Splittermond:

Banden und Orden – Lorakische Organisationen

Impressum
Umschlagillustration
Florian Stitz

Umschlaggestaltung & Satz

Ralf Berszuck

Innenillustrationen
André Balzuweit, Richard Hanuschek,
Julia Metzger, Melanie Philippi, Florian Stitz

Kartenillustrationen
Robert Altbauer

Lektorat
Uli Lindner

Korrektorat
Nicole Heinrichs, Giulia Pellegrino

Indexerstellung
Nicole Heinrichs

Regelredaktion
Uli Lindner, Adrian Praetorius, Thomas Römer

Weltredaktion
Tobias Hamelmann, Nicole Heinrichs, Thomas Römer

Copyright © 2019 by Uhrwerk Verlag, Köln

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 Redaktion
Uli Lindner

Autoren
Oliver Baeck, Kajus Berghof, Aşkın-Hayat Doğan, Stefan Faber, Tilman Hakenberg,
Tobias Hamelmann, Claudia Heinzelmann, Lars Heitmann-Ohnesorge, Kai Hirschfelder,
Franz Janson, Marc Jenneßen, Martin John, Matthias Klahn, Jörg Löhnerz, Giulia Pellegrino,
Adrian Praetorius, Aline Praetorius, Simone Rabe, Frank Reiss, Thomas Römer, Weltengeist

Mit herzlichem Dank für Rat und Tat an

Nicole Heinrichs, Benjamin Hoppe, Stefan Unteregger

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 Inhalt
Aandalamar 6 Die Nachtfalken 70
Die Ahnensucher 10 Der Orden des Weißen Löwen 74
Die Brandwehr von Dakardsmyr 14 Die Pan-Yemaa 78
Carans Assassinen 18 Die Portalgilde 82
Die Dornenhände 22 Qin Shou 86
Die Druiden 26 Die Runenkrieger 90
Der Edelstein-Orden 30 Schwertrichter 94
Die Ehrwächter 34 Die Silberringe 98
Die Formgeber 38 Sturmbändiger 102
Die Freischärler von Hellberg 42 Triade des Fließenden Steins 106
Die Gefeiten 46 Der Wächterbund 110
Die Helfende Hand 50 Die Wahrheitsfinder 114
Die Jünger des Barsches 54 Die Weißen Wächter 118
Die Kame Ma Te der Perlmuttgarde 58 Der Wyrmbann-Orden 122
Die Löwenschildgarde 62
Die Mediatorengilde 66 Index 126

Vorwort
Mit diesem Band erhalten Sie detaillierte Beschreibungen von
30 Organisationen aus ganz Lorakis, die sie als Hintergrund für
eigene Abenteurer nutzen können, die aber auch als Verbündete
oder Kontrahenten der Gruppe dienen können. Ob Sie stolze
Gesetzeshüter wie die Weißen Wächter und die Löwenschildgar-
de suchen, wagemutige Krieger wie die Runenkrieger und die Si-
pahis der Weißen Löwen oder mächtige Magier wie die Gefeiten,
die Druiden und die Sturmbändiger – in diesem Band finden Sie
all dies und noch viel mehr.
Jede Organisation wird dabei ausführlich mit ihrem Hinter-
grund, ihrer Motivation und ihren Zielen, ihrer Rangstruktur,
den ihr zur Verfügung stehenden Ressourcen samt Spielwerten
typischer Mitglieder sowie mit passenden Abenteueraufhängern
vorgestellt. Ein Fokus liegt dabei auf Organisationen, die bereits
in anderen Bänden als Ausbildungsvarianten vorgestellt wurden
– doch wo dies bisher nicht der Fall war, finden Sie natürlich ent-
sprechende Varianten in diesem Band. Wir wünschen Ihnen viel
Spaß mit diesem Band und dabei, die enthaltenen Banden und
Orden in Ihrer Spielrunde einzusetzen.
Die in diesem Band enthaltenen NSCs nutzen teilwei-
se Waffen- und Monster-Merkmale aus den Bänden
Mondstahlklingen (S. 47) und Bestien & Ungeheuer
(S. 11). Sollten Sie einen der beiden Bände nicht be-
sitzen, können Sie die entsprechenden Waffen einfach
gegen solche aus Splittermond: Die Regeln austau-
schen und die Monstermerkmale ignorieren. Dies
schränkt die Nutzung der entsprechenden Figuren
nicht in größerem Maße ein.
Bitte beachten Sie, dass alle Wesen des Typus Huma-
noider in diesem Band das Merkmal Taktiker besitzen,
auch wenn dies nicht gesondert angegeben ist.

Uli Lindner,
Köln im März 2019

4
5
 Aandalamar
Bewahrer der Heiligtümer
Die als Aandalamar bekannten Bestienmeister sind die Hüter
dessen, was der dämmeralbischen Schöpfungsgöttin Aand heilig
ist. Die Göttin hat zwar fast keine Priester, doch die Aandalamar
zählen gemeinhin zu ihrem erweiterten Gefolge und als ihre Die-
ner. Ihre Aufgabe erfüllen sie gemeinsam mit ihren Vertrauten-
tieren, sie werden aber auch von allerlei anderen Kreaturen des
Dschungels unterstützt.
Die Aandalamar sind vor allem dafür bekannt und geschätzt,
dass sie als neutrale Bestienmeister und Wächter all
jenen Schutz gewähren, die im Besonderen von
Aand berührt sind und sich nicht in die politi-
schen Spiele der hohen Adelshäuser oder Kirchen
hi­neinziehen lassen.
Hintergrund
Die Aandalamar sind eine der ältesten
dämmeralbischen Organisationen,
auch wenn sie nicht immer ihren
heutigen Namen trugen. So gibt es
Geschichten und Aufzeichnungen
von Bewahrern und ihren tierischen
Gefährten aus der Zeit vor den
Hochkönigen, lange vor dem
Mondfall. Damals waren diese
Gruppen nur wenig organisiert
und die einzelnen Diener der
Sonne verrichteten unab-
hängig voneinander ihre Pflicht an
den Orten, zu denen sie sich berufen fühlten, oder
in der Nähe von Personen, auf die ein besonderes
Licht der Sonnengöttin fiel.
Erst mit der Bedrohung durch die Drachlinge, welche vor etwa
3000 Jahren begannen unzählige Alben aus dem Dämmerwald
zu verschleppen und auch den Dschungel selbst ihrem Machtbe-
reich einverleiben zu wollen, bildete sich eine strukturierte Grup-
pierung unter der Führung der schon damals gut organisierten
Sonnengarde, der Leibwache der Hochkönige – die Aandalamar
waren geboren.
Auch dem raschen und selbstlosen Vorgehen der Aandalamar ist
es zu verdanken, dass es den Drachlingen nie gelang, den Däm-
merwald einzunehmen. Von der Kraft der Natur unterstützt,
und das eigene Wohl dabei weitgehend außer Acht lassend,
konnten sie den Invasoren ein ums andere Mal eine empfind-
liche Niederlage zufügen. Zwar verloren die Aandalamar un-
zählige ihrer Mitglieder in den Auseinandersetzungen mit den
Dracuriern, sodass die Gruppierung zum Ende der Drachlings-
zeit fast verschwunden war, doch sind ihre Taten unvergessen
und ihr Ansehen aus dieser Zeit noch heute unbestreitbar. Seit
diesen Tagen hat sich der Orden der Aandalamar zwar etwas
erholt, dennoch sind seine Mitglieder auch heute kein häufiger
Anblick.
6
Motivation
Die Aufgabe der Aandalamar war seit jeher, die Schätze der
Schöpfung zu bewahren. So beschützen sie heilige Orte, sakrale
Gegenstände oder gesegnete Lebende. Wie der Schutz im Einzel-
nen aussieht, hängt ganz von Ort, Gegenstand oder Person ab.
Einige Bewahrer lassen niemanden auch nur in die Nähe „ihres“
Heiligtums, während andere Fremde freundlich empfangen und
ihnen von den Besonderheiten des Gesegneten berichten.
Dabei hat ihr selbstauferlegtes Neutralitätsgebot einen besonde-
ren Stellenwert. Sie bevorzugen weder eines der göttlichen Kinder
Aands, noch eines der Hohen Häuser oder eine andere Organisa­tion,­
so lange es sich dabei um Dämmeralben handelt.
Vielmehr stellen sie sicher, dass
jeder Andarai gleichermaßen
Zugang zu einem Heiligtum
erhält oder dass es allen gleich
verwehrt wird. Sind sie mit
dem Schutz eines lebenden Wesens betraut, versuchen
sie, sich nicht in dessen persönliche Belange einzumischen, sodass es
ganz seiner Bestimmung folgen kann.
Ziele
Da die Aandalamar aus vielen Individualisten bestehen, die alle
ihrer eigenen Aufgabe nachgehen, lassen sich nur wenige gemein-
same Ziele benennen:
Allem von Aand Gesegneten Schutz gewähren, insbesondere
den Wesen des Dämmerwalds und dem Dschungel selbst.
Die Sonne durch die Gesamtheit des eigenen Tuns und Wir-
kens ehren. Auch wenn die meisten von ihnen keine Priester
sind, leben sie nach den Tugenden der Sonne und wollen so
ein wahrhaft strahlendes Vorbild sein, durch dessen Licht
sich andere inspiriert fühlen.
Stets wachsam gegen Ränke der Drachlinge sein, auf dass die-
se nicht ihren Eroberungszug irgendwann fortsetzen.
Die heilige Kette der Riir, die von den Drachlingen über ganz
Lorakis verteilt wurde, wieder zurückgewinnen und zusam-
menfügen.
 Die Gottesbestie Makatinakun, die vor Jahrhunderten den
Dämmerwald verließ, ausfindig machen und überzeugen, in
ihre Heimat zurückzukehren.
Aands Tugenden
Aand ist die wichtigste Göttin der Dämmeralben und
gilt als Mutter der Schöpfung sowie der drei heutigen
Hauptgötter der Andarai. Daher ist fast jeder Dämmer­
alb bestrebt, die Tugenden Aands hochzuhalten, selbst
wenn er vor allem einem der drei Hauptgötter folgt –
und Aandalamar bemühen sich besonders, diesen Idea-
len gerecht zu werden.
Diese Tugenden sind Aufrichtigkeit, Ordnung, Stolz
und Treue; sie bilden die Ehre eines Dämmeralben.
Aufrichtigkeit: Zu sich selbst stehen und auch seinen
Worten Taten folgen lassen. Nicht unehrlich sein –
was nicht bedeutet, dass jeder alles erfahren muss.
Ordnung: Aand hat die Schöpfung mit einer Ord-
nung versehen und diese gilt es zu wahren. Sei dies
die Ordnung der Natur von fressen und gefressen
werden oder der Schutz der Bedürftigen, sodass eine
Gemeinschaft Bestand haben kann.
Stolz: Innere Zufriedenheit besitzen, eines der Kin-
der der Schöpfung zu sein – und der Schöpfung
gegenüber Hochachtung zeigen, sowie der Sonne
durch gute Taten einen Dienst erweisen.
Treue: Gegenüber sich selbst und jenen, denen man
sich verpflichtet hat, loyal und aufrecht sein.
Hierarchie und Struktur
Die Hierarchie der Aandalamar ist für Außenstehende undurch-
sichtig und wird kaum nach außen kommuniziert. Stattdessen er-
scheint es so, dass alle Aandalamar zu den Dienern Aands zählen
und diese ihre Kompetenzen unter sich klären. So vertreten auch
rangniedere Mitglieder nach außen hin oft den gesamten Orden,
wodurch ein geschlossenes Bild aufrechterhalten wird.
An oberster Stelle steht der Rat der Alten, welcher im Zentrum
des Dämmerwaldes in Aandhar sitzt, direkt in den Wurzeln
des Lebensbaumes selbst. Dieser zum Teil aus wiedergeborenen
Heroen bestehende Rat verfügt über das Vermögen und beson-
dere Relikte des Ordens, ernennt neue Aandalamar und prüft
anhand von Orakelsprüchen und alten Schriften, ob der Schutz
eines Ortes, Artefakts oder Lebewesens tatsächlich dem Wunsch
Aands entspricht.
Der Rang eines einzelnen Aandalamar ist unmittelbar an seine
Aufgabe geknüpft, wobei die einfachen Mitglieder kaum Be-
fehlsgewalt über andere Mitglieder ihres Ordens oder gar andere
Andarai besitzen, ganz unabhängig von ihrer Position. Anders
verhält es sich, sollte ein zu schützendes Heiligtum unmittel-
bar betroffen sein; dann gilt der dieses Heiligtum beschützende
Aand­alamar üblicherweise als höchste Autorität, solange es um
die Abwehr der Gefahr geht.
Ressource Rang
Wert Titel Bedeutung
Hüter eines einfachen Heiligtums, Artefakts
1 Aandalei
oder Heiligen
2 Aandama
Bewahrer eines bedeutenden Heiligtums,
Artefakts oder Heiligen
Wächter einer der außergewöhnlichsten
3 Aandareii
Segnungen Aands
4 Aandaviel Kommandant der Sonnengarde
5 Aandazar Mitglied im Rat der Alten
„Der/Die Alte“, Erster unter Gleichen des
6 Sa Alar
Rats der Alten
Mitglieder
Die größte Unterscheidung innerhalb der Aandalamar wird
durch die eigentliche Aufgabe getroffen. Die meisten von ihnen
sind Wächter heiliger Stätten und Artefakte der Dämmeralben
und nur gelegentlich an belebten Orten zu finden. Für gewöhn-
lich leben sie abseits der Zivilisation und bewahren an der Sei-
te ihrer tierischen Gefährten den Frieden jener Regionen. Die
kleinere Gruppe (auch als Bestienwächter bekannt) sind jene, die
sich ausschließlich dem Schutz der von Aand berührten Wesen
verschrieben haben. Das sind bisweilen Caiyus, besondere Wald-
bruten oder heilige Seelen, aber stets hat auch der aktuelle Hoch-
könig Mitglieder der Sonnengarde zu seinem Schutz.
Aandalamar tragen keine einheitliche Kleidung, sondern eher
das, was ihrer Aufgabe oder ihrem Geschmack entspricht. Jedoch
kann man sie üblicherweise an ihrem Sonnenamulett sowie dem
ärmellosen Sonnenmantel, welcher über der Kleidung getragen
wird, erkennen. Außerdem ist es unter den Aandalamar Sitte, ih-
re Sippen- oder Familiennamen aufzugeben und einfach ein -A
an den Rufnamen anzuhängen. Dies ist ein Zeichen ihrer Neu-
tralität gegenüber allen Andarai und ein Zeugnis dafür, dass sie
Aand allein verpflichtet sind.
Mitglied bei den Aandalamar wird man vor allem durch innere
Berufung und eine dazugehörige Aufgabe. Ein zukünftiger Aan-
dalamar spürt, wenn und warum er von der Sonne berufen wird.
Sobald er einen solchen Ruf hört, sucht er den Rat der Alten
auf und erhält – sofern er ihren Segen hat – Sonnenamulett und
Sonnenmantel, womit ihm von nun an die Aufgabe, die er in sich
spürte, auch offiziell übertragen wird. Mitunter gilt es für das
neue Ordensmitglied, einen alten Aandalamar an einer Heiligen
Stätte abzulösen oder ein schützenswerten Heiligtum (wieder)
zu entdecken. In einem der seltenen Fälle, in denen die Aufgabe
eines Aandalamar auf einen anderen übergeht, schließt sich der
Abgelöste meist dem Rat der Alten an. Ein gescheiteter Aandala-
mar hingegen, dessen Heiligtum zerstört oder geschändet wurde,
wählt üblicherweise den rituellen Tod.
Auffällig ist, dass sich unter den Aandalamar auch verhältnis-
mäßig viele Nicht-Alben finden. Neben den Angehörigen der
anderen zivilisierten Völker gehören hierzu auch Exoten wie
Waldgeister und Feen.
7
Bedeutende Angehörige Sonnenvogel
Die Gaara-A (Albin, *33 LZ, sonnenblond, alterslos, kämp-
ferisch), ist die aktuelle Alte der Aandalamar und damit ihre AUS BEW INT KON MYS STÄ VER WIL
wichtigste Stimme. Nahezu jeder Aandalamar war zum Ge-
4 3 3 4 2 4 1 2
spräch bei ihr und ihrem Sonnenvogel Taala. Sie sitzt dem
Rat der Alten vor und kaum jemand kann sich vorstellen, wie
GK GSW LP FO VTD SR KW GW
die Aandalamar ohne ihre, wenn auch mitunter kontrover-
se, Art wären. Auch wenn sie Bittstellern gegenüber mild ist, 6 5/15 10 7 19 0 21 15
verteidigt sie ihre Aandalamar stets, und wenn sie glaubt, dass
jemand sie ausspielen oder Schwache übervorteilen möchte, Waffen Wert Schaden WGS INI Merkmale
lernt dieser den Zorn der Sonne kennen. Körper 8 1W6+1 10 7−1W6 Stumpf
Elea-A (Albin, *941 LZ, sanftmütig, heiter) ist die Wächterin
der Drei Mondseen, einem bedeutsamen Orakelort der Dämmer­ Typus: Reittier, Tier, Vogel
alben. Viele Dämmeralben suchen im See der Vergangenheit, Monstergrad: 1 / 1
dem der Gegenwart oder dem der Zukunft nach Visionen und Fertigkeiten: Akrobatik 10, Athletik 21, Entschlossenheit 6, Heim-
Hinweisen auf ihr Leben. Elea-A und ihr Gefolge leiten die Pil- lichkeit 6, Wahrnehmung 8, Zähigkeit 13, Lichtmagie 8
ger an, auch da die Art der Visionen durch die Auswahl der Seen Meisterschaften: Athletik (II: Flinker Verfolger)
sowie dem Stand von Monden und Sonne bestimmt wird. Da- Zauber: Licht 0: Licht; I: Blenden
bei ist sie deutlich zugänglicher und so mancher Narretei stärker Merkmale: Erschöpfungsresistenz 1, Fliegend, Kreatur 6, Ver-
zugetan, als man es von ihrem Amt erwarten würde. wundbarkeit gegen Schattenschaden
Rugorr-A (Varg, *974 LZ, stolz, pedantisch) ist der aktuelle Beute: Federn (Jagdkunst gg. 25; 10 L)
Hauptmann der Sonnengarde und damit eine der einflussrei-
cheren Personen in Aandhar, auch wenn er im steten Konflikt
mit Gaara-A steht. Diese hatte es als schlechten Scherz der
Sonne bezeichnet, dass ein Wesen, das kaum die Lebenspan- Artefakte
ne eines Augenblicks hat, eine solch wichtige Aufgabe zu- Dem Orden stehen durch das jahrhundertelange Behüten von
geteilt bekam – obwohl sie einst selbst seiner Aufnahme in mächtigen Gegenständen, einflussreichen Personen und Pilger-
den Orden zustimmte. Doch ganz im Lichte der Tugenden zielen ein immenses Vermögen und vielerlei Artefakte zur Verfü-
nimmt Rugorr-A es als Ansporn, den Beweis zu erbringen, gung. Darüber hinaus ist es nicht unüblich, dass ein Aandalamar
dass er und auch alle anderen „Kurzlebigen“ der Sonne Ehre sein Sonnenamulett oder seinen Sonnenmantel verzaubern lässt
erweisen können und übertrifft an der Seite seines Lederbul- und einen der Gegenstände als Talisman nutzt.
len Farg viele seiner Vorgänger.

Ressourcen und Mittel Sonnenamulett: oft Relikt / AQ 3, Talismanver-

Die Mittel und Möglichkeiten eines einzelnen Aandalamar hängen
von seinem Wirkungsort, seiner speziellen Aufgabe und seinem per-
sönlichen Hintergrund ab. Letzteres insbesondere, da es als ehrenrüh-
rige Schwäche angesehen werden kann, sich zu sehr auf den Orden
und seine Hilfe zu verlassen. Dennoch besitzt der Orden einige Res-
sourcen, die mitunter von Aandalamar genutzt werden können.
besserungen Magieunterstützer (Natur) und Zauber-
verstärker (Natur, Typus Tiere) (siehe Splittermond:
Die Magie S.171)
Sonnenmantel: bisweilen Relikt 2, Legendäre
Kraft Stärke [Kind des Lichts] (siehe Mondstahl­
klingen S. 103 und Splittermond: Jenseits der
Grenzen S. 122).

Mitglieder und Tiervertraute

Das wichtigste Werkzeug eines Aandalamar, auch wenn er es nie
als solches bezeichnen würde, ist die Schöpfung Aands selbst, die
in Form der Kreaturen der Wildnis an seiner Seite ihren Platz ein-
nimmt. Häufig werden die Aandalamar dabei von Sonnenvögeln
begleitet, dem Glauben der Dämmeralben nach von Aand gesegnete
Wesen, die in hohem Alter bisweilen als Reittier dienen können.
Sonnenvögel, die einen Bestienrufer als Vertrautentier
begleiten, besitzen oft diverse Abrichtungen (siehe Bes­
tienmeister S. 17). Hierzu können gehören: Angreifer,
Große Tricks (Handgemenge (I: Vorstürmen, Umrei-
ßen [22]), Kampfgefährte, Kämpfer 1-3, Loyal, Stabiler
Geist, Standhafter Geist
Vorgehen
Einheitliche Vorgehensweisen gibt es bei den Aandalamar nur
selten, da ihre Aufgaben sehr unterschiedlich sind. Zu ihren
Gemeinsamkeiten zählt aber, dass sie, über eine rudimentäre
Unterstützung des Ordens hinaus, häufig unabhängig und nur
mit Hilfe der Natur ihre Aufgaben erfüllen. Dabei nutzen sie
gleichermaßen ihre Vertrauten wie auch zahlreiche Tiere und
Bestien der Natur, die sie nur kurzfristig um Hilfe bitten oder
mittels Zauberei in ihre Dienste stellen. Bedrohungen des
Dämmerwalds oder der Andarai sind sie feindlich gegenüber
eingestellt und scheuen auch nicht vor Gewalt zurück; reine
Geringschätzung von etwas, dass sie als heilig betrachten, wer-
den sie aber weitgehend ignorieren. Manch ein Aandalamar
mag es sogar begrüßen, wenn etwas, dass er zu schützen sucht,
nur wenig Aufmerksamkeit zuteilwird.

8
 Verbündete und Feinde
Die Aandalamar an sich haben keine Feinde bei den Dämmeral-
ben, sind sie doch Teil von Aands Gefolgschaft und ihr Dienst ist
sowohl aus alten Tagen, als auch aus jüngerer Geschichte, weit
gerühmt. Die meisten Dämmeralben werden bestrebt sein, einen
Aandalamar zu unterstützen, was von diesen durchaus bereitwil-
lig angenommen wird – eher zumindest, als gegenüber einem an-
deren Aandalamar oder gar dem Rat eine „Schwäche“ zu zeigen,
indem man von dort Hilfe anfordert.
Der wichtigste Verbündete ist sicherlich Seraaz Sonnentau
(Alb, *840 LZ, vital, charismatisch), der Hochkönig aller
Dämmeralben, der seiner aus den Aandalamar rekrutierten
Leibwache seit Jahrzehnten vertraut und keine Kränkung des
ehrwürdigen Ordens akzeptieren würde.
Die häufigsten Feinde des Ordens finden sich außerhalb der
Dämmeralben, seien es marodierende Dschungelorks und
Jaguarkrieger, die einen Landstrich erobern oder das Leben
eines Gesegneten bedrohen, oder Schädelkorsaren, die in ei-
nem Heiligtum ein lohnendes Plünderziel sehen.
Ein besonderer Dorn im Auge der Aandalamar ist die hohe
Drachin Samathia die Strahlende, die am Rand des Dämmer-
walds seit Jahrhunderten übernatürliche Gegenstände sam-
melt und schon mehr als ein heiliges Objekt der Andarai in
ihren Besitz brachte (eine ausführlichere Beschreibung von
Samathia finden Sie in Feinde & Schurken S. 144).
Szenarioansatz
Nahe bei Ansiah, an einem abgelegenen und unzugänglichen
Ort, befindet sich Muuna, der Baum der Wahrheit. Die abgefalle-
nen Blätter des Baumes werden von Pilgern als Talismane getra-
gen oder zu Tränken verarbeitet, die Erkenntnis schenken sollen.
Der Aandalamar Umaano-A (Alb, *833 LZ, schrullig, hilfsbe-
reit), der gemeinsam mit seinem Sonnenvogel Krikri die Stätte
bewacht, ist üblicherweise offen und freundlich. Doch wenn die
Abenteurer dorthin gelangen, ist die Situation eher angespannt.
Grund dafür ist, dass Muuna begonnen hat, eine seltene Goldene
Knospe auszubilden – etwas, das höchstens zweimal im Jahrzehnt
geschieht. Es heißt, dass die goldenen Blüten des Baumes eine be-
liebige Frage wahrhaft beantworten könnten. Da der Preis dafür
aber Tod des Baumes ist, versucht Umaano-A freundlich, aber
bestimmt, die Pilger wieder loszuwerden.
Im Besonderen liegt er im Streit mit Damaara Traumjäger (Albin,
*953 LZ, reserviert, zielstrebig). Die Ermittlerin der Karzadaikir-
che ist mit der Aufklärung eines besonders vertrackten Falles
betraut worden, der sich bis in die höchsten Kreise des Kultes
erstreckt. Auch wenn ein Schuldiger schnell gefunden war, war
es der Priesterin zu eindeutig, sodass sie nach und nach immer
weitere Schichten und Vernetzungen fand, auf die sie sich nur
bedingt einen Reim machen konnte. Da sie befürchtet, dass die
Hinrichtung eines Unschuldigen, genau wie das Verschonen eines
wahren Frevlers, die Kirche und den Glauben an die Unfehlbar-
keit der Gesetze Karzadais langfristig vergiften und erschüttern
würde, sieht sie außer der goldenen Blüte keinen anderen Aus-
weg, um dieses Rätsel rechtzeitig aufzulösen.
Während andere Pilger den Wünschen des Aandalamar folgen
und abziehen, können die Abenteurer Umaano-A helfen, das
Heiligtum zu schützen oder Damaara dabei unterstützen, an die
Blüte zu gelangen. Beide sind gewillt, Gewalt einzusetzen und
dabei auch den Tod des jeweils anderen in Kauf zu nehmen. Auch
wenn Umaano-A versteht, dass hier viel auf dem Spiel steht, ist
es ihm nahezu unmöglich, sich darauf einzulassen, die Blüte her-
auszugeben, da dies der Tod des Baumes und damit ein Scheitern
seiner heiligen Aufgabe bedeutete. Sollte er dennoch irgendwie
überzeugt werden, dass hier Größeres auf dem Spiel steht als „ein
Baum“, wird er rituellen Selbstmord begehen. Sollte die Blüte
gestohlen werden, wird er nicht eher ruhen, bis Damaara und
ihre Helfer (oder er selbst) tot sind.
Damaara hingegen wird erst abziehen, wenn sie überzeugt ist,
dass sie keinen Erfolg haben wird, oder die Blüte einige Tage nach
ihrem Erblühen abfällt und so ihre mystischen Kräfte verliert.
Einen Aandalamar spielen
Aandalamar sind tugendhafte Vertreter ihres Volkes,
welche stets einer persönlichen, gottgewollten Aufgabe
folgen. Sollten Sie einen Aandalamar spielen, bietet es
sich an, einen anderen Abenteurer, der eventuell eine
wiedergeborene Heldenseele ist oder zu einem solchen
Heiligen werden könnte, zu begleiten. Auch vorstellbar
ist es, dass er ein Artefakt, welches unter dem Schutz
eines Aandalamar steht, auf einem prophezeiten Weg
aus dem Dämmerdschungel heraus begleitet. Selten
kommt es auch vor, dass ein neu berufener Aandalamar
ein lange verlorenes Artefakt sucht, um es zurück in den
Dämmerwald zu bringen und zukünftig zu schützen.
Aandalamar sind dabei recht angenehme Reisegefähr-
ten. Sie sind tendenziell eher asketisch und auch nicht
missionarisch, selbst wenn sie stets bestrebt sind, den
Idealen der Sonne zu folgen. Im Bund zu ihrem tieri-
schen Gefährten sehen sie, noch viel mehr als andere
Dämmeralben, ein Geschenk der Götter.
Stichpunkte zur Ausgestaltung
Tracht: Sonnenamulett, Sonnenmantel
Bevorzugte Ausbildungen: Bestienmeister (Bestienwäch-
ter), Waldläufer (Bestienrufer)
Bevorzugte Schwächen: Hochmut, Stolz
Wichtige Fertigkeiten: eine Kampffertigkeit, Arkane
Kunde, Entschlossenheit, Geschichte und Mythen,
Tierführung, Überleben
Wichtige Magieschulen: Licht, Natur, Schutz
Ausbildungsvariante: Bestienrufer
(Variante des Waldläufers)
Diese Ausbildungsvariante finden Sie in Splittermond:
Die Regeln auf S. 70.
Ausbildungsvariante: Bestienwächter
(Variante des Bestienmeisters; siehe Bestienmeister S. 34)
Voraussetzung: Kultur Dämmeralben; Fertigkeiten: Ge-
schichte und Mythen +1, Redegewandtheit +1, Lichtma-
gie +1, nur eine Kampfertigkeit wählbar; Meisterschaften:
Naturmagie (Vertrautenband) statt freier Kampfmeister-
schaft
9
 Die Ahnensucher
Jäger des Verlorenen Erbes
Die Ahnensucher sind ein keshabidischer Geheim- Dies führte zu großer Aufregung innerhalb der
bund, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Wahr- keshabidischen Gemeinschaften – wurde die eige-
heit über die Geschichte ihres Volkes ne, mühsam wiedergewonnene Volksidentität doch
im Allgemeinen, insbesondere jedoch durch die neuen Erkenntnisse bedroht. Keshabid,
die genauen Hintergründe die „der Wahrheit auf den Grund gehen“ wollten,
des Kesh-Krieges, ans Licht wurden immer häufiger als Unruhestifter von ih-
zu bringen. Darüber hinaus ren Nachbarn gemieden. Dies führte schon bald
treibt ihre stark ausgeprägte dazu, dass sich kaum ein Keshabid mehr
Neugier sie jedoch auch an, traute, kritische Nachfragen in aller Öf-
generell jedes Rätsel, dem fentlichkeit zu stellen. Denjenigen, die
sie begegnen, lösen zu wol- ihre Suche nach der Wahrheit den-
len. Ihr hauptsächliches noch nicht aufgeben wollten, blieb
Wirkungsgebiet liegt in nur, ihrem Vorhaben im Geheimen
Farukan, doch führt sie ih- nachzugehen. So schlossen sich
re Suche nach der Wahrheit 838 LZ mehrere keshabidische
auch immer wieder über des- Gelehrte und Schatzsucher zum
sen Grenzen hinaus. Bund der Ahnensucher zusam-
Die unter ihnen verbreitete Ge- men, um den furchtlos an der
heimhaltung basiert auf der Wahrheit Interessierten einen
bitteren Erfahrung, dass sicheren Hafen unter Gleich-
ihre Antworten gerade gesinnten zu schaffen.
innerhalb ihrer eigenen Gerade in den ersten Jahrzehn-
Gemeinschaft wenig ten hielten die nur knapp zwei
willkommen sind. Doch Dutzend zählenden Mitglieder
vertreten sie die Mei- die Existenz ihrer Gemeinschaft
nung, dass Furcht kein gu- streng geheim. Doch je größer
ter Ratgeber ist und nur die der Bund wurde, desto mehr In-
Kenntnis der Wahrheit zu ei- formationen über dessen Ziele und
nem glücklichen, selbstbestimmten Leben füh- Aktivitäten sickerten durch, sodass die
ren kann. Unter ihren Mitgliedern finden sich daher Existenz der Ahnensucher zu einem offe-
wagemutige Schatzsucher und furchtlose Gelehrte, die nen Geheimnis innerhalb der keshabidischen
ehrlich an den Fakten interessiert sind – und wenn diese noch so Gemeinschaften wurde.
schmerzhaft sein mögen.
Motivation
Hintergrund Die Ahnensucher treibt der unbändige Wunsch nach vollständi-
Im Zuge der Eroberung Keshs im Jahre 420 LZ durch Padishah ger Erhellung der keshurischen Geschichte an. Sie glauben fest
Shahanra die Kaltherzige gingen nicht nur zahlreiche Leben ver- daran, dass umfassende Erkenntnis vollumfängliche Freiheit be-
loren, sondern in der Folge auch große Teile des kulturellen Erbes deutet und das Scheu vor jeglicher Wahrheit vollkommen fehl
der besiegten Keshu. Gerade den in die farukanische Schuldskla- am Platz ist. Sie wollen daher so viele Fakten wie nur möglich
verei gezwungenen Fleckengnomen blieb meist nur das, was sie über das alte Kesh zusammentragen. Egal, ob es sich dabei nun
am eigenen Leibe und im Herzen mit sich trugen. Über ganz um die Gründung des Reiches unter der legendären Königin She-
Farukan verstreut, drohte den Verschleppten zunächst ein voll- bir handelt oder den genauen Hergang der Ereignisse, die zum
ständiger Verlust ihrer gemeinsamen Identität. Untergang Keshs geführt haben.
Die Wende kam erst 657 LZ mit dem Werk Erinnerungen an mein
Volk von Adesh der Chronistin, das lange Zeit als zuverlässige histo-
rische Quelle über Leben und Bräuche der Keshu galt. Durch die Ziele
Wiederentdeckung der sogenannten Königstafeln im 9 Jhdt. LZ Erfahrungsberichte aus erster Hand, egal, ob sie nun von den
durch den turubarischen Shalenki-Mönch Rangzhu den Gründlichen Lebenden oder den Toten stammen, mögen zwar von der indi-
wurden jedoch einige Korrekturen an Adeshs Erinnerungen nötig. viduellen Sicht des Erzählenden beeinflusst sein, können aber
In der Folge kamen nicht nur bei farukanischen Gelehrten Zweifel wertvolle Hinweise auf den Verbleib verschollener Dokumente
am Wahrheitsgehalt ihres Werkes auf, sondern auch von Seiten eini- und Artefakte liefern, sowie mögliche Motive vergangener Ak-
ger Keshabid wurden zunehmend kritischere Fragen gestellt. teure erhellen – und sollen daher von den Ahnensuchern ge-

10
 sammelt werden. In diesem Zusammenhang ist der Weise Aba
genannte Vorsteher des Nurghon-Tempels in Neresheb, dem
Keshabid-Viertel Fedirs, von großem Interesse für den Bund,
soll er doch den Untergang Keshs persönlich miterlebt haben.
Die Ahnensucher wollen alte Dokumente zusammentragen. So
suchen sie etwa die verlorenen Handelsregister der Saphirallianz,
die Auskunft über alte Besitzrechte und Minenstandorte geben.
Ebenso sind alte Karten und Konstruktionspläne von Fallen
oder arkanomechanischen Apparaturen von Wert für sie. Die
Ewige Chronik, in der alle Vorkommnisse im alten Kesh minu-
tiös von der Priesterschaft des Herrn der Zeit, des obersten kes-
hurischen Gottes, niedergeschrieben wurden, stellt schließlich
sowas wie den heiligen Gral für die Ahnensucher dar.
Ein wichtiges Ziel der Ahnensucher ist es, Artefakte zu bergen
und zu verstehen. Hierunter fallen zum Beispiel die verschol-
lenen Kronjuwelen der alten keshurischen Herrscherlinie. Aber
auch die Wiederbeschaffung von Kriegsbeute und die Untersu-
chung alter keshurischer Artefakte, insbesondere jener der arka-
nomechanischen Art, sind für die Ahnensucher von Interesse.
Jede verlassene Ruine oder Mine kann wertvolle Erkenntnisse
über das Leben und die Errungenschaften des alten Kesh lie-
fern und soll daher von den Ahnensuchern erkundet werden.
Insbesondere die in der einstigen Erfinderstadt Zheru nu-
Talan gelagerten Erkenntnisse, deren tödliche Verteidigungs-
anlagen bis heute niemand zu überwinden imstande war,
wären von unschätzbarem Wert für Mitglieder des Bundes.
Die Ahnensucher wollen auch in nicht zu ihrem Bund ge-
hörenden Keshabid nach und nach die Bereitschaft wecken,
sich auch unbequemen Wahrheiten nicht zu verschließen
und sich der Erkenntnis allgemein zu öffnen – ohne sie aber
vor ihrer Zeit dazu zu drängen.
Hierarchie und Struktur
Innerhalb der Ahnensucher gibt es drei Zweige: Den Suchern,
deren Aufgabe darin besteht, den Hinterlassenschaften ihrer Vor-
fahren in verwitterten Ruinen oder halb verschütteten Minen in
der Schattenwand nachzuspüren, begegnet man am weitaus häu-
figsten. Ihre Taten prägen daher das öffentliche Bild des Geheim-
bundes als eine Organisation wagemutiger Schatzjäger. Sie sind
wahre Meister im Überwinden von raffinierten Schlössern sowie
tödlichen Fallen und verstehen sich trefflich darauf, vollkommen
unbemerkt zu agieren.
Die Rufer beschäftigen sich unter anderem mit der Befragung der
wenigen noch lebenden Zeitzeugen. Ihr Hauptaugenmerk gilt
jedoch den von ihnen beschworenen Ahnengeistern, von denen
sie sich wertwolle Erkenntnisse aus erster Hand über die Vergan-
genheit Keshs erhoffen. Sie sorgen aber auch dafür, dass ruhelose
Geister, deren Ursprung in den Gräueln des Kesh-Krieges liegen,
Erlösung finden können.
Den Hütern schließlich obliegt es, dafür zu sorgen, dass die zu-
sammengetragenen Informationen und Artefakte ihrer Bedeu-
tung nach bewertet, sortiert und anschließend einer sicheren
Verwahrung zugeführt werden. Unter ihnen finden sich daher
profunde Zaubertheoretiker, Naturkundler und auch Handwer-
ker aller Art, die sich nicht nur um die Erhaltung sowie Res-
tauration empfindlicher Schriftrollen und Artefakte kümmern,
sondern diese darüber hinaus mit ausgeklügelten Alarm- und
Fallensystemen zu sichern wissen.
Führungsstruktur
An der Spitze des Geheimbundes steht ein dreiköpfiger Rat, des-
sen Mitglieder sich aus den jeweils erfahrensten Mitgliedern der
drei Zweige rekrutieren, die einen der ihren wiederum zu ihrem
Sprecher erklären. Der Oberste Rat trifft sich alle vier Monate an
wechselnden Orten – meist innerhalb der Heimatgemeinden sei-
ner Mitglieder – und berät über die Belange des Geheimbundes.
Weitere formale Ränge sind dem Bund fremd.
Führungskompetenz wird der- oder demjenigen zugesprochen,
der die meiste Erfahrung auf einem bestimmten Gebiet erworben
hat. Wie bei den Keshabid üblich wird innerhalb der Organisati-
on den älteren Mitgliedern allein aufgrund ihrer Lebenserfahrung
hoher Respekt gezollt. Doch die Tatsache, dass die Ahnensucher
sich der unbedingten Wahrheit verpflichtet sehen, führt auch
immer wieder dazu, dass jüngeren, aber in der Sache erfahrene-
ren Mitgliedern bei wichtigen Entscheidungen vertrauensvoll die
Führung überlassen wird.
Ressource Rang
Wert Titel Bedeutung
1 Einfaches Mitglied Ahnensucher ohne größere Erfahrung
Ahnensucher, dessen Meinung ob
2 Erfahrenes Mitglied
seiner Erfahrung geschätzt wird
3 Ratsmitglied
Mitglied des Obersten Rats und
Vorsteher eines Zweiges
4 Sprecher Sprecher des Obersten Rats
Mitglieder
Um in die Reihen der Ahnensucher aufgenommen zu werden,
bedarf es vor allem einer Eigenschaft: Ehrliche, radikale Neugier,
insbesondere in Bezug auf das eigene kulturelle Erbe. Daneben
sollte ein potenzielles Mitglied über die Fähigkeit verfügen,
schweigen zu können, wo es nötig ist. Denn mag die Existenz der
Ahnensucher mittlerweile ein eher offenes Geheimnis sein, so ha-
ben sich bis heute nur sehr wenige ihrer Mitglieder öffentlich zu
erkennen gegeben. Zu tief sitzt noch immer die Angst, von den
eigenen Verwandten und Nachbarn gemieden zu werden. Aber
auch die Überzeugung, dass manche Wahrheiten erst zur rechten
Zeit ausgesprochen werden dürfen, lässt viele Ahnensucher zö-
gern, ihre Identität preiszugeben.
Aus den knapp zwei Dutzend Gründungsmitgliedern hat sich
mittlerweile eine wenige Hundert Köpfe zählende Organisation
entwickelt, deren Vertreter in den meisten Siedlungen der Ke­
shabid zu finden sind. Gehörten den Ahnensuchern zu Beginn
zudem ausschließlich Keshabid an, so haben sich ihnen im Laufe
der Zeit auch einige gleichgesinnte Keshubim angeschlossen. Bei
den weitaus meisten von ihnen handelt es sich um Freigeister,
deren stark ausgeprägte Individualität und forsche Neugier sie
ebenso wie ihre keshabidischen Kollegen zu Außenseitern in ihrer
heimatlichen Gemeinschaft werden ließ.
Es gibt unter den Ahnensuchern keine einheitliche Tracht. Statt-
dessen nutzen viele von ihnen Anhänger, Broschen oder auch Täto-
wierungen in Form einer Triskele, um sich gegenüber Eingeweihten
subtil als Mitglieder des Geheimbundes kenntlich zu machen.
11
Aufnahme und Ausbildung
Viele Ahnensucher gehören der Organisation in zweiter, teils so-
gar schon dritter, Generation an und wurden von ihren Verwand-
ten in die Wege des Geheimbundes eingeführt. Außenstehende
werden hingegen erst einer gründlichen Beobachtung unterzogen
und auf ihre Vertrauenswürdigkeit hin überprüft. Haben sie sich
als loyal erwiesen, werden sie ihren Fähigkeiten entsprechend ei-
nem Mentor aus einem der drei Zweige zugeteilt.
Die Ausbildung, deren Inhalt und Länge stark vom jeweiligen
Mentor abhängt, gilt als abgeschlossen, wenn es dem Schüler
durch eigene Anstrengungen gelungen ist, dem Kenntnisstand
über das alte Kesh etwas hinzuzufügen, was vorher noch nicht
bekannt war.
Bedeutende Angehörige
Shiolan bid-Tebesh (Gnom, *748 LZ, wissbegierig, vom
Alter gebeugt) ist der versierteste Rufer der Ahnensucher
und aktueller Sprecher des Obersten Rates, dem er in dieser
Funktion bereits seit 898 LZ vorsteht. Er lebt in Neresheb
und versucht schon seit mehreren Jahren die Geheimnisse
des Weisen Abas mit Hilfe dienstbarer Geister zu ergründen.
Doch haben sich die nekromantischen Fähigkeiten seines
Gegenübers den seinen bisher immer wieder als überlegen
erwiesen, sodass er nun nach anderen Wegen der Informati-
onsbeschaffung sucht.
Tirfa bid-Khalim (Gnomin, *846 LZ, umsichtig, athletisch)
ist bereits Ahnensucherin in dritter Generation und hat ihre
Eltern von Jugend an auf Expeditionen begleitet. Als Tochter
einer Keshubim und eines Keshabid kennt sie nicht nur die
turubarische Wildnis wie ihre Westentasche, sondern pflegt
darüber hinaus enge Kontakte nach Tar-Kesh, von wo sie
schon einige bedeutende Artefakte für die Ahnensucher „ber-
gen“ konnte.
Razab bid-Arash (Gnom, *790 LZ, trägt ständig Schriftrol-
len mit sich herum, kurzsichtig) lebt in Taressu, dem Kesha-
bid-Viertel Shinshamassus. Er ist aktuell der oberste Hüter
des Bundes und gehört darüber hinaus einer der altehrwür-
digsten Familien des Viertels an. Seinen damit verbundenen
Einfluss nutzt er, um zu verhindern, dass die Schriftensamm-
lung des Tempels der Adeshbid einer genaueren Prüfung
unterzogen wird – würde hierdurch doch offenbart, dass die
Ahnensucher im Chaos der Sammlung unter anderem eini-
ge Fragmente der verschollen geglaubten Handelsregister der
Saphirallianz verstecken.
Ressourcen und Mittel
Die Ahnensucher haben im Laufe der Zeit nicht nur einen enor-
men Wissensschatz zusammengetragen, sondern sind durch die
Veräußerung von für ihre Ziele nicht relevanten Funden und In-
formationen zu einigem Reichtum gelangt. Ihr Vermögen setzen
sie vor allem für die Finanzierung ihrer zahlreichen Expeditionen,
den Erwerb interessanter Funde oder die Beauftragung von Aben-
teurern ein.
12
Geheime Basen
Die Ahnensucher verfügen in jeder größeren keshabidischen Ge-
meinschaft über ein geheimes Hauptquartier, das nur Eingeweih-
ten offensteht. Die drei größten befinden sich in Shinshamassu,
Ezteraad und Fedir. Zusätzlich dazu unterhalten die Ahnensucher
in ganz Farukan und insbesondere in Turubar mehrere sichere Un-
terschlupfe mit Ausrüstung und Proviant. Selbst im Tiefdunkel
sollen sie einige Verstecke angelegt haben, die von Expeditionen als
Unterschlupfe und zur Versorgung genutzt werden können.
Artefakte
Durch ihre intensive Beschäftigung mit den magischen Traditi-
onen der Keshu ist es den Ahnensuchern gelungen, Zugriff auf
deren Kenntnisse der Bewegungsmagie zu erlangen. So führen ins-
besondere die Sucher zahlreiche Gegenstände, die mit Zaubern aus
dieser Schule belegt sind, mit sich. Gerade die sogenannten Gams-
schuhe erfreuen sich unter Feldforschern in Gebirgen und Höhlen
großer Beliebtheit. Aber auch magische Linsen, Schutzamulette
und diverse Talismane gehören zur Ausrüstung eines jeden Ah-
nensuchers – man kann schließlich nie wissen, welchen Problemen
und Herausforderungen man sich im Feld gegenübersieht.
Bei den Gamsschuhen handelt es sich um Strukturgeber,
in denen der Grad 3 Zauber An Wänden laufen (Split­
termond – Die Magie, S. 118) verankert ist. Daneben
finden sich in der Regel Strukturgeber mit niederer bis
mittlerer Artefaktqualität und mit Zaubern aus den
Schulen der Bewegungsmagie und Erkenntnismagie,
mit Zaubern wie Sanfter Fall und Wahrer Blick oder
Magie erkennen.
Mitglieder
Den weitaus größten Anteil der Ahnensucher stellen die Sucher,
denen man aufgrund ihres Tätigkeitsfeldes auch am häufigsten
begegnet. Die Hüter stellen die nächstgrößere Gruppierung in-
nerhalb des Bundes, während es von den Rufern nur recht wenige
gibt – und von denen die weitaus meisten in Neresheb, dem Ke­
shabid-Viertel Fedirs, leben.
Typischer Sucher
Wichtige Attribute: BEW 5, VER 5
Wichtige abgeleitete Werte: FO 15, GW 22
Fertigkeiten: Arkane Kunde 13, Entschlossenheit 14, Heimlichkeit
14, Geschichte und Mythen 16, Länderkunde 14, Schlösser und
Fallen 14, Bewegungsmagie 13
Zauber: Bewegung 0: Zauberfeder; I: Sanfter Fall, Zauberhafte Ba-
lance; II: Katzenreflexe
Meisterschaften: Arkane Kunde (I: Artefaktkunde), Geschichte
und Mythen (I: Feldforschung; II: Bibliothekar), Schlösser und Fal-
len (I: Aufmerksam, Vorsicht I)
 Vorgehen
Sucher unternehmen entweder ausgedehnte Expeditionen in die
Schattenwand oder verfolgen die Spur keshurischer Artefakte.
Auch Rufer reisen viel umher, immer auf der Suche nach Ge-
schichten aus dem untergegangenen Kesh, sei es in Form von
Zeitzeugenberichten oder über die Beschwörung von Ahnengeis-
tern. Die eher sesshaften Hüter katalogisieren, analysieren und
restaurieren nicht nur alles, was von ihren Kollegen zusammen-
getragen wurde, sondern sorgen für das Anlegen alarm- und teils
fallengespickter Verstecke und Archive.
Ihre Erkenntnisse und Funde teilen die Ahnensucher eher selten
mit der Allgemeinheit – oft nur dann, wenn sie davon überzeugt
sind, dass diese für den betreffenden Teil der Wahrheit bereit ist.
Meist spielen sie die betreffenden Informationen oder Artefak-
te zudem anonym einer anderen Partei zu, da ihnen nichts an
Ruhm und Ehre liegt. Viele ziehen es zudem immer noch vor, ih-
rer Suche nach Erkenntnis um des heimatlichen Frieden Willens
weiterhin im Geheimen nachzugehen.
Darüber hinaus heuern die Ahnensucher oft fremde Abenteurer
an, insbesondere dann, wenn eine Mission besonders gefährlich
ist oder die Hilfe Außenstehender geboten scheint, um die ei-
gene Identität vor der heimatlichen Gemeinschaft nicht preis-
geben zu müssen. Vor Fremden wird diese Information in der
Regel ebenfalls geheim gehalten – nur dann, wenn sich deren
Vertrauenswürdigkeit und ehrliches Interesse an der Sache er-
wiesen hat, besteht die Chance, dass ein Ahnensucher sich und
seine wahren Beweggründe offenbart und sein Wissen dann
voller Freude teilt.
Verbündete und Feinde
Zum Orden der Adeshbid besteht ein eher angespanntes Ver-
hältnis, da dieser in den Augen der Ahnensucher die Lehren
Adeshs vollkommen unkritisch weiterverbreitet – und das
selbst dann noch, wenn die Fakten klar dagegensprechen.
Für viele Ahnensucher sind die Adeshbid naive Träumer,
die verzweifelt an ihrem romantischen Weltbild festhalten
wollen. Andersherum gelten die Ahnensucher den Adeshbid
als unverantwortliche Unruhestifter, denen es vollkommen
egal ist, wie viel Schaden und Leid mit ihren „Wahrheiten“
einhergeht.
Die Wahrer des Verschlossenen Buches sind ein kleiner kesha-
bidischer Geheimbund aus Turubar, der es sich zur Aufgabe
gemacht hat, die Geheimnisse ihrer Vorfahren vor den Faru-
kanis zu bewahren. Unter der Führung von Haneb bid-Ha-
neb (Gnom, *871 LZ, skrupellos, charismatisch) schrecken
sie dabei nicht davor zurück, diese endgültig zu vernichten
– etwa, indem sie Archive in Brand stecken. Todesfälle ver-
suchen sie zwar möglichst zu vermeiden, nehmen diese im
Zweifel jedoch billigend in Kauf. Insbesondere dann, wenn
es sich bei den möglichen Opfern um Ahnensucher handelt,
da der Bund in ihren Augen unverantwortlich handelt und
daher unschädlich gemacht werden muss.
Szenarioansatz
Die Abenteurer werden von Tirfa bid-Khalim für eine Expedition
nach Turubar angeheuert, die sie in die entlegensten Regionen
der Schattenwand führen soll, um dort nach der genauen Lage
der Stadt Churi nu-Kal zu suchen. Ihre erste Reiseetappe führt
sie nach Lanrim, wo sie nach weiterführenden Informationen su-
chen sollen. Nachdem sie schon ein paar Tage in der Stadt sind
und viele neugierige Fragen gestellt haben, müssen sie eines Mor-
gens feststellen, dass Tirfa über Nacht verschwunden ist – und
alles darauf hindeutet, dass sie entführt wurde.
Wenn die Abenteurer die Spur ihrer Auftraggeberin aufnehmen,
so ist dies der Auftakt zu einer langen Verfolgungsjagd durch
die Schattenwand. Denn bei den Entführern handelt es sich um
die Wahrer des Verschlossenen Buches, die ihr Hauptquartier in
Churi nu-Kal aufgeschlagen haben und unbedingt verhindern
wollen, dass ihre Zuflucht bekannt wird.
Werden die Abenteurer es schaffen, Tirfa aus der Gewalt der Fa-
natiker zu befreien und deren finsteren Machenschaften ein Ende
zu bereiten? Oder ist sie vielleicht gar nicht von diesen entführt
worden, sondern hat ihre Verschleppung nur vorgetäuscht, um
die Wahrer aus ihrem Versteck zu locken und davon abzulenken,
wie nahe sie ihnen bereits gekommen ist? Vielleicht hat sie in
ihrem Zimmer auch subtile Hinweise auf ihre Pläne versteckt, auf
die besonders aufmerksame Abenteurer stoßen könnten?
Einen Ahnensucher spielen
Einen Ahnensucher zeichnet eine ausgeprägte Neugier
und der Wunsch, der Wahrheit auf die Spur zu kom-
men, aus. Während Hüter meist in ihren Heimatge-
meinden verbleiben, zieht es Rufer und insbesondere
Sucher in die Welt hinaus, um dort nach den Hinter-
lassenschaften ihres Volkes zu forschen. Gerade Sucher
erweitern ihren Forscherdrang oft auf alle Geheimnisse,
mit denen sie konfrontiert werden. Sie sind gute Analy-
tiker, umfangreich gebildet und verstehen sich trefflich
darauf, Fallen und Schlösser aller Art zu überwinden.
Eine Gruppe, die oft mit vertrackten Rätseln oder den
Gefahren fallengesicherter Ruinen zu tun hat, wird die
Anwesenheit eines Ahnensuchers willkommen heißen.
Stichpunkte zur Ausgestaltung
Tracht: keine einheitliche Tracht, jedoch oftmals Broschen,
Anhänger oder ähnliches in Form einer Triskele
Bevorzugte Ausbildungen: Entdecker (Ahnensucher),
Priester des Wissens
Bevorzugte Schwächen: Außenseiter, Neugier
Wichtige Fertigkeiten: Arkane Kunde, Geschichte und My-
then, Heimlichkeit, Länderkunde, Schlösser und Fallen
Wichtige Magieschulen: Bannmagie, Bewegungsmagie,
Erkenntnismagie, Todesmagie
Ausbildungsvariante: Ahnensucher
(Variante des Entdeckers)
Diese Ausbildungsvariante finden Sie in Splittermond:
Die Regeln auf Seite 57.
13
 Die Brandwehr
von Dakardsmyr
„Mit Wasser und Sand
Den Eimer zur Hand Ziele
Schlagt nieder den Brand Ausgebrochene Feuer sollen schnellstmöglich eingedämmt
Und schützt unser Land“ und Leben geschützt werden, ohne dabei allzu viel Schaden
—Leitspruch der Brandwehr von Dakardsmyr an umstehenden Gebäuden anzurichten.
Die Brandwehr arbeitet präventiv, indem sie regelmäßige Kon-
Die Hauptaufgabe der Dakardsmyrer Brandwehr ist, wie der Na- trollen bei den Alchemisten der Stadt durchführt, Lehrvor-
me schon sagt, die Bekämpfung, Eindämmung und Prävention träge zur sicheren Verwendung entzündlicher Stoffe hält oder
von Feuersbrünsten und Schwelbränden. Darüber hinaus nimmt darauf hinarbeitet, gefährliche Stoffe schnellstmöglich auf die
die Truppe, die sich mit Booten und Flößen durch die Kanäle der Wächsernen Tafeln zu bringen, was einem Verbot gleichkommt.
Stadt bewegt, auch die Verfolgung von Straftaten und die Unter- Um die Sicherheit der Stadt zu gewährleisten, werden Unru-
suchung von Tatorten oder Unfällen in die Hand, und dient auf hestifter ermahnt und Verbrecher eingesperrt. Derzeit wird
diese Weise als Stadtgarde der Metropole in den Myrkansümpfen. intensiv nach mehreren Straftätern gefahndet, wobei die sechs-
fache Mörderin Hanka Naglrod (Gnomin, *932 LZ, kennt
Hintergrund den Sumpf wie ihre Westentasche) die größte Aufmerksamkeit
genießt. Doch auch der Saboteur Kowenko Parelnick (Gnom,
In der Mitte des 8. Jahrhunderts LZ kam es in Dakardsmyr zu *901 LZ, mit Feen im Bunde), der Untergangsverkünder Jogo
einer verhängnisvollen Serie schwerer Brände. Nach und nach Lauerbrock (Gnom, *961 LZ, charismatisch) und die rätselhaf-
begann die Gilde der Alchemisten in einigen Stadtvierteln kleine- te Saboteurin Schmetterling (Gnomin, Alter unbekannt, ver-
re Einheiten aufzustellen, um ausgebrochene Feuer zu löschen, wüstet alchemistische Labore) sollen schnellstmöglich gefasst
beschränkte sich dabei jedoch auf jene Brände, die von Gilden- werden. Auch der Brandstifter Dudo Graudunst und das Feen-
mitgliedern ausgelöst wurden. Erst als im Jahr 788 LZ durch bis wesen Säurekopf (siehe jeweils unten) stehen ganz oben auf den
heute ungeklärte Umstände das Große Schwefelfeuer ausbrach Fahndungslisten.
und das Viertel Stahlwang fast vollständig verwüstete, reifte im
Gildenrat der Stadt die Erkenntnis, dass eine organisierte und
zentralisierte Brandbekämpfung vonnöten sei.
Der Gildenrat gab der Gilde der Rohrwerker den Auftrag, sich diesem
Unterfangen anzunehmen, und so wurde mit zahlreichen Rohren,
Leitungen und Pumpen eine Infrastruktur geschaffen, die es ermög-
licht, an fast jedem Punkt der Stadt Löscharbeiten vorzunehmen,
ohne das notwendige Wasser aufwendig transportieren zu müssen.
Die mit der Bekämpfung der Brände beauftragte Brandwehr wur-
de eine spezialisierte Truppe innerhalb der Rohrwerker.
Als im Jahr 900 LZ eine Serie von Brandanschlägen die Stadt
in Atem hielt, wurden die Kompetenzen der Brandwehr erwei-
tert: Von nun an war sie nicht nur für das Löschen der Brän-
de verantwortlich, sondern ermittelte auch deren Ursachen.
Die Jagd auf den Feuerteufel Jalko Schirrbacher dauerte ein
halbes Jahr, aber schließlich wurde er gefasst. Der Gildenrat
war von der Ermittlungsarbeit beeindruckt und übertrug der
Brandwehr den Status als offizielle Stadtgarde, womit sich
ihr Einsatzgebiet nun auch auf die Verhinderung und Auf-
klärung von Straftaten jeglicher Art ausweitete.

Motivation
Die Bekämpfung von Feuern und Verbrechen zum Schutz
der Stadt Dakardsmyr und ihrer Bewohner sind die großen
Triebfedern der Brandwehr. Man möchte die Stadt gegen al-
le Gefahren schützen, die „hausgemacht“ sind, die also von
Einwohnern verursacht werden, während Gefahren von außen,
seien es Wetterkapriolen, feindliche Heere oder erwachte Sumpf-
monster, der Heimatwehr obliegen.

14
 Der Brandwehr ein besonderer Dorn im Auge ist die rätsel-
hafte Geheimgesellschaft der Säurelöser, die immer wieder
Gebäude beschädigt und dadurch im Sumpf versinken lässt.
Die Ermittler konnten bisher jedoch keine nennenswerten
Fortschritte erzielen.
Ortsfremde werden von der Brandwehr schon beim Betreten
der Stadt kontrolliert, nach dem Zweck ihres Aufenthaltes
befragt und mit den Regeln der Stadt vertraut gemacht –
denn mit Unruhestiftern hat die Brandwehr nur wenig Ge-
duld. Wer die falschen Antworten gibt, kann in den nächsten
Tagen damit rechnen, von einem Ermittler beschattet zu
werden.
Hierarchie und Struktur
Die Brandwehr besitzt über die Stadt verteilt insgesamt fünf
Basen, die meist aus einer kleinen Stube mit angeschlossenem
Schuppen bestehen. Darüber hinaus verfügt die Garde über ein
Büro in unmittelbarer Nähe des Stadtrates, wo viertelübergreifen-
de Einsätze und die Suche nach Verbrechern koordiniert werden.
Hier treffen sich regelmäßig die Hauptleute der Brandwehr, die
den obersten Rang der Organisation bilden und sich meist auf
Organisation und Präsentation beschränken. Darunter folgen
die Weibel, die kleinere Löscheinheiten koordinieren, Patrouillen
durch die Stadt führen oder Ermittlungsgruppen anleiten. Der
Großteil der Brandwehr wird jedoch von einfachen Gardisten ge-
bildet.
Ressource Rang
Wert Titel Bedeutung
1 Gardist einfache Mitglieder der Brandwehr
Führer eines Lösch- oder
2 Weibel
Ermittlungszuges
3 Hauptmann/-frau Vorsteher der Basen
4 Brandmeister Kommandant der Brandwehr
Mitglieder
Die Brandwehr zählt knapp 300 Köpfe, die sich quer über die
Stadt verteilen, wobei nur knapp die Hälfte ausschließlich für die
Garde tätig ist. Hinzu kommen Freiwillige, die aushelfen, wenn
Bedarf besteht, und die ansonsten einem anderweitigen Tagwerk
nachkommen. Um Mitglied bei der Brandwehr zu werden ge-
nügt es, sich einem der Hauptleute vorzustellen und eine Eig-
nungsprüfung zu bestehen, die meist darin besteht, einen Brand
zu löschen. Fällt das Urteil des Hauptmanns oder der Hauptfrau
positiv aus, folgt eine mehrmonatige Ausbildung in allen For-
men der Brandbekämpfung, der Ermittlungsarbeit, aber auch
im Nahkampf mit der Hellebarde, der Heilkunde, der Funkti-
onsweise von Rohren und Pumpen sowie der Alchemie und der
sicheren Fortbewegung mit dem Floß in den Kanälen der Stadt.
Da erwartet wird, dass jeder Gardist – ob vollwertiges Mitglied
oder Freiwilliger – in jedem Fall eingreifen kann, wird die Ausbil-
dung extrem breit aufgestellt, was jedoch bei fast allen Brandbe-
kämpfern zu Schwächen in dem ein oder anderen Bereich führt.
Bei besonders kniffligen Fällen werden die Ermittler der Brand-
wehr auch von anderen Siedlungen oder Personen der Myrkan-
sümpfe angefordert – und in seltenen Fällen sogar von jenseits
der Landesgrenzen eingeladen, um dort Mord und Sabotage auf
den Grund zu gehen.
Mit Ölzeug und Hellebarde
Die Tracht der Brandwehr wird durch das weiße Ölzeug bestimmt,
das die Gardisten über ihren Rüstungen oder ihrer Kleidung tra-
gen. Durch den weißen Mantel sind sie recht auffällig, was ihnen
das Vorankommen in der stets überfüllten Stadt erleichtert, da Pas-
santen bereitwillig Platz machen. Verbrecher aber werden dadurch
mitunter früh vor dem Nahen der Gardisten gewarnt. Zudem sind
die Straßen Dakardsmyrs schlammig und das Wasser der Kanäle
brackig. Da es beinahe unmöglich ist, unter diesen Umständen
nicht mit Dreck besudelt zu werden, wird die Brandwehr auch als
„Schlammgarde“ bezeichnet – ein Spitzname, der jedoch mehr als
Neckerei denn als Herabwürdigung verstanden wird.
Die traditionelle Waffe der Garde ist eine besondere Form der
Hellebarde, mit der nicht nur Straftäter festgesetzt und bekämpft
werden können, sondern die sich durch einen Haken am hinte-
ren Ende auch dazu eignet, kleine Flakons mit alchemistischen
Stoffen gezielt über schwelenden Brandherden auszugießen. Da-
neben sind auch einfache Speere sowie lange Dolche beliebt.
Bedeutende Angehörige
Aktueller Brandmeister ist Wilbert Freisicht (Gnom, *924
LZ, Halbglatze, gutmütig), der in der Gilde eigentlich das
Gewerk der Gummikocher vertrat, dort aber einer Intrige
unterlag und zur Brandwehr versetzt wurde. Der dickliche
Gummiexperte versteht von der Verbrechensbekämpfung
fast nichts und ist ziemlich überfordert, ein gesundes Maß
zwischen finanziellen Zwängen und effektiver Schlagkraft zu
finden. Fremde, die sich bereitwillig auf die Spur von Ver-
brechern setzen, ohne dass er ihnen einen regelmäßigen Sold
bezahlen muss, empfängt er mit offenen Armen.
Die Familie Schirrbacher brachte seit Gründung der Brand-
wehr zahlreiche wagemutige Brandbekämpfer hervor. Auch
die junge Gardistin Valna Schirrbacher (Gnomin, *964 LZ,
athletisch, vorlaut) ist dabei keine Ausnahme. Sie will den
guten Namen ihrer Familie, den der Feuerteufel Jalko nach-
haltig beschädigte, wiederherstellen und gilt in der Stadt als
Heldin, seit sie ein Dutzend Kinder aus einem brennenden
Waisenhaus rettete und selbst nur mit schweren Verbrennun-
gen überlebte. Ihren Vorgesetzten sind ihre Impulsivität und
ihr Unwillen, sich an die Hierarchie der Garde zu halten, je-
doch ein Dorn im Auge.
Das Archiv der Brandwehr, in dem seit 900 LZ alle Fälle
mehr oder weniger sorgfältig dokumentiert werden, wird von
Loko Wolmingen (Gnom, *801 LZ, schwelgt oft in der Ver-
gangenheit) geführt, einem ehemaligen Weibel, der bei einem
Unfall beide Beine verlor. Er sammelt insgeheim Informatio-
nen gegen die Säurelöser und fürchtet, einer der Hauptleute
könnte die Gruppe decken und die Nachforschungen aktiv
behindern. Hin und wieder heuert er auf eigene Kosten ver-
trauenswürdige Fremde an, da er nicht weiß, wem er sonst
noch trauen kann.
15
 Die gegenwärtig erfolgreichste Ermittlerin ist Serlia Hol-
kenstrand (Gnomin, *942 LZ, Auge für Details), die schon
zahlreiche als unlösbar geltende Fälle erfolgreich abschließen
konnte. Derzeit jagt sie fieberhaft die flüchtige Mörderin
Hanka Naglrod, ohne jedoch echte Fortschritte zu erzielen.
Erste Stimmen werden laut, die ihre Erfolge in Wahrheit ihrer
innigen Freundschaft mit der Kanalfee Gabolar zuschreiben,
die vor einigen Monaten tot in den Vitriol-Gassen aufgefun-
den wurde.
Ressourcen und Mittel
Die Brandwehr finanziert sich durch Mittel der Stadt und befin-
det sich dort in einem ewigen Streit um die Zuteilung von Gel-
dern mit anderen Behörden und Gilden. Ihre Bedeutung wird im
Stadtrat jedoch nicht unterschätzt, und so kann sich die Garde
über funktionstüchtige Ausrüstung und regelmäßige Bezahlung
freuen. In Dakardsmyr werden jedoch stetig neue alchemistische
Gefahren entwickelt, die nicht so einfach mit Wasser oder Sand
bekämpft werden können, sondern ebenso komplexe Alchemika
als Gegenmittel erfordern. Für die Erforschung dieser würde die
Brandwehr deutlich mehr Geld benötigen, sodass die Gardisten
immer wieder mit ansehen müssen, wie ein Gebäude nieder-
brennt, ohne dass sie in der Lage wären, die Flammen rechtzeitig
zu löschen.
Zauber: Stärkung I: Gehör verbessern, Sicht verbessern
Meisterschaften: Stangenwaffen (I: Abdrängen), Straßenkunde
(I: Schwerpunkt Dakardsmyr), Wahrnehmung (I: Umgebungssin-
ne [Stadt])
Beute: Hellebarde (18 L), Tuchrüstung (6 L)
Das Archiv
Der wichtigste Anlaufpunkt für Ermittler, die Zusammenhänge
verschiedener Fälle suchen, ist das Archiv der Brandwehr in den
Königswasser-Quartieren. Nicht alle Fälle sind hier ordentlich do-
kumentiert, aber man bemüht sich, einen guten Überblick herzu-
stellen. Der Zugang zum Archiv ist nicht eingeschränkt, Fremde
müssen aber damit rechnen, einige kritische Fragen durch den
Archivleiter Loko gestellt zu bekommen. Man schätzt keine
Unruhestifter, die ohne triftigen Grund in den Akten herum-
schnüffeln, zumal sich dort zahlreiche pikante Details über die
mächtigen Familien Dakardsmyrs finden.
Da der Platz im Archiv begrenzt ist, wurden vor einigen Jahren
zahlreiche Beweisstücke mit gehörigem Platzbedarf, wie etwa
Säuretanks oder Ankerketten, in ein geräumiges Lagerhaus am
Großen Hafen gebracht. Lediglich durch eine kleine Wachmann-
schaft geschützt, schlummern dort einige Schätze, die in falschen
Händen gehöriges Unheil anrichten, einen glücklichen Finder
aber auch reich machen könnten.

Mobile Gardisten
Um in der verschlungenen Stadt überall schnell einzugreifen, hat
Vorgehen
sich die Brandwehr nicht nur verschiedene Stützpunkte eingerich- Nur selten patrouillieren die Mitglieder der Brandwehr durch die
tet, sondern zudem auch ein kompliziertes System aus Rohren und Straßen, stattdessen fahren sie in flachen Booten über die Kanä-
Leitungen angelegt, das Wasser aus den Kanälen pumpt und ei- le, wo sie durch ihre weiße Gewandung und eine hellstrahlende
nen effizienten Einsatz an fast allen Punkten der Stadt ermöglicht. Laterne am Bug deutlich zu erkennen sind. Meist nehmen sie
Zudem finden sich überall kleine Schuppen und Abstellmöglich- die Geschehnisse in den wimmelnden Straßen unbeeindruckt zur
keiten, die Gerätschaften der Garde, Löschsand und Erste-Hil- Kenntnis und greifen auch bei kleineren Delikten nur ein, wenn
fe-Ausrüstung enthalten – und manchem erschöpften Gardisten sie vom Geschädigten – oder seltener auch von Umstehenden –
auch als Ruhestätte oder Zuflucht dienen können. Die Gardisten dazu aufgefordert werden. Stattdessen beobachten sie und prägen
selbst bewegen sich überwiegend auf kleinen Booten, die gestakt sich Personen und Gesichter gut ein, für den Fall, dass im Nach-
oder mittels Wassermagie vorwärtsgetrieben werden, fort. hinein doch noch einmal ihr Einsatz gefragt ist.
Anders liegt der Fall, wenn es brennt: Dann zeigt sich der Ei-
Einfacher Gardist fer der Brandwehr und die Gardisten rücken schnellstmöglich
gegen den Brandherd vor. Denn das Feuer birgt in einer Stadt,
in der es von Alchemika und Brennstoffen nur so wimmelt, ein
AUS BEW INT KON MYS STÄ VER WIL unwägbares Risiko, während zwei sich prügelnde Gnome meist
2 3 2 3 2 3 3 3 wenige Stunden später schon nicht mehr wussten, was den Streit
auslöste.
GK GSW LP FO VTD SR KW GW
3 7 6 10 23 0 18 18 Die Brandwehr im Intrigenspiel der Gilden
Den meisten Gardisten ist es herzlich egal, welcher Gilde sie ei-
Waffen Wert Schaden WGS INI Merkmale
gentlich zugehörig sind, denn ihr Fokus liegt auf dem Löschen von
Lange Waffe,
Hellebarde 12 3W6+3 13 8−1W6 Wuchtig,
Bränden und dem Ermitteln von Straftätern. Die Konstruktion
Zweihändig von Wasserleitungen und Pumpwerken, die einst den Ausschlag
dafür gab, die Brandwehr der Gilde der Rohrwerker zuzuweisen,
Typus: Humanoider ist schon lange abgeschlossen, und obwohl jeder Gardist grund-
Monstergrad: 1 / 0 sätzlich in der Wartung und Reparatur solcher Konstruktionen
Fertigkeiten: Akrobatik 9, Athletik 12, Empathie 10, Entschlossen- geschult wird, ruft man dafür meist spezialisierte Spengler oder
heit 10, Straßenkunde 10, Wahrnehmung 11, Zähigkeit 8, Stär- Rohrwarte zur Hilfe. Die Gildenführung der Rohrwerker jedoch
kungsmagie 8 weiß genau, welchen Einfluss sie durch die Brandwehr in die

16
Waagschale werfen kann, und wehrt sich daher mit Händen und
Füßen gegen jeden Versuch, die Garde einer anderen Gilde anzu-
gliedern. Meist weiß sie dabei die Unterstützung der Hauptleute
hinter sich, die ein stabiles Umfeld bevorzugen, um sich bestmög-
lich auf ihre eigentlichen Aufgaben zu konzentrieren. Es gab in der
Vergangenheit aber auch schon Führer der Brandwehr, die sich be-
stechlich zeigten und die Bestrebungen anderer Gilden unterstütz-
ten – bisher jedoch immer ohne Erfolg. Andere Gewerke innerhalb
der Rohrwerker sind derweil über die starke Position der Garde
deutlich weniger erfreut, fürchten sie doch, dass ihre gesamte Gilde
lediglich auf die Brandwehr reduziert werden könnte.
Verbündete und Feinde
Naturgemäß ist die Stadtgarde der Feind der Kriminellen, und da
bildet auch Dakardsmyr keine Ausnahme. Wer sich mit illegalen
Geschäften oder kleineren Raubzügen seinen Unterhalt verdient,
versucht der Brandwehr möglichst aus dem Weg zu gehen, wo-
bei sich der ein oder andere Kleinkriminelle als Informant mit
der Garde arrangiert hat. Ein Groll gegen die Organisation als
Ganzes ist ungewöhnlich, wenngleich sich immer wieder Fehden
zwischen einzelnen Verbrechern und Ermittlern herausbilden.
Der Brandwehr als Ganzes gelten vor allem Brandstifter jegli-
cher Art als Feind. Zwei besonders ruchlosen ist man derzeit
auf den Spuren: Dudo Graudunst (Gnom, *957 LZ, wirr ab-
stehende Haare) verübt immer wieder Anschläge auf Labore
der Gilde der Alchemisten, nachdem er unehrenhaft aus der
Gilde geworfen wurde, da er sich wiederholt über Verbote aus
den Wächsernen Tafeln hinweggesetzt hatte.
Gefährlicher, weil unberechenbarer, ist das riesige Feenwesen
Säurekopf, das immer wieder aus den Tiefen des Sumpfs auf-
taucht und Gebäude mit einer fast sofort entzündlichen Säure
überzieht, gegen deren Flammen bis heute kein Gegenmittel
gefunden werden konnte. Angeblich geschieht dies immer,
wenn irgendwo im Bereich der Sümpfe neue Naphta-Vor-
kommen oder andere wichtige Rohstoffe erschlossen werden,
sodass einige Gardisten in ihm einen Geist der Sümpfe sehen,
der Rache für den Raubbau an der Natur übt.
Das Verhältnis der Brandwehr zur Heimatwehr ist vorwie-
gend freundschaftlich. Man respektiert die unterschiedlichen
Aufgabenbereiche und misst sich eher in einer Art sportli-
chem Wettstreit, wer häufiger Stadt und Land vor Bedro-
hungen geschützt hat. Die Stabsoffizierin Gelda Gurfing
(Gnomin, *923 LZ, dicklich, dröhnende Stimme), Verbin-
dungsfrau der Heimatwehr zur Gilde der Rohrwerker und
somit in ständigem Kontakt mit der Brandwehr, setzt sich gar
für eine Zusammenlegung beider Einheiten ein. Damit zog
sie sich jedoch den Zorn ihres Familienpatrons Bugo Gurfing
(Gnom, *948 LZ, innovationsfreudig) zu, der auch Gene-
ral-Admiral der Heimatwehr ist.
Szenarioansatz
Dass die Ermittlungsgruppe, die sich mit dem Fall der Säurelöser
befasst, bis heute keine Erfolge vorzuweisen hat, liegt nicht nur
daran, dass diese Verbrecherorganisation äußerst bedacht und
vorsichtig vorgeht, sondern auch daran, dass eine der ihren Be-
standteil der Brandwehr ist. Nelka Trauling (Gnomin, *918 LZ,
langes schwarzes Haar, Hakennase) ist eine erfahrene Ermittlerin,
an deren Integrität in der Garde kein Zweifel besteht. Doch sie
wird erpresst: Ihre Tochter Ala, die eigentlich in Gründelgrund
lebt, wurde entführt und Nelka wird gezwungen, Hinweise auf
die Säurelöser zu fälschen oder zu vernichten. Als Nelka einmal
unachtsam war und ein Dokument nachträglich aus dem Stadt-
archiv verschwinden ließ, wurde Archivar Loko misstrauisch, auf
Nachfrage stritt Nelka jedoch alles ab. Loko möchte Nelka nun be-
schatten lassen, da er finstere Machenschaften hinter ihrem Vorge-
hen vermutet, doch in der Brandwehr kann er niemandem trauen:
Nelka ist allgemein respektiert und gut vernetzt. Die Abenteurer
jedoch sind unabhängig und können sich an Nelkas Fersen heften.
Einmal im Monat trifft sie sich mit einem verhüllten Agenten der
Säurelöser, der ihr eine handgeschriebene Nachricht von Ala als
Beweis überbringt, dass diese noch am Leben ist. Die Abenteurer
können das Treffen beobachten und den Verhüllten verfolgen. Die
Spur führt in die Vitriol-Gassen, wo Ala in einer kargen Zelle auf
ihre Befreiung wartet. Doch auf dem Weg dahin lauern ein Keller
mit Fallen und Sicherungsmaßnahmen, mehrere Schergen sowie
eine Verfolgungsjagd durch die sumpfigen Gassen der Stadt.
Einen Gardisten der Brandwehr spielen
Die breitgefächerte Ausbildung der Brandwehr ermög-
licht ein breites Spektrum möglicher Abenteurer. Üb-
licherweise sind es vor allem Ermittlungsarbeit und
Verbrechensbekämpfung, die für Spielercharaktere in
Frage kommen, da hier spannende und abwechslungs-
reiche Abenteuer gestaltet werden können, während die
Brandbekämpfung als Hauptfokus wohl eher selten statt-
findet. Ermittelnden Gardisten steht die Wahl ihrer Mit-
tel in der Regel frei und so ist auch der Zusammenschluss
mit Ortsfremden zu einer temporären Abenteurergruppe
nicht ungewöhnlich. Außerhalb der Stadt gelangt ein ak-
tives Mitglied der Brandwehr hingegen nur mit gutem
Grund, schließlich hat es Verpflichtungen zu erfüllen.
Ein ehemaliges Wirken in der Brandwehr kann als Hin-
tergrundgeschichte eines Abenteurers dienen, der die
Garde verlässt, um einen Verbrecher zu verfolgen, oder
weil er bei einem Brand schwere Verletzungen erlitt und
woanders ein neues Leben beginnen will.
Stichpunkte zur Ausgestaltung
Tracht: weißes Ölzeug, meist Hellebarde als Waffe
Bevorzugte Ausbildungen: Kämpfer, Schattenklinge
(Brandwehr-Ermittler), Elementarist
Bevorzugte Schwächen: Gehorsam, Hitzkopf, Vorurteile
Wichtige Fertigkeiten: Stangenwaffen, Entschlossenheit,
Straßenkunde, Wahrnehmung
Wichtige Magieschulen: Stärkungsmagie, Wassermagie
Ausbildungsvariante: Brandwehr-Ermittler
(Variante der Schattenklinge)
Ressourcen: Kontakte 1 und Rang 1 statt bestehender
Verteilung; Fertigkeiten: Arkane Kunde +2, Seefahrt +1,
nur eine Waffenfertigkeit wählbar, Stangenwaffen muss
gewählt werden; Meisterschaften: Wahrnehmung (Umge-
bungssinne Stadt) statt Fingerfertigkeit (Schnellziehen)
17
 Carans Assassinen
das Messer im Dunkeln
Spiel im Schatten, ewige Herausforderung, Wettstreit mit dem
Schicksal, List und Mord – dies sind die dunklen Seiten des vor
allem in Selenia verehrten dragoreischen Gottes Caran. Wo die
einen in seinem Namen dem Glücksspiel frönen oder Verhand-
lungen unter seinen Segen stellen, gehen andere finstere Wege,
um die Nähe zu ihrem Gott zu suchen: Sie entschließen sich, mit
Tod und Bestimmung zu spielen und als Priester dem Kult von
Carans Assassinen beizutreten.
Hintergrund
Niemand kann mehr sagen, wann die ersten Berichte über Carans
Assassinen aufkamen. Das mag zum einen daran liegen, dass die
Meuchler über keinerlei offizielle oder einheitliche Aufzeichnun-
gen verfügen. Ein weiterer Grund ist sicherlich, dass die Attentäter
keine feste Hierarchie kennen und so auch keine Institution, die
sich mit derlei Historie beschäftigt. Manche behaupten, die Assas-
sinen hätte es schon immer gegeben und der erste Anhänger Ca-
rans auf der Welt sei auch der erste dieser dunklen Gemeinschaft
gewesen. Andere meinen, die Meuchelmörder im Dienste des lis-
tigen Gottes hätten in der Zeit der Befreiung von den Dracuriern
zum ersten Mal ihre Dolche erhoben und im Schatten mit
dafür gesorgt, dass die mächtige Herrscherrasse unterging.
So oder so bleibt ihr Ursprung im Verborgenen.
Erst vor rund 300 Jahren stellte die Caranskirche fest,
dass die Assassinen zumindest eine gemeinsame Basis für
ihr Dasein benötigten. Auf einem geheimen Konzil wur-
den die Sonholter Edikte verfasst: Eine Vereinheitli-
chung der Aufnahmezeremonien, Rituale
und Anforderungen an alle Mitglieder.
Seitdem sind die Assassinen eine Ge-
meinschaft – zwar ohne einheitliche
Führung, doch zumindest mit glei-
chen Regeln und Traditionen.
Motivation
und Ziele
So reglementiert mittlerweile
manche Rituale der As-
sassinen sind, so wenig
Konsens herrscht über
die Agenda der Mitglie-
der. Caran selbst lässt
seine eigenen Ziele oft im
Dunkeln, frei nach einem
der Leitsätze der Caranskir-
che: Nur wo Licht ist, kann man
den Weg sehen, doch wo Licht ist,
kann kein Schatten sein – und
nur Caran sieht in
der Finsternis.
18
Ob bestimmte Aktionen also einem größeren Ganzen dienen,
wie dem Verschieben von Machtstrukturen oder einer Gerechtig-
keit im Sinne Carans, können selbst erfahrene Assassinen oft nur
erahnen und interpretieren. Demzufolge gibt es unterschiedliche
Strömungen innerhalb der Gemeinschaft. Nur bei zwei Punkten,
den beiden Wettstreiten, sind sich alle Assassinen einig.
Die Wettstreite der Assassinen
Alle Assassinen sind Caranspriester, die an die List und den dunk-
len Willen ihres Gottes glauben: Das Weltengeschick wird von
denen bestimmt, die das Schicksal in die eigene Hand nehmen,
sich im Wettstreit beweisen und im Schatten ihr Handwerk ver-
richten. Wettstreit und die Kunstfertigkeit des Mordens sind in
diesem Sinne die beiden Hauptaugenmerke jedes Kultmitglieds.
Die Foki der Gemeinschaft sind dabei der Wettstreit untereinan-
der und der Wettstreit zwischen Assassine und Opfer. Innerhalb
der Gemeinschaft gilt es jederzeit, sich zu beweisen und ande-
re Assassinen zu übertrumpfen. Beim Opfer gilt es, dieses nicht
ahnungslos ins Messer laufen zu lassen, sondern auf das Atten-
tat – mehr oder weniger – vorzubereiten, um ihm und dem
Schicksal eine Chance zu geben.
Strömungen innerhalb
der Gemeinschaft
Außerhalb der Wettstreite herrscht wenig Einig-
keit über den Grund, warum Caran den jeweili-
gen Assassinen mit der Begabung zum Töten
gesegnet hat. Die Freien Schatten glauben,
dass mit dem Spiel und dem Wettkampf
auch schon die gesamte Wahrheit enthüllt
ist. Sie folgen ihrem Instinkt, den sie vom
Gott geleitet glauben, und wählen ih-
re Opfer nach Zeichen und Regeln
aus, die nur sie verstehen. Jeder
Freie Schatten hat einen ganz
eigenen Kodex und versucht
individuell, den Willen Ca-
rans zu empfangen – sei es
durch lange Meditationen
oder durch andere Arten
von Trancezuständen.
Derweil gehen die Silberklin-
gen von weniger subtilen
Zeichen für ihre Ziele aus.
Sie glauben, dass der Wille ih-
res Gottes sich durch bezahlte
Aufträge an sie offenbart. Assas-
sinen dieser Richtung erheben
nur sehr selten ihren Dolch,
ohne dass jemand Luna-
re für den Tod zahlt.
Mondschemen haben sich dagegen einer festen Agenda verschrieben
und befinden sich in einem stillen Krieg gegen die Anhänger der
Iosaris, der Erzfeindin ihres Gottes. Wo immer die dunkle Göttin
ihre Macht auf Lorakis vermehren möchte, können Mondschemen
auftauchen und unter den Anhängern Iosaris blutige Ernte halten.
Zudem begleiten und beschützen sie hin und wieder die Lunaren
Sucher, Caransdiener, die Mondstein zusammentragen, um gegen
Iosaris die letzte, tödliche Waffe zu schmieden.
Die noch sehr junge Fraktion der Wolfsschatten fühlt sich ei-
ner deutlich weltlicheren Macht verpflichtet. Es handelt sich
um Assassinen, die eng mit einem Zweig der Caranskirche
in Selenia verbunden sind. Dieser Zweig wiederum stand
früher dem gefallenen Haus Wulfensee aus Durnholt sehr
nahe und über dessen Heirat mit Sinja vom Myrkansgrund
mittlerweile dem Herrscherhaus von Winborn. Über Intri-
gen, Staats- und Kirchenverflechtungen werden die Wolfs-
schatten in politische Konflikte involviert – was die anderen
Strömungen innerhalb von Carans Assassinen mit deutlicher
Missgunst quittieren.
Hierarchie und Struktur
Obwohl die Assassinen Priester Carans sind, gehören sie keiner
offiziellen Struktur der Caranskirche an und stehen außerhalb
der allgemeinen Hierarchie. Die meisten der Assassinen sehen
sich außer ihrem Glauben an Caran der offen agierenden Carans-
kirche zwar verbunden. doch von vielen der Kultmitglieder wird
sie dennoch als Weisungsgeber abgelehnt. Lediglich die Mond-
schemen und die Wolfsschatten besitzen eine Art Verbund, um
sich gegenseitig auszutauschen oder sogar für gemeinsame Akti-
onen zu organisieren.
Bei den Mondschemen sind die Anlaufstellen bestimmte Lunare
Sucher, die Kontakt zu Assassinen halten und sie zur Hilfe ru-
fen können. Auch der Informationsaustausch läuft hauptsächlich
über die Sucher.
Die Wolfsschatten sind eine verflochtenere Untergruppe der
Gemeinschaft. Sie werden von der Winborner Caranskirche or-
ganisiert, erhalten Aufträge über sie und finden sich mit deren
Mitgliedern zu regelmäßigen Gottesdiensten zusammen.
Freie Schatten und Silberklingen hingegen sind Einzelgänger auf
der Suche nach dem nächsten Auftrag oder der Berufung ihrer
Dienste durch den Gott höchstpersönlich – wenn er ihnen im
Schlaf, in Trance, durch andere sehr individuell interpretierte
Omen oder einfach dank bezahlter Aufträge ihr neues Opfer
zuspricht. Trotz dieser Individualität halten sich Carans Assas-
sinen stets an die Sonholter Edikte. Glaubensaufgaben wie Got-
tesdienste oder Segnungen unternehmen höchstens einige der
Wolfsschatten.
Ressource Rang
Wert Titel Bedeutung
1 Assassine Mitglied von Carans Assassinen
erfahrener ein erprobtes Mitglied, dessen Wort
2
Assassine viel gilt
Der Kodex der Assassinen
Die Sonholter Edikte geben wichtige Regeln vor. Dabei handelt
es sich nicht um eine Zielvorgabe für das Leben, wie etwa die
Suche nach Wissen für Morkai-Priester, sondern um Statuten für
den Umgang miteinander und mit den Opfern. Denn Wettstreite
brauchen Richtlinien, ohne die es keinen echten Vergleich der
Fähigkeiten geben kann.
Die Regeln für den Wettkampf innerhalb der Assassinen sind re-
lativ einfach: Wollen zwei Assassinen ihre Kräfte messen, müssen
sie sich gegenseitig zu erkennen geben und eine Frist setzen, in
der der Wettkampf ausgetragen wird. Danach gibt es eine vor-
geschriebene Schonfrist bis zum Beginn des Wettkampfs – ein-
gerichtet, damit man sich nicht direkt beim Handschlag der
Einigung an die Gurgel geht. Eine festgelegte Frist kann eine
Woche sein, die Schonfrist ein Tag.
Ein Sieg wird errungen, wenn dem anderen ein Caransmal
zugefügt wird. Auch auf dieses Mal müssen sich die beiden
Attentäter vorher einigen. In den allermeisten Fällen ist es
ein nicht-tödliches Zeichen auf der Haut des anderen – ein
Schnitt in Kreuzform, ein Stich an einer bestimmten Stelle,
manchmal sogar nur ein Fleck mit schwarzer Tinte. Ort und
Form können variieren und den Wettkampf deutlich interes-
santer machen – schließlich mag es sehr schwierig sein, einem
anderen einen schwarzen Rußpunkt auf der linken Gesäßhälf-
te zu platzieren. Als Caransmal kann auch eine tödliche Ver-
letzung deklariert werden. Tödliche Duelle unter Assassinen
kommen allerdings nur sehr selten vor und haben meistens
einen emotionalen oder richtenden (deutliche, bekanntge-
wordene Verstöße gegen die Sonholter Edikte) Hintergrund.
Mit dem Resultat eines solchen Wettkampfs erfreut (oder be-
schämt) man seinen Gott und gewinnt unter Umständen an
Ruf innerhalb des Kults.
Ähnlich aufgebaut sind die Regeln für Attentate. Caran
hüllt sich zwar mit List und Tücke in Schatten und Ge-
heimnisse, trotzdem kann es nur zu einem Wettstreit kom-
men, wenn der andere zumindest den Hauch einer Chance
hat. Dementsprechend geben die Sonholter Edikte vor, dass
das Opfer eines Assassinen vor dem Attentat zu warnen sei
(und es gilt dabei ausdrücklich nicht, denjenigen zu fan-
gen, zu fesseln und ihn in diesem Zustand seinen nahenden
Tod mitzuteilen). Welcher Art die Mitteilung sein muss, ist
nicht weiter festgelegt. Demzufolge haben sich einige Assas-
sinen auf sehr subtile Nachrichtenübermittlung spezialisiert
– Zettel, die kaum gefunden werden können, oder Sym-
bole, die das Opfer nicht versteht. Solches „Ausweichen”
wird vom Gros der Assassinen nicht gerne gesehen. In den
meisten Fällen wird dem Opfer daher eine schwarze Mond-
blume zugesandt – das offizielle Zeichen, dass einem ein
Carans Assassine auf den Fersen ist.
Manche Assassinen machen dem Opfer das Leben schwer,
indem sie die Zeit bis zum Attentat hinauszögern, denn es
muss zwar mindestens eine Stunde bis zum Mord nach der
Ankündigung vergehen – wie viel Zeit sich der Assassine
danach aber nimmt, steht nirgendwo niedergeschrieben.
Andere Assassinen gehen den gegenteiligen Weg und kün-
digen sogar Mordstunde und -art an – meist sind dies die
wahren Künstler ihres Handwerks und besondere Günst-
linge ihres Gottes.
19
Weitere Regeln für das Leben als Assassine
Neben diesen beiden wichtigen Punkten regeln die Sonholter
Edikte die Aufnahmebedingungen in die Gemeinschaft sowie
die Formalitäten zur Erkennung eines anderen Assassinen.
Denn um jemanden herauszufordern, muss man erst einmal
wissen, dass der andere zur Gemeinschaft gehört. Innerhalb der
Wolfsschatten und der Mondschemen mag dies einfach sein.
Als einzeln umherziehendes Individuum muss man aber ent-
weder dem Ruf eines bekannten Assassinen folgen oder irgend-
welche Anhaltspunkte bekommen, dass sich gerade ein anderer
in der Nähe befindet. Demzufolge gibt es diverse Bräuche, ver-
steckte Zeichen und Symbole, an denen sich Assassinen erken-
nen können und die alle auswendig gelernt werden wollen. Es
beginnt bei kleinen Schnitzzeichen an Hauswänden zur Erken-
nung, dass vor Kurzem ein Assassine da war oder immer noch
vor Ort ist, und endet mit komplizierten und kaum sichtbaren
Verhaltensmustern etwa in Tavernen, um einem anderen seine
geheime Identität zu offenbaren (Löffel von links nach rechts le-
gen, drei Atemzüge die Hand vor den Mund halten zu Ehren von
Carans Atem, Löffel und Krug weit auseinanderstellen). Gut aus-
gebildete Assassinen können sich durch solche unscheinbaren
Gesten sogar in größeren Menschenmengen finden. Und auch
mancher Eingeweihte und potenzielle Auftraggeber erkennt
einige der Zeichen und Muster – eine der Möglichkeiten für
Assassinen, für Aufträge angesprochen zu werden.
Zu guter Letzt regeln die Sonholter Edikte noch einen weiteren
wichtigen Punkt: das Verbot von Gift. Gemeint sind dabei alle
Gifte, die der Nahrung in irgendeiner Form zugeführt werden
und somit den Wettkampf vereinfachen. Waffengifte dagegen
sind erlaubt, da die Eigenleistung und der „Kontakt” gewahrt
bleiben.
Die Edikte verbieten zwar nicht den Gebrauch von vergifteten
Geschossen. Wer es sich aber so einfach macht, kommt inner-
halb der Gemeinschaft schnell in den Ruf, er könne es einfach
nicht besser.
Mitglieder
Ohne Struktur gibt es kaum eine Kontrollinstanz für die Assassi-
nen. Diese Unkontrollierbarkeit lässt sie in den Augen der Bevöl-
kerung sehr gefährlich wirken, weswegen ihr Ansehen zwischen
blanker Angst und respektvoller Distanz schwankt: Viele wissen
von ihrer Existenz und auch von ihren Todesankündigungen. Da
aber vieles auch nicht bekannt ist, umhüllt ein bunter Schleier
aus Gerüchten die Assassinen.
Carans Assassinen halten stets ihre Zugehörigkeit zum Kult
geheim. Aus diesem Grund besitzen sie auch keine gemeinsa-
me Tracht. Lediglich ein Dolch mit geschwärzter Klinge, der
Schwarzdolch, gilt bei den Assassinen als gängiger Gebrauchsge-
genstand – aber selbst dieser ist kein sicherer Beweis, dass man
es mit einem Mitglied des Bundes zu tun hat. Auch schwarze
Dolche als Kettenanhänger oder als Tätowierung sind zu finden,
werden aber bis zur Enthüllung der Identität versteckt getragen.
Assassinen werden von anderen Assassinen rekrutiert und von
20
diesen dann individuell für mindestens ein Jahr ausgebildet. Oft
sieht der Attentäter in seinem erwählten Novizen besonderes Ge-
schick oder ausgeprägte List.
In der sehr individuellen Ausbildung werden dem Schüler
Heimlichkeit, Beschattung, Verschwinden in der Nacht und
unterschiedliche Tötungskünste beigebracht, verbunden mit
Schatten-, Illusions-, Stärkungsmagie und natürlich dem Cre-
do des jeweiligen ausbildenden Lehrers. Danach muss er zwei
letzte Prüfungen bestehen, bevor er von zwei weiteren Kult-
mitgliedern geweiht und in den Kult aufgenommen wird: ei-
nen anderen Assassinen – oft seinen eigenen Lehrmeister – im
Wettkampf schlagen und ein vom Lehrmeister bestimmtes At-
tentat vollziehen.
Nach Weihe und offizieller Aufnahme ist der Novize ein voll-
wertiges Mitglied – ohne Brief, Siegel oder irgendetwas, was
ihn ausweisen könnte (außer die profunde Kenntnis der ge-
heim gehaltenen Erkennungsrituale). Der Kult ist in ganz Sele-
nia verbreitet, an manchen Orten auch über die Grenzen des
Kaiserreichs hinaus. Wieviele Mitglieder es tatsächlich gibt,
wissen selbst die Assassinen nicht genau. Allerdings kann man
in jeder größeren Stadt welche finden, wenn man weiß, wie
und wo man suchen muss. Zudem gibt es besonders in Win-
born (Wolfsschatten) und im Süden des Reiches (Mondsche-
men) größere Gruppen.
Bedeutende Angehörige
Tryane vom Silbertal (Mensch, *957 LZ, extrovertiert und
immer fröhlich) gilt als absolute Meisterin im Duell As-
sassine gegen Assassine. Angeblich hat sie schon hunderte
Wettkämpfe bestanden und erst zwei verloren. Tatsächlich
ist Tryane aber noch Novizin, da ihr für die letztendliche
Aufnahme noch ein erfolgreiches Attentat fehlt und sie sich
standhaft weigert, Leben zu nehmen.
Nicht so Jost Allental (Zwerg, *931 LZ, still, immer im Schat-
ten): Der selenische Freie Schatten teilt seinen Opfern sehr
genau ihren Todeszeitpunkt und meist auch ihre Todesart mit
und ist bekannt für sehr kreative Methoden. Bis heute weiß
keiner, wie er es bewerkstelligt hat, dass der Südfanger Händ-
ler Peris Hornberg mitten in der Nacht in seinem abgeschlos-
senen Schlafzimmer ertrunken ist.
Ein weiterer Künstler seines Faches ist eine Silberklinge na-
mens Caryan. Sämtliche Erzählungen über den Meisterat-
tentäter sind sich weder über Rasse noch Geschlecht dieser
ominösen Gestalt einig. Caryan ist bekannt dafür, mit höchs-
ter Präzision vorzugehen, und wird für Morde auch hochran-
giger Persönlichkeiten verpflichtet.
Nur wenige Personen wissen, dass Rusana vom Myrkansgrund
(Mensch, *969 LZ, katzenhaft, sarkastisch), Cousine und
Vertraute von Herzogin Sinja, Caran-Priesterin und Wolfs-
schatten ist. Ihr Groll gegen das Nachbarreich Norbyr ist so
groß, dass es wie ein Wunder erscheint, dass der Norbyrer
Herzog Ilmar von Trollstein bisher noch keinem Attentat
zum Opfer fiel.
 Ressourcen und Mittel
Alle Assassinen bedienen sich der Kraft ihres Gottes, der ihnen
Macht, Stärke im Glauben und Selbstvertrauen schenkt. Neben
ihren Kenntnissen in Heimlichkeit, Wandeln im Schatten und
diversen Tötungsmöglichkeiten von Lebewesen verfügen die
meisten aber über keine weiteren Ressourcen oder Mittel, derer
sie sich im Notfall bedienen könnten: Der Preis der individuellen
Freiheit innerhalb des Kultes ist an dieser Stelle gleichzeitig ein
großer Nachteil.
Lediglich die Mondschemen und Wolfsschatten können sich auf
ein soziales Geflecht verlassen und bei größeren Questen ande-
re Kultmitglieder um Hilfe bitten. Während die Mondschemen
über keine weiteren Ressourcen außer ihren guten Kontakten zu
den Lunaren Suchern verfügen, können die Wolfsschatten sich
dagegen zusätzlich auf den (nicht grenzenlosen) Rückhalt aus der
Winborner Caranskirche stützen – und darüber indirekt aus dem
Herzoghaus von Winborn. Wolfsschatten werden mit verlässli-
chen Informationen zu Politik und einflussreichen Händlern und
Adligen versorgt, können in diversen Städten auf Zufluchtsorte in
Häusern von Winbornern zugreifen und werden bei Verfolgung
spätestens in der Stadt Winborn von der Caranskirche geschützt.
Verbündete und Feinde
Sari (Albin, *928 LZ, meergrüne Augen, kurze, honigblon-
de Haare, vollendete Meuchlerin) ist eine Auserwählte der
Göttin Iosaris und in diesem Sinne das Gegenstück zu den
Mondschemen. Sari verfolgt und tötet Lunare Sucher und
Assassinen, wo immer sie sie findet – zwischen ihr, ihren Ver-
bündeten und den Mondschemen tobt ein stummer Krieg in
den Schatten.
Das Herzoghaus vom Myrkansgrund ist ein fester Verbünde-
ter aller Wolfsschatten. So treu diese der Herzogin und ih-
rer Familie beiseite stehen, so direkt können Wolfsschatten
auch jederzeit mit Unterstützung aus dem Adel um Sinja
vom Myr­kansgrund rechnen. Die Wolfsschatten verfolgen
als Gegenleistung die Politik der Kronrätin aktiv und setzen
sich für ein Erstarken Winborns ein. Dies führt mittlerweile
zu Konflikten mit anderen Carans Assassinen, die politische
Ziele nicht als Ziele ihres Gottes sehen.
Wenige Wolfsschatten wissen, dass auch Irvan Fuchsfell
(Mensch, *950 LZ, still und verschlagen) aus dem fernen Pa-
litan zu ihren Gönnern gehört. Fuchsfell wohnt im Hirsch-
viertel hinter dem Mondtor und gehört zum verbannten
Haus Wulfensee. Über geheime Wege hält er Kontakt zur
Herzogin von Winborn und strickt an seinen eigenen kleinen
Intrigen zur Schwächung des Kaiserhauses in Sarnburg –­ wo-
zu er auch Carans Assassinen einsetzt.
Szenarioansatz
Ein patalischer Händler im Süden Selenias bittet die Abenteurer
um Hilfe: Er hat vor Kurzem eine schwarze Mondblume erhalten
und fürchtet nun um sein Leben. Während die Charaktere sich auf
die Suche nach dem Assassinen Carans machen, erfahren sie immer
mehr über dessen Hintergründe: Ein junger und noch unerfahre-
ner Mondschemen-Novize will den Patalier umbringen, da dieser
ein Iosaris-Anhänger ist, seinen Lehrmeister gemeuchelt hat und
seinerseits einen Mordanschlag auf die Markgräfin der Dreybarer
Mark, Djorga vom Donnertal, plant. Es beginnt ein Katz- und
Mausspiel, bei dem die Abenteurer sich für eine Seite entschei-
den müssen, so unter Umständen den Auftraggeber wechseln und
selbst unter dem Kodex der Assassinen dem Mondschemen helfen
– und vielleicht sogar noch bei einem Assassinen-Duell beistehen,
damit der Novize seine Prüfungen beenden kann.
Einen Assassinen Carans spielen
Carans Assassinen können aus allen Gesellschaftsschich-
ten stammen. Sie sind Priester des Caran und daher mit
den Werten dieser Gottheit verbunden, ihre Ausbildung
macht sie zu geschulten Attentätern. Meist führen sie
ein Doppelleben und tarnen sich mit einer anderen
Identität (umherziehender Händler, Gaukler, Barde).
Was einen Charakter zu den Assassinen hinführt, kann
sehr unterschiedlich sein – meist ist es aber die Hingabe
zum Spiel mit dem Schicksal oder eine morbide Auffas-
sung vom Leben an sich.
Stichpunkte zur Ausgestaltung
Tracht: Keine. Viele Assassinen tragen einen Schwarz-
dolch oder das Zeichen eines schwarzen Dolchs ver-
steckt bei sich.
Bevorzugte Ausbildungen: Schattenklinge (Carans Assas-
sine)
Bevorzugte Schwächen: Außenseiter, Kodex, Unerbitt-
lich
Wichtige Fertigkeiten: eine Kampffertigkeit (meist Klin-
genwaffen), Akrobatik, Athletik, Entschlossenheit,
Heimlichkeit
Wichtige Magieschulen: Illusionsmagie, Schattenmagie,
Stärkungsmagie
Ausbildungsvariante: Carans Assassine
(Variante der Schattenklinge)
Diese Ausbildungsvariante finden Sie in Selenia auf S. 96.
21
 Die Dornenhände
gut informierte Protectoren
„Ich bin eine Dornenhand.
Ich bin aufmerksam, schnell und tödlich.
Ich schütze meine Klienten mit meinem Leben.
Mein guter Ruf ist mein unbezwingbarer Schild.
Meine Brüder und Schwestern sind meine Familie.
Ihnen verdanke ich mein gutes Leben.
Wir geben alles füreinander und sind einander treu.
Ich bin eine Dornenhand.“
—Treueeid der Dornenhände, jeden Morgen zu wiederholen.
In Mertalia sind Protectoren ein verbreiteter Anblick: Leibwäch-
ter, die die Reichen und Mächtigen mit Klinge und Magie vor
Angriffen ihrer Feinde schützen. Die Dornenhände aus Fulnia
sind ein Zusammenschluss solcher Protectoren. Geführt von ih-
rem Patriarchen Admiral Aneli stellen sie dem zahlenden Kunden
kriegerische und magische Leibwächter zur Verfügung. Dabei
fällt auf, dass die Dornenhände ungewöhnlich gut informiert
sind: Immer wieder scheinen sie vorab zu wissen, wann ein An-
schlag gegen einen ihrer Kunden geplant ist, und es halten sich
hartnäckige Gerüchte in der Stadt, dass schon so mancher At-
tentäter am Abend vor der Tat auf spektakuläre Weise zu Tode
gekommen ist.
Hintergrund
Auch wenn nur wenige der Älteren noch den Zusammenhang
kennen, sind die Dornenhände aus der Eisernen Faust hervor-
gegangen, einer Bande von Schutzgelderpressern, die vor rund
40 Jahren ihr Unwesen in Fulnia trieb. Diese Schurkentruppe
aus ehemaligen Matrosen und Seesöldnern wurde von einem ge-
wissen Giorgu Aneli geführt, der wegen seines kompromisslosen
Führungsstils nur „der Admiral“ genannt wurde.
Irgendwann wurde Aneli klar, dass eine Verbrecherbande wie die
seine nur so lange wachsen konnte, wie sie den wirklich Reichen
und Mächtigen nicht in die Quere kam. Das ärgerte ihn, denn
gerade dort war doch das große Geld zu holen! So kam er auf
die Idee, das Konzept der Schutzgelderpressung („Schöner Laden,
wäre doch schade, wenn der in Flammen aufgehen würde!“) auf den
Personenschutz auszudehnen („Netter Zeitgenosse, wäre doch scha-
de, wenn ihm etwas zustoßen würde!“).
Im Laufe der Jahre übernahm die Eiserne Faust, deren Mitglieder
aufgrund des mitgeführten Kampfhandschuhs bald als die „Dor-
nenhände“ bekannt waren, immer mehr Schutzaufträge, und
während ihren Kunden tatsächlich nur selten etwas zustieß, fiel
so mancher Klient ihrer Konkurrenten einem ungeklärten Unfall
oder Anschlag zum Opfer. Gerade unter den Kaufleuten Fulnias
galten die Dornenhände daher irgendwann als die Protectoren,
deren Schutz man sich kauft, wenn man wirklich seine Ruhe ha-
ben wollte.
22
Die konkurrierenden Protectorengruppen – speziell der Weiße
Schild, der auf eine fast hundertjährige Geschichte als ehrenhafte
Personenschützer zurückblickte – begriffen viel zu spät, was da
vor sich ging. Erst als die Dornenhände auch die ersten Aufträge
von Aristokraten erhielten, wachten ihre Konkurrenten auf, doch
es war zu spät: Von den kriminellen Methoden der Gründerzeit
hatte sich der Admiral inzwischen weitgehend verabschiedet, und
es gelang bisher nicht, ihm jetzt noch die Sünden der Vergangen-
heit nachzuweisen.
Stattdessen hatte Aneli seine Protectoren zu einer kompetenten und
disziplinierten Truppe umgebaut. Um ihnen Einfluss und Aufträge
zu sichern, ließ er seine Leibwächter alle Informationen über die
Pläne der Mächtigen sammeln, die sie bekommen konnten. Die-
se verwendete er nicht nur, um Anschläge zu verhindern, sondern
auch, um unvorsichtige Aristokraten zu erpressen, und mit jedem
seiner Schachzüge wuchs der Einfluss der Dornenhände. So gehö-
ren sie heute zu den führenden Protectoren Fulnias und genießen
den Ruf, über nahezu hellseherische Fähigkeiten zu verfügen.
Motivation
Die Dornenhände streben nicht nach Ruhm, Ehre oder großen
Taten, sondern sehen ihre Fähigkeiten und ihren Broterwerb als
Weg, der ihnen Sicherheit bietet und ein Einkommen sichert,
wie sie es sonst kaum erzielen würden. Dies gilt für die meist aus
der Unterschicht stammenden einfachen Protectoren genauso
wie für Giorgu Aneli selbst. Die folgenden Ziele der Organisa-
tion sind für sie daher in erster Linie ein Mittel zu dem Zweck,
das eigene Vorankommen in der Gesellschaft Fulnias zu fördern.
Ziele
Das wichtigste Ziel ist es, niemals einen Klienten zu verlieren.
Der Ruf einer Protectorengruppe ist ihr wichtigstes Kapital.
Wer zu den Besten gehören will, kann es sich nicht leisten,
dass die eigenen Kunden zu Schaden kommen.
Die Dornenhände möchten zur mächtigsten Protectoren-
gruppe Fulnias aufsteigen. Über das „Wie“ gehen die Mei-
nungen allerdings stark auseinander; während manche
Mitglieder weiterhin darauf setzen, einfach besser zu sein als
die anderen, mehren sich die Stimmen derjenigen, die die
Konkurrenz auch aktiv bekämpfen und dafür auch die „alten
Wege“ nutzen möchten.
Der Admiral sowie sein innerer Kreis, die Alten Hände, möch-
ten das Wissen der Organisation gerne nutzen, um nicht nur
den Reichen und Mächtigen zu dienen, sondern auch um
selbst in die obersten Kreise aufzusteigen.
Gerade die Älteren unter den Dornenhänden wissen noch
sehr wohl um die Anfänge der Gruppe und darum, wie bri-
sant dieses Wissen ist. Beweise und Mitwisser aus dieser Zeit
können sie sich nicht leisten – und gehen dabei auch skrupel-
los vor, um ihre neugewonnene Position zu schützen.
 Hierarchie und Struktur
Die Dornenhände sind streng hierarchisch aufgebaut. Über al-
lem thront der Admiral, der trotz seines hohen Alters noch im-
mer alle wichtigen Entscheidungen persönlich trifft. Ihn beraten
die Alten Hände, seine erfahrensten Protectoren, zu denen auch
seine beiden Kinder gehören. Die eigentlichen Aufträge erledigen
erprobte und gut ausgebildete Protectoren, von denen es etwa 60
gibt. Ganz unten in der Hackordnung der Gruppe steht schließ-
lich ein rundes Dutzend Frischlinge, die erst die nötigen Fähigkei-
ten und das Vertrauen des Admirals erwerben müssen.
Im Grunde entspricht die innere Struktur der Dornenhände bis
heute derjenigen der Eisernen Faust, aus der sie hervorgegangen
sind. Es ist die innere Organisation einer Verbrecherbande, die nach
außen eine geschlossene Front bildet und nach innen durch eiserne
Regeln und unverbrüchliche Loyalität zusammengehalten wird. So
väterlich sich der Admiral seinen Anhängern gegenüber gibt, so un-
nachsichtig ist er gegenüber Abtrünnigen: Wer die Gruppe verrät,
hat sich mit ihm einen unversöhnlichen Feind geschaffen und tut
gut daran, viele Meilen zwischen sich und Fulnia zu bringen.
Ressource Rang
mal werden jedoch auch fähige Erwachsene aufgenommen, die
bereits geeignete Erfahrungen mitbringen. Aber selbst diese müssen
sich so lange als Frischlinge an der Seite eines erfahrenen Protectors
bewähren, bis man sich von ihrer Kompetenz und vor allem Zuver-
lässigkeit überzeugt hat. Und für gewöhnlich wird der Admiral da-
für sorgen, dass er am Ende der Probezeit etwas gegen den Anwärter
in der Hand hat, mit dem er sich seiner Loyalität versichern kann.
Das können persönliche Schwächen oder dunkle Flecken aus der
Vergangenheit des angehenden Protectors sein, manchmal genügt
es aber auch schon zu wissen, wo dessen Familie wohnt.
Ein Kunde kann normalerweise nur zwei Dornenhände gemein-
sam anwerben. Ein solche Doppelhand kann beispielsweise aus
einem Ausbilder und einem Frischling bestehen, einem Kämpfer
und einem Magier oder auch – vom Kunden unbemerkt – einem
echten Protector und einem Neunauge. Dem Kunden gegenüber
wird natürlich der Aspekt des vollwertigen Schutzes betont. Dass
der Admiral bei der Zusammenstellung einer Doppelhand auch
eigene Ziele verfolgen kann (z.B. das Einschleusen eines Spions
oder das Überwachen eines zweifelhaften Protectors durch einen
Kameraden), bleibt dem Kunden für gewöhnlich verborgen.

Bedeutende Angehörige
Wert Titel Bedeutung „Admiral“ Giorgu Aneli (Mensch, *919 LZ, fett, heisere
1 Dornenhand einfacher Protector Stimme) ist der Gründer und Patriarch der Dornenhände.
2 Alte Hand Innerer Kreis der Dornenhände Der feiste Mann mit der exotisch wirkenden Uniformjacke
führt die Organisation mit einer Mischung aus Väterlichkeit,
3 Der Admiral Anführer der Dornenhände
Gerissenheit und Brutalität. Aber trotz aller Energie, die ihn
derzeit noch auszeichnet, ist er sich darüber im Klaren, dass
ihm nicht mehr viele Jahre an der Spitze der Dornenhände
bleiben.
Mitglieder
Die einzelnen Dornenhände verfügen über eine Mischung aus Be-
obachtungs-, Kampf- und Zauberfähigkeiten, die sie in die Lage
versetzen, Gefahren rechtzeitig zu erkennen und notfalls
abzuwehren. Dabei tragen sie
den mertalischen Dornenhand-
schuh an der Schildhand, dem
die Organisation ihren Namen verdankt. Als Er-
kennungszeichen schlingen sie sich außerdem ein
gelbes Band um die Stirn – ein Kennzeichen, das
noch aus den Zeiten der Eisernen Faust stammt.
Ansonsten stellen die Dornenhände ihre Ausrüs-
tung individuell zusammen, wobei schnelle Waf-
fen und leichte Rüstungen die Regel sind.
Auch wenn es der Öf-
fentlichkeit nicht be-
kannt ist, gibt es unter Anelis Leuten auch
einige Spezialisten, deren Aufgabe die In-
formationsbeschaffung ist. Diese von ihm
Neunaugen genannten Spione treten nach außen als Protectoren
auf (meist in Begleitung eines Gefährten, der die Fähigkeiten ei-
nes Leibwächters tatsächlich besitzt), sind aber eigentlich Meister
im Lauschen, Schlösser öffnen, Aushorchen oder Geheimschrif-
ten lesen. Sie sind es, die dem Admiral sein besonderes Wissen
zuspielen, mit dem er die Dornenhände zu ihrer jetzigen Größe
geführt hat.
Neuzugänge haben es nicht leicht. Oft handelt es sich um talen-
tierte Jugendliche, die erst sorgfältig ausgebildet werden. Manch-

23

Pedru Aneli (Mensch, *958 LZ, weiche Züge, beherrscht)
wäre als ältestes Kind des Admirals normalerweise sein prä-
destinierter Nachfolger. Allerdings ist Pedru ein eher ruhi-
ger Geselle, der mehr nach Perfektion als Protector strebt als
danach, die Rolle des Anführers zu übernehmen. Dabei ist
Pedru intelligent und vorausschauend, zudem ist er der wohl
beste Zweikämpfer der Dornenhände. Trotzdem zweifelt sein
Vater, dass er aus dem harten Holz geschnitzt ist, aus dem
Anführer gemacht werden, zumal Pedru wiederholt Zweifel
an den zwielichtigen Methoden des Vaters geäußert hat. Hin-
zu kommt, dass Pedru eine heimliche Beziehung zu Yondra
Ydendi (siehe unten) unterhält, deren Vater den verhassten
Weißen Schild anführt und Giorgus erklärter Erzfeind ist.
Daria Aneli (Mensch, *960 LZ, etwas füllig, dominant) ist die
Tochter des Admirals und eine fähige Magierin. Vom Vater ver-
göttert und verwöhnt, ist sie es gewohnt, ihren Willen zu be-
kommen. Sie hält ihren Vater für zu alt und ihren Bruder für
zu verweichlicht, daher ist es für sie nur logisch, dass sie schon
bald die Führung der Dornenhände übernimmt, diese in den
überfälligen offenen Kampf mit den anderen Protectorengrup-
pen führt und für sich und ihre Familie einen Platz unter den
Patriziern erstreitet. Giorgu sieht in ihr sich selbst in jungen Jah-
ren, aber er fürchtet, dass ihre ungestüme und rücksichtslose Art
viel zerstören könnte, was er in den letzten Jahren aufgebaut hat.
Harr-Harr (Vargin, *955 LZ, hünenhaft, spricht knurrend)
ist eine der Alten Hände. Die Vaigarr-Jägerin dient dem
Admiral schon seit 15 Jahren und ist allein schon aufgrund
ihrer riesenhaften Erscheinung eine Protectorin, an die sich
kaum ein Attentäter heranwagt. Ihre grimmige Art und
knurrende Stimme täuschen leicht darüber hinweg, dass sie
zudem auch sehr gerissen ist – Giorgu hält große Stücke auf
ihre Meinung.
Nida Vidal (Mensch, *966 LZ, schwarze Kleidung, ernsthaft)
wurde vor einem Jahr als Frischling in die Reihen der Dor-
nenhände aufgenommen und hat gerade ihren ersten eigenen
Auftrag übernommen. Nida ist eine meisterliche Fechterin
und gute Beobachterin – und leider auch eine Spionin des
Rats der Stadtherren, die herausfinden soll, wie der Admiral
an seine Informationen gelangt.
Ressourcen und Mittel
Die Dornenhände setzen vor allem auf die solide Ausbildung und
unbedingte Loyalität ihrer Protectoren sowie auf die Informatio-
nen, die sie tagtäglich sammeln und die in den Händen des Ad-
mirals zusammenlaufen.
Protectoren
Erfahrene Dornenhände sind ernstzunehmende Gegner, die
noch dazu meist in Paaren auftauchen.
AUS BEW INT KON MYS STÄ VER WIL
3 6 4 3 1 4 2 3
GK GSW LP FO VTD SR KW GW
5 11 9 13 25 1 20 21
24
Waffen Wert Schaden WGS INI Merkmale
Skavona 19 1W6+2 7 3−1W6 Durchdringung 2
Defensiv 2,
Dornenhand-
19 1W6+1 5 3−1W6 Entwaffnend 1,
schuh
Parierwaffe 1
Typus: Humanoider
Monstergrad: 2 / 1
Fertigkeiten: Akrobatik 13, Athletik 11, Empathie 15, Entschlos-
senheit 13, Heimlichkeit 11, Straßenkunde 11, Wahrnehmung 16,
Zähigkeit 12, Heilungsmagie 7, Schutzmagie 10
Zauber: Heilung I: Geh noch nicht, Gift erkennen; Schutz 0: Klei-
ner Magieschutz; I: Alarm; II: Eiserne Aura
Meisterschaften: Handgemenge (II: Verbessertes Umreißen), Klin-
genwaffen (I: Verteidiger, II: Gezielte Treffer), Empathie (II: Gegner
durchschauen II), Entschlossenheit (I: Eiserner Wille, Kühler Kopf),
Wahrnehmung (I: Umgebungssinne [Stadt], II. Veränderte Umge-
bung), Zähigkeit (I: Wachsamkeit), Schutzmagie (I: Eiliger Schutz)
Merkmale: Konzentrationsstärke, Schmerzresistenz
Beute: Skavona (10 L), Dornenhandschuh Q1 (Schaden +1; 23 L),
Leichtes Leder (9 L), leichter Heiltrank (5 L)
Informationen
Im Wesentlichen gibt es zwei Arten von Informationen, über die
der Admiral verfügt: Solche, mit denen sich künftige Ereignisse
vorhersagen lassen, und solche, die dabei helfen, das Wohlwollen
wichtiger Entscheidungsträger zu sichern. Mit beiden geht der
Anführer der Dornenhände nicht eben großzügig um – Wissen
ist Macht, und dieses Wissen teilt er auch mit seinen Protectoren
nur dann, wenn er sich einen unmittelbaren Nutzen davon ver-
spricht. Ansonsten nutzt er sie, um den Anschein von Allwissen-
heit zu vermitteln und seiner Umwelt zu signalisieren, dass man
ihn besser nicht belügen oder übervorteilen sollte.
Artefakte
Neben Waffen und (meist ledernen) Rüstungen stehen den Dor-
nenhänden zum Schutz vermögender Kunden auch einfache
Schriftrollen und Strukturgeber zur Verfügung.
Typische Zauber, die so gewirkt werden können, sind
Geh noch nicht, Gift erkennen, Leichte Heilung und Eiser-
ne Aura. Auf Wunsch und Kosten des Kunden können
aber auch teurere Artefakte mit höherstufigen Zaubern
zum Einsatz kommen, allerdings haben nur die ma-
gisch begabteren Protectoren auch die Fokuspunkte und
Kenntnisse in Arkane Kunde, um sie auslösen zu können.
Die Dornenwall
Das Hauptquartier der Dornenhände ist die „Dornenwall“, ein
ausrangiertes Handelsschiff, das vor der Küste verankert liegt. Es
kann nur mit einem Boot erreicht werden und wurde so umge-
staltet, dass es eher an eine riesige, schwimmende Dornenfaust als
an ein Schiff erinnert: Masten und Takelage sind gekappt, dafür
sind die Wände über und über von Dornen verschiedener Länge
bedeckt, die das Erklettern der Außenwände zu einem schwieri-
gen und gefährlichen Unterfangen machen. Im Inneren ist das
Schiff aber überraschend bequem und enthält neben Aufenthalts-
und Übungsräumen auch die Schlafquartiere der Dornenhände.
Vorgehen
Derzeit bewegen sich die Dornenhände in der Grauzone des Erlaub-
ten. Der Admiral nutzt sein auf zweifelhaftem Wege erworbenes
Wissen in erster Linie, um sich des Wohlwollens der Herrschenden
zu versichern, den einen oder anderen Auftrag an Land zu ziehen
oder einen geplanten Anschlag bereits im Vorfeld zu vereiteln. Von
Zeit zu Zeit aber verfällt er in alte Angewohnheiten, und wenn ihn
jemand wirklich wütend macht, schreckt er auch vor Erpressung
oder gar einem gezielten Anschlag nicht zurück. Normalerweise
aber verlässt er sich auf das Können seiner Protectoren. Der Admiral
sorgt dafür, dass die Doppelhand, die dem Kunden zur Seite gestellt
wird, sowohl über ausreichende kämpferische als auch magische
Mittel verfügt. Oberstes Ziel ist es dabei stets, Leben und Gesund-
heit des Klienten zu schützen. Wenn dabei der Attentäter gefangen
oder getötet werden kann, umso besser, aber im Zweifelsfall ist eine
Flucht mit einem unversehrten Klienten tausendmal besser als ein
Sieg, der den Kunden verletzt oder gar tot zurückgelassen hat.
Pedru Aneli und seine Anhänger wollen diesen Weg konsequent wei-
tergehen und auch die letzten Reste von Giorgus illegalen Methoden
beenden. Sie träumen davon, ebenso ehrenhaft zu werden wie der
Weiße Schild und gerade Yondra Ydendi in einem fairen Zweikampf
zu zeigen, dass die Dornenhände die besseren Protectoren sind.
Daria Aneli und ihre Anhänger dagegen wollen die Dornenhände
zur einzigen Protectorengruppe in Fulnia machen, koste es, was
es wolle. Ihrer Meinung nach sollte man beispielsweise die Unfä-
higkeit der anderen Protectoren unter Beweis stellen, indem man
den einen oder anderen Unfall für ihre Klienten einfädelt.
Verbündete und Feinde
Jova Ydendi (Mensch, *930 LZ, kräftig gebaut, ritterlich) ist
der Anführer des Weißen Schilds, der derzeit einflussreichs-
ten Protectorengruppe in Fulnia. Obwohl Jova aus Fulnia
stammt, hat er ein fast schon zwingardisches Ehrverständnis.
Die zweifelhaften Methoden Giorgu Anelis sind ihm nicht
verborgen geblieben, weshalb er eine Zusammenarbeit mit
den Dornenhänden kategorisch ausschließt und sie auch öf-
fentlich immer wieder als zwielichtig anprangert.
Yondra Ydendi (Mensch, *960 LZ, Sommersprossen, tempera-
mentvoll, idealistisch) ist Jovas Tochter. Sie hat seine ritterliche
Einstellung geerbt, allerdings ist sie viel impulsiver als er. Seit
zwei Jahren verbindet sie eine Beziehung mit Pedru Aneli, die
beide vor ihren Vätern geheim zu halten versuchen. Yondra
träumt davon, dass sie beide eines Tages die Protectorengrup-
pen von ihren Vätern übernehmen und die Stadt in ein neues
Zeitalter der Sicherheit und Ordnung führen können.
Sanias Alvani (Alb, *922 LZ, arrogant, bestechlich) ist der
Hauptmann der Stadtwache. Obwohl er selbst bekannt dafür
ist, bei jeder sich bietenden Gelegenheit die Hand aufzuhal-
ten, verabscheut er den „kleinkriminellen Fettsack“ Giorgu
Aneli ebenso wie das „scheinheilige Getue“ Jova Ydendis. Sei-
ner Meinung nach sollte der Schutz der Bürger allein in der
Hand der Stadtwache liegen – und die Protectoren können
dorthin gehen, wo der Pfeffer wächst.
Szenarioansatz
Der Magnat Dengor Katari (Zwerg, *922 LZ, ständig schwan-
kend zwischen Aufbrausen und Selbstmitleid) beauftragt die
Abenteurer, herauszufinden, wer gestern Abend seine Schreibstu-
be durchsucht und einige Dokumente gestohlen hat, die (auch
wenn er das den Abenteurern nicht unbedingt auf die Nase
bindet) seine Schmuggelgeschäfte belegen. Die Recherche führt
die Detektive auf die Spur seiner kürzlich angeheuerten Doppel-
hand, doch letztlich können sie nichts beweisen. Wie also kann
man den Schaden wiedergutmachen?
Eine Möglichkeit besteht darin, mit dem Admiral zu verhandeln,
aber welchen Gefallen sind sie bereit, ihm für seine „Hilfe“ bei
der Wiederbeschaffung zu tun? Er selbst schlägt vor, dass sie ihm
Beweise für die Korruption Sanias Alvanis beschaffen, lässt sich
aber auch auf Vorschläge der Abenteurer ein, solange deren An-
gebot für ihn wertvoller ist als die Dokumente des Magnaten.
Alternativ kann die Gruppe natürlich auch versuchen, mit List,
Heimlichkeit oder Gewalt in die „Dornenwall“ einzudringen,
um die belastenden Dokumente zurückzustehlen. In diesem Fall
tun sie aber gut daran, keine Spuren zu hinterlassen, sonst sollten
sie Fulnia anschließend auf dem schnellsten Wege verlassen.
Eine Dornenhand spielen
Normalerweise sind Dornenhände fester Bestandteil
ihrer Organisation und beschützen Klienten in Fulnia
(oder seltener auch einmal außerhalb der Stadt). Diese
Aufgabe nehmen sie sehr ernst, denn das Überleben des
Kunden ist für sie nicht nur eine Frage der Ehre, son-
dern auch der beruflichen Existenz.
Grundsätzlich ist es natürlich auch möglich, eine ehemali-
ge Dornenhand zu spielen. Ein solcher Charakter könnte
die Organisation aus freien Stücken verlassen haben, aber
auch dramatische Umstände sind denkbar: Vielleicht hat
er einen wichtigen Kunden verloren oder wurde von Gi-
orgu (zu Recht oder zu Unrecht) des Verrats verdächtigt?
In diesem Fall muss er zumindest in der Nähe Fulnias je-
derzeit mit der Rache des Admirals rechnen, woraus sich
interessante Abenteueraufhänger gestalten lassen.
Stichpunkte zur Ausgestaltung
Tracht: keine; gemeinsam ist ihnen lediglich der Dor-
nenhandschuh an der Schildhand sowie das gelbe
Stirnband.
Bevorzugte Ausbildungen: Schattenklinge (Protector)
Bevorzugte Schwächen: Gehorsam, Hochmut
Wichtige Fertigkeiten: Handgemenge, eine weitere Waf-
fenfertigkeit, Entschlossenheit, Straßenkunde, Wahr-
nehmung
Wichtige Magieschulen: Heilmagie, Kampfmagie, Schutz-
magie
Ausbildungsvariante: Protector
(Variante der Schattenklinge)
Diese Ausbildungsvariante finden Sie in Splittermond:
Die Regeln auf Seite 67.
25
 Die Druiden
Priester des Waldes
Bilder von uralten, geheimnisumwitterten Wäldern und erhabenen
Steinkreisen kommen in den Sinn, wenn man nach den Druiden
gefragt wird. Die Vorstellungen sind größtenteils zutreffend, denn
die Naturzauberer können auf eine sehr lange Tradition zurückbli-
cken: Schon vor dem Bersten des Mondes lehrten sie in Zwingard
die versklavten Völker das Wesen der Vanyr, der mystischen Her-
ren der Wälder, und ebneten so den Weg zum Aufstand gegen die
Dracurier. Im Laufe der Jahrhunderte verlor der „Alte Weg“ jedoch
an Unterstützung und wurde durch eine neue Religion verdrängt.
Noch wird der Glaube an die Vanyr aber von den Druiden auf-
rechterhalten und bis heute sieht man die Priester des Waldes bei
der Erfüllung ihrer mystischen Aufgaben durch Lorakis streifen.
Hintergrund
Schon in grauer Vorzeit wurden die Wälder des heutigen Zwin-
gards von den Vanyr beherrscht, die sich seit jeher den Dracuri-
ern widersetzten. Im Laufe der Zeit wurde ihr Einfluss jedoch
auf nur noch zwei große Wälder, den Vanforst und den Riesgard,
begrenzt. Von dort unterstützten sie die versklavten Völker gegen
die Drachlinge. Die Sklaven sahen Göttlichkeit in der Macht der
Waldfürsten, und als diese Macht sie berührte, entstanden die
ersten Priester, um die Lehren der Vanyr zu empfangen und als
deren Sprachrohr unter den Völkern zu dienen. Diese Priester
nennen sich bis heute Druiden, eine Bezeichnung, die auf die
Dryaden zurückgeht, die im Gefolge der Vanyr lebten.
Das Wissen um das genaue Alter der druidischen Tradition ging in
den Wirren des Freiheitskampfes der Zwingarder gegen die Dracurier
unter und lässt sich nicht mehr bestimmen. Erstmals erwähnt
wurden sie in einem Epos, das −5 LZ entstand, das tatsäch-
liche Alter der Glaubensgemeinschaft dürfte aber
um einiges höher sein. Mit dem
Untergang der Dracurier war der
Glaube an die Vanyr gefestigt,
doch die Druiden
26
Druiden außerhalb Zwingards
Auch wenn die Zwingarder Druiden die größte Grup-
pierung darstellen, gibt es ähnliche Kulte doch in ganz
Dragorea, wenn auch größtenteils in den südlicheren
Regionen. Diese Druiden verehren nur selten die Vanyr,
sondern ziehen ihre Macht von anderen Naturgeistern
oder gar Feen. Denn auch wenn so mancher Gelehrte das
nicht wahrhaben will, ist es doch eine Tatsache, dass die
Druiden ihre Magie aus einer göttlichen Quelle beziehen.
Ihre Aufgaben unterscheiden sich jedoch kaum von de-
nen der Zwingarder Druiden: Sie vertreten den Willen
ihrer Schirmherren und dienen als Vermittler zwischen
Dorfgemeinden und Naturwesen – und bei allen Un-
terschieden würde auch ein Diener der Vanyr einen
Druiden aus anderen Teilen Dragoreas im weitesten
Sinne als Seinesgleichen betrachten.
entwickelten nie eine Hierarchie, wie sie bei anderen Kulten üblich
ist. Das erste Jahrhundert nach dem Mondfall war auch für
die Druiden verlustreich: Zahlreiche Priester schlossen sich dem
Wyrm­bann-Orden auf dem Zug in die nördlichen Wälder Wint­
holts an. Niemand kehrte von diesem Unternehmen zurück, die
Vanyr betrauern seitdem den Verlust ihres Kronprinzen Wizall.
Nach 583 LZ begannen die Zwingarder aufgrund der Etablierung
der Mondkirche immer mehr an der Göttlichkeit der Vanyr zu
zweifeln und die Druiden verloren zunehmend an Einfluss in der
Bevölkerung. Die Konflikte zwischen dem „Alten
Weg“ (Druiden und Vanyr) und dem „Neuen
Weg“ (Mondkirche) spitzten sich zu und wurden
immer häufiger bewaffnet ausgetragen. Nachdem
700 LZ in Folge dieser Glaubenskonflikte das Hei-
ligtum Vansala überfallen wurde, wurden beide Re-
ligionen als gleichwertig anerkannt und
die Lage beruhigte sich wieder. Heute
hat sich die Mehrheit Zwingards
der Mondkirche zugewandt
und auch wenn die Druiden in
der Gesellschaft nach wie vor
geachtet werden, ist ihre Anzahl
sehr klein geworden.
Motivation
Spätestens seit dem Er-
starken der Mondkirche
werden die Druiden mit der
Frage konfrontiert, ob sie die Verehrung
der Vanyr nicht offensiver unter das Volk
hätten bringen sollen. Doch die Missionierung
des Landes ist erst seit wenigen Jahrzehnten zu ei-
nem ernsten Thema geworden. Eine der wesentlichen Aufgaben
besteht darin, durch die Einhaltung uralter Rituale das Bündnis
zwischen Zwingard und den Vanyr aufrechtzuerhalten. Allerdings
kamen mit der Zeit bei einigen Vanyr Zweifel auf, ob den Zwingar-
dern tatsächlich noch so viel an dem alten Bündnis liegt.
Die andere Aufgabe sehen die Druiden darin, zwischen den
Waldwesen und deren benachbarten Anwohnern zu vermitteln.
Die Druiden erinnern sich noch gut an die Zeiten, in denen
Sterbliche und die Herren der Wälder im Einklang lebten und
sogar einen gemeinsamen Feind bekämpften
Ziele
Der Glaube an die Naturgeister ist im Laufe der Jahrhunder-
te schwach geworden und soll wieder gestärkt werden. Die
Druiden versuchen, den Glauben und das alte Bündnis auf-
rechtzuerhalten, indem sie sich an die alten Riten halten und
sie den Anwohnern der Wälder näherbringen.
So manchem Wald in Dragorea wird nachgesagt, dass düstere
Kräfte dort am Werk seien und man sich von ihm fernhalten
solle. Den Druiden ist daran gelegen, ein Miteinander zwischen
den Geistern des Waldes und den Anwohnern zu ermöglichen
Die Druiden sind davon überzeugt, dass die Vanyr einst über
noch mehr Wälder herrschten, diese aber an Orks oder Dra-
curier verloren. Daher gehen die Druiden auf Reisen, um in
den Wäldern nach Zeichen der einstigen Vanyr zu suchen.
Eine Sonderstellung stellt dabei die Suche nach dem Kronprin-
zen Wizall dar: Alle neun Jahre bestimmen Hewa und Frall,
das mystische Königspaar der Vanyr, einen Auserkorenen, der
erneut mit der Suche nach ihrem Sohn beauftragt ist.
Hierarchie und Struktur
Die Gemeinschaft der Druiden war schon immer von einer ge-
wissen Strukturlosigkeit geprägt, selbst zu Zeiten, als ihre Zahl
noch deutlich größer war. Dies zeigt sich auch in der nur gering
ausgeprägten Hierarchie der Gemeinschaft: Unterschieden wird
zwischen Suohari, Druiden und Dingari.
Suohari sind angehende Druiden, die noch nicht das Geschenk der
Vanyr empfangen haben. Sobald ein Suohari dieses erhalten hat, wird
er zu einem Druiden. Unter den Druiden wiederum gibt es einige
wenige Dingari, die von einem Vanyr als Sprecher auserkoren werden.
Diese Unterschiede sind mit keinen gesonderten Privilegien ver-
bunden: Kein Druide kann einem anderen irgendwelche Vorschrif-
ten machen oder Befehle geben, sehr wohl sind die Dingari bei den
übrigen Druiden aber höher angesehen. Einmal jährlich versam-
meln sich die Dingari zum Vanthing auf einer uralten Lichtung
im Vanforst, um über die Belange der Vanyr zu beraten. An dieser
Versammlung nehmen auch die Priester anderer Waldfürsten teil,
sodass man sich austauschen und miteinander beraten kann.
Ressource Rang
Wert Titel Bedeutung
1 Druide Mitglied der Gemeinschaft
2 Dingari von einem Vanyr auserkorener Sprecher
Mitglieder
Die Zahl der Druiden ist in heutiger Zeit auf wenige Hundert Mit-
glieder gesunken. Die meisten von ihnen sind Zwingarder Wald-
läufer, die im Laufe ihres Dienstes oder der Blutwache in der Natur
die Nähe der Vanyr gespürt haben und sich daraufhin an die Drui-
den im Jarltum Lewenerd wandten. Dies dürfte auch der letzte Ort
in Zwingard sein, in dem es noch Familien gibt, die ihre Kinder in
der frühen Jugend in die Obhut der Druiden geben.
Die Druiden kennen keine einheitliche Tracht, aber sie tragen
häufig Leder oder Leinen, das in Grün- und Brauntönen gehalten
ist. Für Zeremonien legen die Druiden die meiste Kleidung ab
und hüllen sich schlicht in eine einfache weiße Kutte mit einer
braunen Kordel. Einige besonders traditionell eingestellte Drui-
den suchen gar die vollständige Nähe mit der Natur, indem sie
die Zeremonie nackt durchführen, geschmückt nur durch einige
Hautmalereien.
Die Ausbildung zu einem Druiden hat kein festes Muster. Sie
kann ein Jahr in Anspruch nehmen oder auch fünfzig – darüber
entscheiden letztendlich die Naturgeister, in deren Dienst der
Druide tritt. Bis die Souhari die Gunst der Vanyr erlangen, reisen
sie mit einem Druiden durch die Wälder und lernen von ihm das
Leben im Wald, die Traditionen der Druiden, die Anwendung
magischer Rituale und Formeln und schließlich den Umgang mit
den Naturgeistern. Wenn ein Suohari die Aufmerksamkeit eines
Vanyr erlangt hat, beginnt die gemeinsame Reise mit ihm, wobei
die Länge dieser Reise von den Wünschen und dem Wesen des
Vanyr abhängt. Die Ausbildung endet mit dem Blutband zwi-
schen Vanyr und Druiden. Beide vermengen in einem komple-
xen Ritual ihr Blut und schenken dem Partner ein Zeichen ihrer
Gunst. In vielen Fällen ist dies ein Objekt aus Druidenholz oder
geflochtenen Vanranken, an dem sich die Druiden auch erken-
nen lassen.
Bedeutende Angehörige
Sindo Schwarzerde (Mensch, *924 LZ, asketisch, in sich ge-
kehrt) ist bereits seit vielen Jahrzehnten als Erster unter Glei-
chen eine Art „Vorsteher“ der Druiden. Sein Wort als Dingari
von Hewa hat bei den übrigen Druiden großes Gewicht, und
nicht wenige sind der Ansicht, dass ohne Sindo das Verhält-
nis zu den Vanyr um einiges schlechter wäre. Sindo verbringt
die meiste Zeit im Vanforst und hält sich aus den politischen
Angelegenheiten Zwingards vollständig heraus. Tatsächlich
verweilt Sindo kaum noch in der Welt der Sterblichen: Seit
sich vor dreißig Jahren sein Sohn opferte, um einen dunklen
Vanyr in den Schlaf zu wiegen, wandelt er die meiste Zeit in
der Welt der Geister und der des Schlafes – und erscheint
mitunter sogar in den Träumen anderer Druiden und Gläu-
bigen.
Marstane Tannenzweig (Zwergin, *829 LZ, kantiges Gesicht,
vorausplanend) hat als Beraterin des Jarls von Lewenerd den
vermutlich größten politischen Einfluss unter den Druiden.
Abenteurer, die einen Weg in den Vanforst oder zu den Dru-
iden suchen, wenden sich an sie, denn sie ist am Hofe des
Jarls am besten zu erreichen. Diese Stellung hat sie bereits
seit über hundert Jahren und kennt sich damit bestens in der
politischen Welt aus, doch dieses Amt hat ihren Preis: Nicht
wenige Vanyr und mittlerweile sogar einige Druiden werfen
ihr vor, sich zu sehr auf die Politik zu konzentrieren.
27
 Bärenstimme (Gnomin, *977 LZ, rote Haarmähne, schüchtern,
aber neugierig) ist die einzige Überlebende eines Bärenüberfalls
am Paskarin-Ufer bei Arkuri. Noch heute erinnern sich die Holz-
fäller mit Schrecken an den Vorfall vor 14 Jahren, als eine kom-
plette Siedlung einem nächtlichen Angriff von Alanjutbären zum
Opfer fiel. Viele Fragen ließ der Überfall offen: Wie kamen die
Bären über die Palisade? Wer schickte sie? Waren es überhaupt
Bären? Heute ist man der Ansicht, dass die Bärenkönigin Verilia
hinter diesem Angriff steckte. Denn in diesen Tagen treibt sich ein
junges Mädchen in den Wäldern des Paskarin umher und sucht
zögerlich die Nähe der Holzfäller und Jäger, um sie vor Verilia zu
warnen. Dabei wird das Mädchen stets von einer Alanjutbärin
begleitet. Da das Mädchen trotz mangelnder Sprachkenntnisse
schon einige Arbeiter dazu gebracht hat, ihre Arbeit einzustellen,
wird sie vom Stadtrat nicht sonderlich gern gesehen.
Ressourcen und Mittel
Hauptsächlich greifen die Druiden auf ihre magischen Künste
zurück, die vor allem zur Kontrolle der Natur und Tierwelt die-
nen. Daneben werden sie im Falle von bewaffneten Konflikten
insbesondere von den Wächtern des Vanforstes unterstützt, die sie
oftmals mit Artefakten aus Druidenholz ausstatten.
Tierische Begleiter
Häufig werden Druiden von einem Tier begleitet, zu dem sie ein
engeres Verhältnis haben. Dies können gewöhnliche Tiere wie
Hunde, Katzen oder Pferde, aber auch wildere Tiere wie Wöl-
fe, Bären oder Raben sein. Darüber hinaus verwenden Druiden
gerne Zauber wie Tiere beherrschen. So gibt es Berichte darüber,
dass in Midstad ein Druide die eigene Jagdmeute gegen den Adel
richtete oder in Westergrom ganze Graulenschwärme verbotene
Bergpfade unpassierbar machten.
Politischer Einfluss
Der politische Einfluss der Druiden ist fast vollständig auf das Kö-
nigreich Zwingard beschränkt und selbst dort nur noch innerhalb
des Jarltums Lewenerd stärker spürbar. Doch auch wenn die meis-
ten Zwingarder den Druiden und Vanyr abgeschworen haben, steht
man ihnen noch immer wohlwollend gegenüber oder fürchtet zu-
mindest den Zorn der Feen und Naturgeister, sodass auch Anhän-
ger des Neuen Weges den Bitten der Druiden häufig nachkommen.
Am Hofe des Jarls von Lewenerd sieht die Situation anders aus:
Seit vielen Generationen besteht die Familie aus glühenden An-
hängern des Alten Weges und wird von den Druiden beraten.
Um die Druiden bei ihren Bestrebungen zu unterstützen, grün-
deten die Jarle von Lewenerd einst die Wächter des Vanforstes.

Glaubensbrüder
Wenn die Natur bedroht ist, dann sind andere Druiden meist schnell Die Wächter des Vanforstes
bereit, einem ihrer Glaubensbrüder mit Tat und Rat zu helfen. Die Hauptaufgabe dieses Ordens aus einigen Dutzend Rittern und
Waldläufern besteht im Schutz des Vanforstes und der Vanyr. Die
Kämpfer unterstehen eigentlich dem Jarl von Lewenerd, doch hat
AUS BEW INT KON MYS STÄ VER WIL dieser den Orden dem Willen der Druiden untergeordnet, sodass
5 2 4 3 5 2 2 4 heute vornehmlich Marstane Tannenzweig auf ihre Hilfe zurückgrei-
fen kann, um Druiden zu eskortieren oder heilige Orte zu bewachen.
GK GSW LP FO VTD SR KW GW
5 7 8 28 20 0 23 20
AUS BEW INT KON MYS STÄ VER WIL
2 4 3 4 2 5 2 4
Waffen Wert Schaden WGS INI Merkmale
Defensiv 2, Doppel-
Kampfstab 11 1W10+2 9 6−1W6 waffe, Lange Waffe, GK GSW LP FO VTD SR KW GW
Zweihändig 5 9 10 17 26 0 22 20
Typus: Humanoider
Monstergrad: 2 / 1 Waffen Wert Schaden WGS INI Merkmale
Fertigkeiten: Akrobatik 6, Arkane Kunde13, Athletik 8, Empathie Breitschwert 18 1W6+4 8 7−1W6 Wuchtig
10, Entschlossenheit 15, Heilkunde 12, Naturkunde 15, Tierfüh-
Durchdringung 1,
rung 13, Überleben 13, Wahrnehmung 12, Zähigkeit 11, Heilungs- Langbogen 14 1W10+8 9 7−1W6
Scharf 2, Zweihändig
magie 16, Naturmagie 19
Zauber: Heilung I: Geh noch nicht, Selbstheilung; II: Leichte *Reichweite: 35 m
Heilung, Schutz vor Gift; Natur 0: Freund der Tiere, Tierruf*; I:
Rindenhaut, Tiere beruhigen, Tierischer Bote, Wachstum; II: Typus: Humanoider
Dornenranken*, Leben spüren*, Spurlos in der Wildnis, Tiere Monstergrad: 2 / 1
beherrschen, Tierzunge*; III: Kleintierform, Naturwesen rufen III Fertigkeiten: Akrobatik 11, Athletik 14, Entschlossenheit 10,
[Dryade, Flimmerfee]*, Weg durch die Natur Heimlichkeit 13, Überleben 13, Wahrnehmung 13, Zähigkeit 17,
Meisterschaften: Naturkunde (I: Konservierung; II: Schneller Kampfmagie 13, Naturmagie 12
Sammler), Tierführung (I: Tier einschätzen), Überleben (I: Ge- Zauber: Kampf I: Flammende Waffe, Geschoss verzaubern; II:
ländekunde [Wald], Wildnisläufer), Naturmagie (I: Hand des Feuerstrahl, Rankenpfeil; Natur I: Rindenhaut; II: Ranken, Spurlos
Zauberers, Lokale Tierwelt*, Naturkenner, Vertrautenband; II: in der Wildnis
Harmonie mit der Natur, Kind der Wildnis, Tierbegleitung*) Meisterschaften: Klingenwaffen (I: Ausfall, Verteidiger; II: Klin-
Beute: Kampfstab (4 L), Tuchrüstung (6 L) genwirbel), Schusswaffen (I: Scharfschütze), Heimlichkeit (I:
*siehe Splittermond: Die Magie S. 86 und 116 bis 146 Leisetreter, Überraschungsangriff I), Wahrnehmung (I: Umge-
bungssinne [Wald]), Kampfmagie (I: Geschossmagie)

28
Beute: Breitschwert Q2 (WGS 1; 40 L), Rundschild Q2 (Druidenholz,
Behinderung 1; 95 L), Schweres Leder (11 L), Langbogen (15 L)
Besonderheit: Wenn der Wächter des Vanforsts ohne Schild
kämpft, verringert sich seine VTD um 2 Punkte. Sofern er mit dem
Schild eine Aktive Abwehr durchführt (Wert 18), erhält er bei Ge-
lingen 1 zusätzlichen EG.
Vorgehen
Das Vorgehen der Druiden ist in der Regel individueller Natur:
Wenn sich ein Vanyr über etwas beklagt oder etwas verlangt, teilt
er dies einem seiner Druiden mit, woraufhin dieser entsprechend
darauf reagiert. In den meisten Fällen ist die Sache durch ein Ge-
spräch mit einer Dorfgemeinschaft oder einem Thain geklärt, bei
schwerwiegenden Problemen wird der Jarl zu Rate gezogen. Soll-
te das Problem größere Ausmaße haben, wenden sich Druiden in
der Regel an die Dingari, um sich zu beraten.
Die Mittel, mit denen die einzelnen Druiden versuchen, ihre Zie-
le zu erreichen, liegen bei ihnen. Normalerweise sucht der Druide
das Gespräch, um eine Einigung zu erzielen. Andere Druiden,
etwa der geächtete Riknand der Heiler (Alb, 633 LZ, rotgefärb-
te Fingerkuppen, hasserfüllt), schrecken jedoch auch nicht vor
Gewalttaten zurück, wie etwa die Schändung von Tempeln der
Mond-Trias oder Opferungen von Entführten an dunkle Vanyr.
Verbündete und Feinde
Neben der einfachen Bevölkerung Zwingards – und natürlich
ihren Schirmherren, den Vanyr – ist vor allem das bereits er-
wähnte Jarltum Lewenerd mit den Druiden verbündet. Hier
folgt man noch den alten Traditionen und alten Bräuchen,
und hier gibt es auch immer wieder Bestrebungen, dem
Glauben an den Alten Weg außerhalb des Jarltums zu neuer
Größe zu verhelfen. Besonders der Jarl Haduin der Vanyrgebo-
rene (Mensch, *972 LZ, hochgewachsen, voller Tatendrang)
hat selbst für einfache Druiden immer ein offenes Ohr, wenn
diese an ihn persönlich herantreten.
Außerhalb Zwingards schrumpft die Zahl der Verbündeten
jedoch schnell, wobei es seit einigen Jahrzehnten mit dem Auf-
kommen der guten Beziehungen zu Selenia Kontakt zwischen
den Druiden und dem Zirkel der Zinne gibt, der die Experti-
se der Naturpriester sucht, um das Phänomen des verfluch-
ten Drauenwaldes zu erforschen. Bereits seit dem Mondfall
werden Flora und Fauna des Waldes bis zur Unkenntlichkeit
pervertiert. Seit wenigen Jahren suchen nun selenische und
zwingardische Druiden gemeinsam nach der Ursache.
Größter Widersacher, wenn auch nicht offener Feind, ist
natürlich die Kirche der Mond-Trias. Die Priester des Neu-
en Weges sehen in den Druiden die Anhänger einer uralten,
überholten, unzuverlässigen Religion, die sich weigern, den
wahren Glauben zu akzeptieren. Heutzutage kommt es nur
noch selten zu offenen Feindseligkeiten oder gar Gewaltaus-
brüchen, aber wo immer die Interessen der Druiden und
die der Mondkirche aufeinandertreffen, sind hitzige Ausei-
nandersetzungen sicher, etwa mit der Heristin Ragane der
Frommen (Mensch, 955 LZ, zum Mondglauben konvertiert,
muskulös, fanatisch), von der Gerüchte sagen, dass sie in ih-
rem Land Raubritter gegen den Alten Weg nicht nur duldet,
sondern sogar unterstützt.
Szenarioansatz
Ein Orkangriff auf Sarfirst konnte zurückgeschlagen werden, doch
zu einem Preis: Der Druide des Dorfes kam bei dem Angriff ums
Leben. Seitdem scheint ein Teil des Riesgard verrückt zu spielen.
Erdbeben und Lawinen bedrohen die Dörfer, Wölfe und Bären
werden aggressiver und machen aus Zwingarder Jägern Gejagte.
Ein fanatischer Priester der Mond-Trias beginnt das Aufbegehren
der Natur zu nutzen, um die Zwingarder weiter vom alten Pfad
zu holen. Die Abenteurer treffen auf den Geist des verstorbenen
Druiden, der ihnen klar macht, dass die Situation noch schlimmer
ist als gedacht, denn die Orks waren keineswegs geschlagen und
konnten sich mit einigen Kriegern in den Riesgard zurückziehen.
Dort nahmen sie einen Vanyr gefangen und begannen, diesen zu
mutieren, sodass er sich jetzt gegen seine einstigen Verbündeten
stellt. Hilfe – und Heilung – ist dringend nötig.
Einen Druiden spielen
Druiden sind nicht ganz von dieser Welt. Als Priester
einer uralten Waldreligion haben sie häufig eine ande-
re Sicht auf die Dinge und wirken auf andere mystisch
und distanziert. Gleichzeitig können sie erstaunlichen
Pragmatismus aufweisen, und wenige können mit ih-
rem Wissen über die Wildnis, Pflanzen, Tiere und
Naturgeister mithalten. Daher geben sie in der Regel
ruhige, aber gute Reisegefährten ab, die Gruppen sicher
durch die Wildnis führen können.
Gerade Zwingarder Druiden haben sich häufig kleinere
Bräuche und Traditionen angewöhnt, die für Außenstehen-
de unverständlich sein können: ein langsamer Zeremonial-
tanz bei jedem Sonnenaufgang, das Hinterlassen komplexer
Stockfiguren im Geäst von Bäumen oder ähnliches.
Gründe, weshalb ein Druide fortzieht, kann es viele ge-
ben. Häufig ist es ein Auftrag der Dingari, der sie in
die Ferne treibt und manchmal jahrelang von zu Hause
fernhält – insbesondere, wenn ein Druide dazu aus-
erkoren wird, den verlorenen Kronprinzen Wizall zu
suchen, kann niemand vorhersehen, wohin ihn seine
Wege führen werden. Auch der Wunsch, neue Wälder
und Wunder zu entdecken, kann natürlich dazu führen,
dass sich ein Druide fern seiner Heimat begibt.
Stichpunkte zur Ausgestaltung
Tracht: keine bestimmte im Alltag, bei Zeremonien eine
schlichte weiße Kutte mit brauner Kordel; Vanyrs-
geschenk als Erkennungszeichen
Bevorzugte Ausbildungen: Wanderpriester (Druide)
Bevorzugte Schwächen: Fanatiker, Vorurteile (Mondkirche)
Wichtige Fertigkeiten: Entschlossenheit, Geschichte und
Mythen, Länderkunde, Naturkunde, Tierführung,
Überleben
Wichtige Magieschulen: Heilungsmagie, Naturmagie
Ausbildungsvariante: Druide
(Variante des Wanderpriesters)
Diese Ausbildungsvariante finden Sie in Splittermond:
Die Regeln S. 71.
29
 Der Edelstein-Orden
die Wächter Turubars
Der Edelstein-Orden ist ein hochangesehener Kriegerbund aus
Turubar, der für die Sicherung des Edelsteinhandels und den
Schutz des Shahirats zuständig ist. Die Ordensmitglieder beglei-
ten nicht nur Edelsteinkarawanen, schützen die gängigen Han-
delswege und machen Jagd auf Räuber, sondern kümmern sich
auch um die Zollerhebung, die Verwaltung des shahiratsweiten
Edelsteinhandels und die Einhaltung der damit verbundenen
Gesetze. Die letzteren Aufgaben übernehmen ortsgebundene
Magistrale und Beamte des Ordens, während die meisten Krieger
beständig durch das Shahirat ziehen.
Hintergrund
Jamgom, der weise Lamassu-Shahir Turubars, ließ den Edel-
stein-Orden im Jahr 560 LZ auf Anraten seiner damaligen Stell-
vertreterin Shamarshid Asbarath gründen. So konnte sich der
entrückte Herrscher von den weltlichen Angelegenheiten noch
weiter zurückziehen und übergab dem Orden das alleinige Recht
auf den Handel mit den Schätzen des Gebirges. Jede Satrapie und
jede Stadt bekam einen obersten Verwalter aus dem Orden und
seine Krieger wurden mit weiteren Pflichten betraut – etwa da-
für zu sorgen, dass der Frieden in den Städten bewahrt und die
Wacht am Rughul Ghihir aufrechterhalten wird.
Spielleiterinformation zu Rughul Ghihir
Mehrere hundert Meter oberhalb der Stadt Lanrim liegt
auf einem Felsplateau der gewaltige Abgrund Rughul
Ghihir, dessen steile Wände sich in absoluter Dunkel-
heit verlieren. Wer genau hinsieht, bemerkt die ver-
witterten Stufen, die entlang der Wände spiralförmig
in die Tiefe führen. Selbstverständlich werden diese
schon lange nicht mehr benutzt, befindet sich im „tie-
fen Schlund“ doch eine unaussprechliche Gefahr, über
die der Lamassu Jamgom seit Jahrtausenden wacht (für
mehr Informationen hierzu siehe Das Erbe von Kesh, S.
116). Regelmäßig umkreist Jamgom den Schlund und
erneuert magische Schutzrituale, in deren Natur nur er
selbst eingeweiht ist. Sollte es jemals zu einem Angriff
auf den geheimnisvollen Abgrund kommen (oder gar
aus ihm heraus?), hat der Edelstein-Orden in unmit-
telbarer Nähe des Abgrunds eine Ordensburg bezogen.
Motivation
Der Edelstein-Orden ist der verlängerte Arm des vergötterten Sha-
hirs, der bei seinen Untertanen für Recht und Ordnung sorgt. Alle
Mitglieder streben danach, den Ansprüchen des Shahirs und den
farukanischen Tugenden, wie sie in Turubar gelebt werden, gerecht
zu werden. Wie jeder aufrechte Turubari betrachten es die Ordens-
30
mitglieder als eine persönliche Ehre, ihrem Shahir zu dienen, des-
sen Entscheidungen von enormer Weisheit geprägt sind und stets
das Wohl seines Volkes zum Ziel haben. Die Krieger sehen es als
ihre ehrenvolle Pflicht, für die Sicherheit der Handelswege, der
Edelsteinkarawanen und teilweise auch der lokalen Minenarbeiter
zu sorgen. Zudem gehört die Sicherheit des Shahirs und seiner di-
rekten Stellvertreterin zu ihren höchsten Aufgaben.
Ziele
Der Orden braucht Nachwuchs für die stetige Sicherung der
Handelswege und will viel mehr neue Mitglieder rekrutieren,
wobei den friedlichen Turubaris die kämpferische Seite des Or-
dens mehrheitlich befremdlich ist. Daher wird mitunter in an-
grenzenden Landen nach neuen Rekruten gesucht.
Der Orden möchte gute Beziehungen zu den Edelsteindjin-
nen des Gebirges sicherstellen.
Die Mitglieder des Ordens versuchen zu verhindern, dass
magisch potente Edelsteine in falsche Hände geraten.
Die Stellung des Ordens gegenüber den Haustruppen über-
eifriger Satrapen zu sichern, ist ein Ziel der Magistrale des
Ordens.
Der Räuberbande des maskierten Feenritters von Tanlur, die
seit einigen Jahren immer wieder Edelsteinkarawanen rund um
Lanrim überfällt, soll endlich das Handwerk gelegt werden.
Der Edelsteinschmuggel über die Flüsse in den Süden soll
eingedämmt werden, wobei nicht nur Flusspiraten bekämpft,
sondern auch diverse Wasserdjinne, insbesondere der grausa-
me Sashwulashush (Djinn, alterslos, azurblau, rauchige Stim-
me, erscheint als imposante Seekuh) von der Richtigkeit ihrer
Aufgabe überzeugt werden müssen.
Edelsteine aus Turubar:
Recht und Gesetz
Im Shahirat gilt das von Jamgom erlassene Schürfrecht
für jeden ehrenhaften Turubari. Der Orden gewährleis-
tet, dass Fremde und Farukanis aus anderen Shahiraten
sich an diese Gesetze halten und andernfalls verhaftet und
verurteilt werden. Sind die Steine erst einmal geborgen,
kann jede Person von Ehre – einschließlich Farukanis aus
anderen Shahiraten und Fremde – sie weiterverarbeiten.
Einzelne Steine, die nicht größer als eine Kichererbse
sind, und kleinere Mengen darf jeder transportieren.
Größere Mengen darf nur der Edelstein-Orden befördern
– was genau unter „größere Menge“ verstanden wird, ist
allerdings durchaus Auslegungssache. Weiterhin stellt es
in Turubar ein Verbrechen dar, Edelsteine und Schmuck-
stücke zu verkaufen, ohne dabei den Edelstein-Orden
miteinbezogen zu haben (und dabei die entsprechenden
Abgaben geleistet zu haben).
 Hierarchie
und Struktur
Der Edelstein-Orden umfasst etwa 200
Krieger, wobei der Verwaltungsapparat aus
fast noch einmal genauso vielen Mitgliedern
besteht. In jeder Stadt, jeder Satrapie und
den ertragreichsten Minen ist ein Ma-
gistral des Edelstein-Ordens zugegen,
der sich um die Abwicklung der Ge-
schäfte und Einhaltung der Zölle und
Gesetze kümmert. Die Magistrale
sind ortsgebunden und haben meist
jeweils ein bis zwei Mitarbeiter wie
Schreiber oder einen Ordenskrieger
als Leibwächter an ihrer Seite. Der
ranghöchste unter den Magistralen ist
die Oberste Magistralin Darlashin Vu-
haluth (Mensch, *934 LZ, besonnen,
saphirblaue Augen), die in Lanrim
residiert und alle zwei Monate
von jedem Magistral einen
schriftlichen Status-
bericht erhält.
Die einfachen
Ordenskrieger ziehen als Schutz mit Kara-
wanen von Ort zu Ort und machen alleine
oder in kleinen Gruppen Jagd auf Räuber.
Für jede Satrapie ist ein Leutnant zuständig,
der wiederum unter dem direkten Befehl des
Hauptmanns des Ordens steht, der sich zwar
mit der Obersten Magistralin den gleichen
Rang teilt, aber in den Augen des Volkes
als das Oberhaupt des Ordens wahrgenom-
men wird.
Ressource Rang
dere die Ordenskrieger sind ein Musterbeispiel an Selbstdisziplin
und Tugendhaftigkeit, da Gelassenheit und Friedfertigkeit zu
ihren weiteren Maximen gehören. Demnach würde ein Krieger
nie eine Person angreifen, wenn es nicht wirklich unerlässlich ist
oder er zuvor angegriffen wurde. Denn Geduld, Achtsamkeit
und ehrliche Worte können jedes Problem lösen – so sagt es
zumindest der göttliche Shahir in seiner Weisheit.
Bedeutende Angehörige
Der aktuelle Hauptmann des Ordens ist Wanjek der
Rote (Mensch, *960 LZ, glatzköpfig, streng), ein
bewunderter Kampfkünstler, dessen gänzlich untu-
rubarischen Wutausbrüche seine Untergebenen das
Fürchten lehren. Natürlich wurde er oft wegen seines
zügellosen Temperaments ermahnt, das so gar nicht
zu den Werten des Shahirats passt. Dass sein sprung-
haftes Gemüt auf eine winzige Fee zurückzuführen
ist, die er vor Jahren aus Versehen verschluckt hat,
ist nicht mal ihm selbst bewusst. Seinen Beinamen
verdankt er einem handgroßen Muttermal, das auf
seiner linken Wange hoch bis zu seinem Auge reicht.
Die Magistralin von Kashmul Asparay Qunlum
(Mensch, *943 LZ, bleich, zahlenverliebt) kennt alle
Minen der „Diamantstadt“ wie ihre Westentasche
und hat sogar ein freundschaftliches Verhältnis zu
den meisten Edelsteindjinnen, die die Faszination
der Menschenfrau für „makellose“ Kristallstruktu-
ren als gewisse Anbetung für das Element Fels inter-
pretieren. Ihr untrügliches „Lamassu-Gedächtnis“
ist einigen oft ein Dorn im Auge, da sie einen einmal
verfassten Bericht, die aktuellen Zollpreise für jeden
Edelstein oder alle Handelserlasse des Padishah der
letzten zehn Jahre auswendig kennt – und noch stu-
rer argumentieren kann als ein erbsenzählender Fels-
djinn beim Schließen eines Feenpaktes.

Ressourcen und Mittel

Wert Titel Bedeutung
1 Krieger einfacher Krieger des Ordens
Krieger mit Befehlsgewalt über einen
2 Erfahrener Krieger kleinen Trupp oder Magistral einer
kleinen Stadt
oberster Krieger einer Satrapie oder
3 Leutnant
Magistral einer großen Stadt
Mitglied des Obersten Rats und
4 Hauptmann/-frau
Vorsteher eines Zweiges
Das Rückgrat des Edelstein-Ordens bildet nicht nur sein immen-
ser politischer Einfluss, der durch den Edelsteinhandel bedingt
ist, sondern auch das große Ansehen im Volk, das auf der Grün-
dung und Wertschätzung durch den weisen Shahir fußt. Krie-
ger des Edelstein-Ordens sind überall in Turubar willkommene
Gäste und die Magistrale genießen denselben Respekt wie die
engsten Berater eines Satrapen. Zudem müssen Ordensmitglie-
der in Turubar nirgendwo für ein Mahl bezahlen und erhalten
in der Regel die beste Schlafkammer (wobei von ihnen oft auch
erwartet wird, auf solchen Luxus im Gegenzug freiwillig voller
Demut zu verzichten).

Gebote und Verbote

Als Turubaris halten sich die Mitglieder des Edelstein-Ordens an
den farukanischen Ehrenkodex, der in einer besonders friedfer-
tigen Auslegung in ihrem Shahirat gelebt wird. Freundlichkeit,
Großzügigkeit und Demut gehören auch beim Edelstein-Orden
zu den höchsten Tugenden und selten einmal verlieren sie die
Fassung oder lassen sich auf hitzige Diskussionen ein. Insbeson-
Ordensmitglieder
Das Bild des Edelstein-Ordens prägen die rund 200 Ordenskrie-
ger, die nicht nur an den Haupt-Handelsstraßen, sondern auch
oft in den Städten im Umfeld ihrer Ordensburgen zu sehen sind
– oder wenn sie Magistrale oder andere Persönlichkeiten von ei-
nem Ort zum anderen eskortieren.

31
 mit wenigen Schlafplätzen und einer Schreibstube – oft wer-
den sie von nur wenigen Ordensmitgliedern bewohnt oder gar
AUS BEW INT KON MYS STÄ VER WIL
lediglich von Bediensteten für reisende Krieger und Magistra-
2 3 4 3 2 4 2 5 le bereitgehalten. In den Städten – wie zum Beispiel Eshfam,
Kash­mul oder Aruzha – dienen die Stützpunkte auch als Wohn-
GK GSW LP FO VTD SR KW GW statt und Empfangsort der Magistrale. Die Ordenshäuser fun-
5 8 9 19 25 2 23 21 gieren zudem als Lehrstätten für Neulinge im Orden und jedes
Mitglied hat das Recht, sich in eines der Häuser einzuquartie-
Waffen Wert Schaden WGS INI Merkmale ren, wenn er Obdach braucht.
Scharf 2, Wuchtig,
Pfauenfeder 17 2W6+4 10 3−1W6
Zweihändig
Artefakte
Typus: Humanoider Alle Mitglieder des Edelstein-Ordens führen einen runden Sma-
Monstergrad: 2 / 1 ragd – meist eingearbeitet in ein Schmuckstück – bei sich, der als
Fertigkeiten: Akrobatik 11, Anführen 13, Athletik 11, Diplomatie Erkennungszeichen des Ordens dient und der oft verzaubert ist.
11, Empathie 13, Entschlossenheit 16, Heimlichkeit 8, Länderkun- Weiterhin tragen gerade erfahrene Ordenskrieger zwei bis drei
de 12, Wahrnehmung 13, Zähigkeit 17, Felsmagie 11, Schutzma- Edelsteine, Gemmen und Preziosen mit sich, die als Struktur-
gie 7 geber für Zauber dienen, die zu friedlicheren Lösungen und der
Zauber: Fels I: Last, Standfest, Steinfaust; II: Erde zu Schlamm, Deeskalation von Auseinandersetzungen beitragen, ohne dass Sä-
Steinhaut, Steinwand; Schutz 0: Härte; I: Alarm, Gedankenschutz, bel gekreuzt werden müssen.
Magische Rüstung, Magisches Schloss
Meisterschaften: Klingenwaffen (I: Abdrängen, Verteidiger,
Verteidigungswirbel; II: Riposte, Rundumschlag), Athletik (I: Smaragd-Schmuckstück: Strukturgeber mit Artefakt-
Kletteraffe), Diplomatie (I: Diplomat), Empathie (I: Beruhigen), qualität 2 oder 4, der einen Bonus in Höhe von 1 oder
Entschlossenheit (I: Kühler Kopf I; II: Willensanstrengung), Län- 2 Punkten auf GW oder KW verleiht.
derkunde (I: Schwerpunkt Recht I) Weitere Edelsteine: Strukturgeber der Zaubergrade 0
Beute: Schuppenrüstung Q2 (Tick-Zuschlag −1; 50 L), Pfauenfeder bis 4 aus den Schulen Bannmagie (Pfauenherzen), Be-
Q1 (Schaden +1; 31 L), Smaragd-Schmuckstück Q2 (KW +1; 40 L) wegungsmagie (Turmaline), Naturmagie (Rosenquarze)
und Windmagie (Amethyste).
Magistral des Edelstein-Ordens

Wichtige Attribute: AUS 4, INT 4, MYS 3, WIL 5

Wichtige abgeleitete Werte: FO 21, GW 24
Fertigkeiten: Diplomatie 16, Empathie 13, Entschlossenheit 18,
Geschichte und Mythen 9, Edelhandwerk 11, Länderkunde 16,
Wahrnehmung 12, Erkenntnismagie 17, Schutzmagie 10, Stär-
kungsmagie 7
Zauber: Erkenntnis 0: Magie erkennen; I: Magische Botschaft,
Text verschlüsseln; II: Erkenntnis stören, Schriftverständnis,
Sprachverständnis; III: Sinne verstärken; Schutz I: Alarm, Gedan-
kenschutz, Magisches Schloss; Stärkung I: Zunge des Diplomaten
Meisterschaften: Diplomatie (I: Feilscher; II: Etikette), Empathie
(I: Beruhigen), Entschlossenheit (I: Kühler Kopf I; II: Willensan-
strengung), Länderkunde (II: Schwerpunkt Recht II), Erkenntnis-
magie (I: Telepathischer Schild)
Stärken: Literat
Ordenshäuser
Neben der Hauptburg in Lanrim und dem Wachtposten am
Rughul Ghihir hat der Edelstein-Orden noch ein Dutzend wei-
terer Stützpunkte, die in Städten mit wichtigen Edelsteinminen,
entlang der Handelsrouten und an bestimmten Grenzpunkten
errichtet wurden. Diese Stützpunkte sind meist einfache Häuser
Vorgehen
Mitglieder des Ordens – insbesondere die Magistrale – ver-
lassen sich bei Auseinandersetzungen in erster Linie auf ihre
Überzeugungskraft und ihre über die Shahiratsgrenzen hinaus
anerkannte Legitimation durch Jamgom selbst. Kommen die
Krieger mit Argumenten nicht weiter oder werden sie direkt an-
gegangen, greifen sie auf ihre Zauber und Artefakte zurück, die
deeskalierend auf die Situation wirken sollen. Gerade Shahirats-
fremden gegenüber sind sie sehr kulant und geduldig. Doch
wenn sie merken, dass man ihr Zuvorkommen mit Naivität ver-
wechselt und auszunutzen versucht, verlieren sie zwar nicht ihre
Gelassenheit, greifen aber mit der benötigten Härte durch. Erst
wenn die Gegner immer noch keine Einsicht zeigen, greifen
sie nach der Waffe – würden aber nur im äußersten Notfall ein
Leben nehmen.
Je nach Größe der zu eskortierenden Karawane sind stets zwei
bis sechs Ordenskrieger bei solchen Reisen zugegen. Dabei bil-
det im Idealfall ein Reiterpaar die Vor- und ein weiteres die
Nachhut. Bei wichtigen Transporten wird die Truppe der Or-
denskrieger von einem Leutnant angeführt, während die Steu-
erkarawane des Padishah vom Hauptmann persönlich mitsamt
eines Viertels der Ordenskrieger bis nach Farukhur geführt
wird (was dazu führt, dass zu Zeiten der Steuerkarawane der
Schmuggel im Shahirat meist sprunghaft ansteigt).

32
 Verbündete und Feinde
Sehr großen Zuspruch erhält der Orden von der Shalen-
ki-Priesterschaft, den Dienern des Schutzgottes von Turubar.
Insbesondere die friedliche und Kämpfe vermeidende Ein-
stellung der Ordenskrieger finden die nach Hilfsbereitschaft,
Friedfertigkeit und Gemeinschaft strebenden Priester sehr
lobenswert. Gerade in Lanrim hat sich ihre Jahrhunderte an-
haltende Zusammenarbeit bezüglich der Wacht am Rughul
Ghihir als sehr fruchtbar für beide Organisationen erwiesen.
Mitglieder des Edelstein-Ordens haben stets Obdach in den
Tempeln und Klöstern der Priesterschaft, wenn sie Ruhe, Er-
holung und spirituelle Führung suchen. Und nicht selten be-
gleitet ein Shalenki-Priester Ordenskrieger als Unterstützung
auf langen Handelsreisen.
Zamsarun Atayuw (Alb, *823 LZ, geschäftstüchtig, weiß-
blondes Haar) gilt seit hundert Jahren als der erfolgreichste
Smaragdhändler Eshfams, der ein glückliches Händchen für
gute Geschäfte hat. Einige Neider sagen ihm sogar nach, er
würde mit diversen Räuberbanden in Kontakt stehen, die auf
sein Geheiß hin nur seine Konkurrenten berauben – was in
der Tat der Wahrheit entspricht. Er macht gemeinsame Ge-
schäfte mit der Räuberbande der Galoppierenden Geister, die
seit vier Jahren rund um Eshfam immer wieder Edelstein-
karawanen überfällt und dem gesamten Edelstein-Orden ein
Dorn im Auge ist. Mancher im Orden ahnt zwar, dass der
Händler hinter allem steckt, aber bisher konnten nie Beweise
dafür gefunden werden.
Szenarioansatz
Die Räuberbande der Galoppierenden Geister in der Umgebung
von Eshfam schlägt wieder zu und überfällt eine Smaragdkara-
wane, die auf dem Weg nach Ankhat in Fedirin war. Die Ma-
gistralin der Smaragdstadt Hamshufal Eshmariw (Mensch, *954
LZ, leidet unter Höhenangst, sieben hüftlange, schwarze Zöp-
fe) und die hiesige Leutnantin Yuthamita Pashul (Vargin, *965
LZ, honigbraunes Fell, streng) sind überfragt und beauftragen
mittlerweile auch kampf- und zauberfertige Abenteurer, die den
Räubern endlich das Handwerk legen sollen. Vielleicht gibt es
ja doch einen Spitzel im Orden oder im Smaragdrat, der den
Satrapen der Stadt berät, und Außenstehende mögen einen fri-
schen und unbeteiligten Blick auf das Problem werfen. Ob die
Abenteurer während ihrer Recherche die Machenschaften von
Ratsmitglied Zamsarun Atayuw gänzlich aufdecken oder „nur“
in die Fänge der Räuberbande geraten und ihre Anführerin Mur-
jamshin Durnak (Mensch, *959 LZ, athletisch, Charakternase,
spöttisch) davon überzeugen müssen, das Richtige zu tun, hängt
vom Verlauf des Abenteuers ab. So lässt sich vielleicht auch her-
ausfinden, dass Murjamshin selbst einen Pakt mit dem Felsdjinn
Ghazwashtarun (Djinn, alterslos, granitgrau, mag Schmetterlin-
ge, zerbröckelt beim Reden) eingegangen ist und noch fünf Jahre
jeden Monat eine Karawane, die Eshfam verlässt, überfallen und
dem Djinn ihre eigene Beute überlassen muss – sonst werden
die Zungen und Augen all ihrer Bandenmitglieder in Edelsteine
verwandelt. Gegen Hilfe beim Bruch des Paktes wäre sie mögli-
cherweise bereit, Zamsarun ans Messer zu liefern.
Ein typisches Mitglied der Galoppierenden Geister hat
die Werte eines Räubers, während die Anführerin Mur-
jamshin Durnak einem Zaubermeister entspricht; siehe
Splittermond: Die Regeln, S. 276 und 283.
Einen Krieger des
Edelstein-Ordens spielen
Ein Ordenskrieger verlässt Turubar im Normalfall wäh-
rend der Handelsreisen in benachbarte Shahirate und
befindet sich selten einmal außerhalb Farukans – es sei
denn, er wurde auf eine wichtige Mission entsandt, wie
neue Handelskontakte zu knüpfen. Ein Krieger des Edel-
stein-Ordens ist ein Ausbund an Würde, Demut und
Harmonie. Er stellt sich nicht in den Vordergrund, wäre
aber bereit, für seine Gefährten zu sterben, da Gemein-
schaft und Zusammenhalt einen großen Stellenwert für
ihn haben. Als Turubari findet er es nicht abwegig oder
prahlerisch, sich mit Edelsteinen zu schmücken – würde
das im Dienst jedoch nicht tun, da es unpraktisch ist, mit
viel Schmuck zu kämpfen. Ordenskrieger sind sorgsam in
ihrer Wortwahl und kennen sich bestens mit den Edel-
stein-Gesetzen Turubars aus.
Sie wissen sich zwar jeder Gesellschaft anzupassen, schlagen
aber selten über die Strenge und geben sich nicht maßlos
dem Wein oder anderen Genussmitteln hin. Bei Fremden
lösen sie meist ein unangenehmes Bild der gelebten Per-
fektion aus, die nicht wenige auch anstreben: Schließlich
sind sie der verlängerte Arm – oder die Schwinge – des
Shahirs und müssen seinen Erwartungen gerecht werden,
so gut sie es als einfache Sterbliche eben können.
Stichpunkte zur Ausgestaltung
Tracht: Kleidung in diversen Grüntönen. Krieger tra-
gen eine grünlich schimmernde Schuppenrüstung.
Smaragd-Schmuckstück als Erkennungszeichen des
Ordens.
Bevorzugte Ausbildungen: Magischer Unterhändler, Re-
cke (Krieger des Edelstein-Ordens)
Bevorzugte Schwächen: Gehorsam, Kodex, Weichherzig
Wichtige Fertigkeiten: eine Waffenfertigkeit, Anführen, Di-
plomatie, Empathie, Entschlossenheit, Länderkunde
Wichtige Magieschulen: Erkenntnismagie, Schutzmagie,
Stärkungsmagie
Ausbildungsvariante: Krieger des Edelstein-Ordens
(Variante des Recken)
Voraussetzung: Kultur Turubar; Ressourcen: auch Rang
wählbar; Fertigkeiten: Länderkunde +1, Felsmagie oder
Stärkungsmagie oder Windmagie +1, Schutzmagie +3,
Anführen −1, nur eine Kampffertigkeit wählbar, keine
Arkane Kunde oder Heilkunde wählbar; Meisterschaf-
ten: Länderkunde (Schwerpunkt Recht I) statt Anfüh-
ren (Sammeln)
33
 Die Ehrwächter
Hüter der farukanischen Tugenden
Das Fundament der Gesellschaft in Farukan ist das Konzept der
Ehre. Zeichen der Ehrbarkeit sind die Pfauenfedern, von denen
jeder stolze Farukani mindestens eine an seiner Kopfbedeckung
trägt. Doch wem steht eine zweite oder dritte Feder zu? Und
noch einschneidender: Wem muss wegen seiner Verfehlungen
eine Feder aberkannt werden? Wo die Gemeinschaft nicht weiter
weiß, da kennt der Ehrwächter die alten Gesetze und die Präze-
denzfälle – und auf seinen Rat wird vertraut.

Hintergrund
Auf den Tafeln der Tugenden, die vor rund 2000 Jahren unter der
Herrschaft der Lamassu die erste Aufzeichnung des Ehrenkodex
bildeten, findet sich mehrfach der Begriff „Wächter der Ehren“
(merkwürdigerweise ‚Ehren‘ im Plural). Doch erst um das Jahr 250
LZ entstand ein Bund von Rahidi-Priestern, die sich der Deutung
dieser Schriften gewidmet hatten: die „Ehrkundigen“. Einige Pries-
ter begnügten sich damit, die Tafeln zu entschlüsseln und ihr Wis-
sen zu horten. Andere wollte diese Erkenntnisse verbreiten. Diese
zweite Strömung wurde um 350 LZ als Orden anerkannt, als ein
gewisser Bashtad – der den Beinamen „der Ehrwächter“ trug – Ho-
hepriester des Rahidi in Ezteraad war. Die Spuren der „Ehrkundi-
gen“ verloren sich anschließend in der Geschichte, aber Bashtads
Anhänger wurden schließlich nach ihm als „Ehrwächter“ bekannt.
Bashtad der Ehrwächter war zudem Wegbereiter für einen der
größten Helden Farukans: Etwa um das Jahr 390 LZ (Bashtad
müsste ein Greis gewesen sein – Historie und Legende sind
schwer zu trennen) soll er Shunaiq den Satten, niemand Geringe-
ren als den Shahir von Ashurmazaan, wegen dessen Ehrvergessen-
heit angeklagt haben. Shunaiq, der eine Pfauenfeder mehr trug
als Bashtad, verurteilte ihn wegen dieser „Anmaßung“ zum Tode
– aber als der Henker das Richtschwert hob, da stürzte der Shahir
selbst tot von seinem Thron. Durch dieses Zeichen Rahidis wur-
de Bashtad gerettet – und neuer Shahir wurde Kianush der Tap-
fere, der 395 LZ den Kriegszug der Chorrashiten zurückschlug.
fentlichen und damit besonders schmachvollen Entzug einer Feder.
Motivation Für den Orden zählen die allgemeinen Handlungen hingegen viel
mehr, vor allem das vorbildliche Verhalten eines Ehrwächters. An
Die Ehrwächter stellen die lebendige Verkörperung des faruka- sich und ihresgleichen legen sie nämlich die höchsten Ansprüche
nischen Ehrenkodex dar. So sehen sie sich selbst – und so wer- an – was sie von anderen fordern, das wollen sie selbst vorleben.
den sie von der Bevölkerung gesehen. Die Gesetze der Ehre sind Die Ehrwächter fühlen sich dazu berufen, über die Verfehlun-
das verbindende Element zwischen Bettler und Satrap, zwischen gen einzelner Farukanis zu richten und so die Einhaltung des
Bauer und Handelsherr. Je gewissenhafter die Gebote von jeder- Ehrenkodex im Kleinen zu sichern. Häufig hat die Dorfgemein-
mann befolgt werden, desto beständiger ist ganz Farukan. schaft aber schon eine so genaue Vorstellung von ehrenhaftem
Es mag viele Organisationen geben, die dem Grundsatz folgen „Was Verhalten, dass es für ein Urteil eigentlich gar keinen Ehrwäch-
gut für uns ist, ist auch gut für das Reich“. Das kann man von den ter bräuchte. Mitunter führt schon das bloße Auftauchen eines
Ehrwächtern nicht behaupten. Sie streben nicht nach Mehrung ihrer Ehrwächters dazu, dass ein gestrauchelter Farukani freiwillig eine
persönlichen Macht – obwohl sie das einfach haben könnten, müss- Feder ablegt – und durch diese Reue den ersten Schritt zur Wie-
ten sie dazu doch nur den Herrschenden stets nach dem Munde re- dererlangung seiner vollen Ehre geht. Deswegen sieht der Orden
den. Nein, in ihrer Weltanschauung steht der Ehrenkodex als Ganzes seine vordringliche Aufgabe darin, diejenigen Bedrohungen des
weit über jedem einzelnen Farukani, und sei er noch so hochrangig. Ehrenkodex zu bekämpfen, die unerkannt wirken. Unsitten, die
Für das einfache Volk mag sich das vor allem in der – spektakulä- allmählich einreißen, bis sie im schlimmsten Fall für gutes neues
ren, aber seltenen – Maßnahme des „Federrupfens“ zeigen: dem öf- Recht gehalten werden – das gilt es rechtzeitig zu erkennen.

34
Ziele
Der Ehrenkodex soll den Farukanis vermittelt werden – nicht
nur nach dem Wortlaut, sondern nach seinem tieferen Sinn.
Dabei geht es nicht primär darum, den Bauern das Lesen der
alten Schriften beizubringen, damit er die Tafeln der Tugen-
den selbst entziffern könnte. Vielmehr soll der Ehrwächter
durch anschauliche Sprache, einprägsame Geschichten und
untadeliges Vorbild die Lehren des Kodex auf eine Weise ver-
mitteln, die jeder im Volke versteht.
Oft bestätigt ein Ehrwächter nur eine Entscheidung, die in
der Dorfgemeinschaft schon getroffen wurde. Nicht immer
muss es dabei gleich um Federn gehen – auch in gewöhnli-
chen Streitfällen kann er helfen. Handeln muss er spätestens
dann, wenn eine Gemeinschaft an ihre Grenzen stößt. Das
kann daran liegen, dass der Beschuldigte mehr Pfauenfedern
trägt als der höchste Richter des Ortes. Aber es trifft eben-
so zu, wenn das Dorf aus Angst vor Rache oder magischen
Bedrohungen ein berechtigtes Urteil nicht zu fällen oder
umzusetzen wagt. Manchmal zeichnet die Ehrwächter nicht
Strenge aus, sondern Milde – wenn sie nämlich einen selbst-
ernannten Moralprediger in die Schranken weisen, der die
Schriften viel zu hart und gnadenlos auslegt.
Einem Fragenden muss der Weg der Tugend gewiesen, ein
Streit rechtzeitig geschlichtet werden. Ebenso kann ein Ehr-
wächter beschließen, auf der „Straße der Ehre“ zwischen Nu-
maradh und Urakhale zu wandern und die Lehren Rahidis zu
verbreiten – oder ins berüchtigte Baghatir, die Stadt der Ehr-
losen, zu pilgern, um dort einen Bewohner zu finden, der wie-
der einer Feder würdig ist (ein heikles Unterfangen, das schon
mancher Ehrwächter selbst „gerupft“ aufgeben musste).
Manches Verhalten mag auf den ersten Blick kein eindeutiger
Bruch der Regeln sein – und umso mehr müssen die Ehr-
wächter dies erkennen. Sie haben ein scharfes Auge darauf,
dass Grenzen nicht überschritten werden. So darf sich im
berühmten Gnadenbrunnen in der Palaststadt Farukhur ein
Ehrloser von seinen Untaten reinwaschen – aber darf man das
Wasser schöpfen und zu einem Ehrlosen bringen? Und na-
türlich kann ein stolzer Farukani, Träger dreier Pfauenfedern,
ein Bild oder eine Büste von sich anfertigen lassen – aber
wenn er eine Feder verliert, dann darf sie in der Darstellung
nicht erhalten bleiben.
Hierarchie und Struktur
Viele Ehrwächter haben in den Shahiraten und Satrapien von Faru-
kan Hofämter inne. Diese Stellungen überlagern die Ordenshierar-
chie, denn die Berufung in ein politisches Amt geht nicht zwingend
mit einem Aufstieg in den Rängen der Ehrwächter einher. Nur
beim Oberhaupt des Ordens sollte traditionell dreierlei zusammen-
fallen: eine (mitunter sehr weitläufige) Verwandtschaft mit dem
Shahir von Ashurmazaan, die Führung des Rahidi-Tempels in der
Hauptstadt Ezteraad und das Amt des obersten Ehrwächters.
Der Titel des „Obersten“ Ehrwächters ist so nur außerhalb des
Ordens gebräuchlich. Innerhalb des Ordens ist die Bezeichnung
schlichter, aber noch ehrenvoller: Der Vorsteher führt als Bein-
amen nach farukanischer Sitte einfach ein „der Ehrwächter“ –
was natürlich bedeutet, dass kein anderes Ordensmitglied sich
ebenfalls so nennt. Unter ihm gliedert sich der Orden in drei
Ränge, die nach Symbolen des Kultes benannt sind. Die erfah-
rensten und weisesten Richter sind „Hüter der Waagschalen“,
von ihnen muss es immer eine gerade Anzahl geben. Darunter
stehen die „Hüter der Tafeln“, deren Gesamtzahl immer durch
fünf teilbar sein muss. Wer in den Orden aufgenommen wird,
trägt den Titel „Hüter der Federn“. Die Ehre der Berufung in den
Kreis der Ehrwächter wird immer fünf Anwärtern gleichzeitig zu-
teil, einem sogenannten „Federkreis“.
In einem Federkreis werden Novizen aus ganz Farukan vereint.
Sie sollen in ihrer gemeinsamen Ausbildung am Tempel in Ez-
teraad zu einer verschworenen Gruppe werden, deren Loyalität in
erster Linie dem Orden (und ihren Kreisgeschwistern) gilt. Selbst
wenn sich ein Federkreis danach in alle Winde zerstreut, bleiben
seine Mitglieder verbunden und tragen Verantwortung füreinan-
der – die Unehre eines von ihnen kann auf alle Federgeschwister
zurückfallen.
Wer durch ehrenvolle Taten eine weitere Pfauenfeder erwirbt,
steigt allein deswegen nicht in der Hierarchie der Ehrwächter
auf. Die höheren Ämter sind eher denjenigen vorbehalten, die
innerhalb des Ordens segensreich wirken (und manchmal, wie
böse Zungen behaupten, verdankt ein Mitglied den Aufstieg
mehr den Zwängen der Zahlensymbolik). Wer drei Pfauenfedern
an seinem Turban trägt, kann ein heldenhafter Hüter der Federn
sein, von dessen Taten man in den Basaren erzählt – oder ein
Hüter der Waagschalen, der Jahrzehnte in einer Kleinstadt Recht
gesprochen hat.
Ressource Rang
Wert Titel Bedeutung
1 Hüter der Federn einfacher Ehrwächter
2 Hüter der Tafeln Bewahrer der Regeln der Ehre
Hüter der
3 Richter in wichtigen Fällen
Waagschalen
4 Ehrwächter Erster unter Gleichen des Ordens
Mitglieder
„Wer Weisheit sammeln will, der diene Rahidi als Priester. Wer seine
gesammelte Weisheit anwenden will, der diene Rahidi als Richter.
Aber wer weise Urteile in die Welt hinaustragen will, der diene Ra-
hidi als Ehrwächter.“
—Ratschlag für Novizen des Rahidi-Kultes, zu hören in den Tem-
peln Farukans
Die Gebote der Ehre hat jeder Farukani mit der Muttermilch auf-
gesogen. In der Ausbildung im Tempel wird dieses Wissen vertieft
und neben der bloßen Kenntnis der Gesetze wird dabei größter
Wert auf das tiefere Verständnis der Regeln gelegt. Ein künftiger
Ehrwächter soll nicht nur wissen, wie ein Sachverhalt geregelt
ist – er soll begreifen, warum es diese Regelung gibt. Manche
Gesetze mögen zunächst unverständlich erscheinen, aber jedes
Gesetz ist zu seiner Zeit aus gutem Grund erlassen worden: weil
es bei einer Frage, vor der die Gläubigen damals standen, zu einer
gerechten Antwort führen sollte. Diesen Kern gilt es herauszu-
schälen, um heute auf der Grundlage uralter Gesetze weise und
richtige Urteile zu fällen.
35
Als Ordenstracht tragen Ehrwächter meist Kaftan und Turban –
bei einem Berater am Hofe ist das Gewand aus golddurchwirkter
Seide, bei einem Dorfrichter aus Wollfilz. Kennzeichen ihres Stan-
des sind Borten oder Gürtel in den satten Rottönen, die Rahidi
gewidmet sind, reich bestickt mit geometrischen Ornamenten und
dem wiederkehrenden Symbol der Waage. Auffällig ist durchweg
die Art, in der ein Ehrwächter seine Pfauenfedern an der Kopfbe-
deckung trägt: Die Anordnung ist bewusst asymmetrisch, als ob
dort eine Feder fehle. Diese Unsichtbare Feder symbolisiert, dass ein
Ehrwächter – anders als ein gewöhnlicher Richter – seit Bashtads
Zeiten auch über Farukanis urteilen darf, die mehr Federn tragen
als er selbst.
Damit diese Macht nicht in Überheblichkeit umschlägt, kennt
die Ordenstracht zugleich ein Zeichen der Demut: die Aschefeder.
Wann immer ein Ehrwächter einen höheren Rang erlangt (in der
Gesellschaft oder im Orden), bestäubt er die zuletzt erworbene
Pfauenfeder mit Asche und steckt sie farblos und grau an seinen
Turban. So trägt er sie mindestens ein Jahr lang.
Bedeutende Angehörige
Das Oberhaupt des Ordens Bashim der Ehrwächter
(Mensch, *957 LZ, versierter Erkenntnismagier, diploma-
tisches Geschick) ist der Bruder des Shahirs von Ashurma-
zaan. Im Alter von nur 30 Jahren wurde er zum Vorsteher
der Ehrwächter berufen. Das Amt war vakant, seit sein
Vorgänger kurz nach dem Attentat auf Shahir Daryanush I.
im Jahr 980 LZ ebenfalls auf bisher ungeklärte Weise ver-
storben war. Die Fähigkeiten und die Glaubensstärke des
jungen Bashim sind unbestritten, sodass er nicht nur vom
Volk verehrt, sondern auch im Orden respektiert wird. Er
beweist seine besondere Demut, indem er seine Aschefeder
zweimal fünf Jahre trägt.
Furshan der Unverzagte
Der legendärste Ehrwächter wirkte lange vor Gründung
des Ordens, aber ist in seiner vollendeten Verkörperung
von Tugend und Mut sein Schutzpatron. Von ihm wird
in der Sage der bösen Sphynx Zawuhal erzählt: Einst
sandte Rahidi die Sphynx zu den Sterblichen, um mit
Rätseln und Orakeln die Weisheit der Gläubigen zu
schulen. Aber Zawuhal verfiel dem Hochmut und stell-
te Fragen, die kein Sterblicher verstehen konnte, um
sich dann an der Unwissenheit ihrer Schützlinge zu er-
götzen. Der einfache Rahidi-Priester Furshan wagte es
daraufhin, die Sphynx wegen ihrer Ehrvergessenheit an-
zuklagen – und Rahidi erhörte diese Klage und bestrafte
Zawuhal hart. Von dieser Legende sind zahllose Fassun-
gen überliefert – häufig mit Bruchstücken der letzten
Orakelsprüche der Sphynx, manchmal ist dabei von
Furshan als „Priesterin“ die Rede. Der Beiname „der/
die Unverzagte“ ist unter den heutigen Ehrwächtern
sehr beliebt. In vielen Federkreisen wählt der mutigste
Novize diesen Namen – und geht damit bewusst eine
Verpflichtung ein.
36
Der Keshabid Bedriz bid-Hasham (Gnom, *915 LZ, zusam-
mengepresste Lippen, stechender Blick) wurde im Jahr 971
LZ zum obersten Ehrwächter am Hofe des Shahirats Aitushar
ernannt. Er ist der erste Angehörige seines Volkes in einem
solchen Staatsamt und trotz seiner Beraterfunktion bei Hofe
hat er es im Orden „nur“ zum Hüter der Tafeln gebracht. Das
scheint ihn jedoch nicht zu stören, er stürzt sich vielmehr mit
Freude in die täglichen Diskussionen zwischen Höflingen
und Handelsrat. Viel mehr belastet ihn, dass aus seinem al-
ten Federkreis nur noch eine einzige Gefährtin am Leben ist.
Und seine liebgewonnene Federschwester Yedresa die Kundi-
ge (Mensch, *917 LZ, fuchtelt lebhaft mit ihrem Gehstock)
denkt nicht im Traum daran, auf ihr Alter Rücksicht zu neh-
men, sondern plant schon die nächste Pilgerreise.
Ressourcen und Mittel
Die wichtigste „Ressource“ der Ehrwächter ist die Selbstverständ-
lichkeit, mit der sie ein bedeutender Teil der farukanischen Ge-
sellschaft sind. Der Orden muss nicht um Anerkennung buhlen.
Der Federkreis
Grundsätzlich können sich Ehrwächter auf alle Angehörige ihres
Ordens verlassen, wenn sie Rat und Hilfe benötigen, doch vor
allem jene aus dem eigenen Federkreis stehen einem Ordensmit-
glied bedingungslos loyal zur Seite und geben es selbst dann nicht
auf, wenn andere sich von ihm abgewandt haben mögen.
Wichtige Attribute: AUS 4, VER 3, WIL 5
Wichtige abgeleitete Werte: FO 19, GW 24
Fertigkeiten: Anführen 15, Diplomatie 13, Empathie 13, Ent-
schlossenheit 18, Geschichte und Mythen 11, Länderkunde 14,
Wahrnehmung 12, Erkenntnismagie 11
Zauber: Erkenntnis I: Wahrer Blick; II: Einstellung erspüren
Meisterschaften: Anführen (I: Sammeln), Diplomatie (I: Diplo-
mat), Empathie (I: Rede mit mir), Entschlossenheit (II: Willens-
anstrengung), Länderkunde (II: Philosoph, Schwerpunkt Recht II)
Einfluss im Volk
Der Rückhalt in der Bevölkerung äußert sich vor allem in der Ak-
zeptanz der „Unsichtbaren Feder“. So steht ein Ehrwächter auf Au-
genhöhe mit Farukanis, die mehr Federn tragen als er. Dabei werden
die Ordensmitglieder eher respektiert als geliebt, denn mit ihrer
strikten Einhaltung des Kodex sind sie mitunter etwas anstrengend.
Politischer Einfluss
Viele Ehrwächter haben Hofämter in Farukan inne und dienen
mächtigen Herrschern oder reichen Händlern als Berater. Aller-
dings geraten sie dort oft in den Zwiespalt zwischen der reinen
Lehre des Ordens und der Staatsräson. Vor allem stellen sie mitun-
ter fest, dass sie einen Konflikt zwar schlichten könnten – aber die
Parteien daran gar kein Interesse haben, weil ein köchelnder Streit
für sie viel gewinnbringender ist als ein hartes, eindeutiges Urteil.
 Vorgehen
Es liegt eine gewisse Ironie darin, dass ausgerechnet das gefürch-
tete „Federrupfen“ den Ruf der Ehrwächter begründet. Der
Orden selbst sieht sein Wirken nämlich eher darin, dass seine
Mitglieder in jeder Lebenslage ein Vorbild sind. Selbst bei einem
ehrvergessenen Farukani werden sie lange versuchen, ihn auf den
rechten Weg zurückzuführen oder – wenn das vergeblich bleibt –
wenigstens vom freiwilligen Ablegen einer Feder zu überzeugen.
Zwang ist nur das letzte Mittel.
Die Ehrwächter streben nicht nach Macht um der Macht willen.
Ihren Einfluss wollen sie dafür nutzen, den Ehrenkodex im Sinne
aller Farukanis zu stärken. Ob sie das am Hofe eines Shahirs oder
in einem Bauerndorf in Turubar tun, ist ihnen gleichermaßen
wertvoll. Fast schon sprichwörtlich ist die Hartnäckigkeit, mit
der sie ihr Ziel verfolgen. Von Ablehnung oder Gleichgültigkeit
lassen sie sich nicht abschrecken. Gerade in jungen Jahren kann
ein Ehrwächter dabei manchmal über das Ziel hinausschießen
und zu große Ansprüche an die Gläubigen stellen.
Verbündete und Feinde
Mit der Priesterschaft von Tayru und Rahidi allgemein beste-
hen vertraute und respektvolle Kontakte. Kompliziert wird
es jedoch, wenn sich verschiedene Instanzen – nicht zuletzt
auch weltliche Richter – berufen fühlen, über das Fehlver-
halten eines Farukani zu urteilen. In keinem Kodex gibt es
nämlich eine eindeutige Festlegung, wessen Urteil vorgeht.
Die Tayru-Priesterin Mazani Atayadoh (Mensch, *974
LZ, funkelnde dunkle Augen, schwingt ihr Zepter wie ein
Schwert) vertritt fanatisch die Meinung, dass jede kleinste
Verfehlung zum unwiederbringlichen Ehrverlust führt. Mit
Ehrwächtern, die vor einer Entscheidung sorgfältig alle Um-
stände eines Falles aufklären und den Betreffenden auf den
Pfad der Ehre zurückführen wollen, gerät sie deswegen re-
gelmäßig heftig aneinander. Dann richten sich ihre Vorwürfe
rasch nicht mehr nur gegen den Beschuldigten, sondern ge-
gen den „pflichtvergessenen“ Ehrwächter selbst.
Die gefallene Sphynx Zawuhal hat vor (nach ihren Maßstä-
ben) kurzer Zeit erfahren, dass ein Orden der Sterblichen
ihren unvergessenen Peiniger Furshan als Heiligen verehrt.
Noch beobachtet sie das Treiben der Ehrwächter nur, aber
bald wird sie beginnen, ihren Hass wie ein tückisches Gift in
die Herzen der Farukanis zu träufeln.
Szenarioansatz
Rahidi hat der Sphynx Zawuhal als Strafe für ihre einstigen
Frevel die Zunge herausgerissen – noch kann sie sich nur
durch Magie verständlich machen. Einige Sterbliche empfan-
gen Traumbilder von Zawuhals Geschichte – aber der Natur
der Sphynx nach sind diese Träume so rätselhaft, dass jeder sie
anders deutet: Ein Bußprediger brennt sich die Zunge heraus,
Schafhirten errichten einen geheimen Kultplatz tief im Wald,
eine Söldnerin tötet einen Ehrwächter und raubt dessen Zun-
ge. Was diese Ereignisse miteinander zu tun haben, werden
die Abenteurer erst nach und nach herausfinden. Denn tat-
sächlich versucht Zawuhal, ihre Sprachfähigkeit zurückzu-
erlangen, um danach wieder die Sterblichen ins Unglück zu
stürzen. Aus einer verborgenen Feenwelt heraus nutzt sie ihre
Traumbilder, um gleichzeitig Symbole der Sprache zu erlan-
gen, als auch jene zu schwächen, die in Verbindung zu ihrem
alten Richtspruch stehen – denn nur so kann sie den göttli-
chen Bannfluch überwinden.
Einen Ehrwächter spielen
Ein Ehrwächter geht den Dingen auf den Grund. Seine
Urteile fällt er nach eingehender Beobachtung und reif-
licher Überlegung. Er gibt sich nicht mit der erstbesten
Antwort zufrieden.
Ein junger Ehrwächter ist Idealist und betrachtet die
Gebote der Ehre als die selbstverständlichen Grund-
festen der Gesellschaft. Er kann sich kaum vorstellen,
dass mancher Farukani das weniger ernsthaft sieht. Dass
man bloße Lippenbekenntnisse zur Ehre ablegt, ist für
ihn anfangs schier undenkbar. Aber selbst, wenn er die
niederträchtige und ehrlose Seite eines angeblichen
Gläubigen erkannt hat, wird er weiter voller Gottver-
trauen auf die Tugenden beharren.
Passend ist ein philosophisches „Steckenpferd“: ein As-
pekt der Ordenslehren, über den er gerne diskutiert und
der ihn gar in ein Abenteuer locken könnte. Darf man
nur solche Pfauenfedern tragen, die der Vogel abgewor-
fen hat? Muss man sie eigenhändig rupfen oder darf
man sie bei einem Züchter oder Händler kaufen? Darf
man sich eine Pfauenfeder tätowieren lassen? Wie geht
man würdig mit einer zerschlissenen Feder um?
Der Gerechtigkeit zum Sieg zu verhelfen, ist für einen
Ehrwächter Ansporn genug. Für gefährliche Reisen
sucht er wildniskundige oder kampferfahrene Beglei-
ter. Dabei sollten Sie als Spielleiter den Abenteurer bei
Reisen durch Farukan zunächst den uneingeschränkten
Respekt der Bevölkerung erleben lassen. Dann ist die
erzählerische Fallhöhe umso größer, wenn er in einem
Intrigenabenteuer auf einen wahrhaft ehrlosen Gegner
trifft oder in fernen Landen kaum jemand etwas auf sei-
ne Reden gibt.
Stichpunkte zur Ausgestaltung
Tracht: reich bestickte Borten in satten Rottönen mit
den Ordenssymbolen (Waagschalen, geometrische
Muster), Pfauenfedern asymmetrisch getragen, um
die Unsichtbare Feder zu symbolisieren
Bevorzugte Ausbildungen: Inquisitor (Variante Ehrwäch-
ter), Priester des Wissens
Bevorzugte Schwächen: Fanatiker, Kodex, Streitlustig
Wichtige Fertigkeiten: Anführen, Diplomatie, Empathie,
Entschlossenheit, Geschichte und Mythen, Länder-
kunde
Wichtige Magieschulen: Bannmagie, Erkenntnismagie,
Lichtmagie
Ausbildungsvariante: Ehrwächter
(Variante des Inquisitors)
Diese Ausbildungsvariante finden Sie in Splittermond:
Die Götter auf S. 104.
37
 Die Formgeber
die Golemschöpfer Kungaitans
Die Formgeber sind ein Zusammenschluss aus Zauberkundigen Die Golems waren ein großer Erfolg und über die Jahre haben sich
Kungaitans, die sich auf die Erschaffung von Golems spezialisiert ha- die Formgeber so eine Vormachtstellung auf dem Gebiet der Go-
ben. Durch die vor etwas über hundert Jahren erlassene republikani- lemerschaffung in der Region erarbeitet und einzig die Kirche der
sche Verfassung waren die alten Adelsfamilien des Landes gezwungen, Agomai steht in ernsthafter Konkurrenz zu ihnen. Die Formgeber
sich in Handel, Handwerk und Militär deutlich mehr zu engagieren. bemühen sich die Handwerkskunst der Priesterinnen als „alltäglich“
Ein Ergebnis dieses neuen Engagements waren zu kennzeichnen, während sie ihre eigenen Werke als wesentlich aus-
sogenannte „Formhäuser“, geräumige, große gefeilter als die „Massenware der Kirche“ präsentieren. Diese Bemü-
Gebäude, ausgerüstet mit Werkstätten und La- hungen haben schon ein ums andere Mal zu einem Konflikt mit der
boratorien zur Golemerschaffung, die man in Kirche der Mutter des Eisens geführt.
jeder größeren Stadt Kungaitans finden kann. Dass die alten Familien nach wie vor einen großen Einfluss
Die hier ausgebildeten Zauberkundi- auf die Formgeber haben, wird
gen und ihre Werkstücke sind an der vor allem daran deutlich, dass
gesamten Smaragdküste und darüber die Formgeber immer wieder sehr
hinaus hoch angesehen. spezialisierte Aufträge für sie erfül-
len, von denen einige auch im Gehei-
Hintergrund men stattfinden. So sind beispielsweise die
Schürfgolems aus den Minen des Hauses
Die Formgeber sind das Ergebnis von Tae-Ko nicht mehr wegzudenken, seit die
geheimen Verhandlungen, die die alten Minenarbeiter in der Schürferrevolu-
Häuser Kungaitans miteinander führten, als tion im Saatmond 967 LZ ver-
deutlich wurde, dass die republikanische Ver- sucht hatten, bessere Gehälter
fassung von 878 LZ nicht mehr aufzuhalten herauszuschlagen.
sein würde. Sie sammelten viele der besten
Magier und Handwerker des Landes und
bündelten deren Wissen im Formhaus
Motivation
von Angalwan, der ersten großen wirt- Es ist bereits in der
schaftlich betriebenen Golemschmie- (geheimen) Grün-
de der Smaragdküste. dungscharta der
Die beteiligten al- Formgeber fest-
ten Häuser hatten gehalten, dass der
Meister aus den seit Bund die Grün-
alters her von ihnen kon- dungsfamilien Kun-
trollierten Handwerksgebieten gaitans unterstützen soll. Dies
dorthin gesandt: Das Haus Longjun, wird zum einen durch den Pro-
bekannt für seine Seemänner und fit beim Verkauf der wertvollen
Schiffswerften, hatte Zimmermänner Golems erreicht, zum anderen
geschickt, welche die edlen Hölzer der aber auch dadurch, dass Projek-
Region in jede Form zu bringen wuss- te dieser Familien vorgezogen
ten. Das Haus Wenban, bekannt werden und solche der Kon-
für unglaubliche Schmiedekunst, kurrenz mitunter sogar heim-
schickte Schmiede, die jegliches lich sabotiert werden. Dabei ist es
Metall zu bearbeiten wussten. Das Haus Tae-Ko, erfahren im Berg­ den Formgebern sehr wichtig, dass ihr guter Ruf gewahrt bleibt.
bau und im Umgang mit Edelsteinen, schickte ihre besten Juwe- Zu diesem Zweck „spenden“ die Formgeber häufig viele Lunare
liere, die Edelsteine und Kristalle meisterhaft zu schleifen und zu an die örtlichen Stadtgarden und gewähren den Mitgliedern des
formen wussten. Sogar das Haus Kamii-Te, welches sonst kaum Hohen Rats großzügige Rabatte.
Kontakt zu den anderen Häusern pflegt und sehr darauf bedacht Die düsteren Aufträge der alten Häuser und skrupellose Ge-
ist, seine Geheimnisse zu wahren, schickte mit dem Alben Tuan schäftstaktiken auf der einen Seite, ein makelloser Ruf in der
Sento den wohl mächtigsten Verwandlungsmagier Kungaitans, um Öffentlichkeit und sehr gute handwerkliche Arbeit auf der ande-
das Projekt zu leiten und die Qualität der Werkstücke sicherzustel- ren Seite – ein Drahtseilakt, der seit über einhundert Jahren von
len. Dienen sollten die dort ausgebildeten Formgeber allen alten Tuan Sento meisterlich vollführt wird.
Häusern gleichermaßen, um ihnen so im veränderten politischen
Umfeld Macht zu sichern.

38
Ziele
Die Golems der Formgeber sollen aus den Häusern der rei-
chen Bürger Kungaitans nicht mehr wegzudenken sein, auch
um dadurch einen Werbeeffekt zu erzielen.
Die Golems der Formgeber dürfen unter keinen Umständen
ihr Ansehen als Prestigeobjekte verlieren, die Qualität muss
stets höher sein als bei der Konkurrenz. Die Werkstücke der
Formgeber sollen dabei aus den hochwertigsten Materialien
gearbeitet werden. Wie diese Materialien erworben werden,
ist unerheblich.
Die Formgeber sollen als ehrenvolle und aufrichte Organi-
sation wahrgenommen werden. Das Verhalten ihrer Mitglie-
der muss dies in der Öffentlichkeit widerspiegeln. Vor allem
muss der Anschein der Unabhängigkeit von den hohen Häu-
sern zumindest vordergründig gewahrt bleiben.
Die Golems der Formgeber sollen in naher Zukunft auch an das
Militär verkauft werden. Der Einfluss der Agomai-Kirche auf
das Militär soll in Hinblick auf dieses Ziel verringert werden.
Hierarchie und Struktur
Wo jemand in der Hierarchie der Formgeber steht, hängt von zwei
Faktoren ab: Dem handwerklichen Können und der eigenen Skru-
pellosigkeit. So gibt es viele begabte Handwerker, die als einfache
Da ihr Leben lang für die Formgeber arbeiten und keine Ahnung
davon haben, was ihre Schichtleiter und Vorgesetzten, die Dau,
hinter verschlossenen Türen besprechen. Erst in den höheren Rän-
gen wird man Schritt für Schritt in die Vorgänge eingeweiht und
mit zwielichtigen Aufträgen für die alten Häuser betraut.
Wer sich in diesem Intrigenspiel behaupten kann, kann es schaf-
fen, zum Dau Fan aufzusteigen, einem Vorsteher über eines
der Formhäuser. Dafür muss es dem Anwärter auf den Posten
gelingen, einen Golem zu erschaffen, der den Golem des aktu-
ellen Dau Fan in einem von Tuan Sento individuell erdachten
Wettstreit besiegt. Wenn sie auch an Einfluss in der Organisation
verlieren, bleiben ehemalige Dau Fan doch sehr respektierte Mit-
glieder und ihre Golems beeindruckende Beweise für die Macht
der Formgeber.
Die mächtigsten Dau Fan (egal ob sie aktuell einem Formhaus
vorstehen oder nicht) stehen im Rat der Dau Fan To Tuan Sento
beratend zur Seite, der als Dau Fan Yo Tan neben dem größten
Formhaus in Angalwan auch die gesamte Organisation leitet.
In jedem Formhaus arbeiten jeweils ein bis zwei Dutzend Form-
geber an ihren Werkstücken, sodass die Organisation insgesamt
etwas über 200 direkte Mitglieder zählt.
Ressource Rang
Wert Titel Bedeutung
1 Da einfaches Mitglied der Formgeber
Schichtleiter oder anderweitig höher in
2 Dau
der Hierarchie stehendes Mitglied
2 Dau Fan Leiter eines Formhauses
Mitglied im Beratungsgremium des
3 Dau Fan To
Vorstehers
4 Dau Fan To Yan Vorsteher der Formgeber
Mitglieder
An einen Ausbildungsplatz in einem Formhaus gelangt man nor-
malerweise über eine der alten Familien, doch einmal alle drei
Jahre findet die Werkschau zu Angalwan statt – ein riesiges Fest,
bei dem die Handwerker des Landes ihre besten Werkstücke prä-
sentieren. Drei Wochen lang währt dieses Fest, zieht Aussteller
und Besucher von weither an und auch die Formhäuser schicken
Vertreter, die nach vielversprechendem Nachwuchs suchen.
Die Ausbildung zum Formgeber erfordert, dass man jedes Form-
haus einmal besucht und vom dortigen Dau Fan eine Lektion
erhalten hat. Während dieser Lehrjahre lernen die Auszubilden-
den alles, was sie zur Ausübung ihres Berufes beherrschen müssen
– sowohl auf handwerklicher als auch auf magischer Seite.
Zur Ausbildung wird dabei nur zugelassen, wer sich vertraglich
für drei Jahre nach der Prüfung an die Arbeit in einem Formhaus
bindet. Diese drei Jahre gelten als Schaffenszeit, doch gibt es auch
die Möglichkeit, Schaffensgold zu bezahlen: Ein goldener Solar,
durch den man sich von der vertraglichen Bindung freikaufen
kann (wofür manche Formgeber mit Unabhängigkeitsdrang sich
sogar in jungen Jahren bei Geldverleihern verschulden).
Ein Grundsatz der Ausbildung ist, dass man nie ausgelernt hat, wes-
halb die meisten Mitglieder versuchen, ihre Handwerkskunst stetig
zu verbessern. Daher kann man viele Formgeber nach ihrer Schaf-
fenszeit auf Reisen treffen, wo sie neue Materialien und Techniken
suchen, um ihr Repertoire zu erweitern. Je höher sie in der Organisa-
tion stehen, desto wahrscheinlicher ist es jedoch, dass sie im direkten
Auftrag eines der alten Häuser oder eines Dau Fan unterwegs sind.
Bedeutende Angehörige
Tuan Sento (Alb, *804 LZ, glattrasierter Schädel, undurch-
schaubar, wortkarg) ist der wohl mächtigste Verwandlungs-
magier Kungaitans und gilt als meisterhafter Handwerker,
der jedoch an nichts anderem interessiert ist als an seiner
Kunst. Er hält Konferenzen, wenn sie unumgänglich sind, in
seiner Werkstatt ab und spricht selbst dann für gewöhnlich
nur das Nötigste. Er ist ein Waisenkind aus Kintai und wurde
früh in seiner Jugend von der Familie Kamii-Te adoptiert,
als diese sein magisches Talent bei einer Handelsreise in das
Land der Schwertalben entdeckte. Mittlerweile bezeichnet er
sich selbst als Kungaiki und reagiert empfindlich auf Gerüch-
te, er sei ein Kintarai und ein Spion der Schwertalben. Nur
wenn er mit Kindern spricht, bröckelt seine ernste Fassade
und er beginnt begeistert von seinen Plänen zu erzählen. Hin
und wieder, wenn sein enger Zeitplan es zulässt, geht er, ver-
wandelt als menschlicher Bettler, durch die Gassen Angal-
wans und hilft den Straßenkindern der Stadt.
Fei Lin Tai (Mensch, *939 LZ, linke Hand fehlt, viele Lach-
fältchen im Gesicht) ist die Dau Fan des Formhauses von
Shingoshin und gilt als die Anlaufstation für selbstbewegende
Spielzeuge. In ihren frühen Ausbildungsjahren verlor sie ihre
linke Hand bei einem Arbeitsunfall und entwarf in den fol-
genden Jahren ein Multifunktionswerkzeug, das sie an ihrem
Armstumpf anbringen kann. Fast jedes Kind reicher Eltern
in Kungaitan besitzt ein Spielzeug aus dem Formhaus von
Shingoshin. In einigen dieser Haushalte ist es jedoch vorge-
kommen, dass die Eltern auf mysteriöse Weise im Schlaf ihr
Leben aushauchten. Die Verbindung zu den Spielzeugen oder
ihrer Konstrukteurin hat bisher noch niemand gezogen.
39
 Tun Toi (Mensch, *963 LZ, geschäftstüchtig, sehr eitel)
galt schon früh als Wunderkind, was ihre Handwerks-
AUS BEW INT KON MYS STÄ VER WIL
kunst betrifft. Sie hat eine ausgesprochen enge Bindung
zur Agomai-­Kirche, was sie zu einer polarisierenden Figur 3 3 3 4 0 5 1 1
unter den Formgebern macht, ist die Kirche doch ein Kon-
kurrent des Bundes. Nichtsdestotrotz gelten ihre Werke be- GK GSW LP FO VTD SR KW GW
reits jetzt als legendär und dank ihrer kirchlichen Kontakte 6 7 11 0 24 2 23 19
konnte sie vor kurzer Zeit den ersten Auftrag des Militärs
für die Formgeber sichern: Ein von ihr persönlich modifi- Waffen Wert Schaden WGS INI Merkmale
zierter Patrouillengolem. Dass dieser allerdings bisher nur Durchdringung 1,
zu Übungszwecken verwendet wird, erzürnt die eitle Hand- Körper 14 2W6+4 10 7−1W6
Kritisch 1
werkerin sehr.
Typus: Konstrukt

Ressourcen und Mittel
Die Hauptressource der Formgeber sind ihre Golems und ihre
Formhäuser, doch auch Geld ist dank der engen Verbindung zu
den alten Familien Kungaitans nur selten ein Problem. Um an
Materialien hoher Qualität zu gelangen, stehen extra Geldmittel
bereit. Spezialisten von außerhalb können damit genauso finan-
ziert werden wie vielversprechende Expeditionen und (wenn es
sein muss) auch Schmuggler, wie etwa die Lachenden Luchse mit
ihren Verbindungen nach Siprangu.
Fertigkeiten: Akrobatik 9, Athletik 17, Entschlossenheit 13, Heim-
lichkeit 11, Wahrnehmung 16, Zähigkeit 18
Meisterschaften: Handgemenge (I: Abdrängen; II: Entwaffnen),
Wahrnehmung (II: Veränderte Umgebung)
Merkmale: Betäubungsimmunität, Dämmersicht, Erschöpfungs-
resistenz 1, Furchterregend (20), Furchtimmunität, Golem 7, Kon-
strukt, Schmerzresistenz
Applikationen: Authentifizierung, Kennwort (dieses ist nur dem
Hauptmann der Wache und dem Dau Fan des Formhauses be-
kannt), Sicherheitssystem
Instruktionen: Behüte, Folge, Warte

Ein typisches Formhaus

Formhäuser sind Gebäudekomplexe mitten in den großen
Städten Kungaitans. Sie haben ein angegliedertes Geschäft,
in dem die Werkstücke von den gut betuchten Bürgern der
Handelsrepublik erworben werden können. Die Werkstätten
und das Geschäft werden durch Söldner und einige Patrouil-
lengolems bewacht, und nur Mitgliedern der Formgeber ist
der Aufenthalt und die Arbeit in den eigentlichen Werkstätten
gestattet.
Regeltechnisch zählt ein Formhaus als Werkstatt,
gemäß der Angaben in Mondstahlklingen S. 87 als
Zuflucht 6. Für etwaige private Projekte eines Form-
gebers werden für die Nutzung der Formhaus-Werk-
stätten 2 Lunare pro Tag veranschlagt. Dafür kann
er auf die Materialhändler der Formgeber zugreifen
(muss aber natürlich die Materialien noch bezahlen)
und die Räumlichkeiten und Werkzeuge vollumfäng-
lich nutzen.
Ein Patrouillengolem
Patrouillengolems werden von den Formgebern zur Bewachung
ihrer Formhäuser und Lagerhäuser eingesetzt. Es sind vargengro-
ße, aus schwerem Metall bestehende Humanoide. Sobald sie ei-
nen Eindringling sehen, beginnt sich schwarzer, magischer Rauch
aus ihrem Inneren zu lösen und ein tiefes, metallenes Donnern
geht von ihnen aus, welches sehr einschüchternd wirkt und
gleichzeitig als Alarm fungiert.
Vorgehen
Die Formgeber dienen den beteiligten Familien zur Profitsteige-
rung und Machtsicherung. Es geht darum, ihren Vorteil mit Hilfe
der Formgeber weiter auszubauen und Gegenspieler zu behindern.
So bleiben die besten Golems immer im Besitz der Familien: Die
Schürfgolems in den Minen der Tae-Ko beispielsweise werden an
andere Minenbesitzer nicht verkauft. So wird sichergestellt, dass
der Profit der Tae-Ko-Minen stets am größten ist.
Mit problematischen Geschäftspartnern oder Konkurrenten ge-
hen die Formgeber nach einem bewährten Prinzip vor: Zuerst
wird versucht, ein Problem mit Worten zu lösen, dann mit Geld,
schließlich mit Drohungen und wenn nötig der Realisierung der
Drohungen. Dabei ist die Führungsriege der Formgeber nicht
darauf erpicht, zu drastischen Mitteln greifen zu müssen, doch
wenn man einen Konkurrenten weder eingliedern noch aufkau-
fen kann, muss er aus dem Weg geräumt werden. Höherrangige
Mitglieder der Formgeber haben diese Vorgehensweise verinner-
licht und sind sehr geschickt darin zu erkennen, was es bräuchte,
um das Gegenüber zu überzeugen.
Für die Formgeber kann jedes Problem im Endeffekt durch den
richtigen Golem gelöst werden. Präparierte Spielzeuge können
Gifte oder Krankheiten übertragen, wandelnde Brandölfässer
können Lagerhäuser niederbrennen und wenn es hart auf hart
kommt, können Kampfgolems auch versierte Krieger ausschal-
ten. Häufig reicht es aber auch einfach, einen wirklich prakti-
schen Golem für die Konkurrenz zu entwerfen und sie damit
davon zu überzeugen, dass es besser ist, mit den Formgebern zu-
sammenzuarbeiten als gegen sie.

40
 Verbündete und Feinde
Die Kirche der Agomai ist vielleicht der einzige direkte Kon-
kurrent der Formgeber, was das Können im Golembau be-
trifft. Dabei sieht die Kirche die Formgeber durchaus auch als
Störenfriede. Die Formgeber dagegen fühlen sich durch die
Agomai-Priester herausgefordert, und obwohl sie die Schutz-
herrin des Handwerks ist, findet man kaum Formgeber in
ihren Tempeln. Manche der Golembauer halten sich sogar
für fähiger als die Priester, da sie bei ihrer Arbeit „keine Hil-
fe von einem Gott“ erhalten. Dieser Streit ist besonders den
Familien Wenban und Tae-Ko ein Dorn im Auge, da ihre
Begründer als Lokalheilige der Agomai bekannt sind. Immer
wenn Formgeber und Agomai-Priester aufeinandertreffen,
kann man die gegenseitige Abneigung sehr deutlich spüren.
Die alten Familien Longjun, Wenban, Tae-Ko und Ka-
mii-Te sind die Begründer der Formgeber und gleichzeitig
ihre besten Kunden. Geschäftliche Besprechungen zwischen
den Familien finden häufig in einem Formhaus statt und
die Familienoberhäupter haben geschworen, die Golems der
Formgeber nie gegeneinander zu verwenden. Die teils Jahr-
hunderte zurückreichenden Fehden haben diesen Schwur
jedoch durchaus schon mal in Vergessenheit geraten lassen.
Ji Chu Tai (Mensch, *923 LZ, Glasauge als magischer Talisman,
meistens betrunken) ist die ehemalige Dau Fan des Formhauses
von Lunwan. Sie ist genial, aber exzentrisch und die einzige Dau
Fan, die von Tuan Sento abgesetzt wurde, ohne einen Wettstreit
verloren zu haben, weil sie die Reputation der Formgeber durch
ihr Verhalten gefährdete. Seitdem sinnt sie auf Rache und über-
fällt mit ihren gefährlichen Konstrukten Zulieferer des Angal-
waner Formhauses. Ihr Glasauge ist ein mächtiger magischer
Talisman und ihre Golems haben häufig giftige Komponenten.
Hin und wieder arbeitet sie sogar mit Räuberbanden zusam-
men, sofern dies den Formgebern schadet.
Ho Bai Ruk (Gnom, *902 LZ, wettergegerbte Haut, viele
Lachfalten) ist ein genialer Konstrukteur, der dem Orden der
Sonnengrüßer nahesteht und sich vor allem auf fliegende Go-
lems spezialisiert hat. Die Formgeber versuchen schon länger,
ihn aus dem Geschäft zu drängen, doch bisher konnte der
Gnom sich immer wieder durch seine genialen Erfindungen
vor dem Bankrott retten. In letzter Zeit wird es für ihn aller-
dings schwieriger, Händler zu finden, die ihm die nötigen
Materialien verkaufen, sodass er selbst auf gefährliche Expe-
ditionen ausziehen muss. Als Begleitschutz nimmt er gerne
Abenteurer unter Vertrag, die nicht aus Kungaitan stammen,
um sicherzugehen, dass die Formgeber nicht involviert sind.
Szenarioansatz
Die Abenteurer werden von Jo Li Wei (Mensch, *965 LZ, stark
geschminkt, Perfektionistin) angeheuert. Die Dau steht einem
Projekt in einem der Formhäuser vor und sucht dringend nach
einem begabten Juwelenschleifer, da der letzte Meister kürzlich
verstorben ist. Sie hatte schon alle Hoffnung aufgegeben, als sie
von Kontakten in der Stadtwache auf die Produkte eines Fäl-
schers aufmerksam gemacht wurde, die von erstaunlicher Hand-
werkskunst zeugen. Die Stadtwache sucht schon seit Längerem
nach diesem Fälscher, und Jo bittet die Abenteurer den begabten
Fälscher vor der Stadtwache zu finden und davon zu überzeugen,
für die Formgeber zu arbeiten.
Bei der gesuchten Person handelt es sich um eine Zwergin mit dem
Namen Kun La Fing (Zwergin, *943 LZ, die Hälfte ihres Kopfes
ist rasiert und bunt tätowiert, die Haare der anderen Hälfte wurden
hellblau gefärbt). Wenn die Abenteurer keine Kontakte im krimi-
nellen Untergrund haben, müssen sie sich zuerst den hiesigen Ban-
denchefs beweisen, bevor sie herausfinden können, dass Kun La
Fing im Untergrund der Stadt berüchtigt dafür ist, ihre Geschäfts-
partner über den Tisch zu ziehen. Die Fälscherin selbst kann in
ihrer Werkstatt gefunden und relativ leicht überzeugt werden, bei
den Formgebern unterzutauchen. Je nachdem, wie geschickt die
Abenteurer waren, Kun La Fing zu finden, können sie der Stadt-
wache ausweichen oder sich mit ihnen konfrontiert sehen.
Einen Formgeber spielen
Formgeber sind begabte Handwerker und Magier, die
ihre Umwelt und etwaige Probleme aus einem sehr
pragmatischen Blickwinkel betrachten. Sie packen ohne
Umschweife mit an, sollte ihre Hilfe benötigt werden,
doch erwarten sie genauso auch, dass ihre Expertise ge-
schätzt und erfragt wird. Ihre persönlichen Golems sind
fortlaufende Projekte, die stetig verbessert und verän-
dert werden. Als Teil einer Abenteurergruppe neigen sie
dazu, die Ausrüstung ihrer Mitstreiter stetig weiterent-
wickeln zu wollen. Außerdem kümmern sie sich etwas
zu sehr um die Gegenstände und weniger um diejeni-
gen, die diese Gegenstände führen.
Am Beginn einer Abenteurerkarriere haben nur die
wenigsten Formgeber jemals einen richtigen Kampf be-
stritten. Wenn sie vorher einen hohen Rang innerhalb
der Organisation hatten, ist es allerdings durchaus mög-
lich, dass sie in die Intrigen der alten Familien verwi-
ckelt worden sind. Nur talentierte Individuen, die sich
aus der restlichen Bevölkerung hervorheben, können
Mitglieder der Formgeber werden.
Nicht wenige junge Formgeber zieht es daher in die
Welt hinaus, um sich selbst zu beweisen, dass sie ihrem
Potential auch außerhalb der geschützten Werkstätten
gerecht werden können – oder aber, um sich den hor-
renden Schulden zu entziehen, sofern sie sich aus der
Schaffenszeit herausgekauft haben.
Stichpunkte zur Ausgestaltung
Tracht: keine einheitliche, aber meist deutlich an ihren
kunstfertigen Golems zu erkennen.
Bevorzugte Ausbildungen: Wesensschöpfer (Formgeber)
Bevorzugte Schwächen: Gier, Hochmut, Nachtragend,
Schulden
Wichtige Fertigkeiten: Arkane Kunde, Diplomatie, Edel-
handwerk, Handwerk
Wichtige Magieschulen: Stärkungsmagie, Verwandlungs-
magie
Ausbildungsvariante: Formgeber
(Variante des Wesensschöpfers)
Diese Ausbildungsvariante finden Sie in Splittermond:
Die Magie auf S. 43.
41
 Die Freischärler von Hellberg
Kämpfer wider die Tyrannei
„Die Freischärler sind keine edlen Streiter für das Volk! Sie sind rach- sie zum Überleben brauchten. Erst der reisende Steinmetz
süchtige Diebe und Schmuggler, die für fremde Mächte unser schönes Borwin zeigte den Räubern mit seiner charismatischen Art
Midstad zerstören wollen!“ und feurigen Reden, dass sie
—ein königlicher Ausrufer in Hellberg für mehr als ihr tägliches
Brot kämpfen müssen.
Der tyrannische König Finn von Borwin, der einst als
Midstad presst sein Volk aus, wo er Abenteurer durch die
nur kann – und wer alles verloren Lande gezogen war,
hat, flüchtet sich oft in die Wäl- nahm die Räuber der
der, um ein Leben außerhalb des Wälder um Hellberg
Gesetzes zu führen. Da dort die unter seine Fittiche
Versorgung schwierig ist, bilden und lehrte sie, effektiv
sich immer wieder Banden, gegen den König Wider-
welche die Wege unsicher stand zu leisten und das
machen und sich rauben, was einfache Volk dabei zu
sie zum Leben benötigen. schonen. Verstärkt durch
Hehre Ziele haben dabei zahlreiche Rechtlose und
die wenigsten. Eine der Verarmte bildeten sich in
wenigen dieser Gruppen, den Wäldern um Hellberg
die vor allem gegen den mehrere kleine Dörfer von
Tyrannen agieren, sind die Ausgestoßenen. Aus diesen
Freischärler von Hellberg. Siedlungen kommen im-
Doch auch diese Grup- mer wieder die Freischär-
pe ist ein Schmelztiegel ler zusammen, um für ihr
allerlei Gesinnungen und Überleben und ihre Ver-
Vorgehensweisen. Dabei sorgung zu kämpfen, aber
sind diese Widerständler auch um Finns Herrschaft
dezentral organisiert: Sie endlich zu beenden.
haben keinen einzelnen Besonders gerne wurden die
Anführer mehr, sondern Zehntzüge des Markverwesers
alle wichtigen Ent- überfallen, aber auch der Hellber-
scheidungen werden in ger Edelsteinraub, bei dem ein Lagerhaus
einem Rat von Gleich- eines reichen Minenbesitzers mit Bindungen zum
berechtigten gefällt. Königshaus überfallen wurde, geht auf das Konto der
Freischärler. Irgendwann verschwand Borwin (oder wurde von
Hintergrund Kontrahenten um die Führung der Gruppe beseitigt, wie man-
che munkeln) und die Gruppe musste sich neu organisieren. Auf
Das Midstader Königsgeschlecht der Harreburgs hatte nach je- der Suche nach einer eigenen Identität ist die Gruppe heute ein
der größeren Krise Probleme mit Aufständischen und musste kruder Mischmasch aus Freiheitskämpfern, Räubern, Fanatikern
den Thron mehr als einmal gegen das eigene Volk verteidigen. und einem gut organisierten Verbrechersyndikat.
Doch die eiserne Faust König Finns sorgt dafür, dass offener Auf-
stand heute kaum denkbar scheint, während dies gleichzeitig die
fruchtbare Grundlage für verschiedene lokale Rebellengruppen
Motivation
aus dem einfachen Volk bildet. Grundlegendes Ziel der Freischärler ist das Überleben, was sich
Die Freischärler von Hellberg bildeten sich im Jahr 982 LZ, gerade in den kargen Wintern hart genug darstellt. Vom König
als der König eine bekannte und beliebte Hekaria-Priesterin oder seinen Günstlingen gejagt, wird ein Großteil der Zeit und
öffentlich hinrichten und in der Folge die Jagd nach Anhän- der Ressourcen der Gruppe darauf verwandt, genügend Vorräte,
gern und Priesterinnen der Hekaria intensivieren ließ. Dabei Verstecke, Waffen und neue Mitglieder anzusammeln. Einig sind
wurde auch das Vermögen echter oder vermeintlicher Un- sich die Freischärler nur darin, dass der König ein hassenswerter
terstützer der Priester konfisziert und zahllose Entrechteten Tyrann ist, dem mitsamt seiner Schergen geschadet werden sollte,
mussten, sofern sie nicht im Kerker verrotteten, in die Wälder wo es nur geht. Verschiedene Anführer, die auf Borwin folgten,
fliehen. Einige der heutigen Rebellen waren anfangs Räuber, formulierten darüber hinaus diverse weitere Ziele – aber diese
die denjenigen, die noch etwas mehr hatten, das nahmen, was richten sich stets danach, wer gerade am einflussreichsten ist.

42
Ziele
Kaum jemandem ist klar, wer nach einem Sturz Finns Mid-
stad beherrschen soll, auch wenn sich Gerüchte halten, Bor-
win hätte auch dafür einen Plan gehabt. Viele der Freischärler
debattieren leidenschaftlich über eine „neue Ordnung“ und
versuchen andere von ihren Idealen zu überzeugen – oder gar
einen Konsens innerhalb der Gruppe zu entwickeln.
Unterstützt von Thainen Felisawas haben einige der aktuellen
Anführer der Gruppe das Ziel formuliert, dass die Grafschaft
Helmark sich von Midstad lossagen und Zwingard anschließen
soll, um dort Frieden und Wohlstand zu finden – doch auch
hiergegen gibt es Opposition innerhalb der eigenen Gruppe.
Rings um die junge Hexe Hylaryn haben sich einige Heka-
ria-Gläubige gesammelt, die abseits jeglicher politischer Ideen
den alten Glauben wieder zur Landesreligion machen wollen.
Borwin ist ohne ein Wort des Abschieds verschwunden und
während manche Freischärler glauben, er habe die Gruppe
zwingen wollen, auf eigenen Füßen zu stehen, glauben ande-
re, dass er möglicherweise beseitigt oder gar von den Schergen
des Königs entführt wurde und nun in einem Kerker darbt.
So mancher Freischärler würde gerne mehr über Borwins
Verbleib herausfinden und ihn – sofern er noch lebt – wieder
als Anführer installieren wollen.
Hierarchie und Struktur
Insgesamt gibt es sechs Siedlungen der Freischärler, in denen je-
weils einige wenige Dutzend Kämpfer mit ihren Familien leben.
Einer der Gründe, warum die Freischärler noch nicht zerschlagen
wurden, liegt darin, dass man sich nach Überfällen stets in meh-
rere Gruppen aufgeteilt hat, um besser untertauchen zu können
– sowie allgemein an ihrer dezentralen Organisation. Nur weni-
ge Eingeweihte wissen von der genauen Lage aller Siedlungen,
ansonsten kennt jeder Freischärler nur seine direkten Gefährten
und seine eigene Zuflucht.
Neben den gut in den Wäldern verborgenen und mit Fallen ge-
schützten Siedlungen werden auch abgelegene Dorf- und Burgrui-
nen (wie die Blutmoorfeste) als Stützpunkte genutzt, um Raubgut
zu verstecken oder Vorratslager für untergetauchte Freischärler an-
zulegen. Wieder andere Gruppen operieren aus den Grenzgebieten
nach Patalis und Zwingard heraus und haben gar kein festes Lager.
Meist folgen einzelne Siedlungen oder Gruppen einem Unterfüh-
rer sowie dessen Agenda und bilden dessen Hausmacht. Je stärker
eine solche Teilgruppe ist, desto gewichtiger ist der Einfluss des
Unterführers im Rat der Freischärler, der sich alle paar Wochen
an wechselnden Orten für geheime Beratungen trifft – und dabei
nicht selten auch untereinander in Streit gerät.
Ressource Rang
Wert Titel Bedeutung
1 Freischärler einfaches Mitglied der Gruppe
Anführer einer einzelnen Gruppe mit
2 Unterführer
Sitz im Rat der Freischärler
Oberster Anführer aller Freischärler der Helmark
3
Freischärler (derzeit vakant)
Mitglieder
Etwa zwei Dutzend Mitglieder der Freischärler sind dem Mark-
verweser bekannt und werden mit Steckbriefen und Kopfgeldern
gesucht. Der Rest kann sich relativ frei in den Städten und Dör-
fern der Helmark bewegen. Dabei gibt es keine echte Ausbildung
oder überhaupt Gemeinsamkeiten zwischen den Mitgliedern:
Eine geflohene idealistische Gardistin kann man hier ebenso fin-
den wie einen desillusionierten Ritter, einen Bauer, dessen ganze
Familie von Finns Schergen getötet wurde, oder eine Räuberin,
die die Freischärler nur als Mittel zum Zweck betrachtet.
Wer nicht kämpfen oder spionieren kann, ist mit Jagd, Nahrungs-
suche, Fischen oder der Herstellung und Reparatur von Ausrüs-
tung, Kleidung und Werkzeugen betraut – oder aber mischt sich
unter die Bevölkerung der nahen Städte, um dort Gerüchte über
die Ränke der Königsschergen zu erfahren.
Bedeutende Angehörige
Hylaryn (Mensch, *958 LZ, hervorragende Naturzauberin, fa-
natische Hekaria-Gläubige) lebt mit ihrer Freischärler-Gruppe
in einem schwer zugänglichen Sumpfgebiet. Sie nehmen nur
an wenigen Aktionen gegen Finns Schergen teil, sondern wen-
den sich vornehmlich gegen den Yonnus-Kult, der von König
Finn unterstützt wird. Nachdem sie einen Yonnus-Priester vor
einem Jahr zu Tode folterte, ist sie unter den übrigen Frei-
schärlergruppen umstritten. Hylaryn ist der Meinung, dass der
Kampf gegen Finns Regime auch über den Glauben ausgetra-
gen werden und der Bund der Hexer dabei aktiv werden muss.
Eilwyne (Mensch, *950 LZ, Sommersprossen, mütterlich,
streng) ist eine fröhliche Frau, die nur wenige Erwachsene in
ihrer Gruppe hat. Dafür führt sie einige Dutzend Jugendliche
an, deren Eltern dem Hunger, Grenzscharmützeln oder den
Repressalien des Königs zum Opfer fielen. Sie hat wenige In-
teresse daran, dass ihre Schützlinge in einen blutigen Kampf
gegen die Söldner des Königs geführt werden, ist aber teilweise
auf die Unterstützung der übrigen Freischärler zur Ernährung
ihrer Mündel angewiesen. Ihre „Kinder“ werden oft eingesetzt,
um Informationen aus den Städten der Umgebung zu erlangen.
Kunreid (Mensch, *969 LZ, gewitzt, aber nicht besonders
klug, tollkühn, sehr sympathisch) hält sich für den besten
Meuchler des ganzen Landes – allerdings hat er keinerlei
Erfahrung oder Kenntnisse in diesem Gebiet und ist wohl
auch nicht zu einer solchen Tat fähig. Selbst Mitglieder sei-
ner eigenen Gruppe belächeln den Jungen insgeheim, wann
immer er von seinen Träumen eines großen Volksaufstandes
spricht, wenn er denn einmal den König getötet hat – und
gehen, während Kunreid seine Pläne schmiedet, ihren eige-
nen krummen Geschäften nach. Denn der idealistische Junge
wird von ihnen vor allem als Feigenblatt benutzt, um den
anderen Freischärlern nicht aufzufallen.
Glatzen-Haras (Zwerg, *825 LZ, Säufer, einarmig) ist ein
ehemaliger Söldner und der fähige Ausbilder einer der Re-
bellengruppen. Er spricht sich energisch gegen jedes Bündnis
mit den Zwingardern aus, denn der Krieg von 871 LZ hat
ihn den linken Arm gekostet und seine Karriere als Waffen-
schmied beendet. Er wird von den meisten Rebellen respek-
tiert, hält sich aber aus den Machtkämpfen innerhalb der
Gruppe heraus. Vielleicht ist er deshalb bei Problemen inner-
halb der Freischärler häufig Schlichter der Konflikte.
43
 Andryk (Mensch, *931 LZ, Glatze, bullig, Schlägervisage)
war früher Handlanger eines Verbrecherbosses aus Harre-
burg. Er zerstritt sich mit diesem und floh in den Süden,
wo der gewitzte Mann auf die Freischärler traf. Zuerst war
er nur ein reguläres Mitglied, wurde aber aufgrund seiner
Fähigkeiten und Brutalität schnell Unterführer und stand
kurz davor, Anführer der ganzen Gruppe zu werden. Er
führte einige große Überfälle durch und sorgte dafür, dass
mehrere von Finns Schergen wählen mussten: von Wölfen
gefressen werden oder die eigene Hand mit einem einfa-
chen Messer abschneiden. Wegen dieser Brutalität weinten
ihm viele Freischärler keine Träne nach, als er nach einem
fehlgeschlagenen Überfall auf den Markverweser angeblich
umkam. In Wahrheit wurde er jedoch lebend gefasst und
gibt seitdem Wissen über die Freischärler an die Schergen
des Königs weiter, um seine Haut zu retten.
Ressourcen und Mittel
Die Freischärler besitzen kaum Ressourcen abseits dessen, was sie
den Schergen des Königs rauben können. Sie können sich aber
auf ihre gut versteckten Stützpunkte sowie teilweise die Unter-
stützung der einfachen Bevölkerung verlassen.
Kämpfer
Die Kämpfer der Freischärler sind teils durchaus kompetent,
aber kaum einer könnte sich mit einem Söldner oder gar einem
Ritter messen. Die meisten der Waffenfähigen verlassen sich auf
den Fernkampf, bevorzugt aus dem Hinterhalt. Nur wenige der
Freischärler können reiten (oder besitzen gar ein Pferd), aber
fast alle kennen dutzende Schleichwege durch die Wildnis der
Helmark.
Für einfache Freischärler können Sie die Werte des
Räubers (siehe Splittermond: Die Regeln S. 276) he-
ranziehen. Für Unterführer können Sie stattdessen die
Werte des Söldners (siehe Splittermond: Die Regeln
S. 280) nutzen.
Schmuggler und Zuträger
Die Freischärler sind wahre Meister darin, Unmengen an
Waren oder Personen ungesehen auf Trampelpfaden nach
Midstad hinein oder heraus zu schmuggeln. Dabei handeln
die Freischärler auch im Auftrag, um an dringend benötigte
Vorräte zu gelangen – aber nie mit Leuten, die als Königstreue
bekannt sind.
Neben den eigentlichen Mitgliedern der Freischärler gibt es au-
ßerdem zahllose Informanten und Sympathisanten. In fast jedem
Dorf des südlichen Midstads findet sich jemand, bei dem einer
der Rebellen für eine Nacht heimlich unterkommen kann oder
der eine Nachricht übermitteln sowie Informationen besorgen
kann.
44
Stützpunkte
Die Freischärler sind Meister darin, versteckte Stützpunkte zu
errichten: Es gibt regelrechte Dörfer aus Baumhäusern, gut ge-
tarnte Höhlenkomplexe oder instand gesetzte Dorfruinen, denen
man ihren neuen Bestimmungszweck aus der Ferne nicht ansieht.
Die Siedlung Valdagheista
Dort, wo die südlichen Wälder Midstads auf die nörd-
lichen Ausläufer des Riesheims treffen, liegt ein gut
verborgenes Tal, in dem fast einhundert Freischärler
leben. Nur jeder Dritte kann halbwegs mit einer Waffe
umgehen, der Rest setzt sich aus Alten und Kindern zu-
sammen. In den Baumkronen gibt es ein gutes Dutzend
Hütten, die durch Hängebrücken miteinander verbun-
den sind und über Seile erreicht werden können.
Die Siedlung liegt in einem Gebiet, in dem die Grenze
zur Geisterwelt dünn ist, sodass deren Bewohner immer
wieder auftauchen können. Zusammen mit allerlei Fal-
len und Illusionszaubern wirkt das Gebiet für Ortsfrem-
de sehr abschreckend, während die Dörfler sich mit den
meisten Geistern, die eher harmlos sind, arrangiert haben.
Lediglich ein alter Hekariatempel unweit der Siedlung
wird gemieden, da hier einst Massaker an Gläubigen und
Priestern angeordnet wurden und der umliegende Wald
von einem mächtigen Poltergeist heimgesucht wird.
Wann immer eine Patrouille der Zinnbarone oder des
Markverwesers in das Tal kommt, ziehen sich die Frei-
schärler in ihre in mindestens 15 Meter Höhe liegen-
den, gut getarnten Baumhäuser zurück und verhalten
sich ruhig. Sollte doch mal eine Patrouille zu nahe
kommen, verlassen sich die Bewohner entweder auf die
echten Geister, oder versuchen auch einmal eine Geis-
tererscheinung vorzutäuschen, um die Häscher des Kö-
nigs in die Flucht zu schlagen – bisher mit Erfolg.
Vorgehen
Um sich selbst zu versorgen, überfallen die Freischärler häufig
Reisende auf den Midstader Straßen, wobei größere und wehr-
haft aussehende Gruppen meist unbehelligt gelassen werden –
außer die Versorgungslage ist absolut katastrophal. Dabei sind die
meisten Freischärler eher freundlich und „bitten“ um Spenden
für ihren Kampf gegen den Tyrannen.
Beliebte Ziele sind die Steuereintreiber des Königs, denn der gro-
ße Zehntzug schickt, wenn er durch die Grafschaft reist, häufig
kleinere Trupps aus, um die zahlreichen Rittergüter, Dörfer und
Abteien des Yonnus zu besteuern. Durch ihr Spitzelnetz können
die Freischärler jedes Jahr einige dieser kleinen Trupps erwischen
und ausrauben. Meist gehen sie dabei gegen einfaches Waffen-
volk nicht mit tödlicher Gewalt vor, bekannte Häscher des Kö-
nigs können aber keine Gnade erwarten.
Gelegentlich werden Herden Zwingarder Rinder auf der Feli-
sawer Seite der Grenze geraubt, aber dies sind meist in Wahr-
heit Hilfen aus dem Süden, um die Freischärler zu unterstützen.
Nicht selten haben die Wachen dieser Rindertrecks sogar den
Befehl, ihre nagelneuen Schwerter und Speere kampflos an die
Räuber auszuhändigen.
Nur sehr selten bündeln die Freischärler ihre Kräfte, um ein
königstreues Rittergut zu überfallen, da dies zum einen die
Ressourcen aller Siedlungen benötigt und außerdem oft starke
Gegenreaktionen der Zentralmacht hervorruft.
Verbündete und Feinde
Die Gräfin der Helmark Milara von Hellberg (Mensch, *934
LZ, traurig und resigniert) gebietet nominell über das zweit-
größte stehende Ritterheer Midstads und sichert mit diesem die
Grenzen nach Zwingard und Patalis. Dennoch steigen Jahr für
Jahr ihre Abgaben nach Harreburg und im Zusammenspiel mit
dem vom König eingesetzten Markverweser als ihrem „Berater“
und ihrer als Geisel gehaltenen Tochter Menara (Mensch, *966
LZ, hitzköpfig) wird ihre Herrschaft still und leise ausgehöhlt.
Und so ist sie an Bündnissen mit den Freischärlern (die sie als
nützliche Bauerntölpel sieht) interessiert und bändelt mit dem
Zwingarder Heristen Varin Falkenfreund an.
Markverweser Darkwart von Velsing (Gnom, *845 LZ, hoch-
intelligent, Machtmensch, kultiviert) wurde vom König da-
mit betraut, die südliche Grenze zu sichern, für einen steten
Fluss der Abgaben zu sorgen und zu verhindern, dass es in der
Helmark zum Aufstand kommt. Er hat die Burg Salurwacht
zu seinem Sitz ausgebaut und hält gute Kontakte zu zahlrei-
chen Rittern der Helmark, zur Gilde der Edelhändler von
Hellberg und den Zinnbaronen der Provinz. Er gibt sich als
Mann des Volkes, aber in seinen Kerkern schmachtet so man-
cher Steuersünder und Aufmüpfige. Ihm ist bewusst, dass die
Gräfin nicht energisch genug gegen die Freischärler vorgeht,
und ahnt die Hintergründe, hat aber noch keine Beweise für
seine Vermutungen in der Hand.
Szenarioansatz
Nachdem die Abenteurer sich auf ihrem Weg durch die Helmark
häufiger in Dörfern beobachtet fühlen, werden sie schließlich auf
einer Straße von Kanreid angesprochen. Er teilt ihnen mit, dass
seine Spione ihm von den Abenteurern berichtet haben. Er benö-
tigt ihre Hilfe – er sei Anführer einer Widerstandsgruppe gegen
den König und verraten worden. Vor Kurzem sei ein Mann na-
mens Randgar zu seiner Gruppe gestoßen und hat mit geschick-
ten Reden seine Gefolgsleute auf seine Seite gezogen.
Folgen ihm die Abenteurer nach Valdagheista, so können sie
schnell feststellen, dass der junge Kanreid ein gnadenloser Auf-
schneider ist, aber das Herz am rechten Fleck hat. Im Hauptdorf
angekommen können die Abenteurer feststellen, dass sich der
Rat getroffen hat und ein Überfall auf einen großen Zehntzug
plant, von dem Randgar berichtet hat. Einzelne Gruppenführer
wollen ihre Ziele mit diesem Überfall verknüpfen, während ande-
re eindringlich vor den Risiken des Überfalls warnen.
Kommt es zum Überfall, so stellt sich heraus, dass ausgerechnet die
von Randgar angeführte Gruppe plötzlich teilweise verschwunden
ist – und dass Ritter und Söldner des Markverwesers den Freischär-
lern eine Falle gestellt haben. Angeführt werden diese Truppen von
dem freigelassenen Andryk, der mit Randgar und dem Markver-
weser ein Geschäft gemacht und die Freischärler verraten hat, um
dem Kerker zu entkommen. Den Abenteurern fällt es nun zu, die
Flucht der Freischärler zu decken, sich eventuell mit Randgar zu
duellieren und die Ritter und Söldner von Valdagheista wegzu-
locken. Auch können sie auf Andryk treffen, der das Chaos der
Schlacht genutzt hat, um sich abzusetzen. Nur falls Randgar zur
Strecke gebracht wird, ist Valdagheista in Zukunft sicher (Andryk
wurde die Position des Unterschlupfs nie verraten, da andere Un-
terführer ihm misstrauten) – falls dies nicht gelingt, brauchen die
Familien der Freischärler bald eine neue sichere Bleibe.
Einen Freischärler spielen
Oberflächlich wirken Freischärler wie einfache Räuber
oder Schmuggler. Dennoch eint sie der Kampf gegen
den Tyrannen Finn von Harreburg – sie lehnen sich ge-
gen die ungerechte Herrschaft auf und wünschen sich
eine bessere Zukunft für ihre Kinder. Fast jeder von ih-
nen hat alles verloren und musste sich sein Leben aus
dem Nichts wieder aufbauen, und so leben sie oft in den
Tag hinein. Hinzu kommt, dass man eng zusammen-
halten muss, wenn man als Freischärler überleben will,
sodass sie meist sehr loyal zu ihren Gefährten sind. Die
Notwendigkeit, die Zelte immer wieder abbrechen zu
müssen, hat außerdem dazu geführt, dass sie sich leicht
von Besitztümern oder gar der Heimat trennen können.
In die Welt mag ein Freischärler ausziehen, wenn seine
Zugehörigkeit zu den Widerständlern zu bekannt ge-
worden ist und er glaubt, dass er die Seinen in Gefahr
bringt, wenn er daheim bleibt. Auch in diesem Fall wird
er aber vermutlich gegen jede Ungerechtigkeit zu Felde
ziehen und sich seinen Gerechtigkeitssinn bewahren.
Stichpunkte zur Ausgestaltung
Tracht: keine einheitliche, insgesamt eher ärmlich; wol-
len die Freischärler von Kundigen erkannt werden,
so tragen sie eine Lavendelblüte am Kragen (trägt
man die Blüte am Gürtel, ist dies hingegen eine
Warnung)
Bevorzugte Ausbildungen: Schurke (Midstader Freischär-
ler), Waldläufer
Bevorzugte Schwächen: Fanatiker, Gerechtigkeitssinn,
Rachsucht, Streitlustig
Wichtige Fertigkeiten: Schusswaffen, Athletik, Ent-
schlossenheit, Heimlichkeit, Jagdkunst, Überleben,
Zähigkeit
Wichtige Magieschulen: Illusion, Kampf, Natur
Ausbildungsvariante: Midstader Freischärler
(Variante des Schurken)
Voraussetzung: Kultur Midstad; Fertigkeiten: Schusswaf-
fen +1, Entschlossenheit +1, Naturkunde oder Jagd-
kunst +1, Diplomatie −2, Straßenkunde −1;
Meisterschaften: Heimlichkeit (Leisetreter) und Heim-
lichkeit (Unauffällig) statt bestehender Verteilung
45
 Die Gefeiten
Hüter gegen die Feen
Das Leben in Tir Durghachan ist hart – denn die Durghach ha-
ben ihre Heimat nicht nur in einer rauen Region, sie sind auch
noch der Willkür derer ausgeliefert, die sie als Schöne Familie be-
zeichnen: der Feen, die in dem wild-schönen Land im Norden
Dragoreas über mehr Macht und Einfluss verfügen als in vielen
anderen Orten auf Lorakis.
Aber die Durghach sind nicht schutzlos. Seit Jahrhunderten gibt
es jene unter ihnen, die dort den Konflikt mit den Feen suchen,
wo andere furchtvoll und abergläubisch zurückweichen, jene, die
der Schönen Familie Zugeständnisse und Pakte abtrotzen und
ihre Gemeinschaft vor den andersweltlichen Einflüsterungen be-
wahren. Diese Personen nennt man Gefeite.
Auf welche Weise versucht wird, dies zu erreichen, ist dabei
von Gefeitem zu Gefeitem unterschiedlich: Einige versuchen,
die Feen umfassend von ihrem Clan fernzuhalten, andere
hingegen verhandeln Pakte und Schutzherrschaften, um in
Frieden leben zu können. Darüber hinaus haben die meisten
Gefeiten auch andere Aufgaben: Sie sind Bewahrer von Tradi-
tionen und Geschichte, Gelehrte, die man um Rat und Wissen
bittet, und sind aufgrund ihres häufig weiteren Blickes auf die
Dinge auch als neutrale Richter beliebt. Gefeite unterstehen
nominell ebenso dem Laird ihres Dorfes wie die anderen Ein-
wohner, sind ihm faktisch an Macht aber in einigen Fällen so-
gar überlegen.

Hintergrund Ziele
Auch wenn sich die Bezeichnung „Gefeite“ erst vor etwa 500 Jahren Das oberste Ziel eines Gefeiten ist es, die eigene Gemein-
als Sammelbegriff für die Hüter gegen die Feen durchgesetzt hat, schaft vor der Schönen Familie zu schützen. Hierzu bedient
ist ihre Aufgabe doch uralt. Schon vor dem Mondfall gab es in er sich jedes Mittels, das er für notwendig erachtet.
Tir Durghachan Zauberkundige, Gelehrte und Weise, die die Ver- Wann immer Kontakt mit Feen hergestellt wird, ist es die
handlungen mit Feenwesen führten oder im Zweifelsfall auch die Aufgabe des Gefeiten, Verhandlungen zu führen und dafür
Verteidigung organisierten. Das Fehlen einer schriftlichen Tradition zu sorgen, dass seine Schutzbefohlenen nicht übervorteilt
aber lässt die Geschichte der Gefeiten in Legenden und Erzählun- werden. Daher sind die Gefeiten häufig die besten Unter-
gen versinken. Wahrscheinlich ist, dass es die Gefeiten gab, seit es händler und führen auch Gespräche mit anderen Clans oder
die Durghach gibt, ihre Aufgaben aber schlicht Teil des Alltags wa- Außenstehenden.
ren, ohne dass man dahinter eine übergreifende Organisation sah.
Fakt ist, dass es immer wieder zauberkundige und gewitzte Helden
in der Geschichte der Durghach gab, die man heute als Gefeite be-
zeichnet – so etwa Cadyr, einen der größten durghischen Helden,
der Festungen und Bannkreise errichtete und sich offen gegen die
Stechginsterkönigin stellte. Legenden zufolge war sein großes Ziel
die Errichtung eines Bannes, der den Einfluss der Königin in ganz
Tir Durghachan zurückdrängen sollte, aber bevor er ihn vollenden
konnte, fiel er doch seiner Feindin zum Opfer. Es heißt, die Köni-
gin selbst habe ihn getötet – ein bislang einmaliges Ereignis, das als
Beweis für Cadyrs Gefährlichkeit für die Feen gesehen wird.
Als feste Gemeinschaft wurden die Gefeiten erst ab den Clankrie-
gen 423 LZ angesehen, als sich die Bannwirker gegen die Kämp-
fe auflehnten und sie zu beenden versuchten. Dies war auch das
Jahr des ersten Cuifyr, einer großen Versammlung, zu der viele
Gefeite alle drei Jahre ziehen. Fand sie die ersten etwa 150 Jahre
noch an wechselnden Orten statt, hat sich inzwischen die Passfes-
te Heol Ar Gau als Versammlungsort etabliert.

Motivation
Ein Ziel haben alle Gefeiten gemein: den Schutz des ei-
genen Clans oder der eigenen Dorfgemeinschaft vor den
Feen. Einige von ihnen gehen noch darüber hinaus und
dehnen dieses Schutzbedürfnis auf das gesamte Land
und seine Bewohner aus. Die meisten Gefeiten aber
sind schon froh, wenn sie ihre eigenen Schutz­
befohlenen vor Schaden bewahren können.

46
 Um mit den Feen bestmöglich verhandeln zu können, muss
man Wissen über sie besitzen, ihre Vorlieben und Bündnis-
se oder Feindschaften kennen. Gefeite versuchen daher stets
mehr Wissen über die Andersweltlichen zu erlangen, um die-
ses zum Wohle ihrer Gemeinschaft einzusetzen.
Das Vergessen eines Feenpaktes kann überall zu großen Schwie-
rigkeiten führen, in Tir Durghachan jedoch schnell katastro-
phale Auswirkungen haben. Die Gefeiten eines Dorfes sind
dafür verantwortlich, die Pakte ihrer Gemeinschaft zu sammeln
und über ihre Einhaltung zu wachen, wofür sie häufig Merkrei-
me oder Erinnerungsstützen verwenden. Sie wachen mit schar-
fen Augen darüber, dass weder Fremdländer noch Einheimische
Pakte bewusst oder unbewusst brechen oder Feen verärgern.
Heutzutage ist es oft schwierig, zwischen Paktversprechen
und anderen Traditionen zu unterscheiden, weshalb die Ge-
feiten auch über letztere wachen.
Viele Gefeite suchen außerdem nach den Hinterlassenschaf-
ten des mythischen Cadyr, in der Hoffnung, seinen geplan-
ten Bannfluch dereinst vielleicht doch wirken zu können.
Hierarchie und Struktur
Da die Gefeiten keine Organisation im eigentlichen Sinne sind,
gibt es auch keine Hierarchie oder Struktur, der sie folgen. Je-
de Dorfgemeinschaft verfügt üblicherweise über einen einzelnen
Gefeiten, selten – in größeren Ansiedlungen – auch mal über
zwei oder drei, und jeder dieser Gefeiten erwählt früher oder
später einen Schüler, um ihn zu seinem Nachfolger auszubilden.
Darüber hinaus ergibt sich eine Hierarchie aber allein durch Er-
fahrung, Seniorität oder Einfluss: Das Wort eines alten, erfah-
renen Gefeiten wird in einer Debatte höheres Gewicht haben
als das eines „Schösslings“, wie die jüngeren unter ihnen gerne
bezeichnet werden. Das Fehlen einer formellen Hierarchie sowie
eine ausgeprägte Streit- und Diskussionskultur führen dazu, dass
Debatten unter den Gefeiten häufig stunden- oder gar tagelang
ausgetragen werden, bis die Teilnehmer zu einer Art Kompromiss
kommen – oder auch ohne einen solchen auseinandergehen.
Ressource Rang
Wert Titel Bedeutung
1 Gefeiter einfaches Mitglied der Gruppe
Gefeiter, dessen Wort unter
2 erfahrener Gefeiter
seinesgleichen besonders gilt
Mitglieder
In der Gesellschaft der Durghach gehören die Gefeiten zu den an-
gesehensten Personen, die auf einer Ebene mit Lairds, Clanfüh-
rern oder besonders geachteten Kriegern und Jägern stehen. Man
sucht ihren Rat, ihre Weisheit und ihr Wissen und holt sie zur
Hilfe, wenn es darum geht, mit Feen zu verhandeln oder sich ge-
gen diese zu verteidigen. Reisende aus der Fremde setzen die Ge-
feiten oft mit Priestern gleich, aber das ist falsch: Sie beten keine
Gottheiten an und folgen Traditionen auch nicht aus kultischen
Gründen, sondern weil eine Missachtung der alten Pakte und Ver-
träge direkte, offensichtliche Auswirkungen haben kann. Sie sind
also Unterhändler, Krieger, Zauberer und Gelehrte in einem, und
kaum ein Gefeiter hat die gleichen Fähigkeiten wie ein anderer. Die
meisten bleiben Zeit ihres Lebens in ihrer Dorfgemeinschaft und
gehen allenfalls gelegentlich auf Reisen. Hin und wieder aber zieht
es einzelne von ihnen in die Ferne. Sie wandern von Clan zu Clan,
lernen und lehren, und manchmal reisen sie auch weit über die
Grenzen hinaus – ob im Diesseits oder in der Anderswelt.
Jeder Gefeite wählt sich seinen Schüler selbst. Üblicherweise ist
das eine einzige Person, die dann als Nachfolger aufgebaut wird.
Der Schüler lernt die existierenden Pakte, das richtige Verhalten
im Umgang mit Feen, Lektionen in Geschichte, Magie und gege-
benenfalls auch das Kämpfen. In seltenen Fällen oder in sehr ge-
fährlichen Gegenden nimmt ein Gefeiter auch mehrere Schüler an.
Die Entscheidung für einen Schüler fällt meist schon während
dessen Kindheit. Die Durghach kennen zahllose Spiele und Kin-
derlieder, die ihnen das richtige Verhalten beibringen sollen. Auf
diese Weise lernen sie spielerisch, wie man sich vor Feen schützt,
welche Grenzen einzuhalten sind und wie man andere überlisten
kann. Gefeite beobachten diese Spiele sehr genau, und wer sich
hervortut, wird vielleicht zum Schüler auserwählt. Nur selten,
etwa in Notlagen oder bei herausragender Begabung, kommt es
vor, dass Heranwachsende oder gar Erwachsene von einem Gefei-
ten zum Nachfolger bestimmt werden. Eine tatsächliche Prüfung
oder Übergangszeremonie gibt es hingegen nicht: Der neue Ge-
feite übernimmt einfach im Laufe der Zeit mehr und mehr die
Aufgaben seines Vorgängers.
Bedeutende Angehörige
Henarth an Maelech (Mensch, *923 LZ, ungebeugt, schlohwei-
ßes Haar) ist einer der mächtigsten Gefeiten von Tir Durghachan
und weit über die Grenzen von Clan Maelech hinaus bekannt
und geachtet. Er ist ein nahezu vollendeter Bannmagier, der sei-
nen Clan schon vor so manchen Katastrophen geschützt hat.
Die Durghach erzählen sich, dass selbst die Stechginsterkönigin,
die Feenherrscherin von Tir Durghachan, zögern soll, bevor sie
sich mit ihm anlegt. Außer Henarth weiß kaum jemand, dass
dies in Wahrheit daran liegt, dass er der Stechginsterkönigin im
Austausch gegen Macht sein erstgeborenes Kind versprochen
hat – ein Kind, das bis heute nicht geboren ist.
Yvaine ap Myrdan (Mensch, *951 LZ, feuerrote Haare) ist die
Pakthüterin von Heol Ar Gau. Sie gilt als gerissene und wort-
gewandte Unterhändlerin, die so manche Fee an Verschlagen-
heit und Doppeldeutigkeit noch übertrifft. Als Gemahlin des
Lairds von Heol Ar Gau obliegt ihr die Sicherheit der uralten
Passfeste vor den Feen, und somit ist sie auch die derzeitige
Ausrichterin des Cuifyr.
Morial an Cadyr (Mensch, *925 LZ, glatzköpfig, grauer Voll-
bart) ist neben seiner Aufgabe als Gefeiter auch als Heiler und
Kräuterkundiger weithin geachtet. Er ist einer der wenigen
Gefeiten, die dafür eintreten, in der Tradition Cadyrs den
Feen – und der Stechginsterkönigin selbst – offen die Stirn zu
bieten und hierfür auch Paktbrüche in Kauf zu nehmen, um
ihrer Tyrannei zu entkommen. Der alte Mann mit dem lei-
sen, trockenen Humor hat schon mehrfach Schüler erwählt,
sie alle aber an die Feen verloren, die ihren Zorn auf Morial
an ihnen ausließen. Daher hat Morial seit Jahren keinen neu-
en Schüler erwählt – und alles deutet darauf hin, dass sein
Wissen und seine Weisheit mit ihm enden werden.
47
 Ressourcen und Mittel Artefakte
Die Gefeiten verfügen in erster Linie über die Ressourcen, die Weit verbreitet unter den Gefeiten sind unterschiedliche Arte-
ihnen die Unterstützung ihres Clans und ihrer Dorfgemeinschaft fakte. Häufig sind das Schutzamulette, die vor Einflüsterungen
einbringen. Hinzu kommen ihre eigene Erfahrung und ihre schützen sollen. Eine Besonderheit sind aber die Feenfänger:
Fähigkeiten, vor allem die Meisterschaft in unterschiedlichen Hierbei handelt es sich um mal mehr, mal weniger komplexe
Spielarten der Magie, sowie die Zusammenarbeit mit anderen Schnitzereien aus Weißdorn, die von Kundigen zerbrochen wer-
Gefeiten. den können, um sich der Magie der Gefeiten zu bedienen. Schon
so manchem Reisenden durch Tir Durghachan wurde durch den
Einsatz eines solchen Feenfängers die Haut gerettet.
Wächter wider die Feen
Auch wenn Gefeite meist alleine wirken, wissen sie doch, dass
mitunter auch mehrere von ihnen ihre Kräfte vereinen müssen, Durghische Schutzamulette sind oft Strukturgeber,
um gegen mächtige Feen zu bestehen. Die Gefeiten gehören zu die den Geistigen Widerstand des Trägers um bis zu
den besten Bannwirkern des Kontinents, was unter anderem da- 3 Punkte verbessern. Feenfänger sind die durghische
ran liegt, dass sie ihre Fähigkeiten tagtäglich auf die Probe stellen Variante von Schriftrollen. In ihnen finden sich die un-
müssen. Insbesondere Bannmagie, Erkenntnismagie und Schutz- terschiedlichsten Zauber, die häufigsten sind Wahrer
magie erfreuen sich größter Beliebtheit. Die Zauber Wahrer Blick Blick, Feenblick, Feenwesen schwächen und Schutzkreis
und Feenblick gehören zu den wichtigsten Mitteln, denn wer eine gegen Feenwesen.
Fee überhaupt nicht entdeckt, der kann auch nicht dagegen vor-
gehen. Feenwesen schwächen, Schutz vor Feenwesen, Antimagischer
Wall, Übergang verschließen und Zone der Bannung gehören zum
häufigen Repertoire – ebenso wie Bannkreise aller Art. Die Er-
fahrensten unter ihnen bedienen sich sogar der Zauber Feenwesen
Vorgehen
bannen, Höherer Feenbann und Totaler Zauberbann. Wenn es darum geht, ihre Gemeinschaft vor den Feen zu schüt-
zen, sehen sich die Gefeiten vielfältigen Herausforderungen
gegenüber. Bei ihrer Herangehensweise lassen sich zwei grundle-
AUS BEW INT KON MYS STÄ VER WIL gende Strategien unterscheiden.
3 2 3 2 5 3 4 5 Konflikt: Einige Gefeite suchen offen den Konflikt mit den Feen
und versuchen, sie abzuwehren, bevor sie Schaden anrichten
GK GSW LP FO VTD SR KW GW können. Sie errichten mächtige Bannkreise um ihre Dörfer und
statten die Jäger und Krieger ihres Clans mit Wissen über ihre
5 7 7 30 19 0 21 25
Gegner aus – und gelegentlich auch mit passenden Waffen, ge-
gen die die Feen verwundbar sind. Kommt es tatsächlich zu einer
Waffen Wert Schaden WGS INI Merkmale
Konfrontation, ist es ihre Aufgabe, feeische Tricks und Zauber
Kriegsbeil 10 1W10+3 9 7−1W6 – vorauszuahnen und entsprechend zu kontern. Nicht wenige von
ihnen verfügen aber auch über Geschick mit der Waffe. Das Mo-
Typus: Humanoider tiv dieser Vorgehensweise ist in erster Linie die Demonstration
Heldengrad: 2 / 1 von Stärke: Ihre Hoffnung ist es, dass die Feen, wenn sie sich oft
Fertigkeiten: Akrobatik 7, Arkane Kunde 18, Athletik 9, Diploma- genug eine blutige Nase holen, irgendwann das Interesse an einer
tie 16, Empathie 13, Entschlossenheit 17, Redegewandtheit 15, bestimmten Gemeinschaft verlieren.
Wahrnehmung 17, Zähigkeit 12, Bannmagie 19, Erkenntnismagie Kooperation: Andere Gefeite versuchen, offenen Konfrontatio-
15, Schutzmagie 14 nen aus dem Weg zu gehen, und suchen eine Zusammenarbeit
Zauber: Bann 0: Wahrer Blick; I: Feenwesen schwächen**, Ver- mit den Feen – wobei Zusammenarbeit im Grunde nur bedeutet,
wandlung beenden; II: Fluch brechen, Tarnung aufheben**; III: dass sie möglichst gewinnbringende Pakte schließen wollen. An-
Antimagischer Wall**, Bannkreis gegen Feenwesen*, Übergang statt alles Feeische grundsätzlich abzuwehren, führen diese Gefei-
verschließen**, Zauber bannen; Erkenntnis II: Feenblick*; Schutz ten Verhandlungen und schließen strategische Abkommen mit
II: Schutz vor Feenwesen* mächtigen Wesen. Das können regelmäßige Opfer im Austausch
Meisterschaften: Arkane Kunde (II: Arkane Verteidigung II, für fruchtbares Land sein, aber auch die Schutzherrschaft einer
Schwerpunkt Feenkunde II*), Diplomatie (I: Feenzunge*), Empa- Fee zur Verteidigung gegen andere. Hier ist es das Ziel, den mehr
thie (I: Feengespür I*), Wahrnehmung (II: Blick für die Anders- oder weniger hoffnungslosen Kampf zu vermeiden, indem man
welt*), Bannmagie (II: Feind der [Wesen]**, Konterzauberer) feeische Einflüsse so weit lenkt, dass man sie besser einschätzen
Beute: Schutzamulett Q2 (GW +1; 30 L), Kriegsbeil (8 L) und kontrollieren kann.
*siehe Jenseits der Grenzen S. 123 bis 124 Nur wenige Gefeite aber haben sich ausschließlich einem dieser
**siehe Splittermond: Die Magie S. 49 und 118 bis 141 Wege verschrieben – die meisten von ihnen setzen je nach Situ-
ation beide ein.

48
 Verbündete und Feinde
Die Gefeiten in ihrer Gesamtheit haben weder einheitliche Ver-
bündete noch Feinde. Die durghischen Dorfgemeinschaften aber,
über die sie wachen, verfügen oft über ein komplexes Netz aus
Abhängigkeiten, Rivalitäten und Bündnissen mit unterschiedlichs-
ten Feenwesen. Dieses Netz ist ein oftmals filigranes Gebilde, das
schon durch kleinste Störungen in Unordnung geraten kann.
Das einzige Wesen, das nahezu alle Gefeiten als Feind anse-
hen, ist die Stechginsterkönigin. Die Feenherrin ist Sterblichen
nicht wohlgesonnen und herrscht mit eiserner Faust über die
Anderswelt und Teile von Tir Durghachan. Die Beziehung
der Gefeiten zur Königin ist vielschichtig: Einige erkennen
sie tatsächlich als Herrscherin an und sind in erster Linie be-
müht, ihrem Zorn zu entgehen, andere bekämpfen sie zu-
mindest insgeheim, wo immer sie nur können.
Unter den wenigen, die die Gefeiten einst aus ihrer Gemein-
schaft ausgestoßen haben, ist Unadyr (Mensch, Geburtsdatum
unbekannt, schwarze Haare, stahlblaue Augen, freundliches
Lächeln) mit Sicherheit der gefährlichste. Verbannt und zum
Sterben in der Wildnis zurückgelassen, schloss er einen Pakt
mit der finsteren Fee Trauermahr und zog sich in die Hügel
südlich der Glan Eira zurück, um von dort seine Rache zu
planen. Dank des Paktes alterslos wartete er geduldig über
100 Jahre, bis er wieder hervortrat und sich unter dem Na-
men Cerywen erneut unter die Gefeiten mischte. Dort intri-
giert er seit zahllosen Jahren mit dem Ziel, ein permanentes
Portal in das Reich seines düsteren Herrn zu öffnen und Tod
und Verderben unter die Gefeiten zu bringen.
Vor über fünfhundert Jahren bannten die Gefeiten die Fee
Sel-an-tar und schlossen sämtliche Übergänge zu ihrem
Reich. Aufgrund eines alten Versprechens aber kann Sel-an-
tar jedes Jahr zur Herbsttagundnachtgleiche einen Tag lang
in die Welt der Sterblichen zurückkehren. Findet er in dieser
Zeit einen Sterblichen, dessen Herz von Schuldgefühlen we-
gen einer fürchterlichen Tat erfüllt ist, kann er sich in dessen
Seele einnisten und langsam seine Gedanken und Taten ver-
giften, um Rache zu üben.
Szenarioansatz
Das Cuifyr ist hervorragend gegen feeische Einflüsse gesichertt,
aber schon eine einzige Nachlässigkeit kann diesen Schutz bre-
chen – oder die Anwesenheit eines Verräters. Nach langer Pla-
nung entschließt sich Unadyr zu handeln. Unter falschem
Namen nimmt er an dem Cuifyr teil und setzt seine Pläne in
Bewegung. Sonderbare Ereignisse beginnen sich zu mehren: Be-
sucher werden von Besessenheit ergriffen, kleine Tiere sterben,
und schließlich fällt eine seltsame Lethargie über alle Gefeite. Das
Tor zu Trauermahrs Reich wurde geöffnet. Den wenigen noch
handlungsfähigen Gefeiten sind durch ein kompliziertes Netz an
Versprechen und Traditionen die Hände gebunden – und wäh-
rend ewige Nacht über Heol Ar Gau hereinbricht, müssen die
Abenteurer versuchen, den Schuldigen ausfindig zu machen.
Einen Gefeiten spielen
Gefeite geben häufig gute Gefährten ab: Sie sind ge-
witzt, zuverlässig, loyal und halten sich an Verspre-
chen. Gleichzeitig können sie auch anstrengende
Begleiter sein. Viele von ihnen haben einen anderen
Blick auf die Welt als die meisten Sterblichen, die sich
nicht mit Feen und deren Besonderheiten befassen,
und ihre Tendenz, Zusagen nach ihrem Wortgehalt zu
bewerten und jede Abmachung zu hinterfragen, kann
gelegentlich lästig werden. Spätestens aber, wenn man
tatsächlich mit Feen in Berührung kommt – was in
Lorakis häufig geschehen kann –, zeigen sie ihren un-
schätzbaren Wert.
Das größte Problem für einen Gefeiten als Abenteu-
rer sind die Verpflichtungen in ihrer Heimat. Da sie
in der durghischen Gesellschaft selten sind, verlassen
sie sie üblicherweise nicht für lange Zeit. Hier gilt es,
einen passenden Grund zu finden: Vielleicht ist ein
Abenteurer-Gefeiter der letzte Überlebende eines ver-
heerenden Feenangriffs auf sein Dorf, den er nicht
abwehren konnte, vielleicht wurde er verbannt und
will seinen Namen reinwaschen, vielleicht will er aber
auch einfach nur die Feen der anderen Regionen von
Lorakis erforschen, um sie so besser zu verstehen, oder
hat selbst einen Pakt geschlossen, der ihn zum Reisen
verpflichtet.
Es dauert normalerweise nicht lange, bis ein Gefeiter
seine Gruppe als Schutzbefohlene ansieht – und dann
ist er ein mehr als nur verlässlicher Kamerad.
Stichpunkte zur Ausgestaltung
Tracht: keine einheitliche, die meisten Gefeiten tragen
Weißdorn am Körper – was aber für viele Durghach
gilt; Eingeweihte können Gefeite an ihren Hautma-
lereien identifizieren
Bevorzugte Ausbildungen: Bannwirker (Gefeiter), Mys-
tischer Krieger
Bevorzugte Schwächen: Kodex (je nach Pakt), Pflichtge-
fühl, Streitlustig
Wichtige Fertigkeiten: Arkane Kunde, Diplomatie, Ent-
schlossenheit, Geschichte und Mythen, Redege-
wandtheit
Wichtige Magieschulen: Bannmagie, Erkenntnismagie,
Schutzmagie
Ausbildungsvariante: Gefeiter
(Variante des Bannwirkers)
Diese Ausbildungsvariante finden Sie in Splittermond:
Die Magie S. 40.
49
 Die Helfende Hand
Heiler mit göttlicher Hilfe
Ob von einem chronischen Leiden geplagt, von einer Krankheit Zu forschen, um Krankheit und Leiden zu verhindern ist eben-
auf die heimatliche Pritsche gezwungen oder von einer Verlet- falls ein Ziel der Helfenden Hand. Immer mal wieder werden
zung betroffen – jeder kann bei der Helfenden Hand Heilung Missionen in Gebiete mit seltenen Pflanzen oder heilkräftigen
oder zumindest Linderung seiner Gebrechen erhoffen. Auch am Kräutern vom Kult organisiert – oft um lebende Setzlinge oder
Geburts- und Sterbebett sind die Priester und Laien des Or- Samen zu sichern. Zudem wird bei der Suche nach der Quel-
dens, die dem göttlichen Paar Gunwar und Fleadyne folgen, le von Seuchen auch investigativ vorgegangen: So konnte die
oft zu finden. Helfende Hand vor kurzem maßgeblich zur Aufklärung der
Der Orden konzentriert sich hauptsächlich auf das Kaiserreich Ursache der verseuchten Brunnen in Prym beitragen.
Selenia, sein Ursprungsland, ist jedoch auch in benachbarten
Reichen zu finden und unterhält sogar mittlerweile eine Nieder-
lassung im fernen Zhoujiang.
Hierarchie und Struktur
Die Helfende Hand steht formell außerhalb der Kirchen von
Hintergrund Fleadyne und Gunwar, auch wenn viele der Mitglieder Priester
einer der beiden Gottheiten sind. Zwar stehen sie den Kirchen
Viele historische Ereignisse in Selenia haben ihre Wurzeln in den sehr nahe, trotzdem folgen die meist in Städten oder größeren
großen Kriegen im Zentrum Dragoreas – so auch die Entstehung Dörfern gelegenen Häuser der Helfenden Hand ihren eigenen
des Ordens der Helfenden Hand. Zu den Zeiten des Krieges der Regeln. Besonders hervorzuheben sind dabei die größeren Spitä-
100 Monde (510-518 LZ) waren Not und Elend in der Bevölke- ler, in denen der Orden auch seine Novizen ausbildet.
rung so groß, dass die Götter selbst Erbarmen zeigten: Yona vom
Grünen Stein wurde von Gunwar und Fleadyne ausgesandt, um
mit der Schale der Reinheit und ihren sagenhaften Heilkräften
nicht nur ganze Regionen vor furchtbaren Epidemien zu retten,
sondern ihr profundes Wissen auch an viele gelehrige Schüler
weiterzugeben. Aus diesen ersten Schülern entstand der Orden
der Helfenden Hand, der immer noch im Besitz des mächtigen
Artefakts ist und Yona als heilige Gründerin und Tochter der
Götter Fleadyne und Gunwar verehrt.

Motivation
Der Wunsch eines jeden Mitglieds der Helfenden Hand ist es,
Kranke und Verletzte zu unterstützen und nach Möglichkeit von
ihren Leiden zu befreien. Dieser Aspekt der heilenden Hilfe ist
in den Jahrhunderten nach der Gründung jedoch immer weiter
gefasst worden: So steht auf der Agenda der Priester und Laien
neben der Linderung von Gebrechen auch die Erforschung der
Wirkmacht verschiedener Kräuter, die Erprobung von Heilungs-
verfahren und die Entwicklung von Tinkturen.

Ziele
Der Orden will jedem Bittsteller Versorgung von Verlet-
zungen, Beistand bei Krankheiten und Unterstützung bei
der Geburt bieten. Operationen und schwere Leiden fal-
len dabei eher in den Bereich der Gunwar-Anhänger, um
werdende Mütter kümmern sich vor allem die Anhänger
Fleadynes.
Die Sterbebegleitung der vom Tode Gezeichneten, um
ihnen so einen einfachen Übergang zu ermöglichen, ist
ebenso ein Ziel des Ordens. Diese Aufgabe übernehmen
fast ausschließlich die Gunwar-Priester innerhalb der Hel-
fenden Hand.

50
In der flachen Hierarchie des Ordens können auch Laien höhe-
re Positionen belegen. Reisende Ordensmitglieder sind entweder
Freigeister oder gehören einem Ordenshaus an, das sie in unregel-
mäßigen Abständen immer wieder besuchen. Den unabhängig
voneinander operierenden Häusern steht ein Ordensmeister vor,
der diesen Rang dank seiner Erfahrung von allen Mitgliedern des
Hauses auf Lebenszeit verliehen bekommen hat. Nur selten wer-
den Ordensmeister früher abgelöst, etwa wenn sie zu alt für das
Amt werden oder ihre Position für egoistische Zwecke ausnutzen.
Ordensmeister und interessierte Mitglieder treffen sich auf regel-
mäßigen Synoden in größeren Städten Selenias, bei denen neue
Behandlungsmethoden, Trankrezepturen, vor allem aber auch
Berichte über neue Krankheiten in den verschiedenen Regionen
ausgetauscht werden. Besonders die Große Synode in Rubans-
markt im Herzogtum Calten im Sommer jeden Jahres zieht viele
Ordensmitglieder an, auch weil dort der Großmeister des Ordens
gewählt wird. Dieses Amt ist ein reines Würdenamt, das sein Trä-
ger ein Jahr lang innehat. Der Großmeister hat keine Befugnisse
über die einzelnen Häuser, gilt aber als angesehene Persönlichkeit
und wird aufgrund meisterlicher Leistungen bei Behandlungen
oder göttlich gesegneter Heilungen ernannt.
Ressource Rang
Wert Titel Bedeutung
1 Helfende Hand Laienmitglied oder Priester des Ordens
2 Ordensmeister Vorsteher eines Ordenshauses
3 Großmeister Erster unter Gleichen des Ordens
Mitglieder
Jeder kann der Helfenden Hand beitreten, und tatsächlich setzt sich
der Orden aus Mitgliedern der unterschiedlichsten Gesellschafts-
schichten zusammen. Oft werden Waisen oder Kinder großer,
armer Familien aufgenommen, in einem der Ordenshäuser großge-
zogen und schon früh an die Arbeit für die Gemeinschaft gewöhnt.
Aber auch im Erwachsenenalter treten Personen dem Orden bei,
wenn sie ihre Berufung zur Heilung und ihren Glauben an Gun-
war und Fleadyne entdecken. Einige bleiben sogar nur ein paar
Jahre im Orden und scheiden danach wieder aus – etwa adelige
Söhne und Töchter, die von ihren Eltern mit dieser Erfahrung auf
das Leben und die harte Wirklichkeit außerhalb der schützenden
Burgmauern vorbereitet werden sollen. Zudem gilt es als Dan-
kesopfer an die Gottheiten, wenn man nach der Heilung eines
engen Verwandten für einige Zeit dem Orden beitritt.
Wer in den Orden will, braucht ein eher ruhiges Wesen im Um-
gang mit Kranken, geschickte Hände und muss sich Wissen
selbstständig aneignen können. Novizen lernen Krankheiten
erkennen, die Behandlung von allerlei Gebrechen, Geburtshilfe,
seelische Unterstützung, Kräuterkunde und Medizin und natür-
lich Heil- und Stärkungszauber. Am Ende der Ausbildung, die
selten weniger als zwei Jahre dauert, erhält man seine Ordensket-
te und die grüne Robe mit dem schwarzen Saum.
Priester der Fleadyne und des Gunwar gehen genau den gleichen
Weg und treten dem Orden oft schon während ihrer Novizen-
schaft bei, wobei sie in diesem Fall die Weihe erst am Ende ihrer
Ausbildung im Orden erhalten. Bereits geweihte Priester werden
während ihrer Anwärterschaft genauso behandelt wie alle ande-
ren Novizen auch.
Und wer sich auch nach längerer Zeit nicht an den Umgang mit
Kranken gewöhnen mag, der arbeitet in einem der Kräutergärten
oder zieht aus, um seltene Heilkräuter zu besorgen.
Viele der Schwestern und Brüder sind Pazifisten und ehren Leben
und Natur: Für sie gilt es nicht nur zu retten und zu heilen, son-
dern präventiv und durch das eigene Handeln vor Krankheit und
Verletzungen zu schützen. Auf der anderen Seite finden sich di-
verse Mitglieder der Helfenden Hand, die in einem Abenteurer­
leben handfesteren Auseinandersetzungen nicht aus dem Weg
gehen: Denn wenn auch die meisten der Angehörigen des Or-
dens eher stationär in einem der Häuser der Helfenden Hand
tätig sind, so gibt es doch Reisende, die ihre Hilfe in Dörfern
oder Weilern anbieten und dabei nach immer neuen Heilkräu-
tern forschen. Dies und die Neugier auf Behandlungsmethoden
ferner Kulturen treibt so manche Helfende Hand sogar bis weit
über die Grenzen Dragoreas hinaus.
Die Arme der Waage
Eine umstrittene Untergruppierung sind die sogenann-
ten “Arme der Waage”, allesamt Anhänger oder Priester
Gunwars, die sich dem Tod als Instrument ihres Gottes
verpflichtet sehen. Die Arme der Waage retten zwar auch
Kranke, sind jedoch der festen Überzeugung, dass für
jedes neue Leben auf der Waagschale des Daseins auch
ein Tod liegen muss, um den Zyklus der Welt stabil zu
halten. In ihren Augen ist es also ein Geschenk an Gun-
war selbst, wenn sie nach der Geburt eines Säuglings je-
manden sterben lassen – sei es nur durch die Begleitung
auf dem Sterbelager oder aber durch aktives Nachhelfen.
Manche denken sogar, es bedarf eines Todes, wenn sie
einen Kranken mittels göttlicher Heilung aus dem Ster-
bebett retten. Natürlich ist diese Sekte innerhalb des
Ordens nicht besonders gut gelitten, führt sie doch die
Aufgabe der Rettung von Leben in den Augen der ande-
ren ad absurdum und bringt die Helfende Hand in Ver-
ruf. Demzufolge verstecken sich die wenigen Mitglieder
dieses Kultes in der Gemeinschaft und setzen ihren Glau-
ben mit äußerst subtilen Mitteln durch.
Gebote & Verbote
Mitglieder der Helfenden Hand dürfen keinen Hilfesuchenden
abweisen, wenn sie ihm tatsächlich helfen können, ohne sich
selbst in zu große Gefahr zu begeben. Diese schwammige Formu-
lierung ist innerhalb des Kultes bewusst gewählt worden – denn
nur das Ordensmitglied selbst kann in der entsprechenden Situa-
tion entscheiden, wann „die Gefahr zu groß“ ist.
Zudem sollen sie Hilfesuchenden stets mit reiner Seele, reinem
Geist und gesundem Körper gegenübertreten. Viele Brüder und
Schwestern machen deswegen regelmäßig Leibesertüchtigungen
und nehmen regelmäßig an Gottesdiensten teil. Geweihte Mit-
glieder halten sich natürlich zudem an die Gebote der Fleadyne-
und Gunwar-Kirche.
51
Bedeutende Angehörige
Feon von Grauwald (Mensch, *968 LZ, still und sinnierend)
gilt derzeit als einer der wundermächtigsten Heiler des ge-
samten Ordens. Weniger sein profundes Wissen oder seine
ausgefeilten Behandlungsmethoden, als vielmehr seine göttli-
che Kraft und Magie machen den Priester der Fleadyne zu ei-
ner schon fast mystischen Gestalt. Schon werden ihm Kräfte
wie der legendären Ordensgründerin Yona vom Grünen Stein
nachgesagt, denn er heilt verloren Geglaubte und lässt Lahme
wieder gehen. Feon bleibt aber trotz all dessen ein einfacher
Reisender, der sich auch von Anforderungen mächtiger Per-
sonen nicht von seinem Weg über Dörfer und durch einsame
Wälder abbringen lässt.
Ganz anders steht es mit Jasper Woltanstal (Gnom, *821 LZ,
schwielige Hände, sehr verkopft), der das Haus in Prym
führt. Als Laie hat sich Jasper fast sein gesamtes Leben im
Orden sämtliche Behandlungsmethoden und Heilkünste
selbst beigebracht. Mittels Magie und Tinkturen vollbringt
auch er Wundertaten, obwohl er bei weitem nicht an Feons
Ruf heranreicht. Trotzdem ist der alte Kauz schon im vierten
Jahr Großmeister der Helfenden Hand. Woltanstal ist der
Meinung, dass er mittlerweile alles kennt und es kaum noch
Neues zu entdecken gibt.
Frya Sonnbach (Mensch, *930 LZ, scharfer Blick, mildes
Lächeln), Priesterin der Fleadyne, ist eine der bekanntesten
Personen im Orden. Sie führt das Haupthaus des Ordens in
Rubansmarkt, zu dem auch ein Siechen- und ein Waisenhaus
gehören. Zudem ist sie die Gastgeberin der alljährlichen Syn-
ode. Sie hat viel Einfluss bei der Wahl des Großmeisters und
wird daher von vielen Aspiranten umschwärmt – und zu be-
einflussen versucht.
Myro von der Felsenbucht (Varg, *941 LZ, stoisch und streng)
ist ein einflussreicher Gunwar-Priester innerhalb des Ordens.
Er verfasst vor allem Schriften zu todbringenden Krankhei-
ten und wie man die Sterbenden ohne größere Leiden zum
seligen Ende geleitet. Nur Eingeweihte wissen, dass er zudem
einer der mächtigsten Mitglieder des Kultes der Arme der
Waage ist.
Ressourcen und Mittel
Neben den heilenden Künsten des Einzelnen setzt der Orden der
Helfenden Hand hauptsächlich auf das Zusammentragen von
Wissen. Zwar wird vieles davon schriftlich festgehalten, ebenso
viel wird jedoch auch mündlich unter den Mitgliedern weiterge-
geben. Demzufolge existieren zwar Heilbücher, ansonsten sind
aber die einzelnen Häuser Horte des internen Wissens. Es ist da-
her nicht unüblich, dass engagierte Ordensmitglieder nach ihrer
Ausbildung eine Zeit lang auf Wanderschaft gehen, um neben
neuen Heilmethoden außerhalb des Ordens auch die Künste in
anderen Häusern zu studieren.
Finanzielle Mittel
Geldmittel erhält die Helfende Hand hauptsächlich durch
Spenden lokaler Adeliger oder einflussreicher Personen, denen
man geholfen hat. Das einfache Volk füllt dagegen die Opfer-
schalen vor den Schreinen der Fleadyne mit Brot, Getreide und
Wildblumen. In die Schalen vor dem Abbild des Gunwar zah-
52
len sie Münzen – vor allem, wenn sie um die Heilung von einer
schweren Krankheit bitten. Zudem sorgen auch die Kirchen der
Fleadyne und des Gunwars für den Orden, wenn er dringend
Unterstützung benötigt.
Die Schale der Reinheit
Das einzige, aber umso bedeutendere Artefakt, über das der Or-
den verfügt, ist die Schale der Reinheit der Yona vom Grünen
Stein. Diese unscheinbare Holzschale befindet sich in Rubans-
markt und besitzt heilende Fähigkeiten: Wäscht man sich mit
Wasser aus ihr, so sollen alle Krankheiten und Gebrechen von
einem fallen. Die Schale wird nur deswegen nicht dauerhaft ein-
gesetzt, weil sie in genau gleichem Maße Krankheiten verursacht
und den Tod bringt – oder überhaupt nicht funktioniert. Bei
wem das eine oder andere geschehen wird, wenn er die Schale
nutzt, wusste bisher angeblich nur Yona vom Grünen Stein vor-
herzusagen, bisher gab es keinen anderen, der diese Fähigkeit be-
saß. Die Arme der Waage jedenfalls sehen diese beiden Seiten der
Schale als Beweis für ihren Glaubensansatz, dass zwischen Leben
und Tod immer ein Gleichgewicht herrschen muss.
Vorgehen
Ordensmitglieder der Helfenden Hand heilen und versorgen
Kranke überall in Selenia und den angrenzenden Reichen – ob
nun auf Wanderschaft oder in einem Ordenshaus. In den meisten
Fällen tun sie das sehr aufopferungsvoll und schonen ihre eige-
ne Gesundheit kaum. Lange Nachtwachen am Bett, gefährliche
Heilmittel-Besorgungen, Recherche nach Krankheitsursachen –
manch ein Mitglied der Helfenden Hand mag fast fanatisch in
seinen Bestrebungen wirken, Leben zu retten.
Dabei werden vor allem in den großen Häusern auch neue Heil-
methoden ausprobiert, allerdings nach Möglichkeit immer oh-
ne Gefahr für den Patienten. Können Krankheiten nicht geheilt
werden, so werden wenigstens die Symptome gelindert oder im
schlimmsten Fall dem Sterbenden seelische Begleitung an der
Schwelle zum Tode angetragen.
Es ziehen aber auch immer wieder Ordensmitglieder aus, um
ganz neue Heilansätze in fernen Ländern zu suchen. So etwa ent-
stand das am weitesten entfernte Haus der Helfenden Hand im
zhoujiangischen Yagu.
Verbündete und Feinde
Die Helfende Hand hat als hauptsächliche Verbündete die
Kirche der Fleadyne und des Gunwar, die dem Orden jeder-
zeit zur Seite stehen. Da zwischen den beiden Göttern ei-
ne sehr enge Beziehung besteht, gibt es kaum Streitpunkte
zwischen diesen beiden Institutionen. Allein die Verwendung
der Schale der Reinheit wird von ihnen nicht gutgeheißen:
Beide Priesterschaften wüssten das heilige Artefakt lieber in
einem Tempel.
Neben den Kirchen gibt es sehr viele Gönner, die ihr Leben
irgendwann in die Hände des Ordens gelegt haben. Ganz be-
sonders gilt dies für Daria von Leuental (Mensch, *928 LZ,
feist, redselig), Herzogin von Durnholt, die Mitglieder der
Helfenden Hand bei einer schweren Krankheit vor dem si-
cheren Tod bewahrten.
 Im ewigen Konflikt liegt der Orden mit der Morkai-Kirche,
die einfach nicht verstehen will, warum die Mitglieder der
Helfenden Hand nicht alles aufschreiben, was sie lehren und
wissen. Tatsächlich bedrängen Priester des Morkai einzelne
Häuser immer wieder, Heilbücher herauszugeben oder Wis-
sen zu teilen. Bisher vergebens, denn das Wissen über viele
Krankheiten oder Tinkturen ließe sich durchaus auch im Ne-
gativen verwenden.
Auch wenn ansonsten die Helfende Hand aufgrund ihrer
Profession und Agenda überall gern gesehen wird, ist sie bei
den Immersommeralben nicht wohl gelitten: Die Ansichten
zu Fleadyne und ihre merkwürdige Verkopplung mit dem
Todesgott Gunwar widerstreben den Alben sehr und gelten
innerhalb ihres Glaubens fast schon als Ketzerei. Die Lage
wird nicht besser dadurch, dass die Winteralben in Wintholt
den Orden voll und ganz anerkennen. Auf der anderen Seite
möchte die Helfende Hand sehr gerne innerhalb der Grenzen
des Immersommerwaldes nach Heilpflanzen suchen, denn
gerade dort wachsen besonders potente Kräuter.
Szenarioansatz
Die Ordensmeisterin Crya Jantal (Mensch, *940 LZ, freundlich,
belesen), Leiterin eines Spitals der Helfenden Hand irgendwo in
Selenia, bittet bei der Obrigkeit um Hilfe. In ihrem Spital sind
in den letzten Tagen zwei Neugeborene gestorben und die Or-
densmeisterin kann sich die Fälle nicht erklären, denn eigentlich
waren die Mütter beide wohlauf. Auch haben zwei schwangere
Frauen ihre Kinder verloren – diese Mütter waren vollständig ge-
sund und die Schwangerschaften ungefährdet. Der lokale Baron
schickt die Abenteurer, um zu ermitteln. Dabei kann sich heraus-
stellen, dass vor zwei Wochen ein schwer kranker Mann ins Hos-
pital kam. Er wird von einem Fieber geplagt, und die Gnomin
Ondra Kerzwacht (*901 LZ, still, schlau) pflegt ihn, hat jedoch
noch kein Heilmittel gefunden. Die Priesterin des Gunwar gehört
zu den Armen der Waage und der Mann, den sie pflegt, ist ein
enger Freund. Sie glaubt, dass er weichen muss, wenn ein neues
Leben seinen Platz einnimmt, und so tötet sie – in verzweifelter
Trauer und dem fanatischen Glauben, ihren Freund noch retten
zu können – alles „neue“ Leben, um seines zu erhalten. Erst über
Kräuterrückstände an den Tatorten und in der Trankküche der
Gnomin kann man ihre Schuld beweisen – die bis dahin nicht
davor zurückstreckt, auch das Leben der neugierigen Abenteurer
gegen das ihres Freundes zu tauschen.
Ein Mitglied der
Helfenden Hand spielen
Eine Helfende Hand in einer Spielgruppe zu haben
ist immer Bereicherung und Last zugleich: Zum einen
werden die anderen Abenteurer von einem profun-
den Heiler begleitet, der über hohe Kunstfertigkeit in
diesem Handwerk und über kraftvolle Magie verfügt.
Zum anderen ist das Ordensmitglied allerdings auch
dazu verpflichtet, jedem Kranken und Verletzten soweit
möglich Hilfe anzubieten – was mitunter ziemlich auf-
halten kann. Zudem sind die meisten (wenn auch nicht
alle) Mitglieder in fast allen Konfliktsituationen einer
friedlichen Lösung zugetan und halten von Kämpfen
Abstand, außer es dient der Selbstverteidigung oder es
geht gegen Feinde allen Lebens (wie die Orks).
Eine Helfende Hand ist sehr einfach zu einem Aben-
teurerleben zu bewegen: Nach ihrer Ausbildung gilt es,
mehr Wissen über die Welt, Krankheiten und Behand-
lungsmethoden zu erfahren und so ist es nicht verwun-
derlich, wenn manche Mitglieder sich auf einer ewigen
Wanderschaft befinden.
Stichpunkte zur Ausgestaltung
Tracht: Diener der Helfenden Hand tragen grüne Ro-
ben mit schwarzem Saum. Das Ordenszeichen ist
außerdem eine Kette, deren Glieder Hände dar-
stellen, die ineinandergreifen. Je nach Ausrichtung
schließt die Kette über der Brust mit einer Blume
(Fleadyne) oder einem Totenschädel (Gunwar).
Bevorzugte Ausbildungen: Heiler (Priester der Helfenden
Hand)
Bevorzugte Schwächen: Hilfsbereit, Kodex, Weichherzig
Wichtige Fertigkeiten: Alchemie, Empathie, Entschlos-
senheit, Heilkunde, Naturkunde
Wichtige Magieschulen: Heilungsmagie, Naturmagie,
Todesmagie
Ausbildungsvariante: Priester der Helfenden Hand
(Variante des Heilers)
Diese Ausbildungsvariante finden Sie in Selenia – Kai­
serreich unter den Monden auf S. 96.
53
 Die Jünger des Barsches
farukanische Wasserrufer
Die Jünger des Barsches sind ein kleiner eigenes Gemüt zurückführt: So seien Charakterei-
Orden von Wasserelementaristen aus genschaften wie Geduld und Bedächtigkeit
Farukan, der sich den Lehren des (Fels), Leidenschaft und Impulsivität
legendären Wasserrufers Yuraysh (Feuer), ungestümes Temperament
der Barsch verschrieben hat. Sie und Ungeduld (Wind) sowie Tief-
folgen einer traditionellen sinn und Melancholie (Wasser)
Auslegung der Elementar- ureigene Attribute aller Feen des
magie, die eine individuelle entsprechenden Elements,
Verschmelzung mit den die sich ebenso auf die Per-
Elementen anstrebt, sönlichkeit von Sterblichen
und sind entlang des übertragen ließen. Yur­
Pardash und anderer aysh galt als der glühendste
Flüsse der farukanischen und rigoroseste Verfechter
Lande zu finden. Ge- der Gemütstheorie und be-
mäß dem Vorbild ihres kämpfte mit Inbrunst die ste-
Gründers bekämpfen tig an Zuspruch gewinnenden
sie alle neumodischen Strömungen der Naturalisten
Strömungen der Ele- und der Viel-Elementler,
mentarmagie ebenso die er als „Humbug“ cha-
vehement wie alle Wesen rakterisierte. Damit die
aus dem Dies- und Jen- ehrbare farukanische Ele-
seits, die die Harmonie mentarmagie nicht sukzes-
der Gewässer im Reich siv an Bedeutung verlöre,
des Padishah stören. begegnete er seinen Geg-
nern nicht nur auf wis-
Hintergrund senschaftlichem Parkett,
sondern durch ständig
Die Jünger des Barsches ausgesprochene magi-
entstanden auf Geheiß sche Ehrenduelle. Die
des begnadeten Wasserrufers Jünger agieren nun ganz in
Yuraysh der Barsch (Zwerg, *792 LZ, pathetisch, pfeift gern), der seinem Sinne und wollen nicht ruhen, bis auch der letzte Kritiker
als einer der mächtigsten Wasserrufer Farukans 90 Jahre dem Rat der Gemütstheorie sich eines Besseren besonnen hat.
der Elementarrufer angehörte. Als Vertreter der traditionellen
Vier-Elemente-Theorie, die eine tiefgehende Vereinigung mit
dem auserkorenen Element lehrt, scharte er Gleichgesinnte um
sich, die er als die Ehrwürdigen der wahren farukanischen Wasser- Naturalisten & Viel-Elementler
ruferei bezeichnete. Seit er 981 LZ spurlos verschwand, benann- Die (All-)Naturalisten sind der Ansicht, dass die vier
ten die Verbliebenen des Ordens sich ihm zu Ehren in Jünger des Elemente als Teil der Natur einzuordnen und alle Ele-
Barsches um und versuchen weiterhin, seine Lehren zu verbreiten mentarwesen als Wesen der belebten Natur zu verein-
– darüber hinaus haben sie die Suche nach ihm nie aufgegeben heitlichen seien. Als Argument führen sie meist nicht
und gehen auch noch der kleinsten Spur nach. klassisch zuordenbare Wesen wie Baumwandler, Drya-
den, Rankenbolde, Nymphen und Tiergeister auf.
Motivation Viel-Elementler halten die Gemütstheorie für zu
engstirnig und längst überholt, denn eine Einteilung
Der magische Weg, den die Elementarrufer Farukans befolgen, in vier Charakterkategorien wäre viel zu limitierend
ist für viele ein mystischer, den sie durch stetige Selbsterkenntnis und kein Djinn gleiche einem anderen an Charakter,
und mit Hilfe des von ihnen erwählten Elements verfeinern. Faru- auch wenn sie aus dem gleichen Element stammen.
kanische Elementarrufer verehren Elementarwesen, vor allem die Und was ist mit Feen wie Magma-, Treibsand-, Dampf-
Djinne, als materialisierte Magie, deren elementare Selbstverständ- oder Fäulnisdjinnen, die nicht nur einem Element zu-
lichkeit sie bisweilen durch jahrelange Arbeit und Selbsterkenntnis geordnet werden können – oder gar den sogenannten
zu erreichen versuchen. Dieser Ansatz basiert auf der Gemütstheorie Licht- und Schattendjinnen, die gar keinem Element
– weithin bekannt als die Vier-Elemente-Theorie – die die Affini- zugehörig sind?
tät eines Sterblichen zu jeweils einem der vier Elemente auf sein

54
Ziele
Der Orden will den erstarkenden Einfluss der Naturalisten
und der Viel-Elementler farukanweit abschwächen und ver-
sucht, gegnerische Vertreter in einflussreichen Positionen zu
diskreditieren und am besten gleich aus ihren Ämtern zu ver-
treiben.
Die Gerüchte, dass Yuraysh noch am Leben ist, wollen nicht
verstummen: Yuraysh sei von Naturalisten geopfert wor-
den, würde als Riesenbarsch dämonische Schlangenwesen
im Pardash bekämpfen oder sei von einem Mushushu ver-
schluckt worden und warte in dem Bauch der Kreatur auf sei-
ne Rettung. Natürlich versucht der Orden Licht ins Dunkel
zu bringen und will seinen Gründer und Anführer wiederfin-
den, falls er tatsächlich noch am Leben sein sollte.
Für eine flächendeckendere Verbreitung der Gemütstheorie
versucht der Orden, den Platz der obersten Wasserruferin
im Rat der Elementarrufer mit einem Jünger des Barsches zu
besetzen. Der Rat dient als höchste Instanz und Sprachrohr
für alle Elementarrufer Farukans und setzt sich aus den je-
weils vier größten Meistern der einzelnen Elementarschulen
zusammen.
Der Orden fühlt sich auch verantwortlich für den Schutz der
Flüsse. Zu starke Nutzung der Gewässer, Überfischung und
Verschmutzung verfolgen sie unerbittlich und melden die
„Übeltäter“ stets beim lokalen Potentaten – oder gehen ihnen
selbst an den Kragen.
Hierarchie und Struktur
Die Jünger des Barsches sind ähnlich aufgebaut wie die meisten
Magierorden Farukans, wobei, bedingt durch seine kleine Größe,
die überall im Reich verteilten Mitglieder weitestgehend autark
handeln. Die Hierarchie im Orden ist über vier Ränge struktu-
riert, angeführt vom Hohen Barsch als höchstem Repräsentanten.
Ihm folgt eine breite Masse an Barschen, die alle vollwertig aus-
gebildete Wasserrufer mit langjähriger Erfahrung sind. Die Jung-
barsche dagegen sind entweder sehr frisch dem Orden beigetreten
oder haben gerade ihre Ausbildung hinter sich. Laichlinge sind
Novizen, die frisch mit der Ausbildung angefangen haben. Sie
gehen entweder bei einem Barsch persönlich in die Lehre oder
lassen sich an einem der drei Ordenshäuser in Majahd, Shinsha-
massu oder Omashtab ausbilden.
Ressource Rang
Wert Titel Bedeutung
1 Jungbarsch gewöhnliches Ordensmitglied
2 Barsch erfahrenes Ordensmitglied
3 Hoher Barsch Führer des Ordens
Gebote und Verbote
Als Farukanis halten sich die Jünger des Barsches an den Ehren-
kodex des Reiches und an die speziellen Ausprägungen des Sha-
hirats, in dem sie leben. So gehören neben dem Wunsch, geistig
mit dem Element Wasser immer mehr eins zu werden, auch Eh-
re, Mut und Aufrichtigkeit zu ihren angestrebten Tugenden. Das
höchste Gebot der Jünger ist es, Yurayshs Andenken in Ehren zu
halten und sich für die traditionelle Elementarmagie einzusetzen,
so gut und oft sie es können. Eines ihrer wichtigsten Gebote ist
es, allen Wasserwesen – ob feeischen oder tierischen Ursprungs –
mit Respekt zu begegnen. Manche verzichten gar auf den Verzehr
von Fischen und Meeresfrüchten.
Mitglieder
Die Türen des Ordens stehen jedem Wasserrufer offen, solange
er schwört, dass er an Yurayshs Lehren und die Gemütstheorie
glaubt und sie mit Leidenschaft verteidigen und verbreiten wird.
Innerhalb der Elementarrufer Farukans haben die Barsche einen
zwiespältigen Ruf. Während die einen den Jüngern mit Bewun-
derung begegnen, da ihr Gründer ein überaus machtvoller Was-
serrufer war, halten die anderen den Orden schlichtweg für einen
fanatischen Haufen, der kein Verständnis für die mannigfaltigen
Nuancen der Elementarmagie hat. Gemäß ihrem Anliegen kann
allen Barschen eine gewisse Halsstarrigkeit zugesprochen werden,
da sie von ihrer Meinung bezüglich der Gemütstheorie nicht ab-
weichen.
Auf der anderen Seite gelten sie als sehr zugängliche Elementarru-
fer, die sich mit einer kindlichen Freude an dem kostbaren Nass
erfreuen können. Die in blaue Gewänder gekleideten Jünger des
Barsches sind stets barfuß unterwegs, denn man weiß nie, wo
und wann man an einem See oder Fluss vorbeikommt, in den
man hineinspringen möchte. Barsche sind auch beim einfachen
Volk sehr gerne gesehen, können die meisten doch spielerische
Kunststücke mit ihrem Element vorführen und gelten als gute
Erzähler, die mystisch entrückte Verse und Geschichten zum Bes-
ten geben.
Bedeutende Angehörige
Die aktuelle Ordensführerin Eshmezani Ishmandoh (Mensch,
*931 LZ, trägt drei Pfauenfedern, silberweiße Haare mit
blauer Tönung, überschwänglich) hat ihr Amt seit dem Ver-
schwinden Yurayshs inne. Zwar nahm die Ashurmazaani die
Stelle nur widerwillig an, da sie lieber forscht und sich auf
ihre Vervollkommnung als Wasserruferin konzentrieren will,
gehört jedoch auch zu den politisch einflussreichsten Magier-
innen Majahds. Sie ist die Leiterin des Fließenden Turms – der
Ordensschule in Majahd – und stets auf Kriegsfuß mit dem
Rat der Elementarrufer, der ihrer „überschäumenden“ Art zu
diskutieren nichts abgewinnen kann. Es ist kein Geheimnis,
dass sie als mächtigste Wasserruferin in den Rat der Elemen-
tarrufer aufsteigen will.
Barsch Najmabar Qerazi (Mensch, *949 LZ, Dichterseele,
versonnen, zwei Finger an der rechten Hand) zählt zu den
wenigen im Orden, die einen aggressiveren Weg einschlagen.
Als Lehrmeister in der renommierten Schule für Flusshai-Bes-
tienmeister in Nahashtab nimmt er sich ein Beispiel an seinen
tierischen Schützlingen und vertritt die These: „Große Fische
fressen kleine Fische!“ Er arbeitet seit einem guten Jahrzehnt
an einer Umwandlung des Zauberspruchs Wasserherrschaft,
die auf Blut wirken soll und wird stets von seinem geliebten
Flusshai Himshad begleitet, wenn er entlang der Flüsse auf
Reisen zieht.
55
 Yeferset Gaarlath (Mensch, *963 LZ, aufwendige Muschel-
frisur, korpulent) gehört zu den wenigen Pardashpriestern
in den Reihen der Jünger. Er betrachtet den vergöttlichten
Pardash selbst als eine der größten Wasserentitäten und al-
le Wasserwesen als seine Kinder. Mit seinem kleinen Boot
fährt er von Hafen zu Hafen entlang des großen Flusses und
gilt als hilfsbereiter Heiler, der auch Muschelschmuck und
kleine Artefakte feilbietet. Seine drei Undare Shimi, Sham
und Shumay schwirren ständig in Form von Barschen um
ihn herum.
Ressourcen und Mittel
Artefakte
Jeder Jünger führt ein Schmuckstück in Form eines Barsches mit
sich, sei es eine Haarspange oder eine Gürtelschnalle. Oft enthält
es als Zauberspeicher einen Wasserzauber niedrigen Grades wie
Katzenwäsche, Wasser reinigen, Schutz vor Kälte oder Wasser finden.
Langjährige Barsche führen zusätzlich manchmal die verzauberte
Schale einer Pardashschnecke mit sich, mit der sie unter Wasser
atmen können und die Ordensführerin ist im Besitz von zwei ver-
goldeten Barschgräten, mit denen Wasserwesen gerufen werden
können. Sie leiht sie aber nicht nur loyalen Ordensmitgliedern,
sondern auch an Ordensfremde, die einen Auftrag im Sinne der
Jünger durchführen.

Die Jünger des Barsches setzen vor allem auf die Kraft ihrer ge-
meinsamen Sache und auf den weiterhin ungebrochenen Ruhm
ihres fast vergöttlichten Gründers. Die Loyalität dem Orden
gegenüber und der Glaube, dass die Vier-Elemente-Theorie die
einzig wahre ist, sind ihr Antrieb. Und wer stets schwimmt, wird
auch am Ziel ankommen!
Barsch-Schmuckstücke: Zauberspeicher (siehe Splitter­
mond: Die Magie S. 172) mit Wasserzaubern der Grade
0 bis 2.
Barschgräten: Strukturgeber mit Artefaktqualität 5, in
dem der Zauber Wasserwesen rufen IV (siehe Splitter­
mond: Die Magie S. 187) verankert ist.

Der Schwarm
Die Jünger helfen da, wo das Volk ihre Hilfe braucht. Sei es beim
Bau von Dämmen, wenn bösartige Feen aus ertragreichen Fisch- Ordenshäuser und -schiffe
gründen verjagt werden müssen, Wasser entgiftet oder gereinigt Die drei größten Ordenshäuser der Jünger stehen in den Städ-
werden muss oder ganz profan Gegenstände nach Schiffbruch ten Majahd, Shinshamassu und Omashtab und können von al-
wieder vom Grund zu bergen sind. len Barschen als Unterschlupf genutzt werden. Als Geburtsort
Yur­ayshs hat die aitusharische Stadt Omashtab auch eine große
symbolische Bedeutung für den Orden. Daneben gibt es noch
mehrere kleine Ordensschiffe auf den Flüssen Pardash, Ashur, Ye-
AUS BEW INT KON MYS STÄ VER WIL resh und Chouram, deren Besatzung nicht nur für das Wohl der
3 2 3 2 5 1 3 4 Flüsse sorgt, auf denen sie segelt, sondern auch missionarisch tätig
ist. Diese „Holzbarsche“ genannten Dhaus stehen allen Jüngern
GK GSW LP FO VTD SR KW GW offen und dienen für einige Novizen sogar als Ausbildungsort.
5 7 7 33 17 0 20 23

Waffen Wert Schaden WGS INI Merkmale

Körper 5 1W6 5 8-1W6 – ner öffentlich heraus, was oft in spektakulären magischen Ehrendu-
Typus: Humanoider
Monstergrad: 2 / 1
Fertigkeiten: Arkane Kunde 12, Diplomatie 11, Empathie 10, Ent-
schlossenheit 16, Geschichte und Mythen 14, Redegewandtheit
10, Schwimmen 12, Seefahrt 10, Wahrnehmung 11, Zähigkeit 10,
Bannmagie 12, Wassermagie 13
Zauber: Bann 0: Wahrer Blick, Zauberer behindern; I: Magie er-
schöpfen; Wasser 0: Wasser reinigen; I: Einfrieren, Nebelsicht,
Schutz vor Kälte; II: Eisglätte, Eislanze, Kälteschild; III: Nebel ru-
fen, Über Wasser gehen, Wasseratmung
Meisterschaften: Diplomatie (I: Diplomat), Entschlossenheit (I:
Eiserner Wille, Unbeirrbar), Schwimmen (I: Arbeit unter Was-
ser, Langstreckenschwimmer; Meerestaucher), Wassermagie (I:
Kind der Wellen; II: Herr der Wasserwesen, Wassermeisterschaft,
Wasserresistenz II)
Vorgehen
Um ihre Lehren zu verteidigen, fordern die Jünger berühmte Geg-
ellen endet. Diese finden am Ufer eines Flusses statt und beinhalten
zumindest auf Seiten der Barsche kämpferische Wasserzauber und
enden nicht selten mit Beschwörungen von Wasserwesen.
Um gegnerische Denkschulen zu infiltrieren oder auszuhorchen,
werden oft Ordensfremde als Spione eingesetzt und wissenschaft-
liche Projekte und Veröffentlichungen werden stets akribisch nach
Fehlern untersucht. Daneben werden die Jünger dazu getrieben,
Pakte mit farukanischen Wasserwesen einzugehen, um ihre Unter-
stützung bei der weiteren Verbreitung ihrer Lehren zu sichern.
Verbündete und Feinde
Der wichtigste Gegner mit dem größten politischen Einfluss
ist Belduham Qiraj (Mensch, *921 LZ, eitel, gemächlich), der
als mächtigster Feuerrufer im Rat der Elementarrufer sitzt.
Als Vorsteher des großen Magierordens der Feuerrufer, bevor-
zugt er stets die Schulen und Orden der Feuerrufer bei seinen
Entschlüssen und findet die „fundamentalistische Sicht“ der
Jünger des Barsches sehr problematisch.

56
 Nicht von Neid geplagt, aber nicht weniger gefährlich, ist die
fortschrittliche Simineshsuri Nansar (Mensch, *952 LZ, ver-
schiedenfarbige Augen), die als höchste Wasserruferin eben-
falls im Rat der Elementarrufer sitzt. Sie ist eine Vertreterin
der Viel-Elemente-Theorie und genießt die Unterstützung
vieler Nymphen und Atargati, deren Sprachen sie fließend
beherrscht.
Als der Wasserdjinn Wellenreiter (alterslos, gigantisch, scha-
denfrohes Lachen) vor 50 Jahren von Yuraysh besänftigt wur-
de, schlossen die beiden einen Pakt: der Djinn hat die Jünger
unter seinen Schutz gestellt und bekommt dafür jährlich Op-
fer, die sich in Form von verwaisten Schiffen darstellen.
Zauber: Wasser I: Einfrieren; II: Eisglätte, Eislanze; III: Erde zu
Schlamm, Nebel rufen; IV: Eisiges Gefängnis, Säurestrahl, Wasser-
schwall
Meisterschaften: Wassermagie (I: Fokuskontrolle; II: Wasser-
meisterschaft)
Merkmale: Amphibisch, Betäubungsimmunität, Erschöpfungs-
resistenz 3, Feenblut, Kälteresistenz 2, Resistenz gegen Kälte-,
Säure- und Wasserschaden 15, Taktiker, Verwundbarkeit gegen
Feuerschaden
Besonderheiten: Nahkampfangriffe von Ulfayash richten Wasser-
schaden an.

Szenarioansatz
Während die Abenteurer durch die farukanischen Lande reisen, Einen Jünger des Barsches spielen
werden sie von ein paar aufgelösten Dorfbewohnern um Hilfe Ein Jünger des Barsches verlässt die farukanischen
gebeten, die ihnen den Weg abschneiden. Ihr Dorf in Flussnä- Lande meist dann, wenn er von seinem Orden aus-
he wird von einem Feuerdjinn heimgesucht, der alles in Brand geschlossen oder auf eine Mission entsandt wurde.
steckt. Die im nahegelegenen Fluss heimische Wasserdjinni Ul- Für die Erschließung neuer Gewässer sind sie nach
fayash hat ihnen aber zum ersten Mal ihre Unterstützung ver- dem Motto „einfach dem Fluss folgen“ jedoch jeder-
sagt und wenn nicht bald Hilfe eintrifft, wird das ganze Dorf in zeit bereit, in fremde Gefilde vorzustoßen. Ein Jünger
Schutt und Asche gelegt werden. Bieten die Abenteurer ihre Hil- ist ein unterhaltsamer Gefährte, da er viele faruka-
fe an, können sie im Dorf erfahren, dass die Wasserdjinni einen nische Geschichten kennt, gerne viel erzählt und oft
Pakt mit einem reisenden Jünger des Barsches einging, der vor auch ein Musikinstrument beherrscht. Wenn es nicht
einem Monat das Dorf aufgesucht hat: Sie wird keinem helfen, um elementarmagische Dispute geht, gelten sie oft
der den Jüngern des Barsches feindlich gesinnt ist. Da der besagte als vernünftig, bisweilen können sie aber auch recht
Jünger aber aus dem Dorf verjagt wurde, da er zu aggressiv gegen besserwisserisch sein. Sie sind sehr anpassungsfähig
Vertreter anderer Denkschulen vorgegangen ist, hält die Djinni und können sowohl mit dem einfachen Volk als auch
die Dorfbewohner für Feinde der Jünger. Ob die Abenteurer die mit jeglichen Höhergestellten umgehen. Oft werden
Djinni überzeugen können, mit ihr einen neuen Pakt einzuge- sie von einem Wasserwesen wie Undaren, Woglingen
hen, den Jünger finden und ihn mit dem Dorf aussöhnen, den oder Schildkröten begleitet und nennen nicht selten
Feuerdjinn (siehe Splittermond: Die Regeln, S. 269) selbst be- ein kleines Boot ihr Eigen.
kämpfen, oder mit ihm ein Abkommen schließen – was er aber
nur macht, wenn sie dafür die Wasserdjinni vertreiben – liegt in Stichpunkte zur Ausgestaltung
ihrem Ermessen. Tracht: Gewänder in allen möglichen Blautönen und
stets barfuß, viele Jünger tragen eine kleine Brosche,
Ulfayash einen Anhänger oder ein Armband mit einem stili-
sierten Barsch
Bevorzugte Ausbildungen: Elementarist (Wasserrufer),
AUS BEW INT KON MYS STÄ VER WIL Gelehrter, Wanderpriester (Pardashpriester)
3 6 6 3 5 3 3 3 Bevorzugte Schwächen: Fanatiker, Hochmut, Kodex,
Vorurteile (Naturalisten und Viel-Elementler)
GK GSW LP FO VTD SR KW GW Wichtige Fertigkeiten: Arkane Kunde, Empathie, Ent-
5 5 / 20 8 31 30 1 28 28
schlossenheit, Redegewandtheit, Schwimmen, See-
fahrt
Wichtige Magieschulen: Bannmagie, Wassermagie
Waffen Wert Schaden WGS INI Merkmale
Körper 20 1W6+4 7 Ticks 4-1W6 – Ausbildungsvariante: Wasserrufer
(Variante des Elementaristen)
Typus: Feenwesen, Wasserwesen Diese Ausbildungsvariante finden Sie in Farukan –
Monstergrad: 3 / 2 Unter dem Pfauenthron auf S. 97.
Fertigkeiten: Akrobatik 18, Athletik 18, Entschlossenheit 11,
Heimlichkeit 18, Wahrnehmung 18, Zähigkeit 11, Wassermagie 23

57
 Die Kame Ma Te
der Perlmuttgarde
Die alte und mysteriöse Perlmuttgarde, handverlesene Elitesolda-
ten und -gardisten der über Siprangu herrschenden Spiegelprin-
zessin Yiella, übernehmen viele Aufgaben innerhalb des Reiches
der mächtigen Fee. Von den Palastwachen über die Soldaten im
Kampf der Scherben bis hin zur Eskorte wichtiger Würdenträ-
ger ist die Perlmuttgarde in viele verschiedene Abteilungen
gegliedert. Auch die Strafverfolgung weltlichen und feeischen
Ursprungs gehört zu den Aufgaben der Perlmuttgarde oder
genauer gesagt zu einer ihrer Abteilungen: den Kame Ma Te.
In einer Stadt wie Siprangu, in der die Gilden im permanen-
ten Stillen Krieg miteinander um die Herrschaft kämpfen
und lokale wie ausländische Adelshäuser ihre Fehden
in den Schatten austragen, ist eine effektive Ordnungs-
kraft nötig, um die Stadt nicht ins Chaos stürzen zu
lassen. Paart man dies mit der Nähe zum Orakelpfad
und den eher dünnen Grenzen zu den Anderswelten,
erhält man noch ganz andere Arten von Kriminalität
und Wahnsinn in dem bunten Schmelztiegel von We-
sen und Kulturen, der sich Siprangu nennt. Nicht jeder
einfache Stadtwächter ist dazu in der Lage, eine Fee zu
fangen, die die komplette Farbe Gelb aus einer Straße
gestohlen hat, oder sich in die Gedankenmuster eines
Mörders zu versetzen, der im Orakelpfad seinen Verstand
verloren hat. Daher braucht es hier besondere Ermittler,
die es mit diesen finsteren und seltsamen Kriminellen und
ihren Machenschaften aufnehmen können.

Hintergrund
Die Ursprünge der Perlmuttgarde liegen in den ruhm-
reichen Tagen, als die Spiegelprinzessin 347 LZ die
Stromlandinseln einte und manche Schrecken der
Anderswelten vernichtete. An ihrer Seite standen
treue feeische Diener, die mit ihr in die Welt der
Sterblichen übergetreten waren, um ihre Herrin im
Kampf zu unterstützen. Viele dieser Feen fanden den
Tod in den Schlachten und ihre Ränge wurden von
tapferen Sterblichen der Stromlandinseln aufgefüllt. Die-
se wiederrum gelangten in der Folge immer wieder in die
Feenwelten, um dorthin geflohene Feinde der Prinzessin zu
jagen und zur Strecke zu bringen oder gar Schlachten in den
Anderswelten zu schlagen. So vermischten sich die weltlichen
und feeischen Kämpfer und bildeten eine neue Einheit. Für
jeden Sieg, den sie errangen, schenkten sie sich gegenseitig
schillernde Muscheln als Zeichen ihres Triumphes, bis diese
Talismane so zahlreich an ihren Körpern hingen, dass sie von
weitem als perlmuttfarbener Schimmer zu erkennen waren.
In einer siegreichen Schlacht um 400 LZ vernichtete die Prinzessin
den Leviathan Anoamuha den Landfresser und schleuderte seinen
Körper auf die Insel Palua Tipititingi westlich des Mondportales,
wo später ein Teil der Stadt Siprangu zwischen den gigantischen
Knochen der Bestie gebaut werden sollte. In jenen Zeiten, als die
Kämpfe langsam abflauten und die
Stadt am Mondtor zu wachsen be-
gann, nahm auch die Zahl seltsamer
Morde und Diebstähle in der jungen
Stadt zu. Hinter vorgehaltener Hand
munkelte man, dass im Krieg in den
Anderswelten verrückt gewordene Veteranen der Perl­
muttgarde diese Verbrechen begangen hätten, aber
beweisen konnte es niemand. Andere vermuteten,
dass Feen, die vor dem Kampf der Scherben – der unruhigen Si-
tuation der Feenwelten rund um den Pfad des Wahnsinns – nach
Siprangu geflohen waren, dafür verantwortlich seien.
Als nach einer Nacht siebzehn tote Männer in den Straßen ge-
funden wurden, alle auf unnatürliche Weise durch Feenmagie
entstellt, rief die Spiegelprinzessin einen Teil der Perlmuttgarde
zu sich und beauftragte sie damit, von nun an auch Verbrechen
in der Stadt zu bekämpfen. Diese sterblichen und feeischen Er-
mittler bildeten die Abteilung der Kame Ma Te in Siprangu.

58
 Motivation
Die primäre Aufgabe der Kame Ma Te ist die Aufklärung von
Verbrechen, die in Siprangu und anderswo auf den Stromland­
inseln begangen werden und dabei die Kompetenzen einfacher
Stadtwachen oder Stammeshäuptlinge übersteigen. Hierbei
agieren sie autonom von anderen staatlichen Organisationen
und es ist üblich, dass sie die Kontrolle über Ermittlungen oder
Gerichtsverhandlungen übernehmen, sollte ein Kriminalfall die
Interessen Yiellas im Besonderen berühren.
Da die niedergeschriebenen Gesetze der Stromlandinseln bestenfalls
als fragmentarisch anzusehen sind und aus Wünschen und Richtlini-
en der Spiegelprinzessin bestehen, ist es den Ermittlern der Perlmutt-
garde oft selbst überlassen, wie genau sie das Recht ausüben und in
welchem Rahmen sich die von ihnen verhängten Strafen bewegen.
Dies führt dazu, dass gewisse Gilden und mächtige Adelshäuser in
der Hoffnung, dass eine passende Rechtsauffassung die günstigste
für ihre Lage ist, um die Gunst einzelner Ermittler streiten.
Die Kame Ma Te haben längst verstanden, dass es ihnen nicht
möglich ist, die auch kriminell agierenden Gilden und Adels-
häuser aufgrund ihrer Vergehen ganz aus dem Verkehr zu ziehen,
da dies eine Lücke in die Machtstruktur der Stadt reißen und
zu weitaus mehr Leid und Blutvergießen führen würde. Daher
gehen sie zwar entschieden gegen einzelne Kriminelle vor, versu-
chen aber oft eher den Schaden zu begrenzen, als tatsächlich die
Stadt von allem Zwielichtigen zu befreien.
Nur bei direktem Verbrechen gegen die Spiegelprinzessin greifen
sie gnadenlos und kompromisslos durch, was auch dazu führen
kann, dass einige Gardisten einen Verbrecher jahrelang über Lo-
rakis verfolgen, um ihn dann zurück vor den Thron Yiellas zu
schleifen.
Ziele
Aufklären von vor allem übernatürlichen Verbrechen inner-
halb der Stromlandinseln und speziell in Siprangu.
Wahrung der Ordnung in Siprangu und anderen Siedlungen
der Stromlandinseln, vor allem bezüglich der Herrschaft der
Spiegelprinzessin.
Verfolgung und Gefangennahme von Feen, die sich nicht an
die Gesetze Yiellas halten oder anderweitig mit der Spiegel-
prinzessin in Konflikt geraten sind.
Anlegen einer Kartei feeischer Verbrecher samt der Hoff-
nung, dadurch eine Klassifizierung entsprechender Taten an-
legen zu können.
Hierarchie und Struktur
Die Kame Ma Te haben nach wilden Anfängen im Laufe der
Zeit inspiriert durch Kundige Flüchtlinge aus dem Norden den
Aufbau eines zhoujiangisches Ministeriums als Grundlage für
ihre Strukturen übernommen. Dabei steht der Hauptmann der
gesamten Perlmuttgarde nominell über allen Abteilungen, auch
wenn er den Kame Ma Te recht freie Hand lässt. Jedem Stadtvier-
tel in Siprangu oder kleineren Stadt in den Stromlandinseln steht
ein Pa vor, der die Kontrolle über mehrere Kea – erfahrene und
verdiente Ermittler – hat. Die einfachen Ermittler werden Oka
betitelt; Nea als unterster Rang haben sich noch nicht das Recht
erworben, selbstständig Fälle aufzuklären und Recht zu sprechen.
Ressource Rang
Wert Titel Bedeutung
1 Nea einfacher Ermittler
erfahrener Ermittler, der selbstständig
2 Oka
Fälle aufklären kann
erfahrener Ermittler mit begrenzter
3 Kea
Rechtssprechungsbefugnis
Unterführer eines Stadtviertels oder
4 Pa
einer kleineren Stadt
Mitglieder
So manches Kind der Stromlandinseln träumt davon, dass Yiella
sie einmal im Leben aufsucht und persönlich in die Reihen ihrer
Garde aufnimmt. Dies kann jedem Stromlandinsulaner passie-
ren und so gibt es Fälle von siebzig Jahre alten Bewohnern, die
plötzlich in die Dienste der Spiegelprinzessin berufen wurden.
Genauso hört man auch vom Erscheinen der Feenherrscherin bei
der Geburt eines Kindes auf einer Insel oder auf einem Schiff
weit draußen im Meer, um das Neugeborene zu segnen und in
ihm den Wunsch zu wecken, nach Siprangu zu reisen, sobald es
das richtige Alter erreicht hat.
Sobald die Auserwählten in Siprangu ankommen, durchlaufen
sie eine Grundausbildung im Palast und in den Feenwelten und
werden dann von Yiella in die verschiedenen Abteilungen der
Perlmuttgarde verteilt. Im Falle der Kame Ma Te werden sie
einem erfahrenen Ermittler unterstellt, der sich weiter um ihre
Ausbildung kümmert. Dabei sind sowohl ein Sinn für die An-
derswelten als auch eine gute Beobachtungsgabe von Vorteil.
Auch sollten sich die neuen Rekruten mit dem Leben in Sipran-
gu auskennen.
Die Neas werden je nach persönlicher Eignung verteilt und
arbeiten beispielsweise mit den Gilden und den Adelshäusern,
was ein gewisses diplomatisches Geschick benötigt, oder spezia-
lisieren sich auf andere wichtige Gebiete der Ermittlungen, wie
etwa Illusionsmagie zur Rekonstruktion der Tatvorgänge, magi-
sche Analyse und Erkenntnismagie zur besseren Untersuchung
von Tatorten, oder auch Beschwörung und Verhandlungen mit
den Geistern und Feen der Schwimmenden Stadt. All diese Ge-
biete sind notwendige Fähigkeiten, die eine Gruppe aus Ermitt-
lern benötigt, um in Siprangu erfolgreich zu sein.
Auch Kampffähigkeiten sind gefragt, denn nicht jeder achtet die
Garde der Prinzessin und es kommt vor, dass jemand versucht,
einen unliebsamen Ermittler zu den gerade in den Armenvierteln
stets präsenten hungrigen und essenzverzehrenden Haigeistern zu
schicken.
Anders als die Palastwache tragen die Ermittler keine Perlmuttrüs-
tungen, sondern üblicherweise schwarze Schuppenrüstungen mit
einem geschlossenen Mantel darüber, der mit abertausenden
Perl­muttplättchen bestickt ist. Es ranken sich viele Sagen um
diese markanten Erkennungsmerkmale: So soll die Rüstung ih-
ren Träger nicht nur vor Klingen und Pfeilen schützen, sondern
auch vor der gnadenlosen Hitze der Stromlandinseln. Vom Man-
tel heißt es, dass er seinem Träger die Fähigkeit verleiht, mit der
Umgebung zu verschmelzen, um unbemerkt von Ort zu Ort zu
kommen, oder dass er ihn gegen böse Zauberei wappnet.
59
Bedeutende Angehörige
Pa Xian Moahe (Mensch, *939 LZ, Angst vor Trockenheit,
bunte Haare) ist Veteran des Kampfes der Scherben und leitet
seit zehn Jahren das Hauptquartier in der Schwimmenden
Stadt, stets in treuer Begleitung der kleinen Wasserfee Sui,
die mit ihrer feuchten Aura dafür sorgt, dass Xian nicht
seiner Phobie vor Trockenheit verfällt, die er sich, neben
den bunten Haaren, in seiner letzten Schlacht für die Spie-
gelprinzessin zugezogen hat. Xian ist ein stolzer Mann, der
seinen Dienst sehr ernst- und gewissenhaft ausübt. Er führt
sein Viertel mit strenger aber gerechter Hand, was dazu
geführt hat, dass man das sich stets verändernde Zentrum
Siprangus zumindest tagsüber als einigermaßen sicher be-
zeichnen kann.
Kea Mooko (Korallennymphe, Alter unbekannt, zielstrebig,
rebellisch), die hübsche Fee mit bleicher Haut und violet-
ten Haaren, fällt auch ohne die Rüstung und den Mantel
der Garde auf. Sie ist eine der besten Ermittlerinnen in
ganz Siprangu, wenn es darum geht, wahnsinnige Feen
oder Sterbliche zu jagen und zur Strecke zu bringen. Dabei
nimmt sie es mit den verschiedenen Verwaltungsgebieten
der Stadt nicht allzu genau und achtet auch selten auf den
diplomatischen Schaden, den ihre Ermittlungen anrichten.
Sie ist stets in Begleitung ihres Partners Oka Bao (Mensch,
*959 LZ, groß, mag Hunde), eines kampferfahrenen Stam-
meskriegers, der früh den Weg zu Garde gefunden hat.
Er verlor beide Augen im Kampf mit einer rachsüchtigen
Lichtfee und wurde für seine Taten von Yiella mit zwei
rundgeschliffenen Obsidianen belohnt, die er nun in seinen
Augenhöhlen trägt und die ihm das Sehen in nicht nur eine
Welt ermöglichen.
Berüchtigt ist Kea Loae Thrung (Albin, *824 LZ, willens-
stark, erbarmungslos) wegen ihrer nur halb versteckten Ver-
bindung zur Gilde der Ärzte und Apotheker. Sie kümmert
sich darum, dass die eher dunklen Machenschaften dieser
Vereinigung meistens kaum untersucht werden und damit
ungesühnt bleiben. Es gibt Gerüchte, dass sie selbst nicht da-
vor zurückschreckt, die Hilfe der Meuchler in Anspruch zu
nehmen, wenn ein Ermittler der Kame Ma Te ihr bei ihrer
Arbeit in die Quere kommt. In letzter Zeit hat sie Gefallen an
einem mertalischen Arzt gefunden, der im Exil in der Stadt
lebt. Ihre Versuche, ihn für die ihr nahestehende Gilde zu
rekrutieren, waren bis jetzt jedoch ergebnislos.
Ressourcen und Mittel
Die Kame Ma Te können auf ein weites Netzwerk an Ressour-
cen, Informationen und Standorten zurückgreifen. Auch einige
Schiffe und Wolkenechsen – Flugechsen, die je nach Größe ein
bis drei Gardisten tragen können – stehen ihnen zur Verfügung,
wenn ihre Aufgaben sie außerhalb Siprangus führen. Für wichtige
oder besonders eilige Botschaften steht den Kame Ma Te ein Bo-
tennetzwerk aus kleinen, an Motten erinnernden Feen zur Verfü-
gung, die zwar meist nur gezielt die einzelnen Außenposten, in
besonderen Fällen aber auch verantwortliche Ermittler im Feld
aufsuchen können. Hinzu kommen kleinere Gardistenhäuser mit
Ausrüstung und Kontaktpersonen innerhalb der größeren Sied-
lungen der Inseln.
60
Ausrüstung
Die dunkle Stahlrüstung und der kunstvoll verzierte Mantel mit
Perlmuttbesatz sind die auffälligsten Erkennungsmerkmale der
Kame Ma Te und sehr häufig verzaubert. Die häufigsten Vari-
anten tragen eine Kombination aus Strukturgebern und Zauber-
speichern, die mittels der implementierten Zauber den Gardisten
ihren Alltag erleichtern sollen (Zauber wie etwa Schattenschleier,
Sicht verbessern, Chamäleon oder Über Wasser gehen) Aber auch
von deutlich potenteren oder einzigartigen Objekten wird be-
richtet.
Vorgehen
Die Kame Ma Te passen ihr Vorgehen an die gegebene Situation
an. Im Normalfall werden sie von der jeweiligen „gewöhnlichen“
Stadtwache über ein Verbrechen informiert, lassen den Bereich
abriegeln und beginnen mit ihren Untersuchungen zum Tather-
gang. Dabei verlassen sie sich auf die Fähigkeiten ihrer Spezialis-
ten. Aktiv arbeitet die Abteilung Strafverfolgung aber auch im
Verborgenen, um tiefer verankerte kriminelle Machenschaften
ans Licht zu bringen. Es ist nicht unüblich, dass ein Ermittler-
team monatelang untertaucht und auf eigene Faust agiert, um am
Ende mit genügend Beweisen wieder ans Licht zu kommen, um
einige Übeltäter zu überführen oder ein Komplott aufzudecken.
Die mitunter chaotischen Strukturen Siprangus, sowie die Natur-
gewalten der Inseln und die versprengten kleineren Krisenherde
des Kampfes der Scherben zwingen die Kame Ma Te dazu, flexi-
bel und anpassungsfähig zu sein, da feste Muster und Regeln nur
selten zum Erfolg führen. Daher sind sie auch Abenteurern, die
sich in ihre Fälle „einmischen“, nicht immer feindlich gesonnen,
sondern sehen diese vielmehr als weitere Ressource, die es gut zu
nutzen gilt.
Verbündete und Feinde
Die wichtigsten Verbündeten der Kame Ma Te sind die lokalen
Ordnungshüter, jene Männer und Frauen vor Ort, die den Er-
mittlern den Rücken freihalten und dafür sorgen, dass ihre Arbeit
nicht gestört wird.
Die Perlmuttgarde hat keine offenen Feinde im eigentlichen
Sinn, denn es würde bedeuten, dass man ein Feind der Spiegel-
prinzessin wäre, was niemand innerhalb der Stromlandinseln für
eine gute Idee halten würde. Dennoch haben die Kame Ma Te
durchaus ihre Widersacher. - Die Gilde der Apotheker und Ärzte
spielt seit jeher mit ihr Katz und Maus, ist es doch ein offenes
Geheimnis, dass sie Auftragsmorde in den Grauzonen des sipran-
gischen Rechts annimmt und diese oft anderen Fraktionen in die
Schuhe zu schieben versucht.
Die Triade des Goldenen Lemurs hat es sich in den letzten
Jahren im Knochenviertel bequem gemacht. Die zhoujian-
gischen Exilanten haben schnell verstanden, wie die Stadt
funktioniert, und decken einige kriminelle Gebiete ab, die
für die hohen Gilden zu dreckig sind. Dabei gehen sie ge-
schickt und schlau vor und vertuschen ihre Taten mit Ablen-
kungsmanövern oder erlassen die Schulden ihrer Gläubiger,
wenn sie sich freiwillig für eine Straftat melden, die sie nie
begangen haben.
 Eine eher seltsame Widrigkeit stellen die ewig hungrigen
Hai­geister unter den dunklen Vierteln der Stadt dar, da sie
dazu neigen, alles zu verschlingen, was sich in ihre Gewässer
verirrt und nur selten bereit sind, irgendwelche Informatio-
nen preiszugeben.
Szenarioansatz
Die Kea Toee Wuhan (Gnomin,*963 LZ, eifrig, kaut Pfefferkör-
ner) ist über den Orakelpfad nach Ioria gereist, um die kriminelle
Fee Alveonea der Gerichtbarkeit der Spiegelprinzessin zuzufüh-
ren. Toee Wuhan bittet die Abenteurer um Hilfe bei der Suche
nach der Fee, da sie sich in Ioria kaum auskennt und Alveonea
außerdem eine Meisterin der Illusion und der Beherrschungs-
magie ist. Die Fee ist als Spionin im Kampf der Scherben Yiella
schon lang ein Dorn im Auge und daher ist es für Toees Karriere
sehr wichtig, sie zu fangen. Alveonea kann in die Körper von
Sterblichen einfahren und sie danach kontrollieren, muss dann
aber alle 3 Stunden eine Banango (eine heimische Frucht der
Stromlandinseln) essen, sonst wird sie aus dem Körper ihres Op-
fers geworfen (das Opfer erinnert sich dann nicht an die Zeit der
„Besessenheit“). Die Fee ist zwanghaft kleptomanisch und hat es
vor allem auf die Augenfarben ihrer Opfer abgesehen, die sie mit-
tels ihrer Zauberkraft raubt und nur weiß-graue, leblos wirkende
Augen zurücklässt.
Toee vermutet das sie sich in der Nähe des Mondportals oder
in der Exklave der Stromlandinsulaner in Ioria aufhalten muss,
um stets Nachschub an Banangos zu bekommen. Alveonea hat
eine Spur aus geraubten Augenfarben in der Stadt hinterlassen,
die man verfolgen kann. Jedes Opfer kann die Person beschrei-
ben, in der sich Alveonea versteckt hat (wobei sie zwischendurch
teilweise den Körper gewechselt hat). Wird die Fee in die Enge
getrieben, versucht sie, in neue Körper zu flüchten – sie kann
allerdings nur bei direktem Körperkontakt in eine andere Person
einfahren (und muss dabei den GW des Opfers überwinden; ihr
„Fertigkeitswert“ kann variabel auf Heldengrad oder Szenario an-
gepasst werden). Nimmt man ihr diese Möglichkeit und schafft
es, ihren Wirtskörper außer Gefecht zu setzen, kann Toee am En-
de die Fee in einer Spiegelscherbe bannen und sie zurück nach
Siprangu transportieren.
Einen Kame Ma Te spielen
Einen Perlmuttgardisten der Kame Ma Te zu spielen be-
deutet, einen aufmerksamen, leicht merkwürdigen Er-
mittler zu verkörpern, der mit allen Wassern gewaschen
und hart im Nehmen ist. Er hat schon während der
Ausbildung viele fremdartige Verbrechen und furchtba-
re Tatorte untersucht und ist daher recht abgebrüht. Er
denkt oft nicht geradlinig, sondern versucht von allen
Seiten an Probleme und Hindernisse heranzutreten und
ist dabei stets offen für Neues und wissbegierig.
Es kommt mitunter vor das ein Kame Ma Te sich einer
Abenteuergruppe anschließt, um etwas von der Welt zu
sehen und Wissen über fremde Kulturen und Länder
zu sammeln. Dabei wird er immer eine Art Reisetage-
buch führen, was er der Perlmuttgarde übergeben kann,
um deren Wissen über die vielen fremden Reisenden,
die auf die Inseln gelangen, zu erweitern. Ebenso ist
es denkbar, dass ein Mitglied der Kame Ma Te sich
mächtige Feinde gemacht und man ihm ein Verbrechen
angehängt hat, was ihn vorerst aus der Heimat fliehen
lässt. Generell schätzt ein Mitglied der Kame Ma Te die
Arbeit in einer Gruppe und beschützt diese, wenn er
einmal Vertrauen gefasst hat, wie seine eigene Familie.
Stichpunkte zur Ausgestaltung
Tracht: schwarze Schuppenrüstung, perlmuttfarbener
geschlossener Mantel
Bevorzugte Ausbildungen: Magischer Unterhändler,
Mystischer Krieger (Kame Ma Te)
Bevorzugte Schwächen: Neugier
Wichtige Fertigkeiten: Kampffertigkeit, Anführen, Arka-
ne Kunde, Straßenkunde, Wahrnehmung
Wichtige Magieschulen: Bannmagie, Erkenntnismagie,
Illusionsmagie,
Ausbildungsvariante: Kame Ma Te
(Variante des Mystischen Kriegers)
Voraussetzung: Kultur Stromlandinseln – Siprangu oder
Stromlandinseln – Inseln; Stärke: Feensinn und Gutes
Gedächtnis statt bestehender Auswahl; Ressourcen: statt
Mentor oder Vermögen kann auch Rang (Perlmutt-
garde) gewählt werden; Fertigkeiten: Straßenkunde +2,
Erkenntnismagie +3, Illusionsmagie +2, Geschichte
und Mythen -1, Heilkunde -1, keine Schutz- und Stär-
kungsmagie wählbar; Meisterschaften: Erkenntnismagie
(Stimmungsgespür) statt Kampfmagie (Eiserne Kon-
zentration)
61
 Die Löwenschildgarde
die Stadtwache von Ultia
Wie alle großen Städte bietet auch die patalische Hauptstadt Ultia
dem Verbrechen eine fruchtbare Brutstätte: Vom kleinen Diebstahl
auf dem Markt über Münzfälscherbanden bis zur Leiche im Ha-
fenbecken – die blaugewandeten Gardisten der Stadtwache sind
überall den Schurken auf der Spur und gehören zum gewohnten
Straßenbild der Stadt. Sie patrouillieren zwischen den Villen der
Oberstadt, haben ein wachsames Auge auf die Marktgeschäfte und
jagen in den engen Gassen der Armenviertel Kleinkriminelle.
Viele der Büttel sind dabei ehrlich bemüht, dem Unrecht Einhalt
zu gebieten, doch nicht wenige von ihnen arbeiten lieber in die
eigene Tasche und sind bereit, für entsprechende Bezahlung auch
einmal wegzusehen.
Hintergrund
Städtische Wachen, die Verbrechen in Ultia verhindern sollten, gab
es bereits seit der Erhebung der Stadt zur patalischen Hauptstadt
durch Silius I., die Löwenschildgarde wurde unter diesem Namen
aber erst 625 LZ ins Leben gerufen, als der Hauptmarkt und der
Flusshafen endgültig in die Hände des organisierten Verbrechens
gefallen waren – die damalige Garde stand größtenteils unter der
Kontrolle der Kriminellen.
Königin Cordia II. sprach daraufhin ein Machtwort und ließ die
gesamte damalige Stadtwache in einer spektakulären öffentlichen
Hinrichtung enthaupten. Sie besetzte die Garde anschließend
mit rechtschaffenden Soldaten ihrer Armee, vergrößerte die
Truppe und formte sie zu schlagkräftigen Gesetzeshütern.
Um einen Neuanfang zu symbolisieren, sollte die Garde andere Far-
ben als die alte Garde tragen und bis die neue
Bekleidung beschafft werden konnte, über-
malten die Soldaten ihre Schilde mit einem
gemeinsamen Erkennungszeichen: Als
gläubige Vordan-Anhänger wählten
sie den Löwen als ihr Symbol.
Noch heute trägt die Stadt-
wache daher das namensge-
benden Löwensymbol auf
ihren Umhängen und
Schilden, auch wenn sie
mit letzteren nur gele-
gentlich gerüstet sind,
wenn sie durch
Ultia patrouillie-
ren, um für Recht
und Ordnung zu sorgen.
Und noch heute berufen
sie sich gerne auf ihre
rechtschaffene Geschichte
und ehrwürdigen Ideale. Einige
Gardemitglieder tun dies aus tiefster
Überzeugung – andere dagegen nur
noch als reines Lippenbekenntnis.
62
Motivation
Gemäß ihrer offiziellen Rolle als Gesetzeshüter ist die Garde
für die Verbrechensbekämpfung und Aufrechterhaltung der
Ordnung zuständig und dies ist auch ihr oberstes Ziel. Die
Stadtwachen sehen sich noch immer in ihrer stolzen Tradition
als Mitglieder einer Elitegarde, die in königlichem Namen in
schwierigen Situationen eingreift und auch vor der Bekämpfung
großer Verbrechen und gefährlicher Banden nicht Halt macht.
Seit den Tagen der Neugründung sind allerdings mehr als drei
Jahrhunderte vergangen und Korruption und Nachlässigkeit ha-
ben längst wieder Einzug in den Gardistenalltag gefunden, so-
dass es inzwischen wieder jede Menge schwarzer Schafe in ihren
Reihen gibt.
Ziele
Schlichtung bei Streitereien auf dem Markt oder bei Nach-
barschaftsfehden, damit daraus keine größeren Probleme er-
wachsen.
Warenkontrolle und Erhebung der Zölle im Flusshafen und
an den Toren der Stadt.
Verfolgung und Verhaftung von Gesetzesbrechern, besonders
jenen, die im größeren Maße die öffentliche Ordnung stören
oder eine Gefahr für die Bewohner der Stadt darstellen.
Bewachung von Verurteilten in den Gefängnissen oder bei
Ehrenstrafen und Hinrichtungen.
Sicherung ihres Vorrechtes als Stadtwache gegenüber anderen
Einflüssen wie der königlichen Leibgarde.
Wahrung ihres Ansehens und Verschleierung aller illegalen
Machenschaften einzelner Mitglieder.
Hierarchie und Struktur
Der Großteil der Garde besteht aus einfachen Stadtwachen,
die in den Straßen Ultias ihren Dienst verrichten. Sie zeigen
Präsenz, werden bei Streitereien zu Hilfe gerufen und jagen
und verhaften Verdächtige. Die Gardisten gehören jeweils
zu einer Garnison in den verschiedenen Vierteln der Stadt
und unterstehen dem zuständigen Hauptmann.
In den Garnisonen tun neben einfachen Schreibern und Arrest-
zellenwächtern vor allem die Elucatoren ihren Dienst – Gardisten,
die speziell mit der Aufklärung von schweren Straftaten betraut
werden und oft über Jahre hinweg ermitteln. Manche von ih-
nen spezialisieren sich im Laufe ihres Berufslebens – zum Bei-
spiel auf die Spurensuche an einem Tatort, Leichenbeschau oder
Vernehmungstechniken – und werden bei spektakulären Fällen
gelegentlich auch in anderen Städten zu Rate gezogen. Jeder voll-
wertige Elucator hat den Rang eines Hauptmanns inne, was oft
für Kompetenzgerangel mit den Führern der Garnisonen sorgt.
An der Spitze der Löwenschildgarde steht der sogenannte Prelo-
fex. Er hat den Oberbefehl über sämtliche Gardisten der Stadt
und verantwortet deren Tätigkeit gegenüber dem König.
Ressource Rang
Wert Titel Bedeutung
1 Gardist einfaches Mitglied der Garde
2 Weibel Führer eines kleinen Trupps Gardisten
3 Hauptmann/-frau Elucator oder Vorsteher einer Garnison
4 Prelofex Anführer der Löwenschildgarde
Mitglieder
Die Löwenschildgarde rekrutiert ihre neuen Mitglieder vor-
nehmlich unter den Jugendlichen der Stadt oder des Umlandes.
Die Einstellungsbedingungen sind dabei recht simpel: körperli-
che und geistige Gesundheit genügt im Allgemeinen. Darüber
hinaus wird Wert auf Rechtschaffenheit und Gesetzestreue gelegt
und diese Eigenschaften durch Leumundsaussagen oder ein aus-
führliches Gespräch geprüft – eine Prüfung, deren Wirksamkeit
natürlich auch gerne einmal versagt.
Viele Stadtwachen stammen aus den unteren Gesellschaftsschichten,
bietet der Posten doch auch dem dritten Bauernsohn und der vier-
ten Krämerstochter eine angesehene und bezahlte Anstellung. Jeder
Rekrut durchläuft eine zweijährige Lehrzeit, während der er an den
Waffen ausgebildet und in Verhaltensweisen bei Patrouillen oder Ver-
nehmungen geschult wird. Wer gewitzt ist und sich für mehr als den
Straßendienst eignet, kann möglicherweise seine Ausbildung weiter
fortsetzten und wird in den Aufgaben eines Elucators angelernt.
Ausstattung und Training
Die Stadtwachen sind während des Dienstes mit einer blauen Tunika
und einem kurzen Umhang mit Löwensymbol bekleidet. Sie tragen
eine leichte Lederrüstung und wählen dazu je nach anstehender Aufga-
be ihre Bewaffnung aus Lang- oder Kurzschwert, Dolch, Zackenspieß
oder Hellebarde und manchmal auch ihrem namensgebenden Schild.
Alle Stadtwachen sind mit Klingen- und Stangenwaffen erfahren, bei
ihrem Training wird vor allem Wert darauf gelegt, andere Personen zu
schützen und zu verteidigen sowie einen Gegner zu entwaffnen und
zu überwältigen. Vergleichbares gilt auch für ihre magische Schu-
lung: sie lernen oft eine Auswahl an Zaubern der Schutz-, Bann- oder
Beherrschungsmagie, um sich und andere vor Schaden zu bewahren,
zur Entwaffnung, um gegnerischen Fokus zu erschöpfen oder auf die
Einstellung ihrer Gegner besänftigenden Einfluss zu nehmen.
Die Elucatoren bilden eine eigene Gruppe innerhalb der Löwen-
schildgarde und werden darüber hinaus in weit mehr Dingen als
die simplen Gardisten unterwiesen: Sie lernen Lesen und Schrei-
ben, Gesetzeskunde, Erkenntnismagie und heimliches Beschat-
ten. Sie sind den Hauptleuten gleichgestellt und können den
einfachen Stadtwachen Befehle erteilen, dabei hegen sie diesen
und selbst den „normalen“ Hauptleuten gegenüber nicht selten
einen gewissen Dünkel.
Bedeutende Angehörige
Aulia Barrius Nitoriana (Mensch, *953 LZ, Hochsteckfrisur,
oberflächlich, verwöhnt) ist die amtierende Prelofex der Lö-
wenschildgarde. Sie hat den Posten durch gute Beziehungen
ihrer Familie erreicht und interessiert sich weit mehr für die
repräsentativen Aspekte ihrer Arbeit als für die anfallenden
Aufgaben. Ihr Überblick über das Tagesgeschäft ist daher ge-
ring, wenn die Garde aber Erfolge zu verzeichnen hat, brüstet
sie sich gerne damit. Die meiste Zeit ist sie allerdings mit
ihrem privaten Luxusgarten beschäftigt, in dem sie exotische
Pflanzen kultiviert und sammelt sowie sich immer wieder
neue Exemplare aus ganz Lorakis beschaffen lässt – ein The-
ma, über das sie niemals müde wird zu sprechen.
Modius Curgo (Mensch, *962 LZ, glatzköpfig, verschmitztes
Lächeln, unnachgiebig) ist ein gefürchteter Verhörspezialist.
Grobe Folter ist nicht sein Stil, aber mithilfe von ausgeklü-
gelten Gesprächstaktiken, potenten Wahrheitsdrogen und
mächtiger Erkenntnis- und Beherrschungsmagie kann er fast
immer die Geheimnisse seiner Verdächtigen aufdecken. Aller-
dings ist er seit einigen Jahren von der Traevisbande gekauft
worden und lässt deren Geheimnisse seither unangetastet.
Flacca Suedor (Zwergin, *921 LZ, buntes Halstuch, eigenwil-
lig, scharfsinnig) ist die beste Spürnase unter den Elucatoren.
Mit ihrem scharfen Beobachtungssinn und ihrer sagenhaften
Kombinationsgabe findet sie auch unscheinbarste Spuren
oder Ungereimtheiten und löst damit selbst die komplizier-
testen Fälle. Damit ist sie offenbar einigen Personen der Un-
terwelt ein Dorn im Auge, denn sie war jüngst immer wieder
das Ziel von Mordanschlägen, denen sie bisher jedoch jedes
Mal entgehen konnte.
Horamor Quilinus (Mensch, *966 LZ, pummelig, mürrisch,
hinterhältig) ist als Straßenjunge aufgewachsen und ein Jün-
ger von Lyxa. Als Jugendlicher trat er unter falschem Namen
in die Garde ein und arbeitet seitdem als Stadtwächter, hat
aber noch immer Kontakt zu den Straßenbanden und Un-
terweltgrößen seiner Kindheit. Er hat Gefallen daran, beide
Seiten glauben zu machen, er würde für sie arbeiten: Für die
Gardisten ist er ein Spion in den Reihen der Verbrecher, für
die Unterwelt agiert er als Maulwurf bei der Stadtwache. Da-
bei liegt seine Loyalität allerdings bei keiner Seite, er hat ein-
fach Spaß daran, alle gegeneinander auszuspielen.
Ressourcen und Mittel
Die Löwenschildgarde verfügt als Stadtwache der Hauptstadt von
Patalis über recht ansehnliche Ressourcen. Die Ausstattung mit
Rüstungen, Waffen und sonstigem Material ist generell gut, die
Gardisten sollen schließlich immer auch die Obrigkeit und ihr
Gesetz repräsentieren.
63
Die Wächter der Stadt Geräusche und Zauber können den Glaswürfel nicht durchdrin-
Die Stadt Ultia beschäftigt viele hundert Gardisten sowie dut- gen, es ist aber möglich, in seinem Inneren ausreichend Luft zu
zende Elucatoren. bekommen. Der gläserne Kerker wird für besonders gefährliche
oder sehr zaubermächtige Personen verwendet: Gefangene sind
Typischer Elucator dort magisch abgeschirmt und stehen unter ständiger Beobach-
tung und Bewachung.

AUS BEW INT KON MYS STÄ VER WIL

3 3 5 2 2 1 4 3 Verräterschnaps
Verräterschnaps ist der umgangssprachliche Name eines komplexen
GK GSW LP FO VTD SR KW GW alchemistischen Gebräus, das als Wahrheitsdroge dient und für die
Löwenschildgarde gebraut wird, um bei Verhören eingesetzt zu
5 8 7 20 18 0 19 23
werden. Das Rezept ist streng geheim und nur wenigen Alchemis-
ten der Stadt bekannt, die Nachschub für die Garde liefern.
Waffen Wert Schaden WGS INI Merkmale Die klare Flüssigkeit muss getrunken werden und schmeckt
Langschwert 10 1W6+4 8 8-1W6 Scharf 2 leicht nach Lakritz.

Typus: Humanoider
Monstergrad: 2 / 1
Fertigkeiten: Akrobatik 6, Athletik 7, Arkane Kunde 10, Diploma-
tie 12, Empathie 18, Entschlossenheit 12, Heilkunde 11, Heimlich-
keit 14, Länderkunde 15, Redegewandtheit 10, Straßenkunde 17,
Wahrnehmung 17, Zähigkeit 9, Erkenntnismagie 11
Zauber: Erkenntnis 0: Magie erkennen; I: Emotionen erspüren*,
Sicht verbessern, Umgebungssinn*; II: Einstellung erspüren; III:
Magisches Schlüsselloch, Sinne verstärken
Meisterschaften: Empathie (I: Rede mit mir; II: Werte einschät-
zen), Entschlossenheit (I: Unbeirrbar), Heimlichkeit (I: Unauffäl-
lig), Straßenkunde (I: Gerüchte aufschnappen; I: Der richtige Ton),
Wahrnehmung (I: Umgebungssinne [Stadt]; II: Schnelle Durchsu-
chung), Erkenntnismagie (II: Arkaner Forensiker I*)
Beute: Langschwert (10 L), Löwenschildbrosche (2 L)
*siehe Splittermond: Die Magie S. 59, 124 und 142
Für die Werte eines typischen Gardisten können Sie sich
am Räuber, für jene eines Offiziers am Söldner orientie-
ren (siehe Splittermond: Die Regeln S. 276 und 280).
Der gläserne Kerker
Die Hauptgarnison im Zentrum von Ultia verfügt neben ge-
wöhnlichen Arrestzellen im Kellergeschoss auch über den soge-
nannten Gläsernen Kerker: Im großen Innenhof des Gebäudes
steht ein Glaswürfel von etwa drei Metern Kantenlänge, dessen
hohles Inneres als Gefängnis genutzt werden kann.
Der Glaswürfel stammt noch aus Drachlingszeiten oder ist
möglicherweise sogar noch älter. Er scheint unzerbrechlich und
unverrückbar zu sein, daher baute man die Hauptgarnison sei-
nerzeit um den Würfel herum. Es gibt keinen Eingang, da das
Glas aus einem Guss ist, aber es existiert ein fingergroßer Glas-
zylinder, der als Schlüssel fungiert: Wer den Zylinder besitzt,
kann mit bis zu zwei weiteren Personen die Glaswände passie-
ren. Gefangene werden so von zwei Gardisten in den gläsernen
Kerker geleitet und nachdem die Gardisten wieder gegangen
sind, kann der Gefangene ihn selbst nicht wieder verlassen, bis
er geholt wird.
Regeltechnisch gilt Verräterschnaps als Gift:
Einnahme 4 / -5 auf alle Redegewandtheit-Proben zum
Lügen / 1 Stunde
Vorgehen
Die Löwenschildgarde setzt offiziell die Ordnung der Stadt durch
und ist angehalten, durch vorbildliches Verhalten die Macht der
Obrigkeit zu repräsentieren. Nach offiziellen Richtlinien sollen
die Gardisten im Kampffall versuchen, ihre Opfer zu überwäl-
tigen und kampfunfähig zu machen, um sie in Gewahrsam zu
nehmen. Bei der Aufklärung von Verbrechen sollen Sorgfalt und
Wahrheitsliebe an erster Stelle stehen.
Aber manche Gardisten unterlaufen das offizielle Vorgehen und
lassen ihrem Frust in grausamem Verhalten freien Lauf, verdienen
sich ein Zubrot durch Bestechungsgelder oder betreiben ihr per-
sönliches Spiel im Rahmen der sogenannten Schurkenspielliga.
In einigen Bereichen steht die Löwenschildgarde in mal mehr,
mal weniger freundschaftlicher Konkurrenz zur persönlichen
Leibgarde König Valerius III. Letztere ist eigentlich ausschließ-
lich für die persönliche Sicherheit des Herrschers und des Pa-
lastgeländes zuständig, hat aber in jüngster Zeit gelegentlich in
anderen Situationen eingegriffen, in denen die Stadtwache ihrer
Meinung nach überfordert oder gekauft war. Erste Stimmen un-
ken bereits, ein Vorfall wie 625 LZ unter Cordia II. habe nicht
nur zur Gründung der Löwenschildgarde geführt, sondern werde
auch einst ihr eigenes Ende sein. Doch Prelofex Aulia Barrius Ni-
toriana scheint davon unbeeindruckt keinerlei Konsequenzen zu
ziehen und versucht lediglich mit einem netten Lächeln für gutes
Wetter zu sorgen.
Die Schurkenspielliga
Wetten und Spiele sind in Patalis weit verbreitet und so wun-
dert es nicht, dass es auch unter den Gardisten begeisterte
Spieler gibt. Einige haben sich heimlich zu einem zweifelhaf-
ten Wettspiel zusammengeschlossen, das sie Schurkenspielliga
nennen. Dabei werden Punkte für bestimmte Vorkommen und
Verbrechen vergeben, die ein Gardist während seines Dienstes
beobachtet und es kann auf ihr Auftreten gewettet werden, also

64
z.B. fünf Punkte für einen Straßenjungen, der auf dem Markt
gestohlen hat oder fünfzig Punkte für eine gefundene Leiche
– und die Verdopplung der Punkte, falls das Ereignis korrekt
vorhergesagt wurde.
Das Auftreten der Ereignisse muss von einem weiteren Gardisten
bestätigt werden, aber nicht alle Beteiligten spielen fair: Einige
Gardisten sind bereits dazu übergegangen, Vorfälle zu erfinden
und Unschuldigen Verbrechen unterzuschieben, um ihre Positi-
on in der Liga zu verbessern.
Die Liga ist zwar offiziell verboten, ihre Existenz aber ein offenes
Geheimnis. Die Garnisonen der verschiedenen Stadtteile spielen
dabei gegeneinander und manchmal sind auch die Hauptleute
in das Spiel involviert, indem sie ihre Leute anfeuern und das
Abschneiden im Spiel als Gradmesser für den Erfolg ihrer Leute
bei der Verbrechensbekämpfung sehen. Es gibt allerdings auch
viele Gardisten, die diese Machenschaften verachten und versu-
chen, die Wetten einzudämmen oder sich zumindest davon zu
distanzieren.
Leiter und oberster Buchmacher der Schurkenspielliga ist aktuell
Gaior Setilus (Mensch, *943 LZ, unordentlich, geschwätzig), ein
selbst wenig erfolgreicher Elucator aus der Hauptgarnison.
Verbündete und Feinde
Die Traevisbande ist eine Verbrecherorganisation, die seit Jah-
ren in Ultia ihren Geschäften nachgeht. Sie liefern verbotene
Drogen, organisieren Raubzüge und betreiben Schutzgelder-
pressung. Geführt wird die Bande von dem Geschwisterpaar
Traevis – Scippo Traevis (Mensch, *964 LZ, lange Locken,
lispelt, reizbar) und seiner Schwester Cotta Traevis (Mensch,
*967 LZ, Schlangentattoo am Hals, gnadenlos) – die zudem
einen regen Handel mit Schriftrollen, Strukturgebern und
Zauberspeichern betreiben, damit ihre Bandenmitglieder für
jedes Verbrechen immer den passenden Zauber zur Hand ha-
ben. Dabei sind sie der Garde immer einen Schritt voraus,
vor allem, weil Cotta dafür sorgt, den richtigen Leuten genug
Geld zuzustecken.
Die Leibgarde von Valerius III. agiert zum persönlichen
Schutz des Königs vornehmlich im Palastareal, arbeitet aber
oft eng mit der Löwenschildgarde zusammen und gewährt
ihr Unterstützung. Die beiden Garden verbindet dabei eine
meist freundschaftliche Rivalität, die jedoch in jüngster Zeit
zunehmend auf eine Zerreißprobe gestellt wird, je öfter die
Leibgarde in Fällen von Korruption und Schlamperei bei der
Löwenschildgarde über ihre eigentlichen Befugnisse hinaus
den Ausputzer gespielt hat – was die eine Seite als unerträgli-
che Einmischung und die andere als Bestätigung ihres Dün-
kels betrachtet.
Szenarioansatz
Flacca heuert die Abenteurer an, ihr bei der Aufklärung der
Mord­anschläge auf ihre Person zu helfen. Sie hat die Traevisbande
als Drahtzieher im Verdacht, geht aber davon aus, dass sie mit
einem Verbündeten innerhalb der Garde zusammenarbeiten, da
die Durchführung einzelner Anschläge internes Wissen vorausge-
setzt hat. Sie bittet die Abenteuer, bei der Traevisbande zu ermit-
teln, da sie selbst dort zu bekannt ist und nicht sicher sein kann,
welchen Gardekollegen sie gerade trauen kann.
Die Abenteurer beschatten oder unterwandern die Bande und
folgen den Spuren zu den gekauften Gardisten, internen Machen-
schaften und Rivalitäten, bis sich folgendes Bild ergibt: Die Mor-
danschläge hat der Gardist Caenius verübt, ein leidenschaftlicher
Spieler der Schurkenspielliga. Er bekam vor einer Weile „zufällig“
Informationen von einem Mitglied der königlichen Palastwache,
dass Flacca im Auftrag der Palastwache Beweise über den Verfall
der Garde sammelt und zahlreiche Köpfe rollen werden, sobald
die Ermittlungen abgeschlossen sind. Caenius fürchtete daher um
seine Zukunft – was er jedoch nicht weiß: der angebliche Palast-
wächter ist in Wahrheit ein Mitglied der Traevisbande, das ihn für
den Mord instrumentalisiert, da die Bande bei einer solchen Tat
möglichst weit im Hintergrund bleiben möchte.
Einen Löwenschildgardisten spielen
Wenn Sie ein Mitglied der Löwenschildgarde spielen
wollen, müssen Sie sich zunächst überlegen, ob es sich
um ein noch aktives Mitglied handelt. In dem Fall wäre
der Einsatzort des Gardisten in der Regel auf die Stadt
selbst beschränkt und eine solche Variante bietet sich da-
her vermutlich nur an, wenn Sie mit ihrer ganzen Grup-
pe beschließen, die Stadt Ultia und ihre Garde in den
Mittelpunkt Ihrer Abenteuer zu stellen.
Als ehemaliges, freigestelltes oder inaktives Mitglied
der Löwenschildgarde kann Ihr Abenteurer aber pro-
blemlos Teil einer gewöhnlichen Abenteurergruppe
werden. Es gibt einige Gardisten, die – desillusioniert
von korrupten Kollegen und der unwilligen Führung
– die Garde verlassen und sich ein anderes Betätigungs-
feld suchen. Gerade die Elucatoren sind aufgrund ihrer
Ermittlungsfähigkeiten auch für andere Auftraggeber
gefragte Experten.
Stichpunkte zur Ausgestaltung
Tracht: die Stadtwachen tragen blaue Tuniken und ei-
nen kurzen Umhang mit dem Löwensymbol. Eluca-
toren sind manchmal auch in unauffälliger Kleidung
unterwegs und können sich dann mit einer Löwen-
schildbrosche zu erkennen geben.
Bevorzugte Ausbildungen: Entdecker (Elucator), Kämpfer
Bevorzugte Schwächen: Bestechlich, Hochmut, Vorurteile
Wichtige Fertigkeiten: Klingenwaffen, Stangenwaffen,
Athletik, Empathie, Länderkunde, Redegewandt-
heit, Straßenkunde, Wahrnehmung
Wichtige Magieschulen: Bannmagie, Beherrschungsma-
gie, Erkenntnismagie
Ausbildungsvariante: Elucator
(Variante des Entdeckers)
Voraussetzung: Kultur Patalis; Stärken: Literat muss ge-
wählt werden; Fertigkeiten: Empathie +1, Heilkunde
+2, Straßenkunde +3, Naturkunde -2, Tierführung -1,
Überleben -3, keine Seefahrt wählbar; Meisterschaften:
Empathie (Rede mit mir) statt Länderkunde (Univer-
salgelehrter), Wahrnehmung (Umgebungssinne [Stadt])
muss gewählt werden
65
 Die Mediatorengilde
umtriebige Vermittler und Friedensstifter
Die Mediatorengilde, mit ihrem Hauptsitz in der mertalischen
Stadt Fulnia, ist eine weithin angesehene Organisation, deren
Mitglieder wichtige Geschäftsabschlüsse vermitteln, Friedensver-
handlungen leiten oder als Diplomaten Expeditionen begleiten,
um das Zusammentreffen mit fremden Völkern harmonisch zu
gestalten.
Die Mediatoren unterstützen ihr Verhandlungsgeschick durch
geeignete Magie, befolgen dabei aber einen strengen Kodex, der
sie zu strikter Neutralität und Verschwiegenheit verpflichtet, wes-
wegen man die Gilde gerne bei delikaten politischen Streitfällen
oder Geheimverträgen als Vermittler einbindet.
Hintergrund
Um das Jahr 900 LZ taten sich Rechtsgelehrte aus der mertali-
schen Metropole Aurigion zusammen, legten ihr Richteramt nie-
der und gründeten eine Gilde. Statt im Dienst der Stadt Recht
zu sprechen, boten sie fortan ihre Dienste gegen Honorar den
aurigischen Magnaten und Handelsherren an: So vermittelten
sie in komplizierten Streitigkeiten oder fungierten als Berater bei
Handelsabkommen, bevor die Angelegenheiten vor Gericht gin-
gen und dadurch allgemein bekannt wurden.
Schnell verbreitete sich Kunde von den Erfolgen der Mediato-
ren unter den Magnaten des Städtebundes. Die frisch gegründete
Gilde wuchs und gedieh und konnte schon wenige Jahre spä-
ter Niederlassungen in Aylantha (921 LZ) und Fulnia (928 LZ)
gründen, denen bald Gildenhäuser in den übrigen Metropolen
des mertalischen Städtebundes folgten.
Endgültig in den Rang einer der wichtigsten Organisationen des
Städtebundes und darüber hinaus stieg die Gilde dann 967 LZ
auf: Der Rat der Stadtherren mit Sitz in
Fulnia, die oberste politische Instanz des
Mertalischen Städtebundes, entschloss
sich, die Ratssitzungen fortan von Me-
diatoren der Gilde leiten zu lassen,
woraufhin die Gilde ihre fulnische
Niederlassung zu einem repräsen-
tativen Prachtbau vergrößerte
und 978 LZ schließlich ihren
Hauptsitz hierher verlegte.
66
Motivation
Alle Mediatoren eint die Überzeugung, dass Konflikte besser
durch Diplomatie und Verhandlungen, statt durch bewaffne-
te Auseinandersetzungen und Kriege, gelöst werden sollten –
nicht zuletzt, weil dadurch die Mediatoren das Geld verdienen,
das sonst für Söldnerheere und Kriegsgerät ausgegeben würde.
Darüber hinaus wollen die Mediatoren Akzeptanz und bin-
dende Kraft von gesiegelten Verträgen und Abkommen för-
dern, da dies nicht zuletzt ihre eigene Bedeutung stärkt.
Es gibt Mediatoren, die in diesem Sinne ausschließlich ihre eigenen
Interessen fördern, doch die Gilde als Ganzes und vor allem ihr Füh-
rungsstab verfolgen durchaus übergeordnete idealistische Absichten
und sehen Ruf und Reichtum in erster Linie als Mittel zum Zweck.
Ziele
Die Gildenoberen streben einen dauerhaften Frieden zwi-
schen den Völkern und Reichen Dragoreas und perspekti-
visch für ganz Lorakis an. Durch ausreichend geschickte
Verhandlungen und Diplomatie sollen Krieg und Kampf
letztlich vollständig obsolet werden.
In diesem Kontext ist auch das Expansionsbestreben der Gil-
de zu sehen, denn zunächst muss natürlich allen Völkern der
Rat und die Hilfe der Mediatoren nahegebracht werden.
Ein wichtiger Weg, um die Völker friedlich zu verbinden, ist
die Mehrung des allgemeinen Wohlstands, vor allem
durch freien Handel. Frieden und der Abbau von Zöl-
len oder Einfuhrkontrollen begünstigen das Ansam-
meln von Reichtümern und materiellen Gütern.
Gut saturierte Bürger neigen wiederum selte-
ner zu kriegerischen Handlungen und
sind eher offen für diplomatische Kon-
fliktlösungen.
 Momentan arbeiten die Mediatoren daran, ein Freihandels-
abkommen zwischen Zwingard und dem Städtebund auszu-
handeln, doch das ist nur der erste Schritt: Es laufen bereits
Gespräche mit einigen selenischen Handelshäusern, um ähnli-
ches auch hier in die Wege zu leiten – was als fremdländische
Einflussnahme vom Kaiserhaus in Sarnburg kritisch beäugt wird.
Seit Jahrzehnten arbeiten Theoretiker und Philosophen
im Gildenhauptquartier an der Theorie vom universellen
Gleichgewicht der Interessen und Absichten, bei dem sich
keine Seite übervorteilt fühlt und keiner mehr einen Vorteil
davon hat, sich auf Kosten der anderen zu bereichern.
Als ultimativer praktischer Feldversuch dieser Theorie arbeitet
man mit Gelehrten aus Taupio an einer lorakisweiten, allge-
meinen Friedensordnung und versucht zu diesem Zweck auch
legendäre Weise wie den Lamassu Jamgon in Turubar oder die
Simurghen Pash Anars für die eigene Sache zu gewinnen.
Die Gilde versucht sich gerade gegen einige Widerstände in
Ioria zu etablieren. Zunächst dient dies der Ausweitung der
eigenen Machtbasis, doch langfristig will man hier einen Rat
der Völker und Reiche einrichten, der unter der Leitung der
Mediatorengilde lorakisweiten Frieden schafft.
Hierarchie und Struktur
Unter den einfachen Mitgliedern der Gilde herrscht eine ver-
gleichsweise flache Hierarchie. Jeder Mediator kann weitgehend
selbstständig Aufträge annehmen und verfolgen. Eine Rangord-
nung besteht eher informell: Persönliche Empfehlungen von zu-
friedenen Klienten und der persönliche Ruf sorgen dafür, dass
bestimmte Mediatoren ausschließlich in den höchsten Kreisen
verkehren, während andere nur bei den jährlichen Verhand-
lungen zwischen der Rattenfängergilde und der Stadtobrigkeit
vermitteln dürfen. Neben unterschiedlich ausgeprägten diploma-
tischen und magischen Fähigkeiten hängt dies auch vom jeweili-
gen Talent zur Selbstdarstellung und -vermarktung ab.
Titulatur und feste Ränge finden sich dagegen naturgemäß in
der Verwaltungsebene der Gilde: Jedem der Gildenhäuser in den
neun mertalischen Metropolen steht ein Regionalkoordinator vor,
der einen Stab aus Abteilungsleitern, Archivaren, Scriptoren und
weiteren Dienern unter sich hat. Kleinere Niederlassungen werden
von einem Gildenemissär mit einer Handvoll Mitarbeitern geleitet.
An der Spitze der Gilde steht die Supervisorin und ihr Beratergre-
mium, das aus der Hohen Emissärin, dem Groß-Archivar und der
Strategischen Koordinatorin besteht.
Ressource Rang
Wert Titel Bedeutung
1 Mediator einfaches Gildenmitglied
2 erfahrener Mediator Gildenmitglied mit höherem Ansehen
Vorsteher einer Abteilung in einem
3 Abteilungsleiter
Gildenhaus oder Gildenemissär
4 Regionalkoordinator Vorsteher eines Gildenhauses
Hoher Emissär, Groß-Archivar und
5 Berater
Strategischer Koordinator
6 Supvervisor Anführer der Gilde
Der Kodex
Die Einhaltung ihres strengen Kodex ist einer der wichtigsten
Gründe für den Erfolg der Gilde. Daher wird Mediatoren,
die gegen den Kodex verstoßen haben sollen, umgehend vor
einem Gildentribunal der Prozess gemacht. Im Schuldfall
wird der Delinquent nicht nur aus der Gilde ausgestoßen,
sondern ihm wird üblicherweise auch die Zunge herausgeris-
sen und sein Handrücken wird mit einem im Mertalischen
Städtebund allgemein bekannten Symbol für Wortbrüchige
gebrandmarkt.
Zu den wichtigsten Geboten im Kodex der Gilde zählen die fol-
genden:
Neutralität: Ein Mediator bemüht sich stets beiden Kon-
fliktparteien gerecht zu werden und ihre Interessen in einen
Ausgleich zu bringen, egal von wem er angeheuert wurde.
Zum Teil wird dies auch so interpretiert, dass die Gilde nur
auf Auftrag tätig werden und keine eigene Agenda verfolgen
darf, aber gerade die Gildenführung macht sich diese Lesart
nicht zu eigen.
Freiheit und Verantwortung: Mediatoren sind frei in der
Entscheidung, ob sie einen Auftrag annehmen oder nicht
und ebenso in der Auswahl der Aufträge. Die Gilde kann
Mitgliedern Vorschläge machen, ihnen aber nichts vorschrei-
ben. Im Gegenzug ist jeder Mediator selbst verantwortlich
für den Erfolg oder Misserfolg, wie auch für mögliche Folgen
seiner Intervention. Benötigt die Gilde die Dienste eines Mit-
glieds, muss sie selbst als Auftraggeber fungieren.
Diskretion: Ein Mediator gelobt komplette Verschwie-
genheit über jegliche Informationen oder Vertragsgegen-
stände gegenüber Außenstehenden. Ausgenommen sind
dabei andere Gildenmitglieder sowie die beiden Vertrags-
parteien. Letzter Punkt ist besonders delikat und manch
unerfahrener Mediator hat sich hier schon mächtig in die
Nesseln gesetzt, wenn er durch ein zum richtigen Zeit-
punkt enthülltes Geheimnis die Verhandlungen zu einem
Erfolg geführt, aber seinen Auftraggeber gegen sich auf-
gebracht hat.
Getreuliche Dokumentation: Ein Mediator wird seinen
kompletten Auftrag und jegliche damit in Verbindung ste-
hende Information niederschreiben und den Archiven der
Gilde überlassen, ohne etwas hinzuzufügen, wegzulassen oder
zu verändern.
Keine Vorteilsnahme: Mediatoren erfahren oft frühzeitig
von lukrativen Handelsunternehmungen oder anderen viel-
versprechenden Geschäftsmöglichkeiten. Sie garantieren al-
lerdings, dass sie diese Informationen nicht zur persönlichen
Bereicherung einsetzen. Die Gilde hingegen tätigt durchaus
Investitionen und Spekulationen aufgrund der archivierten
Informationen ihrer Mitglieder.
Mitglieder
Alle Mitglieder leisten einen Schwur auf die Gilde und ihren Ko-
dex und führen den Zehnten ihrer Honorare als Beitrag an die
Gilde ab. Außerdem müssen sie regelmäßig über ihre Kontrakte
Bericht erstatten und nach beendetem Auftrag eine schriftliche
Dokumentation an die Gilde weiterleiten.
Dafür erhalten die Mitglieder ein Rollsiegel, mit dem sie Verträge
und Abkommen im Namen der Gilde siegeln können und haben
67
das Recht, die Mediatorenmaske zu tragen: Eine perlweiße Halb-
maske, welche die obere Gesichtshälfte bedeckt. Theoretisch soll
sie symbolisieren, dass die Persönlichkeit des Mediators hinter
seiner Funktion zurücktritt, doch faktisch bemühen sich viele
Mediatoren, ihre Maske besonders individuell zu gestalten und
zu einem Markenzeichen zu machen. Bei einigen ist die Maske
sogar ein arkaner Talisman, der die Mediatoren bei ihrem magi-
schen Wirken unterstützt.
Ausbildung
In den neun Gildenhäusern wird geeigneter Nachwuchs ab einem
Alter von vierzehn Jahren in Rechtskunde, Gesprächsführung,
Empathie und Rhetorik geschult. Ebenfalls werden die angehen-
den magischen Unterhändler in Beherrschungs-, Erkenntnis und
Schutz- sowie teilweise auch Illusionsmagie ausgebildet. Nach
der dreijährigen Ausbildung begleiten sie einen erprobten Medi-
ator als Assistent, bis sie ihren Schwur ablegen und allein prakti-
zieren dürfen.
Teilweise treten auch erfahrene Rechtsgelehrte, Seelenheiler oder
anderweitig Begabte der Gilde bei, die nach einer ersten Über-
prüfung ihrer Reputation zunächst Mediatoren auf Widerruf
sind, bis sie Dokumentationen ihrer ersten drei erfolgreichen
Aufträge an das Archiv übergeben haben.
Bedeutende Angehörige
Supervisorin Divna Banat (Mensch, *939 LZ, füllig, ein-
fühlsam, Maske mit Augen aus nuumischem Blauglas) ist
eine der begabtesten Diplomatinnen von Lorakis und eine
intime Kennerin dragoreischer Politik. Es heißt, sie setze in
großem Umfang Gedankenlesen ein und verhelfe Verhand-
lungen mitunter durch mächtige Beherrschungsmagie zum
Erfolg – alles natürlich stets mit dem Ziel eines universellen
Friedens vor Augen. Angeblich soll sie gemeinsam mit Ma-
giern aus Nuum zu diesem Zweck sogar Studien zur Mas-
senbeeinflussung in Dörfern des mertalischen Hinterlands
durchführen.
Groß-Archivar Gilvan Massenik (Alb, *882 LZ, hager, getrie-
ben, kleine Maske mit Goldornamenten) verfügt über einen
unermesslichen Hort an Informationen und Geheimnissen,
da er theoretisch Aufzeichnungen über jeden jemals ange-
nommenen Auftrag der Gilde einsehen kann. In erster Linie
nutzt er dies, um die Hypothese vom allumfassenden Interes-
sens-Gleichgewicht zu verfeinern, der Massenik-Balance, wie
zumindest er als Vordenker diese Theorie ganz unbescheiden
nennt.
Der junge, enthusiastische Mediator Marvan Zulmek
(Mensch, *967 LZ, gepflegt, zuvorkommend, schlichte Mas-
ke mit geschwungenen Augenbrauen) bietet seine Dienste
mit Vorliebe im dalmarischen Thronfolgestreit an, vermittelt
zwischen verfeindeten Kriegsherren in Termark oder möchte
den Kontakt zu blutrünstigen Jaguarkriegern herstellen. Egal,
ob er sich damit überaus idealistisch für die Ziele der Gilde
einsetzt oder sich nur in Gefahr begibt, um seinen eigenen
Ruhm zu mehren, die Gilde muss immer wieder jemanden
aussenden, um Marvan zu retten.
68
Ressourcen und Mittel
Die wichtigste Ressource der Gilde ist ihr guter Ruf: Die Prä-
senz eines Mediators bei Verhandlungen gilt als Garant, dass die
Interessen beider Seiten ausreichend berücksichtigt werden. Die
Beauftragung eines Mediators ist somit Beweis, dass man an ei-
nem fairen Handel interessiert ist. Doch auch der Umkehrschluss
nützt der Gilde: Zieht man bei wichtigen Verhandlungen keinen
Mediator zu Rate, scheint es offensichtlich, dass eine Seite über
den Tisch gezogen werden soll. Diese beiden Faktoren sind maß-
geblich für den großen Erfolg und das schnelle Wachstum der
Gilde rund um die Alben- und Kristallsee.
Politischer Einfluss
Zunächst einmal verfügt die Gilde über großen politischen Ein-
fluss, denn sie ist bei nahezu allen wichtigen Entscheidungen
im Mertalischen Städtebund beratend eingebunden, aber auch
generell an den Küsten des Binnenmeers aus manchen politi-
schen Verhandlungen nicht mehr wegzudenken. Zwar handeln
die Mediatoren dabei – zumindest dem Ideal nach – stets aus-
schließlich im Interesse der Konfliktparteien, aber die von ih-
nen vorgeschlagenen Kompromisse oder Vertragsentwürfe sind
doch häufig entsprechend den Zielen und Idealen der Gilde
gefärbt.
Das Archiv der Mediatorengilde
Bezüglich das Archivs der Mediatorengilde gibt es ein häufiges
Missverständnis, denn es gibt gar nicht nur ein Archiv: Jedes
Gildenhaus unterhält ein eigenes, gut gesichertes Archiv, in dem
Dokumentationen jedes Auftrags und jeder Verhandlung lagern.
Theoretisch sollten sich im Haupt-Archiv zu Fulnia Duplikate
aller Akten befinden, aber de facto dauert es häufig ewig, bis Ab-
schriften aus allen Gildenhäusern hier eintreffen. Dennoch sind
die Archive ein Hort von brisantem Wissen und pikanten Ge-
heimnissen und ein wichtiger Grund, warum es sich niemand
mit der Gilde verscherzen will.
Umso mehr gilt das für das akribisch gesicherte Geheim-Archiv
auf Aurigion, in dem Akten mit der höchsten Geheimhaltungs-
stufe lagern. Über Näheres schweigt sich die Gilde aus, sodass es
nur Gerüchte über den Inhalt und die Sicherungsmaßnahmen
gibt.
Materielle Güter
Mit Klienten in den wohlhabendsten Kreisen und entsprechen-
den Honoraren verfügt die Gilde über immense materielle Reich-
tümer. Ein Großteil davon ist Grundbesitz in den mertalischen
Metropolen, in erster Linie natürlich die prächtigen Gildenhäu-
ser. Darüber hinaus besitzt die Gilde aber auch ganze Straßenzü-
ge und Mietskasernen.
Somit greifen Mediatoren bei Aufträgen auf große Finanzmittel
für Gastgeschenke, Artefakte, Fortbewegungsmittel oder Leibwa-
chen zurück, stellen diese Posten später aber teilweise auch dem
Auftraggeber in Rechnung.
 Vorgehen
Im Kerngeschäft der Gilde, der Leitung von und Vermittlung bei
Verhandlungen, setzen die Mediatoren vor allem auf das gespro-
chene Wort: Rhetorisches Geschick, Einzelgespräche mit beiden
Parteien, und kompetente Moderation von Streitgesprächen sind
hierbei Mittel der Wahl. Zudem sind Mediatoren geübt darin,
für eine positive Stimmung bei den Verhandlungen zu sorgen.
Bei beidem greifen sie auch häufig zur Magie, sei es mit einem
einfachen Einstellung verbessern, der illusorischen Erzeugung von
Wohlgerüchen oder dem magischen Absenken der Raumtempe-
ratur, um die Verhandlungen zu beschleunigen.
Darüber hinaus kennt die Gilde durch ihr umfangreiches Archiv
(oder geschickt eingesetzte Erkenntnismagie) die wahren Absich-
ten eines Klienten oft besser als dieser es offen zeigt und kann so
unvorhergesehene Kompromisse vorschlagen.
Bei der Verfolgung der eigenen Ziele geht die Gilde noch subtiler
vor: Man deutet vage an, dass man in Zukunft keine Zeit mehr für
einen bestimmten Klienten hätte, wenn dieser sein Verhalten nicht
ändert, oder erwähnt, welche Geheimnisse in den eigenen Archi-
ven schlummern. Eine weitere beliebte Taktik ist es, zwischen den
Rivalen eines Feindes Frieden zu stiften, sodass sich dieser plötzlich
einer geeinten, starken Opposition gegenübersieht und die Media-
toren komplett im Hintergrund bleiben können.
Verbündete und Feinde
Die Mertalische Kaufherrenvereinigung ist oft ein enger Ver-
bündeter der Mediatorengilde, denn viele Ziele der beiden
einflussreichen Organisationen decken sich. Gerüchteweise
nehmen die Mediatoren hier ihr Neutralitätsgebot nicht im-
mer so genau, denn häufig gehen Verhandlungen zu Gunsten
dieser geschätzten Kunden aus, doch natürlich lässt sich so
etwas nie nachweisen. Wo unter den Kaufleuten allerdings
Kriegsgewinnler sind, die ein Interesse an bewaffneten Kon-
flikten haben, ist die Eintracht schnell vorbei.
Einige der ursprünglichen Gründer der Gilde waren zuvor
Rechtsberater für das Bankenkonsortium von Aurigion und
auch heute noch ist man oft verbündet. Den Umzug des Gil-
denhauptquartiers nach Fulnia nehmen die stolzen aurigischen
Bankiers der Gilde aber immer noch übel. Außerdem pflegt
man eine gewisse sportliche Konkurrenz darin, wer mehr pi-
kante Geheimnisse über einflussreiche Personen kennt.
Ärgster Konkurrent der Mediatoren ist der Iorische Advoca-
tenzirkel, der vor allem die Expansion der Gilde in die Mil-
lionenstadt in der Kristallsee behindert, sich in den letzten
Jahren aber auch selbst im ganzen Binnenmeerraum an zah-
lungskräftige Kunden verdingt. Anders als die Mediatoren
geht es den iorischen Advocaten selten um Kompromisse,
sondern sie versuchen mit geschickten juristischen Winkel-
zügen nur die Interessen ihrer Klienten durchzuboxen.
Pilmeka Ragades (Zwerg, *895 LZ, wirres Haar) ist eine para-
noide Verschwörungstheoretikerin, die davon überzeugt ist,
dass die Mediatoren magische und alchemistische Metho-
den der Gedankenkontrolle anwenden, um alle unter ihre
Kontrolle zu zwingen. Aus diesem Grund sabotiert sie aktiv
Verhandlungen, versucht nachhaltig den Ruf der Gilde zu
schädigen und hat sogar schon eine kleinere Niederlassung
der Mediatoren in Mydalis niedergebrannt.
Szenarioansatz
Vilsena Tigris (Albin, *898 LZ, aufwendige Hochsteckfrisur,
leutselig) ist ein schwarzes Schaf unter den Mediatoren: Nach
außen strikt neutral, unterstützt sie stets die Seite, die ihr mehr
zahlt. Zudem versucht sie mit Hilfe der Interna durch riskante
Handelsspekulationen zusätzlichen Gewinn herauszuschlagen.
Ein Regionalkoordinator der Gilde (oder ein geprellter Ver-
handlungspartner eines ihrer Klienten) beauftragt die Aben-
teurer, Beweise für ihren Bruch des Kodex zu besorgen und
der Missetäterin das Handwerk zu legen. Dazu müsste man
ihr etwa nachweisen, dass die an die Gilde übersandten Doku-
mentationen nicht mit dem wahren Verlauf der Verhandlungen
übereinstimmen oder sie durch fingierte Verhandlungen in eine
Falle locken. Möglicherweise ist auch ein Einbruch in ihr lu-
xuriöses Landhaus vor den Toren Drevilnas nötig, wo sie die
echten wahrheitsgetreuen Protokolle als Druckmittel gegenüber
ihren Klienten aufbewahrt.
Einen Mediator spielen
Ein Mediator handelt meist äußerst selbstständig und
fügt sich daher auch gut in eine reisende Abenteurer-
gruppe ein. Gerade wenn ein Auftrag ihn in die Ferne
führt, mag er sich gerne Reisegefährten suchen und
kann diesen in gesellschaftlichen Situationen eine
wertvolle Hilfe sein, wenngleich er sich häufig nervtö-
tend neutral gibt und sich aus Entscheidungen her-
aushält.
Oder er ist bei einem Auftrag in den Besitz von gefähr-
lichem Wissen gekommen, das er auf keinen Fall den
Gildenarchiven übergeben will oder musste aus ande-
ren Gründen den Kodex der Gilde brechen. Da ihm zu
Hause ein Gildentribunal droht, ist er gezwungen, zu
reisen und wird möglicherweise verfolgt.
Stichpunkte zur Ausgestaltung
Tracht: neben Mediatorenmaske und Rollsiegel (oft am
Gürtel getragen) keine besondere Tracht
Bevorzugte Ausbildungen: Magischer Unterhändler (Me-
diator), Ränkeschmied
Bevorzugte Schwächen: Kodex, Selbstgerecht, Weichher-
zig
Wichtige Fertigkeiten: Anführen, Diplomatie, Empathie,
Redegewandtheit, Wahrnehmung
Wichtige Magieschulen: Beherrschungsmagie, Erkennt-
nismagie, Schutzmagie
Ausbildungsvariante: Mediator
(Variante des Magischen Unterhändlers)
Diese Ausbildungsvariante finden Sie in Splittermond:
Die Regeln auf S. 62.
69
 Die Nachtfalken
Feenjäger der Starrekyng-Kirche
Feen, Werwesen, Untote und rücksichtlose Anwender schäd-
licher Magie stehen in den Augen der Starrekyng-Kirche den
Prinzipien von Wahrheit, Recht und Ordnung diametral entge-
gen. Für die Starrekyng-Kirche stellen diese Wesen
daher Gegner dar, die vom Orden der Nachtfal-
ken aufgespürt und vernichtet werden müssen.
Dabei gehen die Männer und Frauen des Or-
dens wenig zimperlich vor, was sie in Nyrdfing
mitunter zu umstrittenen Figuren macht. Denn
der Auftrag des Ordens bringt es mit sich, dass
Nachtfalken meist dann mit der Bevölkerung in
Kontakt treten, wenn es Missstände und Geg-
ner zu bekämpfen gilt – und dies geht nicht im-
mer ohne Kollateralschäden vonstatten.

Hintergrund
Durch die Nähe zu Tir Durghachan mit dessen
vielen Übergängen in die Anderswelt, sind auch
in Nyrdfing Feen sehr häufig. Die magischen
Kreaturen suchen Kontakt zu Sterblichen, was
allzu häufig nicht zum Wohle der Sterblichen
geschieht – Feenmagie und -pakte werden
daher in Nyrdfing von vielen mit Skepsis be-
trachtet. Aber auch Werwesen, Untote und
andere magische Bestien finden in dem Land
seit alters her Beute und verbergen sich in den
unzugänglichen Wäldern.
Eine Gruppe Goden konnte 610 LZ den damaligen
Erz-Godenrade und den König von der Gründung eines
Ordens zur aktiven Abwehr magischer Feinde überzeugen
– der Orden der Nachtfalken wurde gegründet. Selten gab es
in den folgenden Jahrhunderten mehr als 100 Ordensmitglie-
der, allerdings war der Einfluss des Ordens auf Kirche, Adel und Be-
Motivation
völkerung aufgrund seiner Erfolge im Kampf gegen die magischen Die Nachtfalken wollen die Bewohner Nyrdfings vor den kor-
Gefahren immer groß. Feen, finstere Magier und mächtige Untote rumpierenden Einflüssen der Feen und ihrer Magie schützen.
versuchten daher immer wieder, den Orden zu korrumpieren und Ebenso sind sie daran interessiert, weitere in ihren Augen schädli-
einzelne Nachtfalken fielen Einflüsterungen, Verlockungen und che Ausprägungen der Magie zu verfolgen, worunter für sie etwa
Erpressungen zum Opfer –der Orden selbst blieb jedoch bestehen. Werwesen und Untote fallen – aber auch jene sterblichen Zau-
Um 725 LZ versuchte der damalige Erz-Godenrade Leofwine berwirker, die mit den Gaben der Götter anderen schaden.
den Orden in eine Art eigene Hausmacht umzuwandeln. Als
er jedoch einen Feenpakt einging, um ewiges Leben zu erlan- Ziele
gen, rächte sich die Nähe der Nachtfalken, die ihn für seine Feenwesen in Nyrdfing aufspüren und vernichten (oder zu-
Verfehlungen umbrachten. Seitdem lässt der jeweils amtierende mindest vertreiben).
Erz-Godenrade dem Orden meist viele Freiheiten. Zauberwirker, die die Ordnung in Nyrdfing gefährden, auf-
Versuche, eine feste Basis zu schaffen, wurden mehrmals unternom- spüren und unschädlich machen.
men, gaben den Feinden der Nachtfalken aber ein zu verlockendes Bestehende Pakte zwischen Feenwesen und Sterblichen zum
Ziel und führten mehr als einmal zur Zerstörung des Haupthauses Schaden der Andersweltlichen brechen.
des Ordens – zuletzt mit der Vernichtung von Burg Feyhammer im Wissen über das Vorgehen, die Ränke und die Bündnisse der
Jahr 845 LZ. Seit diesem Tag haben die Nachtfalken geschworen, Feenwesen sammeln (in Nyrdfing und darüber hinaus).
sich keine Heimat mehr zu geben, bis der Feind endgültig besiegt Die Bevölkerung über die Gefahren, die durch Feen und
und aus Nyrdfing vertrieben ist, sodass die einzelnen Ordensmit- Feenpakte drohen, informieren, sowie Kontakte zwischen der
glieder nunmehr rastlos durch das Königreich reisen. Bevölkerung und Feen soweit wie möglich unterbinden.

70
 Hierarchie und Struktur
Für einen Orden innerhalb der Starrekyng-Kirche, dessen
Mitglieder sich ausschließlich aus der Priesterschaft rekrutie-
ren, weisen die Nachfalken eine überraschend flache Hierar-
chie auf. Da der Orden selten mehr als 50 aktive Mitglieder
hat und jeder Nachtfalke auf eigene Faust umherreist, gibt es
wenig Grund für eine rigide Struktur.
Auch wenn sie im Normalfall einzeln agieren, arbeiten Nacht-
falken sofern nötig auch mit Ordensgeschwistern oder gar
Abenteurern zusammen, gerade wenn spezialisierte magische
Fähigkeiten erforderlich sind. Innerhalb der Starrekyng-Kir-
che untersteht der Orden direkt dem Erz-Godenrade, welcher
die einzelnen Nachtfalken zu Berichten über ihre Tätigkei-
ten ermahnt, ihnen ansonsten gemäß der Tradition aber freie
Hand lässt.
Wichtiger als Fragen der Hierarchie sind den Nachtfalken
Fragen des Glaubens: Es gibt unter den Nachtfalken viele, die
der reinen Lehre folgen und feeische Magie ohne Unterlass
bekämpfen und jedwede Verwendung solcher Magie ableh-
nen. Daneben finden sich aber auch Nachtfalken, die Feuer
mit Feuer bekämpfen wollen und daher nicht vor dem Ein-
satz von umstrittener Magie oder gar temporären Bündnissen
mit Feenwesen zurückschrecken. Keine dieser Fraktionen hat
sich jemals einen Namen gegeben, aber jeder Nachtfalke wird
sich im Laufe seines Wirkens einer mehr zugehörig fühlen
als der anderen. Es gab und gibt Wortführer jeder Denkrich-
tung, die in der Regel offene Konflikte mit ihren Ordensbrü-
dern haben.
Ressource Rang
Wert Titel Bedeutung
1 Nachtfalke Mitglied des Ordens
Mitglieder
Prinzipiell kann jeder Gode, wie die Priester des Starrekyng in
Nyrdfing genannt werden, ein Nachtfalke werden, sofern er die
Empfehlung und Mentorenschaft eines anderen Nachtfalken er-
langt. Wer sich als Gode im Kampf gegen Feen und Feenwesen
hervortut oder sich als überzeugter Verfechter von Wahrheit,
Recht und Ordnung im Sinne der Starrekyng-Kirche zeigt, kann
von einem Nachtfalken angesprochen und in den Orden einge-
laden werden.
Nach erfolgter Lehrzeit muss jedes neue Mitglied gegenüber
seinem Mentor das Versprechen ablegen, zu den Idealen der
Nachtfalken zu stehen und die Feinde der Kirche zu bekämpfen.
Ab diesem Zeitpunkt ist er ein eigenverantwortlich agierender
Nachtfalke.
Als Teil der Starrekyng-Kirche tragen Nachtfalken weiterhin die
traditionelle nachtblaue Robe mit Sternenmustern. Als Zeichen
ihrer Ordenszugehörigkeit tragen sie zudem die Stickerei eines
stilisierten Nachtfalkens auf Höhe ihres Herzens.
Bedeutende Angehörige
Gernot „Kyngeshammar“ de Ameyn (Zwerg, *930 LZ, düster,
grimmig) ist einer der bekanntesten Nachfalken, ob seiner
rabiaten Methoden aber auch einer der umstrittensten. Im-
mer wieder werden bei seinen Ermittlungen Unschuldige in
Mitleidenschaft gezogen, etwa als er das ganze Dorf Sutwyk
niederbrannte, um einer Vampirplage Herr zu werden. Da
er trotz (oder wegen?) seiner Methoden jedoch auch große
Erfolg im Kampf mit den Gegnern des Ordens hat, hält der
Erz-Godenrade aktuell noch seine Hand über ihn.
Olof ov Markolm (Mensch, *967 LZ, pedantisch, kompe-
tenter Bannmagier) gilt als der erfolgreichste Feenjäger im
aktiven Dienst. Diesen Ruf erwarb er sich vor einigen Jah-
ren durch die Auslöschung einer Gruppe Rotkappen nahe
der Grenze zu Tir Durghachan und der kürzlich erfolgten
Bannung des Feenkönigs Lichterwind. Insgeheim plagen
ihn allerdings Alpträume, die mittlerweile als Visionen und
Halluzinationen sogar tagsüber auftreten. Bislang hat er mit
niemandem darüber gesprochen, aber er befürchtet, Ziel fe-
eischer Magie geworden zu sein. Tatsächlich hat sich Lichter-
wind aus seiner Gefangenschaft befreien können und arbeitet
jetzt daran, Olof langsam in den Wahnsinn zu treiben, um so
Rache an ihm zu üben.
Warthara Paltyr (Mensch, *940 LZ, einsilbig, stechender
Blick) ist die versierteste Bannmagierin des Ordens und un-
terrichtet immer wieder Nachtfalken in dieser Magieschule.
Warthara forscht an einem Ritual, das Feen und Feenwesen
in eine Art Stasis versetzen und so unschädlich machen soll.
Allerdings hat sie das Ritual bislang nur in Teilen fertig,
möchte es aber an geeigneten Feenwesen testen, wozu sie sich
gerne der Hilfe von Abenteurern bedienen würde.
Die ehemalige Godenrade Esbyn (Gnomin, *939 LZ, feuerrote
Haare, redegewandt) hat sich nach einer schicksalhaften Be-
gegnung mit der Fee Schattenwohl vor zwei Jahren dem Orden
angeschlossen. Schattenwohl markierte die Gnomin mit dem
Mal der Wilden Jagd, woraufhin Esbyn das Ziel wetteifernder
Feenwesen wurde. Sie erkannte, dass ihr Verbleib als Würden-
trägerin der Starrekyng-Kirche sie nicht schützen würde und
schloss sich dem Orden an – und seit diesem Tag haben die
Angriffe aufgehört. Dies liegt jedoch nicht daran, dass die
Feenwesen Angst vor den Nachtfalken hätten, sondern viel-
mehr daran, dass Schattenwohl das Mal nutzt, um sich Zugang
zu den Träumen der Gnomin zu verschaffen und so ihr Wissen
über die Pläne der Nachtfalken anzuzapfen.
Bailifara (Mensch, *970 LZ, attraktiv, einnehmendes Wesen)
ist die Wortführerin derjenigen Nachtfalken, die Feuer mit
Feuer bekämpfen wollen. Sie hat sich Wissen über feeische
Beherrschungs-, Kampf- und Schattenmagie angeeignet, wel-
ches sie bei der Bekämpfung ihrer Gegner ohne zu zögern
einsetzt – womit sie in der Sicht mancher Ordensgeschwister
selbst kurz davor steht, ein Ziel des Zorns der Nachtfalken zu
werden. Bei einem Einsatz vor sieben Monaten tötete sie den
unschuldigen Richaerd, den einzigen Sohn des Kyngsharbe-
ner Pelzhändlers Rownar Wythwara (Mensch, *940 LZ, von
Trauer gezeichnet, erfahrener Jäger), der seitdem auf Rache
an der „feigen Mörderin“ sinnt.
71
 Ressourcen und Mittel Artefakte
Der Orden der Nachtfalken hat zwar keine feste Basis, aber Nachfalken haben sehr unterschiedliche Ansichten über die Nut-
trotzdem im Laufe der Jahrhunderte durch Spenden und Un- zung von Artefakten, vor allem in der Frage, ob feeische oder
terstützung der Kirche ein ansehnliches Vermögen angehäuft. schwarzmagische Artefakte und Relikte genutzt werden dürfen.
Dieses wird nicht nur zum Erwerb von Artefakten und zur Wenn sich ein Nachtfalke zur Nutzung entschließt, betritt er
Unterstützung der Mitglieder genutzt, sondern auch zur Lin- eventuell einen Pfad, der ihn langsam in sein Verderben führt
derung der Not jener Nyrdfinger, die Opfer feeischer Magie (zumindest in den Augen mancher Ordensgeschwister). Die
geworden sind. Starrekyng-Kirche unterhält in Catley jedoch auch ein Archiv
Starrekyng-gefälliger Relikte, wo mancher Nachfalke auf der Su-
che nach einem Hilfsmittel für einen bestimmten Auftrag fün-
Gefährten und Gefolge dig werden kann. Ebenso befinden sich in einigen Nyrdfinger
Nachtfalken stellen schnell fest, dass sie bei aller individuellen Klostern versteckte Strukturgeber und andere Artefakte, die von
Kompetenz nicht allmächtig sind. Unter den Gläubigen, denen Nachtfalken dort für Notfälle oder für einmalige Gelegenheiten
sie auf ihren Reisen begegnen, rekrutieren sie häufig Kämpfer, deponiert worden sind.
Gelehrte, Mystiker und zwielichtigere Gestalten, um für alle
Eventualitäten gewappnet zu sein. Im weitesten Sinne stellt die
Nyrdfinger Bevölkerung ebenfalls Unterstützer der Nachtfalken
Vorgehen
dar, denn viele von ihnen informieren den Orden über verdäch- Bei ihrer Verfolgung von Magie, welche die göttergefällige Ord-
tige Umtriebe, die sie Feen, Werwesen oder Zauberkundigen zu- nung in Nyrdfing gefährdet, sind die meisten Nachtfalken we-
schreiben – nicht immer zurecht. nig zimperlich und nehmen Kollateralschäden billigend in Kauf.
Wenn beim Kampf gegen eine Fee, einen mächtigen Untoten
oder ein Werwesen ein oder zwei Häuser beschädigt werden, das
Getreide auf einem Feld verdorrt oder ein Unbeteiligter zu Scha-
AUS BEW INT KON MYS STÄ VER WIL den kommt, ist das für sie akzeptabel – immerhin führen sie den
2 4 4 3 2 4 3 7 Willen Starrekyngs aus und verhindern noch Schlimmeres.
Nachfalken gehen Hinweisen aus der Bevölkerung nach, lassen
GK GSW LP FO VTD SR KW GW sich von Sagen, Legenden und Liedern leiten oder befragen Rei-
5 10 9 28 26 2 26 29
sende nach ungewöhnlichen Begegnungen. Diese Nachforschun-
gen können, je nach Persönlichkeit, freundlich und respektvoll
sein, genauso aber auch anklagend und rücksichtslos.
Waffen Wert Schaden WGS INI Merkmale
Langschwert 21 1W6+5 6 8-1W6 Scharf 2

Typus: Humanoider Nachtfalken auf Abwegen

Monstergrad: 3 / 2
Fertigkeiten: Akrobatik 16, Anführen 16, Arkane Kunde 14, Ath-
letik 13, Entschlossenheit 21, Geschichten und Mythen 14, Heim-
lichkeit 14, Länderkunde 13, Wahrnehmung 23, Zähigkeit 19,
Bannmagie 18, Erkenntnismagie 11, Lichtmagie 10
Zauber: Bann 0: Zauberer behindern; I: Beherrschung aufheben;
II: Gegenzauber; III: Bannkreis gegen Feenwesen*; Erkenntnis 0:
Magie erkennen, I: Alarm, Wahrer Blick; II: Sechster Sinn; Licht I:
Gleißende Barriere; II: Gleißender Schild, Waffe des Lichtes
Meisterschaften: Klingenwaffen (I: Abdrängen, Umreißen; III:
Eleganter Klingenwirbel), Arkane Kunde (II: Feenkunde II*, Jäger
des Übernatürlichem [bestimmte Feenart]), Entschlossenheit
(III: Gesundes Misstrauen), Geschichten und Mythen (II: Jäger
des Sagenhaften [bestimmte Feenart]), Heimlichkeit (I: Überra-
schungsangriff I), Wahrnehmung (II: Blick für die Anderswelt*; III:
Blick hinter die Maske*, Unterschwellige Warnung), Bannmagie
(I: Bannende Hand; II: Konterzauberer, Wissens ist Macht), Er-
kenntnismagie (I: Telepathischer Schild), Lichtmagie (I: Streiter
des Lichts)
Beute: Langschwert Q3 (WGS -1, Schaden +1; 70 L), Strukturge-
ber Q2 (GW +1; 30 L), Leichte Kettenrüstung (12 L)
*siehe Jenseits der Grenzen S. 123-124
Das Leben eines Nachtfalken ist gefährlich und für Kör-
per und Geist gleichermaßen zehrend. So mancher zer-
bricht an seinem Dienst für den Orden, wird von einer
Fee auf einen falschen Pfad gelockt, oder wird selbst zu
dem Ungeheuer, das er eigentlich bekämpfen wollte. Es
sind diese Nachtfalken, die in ihrem Kampf halbe Wei-
ler aufgrund wenig stichhaltiger oder unter Folter ge-
wonnener Anschuldigungen angeklagt und hingerichtet
haben. Sie stellen die Ausnahme dar, aber prägen mit
ihren Taten das Bild des Ordens oft nachhaltig.
Naturgemäß sind das Gebiet um den Windsteig und die Regio-
nen Nyrdfings, in denen die Grenzen zur Anderswelt nahe sind,
Schwerpunkte der Nachtfalken. Aber auch in den abgelegenen
Gebieten des Landes sind sie anzutreffen, finden doch viele Feen,
Werwesen und Untote besonders bei der darbenden, verzweifelten
Bevölkerung abgelegener Weiler und Dörfer Beute. Ein Nachtfal-
ke wird nach Möglichkeit einen Gegner direkt konfrontieren und
ihn mithilfe von Schwert, Feuer und Bannmagie vernichten oder
zumindest zu vertreiben versuchen. Da dies oft ihre eigenen Kräfte
übersteigt, sind sie häufig nicht allein unterwegs, sondern in Be-
gleitung eines kampf- und magiestarken (und gläubigen) Gefolges.

72
 Verbündete und Feinde
Im südlichen Nyrdfing, nahe der Grenze zum Unreich, ver-
breitet eine von dem sadistischen Hadar (Rotkappe, alterslos,
kennt unzählige Foltermethoden, redet ohne Unterlass)
angeführte Gruppe Rotkappen seit einiger Zeit Angst und
Schrecken. Immer wieder fangen und foltern sie Einwohner
der Gegend, um sie dann freizulassen und so Nachtfalken
anzulocken. Bislang gelang es ihnen auf diese Weise bereits
viermal ein Ordensmitglied zu fangen und zu töten. Hadar
sucht dabei den Nachtfalken, der ihn vor einigen Jahren im
Kampf schwer verwundete und entstellte, um Rache an ihm
nehmen zu können.
Daeges Sudrafyl (Alb, *870 LZ, versierter Alchemist, liebt
das Essen) handelt im Grenzgebiet von Nyrdfing und Sele-
nia mit allerlei wunderlichen Waren, Alchemika und Ar-
tefakten. Als Kind musste er miterleben, wie Feenwesen
seine Schwester Seafryth (Albin, *899 LZ, leidenschaftliche
Sängerin) raubten. Seitdem hat er einen unbändigen Hass
auf alles Feeische. Er hat vor langer Zeit begonnen, mit
den Nachtfalken zusammenzuarbeiten, liefert ihnen Infor-
mationen, gibt Nachlass auf seine Waren und greift man-
ches Mal selbst zur Waffe. Seine Schwester hat mittlerweile
einen Pakt mit der Fee Eisenwald geschlossen, der ihr im
Austausch für 100 Jahre und einen Tag Dienerschaft eine
unwiderstehliche Gesangsstimme gibt, allerdings nur in der
Anderswelt. Sie hat daher weder Möglichkeit noch Motiva-
tion, ihre neue Heimat zu verlassen.
Godenrad Herklyf (Mensch, *952 LZ, Genussmensch, ver-
mögend) hat sich als kircheninterner Kritiker der Nachtfal-
ken positioniert. Ihm ist die lose Struktur des Ordens ein
Dorn im Auge, da sie seiner Auffassung von Recht und Ord-
nung entgegensteht. Er würde die Nachtfalken gerne in eine
neue, stark hierarchische Struktur überführen – mit ihm an
der Spitze als strenger Aufsicht. In seinen Augen braucht der
Orden eine starke Führung und eine klare Hierarchie, um
gezielter vorgehen zu können und auch um Exzesse in seinem
Tun zu vermeiden. Gerade das in seinen Augen undifferen-
zierte Vorgehen gegen alle Feen führt zu mehr Leid als nötig
– immerhin würden so auch Feen, die vorher keinen Groll
gegen Sterbliche hegten, gegen diese aufgebracht.
Szenarioansatz
Bei der Rast in einem kleinen Weiler im südlichen Nyrdfing erle-
ben die Abenteurer die Ankunft des jungen Nachtfalken Adalar
(Mensch, *970 LZ, von sich überzeugt, belesen) und seiner Men-
torin Eadgyth (Mensch, *945 LZ, Schmucknarben im Gesicht,
versierte Schwertkämpferin). Schnell wird deutlich, dass Eadgyth
die Spur eines Werwesen bis in den Weiler verfolgt hat und dieses
nun – in seiner menschlichen Gestalt – im Weiler vermutet. Sie
befragt die Einwohner harsch und rücksichtlos, während Adalar
zurückhaltender vorgeht. Als ihm das Vorgehen seiner Mento-
rin zu sehr missfällt, bittet er die Abenteurer heimlich um Hilfe
bei der Suche nach dem Werwesen. Im Laufe der nächsten Tage
können die Abenteurer Eadgyth mehrmals beim Verlassen des
Weilers und Zwiegespräch mit einer einzelnen Person im nahe-
gelegenen Wald beobachten. Sie ist ohne ihr Wissen von der Fee
Eisenwald verzaubert und mit Wahnvorstellungen gefüttert wor-
den, so dass sie in jedem Weiler Werwesen vermutet. Eisenwald
drängt sie – in einer Truggestalt als hagerer, von Moos überzoge-
nem Jäger – dazu, bei den Einwohnern keine Gnade walten zu
lassen. Allerdings hat sie in diesem Fall recht: Die Tochter des
Schmieds ist in der Tat durch den Biss einer Werbestie vor we-
nigen Monden der Werkrankheit anheimgefallen. Wie gehen die
Abenteurer mit diesem Wissen um? Und wie verhindern sie, dass
auch Unschuldige unter Eadgyths Fanatismus leiden?
Einen Nachtfalken spielen
Wer sich dem Orden anschließt, um im Namen Star-
rekyngs gegen feeische und finstere Magie vorzugehen,
der muss stark in Glauben und Willen sein. Er lässt sein
altes Leben hinter sich, um fortan durch Nyrdfing zu
reisen und nur noch ein Ziel zu kennen: Die widerna-
türlichen Feinde seines Glaubens zur Strecke bringen.
Nachtfalken entfernen sich, wenn sie nicht gut Acht
geben, schnell vom Leben der einfachen Bevölkerung.
Der Kampf gegen die Feinde der Starrekyng-Kirche
geht vielen über alles, im Zweifel sogar über das Leben
treuer Gefolgsleute sowie das eigene Wohlergehen.
Von Zeit zu Zeit verschlägt es Nachtfalken bei der Jagd
nach einem Vampir, einem Untoten oder einer Fee über
die Grenzen Nyrdfings hinaus und er stellt fest, dass sei-
ne Fähigkeiten auch fern der Heimat gefragt sind. Man-
cher Nachtfalke mag in die Ferne reisen, um für sich
eine Auszeit vom kräftezehrenden Alltag zu nehmen
oder den Streitigkeiten im Orden zu entkommen. In
beiden Fällen schließen sie sich gerne reisenden Grup-
pen an, um Erfahrungen zu sammeln und ihr Wissen
zu erweitern.
Stichpunkte zur Ausgestaltung
Tracht: nachtblaue Robe mit komplexen Sternenmus-
tern und stilisierter Stickerei eines Nachtfalken
Bevorzugte Ausbildungen: Glaubenskrieger, Inquisitor
(Nachtfalke)
Bevorzugte Schwächen: Fanatiker, Hochmut
Wichtige Fertigkeiten: Anführen, Arkane Kunde, Ent-
schlossenheit, Geschichte und Mythen, Länderkun-
de, Zähigkeit
Wichtige Magieschulen: Bannmagie, Erkenntnismagie,
Kampfmagie, Lichtmagie
Ausbildungsvariante: Nachtfalke
(Variante des Inquisitors)
Diese Ausbildungsvariante finden Sie in Splittermond:
Die Götter auf Seite 104.
73
 Der Orden des Weißen Löwen
tapfere Sipahis aus Ashurmazaan
Der Orden des Weißen Löwen strebt danach, der ehrenvollste
unter den Orden der Sipahi, den traditionellen Kriegerbünden
Ashurmazaan, zu sein. Seine Mitglieder bemannen sowohl die
Ordensburg als auch mehrere über das ganze Shahirat verteilte
Wachtürme, stellen die Leibgarde manches Würdenträgers, sor-
gen auf eigene Faust für Recht und Ordnung und bekämpfen als
reisende Kämpfer Ehrlose und Monster gleichermaßen.
Hintergrund
Seinen Ursprung hat der Orden in den Haustruppen eines aus
Ashur­mazaan stammenden Prätendenten im Krieg der siebzehn
Neffen von 277 bis 293 LZ. Mit dem Erlass der Tugendhaftigkeit
im Jahre 315 LZ, bei dem die alten Familien enteignet und deren
Besitz ehrenhafteren Individuen übereignet wurde, veränderten
sich auch die Weißen Löwen: Von der Garde eines Shahirs wurden
sie zu einem nur dem Land und der Ehre verpflichteten Orden.
Größter Konkurrent war zu damaliger Zeit der Orden des Schwar-
zen Löwen, mit dem die Weißen Löwen um die höchste Ehren-
haftigkeit wetteiferten. Doch während der Invasion Bjaldjaks
mit den Peitschen 395 LZ und seiner Chorrashiten wurden die
Schwarzen Löwen aufgerieben und galten aufgrund ihrer Taten
im Kampf als ehrverlustig, während die Weißen Löwen an der
Seite Kianushs des Tapferen über die Invasoren siegten. Sipahis des
Ordens stellten fortan immer wieder die Leibgarde einzelner Sha-
hire, blieben aber immer zuerst dem Land verpflichtet.
Bei der Eroberung Keshs im Jahre 420 LZ stellten die Weißen
Löwen einen Teil des Aufgebots Ashurmazaans – und viele der
Sipahi sahen ihre Ehre bei der Rückkehr in die Heimat befleckt:
Im Massaker von Zugrush-Katul ritt eine Pranke der Sipahi 300
unbewaffnete Keshu nieder, statt sich gegen den Befehl ihrer
Hauptleute zu verwehren.
Der Orden zersplitterte daraufhin in mehrere Fraktionen, von de-
nen einige zu eigenen Sipahi-Orden wurden; andere Löwen zogen
allein durch die Lande, um ihre Ehre wiederherzustellen. Erst die
Einsiedlerin und spätere Hochmeisterin des Ordens Pashrulah
Schwarzmähne gab dem strauchelnden Orden im Jahre 583 LZ mit
dem Buch des Löwen ein einigendes Band, in dem die Schmach der
Vergangenheit aufbereitet und einige der grundlegenden Verhal-
tens- und Ehrregeln der Weißen Löwen zusammengefasst wurden.
In der Folgezeit gelang es, die Weißen Löwen zu einem der
größten und am ehrenhaftesten geltenden Sipahi-Orden zu for-
men. Erst das – bis heute nicht aufgeklärte – Attentat auf Shahir
Daryanush I. im Jahre 980 LZ befleckte die Ehre des Ordens wie-
der stark und so mancher Löwe möchte die schändliche Tat daher
dringend aufklären.
Motivation
Die Weißen Löwen wollen ein Vorbild für das Kriegertum und
die Ehre in ganz Ashurmazaan sein und versuchen deshalb, die
besten und ehrenhaftesten Krieger und Reiter des Shahirates zu
stellen. Aus Sicht der Weißen Löwen ist der beste Krieger auch
74
gleichzeitig derjenige, der sich im Kampf und im sonstigen Leben
als der Ehrenhafteste erwiesen hat – und so streben die Weißen
Löwen, wie viele Farukanis, nicht nur nach persönlicher Ehre,
sondern auch danach, dass jeder den Ehrenkodex seinen Fähig-
keiten entsprechend einhält.
Ziele
Die Weißen Löwe streben danach, das schändliche Attentat
auf Shahir Daryanush I., das wie ein Schandfleck über dem
ehrenvollen Selbstverständnis des Ordens hängt, aufzuklären.
Und so steht hinter vielem, was die Weißen Löwen unter-
nehmen, die Hoffnung, endlich die entscheidende Spur zu
finden.
Nicht nur die Kommandantin des Ordens Nuyhad Toshundoh
weiß: Man würde zu einem Witz, wenn ein weiterer Shahir
von Ashurmazaan sterben würde, während der Orden dessen
Leibwache stellt. Deshalb wird jeder scheinbaren Bedrohung
nachgegangen, ohne in der Wacht selbst nachzulassen. Des-
halb verlangen sich die als des Shahirs Leibwache dienenden
Ordenskrieger enorme Leistungen bei ihrer Wacht ab und
verfolgen jede potenzielle Bedrohung mit Nachdruck.
Das Original des Buchs der Löwen ist verschollen, und daher
ist eines der Anliegen der Ordensführer, dieses wiederzufin-
den. Es heißt, dass das Buch nach Farukhur gebracht wurde,
wo sich seine Spur verliert.
Nie wieder soll der Orden ein Werkzeug für unehrenhafte
Taten werden und gleichzeitig soll die Schmach der Vergan-
genheit nie vergessen werden. So sind alle Weißen Löwen
dazu angehalten jederzeit einzuschreiten, wenn unter dem
Deckmantel des Gehorsams unehrenhafte Taten begangen
werden sollen. Außerdem wird von den Ordensmitgliedern
erwartet, allen Nachkommen der Keshu in Gefahr zu helfen,
bis dereinst so viele fleckengnomische Leben gerettet wurden,
wie der Orden auf dem Gewissen hat – selbst wenn es sich
dabei um verfeindete Keshubim handeln sollte.
In den Augen vieler radikalerer Weißer Löwen ist Baghatir,
die Stadt der Ehrlosen im Süden des Shahirats, ein Schand-
fleck Farukans und sollte von dessen Grund und Boden ge-
tilgt werden. Allerdings handelt es sich bei den Verfechtern
dieses Vorhabens nur um eine Minderheit im Orden – denn
wie viel Ehre ließe sich im Kampf auf arme und ehrlose
Sumpfbewohner erringen?
Hierarchie und Struktur
Der Orden unterteilt sich in sechs etwa gleich große Grup-
pen von Kämpfern, die sogenannten Pranken. Dazu kommt
etwa die gleiche Anzahl an Schreibern, Dienern, Pferdeknech-
ten und ähnlichen. Nominell gelten diese nicht als Mitglieder
des Ordens, aber da auch bei den Bediensteten auf die Ehre
geachtet wird, bietet eine solche Stellung einen großen Presti-
gegewinn.
Die Löwenpranken bestehen jeweils aus sechs Krallen zu je
neun Kriegern. Diese Krallen bemannen die kleineren Wach-
türme oder einzelne Mauerabschnitte der Ordensburg. Jede
Kralle wird von einem Rittmeister befehligt und jede Pranke von
einem Kriegsmeister geführt, darüber steht nur der Hochmeis-
ter des gesamten Ordens. Innerhalb der
Krallen bestimmt ein komplexes System
aus Ehre, Länge der Mitgliedschaft im
Orden und persönliche Heldentaten
(zu der auch das Schmieden eines be-
sonderen Schwertes oder die Zucht
eines herausragenden Rosses zählen
können) das eigene Ansehen – was
meist noch wichtiger ist als der formel-
le Rang. Ritt- und Kriegsmeister können
teils von den einfachen Mitgliedern und
teils von höheren Offizieren
gewählt werden, aber auch der
Shahir und die Ehrwäch-
ter (siehe S. 34ff.)
haben bei der
Postenvergabe
ein Mitspra-
cherecht.
40 sorgfältig ausgewählte und
außerhalb der normalen Hierarchie
stehende Kämpfer des Ordens stellen au-
ßerdem die Leibgarde des Shahirs und sorgen für Recht
und Ordnung in den Straßen und auf den Plätzen der
Shahirsstadt. Im Kriegsfall stellen diese Kämpfer das Herz
des ashurmazaanischen Heerbanns. Durch ihre Ein-
bindung in die Strukturen des Shahirats sind diese
Sipahi etwas eingeschränkter als
die anderen Gruppen, genießen
aber den Ruf als die Besten der
Besten.
Ressource Rang
Wert Titel Bedeutung
1 Sipahi einfache Mitglieder des Ordens
2 Rittmeister Anführer einer Kralle
3 Kriegsmeister Anführer einer Pranke
4 Hochmeister Anführer des Ordens
Stützpunkte
Je ein Wachturm des Ordens befindet sich in Zirahya, Majahd
und in Djasatir. Häufig kümmern sich die Sipahi um Recht und
Ordnung in diesen Städten oder stellen einige Mitglieder der
Satrapengarden – doch jeder Stützpunkt hat eine weitere Auf-
gabe: Der Turm von Zirahya liegt vor der Stadt und ist eher ein
weitläufiges Gestüt, in dem die Weißen Löwen ihre Rösser züch-
ten. Mit den anderen Sipahi-Orden der Stadt liegt man in einem
freundlichen Ehrwettstreit um die besten Stuten und Hengste.
Im Ordensturm von Majahd ist man mit einigen der örtlichen
Magierorden verbündet, um magische Waffen und Ausrüstungs-
stücke herzustellen. In Djasatir wiederum befinden sich viele
profane Werkstätten und Schmieden, in denen die besten Sättel,
Rüstungen und ähnliche Ausrüstungsstücke hergestellt werden.
Die Ordensfeste der Weißen Löwen ist die Rote Burg von
Khahamriyaad, in der neben der regulä-
ren Besatzung auch viele der Löwenjun-
gen (wie man die Rekruten des Ordens
nennt) ausgebildet werden.
Überall in Ashurmazaan gibt es außerdem
kleinere und größere Wachtürme oder befestig-
te Häuser, in denen einzelne Weißen Löwen, häufig
zusammen mit anderen Sipahi-Orden, die Wacht
über ein bestimmtes Gebiet übernehmen. Diese An-
lagen befinden sich vor allem um den Blinden Wald,
rund um das Ifritgefängnis Daralwusallab und nahe
Baghatir, der Stadt der Ehrlosen. Dort sind meist nur
einige wenige Weiße Löwen stationiert, um ein Au-
ge auf diese Gebiete zu haben und zur Not Verstär-
kung zu rufen.
Mitglieder
Zahlreiche Sipahi des Ordens reisen
durch Ashurmazaan, um Ungeheuer
zu töten, Ungerechtigkeiten zu be-
seitigen oder Abenteuer zu erleben
und ihre Ehre durch Taten und
Vorbild zu mehren. Manche Wei-
ßen Löwen schließen sich zeitwei-
lig den festen Garnisonen an, aber
auch diese können auf die Ehrenrei-
se gehen, wenn sie dafür nicht ihre
übrigen Aufgaben vernachlässigen.
Jeder Rekrut muss mindestens
eine Pfauenfeder tragen, um
aufgenommen zu werden. Einen
Teil seiner Ausrüstung muss jedes
Mitglied selbst stellen, erhält dafür
aber auch Leistungen seines Ordens (Kampf- und Reittraining,
Kost und Logis, eine Entlohnung, die aber viele der Weißen Lö-
wen spenden). Vom Orden selbst wird der Reiterhelm gestellt,
auf dem die Federn des jeweiligen Sipahi eingraviert werden.
Weiterhin erhalten alle Ordenskrieger einen weißen Überwurf,
der aber meist nur bei repräsentativen Anlässen getragen wird.
Diejenigen, die einmal gegen einen leibhaftigen Löwen kämp-
fen mussten (was als Prüfung der Götter gilt) und diesen besiegt
haben, dürfen als Ehrenzeichen dessen Fell, Mähne, Zähne und
Krallen tragen. Höchst unehrenhaft ist es hingegen, von sich aus
eines der mächtigen Raubtiere anzugreifen.
Bedeutende Angehörige
Nuyhad Toshundoh (Mensch, *959 LZ, Adleraugen, wort-
karg), die derzeitige Anführerin des Ordens, hat mittlerweile
die Paranoia entwickelt, dass jemand den Shahir töten möch-
te. In ihren Träumen sieht sie ein Attentat von Vertrauten des
Shahirs. Sie besitzt eine intuitive Begabung für Schicksalsma-
gie, beherrscht aber nur wenige Zauber dieser Schule.
75
 Vashim Zaryabeh (Mensch, *931 LZ, Tierfreund, begabter Bestienmeister und Tierkrieger
Dichter) geht ganz in der Zucht der Streitrösser des Ordens In früheren Zeiten sollen zahlreiche der Sipahi des Ordens tat-
auf und kann besser mit Pferden als mit Menschen umge- sächlich von einem Weißen Löwen begleitet worden und eng
hen. Die Ehrfehde mit dem Sipahi-Orden der Wildmähnen mit diesen Königen der Steppen verbunden gewesen sein. Man-
interessiert ihn weniger, als dass er die besten Zuchtlinien che sollen gar die Fähigkeit besessen haben, sich selbst in eine
vorweisen kann. Generell möchte er möglichst wenig mit solche Raubkatze zu verwandeln. Allem Anschein nach ist die-
der Führung seines Ordensturms zu tun haben und überlässt ses Wissen jedoch verloren gegangen, denn öffentlich bekannt
diese Aufgaben gerne seinem Stellvertreter. Er hat eine beson- geworden sind Tierverwandlungen von Weißen Löwen in der
dere Bindung zu seinem lang verstorbenen, allerersten Ross, jüngeren Geschichte nicht mehr. Allerdings gelten auch heu-
zu dessen Geist er regelmäßig spricht. te noch viele Ordensmitglieder als Bestienmeister, die zu ihren
Dalyan Marabeh, genannt „der Löwenfreund“ (Mensch, *945 Rössern, oder seltener auch anderen Tieren, eine besondere Ver-
LZ, charmant, gewinnendes Lächeln, tollkühn, angeberisch) bindung haben.
besitzt kein Pferd, sondern ist der einzig bekannte Weiße Lö-
we, der von einem tatsächlich Weißen Löwen als Tiergefähr-
ten begleitet wird. Seine Taten sind in ganz Farukan berühmt Ruf
und gemeinsam sollen sie unzählige Abenteuer erlebt und Der Ruf, der die die Sipahi der Weißen Löwen überlebensgroß
zahllose Feinde des Ordens und ganz Farukans besiegt haben. erscheinen lässt, ist wichtiger als hunderte Krieger. Sie gelten als
die Blüte des ashurmazaanischen Kriegertums und sind für ihren
Ressourcen und Mittel Mut, ihre Loyalität und Kampfkraft weit gerühmt. Ein Weißer
Löwe kann jederzeit mit der Unterstützung eines Ashurmazaa-
Der Orden des Weißen Löwen ist eine in Ashurmazaan sehr gut ver- ni rechnen und wird dieses Privileg und Vertrauen durch seine
netzte Kämpfertruppe. Durch seinen Ruf und seine Verbindungen selbstlosen Taten vielfach zurückzahlen.
kann er bei aufziehenden Bedrohungen schnell präsent sein. Die
Pranken der Weißen Löwen sind zumindest rund um die großen
Städte oft die erste Kämpfertruppe, die den Ort einer Krise erreicht.
Vorgehen
Die Weißen Löwen agieren immer offen, treu und ehrenhaft.
Dennoch müssen sie immer wieder kleinere und größere Zu-
Truppen geständnisse an die Realität machen: Wo der einzelne Krieger
Egal ob als Einzelkämpfer oder als Truppe – die Weißen Löwen versucht, auf Heimtücke (wozu auch die meisten Kriegslisten
gelten als die Elite Ashurmazaans. Man lässt niemanden zurück und zählen) zu verzichten, seinen Befehlen und jeder Herausforde-
unterstützt die Kameraden, selbst wenn es das eigene Leben kostet. rung mutig folgt, ist der Orden als Ganzes immer wieder kom-
promittiert worden. Zwar versuchen die meisten Rittmeister
die Ziele des Ordens und die allgemeinen Gebote der Ehre in
AUS BEW INT KON MYS STÄ VER WIL
Einklang zu halten, doch müssen sie immer wieder politische
4 5 4 5 1 5 2 5 Winkelzüge durchführen, die teils durch geheime Feinde initi-
iert wurden. Im Gefecht kann man die Weißen Löwen als mutig
GK GSW LP FO VTD SR KW GW mit Hang zur Tollkühnheit bezeichnen – gemeinsam mit seinen
5 10 11 12 30 2 28 23 Brüdern und Schwestern oder auch allein bekämpft ein Weißer
Löwe die Ehrlosen ohne Rücksicht auf sein eigenes Leben. Dabei
Waffen Wert Schaden WGS INI Merkmale tendieren sie dazu, diese Einstellung auch auf andere Probleme
zu übertragen, was nicht selten schon ein Ordensmitglied in eine
Reitersäbel 21 1W6+3 8 6-1W6 Reiterwaffe 2
peinliche Situation gebracht hat.
Lange Waffe,
Reiterwaffe 6,
Lanze 19 2W10+1 17 6-1W6
Scharf 3, Wuchtig,
Zweihändig
Verbündete und Feinde
Shahir Daryanush II. von Ashurmazaan (Mensch, *964 LZ,
Typus: Humanoider
charismatisch, dyna­misch) träumte in seiner Jugend davon,
Monstergrad: 3 / 2
selbst ein Sipahi zu werden und zählt zu dessen engsten Ver-
Fertigkeiten: Akrobatik 11, Anführen 14, Athletik 13, Diploma-
bündeten. Dies drückt sich unter anderem in günstigen Han-
tie 15, Entschlossenheit 15, Tierführung 16, Zähigkeit 19, Bewe-
delsbedingungen für den Orden, aber auch eine Bevorzugung
gungsmagie 12
bei der Vergabe von Führungspositionen in kleineren Garni-
Zauber: Bewegung I: Beschleunigen, Standfest; II: Schwere Arme sonen, die von mehreren Sipahi-Orden geführt werden, aus.
Meisterschaften: Klingenwaffen (I: Ausfall, Umreißen; II: Gezielte Die Schwarzen Federn, ein Sipahi-Orden, der vornehmlich
Treffer; III: Eleganter Klingenwirbel), Stangenwaffen (I: Vorstür- aus leichten Reitern und berittenen Schützen besteht, und
men; II: Gezielte Treffer), Anführen (I: Herausforderung), Ent- die Weißen Löwen ergänzen sich im Kampf hervorragend.
schlossenheit (I: Kühler Kopf I), Tierführung (II: Schlachtreiter) Und so agieren die beiden Sipahi-Orden häufig gemeinsam,
Beute: Reitersäbel Q2 (Schaden +2, 37 L), Lanze (16 L), Schuppen- um die umkämpfte Grenzregion am Ashur gegen übereifrige
rüstung Q2 (Tickzuschlag -1; 50 L) Fediris zu verteidigen oder junge Heißsporne aus dem Chor-
rash im Norden zurückzutreiben.

76
 Der verstoßene Sipahi, der als der grimme Yanoush (Mensch,
*948 LZ, ungewöhnlich groß für einen Menschen, mürrisch)
bekannt ist, ermittelt neben seiner Mentorentätigkeit für die
Ehrlosen Baghatirs immer noch wegen des tödlichen Atten-
tats auf Shahir Daryanush I, mit dessen Schutz er damals
betraut war. Selbst in fortgeschrittenem Alter und seiner Fe-
dern beraubt, ist der Mann noch ein herausragender Kämp-
fer – und auch wenn die Weißen Löwen offiziell jeglichen
Kontakt zu ihm abgebrochen haben, besitzt er immer noch
einige Kontakte zu Ordensmitgliedern, die noch heute an sei-
ne Ehrbarkeit glauben.
Ohne Wissen der Weißen Löwen ist der Orden der Schwarzen
Löwen nicht völlig untergegangen. Einige wenige Mitglieder
überlebten und schworen Rache, glaubten sie doch, dass sie
ihre Flanke der Schlacht nur verloren hätten, da die Weißen
Löwen ohne Befehl vorgestürmt seien. Diese der Ehrlosig-
keit anheimgefallenen Überlebenden sannen nach Rache und
noch heute versuchen ihre Nachkommen, die Weißen Löwen
zu vernichten. Sie unterhalten ein Geheimversteck nahe des
Blinden Waldes und haben sogar Mitglieder der Schwarzen
Löwen unter falschen Namen bei den Weißen Löwen einge-
schleust – und bald planen sie endlich zuzuschlagen und ihre
verhassten Feinde dasselbe Schicksal erfahren zu lassen, dass
ihre Vorfahren erlitten haben: Die Ehrlosigkeit.
Die Sipahis der Windmähnen liegen mit den Weißen Löwen
aufgrund von Streitigkeiten über die Abstammungslinie ihrer
jeweiligen Pferdezuchten in einer Ehrfehde, welche bis zum
Jahr 999 LZ andauern soll. Dann wird durch die Ehrwäch-
ter Zirahyas entschieden werden, welcher der beiden Sipahi-­
Orden der ehrenvollere ist, um anhand der während der
Fehde gewonnenen Federn zu entscheiden, welcher Orden
zukünftig für die Sicherheit der Stadt zuständig sein wird.
Szenariovorschlag
In den letzten Monaten häuften sich die Vorfälle, in denen Wei-
ße Löwen ihre Ehre missachteten oder in politische Auseinan-
dersetzungen verwickelt waren: So versuchten einige Sipahis des
Ordens ein Bündnis mit fanatischen Ehrwächtern zu schließen,
um vom Shahir die Erlaubnis zu erhalten, die Stadt der Ehrlosen,
Baghatir, niederbrennen zu dürfen. Dies stellte den Herrscher vor
eine beinahe ausweglose Situation, da er zwischen einem Massa-
ker und einem Ehrverlust seiner Garde entscheiden musste. Auch
führten einige Weiße Löwen aufgrund fingierter Beweise einen
Angriff auf ein jenseits des Ashur gelegenes Dorf durch, was zu
schweren Verstimmungen mit Fedirin führte.
Der grimme Yanoush kontaktiert die Abenteurer, dass er Infor-
mationen über eine Verschwörung innerhalb der Weißen Lö-
wen gesammelt hat. Er kann vom früheren Schwesterorden der
Schwarzen Löwen und dessen Ränken berichten – denn Yanoush
hat deren gut verborgenen Unterschlupf lokalisiert. Die Abenteu-
rer sollen in die Festung eindringen und feststellen, was das Ziel
der gefallenen Sipahis ist. In der teils unterirdischen Festung kön-
nen die Abenteurer herausfinden, dass es insgesamt sechs Verräter
unter den Weißen Löwen und ihrem Personal in Ezteraad gibt –
die teilweise seit Jahren schon Machtpositionen im Orden inne-
haben! Diese Verräter planen zur Krönung ihrer Taten als Weiße
Löwen getarnt ein Attentat auf Shahir Daryanush II., um so die
ihnen verhassten Gegner der Ehrlosigkeit anheimfallen zu lassen.
Nun gilt es, die Verräter aufzuspüren und auszuschalten, bevor sie
ihren Plan in die Tat umsetzen können. In den Straßen von Ez-
teraad kommt es zum Kampf um die Seele und Ehre des Ordens.
Einen Sipahi der
Weißen Löwen spielen
Ein Weißer Löwe stellt an sich selbst die höchsten An-
sprüche in Sachen Ehre und Tapferkeit. Allerdings sind
viele Ordensmitglieder auch darauf bedacht, dass ihre
guten Taten allgemein bekannt werden und so neigen
sie zum Prahlen.
Unvorsichtig in eine politische Intrige geraten, die ei-
gene Ehre beschmutzt und den Ruf zerstört, bleibt ei-
nem solchen Sipahi oft nicht mehr, als sein Glück in der
Fremde zu suchen. Und vielleicht findet er auch noch
Beweise gegen denjenigen, dem er seinen Fall zu ver-
danken hat und kann seine Ehre wiederherstellen. Ge-
fährten, die ein gefallener Sipahi in der Fremde findet,
wird er ein loyaler und kampfstarker Begleiter sein. Er
strebt nicht nach einer Anführerrolle, da ihm dies we-
gen seiner verlorenen Ehre nicht zusteht. Aber er wird
diejenigen, die zu ihm gehalten haben, stets mit Rat
und Tat zur Seite stehen.
Anders sieht es aus, wenn ein Weißer Löwe durch Ehr-
wächter, Vorgesetzte oder aus eigener Initiative auf die
Suche nach Abenteuern auszieht: In diesem Fall wird
der Spahi abschätzen, wem er sich unterordnen und
wen er stets an ehrenhaftes Verhalten erinnern muss –
fehlen erstere, so wird ein Weißer Löwe versuchen, sich
als bestmöglicher Anführer zu zeigen, der seine Gefähr-
ten auf den Pfad der Ehre führt.
Stichpunkte zur Ausgestaltung
Tracht: Ringelpanzer und Reiterhelm; dazu weiße, von
braunen Lederbändern gehaltene Übergewänder.
Bevorzugte Ausbildungen: Kriegsreiter (siehe Ungebro­
chen, S. 107), Recke (Sipahi)
Bevorzugte Schwächen: Gehorsam, Hochmut, Kodex,
Selbstüberschätzung, Übertriebener Ehrgeiz
Wichtige Fertigkeiten: Klingenwaffen, Stangenwaffen,
Anführen, Athletik, Entschlossenheit, Tierführung,
Zähigkeit
Wichtige Magieschulen: Bewegungsmagie, Lichtmagie
Ausbildungsvariante: Sipahi
(Variante des Recken)
Diese Ausbildungsvariante finden Sie in Splittermond:
Die Regeln auf Seite 66.
77
 Die Pan-Yemaa
die Diebe von Panyomnoo
In der Republik Kungaitan, so sagen
ihre Einwohner, kann man ganz aus
Motivation
eigener Kraft zu Ansehen und Wohl- Die Pan-Yemaa haben recht simple
stand kommen. Diese Freiheit be- Ziele: Überleben (was in einer Gruppe
deutet aber auch, dass einige immer deutlich einfacher ist) sowie, falls mög-
zurückgelassen werden. Häufig sind lich, die Ansammlung eines gewissen
das die Schwächsten der Gesellschaft. Wohlstandes. Ihre jugendlichen Mit-
In der Stadt Panyomnoo haben sich glieder treibt vor allem die Aussicht
einige dieser Schwächsten zusam- auf Schutz, ein Dach über dem
mengeschlossen: Geschickt wie Affen Kopf und zumindest gelegentlich
erklimmen sie die Stufen und Strick- etwas zu essen. Hierfür sind die
leitern der Senkrechten Stadt und meisten von ihnen bereit, einen
erleichtern Einheimische wie Frem- Teil ihrer persönlichen Frei-
de um ihre Reichtümer. Sie sind die heit zu opfern und sich der
Pan-Yemaa, die diebischen Kinder von Autorität der Grünen Dame
Panyomnoo. zu unterstellen. Wer eine
Weile dabei ist – oder
Hintergrund aus anderen Verhält-
nissen kommt als von
Niemand weiß, wann genau die Stra- der Straße, was nur
ßenkinder von Panyomnoo sich zu auf die wenigsten zu-
ersten Banden zusammengeschlossen trifft –, der entwickelt
haben. Schon lange vor der Gründung möglicherweise weitere
der Republik streiften Waisen oder Ambitionen. Einige
Weggelaufene durch die Stadt und hoffen, von dem Anteil,
stahlen, logen oder betrogen, um zu den die Dame an sie aus-
überleben. Schon damals war die Be- schüttet, Ersparnisse anhäu-
zeichnung panyema, was so viel wie fen zu können, um sich ein
„kleine Hände von Panyomnoo“ be- neues Leben aufzubauen.
deutet, für diese Banden geläufig. Aber so individuell die Moti-
Eine wirkliche Organisation wurde vation der einzelnen Mitglieder
aber erst ab etwa 880 LZ aus ihnen, auch sein mag: Sie alle arbeiten für
kurz nach der Verabschiedung der re- die Grüne Dame, und so stehen deren
publikanischen Verfassung Kungaitans. Ziele immer an erster Stelle. Und die Ban-
Dies war die Zeit, in der das erste Mal denführerin wiederum ist, um Unfrieden
die Grüne Dame auf der Bildfläche er- und Missmut unter ihren Schützlingen
schien. Diese mysteriöse Figur scharte vorzubeugen, darum bemüht, deren Situ-
zahlreiche Straßenkinder um sich, ge- ation möglichst annehmbar zu gestalten.
währte ihnen Obdach und schickte sie Dieses Bemühen ordnet sie jedoch stets
dafür auf Diebeszüge – und führt die ihrem Wunsch nach mehr Macht und
Organisation bis heute. Einfluss unter.
Das ist umso ungewöhnlicher, als sich
unter den Pan-Yemaa sonst kaum ein Erwachsener befindet:
Keines der Mitglieder hat nach den Maßstäben seiner Rasse die Ziele
Volljährigkeit erreicht. Die Kinder erzählen sich, man werde ab Die Pan-Yemaa stehlen Geld und Wertgegenstände, um einen
einem gewissen Alter von der Grünen Dame „ausgemustert“. Die gewissen Wohlstand anzuhäufen. Der größte Teil landet am
meisten vermuten, dass einfach die Lebenserwartung der Pan-Ye- Ende bei der Grünen Dame, aber einige Pan-Yemaa schaffen es
maa nicht sonderlich hoch ist und dass diejenigen, die ein solches auch immer wieder, etwas für sich selbst zur Seite zu schaffen.
Alter erreichen, genug gelernt und angesammelt haben, um sich Eines der Ziele der Grünen Dame ist es, genug Reichtum
von ihrer alten Bande lossagen zu können. Andere aber flüstern und Informationen anzuhäufen, um in den Stadtrat auf-
von unaussprechlichen Ritualen, die die Dame tief im Schatten zusteigen. Welche Ziele sie damit verfolgt, muss sich noch
Panyomnoos durchführen soll. herausstellen.

78
 In letzter Zeit schickt die Dame ihre Schützlinge immer häu-
figer aus, um Informationen zu beschaffen, indem sie Auf-
zeichnungen stehlen oder heimlich Treffen belauschen. Die
Grüne Dame versucht auf diese Art und Weise nicht nur,
gute Gelegenheiten für weitere Fischzüge oder Erpressungen
auszumachen, sondern lässt ihre Schützlinge auch nach selt-
samen, mystischen und mythologischen Schriften suchen.
Einige Pan-Yemaa haben es sich inzwischen zum Ziel ge-
macht, mehr über die „Ausmusterung“ älterer Mitglieder he-
rauszufinden – und somit auch zu erfahren, ob ihnen selbst
irgendwann Gefahr droht, wenn sie „zu alt“ werden.
Hierarchie und Struktur
Hoch über allen anderen Angehörigen der Pan-Yemaa steht die
Grüne Dame. Ihre Macht ist absolut: Ihr Wort ist Gesetz, und
auch, wenn es gelegentliches Murren gibt, wagt es doch niemand,
sie ernsthaft in Frage zu stellen – auch wegen der Tatsache, dass
angeblich einige, die es getan haben, spurlos verschwunden sind.
Die Grüne Dame ist immer über alles informiert, und gelegent-
lich spricht sie empfindliche Strafen aus. Diese Strafen reichen
vom Verlust des Eigenanteils bis hin zur permanenten Verban-
nung.
Ihr direkt unterstellt ist eine Gruppe von etwa einem halben Dut-
zend Hauptleuten, die Fantasietitel wie Herrin der Blauroten Bän-
der oder Scharlachvogel tragen. Diese Hauptleute rekrutieren sich
meist aus den älteren Mitgliedern, aber nicht immer: Wer über
besondere Talente verfügt, kann rasch aufsteigen. Die Anzahl der
Hauptleute ist nicht fest bestimmt, sodass es sein kann, dass die
Grüne Dame ohne besonderen Grund einen neuen ernennt –
auch, um Rivalitäten zwischen den Hauptleuten zu schüren, die
es ihr einfacher machen, sie gegeneinander auszuspielen.
Die Hauptleute organisieren die etwa hundert einfachen Pan-Ye-
maa. Unter diesen herrscht zwar eine gewisse Rivalität und eine
Rangfolge je nach Alter, Ansehen oder Fähigkeiten, aber keine
feste Struktur.
Ressource Rang
Wert Titel Bedeutung
1 Pan-Yemaa einfaches Bandenmitglied
2 Hauptmann/-frau Unterführer der Grünen Dame
Die Ehrenregeln
Die Grüne Dame hat für die Pan-Yemaa sieben Ehrenregeln auf-
gestellt, die sie unter allen Umständen zu befolgen haben.
Bestiehl niemals einen Pan-Yemaa.
Verrate niemals einen Pan-Yemaa.
Verrate niemals ein Versteck der Pan-Yemaa.
Siehst du einen Pan-Yemaa in Not, hilf ihm.
Siehst du ein Kind in Not, zeige Mitgefühl.
Von jedem Lunar, den du verdienst, gehören 80 Telare der
Grünen Dame.
Sprich nie mit Außenstehenden über die Grüne Dame.
Mitglieder
Wie nicht anders zu erwarten, sind die Pan-Yemaa sehr unter-
schiedlich, auch wenn viele eint, dass sie aus ärmlichen Verhält-
nissen kommen, Waisen sind oder auf der Straße leben. Es sind
Kinder und Jugendliche, die sich nach Nähe, Zusammenhalt und
Sicherheit sehnen. Für sie sind die Pan-Yemaa ihre Familie.
Die Bande rekrutiert ihre Mitglieder meist direkt von der Straße.
Wenn ein Pan-Yemaa ein einsames Kind trifft, versucht er, eine
Verbindung aufzubauen, durch Trost, kleinere Geschenke und
Essen. Stellt sich heraus, dass es sich um einen potenziellen Re-
kruten handelt, bietet er ihm früher oder später einen Schlafplatz
in einem der Unterschlüpfe an.
Dort wird der neue Rekrut „ausgebildet“, was in den meisten
Fällen heißt, dass er durch Beobachtung lernt oder Tricks von
den anderen Mitgliedern beigebracht kriegt. Schon früh werden
Neulinge auf Fischzüge mitgenommen, wo sie als Wachposten
oder Ablenkung fungieren.
Bedeutende Angehörige
Die Grüne Dame (Gnomin, Alter unbekannt, wirkt wie et-
wa 50 Jahre alt, prächtige Hörner, gerissen) war es, die aus
den Kinderbanden die eigentlichen Pan-Yemaa formte. Man-
che behaupten, die zurückgezogene Anführerin sei gar kei-
ne Gnomin, sondern ein aus den Wäldern herabgestiegenes
Naturwesen mit ganz eigener Agenda. In jedem Fall ist sie
schwer zu finden: Die Pan-Yemaa sind nicht gewillt, jeman-
den zu ihrer Herrin zu führen, und das Versteck der Grünen
Dame soll irgendwo in den tiefsten Ebenen der Stadt liegen.
Jang Ke Gan (Mensch, *977 LZ, dunkelbraune Haut, kahl-
geschorener Kopf, breites Lächeln) gilt als bester Taschendieb
der Stadt und soll angeblich alles und jeden in der Unterwelt
von Panyomnoo kennen. Er betreibt die Diebeskunst nicht
nur als Lebensunterhalt, sondern auch als Herausforderung,
und ist manchmal sogar zu einer Art „Wettstreit“ bereit.
Niemand weiß so genau, wer oder was Äffchen (Rasse und Al-
ter unbekannt, weißes Fell, große braune Augen, lange Finger,
fröhlich und freundlich) eigentlich ist. Ein Pan-Yemaa fand sie
vor etwa zehn Jahren schlafend im Schilf neben dem Taegong.
Damals sah sie aus wie ein weitgehend normales, etwa sieben
Jahre altes Menschenmädchen und nannte sich selbst Na Li
Na. Seither hat sie sich aber von Jahr zu Jahr mehr verändert:
Ihr wuchs strahlendweißes Fell, ihre Augen wurden größer,
ihre Gliedmaßen stärker. Das Fell erinnert an einen Takang,
einen der Affen der kunganischen Wälder. Zu ihrem Spitzna-
men trägt auch bei, dass niemand in Panyomnoo sich mit solch
halsbrecherischer Geschmeidigkeit über die Ebenen und Ter-
rassen bewegt, Seile herabrutscht und Abgründe mit derartiger
Eleganz überwindet. Sie selbst stiehlt nicht gerne, schätzt aber
die Freundschaft der anderen Pan-Yemaa – und würde viel da-
für geben, etwas über ihre eigene Herkunft zu erfahren.
Ma Li (Albin, *978 LZ, kurze schwarze Haare, aufmerksame
blaue Augen), als Gelbe Zunge eine der Hauptleute der Grünen
Dame, wird häufig für deutlich älter gehalten als sie ist – nicht
wegen ihres Aussehens, sondern wegen ihres Verhaltens. Frem-
den gegenüber benimmt sie sich stets mit ausgesuchter Höflich-
keit und hält jede Regel der Etikette ein, verhandelt und feilscht
aber wie eine vierzig Jahre ältere Händlerin. Sie ist außerdem ein
Organisationstalent, weshalb viele Pan-Yemaa zu ihr aufsehen
79
 und Außenstehende oft an sie verwiesen werden. Das Kind un-
ter dem erwachsenen Verhalten blitzt meist nur dann auf, wenn
sie jemand mit Barschbällchen, ihrer Leibspeise, beschenkt.
Bo Lan (Mensch, *976 LZ, zerzauste braune Haare, laufen-
de Nase) ist eines der wenigen Mitglieder, der ahnt, dass die
Grüne Dame Übles im Schilde führt. Der Junge hat außer-
ordentlich scharfe Augen und Ohren und beobachtete eines
Nachts die Dame bei einem seltsamen Ritual. Seitdem ver-
sucht er, herauszufinden, was vor sich geht, aber seine Angst
vor der Dame hält ihn zurück – weshalb er auf Verbündete
hofft. Angetrieben wird er vor allem von seiner Angst um Äff-
chen: Bo ist rettungslos in das seltsame Mädchen verliebt und
befürchtet, dass sie die nächste sein könnte, die verschwindet.
Ressourcen und Mittel
Die Pan-Yemaa als Ganzes verfügen nur über wenige Mittel, die
Grüne Dame hat jedoch inzwischen ein beachtliches Vermögen
angehäuft. Dieses Vermögen setzt sie aber nur selten für die Be-
lange der Pan-Yemaa ein. Und so sind die wichtigsten Ressourcen
der Diebe noch immer die eigene Gewitztheit, ihre Kenntnis der
Stadt und vor allem ihre zahlreichen Verstecke.
AUS BEW INT KON MYS STÄ VER
2 4 4 1 2 1 2 2
GK GSW LP FO VTD SR KW
4 9 5 8 19 0 15
Waffen Wert Schaden WGS INI Merkmale
Körper 10 1W6 5 3-1W6 Stumpf
Typus: Humanoider
Monstergrad: 0 / 0-
Fertigkeiten: Akrobatik 11, Athletik 11, Entschlossenheit 9, Fin-
gerfertigkeit 12, Heimlichkeit 14, Straßenkunde 10, Wahrneh-
mung 10, Zähigkeit 6, Bewegungsmagie 9
Zauber: Bewegung I: Sanfter Fall, Sprung
Meisterschaften: Athletik (I: Kletteraffe), Fingerfertigkeit (I: Krea-
tive Ablenkung), Heimlichkeit (I: Leisetreter)
Unterschlüpfe
Überall in Panyomnoo finden sich die Unterschlüpfe der Pan-Ye-
maa, meist auf den tieferen, älteren Ebenen der Senkrechten Stadt
– dort, wohin normale Bürger sich nur selten wagen. Es sind auf-
gegebene Häuser, Höhlen in den Felswänden der Schlucht oder
hastig zusammengezimmerte Buden. Viele sind nur über wacklige
Strickleitern oder Seile erreichbar, bei anderen ist der Zugang so
schmal, dass sich nur ein Kind hindurchquetschen kann. Andere
baumeln an todesverachtenden Seilkonstruktionen von der Unter-
seite eines Gebäudes, wieder andere sind als Felshöhle hinter eine
Straße gescharrt. Der Kranichbau ist sogar nur über eine impro-
visierte Seilbahn erreichbar: Hinunter kommt man leicht, indem
man sich an einem Ledergriff das Seil entlang rutschen lässt, aber
um hinauf zu gelangen, benötigt es viel Muskelkraft und eine gute
Portion Schwindelfreiheit, um hoch über dem Taegong nicht die
80
Nerven zu verlieren. Die meisten Unterschlüpfe werden zudem
rund um die Uhr bewacht, um rechtzeitig vor Gefahren zu warnen.
Innen sind die Unterschlüpfe karg ausgestattet, aber die Kinder
tun ihr Bestes, sie wohnlich zu gestalten. Hier finden sich Schlaf-
plätze sowie Feuerstellen, und hier bewahren die Pan-Yemaa ih-
re wenigen Habseligkeiten, Erinnerungsstücke oder Spielsachen
auf. Wände und Decke sind meist mit Kritzeleien bedeckt oder
mit Fundsachen geschmückt.
Das Riedbett
Je tiefer man in die Schluchten von Panyomnoo hinabsteigt, des-
to weiter bleibt das Sonnenlicht hinter einem zurück. Auf die un-
tersten Ebenen der Senkrechten Stadt fällt kaum ein Lichtstrahl,
dafür aber andere Dinge: Abwässer, die von oben herabtropfen,
Unrat, der achtlos aus Häusern und von der Straße geworfen
wird. Träge wälzt sich hier der schlammige Taegong durch die
tiefe Schlucht, durchpflügt von gewaltigen Riesenwelsen.
Hier befinden sich die Trümmer des alten Panyomnoo, der ersten
Siedlungen, die wieder und wieder von den Hochwassern des Tae-
gong überflutet wurden, bis die Bewohner schließlich einsahen, dass
sie ihre Stadt in die Höhe bauen mussten. Die Gebäude sind von Al-
gen und Riedgras überzogen und kaum noch als solche zu erkennen.
WIL
Spielleiterinformationen:
Die Grüne Dame
GW Bislang ist niemandem im Panyomnoo bekannt, dass es
18 sich bei der Grünen Dame nicht um eine gewöhnliche
Gnomin handelt. Sie ist älter, sehr viel älter: Das mys-
teriöse Wesen, das sich heute „Grüne Dame“ nennt,
entstammt der Geisterwelt. Es ist die Verkörperung und
Inkarnation des Alten Panyomnoo, einer Siedlung, die
regelmäßig Überflutungen zum Opfer fiel und so die
Geister der Umgebung besänftigte. Nachdem die Siedler
begannen, die Stadt in die Höhe zu bauen, blieben diese
Opfer aus. Und jetzt ist die Grüne Dame hungrig.
Seit mehr als hundert Jahren zieht sie ihre Schützlinge he-
ran. Erreichen sie das Erwachsenenalter, bringt sie sie in
das Riedbett, wo sie von den Ranken der Wasserpflanzen
in die Tiefen des Taegong gezogen werden. Von einigen
wenigen ernährt sie sich, aber die meisten werden in die
Geisterwelt gezogen, die Grundlage für ein neues Diener-
volk. Einige Kinder verschont sie, damit nicht auffällt,
dass alle Pan-Yemaa früher oder später verschwinden.
Ihr Plan ist langfristig und geduldig. Sie sammelt ver-
lorene Schriften aus alten Zeiten und häuft Macht und
Reichtum an, um immer höher aufzusteigen. Noch sieht
sie die Zeit nicht als gekommen, aber wenn sie dereinst
dieses Ziel erreicht, will sie die Macht über die Stadt
endgültig an sich reißen – und mit einem gewaltigen
Opfer ein Tor in die Geisterwelt aufstoßen. Panyomnoo
soll auf ewig ein Portal zwischen den Welten sein, durch
das die Geister ungehindert strömen können.
Bislang verteilt sie ihre Suche so geschickt auf die Kin-
der, dass keiner sich ein vollständiges Bild machen
konnte. Doch das mag sich irgendwann ändern – und
dann wird die Grüne Dame skrupellos reagieren.
In einem von ihnen, hinter einem dichten Pflanzenvorhang ver-
borgen, liegt das Riedbett – der älteste Unterschlupf der Pan-Ye-
maa, Heimat der Grünen Dame. Obwohl sie gelegentlich die
Gesellschaft der höheren Lagen sucht, findet sie sich die meiste
Zeit doch hier. Nur ihre Hauptleute und einige Auserwählte wis-
sen von diesem Standort, dessen Eingang immer bei Hochwasser
überflutet wird. Manche sagen, die Grüne Dame sitze oft stun-
denlang auf ihrer Schwelle und lausche dem Glucksen und Plät-
schern des Taegong, als ob sie darin große Weisheit fände.
Vorgehen
Die Pan-Yemaa verlassen sich auf drei Grundpfeiler: Ablenkung,
Heimlichkeit und Geschwindigkeit. Während einfache Taschen-
diebe auch allein oder in kleinen Gruppen agieren, werden größere
Fischzüge mit zahlreichen Beteiligten von den Hauptleuten akri-
bisch geplant. Einer der wichtigsten Punkte ist hierbei die Ablen-
kung: Dies können inszenierte Schlägereien sein, ein Handkarren,
der genau zur falschen Zeit auf der Straße zum Stehen kommt,
aber auch Gaukeleien und Spiele, die die Aufmerksamkeit der Op-
fer auf die falsche Stelle lenken sollen. Ist dies gelungen, kommen
die eigentlichen Diebe zum Einsatz – Finger wandern in Taschen,
Schlösser werden geknackt, Wertsachen und Geld rasch versteckt.
Danach folgt der schnelle Rückzug, und falls einer von ihnen er-
tappt wurde, kann das mehr als nur waghalsig werden: Mit rasender
Geschwindigkeit schwingen sich die Kinder Seile und Strickleitern
hinab und hinauf, springen todesmutig über Abgründe und ver-
schwinden schnell im Dunkel der Straßen. Manches Mal geschieht
es, dass ein Pan-Yemaa hierbei das Gleichgewicht verliert – in der
Senkrechten Stadt fast immer ein tödlicher Fehler. Werden sie ge-
schnappt, drohen ihnen im besten Fall Obhut und Umerziehung
im Tempel der Drei Mütter, im schlimmsten Fall ein Dahinsiechen
in den Arbeitshäusern. Deshalb versuchen ihre Freunde manch-
mal, spektakuläre Befreiungsaktionen zu organisieren.
Wenn die Pan-Yemaa merken, dass jemand ihnen auf der Spur ist,
versuchen sie, sie abzuhängen oder mit falschen Spuren zu ver-
wirren. Im schlimmsten Fall stellen sie die Verfolger und drohen
ihnen, um von der Suche abzulassen. Das ist aber größtenteils
eine Scharade: Zu Gewalt greifen die Pan-Yemaa so gut wie nie.
Verbündete und Feinde
Die Pan-Yemaa haben nicht viele Verbündete. Zu anderen or-
ganisierten Diebesbanden stehen sie in direkter Konkurrenz,
von etwaigen wohlwollenden Gönnern, die den Kindern helfen
könnten, hält die Grüne Dame sie fern. Allerdings haben sich die
Pan-Yemaa den einen oder anderen Feind gemacht.
Dem Rat von Panyomnoo sind die diebischen Kinder natür-
lich ein Dorn im Auge. Das betrifft jedoch lediglich ihre
Diebstähle – von den Ambitionen der Grünen Dame (oder
auch nur ihrer Existenz) weiß der Rat derzeit noch nichts.
Die Schluchtgarde, die Stadtwache von Panyomnoo, allen vo-
ran Hauptfrau Yuan Cha (Mensch, *957 LZ, schwarze Haare,
immer tadellos gepflegt, genussfreudig), vermutet zumindest
die Existenz der Grünen Dame. Leider fehlen ihr die Beweise,
um andere davon zu überzeugen. Sie würde die Dame nur
zu gerne in die Finger kriegen und jagt die Pan-Yemaa in-
zwischen mit einer eigenen Einheit, deren Mitglieder sich als
hervorragende Kletterer hervorgetan haben.
Szenarioansatz
Nachdem die Abenteurer (oder einer ihre Freunde) bestohlen
wurden, führt die Spur zu einem Jugendlichen – aber statt des
Diebes finden die Abenteurer nur noch seinen ausgezehrten
Leichnam und einen weinenden Jungen vor, der erzählt, dass
sein großer Bruder am Tag seines 18. Geburtstages verschwand.
In dem Versuch, nachzuvollziehen, was mit dem Dieb gesche-
hen ist, müssen die Abenteurer nicht nur das Vertrauen der
Pan-Yemaa gewinnen, von den höchsten Türmen der Senkrech-
ten Stadt bis in die tiefsten Tiefen steigen und mit einem mon-
strösen, rätselhaften Geisterwels verhandeln – sondern auch die
Informationen rekonstruieren, die die Diebe für die Grüne Da-
me in den letzten Wochen sammelten. Ob sie darauf kommen,
dass der Leichnam das Überbleibsel eines misslungenen Geis-
territuals der Dame ist oder nicht: Die Dame ist mit Sicherheit
auf sie aufmerksam geworden.
Einen Pan-Yemaa spielen
Ein Pan-Yemaa, der zum Abenteurer geworden ist, ge-
hört vermutlich zu denjenigen, die die Bande verlassen
haben, weil sie schlicht zu alt geworden sind – oder die
Hals über Kopf fliehen mussten, als die Grüne Dame
sinistere Pläne für sie heckte. Anfangs ist er sicherlich
misstrauisch, aber seine Sehnsucht nach einer Gemein-
schaft und einem Zugehörigkeitsgefühl kann schon
bald aus ihm einen zuverlässigen Gefährten machen,
wenn man denn über die gelegentlichen Diebstähle
hinwegsehen kann, die er sicherlich auch weiterhin be-
gehen wird.
Stichpunkte zur Ausgestaltung
Tracht: keine
Bevorzugte Ausbildungen: Schurke (Pan-Yemaa)
Bevorzugte Schwächen: Anhänglichkeit, Gier
Wichtige Fertigkeiten: Akrobatik, Athletik, Fingerfertig-
keit, Heimlichkeit, Straßenkunde
Wichtige Magieschulen: Bewegungsmagie, Schattenmagie
Ausbildungsvariante: Pan-Yemaa
(Variante des Schurken)
Voraussetzung: Kultur Kungaitan; Fertigkeiten: Bewe-
gungsmagie +2, Arkane Kunde -1, keine Stärkungs-
magie oder Kampffertigkeit wählbar; Meisterschaften:
Athletik (Kletteraffe) und Fingerfertigkeit (Kreative
Ablenkung) statt bestehender Auswahl
81
 Die Portalgilde
Fernhändler der Feenpfade
Die Kerntätigkeiten der gnomischen Portalgilde – oder kor-
rekt: Allianz zur gemeinsamen Erkundung und Erschließung des
magischen Wegenetzes jenseits von Lorakis – sind die Erkundung,
Sicherung und Bewirtschaftung des lorakisweiten Netzes aus Por-
talen und Mondpfaden. Dazu arbeiten sie im Diesseits wie in
den Feenwelten mit den lokalen Herrschern zusammen, meist
durch geschickte Vertragsabschlüsse, gelegentlich auch durch
wirtschaftlichen Zwang.
Darüber hinaus ist der Portalgilde noch die Gnomische Fernhänd-
lergilde als Tochterunternehmen angeschlossen, die eigenständig
wirtschaftet, aber die Einrichtungen der „Mutterfirma“ nutzt.
Speziell über letztere Organisation ist die Portalgilde nicht nur in
der Nähe der Portale auf Lorakis vertreten.
Hintergrund und Geschichte
Die Portalgilde ist eine der ältesten noch bestehenden Organisati-
onen von Lorakis. Wenige Dokumente, jedoch einige Märchen
und Sagen, lassen darauf schließen, dass die Gnome ihre
Funktion als „Pfadfinder“ schon zu Zeiten der Drach-
lingsherrschaft unter strenger Kontrolle der Geschupp-
ten ausgeübt haben. Schon aus dem zweiten Jahrhundert
nach dem Mondfall wird berichtet, dass gnomische
Kundschafter zwischen Catley und Aldentrutz pendelten,
und auch in Siprangu waren portalkundige Gnome mit die
ersten, die auf den Aufruf
der Spiegelprinzessin zur
Wiederbesiedlung der ge-
borstenen Insel reagierten –
und noch heute befindet sich
der nominelle Hauptsitz der
Gilde in einem Turmbau auf der
siprangischen Südinsel mit Blick
auf das Portal.
Motivation
Die „Allianz“, wie sich die Portalgilde
bisweilen auch nennt, ist das vermutlich
größte lorakisweit auftretende Handels-
haus und hat wirtschaftlichen Gewinn als
klares erstes Ziel. Die in den frühen Jahr-
hunderten starke Forschungskomponente
ist darüber ein wenig in den Hintergrund
getreten, auch wenn für Archivarbeit, Feld-
forschung und Magietheorie immer noch
ordentliche Summen pro Jahr ausgegeben werden
und die aktuelle Großmutter der Gilde sich wieder
verstärkt diesem Bereich widmet. Da mehr als neun
von zehn Mitgliedern Gnome sind, erhebt
die Gilde bisweilen – je nach Führung –
auch den Anspruch, Schutzmacht der
lorakischen Gnomenheit zu sein.
82
Ziele
Die konkurrenzlose Kontrolle der Portale und Mondpfade
für den Nachrichten- und Güterverkehr.
Die Entdeckung und Erforschung eventuell weiterer Mond-
pfade sowie einer potentiellen Vernetzung der bestehenden
Pfade.
Die Erforschung der Vergangenheit der Gnome und der mit
ihnen zusammenhängenden Feenwelten.
Die lorakisweite Vereinheitlichung von Maßen und Gewichten.
Die Vergrößerung des Einflusses der Gnomischen Fernhänd-
lergilde auf den Handel außerhalb der Mondpfade.
Hierarchie und Struktur
Basis der Geschäfte und Operationen der Gilde sind die Niederlassun-
gen an den einzelnen Toren, die in ihren geschäftlichen Entscheidun-
gen völlig unabhängig sind und sich nur an die jeweils gültigen
Beschlüsse des Gildentags halten müssen. Sie können ent-
scheiden, ob sie von den üblichen Tarifen für die Tornut-
zung abweichen wollen, wie sie ihr Verhältnis mit den
weltlichen und jenseitigen Autoritäten regeln, wem sie
Rabatte einräumen oder Kredite gewähren. Sie sind
natürlich verpflichtet, den Betrieb der Tore und die
Sicherheit der Reisenden zu gewährleisten und ha-
ben dafür das Recht, im direkten Umkreis der
Tore sowie auf den Mondpfaden Recht zu
sprechen und es durchzusetzen.
Den Portal-Niederlassungen sind
jeweils Kontore in benachbarten,
wichtigen Handelsplätzen der umlie-
genden Region zugeordnet. Da diese
jedoch nominell Teil der Fernhänd­
lergilde sind, können sie ebenfalls recht
frei über ihre Geschäfte entscheiden.
Beschlüsse, die die gesamte Gilde
betreffen, werden auf einem alle zwei
Jahre an wechselnden Portalen stattfin-
denden Gildentag getroffen; solche von
höchster Dringlichkeit, wie der Aus-
schluss eines Händlers, Händlerbundes
oder gar Reiches von den Portalreisen
vom Rat der Ahnen. Eine solch weitrei-
chende Entscheidung muss jedoch auf dem
nächsten Gildentag abgesegnet werden.
Wie bei vielen gnomischen Bünden üblich,
ist auch die Portalgilde „familiär“ orga-
nisiert, und auch wenn echte Verwandt-
schaftsbeziehungen nur eine geringe Rolle
spielen, ist das Bild einer Familie – mit all
ihren Respektsbezeugungen, Abhän-
gigkeiten und internen Streitereien
– ein überaus zutreffendes.

Ränge
Die untersten Grade innerhalb der Gilde, noch unterhalb der
eigentlichen Rangstruktur, sind die weltlichen Bediensteten, die
sich um Stallungen, Buchhaltung oder diesseitige Wachdienste
kümmern; in diesen Reihen finden sich auch Nicht-Feensichtige,
also auch die meisten Varge, Menschen, Alben und Zwerge.
Darüber stehen die Vettern und Basen: Wegfinder und Wegberei-
ter in Ausbildung, Betreiber der Rasthäuser an der Seidenstraße
und Handelsagenten mit einem Mindestmaß an Erfahrung auf
den Pfaden. Voll lizenzierte Wegfinder und Feen-Diplomaten (al-
so das „jenseitige Personal“) heißen Söhne und Töchter und sind
als „Ehrbare Mitglieder“ voll stimmberechtigt in Gildendingen,
während die im Protokoll der Gilde knapp unter ihnen stehen-
den Nichten und Neffen sich um die diesseitigen Aspekte des
Handels kümmern.
Und während ein Vater bzw. eine Mutter jeweils den Geschäf-
ten eines einzelnen Tores vorstehen, sind Onkel und Tanten für
bestimmte Themenbereiche wie Portal-Forschung, Ausrüstung
oder Beziehungen zu besonders wichtigen Fürsten zuständig. Alle
Pfadmeister (siehe Die Magie S. 30) gelten nach Abschluss ihrer
zehnjährigen Pflichtzeit automatisch als Onkel oder Tante.
Bei allen nicht eindeutigen Rangbezeichnungen fügen die Gno-
me gerne noch phantastische Titel wie „Präzentor des Eisens“
(zuständig für alle kämpfenden Wachen in Aldentrutz) zur genau-
eren Bezeichnung der Funktion an. Der gesamten Gilde steht ein
Großvater oder eine Großmutter vor, die vom Rat der Ahnen in den
Bereichen Diplomatie, Portalkunde und Handel beraten werden.
Ressource Rang
Wert Titel Bedeutung
1 Vetter/Base Neumitglied mit geringen Befugnissen
Vollmitglied mit Befugnissen im
2 Nichte/Neffe
diesseitigen Handel
3 Sohn/Tochter
ehrbares Mitglied mit vollem Stimmrecht
beim Gildentag
4 Onkel/Tante Zuständige für einzelne Themenbereiche
Leiter der Operationen eines
5 Vater/Mutter
Mondportals
6 Ahn/Ahnin Mitglied im Rat der Ahnen
7 Großvater/-mutter Vorsteher/-in der gesamten Portalgilde
Mitglieder
Selbst wenn man die Vettern und Basen mitzählt, zählt der Bund
keine 500 Mitglieder, zu denen noch einmal jeweils dieselbe Anzahl
fester und zeitweiliger Bediensteter kommt – wenig für eine lora-
kisweit arbeitende Organisation, gleichzeitig eine gute Möglichkeit,
in den Rängen aufzusteigen und zu Ansehen zu gelangen. Die Ma-
trosinnen, Karawanenknechte und anderen Angestellten der Fern-
händlergilde zählen dabei nicht zur eigentlichen Portalgilde.
Prinzipiell können jeder Gnom und jede Gnomin (und in Aus-
nahmefällen auch Angehörige anderer Rassen) Mitglied der Gilde
werden, eine Empfehlung eines Ehrbaren Mitglieds ist jedoch ein
Weg, die Annahmeüberprüfungen und die Lehrzeit deutlich zu
verkürzen. Das empfehlende Mitglied ist dann für das erste Jahr
der Mitgliedschaft Tutor und Bürge – „große Schwester“ – des
Neulings. Grund für eine Nichtannahme – und auch für einen
Ausschluss – ist massiv antisoziales Verhalten: Auf den Feenpfa-
den muss man sich aufeinander verlassen können.
Erkennungszeichen
Die Portalgilde verwendet keine einheitliche Tracht: Während
Wegfinder praktische Reisekleidung bevorzugen, kleiden sich
Händler und Diplomaten eher repräsentativ; in Sarnburg sind
für die öffentlich arbeitenden Nichten und Neffen dunkelgrüne
Roben vorgeschrieben, während in Palitan typisch zhoujiangi-
sche „Beamtenhüte“ verbreitet sind. Auch die jeweilige Ausrüs-
tung ist eher lokalen Gegebenheiten oder den Notwendigkeiten
des Kundschafterlebens angepasst.
Alle Vollmitglieder der Gilde verfügen über ein sehr fälschungs-
sicheres Siegel, das meist als Amulett getragen wird und nicht
nur ihre Zugehörigkeit, sondern auch ihren Rang anzeigt. Häu-
fig sind diese Siegel, die alle in Siprangu angefertigt werden, mit
weiteren Zaubern aufgeladen. Während die Siegel der weltlichen
Bediensteten etwa münzengroß sind, ist das Siegel der Großmut-
ter eine mit komplexen Glyphen geschmückte Scheibe von fast
drei gnomischen Handflächen Durchmesser.
Bedeutende Angehörige
Für eine gnomische „Großmutter“ ist Ling Zhinchao (Gno-
min, *942 LZ, gedrehte Hörner, weltgewandt, eitel, entschlos-
sen) noch sehr jung. Ihre Verhandlungsfertigkeiten hat sie im
zhoujiangschen Triadenumfeld gestählt, wo sie schon jung zur
rechten Hand der Triadenführerin Hung Hong (Gnomin, *878
LZ, undurchschaubar und stets belustigt) wurde. Anstatt die-
ser den Posten streitig zu machen, bewarb sich Ling um den
höchsten Posten der Gilde, wo sie als Kompromisskandidatin
einen Überraschungserfolg feierte. Sie hat sich der Förderung
der Portalforschung verschrieben und setzt gerne „unabhängi-
ge“ Helfer ein – eine Chance für Abenteurer, einen Auftrag aus
den höchsten Rängen der Gilde zu erhalten.
Die arkurische Mutter Wynga Didaret (Gnomin, *882 LZ,
rothaarig, aufbrausend, groß und kämpferisch für eine Gno-
min) hat ihr Amt schon seit mehreren Dutzend Jahren inne
und ist in zweierlei Hinsicht besonders: Zum einen unterste-
hen ihr mit Arkuri und Süd-Arkuri zwei Portale, zum ande-
ren ist sie durch eine besondere Form von Feenpakt an den
Pfadwächter des Wildwechsels, Guragon Asram, gebunden –
sie war es, die den Oger Asram in ihre Dienste nahm, der den
vorherigen Wächter Guragon Usk erschlug. Daher versucht
sie auch, die Bestrebungen des Patriziers und Großwildjä-
gers Hatto Hardek (Mensch, *957 LZ, goldgefärbtes Haar,
vernarbt, herrisch, abergläubisch) zu hintertreiben, der selbst
gerne Wächter des Pfades werden will, indem er Asram zu
seiner Trophäensammlung hinzufügt.
Andere bekannte Vorsteher der einzelnen Niederlassungen
sind die schon genannte Mutter Chen Hong in Palitan, Va-
ter Rolkest (Gnom, *945 LZ, schlitzohrig, rücksichtslos) in
Catley und Vater Nirag Golrag (Gnom, *950 LZ, abenteuer-
lustig, dreist, gibt wenig auf Ränge anderer Organisationen)
in Aldentrutz.
83
 Einer der wenigen nicht-gnomischen Wegfinder ist der Vai-
garr Gurr-Go-Marr (Varg, *954 LZ, viele weiße Strähnen im
schwarzen Fell, exzellenter Wildniskundiger), der auf dem
Umkämpften Pfad, dem Wildwechsel und dem Orakelpfad
gleichermaßen zu Hause ist und häufig von Portalvorstehern
zu Hilfe gerufen wird, wenn eine wichtige Person auf einem
der Pfade „verloren“ gegangen ist. Er ist ein eingeschwore-
ner Gegner der Aktivitäten der Kundigen der Letzten Pfade
und angeblich ein Meister im Ausbalancieren verschiedenster
Feenpakte.
Ressourcen und Mittel
Die Portalgilde ist nicht nur eine der wenigen „internationalen“
Organisationen auf Lorakis, sondern über die Kontrolle des Por-
talnetzes auch eine der einflussreichsten. Sie garantieren dabei
nicht nur für Sicherheit und Annehmlichkeiten des Wegenetzes,
sondern treten auch als Zwischenhändler auf, was für sie natür-
lich deutlich profitabler ist. Die Gewinne wurden nicht nur in
lukrative Gasthäuser, Ausbildungsstätten für „pfadfeste“ Lasttiere
oder regelmäßige Geschenke an lokale und feenweltliche Herr-
scher gesteckt, sondern auch in eigene Stellmachereien und Werf-
ten, den Geldverleih, Botendienste, Handelsschiffe und Kontore
in Handelszentren abseits der Portale.
Basargnomisch und Lunare
Als führendes gesamtlorakisches Handelshaus geht der Einfluss
der Portalgilde weit über ihre wirtschaftliche Macht hinaus: Das
Basargnomische ist die Verkehrssprache großer Teile von Lorakis
(selbst das Xienyan und das Farukanische sind weniger universell)
und als Standardwährung werden weltweit die Lunare der gnomi-
schen Händler verwendet – hier haben sich schiere Praktikabilität
und kultureller Einfluss der Gilde ohne weiteren Druck oder Be-
stechung durchgesetzt.
Historische, magische und Portal-Forschung
Die Gelehrten der Gilde wissen zwar mittlerweile recht genau,
wie die Portale funktionieren – wann sie sich in Abhängigkeit zu
den Mondkonstellationen öffnen und schließen, wie häufig ein
„Flackern“ ist –, aber nicht, wer die Portale einst erbaute und wer
die ursprünglichen Pakte mit den Wächtern schloss. Sie sammeln
jedoch alles Wissen aus
Aufzeichnungen und Erlebnisberichten, astronomischen Beob-
achtungen, Sagen und Legenden, um die Stimmung der Wächter
einzuschätzen, Rückschlüsse auf eventuelle Veränderungen der
Öffnungszyklen zu ziehen und natürlich verschollene weitere To-
re zu finden.
Sie haben zwar nicht das Monopol auf dieses Wissen, aber sie
zahlen am besten dafür, um an die Erkenntnisse zu gelangen. Da-
durch ist zwar ein erstaunlicher Korpus an Wissen zusammenge-
kommen, der beim alltäglichen Betrieb der Portale hilfreich ist,
aber noch keine umwälzenden Neuheiten hervorgebracht hat.
Das hält die Gilde jedoch nicht davon ab, sowohl am Rand der
Mondpfade und darüber hinaus von entsprechend bewander-
ten Abenteurern Kartierungen der fließenden Topographie der
Feenwelten erstellen zu lassen, als auch Forschergruppen zu den
äußersten Enden von Lorakis oder in die verstaubtesten Biblio-
84
theken zu schicken, um Hinweisen auf mögliche weitere Portale
nachzugehen. Das wichtigste Archiv der Gilde befindet sich in
Ioria und wird von Onkel Kordan Kempyris (Gnom, *899 LZ,
kompetenter Erkenntnismagier, spricht sehr langsam und be-
dacht, Brillenträger) geleitet.
Was die theoretische magische Forschung angeht, fehlen den
Pfadmeistern der Portalgilde zwar konkrete Formalismen für die
hypothetische zwanzigste Magieschule „Zeit und Raum“ (sie sind
also nicht in der Lage, „torähnliche“ Zaubereien zu wirken), aber
es wird ihnen nachgesagt, dass sie in der Lage seien, Tore mittels
aufwendiger Rituale auch außerhalb der vorgegebenen Zyklen zu
öffnen oder zu schließen.
Kontore und Banken
In den Niederlassungen und Kontoren können nicht nur Waren
aus den entferntesten Winkeln von Lorakis und ganze Karawa-
nenladungen einheimischer Produkte ge- und verkauft werden,
sie dienen auch als Lagerhäuser für Händler (auch Abenteurer
können für 2 Lunare pro Monat ihre Güter einlagern), als Treff-
punkte für Forscher und Kundschafter, als Sprachschulen und als
Wechsel- und Einlagehäuser, also das, was auf Lorakis Banken
am nächsten kommt. Bankgeschäfte sind jedoch nur ab einer ge-
wissen Grund-Einlage (entsprechend Vermögen 5+) und bei einer
entsprechenden Reputation (Ansehen oder Stand 4+) möglich.
Die Gilde betreibt Lagerhäuser auf den Strecken selbst (andere
sprechen sogar von Enklaven in den Feenwelten neben den Stre-
cken), zum Teil, um ihre eigenen Schätze zu horten, zum Teil
aber auch, um Waren zwischenzulagern und so Verkaufspreise zu
stabilisieren. Während diese Lager mehr oder weniger öffentlich
sind, ist die Lage des „geheimen Hauptquartiers“ Bilsha-Yi völlig
spekulativ.
Vorgehen
Die Mittel, mit denen die Portalgilde ihren Einfluss geschaffen
hat und mit denen sie ihn erhält, sind Wissensvorsprung durch
Erkundung, Archivarbeit, Forschung und Spionage, geschickte
Diplomatie mit Zuckerbrot, Peitsche und Kleingedrucktem und
der Einsatz ihrer schieren Handelsmacht. Zu ernsten Maßnahmen
wie Embargos gegen ein Fürstenhaus (bei „Gefährdung der Pfa-
de“ oder „Verletzung der Neutralität“) musste sie in ihrer Ge-
schichte nur wenige Male greifen. Auch wenn man es ihr gerne
nachsagt – die Portalgilde hat keine „versteckte Agenda“.
Die einzelnen Niederlassungen an den Toren haben eine hohe
Handlungs- und Finanzfreiheit, sprich: Sie verhandeln mit den
lokalen Potentaten und haben eine eigene „Kriegskasse“, aus
der sie auch außergewöhnliche Ausgaben – Sold für Abenteu-
rer, Bestechungsgelder oder der Kauf außergewöhnlicher, histo-
risch wichtiger Artefakte – finanzieren können. Den Schutz der
Kontore übernehmen gewöhnliche, gut bezahlte Mietkrieger.
Überhaupt löst die Portalgilde viele Probleme, indem sie sie „mit
Lunaren bewirft“.
Wie jedes große Handelshaus spendet die Portalgilde regelmäßig
an die Tempel vor Ort – namentlich solcher Gottheiten, die sich
mit Handel, der Mehrung von Wissen und der Förderung des
Gemeinsinns identifizieren lassen – und unterhält (dies allerdings
als eine von wenigen Institutionen) ein regelrechtes Sozialwerk
mit Wohnungen und Hospitälern für ihre Mitglieder.
 Verbündete und Feinde
Mit anderen Händlerbünden – aus Patalis oder Kungaitan,
der Pashtaris oder der Vindarai – pflegt man eine gesunde
Konkurrenz, die zumindest von Seiten der Portalgilde wenig
verbissen geführt wird, schließlich ist man in vielen Berei-
chen „natürlicher Monopolist“. Echte Verbündete hat die
Gilde fast keine, dafür aber jede Menge Vertragspartner, und
da es sich bei den Verträgen teilweise um „Feenangelegenhei-
ten“ handelt oder sie durch Machtgleichgewichte an den bei-
den Enden eines Feenpfades aufrechterhalten werden, gelten
diese als stabil.
Ein erstaunlich schlechtes Verhältnis hat man schon seit meh-
reren hundert Jahren mit den Gnomen aus Talaberis, die da-
für gesorgt haben, dass auch andere mertalische Gnome und
Organisationen wie die Mediatorengilde die Aktivitäten der
Portalgilde sehr skeptisch sehen und sie mit diplomatischen
und kaufmännischen Mitteln zu hintertreiben suchen. Was
zu diesem Zerwürfnis geführt hat, ist weder in den Annalen
der Gilde noch in den Geschichten der talaberischen Gnome
zu finden – und mancher glaubt, hier würde noch uralter
Groll aus der Zeit des Lebens in der Feenwelt weitergeführt.
Auf dem Wildwechsel von Arkuri nach Süd-Arkuri hat die
Gilde nicht nur mit dem Großwildjäger Hatto Hardek zu
kämpfen, der den mit der Gilde verbündeten Pfadwächter
Guragon Asram erlegen will. Auch die endzeitlich und auf
Überleben des Stärkeren ausgerichteten Kundigen der letzten
Pfade (siehe auch Die Magie S. 20f ), für die der Mondpfad
quasi heiliger Boden darstellt, machen den offiziellen Weg-
findern durch erbitterte Konkurrenz das Leben schwer. Und
im Gegensatz zu einzelnen „Schwarzmarkt-Wegfindern“ sind
sie zudem organisiert, kampfstark und auf ihrem Territorium
wildniserfahren.
Szenarioansatz
Ein Reisender auf einem der Feenpfade – z.B. der halbwüchsige
Spross eines wohlhabenden und einflussreichen Händlers – hat,
ohne über die Konsequenzen nachzudenken, einen Gegenstand
vom Pfad eingesteckt, der Teil des komplizierten Paktes zwi-
schen den Diesseitigen und dem Wächterwesen des Pfades ist.
Beispiele wären: ein in allen Regenbogenfarben schimmernder
Kieselstein aus einer Furt, eine nachts aufblühende Blume oder
der Schädel eines dreigehörnten „Feentiers“. Der Wächter sieht
nun den Pakt als gebrochen an und hat den Ausgang verschlos-
sen. Ein Unterhändler der Portalgilde kann nun versuchen, dem
Wächterwesen noch etwas zusätzliche Zeit abzutrotzen, wäh-
rend der die Abenteurer in der Karawane nach dem Schuldi-
gen suchen – der sich natürlich keiner Schuld bewusst ist und
sein „Souvenir“ behalten will. Vielleicht will der Wächter auch
den Missetäter für sieben Jahre auf dem Pfad behalten oder im
Austausch für das Souvenir eine wertvolle oder obskure Ware,
die die Karawane mit sich führt und die natürlich dem Besitzer
überaus wichtig ist.
Einen Angehörgen
der Portalgilde spielen
Aufgaben für Personen mit Wagemut, die von den
vielen Handels- und Verwaltungstätigkeiten weniger
angetan sind, umfassen die klassische Erkundung der
sich ständig wandelnden Pfade, die Verhandlungen
mit Feenwesen und das Forschen – im Feld wie in
Archiven – nach Spuren weiterer Portale und Pfade.
Dabei ist es immer wieder möglich, dass Gilden-
mitglieder auch unabhängig von einzelnen Nieder-
lassungen agieren und sich reisenden Abenteurern
anschließen. Da neu gewonnene Erkenntnisse oder
vorteilhafte Kontaktanbahnungen das Prestige des
Mitglieds innerhalb der Gilde deutlich verbessern
können, sind die Portalgnome schnell zu entsprechen-
den Abenteuern zu motivieren. Die meisten Mitglie-
der der Portalgilde fügen sich schnell in die meisten
Gemeinschaften ein, auch wenn sie mit ihren Erklä-
rungen zu jenseitigen Zusammenhängen bisweilen
etwas verschroben wirken.
Stichpunkte zur Ausgestaltung
Tracht: je nach Niederlassung; bei Wegfindern meist
stattdessen praktische Reisekleidung;
Bevorzugte Ausbildungen: Arkaner Gelehrter (siehe Sele­
nia, S. 94), Entdecker, Kundschafter (Wegfinder),
Magischer Unterhändler
Bevorzugte Schwächen: Hochmut, Neugier
Wichtige Fertigkeiten: Arkane Kunde, Diplomatie, Em-
pathie, Entschlossenheit, Geschichte und Mythen,
Länderkunde, Wahrnehmung
Wichtige Magieschulen: Beherrschungsmagie, Erkennt-
nismagie, Schutzmagie
Ausbildungsvariante: Wegfinder
(Variante des Kundschafters)
Diese Ausbildungsvariante finden Sie in Splittermond:
Die Regeln auf S. 61.
85
 Qin Shou
kundige Bergmonsterjäger
Weit im Westen Zhouijangs liegt die strategisch bedeutsame
Hafenstadt Taka, deren Nähe zur Schattenwand sie zu einem
gefährlichen Ort macht. Monströse Kreaturen aus dem Gebir-
ge durchstreifen auf der Suche nach leichter Beute die Gegend
und machen selbst vor den Mauern der Stadt nicht immer halt.
Die Qin Shou, einst entstanden aus einer Gruppe abenteuer-
lustiger Söldner, haben sich dem Schutz der Stadt verschrieben.
Als Monsterjäger werden sie vielerorts wie Helden verehrt. Ih-
ren Ruhm verdanken sie dabei vor allem der hohen Erfolgsquote
ihrer Expeditionen. Durch umfangreiche Kenntnis ihrer Gegner
und stets bedachtes Vorgehen sorgen sie dafür, dass sich die Be-
wohner von Taka allzeit sicher fühlen.
Hintergrund
Auch wenn der Orden der Qin Shou vor allem mit der jungen
Stadt Taka in Verbindung gebracht wird, reicht seine Geschichte
noch weiter zurück. Als eher lose Gruppierung agierte bereits eini-
ge Jahre vor der Stadtgründung um 790 LZ eine Söldnergruppe,
die sich auf die Jagd nach Monstern der Schattenwand spezialisiert
hatte, in der Büffel- und Affenprovinz. Nach der Gründung der
Stadt bot die erste Stadtherrin von Taka den Söldnern eine dau-
erhafte Bleibe und Verpflegung an, wenn diese sich im Gegenzug
86
dem Schutz der strategisch wichtigen Stadt verschreiben würden.
Viele Mitglieder der Söldnergruppe nahmen das Angebot an. Un-
ter dem Namen Qin Shou („Schützende Hand“) wurde ein Orden
gegründet. Mit der Zeit wuchs die Gemeinschaft und zählte zu ih-
ren Spitzenzeiten etwa 300 Mitglieder. Doch in den letzten Jahren
sank das Interesse am Orden: Neue Mitglieder sind nur schwer zu
finden, denn auch wenn die Jäger hoch angesehen sind, ist vielen
die Gefahr für das eigene Leben doch zu groß. Dennoch bleibt die
Bedrohung durch die Schattenwand bestehen und im Orden wer-
den Stimmen laut, die sich sorgen, dass die Kapazitäten bald nicht
mehr ausreichen, um die Stadt zu beschützen.
Motivation
Auch wenn die Mitglieder des Ordens dem Stadtherrn von Taka
ihre Treue schwören, sind sie vor allem bestrebt, den Bürgern der
Stadt dauerhaften Schutz zu gewähren. Dazu versucht der Orden
Gefahren zu erkennen, bevor sie überhaupt entstehen. Durch re-
gelmäßige Expeditionen sammeln die Jäger Informationen über
die Schattenwand und ihre Bewohner. Zu jeder bekannten Kre-
atur, die sich dort herumtreibt, existiert in den Archiven des Or-
dens mindestens ein Dokument mit Informationen über Stärken,
Schwächen und verschiedene Jagd- und Kampfstrategien. Die
Mitglieder des Ordens sind stets bestrebt, das Archiv zu erweitern.
Ziele
Der Schutz der Stadt und ihrer Umgebung hat oberste Prio-
rität, ist es doch der Zweck dieses Ordens, Gefahren aus der
Schattenwand möglichst früh zu beseitigen, bevor diese auch
nur in die Nähe Takas gelangen.
Wissen ist Macht – das gilt auch für den Orden der Qin
Shou. Durch regelmäßige Expeditionen werden neue Infor-
mationen über die Schattenwand und ihre Bewohner gesam-
melt. Einige Qin Shou träumen gar davon, dereinst Kontakt
in das sagenhafte Reich Shenshangú inmitten der Schatten-
wand herzustellen.
In den letzten Jahren sank die Zahl der Ordensmitglieder und
um die Sicherheit der Stadt weiterhin zu gewährleisten, müs-
sen neue Rekruten angeworben werden. Doch auch wenn die
Qin Shou vielerorts hoch angesehen sind, ist die Zahl der Be-
werber nicht gerade hoch: Zu groß ist die Angst der Bevölke-
rung vor den Gefahren, die im Gebirge lauern. Daher werden
immer wieder Ordensmitglieder ausgesandt, um abseits des
direkten Umlandes (und teils sogar in Gebirgsregionen ferner
Reiche) nach neuen tauglichen Rekruten zu suchen.
Der Bürgerkrieg macht auch vor den Toren Takas nicht halt.
Immer wieder versuchen Gefolgsleute von General Wu die
Mitglieder des Ordens als Bergführer oder Guerillakrieger
einzuspannen. Viele von ihnen sympathisieren durchaus mit
dem General, der den Orden stets unterstützt hat – dennoch
versucht die Führung des Ordens, strikte Neutralität zu wah-
ren und sich nicht in den Konflikt hineinziehen zu lassen.
 Hierarchie und Struktur
Schnelles Eingreifen ist oft unerlässlich für die Arbeit des Ordens,
denn lange Entscheidungswege und Verzögerungen können sich
die Jäger in Krisensituationen nicht leisten. Daher ist die Hierar-
chie innerhalb des Ordens sehr flach gehalten. Neue Mitglieder
werden als Rekruten (Hiaj) bezeichnet. Nach erfolgreichem Ab-
schluss ihrer ersten Expedition werden sie in den Rang eines Jägers
(Danji) erhoben und gelten fortan als vollwertiges Mitglied des
Ordens. Die Jäger dürfen im Namen des Ordens Expeditionen or-
ganisieren und in vollem Umfang auf dessen Ressourcen zugreifen.
Dazu zählen vor allem die Ausrüstungskammer und das Archiv.
An der Spitze des Ordens steht der Großmeister (Qin Lao). Die-
ser kümmert sich mit seinen Assistenten um die Verwaltung des
Ordens. Ihm zur Seite steht ein Beratergremium erfahrener Jäger,
die zu alt oder zu schwer verletzt worden sind, um weiterhin an
Expeditionen teilzunehmen.
Ressource Rang
Wert Titel Bedeutung
einfaches Ordensmitglied, das an
1 Hiaj
Expeditionen teilnehmen darf
erprobtes Mitglied, das selbst
2 Danji
Expeditionen ausrichten darf
3 Qin Lao Vorsteher des Ordens
Mitglieder
Die Qin Shou sind immer offen für neue Mitglieder und eine
spezielle Ausbildung existiert nicht. Jedoch wird von jedem neu-
en Mitglied erwartet, dass es sich eigenständig in den Archiven
über die Schattenwand und ihre Bewohner informiert.
Da jeder Jäger eigene Vorlieben hat, was den Schutz und die Be-
weglichkeit im Gebirge angeht, wird auf eine einheitliche Rüs-
tung verzichtet. Die Tracht des Ordens beschränkt sich auf einen
roten Mantel, der über der eigenen Rüstung getragen wird. Das
auffällig rote Kleidungsstück wird während der Expeditionen je-
doch nur selten getragen und dient eher der Zuschaustellung der
Präsenz des Ordens innerhalb der Stadt – und somit auch der
Beruhigung der Bevölkerung. Dies klappt so gut, dass rund um
Taka die Farbe Rot inzwischen als Glücksfarbe gilt.
Bedeutende Angehörige
Hatano Shingen (Alb, *731 LZ, alt, würdevoll, ernst und be-
dacht) ist der erste und bisher einzige Qin Lao des Ordens. Der
verstoßene Schwertalb schloss damals den Vertrag mit dem
Stadtherrn von Taka und wird von den meisten Jägern sehr
geschätzt. Sein Körper ist mit Narben übersät und jede davon
hat ihre eigene Geschichte. Seit seinem letzten Kampf gegen
den bleichen Drachen Tuzan ist er geradezu davon besessen die
Bestie zu erlegen. Jeder Spur, die ihn zu dem Drachen führen
könnte, geht er persönlich nach. Dreimal gelang es ihm bereits
das Ungetüm aufzuspüren, doch war er ihm stets unterlegen –
kam aber immer mit dem Leben davon. Inzwischen befürchtet
er, dass Tuzan mit ihm spielt und er vielmehr Beute als Jäger ist.
Die Jägerin Su Jian (Mensch, *950 LZ, hilfsbereit, melan-
cholisch) verlor vor einigen Jahren ihr rechtes Bein durch
einen Steinschlag und kümmert sich nun um das Archiv
des Ordenshauses. Ihr Wissen um die Schattenwand und
ihre Bewohner ist äußerst umfangreich, zudem ist sie ein
geschätztes Mitglied im Beratergremium des Ordens. Dass
sie inzwischen aus Frust darüber, nie wieder auf die Jagd
gehen zu können, dem Alkohol verfallen ist, ahnt noch nie-
mand im Orden.
Tao Fang (Vargin, *962 LZ, attraktiv, verschlagen) kritisiert
schon länger die Führung des Ordens und macht den Groß-
meister für die sinkende Zahl der Rekruten verantwortlich.
Sie versucht Hatano Shingen aus seinem Amt zu treiben und
schart immer mehr Gleichgesinnte um sich. Ihr kommt dabei
zu Gute, dass sie beste Beziehungen zu den Stadtoberen von
Taka pflegt und auch nicht vor einem potenziellen Bündnis
mit General Wu zurückschreckt.
Ressourcen und Mittel
Zu den wichtigsten Ressourcen des Ordens zählt vor allem das
Archiv, welches eine umfangreiche Sammlung an Karten und In-
formationen über die Schattenwand und ihre Bewohner enthält.
Hinzu kommen die finanzielle und materielle Unterstützung der
Stadt Taka und ihrer Bevölkerung: Neben den Steuerabgaben, die
zur Finanzierung des Ordens verwendet werden, kommt es gele-
gentlich vor, dass die Bewohner der Stadt zusätzliche Spenden
an den Orden leisten. Nur selten handelt es sich dabei um Geld,
die Spenden reichen von frisch gebackenem Brot der örtlichen
Bäckerin, bis hin zu einfachen Waffen, die ein dankbarer Händler
den Qin Shou überlässt.
Ordenshaus und Archiv
Das Ordenshaus der Qin Shou gehört zu den eindrucksvollsten
Gebäuden in Taka und dient den Jägern als Wohn- und Ausbil-
dungsstätte. Neben den Schlafsälen finden sich noch die ordens-
eigene Taverne, das Ausrüstungslager sowie der Ratssaal, in dem
bevorstehende Expeditionen geplant werden. Der Innenhof des
Gebäudes ist ein großer Trainingsbereich, in dem die Rekruten
in verschiedensten Kampfstrategien unterwiesen werden. Etwas
misstrauisch schauen die Bewohner der Stadt auf die ebenfalls im
Innenhof befindlichen Käfige. Hinter schweren Eisengittern hält
der Orden einige weniger gefährliche Monster gefangen, um am
lebenden Objekt zu trainieren.
Im Keller des Gebäudes findet sich das Archiv des Ordens. Di-
verse Ansammlungen loser Dokumente und Skizzen werden
hier ins Reine geschrieben und streng archiviert. Der Lesesaal
ist nahezu immer besetzt mit eifrigen Ordensmitgliedern, die
ihr Wissen erweitern wollen und auch Fremde sind hier gern
gesehen, auch wenn sie bei ihren Recherchen stets im Auge be-
halten werden. Im Westflügel befindet sich die Trophäenhalle,
welche vielmehr einem Museum gleicht. Neben den besonders
bedeutenden Jagdtrophäen, finden sich im gesamten Westflü-
gel diverse präparierte Körper und Skelette erlegter Kreaturen.
Diese werden auch genutzt, um die Schwachstellen der Monster
zu studieren.
87
Außenposten Typus: Humanoider
Monstergrad: 3 / 2
An verschiedenen Stellen im Gebirge finden sich teils befestig- Fertigkeiten: Akrobatik 16, Anführen 12, Athletik 19, Entschlos-
te, teils gut versteckte Außenposten, die den Qin Shou als Ba- senheit 12, Heimlichkeit 13, Überleben 14, Wahrnehmung 14,
sis für Expeditionen oder als Zufluchtsort dienen. Hier finden Zähigkeit 20, Stärkungsmagie 13
die Jäger Unterkunft, Schutz vor der Witterung, Proviant und Zauber: Stärkung 0: Ausdauer stärken; I: Sicht verbessern; II: Ei-
Ausrüstung. Drei dieser Stützpunkte markieren die wichtigsten serne Aura
Patrouillenpfade des Ordens und sollten eigentlich stets besetzt Meisterschaften: Stangenwaffen (I: Vorstürmen; II: Gezielte
sein und regelmäßig mit frischem Proviant versorgt werden. Die Treffer; III: Blutiger Aderlass), Schusswaffen (I: Scharfschütze; II:
schwindende Mitgliederzahl führte jedoch dazu, dass heute nur Sehnenschneider; III: Gezielte Schüsse II), Akrobatik (I: Balance,
noch zwei dieser Außenposten dauerhaft von je zwei Ordensmit- Stehaufmännchen), Athletik (I: Kletteraffe; II: Hindernisläufer), Ent-
gliedern betreut werden. Sollte es so weitergehen wie bisher, muss schlossenheit (I: Unbeirrbar), Überleben (I: Geländekunde [Gebir-
auch der zweite Stützpunkt demnächst geschlossen werden. ge]), Zähigkeit (I: Schnell wieder auf den Beinen, Wachsamkeit; III:
Schmerzwiderstand II), Stärkungsmagie (I: Magische Zeichen)
Ausrüstung Beute: Kurzbogen Q2 (Schaden +2; 38 L), Speer Q3 (Schaden +1,
WGS -1; 68 L), Schwere Lederrüstung (11 L)
Im Laufe der Jahre hat sich eine bunte Sammlung an Ausrüstungs-
gegenständen im Ordenshaus angesammelt, auf die ein Jäger zu-
rückgreifen kann, wenn er sich für eine Expedition vorbereitet.
Neben allerlei Waffen, Fallen und Kleidung finden sich hier auch
Vorgehen
einige Artefakte, die dem Jäger die Fortbewegung im Gebirge er- Der Orden setzt bei seinen Expeditionen nach Möglichkeit auf
leichtern oder einem Späher helfen, unentdeckt zu bleiben. gute Vorbereitung, denn wenn die Gefahren frühzeitig erkannt
werden, können mit geschickter Planung die eigenen Leute un-
versehrt bleiben. Doch nicht immer hat eine Gruppe diesen Lu-
Zu den beliebtesten Artefakten zählt wohl die Warn- xus. In diesem Fall verlassen sich die Jäger auf ihre umfangreichen
flamme. Hierbei handelt es sich um eine Laterne in der Kenntnisse über die Kreaturen und die Umgebung. Sie versuchen
der Grad 1 Zauber Alarm dauerhaft verankert ist. Nä- stets, ihren Gegner in für sie vorteilhaftes Gelände zu locken. En-
hert sich ein Wesen, flammt die Laterne auf. ge Gebirgspassagen und rutschige Berghänge können den meis-
Recht weit verbreitet unter den Jägern sind Stiefel, die ten Kreaturen der Schattenwand zum Verhängnis werden, und
das Vorankommen im Gebirge erleichtern. Als Ziegen- der Jäger, der sein Gebiet kennt, kann über erhöhte und sichere
hufe werden beispielsweise Stiefel bezeichnet, die dem Positionen große Vorteile gewinnen.
Träger das Klettern als Strukturgeber des Grad 3 Zau- Neben den größeren Expeditionen kommt es auch immer wieder
bers Spinnenlauf erleichtern. Auch die Grad 1 Zauber vor, dass sich Jäger alleine oder in kleineren Gruppen ins Gebirge
Sprung und Beschleunigen finden sich als Strukturgeber wagen, sei es, um Erfahrung zu sammeln oder um Trophäen zu
und Zauberspeicher mehrfach im Arsenal des Ordens. ergattern. Einige Jäger ziehen grundsätzlich alleine oder mit nur
wenigen Begleitern aus, um sich mit der Natur zu messen.
Das Vertrauen in die Gruppe hat einen hohen Stellenwert im Or-
den. Die Expeditionsgruppen bestehen meist aus Jägern mit ver-
Mitglieder schiedenen Talenten und nicht selten finden sich innerhalb des
Zusammenhalt ist eine der wichtigsten Eigenschaften des Or- Ordens feste Gruppen, die bereits viele Expeditionen gemeinsam
dens, daher kann ein Jäger in den meisten Fällen mit der Un- erlebt haben.
terstützung anderer Ordensmitglieder rechnen. Sei es nun, um
Mitglieder für eine besonders heikle Mission zu rekrutieren, oder
um einen bestimmten Zauber oder eine Kampftaktik zu lernen –
Verbündete und Feinde
in den eigenen Reihen wird er stets jemanden finden, der ihm als Der Stadtherr von Taka, Hozhu Hoje (Mensch, *959 LZ, un-
Gefährte oder Lehrmeister dienen kann. nachgiebig, stets heiser) ist zwar ein strikter Herrscher, doch
ist ihm der Wert des Ordens durchaus bewusst. Auf Befehl
Erfahrener Jäger von General Wu unterstützt er den Orden nach Kräften. Für
einzelne Mitglieder der stark auf ihre Unabhängigkeit be-
dachten Gruppe hat er jedoch selten etwas übrig.
AUS BEW INT KON MYS STÄ VER WIL Auch im Gebirge leben einige mehr oder weniger intelligente
2 5 4 4 2 5 2 4 Völker. Die Garoul, eine Sippe friedlich lebender Bergtrolle,
GK GSW LP FO VTD SR KW GW
tolerieren die Qin Shou in ihrem Gebiet und gelegentlich las-
sen sich die fähigen Handwerker sogar auf einen Handel ein.
5 10 10 12 29 0 26 22
Die Jogodai machen den Qin Shou in den letzten Jahren
Waffen Wert Schaden WGS INI Merkmale immer häufiger das Leben schwer. Akai Kun (Mensch, *965
Lange Waffe, Scharf 3, LZ, stolz, vernarbt), Häuptling einer kleinen Jogdaren-Sippe
Speer 24 1W10+6 10 Ticks 2-1W6
Vielseitig nahe Taka, hat von dem Ruf der Qin Shou gehört und will
Kurzbogen 21 1W10+3 5 Ticks 2-1W6
Durchdringung 1, beweisen, dass er der bessere Jäger ist. Dazu macht er regel-
Scharf 2, Zweihändig mäßig Jagd auf die Ordensmitglieder.

88
 Kein anderes Monster ist unter den Jägern so bekannt und
gefürchtet, wie Tuzan der Bleiche. Niemand wird den Tag
vergessen, als der Höhlendrache plötzlich aus dem Erdboden
brach und große Teile der Stadt verwüstete. Erst eine Gruppe
mutiger Jäger, angeführt von Hatano Shingen, trieb die Kre-
atur zurück in den Untergrund, jedoch nicht ohne Verluste.
Zwar meidet der Drache seitdem die Stadt, doch macht er
regelrecht Jagd auf die Ordensmitglieder, die sich nachts al-
leine oder in kleinen Gruppen im Gebirge aufhalten. Dies
liegt auch daran, dass der Orden sein einziges Ei geraubt hat
und in seiner Trophäenhalle aufbewahrt – unwissend, dass es
immer noch ausgebrütet werden könnte.
Szenarioansatz
Die Garoul verhalten sich in den letzten Wochen zusehends aggres-
siver. Die eigentlich friedliche Bergtroll-Sippe greift vermehrt die
Patrouillen des Ordens an und stellt für die Jäger eine große Ge-
fahr dar. Da das Ordenshaus zurzeit schwach besetzt und Hatano
Shingen gewillt ist, den Grund für den neuen Konflikt schnell aus
der Welt zu schaffen, sucht der Orden nun nach Freiwilligen, um
herauszufinden, warum die Trolle ihr Verhalten geändert haben.
Die Abenteurer ziehen mit den der Jägerin Fun Yu (Vargin, *968
LZ, freundlich, gestikulierend) und dem Späher Fun Wai (Varg,
*968 LZ, schweigsam, bemaltes Fell) ins Gebirge. Die Zwillinge
kennen das Gebiet der Garoul gut und haben bereits öfter Han-
del mit ihnen getrieben. Das erste Ziel ist ein Außenposten na-
he der Grenze zum Trollgebiet. Dieser ist jedoch völlig verwüstet
und geplündert. Während die Zwillinge vorschnell die Garoul in
Verdacht haben, können die Abenteurer herausfinden, dass hier
keinesfalls Trolle am Werk waren. Vermutlich waren es Menschen.
Blutspuren deuten darauf hin, dass die Eindringlinge verwundet
waren. Zwar ließen sich die Spuren der Eindringlinge gut verfol-
gen. Alternativ schlägt Yu aber vor, erstmal bei der Höhlensiedlung
der Trolle nach dem Rechten zu sehen. Zumindest in der Nacht
können die Abenteurer sich dort ungestört umsehen und rund um
die Höhleneingänge Kampfspuren finden. Offenbar haben einige
Trolle hier gekämpft und verloren. Doch auch ihre Gegner wurden
verletzt. Die Vermutung liegt nahe, dass die Verwundeten Angrei-
fer sich zum Außenposten zurückgezogen haben.
Die Spur der Eindringlinge führt vom Außenposten weiter ins Ge-
birge. Nach einiger Zeit stoßen die Abenteurer auf den Leichnam
eines Jogdaren, der offenbar seinen Wunden erlag. Scheinbar ha-
ben die Jogdaren die Trolle angegriffen und das Lager des Ordens
zur Versorgung genutzt – und für die Trolle sehen alle Menschen
gleich aus, sodass sie die Angreifer für Qin Shou gehalten haben.
Was die Abenteurer noch nicht wissen: Batu (Mensch, *945 LZ,
hinterhältig, stark behaart), der Anführer der Angreifer, hat der
Trollsippe eine goldene Statue in Form eines Büffels gestohlen,
die der Orden der Sippe einst als Geschenk überbrachte. Er und
seine fünf Begleiter planen noch einen weiteren Schlag gegen die
Trolle, um sich noch mehr Schätze unter den Nagel zu reißen. Sie
lagern nicht allzu weit weg.
Den Abenteurern stehen nun verschiedene Wege offen: Sie kön-
nen versuchen, die Trolle zu einem Gespräch zu bewegen und so
weitere Informationen über die Angreifer zu erhalten, oder sie
verfolgen weiterhin die Spur der Jogdaren und können so auf ihr
Lager stoßen. Batu und seine Gruppe sind zwar starke Kämpfer,
doch lassen sie auch mit sich verhandeln, wenn der Preis stimmt.
Gelingt es der Gruppe den Trollen ihren Schatz zurückzubringen,
werden diese wieder milde gestimmt.
Einen Qin Shou spielen
Mitglieder der Qin Shou sind die optimalen Reisebe-
gleiter im Gebirge, doch auch in anderen Regionen
können sie sehr nützlich sein. Den Zusammenhalt der
Ordensgemeinschaft übertragen die Gebirgsjäger auch
auf andere Gemeinschaften und hat eine Gruppe ein-
mal ihr Vertrauen gewonnen, ist dieses bedingungslos.
Sie sind sehr bestrebt, ihr Wissen zu erweitern und neue
Erfahrungen zu sammeln und legen dabei eine schon
fast ungesunde Neugier an den Tag. Dennoch versu-
chen sie lieber einen Plan zweimal zu durchdenken, als
impulsiv zu handeln und damit andere in Gefahr zu
bringen.
Ein Jäger kann viele Gründe haben, seinen angestamm-
ten Platz im Orden zu verlassen. Während die einen der
Schattenwand überdrüssig werden und versuchen, an-
derswo auf neue Herausforderungen zu treffen, hegen
andere die Absicht, neue Mitglieder zu rekrutieren und
reisen deshalb in entferntere Gegenden. In den letzten
Jahren kam es zudem immer häufiger vor, dass Jäger den
Orden verließen, da ihnen der Druck zu viel wurde.
Den ständigen Konkurrenzkampf unter den Ordens-
mitgliedern, und die Pflicht, Taka stets unter Einsatz
des eigenen Lebens zu verteidigen, nimmt nicht jeder
auf die leichte Schulter.
Stichpunkte zur Ausgestaltung
Tracht: leichte und bequeme Rüstung, roter Mantel als
Erkennungszeichen
Bevorzugte Ausbildungen: Waldläufer (Qin Shou)
Bevorzugte Schwächen: Ehrgeiz, Kampflust, Selbstüber-
schätzung
Wichtige Fertigkeiten: eine Waffenfertigkeit, Athletik,
Jagdkunst, Naturkunde, Überleben, Zähigkeit
Wichtige Magieschulen: Felsmagie, Schutzmagie
Ausbildungsvariante: Qin Shou
(Variante des Waldläufers)
Diese Ausbildungsvariante finden Sie in Zhoujiang auf
S. 118.
89
 Die Runenkrieger
eherne Behüter der Zwerge
Verschiedene Völker – Ein Orden
Bei der Trennung der Zwerge in die Furgand, Fryn-
jord, Borombri und Schaschbar gab es stets Runen-
krieger, die mit in die neuen Heimaten gezogen sind.
Die Runenkrieger sehen die Zwerge zwar noch im-
mer als ein gemeinsames Volk und die Runenkrieger
als eine einzige Gemeinschaft, doch haben sich mit
der langen Zeit der Trennung natürlich auch Eigen-
heiten in den verschiedenen Teilen des Ordens ent-
wickelt. So gilt bei den Frynjord die Kälte als Feind
der Zwerge und das Spenden von Wärme als ein
wichtiger Aspekt im Kampf für das Überleben. Die
Bergkönigreiche der Furgand haben häufiger Proble-
me mit Graulen, Drachen oder seltener auch einem
Roc, weshalb der Orden hier mehr den Kampf ge-
gen fliegende Gegner trainiert. Die Runenkrieger
der Borombri wiederum halten traditionell Wacht an
den Übergängen zum Tiefdunkel und gelten daher
als besonders gut darin, das Unerwartete zu erwarten.
Die wenigen Runenkrieger der Schaschbar in Gotor
sind ein Sonderfall, da sie einer Tradition des Ordens
folgen, die sehr an die der Borombri erinnert, dabei
allerdings archaischer wirkt und viel auf das Auslegen
von Fallen setzt.
90
Die zwergischen Runenkrieger sind ein Orden mystischer Eli-
tekrieger, deren Geschichte weit in der Zeit zurückreicht. Dass
es sie schon gab, bevor die Zwergenvölker sich trennten, gilt
als gesichert, doch in ihren Legenden heißt es, dass es bereits
Runenkrieger gab, bevor die Zwerge überhaupt ihren Weg nach
Lorakis fanden.
Sie tätowieren sich verschlungene Muster uralter, überlieferter
Runen auf ihre Haut und bringen magische Zeichen auf beinahe
jedem Teil ihrer Ausrüstung an. Runenkrieger stehen als Bollwerk
gegen jeden Feind, der es wagt, ihr Volk zu bedrohen.
Hintergrund
Viele Legenden der Zwerge besagen, dass ihr Volk ursprünglich
nicht von Lorakis stammt, sondern während der sagenhaften Ret-
tenden Wanderung auf der Flucht vor einem furchtbaren Feind
aus einer anderen Welt kam. Die Runenkrieger glauben, dass ihr
Orden schon damals existierte und die Zwergenheit vor diesen
Feinden schützte. Wieviel Wahrheit in dieser Legende steckt,
kann man unmöglich sagen, doch noch heute schwören die Ru-
nenkrieger bei ihrer Initiation, ihr Leben für den Schutz ihres
Volkes „gegen den alten Feind und alle neuen Feinde“ zu geben
– und noch immer tätowieren sie sich die Schutzrunen, die an-
geblich erst in einem Kampf gegen diesen alten Feind ihre volle
Wirkung entfalten.
Wenn sie auch zum Schutz gegen einen bestimmten Feind ge-
gründet wurden, hat sich die Sichtweise der Runenkrieger über
die Jahrtausende doch langsam verändert, sodass sie nun stolz
und eisern gegen jede Bedrohung stehen, die die Zwergenvölker
gefährdet.
Motivation
Die Runenkrieger sehen sich als Verteidiger ihres Volkes: Gefahren
von Außerhalb zu bekämpfen, ist seit Jahrtausenden ihre Missi-
on. Immer wenn ein von Zwergen bewohnter Ort einer Gefahr
ausgesetzt ist, ist es sehr wahrscheinlich, dort einen oder mehrere
Runenkrieger zu treffen, die ihr Bestes geben, die Gemeinschaft zu
schützen. Und selbst wo Zwerge inzwischen ihrem Volk den Rü-
cken gekehrt haben und unter anderen sterblichen Völkern leben,
sehen sich die Runenkrieger noch heute als Schutzmacht – mitun-
ter sehr zur Irritation eines zwergischen Seleniers oder Zhoujiangis.
In Zeiten ohne akute Bedrohung suchen viele Runenkrieger ak-
tiv nach Herausforderungen, um ihre Fähigkeiten zu verbessern.
Dennoch hat der stetige Drang, ihr Volk zu schützen, den ein
oder anderen Runenkrieger in Zeiten des langen Friedens in eine
Sinnkrise stürzen lassen.
Ziele
Dieser übergeordnete Wunsch des Schutzes ihres Volkes drückt
sich in den einzelnen Völkern teilweise sehr unterschiedlich aus:

Bei den Furgand sind die Runenkrieger eine Bastion der
Tradition und starke Befürworter der eisernen Charta. Sie
möchten alte Traditionen und Legenden bewahren und
verhindern, dass noch mehr Zwerge von den überlieferten
Wegen abweichen. Ebenfalls wünschen sie sich, dass außer-
halb der Zwergenreiche lebende Zwerge in den schützenden
Schoß der Berge zurückkehren und wieder die Lebensweise
ihrer Vorfahren annehmen. Seit Artock Eisenschlag im Jahr
968 LZ die Führung des Ordenshauses in Altfeste übernom-
men hat, versuchen die dortigen Runenkrieger außerdem, die
Graule des Gebirges gezielt auszurotten.
Die frynjordischen Runenkrieger dagegen sind sehr auf den
Kampf gegen die ständige Kälte bedacht, sodass einige von
ihnen sogar Möglichkeiten erforschen, die Heizsysteme zu
verbessern. Aber auch der aktive Kampf gegen die gefähr-
lichen Kreaturen des Eises ist ihr erklärtes Ziel, sowie der
Schutz der Walfangschiffe, die für das Überleben in der Kälte
essentiell sind.
Bei den Borombri auf Korobrom sieht man die Runenkrieger
nur selten an der Oberfläche, denn sie wachen über die ge-
heimen Übergänge ins Tiefdunkel und somit über die Wege,
über die die Zwerge der Legende gemäß nach Lorakis kamen.
Sie beschützen und pflegen auch das Eherne Archiv, in dem
die ältesten Aufzeichnungen und Geschichten der Zwerge
aufbewahrt werden.
Das Ziel der Runenkrieger der Schaschbar ist dem der
Borom­bri ähnlich. Der Unterschied ist, dass ihr Teil des Or-
dens aktive Expeditionen weit ins Tiefdunkel hinein unter-
nimmt, um sicher zu gehen, dass der alte Feind noch immer
keinen Weg nach Lorakis gefunden hat.
Hierarchie und Struktur
Jedes Volk besitzt ein zentrales Ordenshaus, dem ein Meister der
Runen vorsteht. Veteranen, die zu alt oder zu verletzt zum Kämp-
fen sind, prüfen hier neue Anwärter und koordinieren die Bemü-
hungen der aktiven Mitglieder, die sich in mehrere sogenannte
Runenkreise unterteilen. Dabei setzen die Runenkrieger aber
auch sehr auf die individuelle Ehre und Urteilskraft ihrer Mit-
glieder. Das heißt, dass ein Runenkrieger nicht erst um Erlaubnis
fragen muss, wenn er sich einer würdigen Queste anschließen
möchte, die ein Übel aus der Welt schafft oder dem Schutze der
Zwergenheit dient.
Die jeweiligen Meister der Runen stehen in unregelmäßigem
Kontakt zueinander, wobei die Zeitabstände zwischen einzelnen
Nachrichten schon einmal Jahrzehnte andauern können.
Einer ehernen Weisung eines Meisters der Runen muss jeder Ru-
nenkrieger Folge leisten, wovon allerdings nur in Ausnahmefällen
Gebrauch gemacht wird. Andernfalls gelten Aufträge aus einem
der Ordenshäuser als ehrenvolle Pflicht, die mit gutem Grund
aber auch abgelehnt werden können.
Einst gab es der Legende nach im Kampf gegen den alten Feind
einen Hochmeister der Runen, der über alle Runenkrieger gebot,
doch ist dieses Amt seit langer Zeit vakant – auch weil sich die
einzelnen Ordenshäuser seit Jahrhunderten nicht darauf einigen
können, welchem Zweig der Runenkrieger ein Hochmeister an-
gehören sollte.
Ressource Rang
Wert Titel Bedeutung
1 Runenkrieger einfaches Ordensmitglied
erfahrenes Mitglied, das neue Rekruten
2 Runenlehrer
ausbilden darf
Mitglied mit Führungsfunktion über
3 Runenweiser
andere Krieger
Mitglied im Beraterstab eines Meisters
4 Deuter der Runen
der Runen
5 Meister der Runen Führer eines der Ordenshäuser
Hochmeister der
6 Oberhaupt des Ordens; derzeit vakant
Runen
Mitglieder
Ein Runenkrieger werden zu dürfen ist eine große Ehre und so
zeichnen sich fast alle Mitglieder schon vor ihrer Aufnahme in den
Orden als vielversprechende Kandidaten aus. Jeder erwachsene
Zwerg kann zu einem der Ordenshäuser gehen und sich den eher-
nen Prüfungen des Ordens stellen, allerdings ist es sehr unüblich,
diese Prüfungen zu bestehen, wenn man vorher nicht bei einem
Runenlehrer in die Lehre gegangen ist. In den Prüfungen werden
unter anderem die Kampfkraft, die magischen Kenntnisse und die
persönliche Ehre des Anwärters geprüft. Jemand, der die ehernen
Prüfungen nicht beim ersten Mal besteht, darf es kein zweites Mal
versuchen. Ob ein Runenlehrer einen möglichen Anwärter als
Lehrling aufnimmt, ist vollkommen ihm selbst überlassen – die
Tradition gebietet allerdings, dass jeder Runenlehrer mindestens
einen Lehrling im Laufe seines Lebens ausbilden muss.
Besteht ein Anwärter die ehernen Prüfungen, erhält er von einem
Runenweisen in einer schlichten Zeremonie die Tätowierung
gestochen, die ihn fortan als Mitglied auszeichnet. Diese Haut-
zeichnung ist ein Runenband, das an der Stirn beginnt und sich
in sehr kleinen Runen hinter den Ohren fortsetzt und an den
Schulterblättern endet. Was diese Runen genau bedeuten, wissen
nur die wenigsten Runenkrieger, doch besagt die Legende, dass
sie ihre wahre Macht erst entfalten, wenn ein Runenkrieger gegen
den alten Feind kämpft.
Die Runenkrieger der verschiedenen Zwergenvölker unterscheiden
sich in ihrem Verhalten teilweise recht deutlich voneinander. So ist
sind die furgandischen Runenkrieger häufig ausgezeichnete Arm-
brustschützen und Kletterer, die gelehrt wurden, stets den Himmel
im Auge zu behalten. Die Runenkrieger der Frynjord hingegen
helfen schlagkräftig bei den Konflikten mit den Eis-, Fels- und
Reifriesen der Region, sowie im Kampf gegen Yetis, Drachen und
gegen Raubzüge des Raugarrstammes der Skawgr. Einige von ih-
nen lassen sich sogar zu Priestern des Jord weihen, da sie sich ihrer
Gemeinschaft so stark verpflichtet fühlen. Auch unter den Runen-
kriegern der Borombri gibt es einige Priester, diese folgen jedoch
Furbrom. Die Runenkrieger der Borombri sind außerdem auf das
Leben Untertage spezialisiert und kennen die weitverzweigten
Höhlen unterhalb der Insel in- und auswendig. Die Runenkrie-
ger der Schaschbar schließlich sind sehr gute Fallensteller und ihr
Wissen um das Tiefdunkel und die dortigen Seltsamkeiten lässt sie
häufig unerschrocken oder gar todesmutig wirken.
91
Bedeutende Angehörige
Artock Eisenschlag (Zwerg, *900 LZ, stolzer Patriot, legendä-
AUS BEW INT KON MYS STÄ VER WIL
rer Kampfmagier) wird auch „Graulentod“ genannt, da er es
sich zur Aufgabe gemacht hat, die Graule des Gebirges zu 2 3 3 7 3 6 2 5
jagen. Seine Wut auf die fliegenden Unholde rührt daher,
GK GSW LP FO VTD SR KW GW
dass sie seinen Bruder vor etlichen Jahren auf einer Wande-
rung töteten. Er ist der Meister der Runen in Altfeste und ge- 4 7 14 26 30* 1 30 23
nießt dort ein hohes Ansehen. Zwei Mal im Jahr veranstaltet
Waffen Wert Schaden WGS INI Merkmale
Artock eine Graulenjagd, zusammen mit angesehenen und
wichtigen Zwergen der Furgand. Schon die ein oder andere Scharf 2, Wuchtig,
Streitaxt 26 2W10+3 9 Ticks 7-1W6
Zweihändig
politische Entscheidung wurde auf diesen Jagden in Privat-
gesprächen besiegelt, sodass auch Handelshäuser und Adlige *mit dem Merkmal Standfest
umliegender Reiche Expeditionen dorthin entsandt haben –
in der Hoffnung, Artock zu einem vorteilhaften Abkommen Typus: Humanoider
überreden zu können. Monstergrad: 3 / 2
Nellwen Axtschlag (Zwergin, *843 LZ, missmutig, feuerrotes Fertigkeiten: Akrobatik 13, Athletik 18, Entschlossenheit 16,
Haar) ist eine der wenigen Runenkrieger, die alle Ordens- Heimlichkeit 9, Wahrnehmung 14, Zähigkeit 24, Kampfmagie 18,
häuser besucht und von den dortigen Meistern gelernt hat. Schutzmagie 11, Stärkungsmagie 22
Sie strebt eine erneute Vereinigung der Ordenshäuser unter Zauber: Kampf: I: Felsgeschoss, Flammende Waffe; II: Einfrieren,
einem Hochmeister an und glaubt, dass nur so auf Dauer Feuerstrahl; III: Beflügelte Waffe, Rüstung schwächen; Schutz I:
das Auseinanderdriften der Zwergenvölker verhindert werden Schutz vor Feuer, Schutz vor Kälte; II: Steinhaut, Windschild; Stär-
kann. Dabei hat sie bisher jedoch nur wenige Verbündete ge- kung I: Aura der Entschlossenheit; II: Beschleunigen, Eiserne Au-
funden, denn die einzelnen Meister der Runen sind nicht er- ra, Lebenskraft stärken, Schmerzen widerstehen; III: Gegenstand
picht darauf, ihren Einfluss aufzugeben. verbessern, Katzenreflexe, Widerstände erhöhen; IV: Aura der
Kelreck Jadehammer (Zwerg, *916 LZ, muskelbepackt, sehr Lebenskraft
charismatisch) ist ein erfahrenes Mitglied der borombrischen Meisterschaften: Hiebwaffen (I: Umreißen, Todesschlag, Verteidi-
Runenkrieger und versucht, die alte Heimat der Zwerge wie- ger; II: Kraftvoller Rundumschlag, Schmetterschlag; III: Knochen-
derzufinden und zurückzuerobern. Er hat das Eherne Archiv brecher, Kraftvoller Hammerschlag), Athletik (II: Muskelprotz),
studiert und meint einen Weg gefunden zu haben, der viel- Entschlossenheit (I: Eiserner Wille; II: Willensanstrengung), Zä-
versprechend aussieht. Um eine entsprechende Expedition higkeit (I: Wachsamkeit; III: Dickschädel, Schmerzwiderstand II),
auszurüsten, ist er momentan auf einer Rekrutierungsmissi- Kampfmagie (I: Gezielte Zauber; II: Veteran des Kampfgetüm-
on, die ihn zu jedem der Zwergenvölker führt – und muss mels), Stärkungsmagie (II: Schutz vor Bannung; III: Magische Ru-
sich auch Feinden innerhalb seines Ordens erwehren, die be- nen**)
fürchten, ein solcher Versuch könnte den alten Feind wieder Beute: Streitaxt Q4 (Schaden +2, WGS-1; 106 L), Leichte Platten-
auf die Spur der Zwerge bringen. rüstung Q2 (Behinderung -1; 55 L)
Ferrah Klammzwingerin (Zwergin, *883 LZ, auffällig **siehe Splittermond: Die Magie S. 101
leuchtendes Runenband, trägt ihre ergrauten Haare in zwei
dicken Zöpfen) ist die Hauptarchivarin des Ehernen Archivs.
In ihrer Jugend war sie eine gewaltige Kriegerin und Meiste-
rin der Stärkungsmagie, die viele Heldentaten vollbracht hat.
Vorgehen
Mittlerweile kümmert sie sich um die Geschichte des Ordens Die Runenkrieger sind geradlinige Kämpfer und Verteidiger ihres
mit der gleichen Verbissenheit, mit der sie einst Schädel spal- Volkes, die man in einem Konflikt fast immer in vorderster Front
tete. Ihr Wissen um die frühe Geschichte der Zwerge ist zwar findet – Winkelzüge und ausufernde Diskussionen sind ihnen
immens, doch ist sie sehr bedacht darauf, dieses Wissen nur wesensfremd. Auch die Ordenshäuser agieren geradeheraus, das
an würdige Empfänger weiterzugeben. Intrigieren einiger Königshöfe ist ihnen sehr fremd. Viele Runen-
krieger wandern allein oder mit einem Lehrling durch die Lande,
Ressourcen und Mittel um Gefahren zu suchen und zu bekämpfen. Diese starke Indivi-
dualität zieht sich bis zu den Obersten des Ordens, sodass neue
Die Hauptressource der Runenkrieger sind ihre Mitglieder, aber Meister der Runen oft starke Schwerpunkte setzen und den Kurs
auch der enge Zusammenhalt, die Unterstützung durch die ihres Ordenshauses ändern. So war etwa die vorige Meisterin der
Zwergenvölker und ihr profundes historisches Wissen sind wich- Runen von Altfeste der festen Überzeugung, dass die Runen-
tige Ressourcen des Ordens. krieger enger mit den Klankriegern zusammenarbeiten sollten,
um die Kampfkraft der Furgand zu stärken. Seit ihrem Tod und
der Amtseinführung von Artock Eisenschlag sind die meisten
Krieger höheren Offiziere erzürnt darüber, dass viele Ordenskrieger die
Ein jeder Runenkrieger ist ein formidabler Kämpfer und Magier. Einheiten der Klankrieger wieder verlassen, um auf Graulenjag-
Gerade in einer Kampfeinheit entfalten sie ihre Stärke und sind den zu gehen oder sich auf ihre traditionellen Wanderungen zu
daher gern gesehene und gesuchte Begleiter. begeben.

92
 Verbündete und Feinde
Jurag Felsenberst (Zwerg, *902 LZ, häufig gebrochene Na-
se) ist der Klanführer des Felsenberst-Klans und einer der
höchstdekorierten Krieger der Furgand. Er war begeistert
davon, dass die Runenkrieger unter ihrer alten Führung die
Klankrieger unterstützten und ist sehr erzürnt, dass der mo-
mentane Meister der Runen dies nicht einmal in Erwägung
zieht. Jurag gibt nicht viel auf die alten Legenden von Fein-
den aus einer anderen Welt und alten Heimaten. Er sieht die
Runenkrieger als sehr effektive Kämpfer und hat daher in den
letzten Jahren den „Felsenberstplan“ entwickelt. Vielverspre-
chende, junge Klankrieger werden bei einem Runenkrieger
in die Lehre gegeben, legen die ehernen Prüfungen aber nicht
ab, sondern kehren stattdessen zu den Einheiten der Klan-
krieger zurück. Dies führt mitunter zu Spannungen zwischen
Runen- und Klankriegern.
Viljera Ascheberg (Zwergin, *961 LZ, kurzsichtig, springt
häufig in Gesprächsthemen hin und her) ist als Straßenkind
auf der Insel Korobrom aufgewachsen und liebte in ihrer Ju-
gend die alten Legenden der Runenkrieger. Übermütig stieg
sie selbst ins Tiefdunkel hinab und kehrte Monate später ver-
wirrt und aus mehreren Wunden blutend zurück. Sie schwor
dem alten Feind begegnet zu sein, nur eine Gruppe dunkel-
häutiger Zwerge habe sie gerettet. Allerdings spricht sie seit-
dem auch mit scheinbar unsichtbaren Wesen und lacht über
ungehörte Witze, sodass ihre Warnungen bisher ignoriert
wurden. Sie lebt mittlerweile als verwirrte Bettlerin auf den
Straßen, leidet unter Verfolgungswahn und greift sich schein-
bar wahllos Vorbeigehende und warnt sie vor „schrecklichen
Verfolgern“.
Nurag „der Wandernde“ (Zwerg, *943 LZ, hohle Wangen,
tiefsitzende Augen) war einmal ein vielversprechender Lehr-
ling der frynjordischen Runenkrieger. Allerdings bestand er
die Ehernen Prüfungen nicht und verschwand kurz darauf
spurlos aus Jordheim. 979 LZ tauchte er in Westergrom auf
und erzählte den Menschen, die unter der eisernen Charta
litten, von Verbündeten tief unter der Erde, die einst jeden
von der Knute der Zwergenheit befreien würden. Er grün-
dete vor seiner Vertreibung durch einige Runenkrieger Mi-
nen, deren einziger Zweck es war, möglichst tief zu graben.
Noch heute soll es einige dieser Minen geben, in denen sich
Nurags Anhänger weiterhin unkontrolliert in die Tiefe gra-
ben. Nurag selbst wurde nie gefasst und seit 990 LZ gibt es
auch auf Korobrom Gerüchte über einen Zwerg mit hohlen
Wangen, der das Ende aller Zwerge prophezeit.
Szenarioansatz
In dem kleinen Holzfällerdorf Eichenschlag in Selenia werden die
Abenteurer Zeugen eines Konflikts zwischen einem reisenden
Runenlehrer und einer zwergischen Familie, die seit Generatio-
nen in Selenia lebt. Die junge Tochter der Familie hat den heroi-
schen Erzählungen des Zwergs gelauscht und möchte „zurück in
die heimatlichen Bingen“ ziehen, sehr zum Verdruss ihrer Eltern,
die alle Hände für den heimatlichen Hof benötigen und sich au-
ßerdem sicher sind, dass dies nur eine Phase ihrer hitzköpfigen
Tochter ist und sie nicht wirklich in eine ihr fremde Kultur auf-
brechen möchte. Sollte der Runenlehrer mit der minderjährigen
Zwergin verschwinden, würde dies Ärger zwischen den lokalen
selenischen Würdenträgern und den Furgand bedeuten und die
Familie entzweien – zumal der Runenlehrer sich arrogant und
hochmütig gibt und die „ackerbuddelnden falschen Zwerge“ eher
verlacht. Können die Abenteurer hier vermitteln und verhindern,
dass es zu einem möglicherweise blutigen Streit kommt?
Einen Runenkrieger spielen
Der Schutz des Zwergenvolkes ist die beschworene
Aufgabe der Runenkrieger, was dazu führt, dass Runen-
krieger fern der Heimat sich häufig nach ihrem Volk
sehnen. Runenkrieger verstehen sich als Beschützer,
Kämpfer und Unterstützer, wodurch sie in vielen Aben-
teurergruppen sehr willkommen sind. Ihre Traditionen
reichen zwar zurück bis zur sagenumwobenen rettenden
Wanderung, doch wie sie ihre Aufgaben erfüllen, hängt
sehr davon ab, wo und bei wem sie ihr Handwerk ge-
lernt haben.
Runenkrieger können in die Welt hinausziehen, um ihre
eigenen Fähigkeit zu perfektionieren oder weil sie glau-
ben, dass sie ihre Wacht vernachlässigt haben und Bu-
ße tun müssen. Dabei werden sie sich besonders gerne
Gruppen anschließen, in denen es weitere Zwerge gibt,
die sie dann mit allen Mitteln zu schützen versuchen –
wobei sie mitunter auch etwas zu protektiv sein können.
Stichpunkte zur Ausgestaltung
Tracht: Runen, die auf die Haut tätowiert und auf der
Ausrüstung angebracht werden; abgesehen davon
kleidet sich jeder Runenkrieger nach seinen indivi-
duellen Bedürfnissen.
Bevorzugte Ausbildungen: Mystischer Krieger (Runen-
krieger)
Bevorzugte Schwächen: Hochmut, Sturheit, Vorurteile
(Nichtzwerge)
Wichtige Fertigkeiten: eine Nahkampffertigkeit, Athle-
tik, Entschlossenheit, Zähigkeit
Wichtige Magieschulen: Kampfmagie, Stärkungsmagie,
Schutzmagie
Ausbildungsvariante: Runenkrieger
(Variante des Mystischen Kriegers)
Diese Ausbildungsvariante finden Sie in Splittermond:
Die Regeln auf S. 63.
93
 Schwertrichter
Hüter des Rechts in Selenia
Mord, Unterdrückung, Brandschatzung und Raub – ohne Recht
und Ordnung würde das riesige Selenia in Anarchie verfallen.
Der Arm des Monarchen reicht nicht in jeden Winkel seines
Landes und lokale Herrscher vernachlässigen mitunter die klei-
neren Streitigkeiten ihrer Untertanen oder sind gar
Quelle des Unrechts. Aus diesem Grund existieren
die selenischen Schwertrichter. Diese Recken, vom
Kaiser oder dessen Krongerichten berufen, ziehen
durch das Reich, dienen als Schlichter, Vermittler,
Schiedsleute und setzen das Gesetz durch.
Hintergrund
Schon zu Zeiten des alten Fürstentums
Selenia wurden sogenannte Sendritter vom
Fürsten vereidigt, um dessen Wort und
Gesetz bis in die hintersten Winkel jeder
Region zu tragen. Diese Sendritter wa-
ren ein eingeschworener Haufen von
Kämpfern, Richtern und Henkern
zugleich, die ganze Landstriche
befriedeten und auch
gegen Monster und
andere Unbill in den
Kampf zogen.
Auch in und direkt
nach dem Ersten Mondsteinkrieg 916-917
LZ waren diese Sendritter meist die ersten
Bewaffneten vor Ort, die nach Kampf und
Krieg Ordnung in okkupierte Ländereien
brachten und ihrem Fürsten treu dienten. Dieser
Nimbus des einzelnen Streiters für das Recht, der
im Glanz des siegreichen Selenia mit Schwert und
Wort für das Wohl der Einwohner ficht, umweht
die Schwertrichter noch heute – auch wenn
die Anforderungen an die Institution, was
notwendiges Eingreifen und Kampfkraft
angeht, mit der Zeit zurückgegangen sind.
Die Schwertrichter wurden unter diesem Namen offiziell fünf
Jahre nach dem vierten und letzten Mondsteinkrieg, im Jahre 940
LZ, von Kaiser Selenius I. persönlich ins Leben gerufen. Mit dem
neuen Titel öffneten sich die Türen für das Amt auch für Streiter
aus allen neuen Provinzen des jungen Kaiserreiches, auch wenn
die alten Sendritter noch lange den Stamm der Schwertrichter
bildeten. Zudem wurden die Vollmachten der neuen Schwert­
richter beschnitten und aus der ehemaligen Verschmelzung
von Judikative und Exekutive wurden Schiedsrichter, die zwar
Recken des Kaisers blieben, jedoch vor einem neuen Problem
standen: Wo früher Monster gejagt und Unfrieden innerhalb der
einfachen Bevölkerung heroisch bekämpft wurden, geriet man
nun immer wieder in Konflikt mit den innerhalb der Mondstein-
kriege neu dazugewonnen Provinzherrschern und deren Adligen.
Viele lokale Machthaber mussten sich erst an die zentrale Au-
94
torität des Kaisers und an neue Rechtsprechungen gewöhnen.
Schwertrichter plagten sich mit der Ablehnung der Adligen in
Ländereien wie den Herzogtümern Durnholt oder Calten he­
rum, Richtsprüche wurden oft durch diplomatische Entschei-
dungen des Kaiserhofs ausgehebelt.
Mit der Inthronisation Selenius II. im Jahr 946 LZ öffnete sich
das Amt zudem auch für Nichtadlige aus dem gesam-
ten Kaiserreich, die entweder vom Kaiser oder
dessen Krongerichten ernannt wurden. Viele
Schwertrichter der Anfangszeit verbitterte ihre
geschwundene Macht und das Aufkommen
von „Emporkömmlingen“ zutiefst. Andere,
jüngere Streiter wuchsen an diesen neuen
Aufgaben zu gekonnten Diplomaten, die
weniger mit der Klinge als mit der Sprache
ihre Konflikte austrugen. Letztlich bleibt
weiter eine Kluft zwischen den Schwer-
trichtern, die sich als Nachkommen der
Sendritter und „echte“ Selenier sehen,
und denjenigen, die ihre Dienste dem
gesamten Land zur Verfügung stellen.
Motivation
Bringe Ordnung und schütze die Schwa-
chen – kaisertreu und pflichtbewusst. Das
ist das immer noch geltende Motto der
Schwertrichter. Ziel dieser Institution ist
die Verbreitung des selenischen Rechts
auch in entlegenen Bereichen des Reichs
und immer dort, wo gerade Zwist und
Zwietracht herrschen oder Uneinig-
keit über das Gesetz besteht. Ihre
Loyalität gilt dabei nur dem Kaiser
und dem Volk als Ganzem, nicht aber
einzelnen Adligen.
Ziele
Schwertrichter sollen ein offenes Ohr für die Nöte des Volks
haben: Sie werden dazu angehalten, bei ihren weiten Reisen
durchs Land zu schauen, ob die Einwohner Selenias zufrie-
den sind (auch um aufkeimenden Revolten aufgrund von
Unzufriedenheit entgegenwirken zu können).
Schwertrichter sind vor allem Schiedsleute, denn viele Un-
einigkeiten lassen sich mit etwas Zuhören und einer darauf
aufbauenden Entscheidung klären. Schwertrichter werden
daher oft bei Streitfällen aktiv angesprochen, für die es noch
keines Richters, sondern eines Schlichters bedarf.
In entlegenen Regionen oder kleineren Dörfern organisieren
die Schwertrichter Gerichtsverhandlungen und stehen ihnen
vor, gerade wenn Reichsrecht betroffen ist, das Recht von den
eigentlich Zuständigen gebeugt wird oder kein ordentlicher
Richter anwesend ist.
 Schwertrichter sollen das Kronrecht auch gegen allzu selbstbe-
wusste Landesherren oder lokale Adlige verteidigen. Besonders
im mittleren und niederen Adel, etwa in abgelegenen Baroni-
en, schleicht sich mitunter der Gedanke ein, man könne in sei-
nen Ländern schalten und walten, wie man wolle – hier sollen
Schwertrichter an die Gesetze des Reiches erinnern und diese
wo nötig auch durchsetzen.
Manche Schwertrichter klagen von alleine Ungerechtigkeiten
an, wenn sie ihrer gewahr werden, und warten nicht erst, bis
sie eine beteiligte Partei um Hilfe anruft. Wo der eine über-
triebene Pachtsteuern oder Repressalien gegen die Bevölke-
rung noch als „Angelegenheit des lokalen Adels“ ignoriert,
fühlt sich ein anderer dazu berufen, ungefragt Gerechtigkeit
im Sinne des Kaiserrechts (oder wie der jeweilige Schwert­
richter dies versteht) durchzusetzen.
Es gibt viele Schwertrichter, die als wahre Haudegen und
Helden der Bevölkerung ganzer Landstriche gelten, weil
sie nicht nur richten, sondern selbst Räuber jagen und
Monster erlegen. Diese Recken sehen ihre Pflicht auch
im handfesten Einsatz für das Wohl des Volkes mit Klinge
und Schild.
Hierarchie und Struktur
Das Leben eines Schwertrichters ist durchaus einsam: Fast im-
mer reist man alleine übers Land, hilft der Bevölkerung und
schaut nach Recht und Ordnung. Als eigener Herr ihres We-
ges haben Schwertrichter zwar oft bestimmte Regionen, die
sie bereisen, sind aber nicht dazu verpflichtet, zu festen Zei-
ten an vorgeschriebenen Orten zu sein. Trotzdem haben sie
ihre Aufgaben zu wahren und mindestens einmal im Jahr am
Krongericht einer Provinzhauptstadt oder in Sarnburg einen
Bericht ihrer Tätigkeiten abzugeben. Feste Ziele werden einem
Schwert­richter nur selten übermittelt, wie etwa bei der Entsen-
dung von Schwertrichtern zu den mit Raubrittern durchsetzten
nördlichen Wäldern – vielmehr vertraut die Reichsverwaltung
auf die Eigeninitiative und das Urteilsvermögen der einzelnen
Schwertrichter.
Vorgesetzter aller Schwertrichter (die untereinander kei-
ne Ränge kennen) ist der Reichsrichter, oberster richterlicher
Stellvertreter des Kaisers. Das Amt wird derzeit von Brana
von Schattentann (Gnomin, *920 LZ, still und bedächtig), der
Gräfin von Fonbur, besetzt. Die Richterin lässt den Schwer-
trichtern freie Hand und ist große Verfechterin der heroischen
Leitkultur der Sendritter aus damaligen Zeiten. So lässt sie
besonders heldenhaften Schwertrichtern das ein oder andere
durchgehen und kneift auch schon mal beide Augen zu, wenn
diese sich etwa gegenüber hohen Adeligen im Ton vergreifen
oder sich bei der Ausrottung einer Räuberbande die Macht der
Exekutive angemaßt haben.
Brana ist allerdings mittlerweile vielen Leuten auf die Füße ge-
treten, und ihre Ablösung am Hof fast beschlossene Sache. Ob
der neue Reichsrichter die Schwertrichter ebenso an der langen
Leine hält, bleibt abzuwarten. Derzeit sind die wahrscheinlichs-
ten Kandidaten der vom Reichskanzler Jon von Beertal unter-
stützte Baron Kassmir von Glimmwacht (Mensch, *954 LZ, laut
und entschlossen) sowie die Winborner Gräfin Jana vom Dorntal
(Mensch, *959 LZ, ruhig und überlegt). Kassmir, persönlicher
Vertrauter aus dem Stab von Beertal, gilt als Opportunist, der
dem Reichskanzler treuer als dem Kaiser ist. Die Gräfin von
Dorntal dagegen gilt als Günstling der Herzogin von Winborn
und ist eigentlich gegen eine allzu zentralisierte Führung des
Kaiserreichs.
Über die Nachfolge wird im Kreise der Schwertrichter heftig dis-
kutiert und nicht wenige sind bereit, für die „richtige“ Entschei-
dung aktiv tätig zu werden – auch am Gesetz vorbei.
Ressource Rang
Wert Titel Bedeutung
1 Schwertrichter einfaches Mitglied
Mitglieder
Zu Schwertrichtern werden solche kaisertreuen Untertanen
durch den Kaiserhof oder das Krongericht einer Provinzhaupt-
stadt berufen, die durch heldenhafte Taten auf sich aufmerksam
gemacht haben, als besonders besonnen und diplomatisch gel-
ten sowie idealerweise von anderen Schwertrichtern empfohlen
wurden. In vielen Fällen handelt es sich um aufrechte Gardisten,
handfeste Rechtsgelehrte oder die nachgeborenen Töchter und
Söhne von Adligen. Neben Mut, Redegewandtheit und Kampf-
kunst bedarf es ansonsten lediglich einer ausreichenden Kenntnis
der Codices Selenii, der niedergeschriebenen Reichsgesetze. Prin-
zipiell gibt es keine feste Ausbildung, doch wird es gerne gesehen,
wenn Anwärter vor der Ernennung eine Zeit lang einem erfah-
renen Schwertrichter folgen und sich zudem in die Gesetzestexte
des Reiches vertiefen.
Ein Schwertrichter darf bei seiner Berufung keinerlei anderer
Organisation oder Gemeinschaft angehören und muss einen
Treueeid auf den Kaiser leisten. Im Anschluss daran wird jeder
nicht-adlige Aspirant in den Ritterstand erhoben. Fast immer tra-
gen Schwertrichter das Wappen des Kaisers – den grünen Hirsch
auf weißem Grund. Als Zeichen ihrer durch den Kaiser erteilten
Befugnisse erhalten sie zudem ein Amulett, in den ein winziger
Splitter Mondstein eingearbeitet ist.
Bedeutende Angehörige
Sina Tauberdin (Mensch, *949 LZ, Fels in der Brandung, Au-
genklappe) gilt als Musterbeispiel einer Schwertrichterin nach
altem Schlag. Tauberdins Ruf als Streiterin für Recht und Ord-
nung ist mittlerweile so groß, dass sich die Ritterin sogar mit
dem Hochadel anlegen kann und als Schiedsfrau bei Konflik-
ten zwischen Herzogshäusern angerufen wird. Derzeit geht sie
den Umtrieben des ominösen Grauen Magnaten (siehe Feinde
und Schurken S. 53) nach, dessen Spur sie aufgenommen hat
und den sie als Reichsverräter verdächtigt.
Samon vom Mondberg (Mensch, *943 LZ, Großmaul, eitel)
dagegen brüstet sich damit, schon diverse schwierige Urtei-
le gefällt, eine ganze Legion an Monstern erschlagen und
unzählige Räuber dingfest gemacht zu haben. Seine Popula-
rität ist daher im Volk sehr hoch, jedoch war kaum jemand
bisher Augenzeuge überhaupt irgendeiner Tat, derer er sich
rühmt ...
95
 Yascha von Südfang (Mensch, *957 LZ, heißblütig, patri-
otisch), Nichte des Grafen von Südfang, ist nicht nur gro-
ße Anhängerin der Tradition der Sendritter, sondern auch
politisch engagiert. Sie unterstützt als Rädelsführerin einer
Gruppe Schwertrichter die Kandidatur von Kassmir von
Glimwacht, damit kein „Nicht-Selenier den Hammer des
Reiches schwingt“.
Rondar Yonnwacht (Varg, *941 LZ, riesig, Haudegen) vertritt
im Streit um den Nachfolger der Reichsrichterin die andere
Seite. Er begrüßt jemanden auf dem Stuhl, der nicht aus dem
Herzogtum Selenia stammt und der die Privilegien dieser
Provinz zum Wohl des gesamten Kaiserreichs beschneidet.
Dass Rondar der Herzogin von Winborn nahesteht, macht
die Sache allerdings zu einem Politikum.
Ressourcen und Mittel
Die Macht der Schwertrichter beruht hauptsächlich auf ihrem
Stand als offizielle Vertreter der Krongerichte. Ihr Ansehen aller-
dings stammt daher, dass die Bevölkerung sie wirklich braucht – es
gibt kaum ein Dorf, in dem ein Schwertrichter nicht Halt macht,
weil irgendwer irgendeine Frage oder ein Problem hat.
Zwar steht das Gesetz hinter jedem Schwertrichter, allerdings
ist die Durchsetzung einer Entscheidung manchmal eine zwei-
schneidige Angelegenheit. Vor allem, wenn es gegen Adlige geht,
sehen Schwertrichter sich nicht nur einer Überzahl an lokaler
Macht gegenüber, sondern verstricken sich auch schnell im dip-
lomatischen Netz. Zur Durchsetzung bei solchen brisanteren An-
gelegenheiten bleibt oft nur, beim Krongericht der Provinz oder
beim Kaiserhof selbst um Hilfe zu bitten. In vielen Fällen bedeu-
tet dies, dass es eine diplomatische Konfliktlösung außerhalb der
Reichweite des Schwertrichters geben wird – etwas, was mancher
Schwertrichter als persönliche Niederlage betrachtet.
Lebensunterhalt
Schwertrichter bekommen für ihre Tätigkeit vom Kaiserhof ein
Grundeinkommen, das die täglichen Bedürfnisse deckt. Allerdings
sind sie so anerkannt, dass sie kaum Ausgaben haben, sind sie doch
gern gesehene Gäste in den meisten Dörfern. Wie viel von dem,
was man ihnen bei ihrer Reise anbietet, als Bestechung gelten
muss, darüber streiten sich die Geister. Mitunter sind Schwertrich-
ter allerdings auf solche Unterkünfte und Verpflegungen angewie-
sen, denn ihr Einkommen müssen sie sich bei den Krongerichten
abholen. Wenn ein Schwertrichter längere Zeit unterwegs ist, muss
er auch schon mal ohne eine Münze im Geldsäckel herumreisen.
Lokale Unterstützung
Bei größeren Aufgaben hat der Schwertrichter jederzeit das Recht,
sich sogenannte Schöffen an seine Seite zu holen und somit also
Personen vom Fleck weg zu rekrutieren, die ihm bei seiner Aufga-
be beistehen. Dabei kann es sich um beratende Richter bei einem
Prozess handeln oder auch um waffenfähige Unterstützung bei
der Abwehr und Verhaftung einer Räuberbande. Besonders be-
liebt sind für solche Aufgaben andere Reisende, da sie nicht in die
lokalen Streitigkeiten involviert sind. Ob es sich dabei um sele-
nische Bürger oder Fremdländer handelt, ist dem Schwertrichter
meist egal – alle im Reich Selenia unterliegen selenischem Recht.
96
Die Rekrutierung geht dabei einfach und schnell: Eine kurze
Vereidigung auf das Reichsrecht reicht schon aus. Kandidaten
dürfen dabei solch eine Ernennung nur unter ganz besonderen
Umständen ablehnen (Krankheit oder wichtige andere Aufgaben,
die keinen Aufschub gewähren). Unterlassene Hilfeleistung nach
einem Schöffenaufruf steht ansonsten unter Kerkerstrafe. Dafür
soll der Dienst nach Codices Selenii nicht länger als vier Tage dau-
ern und wird besoldet mit einem Lohn von 30 Telaren pro Tag,
meist nicht bar ausgezahlt, sondern mittels vom Schwertrichter
gesiegelten Schreiben bei einem Krongericht abzuholen.
Vorgehen
Schwertrichter werden nur selten gezielt zu einem bestimmten
Ort geschickt, in den meisten Fällen ziehen sie vielmehr über das
Land und schauen, wo ihre Dienste benötigt werden. Trotzdem
erreichen die Krongerichte oder andere Institutionen durchaus
auch Hilfsgesuche aus der Bevölkerung, auf die im Zweifel ein
erfahrener Schwertrichter angesetzt wird.
Vor Ort sind alle Schwertrichter angehalten, sich zuerst ein
Bild der Lage zu machen, alle Parteien zu hören, Aufklärung
zu betreiben und dann nach dem Gesetz des Kaiserreichs zu
schlichten oder zu richten. Gerade bei größeren Aufgaben oder
schwierigen Fällen werden die bereits erwähnten Schöffen re-
krutiert, die dem Schwertrichter mit Schwert oder Verstand zur
Seite stehen sollen – denn weder legt sich ein Schwertrichter
alleine mit einer Horde Banditen oder einem gut bewachten
Baron an, noch sind alle Schwertrichter mit der Gabe zur de-
tektivischen Beweissammlung gesegnet.
Bei einem Dorfgericht organisiert der Schwertrichter meist selbst
die Zeugen, sondiert die Beweislage mithilfe der Schöffen und zieht
diese und weitere einflussreiche örtliche Personen sogar bei seinem
Urteil zu Rat. Bei Angelegenheiten, in die Adlige oder andere hoch-
gestellte, einflussreiche Personen involviert sind, gehen Schwertrich-
ter hingegen deutlich vorsichtiger vor. Oft sprechen sie sich nach
Erkunden der Lage erst mit dem Krongericht in der Provinzhaupt-
stadt ab, bevor sie Maßnahmen durchführen – und sichern sich da-
bei den Rückhalt aus dem Hochadel oder des Kaiserhofs selbst.
Ein Schwertrichter ist kein Vollstrecker und damit auch kein
Henker. Bei kleineren Fällen kontrolliert er lediglich die Straf-
durchführung oder geleitet Gefangene zu einem Gefängnis. Bei
der Durchsetzung von Urteilen gegen höhere und mächtigere
Personen ist der Schwertrichter immer auf Truppen der Provinz
oder des Kaiserhofs angewiesen – und ehe diese bereitgestellt wer-
den, bedarf es meistens einer lückenlosen Beweisführung für eine
Verfehlung sowie viel diplomatischen Geschicks.
Verbündete und Feinde
Derzeitige Gönner der Schwertrichter sind sowohl Reichs-
kanzler Jon von Beertal als auch die Winborner Herzogin
Sinja vom Myrkansgrund – beide mit politischen Hinterge-
danken. Während Jon von Beertal einen treuen Verbünde-
ten auf dem Stuhl des Reichsrichters platzieren möchte, will
Sinja vom Myrkansgrund mit der von ihr protegierten Kan-
didatin die selenische Zentralisierung durchbrechen. Beide
Kontrahenten scharen derzeit Fürsprecher in den Reihen der
Schwertrichter um sich und versuchen, die Entscheidung des
Kaisers zu ihren Gunsten zu beeinflussen.
 Feinde der Schwertrichter sind natürlich sämtliche Verbre-
cherbanden oder kaiserfeindlichen Kulte in Selenia. Derzeit
versucht vor allem der Geheimbund der Flüsternden Bruder-
schaft (siehe Selenia S. 125) die Institution der Schwertrich-
ter zu schwächen. Dieser Zusammenschluss von Fanatikern
agiert gegen jegliche Ordnung und schürt Unruhe und Anar-
chie, und wenig überraschend sind die Schwertrichter damit
eines ihrer Hauptfeindbilder. In letzter Zeit haben einige fal-
sche Richter im Westen des Reichs für Unruhe gesorgt, und
an manchen Orten sind Schwertrichter gar auf Nimmerwie-
dersehen verschwunden.
Ein besonderer Feind aus dem Inneren der Organisation sind
die sogenannten Schwarzen Richter. Durch den Verlust der
festen Handhabe besonders gegen höhergestellte Verbrecher
und die damit immer wieder unbefriedigenden diploma-
tischen Entscheidungen von Krongericht oder Kaiserhof,
haben sich einige Schwertrichter zusammengetan, um ihre
eigene Ansicht von Gerechtigkeit mit allen Mitteln durch-
zusetzen. Die im verborgenen wirkenden Schwarzen Richter
sehen sich zwar weiterhin dem Gesetz Selenias unterstellt,
üben aber Selbstjustiz samt Strafvollstreckung gegen jene, die
sich einer (in ihren Augen) gerechten Strafe entziehen. Bei
vielen Schwertrichtern gelten die Schwarzen Richter selbst
als Verbrecher und werden in den eigenen Reihen gejagt, da
sie den Ruf der Krongerichtsbarkeit beschädigen. Allerdings
gibt es auch Sympathisanten, die solch ein Vorgehen als ein-
zigen Weg sehen, den Stand der Schwertrichter wieder zu der
Machtposition der alten Sendritter zu führen.
Szenarioansatz
In einem kleinen Landstrich im Westen Winborns werden die
Abenteurer von Dorfbewohnern um Hilfe gebeten: Der ver-
meintliche Schwertrichter Lynn vom grauen Hügel (in Wahrheit
ein Betrüger, der zur Flüsternden Bruderschaft gehört) zieht
durch die Dörfer und schürt mit seinen Urteilen Unruhe und
Missgunst gegen den Kaiser. Allerdings kann man den Schwer-
trichter nicht einfach so stellen, denn trotz allem schützen die
meisten Anwohner den kaiserlichen Ritter vor Ungemach. Ein
weiterer Schwertrichter und Beweise für seine falschen Urteile
müssen her, damit man ihn zusammen mit seinen „Schöffen“
(die sich zum Teil aus weiteren flüsternden Brüdern, aber auch
aus ordnungsliebenden Dorfbewohnern zusammensetzen) abset-
zen kann. Da Lynn mit seinen Rechtsprüchen ungerechtfertigt
Land umverteilt oder offensichtliche Mörder trotz Zeugen frei-
spricht, müssen die Abenteurer dringend einschreiten.
Problematisch wird es, als eine Gesandtschaft aus dem Zen­trum
des Kaiserreichs eintrifft, der gar nichts daran liegt, dass der
Schwertrichter so bald abgesetzt wird – die kaiserlichen Beamten
versuchen (auf eigene Faust und ohne Wissen der Reichsverwal-
tung), die Unruhe politisch auszunutzen, um zu zeigen, dass die
Winborner (und ihr Kandidat für das Reichsrichter-Amt) solche
Situationen nicht selbst unter Kontrolle bringen können.
Einen Schwertrichter spielen
Schwertrichter sind ehrenhafte und von Pflichtbewusst-
sein erfüllte Charaktere, die ihr Lebensziel im Dienst an
Kaiser und Volk sehen. Sie sind von Natur aus Reisende
und stets auf der Suche nach zu lösenden Problemen
– und damit perfekte Abenteurer in Selenia. Zudem
können sie andere als Schöffen verpflichten und so
direkt eine neue Gruppe zusammenbringen. Proble-
matischer wird es bei Reisen außerhalb Selenias, denn
Schwertrichter sind in ihrem Auftrag reichsgebunden.
Trotzdem passiert es immer wieder, dass manche mit
Sondermissionen ins Ausland geschickt werden oder
dass sie sich selbst freistellen, um andere Länder der
Welt zu sehen und Erfahrungen mit anderen Kulturen
zu machen. Ein Schwertrichter hat allerdings außerhalb
von Selenia keinerlei Befugnisse mehr, was für viele von
ihnen eine starke Umstellung sein kann.
Innerhalb der Reichsgrenzen ist er eine angesehene Per-
son, die leicht immer wieder in neue Abenteuer verwi-
ckelt werden kann: Schließlich wird er in jedem Dorf
und Weiler um Hilfe für die Lösung diverser Probleme
angesprochen. Dies mag auch zur Komplikation inner-
halb der Spielgruppe führen, denn wenn man gerade
einem dunklen Mysterium aus Drachlingszeiten nach-
jagt, mag man nur unwillig den Diebstahl des Dorf-
schweins minutiös aufklären wollen.
Stichpunkte zur Ausgestaltung
Tracht: Amutlett mit Mondsteinsplitter; tragen dazu
meist das Wappen des Kaisers
Bevorzugte Ausbildungen: Recke (Schwertrichter)
Bevorzugte Schwächen: Ehrenhaft, Kodex, Loyalität,
Rechtschaffenheit
Wichtige Fertigkeiten: eine Kampffertigkeit, Anführen,
Diplomatie, Empathie, Entschlossenheit
Wichtige Magieschulen: Erkenntnismagie, Stärkungsmagie
Ausbildungsvariante: Schwertrichter
(Variante des Recken)
Diese Ausbildungsvariante finden Sie in Splittermond:
Die Regeln auf Seite 66.
97
 Die Silberringe
Zuträger des patalischen Kanzlers
Bei den Silberringen handelt es sich um eine lang es ihm durch den Handel mit den erlangten
Geheimorganisation von Severos dem Informationen genug Macht aufzubauen,
Silberprinzen, dem Kanzler von Pa- dass er in den Kronrat berufen wurde,
talis. Sie wurde von ihm persönlich der ihm erst die Möglichkeit gab, sei-
ins Leben gerufen, um ihm bei nen Einfluss weiter auszubauen.
seinen zahlreichen Ambitionen In der Folge baute Severos die Sil-
zu Diensten zu sein. Einsatz- berringe, wie er seine Informanten
gebiet der Silberringe ist nicht nannte, zielstrebig aus. Je mehr
nur der gesamte dragoreische er in seine Zuträger investierte,
Kontinent, sondern auch umso wertvoller waren die Ergeb-
in fernen Ländern gibt es nisse ihrer Bemühungen. Und je
einige wenige geheime Zir- wertvoller die Ergebnisse ihrer
kel, die mit der von ihnen Bemühungen waren, umso mehr
unterwanderten Kanzlei Möglichkeiten hatte Severos, die
in Ultia in Verbindung Silberringe weiter auszubauen. Die
stehen und Severos’ Pläne Gründung der Silberringe war da-
unterstützen. Die finan- bei das zwangsläufige Ergebnis von
zielle Ausstattung der Sil- Severos’ Bemühungen, im Strudel
berringe ist enorm, und ihre der Intrigen am Hof von Ultia nicht
Mitglieder haben bei der Aus- nur zu überleben, sondern nach
führung ihrer Befehle viele und nach sogar die Oberhand zu
Freiheiten. Severos kann gewinnen. Wo ein einzelner Mann
diese gewähren, da er sich dem Tag nur 24 Stunden abringen
seine Gewährsleute nach kann und nur zwei Augen und zwei
der Schärfe ihres Geistes, ih- Ohren besitzt, dort kann ein Netz
rer Entscheidungsfähigkeit und solcher Spitzel diese Zahlen verviel-
nach ihrer Raffinesse aussucht. fachen und ihn den entsprechenden
Dabei ist eines jedoch niemals zu Nutzen daraus ziehen lassen.
vergessen: Die Loyalität der Silberringe Weitere Schritte, die die Silberringe
gehört nicht dem Königreich oder seinem in die herausragende Position brach-
Herrscher, sie gehört alleine dem Silberprinzen. ten, in der sie sich derzeit befinden, war
ihre nach der Ernennung von Severos zum pa-
Hintergrund talischen Kanzler im Jahre 963 LZ erfolgte Erweiterung seines Spit-
zelnetzes auf andere Reiche Dragoreas und schließlich sogar über die
Seit jeher gilt: Wer am Hof in Patalis ein Günstling des Königs ist, Grenzen des Kontinents hinaus. Wo immer Severos seine Silberringe
der kann sich des Hasses seiner Konkurrenten sicher sein. In einer hinschickt, werben sie neue Gefolgsleute an und ihr Einfluss wächst.
Zeit, als der junge Severos bereits begonnen hatte, sich einen Na-
men zu machen, fiel ihm im Jahre 949 LZ durch eine Aneinander-
reihung unglaublicher (und teilweise von ihm arrangierter) Zufälle
Motivation
ein versiegelter Brief in die Hände. Darin fand er einen minutiösen Die Silberringe sind Severos’ persönliches Netzwerk aus Infor-
Ablaufplan, der beschrieb, wie er in der Loge seines Lieblingsthe- manten und Zuträgern und dies bedeutet, dass die Absichten der
aters auf spektakuläre Weise umgebracht werden sollte. Der Sil- Silberringe mit denen von Severos identisch sind – auch wenn
berprinz nutzte die Gunst der Stunde und arrangierte umgehend die einzelnen Silberringe meist gar nicht so genau wissen, was
einen Theaterbesuch der Königin Cornelia II. und stellte sein Logo der Kanzler möchte oder plant. Sie sind vielmehr oft durch die
dafür zur Verfügung. Er lauerte seinerseits den Attentätern und üppigen Apanagen motiviert, die ihr Herr zu zahlen in der La-
ihren Hintermännern auf und hatte die Überrumpelten als ver- ge ist. Vor allem die oberen Ränge der Silberringe sind Severos
meintliche Königsmörder nun auf Gedeih und Verderb in seiner außerdem meistens dadurch ausgeliefert, dass er brisante Dinge
Hand – um nicht an die Königin ausgeliefert zu werden, zwang über sie weiß oder sie auf eine andere Art und Weise zu loyalem
er sie, unzählige Gaunereien, Geheimnisse und Machenschaften Verhalten zwingen kann. Schließlich gibt es noch eine gewisse
aus der höfischen Gesellschaft preiszugeben. Dieser Schatzfund an Anzahl an Silberringen, denen gegenüber Severos nichts in der
Informationen wurde aus zwei Gründen zum Grundstein für die Hand hat, die aus bestem Hause stammen und die daher genug
Silberringe: Zum einen konnte Severos die erste Generation seiner eigenes Silber besitzen, sodass sie an den Reichtümern des Kanz-
Gefolgsleute dadurch in seine Dienste pressen. Zum anderen ge- lers kein Interesse haben. Diese Mitglieder erhalten ihre hohe

98
Motivation meistens dadurch, dass sie im fälschlichen Glauben
gehalten werden, ihre Aktivitäten würden ausschließlich dem
Schutz und dem Ruhm von Patalis dienen. Manche von ihnen
schätzen auch einfach nur das Abenteuer und den Rausch der
Gefahr, der sich aus den Tätigkeiten der Silberringe ergibt, und
der ihnen in ihrem betulichen Leben als Höfling ansonsten fehlt.
Ziele
Die Silberringe sollen Severos’ Macht und Einfluss am pata-
lischen Hof sicherstellen. Eine der wichtigsten Aufgaben ist es,
so viele Informationen über alle einflussreichen Personen zu sam-
meln wie möglich. Darüber hinaus sollen die Silberringe auch
aktiv in das Hofleben eingreifen. Dies tun sie manchmal auf eher
subtile Art und Weise, etwa indem sie Gerüchte in Umlauf brin-
gen oder Bestechungsgelder verteilen. Sie schrecken jedoch auch
vor einer härteren Gangart nicht zurück, fälschen oder platzieren
Beweismittel, sabotieren oder ruinieren Konkurrenten oder las-
sen manchmal sogar unliebsame Personen verschwinden.
Weiterhin nutzt der Silberprinz sein Spitzelnetz, um den Kö-
nig und seine Brüder im Auge zu behalten, sie zu überwachen
und sie nötigenfalls vor Gefahren zu schützen – als solche
gelten auch potenzielle andere Berater, die Severos aus sei-
ner einflussreichen Rolle drängen könnten. Sein Interesse am
Wohlergehen des Herrscherhauses und des Reiches ist dabei
durchaus hoch, dem aktuellen König hingegen gilt nicht sei-
ne absolute Loyalität.
Die Silberringe sind vor allem auf das Kaiserreich Selenia
angesetzt und sollen dem Kanzler belastbare Informationen
über die Pläne Sarnburgs zur Verfügung stellen. Sie existieren
weiterhin, um selenische Umtriebe in benachbarten Reichen
zu vereiteln, Selenia zu schwächen und neuralgische Punkte
des Kaiserreichs zu infiltrieren oder auszuspähen. Aufrührer
und Abweichler im Reich von Selenius III. sollen aufgespürt,
organisiert, unterstützt und gegebenenfalls durch präzise Be-
einflussung manchmal auch neu erzeugt werden. Wenn Se-
veros hierbei Erfolge erzielt, dann handelt es sich dabei nicht
nur um taktische Fortschritte, sondern es bereitet ihm auch
eine tiefe persönliche Genugtuung. Nach wie vor hegt der
Silberprinz einen Groll gegenüber dem Kaiserreich, das seiner
Familie empfindliche Verluste zugefügt hat. Diese Abneigung
ist einer der wenigen Gründe, der dazu führen kann, dass
sich der sonst so kühl und kontrolliert agierende Intrigant zu
einer emotionalen Entscheidung hinreißen lässt.
Es soll um jeden Preis verhindert werden, dass fremde oder
einheimische Mächte zu viel Wissen über das Spitzelnetz er-
langen. Zu diesem Zweck erfährt zum einen jeder Silberring
meist nur so viel wie er wissen muss, zum anderen gibt es
auch diverse Spitzel innerhalb der Kreise selbst, die poten-
zielle Verräter aufspüren und eliminieren sollen.
Severos möchte die Silberringe auch nutzen, um Informati-
onen über das Stirnband der allsehenden Augen zu erlangen.
Dabei handelt es sich um ein mächtiges Hellsichtsartefakt,
mit dessen Hilfe es in ferner Vergangenheit den ersten Kö-
nigen von Patalis gelang, ihre Herrschaft zu stabilisieren.
Das silberne Band war mit Juwelen verziert, von denen man
munkelt, dass ihr Zusammenspiel ihrem Träger spektakuläre
Erkenntnisse über die Absichten oder den Aufenthaltsort
anderer Personen ermöglicht. Die Legende besagt, dass es
im Zuge des Sturzes eines tyrannischen Königs durch seine
Mörder zerstört und unter ihnen verteilt wurde, wonach die
Steine in alle Welt verschwanden und immer einmal wieder
von sich reden machten. Severos besitzt nicht nur das Band,
sondern bereits auch zwei der zwölf magischen Steine.
Hierarchie und Struktur
Severos ist der Anführer der Silberringe und die Struktur des
Spitzelnetzes ist auf ihn ausgerichtet. Ursprünglich war ihm je-
des einzelne Mitglied persönliche Rechenschaft schuldig, dies
erwies sich jedoch mit dem steten Anwachsen des Ordens bald
nicht mehr als praktikabel. Die neue Struktur, die den Mit-
gliedern der Silberringe mehr Freiheiten lässt, macht sie sehr
viel schlagkräftiger, im gleichen Maße aber auch angreifbarer
– gleichzeitig ist die Organisation als Ganzes aber auch kaum
auszuschalten, weiß doch fast jeder Silberring nur von einigen
wenigen weiteren Mitgliedern.
Die Tatsache, dass Severos Kanzler wurde, war auch im Sinne
des Geheimbunds ein großer Glücksfall. Nach dem in den letz-
ten Jahrzehnten erfolgten Austausch der meisten Magistralen ge-
gen hörige Gefolgsleute läuft jetzt nicht nur sämtliche offizielle
patalische Korrespondenz über die Schreibtische von Silberrin-
gen, sondern sie besitzen nun auch eine einzigartige organisato-
rische Herzkammer. Der erste und der zweite Kanzleileiter sind
für die Abwicklung des operativen Geschäfts verantwortlich,
erstatten Severos regelmäßig Bericht und sind ihrerseits anderen
Silberringen gegenüber weisungsbefugt. Severos hat es so ein-
gerichtet, dass sich beide in tiefer Abneigung verbunden sind,
sodass sie sich gegenseitig überwachen. Unterhalb dieser Ebene
gibt es relativ autonom operierende Zirkel von Silberringen, die
jeweils einen eigenen Anführer haben, der aus der Kanzlei oder
von Severos persönlich Befehle erhält. Wie diese Befehle umzu-
setzen sind, wird selten minutiös vorgegeben, solange am Ende
das Ergebnis stimmt. Diese Form der lockeren Führung hat sich
vor allem deshalb bewährt, weil die einzelnen Teile des Spitzel-
netzes teilweise sehr weit über Dragorea und darüber hinaus in
der Welt verstreut sind, wodurch eine engere Kontrolle gar nicht
möglich ist. Weiterhin bewirkt sie, dass viele Operationsleiter
der unteren Ränge überhaupt nicht im Bilde sind, für wen sie
eigentlich arbeiten oder worin das übergeordnete Ziel besteht.
Dies gilt noch viel stärker für externe Zuträger und Handlanger,
die ganz gezielt im Unklaren gelassen oder mit falschen Informa-
tionen ausgestattet werden.
Ressource Rang
Wert Titel Bedeutung
Zuträger ohne tieferes Wissen über die
1 Zuträger
Organisation
erprobtes Mitglied, das einige
2 Silberring
Geheimnisse kennt
Anführer eines lokalen Zirkels oder
3 Silberherr/-frau
Spitzelnetzes
Arbeiter in der Kanzlei oder Aufseher
4 Silbermagistral
über eine ganze Region
5 Silbermeister einer der beiden Leiter der Silberringe
99
Mitglieder Ressourcen und Mittel
Die Mitglieder der Silberringe tragen gerne eines der namensge- Einfluss innerhalb der patalischen Oberschicht, erhebliche Men-
benden Schmuckstücke an einem Finger der linken Hand. Da- gen Geld und schier unerschöpfliche Informationen – dies sind
rüber hinaus verbietet sich aus Gründen der Geheimhaltung eine die Schlüssel zum Erfolg der Silberringe.
einheitliche Tracht.
Severos lässt seine Leute gerne darüber im Unklaren, wer noch
alles für ihn arbeitet. Dieser Wissensvorsprung gibt ihm viel Vermögen
Macht über seine Untergebenen. Allerdings ist auch der Blick Die Silberringe verlassen sich vor allem auf die erheblichen Mengen
von Severos nicht frei von blinden Flecken: Die unteren Ränge Geld, das zum Teil aus dem Privatvermögen von Severos stammt,
und erst recht die externen Zuträger sind selbst ihm bestenfalls zum Teil von den Staatsfinanzen von Patalis abgezweigt wird. Die
vage bekannt. Dies hat einmal bereits schon dazu geführt, dass Silberringe besitzen aufgrund ihrer Unternehmungen gegen Sele-
sich die Handlanger zweier Zirkel der Silberringe auf der Jagd nia mittlerweile eine erwähnenswerte Menge an Mondstein – zu-
nach einem Juwel des Stirnbands der allsehenden Augen aufwändig mal der Silberprinz zwar Hinweise darauf hat, dass das Horten des
und ausdauernd bekämpft haben. wertvollen Materials mehr als purer Selbstzweck ist, ohne bisher
Silberringe besitzen meist erkleckliche Geldmittel zur freien Ver- hinter den wahren Grund gekommen zu sein.
fügung, mit denen sie die Ausführung ihrer Pläne finanzieren.
Wenn außergewöhnliche Umstände es erfordern und der Silber-
prinz besonderes Interesse an einem bestimmten Auftrag hat, Spitzel und Spione
so gibt es praktisch keine Grenze für die Höhe der einsetzbaren Die Silberringe unterscheiden sich in ihren Fähigkeiten oft erheb-
finanziellen Mittel, die nach einer Rücksprache mit der Kanz- lich, rekrutieren sie sich doch aus allen gesellschaftlichen Schichten,
lei freigesetzt werden können. Wehe jedoch dem Silberring, der gemeinsam ist ihnen jedoch meist eine gewisse Verschlagenheit, ge-
diese Reichtümer erfolglos verschleudert und am Ende keine Er- paart mit Geschick im Erlangen von Informationen.
gebnisse vorzuweisen hat.
Die üppige finanzielle Ausstattung führt nicht selten auch dazu,
dass Silberringe gerade außerhalb von Patalis andere Leute für AUS BEW INT KON MYS STÄ VER WIL
sich arbeiten lassen, während sie aus einer sicheren Deckung he- 4 3 3 2 3 1 4 3
raus die Fäden ziehen.
GK GSW LP FO VTD SR KW GW
5 9 7 27 22 0 17 23
Bedeutende Angehörige
Severos, der Silberprinz, (Mensch, *924 LZ, schlank, hochge- Waffen Wert Schaden WGS INI Merkmale
wachsen, durchdringender Blick) ist der Kanzler am Hof von Kurzschwert 12 1W6+2 7 4−1W6 –
Ultia und ein patalischer Adliger, dessen Familie im Vierten
Mondsteinkrieg ihre Ländereien an das Kaiserreich Selenia ver- Typus: Humanoider
lor. Seinem wachen Verstand und seinem unbändigen Willen Monstergrad: 1 / 0
ist es zu verdanken, dass ihm dennoch eine steile Karriere am Fertigkeiten: Akrobatik 13, Athletik 6, Diplomatie 17, Empathie
Hof gelang. Severos ist jemand, der das Heft des Handelns nur 15, Entschlossenheit 13, Heimlichkeit 15, Redegewandtheit 16,
ungern aus der Hand gibt und der darüber hinaus über so viele Schlösser und Fallen 12, Wahrnehmung 12, Beherrschungsmagie
Dinge Bescheid wissen will, wie nur möglich. Severos ist ein 12, Erkenntnismagie 16, Illusionsmagie 13
Mann ohne die üblichen Laster, der dafür jedoch den schönen Zauber: Beherrschung 0: Einstellung verbessern; I: Furcht, Verwir-
Künsten so stark zugeneigt ist, dass er darüber schon einmal die ren; II: Gedankenschutz, Suggestion; Erkenntnis I: Gehör verbes-
Staatsraison vernachlässigt. Mehr zum Silberprinzen erfahren sern, Magische Botschaft, Sicht verbessern, Text verschlüsseln;
Sie in Feinde & Schurken S. 105. II: Einstellung erspüren, Schriftverständnis, Sprachverständnis;
Jana Baldea (Mensch, *963 LZ, meist edle Kleidung) ist ei- III: Gift erkennen, Magisches Schlüsselloch, Magisches Zwiege-
ne der begnadetsten Silberringe der letzten Jahre und sen- spräch; Illusion I: Falsches Gesicht, Unauffälligkeit; II: Trugbild
det ihre Berichte inzwischen unter Umgehung der Kanzlei Meisterschaften: Klingenwaffen (I: Verteidigungswirbel, Verwir-
direkt an den Silberprinz. Sie reist unter unzähligen Na- rung), Diplomatie (I: Diplomat; II: Scharfe Zunge), Empathie (I:
men in Dragorea umher und ist eine Meisterin im Beschaf- Rede mit mir), Entschlossenheit (I: Kühler Kopf I), Heimlichkeit
fen von Informationen, gleich ob durch Einbruch in gut (I: Unauffällig; II: Hinterhalt), Redegewandtheit (I: Ablenken; II:
gesicherte Festungen, das Verführen eines geschwätzigen Nicht ins Gesicht, Tarnidentität), Wahrnehmung (I: Umgebungs-
Magistralen oder handfeste Entführung. Ihr mag dereinst sinne Stadt), Erkenntnismagie (I: Telepathischer Schild; II: Dring-
zum Verhängnis werden, dass sie Konkurrenz oder Wider- liche Botschaft, Fernzauber)
stand geradezu genießt und sich oft in gefährliche Situati- Beute: Kurzschwert (8 L), Beutel mit 2W10+10 Lunaren
onen begibt.

100
 Vorgehen
Am Anfang aller Einsätze der Silberringe steht meistens eine
gründliche Informationsgewinnung, um die Lage so korrekt
wie möglich einzuschätzen. Anschließend wird ein genauer
Operationsplan entworfen, der daraufhin in die Tat umge-
setzt wird. Die Silberringe kaufen sich gerne Informanten und
bestechen einfache Gefängniswächter ebenso wie regionale
Kleinadlige, damit sie sich bei Bedarf über Recht und Gesetz
hinwegsetzen können. Soweit dies möglich ist, heuern sie auch
für die schmutzige Handarbeit ihres Geschäfts Helfershelfer
an, die an ihrer statt Gewalt ausüben, Feuer legen oder einzel-
ne Personen entführen. Nur wenn der Einsatz besonders hei-
kel ist, schreiten die Mitglieder des Geheimbunds persönlich
zur Tat – oder ziehen sich zurück, falls es sinnvoller ist, die
Schlacht verloren zu geben, um später den Krieg auf andere
Weise zu gewinnen.
Verbündete und Feinde
Eine Gruppierung, die sich selbst spöttisch als Mondsteinringe
bezeichnet, versucht, wichtige Posten in der Organisation
mit ihren Mitgliedern zu besetzen. Die Mondsteinringe sind
Doppelagenten, die vom Kaiserreich Selenia eingeschleust
wurden, wo die Existenz der Silberringe mittlerweile verein-
zelten Geheimnisträgern bekannt ist. Bisher gibt es noch sehr
wenige Mondsteinringe, deren vorrangiges Ziel darin besteht,
ihre wahren Motive zu verschleiern, und die daher bislang
kaum aktiv geworden sind.
Drusius Tullio (Mensch, *966 LZ, unauffälliges Äußeres, ist
schlauer, als er sich gibt) ist ein einfacher Magistral, der flei-
ßig alle ihm zugeteilten Aufgaben erledigt und von seinen
Kollegen kaum wahrgenommen wird. Drusius hat es dem
Silberprinzen nie verziehen, dass seine Geliebte einer seiner
Intrigen zum Opfer gefallen ist – und dass sie nur durch
Zufall in die Vorgänge hineingezogen wurde und ihr Tod
keinerlei Bedeutung hatte, treibt den Schreiber in einsamen
Stunden in die schwärzeste Verzweiflung. Um sein Leid zu
vergelten, tüftelt er schon lange an einem Plan, wie er Severos
ein grässliches Verbrechen in die Schuhe schieben kann. Er
plant, im Zuge dessen seine Erkenntnisse über die Mitglieder
und die Machenschaften der Silberringe an die Öffentlichkeit
zu bringen, um maximalen Schaden an der Organisation an-
zurichten. Bis dahin hält er seine wachsenden Einsichten in
verschlüsselten Notizbüchlein fest, die er an ungewöhnlichen
Stellen in Ultia versteckt.
Weniger ein Feind als ein erheblicher Unsicherheitsfak-
tor im System ist Valeria Pruditia (Gnomin, *918 LZ,
Stress-Esserin). Sie ist das letzte Überbleibsel der alten
Belegschaft der Kanzlei und wurde nur nicht ausgewech-
selt, da sie aus irgendeinem Grund für ein Mitglied der
Silberringe gehalten wird – was sie jedoch nicht ist! Die
vielen Veränderungen und die zahlreichen haarsträubenden
Vorgänge um sie herum haben der zurückgezogen lebenden
Gnomin sehr zugesetzt. Sie zweifelt mittlerweile an ihrem
Verstand und aus diesem Grund traut sie sich bislang auch
nicht, jemandem zu erzählen, was sie Tag für Tag an ihrem
Arbeitsplatz erlebt.
Szenarioansatz
Severos ist einem Giftanschlag zum Opfer gefallen, der ihn einige
Wochen lang ans Bett fesselt, bevor er wieder auf den Beinen
ist und seinen Geschäften nachgehen kann. Ohne Führung steht
die Kanzlei Kopf: Fehlerhafte oder unsinnige Befehle werden in
alle Welt verschickt, königlich-patalische Post wird mit inter-
nen Nachrichten der Silberringe durcheinandergebracht, große
Summen an Silber tauchen überraschend in der Kanzlei auf und
verschwinden wieder. Valeria Pruditia schüttet einem der Aben-
teurer ihr Herz aus, nachdem sie in der Taverne ihren Kummer
im Wein ertränkt hat. Die Abenteurer sind für einen Moment
lang die bestinformierten Leute in Patalis und können sich ent-
scheiden, wie sie damit umgehen.
Ein Mitglied der Silberringe spielen
Ein Silberring hat einen direkten Draht zur Kanzlei,
wenn nicht sogar zu Severos selbst. Von dort bekommt er
operative Ziele zugewiesen und gegebenenfalls Mittel zur
Verfügung gestellt. Nicht selten führen ihn seine Aufträge
um die halbe Welt, und er tut gut daran, sich einer Rei-
segruppe anzuschließen, die sich nicht sonderlich daran
stört, wenn er sie bittet, ihn „aus diplomatischen Grün-
den auf einen kleinen Umweg in den Rattwald zu be-
gleiten und dort, wenn möglich, Risskir eine Nachricht
zu übermitteln“. Silberringe treten oft als reiche Tauge-
nichtse, als Lebedamen, als spendable Abenteurer oder
als Weltreisende auf, und nicht selten sind sie es auch.
In allen diesen Erscheinungsformen eignen sie sich sehr
gut, um sich bereits bestehenden Abenteurergruppen an-
zuschließen und diese ein Stück des Weges zu begleiten.
Ebenso ist es denkbar, dass ein Silberring gezielt dazu aus-
gesandt wurde, um seine Reisegefährten zu überwachen,
oder dass es sich bei ihm um einen in Ungnade gefallenen
Silberring handelt, der in die Welt hinauszieht, um in
Bewegung zu bleiben, da seine ehemaligen Kollegen ihn
sonst früher oder später aufspüren würden.
Stichpunkte zur Ausgestaltung
Tracht: keine, mitunter silberner Ring an der linken Hand
Bevorzugte Ausbildungen: Ränkeschmied (Silberring)
Bevorzugte Schwächen: Intrigant, Verschwendungssüchtig
Wichtige Fertigkeiten: Diplomatie, Heimlichkeit, Rede-
gewandtheit, Schlösser und Fallen, Wahrnehmung
Wichtige Magieschulen: Beherrschungsmagie, Erkennt-
nismagie
Ausbildungsvariante: Silberring
(Variante des Ränkeschmieds)
Voraussetzung: Kultur Patalis; Ressourcen: Kontakte 1
und Vermögen 1 statt bestehender Auswahl; Fertig-
keiten: Schösser und Fallen +1, Wahrnehmung +1,
Anführen -1, kein Darbietung oder Edelhandwerk
wählbar; Meisterschaften: Redegewandtheit (Improvi-
sierte Verkleidung) statt Redegewandtheit (Ablenkung)
101
 Sturmbändiger
Wind- und Wogenmagier der Seealben
„Der Sturm reißt und zehrt
Unsere Welt verkehrt
Der Sturm bricht und bringt
Unsere Welt versinkt
Sät Zweifel, Angst und Wut
Der Götter schönes Kind
Erntet Hoffnung, Stolz und Mut
Wir erkennen wer wir sind“
—typische Beschwörungsformel eines Sturmbändigers
Die Sturmbändiger sind der vielleicht einflussreichste Magier­
orden der Seealben. Sie trotzen den Meeren, den Elementen
und auch bisweilen den Göttern mit ihrem unbändigen Wil-
len und suchen mit Vorliebe nach magischen (und bisweilen
weltlichen) Geheimnissen, die sie zum Wohle ihres Ordens
und des Albischen Seebundes nutzen können. Fast jedes Schiff
der Vindarai verfügt über einen oder mehrere Schiffsmagier
und viele dieser den Offizieren gleichgestellten Zauberer sind
Sturmbändiger.
102
Hintergrund
Der Ursprung der Sturmbändiger lässt sich bis zum Exodus der
Seealben nach dem Mondfall zurückverfolgen. Der Sage nach
unterzogen die Götter die Seealben zu dieser Zeit verschiedenen
Prüfungen und straften jene, die sich nicht an ihre Gebote hielten.
So sah sich die kleine Schimmerwind-Flottille einem gewaltigen
Sturm ausgesetzt, welcher sie sicher verschlungen hätte. Doch Imielle
Wogenrausch war nicht bereit, das Urteil der Götter über sich erge-
hen zu lassen. Sie stritt gegen den Wind, die Wellen und die Ver-
zweiflung ihrer Mannschaft. Der Untergang schreckte sie nicht; nur
kampflos und gebrochen wollte die Wettermagierin nicht vergehen.
Von ihrem Willen beflügelt tat ihre Mannschaft es ihr gleich, und
ein jeder begann den unbändigen Elementen zu trotzen, jeden nöti-
gen Handgriff zu machen, jeder Welle entgegenzutreten und alles zu
tun, was ihnen möglich war, um nicht die unbarmherzige See über
ihr Schicksal entscheiden zu lassen. Mit knapper Not überlebten die
tapferen Seelen, die Masten gebrochen, die Schiffe leck, und kaum
mehr die Kraft, um auf ihren Beinen zu stehen war ihnen geblieben.
Nur durch ein Wunder geschah es, dass sie wieder zur Hauptflotte
stießen und sich so wieder mit ihren Göttern versöhnten.
Imielle bildete in den folgenden Jahrhunderten viele Wet-
termagier aus und lehrte sie, niemals aufzugeben oder
sich einem Schicksal kampflos zu beugen. Aus den
Treffen ihrer Schüler und Nachfahren der Angehö-
rigen der Schimmerwind-Flottille bildete sich nach
und nach eine immer festere Gemeinschaft, die
sich im Jahr 290 LZ formal zum Orden der Sturm-
bändiger zusammenschloss.
Das erste große Ordenshaus wurde 417 LZ in Xilli-
ar eröffnet und bis heute finden hier die Abschluss-
prüfungen jedes Zöglings statt. 720 LZ wurde auf
Wunsch der frisch gekürten Admiralin der Kriegs-
flotte ein zweiter Ordenssitz in Bariu eröffnet und
in den jüngeren Jahren ist kaum ein größeres Schiff
der Vindarai zu finden, dessen Bordzauberer nicht
von oder bei einem Sturmbändiger ausgebildet wurde
oder der nicht zumindest Wogenrauschs Handbuch der
Sturmmagie gelesen hat.
Motivation
Die Sturmbändiger haben es zu ihrer Aufgabe gemacht, alle
fünf Flotten gleichsam zu unterstützen. So versuchen sie, jedes
Schiff, auf dem sie dienen, durch ihre Magie, durch die Hilfe
übernatürlicher Wesen oder auch nur ein paar anspornende
Worte zu Höchstleistungen zu motivieren und durch ihre Taten
den Vindarai Ehre, Reichtum oder neue Verbündete zu bringen.
Dabei vertreten viele von ihnen die unter den Seealben durchaus
kontroverse Auffassung, dass die starre Unterteilung und Spezi-
alisierung der Gesellschaft nicht immer von Vorteil ist, da man
mehr erreichen kann, wenn man die einzelnen Kräfte zusam-
menlegt – so wie dies auch im Kampf gegen den Sturm nötig ist.
Um ihre primäre Aufgabe des Schutzes der Schiffe zu erfül-
len, suchen sie – auch fernab der Heimat – nach Geheim-
nissen der Wind- und Wassermagie oder versuchen Wesen
der anderen Domänen für ihre Sache zu gewinnen. Ein lang
gehegter, wenn auch mehr geflüsterter Traum wäre es, die
Seelen der Meere und der Stürme selbst ausfindig zu machen
und mit ihnen, ähnlich wie mit den Flüsterwindinseln, Pakte
zu schließen.
Formell gehört der Orden keiner der Flotten an und seine Mit-
glieder haben das Recht, ihre eigenen Tiarai – ein politisches
Amt, das einem Ortsvorsteher oder Kapitän gleichzusetzen ist
– zu wählen, statt einer Schiffbesatzung oder Siedlung zuge-
hörig zu sein. Diese Freiheit ist aber für viele Sturmbändiger
nicht ausreichend und manche von ihnen wünschen sich, den
politischen Einfluss weiter auszudehnen und auch höhere po-
litische Ämter der Seealben stellen zu können, die offiziell kei-
ner Flotte angehören und keinen der Götter bevorzugen.
Dass sie durch diese politischen Händel, zumindest unter der
Hand, immer wieder ihre Neutralität aufgeben, wird dabei in
Kauf genommen.
Ziele
Den Flottenaufbau des Albischen Seebundes lockern, auch
um vielseitigere Mannschaften zu ermöglichen.
Stärkeren Einfluss auf die Admirale gewinnen, um somit die
eigenen politischen Ziele besser durchsetzen zu können.
Magische Geheimnisse, wie die Namen von mächtigen Ele-
mentaren oder Geistern, finden und mit anderen Sturmbän-
digern teilen – und idealerweise sogar die „Seelen“ von Wind
und Sturm finden und mit ihnen Pakte schließen.
Mit Wesen anderer Domänen Pakte zum Vorteil der Vindarai
schließen.
Hierarchie und Struktur
Die Gesellschaft der Vindarai ist stark von Hierarchien geprägt
und daher verwundert es nicht weiter, dass sich dies auch bei den
Sturmbändigern fortsetzt – trotz seiner Reformwünsche bezüg-
lich der Flotten hat der Orden die Notwendigkeit einer klaren
Befehlskette nie in Frage gestellt.
Mit dem Orden sind unzählige Seealben zumindest lose asso-
ziiert, da viele Vindarai von einem Sturmbändiger ausgebildet
wurden oder während ihrer Jugend mit diesen segelten. Für die
meisten Vindarai, die sich zur Wetterzauberei hingezogen fühlen,
ist dies der übliche Weg. Wer sich danach um eine Aufnahme
bemüht und die anschließenden Prüfungen besteht, wird zum
vollwertigen Sturmbändiger ernannt.
Höhere Ränge können nach jeweils fünf Jahren Zugehörigkeit
zu einem niedrigeren Rang angestrebt werden, wobei neben
einem passenden Ruf und angemessenen Taten vor allem die
neu gewonnenen magischen Fähigkeiten oder das Wissen um be-
schwörbare Wesen überprüft werden.
Solange ein Sturmbändiger nicht den Rang eines Gelehrten des
Sturms erreicht, ist er innerhalb des Ordens nicht nur dem Rat
der Winde, sondern auch seinem alten Meister Gehorsam und
Rechenschaft schuldig, was mitunter zu Spannungen zwischen
dem direkten Vorgesetzen innerhalb einer Schiffsmannschaft und
einem ehrwürdigen Sturmbändiger führen kann.
Der Rat der Winde, der aus den Meistern gewählt wird, weist die
einzelnen Sturmbändiger ihren Schiffen oder Gemeinschaften zu,
wo sie ihren Dienst meist ehrgeizig erfüllen. Dabei steht es jedem
frei, stattdessen seinen Dienst in einem Ordenshaus abzuleisten
oder sich „der eigenen Freiheit“ zu widmen und sich auf eigene
Faust durch die Welt zu schlagen. Ein Wechsel des Schiffes auf
eigenen Wunsch hin, wie es anderen Seealben möglich ist, gibt
es nur in Ausnahmefällen. Von der Möglichkeit, den Orden als
Ganzes zu befehligen, hat noch kein Rat je Gebrauch gemacht.
Ressource Rang
Wert Titel Bedeutung
einfaches Mitglied mit freier Passage auf
1 Sturmbändiger
Schiffen der Vindarai
Gelehrter des erprobtes Mitglied, das auf Schiffen wie
2
Sturms ein Offizier behandelt wird
geschätztes Mitglied mit dem Recht auf
3 Meister
Ausbildung von Schülern
Mitglied des Rats der Winde mit Gehör
4 Windmeister
beim Admiralsrat
Mitglieder
Da die Sturmbändiger flottenübergreifend agieren, stellen sie ei-
ne Besonderheit in der seealbischen Gesellschaft dar. Auch wenn
die meisten Mitglieder sich nach ihrer Ausbildung dem Orden
anschließen, gibt es vielfältige Wege, ganz unabhängig vom son-
stigen Werdegang, die zu den Sturmbändigern führen. So gibt
es einige Familien, die die Mitgliedschaft als Tradition ansehen
und bei denen Kinder üblicherweise von einem Verwandten zum
Sturmbändiger ausgebildet werden. Manchmal suchen auch alt-
gediente Veteranen Anschluss an den Orden, da sie hier ihre Ta-
lente besser eingesetzt sehen oder sich nach einer Enttäuschung
fernab ihres alten Lebens eine neue Chance erhoffen. Manch ei-
ner wird sich sogar den Sturmbändigern anschließen, da er sich
so eine größere Unterstützung der Wetterzauberer für die eigene
Heimat oder die eigene Flotte erhofft.
Darüber hinaus stehen die Sturmbändiger auch der Aufnahme von
„Fremden“ nicht so stark ablehnend gegenüber, wie man es sonst
von den Vindarai kennt – ein Umstand, der sicher auch dadurch be-
dingt ist, dass sich im Orden viele Freigeister der Seealben sammeln.
Sturmbändiger neigen zu weiten Roben, wobei sich kein gemein-
samer Stil herausbilden konnte und auch die Funktionalität im
Auge behalten wird – niemand möchte in die endlosen Tiefen
der See gezogen werden, nur weil er seinen Mantel nicht mehr
ablegen konnte. Allen Sturmbändigern gemein ist jedoch eine
möweneigroße Scheibe aus Silber, Kristall, Emaille oder Glas als
Erkennungszeichen, an der man den Rang innerhalb des Ordens
und das Jahr des Beitritts ablesen kann. Diese Insignie wird gerne
als Kette, Gürtelschnalle oder als eingelegte Verzierung in Arm-
schienen oder einer leichten Brustplatte getragen.
Kaum ein Sturmbändiger wird auf das Tragen einer Waffe ver-
zichten; hier neigen sie zu den nach innen gekrümmten, leich-
ten Klingen ihres Volkes, wie Falkaa, Maira oder Liara, die sich
besonders dazu eignen, ein Tau oder eine gebrochene Planke zu
trennen, ohne dabei zu viel Platz zu benötigen.
103
Bedeutende Angehörige
Ava Gischttänzer (Albin, *789 LZ, fordernd, aufbrausend)
ist die wohl angesehenste Zauberschmiedin der Sturmbän-
diger, ihre Waffen und Talismane sind in den Drei Meeren
weit gerühmt. Die Meisterin der Sturmbändiger ist darü-
ber hinaus auch vielen Seealben ein Begriff, da ihr Schiff –
die legendäre Lirabella – eines der ersten von den Vindarai
selbst konstruierten war. Das uralte und zaubermächtige
Schiff gilt jedoch seit einem Unglück vor gut 50 Jahren
als verschollen. Jeden, der ihr einen brauchbaren Hinweis
über den Verbleib des Schiffes liefern kann, entlohnt sie
reich.
Manuo Wogenbrecher (Alb, *911 LZ, sympathisch, rau) ent-
spricht wohl dem Archetyp des seealbischen Seefahrers auf
Reisen. Wenn er auch zumeist in der Kristall- und Albensee
anzutreffen ist, kann man ihm überall auf Lorakis, auf den
verschiedensten Schiffen, begegnen. Er ist stets auf der Suche
nach neuen magischen Formeln, Namen von beschwörbaren
Wesen oder anderen nützlichen Dingen für die Sturmbän-
diger. Darunter fallen bisweilen auch unerkannte Talente,
welche er bei sich bietender Gelegenheit und charakterlicher
Eignung anzuwerben sucht.
Cuzo Dramberger (Zwerg, *903 LZ, träumerisch, wacker)
dürfte so ziemlich jedem jüngeren Sturmbändiger bekannt
sein. Der sture Zwerg aus der Arwinger Mark wurde in
jungen Jahren von den albischen Segelschiffen derart be-
eindruckt, dass er sich in den Kopf setzte, mit ihnen zu se-
geln – koste es, was es wolle. In den folgenden Jahrzehnten
gelang es ihm, trotz aller Anfeindungen, nicht nur bei den
Seealben aufgenommen zu werden (was schon selten genug
ist), er wurde auch ein Sturmbändiger und stieg zum Aus-
bilder und Prüfer auf.
Ressourcen und Mittel
Die wichtigste „Ressource“ des Ordens sind seine Mitglieder
selbst. Durch die weitbekannte Kompetenz und unzweifelhafte
Loyalität zum Albischen Seebund ist jeder Kapitän der Vindarai
froh, einen Sturmbändiger an Bord seines Schiffes oder gar als
festen Teil seiner Mannschaft zu wissen. So konnte man über die
Jahrhunderte ein weites Netzwerk an Kontakten, Gefälligkeiten
und echter Verbundenheit aufbauen, auf das man jederzeit zu-
greifen kann. Auch hat die Stimme eines Sturmbändigers bei
Abstimmungen oder den Wahlen von Ortsvorstehern und Rich-
tern annähernd so viel Gewicht wie die eines Priesters der fünf
Kirchen.
Dieses Ansehen zeigt sich u.a. auch darin, dass beide Ordens-
häuser der Sturmbändiger vom Admiralsrat gestiftet wurden
und dass zahlreiche Schiffe des Ordens Geschenke der Flotten,
Kirchen oder bedeutsamer Familien waren. Weiterhin konnten
die Sturmbändiger durch gute Handelsbeziehungen und den
generellen Reichtum der Vindarai ein stattliches Vermögen an-
häufen. Zudem unterhält der Orden in fast allen Städten der
Flüsterwindinseln kleinere Quartiere und Zeughäuser, oder hat
sich von den Hafenmeistereien erstere für seine Mitglieder zu-
sichern lassen.
Ebenjene Ordenshäuser haben sich bis heute auch zu wahren
Horten des Wissens entwickelt, wo neben Kartenmaterial und
104
alchemistischen Rezepten vor allem magisches (Geheim-)Wis-
sen gelagert wird. Das reicht von einfachen Zaubern und Anlei-
tungen für simple Artefakte über komplexe Beschreibungen von
mystischen Wesen und wie man sie ruft bis hin zu aufwändigen
Ritualen, mit denen man sogar langfristig das Wetter kontrollie-
ren oder neue Inseln erschaffen können soll.
Für typische Mitglieder der Sturmbändiger können Sie
sich am Zaubermeister (siehe Splittermond: Die Regeln
S. 283) orientieren.
Vorgehen
Die Sturmbändiger setzen in ihrem Handeln darauf, dass einem
durch gute Taten und Unterstützung zur gegebenen Zeit ähn-
liches widerfahren wird bzw. man selbiges einfordern kann.
Konflikte versuchen sie zunächst durch Verhandlungen und
Kompromisse zu lösen, scheuen sich aber im Zweifel auch nicht
davor, ihre eigene Position mit Nachdruck zu verteidigen. Sie
dienen in allen Flotten der Vindarai und versuchen bereits da-
rüber, welche Flotte wie viele Sturmbändiger erhält, einen gewis-
sen Einfluss auszuüben und innerhalb der Schiffsmannschaften
Verbündete zu finden. Ein ähnliches Verhalten kann man, wenn
auch in deutlich abgeschwächter Form, in den Anrainerstaaten
beobachten, in denen die albischen Magier kein seltener Anblick
sind. Im Umgang mit den Wesen der anderen Domänen sind sie
häufig besonders zuvorkommend.
Bei ihrer Suche nach nützlichen Informationen sind sie hingegen
deutlich weniger freigiebig und teilen ihre Erkenntnisse oft nur
mit anderen Vindarai. Dabei sind sie hier selten von reinem For-
scherdrang oder purer Neugier angetrieben, sondern werfen auch
häufig einen Blick auf die Verwertbarkeit und den Nutzen gleich
welchen Wissens.
In einem direkten Konflikt werden die Sturmbändiger sich zu-
nächst auf ihre Zauberei oder die Dienste ihnen bekannter ma-
gischer Wesen verlassen, bevor sie zu ihrer – oftmals herausragend
gefertigten –Waffe greifen.
Verbündete und Feinde
Traditionell stehen die Sturmbändiger der Kriegs- und der Ent-
deckerflotte besonders nahe und sind in ihren Reihen am häu-
figsten zu finden, vor allem da diese nach der Auffassung des
Ordens am aktivsten zur Sicherheit und zum guten Leben der
Vindarai beitragen. Auch war es in längst vergangenen Zeiten
Liabars verzeihendes Wesen und ihre Vorliebe fürs Unbeugsame,
die den Sturmbändigern half, im Albischen Seebund Fuß zu
fassen. Mit der Handelsflotte Sylars hingegen kommt es immer
wieder zu Reibereien, da diese die Vertretung der Vindarai nach
außen hin für sich beanspruchen und in der Idee einer großen
flottenüberspannenden Organisation fast schon ketzerische Ge-
danken sehen.
An den Küsten der dragoreischen Binnenmeere haben die Sturm-
bändiger als Orden nur wenige Eindrücke hinterlassen. Viel
mehr wird ein Abbild des Einzelnen gar für alle Vindarai als bare
Münze genommen.
 Eine Ausnahme davon ist aber beispielweise der zwingardi-
sche Jarl Adalar Sturmsänger (Alb, *820 LZ, aufbrausend),
der in den Sturmbändigern gute Freunde fand, die ihm im-
mer wieder helfen, „seinen“ Küstenstreifen vor Wyvern und
Wasserdrachen zu sichern.
Auch die aus der Küstenstadt Arwingen stammende Maga
Solandra (Mensch, *962 LZ, kurze, nachtschwarze Haare,
bedächtig) des Vierten Hauses des selenischen Zirkels der
Zinne, des Ordensflügels, der sich auf Elementarmagie spezi-
alisiert, sieht in den Sturmbändigern mehr gute Magierkolle-
gen als fremdländische Seefahrer und tauscht sich mit ihnen
regelmäßig über neue Erkenntnisse ihrer Forschung aus.
Der durchtriebene Kaufmann Ariash vom blauen Wasser
(Mensch, *945 LZ, tiefliegende Augen, Krämerseele) hinge-
gen ist ein einflussreiches Mitglied des Sepeth’bir, des Bera-
terstabs des Shahirs von Pashtar, der, so es ihn nicht zu teuer
kommt, versucht, dem Orden immer wieder Schaden zuzu-
fügen. Er beschuldigt die Sturmbändiger, Aufzeichnungen
seines Großvaters zur Wassermagie gestohlen zu haben und
sich so an der Kunst der farukanischen Elementaristen zu
bereichern. So versucht er, den Sturmbändigern ihre Han-
delsgeschäfte zu verderben, lässt Schiffe mit einem Sturm-
bändiger nicht oder nur verspätet anlanden, und wäre sogar
bereit, Korsaren oder Diebe anzuheuern, sollte sich ein be-
sonders lohnenswertes Ziel bieten.
Haroo die Verderberin (Albin, *811 LZ, charismatisch, fana-
tisch) ist eine ehemalige Sturmbändigerin, die aus dem Al-
bischen Seebund ausgeschlossen wurde. Es heißt, sie habe
mit finsteren Mächten einen Handel geschlossen, um so für
die Vindarai alle anderen Mächte der Drei Meere zu vernich-
ten. Sie verspricht in den umliegenden Häfen großen Profit
und hat so bereits eine Handvoll Besatzungen auf ihre Seite
gezogen. Allerdings richtet sie ihre grausamen Launen nicht
nur gegen ihre Feinde. Sie plant, eine eigene Flotte zu er-
richten und den Admiralsrat zu zwingen, ihren eigenen Bund
anstelle der Sturmbändiger aufzunehmen.
Szenarioansatz
Auf einer regelmäßig befahrenen, aber etwas abseitigen Route in
der Albensee, die verschiedene kleinere Inseln anläuft, herrscht
seit Kurzem eine ungewöhnliche Flaute. Die Abenteurer ankern
nahe der nächsten Siedlung und werden, auch da aufgrund der
Flaute in näherer Zeit keine andere Unterstützung erwartet wird,
von der noch recht unerfahrenen Sturmbändigern Valia Tiefen-
licht (Albin, *970 LZ, rote Zöpfe, gedankenverloren, gebildet)
angeheuert, sie dabei zu unterstützen, dem Phänomen auf den
Grund zu gehen.
Durch alte Aufzeichnungen oder aktives Suchen lässt sich he-
rausfinden, dass eine offenbar unbewohnte Insel in der Nähe die
Heimstatt eines Sturmgeistes ist. Das Wesen, das sich selbst Flu-
tentreiber nennt, lebt dort in einer Grotte und schuf aus Dank-
barkeit für einen längst vergangenen Gefallen günstige Winde für
die Seefahrer. Der ursprüngliche Pakt wurde von einem Sturm-
bändiger ausgehandelt, sodass es an Valia und ihren Gefährten
läge, den Missstand zu beheben.
Jedoch wurde Flutentreibers Höhle, die ein magischer Ort mit
einem deutlich erhöhten Magiefluss ist, unlängst von einem
Seeungeheuer besetzt. Die krakenartige Fee Kruqiul möchte dort
nisten und reagiert zunächst feindlich auf jede Annährung.
Um die Befahrbarkeit der Wasserstraße zu sichern, müssten die
Abenteurer entweder Kruqiul siegreich bekämpfen oder aber für
eines der diesseitigen Wesen einen neuen, idealerweise ebenso po-
tenten magischen Unterschupf finden.
Einen Sturmbändiger spielen
Die Sturmbändiger haben für Vindarai ungewöhnlich
viele Freiheiten und lassen sich so auch außerhalb der
Binnenmeere leicht in eine Gruppe einfügen. Auf Rei-
sen streben sie danach, nützliches Wissen, vor allem über
magische Zusammenhänge, zu erlangen und durch ihre
eigenen Taten Kontakte und Verbündete zu gewinnen.
Sie sind in ihrem Vorgehen allerdings unglaublich stur
und haben mitunter einen Hang zur Zögerlichkeit, da
sie gerne verschiedene Argumente abwägen.
Sie neigen dazu, Autoritäten und Gesetze zu hinter-
fragen – gar nicht mal zwingend aus purem Trotz,
sondern weil sie Hintergründe verstehen möchten,
bevor sie diese akzeptieren. Wie jeder Seealb sind sie
von Kindesbeinen daran gewöhnt, dass sich Aufgaben
besser in einer Gruppe lösen lassen und dass jedes Mit-
glied einer Gemeinschaft kostbar ist, sodass sie bereit
sind, große Risiken in Kauf zu nehmen, um Freunden
beizustehen.
Stichpunkte zur Ausgestaltung
Tracht: keine einheitliche, das Rangabzeichen in Form
einer verzierten Scheibe wird gerne sichtbar in Klei-
dung oder Rüstung eingearbeitet
Bevorzugte Ausbildungen: Elementarist (Sturmbändiger)
Bevorzugte Schwächen: Eigensinn, Stolz
Wichtige Fertigkeiten: Arkane Kunde, Entschlossenheit,
Schwimmen, Seefahrt
Wichtige Magieschulen: Wassermagie, Windmagie
Ausbildungsvariante: Sturmbändiger
(Variante des Elementaristen)
Diese Ausbildungsvariante finden Sie in Splittermond:
Die Regeln auf S. 56.
105
 Die Triade
des Fließenden Steins
graue Eminenz der Spinnenprovinz
Die Metropole Palitan verbindet durch das Drachenportal Osten
und Westen von Lorakis. In der Stadt herrscht eine Koalition unter-
schiedlicher Gruppe, vereint im Händlerrat, was Zusammenarbeit
wie gegenseitige Konkurrenz beinhaltet. Die Triade des Fließenden
Steins ist eines der mächtigsten Mitglieder des Rates – und gleich-
zeitig eine der einflussreichsten Gruppen in der Unterwelt der Por-
talmetropole. Angeführt von der verschlagenen My-Mei versucht die
Triade, die Kontrolle über wichtige Schaltstellen der Macht in der
Stadt an sich zu reißen, und geht dabei skrupellos vor.

Hintergrund
Das Geschäft mit Geisterseide ist wie so vieles in Zhoujiang uralt. In der
Gegend um die Stadt Wushan gelang es schon vor langer Zeit, aus den
Kokons der Geisterfalter den kostbaren Stoff zu gewinnen. Um 500
LZ herum wurde die Nachfrage nach Geisterseide in ganz Takasadu so
groß, dass sich die Züchter und Händler zu ihrem eigenen Schutz dazu
entschlossen, einen Bund zu bilden, um den Schutz ihrer wertvollen
Zucht sowie die Wahrung ihrer Interessen zu gewährleisten – aus dieser
losen Interessenvertretung entstand schließlich 643 LZ ein formelles
Bündnis, die Triade des Fließenden Steins. Die Mitglieder versicherten
sich gegenseitigen Schutz, der sich auch auf alle Familienangehörigen
erstreckte. Als Erkennungszeichen wurden die bis heute bekannten Tä-
towierungen und die weiß-blaue Seidenkleidung eingeführt. Nach und
nach erweiterten sich die Geschäftsfelder der Gruppe und die Einnah-
men aus dem Geisterseidenhandel wurden in legale und zunehmend
auch illegale Geschäfte angelegt. Spätestens ab der Übersiedlung nach
Palitan im 8. Jahrhundert LZ gab die Triade auch Außenstehenden
die Möglichkeit, in unsicheren Zeiten Geld zu leihen, welches gegen
hohe Zinsen oder durch Fronarbeit zurückgezahlt werden konnte. Auch
Schutzgelderpressung wurde nun erstmals der Gruppe zugeschrieben,
die ganze Viertel in Palitan praktisch kontrollierte.
Mittlerweile hat sich die derzeitige Führerin My-Mei den Vorsitz im
Händlerrat der Stadt gesichert und kann so die Politik der Stadt stark
beeinflussen. Der Vorsitz gibt ihr keine absolute Macht, aber mit dem
sich dadurch ergebenden Zugriff auf das Kaiserliche Archiv und mit
der wirtschaftlichen Macht der Triade hält My-Mei viele Fäden im
Machtgeflecht der Stadt in der Hand.

Ziele
Motivation
Die Triade des Fließenden Steins strebt vor allem nach Macht, um den
Wohlstand und die Sicherheit der eigenen Mitglieder zu sichern. Ihr
Einfluss im palitanischen Händlerrat gibt ihr eine erste Machtbasis,
aber das reicht My-Mei und den Ihren nicht: Sie will den Einfluss ihrer
Triade ultimativ auf das ganze Reich ausdehnen, mit ihr als grauer Emi-
nenz, die den öffentlich sichtbaren Herrscher aus dem Hintergrund
heraus beeinflusst. Zu diesem Zwecke baut die Triade ein System auf,
das ihr Kontrolle über politische und wirtschaftliche Vorgänge gibt,
ohne dass sie dafür selbst im Fokus der Öffentlichkeit steht.
Die Herrschaft über Palitan festigen (mög-
lichst auf legalen Wegen und rechtlichen Winkel-
zügen, wo es Not tut aber auch mit zwielichtigen
Mitteln).
Einfluss in den Machtstrukturen der gesamten
Provinz festigen, sodass keine Entscheidung ohne
ihre Mitwirkung getroffen werden kann.
Einfluss in den Handelsstädten der Ostküste vergrößern und
von dort aus Kontakte in die wichtigsten Städte der Jadesee
knüpfen.

106
 Den Einfluss der Portalgilde beschneiden, um besseren
Zugang zum Mondportal und zum Handel über die Sei-
denstraße zu erlangen.
Eine Möglichkeit finden, Zauber in Tätowierungen so zu
verankern, dass eine Kontrolle des Tätowierten ermöglicht
wird.
Das Geheimnis der Herstellung der Geisterseide bewahren.
Den Einfluss anderer Mächtegruppen in der Spinnenpro-
vinz beschneiden, etwa der Triade der 13 Blätter in Palitan
und des Gagamba-Kults in der Spinnenprovinz.
Hierarchie und Struktur
Die Triade des Fließenden Steins ist streng hierarchisch auf-
gebaut. Am unteren Ende stehen die noch nicht initiierten
Anwärter. Über ihnen sind die einfachen Fließenden Steine
angesiedelt, wobei dieser Rang Kämpfer und Schläger ebenso
umfasst wie einfache Händler, Handwerker und ihre Familien
– immerhin ist eine Triade vorrangig eine Interessenvertretung
und nicht ausschließlich eine von Verbrechern betriebene kri-
minelle Vereinigung.
Die verschiedenen Betätigungsfelder legaler und illegaler Natur,
wie beispielsweise Kreditwucher, Prostitution oder der Handel
mit Geisterseide in einem Stadtviertel, werden von den Wäch-
tern genannten Offizieren verantwortet. Jeder Offizier ist für
seinen Bereich und seine Mitglieder allein verantwortlich und
muss einen Teil seiner Einnahmen – nach einem jährlich neu
festgelegten Schlüssel – an die Triade abführen. Da ein Wächter
ebenso für die Versorgung seiner Untergebenen verantwortlich
ist, gibt es oft enge Bande zwischen den einfachen Mitgliedern
und den ihnen überstellten Wächtern.
Über den Wächtern stehen die Weisen, zu denen neben beson-
ders verdienten ehemaligen Wächtern auch Rechtsexperten,
Buchhalter und Gelehrte gehören, deren Expertise My-Mei bei
der Führung der Triade und des Händlerrates der Stadt Palitan
zu Rate zieht.
Außerdem gehören zu ihnen die Spione und Kontaktleute in
die höheren Kreise der Stadt, die die Triadenführung My-Mei
mit Informationen zu allen bedeutenden Persönlichkeiten ver-
sorgen.
An der Spitze steht unangefochten My-Mei als Oberste Meisterin
der Triade, beraten durch den Fließenden Rat, in dem die ein-
flussreichsten Weisen der Triade sitzen.
Ressource Rang
Wert Titel Bedeutung
1 Fließender Stein einfaches Bandenmitglied
Offizier mit Führung über einzelne
2 Wächter
Bereiche
höherer Offizier mit Führung über
3 Weiser
einzelne Wächter
4 Ratsmitglied Berater der Triadenführung
5 Oberster Meister Anführer der Triade
Mitglieder
Mitglieder der Triade des Fließenden Steins sind ein alltägliches
Bild in Palitans Straßen. Mit ihren großflächigen, vorrangig auf
Händen und Unterarmen zu findenden Tätowierungen von
Raupen, Schmetterlingen, Blüten und Fadenmustern und der
weiß-blauen Seidenkleidung sind sie leicht zu erkennen. Alle
Triadenmitglieder tragen die Kleidung und Tätowierungen mit
Stolz, was ebenso wie das herrische Verhalten auf viele arme und
junge Palitaner anziehend wirkt. Oft nutzen Triadenmitglieder
solche Jugendliche für einfache Botengänge und Beschattungs-
aufgaben und testen dabei gleichzeitig die Fähigkeiten, das
Pflichtbewusstsein und – vor allem – die Vertrauenswürdigkeit.
Wer sich als würdig erweist, bekommt komplexere und wichti-
gere Aufträge und schließlich sogar den Rang eines Anwärters.
Nach gut einem Jahr wird dieser in einer rituellen Zeremonie mit
seiner ersten Tätowierung in den Rang eines Fließenden Steins
aufgenommen und einem Wächter zugeteilt. Damit gehört auch
die Familie des neuen Mitglieds automatisch zur Triade – wer die
Triade verlassen will, stellt spätestens dann fest, welchen Faust-
pfand er My-Mei und den Ihren gegeben hat.
Das Fortkommen innerhalb der Triade des Fließenden Steins hängt
nicht nur von den individuellen Fähigkeiten des Mitglieds ab:
Skrupellosigkeit in den richtigen Momenten und die Nützlichkeit
der eigenen Person für die Triade sind ebenso wichtige Merkmale.
Falls es an einem der drei mangelt, kann es für das betreffende Mit-
glied ein schnelles, blutiges Ende seiner Zeit in der Triade geben.
Bedeutende Angehörige
My-Mei (Mensch, *961 LZ, kleinwüchsig, stilisierte Tätowie-
rungen von Seidenraupen und Spinnen, meist ein desinter-
essiert geschlossenes Auge), die Vorsteherin des Händlerrats
und der Seidenhändlergilde ist die unangefochtene Anführe-
rin der Triade des Fließenden Steins. Bei ihr laufen alle Fäden
zusammen, denn My-Mei kontrolliert Stadt, Rat und Triade,
was sie zu einer der mächtigsten Personen der ganzen Region
macht. Diplomatie, Einschüchterung, subtilen Magieeinsatz
und Charisma werden von ihr meisterlich genutzt, um ihre
Ziele zu erreichen. Falls das nicht reichen sollte, nutzt sie ihre
Expertise als Kennerin der komplexen palitanischen Gesetze,
um Ereignisse in ihrem Sinne zu beeinflussen.
Shen Guan (Zwerg, *900 LZ, gesellig, skrupellos) ist der
einflussreichste Magier der Triade und in der Kunst des ma-
gischen Tätowierens versiert. Shen Guan hat in den letz-
ten Jahren verstärkt mit potenten Zutaten für die in den
Zaubern genutzte Tinte experimentiert. Dabei hat sich die
Asche der Ahnen einiger hochgestellter palitanischer Fami-
lien als sehr mächtig erwiesen, weshalb Shen Guan immer
auf der Suche nach den sterblichen Überresten besagter Fa-
milienmitglieder ist.
Oda Yuan (Mensch, *963 LZ, sehr stark tätowiert, traditi-
onsbewusst) ist der schärfste Gegner von My-Meis Politik,
sich aus illegalen Aktivitäten eher herauszuhalten und diese
wenn überhaupt über Strohmänner ausführen zu lassen. Oda
Yuans Argumentation, dass die Triade dadurch Einkommen
verliert und Ansehen unter den Kriminellen der Stadt und
der Provinz einbüßt, hat ihm bei traditionsbewussten Tria-
denmitgliedern Einfluss verschafft.
107
 Ressourcen und Mittel
In erster Linie setzt die Triade des Fließenden Steins auf ihre po-
litische Macht im Händlerrat, um die Politik, Gesetze und Vor-
schriften des täglichen Lebens nach ihren Interessen zu gestalten
und Konkurrenten klein zu halten. Daneben sind das beträchtli-
che Vermögen, Magie und die gut mehreren Tausend Mitglieder
ihre stärksten Mittel.
Vermögen
Die Triade des Fließenden Steins ist durch legale (wie den Han-
del mit Geisterseide) und illegale (wie Kreditwucher, Schutzgeld)
Geschäfte sehr vermögend geworden. Dieses Geld wird auch zur
Bestechung und als Schweigegeld genutzt, um Palitaner zu beein-
flussen und sich ihrer Loyalität auf subtile, schwer nachvollzieh-
bare Weise zu sichern. In der Regel kann ein Wächter problemlos
einige Hundert Lunare in bar innerhalb einer Stunde beschaffen,
wenn dies den Zwecken der Triade dient – wenn er das Geld aber
für seine eigenen Zwecke veruntreut, hat er sich gegenüber den
höheren Offizieren zu verantworten.
Das Kaiserliche Archiv
Das gigantische Archiv in Palitan umfasst einen eigenen Stadt-
teil inklusive ausgiebiger unterirdischer Abschnitte. My-Mei hat
Kraft ihres Amtes als Vorsitzende des Händlerrates den Titel der
obersten Archivarin bekommen, wodurch sie über die Nutzung
des Kaiserlichen Archivs entscheidet. Unterstützt von den Ge-
lehrten der Triade des Fließenden Steins sucht sie manchmal
tage- und wochenlang nach Dokumenten, die ihre Positionen
bei Disputen bestätigen oder einem Konkurrenten das Leben
erschweren. My-Mei kann den Zugang zu Wissen für Konkur-
renten mittels Wartezeiten und horrender Gebühren erschweren
und macht so immer wieder deutlich, welch mächtige Waffen das
Archiv in den richtigen Händen ist.
Mitglieder
Ein Triadenmitglied ist selten einmal allein anzutreffen, und wenn
doch, sind Freunde nie weit: In der ganzen Stadt finden sich zu jeder
Tages- und Nachtzeit Mitglieder und Anwärter in Rufreichweite.
Zudem gibt es viele Sympathisanten und Unterstützer, die einem in
Bedrängnis geratenen Triadenmitglied zur Hilfe eilen würde. Jeder
Offizier wird in der Regel von drei bis vier Schlägern der Triade be-
gleitet und kann schnell Verstärkung rufen. Die Triadenmitglieder
haben als Gruppe gesehen vielfältige Talente, wodurch für jede Auf-
gabe geeignete Kandidaten zur Verfügung stehen.
Typischer Triadenschläger
Typus: Humanoider
Monstergrad: 2 / 1
Fertigkeiten: Akrobatik 18, Athletik 13, Entschlossenheit 11,
Heimlichkeit 13, Straßenkunde 11, Wahrnehmung 10, Zähig-
keit 13, Kampfmagie 9, Schicksalsmagie 7
Zauber: Kampf I: Flammenhand, Schockgriff; Schicksal 0:
Glück; I: Pech
Meisterschaften: Handgemenge (I: Block, Halten; II: Entwaff-
nen, Verbessertes Umreißen), Akrobatik (I: Stehaufmänn-
chen; II: Antäuschen II, Meisterhafte Balance)
Beute: keine
Politischer Einfluss
Palitan wird durch den Händlerrat beherrscht und dieser wiede-
rum stark von der Triade des Fließenden Steins beeinflusst. Der
politische Einfluss der Organisation in der Handelsmetropole und
darüber hinaus ist enorm, was My-Mei gnadenlos zu ihrem Vorteil
ausnutzt. Nach außen hin präsentiert sie sich als um das Wohlerge-
hen der Stadt besorgte Ratsvorsitzende, Politikerin und Händlerin,
aber im Hintergrund ist sie eine knallharte Machtspielerin.
Vorgehen
Die Triade des Fließenden Steins setzt bei ihrem Streben nach
Macht auf unterschiedliche Strategien. In der Öffentlichkeit kon-
zentriert sich alles auf My-Mei, die als Vorsitzende des Händler-
rats für Recht und Ordnung in Palitan sorgt und sich dabei im
Rahmen der Gesetze bewegt sowie das Kaiserliche Archiv zu Rate
zieht. Dass hinter diesem Vorgehen harte, gnadenlose juristische
Auseinandersetzungen, Winkelzüge und Fehden lauern, ahnen die
Wenigsten. My-Mei versteht es, die Machtgruppen des Händlerra-
tes gegeneinander auszuspielen, indem sie Gesetze von ihren Ge-
lehrten entsprechend auslegen lässt, wobei sie selbst aufgrund ihres
Wissens der wichtigsten Hinweisgeber auf obskure Rechtsvor-
schriften ist. Dabei sind auch Fälschungen wichtiger Dokumente
möglich, ebenso das Vorenthalten wichtiger Unterlagen oder das
Verwehren des Zugangs zu Teilen des Archivs aufgrund fadenschei-
niger Auslegungen uralter Gesetze und Zusatzprotokolle.
Allerdings schreckt My-Mei auch vor Sabotage, Bestechung, Un-
terschiebung gefälschter Beweise und – in seltenen Fällen – kalt-
blütigem Mord nicht zurück, wenn es den Zwecken der Triade
dienlich ist. Mit einer Mischung aus wirtschaftlichen Vorteilen,
beispielsweise über langfristige Liefer- und Abnahmegarantien
für Güter, sowie blanker Einschüchterung versteht es die Triade,
ihren wirtschaftlichen Einfluss in der Stadt zu vergrößern. Dabei
setzt sie in den letzten Jahren auf legale und illegale Geschäfte,
wobei letztere den größeren Profit bringen, aber das Ansehen der
Triade bei der palitanischen Bevölkerung mindern könnten.

AUS BEW INT KON MYS STÄ VER WIL

2 5 3 3 2 4 2 3 Verbündete und Feinde
GK GSW LP FO VTD SR KW GW Woei Wen (Mensch, *950 LZ, liebt Geheimnisse, von einer
5 11 8 10 27 0 22 19 Hautkrankheit entstellt) hat unter den Bettlern und Straßenkin-
dern der Stadt ein Netzwerk von Spionen aufgebaut. Er bietet
Waffen Wert Schaden WGS INI Merkmale diese Informationen exklusiv My-Mei an, da sie ihn mit Hilfe
Entwaffnend 1, einer juristischen Finesse vor dem Galgen bewahrt hat. Nichts-
Körper 18 1W6 5 4−1W6
Umklammern destotrotz lässt er sich seine Informationen sehr gut bezahlen.

108
 You Shuang (Alb, *914 LZ, vollendeter Bewegungsmagier,
draufgängerisch) erledigt mit seiner Bande der Jadevögel Spi-
onage- und Sabotageaufträge für My-Mei. Die Bande ist für
ihre tollkühnen Fassadenklettereien bekannt und hat sich vie-
le Feinde in Palitan gemacht. My-Mei hat den stadtbekann-
ten You schon des Öfteren vor Attentaten gewarnt und sich
so seiner Dankbarkeit gesichert – was nicht heißt, dass die
Jadevögel nicht auch die Triade des Fließenden Steins für den
richtigen Preis ins Visier nehmen würden. You hat als Sohn
vermögender Kaufleute aus der Schildkrötenprovinz eigent-
lich ausgesorgt, kann aber den Nervenkitzel des Fassadenklet-
terns nicht aufgeben.
Zo Zo (Mensch, *977 LZ, optimistisch, energiegeladen) ist
die wohl prominenteste Konkurrentin der Triade des Flie-
ßenden Steins. Eigentlich sollte sie die Nachfolge ihrer unter
mysteriösen Umständen verstorbenen Mutter als Fürstin der
Spinnenprovinz antreten, was durch My-Mei allerdings ver-
hindert wird. Zo Zo versucht mit eigenen Rechtsgutachten
dagegen zu halten, was bislang aber nur dazu führte, dass sich
ihre Thronbesteigung weiter verzögert. Da sich My-Mei auf
Recht und Gesetz beruft, gibt es für Zo Zo wenige Möglich-
keiten, legal gegen die Triade vorzugehen. Noch hat sie sich
nicht für ein direkteres Vorgehen entschieden, aber langsam
nehmen Geduld und Zuversicht bei ihr ab.
Die Triade der Bambuswölfe unter Führung der legendären
Drachin Ning Pan (tritt in Gnomengestalt auf, eitel, liebt He-
rausforderungen, kann aufgrund einer magischen Vergiftung
nur in besonderen Nächte ihre drachische Form annehmen)
ist durch ihren Hass auf die in Palitan ansässige Triade der 13
Blätter, welche sie für die Drahtzieher ihrer magischen Vergif-
tung vermutet, immer wieder in der Stadt aktiv und sorgt für
Unruhe. Sie stört so immer wieder den Alltag der einfachen
Bevölkerung, was My-Mei ein Dorn im Auge ist. Da beide
sich aber als freundschaftliche Rivalen sehen, bleiben Eskala-
tionen bislang aus, solange Ning Pan die von ihr verursachten
Scherben selbst zusammenfegt.
Szenarioansatz
Meister Yong Yu, ein Weiser der Triade des Fließenden Steins,
ist vergiftet worden. Da er als Gegner der Politik My-Meis gilt,
liegt der Verdacht nahe, dass sie dafür verantwortlich ist. Die
Spielercharaktere werden aufgrund ihrer Neutralität vom Sohn
des Opfers, Yong Kwan (Mensch, *967 LZ, will sich aus Tria-
denangelegenheiten heraushalten, hat Angst um seine Familie)
angeheuert, um den wahren Schuldigen zu finden. Sollte sich
herausstellen, dass der Täter aus den Reihen der Triade stammt,
könnte es einen Konflikt geben, der die Organisation zerreißen
könnte.
Im Laufe ihrer Ermittlungen können die Abenteurer feststellen,
dass das Gift aus den Blüten der Roten Sumpfrose gewonnen
worden ist. Dieses Gift können in Palitan nur drei Alchemisten
herstellen. Einer der drei, Xi Son (Mensch, *934 LZ, stahlblaue
Augen, gewitzt), ist als Täter zu überführen, wenn die Spielercha-
raktere sein Labor untersuchen und ihn verhören. Es stellt sich
dabei heraus, dass Xi Sons Auftraggeber in der Tat aus den Reihen
der Triade des Fließenden Steins stammt – ein Unterstützer My-
Meis, der Chen Yu ohne das Wissen der Anführerin aus dem Weg
räumen wollte. My-Mei könnte über ihr Spionagenetzwerks von
den Vorkommnissen Wind bekommen und an die Abenteurer
herantreten, um die Sache gütlich zu regeln – ebenso wie ihre
Feinde, sobald sie von den Beweisen Wind kriegen, dies gegen
sie nutzen wollen werden. Wie werden die Spielercharaktere mit
diesem Wissen umgehen und auf welche Seiten schlagen sie sich?
Ein Mitglied der Triade
des Fließenden Steins spielen
Jedes Triadenmitglied ist stolz auf seine Mitgliedschaft
in der Gemeinschaft, und auch wenn ihm viel abver-
langt wird und er Befehle ohne zu Fragen ausführen
muss, so mindert dies nicht sein Gefühl, Teil etwas
Großen zu sein. Gegenüber der einfachen Bevölkerung
wird er mit seinen Tätowierungen und der traditionel-
len Kleidung immer auf seinen Status hinweisen und
selbst gegenüber der Obrigkeit zeigt er sich mitunter
arrogant, da er sich oft unangreifbar fühlt.
Natürlich gibt es immer wieder Mitglieder, die in Ung-
nade fallen oder durch Loyalitätskonflikte sich zum
Verlassen der Triade entschließen. In der Regel suchen
sie sich eine neue Gemeinschaft mit eindeutigen Regeln
und einer klaren Hierarchie. Ihre Tätowierungen ver-
bergen sie in diesem Fall so gut es eben geht, da sie nun
nicht mehr den Schutz ihrer alten „Familie“ genießen.
Solche Mitglieder sind es auch, die am ehesten Palitan
und Zhoujiang hinter sich lassen und in der Ferne ihr
Glück suchen, wobei ihnen ihre Affinität für das Ar-
beiten in einer Gruppe, ihre Kampfkünste und eine
pragmatische Rücksichtslosigkeit zu Gute kommen.
Gleichzeitig sind sie einer Gemeinschaft treu ergeben,
was für Abenteurergruppen ein nicht zu unterschätzen-
der Vorteil ist.
Stichpunkte zur Ausgestaltung
Tracht: weiß-blaue Seidenkleidung, großflächige Täto-
wierungen (Raupen, Schmetterlinge, Blüten und
Fadenmuster) auf Händen und Unterarmen; bei
altgedienten Mitgliedern auch auf Oberkörper, Rü-
cken, Beinen und dem Gesäß
Bevorzugte Ausbildungen: Ränkeschmied, Schattenklin-
ge (Triadenkämpfer), Schurke
Bevorzugte Schwächen: Aberglaube, Gehorsam, Kodex
Wichtige Fertigkeiten: Handgemenge, Arkane Kunde,
Redegewandtheit, Straßenkunde, Wahrnehmung
Wichtige Magieschulen: Bewegungsmagie, Kampfmagie,
Schicksalsmagie
Ausbildungsvariante: Triadenkämpfer
(Variante der Schattenklinge)
Voraussetzung: Kultur Zhoujiang; Ressourcen: statt An-
sehen oder Relikt auch Mentor wählbar; Fertigkeiten:
Handgemenge +1, Länderkunde +1, Bewegungsmagie
+1, keine Schattenmagie wählbar, nur eine Waffenfer-
tigkeit wählbar
109
 Der Wächterbund
Kämpfer gegen die Finsternis
Im Norden Dragoreas hält der Wächterbund Wache über die in
den Verheerten Landen wirkende Finsternis. Seine Mitglieder
haben nur ein Ziel: Jene verdorbene Kraft an der Ausbreitung zu
hindern und sie dereinst aus der Welt zu bannen. Dabei verlässt
sich der Orden auf seine in verschiedene Zweige organisierten
Spezialisten, seien es die kämpfenden Klingenwächter, die ge-
lehrten Drakenwächter oder die tief in die Verheerten Lande vor-
dringenden Schattenläufer.
Hintergrund
Schon kurz nach dem Mondfall entstand der Vorläufer des
heutigen Wächterbundes, als mächtige Drachlinge ihre Die-
ner anwiesen, eine weitere Ausbreitung der Verheerten Lande
zu verhindern. Diesem Auftrag geht der Orden bis heute nach
und bewacht von seinen Burgen aus das Land. Immer wieder
erstarkte die Finsternis und drängte die Wächter zurück, aber
sie verzagten nie. Doch ist die Blütezeit des Ordens lange vor-
bei. Vor über 200 Jahren floss ein großer Blutzoll, von dem sich
der Orden bis heute kaum erholt hat, als bei einem Vorstoß
tief in die Verheerten Lande unter Großkomtur Draviel dem
Erleuchteten fast die Hälfte der damaligen Ordenskämpfer in
den Tod zog. 850 LZ wurde die Burg Schattenfell von Krea-
turen der Finsternis überrannt – und entgegen der Tra-
dition wurde sie auf Weisung des damaligen
Großkomturs nicht an anderer Stelle wie-
dererrichtet. Auch der 931 LZ erfolgte Un-
tergang des Fürstentums Sonholt, das einst
den Wächterbund stark unterstützte, traf
den Orden hart.
Motivation
Alle Wächter eint das große Ziel, die
Finsternis an ihrer Ausbreitung zu
hindern und sie dereinst vielleicht
sogar vom Angesicht der
Welt zu tilgen.
Aus diesem Grund wacht der Orden
über die Grenzen der Verheerten
Lande und versucht, kein We-
sen mehr hinauszulassen,
das von den Kräften der Fin-
sternis berührt wurde – sei es
eine Schattenschwinge oder ein
unglückseliger Abenteurer. Aber
auch abseits der Verheerten Lande spü-
ren die Wächter dem Wirken der Fins­
ternis nach und versuchen jene, die sich ihrer
bedienen wollen, zu finden und zu vernichten.
110
Ziele
Herausfinden, ob ein erneutes Erstarken der Finsternis
wirklich bevorsteht, um sich für den Fall der Fälle zu
wappnen.
In alten dracurischen Ruinen nach Artefakten und Aufzeich-
nungen suchen, die im Kampf gegen die Finsternis helfen
und vielleicht sogar die Frage nach dem Grund für den eins­
tigen Kataklysmus beantworten können.
Die Verbindungen nach Selenia aufrechterhalten und dort
für materielle Unterstützung werben, ohne sich dabei zu sehr
in die Politik des Kaiserreichs ziehen zu lassen – und gleich-
zeitig nach neuen Verbündeten in Dalmarien, Wintholt oder
Mertalia suchen.
Verhindern, dass Schmuggler potenziell gefährliche und von
der Finsternis verdorbene Artefakte aus den Verheerten Lan-
den herausschaffen.
Mittel und Wege erforschen, die eine Berührung durch die
Finsternis heilen können, ohne Geist oder Körper des Pati-
enten zu sehr zu gefährden.
Verblendete Finsternis-Kultisten wie Härmward den Frevler
zur Strecke bringen.
Hierarchie
und Struktur
An der Spitze des Ordens stehen die 19
Komture, aus deren Mitte einer der ih-
ren als Erster un-
ter Gleichen zum
Großkomtur gewählt
wird. Jeder Komtur
steht einer Ordensburg vor,
die wiederum von den einfachen
Wächtern bemannt wird. Wer als Wächter
besondere Taten vollbracht hat, kann den
Ehrentitel des Ritters erhalten und sich in
die tieferen Mysterien des Ordens einwei-
hen lassen.
Im Wächterbund herrscht aus purer
Notwendigkeit aufgrund der gefähr-
lichen Umgebung geradezu militärischer
Drill. Standesdünkel und Postengeschacher gibt
es jedoch kaum, und so verwundert es nicht,
dass sogar Komture von den übrigen Wäch-
tern wie alle Ordensmitglieder meist einfach
als „Schwester“ oder „Bruder“ angesprochen
werden. Wer seine Pflichten schleifen
lässt, der wird von seinen Mitwächtern
schnell auf Linie gebracht – denn wer in
seiner Wacht nachlässt, gefährdet dadurch
nicht nur sein eigenes Leben, sondern auch
das seiner Burggemeinschaft.
Ressource Rang
Wert Titel Bedeutung
1 Wächter einfaches Mitglied des Ordens
2 Ritter bewährtes Ordensmitglied
3 Scharführer Kommandeur kleinerer Gruppen
einer der obersten Angehörigen eines
4 Hauptmann/-frau
Ordenszweiges einer Burg
5 Siegelführer
Vorsteher eines Ordenszweiges in einer
Burg
6 Komtur Vorsteher einer Burg
7 Großkomtur Anführer des Ordens
Mitglieder
Dem Wächterbund kann jeder beitreten, auch wenn den Grund-
stock der Ordensmitglieder heute die Kinder jener Familien
stellen, die im Ordensland leben und die meist Vorfahren im
Bund haben. Es ist möglich, sich nur für eine begrenzte Zeit zu
verpflichten, was mitunter auch von Fremdländern genutzt wird
und in Dragorea weiter verbreitet war, vor allem in Adelskreisen.
Heute kommt dies hingegen seltener vor.
Nur wer sich auf Lebenszeit dem Orden anschließt, kann in die
tiefen Mysterien eingeweiht werden, darf bestimmte Bereiche der
Ordensarchive betreten und an allen Beratungen teilnehmen.
Wer sein Leben dem Wächterbund verschrieben hat, dem ist es
verboten, über die tiefen Mysterien mit Nichteingeweihten zu
sprechen oder den Orden zu verlassen. Abtrünnige, die dies den-
noch versuchen, werden erbarmungslos gejagt.
Die tiefen Mysterien
Der Orden weiß viel über die Entstehung der Ver-
heerten Lande, das Wesen der Finsternis sowie das Ende
der Herrschaft der Drachlinge (siehe die Spielleiterin-
formationen in Splittermond: Die Götter, S. 80-83),
doch nur wer sich dem Orden mit seinem ganzen Le-
ben verschreibt, darf diese Geheimnisse erfahren – und
kann danach vielleicht besser überblicken, warum die
Wächter ihre Aufgabe als eine der wichtigsten in ganz
Lorakis erachten. Fremden wird nur selten Einblick in
einen Bruchteil der Mysterien gegeben – und stets nur,
wenn sich die Komture des Ordens sicher sind, dass dies
ihren eigenen Zwecken nutzt.
Die Ordenszweige
Der Wächterbund ist in mehrere Zweige unterteilt. Die Zuge-
hörigkeit zu einem der Zweige wird dabei stets nach der per-
sönlichen Befähigung festgelegt, eigene Wünsche sind dabei se-
kundär. Dennoch kann es mitunter zum Wechsel des Zweiges
kommen, etwa wenn ein Wächter versehrt aus den Verheerten
Landen zurückkehrt und seine eigentliche Aufgabe nicht mehr
ausführen kann.
Klingenwächter: Dieser Zweig umfasst die Kämpfer des
Ordens, die als erste Verteidigungslinie zwischen den Kräf-
ten der Finsternis und den freien Ländern stehen. Sie führen
meist Schwert und Vangarasstab und sind im Feld in ge-
schwärzte oder bronzierte Rüstung gehüllt. Klingenwächter
neigen zu einem ausgeprägten Beschützerinstinkt und halten
stets nach Bedrohungen Ausschau, lassen in Ruhezeiten aber
auch ordentlich Dampf ab. Sie haben nach alten Verträgen
auch in vielen Reichen Dragoreas das Vorrecht, ihr Schwert
niemals ablegen zu müssen.
Burgwächter: Den größten Ordenszweig bilden die Burgwäch-
ter und dennoch gehen sie im öffentlichen Bild des Ordens oft
unter. Sie kümmern sich um die Versorgung des Ordens, die
Instandhaltung der Wehranlagen und Ausrüstung, die Verwal-
tung des Ordenslandes und die Rekrutierung neuer Wächter.
Darüber hinaus entwickeln sie mit großem handwerklichem
Geschick in Zusammenarbeit mit den Drakenwächtern neue
Waffen gegen die Finsternis. Die meisten Wächter wissen, wie
wichtig die Burgwächter für die Wacht sind, und dies spiegelt
sich auch in einem ihrer Privilegien wider: Innerhalb der Mau-
ern einer Burg darf keine den Orden betreffende Entschei-
dung getroffen werden, ohne dass ein Burgwächter angehört
wird. Burgwächter tragen meist praktische Arbeitskleidung in
schwarz, zu Festtagen ergänzt durch ein weißes Skapulier mit
dem Zeichen des Ordens auf der Brust.
Drakenwächter: Die Drakenwächter umfassen jene Mit-
glieder des Ordens, die sich mit den Mysterien der Verheerten
Lande und den Geheimnissen der Vergangenheit sowie mit
Artefakten und anderen Hinterlassenschaften der Dracurier
beschäftigen. Sie beherrschen meist fließend die Lingua Dra-
cis, gelten als verkopft und neugierig. Ihr altes Erkennungs-
zeichen, die bronzene Drachlingsmaske, tragen sie nur noch
selten, doch von ihrem verbrieften Vorrecht machen sie auch
heute noch Gebrauch: Sie sind stets die Ersten, die neugefun-
dene Artefakte und Relikte untersuchen dürfen – und was sie
nicht freigeben, darf nicht in die Hände anderer gelangen.
Schildwächter: Die Schildwächter sind auf die magische Ab-
wehr der Finsternis und auf den Schutz der Burgen und der
übrigen Wächter spezialisiert. Sie sind Meister der Bann- und
Schutzmagie und arbeiten oft eng mit den Drakenwächtern
zusammen. Sie begleiten Expeditionen in die Verheerten Lan-
de und haben das Vorrecht, jede solche Patrouille sofort zu be-
enden, unabhängig von den Wünschen des Kommandanten.
Sie fühlen sich stark für andere verantwortlich und viele von
ihnen sind treue Gläubige des Skalangor, des Schutzherren der
Gemeinschaft. Ihr Erkennungszeichen ist ein Stab mit einem
Drachlingskopf, den sie oft als Talisman verzaubern.
Lebenswächter: Versehrte Ordenmitglieder an Leib und
Seele zu heilen, fällt in den Zuständigkeitsbereich der Le-
benswächter, die den Einfluss der Finsternis auf alles Lebende
erforschen. Wo die Drakenwächter vor allem theoretische
Überlegungen anstellen und alte Artefakte erforschen, ist
es das Ziel der Lebenswächter, die Finsternis am lebenden
Objekt zu verstehen, um sie bekämpfen zu können. Lebens-
wächter besitzen das Vorrecht, jeden anderen Wächter bis hin
zum Großkomtur temporär aus dem Dienst zu entfernen.
Sie gelten als furchtlos und mitunter etwas morbide – eine
Eigenart, die bei der konstanten Beschäftigung mit von der
Finsternis berührten Wesen kaum ausbleibt.
111
 Schwingenwächter: Den kleinsten Zweig des Ordens bilden Klingenwächter
die Schwingenwächter, wie die Priester des Skalangor genannt
werden. Sie sehen sich als Behüter der Harmonie innerhalb
der Gruppe, die zum Bekämpfen der Finsternis unabdingbar AUS BEW INT KON MYS STÄ VER WIL
ist. Mehr zu den Schwingenwächtern erfahren Sie in Diener 2 4 2 4 1 4 2 5
der Götter ab S. 104.
Schattenläufer: Die Schattenläufer waren einst kein eigener GK GSW LP FO VTD SR KW GW
Zweig des Ordens, sondern umfassten vielmehr all jene Be- 5 9 10 12 26 2 23 21
wohner des Ordenslandes, die aufgrund ihrer Ortskenntnis
den Patrouillen des Bundes halfen. Erst vor etwa 200 Jahren Waffen Wert Schaden WGS INI Merkmale
wurden sie, nach den Verlusten unter Großkomtur Draviel, Langschwert 17 1W6+4 9 3−1W6 Scharf 2
als eigener Zweig in den Orden aufgenommen – und bestan- Lange Waffe,
Vangarasstab 18 3W6+2 14 3−1W6
den stolz auf ihrem alten Namen. Sie haben das Vorrecht, je- Vielseitig, Wuchtig
den gefährlichen Ort als Erste betreten und auskundschaften
zu dürfen. Sie gelten als schweigsam und in sich gekehrt, aber Typus: Humanoider
auch als äußerst wagemutig. Monstergrad: 2 / 1
Fertigkeiten: Akrobatik 11, Anführen 13, Athletik 11, Entschlos-
Bedeutende Angehörige senheit 16, Heimlichkeit 9, Wahrnehmung 15, Zähigkeit 18,
Leukan Steinfaust (Zwerg, *887 LZ, rüstig, gerecht) ist seit Schutzmagie 6
vielen Jahren Großkomtur des Ordens und Herr über die Zauber: Schutz 0: Kleiner Magieschutz; I: Alarm, Magische Rüstung
Hauptburg Vangaras Faust. Der Zahn der Zeit nagt an ihm Meisterschaften: Klingenwaffen (I: Verteidigungswirbel; II: Ripos­
und er fürchtet sich davor, der Finsternis irgendwann nicht te), Stangenwaffen (I: Sturmlauf, Umreißen; II: Klingenwirbel),
mehr standhalten zu können – und sucht daher immer wie- Akrobatik (I: Stehaufmännchen), Anführen (I: Sammeln), Ent-
der die Lebenswächter auf, um Mittel gegen den körperlichen schlossenheit (I: Unbeirrbar), Wahrnehmung (I: Umgebungssinne
Verfall zu finden. Verheerte Lande), Zähigkeit (I: Wachsamkeit)
Die aus dem fernen Zwingard stammende Alia von Vangaras Beute: Langschwert (10 L), Vangarasstab (Q1, Schaden +1; 29 L),
Schar (Mensch, *951 LZ, drahtig, hitzköpfig) ist die Wort- Schuppenrüstung (20 L)
führerin der sogenannten Skalangorianer, die den Kampf ge-
gen die Finsternis in das Herz der Verheerten Lande tragen
wollen. Ihr Verhältnis zum eher abwartenden Leukan ist an-
gespannt, und mancher munkelt, sie würde nach einem Zei- Beziehungen und Ruf
chen der Schwäche des Großkomturs suchen, um ihn durch Der Ruf der Wächter ist in weiten Teilen Dragoreas legendär – und
einen genehmeren Kandidaten zu ersetzen. der Orden bemüht sich, das Bild in der Öffentlichkeit am Leben
Die junge Saldelind Schwingenfluch (Mensch, *971 LZ, un- zu halten, selbst wenn es mitunter etwas zu positiv ist. Besonders
beugsamer Wille, füllig, hübsch) ist eine der begabtesten ins ehemalige Fürstentum Sonholt bestehen enge Bande, während
Schildwächterinnen des Ordens und hat bereits in Jugend- die Beziehungen zum Hof in Selenia heute gespannter sind, als
jahren ihre Heimatburg Kormoranstein eigenhändig vor sie es einst waren. Die Komture wissen jedoch, dass zur Erhaltung
einem Finsterschwingenangriff bewahrt. Sie ist vor einiger ihrer Wacht finanzielle Unterstützung unerlässlich ist, und so ver-
Zeit in die Welt hinausgezogen, um auf der Spur der düs­ sucht man, jede direkte Konfrontation zu vermeiden und vielmehr
teren Traumgesichte des greisen Drakenwächters Wulfast die Adligen der umliegenden Reiche dazu zu bewegen, dem Orden
Schimmerblick (Varg, *913 LZ, dunkelgraues Fell, zittrig) Gold und Kämpfer bereitzustellen. Einige Komture versuchen in-
nach Dienern der Finsternis zu jagen – und Verbündete für zwischen, die Bande nach Dalmarien und Wintholt oder sogar in
eine Zeit zu finden, wenn „Feinde des Meeres der Finsternis noch fernere Reiche zu stärken, um vielleicht von dort die Unter-
den Weg bereiten“. stützung zu erlangen, die Selenia nicht mehr bereitwillig gibt – sehr
zum Verdruss einiger Kräfte am Sarnburger Kaiserhof.
Ressourcen und Mittel
Der Orden verfügt über zahlreiche Burgen, in deren Kellern Artefakte
Vorräte, Waffen und uralte Artefakte lagern – vor allem aber In den Schatzkammern der Ordensburgen ruhen unzählige dra-
verfügt er über eine große Zahl von Wächtern, die geeint das curische Artefakte, die über Jahrhunderte aus den Verheerten
Ziel verfolgen, gegen die Finsternis und ihre Agenten vorzu- Landen geborgen wurden. Viele davon werden unter Verschluss
gehen. gehalten und gerade jene, die von der Finsternis berührt wurden,
ruhen in magisch versiegelten Kammern – andere jedoch werden
vom Orden bereitwillig eingesetzt, wenn es der Wacht nützt.
Die Wächter
Die Mitglieder des Wächterbundes wissen um die Wichtigkeit
ihrer Aufgabe und sind bereit, für den Schutz des Ordens und für Orientieren Sie sich für solche Artefakte an den beispiel-
den Kampf gegen die Finsternis in den Tod zu gehen. haften dracurischen Artefakten in Selenia, S. 124/125.

112
 Vorgehen
Die Wächter gehen kompromisslos und ohne zu zögern gegen die
Finsternis vor, wo auch immer sie ihr Haupt erhebt. Dabei ten-
dieren sie dazu, Kollateralschäden billigend in Kauf zu nehmen,
da falsche Skrupel den Auftrag und somit auf lange Sicht noch
mehr Sterbliche gefährden könnte. Doch Wächter sind dabei
nicht nur hart zu anderen, sondern auch zu sich selbst: Selbstauf-
opferung ist ein hohes Ideal für jeden Wächter, und persönliche
Bedürfnisse und das eigene Leben haben hinter dem Kampf ge-
gen die Finsternis zurückzustehen.
Dieses Vorgehen übertragen Wächter oft auch auf alle anderen
Probleme und haben daher den Ruf, erst zu handeln und danach
Fragen zu stellen. Dadurch geraten ihre Handlungen mitunter
in Konflikt mit dem sehr positiven Bild, das über sie in weiten
Teilen Dragoreas kursiert.
Verbündete und Feinde
Im ganzen Orden verhasst ist Härmward der Frevler (Alb, *897
LZ, knöcherner Gang, glutäugig), der einst selbst als Komtur
von Burg Ulmengrab dem Orden angehörte. Doch nutzte er
schließlich im Kampf gegen die Finsternis deren eigenen Kräf-
te und fiel hierdurch dem Wahnsinn anheim. Härmward, der
sich heute tief in den Verheerten Landen verbirgt, glaubt, wei-
ter den Kampf gegen die Finsternis mit seinen Mitteln auszu-
fechten. Doch die Drakenwächter des Ordens sind sich sicher,
dass er ihr eigentlich bereits völlig verfallen ist. Ausführliche
Informationen zu Härmward dem Frevler finden Sie in der
Spielhilfe Feinde & Schurken ab S. 37.
Während der Orden glaubt, dass die abtrünnige Draken-
wächterin Thuilane die Eidbrecherin (Mensch, *943 LZ, Lo-
ckenmähne, durchdringender Blick) vor Jahren bei einem
Brand umkam, versteckt sie sich in Wahrheit in der Enklave
Dragenheim. Von dort aus schickt sie Abenteurer aus, um Ar-
tefakte aus den Verheerten Landen zu bergen, aber auch um
sie aus Burgen des Bundes zu stehlen. Sie glaubt seit einer
Prophezeiung des Kristallorakels, dass der Orden selbst von
der Finsternis unterwandert ist und gesäubert werden müsse
– steht mit dieser Meinung aber sehr einsam dar.
Treu an der Seite des Ordens standen stets die Herrscher
des einstigen Fürstentums Sonholt und auch zu den Herren
des in seiner Nachfolge stehenden selenischen Herzogtums
Drautal herrschen enge Bande. Herzog Aduvel ay Tyrandil
(Alb, *829 LZ, erhaben, undurchschaubar) unterstützt die
Wächter nicht nur finanziell, sondern scheint auch als ein-
ziger höherer Adliger in Selenia die Mahnungen aus dem
Ordensland ernst zu nehmen. Wie alle Herrscher aus seinem
Hause hat Aduvel einst in seiner Jugend dem Orden für eini-
ge Jahre gedient, auch wenn er sich heute standhaft weigert,
über seine damaligen Erlebnisse zu reden.
Szenarioansatz
Burg Schattenfell ist vor langer Zeit an die Finsternis gefallen und
wurde entgegen der alten Traditionen nicht an anderer Stelle neu
errichtet. Alia von Vangaras Schar glaubt, dass die Zeit hierfür ge-
kommen ist, und heuert erfahrene Abenteurer an, um hinter dem
Rücken des Großkomturs die eigentlich unter Ordensbann stehen-
de Burgruine auszukundschaften. Auf dem Weg gilt es nicht nur, Pa-
trouillen des Ordens auszuweichen, sondern auch gegen Dämmer-
weiden und deformierte Kreaturen zu bestehen. In der Ruine lassen
sich neben den Leichen vieler Ordenskrieger und Kreaturen der
Finsternis auch die von einem Diener Vangaras besessene ehemalige
Komturin der Burg finden, die seit über 100 Jahren einen Riss im
Diesseits mit ihrem eigenen Körper verschließt. Doch die Anwe-
senheit der Abenteurer selbst stört die Konzentration der Komturin
und so können Kreaturen der Finsternis in die Burg gelangen und
sie attackieren. Es ist nun an den Abenteurern, Alias Fehler wieder-
gutzumachen und die Wacht der Komturin zu schützen – und auch
Alia anschließend deutlich zu machen, dass Burg Schattenfell noch
nicht endgültig gefallen ist, aber auch nicht gestört werden sollte.
Ein Mitglied
des Wächterbundes spielen
Wächter haben stets ein oberstes Ziel: Das Wirken der
Finsternis auf Lorakis einzudämmen. Doch da diese
Kraft oft subtil ist, werden immer wieder Wächter ausge-
sandt, um in ganz Lorakis nach Anzeichen für ihr Wirken
zu suchen. Manche Wächter ziehen dabei allein umher,
doch andere haben auch den Wert von nicht zum Orden
gehörenden Gefährten für sich erkannt.
Ein Wächter wird zunächst reserviert erscheinen, ist er es
doch gewohnt, keine zu engen Bindungen zu Fremden
einzugehen. Gegenüber weltlichen Themen mag er oft
sogar desinteressiert sein, um beim kleinsten Anzeichen
der Finsternis doch sein fanatisches Pflichtgefühl zu zei-
gen. Nicht selten kommt es sogar vor, dass Wächter ge-
radezu paranoid erscheinen und selbst hinter einfachsten
Problemen ein Wirken der Finsternis vermuten.
Stichpunkte zur Ausgestaltung
Tracht: zum Zweig passende Kleidung oder Rüstung in
den Farben Bronze, schwarz und weiß; auf Schild
oder Kleidung angebracht außerdem das Wappen
des Ordens (bronzener Drache vor weißer Mond-
scheibe auf schwarzem Grund)
Bevorzugte Ausbildungen: Bannwirker (Schildwächter),
Glaubenskrieger (Schwingenwächter), Heiler (Lebens-
wächter), Kundschafter (Schattenläufer), Priester des
Wissens (Drakenwächter), Recke (Klingenwächter)
Bevorzugte Schwächen: Fanatiker, Kodex, Skrupellosigkeit
Wichtige Fertigkeiten: eine Waffenfertigkeit, Anführen,
Entschlossenheit, Geschichte und Mythen, Überle-
ben, Wahrnehmung
Wichtige Magieschulen: Bannmagie, Lichtmagie, Schat-
tenmagie, Schutzmagie
Ausbildungsvarianten: diverse
Für Angehörige des Wächterbundes bestehen diverse
Ausbildungsvarianten, die Sie in Splittermond: Die
Regeln (Lebenswächter, S. 59; Schattenläufer, S. 61;
Drakenwächter, S. 64; Klingenwächter, S. 66), in Split­
termond: Die Magie (Schildwächter, S. 40) sowie in
Diener der Götter (Schwingenwächter, S. 107) finden.
113
 Die Wahrheitsfinder
dem Schicksal auf der Spur
„Ich war dort, als sich bei strahlendem Sonnenschein plötzlich der
Himmel verdunkelte. Ich sah den gleißenden Regen aus silbernen
Splittern, der über uns niederging mit meinen eigenen Augen. Und
als Glücksritter und Taugenichtse auszogen, um etwas von dem
Mondstein in ihre Finger zu kriegen, war ich der einzige, der schon
vorher wusste, wo der Regen niedergehen würde“
—der gnomische Wahrheitsfinder Filio Urdenbrom, 983 LZ
Die Wahrheitsfinder bereisen ganz Lorakis im Auftrag des Or-
dens der Bewahrer, der Hüter des legendären Kristallorakels von
Ioria. Während die asketisch lebenden Priester des Bewahreror-
dens vor allem im Manteion auf dem großen Tempelberg Iorias
wirken und die kryptischen Visionen des Kristalls enträtseln,
werden die Wahrheitsfinder in die Welt hinausgesandt. Auf ihren
Orakelquesten gleichen sie die Weissagungen des Kristallorakels
mit der Wirklichkeit ab oder suchen nach Hinweisen auf die Be-
deutung der oftmals vieldeutigen Prophezeiungen. Auf der Suche
nach Antworten reisen Wahrheitsfinder mitunter an entlegene,
gefährliche Orte auf dem gesamten Kontinent, um hautnah da-
bei zu sein, wenn sich das Schicksal einer Prophezeiung erfüllt.
114
Hintergrund
Über den Ursprung des uralten Orakels von Ioria ist bekannt,
dass es bereits weit vor der Blütezeit der Drachlinge existierte und
dass seine Schöpfung dem Wirken des Gottes Eughos zugespro-
chen wird. Der Orden der Bewahrer hingegen wurde erst nach
dem Mondfall von Priestern des Eughos und der Jarakah ge-
gründet – und die Wahrheitsfinder als weitestgehend autonomer
Teil des Ordens sind noch weitaus jünger.
Die junge Jarakah-Priesterin und Bewahrerin Zelaia Rugrimm er-
hielt im Jahr 562 LZ eine beängstigende Vision über das Wieder-
auftauchen eines unheilbringenden Drachlingrelikts im Norden
Dragoreas. Keiner der Bewahrer konnte den genauen Fundort auf
Basis alter Aufzeichnungen ausmachen, zu widersprüchlich waren
die Fragmente der Prophezeiung. Um zu verhindern, dass das Re-
likt in falsche Hände gerät, scharte Zelaia eine Gruppe Verbündeter
um sich und zog aus, um die Wahrheit hinter der Prophezeiung zu
ergründen. Es gelang ihr, das Relikt sicher in den Besitz des Ordens
zu bringen und nach ihrer Rückkehr zum Manteion konnte sie
den Bewahrerorden davon überzeugen, dass es zum vollständigen
Verständnis des prophetischen Wirkens des Orakels notwendig ist,
sich mit den weltlichen Auswirkungen der Weissagungen zu be-
schäftigen – die Wahrheitsfinder waren geboren.
Zwischen dem Orden der Bewahrer und den Wahrheits-
findern kommt es auch nach all den Jahrhunderten noch
regelmäßig zu Disputen um die Frage, inwieweit die Orakel-
questen einen Eingriff in den Verlauf des Schicksals darstellen
und somit zu einer Unschärfe der Prophezeiungen beitragen.
Motivation
Das übergeordnete Ziel aller Wahrheitsfinder ist es, in die
Welt hinaus zu ziehen und die Prophezeiungen des Kris-
tallorakels ergründen. Dabei suchen sie nach Hinweisen,
Zeichen oder den weltlichen Auswirkungen der Prophe-
zeiungen, die bei der Entschlüsselung der Bedeutung der
Weissagungen helfen. Mitnichten erledigen die Wahrheits-
finder diese Arbeit ausschließlich selbst – es kommt im-
mer wieder vor, dass ein Vertreter der Organisation eine
Abenteurergruppe beauftragt, eine Beobachtung an einem
schwer zugänglichen Ort zu dokumentieren, ein verschol-
lenes Schriftstück aus einer alten Ruine zu bergen oder die
eigenen Forschungsergebnisse an einen anderen Wahr-
heitsfinder oder gleich nach Ioria zu überbringen.
Die Priester des Bewahrerordens ergänzen mit den auf den
Orakelquesten gewonnenen Informationen die Kristallchro-
niken, das große Archiv, in dem alle Prophezeiungen des
Orakels für die Nachwelt festgehalten werden. Sollte es bei
einer Orakelqueste darum gehen, großes Übel abzuwenden,
sehen sich manche Wahrheitssucher verpflichtet, aktiv in das
vorhergesagte Geschehen einzugreifen oder zumindest War-
nungen auszusprechen – doch nicht jeder in ihrer Gemein-
schaft oder gar im Bewahrerorden teilt diesen Glauben.

Ziele
Die konkreten Ziele eines Wahrheitsfinders hängen praktisch
immer direkt von seiner jeweiligen Orakelqueste ab, übergeord-
nete Ziele existieren nicht. Einige Beispiele für Aufgaben, denen
Wahrheitsfinder und von ihnen beauftrage Abenteurer nachge-
hen können, wären:
Die Erkenntnisse eines sterbenden Wahrheitsfinders recht-
zeitig zum Manteion zurückbringen, bevor ein unheilvolles
Ereignis eintritt.
In der Ruine einer alten Zikkurat aus der Zeit der Lamassu
nach verlorenem Wissen suchen, das zum Verständnis eines
Orakelspruchs beitragen könnte.
Auf ein entlegenes Hochplateau in der Flammensenke reisen,
um die turmhohen, nur von dort aus in ihrer Gänze sichtba-
ren Symbole in den umliegenden Felswänden abzuzeichnen
In den Straßen Sunnafests nach Informationen über die
Geburt eines Menschenkinds mit weißem Haar und bern-
steinfarbenen Augen suchen, das der Prophezeiung nach den
Untergang der Stadt herbeiführen wird.
Das Wissen über eine in den Kristallchroniken vorhergesagte
Sturmflut übernatürlichen Ursprungs in den Küstenorten der
Arwinger Mark verbreiten.
Die Orakelqueste
Anlass für die Beauftragung eines oder mehrerer Wahrheitsfin-
der bieten meist jene Orakelsprüche, aus denen die Bewahrer
ohne weiteres nicht schlau werden: Selten sind die Botschaften
des Orakels eindeutig und häufig lassen sie zu viele unterschiedli-
che Interpretationen zu, um eine klare Deutung zu ermöglichen.
Manchmal sind die Visionen, die der Kristall sendet, aber auch
unvollständig und geben nur vage Hinweise auf Orte und Zeit-
punkte oder sie erfordern schlichtweg schnelles Eingreifen: Das
Auftreten (oder die Geburt) einer bedeutenden Persönlichkeit,
das Beiwohnen eines vorhergesagten, kosmischen Ereignisses
oder das Auftauchen eines Gegenstandes, der nicht in die fal-
schen Hände fallen soll. In vielen Fällen tritt ein Bewahrer an die
Wahrheitsfinder heran und erteilt den Auftrag zu einer Orakel-
queste. In anderen Fällen stoßen Wahrheitsfinder selbst bei ih-
ren Recherchen oder Reisen auf Hinweise, die auf prophetisches
Wirken hindeuten. Es steht Wahrheitsfindern frei, sich in diesem
Falle eigenständig und ohne Auftrag des Bewahrerordens auf eine
Orakelqueste zu begeben.
Hierarchie und Struktur
Im Gegensatz zum hierarchisch aufgebauten Orden der Bewah-
rer sind die Strukturen innerhalb der Wahrheitsfinder weitaus
offener und flexibler gehalten – ein Umstand, der nicht von al-
len Bewahrern gutgeheißen wird. Unter den Wahrheitsfindern
existieren keine formellen Ränge. Da sie aber nominell Teil des
Bewahrerordens sind, haben sie den hochrangigen Mitgliedern
des Ordens Folge zu leisten – was nicht selten dazu führt, dass
viele Wahrheitsfinder es kaum erwarten können, Ioria nach ihrer
Ausbildung schnellstmöglich wieder zu verlassen.
Das Hauptquartier der Wahrheitsfinder befindet sich auf dem
Manteion in Ioria und wird von Davilias Windseher (Alb, *838
LZ, schneeweißes Haar, aufmerksamer, interessierter Zuhörer),
einem altgedienten Priester der Jarakah, geführt. Über den gan-
zen Kontinent verteilt bereisen Wahrheitsfinder die verschiede-
nen Gegenden von Lorakis, halten sich aber nur selten länger als
nötig an einem bestimmten Ort auf.
Einmal entsandt sind Wahrheitsfinder weitestgehend auf sich
selbst gestellt und genießen große Freiheiten in der Ausführung
ihrer Aufgaben. Sie sind jedoch gehalten, Aufzeichnungen über
ihre Entdeckungen anzufertigen und diese regelmäßig nach Ioria
zu übermitteln, wo sie dem Bewahrerorden zur Verfügung ge-
stellt werden.
Innerhalb der Wahrheitsfinder gibt es eine kleine Gruppe, die
sich mit der Erkennung und Deutung von Mustern in allen
Aspekten der Welt beschäftigen: Diese Gruppe bezeichnet sich
selbst als Mustersucher und ist der Überzeugung, dass die Göt-
ter Hinweise auf das Schicksal der Welt in scheinbar zufälligen
oder vermeintlich naturgewachsenen Phänomenen wie seltsamen
Felsformationen, Flussläufen, Wolkenformationen oder gar der
Musterung auf einer Baumrinde hinterlassen haben.
Eine tiefergehende Hierarchie gibt es unter den Wahrheitsfindern
nicht, vielmehr sind alle Mitglieder der Gemeinschaft einander
gleichgestellt – nur der Bewahrerorden ist ihnen gegenüber wei-
sungsbefugt.
Ressource Rang
Wert Titel Bedeutung
1 Wahrheitsfinder Mitglied des Ordens
Mitglieder
Angehende Mitglieder der Wahrheitsfinder durchlaufen eine
grundlegende Ausbildung auf dem Manteion in Ioria unter der
Aufsicht des Ordens der Bewahrer. Es werden keine besonderen
Vorkenntnisse von den Anwärtern erwartet, vielmehr sind eine
grundlegende Neugier, Aufgeschlossenheit und vor allem eine
scharfe Beobachtungsgabe ausschlaggebend. Mitunter werden jün-
gere Priesteranwärter des Eughos oder der Jarakah zu Wahrheitsfin-
dern, da sie das freiere Leben der Askese des Manteion vorziehen.
Nicht selten führt eine Orakelqueste die Wahrheitsfinder in
entlegene oder umkämpfte Gebiete, in uralte Ruinen oder an
unzugängliche Orte. Hierfür ist es nötig, dass Wahrheitsfinder
zumindest über grundlegende Fertigkeiten des Überlebens in der
Wildnis, der Orientierung, aber auch der Diplomatie verfügen.
Zudem sind viele Wahrheitssucher in den Zauberschulen der Er-
kenntnis- und Schicksalsmagie, manchmal auch der Bewegungs-
magie, bewandert.
Nach dem Training werden die Anwärter auf ihre erste Orakel-
queste geschickt: Dabei handelt es sich eher um kleinere Auf-
gaben, die jedoch eine Reise zu einem Ziel jenseits von Ioria
beinhaltet.
Wird ein Wahrheitsfinder vom Orden auf eine Orakelqueste ge-
schickt, die von vorherein als schwierig oder gefährlich eingestuft
wird oder für die etwa spezialisierte Kenntnisse bestimmter Ma-
gieschulen vorausgesetzt werden, ist ihm ausdrücklich angeraten,
tatkräftige Unterstützung, oft auch in Gestalt einer Abenteurer-
gruppe, anzuheuern.
115
Bedeutende Angehörige
Das Liebespaar Cran (Varg, *966 LZ, rostrotes Fell, ernst und
schweigsam) und Jabrak (Varg, *970 LZ, spricht gern über
Cran, bunte Holzperlen ins Fell geflochten) gehört zu den ge-
fragtesten Wahrheitsfindern in Dragorea. Cran heuerte Jab-
rak einmal als Söldner für eine gefährliche Orakelqueste an,
die beide an den Rand der Verheerten Lande führte und Cran
beinahe das Leben kostete. Inzwischen sind die beiden unzer-
trennlich und begehen Orakelquesten nur noch gemeinsam.
Dumasch Graublick (Zwerg, *854 LZ, rastloser Blick, leiden-
schaftlicher Geschichtenerzähler) hat sich nach einem auf-
regenden Leben als Wahrheitsfinder in Ioria niedergelassen.
Dort ist seine Aufgabe eigentlich die Unterweisung unerfah-
rener Mitglieder. Vor Zeit zu Zeit schürt seine unbändige
Neugier jedoch den Wunsch, die Mauern Iorias zu verlassen
und sich gemeinsam mit einer Abenteurergruppe auf eine
letzte Orakelqueste zu begeben. Allein sein Pflichtgefühl hält
ihn (noch) davon ab.
Nenea Etros (Mensch, *941 LZ, emotionslos, vermeidet
Blickkontakt) ist eine der begnadetsten Mustersucherinnen.
Ihre Spezialität ist es, Muster in Wolkenformationen zu sehen
– eine Gabe, für die sie sich mehr als einmal zum Gespött
gemacht hat. Dennoch ist sie überzeugt, dass sich am Zug der
Wolken über Lorakis wichtige Botschaften der Götter ablesen
lassen. Häufig zieht sie auf eigene Faust an entlegene Orte,
um dort ihre Beobachtungen zu machen und sucht dafür
nach Unterstützung außerhalb der Organisation.
Ressourcen und Mittel
Die größte Ressource der Wahrheitsfinder ist die Neugier ihrer
Mitglieder und deren unerschütterliches Vertrauen in die Weissa-
gungen des Orakels. Unterstützung erhalten Wahrheitsfinder auf
ihren Reisen manchmal von anderen Organisationen und Einzel-
personen, die Zugang zu benötigtem Wissen haben. Viele führen
zudem verzauberte Kristalle, sogenannte Leitkristalle, mit sich.
Wahrheitsfinder auf Reisen
Die Wahrheitsfinder unterhalten keine eigenen Ordenshäuser
oder Enklaven. Auf ihren Reisen sind sie weitestgehend auf sich
gestellt, aber in einigen Städten können sie sich auf die Unter-
stützung ortsansässiger Gruppierungen wie beispielsweise Ma-
giergilden und Geheimbünde verlassen oder erhalten Zugang
zu Bibliotheken und Tempelarchiven. Um sich Unterstützung
zu sichern, sind Wahrheitsfinder befugt, für besondere Dienste
Empfehlungsschreiben für den Bewahrerorden auszustellen. Für
viele Lorakier ist dies ein attraktiver Tausch, ist es doch ein gro-
ßes Geschenk, einmal ein Anliegen am Orakel in Ioria vortragen
und um eine Weissagung bitten zu dürfen – ein Privileg, das mit
einem Empfehlungsschreiben oft deutlich beschleunigt werden
kann.
Leitkristalle
Jeder Wahrheitsfinder erhält mit Beginn seiner ersten Orakel-
queste einen etwa handtellergroßen Kristall, der seine spirituelle
Verbindung mit dem Manteion und dem Orakel aufrechterhal-
ten soll. Leitkristalle wachsen in den Höhlen der Kristallchronik
116
und enthalten stets Fragmente einer Weissagung. Zum Abschluss
der Ausbildung wählt ein Wahrheitsfinder mit verbundenen Au-
gen einen Kristall aus – oder wird von diesem auserwählt? Die
Weissagungen in den Leitkristallen sind in der Regel so bruch-
stückhaft und kryptisch, dass viele Wahrheitsfinder oft Jahre,
wenn nicht Jahrzehnte brauchen, um sie zu entschlüsseln, wäh-
rend anderen dies nie gelingt. Für nicht wenige ist das Lösen des
Rätsels um den eigenen Leitkristall eine Lebensaufgabe, eng ver-
woben mit dem eigenen Schicksal.
Einige Wahrheitsfinder lassen ihren Leitkristall verzau-
bern – z.B. als Strukturgeber für Zauber der Schulen
Erkenntnismagie wie Magischer Kompass, Wahrer Blick,
Sprachverständnis oder Glück.
Vorgehen
Um Licht in die oft verwirrenden Visionen des Kristallorakels zu
bringen, ziehen Wahrheitsfinder durch ganz Lorakis, um an Or-
ten oder im Kontakt mit Personen, die in den Visionen gesehen
wurden, nach weiteren Hinweisen auf bevorstehende Ereignisse
oder die genauere Bedeutung der Prophezeiung zu suchen. Auch
spüren sie mitunter bereits gelösten Prophezeiungen nach, um
anhand des Fortgangs der eingetretenen Ereignisse zu sehen, ob
die allgemein akzeptierte Deutung die vermeintlich Richtige ist.
Ihr Vorgehen entspricht dem von Forschern und neugierigen
Entdeckern, die versuchen, durch sorgfältiges Beobachten, Er-
fragen von Informationen aus der Bevölkerung oder Studieren
von lokalen Überlieferungen Informationen zu erhalten. Zwang
lehnen sie hingegen ab; Wissen sollte freiwillig geteilt werden.
Wahrheitsfinder werden angehalten, den Ruf des Bewahreror-
dens nicht durch unrechtmäßige Handlungen zu beschmutzen.
Da Wahrheitsfinder jedoch große Autonomie besitzen, kommt
es schon einmal vor, dass verbotene Orte aufgesucht werden oder
sich mit illegalen Mitteln Zugang zu Informationen verschafft
wird. Ioria ist weit weg und der Bewahrerorden mit sich selbst
beschäftigt.
Verbündete und Feinde
Die Jünger des letzten Sehers sind ein Kult aus Ioria, deren
Vertreter glauben, dass ein Wesen am Ende der Zeit Botschaf-
ten durch das Kristallorakel sendet. Die Jünger versuchen,
die Aufmerksamkeit des Wesens auf sich zu lenken, indem
sie sich an die Fersen von Wahrheitsfindern heften, um Ein-
fluss auf prophezeite Ereignisse zu nehmen. Auch wenn den
Wahrheitsfindern die Motivation der Jünger reichlich egal ist,
haben sie wenig Interesse daran, dass jemand ihnen in die
Arbeit hineinpfuscht und versuchen daher, die lästigen Ver-
folger so gut es geht abzuschütteln.
Die Priesterschaften vieler Götter der Weisheit und des Wis-
sens, wie beispielsweise Eughos. Jarakah, Rahidi oder Egaris
sind den Wahrheitsfindern und ihrer Suche nach Erkennt-
nis gegenüber sehr aufgeschlossen. Mitglieder, die auf einer
Orakelqueste in einen ihrer Tempel einkehren, können in der
Regel mit Unterstützung rechnen.
 Das körperlose Feenwesen Niraxes, das sich meist in Form
eines funkelnden, roten Nebels manifestiert, ernährt sich
von einer Art „Schicksalskraft“. Es taucht daher an Orten
und zu Zeitpunkten auf, an denen jemand der Entschlüs-
selung einer Prophezeiung besonders nahekommt. Das Ver-
zehren der Schicksalskraft führt bei anwesenden Lebewesen
zu einer Amnesie bezogen auf das Wissen um die Prophe-
zeiung – kein Wunder also, dass Niraxes unter Wahrheits-
findern gefürchtet ist.
Eleanta Targi (Mensch, *937 LZ, gehörlos, kaltes Lächeln)
wurde vor 12 Jahren aus den Rängen der Wahrheitsfinder
verstoßen und sinnt seitdem auf Rache. Sie tut ihr Mög-
lichstes, um das Handeln der Wahrheitsfinder mit Flug-
blättern, Drohschreiben und das gezielte Platzieren von
Falschinformationen zu sabotieren. Sie ahnt nicht, dass sie
damit nur eine alte Prophezeiung erfüllt, die dereinst zur
Aufdeckung eines versteckten Iosaris-Priesters im Orden
führen wird.
Szenarioansatz
Das mertalische Handelsschiff Perlenfänger verschwand vor über
100 Jahren während eines Sturms in der Kristallsee. An Bord
war der Schildkrötenstein, ein wertvolles Relikt der Eughoskirche.
Nun haben Bewahrer durch das Kristallorakel vom bevorstehen-
den Wiederauftauchen des Schiffes erfahren und sind sich sicher,
dass das schwer beschädigte Schiff in den nächsten Wochen,
während eines heftigen Sturms nahe eines tückischen Riffs bei
den Flüsterwindinseln, erscheinen soll. Die Wahrheitsfinderin
Indea Sylas (Mensch, *946 LZ, rotes, lockiges Haar, derbes Vo-
kabular) sucht in den Häfen der Kristallsee nach wagemutigen
Abenteurern, die dem gefährlichen Sturm trotzen und mit ihr die
Perlenfänger finden, bevor das Schiff (und damit der Schildkrö-
tenstein) endgültig auf den Grund der Kristallsee herabsinkt. Aus
der Prophezeiung geht nicht hervor, was mit der ursprünglichen
Besatzung geschah und ob sie gar noch am Leben ist. Erreichen
die Abenteurer nach gefahrvoller Überfahrt das auf See treibende,
scheinbar völlig unbeschädigte Schiff, stellen sie fest, dass sich
niemand an Bord befindet. Auch vom Schildkrötenstein fehlt
jede Spur. Ein plötzlich auftauchender Sturm befördert die Per-
lenfänger und alle, die sich an Bord befinden, in das Reich einer
selbst ernannten Feenkönigin namens Eshrilla, die in ihrem Ko-
rallenpalast sowohl die Mannschaft, als auch das Relikt in ihrem
Besitz hält.
Einen Wahrheitsfinder spielen
In ganz Lorakis unterwegs und stets auf Reisen sind Wahr-
heitsfinder die geborenen Abenteurer. Da sie ihre Reisen
nicht selten in gefahrvolle Gegenden führen, schließen sich
Wahrheitsfinder häufig Gruppen von anderen Abenteurern
an. Befindet sich ein Wahrheitsfinder auf einer Orakel-
queste, hat diese allerdings Priorität und wird eine zentrale
Motivation des Abenteurers sein – insbesondere, wenn es
sich dabei um eine Prophezeiung handelt, die zu einem be-
stimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort eintreten
soll. Wenn ein Wahrheitsfinder einmal keine aktive Orakel-
queste verfolgt, wird er dennoch mit offenen Augen durch
die Welt gehen und nach prophetischen Omen, Zeichen
und anderen Hinweisen auf das Wirken der Götter Aus-
schau halten – und kaum einem Rätsel widerstehen kön-
nen. Er wird Aufzeichnungen von seinen Erkenntnissen
anfertigen, um diese dann beizeiten nach Ioria zu senden
oder persönlich bei einem Besuch im Manteion abzuliefern.
Die Mustersucher im Speziellen gehen mit offenen
Augen durch die Welt, nehmen mit großer Detailver-
liebtheit Orte, Wetterphänomene und Objekte unter
die Lupe, um nach Mustern zu suchen, die zu ihrer
Orakelqueste passen oder anderweitig interessant sind.
Einen Mustersucher dabei zu beobachten, wie er mi-
nutenlang auf ein Stück Eichenrinde blickt, in dem er
eine ungewöhnliche Maserung entdeckt hat, hat schon
den ein oder anderen seiner Begleiter am Verstand des
Wahrheitsfinders zweifeln lassen.
Stichpunkte zur Ausgestaltung
Tracht: Umhängetasche aus Leder mit dem Schildkrö-
tensymbol des Bewahrerordens, Leitkristall
Bevorzugte Ausbildungen: Entdecker (Wahrheitsfinder),
Priester des Wissens
Bevorzugte Schwächen: Detailversessenheit (vor allem
Mustersucher), Neugier, Wissensdurst
Wichtige Fertigkeiten: Diplomatie, Empathie, Geschich-
te und Mythen, Länderkunde, Wahrnehmung,
Wichtige Magieschulen: Erkenntnismagie, Schicksalsmagie
Ausbildungsvariante: Wahrheitsfinder
(Variante des Entdeckers)
Diese Ausbildungsvariante finden Sie in Splittermond:
Die Regeln auf S. 57.
117
 Die Weißen Wächter
fromme Streiter der Rechtschaffenheit
Das Orakel, der Bewahrerorden und die Innere Stadt Iorias wer-
den von den Weißen Wächtern geschützt. Sie dienen dem recht-
schaffenen Gott Theris und nur die frömmsten Anwärter werden
für die strenge Ausbildung überhaupt akzeptiert.
Sie sind in Geist und Körper gestählte Krieger, die für die Werte
ihres Gottes rigoros eintreten. Dabei sehen sie sich selbst als „Un-
würdige“, die die große Ehre der Bewachung des Orakels nicht
verdient haben, weshalb sie auch jeder Weisung der Priester des
Bewahrerordens folgen.
Hintergrund
Die Legende von der Gründung der Weißen Wächter besagt, dass
sich in der Zeit nach dem Mondfall die ehemaligen Diener der
Drachlinge sich erbitterte Kämpfe um die Schätze und die Ho-
heit über die Stadt lieferten. Nach einem Tag besonders brutaler
Auseinandersetzungen offenbarte sich der Gott Theris schließlich
einer Gruppe von zwölf Kämpfern, die schon zuvor jeder auf ei-
gene Faust für den Rückgewinn der Ordnung gestritten hatten.
Gemeinsam scharten sie Gleichgesinnte um sich und säuberten die
Innere Stadt von allen Kriegsherren. Daraufhin unterwarfen sich
die zwölf Streiter und ihre Anhänger wie von ihrem Gott befohlen
den Priestern des Eughos und der Jarakah, die ihnen ihrerseits für
alle Zukunft den Schutz der Inneren Stadt, des Orakels und seiner
Diener übertrugen.
Erst im Jahr 100 LZ wurde der Orden der Wei-
ßen Wächter schließlich offiziell gegründet und
hat seitdem stets die Mauern der Inneren Stadt
bemannt. Die letzten Jahrhunderte ken-
nen zahlreiche Geschichten von Ruhm
und Ehre, etwa als 427 LZ eine Schar
Weißer Wächter eigenhändig einen
hohen Diener der Iosaris daran
hinderte, das Orakel auf ewig zu
zerstören – unter bereitwilliger
Aufgabe ihres eigenen Lebens.
Auch der Schutz des Bewahrer-
ordens während der Pilgerun-
ruhen von 650 LZ sowie die
Vertreibung des Hohen Dra-
chen Sufulgar, der das Orakel
im Sommer des Jahres 792 LZ
besetzt hielt, gelten als Glanzstun-
den des Ordens. Weniger gerne den-
ken die Weißen Wächter hingegen an
das Färbermassaker von 913 LZ, als
ein größerer Trupp Ordenskrieger die
Proteste der hungernden Bewohner des
Färberviertels blutig niederschlug – eine
Tat, die vom damaligen Weißen Marschall
und vom Bewahrerorden scharf gerügt wur-
de und die das öffentliche Bild der Wächter in
und um das Färberviertel bis heute belastet.
118
Motivation
Die Weißen Wächter übernehmen alle Aufgaben, zu denen sie
von den Bewahrern eingeteilt werden – über allem steht dabei
jedoch immer der Schutz des Orakels. Sie sehen sich als heilige
Kämpfer des allen Göttern geweihten Kristallorakels und als letz-
te Verteidigungslinie, das Orakel sowie den Bewahrerorden vor
allen Gefahren zu schützen.
Ziele
Das Orakel und seine Priester schützen, sowie den ordnungs-
gemäßen Ablauf von Prophezeiungen sicherstellen.
Die Sicherheit auf den Straßen der Inneren Stadt gewähr-
leisten und die öffentliche Ordnung aufrechterhalten, damit
daraus keine Bedrohungen für die Herrschaft der Bewahrer
und das Orakel entstehen können.
Die Aquädukte, die das Trinkwasser in die Innere Stadt trans-
portieren, schützen, die Transport- und Versorgungswege
freihalten und auch sonst dafür sorgen, dass es in Ioria zu
keinen Engpässen an Nahrung oder Trinkwasser kommt.
Die Ordnung in der Unterstadt zumindest insoweit sicher-
stellen, dass dortige Unruhen die Innere Stadt und das Ora-
kel nicht bedrohen.
Sicherstellen, dass keine Diener der Iosaris oder anderer fins-
terer Götter den Bewahrerorden unterwandern oder Einfluss
auf das Orakel gewinnen.
Die Kristallchroniken samt der darin lagernden Orakelsprü-
che vor Zerstörung und Manipulation schützen.
Hierarchie
und Struktur
Um das Orakel besser
schützen zu können,
wurden die Aufgaben
der Weißen Wächter in
drei Bereiche, sogenannte
Häuser, unterteilt. Das Haus
des Inneren ist das größte der Häuser und für den
reibungslosen Ablauf des Lebens der Inneren
Stadt zuständig. Dazu zählen zwar auch Boten-
gänge und andere kleinere Aufgaben für die Pries-
ter des Eughos oder der Jarakah, vor allem aber das
Patrouillieren in den Straßen und überwachen der
Pilgerströme.
Das Haus der Mauern ist für die Bemannung und Instand-
haltung der Stadtmauern zuständig. Die teilweise
Jahrtausende alten Befestigungen brauchen viel
Pflege, um optimal zu funktionieren und auch
wenn schon seit langer Zeit keine Armee mehr vor den
Toren Iorias stand, sind die Weißen Wächter doch vorberei-
tet. Auch die Bewachung der Kanalisation und der Kerker-
zellen, die unterhalb der Stadtmauern liege, fallen in ihren
Aufgabenbereich.
Das Haus des Äußeren schließlich ist das kleinste der Häuser und
für alle Belange außerhalb der Inneren Stadt zuständig. Dies be-
zieht sich auf die Unterstadt Iorias, die Aquädukte, aber auch auf
den gesamten Rest von Lorakis. Dabei erfordert es einen offiziel-
len Auftrag oder Patrouillendienst um die Stadtmauern der Inne-
ren Stadt überhaupt zu verlassen. Die Sicherheit der Unterstadt
Iorias ist dabei ausdrücklich nicht das Aufgabengebiet der Wei-
ßen Wächter. Einzig wenn die Abläufe der Inneren Stadt durch
Vorgänge in der Unterstadt gefährdet werden, greifen die Weißen
Wächter gezielt (und mitunter hart) ein.
Die Kommandostruktur der Weißen Wächter ist pyramidenför-
mig aufgebaut. An der Spitze steht derzeit die Weiße Marschallin
Revenya Darea. Direkt darunter finden sich die drei Weißen Ge-
neräle der drei Häuser.
Darunter existieren weitere Ränge für jene Wächter, die über
größere und kleinere Gruppen befehligen und spezielle Auf-
gaben im Orden übernehmen. Zwar ist jeder Wächter immer
konkret einem Vorgesetzten unterstellt, es müssen aber allge-
mein alle Befehle höhergestellter Wächter sowie von Bewah-
rern befolgt werden – auch in dem festen Vertrauen darauf,
dass keine dieser Gruppen eine solche Befehlsgewalt missbrau-
chen würde.
Ressource Rang
Wert Titel Bedeutung
1 Wächter einfaches Ordensmitglied
2 Wachführer Anführer einer Patrouille
3 Hauptmann/-frau Offizier mit besonderen Vollmachten
4 General Führer eines der drei Häuser des Ordens
5 Marschall Anführer der Weißen Wächter
Ge- und Verbote
Die folgenden Ge- und Verbote gelten für alle Weißen Wächter
gleichermaßen und werden schon während der Ausbildung allen
Rekruten eingebläut:
Sprich die Wahrheit oder schweige!
Sei gehorsam gegenüber jenen, die über dir stehen!
Gehe keine Verbindungen ein, die deine Loyalität zu Theris
und dem Orakel gefährden können!
Verhalte dich respekt- und ehrenvoll, denn du bist der Orden
und deine Ehre ist seine Ehre!
Berausche dich nicht an Substanzen, die deine Wacht be-
einträchtigen könnten – finde deinen Rausch in Gebet und
Meditation!
Binde dich nicht an Gegenständliches, besitze nur, was für
deine Aufgabe nötig ist!
Strebe danach, Theris stets ein würdiger Diener zu sein und
dich der Ehre seiner Gunst würdig zu erweisen!
Mitglieder
Allein wer in seinem Innersten bereit ist, den Werten des Gottes
Theris mit aller Kraft zu dienen, wird zur Ausbildung im Orden
der Weißen Wächter überhaupt zugelassen. Die Auszubildenden
durchlaufen eine mehrere Jahre dauernde Ausbildung zum Krie-
ger und absolvieren viele Stunden mit Studien zur Geschichte
des Ordens und des Orakels. Die Ausbildung wird mit einer
schlichten Zeremonie beendet, in der zum ersten Mal die graue
Trainingsausrüstung gegen die weiße Plattenrüstung des Ordens
getauscht wird – und meist auch die Weihe zum Priester des The-
ris erfolgt.
Jedes Jahr am Tag der Helden, dem 12. Tag des Nebelmonds, ist es
jedem gestattet, sich zur Ausbildung zu bewerben. Auf den großen
Exerzierplatz vor dem Hauptgebäude des Ordens passen dafür hun-
derte Bewerber. Dabei spielen weder Alter noch Geschlecht oder
Rasse irgendeine Rolle – wichtig ist einzig und allein, ob man die
erste Woche übersteht und wie das Urteil der Prüfer danach ausfällt.
In dieser Woche werden die Kandidaten an ihre physischen und
psychischen Grenzen gebracht. Stete körperliche Ertüchtigung
wechselt sich ab mit komplexen Fragestellungen über sehr unter-
schiedliche Themen. Dabei gibt es kaum Ruhepausen, nur sehr
wenig Nahrung und alles findet unter freiem Himmel statt. Trotz
dieser harten Aufnahmebedingungen ist der Exerzierplatz jedes
Jahr voll besetzt. Viele der Ärmsten versuchen, ihrem Elend zu
entfliehen, indem sie Teil des Ordens werden, aber auch viele, die
in ihrem Leben ein klares Ziel oder eine Struktur suchen, sehen
in den Weißen Wächtern ihre Bestimmung.
Der Schutz des Orakels und der Inneren Stadt fordern immer
wieder sehr hartes Durchgreifen, wie zum Beispiel gegen Bett-
ler, die die Pilgerstraßen blockieren, oder gar gegen Unruhen in
der Unterstadt an den Toren zur Inneren Stadt. Selbst wenn sie
persönlich vielleicht Milde walten lassen würden, müssen Wei-
ße Wächter hart, direkt und teilweise blutig gegen diese Stö-
rungen der Ordnung vorgehen, ein Zwiespalt, an dem immer
wieder einige ihrer Mitglieder verzweifeln.
Patrouillen innerhalb der Stadt bestehen normalerweise aus zwei
bis sechs Weißen Wächtern, nur in größeren Einsätzen übernimmt
jeweils ein Hauptmann oder eine Hauptfrau das Kommando über
die Ordensgeschwister. Obwohl die Weißen Wächter über tausend
Köpfe zählen, ist ihre Anzahl im Vergleich zu den Menschenmas-
sen, die in Ioria leben, nicht sehr groß. Ein Einfluss auf die Vor-
gänge der Unterstadt ist somit nicht nur für sie weniger wichtig
als der Schutz der Inneren Stadt, sondern logistisch für die Weißen
Wächter auch gar nicht möglich.
Bedeutende Angehörige
Revenya Darea (Mensch, *949 LZ, stets ernster Gesichtsaus-
druck, Narbe auf der linken Wange) ist die Weiße Marschallin
der Weißen Wächter. Sie ist als Straßenkind in Ioria aufge-
wachsen und ist durch die Hilfe eines mysteriösen Mentors
zu einer beeindruckenden Schwertkämpferin und Entdecke-
rin geworden. Sie überstand die Woche auf dem Exerzierplatz
ohne Mühe und beeindruckte ihre Prüfer zutiefst, sodass sie
bereitwillig in den Orden aufgenommen wurde. Sie hat stets
den Blick für die Gesamtsituation der Inneren Stadt und des
Orakels und würde ohne zu zögern sich selbst und ihre Un-
tergebenen opfern, wenn es ihre Aufgabe erfordert.
119
 Helion „der Pilger“ (Mensch, *957 LZ, charismatische Aus-
strahlung, wirkt stets leicht entrückt) ist ein Weißer Wächter,
der vor einigen Jahren, nach monatelangem Fasten, im Ge-
bet die Weisung erhielt, Lorakis zu bereisen und verderbte,
heilige Orte zu reinigen. Dafür sucht er auch immer wieder
die Unterstützung der lokalen Bevölkerung oder reisender
Abenteurer.
Lamuk Ulmanna (Zwerg, 922 LZ, sehr intelligent, handelt
mit Bedacht) kam als schaschbarischer Pilger zum Orakel
und blieb schließlich in der Stadt, wo er in den Rängen der
Weißen Wächter bis zu einem der Weißen Generäle aufstieg.
Auch wenn die Unterstadt Iorias offiziell nicht Teil des Aufga-
benbereiches der Weißen Wächter ist, ist der Zwerg dennoch
stets gut informiert darüber, was dort geschieht, sodass mög-
liche Gefahren für die Innere Stadt oder das Orakel frühzeitig
erkannt werden können. Sein Interesse rührt auch daher, dass
viele Pilger aus fernen Landen nach einer Reise zum Orakel
in der Unterstadt „stranden“ und er den Wunsch hat, das Le-
ben dieser Unglückseligen zu verbessern – so wie die Weißen
Wächter sein Leben verbessert haben. Er teilt seine Informa-
tionen daher bereitwillig mit reisenden Abenteurern, wenn
er nicht in der Lage ist, Wächter auf ein Problem anzusetzen.
Lukan Seehof (Mensch, *965 LZ, gutaussehend, reinlich,
wohlklingende Stimme) ist ein ehemaliger Minnesänger aus
Selenia, der seine Bestimmung bei den Weißen Wächtern
gefunden hat. Gerüchten zufolge hat er bei einem Minne-
wettstreit die Frau eines Barons vor den Augen der Adligen
verführt und befindet sich seitdem auf der Flucht. Böse Zun-
gen behaupten gar, er hätte es geschafft, dem gesamten Or-
den der Weißen Wächter seinen frommen Lebenswandel nur
vorzuspielen, und er warte in der Sicherheit des Ordens bloß
darauf, dass er in seiner Heimat nicht mehr gesucht wird.
Ressourcen und Mittel
Die Weißen Wächter werden durch den Orden der Bewahrer fi-
nanziert, daher ist stets genug Geld für wichtige Anschaffungen
vorhanden. Der Hauptteil des Geldes wird dabei in die Ausbil-
dung und Ausrüstung der Wächter sowie den Erhalt der Stadt-
mauern gesteckt.
Streiter des Theris
Ein Weißer Wächter schont weder sich noch andere, wenn es dar-
um geht, das Orakel oder den Bewahrerorden zu schützen. Dabei
geht er nicht nur im Wissen um die göttliche Gunst gegen die
Feinde des Ordens vor, sondern auch im Vertrauen darauf, dass
seine Brüder und Schwestern immer treu an seiner Seite stehen.
AUS BEW INT KON MYS STÄ VER WIL
2 4 3 4 2 5 2 6
GK GSW LP FO VTD SR KW GW
5 10 10 16 27* 1 26 22
Waffen Wert Schaden WGS INI Merkmale
Langschwert 19 1W6+6 8 4−1W6 Scharf 2
*mit dem Merkmal Standfest
120
Typus: Humanoider
Monstergrad: 2 / 1
Fertigkeiten: Akrobatik 15, Athletik 17, Diplomatie 8, Empathie
10, Entschlossenheit 14, Heimlichkeit 8, Wahrnehmung 18, Zähig-
keit 19, Kampfmagie 13, Schutzmagie 10
Zauber: Kampf I: Felsgeschoss; II: Einfrieren, Waffe des Lichtes;
Schutz 0: Kleiner Magieschutz; I: Rindenhaut; II: Eiserne Aura
Meisterschaften: Klingenwaffen (I: Abdrängen, Umreißen, Vertei-
diger; II: Klingenwirbel, Riposte), Akrobatik (I: Stehaufmännchen),
Entschlossenheit (I: Eiserner Wille), Wahrnehmung (I: Umge-
bungssinne [Stadt]), Kampfmagie (I: Gezielte Zauber)
Beute: Langschwert Q2 (Schaden +2; 40 L), Leichte Plattenrüs-
tung Q2 (Behinderung −1; 65 L), Großschild (7 L)
Anmerkung: Wenn ein Weißer Wächter ohne Schild kämpft, ver-
ringert sich seine Verteidigung um 1, seine Werte in allen Fertig-
keiten, in die BEW eingeht, erhöhen sich um 1 Punkt. Sollte er mit
seinem Schild eine Aktive Abwehr durchführen (Wert 17), erhält
er bei Gelingen zwei zusätzliche EG.
Die Waffen der Zwölf
Die Waffen der ersten zwölf Streiter, die Theris zur Verteidigung
der Stadt einte, sind noch immer im Besitz des Ordens und wer-
den nach wie vor verwendet. Wenn ein Träger einer der Waffen
stirbt, wird sie bei der Abschlusszeremonie des nächsten Ausbil-
dungsjahrgangs an den vielversprechendsten Kandidaten wei-
tergegeben. Der Legende nach tragen die Waffen das Wissen all
ihrer vorherigen Besitzer in sich, und wenn der neue Träger treu
zu Theris’ Werten steht, wird ihm dieses Wissen ebenfalls zuteil.
Regeltechnisch bedeutet dies, dass diese Waffen die le-
gendäre Kraft Wissen der Ahnen (Mondstahlklingen S.
103) besitzen und über die Ressource Relikt mit zwei
Punkten erworben werden können. Diese Waffen sind
dem Orden der Weißen Wächter sehr wichtig und es
kam schön öfter vor, dass Abenteurer mit tadellosem
Ruf angeheuert wurden, um den Verbleib einer dieser
Waffen in Erfahrung zu bringen, wenn beispielsweise
ein Wächter von einer Mission außerhalb der Stadt-
mauern nicht zurückgekehrt ist.
Vorgehen
Der Schutz des Orakels und der Inneren Stadt ist das wichtigste
Ziel der Weißen Wächter und dieses Ziel wird auf dem direk-
testen Weg verfolgt. Befehle werden ohne zu zögern ausgeführt,
Angreifer werden schnellstmöglich und effizient ausgeschaltet,
Störenfriede ohne Umschweife in die Kerker geworfen. Dabei
gilt es, die Befehle der Bewahrer nicht zu hinterfragen, um so
gar nicht erst das heilige Orakel durch Zögerlichkeit in Gefahr
zu bringen.
Die meisten Weißen Wächter haben dieses Vorgehen so verinner-
licht, dass sie auch auf alle anderen Probleme reagieren, indem
sie zuerst handeln, jegliche Bedrohung ausschalten und anschlie-
ßend Fragen stellen. Bevorzugt suchen sie sich dabei eine ehren-
hafte Autoritätsperson, auf deren Befehle sie sich verlassen.
Weiße Wächter reagieren zwar in der Inneren Stadt oft abwei-
send auf Einmischung durch reisende Abenteurer in irgendwel-
che Probleme, sehen dies in der Unterstadt aber oft anders. Zum
einen sind die Probleme der einfachen Leute nicht so wichtig und
bedeutsam für die Sicherheit des Orakels, zum anderen ist ihnen
durchaus klar, dass ihre Zahl nicht groß genug ist, um außerhalb
der Stadtmauern wirklich auf jedes Problem reagieren zu können.
Verbündete und Feinde
Der wichtigste Verbündete der Weißen Wächter ist der
Bewahrerorden. Die beiden Organisationen sind in ihrer
Struktur zwar getrennt, doch erfordern viele Ereignisse des
alltäglichen Lebens eine enge Zusammenarbeit. So verhaf-
ten die Weißen Wächter etwa die Verbrecher der Stadt und
sperren sie ein, damit die Bewahrer über sie Recht sprechen
können – während die Wächter schließlich das Urteil wieder
vollstrecken. Auch finanziell sind die Weißen Wächter voll-
ständig abhängig vom Bewahrerorden, ganz zu schweigen
von der Befehlsgewalt, die ein Priester der Bewahrer über je-
des Mitglied der Weißen Wächter besitzt.
Die Portalgilde ist, wenn auch kein direkter Feind, doch ein
Konkurrent der Weißen Wächter, da sie das Gebiet um das
Mondportal für sich beanspruchen und die Autorität der
Weißen Wächter nur eingeschränkt anerkennen. Zu hand-
festen Auseinandersetzungen kommt es zwar nur selten, eine
echte Zusammenarbeit der beiden Organisationen gibt es
jedoch kaum, sodass schon der ein oder andere Verbrecher
versucht hat, seiner gerechten Strafe zu entkommen, indem
er das Mondportal erreichte.
Der reiche Händler Elios Veherun (Mensch, *945 LZ, hoch-
gewachsen, volles schwarzes Haar mit grauen Strähnen, cha-
rismatisch) pflegt enge Kontakte in eher zwielichtige Kreise
der äußeren Viertel und versucht daher, den Einfluss der
Weißen Wächter durch politische Kampagnen einzuschrän-
ken: Er stellt die Wächter als übermäßig gewalttätig dar, als
Moralapostel ohne Bezug zum Leben in einer Metropole wie
Ioria sowie als die eigenen Regeln oft überdehnend. Er hat
dabei schon so viel Unterstützung angesammelt, dass auch
einige Bewahrer bereits dafür plädieren, den Orden nicht „die
Ruhe in der Stadt stören zu lassen“.
Szenarioansatz
Valria Tholis (Albin, *814 LZ, fachmännisch, direkt, viele Werk-
zeuge am Gürtel), die Generalin der Mauern heuert die Aben-
teurer an, um sich um ein Problem zu kümmern, welches bisher
keine Aufmerksamkeit der Bewahrer bekommen hat. Die Kana-
lisationen unterhalb der Stadt werden immer unsicherer, immer
wieder gehen einige der Rattlinge, die dort arbeiten, verloren.
Tatsächlich haben die Arbeiten der Rattlinge einen Gargyl (siehe
Splittermond: Die Regeln S. 270) aufgeweckt, der noch gemäß
eines Auftrag aus grauer Vorzeit jeden umzubringen versucht,
der sich seinem „Reich“ nähert. Hinweise auf den „schrecklichen
Stein mit scharfen Klauen“ können nach eingehender Befragung
der rattlingischen Arbeiter herausgefunden werden. Valria bittet
die Abenteurer anschließend, mit dem Gargyl Kontakt aufzu-
nehmen und zu versuchen ihn davon zu überzeugen, mit den
Weißen Wächtern zusammenzuarbeiten. Falls dieser Versuch
fehlschlägt, gilt es den Gargyl zu erschlagen. Der Gargyl nennt
sich Steineisenreißer und würde sich tatsächlich dazu bereit erklä-
ren, für die Weißen Wächter zu arbeiten, sofern dies nicht seiner
Bewachung des Kanalisationsabschnittes gegen „Feinde der Ord-
nung“ zuwiderläuft – allerdings versteht und spricht er einzig die
Lingua Dracis.
Einen Weißen Wächter spielen
Generell betrachtet sich ein Weißer Wächter als ei-
ne Waffe, die allerdings vom Bewahrerorden geführt
wird, wodurch er mit reinem Gewissen handeln kann:
Schließlich trifft ja das Schwert keine Schuld, wenn mit
ihm jemand getötet wird.
Sollte ein Weißer Wächter sich eine längere Zeit weit
entfernt von Ioria aufhalten, muss er lernen, selbst wich-
tige Entscheidungen zu treffen, was häufig eine gewisse
Naivität offenbart. Generell ist ihm jedoch eingebläut
worden, das letzte Urteil anderen zu überlassen, sodass er
durchaus in der Lage ist, sich an Situationen anzupassen.
Das Säubern und Pflegen der Rüstung und Waffe wer-
den schon während der Ausbildung zur zweiten Natur,
und so sorgfältig, wie sie mit ihrer Ausrüstung umge-
hen, behandeln Weiße Wächter auch ihre Kampfge-
fährten. Schließlich ist es wichtig, dass jeder in einem
Konflikt seine Rolle korrekt ausführt. So sind sie bis-
weilen sogar recht empathisch und versuchen, die Pro-
bleme ihrer Gefährten zu lösen, damit diese in einem
Kampf nicht abgelenkt sind.
Ein Weißer Wächter ist eng in die Hierarchie seines Or-
dens eingebunden und daher – von Kampagnen inner-
halb Iorias einmal abgesehen – nicht unbedingt einfach
in eine Abenteurergruppe zu integrieren. Ein solcher
reisender Weißer Wächter könnte etwa als Leibwächter
eines Gruppen-Bewahrers agieren oder aber aufgrund
eines Orakelspruchs in die Ferne geschickt worden sein.
Vielleicht handelt es sich aber auch gar nicht um ein
aktives Mitglied des Ordens, sondern um einen ehema-
ligen Weißen Wächter, der zu milde auf das Verbrechen
eines Straßenkindes reagiert hat und nun den Orden
verlassen hat.
Stichpunkte zur Ausgestaltung
Tracht: weiße Rüstung; weißer Umhang mit darauf ab-
gebildetem grauen Seeadler
Bevorzugte Ausbildungen: Glaubenskrieger (Weißer
Wächter)
Bevorzugte Schwächen: Eitelkeit, Fanatiker, Gehorsam,
Hochmut
Wichtige Fertigkeiten: eine Kampffertigkeit, Athletik,
Geschichte und Mythen, Wahrnehmung, Zähigkeit
Wichtige Magieschulen: Kampfmagie, Schutzmagie
Ausbildungsvariante: Weißer Wächter
(Variante des Glaubenskriegers)
Diese Ausbildungsvariante finden Sie in Splittermond:
Die Regeln auf S. 58.
121
 Der Wyrmbann-Orden
Streiter wider alles Drachische
Seit mehr als tausend Jahren bekämpft der Zwingarder Wyrm-
bann-Orden das Erbe der Drachlinge – und ist damit eine der
ältesten Organisationen von ganz Lorakis. Entstanden aus dem
Aufstand der Vorfahren der heutigen Zwingarder gegen die
Drachlinge, beschützen die Wyrmbann-Ritter ihre Heimat noch
heute vor Drachen, Drachlingen, Wyvern und anderen Kreatu-
ren – und erforschen gleichzeitig deren uralte Geschichte. Die
Aufgaben des Wyrmbann-Ordens sind vielfältig: Sie sind Krieger,
Gelehrte und Weise, aber sie alle eint das Ziel, zu verhindern, dass
die dracurische Bedrohung wieder an Macht gewinnt.
Hintergrund
An wenigen Orten in Lorakis war der Aufstand gegen die Drach-
linge so stark wie in Zwingard. Schon Hunderte von Jahren vor
dem Mondfall lehnten sich dort Rebellen gegen ihre Herrscher
auf und kämpften für ihre Freiheit. Wirkliche Aussicht auf Er-
folg hatten sie jedoch erst im Jahre 30 vor dem Mondfall: In
dieser Zeit entstand der Wyrmbann-Orden.
Der Wyrmbann-Orden sammelte die Kräfte der Region um sich
und stellte sich den Drachlingen entgegen.
Der Kampf dauerte Jahrzehnte, aber durch Heldenmut und das
Glück des Mondfalls, der die Drachlinge empfindlich schwächte,
gelang es ihnen schließlich, sich aus dem Joch zu befreien. Aus
den versprengten Völkern und Rebellen schmiedeten sie schließ-
lich das Reich Zwingard – und traten ihre Wacht an.
Noch heute bekämpft der Orden nicht nur alles
Drachische, wann immer es sein geschupptes
Haupt erhebt, sondern sieht es auch weiter-
hin als wichtige Aufgabe, die Einigkeit
Zwingards zu wahren.
122
Die Gründung Wintholts
Heute ist vielerorts nahezu vergessen, dass die Grün-
dung Wintholts auf den Wyrmbann-Orden zurückgeht.
Als keine hundert Jahre nach dem Mondfall Berichte
über den mächtigen Eisdrachen Kaerakh nach Zwin-
gard drangen, der das Gebiet des heutigen Wintholts
bedrohte, brachen zahlreiche Wyrmbann-Ritter auf, um
Dragoreas Norden zu schützen. Auf dem Weg schlossen
sich immer mehr Tapfere an, bis schließlich ein vieltau-
sendköpfiger Zug die nördlichen Wälder erreichte und
ein Bündnis mit den dortigen Alben schloss. Dies legte
den Grundstein für das Königreich Wintholt – und so
ist es wenig überraschend, dass manch alte Wintholter
Familie ihren Stammbaum auf eine Wyrmbann-Ritte-
rin zurückführt und manch Wintholter Ritter die Ideale
eines verehrten Recken des Ordens teilt.
Motivation
An der Motivation des Wyrmbann-Ordens hat sich wenig geän-
dert: Er wurde gegründet, um das Joch der Tyrannen abzustreifen
und ein unabhängiges Reich zu schaffen. Um dies zu bewahren,
schützt der Wyrmbann-Orden nicht nur das Land vor dem dra-
curischen Erbe, sondern interpretiert seine Rolle auch aktiver:
Nur ein geeintes Zwingard ist ein starkes Zwingard, und so ist
der Orden immer eine Stimme der Mahnung gewesen, um in-
ner-zwingardische Streitigkeiten beizulegen. Heutzutage nimmt
der Rittmeister des Ordens, einer der fünf bedeutendsten Heristen
(Hochadligen) des Landes, häufig die Rolle des Vermittlers ein.
Wichtigste Aufgabe ist aber weiterhin die Bekämpfung des
Drachlingserbes, wobei dieser Begriff weit gefasst ist: In ihren
Augen gehören hierzu die äußerst seltenen Sichtungen tat-
sächlicher Drachlinge ebenso wie
das Auftauchen von (niederen oder hohen) Drachen, der Kampf
gegen drachenartige Wesen wie Wyvern oder ehemalige Dienerkre-
aturen der Drachlinge sowie die Bergung und Sicherstellung dracu-
rischer Artefakte.
Strömungen innerhalb des Ordens
Obwohl der Wyrmbann-Orden nicht sonderlich groß ist, haben
sich in den vergangenen tausend Jahren doch drei klare Strömun-
gen herausgebildet. Die Skirmi (Verteidiger) sind die älteste und die
heute noch verbreitetste Strömung. Ihre Anhänger sehen den Kampf
gegen „das Wyrm“ weiterhin als oberste Pflicht und sind der Ansicht,
dass dessen Hinterlassenschaften restlos vernichtet werden müssten.
Anderer Meinung sind die Sagi (Forscher): In ihren Augen soll-
te dieser Kampf mehr mit Verstand als mit Vernichtung geführt
werden, indem man die Macht der Drachlinge und ihrer Artefak-
te erforscht, um ihre Schwächen zu entdecken oder ihre eigene
Macht gegen sie zu wenden. Einst nur eine Splittergruppe unter
den Wyrmbannlern, hat sie seit der Ernennung von Thedela der
Siegreichen zur Rittmeisterin Auftrieb erfahren.
Erst seit rund hundert Jahren existiert die Swarmbann-Strömung, de-
ren Mitglieder davon überzeugt sind, dass das Drachlingserbe größten-
teils besiegt ist und sich der Wyrmbann-Orden einer neuen Aufgabe
widmen sollte: Dem aktiveren Kampf gegen die Orkbedrohung.
Die Anhänger der unterschiedlichen Denkweisen sind sich nicht
immer einig, und bei Thingen kann es gar zu Streitigkeiten kom-
men, die im Extremfall in (bisher selten tödlichen) Zweikämpfen
münden. Zunehmend werden auch Stimmen von außerhalb des
Ordens laut, die die Fixierung der Wyrmbannler auf das Drach-
lingserbe kritisieren und fordern, sie sollten sich stärker mit der
orkischen Bedrohung befassen. Bei einigen Zwingardern haben
die Wyrmbannler daher bereits an Ansehen verloren. Zieht je-
doch Gefahr auf, sind die Meinungsverschiedenheiten schnell
vergessen – und die Wyrmbannler stehen Schulter an Schulter.
Ziele
Wann immer ein drachisches Wesen auftaucht, rufen die Wyrm­
bannler zur Jagd. Dazu gehört auch, dass sie andere in den
entsprechenden Kampftechniken unterrichten, dabei helfen,
Festungen „drachensicher“ zu machen oder Geschütze bauen.
Ebenso fällt die Bekämpfung von Personen und Kreaturen, die
mit Drachen oder Drachlingen im Bunde sind oder sich deren
Macht bedienen, unter dieses Ziel.
Der Wyrmbann-Orden sammelt dracurische Artefakte, ent-
weder, um sie zu zerstören, oder um sie in der Ordensburg
Wyrmtrutz aufzubewahren und zu erforschen.
Die Wyrmbannler sind der Sicherheit Zwingards verpflichtet.
Kommt es zum Krieg – gegen andere Reiche oder gegen die Orks
– stehen sie bereit, ihre Heimat mit allen Mitteln zu verteidigen.
Noch heute sehen die Wyrmbannler es als ihre Aufgabe, da-
für zu sorgen, dass kein Tyrann sich über Zwingard erhebt
– sei er geschuppt oder nicht.
Die Wyrmbannler starten regelmäßig Züge, um die Bedro-
hung der Wyvern so weit wie möglich zurückzudrängen und
ihre Nester im Riesheim zu zerstören.
Besonders entlang des Riesheim bauen die Wyrmbannler ihr
Festungsnetz aus, um besser gegen Gefahren aus dem Gebir-
ge gewappnet zu sein.
Hierarchie und Struktur
Während viele Ritterorden in Dragorea streng hierarchisch or-
ganisiert sind, fühlt sich der Wyrmbann-Orden dem Prinzip des
„Erster unter Gleichen“ verpflichtet. Die meisten Ordensmitglie-
der sind einander daher zumindest nominell gleichgestellt. Fra-
gen der Ausrichtung und Strategie des Ordens werden mit allen
betroffenen Ordensmitgliedern traditionell an einem runden
Tisch besprochen und durch Mehrheitsentscheidung bestätigt.
Neben dem Rittmeister, der dem gesamten Orden vorsteht und in
strittigen Angelegenheiten im Zweifel das letzte Wort hat, exis-
tieren nur die unterschiedlichen Thaine des Ordens als formelle
Titel. Thaine stehen einer der Ordensburgen vor und sind unmit-
telbar für diese und die dort angesiedelten Ordensmitglieder und
Zivilisten verantwortlich. Sie werden von den einfachen Mitglie-
dern – den Rekki (Einzahl: Rekko (m), Rekka (w)) – gewählt und
wählen ihrerseits aus ihrer Mitte den Rittmeister. Der Rittmeister
wiederum untersteht theoretisch dem Zwingarder König, ist aber
de facto nicht an dessen Weisungen gebunden.
Eine bedeutende Ausnahme für die lose Hierarchie ist der Kriegs-
fall. Dieser wird üblicherweise lokal begrenzt von den Thainen
ausgerufen, wenn eine Bedrohung – etwa ein Drache – sich nä-
hert. Geschieht dies, wandelt sich der locker strukturierte Orden
in ein streng koordiniertes Heer: Der Thain ernennt Scharführer,
genannt Skerii (Einzahl: Skerio (m), Skeria (w)), denen wiederum
die einfachen Mitglieder unterstellt sind. Im Kriegsfall wird abso-
lute Gehorsamkeit gegenüber den Skerii und dem Thain erwar-
tet. In Zeiten großer Gefahr kann der Rittmeister den Kriegsfall
für den gesamten Orden ausrufen.
Ressource Rang
Wert Titel Bedeutung
1 Rekko/-a einfaches Ordensmitglied
erfahrener
2
Rekko/-a
erprobtes Ordensmitglied mit größerem
Einfluss
3 Skerio/-a Scharführer im Kriegsfall
Vorsteher einer Abteilung in einem
4 Thain
Gildenhaus oder Gildenemissär
5 Rittmeister/-in Anführer des Ordens
Die Zwölf Helden
So flach die Hierarchie des Ordens sein mag, gibt es doch ei-
ne Gruppe von Personen, die zumindest im Ansehen über allen
anderen stehen: die Zwölf Helden. Dies sind die angesehensten
und heldenhaftesten Ritter des Ordens, die sich dreimal jährlich
in Wyrmtrutz versammeln, um sich zu beraten und Neuigkeiten
auszutauschen. In ihre Mitte aufgenommen zu werden, gilt als
die höchste Ehre, die ein Wyrmbann-Ritter erlangen kann. Hier-
zu müssen jedoch alle Thaine des Ordens und der Rittmeister
zustimmen, was so selten ist, dass die zwölf Plätze so gut wie nie
vollständig besetzt werden. Derzeit besteht die Runde nur aus der
Rittmeisterin Thedela der Siegreichen und acht weiteren Rittern
und Ritterinnen, darunter Grimeia Goldpfeil (Mensch, *946 LZ,
goldblonde Haare, begabte Sängerin), Eidur der Heiler (Mensch,
123
*934 LZ, glatzköpfig, fehlende Augenbrauen, blass), Leuthari die
Entstellte (Mensch, *958 LZ, Narbe einer Wyvernpranke quer
über das Gesicht) und Kynmar Eisenmantel (Zwerg, *840 LZ,
hervorragender Panzerreiter).
Mitglieder
Die meisten Wyrmbann-Ritter werden nicht im Orden selbst
ausgebildet, sondern treten im Laufe ihres Lebens dem Orden
bei. In den Ordensburgen, vor allem in Wyrmtrutz, kommt es
aber immer wieder vor, dass vielversprechende Jungen und Mäd-
chen als Skaro/Skara (Knappe) von einem erfahrenen Mitglied
aufgenommen werden. Diesem dienen sie bis zu ihrem 18. Le-
bensjahr, bis sie in einem feierlichen Ritual in den Kreis der Rit-
ter aufgenommen werden.
Entgegen der üblichen Vorstellung sind bei weitem nicht alle Rit-
ter des Ordens schwer gepanzerte Krieger und Kriegerinnen, aber
selbst die Gelehrten und Historiker, die die dracurische Geschichte
und Macht ergründen, verstehen sich grundsätzlich auf den Kampf.
Tracht, Waffen und Ausrüstung
Die Wyrmbannler verwenden keine einheitliche Rüstung und
Bewaffnung, aber dennoch haben sich über die Jahrhunderte
einige Traditionen herausgebildet. Weit verbreitet sind Schup-
penrüstungen, wobei nur die wertvollsten tatsächlich aus Dra-
chenschuppen bestehen. Als Waffe verwenden die Ritter häufig
den Drachenfänger (siehe Ungebrochen S. 111), einen schweren,
zweihändigen Stoßspeer, aber auch Einhandwaffen und Schilde
sind weit verbreitet. Allen – auch nicht-kriegerischen Mitglie-
dern – gemein ist der traditionelle Wappenrock des Ordens: ein
grau-silberner Überwurf mit dem Wappen der Wyrmbannler, ei-
ner Drachentöterin in Blau.
Späterer Beitritt in den Orden
Um in den Wyrmbann-Orden aufgenommen zu wer-
den, muss ein Abenteurer die folgenden Voraussetzun-
gen erfüllen:
6 Fertigkeitspunkte in einer bewaffneten Kampffer-
tigkeit, 6 Fertigkeitspunkte in Arkane Kunde oder
Geschichte und Mythen oder Jagdkunst
Willenskraft mindestens 3, Ressource Ansehen min-
destens 1
Bedeutende Angehörige
Thedela die Siegreiche (Albin, *939 LZ, Sagi, schwarzes Haar,
breitschultrig, markantes Kinn, blitzende Augen, Zornesaus-
brüche) ist seit über 30 Jahren die Rittmeisterin des Wyrm­
bann-Ordens und mit ihren Taten weit über die Grenzen
Zwingards hinaus bekannt geworden. Thedela ist eine heraus-
ragende Kämpferin mit ihrem furgandgeschmiedeten Morgen-
stern Stern der Schlucht, aber auch eine Gelehrte, die bis ins
Detail mit der Geschichte Zwingards vertraut ist. Seit einigen
Jahren bemerken die Wyrmbannler mehr und mehr Unruhe
in der Rittmeisterin, und auch ihre Zornesausbrüche haben
124
zugenommen. Noch macht ihr aber niemand ihre Position
streitig, gilt sie doch als eine der größten lebenden Heldinnen
Zwingards. Nur wenige wissen, dass der Grund für ihre Unru-
he ist, dass sie auf die Existenz uralter drachlingischer Artefakte
gestoßen ist, die ganz Zwingard gefährden könnten – es ihr
aber noch nicht gelungen ist, diese zu sichern.
Galdur aus Gedhelms Schar (Mensch, *950 LZ, Swarmbann,
schwarze Locken, breites Lächeln) zählt zu den bekanntesten
Wyrmbannlern außerhalb des Ordens, da er seit Jahren un-
ermüdlich die Grenze am Arkenir entlangreist, um den dort
stationierten Kämpfern gegen die Orks beizustehen. Dabei
treibt ihn einerseits das Bedürfnis an, die Grenze zu schützen
– andererseits aber hat er durchaus politische Absichten: Sei-
ne Präsenz an der Grenze macht ihn bei den dortigen jungen
Kriegern sehr beliebt und diese empfänglich für seine Ansicht,
dass der Wyrmbann-Orden sich mehr auf die Orks konzen­
trieren sollte. Und wenn die Krieger heimkehren, breitet sich
diese Sicht der Dinge mehr und mehr in Zwingard aus.
Ressourcen und Mittel
Mit nahezu tausend Mitgliedern ist der Wyrmbann-Orden
ein nicht zu unterschätzender Machtfaktor in Zwingard. Die
Wyrmbannler genießen die volle Unterstützung der einzelnen
Provinzen, was ihnen Zugriff auf hervorragende Schmiede und
Rüstungsbauer verleiht. Zahlreiche Handwerker und Dienstleis-
ter versorgen die Ritter kostenlos. In letzter Zeit werden auch
immer wieder Stimmen laut, die fordern, die gesammelten
Drachlingsartefakte selbst zu verwenden – noch haben sie sich
aber nicht durchsetzen können.
Für die Werte eines Ritters des Wyrmbannordens kön-
nen Sie sich an den Werten des Raubritters orientieren,
siehe Splittermond: Die Regeln S. 276.
Festungen
Der Wyrmbann-Orden betreibt mehr als ein Dutzend Festungen
in Zwingard, von denen neben Wyrmtrutz die Burg Ehufest die
bedeutendste ist. Thain Eldwara aus Alstans Schar (Zwergin, *871
LZ, langer Zopf, gastfreundlich) organisiert hier die Pferdezucht
des Ordens. Die Pferde werden zu einem symbolischen Preis aus-
schließlich an Ordensmitglieder vergeben.
Ein Wyrmbann-Pferd entspricht einem Trewamara, sie-
he Ungebrochen S. 113.
Wyrmtrutz
Die gewaltige Festungsstadt Wyrmtrutz in Zwingard bietet mehr
als 10.000 Personen ein Heim und ist seit Jahrhunderten der
Hauptsitz des Wyrmbann-Ordens. Die Stadt ist ein einziges Boll-
werk: Geschütze bewachen die mit Schutz- und Felsmagie ver-
stärkten Mauern, Ketten zwischen Türmen und Gebäuden sollen
fliegende Wesen abfangen, Spieße auf den Dächern das Landen
verhindern. In Wyrmtrutz wird auch das Heldenverzeichnis auf-
bewahrt, eine Sammlung von Sagen, Legenden und Heldenta-
ten, die zwar nicht vom Wyrmbann-Orden gepflegt, aber doch
geschützt wird.
Tief unter dem Bergfried wiederum liegen die Katakomben des
Ordens, Aufbewahrungsort unzähliger Drachlingsartefakte. Die
Katakomben werden zu jeder Zeit von mindestens 12 Rittern
bewacht, die die Zauber Wahrer Blick und Alarm gewirkt haben,
um Eindringlinge rechtzeitig zu bemerken. Die Gänge selbst sind
labyrinthisch und gezielt darauf angelegt, Einbrecher in die Irre
zu führen – ebenso wie einige drachlingsgeschaffene Bestien, die
hier zu Forschungszwecken eingesperrt sind und die möglicher-
weise ausbrechen könnten.
Politischer Einfluss
Der Einfluss des Wyrmbann-Ordens auf die Politik Zwingards ist
gewaltig. Nicht nur ist der Rittmeister des Ordens einer der fünf
Heristen, die den Zwingarder König wählen. Auch die Tatsache,
dass die Gründung des Reiches maßgeblich auf die Wyrmbann-
ler zurückgeht, verleiht ihnen eine Sonderstellung innerhalb des
Königreiches. Die Wyrmbannler machen zwar nur selten davon
Gebrauch, sind aber in der Lage, die Politik Zwingards stark zu
beeinflussen – was sie etwa im Zwist zwischen der aufstrebenden
Mondkirche und dem Alten Weg bewiesen, als sie all ihren Ein-
fluss einsetzten, um Einigung und Frieden zwischen den streiten-
den Religionen zu erwirken.
Vorgehen
Der Wyrmbann-Orden wird aktiv, wenn Gefahr von drachischen
Mächten droht. Üblicherweise ruft der Thain dann den Kriegsfall
aus (siehe oben) und schart die Wyrmbann-Ritter um sich. Die
wahre Stärke des Ordens zeigt sich im Kampf gegen Wyvern oder
Drachen: Die Wyrmbann-Ritter verwenden Geschütze, um die
Flughaut der Wesen zu zerfetzen, fesseln sie mit kettenbewehrten
Speerschleudern an den Boden und erklimmen die Bestien mit
schweren Speeren in den Händen, um ihre Panzer aufzubrechen
und sie tödlich zu verwunden.
Ansonsten organisiert der Orden vor allem Expeditionen ins
Riesheim oder in andere Gegenden, in denen sie dracurische
Umtriebe vermuten. Hierzu stellen sie Gruppen aus Experten
zusammen, die von Ordensrittern (oder verdienten Abenteurern
von außerhalb des Ordens) begleitet und beschützt werden.
Verbündete und Feinde
Seit der Krönung von König Merobaudes und der damit auf-
keimenden Freundschaft zu Selenia hat der Wyrmbann-Or-
den erste Verbindungen zum selenischen Zirkel der Zinne
geknüpft, den sie als Autorität für das dracurische Erbe anse-
hen. Obwohl sich die Wyrmbannler und die Zirkelmagier bei
weitem nicht immer über das Vorgehen einig sind, stehen sie
doch in einem regen Wissensaustausch.
Den Wächterbund hingegen würden zwar nur die konservativs-
ten Wyrmbannler als „Feind“ bezeichnen, aber die unter dem
Drachenwappen fechtenden Wächter, die bisweilen zu zwielich-
tigen Mitteln greifen (und sich nach Ansicht der Wyrmbannler
dabei auch Drachlingsmagie bedienen), sind ihnen dennoch
zutiefst suspekt. Vereinzelte Versuche der Annäherung haben
jedoch gezeigt, dass es mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede
gibt: Der Wächterbund mag einen Drachen verehren, schützt
Dragorea aber ebenso aufopferungsvoll wie die Wyrmbannler.
Szenarioansatz
Wenige Drachen Dragoreas sind so berüchtigt wie Giftfang, der Herr
des Unreichs. Da ist es wenig verwunderlich, dass eine Gruppe von
Wyrmbannlern es sich zum Ziel gesetzt hat, ihn zur Strecke zu brin-
gen. Ihnen ist bewusst, dass das ein langfristiger Plan ist, und ebenso
gehen sie ihn an: Mit Hilfe einiger Experten starten sie zunächst eine
Expedition ins Unreich, um Wissen zu sammeln und den richtigen
Standort für eine Burg als Basis zu bestimmen. Ist dieser gefunden,
warten weitere Probleme: Neben den Gefahren des Unreichs müs-
sen sie sich mit der Herausforderung auseinandersetzen, Arbeiter
und Material zu beschaffen – ganz abgesehen von den Spannungen
mit Selenia und Patalis, die ein solches Unterfangen vielleicht als
Zwingarder Außenposten betrachten würden. Und wieso erzählen
die Arbeiter auf der Baustelle der Burg schon bald von wiederkeh-
renden Träumen über sich windende Schlangenleiber?
Einen Wyrmbannler spielen
Mit ihrer Tapferkeit, ihrer Kampfkraft und ihrem Hang
zur Kameradschaft eignen sich Ritter des Wyrmbann-Or-
dens gut als Abenteurer, auch wenn ihre Verpflichtung
gegenüber Zwingard es auf den ersten Blick unwahr-
scheinlich macht, dass sie ihre Heimat verlassen. Gerade
die Strömung der Sagi aber sendet immer wieder Ordens-
mitglieder aus, um das Drachlingserbe außerhalb Zwin-
gards zu erkunden (und andere vor ihm zu schützen). Je
nach Gruppenzusammensetzung bietet es sich in einem
solchen Fall an, die Aufgaben des Ordens etwas freier zu
interpretieren. Ein Traditionalist, der jeden interessanten
Fund am liebsten gleich vernichten will, könnte in einer
Gruppe anecken. Die Erkundung dracurischer Umtriebe
aber ist ein hervorragender Grund, auf Reisen zu gehen.
Stichpunkte zur Ausgestaltung
Tracht: grau-silberner Überwurf mit blauer Drachen-
töterin, darunter unterschiedliche Formen von
Rüstungen, häufig schwere Schuppenrüstungen,
verschiedene Waffen, oft der Drachenfänger
Bevorzugte Ausbildungen: Recke (Ritter des Wyrmbann)
Bevorzugte Schwächen: Hochmut, Kodex, Vorurteile (al-
les Drachische)
Wichtige Fertigkeiten: Kampffertigkeit, Arkane Kunde,
Entschlossenheit, Geschichte und Mythen, Jagd-
kunst, Länderkunde
Wichtige Magieschulen: Schutzmagie, Stärkungsmagie,
Wassermagie
Ausbildungsvariante: Ritter des Wyrmbann
(Variante des Recken)
Diese Ausbildungsvariante finden Sie in Splittermond:
Die Regeln S. 66.
125
 Index
Churi nu-Kal 13
A Codices Selenii 95 F
Aand 6ff. Cordia II. 62 Federkreis 36
Aandalamar 6ff. Cotta Traevis 65 Federrupfen 37
Adalar Sturmsänger 105 Cran 116 Feenritter von Tanlur 30
Adalar 73 Crya Jantal 53 Fei Lin Tai 39
Adeshbid 13 Cuifyr 46 Feon von Grauwald 52
Admiral Giorgu Aneli 22ff., 23 Cuzo Dramberger 104 Ferrah Klammzwingerin 92
Aduvel ay Tyrandil 113 Flacca Suedor 63, 65
Äffchen 79 Fließender Turm 55
Ahnensucher 10ff. D Flüsternde Bruderschaft 97
Akai Kun 89 Da 39 Flutentreiber 105
Alia von Vangaras Schar 112 Daeges Sudrafyl 73 Formgeber 38
Andryk 44 Dalyan Marabeh 76 Formhaus 38ff., 40
Archiv der Brandwehr 15 Damaara Traumjäger 9 Frall 27
Archiv der Mediatorengilde 68 Danji 87 Freie Schatten 18
Ariash vom blauen Wasser 105 Daria Aneli 24 Freischärler von Helberg 42ff.
Arme der Waage 51 Daria von Leuental 52 Frya Sonnbach 52
Artock Eisenschlag 92 Darkwart von Velsing 45 Fun Wai 89
Aschefeder 36 Darlashin Vuhaluth 31 Fun Yu 89
Asparay Qunlum 31 Daryanush II. 76 Furshan der Unverzagte 36
Aulia Barrius Nitoriana 63 Dau Fan To Yan 39
Ava Gischttänzer 104 Dau Fan To 39
Dau Fan 39 G
Dau 39 Gaara-A 8
B Davilias Windseher 115 Gaior Setilus 65
Bailifara 71 Dengor Katari 25 Galdur aus Gedhelms Schar 124
Bankenkonsortium von Aurigion 69 Dingari 27 Galoppierende Geister 33
Bao 60 Divna Banat 68 Gamsschuhe 12
Bärenstimme 28 Dornenhände 22ff. Garoul 89
Batu 89 Dornenwall 24 Gefeite 46ff.
Bedriz bid-Hasham 36 Drachenfänger 124 Geisterseide 106
Belduham Qiraj 56 Drakenwächter 111 Gelda Gurfing 17
Bestienwächter (Ausbildungsvariante) 9 Druiden 26ff. Gernot „Kyngeshammar“ de Ameyn 71
Bestienwächter 7 Drusius Tullio 101 Ghazwashtarun 33
Bewahrerorden 121 Dudo Graudunst 14, 17 Giftfang 125
Blutband 27 Dumasch Graublick 116 Gilde der Apotheker und Ärzte 60
Bo Lan 80 Gilvan Massenik 68
Borwin 42 Gläserner Kerker 64
Brana von Schattentann 95 E Glatzen-Haras 43
Brandwehr von Dakardsmyr 14ff. Eadgyth 73 Große Synode 51
Brandwehr-Ermittler Edelstein-Orden 30ff. Grüne Dame 78ff., 79
(Ausbildungsvariante) 17 Eherne Prüfung 91 Gurr-Go-Marr 84
Bugo Gurfing 17 Ehrwächter 34ff.
Burgwächter 111 Eilwyne 43
Eisenwald 73 H
Elea-A 8 Hadar 73
C Eleanta Targi 117 Haduin der Vanyrgeborene 29
Cadyr 46f. Elios Veherun 121 Haigeister 61
Caenius 65 Elucator 63, 64 Hamshufal Eshmariw 33
Carans Assassinen 18ff. Elucator (Ausbildungsvariante) 65 Handelsregister der Saphirallianz 11
Caryan 20 Esbyn 71 Haneb bid-Haneb 13
Cerywen 49 Eshmezani Ishmandoh 55 Hanka Naglrod 14
Chen Hong 83 Eshrilla 117 Härmward der Frevler 113

126
Haroo die Verderberin 105 Kesh-Krieg 10 Nelka Trauling 17
Harr-Harr 24 Kirche der Mond-Trias 29 Nellwen Axtschlag 92
Hatano Shingen 87 Klingenwächter 111 Nenea Etros 116
Hatto Hardek 83, 85 Kordan Kempyris 84 Nida Vidal 24
Haus der Mauern 118 Kowenko Parelnick 14 Ning Pan 109
Haus des Äußeren 119 Krieger des Edelstein-Ordens Nirag Golrag 83
Haus des Inneren 118 (Ausbildungsvariante) 33 Niraxes 117
Heilige Kette der Riir 6 Kronjuwelen von Kesh 11 Nurag „der Wandernde“ 93
Heimatwehr 17 Kruqiul 105 Nuyhad Toshundoh 75
Heldenverzeichnis 125 Kundige der letzten Pfade 85
Helfende Hand 50ff. Kunreid 43
Helion „der Pilger“ 120 O
Henarth an Maelech 47 Oda Yuan 107
Herklyf 73 L Oka 59
Herzoghaus vom Myrkansgrund 21 Lamuk Ulmanna 120 Olof ov Markolm 71
Hewa 27 Lebenswächter 111 Ondra Kerzwacht 53
Hiaj 87 Leibgarde von Valerius III. 65 Orden der Schwarzen Löwen 74, 77
Ho Bai Ruk 41 Leukan Steinfaust 112 Orden des Weißen Löwen 74ff.
Horamor Quilinus 63 Ling Zhinchao 83
Hozhu Hoje 89 Loae Thrung 60
Hylaryn 43 Loko Wolmingen 15 P
Longjun (Haus) 38, 41 Pa 59
Löwenschildgarde 62ff. Pan-Yemaa 78ff.
I Lukan Seehof 120 Pan-Yemaa (Ausbildungsvariante) 81
Imielle Wogenrausch 102 Lunare Sucher 19 Patrouillengolem 40
Indea Sylas 117 Lynn vom grauen Hügel 97 Pedru Aneli 24
Iorischer Advokatenzirkel 69 Perlenfänger 117
Irvan Fuchsfell 21 Perlmuttgarde 58ff.
M Pilmeka Ragades 69
Ma Li 79 Portalgilde 82ff., 121
J Maga Solandra 105 Prelofex 63
Jabrak 116 Makatinakun 7
Jadevögel 109 Manuo Wogenbrecher 104
Jamgom 30ff. Marstane Tannenzweig 27 Q
Jana Baldea 100 Marvan Zulmek 68 Qin Lao 87
Jana vom Dorntal 95 Mazani Atayadoh 37 Qin Shou 86ff.
Jang Ke Gan 79 Mediatorengilde 66ff.
Jasper Woltanstal 52 Mediatorenmaske 68
Ji Chu Tai 41 Mertalische Kaufherrenvereinigung 69 R
Jo Li Wie 41 Midstader Freischärler Rat der Elementarrufer 55
Jogo Lauerbock 14 (Ausbildungsvariante) 45 Rat von Panyomnoo 81
Jon von Beertal 96 Milara von Helberg 45 Razab bid-Arash 12
Jost Allental 20 Modius Curgo 63 Revenya Darea 119
Jova Ydendi 25 Mondschemen 19 Riedbett 80
Jünger des Barsch 54ff. Mondsteinringe 101 Riknand der Heiler 29
Jünger des letzten Sehers 116 Mooko 60 Rolkest 83
Jurag Felsenberst 93 Morial an Cadyr 47 Rondar Yonnwacht 95
Murjamshin Durnak 33 Rote Burg 75
Mustersucher 115 Rughul Ghihir 30
K Muuna (Baum der Wahrheit) 9 Rugorr-A 8
Kaerakh 122 My-Mei 106, 107 Runenkrieger 90ff.
Kaiserliches Archiv 108 Myro von der Felsenbucht 52 Rusana vom Myrkansgrund 20
Kame Ma Te (Ausbildungsvariante) 61
Kame Ma Te 58ff.
Kamii-Te (Haus) 38, 41 N S
Kassmir von Glimmwacht 95 Nachtfalken 70ff. Sagi 123
Kea 59 Najmabar Qerazi 55 Saldelind Schwingenfluch 112
Kelreck Jadehammer 92 Nea 59 Samathia die Strahlende 9

127
Samon vom Mondberg 95 Wanjek der Rote 31
Sanias Alvani 25 T Warthara Paltyr 71
Sari 21 Tae-Ko (Haus) 38, 41 Wasserrufer 54
Sashwulshahush 30 Tafeln der Tugenden 34 Weiser Aba 11
Säurekopf 14, 17 Tag der Helden 119 Weiße Wächter 118ff.
Säurelöser 15 Tao Fang 87 Weißer Schild 22, 25
Schaffensgold 39 Thedela die Siegreiche 123, 124 Wellenreiter 57
Schaffenszeit 39 Thuilane die Eidbrecherin 113 Wenban (Haus) 38, 41
Schattenläufer 112 Tirfa bid-Khalim 12 Werkschau zu Angalwan 39
Schildkrötenstein 117 Toee Wuhan 61 Wilbert Freisicht 15
Schildwächter 111 Traevisbande 65 Windmähnen 77
Schimmerwind-Flottille 102 Triade des Fließenden Steins 106ff. Wizall 26, 27
Schluchtgarde 81 Triade des Goldenen Lemurs 60 Woei Wen 108
Schmetterling 14 Triadenkämpfer (Ausbildungsvariante) 109 Wolfsschatten 19
Schürferrevolution 38 Tryane vom Silbertal 20 Wynga Didaret 83
Schurkenspielliga 65 Tuan Sento 38, 39 Wyrmbann-Orden 122ff.
Schwarzdolch 20 Tun Toi 40 Wyrmtrutz 124
Schwarze Federn 76 Tuzan der Bleiche 89
Schwarze Richter 97
Schwertrichter 94ff. X
Schwingenwächter 112 U Xi Son 109
Scippo Traevis 65 Ulfayash 57 Xian Moahe 60
Sel-an-tar 49 Umaano-A 9
Seraaz Sonnentau 9 Unadyr 49
Serlia Holkenstrand 15 Unsichtbare Feder 36 Y
Severos der Silberprinz 98ff., 100 Yanoush, der grimme 77
Shen Guan 107 Yascha von Südfang 95
Shiolan bid-Tebesh 12 V Yedresa die Kundige 36
Silberklingen 18 Valdagheista 44, 45 Yeferset Gaarlath 56
Silberring (Ausbildungsvariante) 101 Valeria Pruditia 101 Yona vom Grünen Stein 50
Silberringe 98ff. Valia Tiefenlicht 105 Yondra Ydendi 24, 25
Simineshsuri Nansar 57 Valna Schirrbacher 15 Yong Kwan 109
Sina Tauberdin 95 Valria Tholis 121 Yong Yu 109
Sindo Schwarzerde 27 Vanforst 26 You Shuang 109
Sinja vom Myrkansgrund 96 Vanyr 26 Yuan Cha 81
Skalangorianer 112 Vashin Zaryabeh 76 Yuraysh der Barsch 54
Skirmi 123 Verräterschnaps 64 Yuthamita Pashul 33
Sonholter Edikte 18ff. Viljera Ascheberg 93 Yvaine ap Myrdan 47
Sonnenvogel 8 Vilsena Tigris 69
Stechginsterkönigin 49
Steineisenreißer 121 Z
Stirnband der allsehenden Augen 99 W Zamsarun Atayuw 33
Sturmbändiger 102ff. Wächserne Tafeln 14 Zawuhal 36, 37
Su Jian 87 Wächter des Vanforstes 28 Zheru nu-Talan 11
Suohari 27 Wächterbund 110ff., 125 Zirkel der Zinne 29, 125
Swarmbann 123 Wahrer des Verschlossenen Buches 13 Zo Zo 109
Wahrheitsfinder 114ff. Zwölf Helden 123

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 Banden & Orden – Lorakische Organisationen
Nur gemeinsam ist man stark – das wissen auch die meisten Lorakier. Daher schließen sie sich
immer wieder in Organisationen von Gleichgesinnten zusammen, um so Schutz vor Bedrohungen
zu genießen oder gemeinsam ihre Ziele besser zu erreichen. Magierbünde versuchen, die Mysterien
der Magie zu durchdringen, während Ritterorden gegen Bedrohungen ihrer Heimat zu Felde ziehen
und Verbrecherbanden und Geheimbünde weite Teile der Elendsviertel der lorakischen Metropolen
kontrollieren.

Dieser Band für Splittermond enthält Beschreibungen für 30 Organisationen

aus ganz Lorakis, gleich ob es sich dabei um schurkische Geheimbünde,
rechtschaffene Orden oder weise Magierzirkel handelt. Jede Organisa­
tion wird dabei mit allen nötigen Angaben vor­
gestellt, die es Spielern erlauben, Angehörige
dieser Gruppen als Abenteurer auszugestalten,
als auch Spielleitern zur Ausgestaltung
von Charakteren und Abenteuern die­
nen. Neben Ausbildungsvarianten finden
Sie in diesem Band auch Werte für bei­
spielhafte Mitglieder der Organisationen,
Angaben zur Hierarchie und Struktur der Gruppe, Geheimnisse
und wichtige Mitglieder sowie Szenarioansätze.

Ein Fokus des Bandes liegt dabei auf bereits in anderen Bü­
chern vorgestellten Gruppen, deren Hintergrund hier erweitert
wird, wie etwa die zwingardischen Druiden, die Gefeiten aus Tir
Durghachan, die iorischen Weißen Wächter und Wahrheitsfinder, sowie
die Mediatoren­gilde aus dem Mertalischen Städtebund. Aber auch
einige neue Gruppen werden in diesem Band mit Leben gefüllt.

Mit Banden & Orden haben Sie stets passende Verbündete oder Gegen­
spieler für Ihre Abenteurer parat!

www.uhrwerk-verlag.de
Art.-Nr.: 1022P