstens entdeckt?
Das haben wir uns vor zwanzig Jahren gefragt. Heute sind
die Merrows hier zweifelsohne intelligent, aber ist das
mein Werk? Oder haben wir ihnen nur ermöglicht, uns et-
was mitzuteilen, was schon immer in ihnen gesteckt hat?
Bevor wir das sicher wissen, liegen Jahrzehnte harter Ar-
beit vor uns. So viel Zeit bleibt mir nicht mehr.“
Dr. Urashima ist froh, dass er hier in der Tiefe die Mer-
rows unterrichtet und aufgezogen hat. Doch nach zwanzig
Jahren unter Wasser ist er ausgelaugt. Er hat sich sehr ein-
seitig ernährt und weder Sonnenlicht noch medizinische
Versorgung erhalten. Wenn er noch länger hierbleibt, wird
er sterben. Urashima glaubt, dass Ryujin und der Stamm
ihn nicht mehr brauchen. Ein wenig hofft er, dass Yama-
tetsu ihn wieder einstellt. Ansonsten ist er bereit, sich zu
Ruhe zu setzen, wenn der Konzern ihm irgendeine Art von
<< SZENE 8: DR. URASHIMA, NEHME ICH AN?
>> RISKIER MAL WAS! <<
minimalem Unterhalt zahlt. Wenn die Runner es ihm an-
bieten, ist er gern bereits, mit Sarah Silverleaf oder auch
mit Simon Andrews zu sprechen, wobei er auf eine An-
stellung hofft. Die Außenwelt hält ihn für tot, und er wird
Geld zum Leben brauchen.
Urashima hat den zentralen Datenspeicher bis heute
aufbewahrt. Er ist bereit, sich von ihm zu trennen, aber nur
unter einer Bedingung: Die Runner sollen ihn mit zurück-
nehmen. Er sagt, er sei zu alt und zu schwach, um sich
lange mit Herumschachern über einen guten Preis aufzu-
halten, daher verlangt er nur, dass das Team ihn mit an
die Wasseroberfläche nimmt. Wenn die Runner Urashima
bedrohen, verrät er nicht, wo sich der Datenspeicher be-
findet, leistet aber keinerlei Widerstand, wenn diese den
Raum durchsuchen. Der Datenspeicher ist hinter einer
Wandplatte in diesem Raum verborgen. Mit einer erfolg-
reichen Probe auf Wahrnehmung + Intuition [Geistig] (5)
bemerkt ein Runner, dass eine der Wandplatten zusätz-
liche Abnutzungserscheinungen aufweist, weil sie abge-
nommen worden ist.
Wenn das Team Urashima mitnimmt, gibt er ihnen den
Datenspeicher und folgt ihnen nach draußen, wo er sich
von Ryujin und den Merrows verabschiedet. Die kurze
Zeremonie ist für alle Beteiligten traurig, obwohl die Mer-
rows wussten, dass der Doktor sie schließlich verlassen
würde. Ryujin beschwört einen Wassergeist, der dem al-
ten Mann dabei hilft, durch den beschädigten Fahrstuhl-
schacht zu kommen, kann aber keinen ausreichend gro-
ßen Wassergeist beschwören, um Dr. Urashima sicher an
die Oberfläche des Sees zu bringen. Ein U-Boot wäre hier
ganz nützlich.
DAUMENSCHRAUBEN
Sarah Silverleaf hat die Runner darum gebeten, die For-
schungseinrichtung früh genug aufzusuchen, damit sie
vor der Konkurrenz da sind, aber es besteht die Chance,
dass die Konkurrenz schneller als erwartet dort ist. Evo ist
außerordentlich interessiert an der Anlage, da der Kon-
zern diese immer noch als sein Eigentum ansieht. Daher
erscheint ein Team von Evo, das alles Nützliche, was sich
hier befindet, an die Oberfläche bringen soll. Gerade als
die Runner zugestimmt haben, dass Dr. Urashima sie an
die Oberfläche begleitet (oder wenn sie den Datenspei-
cher entdeckt und gegen den Willen des alten Mannes
an sich genommen haben), bekommen sie eine Nachricht
von Goober: Das verschmutzte Wasser erschwert die Ver-
bindung, aber zwischen statischem Rauschen verstehen
die Runner, dass sich ein anderes U-Boot rasch nähert,
dass Goober sich zurückziehen muss, da er im Gegensatz
zu den Neuankömmlingen keinerlei Bewaffnung hat, dass
er aber so schnell wie möglich zurückkommt und die Run-
ner abholt. In Wirklichkeit ist auch das neu eintreffende
U-Boot unbewaffnet, aber das weiß Goober nicht – und da
sein U-Boot noch nicht vollständig repariert ist, entschei-
det er sich, jeder Art von Auseinandersetzung vorsorglich
aus dem Weg zu gehen. In jedem Fall steht den Runnern
ein Kampf bevor.
Urashima hält die Merrows davon ab, sich an dem
Kampf zu beteiligen. Stattdessen verbergen sie sich in den
Trümmern der ehemaligen Erholungsräume. Falls die Run-
ner ihn nicht mitnehmen, beschwört er einen Wassergeist,
der ihm das Atmen erlaubt, und bleibt bei den Merrows.
63
>> RISKIER MAL WAS! <<

Acht Einsatzkräfte von Evo kommen in die Tiefe. Wie Moonpool schwimmt und von dort die Anlage betritt.
vermutlich auch die Runner vor ihnen betreten sie die Zent- Wenn das Evo-Team mehr als vier Mitglieder verliert, zie-
rale durch den Moonpool. Sie wissen, dass sich mindestens hen sich die Überlebenden zum U-Boot zurück und fliehen.
ein weiteres Team hier unten befindet, und sind vorberei- Wenn das U-Boot ernsthaft in Gefahr gerät, fliehen dessen
tet. Sie verfügen über eine Karte der Anlage und rücken in Mitglieder an die Oberfläche und lassen ihre Kameraden im
Richtung des beschädigten Fahrstuhlschachts vor. Dort be- Stich. Falls kein Mitglied des Teams von Evo dem U-Boot
reiten sie einen Hinterhalt für jeden vor, der den Schacht mehr antwortet, flieht die Besatzung des U-Boots ebenfalls.
aus Richtung des größeren, tiefer gelegenen Baus verlässt.
Das U-Boot bleibt beim Moonpool, und seine Besatzung
warnt das Außenteam von Evo, falls sie merkt, dass jemand KEINE PANIK
mit einem Drucklufttauchgerät durch das freie Wasser zum Falls die Runner Urashima nicht mitnehmen wollen, aber
den Datenspeicher nicht finden, verliert er irgendwann die
EVO-MAGIER Geduld, gibt ihnen den Speicher und sagt: „Nehmen Sie
das. Gehen Sie, und kommen Sie nie wieder zurück.“
ZWERG (PROFESSIONALITÄTSSTUFE 5)
K G R S W L I C ESS M
6 3 5 4 6 5 4 4 6 6 EVO-EINSATZKRAFT
Initiative 9 + 1W6 (PROFESSIONALITÄTSSTUFE 5)
Astrale K G R S W L I C ESS
8 + 2W6
Initiative
6 3(5) 5(7) 5(7) 5 3 3 2 1,9
Zustands-
11 Initiative 8(10) + 3W6
monitor (K/G)
Zustands-
Limits Körperlich 7, Geistig 7, Sozial 7 11
monitor
Panzerung 7
Limits Körperlich 7(9), Geistig 5, Sozial 4
Askennen 9, Einschüchtern 6, Herbeirufen 11, Hexe-
Fertigkeiten Panzerung 7
rei-Fertigkeitsgruppe 11, Pistolen 7, Schleichen 8, Tau-
(Würfelpools) Athletik-Fertigkeitsgruppe 12, Feuerwaffen-Fertigkeits-
chen 11, Wahrnehmung 8 Fertigkeiten
Initiatengrad 2 gruppe 11, Nahkampf-Fertigkeitsgruppe 10, Projektilwaf-
(Würfelpools)
Metamagie Abschirmung, Zentrierung fen 11, Schleichen 11, Tauchen 11, Wahrnehmung 9
Betäubungsball, Betäubungsblitz, Eisdecke, Entgiftung, Cyberaugen [Stufe 2; Blitzkompensation, Infrarotsicht,
Zauber Gegenmittel, Handlungen Beherrschen, Kampfsinn, Bodytech Restlichtverstärkung, Smartlink], Reflexbooster 2; Mus-
Schmerz kelstraffung 2, Muskelverstärkung 2
Gebundene Geschlossener Taucherhelm [mit Restlichtverstärkung],
Wassergeist (Kraftstufe 5, 4 Dienste)
Geister Ausrüstung Kommlink [Erika Elite; Gerätestufe 4], Taucherausrüs-
AR-Brille [mit Bildverbindung], Geschlossener Taucher- tung, Tauchpanzerung [Chemische Versiegelung] [7]
Ausrüstung helm [mit Helmlampe, Restlichtverstärkung], Kommlink AquaDyne Harpunengewehr Shark-XS [Projektilwaffe |
[Sony Emperor; Gerätestufe 2], 2 Stim-Patches 3 Präz. 5 | Schaden 9K | DK -2 | EM | 5(m)]
Waffen
Ares Light Fire 70 [Leichte Pistole | Präz. 7 | Schaden 6K | Schockhandschuh [Waffenlos | Präz. 9 | Schaden 8G(e) |
Waffen
DK – | HM | 16(s)] DK -5]

SZENE 9: ZAHLTAG UND LANDGANG

AUF EINEN BLICK HINTER DEN KULISSEN

Die Runner fahren zum Hafen zurück, wo Sarah Silverleaf
bereits auf sie wartet, um ihnen das vereinbarte Honorar
auszuzahlen.
SAG’S IHNEN INS GESICHT
Als euer Mini-U-Boot durch die Wasseroberfläche bricht,
geht ein Zittern durch das Gefährt. Ihr seid wieder am Ha-
fen. Durch Haarrisse ist etwas Wasser ins Innere des U-Boots
gedrungen, und ihr seid heilfroh, hier lebend wieder raus-
zukommen. Goober lenkt das U-Boot in sein Dock. Als ihr
herausklettert, seht ihr zwei riesige Trollinnen in maßge-
schneiderten Anzügen, die links und rechts von einer atem-
beraubend schönen Elfe stehen. Sie lächelt euch zu, als ihr
an Land kommt. Offenbar hat es Sarah Silverleaf eilig, eure
Lieferung in Empfang zu nehmen und euch auszuzahlen.
Sarah und ihre zwei Leibwächterinnen (s. Szene 2: Gestat-
ten, Sarah Silverleaf, S. 48) warten geduldig auf die Run-
ner. Falls die Runner einen Extradeal mit Simon Andrews
vereinbart haben und diesem Dr. Urashima verkaufen
möchten, hat Goober damit kein Problem – er hält seinen
Mund, und Dr. Urashima bleibt so lange im U-Boot, bis Sil-
verleaf und ihre zwei Trollfrauen den Anleger verlassen ha-
ben. Sarah stellt den Runnern ein paar allgemeine Fragen
über die Aquakologie. Sie verbindet den Datenspeicher
mit ihrem Kommlink und schaut sich die Dateien einen
kurzen Moment lang an, bevor sie lächelt. Sie ist zufrie-
den – auf dem Speicher befinden sich die Informationen,
die sie wollte. Wenn die Runner Pflanzen mit nach oben
gebracht haben, zahlt sie ihnen zusätzlich 1.000 Nuyen
(insgesamt, nicht pro Pflanze). Falls das Team Dr. Urashima
an Sarah übergibt, bietet sie ihnen zusätzliche 2.000 Nuy-

64 SZENE 9: ZAHLTAG UND LANDGANG >>


en und dem Doktor eine Anstellung bei Renraku an – Sa-
rah kennt Urashimas Lebenslauf und ist hocherfreut, dass
er noch am Leben ist. Falls einer der Runner die Merrows
erwähnt, fragt sie das Team, ob sie ihr ein Exemplar mit-
gebracht haben, und wirkt sehr enttäuscht, falls die Run-
ner keinen dabei haben. Anschließend lädt sie die Nuyen
auf beglaubigte Credsticks, die sie den Runnern übergibt.
Dann verlässt sie die Runner und nimmt ihre Beute mit.
Wenn die Runner als Nächstes Simon anrufen, verein-
bart er ein Treffen in einer schmierigen Kneipe namens
The Buried Treasure – es ist eine Bar für Taucher, und die
Einrichtung versucht, sich an das Thema Seefahrt zu hal-
ten. Wenn die Runner eintreffen, trinkt Simon bereits, und
er gibt ihnen zur Feier des Tages einige Drinks aus. Wenn
die Runner ihm das Vereinbarte übergeben, überreicht er
ihnen gut gelaunt die vereinbarte Belohnung: Er gibt den
Runnern 500 Nuyen, wenn sie ihm Pflanzen mitgebracht
haben (insgesamt, nicht pro Pflanze), und weitere 500
Nuyen, wenn sie ihm Urashima übergeben. Er bietet Uras-
hima eine Belohnung an, wenn dieser seinen Auftragge-
bern über die Projekte, an denen er vor zwanzig Jahren
gearbeitet hat, Informationen geben kann.
Anschließend können die Runner sich gegenseitig
gute Nacht wünschen und sich über ihre frisch erworbe-
nen Nuyen freuen.
NACH DEM ABENTEUER
GELD
• 6.000 ¥ von Sarah Silverleaf, wenn die Runner ihr den
zentralen Datenspeicher übergeben.
• 3.000 ¥ von Sarah Silverleaf, die die Runner aus-
schließlich für Tauch- und Unterwasserausrüstung
ausgeben dürfen.
• 3.000 ¥ pro Person plus 250 ¥ pro Nettoerfolg bei ei-
ner Verhandlungsprobe (maximal 8 Nettoerfolge) von
Simon Andrews, wenn die Runner den gesamten Run
für ihn aufnehmen, oder von Sarah Silverleaf, wenn
die Runner ihr Simons Abwerbungsversuch beim Be-
werbungsgespräch melden.
• 3.000 ¥, wenn die Runner Simon eine Kopie der Da-
ten aus dem zentralen Speicher übergeben, oder die-
selbe Summe von Sarah Silverleaf, wenn die Runner
ihr Simons Abwerbungsversuch melden.
• 1.000 ¥ von Sarah Silverleaf, falls die Runner ihr we-
nigstens eine Pflanze mitgebracht haben.
• 500 ¥ von Simon Andrews, falls die Runner ihm we-
nigstens eine Pflanze mitgebracht haben.
• 2.000 ¥ von Sarah Silverleaf oder 500 ¥ von Simon
Andrews, falls die Runner Dr. Urashima zu der betref-
fenden Person bringen.
KARMA
• 1 Karma – Die Runner haben den zentralen Datenspei-
cher bekommen.
• 1 Karma – Die Runner bringen Dr. Urashima lebendig
zurück.
>> RISKIER MAL WAS! <<
DAUMENSCHRAUBEN
Während sich die Runner am Dock von Sarah auszahlen
lassen, könnten sie entweder von einem zweiten Einsatz-
team von Evo oder von dem ersten Team angegriffen wer-
den, falls sie dieses irgendwie ausgetrickst haben und vor
deren U-Boot an die Oberfläche gekommen sind. Statt-
dessen könnte auch das Einsatzteam eines weiteren Me-
gakonzerns wie Ares oder Aztechnology diesen späteren
Zeitpunkt zum Zuschlagen wählen. Sarahs Leibwächterin-
nen sorgen vor allem für ihre Sicherheit und versuchen,
sie lebend und unverletzt rauszubringen. Die Angreifer
versuchen, so viel an Informationen, Gewebeproben und
Dateien wie möglich zu ergattern. Am dringendsten wol-
len sie den zentralen Datenspeicher und Urashima in ihre
Gewalt bekommen.
KEINE PANIK
Weder Sarah noch Simon lassen sich auf irgendwelche
Nachverhandlungen ein. Sie gewähren die Boni, die sie
anbieten – dies sind bereits Extrazahlungen, und die Run-
ner können sie annehmen oder es bleiben lassen. Darüber
hinaus sind in dieser Szene eigentlich keine Schwierigkei-
ten zu erwarten: Die Runner werden bezahlt, gehen nach
Hause, und der Vorhang fällt.
• 1 Karma – Die Runner haben Pflanzenproben mitge-
bracht.
• 2 Karma – Die Runner haben das Abenteuer überlebt.
• 2 Karma – Allgemeine Abenteuerschwierigkeit.
Zusätzlich können noch 1 bis 3 Punkte Karma für gutes
Rollenspiel, besonderen Humor, gute Regelkenntnis, Wei-
terbringen des Abenteuers und der Action oder für eine
besonders kluge Aktion vergeben werden. Diese Punkte
müssen die Spieler sich verdienen, und die vollen 3 Punk-
te sollten wirklich nur die Besten von ihnen erhalten. Die
maximale Karmabelohnung eines Charakters für dieses
Abenteuer sollte 9 nicht überschreiten.
REPUTATION
Es könnte passieren, dass die Aktionen der Runner wäh-
rend des Abenteuers sich auf ihren Straßenruf oder ihre
Prominenz auswirken oder ihnen einen Schlechten Ruf
einbringen (s. SR5, S. 371). Der Spielleiter sollte dabei nicht
nur die im Folgenden aufgelisteten szenariospezifischen
Modifikatoren einbeziehen, sondern auf Basis der Hand-
lungen der Charaktere während des gesamten Abenteuers
weitere Punkte dort vergeben, wo es sich anbietet.
• +1 Straßenruf, wenn die Runner Dr. Urashima wieder
zurück an die Oberfläche bringen.
• +1 Schlechter Ruf, wenn die Runner einen Kampf im
Purple Pig beginnen.
• +1 Prominenz, wenn die Runner einen Kampf im Pur-
ple Pig beginnen.
<< NACH DEM ABENTEUER 65
>> RISKIER MAL WAS! <<
CONNECTIONS
Durch die Erfüllung von Missionszielen oder die Ausfüh-
rung der weiter unten beschriebenen Aktionen können
die Charaktere neue Connections mit Loyalität 1 hinzuge-
winnen. Wenn die Charaktere die betreffende Connection
bereits haben, erhöht sich stattdessen deren Loyalität um
1, bis hin zu einem Maximum von 4.
Natürlich können die Charaktere auch mit nicht inner-
halb des Abenteuers beschriebenen NSC interagieren und
diese als Connections mit einer Loyalität von 1 gewinnen.
Ebenso können sie auch nicht mit der Mission in Verbin-
dung stehende Connections nutzen, die sie sich bereits
verdient oder bei der Charaktererschaffung erworben ha-
ben. Die Loyalität dieser Connections kann ebenfalls um
1 steigen, bis zu einem Maximum von 4. Der Spielleiter
sollte Connections nur dann vergeben, wenn die Spieler
sich besondere Mühe geben, den NSC zu beeindrucken
BEINARBEIT
Wenn ein Spielercharakter eine Connection kon-
taktiert, legt der Spielleiter für diese Connection
eine Probe auf Einfluss + Einfluss ab. Die Anzahl der
Erfolge gibt an, wie viele Ränge an Informationen
die Connection über das fragliche Thema weiß.
Wenn das Thema eine Spezialität der Connection
ist, erhält sie einen Würfelpoolbonus von +3 für die
Probe. Der Spielercharakter legt anschließend eine
Probe auf Charisma + Gebräuche + Loyalität ab. Die
Anzahl der Erfolge bestimmt, welche Anzahl von
Rängen an Informationen die Connection umsonst
preisgibt (bis zur Grenze dessen, was die Connec-
tion weiß). Weiß die Connection mehr, können ihr
zusätzliche Informationen zu einem Preis von 500
¥ - (Loyalität x 100 ¥), mindestens aber 100 ¥, pro
zusätzlichem Rang entlockt werden.
Falls die Spielercharaktere sich bei allen ihren
Connections umgehört haben und ihnen immer
noch wichtige Informationen fehlen, können sie
eine Connection bitten, sich umzuhören. In diesem
Fall legt die Connection eine Ausgedehnte Probe
auf Einfluss + Einfluss (20 Minuten) ab. Zusätzliche
Informationen kosten in diesem Fall 1.000 ¥ - (Loya-
lität x 100 ¥), mindestens aber 200 ¥.
Eine Handlung Matrixsuche (SR5, S. 238) kann
ebenfalls verwendet werden, um Informationen
aus den folgenden Tabellen zu sammeln, indem die
angegebenen Schwellenwerte und Suchzeiträume
verwendet werden.
66 BEINARBEIT >>
und sich die Connection auch zu verdienen, indem sie ihr
einen Gefallen tun oder ihr für ihre Dienste und Informati-
onen weit mehr als den Standardpreis bezahlen.
Sarah Silverleaf: Wenn die Runner den zentralen Daten-
speicher zurückbringen, erhalten sie Sarah als Connection
mit Loyalität 1. Falls sie sie bereits als Connection haben, er-
höht sich ihre Loyalität um 1 (bis zu einem Maximum von 4).
Simon Andrews: Wenn die Runner den Run filmen und
Simon die entsprechende Datei übergeben, erhalten sie
ihn als Connection mit Loyalität 1. Falls sie ihn bereits als
Connection haben, erhöht sich seine Loyalität um 1 (bis zu
einem Maximum von 4).
Goober: Wenn die Runner Goober gut und als gleich-
berechtigen Runner behandeln und sich in kritischen Situ-
ationen an seine Anweisungen halten, erhalten sie ihn als
Connection mit Loyalität 1. Falls sie ihn bereits als Connec-
tion haben, erhöht sich seine Loyalität um 1 (bis zu einem
Maximum von 4).
DAS PURPLE PIG
Passende Connections: jede Connection auf der Straße
Schwellen- Suchzeit-
Information
wert raum
0 – Hast du kein Kommlink, oder was?
1 1 Minute Nettes Restaurant unten am Hafen.
2 5 Minuten Nett, wenn man mal eine runde Jah-
reszahl feiern will, aber viel zu teuer,
um da regelmäßig essen zu gehen.
Krasse Weinkarte.
3 30 Minuten Während der Quarantäne hatten
die durchgehend geöffnet. Keine
Ahnung, wie die das durchgehalten
haben. Aber natürlich haben selbst
die in der Zeit ihr Menü oft ändern
müssen.
4 2 Stunden Da treffen sich häufiger Johnsons
und Runner. Es hat sich eingebür-
gert, dass das neutrales Gelände
ist – fang da bloß keinen Streit an,
ja?
5 6 Stunden Da laufen immer wieder richtig
großartige Geschäfte, und die ha-
ben sogar einen 2012er Mondavi
auf der Weinkarte. Habe ich gehört.
 >> RISKIER MAL WAS! <<

SARAH SILVERLEAF SIMON ANDREWS

Passende Connections: jede Konzernconnection Passende Connections: alle Club-Connections, jeder
Transformierte, hochrangige Saeder-Krupp-Angestellte,
Schwellen- Suchzeit- SimSinn-Stars
Information
wert raum
0 – Hast du’s auch ein bisschen Schwellen- Suchzeit-
Information
genauer? Ein Vorname, ein wert raum
Bild, irgendwas? 0 - Aus einem Blog: Simon und
1 1 Minute Das ist dieser Trideo-Star aus Andrew heiraten endlich, oh
den fünfziger Jahren, oder? HEISS HEISS HEISS, diese bö-
sen Jungs! Mmmmm! Zeit,
2 5 Minuten Das ist eine Ms Johnson, die
den Smoking mit dem feh-
hier seit einigen Monaten Jobs
lenden Hosenboden rauszu-
vergibt.
holen! HALLOOOOO!
3 30 Minuten Das ist eine hammermäßige
1 1 Minute Simon Andrews? Ist das nicht
Ms Johnson, die viele Runner
ein Schieber oder Konzern-
nach Strich und Faden mani-
mann für Saeder-Krupp?
puliert hat.
2 5 Minuten Simon ist ein Ganzkörper-Trans-
4 2 Stunden Die Frau ist ein echter Sukku-
formierter, der die Veränderung
bus. Damit sie einen günsti-
gut überstanden hat, auch
gen Vertragsabschluss hin-
wenn einige Mädchen dir ver-
kriegt, macht die alles. Alles!
mutlich erzählen werden, dass
Die Frau ist ein heißes Eisen,
er schon vorher eine Schlange
Chummer, verbrenn dir nicht
war. Er ist wie eine Echse von
die Finger.
grüner, schuppiger Haut be-
5 6 Stunden Sie arbeitet für Renraku und deckt, hat einen britischen Ak-
ist einer ihrer besten Agenten zent und ist ein kompletter Fre-
überhaupt. ak, besonders, wenn er seine
Reptilienaugen auf irgendwas
Weibliches mit zwei Beinen
YAMATETSU richtet. Er ist neu in Chicago.
FORSCHUNGSEINRICHTUNG 3 30 Minuten Agent für Saeder-Krupp? Ja,
NUMMER 42 tatsächlich ist er Lofwyrs Auge
und Ohr in dieser Gegend …
Passende Connections: jede Connection auf der Straße habe ich zumindest gehört.
4 2 Stunden Wer weiß schon, was er vor-
Schwellen- Suchzeit- hat? Er arbeitet für einen Dra-
Information
wert raum chen. Was kann man anderes
0 – Bitte noch mal: Wessen Num- sagen als: Lass dich nicht mit
mer suchst du wo? Drachen ein? Nun, das und
1 1 Minute 42? Gab’s da nicht irgendein stiehl ihm nichts aus seiner
Buch drüber? Tasche. <Connection er-
2 5 Minuten Yamatetsu? Du meinst Evo, schaudert.>
oder? Yamatetsu habe ich ja
schon seit Jahren nicht mehr
gehört.
3 30 Minuten Das muss wohl ein größe-
res Labor für modernste For-
schung gewesen sein. Die ha-
ben immer furchtbare Namen.
Wissenschaftler haben über-
haupt keine Fantasie.
5 6 Stunden Intern hieß die Einrichtung
Ryugo-jo, aber die ist vor
zwanzig Jahren kaputtgegan-
gen. Ich hab die Dokumente
selbst gesehen, in denen Ya-
matetsu sie als zerstört de-
klariert und vollständig abge-
schrieben hat.

<< BEINARBEIT 67
>> RISKIER MAL WAS! <<

HAUPTDARSTELLER

DR. TARO URASHIMA

Dr. Urashima war früher ein wenig bekannter Forscher bei
Yamatetsu. Jetzt ist er über sechzig Jahre alt und krank. In
seiner aktiven Zeit war er ein cleverer Genetiker, der den
Wunsch hatte, die Natur zu verbessern. Es gelang ihm,
GROSSES FLEISCH den Ertrag von Nahrungspflanzen zu steigern, womit er
Großes Fleisch, der größte der Merrows und ihr bester sich für höhere Aufgaben in teureren Programmen emp-
Jäger, ist der Hauptversorger seines Stammes, und so- fahl. Dass er auch in kritischen Situationen die Ruhe be-
bald Ryujin verstirbt, wird er ihm vermutlich als Häuptling wahrte, zeichnete ihn für die Unterwasserforschung aus.
nachfolgen. Großes Fleisch glaubt, dass die Merrows sich In der Einrichtung Nummer 42 sollte er vor allem einfa-
von der Außenwelt abkapseln sollten, und misstraut deren che genetische Veränderungen an Pflanzen vornehmen,
Bewohnern. Er glaubt an seine Rolle als Ernährer und Be- um zu ermitteln, welche dieser Ausgangspflanzen in den
schützer des Stammes. Wenn er mit Freunden und Fami- Großen Seen überleben und genutzt werden könnten.
lienmitgliedern zusammen ist, ist er laut und oft voreilig. In einer viel späteren Phase hätten es die Ergebnisse er-
Er ist auf seine Arbeit als Jäger sehr stolz – und das nicht, möglichen sollen, diese Pflanzen auch im verschmutzten
weil es ihn hervorhebt, sondern weil es dem Stamm hilft. Salzwasser der Ozeane anzubauen, aber dies wurde bis
Großes Fleisch hatte bisher stets eine Gefährtin, wenn ihm heute nicht verwirklicht. Während der Arbeit in der Anlage
der Sinn danach stand, und er ist der Vater von einigen begeisterte sich Dr. Urashima für die Arbeit eines Kollegen,
Kindern. Er nimmt nur sehr ungern menschliche Gestalt der die Merrows wie Haustiere dazu abrichtete, einfache
an, auch wenn er es tut, wenn es sein muss – er fühlt sich Aufgaben zu erledigen. Es war Urashimas Idee, auch die
in dieser Form langsam und schwach. Merrows genetisch zu verändern, um sie klüger werden
zu lassen. Die entsprechenden Ergebnisse hielt Urashima
K G R S W L I C EDG ESS M
aber vor seinem Arbeitgeber geheim, denn für dieses un-
7 5 8 9 5 3 5 4 3 6 4 genehmigte und nicht abgesprochene Vorhaben nutzte er
Initiative 13 + 2W6 Firmenressourcen ohne Freigabe.
Zustands- Als die Einrichtung aufgegeben wurde, täuschte Urashima
12/11
monitor einen tödlichen Zwischenfall mit radioaktivem Material vor
Panzerung 12 – so konnte er zurückbleiben und mit seinen Haustieren ar-
Limits Körperlich 11, Geistig 6, Sozial 7 beiten. Heute denkt er, dass er sich nicht noch einmal so
Askennen 3, Klingenwaffen (Speere) 8 (+2), Navigation 4, entscheiden würde, wie er es vor zwanzig Jahren getan hat,
Fertigkeiten Schleichen 4 (unter Wasser +2), Schwimmen 6, Waffen- aber er akzeptiert seine damalige Entscheidung. Er gibt sich
loser Kampf 6, Wahrnehmung 7 (unter Wasser +2) damit zufrieden, in der alten Forschungseinrichtung vor sich
Bewusstsein, Dualwesen, Gesteigerte Sinne (Geruch), hin zu werkeln, seine Merrows zu trainieren und einfachs-
Kräfte te Experimente mit dem wenigen Material durchzuführen,
Menschliche Gestalt, Mimikry, Panzer 12
Speer [Klingenwaffe | Präz. 5 | Reichweite 3 | Schaden 12K das ihm noch zur Verfügung steht. Er sehnt sich geradezu
Waffen schmerzlich nach der Außenwelt, aber eine Rückkehr aus
| DK -2 | 1 Anwendung Lambtonlurch-Gift*]
* Lambtonlurch-Gift: Jeder, der von dem Gift berührt wird, muss eine eigener Kraft ist ihm unmöglich. Den alten zentralen Da-
Probe auf Konstitution + Willenskraft (9) ablegen. Misslingt die Probe, ist tenspeicher der Einrichtung verwahrt er in seinem eigenen
er für [10 - Konstitution] Minuten gelähmt, mindestens aber für 1 Minute. Raum, wenn auch eher aus Sentimentalität als aus der Hoff-

68 HAUPTDARSTELLER >>
 >> RISKIER MAL WAS! <<

nung, seine Erkenntnisse noch einmal jemandem mitteilen Einfluss: 4

zu können. Er ist vom Alter gebeugt, ungekämmt, stark Loyalität: zu Beginn maximal 4
kurzsichtig, fehlernährt und hat nicht mehr lange zu leben. Zitat: „Deine Optionen sind Gut, Schnell oder Billig. Du
kannst dir zwei davon aussuchen.“
K G R S W L I C EDG ESS
2 2 1 1 3 6 3 2 3 5,9 K G R S W L I C EDG ESS
Initiative 4 + 1W6 6(8) 3 4 5 7 5 5 4 5 1,66
Zustands-
9/10 Initiative 9 + 1W6
monitor (K/G)
Zustands-
Limits Körperlich 2, Geistig 6, Sozial 5 12/12
monitor (K/G)
Computer 4, Erste Hilfe 4, Gebräuche (Konzern) 3 (+2),
Aktions- Limits Körperlich 7, Geistig 8, Sozial 6
Hardware 2, Industriemechanik 4, Medizin 6, Software 2,
fertigkeiten Panzerung 14
Tierführung (Merrows) 4 (+2), Unterricht 2
Wissens- Biologie 9, Botanik 6, Genetik 9, Parazoologie (Mer- Vorteile Rennpilot
fertigkeiten rows) 4 (+2) Bodenfahrzeuge 5, Elektronik-Fertigkeitsgruppe 4, Flug-
Sprach- zeuge 3, Gewehre 5, Mechanik-Fertigkeitsgruppe 7, Na-
Englisch 2, Japanisch M, Merrow-Sprache 1 Aktions-
fertigkeiten vigation 4, Pistolen 5, Schiffe 4, Schlosser 4, Schnellfeu-
fertigkeiten
erwaffen 4, Schwere Waffen 4, Verhandlung (Feilschen)
Bodytech Datenbuchse
6 (+2), Waffenloser Kampf 5
Ausrüstung Brille
Chicago 8, Fahrzeugreparaturen 8, Feuerwaffenrepa-
Wissens- raturen 8, Örtliche Gangs 4, Örtliche Shadowrunner 4,
fertigkeiten Panzerungsreparaturen 6, Safehouses 4, Zwergenpor-
nos 3
Sprach-
Englisch M
fertigkeiten
Aluminium-Kompositknochen, Cyberarm [links, offen-
sichtlich, Stärke 5; Cyberholster, Kommlink [Gerätestufe
6; Sim-Modul mit heißem Sim], Schmuggelbehälter],
Bodytech
Cyberaugen [Stufe 4; Blitzkompensation, Infrarotsicht,
(alles
Restlichtverstärkung, Sichtverbesserung 3, Sichtvergrö-
Betaware)
ßerung, Smartlink], Cyberohren [Stufe 4; Audioverbes-
serung 3, Dämpfer, Richtungsdetektor, Selektiver Geräu-
schfilter 6], 2 Datenbuchsen, Riggerkontrolle 3
Kommlink [Transys Avalon, Gerätestufe 6], Panzerjacke
[12], Waffen- und Drohnen-„Laden“ (Zugriff auf eine
Ausrüstung
große Auswahl von Waffen, Panzerung, Drohnen und
Fahrzeugen)

GOOBER
Goober ist ein zwergischer Waffenbauer, der aus der Zone
heraus operiert. Er hat einen Angelladen („Goober’s B&T“),
den er als Basis nutzt und unter dem sich ein kleines Lager-
haus befindet, aus dem heraus er fast alles an Hardware (Waf-
fen, Fahrzeuge, Technik) verkauft. Er hat viele Connections,
aber er fasst nicht leicht Vertrauen. Er ist ein Überlebender
von Bug City, und das hat psychische Narben hinterlassen. Er
glaubt fest an das Prinzip von Angebot und Nachfrage.
Goober ist ein typischer Zwerg, kurz und rundlich mit
einem rotbraunen Vollbart und buschigen Augenbrauen. Er
hat mehrere Stücke offensichtlicher Cyberware, einschließ-
lich älterer Cyberaugen im Sichtgerätestil, zwei Datenbuch-
sen und einer Riggerkontrolle; außerdem ist sein linker Arm
ein offensichtlicher Cyberarm. Goober trägt immer einen
Overall mit abgerissenen Ärmeln und Taschen voller Aus-
rüstung sowie einen prall gefüllten Werkzeuggürtel mit al-
lem, was er für eine spontane Reparatur brauchen könnte.
OTOKO
Otoko ist eine genetisch verbesserte Süßwassermerrow,
und ihr Benehmen entspricht ungefähr dem eines rebelli-
schen menschlichen Teenagers. Sie ist aufsässig und eigen-
willig und reist einmal im Monat nach Chicago, um sich die
Welt der Metamenschen außerhalb des Sees anzuschauen
und Dinge an sich zu nehmen. Sie hat eine Schwäche für Er-
findungen der Metamenschheit, auch wenn sie diese nicht
wirklich versteht. Dank der Abstammung von ihrem Groß-
vater hat sie eine kleine magische Gabe, hat diese aber noch
nicht allzu gut gemeistert. Den größten Teil ihrer arkanen
Macht benötigt sie, um ihre Tarnung als Mensch aufrecht-
zuerhalten oder um einen Wassergeist zu rufen, der ihr hilft,
in die Stadt oder zurück auf den Grund des Sees zu reisen.
Otoko spricht Japanisch einigermaßen fließend, und als ein-
ziges Mitglied ihres Stammes spricht sie auch ein wenig
Englisch. Sie hat sich als einzige in der aufgegebenen Zen-
trale niedergelassen, die sie als ihre Wohnung ansieht. Da-
bei ist sie dem Rat von Dr. Urashima gefolgt und hat durch
den Anbau und die Pflege einiger Pflanzen dafür gesorgt,
dass sich die Luft dort einigermaßen atmen lässt – denn die
Algen, die das eigentlich hätten tun sollen, sind ohne Elekt-
rizität für die Geräte, die sie versorgt haben, schon seit lan-
ger Zeit verwelkt. Otoko liebt menschliche Technologie und
Musik, sofern diese lebhaft und fröhlich ist.

<< HAUPTDARSTELLER 69
>> RISKIER MAL WAS! <<

K G R S W L I C EDG ESS M Hier in der Tiefe konnte er mit ihrem Einverständnis und
4 2 6 6 4 3 3 4 3 6 4 ohne Leiden zwei Jahrzehnte lang weitere Versuche mit
Initiative 9 + 2W6 ihnen durchführen.
Ryujin ist nur halb so alt wie Dr. Urashima, aber für einen
Zustands-
10/10 Merrow bedeutet das, dass er im letzten Jahrzehnt seines
monitor
Limits Körperlich 8, Geistig 5, Sozial 6
Lebens steht. Die genetischen Verbesserungen, die Yama-
tetsu an ihm und seinem Stamm vorgenommen hat, sind
Panzerung 0
bisher zuverlässig bei allen Nachkommen aufgetreten. Den-
Kräfte Bewusstsein, Dualwesen, Menschliche Gestalt
noch fürchtet Ryujin, dass die Merrows ohne die Aufsicht
Schwächen Ungebildet
und Lehre Dr. Urashimas in ihren einfältigeren Urzustand
Askennen 5, Beschwören-Fertigkeitsgruppe 3, Computer zurückfallen. Darum lässt er sie auch in der Anlage und nicht
1, Erste Hilfe 2, Hardware 1, Hexerei-Fertigkeitsgruppe 2,
Aktions- weiter in der Tiefe auf dem Grund des Sees wohnen – er will
Klingenwaffen 2, Medizin 2, Navigation 3, Schleichen 3,
fertigkeiten gar nicht, dass sich sein Stamm mit anderen Merrows ver-
Schwimmen 4, Verzaubern-Fertigkeitsgruppe 2, Waffen-
loser Kampf 2, Wahrnehmung 3 mischt. Die meisten Mitglieder seines Stammes sind inzwi-
Wissens- schen eng verwandt, und er sieht sie als seine Familie, die
Moderne Musik 1, NERPS 1 er beschützen will – seine Enkelin Otoko liebt er besonders.
fertigkeiten
Sprach- Ryujin spricht als einziges Mitglied seines Stammes fließend
Englisch 1, Japanisch 3 Japanisch und genießt seine langen Unterhaltungen mit Dr.
fertigkeiten
Fische Entdecken (Erweitert), Gegenmittel, Heilen, Sauer- Urashima über Gott und die Sechste Welt.
Zauber
stoffmaske, Unterhaltung
Handgefertigtes Messer [Klingenwaffe | Präz. 3 | Reich-
Waffen
weite – | Schaden 7K | DK –]

RYUJIN
Der Anführer des Merrowstammes erhielt diesen Na-
men von den Wissenschaftlern aus der Yamatetsu-For-
schungseinrichtung. Da er auf die ersten Behandlungen
vielversprechend reagierte, war der damals verspielte
und bis heute schlaue Merrow schon bald ein Liebling al-
ler Forscher. Als die Forschungseinrichtung geschlossen
wurde, offenbarte er Dr. Urashima insgeheim, dass seine
Intelligenz viel weiter fortgeschritten war, als den Wis-
senschaftlern klar war. Daraufhin beschlossen die beiden,
dass sowohl die Merrows als auch Dr. Urashima auf dem
Grund des Michigansees bleiben würden. Urashima hat-
te begriffen, dass den Merrows an der Oberfläche weite-
re Versuche und viel Schmerz bevorstünden.

K G R S W L I C EDG ESS M
5 3 6 6 4 3 3 4 3 6 4
Initiative 9 + 2W6
Zustands-
11/10
monitor
Limits Körperlich 8, Geistig 5, Sozial 6
Panzerung 9 SARAH SILVERLEAF
Askennen 6, Beschwören-Fertigkeitsgruppe 4, Erste
Sarah Silverleaf ist eine hinreißende und intelligente Elfe.
Hilfe 2, Hexerei-Fertigkeitsgruppe 4, Klingenwaffen 4,
Aktions-
Medizin 3, Navigation 3, Schleichen 3, Schwimmen 4, Außerdem ist sie Renrakus Vertreterin in Chicago. Sie ist erst
fertigkeiten vor Kurzem von Tír Tairngire hierhergezogen und hat die
Verzaubern-Fertigkeitsgruppe 2, Waffenloser Kampf 2,
Wahrnehmung 3 Operationen übernommen, die Renraku nach Bug City weit-
Sprach- gehend sich selbst überlassen hatte. Seit der Ankündigung
Englisch 1, Japanisch 6 des Gouverneurs, Downtown Chicago zurückzuerobern,
fertigkeiten
Bewusstsein, Dualwesen, Gesteigerte Sinne (Geruch), versucht Sarah nicht nur, verlorenes Renraku-Eigentum zu-
Kräfte
Menschliche Gestalt, Mimikry, Panzer 9 rückzuholen, sondern auch so viel zusätzliches Land wie
Zauber Entgiftung, Gegenmittel, Heilen, Manablitz, Unterhaltung möglich abzugreifen. Sie mag kurvig und absolut umwer-
Gebundene 2 Erdgeister (Kraftstufe 1, 6 Dienste), Wassergeist (Kraft- fend sein, aber jeder, der sie unterschätzt, wird das bereuen.
Geister stufe 3, 3 Dienste) Sarah sieht wie eine vollbusige, blonde „ungezogene
Speer [Klingenwaffe | Präz. 5 | Reichweite 3 | Schaden 9K Sekretärin“ aus – ein Aussehen, das sie nach allen Regeln
Waffen
| DK -2 | 1 Anwendung Lambtonlurch-Gift*] der Kunst hochspielt. Kurze Röcke, tief ausgeschnittene
* Lambtonlurch-Gift: Jeder, der von dem Gift berührt wird, muss eine Blusen und ein flirtendes Lächeln in Verbindung mit einem
Probe auf Konstitution + Willenskraft (9) ablegen. Misslingt die Probe, ist fetten Credstick verschaffen dieser Lady alles, was sie ha-
er für [10 - Konstitution] Minuten gelähmt, mindestens aber für 1 Minute. ben will.

70 HAUPTDARSTELLER >>
 >> RISKIER MAL WAS! <<

Einfluss: 5
Loyalität: zu Beginn maximal 2 SIMON ANDREWS
Zitat: „Süßer, warum bereden wir das nicht etwas aus- Simon ist eine seltsame Person. Er ist ein Ganzköper-Trans-
führlicher? Vielleicht beim Abendessen?“ formierter und sieht aus wie ein auf zwei Beinen gehender
Echsenmensch mit einer dicken Schuppenhaut. Außer-
K G R S W L I C EDG ESS dem ist er ein traditioneller britischer Punk und trägt eine
4 6(10) 5(8) 3 5 5(7) 5 9 6 3,95
abgewetzte Lederweste, die von Graffiti, anarchistischen
Symbolen und Punkband-Ansteckern übersät ist. Von vor-
Initiative 10(13) + 4W6
ne nach hinten über seinen Kopf verläuft ein Kamm, den
Zustands- er so bemalt, dass er wie ein mehrfarbiger Irokesenschnitt
10/11
monitor (K/G)
aussieht. Simon schwelgt darin, ein Freak zu sein, baggert
Limits Körperlich 5(6), Geistig 7(11), Sozial 9(12) fast alles an, was sich bewegt, und isst als Zwischenmahl-
Panzerung 6 zeit gern lebendige weiße Mäuse. Er ist direkt und pro-
Analytischer Geist, Außergewöhnliches Attribut (Charis- vokativ, aber „Meister Lofwyr“ absolut treu ergeben, und
Vorteile
ma), Katzenhaft, Soziales Chamäleon dient als Augen und Ohren des Drachen in Chicago, wo
Athletik-Fertigkeitsgruppe 5, Computer 6, Fingerfertigkeit er als unabhängiger Agent und Schieber für Saeder-Krupp
5, Führung 7(10), Gebräuche (Konzern) 8(11) (+2), Pisto- arbeitet.
Aktions- len (Leichte Pistolen) 6 (+2), Schleichen 7, Überreden Einfluss: 5
fertigkeiten (Verführen) 7(10) (+2), Verhandlung (Feilschen) 8(11) (+2),
Loyalität: zu Beginn maximal 4
Verkleiden 5, Verkörperung 5(8), Vorführung 7(10), Waf-
Zitat: „Schau mal, Kumpel, ich versuche hier nur, mich
fenloser Kampf 4, Wahrnehmung 6
zu vergnügen. Aber wenn du unbedingt willst, können wir
Chicago 2, Konzernfinanzen 6, Konzerngerüchte 8, Kon-
Wissens- beide nach draußen gehen. Dann prügle ich dir die Schei-
zernpolitik (Renraku) 6 (+2), Konzernsicherheit (Renra-
fertigkeiten ße aus dem Leib, komme wieder hier rein und vögle dein
ku) 5 (+2), Psychologie (Manipulation) 8 (+2)
Mädchen. Hört sich das gut an?“
Sprach-
Englisch 6, Sperethiel M, Japanisch 4
fertigkeiten
K G R S W L I C EDG M ESS
Kommlink [Gerätestufe 7], Stimmenmodulator 6; Maßge-
Bodytech 4 4 5 3 5 5 5 6 5 8 6
schneiderte Pheromone 3, Mnemoverstärker 3, Muskel-
(alles
straffung 4, Schlafregulator, Synapsenbeschleuniger 3, Initiative 10 + 1W6
Betaware)
Zerebralbooster 2 Zustands-
10/11
Handtasche, Kommlink [Fairlight Caliban; Gerätestufe 7; monitor
Ausrüstung
ohne wichtige Daten], Panzerkleidung [6], Parfüm Limits Körperlich 5, Geistig 7, Sozial 8
Colt America L36 [Leichte Pistole | Präz. 7 | Schaden 7K | Panzerung 9
Waffen
DK – | HM | RK – | 11(s)] SURGE – echsenhaftes Aussehen (nicht einziehbare
Nachteile Krallen, Schädelkamm, Schnauze, grüne Schuppen,
Schwanz)
Antimagie 8, Askennen 8, Athletik-Fertigkeitsgruppe 4,
Aktions- Binden 8, Herbeirufen 8, Pistolen 4, Ritualzauberei 7,
fertigkeiten Spruchzauberei (Kampfzauber) 9 (+2), Überreden 5, Ver-
bannen 5, Verhandlung 8
Chicago 3, Kaiju-Monsterfilme 7, London 5, Magietheo-
Wissens-
rie 7, Neoanarchisten-Bewegung 5, Saeder-Krupp-Poli-
fertigkeiten
tik 5, Seattle 4
Sprach-
Englisch M
fertigkeiten
Initiatengrad 5
Abschirmung, Erweiterte Maskierung, Maskierung, Spie-
Metamagie
gelung, Verankerung
Betäubungsball, Betäubungsblitz, Chaos, Chaotische
Welt, Eisdecke, Feuerball, Geckogang, Heilen, Hellhö-
ren, Hellsicht, Manabarriere, Manablitz, [Objekt] Zer-
Zauber
trümmern, Panzerung, Physische Barriere, Physische
Maske, Reflexe Steigern, Trideo-Trugbild, Verbesserte
Unsichtbarkeit
Gebundene Feuergeist (Kraftstufe 6, 6 Dienste), Luftgeist (Kraftstufe 5,
Geister 5 Dienste), Geist des Menschen (Kraftstufe 5, 4 Dienste)
Kommlink [Transys Avalon; Gerätestufe 6], Kontaktlinsen
[Kapazität 1; Bildverbindung], Kraftfokus [Kraftstufe 4;
Silberschädel-Ring], Panzerweste [9], Zauberspeicher
Ausrüstung
[Kraftstufe 4; Heilzauber; Ramones-Button], Zauber-
spruchfokus [Kraftstufe 4; Kampfzauber; goldener Augen-
brauenring]

<< HAUPTDARSTELLER 71
SH A D O W R U N
CHICAGO
AM SCHÖNSTEN IST ES ZU HAUSE
Heute macht man oft den Fehler, die Downtown eines
Sprawls mit dem ganzen Megaplex gleichzusetzen. Das
mag für L.A. oder Istanbul richtig sein, aber in Chicago
stimmt es nicht. Wenn man mit Jane Shadowrunner über
Chi-Town redet, kann man die Trideo-Bilder fast in ihrem
Kopf ablaufen sehen, die halbwissenden Fragen hören und
sich auf den Gesichtsausdruck freuen, wenn man sagt:
„Halb so wild, wenn man sich erst auskennt.“ Letzteres ist
natürlich gelogen. Die meisten übersehen, dass das eigent-
liche Chicago nur ein Teil des riesigen Greater Chicago Me-
troplex ist. Nach einem Jahrzehnt voll von Insektengeistern,
magiefressenden Bakterien und dem Terror der Warlords in
Downtown Chicago sind diese Bilder eben fest verankert.
Aber freut euch nicht zu früh: Der Großteil von Chica-
go ist immer noch ein gefährliches, wildes Dreckloch. Man
geht immer noch zwanzig Meilen durch die Westside, um
nicht durch die Downtown zu müssen, und man überlegt
CHICAGOS GESCHICHTE
2018 – ESP Systems, Inc. aus Chicago kündigt die erste Sim-
Sinn-Technologie an. Das örtliche Medienkonglomerat Truman
Technologies kauft ESP sofort auf.
2025 – Das Projekt zur Revitalisierung der Southside beginnt, in-
klusive Bau einer Einschienenbahn. Große Landstriche wech-
seln den Besitzer; ein Geschäftsbezirk entsteht, vor allem für
die wachsende SimSinn-Industrie. Die Einwohner müssen um-
ziehen und werden von den (meist metamenschlichen) Arbeits-
kräften ersetzt, die in den Chipfabriken schuften.
2029 – Der erste weltweite Computer-Crash ist ein herber Rück-
schlag für die SimSinn- und Unterhaltungs-Industrie von Chica-
go. Viele Fabriken müssen schließen.
2039 – Die Zerstörung des Sears Towers verwüstet große Teile
von Downtown Chicago. Die Shattergraves entstehen.
2053 – Der Cabrini Refuge Act richtet die erste offizielle Enklave
für Ghule und andere Opfer von MMVV im Land ein.
2055 – Nach einem Massenauftreten von Insektengeistern in Down-
town Chicago richtet die UCAS-Regierung die Chicago Contain-
ment Zone ein. Über 100.000 Bürger sitzen in dem abgeriegelten
Gebiet fest; offiziell ist von einem VITAS-Ausbruch die Rede. Im
Herbst zündet ein Team von Knight Errant einen subtaktischen
Thermonuklear-Sprengkopf im zentralen Nest. Die Explosion in
Cermak versetzt fast alle Insektengeister im unmittelbaren Um-
kreis in Starre. Zum Glück sind die Auswirkungen von Explosion
und Strahlung weniger schlimm als erwartet.
72 AM SCHÖNSTEN IST ES ZU HAUSE >>
am Seeufer immer noch zweimal, ob man einen Geist be-
schwören will – es könnte schließlich etwas Toxisches er-
scheinen. Und das alles macht Chicago immer noch zum
idealen Ort, um den Star oder die Kon-Sicherheit abzuhän-
gen, einen Schmuggel-Run vom Golf her zu beenden oder
Hardware zu kaufen, die sich kaum nachverfolgen lässt.
Aus dem Korridor – der Pufferzone zwischen der ge-
setzlosen Containment Zone und dem zivilisierten, aber
konzernregierten Chicagoland – zieht eine Strömung voll
Mut und Aufbauwillen durch die hässliche Landschaft
der Innenstadt und die gruseligen Reste einer üblen Ge-
schichte. Die optimistischen Piratensender beschreiben
sie als „kollektiven Geist des Neubeginns“, und die bunt
gemischten Gemeinschaften in Chicago haben die raue,
lebendige Atmosphäre von Städten im Grenzland. Das
Leben geht weiter; die Geschäfte laufen weiter. Chicago
ist vielleicht verwildert bis ins Mark, aber es ist nicht tot.
2056 – Eine Sammlung von Akten und Berichten erreicht die
Schatten-Netzwerke und von dort aus die Öffentlichkeit. Die
Wahrheit über die Lage in Chicago wird bekannt.
2058 – Ares Macrotechnology setzt die dualen Astralbakterien FAB-
III in der Containment Zone frei und erklärt die Zone danach für
insektenfrei. Die UCAS-Regierung öffnet die Containment Zone.
Ein Schlachtfeld, das von gewalttätigen Gangs und selbst er-
nannten Warlords beherrscht wird, kommt zum Vorschein.
2059 – Berichten zufolge sind die FAB-III-Bakterien noch aktiv,
obwohl ihre Lebensspanne abgelaufen sein sollte. Sie ernähren
sich von Auren und der allgegenwärtigen Hintergrundstrahlung.
2063 – Der Calumet-Hafen – verlassen seit den Tagen der Cont-
ainment Zone – wird zum Teil wiedereröffnet und entlastet die
unfallträchtigen, improvisierten Docks in Gary.
2064 – Der zweite weltweite Computer-Crash bringt das Trans-
portwesen in Calumet und O’Hare zum Erliegen, wirkt sich aber
ansonsten kaum auf Chicago aus.
2069 – Erste Berichte sprechen von einem Abflauen der
FAB-III-Aktivität, aber im Astralraum von Chicago bleibt eine
verwüstete Manablase zurück.
2070 – Marcus Quinn, der aufstrebende Chicagoer Unterboss
der Mafia, wird tot aufgefunden. Die Rivalität zwischen den
verschiedenen Familien führt zu einer Spaltung und verhindert
eine gemeinsame Ausdehnung von Unternehmungen und Ein-
fluss der Mafia.
2071 – Die Bevölkerung Chicagos wächst zum ersten Mal seit
2055. Neue Siedler bilden unabhängige Enklaven im Korridor.
ÖKONOPOKALYPSE
Die Konzerne haben den Großteil von Chi-Town aus ihren
Expansionsplänen gestrichen, aber das heißt nicht, dass
es keine Wirtschaft gäbe. In den Subsprawls läuft das Ge-
schäft – gemessen an den logistischen und infrastruktu-
rellen Schwierigkeiten – fast normal. Chicago ist in eine
Menge kleiner Wirtschaftssysteme in den Sides zersplit-
tert. Es gibt Läden, Straßenhändler und Marktplätze. Aber
erwartet kein großes Shopping-Erlebnis: keine glitzernden
Popups in der AR, keine virtuellen Theken.
Auf der illegalen Seite machen das Fehlen der Exeku-
tive und die fast unbewachten Land- und Seewege Chi-
cago zu einem Schmugglerparadies. Angesichts der her-
vorragenden Lage, des unbenutzten, nicht überwachten
großen Hafens (der allerdings eine Sanierung nötig hat),
Haufen von verlassenen Lagerhäusern und zahlloser grau-
er Märkte ist es kein Wunder, dass nur Miami und New
Orleans in dieser Hinsicht mit Chicago mithalten können.
WÄHRUNGEN
Aus purer Notwendigkeit wurde der Tauschhandel zum
wichtigsten Geschäftsinstrument in Chicago. Mit dem Sturz
der Stadtregierung – oder sogar schon 2055, wenn man in
der Zone lebte – fand der ständige Strom an neuen Gütern,
MUTANTEN, VERRÜCKTE UND ANDERE
Von außen mag die illustre politische Landschaft von Chi-
cago wie aus einem schlechten postapokalyptischen Sim
erscheinen. Aber einige der Pläne und Ideen hier sind viel
schlimmer, als sich selbst Hollywood vorstellen könnte. Mit
der Zeit haben sich brüchige Allianzen zwischen Gangs
oder Stämmen zu langfristigen Bündnissen entwickelt. Die-
se wachsenden Gruppen gewinnen mehr und mehr Einfluss
und bilden einen Teil des Flickwerks, aus dem die Region
von Chicago besteht. Aus dem ungeregelten Entstehen neu-
er Siedlungen und der folgenden Verbreitung gesellschaftli-
Ersatzteilen und all den Annehmlichkeiten des modernen
Lebens ein jähes Ende. Als der Crash 2.0 die neu entstehen-
de Matrix ausschaltete, endeten fast alle Transaktionen in
Nuyen. Über Nacht war man in Chicago gezwungen, Weg-
werfware wiederzuverwenden oder scheinbar Unwichti-
ges für etwas einzutauschen, das einem das Leben retten
konnte. Einfache Dinge wie Batterien oder auch nur Aspirin
waren es plötzlich wert, dafür zu töten.
Credsticks und sogar Bargeld kamen erst wieder auf,
als der Handel mit Auswärtigen, Schmugglern auf der
Durchreise und auch Militärpatrouillen begann. Aber eini-
ge Leute sehen in ihrem ganzen Leben immer noch kei-
nen einzigen Credstick. Die meisten einfachen Leute und
Gruppen betreiben nur Tauschhandel. Selbst wenn sie die
Kommlinks für Transaktionen hätten – wo sollten sie in
Chicago Nuyen herbekommen?
Pfandleiher und Schieber betreiben „Wechselstuben“,
wo man fast alles in Bargeld oder Credsticks wechseln
kann – die Leitwährung des Schwarzmarkts. Schließlich
misst der Mob seine Profite im BTL-Handel nicht in Sup-
penkonserven. Nur die Verzweifelten und heillos Süchti-
gen versuchen, mit Diensten oder Informationen zu be-
zahlen. Das führt aber meist zu einem saftigen Aufschlag
oder wird nur als „Vorleistung“ gesehen.
cher Strömungen und Subkulturen gehen jede Woche neue
Gangs und Gruppen hervor. Neue Akteure betreten die Are-
na, und alte bekommen neues Gewicht.
Im Vergleich zu Chicago sind die Subsprawls siche-
re Orte, allerdings auch die Heimat zahlreicher Gruppen
und einflussreicher Organisationen, von denen die Mafia
nur eine unter vielen ist. Interessenkonflikte, politische Un-
stimmigkeiten und geheime Vorhaben bieten den Zünd-
stoff, der immer wieder gewalttätige Auseinandersetzun-
gen anfacht.
<< ÖKONOPOKALYPSE 73
>> CHICAGO <<

FALLOUT-ZONEN
Chi-Town ist das rausgerissene Herz einer ur-
banen Landschaft, die sich über Hunderte von
Meilen um den Michigan- und den Huronsee
erstreckt. Man könnte dieselben Straßen und
Highways entlanggehen und dabei von Indi-
ana bis Wisconsin kommen, ohne dabei die
Greater Chicago Metropolitan Area zu ver-
lassen, die wir Ortsansässigen „Chicagoland“
nennen. Unsere einst stolze Stadt ist wie ein
Stern, der in sich zusammengestürzt ist.
Im Zentrum liegt die tote Zone, um die
sich Wahnsinnige und Maden streiten. Drum
herum erstreckt sich das Narbengewebe des
Korridors – als die Regierung stürzte, verlie-
ßen die meisten Einwohner diese Gegend, wo
die Mehrheit der Bevölkerung frisst, scheißt,
kauft, verkauft, tötet, arbeitet und sich fort-
pflanzt. Hinter den Sides liegen die Subspra-
wls von Chicagoland: die Tore in die Welt jen-
seits der Stadt, durch die Leute wie ihr mit all
eurer glänzenden Tech, eurer gesunden Haut
und euren weißen Zähnen zu uns kommen.
Seid euch gewiss: Chicago wird auch euch sei-
nen Tribut abverlangen.

DER KORRIDOR
Als die Regierung stürzte, wurden drei mehr
oder weniger genau abgrenzbare Gebiete um
die ehemalige Containment Zone nicht ver-
lassen, die in der Folge weniger zu leiden hat-
ten als die Zone selbst. Diese Gebiete nennt
man den Korridor. Sie besitzen viele ziemlich
intakte Gebäude und grenzen an wirklich
funktionierende Städte, von denen sie zehren
können. Diese Viertel, die auch Sides genannt
werden, bilden den Korridor, das Verkehrs-
und Bevölkerungszentrum von Chicago.

NORTHSIDE
Die Northside erstreckt sich von der Zone am
Ufer des Michigan- und Huronsees entlang bis
hinter Nordchicago, wo sie an South Milwaukee
stößt. Die Interstate 94/294 bildet die natürliche
Grenze zum Subsprawl O’Hare und macht es
sehr leicht, in die Northside zu kommen: Man
braucht nur eine Ausfahrt nach Osten zu neh-
men. Die Straßen vom Highway weg sind ziem-
lich frei, aber die Verkehrsregel der Northside
sagt, dass das größte Fahrzeug Vorfahrt hat.
Mehr Verkehr bedeutet mehr Geschäft auf der Stra- der Grenze oder den Hauptstraßen. Die Leute, die in den
ße. Vor allem die Tagespendler aus den Subsprawls wer- Seitenstraßen verkaufen, sind jene, vor denen man sich
den hier bedient, weshalb in der Northside mehr Leute hüten sollte. Entweder können sie sich keinen Schutz
Nuyen nehmen als fast überall sonst in Chi-Town. Viele leisten oder sie verkaufen etwas, womit nicht mal die
Geschäfte (wobei man das Wort sehr großzügig definie- anderen aus der Northside etwas zu tun haben wollen,
ren muss – meist verkauft jemand irgendwelchen Mist wie Kinderporno-BTLs oder Sklaven. Natürlich gehören
in einem Bungalow) und Enklaven (entweder ein Viertel zu den Highlights der Northside die Schweinefarmen,
mit blockierten Straßen oder, wenn man weiter hinein- die eine Ghulgemeinschaft auf ehemaligen Golfplätzen
kommt, ein kleiner Apartment-Komplex) liegen nahe an gegründet hat.

74 FALLOUT-ZONEN >>

SOUTHSIDE
Alles vom Chicago River und der CZ bis Joliet im Süd-
westen und Gary im Südosten ist Gebiet der Southside,
und hier läuft vieles anders als im Rest von Chicago. Hier
befindet sich die Kampfzone verschiedener Gangs. Die
Southside ist ein Schlachtfeld aus Vorstadtbordellen und
Betameth-Labors, die von Exknackis geleitet werden und
mit Teenager-Ausreißern besetzt sind. Die Nachrichten
bekommt man in den Bars, und es geht immer darum, wer
wessen Labor gesprengt, Hund erschossen oder Mäd-
chen aufgeschlitzt hat.
Die äußeren Wohngebiete der Southside grenzen an
die Arbeiterbezirke der Docks von Gary und der Indust-
rie von Joliet. Sie teilen sich den Raum mit Bars und Strip-
clubs, die Feierabendentspannung bieten. An den Wo-
chenenden sind die Bars der Southside rappelvoll, und
die Tanzdarbietungen sind unorganisierte Grapschorgien.
Näher an Downtown Chicago gibt es Gruppen von Über-
lebenskünstlern und Leute, wie man sie in den anderen
Sides sieht, die verlassene Fabriken und Bürogebäude
bewohnen. Und der Calumetsee ist in Wirklichkeit eine
Schmugglerbasis.
WESTSIDE
Die Westside ist die kleinste der Sides, und ein großer Teil
von ihr wurde von Naperville-Bolingbrook geschluckt,
als die Regierung zusammenbrach. Der Rest ist zwischen
dem Chicago River im Süden, den von Monodraht ge-
krönten Mauern an der Grenze von O’Hare und natürlich
>> CHICAGO <<
den westlichen Mauern der Zone eingezwängt. So eng
sie auch sein mag, ist die Westside doch ein wichtiger Teil
Chicagos: Sie bietet den kürzesten und sichersten Weg,
um die frühere CZ zu umgehen.
Nahe der Grenze zu N-P gibt es Apartment-Enklaven
mit Schützengräben und befestigte Wohnviertel. Das be-
gann, als die Mauer um die CZ entstand und die Mittel-
schicht etwas unternahm, um sich „sicherer“ zu fühlen. Sie
fühlten sich so sicher, dass sie hinter ihren Mauern blieben,
als die meisten anderen die Stadt verließen. Als die Zone
geöffnet wurde, erhöhten sie die Sicherheit einfach noch
weiter und bunkerten sich ein. Sie arbeiten von zu Hause
aus und machen ihre Geschäfte über sichere Satellitenver-
bindungen. Ironischerweise wurden diese „sicheren Ge-
meinden“ eine gefragte Ware, als die Regierung stürzte.
Es scheint, dass alle Reichen sich die Vermögenssteuer für
die Stadt ersparen wollen.
DIE ZONE (CZ)
In jedem urbanen Dschungel gibt es ein Gebiet, das selbst
die Gewieften und die Räuber vermeiden. Die Zone war
Schauplatz des schlimmsten Schreckens und Schmerzes
seit Menschengedenken: vom Einsturz des Sears Towers
über den massiven Befall mit Insektengeistern, der eine
Atomexplosion zur Folge hatte, die Quarantäne von hun-
derttausend Seelen in der Hölle bis zur verheerenden
Operation Extermination, die gleichzeitig ein Genozid an
der Ghul-Bevölkerung Chicagos war.
<< FALLOUT-ZONEN 75
>> CHICAGO <<
Aber das ist vorbei. Jetzt ist jetzt. Man kann die Nar-
ben dieser Vorgänge in der Stadtlandschaft und an den
Leuten – und anderen Dingen – sehen. Die meisten der
Mauern, die die Zone umschlossen hielten, stehen noch:
von Unkraut überwuchert, die rostigen Tore offen und die
Wachtürme (die nicht in den letzten zwölf Jahren zerstört
wurden) größtenteils verlassen, außer von Fledermäusen
und Besetzern.
DER KERN
Der frühere Kern von Downtown Chicago ist noch mehr
Geisterstadt als der Rest der Zone. Ruinen von Wolkenkrat-
zern stehen dort, die Stockwerke von Feuer verzehrt, und
der Wind pfeift durch leere Fenster. Die Straßen sind für Fahr-
zeuge praktisch unpassierbar; es liegt zu viel Müll herum.
Mindestens vierzigtausend Fahrzeuge befanden sich
in der Zone, als die Mauern entstanden, und ich bin sicher,
dass jedes einzelne von ihnen immer noch hier im Stau
steht. Fast alles, was es wert ist, geplündert zu werden, ist
schon weg. Schrottsucher aus der North- und Southside
kommen manchmal auf der Suche nach Rohren und Teilen
her, aber die wenigsten davon kommen allein, unbewaff-
net oder nach Einbruch der Nacht.
Denn dann kommen die Bugs und die Maden.
Egal, was Ares, die Regierung der UCAS oder der Gou-
verneur von Illinois sagen – es gibt noch Bugs in Chicago.
Ein paar sterben fast so leicht wie wir, ein paar sehen aus
wie wir. Man kann sie nicht erkennen. Man kann nieman-
dem vertrauen. Es gibt noch Alte in der Zone, die glau-
ben, jeder, den sie treffen, sei ein Bug. Es gibt ein Video
76 FALLOUT-ZONEN >>
auf NooseNet, in dem der letzte Bürgermeister darüber
schwadroniert, dass er selbst ein Bug ist, und sich er-
schießt. Es ist nicht mehr wie in der schlechten alten Zeit.
Nicht ganz. Man sieht keine Wespengeister mehr, die um
ihre Nester in den Penthouses der höchsten Wolkenkrat-
zer summen, keine Käfer groß wie Volkswagen, die Kinder
von der Straße schnappen. Nein. Sie haben nun ihre gehei-
men Nester und kommen selten ans Licht.
THE NOOSE
Das ist Chicagos ältestes Katastrophengebiet. Viel mehr
gibt es nicht zu sagen. Schon vor Bug City gab es die Noo-
se, bewohnt von Huren, Möchtegern-Gangstern und hau-
fenweise Gespenstern. Das ist sie immer noch. Die lang-
jährigen Bewohner sind selbst fast Gespenster – allesamt
Überlebenskünstler. In dem Teil der Stadt, der am längs-
ten wild ist, hatten die Einwohner sehr lange Zeit, sich an
ein hartes Leben zu gewöhnen. Die meisten historischen
Gebäude und alten Wolkenkratzer – einige der ersten der
Stadt – stehen noch, auch wenn sie verfallen sind und ei-
gentlich abgerissen werden sollten. Sie sind von gefährli-
chen, verzweifelten Leuten bewohnt.
Neben den Verlassenen sind die berühmtesten Einwoh-
ner die Hacker der alten Schule, Techies und Ähnliche, die
ein krudes Netzwerk aus den Resten von Chicagos alten
Kommunikationsknoten und allem möglichen Material ge-
zimmert haben, das sie finden, einkaufen oder basteln. Das
ist ein echtes Flickwerk: Man kann zwanzig Jahre alte Ad-
ressen von Fuchi und Architektur nach Universeller Matrix-
spezifikation sehen. Die alte Magnificent Mile ist das Ner-

venzentrum der Hackergemeinde: voll von Hackerclubs,
kleinen Hardwareläden, einem Buchladen voll vergilbter,
schimmliger Papierhandbücher und vielleicht den einzigen
funktionierenden Straßenlaternen der Zone. Eine Gruppe
Hacker mit Bürgersinn zapft ein armseliges Rinnsal an Elek-
trizität aus den alten unterirdischen Kabeln, und wenn Not
am Mann ist, kann die ganze Mile mit einem sieben Meter
hohen Elektrozaun abgeschottet werden.
CHICAGOLAND
Die Metropolregion von Chicago ist eigentlich ein riesi-
ger Sprawl, der sich über drei Staaten erstreckt. Nach dem
Sturz der Regierung krallten sich die umliegenden Ge-
meinden von Chicagoland einige Außenbezirke, was ih-
nen zum Großteil durch Konzernlobbying gelang. Vor sei-
nem Fall war Chicago ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt
– es gibt nicht nur O’Hare, sondern auch die Docks am
Michigan- und Huronsee, Flussschifffahrt den Mississippi
hinab und sogar einiges an Zeppelinverkehr aus dem öko-
logisch gesinnten Algonkin-Manitu-Rat. Die Subsprawls
von Chicagoland haben mindestens ein Dutzend A-Kon-
>> CHICAGO <<
zerne gerettet, indem sie die Außenbezirke (und die Fab-
riken und Läden von AA- und AAA-Konzernen) übernah-
men, und die Spenden der Konzerne haben den Verkehr
durch Chicagoland statt durch Chicago fließen lassen. Und
natürlich die Regierungen dort gekauft.
GARY, INDIANA
Diese Stadt gehört Aztechnology, auch wenn man das
kaum bemerkt. Aztechnology hat durch seine Töchter Il-
linois Precision Tool Works, Azteca Food Processing und
Great Lakes Shipping Company viel in die örtliche Leichtin-
dustrie und die neuen Docks investiert. In Gary gibt es eine
starke Latino-Gemeinde und einige Straßengangs, aber die
meisten Einwohner sind einfach Arbeiter, wie man sie auch
überall sonst im Land findet. Die Konzernkultur (und -religi-
on) von Aztech hat sich außerhalb des höheren Manage-
ments trotz der Arbeit der Propagandaabteilungen nicht
durchgesetzt. Es ist ein offenes Geheimnis (und Ärgernis),
dass man, um aufzusteigen, ein offensichtliches und akti-
ves Mitglied des Kults sein muss – wogegen sich die christ-
lichen Kirchen stark zur Wehr setzen.
JOLIET
Als richtige Ares-Stadt war der Joliet
Arsenal Industry Park der wichtigs-
te Sammelplatz für die Knight-Er-
rant-Truppen, als sie die Mauern der
Zone bemannten. Hier sind auch ei-
nige der besten Munitionslabors von
Damien Knight untergebracht, die
sich natürlich auch mit den Langzeit-
wirkungen der Munition auf Erde und
Wasser beschäftigen (weil hier auch
lange ein Militärtestgelände lag). Die
anderen beiden Attraktionen sind das
Stateville Correctional Center und das
New Joliet Correctional Center – zwei
Hochsicherheitsgefängnisse. Statevil-
le ist ein heruntergekommenes, über-
belegtes Männergefängnis, das von
Knight Errant für den Staat Illinois be-
trieben wird. New Joliet hingegen ist
eine moderne, gemischte Anstalt, die
Ares ausschließlich für Konzerngefan-
gene betreibt. Andere Kons bezahlen
Ares, um Leute, die Konzerngesetze
gebrochen habe, dort einzusperren.
Die Gefängnisse und der Industrie-
park sind durch Verträge mit örtlichen
Firmen die beiden größten Arbeitge-
ber in Joliet. Der Stadtrat hat beschlos-
sen, Mokena und Teile von Oakland
und Tinley Parks zu annektieren, die
vor allem Wohngebiete für frühere
Gefangene und deren Familien bieten.
Viele Ex-Knackis ziehen aus den billi-
gen Vierteln in die Vorstädte nahe der
Southside und nehmen Jobs in Call-
centern oder in Lagerhäusern und Lo-
gistikzentren an, die Lastwagen und
Züge versorgen.
<< FALLOUT-ZONEN 77
>> CHICAGO <<
NAPERVILLE-BOLINGBROOK
Ich werde vielleicht nie begreifen, warum diese beiden
Subsprawls verschmolzen sind, aber N-B (im Bindestrich
liegt die Macht) wickelt fast alles an Eisenbahnverkehr
ab, was aus Chicago verschwunden ist. Außerdem findet
dort ein Großteil der Datenverarbeitung und des Manage-
ments statt, die nötig sind, um Güter aus ganz Nordame-
rika möglichst reibungslos durch Chicagoland fließen zu
lassen. Renraku und NeoNET stehen in N-B überraschend
stark im Wettbewerb und beschäftigen das wimmelnde
mittlere Management und die Facharbeiter, die den Sub-
sprawl bewohnen. Es gibt ein paar Gang-Aktivitäten, aber
das sind nur Konzernkids, die mehr Geld als Verstand ha-
ben. Der neueste Trend sind offensichtliche Cyberglied-
maßen: Man zeigt, wie hart man ist, indem man sich den
Arm abhacken lässt.
O’HARE
Der Subsprawl ist um den erweiterten O’Hare Internati-
onal Aerospaceport erbaut und gehört direkt der Regie-
rung der UCAS, die versteht, dass sie ein wichtiges Ver-
bindungsglied der interkontinentalen Logistik erhalten
muss. In Wirklichkeit wird der Subsprawl fast völlig von
den Megakonzernen beherrscht, die ihn am Leben er-
halten. Die Mehrheit der Arbeiter und des Personals am
Aerospaceport sind Konzernbürger, und in O’Hare gibt es
eine bunte Multi-Kon-Kultur.
Die dichte Bevölkerung ist in Konzernviertel getrennt.
Die Kooperation funktioniert nur bei den JOPF, und selbst
dort gibt es einige Rivalität zwischen den Konzernen, au-
ßer wenn man sich gemeinsam gegen eine Gang stellen
muss, die die Grenze verletzen will.
SOUTH MILWAUKEE
Um die Zeit, als sich Gary ein Stück von Illinois einver-
leibte, kam Wisconsin auf dieselbe Idee. Leider hatten sie
die Vorbereitungen erst abgeschlossen, als Illinois bereits
genug hatte und sie davon abhielt, die Staatsgrenze zu
verschieben. Also blieb von diesem Versuch, vollendete
Tatsachen zu schaffen, nur South Milwaukee über. Es ist
eine Verschmelzung von Gemeinden und Kleinstädten,
die zwischen der Einwohnerschaft von Illinois und Wis-
consin zerrissen ist. Wie East St. Louis, nur eben South
Milwaukee.
Der Subsprawl von South Milwaukee hat kein einheit-
liches wirtschaftliches Gesicht. Man ist noch nicht damit
fertig, die Steuergesetze und den Wust aus Hunderten
Jahren Bürokratie von einem Dutzend Kleinstädten zu ord-
nen. Ares hilft dabei, indem es neue Docks an der langen
Küstenlinie des Subsprawls baut. NeoNET hat die neue In-
frastruktur der Matrix 2.0 finanziert und weiß, dass sich
78 FALLOUT-ZONEN >>
das in zehn Jahren durch den Verkauf von Kommlinks und
Accounts rechnen wird. Die beiden Megakons kämpfen
im Moment in Gestalt ihrer beiden regionalen Vizepräsi-
denten um die Vergabe der Gesamtversorgungsverträge
für die Stadt.
INSEKTENGEISTER
Irgendetwas an Chicago zieht Insektenschamanen an.
Vielleicht die Geschichte, oder vielleicht gibt es hier et-
was, das die Insektentotems leichter in den Geist der Zau-
berer eindringen lässt. Ich weiß es nicht. Ich kann nur sa-
gen: Chicago hat die wohl größte Konzentration an Insek-
tenschamanen in Nordamerika. Sie arbeiten nicht mehr
zusammen – ganz im Gegenteil, ein paar der Schwärme
kämpfen gegeneinander –, aber sie alle sind gefährlich. Ich
habe verschiedene Gerüchte untersucht und, so glaube
ich, den Großteil der Insektenschamanen und Schwarm-
gruppen in Chicago gefunden, aber es gibt sicher noch
einige mehr. Ein Haufen Insektengeister kam frei, als ihre
Königinnen oder Beschwörer starben, und jeder lebende
Insektenschamane wirkt im Verborgenen.
Und: Ich weiß nicht, woran es in Chicago liegt, aber
viele der Magier, die hier lange leben, die Bug City über-
standen und die Bugs so heftig bekämpft haben wie kaum
jemand … wechseln die Seiten. Ich weiß nicht, wo der
schmale Grat beginnt – es könnten Stress oder Geistes-
krankheiten sein, die sie zu dem machen, was sie bekämp-
fen, oder vielleicht werden sie von ihrem Handeln lang-
sam verdorben. Aber ich weiß, dass nicht alle Insekten-
schamanen in Chicago von außen kommen und wenige
von ihnen die Bugs von Anfang an lieben.
Eine der Auswirkungen der Cermak-Explosion war,
dass alle Insektengeister, die sich zu der Zeit im Astral-
raum aufhielten, in eine Art astraler Starre versetzt wur-
den. Die meisten wurden entweder von ihren Kollegen ge-
weckt oder von vorbeikommenden Metamenschen oder
Magiern, die Magie wirkten, unabsichtlich aufgeschreckt.
FAB-III verschlang viele der Übrigen. Trotzdem liegen ein
paar Bugs immer noch an Orten, die FAB-III nicht erreicht
hat oder zu denen metamenschliche Magier meist nicht
reisen, im Schlaf und warten darauf, geweckt zu werden.
Fast alles kann das bewirken: ein Metamensch oder Geist,
der vorbeikommt, ein aktiver Zauber oder Fokus, vor allem
aber das Wirken von Zaubern und das Beschwören von
Geistern. Es kommt selten vor, aber man sollte sich davor
hüten.
Die größte Ansammlung von Geistern in Starre befin-
det sich natürlich unter dem Cermak-Krater. Zum Glück
verhindern die starke radioaktive Strahlung und die magi-
sche Hintergrundstrahlung das Näherkommen der meis-
ten Wesen. Es gibt mehr als genug Bugs und Königinnen
für einige Nester dort. Kämen sie frei, hätten wir wieder
Bug City.
SPIELERINFORMATIONEN
SPIELERINFORMATIONEN
WILLKOMMEN
IN BUG-CITY

Chicago. Wespengeister. Schaben in

Kleinwagengröße. Brutale Banden und
toxische Schamanen. All dies fällt einem
ein, wenn man den Namen der einstigen
Metropole hört. Aber das ist noch lange
nicht alles! In der Nachbarschaft von
Medikamentenschiebern und am Rande
des Kraters einer nuklearen Explosion
gibt es auch die Reichen, die
Großkonzerne und die Profiteure der
anarchischen Zustände. Die Runner
erwartet eine Reise von ganz unten
nach ganz oben, eine Achterbahnfahrt
durch Chicago: von Forschungsanlagen,
über Gang-Territorien bis in die tiefe
Vergangenheit der Stadt.

Schatten über Chicago enthält drei Abenteuer für Shadowrun 5,

die in Chicago angesiedelt sind, sowie die Kurzbeschreibung
der Stadt samt Übersichtskarte, die auch schon in Mission
Chicago enthalten war. Der Band ist unabhängig von seinem
Vorgänger spielbar und liefert ausformulierte Abenteuer mit
allen relevanten Werten – direkt für den Spieltisch.

www.pegasus.de
www.shadowrun5.de

Pegasus Spiele GmbH,

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