Ausgabe 98 (01/19)

Januar – März 2019

€ 6,50 (DE) • € 7,00 (EU)
ISSN 1619-9421

www.blickpunktmusical.de

Ein Amerikaner in Paris

Leichtfüßiger Liebestraum in Linz
01

Jasper in Deadland in Hildesheim Tamara in Schwedt/Oder

806507

Altar Boyz in Berlin Wonderful Town in Wien

4 195944

Felix Martin im Interview Lin-Manuel Miranda im Interview

Uraufführung am 27. April 2019

DER MANN
Frank Nimsgern (Musik)
Tilmann von Blomberg (Buch)
Alexander Kuchinka (Liedtexte)

MIT DEM LACHEN

Ein Auftragswerk der Staatsoperette Dresden www.staatsoperette.de
 Koproduktion mit dem
Staatstheater am Gärtnerplatz

MUSICAL

KÖN I G I N D E R W Ü S T E

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Hauptsponsoren Co-Sponsoren Medienpartner +41 71 242 06 06

Inhalt
Ausgabe 98 (01/19), Januar – März 2019
… kurz vorweg
Liebe Leser,
wir wünschen Ihnen allen mit der ersten
Ausgabe 2019 ein frohes neues Jahr.
Die 95 Seiten haben kaum ausgereicht,
um alle sehenswerten neuen Musicals
und deutschsprachigen Erstauffüh-
rungen der letzten Monate des Jahres
2018 und des ersten Monats im Jahr
2019 vorzustellen. Manche Bespre-
chungen mussten wegen des Erschei-
nens auf die kommende Ausgabe ver-
schoben werden. Einen Überblick über
die kommenden Monate gibt unsere
Saisonvorschau Teil 2, die Sie in dieser
Ausgabe finden.
Mythen bilden derzeit ein zentrales
Thema: Ein antiker Mythos prägte
nicht nur eine deutschsprachige Erst-
aufführung in Hildesheim, sondern
auch eine britische Erstaufführung. Ein
Mythos deutsch-deutscher Geschich-
te ist eine Band, deren Frontfrau eine
Uraufführung in Schwedt gewidmet ist.
Sehr unterhaltsam geht eine deutsch-
sprachige Erstaufführung in Berlin dem
Boyband-Mythos nach. Die Strahlkraft
des berühmtesten Weihnachtsliedes
inspirierte zu einer Salzburger Urauf-
führung. Mary Poppins ist auch ein
Mythos, der mit dem neuen Filmmusi-
cal »Mary Poppins‘ Rückkehr« wieder
auflebt. Lesen Sie hierzu Lin-Manuel
Miranda (»Hamilton«), der Teil des
Projekts war. Lesen Sie auch unser aus-
führliches Interview mit Felix Martin,
der nun seit mehr als 30 Jahren auf der
Bühne steht.
Ganz und gar kein Mythos ist die
Krankheit Aids, die in einem bewegen-
den Songzyklus thematisiert wird, der
nun in Berlin von Musical- und Musik-
größen erstmals in deutscher Sprache
zu hören war.
Bevor wir Ihnen viel Freude beim Lesen
der Ausgabe 01/19 wünschen, weisen
wir darauf hin, dass wir nach Jahren
eine kleine Preisanpassung vornehmen
müssen – die neuen Preise finden Sie
im Kasten rechts auf dieser Seite.
Sie werden feststellen, Abonnenten
sparen bei uns mehr denn je.
Doch ob als Abonnent oder geneigter
Leser: Wir freuen uns darauf, Ihnen
im Jahr 2019 die Vielfalt des Musicals
insbesondere im deutschsprachigen
Raum präsentieren zu können.
Herzlichst,
Ihr
Oliver Wünsch
und die Redaktion der
blickpunkt musical
Titelfoto:
»Ein Amerikaner in Paris« Linz
Foto: Barbara Pálffy
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
Inhalt
Gratis in der Abo-Auflage:
Blickpunkt Musical Extra
Mary Poppins' Rückkehr
Topthema Rubriken
6 ÖEA Ein Amerikaner in Paris am Musiktheater in 58 Einspielungen
Linz 48 Premierenblick•
Musicals in Deutschland 50 Saisonvorschau 2018/19 (Teil 2)
93 Ausblick & Impressum
20 DSE Altar Boyz in der Bar jeder Vernunft in Berlin
18 UA Amor läuft Amok am Schmidtchen in Hamburg 24
33 Cabaret am Stadttheater Baden-Baden
32 Cabaret am The English Theatre in Frankfurt/Main
19 DSE Daddy Langbein am Theater Bielefeld
27 UA Der Tag, an dem Santa Claus keine Lust
auf Weihnachten hatte … im Zeltpalast Merzig
26 Du bist in Ordnung, Charlie Brown
am Hessischen Staatstheater Wiesbaden
28 DSE Elegies im Admiralspalast Berlin
24 Hair am Alten Schauspielhaus Stuttgart
14 DSE Jasper in Deadland am TfN in Hildesheim
10 UA Tamara am Theater Schwedt
22 West Side Story im Opernhaus Dortmund 42
34 Neues aus Deutschland
Musicals in Österreich
37 Mamma Mia! on Tour in der Stadthalle Wien
38 UAMeine Stille Nacht in der Felsenreitschule Salzburg
44 Odysseus fährt irr im MUK.theater in Wien
42 Wonderful Town in der Volksoper Wien
46 Neues aus Österreich
Musicals in Europa
74 Hello, Dolly! am Theater St. Gallen 90
70 La Cage aux Folles am Theater Basel
76 UA Peau d'âne am Théâtre Marigny in Paris
72 CHEA Sister Act am Le Théâtre Emmen
77 Neues aus Europa
Musicals in den USA
78 UA Clueless am Off-Broadway
82 USEA King Kong am Broadway
80 The Cher Show am Broadway
84 The Prom am Broadway
86 Neues aus den USA
Abb. oben:
Musicals in Großbritannien 1. »Hair« Stuttgart
Foto: Martin Sigmund
90 BEA Hadestown im National‘s Olivier Theatre in London 2. »Wonderful Town« Wien
88 EUEA Hamilton im Londoner West End Foto: Barbara Pálffy / Volksoper Wien
3. »Hadestown« London
92 Neues aus Großbritannien Foto: Helen Maybanks
Konzert & Entertainment
64 Felix Martin: »Schöne Bescherung«
im Wintergarten Varieté Berlin in Bildern
Vis-à-Vis Neue Preise
60 Felix Martin im Interview anlässlich seines 30-jährigen Die blickpunkt musical kostet mit der Ausgabe 01/19 in
Bühnenwirkens Deutschland 6,50 € und in Europa 7,- €.
68 Lin-Manuel Miranda über »Mary Poppins‘ Rückkehr« Alle Abo-Preise erhöhen sich um 1,- € pro Jahr. Dies gilt auch
im Kombi-Abo mit der digitalen Ausgabe.
Film & Fernsehen Für Deutschland bedeutet das 29,90 €, für Österreich: 32,90 €
66 Mary Poppins‘ Rückkehr Filmmusical von Disney und für alle anderen: 35,90 € im Jahr.
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Brillante Tanzkunst mit französischem Flair
»Ein Amerikaner in Paris« als deutschsprachige Erstaufführung in Linz
Abb. oben:
Die Traumsequenz: Eine der
berührendsten Szenen ist jene, in
der Jerry (Gernot Romic, vorne mit
Ensemble) sich die Zukunft
tänzerisch ausmalt
Abb. unten:
Milo Davenport (Daniela Dett) und
Jerry Mulligan (Gernot Romic)
Fotos (2): Barbara Pálffy
6 blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
Topthema
M an nehme einen Oscar-prämierten Filmklassiker,
ein Orchester, welches sich mittlerweile als Aus-
hängeschild Österreichs etabliert hat, ein Ensemble,
das qualitativ seinesgleichen sucht, und eine einfach ge-
strickte Storyline – fertig ist ein unterhaltsamer Abend
im Linzer Musiktheater.
»Ein Amerikaner in Paris« feierte in der oberösterrei-
chischen Hauptstadt seine deutschsprachige Erstauffüh-
rung. Die Geschichte des Musical-Films aus dem Jahr
1951 ist rasch erzählt.
Jerry Mulligan, ein amerikanischer Kriegsveteran,
ist zu Ende des Zweiten Weltkrieges in Paris stationiert.
Doch anstatt mit seinen Kollegen zurück in die Staaten
zu gehen, beschließt er, in Frankreich zu bleiben und
sich dort als Maler – seine große Leidenschaft – zu eta-
blieren und dabei die Dramen des Krieges hinter sich zu
lassen. Er genießt das Pariser Flair und schlendert durch
die Gassen der Hauptstadt. In eine Bar gestolpert, lernt
er den Komponisten Adam Hochberg und den franzö-
sischen Sänger Henri Baurel kennen. Die drei werden
schnell zu engen Freunden.
Doch das Glück währt nicht lange. Denn alle drei –
wie sollte es auch anders sein – verlieben sich natürlich
in die gleiche Frau. Die Besagte heißt Lise Dassin und
ist eine vielversprechende Ballerina, die ihren Lebens-
unterhalt als Verkäuferin in den berühmten Galeries
Lafayette verdient. Sie ist Baurel quasi versprochen, da
dessen Eltern die Jüdin während des Nazi-Regimes bei
sich versteckten. Doch auch Hochberg und Mulligan
sind der Ballerina verfallen.
Der Plot dreht sich also rund um die Irrungen, Wir-
rungen und Intrigen des einen Themas: der Liebe. Fra-
gen wie: »Lohnt es sich, für die große Liebe zu kämp-
fen?«, aber auch: »Wie vergesse ich den Krieg?« und:
»Wie fange ich ein neues Leben an?« stehen im Raum.
Mehr gibt es hierzu aber auch nicht zu sagen. Die
Story ist grundsätzlich einfach und läuft teilweise sogar
Gefahr, etwas langweilig zu werden. Wäre da nicht der
Tanz. Die Linzer Aufführung lehnt sich inhaltlich sehr
an die Filmvorlage an – mit all ihrem Charme. Gut ist,
dass die seichte Story bei der hervorragenden tänzeri-
schen Expertise des Ensembles und des fantastischen
Orchesters in den Hintergrund tritt. Dass so mancher
französischer Akzent oder ein humpelndes Bein zeitwei-
lig wie durch Zauberei verschwinden, bleibt wohl der
Aufregung geschuldet.
Doch blicken wir kurz zurück auf die Erfolgsge-
schichte des »Amerikaners«: Bereits im Jahr 1951 fei-
erte der US-amerikanische Musicalfilm des Regisseurs
Vincente Minnelli seine Premiere. Die Erstausstrahlung
fand am 26. August in London statt. Schon damals
war klar: Der Film zeichnet sich vor allem durch seine
herausragenden Tanzsequenzen aus, die von Gene Kel-
ly gestaltet und interpretiert wurden. Songs wie ›I Got
Rythm‹ oder ›‘S Wonderful‹ sind in die Musikgeschichte
eingegangen und gelten noch heute als klassische Ohr-
würmer. Die Kritiken waren dementsprechend – »An
American in Paris« wurde von den Medien hochgelobt
und zum Welterfolg. Sechs Oscar-Auszeichnungen spre-
chen für sich: »Bester Film«, »Beste Kamera«, »Bestes
Drehbuch«, »Beste Musik«, »Beste Ausstattung«, »Beste
Kostüme«.
Die Musik von George Gershwin lässt den Thea-
terbesucher von vergangenen Zeiten träumen. Der be-
reits mit 38 Jahren an einem Gehirntumor verstorbene
Pianist, Dirigent und Komponist zählt »Rhapsody in
Blue«, »Porgy and Bess« sowie »An American in Paris«
zu seinen bekanntesten Werken.
Vor 90 Jahren, 1928, wurde das Werk in New York
uraufgeführt. Mit dem »Amerikaner« stieg der erst 30
 Topthema

Jahre alte Gershwin in den Olymp der amerikanischen
Komponisten auf. Seine Musik galt als die Verkörpe-
rung des modernen Amerika. Er selbst bezeichnete »An
American in Paris« als seine bislang modernste Musik.
Sein Ziel: »Die Eindrücke eines amerikanischen Reisen-
den wiederzugeben, der durch Paris schlendert, auf den
Straßenlärm hört und die französische Atmosphäre in
sich aufnimmt.« Im Unterschied zu der vier Jahre äl-
teren »Rhapsody in Blue« orchestrierte Gershwin die-
In Linz wurde mit den Original-Songs (Texte von Ein Amerikaner in Paris
Georges Bruder Ira Gershwin, der erste Songtexter George Gershwin / Ira Gershwin /
übrigens, der den Pulitzer-Preis gewann) in englischer Craig Lucas
Sprache gearbeitet – die Dialoge wurden auf Deutsch Songs in englischer Sprache
Deutsch von Roman Hinze &
übersetzt. Für die musikalische Leitung war Tom Kevin Schroeder
Bitterlich verantwortlich. Das Besondere an dem Stück
Landestheater Linz
für ihn: ein symphonisches Orchester im Einsatz bei Musiktheater – Großes Haus
einem Musical. Deutschsprachige Erstaufführung:
Allzu oft kommt das Stück jedoch sogar gänzlich 25. November 2018

ses Stück auch selbst. Bei der Uraufführung wurde es
von den New Yorker Philharmonikern in der Carnegie
Hall dargeboten. Kurz nach der ersten Darbietung hieß
es von einem Kritiker: »Mit dieser Tondichtung, die
den Geist eines ganzen Jahrzehnts widerspiegelt, schuf
Gershwin ein musikalisches Paradoxon, nämlich eine
Zeitmusik, die immer zeitgemäß sein wird.« Und das
zeigt sich auch heute, im Jahr 2018, bei den gänzlich
ausverkauften Vorstellungen seines »Amerikaners« im
Linzer Musiktheater.
Seine szenische Uraufführung feierte das Stück in
der Stadt, um die sich alles dreht: in Paris. Am Théâtre
du Châtelet kam es am 10. Dezember 2014 erstmals
unter Regie und mit Choreographien von Christo-
pher Wheeldon auf die große Bühne, gespielt wurde
bis Januar 2015. Schließlich wanderte das Stück über
den Ozean – im April kam es ans Palace Theatre am
ohne Sprache aus. Sei es, dass man den Tanz nicht als
Sprache interpretiert. Denn dieser steht ganz im Zen-
trum der Aufführung. »Ein Amerikaner in Paris« ist ein
tanzlastiges Stück, das den Eindruck erweckt, dass so
mancher Darsteller hier beinahe an seine Grenzen sto-
ßen müsste. So werden teilweise bis zu zehn Minuten
lang dauernde Balletteinlagen dargeboten. Höhepunkt
ist beispielsweise die 17-minütige Traumsequenz, in der
sich Jerry Mulligan seine Zukunft ausmalt, die bis heute
zu den Highlights des amerikanischen Musicals zählt.
Mit dem Charme des Fred Astaire-Stils werden dem
Publikum qualitativ äußerst hochwertige Sequenzen ge-
boten. Und es zeigt sich abermals: Das Allround-Talent
des gesamten Ensembles bedarf keiner Kritik. Eine ein-
malige und erstklassige Leistung bei einem herausfor-
dernden Stück. Hinzu kommen noch die zahlreichen
Kostümwechsel, die die Aufführung vor allem für die
Regie & Choreographie .... Nick Winston
Musikalische Leitung ..... Tom Bitterlich
Solo-Piano .......... Christopher Mundy /
Bela Fischer Jr.
Bühnenbild ............... Charles Quiggin
Kostüme ........................... Aleš Valášek
Lichtdesign ............. Michael Grundner
Videodesign .............. Duncan McLean
Jerry Mulligan ............... Gernot Romic
Lise Dassin .............. Myrthes Monteiro
Henri Baurel ........... Christian Fröhlich
Adam Hochberg ........ Christof Messner
Milo Davenport ............... Daniela Dett
Madame Baurel ........... Lynsey Thurgar
Olga .................... Ariana Schirasi-Fard
Cabaret-Sängerin ......... Hanna Kastner
In weiteren Rollen:
Yves Adang, Leon de Graaf, Stephen
Dole, Julia Hübner, Wei-Ken Liao,
Charlotte Lovell, Raphaela Pekovsek,
Alastair Postlethwaite, Vicky Riddoch

Broadway, ebenfalls als Inszenierung von Christopher
Wheeldon. Mit Ende 2015 startete auch eine Tour
durch das gesamte Gebiet der Vereinigten Staaten. Am
West End feierte »An American in Paris« am 21. März
2017 Premiere.
Hauptdarstellerin mit sich bringt. Tanzensemble:
Anastasia Bertinshaw, Siân Brown, Kai
Den Amerikaner in Paris mimt Gernot Romic, selbst
Chun Chuang, Damián Cortes Alberti
seit geraumer Zeit Ensemble-Mitglied in Linz. Er gilt
Tanzlin.z:
als »Allrounder«, der Schauspiel, Gesang und Tanz auf Julie Endo, Lorenzo Ruta, Andrea
demselben Level beherrscht, und genau das durfte er in Schuler, Kasija Vrbanac, Lara Bonnel
Almonem, Kayla May Corbin,
Urko Fernandez Marzana, Tura Gómez
Coll, Mireia González Fernández,
Hodei Iriarte Kaperotxipi, Valerio
Iurato, Filip Löbl
Statisterie des Landestheaters Linz

Abb. von oben links:

1. Zerrissenheit: Nach dem Krieg
soll Jerry (Gernot Romic, r.) mit
seinen Kumpanen (Ensemble)
wieder zurück in die amerikanische
Heimat, doch zu viele Gründe
halten ihn in Frankreich
2. Die Jüdin Lise Dassin (Myrthes
Monteiro, r.) muss sich entschei-
den – zwischen ihrem Herzen und
dem, was von ihr verlangt wird. Sie
versucht, Jerry (Gernot Romic) das
klarzumachen
3. Die Mäzenin Milo Davenport
(Daniela Dett) verliebt sich in Jerry
Mulligan (Gernot Romic)
4. Eines der vielen Highlights des
tanzlastigen Stückes: Die Nummer
›Fidgety Feet‹, in der Jerry Mulligan
(Gernot Romic) gemeinsam mit
dem Ensemble einen Kontrast zum
klassischen Ballett präsentiert
Fotos (4): Barbara Pálffy

blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019 7


Abb. von oben links:
1. Die zahlreichen, qualitativ hoch-
wertigen Ballettsequenzen spiegeln
die Liebe zwischen Lise (Myrthes
Monteiro) und Jerry (Gernot Romic)
gekonnt wider
2. Die zahlreichen Ensemblenum-
mern beweisen abermals: Das Tanz-
ensemble des Linzer Musiktheaters
kann sich sehen lassen
3. Lise (Myrthes Monteiro) und Jerry
(Gernot Romic) an ihrem Lieblings-
platz im Park. Dort können sie ihren
Gefühlen freien Lauf lassen, ohne
über die Konsequenzen nachzu-
denken
4. Lises (Myrthes Monteiro) großer
Traum: eine richtige Ballerina zu
sein. Bis es dazu kommt, muss sie
ihren Lebensunterhalt allerdings als
Verkäuferin verdienen
Fotos (4): Barbara Pálffy
8 blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
Topthema
diesem Stück beweisen – eine außergewöhnliche Leis-
tung, ein Jerry Mulligan mit Kraft, Stärke, aber auch
Verletzlichkeit in den Irrungen der Liebe. Klar zu se-
hen ist Romics erstklassige Tanzausbildung, die es ihm
erlaubt, auch nach Nummern wie ›Fidgety Feet‹ noch
ohne jegliche Atemnot zu singen.
An seiner Seite wurde die gebürtige Brasilianerin
Myrthes Monteiro (»Aladdin«, »Tanz der Vampire«),
die ihre Ausbildung in Tanz, Gesang, Schauspiel und
Circus in Sao Paulo absolvierte, extra für dieses Stück
nach Linz geholt. Die Rolle der Lise Dassin ist wie für
sie gemacht. Die Ballerina überzeugt mit herausragen-
den Tanzsequenzen und einer lieblichen Darstellung der
Jüdin, die sich zwischen Pflichtbewusstsein und ihrem
Herzen gefangen sieht, sowie einer stimmlich starken
Leistung. Keinen Deut schlechter präsentierten sich
Christof Messner und Christian Fröhlich in den Rollen
von Mulligans besten Freunden. Zwei unterschiedliche
Charaktere, die ihre Rollen quasi assimiliert haben: auf
der einen Seite der Konzertpianist Adam Hochberg, der
unsterblich in Lise verliebt, aber zu schüchtern ist, um
ihr dies zu zeigen. Auf der anderen Seite der gut betuch-
te Franzose Henri Baurel, dem Dassin bereits verspro-
chen ist. Zu dritt ergeben Romic, Messner und Fröhlich
ein perfektes Team.
Eine der besten Leistungen des Abends liefert jedoch
das Linzer Ensemble-Mitglied Daniela Dett in der Rolle
der Milo Davenport ab. Die Mäzenin, die Mulligan in
seiner Arbeit als Maler unterstützen möchte (natürlich
nicht ohne Gegenleistung), mimt sie mit Überzeugung
und Eleganz.
Hervorzuheben ist in Linz abermals das aussagekräf-
tige Bühnenbild von Charles Quiggin. Gearbeitet wird
mit einfachen, klassischen Konstrukten (Abendstim-
mung im Park, das Haus der Mäzenin, Pariser Flair in
den Straßen), aber auch Projektionen und Lichtspielen
(Für das Licht verantwortlich zeichnet Michael Grund-
ner). So gibt es beispielsweise Szenen, in denen Jerry
Mulligan im Park sitzt und in seinem Skizzenbuch malt,
während dieses Kunstwerk gleichzeitig auf der großen
Leinwand für den Zuschauer erscheint. Die passend
eingesetzte Drehbühne tut ihr Übriges.
Die Choreographie des Stückes stammt ursprüng-
lich von Gene Kelly und ist gespickt mit Balletteinla-
gen. In Linz zeigte sich Regisseur Nick Winston dafür
verantwortlich und das Vorhaben ist gelungen. Die
Tanzsequenzen sind flott, spritzig und äußerst emotio-
nal. Die Kostüme von Aleš Valášek entsprechen dem
Stil und der Zeit.
»Ein Amerikaner in Paris« vereint einen Film-
Klassiker mit modernen Elementen und lässt den
Zuschauer für drei Stunden in eine andere Welt ein-
tauchen. Chapeau vor einer Orchester- und Ensem-
ble-Leistung, die sicherlich auch international kaum
zu toppen ist. Dabei lässt sich bei der flachen Storyline
sogar ein Auge zudrücken.
Yvonne Brandstetter
 #WeAreMusical

THE ROCK-MUSICAL IN CONCERT

LYRICS BY TIM RICE MUSIC BY ANDREW LLOYD WEBBER

MIT DREW SARICH ALS JESUS

12. BIS 22. APRIL 2019

JC S. MU SI C ALV I ENNA . A T
 Musicals in Deutschland
Die mit dem Teufel tanzt
Uraufführung von »Tamara« an den Uckermärkischen Bühnen Schwedt
Abb. oben:
Tamara Danz (Saskia Dreyer) und
Ensemble performen den »Silly«-
T amara Danz war die Frontfrau der Ost-Rockband
»Silly« und ist im Alter von 43 Jahren an Krebs
gestorben. Bevor sie diesen letzten Kampf verlor, hat
Song ›Blue Jeans‹
Foto: Udo Krause sie über ihre Generation hinaus ein ganz besonderes
Lebensgefühl geprägt: Frei, wild, nicht bereit, sich in
Schubladen stecken zu lassen, und den Kopf in den Sand
zu stecken kam für sie nie in Frage. Mit Kompromissen
könne man keine gute Musik machen. »Silly« konnte
und durfte mehr, hat sich Freiheiten herausgenommen,
die sich sonst niemand gewagt hat, und ist sich auch
nach der Wende treu geblieben. Tamara Danz war dabei
das Bindeglied, Herz und Kopf der Band und hat sich
damit ein kleines Stück Unsterblichkeit gesichert.
Schwedt in der Uckermark liegt nordöstlich von Ber-
lin nahe der polnischen Grenze. Mit seinen knapp über
30.000 Einwohnern und dem Beinamen »National-
parkstadt« eine beschauliche Stadt, die eines der beiden
brandenburgischen Landestheater ihr Eigen nennt. In
Schwedt wird damit eine über 200-jährige Theatertradi-
tion bewahrt und in knapp drei Jahrzehnten hat Inten-
dant Reinhard Simon das Haus zu einem der führenden
Theater in Nordbrandenburg wachsen lassen.
Ebenjener hatte bereits seit langem den Traum, der
Rock-Ikone der DDR ein Musical zu widmen. Ob Zu-
fall oder nicht, doch zum 40-jährigen Jubiläum von
»Silly« geht dieser Wunsch nun in Erfüllung.
Wie jedoch bringt man ein Musical über eine Frau
auf die Bühne, die mehrfach zur »Besten Rocksängerin
des Jahres« gewählt wurde und die deutsche Rockmu-
sik auf ein neues Niveau gehoben hat? Genau diese
Frage stellen sich Regisseur Götz (Uwe Schmiedel),
Musiker Toni (Fabian Ranglack) und Bühnenbildnerin
10
Wiebke (Katarzyna Kunicka), die einen Arbeitsurlaub auf
Teneriffa verbringen, um dort ein Musical über Tamara
Danz zu kreieren. Leichter gesagt als getan. Im ersten
Moment noch vollkommen relaxt, breitet sich Panik
aus, als ein Anruf von ihrem Chef die Idylle stört und
Ergebnisse erwartet werden, die sich bisher nicht mal
annähernd abzeichnen. Neben den diversen Alben, die
Toni zur Ideenfindung beisteuert, hat sich Wiebke die
Biographie besorgt. Das toppt Götz mit einer Kopie der
Danz‘schen Stasiakte.
Eben jene Akte ruft Mephisto 23 (Michael Kuczyn-
ski) mit »Erlauben Sie, dass ich mich vorstell« (›Sympa-
thie für den Teufel‹) auf den Plan und entführt den Zu-
schauer in das Reich der Hölle. Als Abteilungsleiter für
Seelenfang steht es nicht gut um seine Quote. Neben der
Beschaffung seiner eigenen Stasiakte übergibt ihm seine
Großmutter (Ines Venus Heinrich) den Auftrag, drei
Künstlerseelen zu besorgen. Mit der Unterstützung des
Höllenhundes Zerberus (Kamil Frątczak) und der Vam-
pirette Draculina (Sabrina Pankrath) begibt der Teufels-
sohn sich auf die Erde und es kommt zum Deal mit dem
Autorenteam. Sie besorgen ihm seine Unterlagen und er
zeigt ihnen im Gegenzug lebensecht verschiedene Statio-
nen aus Tamaras Leben. Um es den Unentschlossenen
einfacher zu machen, das Kleingedruckte zu überlesen,
damit sie unterzeichnen, gibt er eine kleine Kostprobe
seiner Fähigkeiten: ›Got to Get You Into My Life‹ stellt
schwungvoll die Ankunft der Familie Danz (Ines Venus
Heinrich, Uwe Heinrich) nach längerem Auslandsauf-
enthalt in Rumänien und Bulgarien in Berlin dar und
charakterisiert gleichzeitig Tamaras Lebensfrohsinn und
den Hang zum Ausbrechen aus Normen.
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
 Musicals in Deutschland

Diese zweite Rahmenhandlung verbindet geschickt
die verschiedenen Szenen, die dem Zuschauer aus Ta-
mara Danz‘ Leben präsentiert werden. Es ist keine
Biographie im eigentlichen Sinne, dennoch werden die
wichtigsten und sicher auch prägendsten Stationen ihres
Lebens sowie das Lebensgefühl in der DDR der 1970er
und 1980er Jahre gekonnt in Szene gesetzt. Neben dem
Witz, mit dem das alte Regiment bedacht wird, nehmen
die Autoren Jan Kirsten, Max Beinemann, Uli Herr-
mann-Schroedter, Maren Rögner sowie Mitautor und
Regisseur Reinhard Simon sich und ihre Arbeit selbst
nicht ganz ernst. So wird beispielsweise die neu ge-
gründete Band »Familie Silly« (später nur noch »Silly«),
die in ihrem blauen Barkas (Kleintansporter, Anm. d.
und Hingabe untermalen die Geschichte und so fügt
Tamara
sich alles nahtlos ineinander. Ein Moment zum Inne-
Jan Kirsten / Max Beinemann /
halten und der Erkenntnis: »Dann wäre etwas von ihr Uli Herrmann-Schroedter /
geblieben«. Maren Rögner / Reinhard Simon
Geblieben ist die Musik. Die zahlreichen Songs von In Kooperation mit der
»Silly« – die einmal konzertant eingebaut sind, ein an- Musikakademie Gdańsk
Uckermärkische Bühnen
dermal die Geschichte selbst erzählen – werden phan- Schwedt – Großer Saal
tastisch von der Band »takayo & Freunde« unter der Uraufführung: 29. September 2018
musikalischen Leitung von Uli Herrmann-Schroedter Regie ......................... Reinhard Simon
dargeboten, sodass das Zuhören ein wahrer Genuss ist. Musikalische
Es ist, als würde man das Künstler-Trio selbst durch Leitung ........ Uli Herrmann-Schroedter
Musik. Einstudierung ..... Tilman Hintze
die Zeit begleiten, als wäre man mittendrin statt nur Choreographie ........ Eliza Hołubowska
dabei. Unterstützt wird dieses Gefühl durch die Kos- Bühnenbild ................ Ulrike Reinhard
tüme, für die Jenny Schall verantwortlich zeichnet. Kostüme ........................... Jenny Schall

Red.) auf dem Weg nach Mamaia ist, von rumänischen
Dieben überfallen. Gerettet durch die Teilnahme an
folkloristischem Gesang und Tanz, ist die Realität weit
weniger dramatisch. Diese künstlerische Freiheit zur
Unterhaltung des Publikums darf aber sein, denn das
Wichtige ist wahr.
Neben all den Scherzen und illustren Dingen wird
dennoch sehr sensibel und gleichzeitig nicht gefühlsdu-
selig mit bestimmten Ereignissen umgegangen. Mephis-
to 23 schafft es kurzzeitig, Raum und Zeit miteinander
zu verbinden, sodass Götz, Toni und Wiebke die Mög-
lichkeit haben, Tamara ganz persönliche Dinge zu fra-
gen. So erzählt sie von ihrer abgebrochenen Schwanger-
schaft und der Liebe zu ihren beiden Männern Rüdiger
»Ritchie« Barton (Ben Zimmermann) und Uwe Hass-
becker (Patrick Stauf ). Letzteres wird kurz darauf zu den
»Silly«-Liedern ›Liebeswalzer‹, ›Die Ferne‹ und ›Raus aus
der Spur‹ wundervoll durch Tanzdoubles illustriert. Die
Choreographie von Eliza Hołubowska veranschaulicht
diesen Wirrwarr eindrucksvoll. Sehnsucht, Leidenschaft
Neben der Choreographie bekommen vor allem die
Vertreter der Hölle somit ihre ganz persönliche Note:
wild, feurig, sexy.
Das Bühnenbild von Ulrike Reinhard erzeugt zu-
sätzlich Feuer und ergänzt den charismatisch verspielten
Charme der Inszenierung damit, dass die Protagonisten
auf Karussell-Tieren, angebracht auf einer Drehscheibe,
die verschiedenen Lebensstationen von Tamara bereisen.
Durch einen Vorhang kann zwischen der Sonne Spa-
niens und den verschiedenen Lebensabschnitten sowie
der zurückgesetzten Konzertbühne gewechselt werden
und über eine Videoleinwand wird zur passenden Zeit
die Ernsthaftigkeit verschiedener Sequenzen untermalt.
Das Landestheater spielt überwiegend mit Eige-
nensemble und arbeitet eng mit der Musikakademie
Gdańsk zusammen. So verwundert es nicht, dass die
Titelrolle mit Saskia Dreyer besetzt wurde, die bis 2017
selbst zum Stammensemble des Hauses gehörte. Gleich-
zeitig hätte Reinhard Simon die Rolle der Tamara Danz
an niemand Besseren vergeben können. Saskia Dreyer
Tamara Danz ................. Saskia Dreyer
Götz, Regisseur .......... Uwe Schmiedel
Toni, Musiker ............ Fabian Ranglack
Wiebke,
Bühnenbildnerin .... Katarzyna Kunicka
Mephisto 23 .......... Michael Kuczynski
Des Teufels Großmutter /
Helene Danz /
Veronika Fischer .... Ines Venus Heinrich
Erich Danz / René Büttner /
Mike Schafmeier............ Uwe Heinrich
Zerberus / Erich Honecker /
Pas de trois ................... Kamil Frątczak
Draculina / Monika .... Sabrina Pankrath
Lilith / Pas de trois .... Paulina Wojtowicz
Teufel .................. Karolina Arczewska,
Kinga Stańko, Arkadiusz
Borzdyński, Daniel Kulczyński
Chorleiter Oktoberklub /
Matze Schramm / Rüdiger »Ritchie«
Barton ..................... Ben Zimmermann
Tommy Fritzsching / Rio Reiser /
Uwe Hassbecker............... Patrick Stauf
Manfred Kusno ........ Daniel Kulczyński
Egon Krenz /
Pas de trois......... Arkadiusz Borzdyński

Abb. links von oben links:

1. Tamara Danz (Saskia Dreyer)
singt in ›S.O.S.‹ von aktuellen
Problemen und bringt diese auf den
Punkt – wenn man zwischen den
Zeilen »hört«
2. Tamara Danz (Saskia Dreyer) und
Rio Reiser (Patrick Stauf) unterhalten
sich über aktuelle Projekte und ver-
abreden sich zu einem gemeinsamen
Auftritt
3. Matze Schramm (Ben Zimmer-
mann), Tamara Danz (Saskia Dreyer)
und Tommy Fritzsching (Patrick
Stauf) proben den Song ›Die wilde
Mathilde‹
Fotos (3): Udo Krause

blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019 11


Abb. oben von links:
1. (v.l.): Manfred Kusno (Daniel
Kulczyński), Mike Schafmeier (Uwe
Heinrich), Tamara Danz (Saskia
Dreyer), Matze Schramm (Ben Zim-
mermann) und Tommy Fritzsching
(Patrick Stauf) posieren für ihr erstes
Foto als Band »Familie Silly«
2. Tamara Danz (Saskia Dreyer)
mit Ensemble erklärt dem Regime,
warum eine Ausreise notwendig ist,
und bekommt die Erlaubnis für eine
Studienreise nach Westberlin
3. (v.l.): Rüdiger »Ritchie« Barton
(Ben Zimmermann), Tamara Danz
(Saskia Dreyer) und Uwe Hassbecker
(Patrick Stauf) feiern sich, das Leben
und ihren Erfolg, bleiben sich dabei
aber immer treu
4. Monika (Sabrina Pankrath) holt
Tamara Danz (Saskia Dreyer) vom
Flughafen ab und gemeinsam feiern
sie ihr Wiedersehen und ihre
Freundschaft
Fotos (4): Udo Krause
12
Musicals in Deutschland
schafft es nicht nur gesanglich, sich mit dem Original
auf eine Stufe zu stellen, sondern sieht ihr auch optisch
sehr ähnlich. Besonders deutlich wird dies am Ende des
Musicals, bei der Überblendung von einem Foto der
Schauspielerin zu einem Foto der Sängerin. Trotz die-
ser Ähnlichkeiten schafft es die Musicaldarstellerin, die
Lieder der Rock-Legende auf eigene Art und Weise zu
interpretieren: eine meisterhafte Leistung, die die alten
Songs in neuem Glanz erstrahlen lässt.
Michael Kuczynski porträtiert den Mephisto mit
einer starken stimmlichen und schauspielerischen Leis-
tung, sodass man ihm ›I Want It All‹ problemlos ab-
nimmt. Ebenso überzeugen er und Katarzyna Kunicka
(Wiebke) bei ihrer tänzerischen Darbietung zu ›Wo bist
du?‹. Erotik, Spannung und Sehnsucht lassen fast ver-
muten, dass die Bühnenbildnerin mit ihrer Verführung
ihr Ziel erreichen könnte. Aber eben nur fast, denn auch
wenn der Teufelssohn so seine Probleme mit dem Ent-
zünden des Fegefeuers hat, ist er nicht dumm und weiß
jede Lage für sich zu nutzen.
Mit einer gewissen Leichtigkeit, humoristischen
Einlagen und dem nötigen Ernst zur rechten Zeit insze-
niert Reinhard Simon Tamara Danz‘ Leben. Wirken die
beiden Rahmenhandlungen zunächst etwas verwirrend
und überfordernd, so ist dem Intendanten bei genau-
erer Betrachtung ein metaphorischer Geniestreich ge-
lungen. Tamara Danz ist die Frau, die mit dem Teufel
tanzte: einem Teufel, der zahlreiche Gesichter hatte. Sei
es die Zensur in der DDR, die sie sich gekonnt mit viel
Ideenreichtum zunutze machte oder die Barrieren, die
es der Band erschwerten, auch über die Grenze hinaus
ihre Musik populär zu machen. Ihre Botschaften sind
oftmals versteckt und doch für jeden wahrnehmbar, der
zwischen den Zeilen »hört«, und heute ebenso aktuell
wie damals. Nach der Wende der Materialismus, von
dem sie sich nicht in die Knie zwingen ließ. Machen,
was sich verkauft, konnten andere, nicht so »Silly«. Die
Bandmitglieder sind sich treu geblieben, denn »wenn
Tamara was sagt, kommste nicht dagegen an«. Dem
Krebs zeigte sie die kalte Schulter. Vielleicht war das ihr
persönlicher Pakt, der ihr am Ende ›Asyl im Paradies‹
gewährte und ihren Männern das Versprechen abnahm,
weiterhin Musik zu machen.
Gleichzeitig macht Reinhard Simon mit den »Faust«-
Zitaten subtile Eigenwerbung, gehört doch Goethes
Tragödie für das Publikum der Uckermärkischen
Bühnen genauso zu Ostern wie in manchen Familien
»3 Haselnüsse für Aschenbrödel« zu Weihnachten. Mit
diesen Anspielungen und Mehrdeutigkeiten gibt er dem
Musical eine ganz eigene Note und Tiefe, auf die man
sich sicher erst einmal einlassen muss, die am Ende aber
ein großes Ganzes ergeben, welches einen staunen lässt.
Es war einmal ein Traum. Ein Traum, der Wirklich-
keit wurde. Der Traum, einer Rock-Ikone der DDR
ein ganz besonderes Denkmal zu setzen. Dies ist mit
»Tamara« eindrucksvoll gelungen. Für ältere Fans von
»Silly« ist es ein Geschenk, eine wundervolle Erinne-
rung. Für die jüngere Generation ist es eine Möglich-
keit, etwas Einzigartiges zu erleben und die alten Lieder
vielleicht neu für sich zu entdecken.
Eva Baldauf
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
DR E I M ÄNNE R I M
SC H N EE
REVUEOPERETTE VON THOMAS PIGOR

Uraufführung 31. JANUAR 2019


Das TfN reist in die Unterwelt
Deutschsprachige Europapremiere von »Jasper in Deadland« in Hildesheim
Abb. oben:
Jasper (Nicolo Soller mit Ensemble)
auf dem Weg in die Unterwelt
Foto: Jochen Quast
Jasper in Deadland
Ryan Scott Oliver / Hunter Foster
Deutsch von Lisanne Wiegand
Theater für Niedersachsen
Theater Hildesheim – Großes Haus
Deutschsprachige Erstaufführung:
19. Januar 2019
Regie & Choreographie .... Bart de Clercq
Musik. Leitung ........ Andreas Unsicker
Ausstattung ............ Hannes Neumaier
Jasper ............................. Nicolo Soller
Agnes / Gretchen ..... Elisabeth Köstner
Lethe ........................ Alexander Prosek
Beatrix Pontinari /
Blinde Justitia .................. Sandra Pangl
Persephone / Blinde
Justitia ......... Marysol Ximénez-Carrillo
Eurydike / Blinde
Justitia ......................... Lisa Maria Hörl
Ammut .................... Amanda Whitford
Hathaway / Pluto ......... Gerald Michel
Little Lu ................. Johannes Osenberg
Virgil / Dante .................... Jens Krause
und 38 weitere Ensemblerollen
14
Musicals in Deutschland
W er kennt sie nicht, die Sage von Orpheus und
seiner Eurydike? Besungen in unzähligen Opern,
wie in der wohl bekanntesten: »Orpheus in der Unter-
welt« von Jacques Offenbach. Der Held, der in die Welt
der Toten geht, um seine Liebe in die Welt der Leben-
den zurück zu holen. Schwierige Prüfungen müssen in
den neun Höllenkreisen bestanden werden. Wilde und
furchteinflößende Kreaturen wie der 3-köpfige Höl-
lenhund und andere Unterwelt-Dämonen warten nur
darauf, den Helden in Stücke zu reißen und ihn selbst
in die Welt der Toten zu katapultieren. Und obwohl
diese Sage nach einem Happy End klingt, kann er zum
Schluss seine Liebe nicht befreien und kommt ohne sei-
ne Eurydike wieder zurück. Der 34-jährige Ryan Scott
Oliver hat diese Geschichte in seinem ersten abendfül-
lenden Pop-Rock-Musical aufgenommen. Uraufgeführt
wurde das Musical als Off-Broadway Produktion 2014
in New York City und nun erfährt es seine europäische
Erstaufführung in Hildesheim und dazu auch das erste
Mal in deutscher Sprache.
Mutig und gewagt ist diese Produktion, neu und
modern, doch dieses Stück ist es wert! Denn die Ge-
schichte ist nicht einfach nur in unsere Zeit übertragen
worden, sondern es ist eher eine Fortsetzung, eine zweite
Geschichte über zwei Liebende in der Unterwelt.
Jasper und Agnes sind beste Freunde. Sie kennen
sich schon jahrelang und gehen durch dick und dünn.
Und eines Tages passiert es, die beiden Freunde haben
ihre erste Liebesnacht, aus Freundschaft ist Liebe ge-
worden. Das zumindest denkt Agnes. Jasper ist sich
dessen nicht so sicher, braucht Zeit zum Nachdenken
und kommt nicht zu einem Treffen, zu dem Agnes ihn
am nächstem Tag eingeladen hat, an seinem Lieblings-
platz, den Klippen am See. Jasper gibt sich einen Ruck
und geht doch noch zu den Klippen, aber Agnes ist
dort nicht zu finden. Sie ist gesprungen, er kommt zu
spät. Ist er daran schuld? Ist sie wegen ihm gesprungen,
weil er sich unsicher über sie beide war? Das kann er
nicht zulassen. Todesmutig springt auch er die Klippen
hinunter und findet sich auf der Fähre wieder, die die
ankommenden Toten über den Fluss Lethe zu den To-
ren der Unterwelt bringt. Noch nicht ganz realisierend,
dass es keine versteckte Kamera gibt, legt er sich mit
dem Fährmann an und beim Ankommen an den To-
ren auch mit dem 3-köpfigen Höllenhund. Jasper kann
den Höllenhund überzeugen, ihn als Noch-Lebenden,
durchzulassen, in die Stadt der Toten. Dort beginnt die
Suche nach Agnes. Doch diese erweist sich als schwie-
riger als gedacht, denn alle Toten, die in der Stadt um-
her wandeln, haben vom Fluss Lethe getrunken, dem
Fluss mit dem Wasser des Vergessens. So kann sich
keiner erinnern, Agnes gesehen zu haben. Doch eine,
Gretchen, die Fremdenführerin, fühlt sich von Jasper
auf eine Art angezogen, aber auch abgestoßen, was sie
sichtlich fasziniert. Deshalb trifft sie die Entscheidung,
sich ihm anzuschließen und ihm zu helfen, Agnes zu
finden. In der Stadt der Toten gibt es unter anderem
die Deadland News, die es Jasper noch mehr erschwe-
ren, seine Suche fortzusetzen, weil alle Bewohner von
Deadland einmal den noch-lebenden Jungen sehen
wollen, der eine besondere Gabe hat: Wer von ihm
berührt wird, sieht Bilder aus seiner Erinnerung und
das ist die Hauptbeschäftigung aller, ihre Erinnerun-
gen zurückzugewinnen, denn sie haben noch nicht den
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019

Zusammenhang zwischen dem Wasser des Flusses Le-
the und ihrem Vergessen erkannt. Jasper und Gretchen
gelangen mühselig durch die einzelnen Höllenkreise
fast bis hin zum Elysium, wo die Seelen hinkommen,
um für immer zu verschwinden. Denn das Tor zum
Elysium wird von Ammut (dt: Große Fresserin, Anm.
d. Red.) bewacht, einer ägyptischen Dämonin, welche
die Herzen ihrer Opfer frisst. Jasper gelangt nur durch
das Tor, wenn er der Dämonin seine tiefsten Geheim-
nisse verrät und dadurch sein Herz beim Totengericht
leichter als eine Feder (Symbol der Wahrheits-Göttin
Ma‘at, Anm. d. Red.) werden lässt. Das Geheimnis,
welches er preisgibt, er sei schuld an dem Todessprung
von Agnes, ist das richtige. Sein Herz wird leichter und
leichter, doch Ammut ist eine schlechte Verliererin und
verspeist trotzdem sein Herz. Jasper ist kurz vor dem
Sterben, denn ohne Herz kann auch ein Noch-Leben-
der in der Unterwelt nicht überleben. Gretchen gibt
ihm ihres, was verheerende Wirkungen nach sich zieht.
Durch die Nähe zu Jasper gewinnt Gretchen nach und
nach ihre Erinnerungen zurück und er hat seine Agnes
im Grunde schon ganz früh gefunden. Sie war es näm-
lich die ganze Zeit: Sie war Agnes. Mit diesem Wissen
schaffen es beide zusammen, bis hin zu Pluto, dem
Herrscher über die Unterwelt, zu gelangen, um ihn zu
bitten, sie beide wieder in die Welt der Lebenden zu-
rückkehren zu lassen. Da sie aber nur ein Herz für zwei
Menschen haben, sieht es eher schlecht für die beiden
aus. Persephone, die Geliebte von Pluto, ist von ihrer
Geschichte so überwältigt, dass sie Pluto umstimmen
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
Musicals in Deutschland
kann, und so schaffen es die beiden heraus aus der Un-
terwelt und anders als in der Sage des Orpheus gibt es
am Ende das lang ersehnte Happy End.
Wie schon erwähnt: Auch wenn diese Geschichte
der von Orpheus sehr ähnelt, ist es ganz und gar nicht
einfach nur eine Neuauflage. Denn diese Geschichte ist
eine positivere Version der Orpheussage, da Jasper dem
Verbot gehorcht, sich bei der Reise zurück in die Welt
der Lebenden nicht zu seiner Agnes umzudrehen, an-
ders als es Orpheus bei Eurydike tat. Die Liebe siegt,
und dieser Grundgedanke zieht sich durch das ganze
Stück. Der Text, die Musik, die Geschichte und Aussage
sind einfach grandios und perfekt zusammengesetzt. Ein
altes Thema neu und modern aufgelegt, mit Melodien
und Rhythmen, die eher in der Pop- und Rockwelt zu
Hause sind. Diese wirken nicht nervig, sondern geben
der Geschichte auf der einen Seite eine schöne Leichtig-
Abb. oben:
keit, wie der Abschlusssong ›Ein Tag mehr, an dem es Gut findet Lethe (Alexander Prosek, l.)
schneit‹, auf der anderen Seite verleihen sie ihr aber auch den Besuch des Noch-Lebenden
in den richtigen Momenten eine besondere Schwere, (Nicolo Soller, r.) nicht
wie die Songs, die die Figuren der Unterwelt singen: der
Abb. unten von oben links:
Höllenhund ›Gibt‘s den Sinn?‹ oder die Dämonin Am-
1. Die Überfahrt, ohne versteckte
mut mit ›Gib mir schon Dein Herz‹. Hier wurden harte Kamera, mit Jasper (Nicolo Soller, l.)
Rockrhythmen mit lauter E-Gitarre und Schlagzeug und Virgil (Jens Krause)
eingesetzt, die die verrückte Darstellung der Dämonen 2. Lethe (Alexander Prosek), das Ober-
ganz wunderbar unterstreichen. Die Songs von Jasper haupt der Stadt der Toten
und Agnes gleichen im Gegensatz dazu eher seichten 3. Deadland News: immer up to date
über Jasper (Ensemble)
Pop-Songs aus dem Radio, was aber die Charaktere der
4. Trotz Totsein gibt es Clubs und
beiden widerspiegelt, beide sind eher einfach gestrickt Partys in Deadland (Ensemble)!
und noch jugendlich frisch und unbeschwert. Fotos (5): Jochen Quast
15

Abb. von oben links:
1. Ammut (Amanda Whitford) isst
gerne die Herzen ihrer Gegner
(Ensemble)
2. Die Erinnerungen kehren zurück:
Agnes (Elisabeth Köstner), Jasper
(Nicolo Soller)
3. Jasper (Nicolo Soller) und Agnes
(Elisabeth Köstner): Der Weg in die
Welt der Lebenden
4. Die Geschichte von Agnes
(Elisabeth Köstner) und Jasper
(Nicolo Soller) endet sehr emotional
im Schnee!
Fotos (4): Jochen Quast
16
Musicals in Deutschland
Bei der Vorstellung, wie die Unterwelt aussieht,
gibt es so viele verschiedene Bilder, wie es Menschen
auf der Welt gibt. Ausstattungsleiter Hannes Neumai-
er geht da in die puristisch, moderne Richtung. Kein
Schnickschnack, keine Verzierungen oder ein aufwen-
diges Bühnenbild sind zu sehen. Vier große, weiße
Halbkreise, die zusammen geschoben zwei Kreise bil-
den, sind, durch Rollen beweglich, die ganze Zeit auf
der Bühne. So können in den verschiedenen Szenen
unterschiedliche Spielorte und Szenenbilder dargestellt
werden. Dazu ein quadratisches Podest mit einer Dreh-
scheibe in der Mitte, mit der, zusammen mit einer toll
abgestimmten Lichteinstellung mit bewegtem Licht,
eindrucksvoll der Fall in die Tiefe nachgestellt wird. An
der Rückwand wird ab und zu ein Konstrukt von über-
großen, sich drehenden Lochmetallscheiben herunter-
gelassen. Diese gehen eher in Richtung Industriehalle
als Unterwelt. Das Bild vervollständigen einzelne kleine
Requisiten, wie zum Beispiel die Flaschen, die mit dem
Wasser des Vergessens abgefüllt sind, ansonsten nichts.
Das Licht spielt auch eine große Rolle an diesem
Abend. Mal bewegtes, mal buntes Licht unterstreichen
im richtigen Moment die Szenen und lassen den Zu-
schauer noch tiefer in die Szenerie eintauchen.
Zum Erfolg der europäischen Erstaufführung trägt
auch das Orchester unter der Leitung von Andreas
Unsicker bei. Gewohnt gekonnt spielt die 11-köpfige
Band die Musik und überzeugt mit einem vollen, satten
Klangbild.
Den meisten Darstellern merkt man ein wenig die
Premieren-Aufregung an. Choreographien und Abläufe
fühlen sich noch nicht gesetzt an – wie bei Nicolo Soller
in der Rolle des Jasper. Stark im Gesang, meistert er
die rhythmisch schwierigen Songs in Höhe und Tiefe.
Besonders sein Solo ›Zug um Zug‹ ist ein Höhepunkt
des Abends. Doch im Schauspiel ist seine Anspannung
zu spüren. Seine Darstellung geht nicht sehr tief, Emo-
tionen bleiben dabei auf der Strecke. Anders Elisabeth
Köstner, die Agnes darstellt. Bei ihr merkt man, wie sie
zu 100% in der Rolle ist und sich selbst von kleinen
Fehlern, wie dem Aneinanderhauen der Mikros mit ih-
rem Spielpartner Soller, der nicht mehr weiß, in welche
Richtung sie sich umarmen, nicht beirren lässt. Das
Publikum kommentiert diese Situation mit Gelächter,
doch Köstner lässt sich auch davon nicht aus der Ruhe
bringen: vor allem in ihrer Szene, als sie Jasper unter
Tränen erzählt, wie der Vater angefangen hat, sie zu
schlagen, weil sie ihn zu sehr an die Mutter erinnerte,
die nach kurzer schwerer Krankheit starb. Und dieses
Weinen geht unter die Haut. Ohne dass Köstner ihr
Gesicht übertrieben verzieht, rinnen die Tränen die
Wangen entlang. Da bleibt auch im Publikum kein
Auge trocken.
Ein Defizit hat der Abend leider doch: viel zu viel
Tanz. Jede Sekunde ist durchchoreographiert. Die Dar-
steller haben fast keine Zeit, sich auszuruhen, und das
hört man am Schnaufen im Gesang. Jedes gesungene
Wort hat gefühlt fünf Bewegungen, das ist zu viel. Da
fängt man schon beim Zusehen an, mit zu schwitzen.
Davon abgesehen ist es ein gelungener Abend am
TfN in Hildesheim mit einem sehenswerten neuen
Musical.
Vincent Kleen
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
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Das Netz ist allgegenwärtig
»Amor läuft Amok – Liebe zu Zeiten des Internets« uraufgeführt in Hamburg
Abb. oben von links:
1. Sie begleiten sich, sie singen
und spielen: Tom van Hasselt (l.)
und Steffi Schwendy (r.)
2. Tom van Hasselt spielt Gott
mit Cyberbrille
Fotos (2): Morris Mac Matzen
Amor läuft Amok
Tom van Hasselt / Steffi Schwendy
Schmidtchen Theater. Reeperbahn.
Hamburg
Uraufführung: 29. November 2018
Regie ................................. Felix Powroslo
Mit:
Steffi Schwendy & Tom van Hasselt /
Jan Kersjes
18
Musicals in Deutschland
B ing« – jeder kennt dieses Geräusch. Das Smartpho-
ne vibriert, aufgeregt greift man in die Hosentasche,
wieder eine Nachricht: Ist es das neueste Shopping-An-
gebot, evtl. die heiße Lady von der letzten Party oder die
heiße Nachbarin aus der brandneuen App?
Facebook, Tinder, Lovoo, Grindr, Tumblr und wie
sie nicht alle heißen: Menschen tauchen immer tiefer
in die surrealen Welten des Internets ab. Immer auf der
Suche nach dem nächsten Klick bzw. Kick.
In der realen Welt fahren Menschen inzwischen lie-
ber links auf der »Dauerüberholspur«, anstatt rechts zu
fahren, und sind dabei, sich ständig weiter zu optimie-
ren. Frauen sollen Mutter, Shopping Queen und Busi-
nesslady sein. Männer beste Liebhaber und möglichst
erfolgreich im Job: ›Superheld‹.
Nun kommt das kleinste unter den Hamburger
Schmidt Theatern, das Schmidtchen, mit einer Story
über die »Liebe zu Zeiten des Internets« um die Ecke.
Neben der »Heißen Ecke« (Schmidts Tivoli) also nun
die »Online Ecke«: ›Klick mich an‹.
Steffi Schwendy (Idee), selbst jahrelang Teil der
Schmidt-Familie und auch Darstellerin in den verschie-
densten Produktionen, schuf hier einen recht unterhaltsa-
men Abend, der manchem Zuschauer sicher den Spiegel
vorhält und eine sehr aktuelle Note hat.
Schnell und pfiffig feuern die beiden kreativen
Köpfe des Abends, die heute auch zusammen spielen,
ihre Dialoge ab: Steffi Schwendy und Tom van Has-
selt (Buch und Musik). Hierbei schlüpfen sie in einem
wahnsinnigen Tempo immer wieder in neue Rollen, wie
unter anderem: Gott, Amor, Mutter, Rapper, Zorro,
Clara, Hans.
Auf der recht kargen Bühne steht als zentraler Mit-
telpunkt ein schwarzes Pult, darauf ein Keyboard und
zwei schwarze Sideboards an den Bühnenseiten. Die
verschiedenen Spielebenen entstehen so im Kopf und
durch gut platzierte Requisiten sowie durch den Einsatz
weiterer Instrumente, die geschickt in den Spielablauf
integriert werden (Regie: Felix Powroslo).
Auch dadurch unterstreichen Steffi Schwendy und
Tom van Hasselt ihre große Präsenz und darstellerische
Vielfalt. Selten, dass Darsteller spielen, singen und auch
noch Instrumente spielen – das alles zeitgleich!
Gott und Amor beobachten aus dem Himmelreich,
was da unten auf der Erde so abläuft. Clara und Hans
versuchen, die Liebe ihres Lebens zu finden. Aber das
Netz ist allgegenwärtig und darin verlieren sie sich
immer wieder.
Wie immer stellt sich auch hier die Frage: Wird die
Liebe letztlich siegen oder sich alles durch Lügen und
falsche Profil-Angaben am Ende in Luft auflösen?
Musikalisch tragen die Songs wie ›Digital Native‹-
Rap, ›Algorithmus‹ oder ›Wer ist Zorro‹ zu einem un-
terhaltsamen Abend bei. Andere Stücke des Hauses
überzeugen vielleicht mit noch mehr großen Gänse-
hautmomenten und größeren Stimmen, aber »Amor
läuft Amok« macht Spaß. Ein kleiner Klick auf den
Ticket-Button der Homepage kann also wärmstens
empfohlen werden.
KLICK -
Zusätzlich wieder einmal vom Handy hochblicken
und dem Gegenüber tief in die Augen zu schauen, mal
wieder rechts und langsamer zu fahren, mal wieder einem
anderen Menschen wirklich etwas Gutes zu tun kann
auch wärmstens empfohlen werden. Es dient uns allen,
wenn wir uns nicht vollumfänglich verlieren wollen.
Stefan Schön
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019

Briefe an einen Unbekannten
Deutschsprachige Erstaufführung von »Daddy Langbein« in Bielefeld
1912 erhält das 18-jährige Waisenmädchen
Jerusha Abbott von einem unbekannten
Gönner, den sie nur als langbeinigen Schatten im Vor-
zimmer der Heimleitung sieht, die Chance, Literatur
zu studieren. Das Stipendium ist an Regeln gebunden:
Jerusha verpflichtet sich, ihrem Gönner, den sie niemals
persönlich kennenlernen wird, monatlich Briefe über
ihre Fortschritte im Studium zu schreiben. Jerusha ver-
mutet in dem mysteriösen Fremden ein altes Väterchen
und redet ihn deshalb in ihren Briefen mit »Daddy Long
Legs« (deutsch: Weberknecht) an. Doch Jervis Pendle-
ton ist in Wirklichkeit ein attraktiver junger Mann, den
die ausführlichen und lyrischen Briefe bezaubern. Seine
eigenen Regeln verbieten jedoch jegliche Antwortschrei-
ben. Da er der Onkel einer Mitstudentin ist, lernen sich
Jervis und Jerusha auf dem College kennen und beide
verlieben sich ineinander. Jervis wagt es nicht, Jerusha
einzugestehen, dass er ihr heimlicher Gönner ist, und
sie schreibt ihm weiter. Zum Abschluss ihres Studiums
lädt sie Daddy Langbein ein und ist sehr betrübt, dass er
nicht im Publikum sitzt, sondern nur Jervis …
Der Briefroman von 1912 war der größte Erfolg
der Autorin Jean Webster, die als Mädchen selbst In-
ternat sowie College besuchen durfte und die ihre ei-
genen Erfahrungen in ihrem Roman verarbeitete. Fünf
Mal wurde der Stoff verfilmt, wobei der Musikfilm von
1955 mit Fred Astaire und Leslie Caron die berühmteste
Adaption ist. 1990 folgte eine 40-teilige japanische Zei-
chentrickserie, bevor Komponist Paul Gordon 2009
zusammen mit John Caird (Buch) eine Musicalfassung
schrieb. Gordon hat ein Faible für romantische Roman-
klassiker und vertonte 1995 »Jane Eyre« von Charlot-
te Brontë sowie die Werke von Jane Austen: »Emma«
(2006), »Sense and Sensibility« (2010) und »Pride and
Prejudice« (2018).
Nach der Premiere von »Daddy Long Legs« 2009
in Kalifornien folgten Produktionen in London und
Tokio (2012), im kanadischen Winnipeg (2013), New
York (2015), Seoul (2016) und Buenos Aires (2018). Als
»Daddy Langbein« feierte das 2-Personen-Musical am
25. November 2018 im intimen Loft am Theater Biele-
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
Musicals in Deutschland
feld in der deutschen Fassung von Marie-Luise Schott-
leitner und Martin Fischerauer nun seine deutschspra-
chige Erstaufführung.
Abb. oben von links:
1. Jervis (Gero Wendorff) und
Jerusha (Jeannine Michèle Wacker)
verlieben sich, auch dieses Geheim-
Thomas Winter inszenierte den 85-minütigen Ein- nis vertraut Jerusha Daddy Langbein
akter straff und fesselnd. Die Bühne gehört mit nur in ihren Briefen an
wenigen Requisiten (einer Schreibmaschine auf einem 2. Alle Briefe von Jerusha (Jeannine
Sekretär sowie einem Reisekoffer) ganz den beiden Dar- Michèle Wacker) an Daddy Langbein
stellern des Abends. Jeannine Michèle Wacker, die erst (Gero Wendorff) bleiben unbe-
antwortet, auch die Einladung zur
nach »Heidi« (Seebühne Walenstadt) und »Frühlings
Universitätsabschlussfeier
Erwachen« (Ronacher Wien) in New York ein Musical- Fotos (2): Sarah Jonek
studium abschloss und danach u. a. in »We Will Rock
You« (Essen, Basel) und »Kinky Boots« (Hamburg) auf
der Bühne stand oder in der ARD-Telenovela »Sturm
der Liebe« als Clara Morgenstern und an der Seite von
John Cusack im Kinofilm »Singularity« spielte, schlüpft
in die Rolle der Jerusha Abbott. Ihr zur Seite steht als
smarter Jervis Pendleton der Kölner Gero Wendorff, der
nach seiner Ausbildung an der Theaterakademie August
Everding in München u. a. bei »Luther« (Eisenach),
»Artus – Excalibur« (St. Gallen), »Hochzeit mit Hin-
dernissen« (Bielefeld) und »Zorro« (Rathen) mitwirkte.
Beiden Darstellern gelingt es, die textlastige, durchkom-
ponierte Partitur, die unter der musikalischen Leitung
von William Ward Murta am Klavier perfekt intoniert
wird, authentisch, liebenswert, ergreifend, humorvoll
und kurzweilig zu präsentieren, sodass man als Zu-
schauer gebannt und bis zur letzten Minute gefesselt der
erstaunlich komplexen Handlung folgt.
»Daddy Langbein« beweist anschaulich, dass es nur
wenige Kulissen und Kostüme (Yulia Lebedeva) braucht, Daddy Langbein
um Musicalunterhaltung auf hohem künstlerischen Ni- (Daddy Long Legs)
veau zu bieten und dabei eine bezaubernde Liebesge- Paul Gordon / John Caird
Deutsch von Marie-Luise Schottleitner &
schichte zu erzählen, die nach Irrungen und Wirrungen
Martin Fischerauer
auf ein spannendes Finale zusteuert, bei dem man sich
Theater Bielefeld – Loft
fragt, ob Jerusha einem Mann vergeben kann, dem sie Deutschsprachige Erstaufführung:
bedingungslos Einblicke in ihr Seelenleben gestattet hat 25. November 2018
und der sie gleichzeitig jahrelang über seine wahre Iden- Regie & Bühnenbild........... Thomas Winter
tität im Unklaren gelassen hat. Musik. Leitung ......... William Ward Murta
Ein echter Geheimtipp für romantische Musicalbe- Kostüme ............................ Yulia Lebedeva
sucher im Bielefelder Loft! Jerusha Abbott .... Jeannine Michèle Wacker
Jervis Pendleton ................ Gero Wendorff
Stephan Drewianka
19

Himmlisch-spaßige Hommage
Deutschsprachige Erstaufführung von »Altar Boyz« in der Bar jeder Vernunft Berlin
Abb. oben:
Göttlicher Funken: Die »Altar Boyz«
(Daniel Tejeda, Martin Mulders,
Christopher Bolam, Tobias Bieri,
Tom Schimon) chatten mit Gott und
verbreiten die göttliche Botschaft im
Web und auf der Bühne
Foto: OFFstage Germany
Altar Boyz (Tour)
Gary Adler / Michael Patrick Walker /
Kevin Del Aguila / Marc Kessler /
Ken Davenport
Deutsch von Laura Friedrich Tejero
OFFstage Germany
Bar jeder Vernunft Berlin
Deutschsprachige Erstaufführung:
15. Januar 2019
Regie & Ausstattung...... Michael Heller
Musik. Leitung .... Lidia Kalendareva &
Alin Cristian Oprea
Orchestrierung .......... Doug Katsaros &
Lynne Shankel
Choreographie ......... Michael Heller &
Christopher Bolam
Maske ................................ Melina Jax
Matthew ........................... Tobias Bieri
Mark ........................... Martin Mulders
Luke ....................... Christopher Bolam
Juan ............................... Daniel Tejeda
Abraham ........................ Tom Schimon
Himmlische
Stimme ................. Hans-Jürgen Schatz
20
Musicals in Deutschland
W ir sind die Altar Boyz, wir sind die Backstreet
Boys in cool … Wir sind die Altar Boyz, komm
mach dich bereit. Alter, du wirst heute befreit!« Und
die fünf Jungs auf der Bühne der Bar jeder Vernunft
in Berlin haben bei der Premiere des neuen Musicals
»Altar Boyz« mit Buch von Kevin Del Aguila, Musik
und Liedtexten von Gary Adler sowie Michael Patrick
Walker nicht zu viel versprochen. Denn das Publikum
wird dank der deutschsprachigen Erstaufführung dieser
Musical-Comedy nach einer Idee von Marc Kessler und
Ken Davenport in einer witzigen und geschmackvollen
Inszenierung von Michael Heller (auch Ausstattung
sowie Choreographien gemeinsam mit Christopher
Bolam) davon befreit, sich schlechtes Musiktheater mit
nur Showcharakter und/oder schwächelndem Buch an-
zuschauen. Wieder einmal ist es der Verein OFFstage
Germany, der sich eines erfolgreich am Off-Broadway
aufgeführten Musicals bedient, um es im kleineren
Rahmen auf die Bühnen Deutschlands zu bringen. Die
Bar jeder Vernunft bietet mit ihrem kleineren Saal, Ti-
schen, Logen und Bar den passenden Rahmen für die
Veranstaltung. Dass die Location offen für neue und
ungewöhnlichere Events ist und sich dafür begeistert,
sieht der Besucher der »Altar Boyz« zudem bereits beim
Betreten des Foyers: Ein bunt glitzerndes Kreuz mit ei-
nem Einwurfschlitz nimmt die Mitte des Raumes ein
und zieht die ersten Blicke auf sich – die Beichtbox für
die Zuschauer inklusive Beichtvorlage zum Ausfüllen.
Belehren wollen die »Altar Boyz« selbstverständlich
nicht, aber sie bieten vollen Einsatz und eine Show, die
Spaß macht. Die Musical-Comedy verbindet liebevoll
eine würdige Hommage an die Boybands der 90er und
des Milleniums mit der Parodie auf christliche Musik,
wie sie besonders in den USA beliebt ist, ohne dabei das
Ganze ins Lächerliche zu ziehen. Die deutsche Überset-
zung von Laura Friedrich Tejero funktioniert hier bes-
tens. Klischeehafte und oft belächelte Sprüche wie »Jesus
liebt dich« bleiben aus, das Publikum darf über witzige
choreographische Elemente (etwa das »Satanshörnchen«
oder den »Ringel-Ringel-Kreis«), kluge Wortspiele und
kreative Zufälle auf der Handlungsebene lachen. Und
natürlich: Die Zuschauer dürfen ganz viel Musik und
Gesang lauschen, einem bunten Mix aus Rockklängen,
Pop und Elektro, Funk und Soul, mit spanischen oder
auch Hip-Hop-Elementen, mitklatschen und Spaß
haben. Die Band, bestehend aus Lidia Kalendareva
(auch musikalische Leitung) und Alin Cristian Oprea
(2. Musikalischer Leiter) an den Keyboards sowie Bene-
dict Abalos am Schlagzeug und Matthäus Jähnel sowie
Daniel Lindenblatt an der Gitarre, liefert den Sound für
die mitreißende Beichtparty.
Mit dramatischen, rockigen Klängen beginnt der
himmlische Spaß auf Erden: »Es herrscht ab sofort ein
völlig neuer Sound – sound, sound, sound, sound«, das
Publikum schmunzelt bereits in den ersten Sekunden
der Show über die wunderbar polyphon vorgetragene
Wiederholung der letzten Wörter einer Zeile. Dass die
Besetzung der »Altar Boyz« gelungen ist, ist mit jedem
gesungenen Ton hörbar, ganz wunderbar auch in der
Anbetung des »Soul Sensor DX-12« und einzelnen Solo-
gesängen, die jeden der fünf »Reli-Jungs« in den Vor-
dergrund rücken lassen und ihm seinen Moment des
Ruhms und des Könnens geben.
Die »Altar Boyz« bestehen nach Boyband-Manier
aus fünf Sängern und Tänzern – auch tänzerisch ma-
chen diese ihre Sache mehr als gut, nicht zuletzt dank
der oben erwähnten gekonnten Choreographien. Zu
den verschiedenen Musikstilen werden passende Moves
gezeigt und scheinbar locker-flockig in Synchronisation
oder in lässiger Partystimmung variiert ausgeführt. Der
Band gehören die vier Katholiken Matthew, Mark,
Luke und Juan, nach den Evangelisten benannt, sowie
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019

der Jude Abraham an. Jeder erhält eine Persönlichkeit
beziehungsweise Eigenschaften, die ihn kennzeichnen
und durch das Schauspiel der Darsteller dem Zuschauer
sympathisch werden lassen. So ist Tobias Bieri Matthew,
der Bandgründer und Frauenschwarm. Martin Mulders
ist der etwas schüchterne, aber einfühlsame und groß-
herzige Gutmensch Mark mit Geheimnis: »Ich bin ka-
tholisch ... Lang lebe der Vatikan«. Luke (Christopher
Bolam) ist in Sprache und Style der Hip-Hopper unter
den Fünf und musste wegen »Erschöpfung« (Running
Gag) in eine Klinik. Im Lauf der Show-in-der-Show
offenbart sich sein leidenschaftliches Verhältnis zu
Messwein. Dann ist da noch Daniel Tejeda als Juan, der
lateinamerikanische Wurzeln hat, die nicht zu überse-
hen und zu überhören sind. Er ist auf der Suche nach
seinen Eltern und erntet das Mitgefühl des Publikums.
Wie seine Suche ausgeht, wird hier nicht verraten. Der
Jude Abraham (Tom Schimon) geriet nur zufällig in die
Band, schreibt allerdings die Songtexte auf die Musik.
Die sich auf ihrer »Sensation Christ Tour« befin-
denden »Altar Boyz« erzählen, wenn sie nicht gerade
singen, von sich selbst: ihrem privaten sowie religiösen
Ich und ihrer Mission. Sie wollen die Menschen und
deren Seelen befreien, die Last von den sündigen See-
len nehmen. Während des Konzert-im-Musical erklärt
sich auch der Untertitel: »Am achten Tag schuf Gott die
Boygroup«. Und zwar hat der Herrgott (Stimme von
Hans-Jürgen Schatz, bekannt aus Theater, Kino und
Fernsehen sowie als Rezitator) sich ihnen offenbart, in-
dem er über ihr Handy mit ihnen Kontakt aufnahm.
Sie sollen eine Band gründen und heller strahlen als
jede zuvor Dagewesene und seine Botschaft verbrei-
ten – dazu gehören neben Konzerten auch die sozialen
Medien wie Facebook, Insta(gram) und Twitter. Die
Boyband schlüpft in ein Messgewand und spielt auf der
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
Musicals in Deutschland
Bühne im Schnelldurchgang ihre eigene Schöpfungsge-
schichte aus den fünf Perspektiven vor. Jude Abraham
kommt zufällig in die Kirche und am Ende dieser Ge-
schichte trägt er ebenso ein katholisches Gewand und
ist Mitglied der Boyband.
Am Ende des Konzertabends soll das Publikum von
seinen Sünden befreit und seelisch entlastet werden. Die
belasteten Seelen im Saal werden anhand eines »Sony«-
Fernsehers »Soul Sensor DX-12« gemessen, dadurch
wird das Publikum ein wichtiger Teil der Show. Die
Zahl sinkt – selbst in einer lasterhaften Großstadt wie
Berlin – gegen Ende des Abends ab. Es erfolgt ein Appell
an die Zuschauer, ihre Fehler zu bekennen und sich zu
befreien, doch das ist nicht die einzige Offenbarung an
diesem Abend. Wie sich nach und nach herausstellt, ha-
ben alle vier Katholiken der Band einen Plattenvertrag
als Solokünstler bei »Sony« unterschrieben. Am Ende
ist der gerne plakativ-antisemitisch als geldgierig dar- Abb. oben:
gestellte Jude Abraham der Einzige, der dieses Angebot Göttliche Telefonkonferenz: Gott
abgelehnt hat und mit seinem Vertrauen in die anderen kommuniziert per Handy mit
vier Jungs die Freundschaften und die Band retten kann. Matthew (Tobias Bieri)
Was es mit der Beichtbox im Foyer der Bar jeder Ver-
Abb. unten von oben links:
nunft auf sich hat, kann bei einem der weiteren Termine 1. Die »Altar Boyz« geben singend
Ende März in Berlin oder dann im April in Hamburg und tanzend ihr Bestes mit den
herausgefunden werden. Und wer sich einfach wieder Choreographien von Michael Heller
in die 90er und 2000er Jahre zurückversetzen lassen und Christopher Bolam
2. Boyband-Fieber mit »Altar Boyz« –
möchte, kann das mit den stilvollen Retro-Looks (Kos-
(v.l.): Daniel Tejeda, Tom Schimon,
tüme und Requisite: Michael Heller) der »Altar Boyz« Tobias Bieri, Martin Mulders, Chris-
in silberner Jacke, Metallic Boots oder Fransenoberteil, topher Bolam
Oberarm-Armband mit Jesus-Prints, »G.O.D.«- und 3. So läuft das in der Messe: Die
Davidstern-Symbolen etc. bestens tun. Mit Kreuzket- »Altar Boyz« erklären, wie der heili-
te, Weihrauchflasche, Bibel und Davidstern werden die ge Gottesdienst funktioniert
4. Himmlischer Pop: Spaß mit den
»Altar Boyz« gewiss auch Sie bekehren.
»Altar Boyz« und ihren 90er-Jahre-
Looks und -Choreographien
Rosalie Rosenbusch Fotos (5): OFFstage Germany
21

Gelungene Inszenierung eines zeitlosen
Klassikers »West Side Story« am Theater Dortmund
Abb. oben:
Riff (Markus Schneider, 2.v.l.) hält
Tony (Anton Zetterholm, l.) davon
ab, in den Kampf zwischen Gee-Tar
(Lukas Mayer, 3.v.l.) und Bernardo
(Sascha Luder, 2.v.r.) einzugreifen,
mit Indio (Daniel Ojeda, r.)
Foto: Anke Sundermeier / Stage Picture GmbH
West Side Story
Leonard Bernstein / Stephen Sondheim /
Arthur Laurents / Jerome Robbins
Songs in englischer Sprache
Deutsche Dialoge von
Frank Thannhäuser & Nico Rabenald
Theater Dortmund
Opernhaus
Premiere: 24. November 2018
Regie .............................. Gil Mehmert
Musik. Leitung ....... Philipp Armbruster
Choreographie ............. Jonathan Huor
Bühnenbild ......................... Jens Kilian
Kostüme ............................. Falk Bauer
Licht ............................... Ralph Jürgens
Tony ............................ Philipp Büttner /
Anton Zetterholm
Maria ...... Iréna Flury / Sybille Lambrich
Riff ............................ Markus Schneider
Bernardo .......................... Sascha Luder
Anita .............................. Dorina Garuci
Action ....... Pascal Cremer / Robin Koger
Anybodys ......................... Esther Conter
Chino ...................................... Ben Cox
Teresita .................. Myriam Akhoundov
Doc ............................. Axel Gottschick
Lieutnant Schrank ......... Daniel Berger /
Patrick Imhof
Officer Krupke .............. Edward Steele /
Johannes Knecht
Glad Hand .................. Florian Sigmund
In weiteren Rollen:
Michael Berres, Aline Bucher, Lara
de Toscano, Alejandro Fernández,
Daniela Günther, Nico Hartwig,
Yara Hassan, Lara Hofmann, Roberto
Junior, Charlotte Katzer, Iván Keim,
Lukas Mayer, Nicky Milford, Florian
Minnerop, Doreen Naß, Daniel Ojeda,
Leon Petzold, Sophia Riedl, Jan Rogler,
Alexander Sasanowitsch, Florian
Sigmund, Zoe Staubli, Tomas Stitilis,
Jessica Trocha, Eva Zamostny
22
Musicals in Deutschland
O b Leonard Bernstein, Stephen Sondheim und
Arthur Laurents bei der Uraufführung der »West
Side Story« im Jahr 1957 bereits ahnten, dass ihre nach
einer Idee von Choreograph Jerome Robbins ins New
Yorker Bandenmilieu der 1950er Jahre transportierte
Adaption von Shakespeares »Romeo und Julia« leider
nie an Zeitgeist einbüßen würde? Sie konnten ja nicht
wissen, dass diese angesichts kontroverser Debatten in
puncto Flüchtlingspolitik und weltweit zunehmen-
der Mauern an Ländergrenzen und in den Köpfen der
Menschen aktueller ist denn je! Tatsache ist jedoch,
dass das Stück um die verbotene Liebe des gebürtigen
Amerikaners Tony zur puerto-ricanischen Einwande-
rin Maria vor nun über 60 Jahren (zeitlose) Geschich-
te geschrieben hat und im Musicalgenre durch eine bis
dato in dieser Form noch nie da gewesene Synergie von
Musik, Tanz und Schauspiel einen Meilenstein setzte.
Die »West Side Story«, die nicht umsonst als »Mutter
aller Musicals« bezeichnet wird, gehört zweifelsohne zu
den meistgespielten Stücken weltweit. Schwer also, das
Rad hier immer wieder neu zu erfinden, zumal durch
die Rechteinhaber strenge Richtlinien für die szenische
Umsetzung festgelegt wurden. Regisseur Gil Mehmert,
der die derzeit am Theater Dortmund gezeigte Produk-
tion zuvor mit identischem Kreativteam und einem
Großteil des Hauptcasts erfolgreich beim Domplatz-
OpenAir Magdeburg auf die Bretter brachte, gelingt
hier der schwierige Spagat zwischen ebendiesen Richt-
linien und eigener, akzentuiert gesetzter Handschrift.
Diese zeigt sich bereits beim aufwendigen Bühnenbild
von Jens Kilian, welches ebenso wie die Requisiten von
der Magdeburger Produktion übernommen wurde. In
den allzu vertrauten Kulissen einer Vielzahl von »West
Side Story«-Inszenierungen – einem typischen Hinter-
hof in der Upper West Side mit Backsteinfassaden, Feu-
erleitern, Basketballfeld und ausgebrannten Autowracks
– sind bei genauem Hinsehen die signifikantesten Song-
titel des Stücks versteckt: So lädt ein Werbeplakat zum
›Dance at the Gym‹ ein, auf einer Leuchtreklame an der
Seite ist das Wort ›Tonight‹ zu lesen, im späteren Ver-
lauf in einer weiteren, alles überragenden Leuchtschrift
auf der Dachterrasse des Brautmodenladens das Wort
›America‹. Auf der Bühnenrückwand führt eine aufge-
malte, an die legendäre Route 66 erinnernde Straße ins
sehnsuchtsbehaftete ›Somewhere‹.
Besonderer Clou: Ein fahr- und drehbares Flach-
dachgebäude, das mit Tonys erstem Erscheinen auf die
Bühne geschoben wird, beheimatet bis zu fünf Schau-
plätze gleichzeitig, angefangen bei Docs Tankstelle mit
angrenzender Autowerkstatt (abweichend vom Origi-
nal, in dem Doc einen Drugstore führt) und Graffiti
besprühten Toiletten, bis hin zu Anitas Brautmodenge-
schäft inklusive Rückzugsort auf der Dachterrasse.
Die verschiedenen Spielorte können so buchstäblich
im Handumdrehen in Szene gesetzt werden. Bei den
zahlreichen Tanznummern hingegen schafft eine kurz-
zeitige »Verbannung« des Bühnenelements in die Sei-
tenkulissen den nötigen Platz für die mitreißenden und
raumfüllenden Choreographien von Jonathan Huor,
die vom Ensemble scheinbar mühelos und nahezu der
Schwerkraft trotzend zur aufpeitschenden, von den
Dortmunder Philharmonikern unter der musikalischen
Leitung von Philipp Armbruster perfekt umgesetzten
Musik Bernsteins gemeistert werden.
Auch hier werden viele Elemente der Original-Cho-
reographie von Jerome Robbins genutzt, wenngleich
um eine Vielzahl eigener origineller Ideen ergänzt und
vor allem den heutigen Tanzstandards entsprechend
weiterentwickelt.
Einziger Wermutstropfen: Bei ›Somewhere‹, einer
der inhaltlich und musikalisch gefühlvollsten High-
lights der »West Side Story«, nerven die an Gebärden-
sprache erinnernden Ausdruckstanzelemente ein wenig
und entziehen durch unfreiwillige Komik den hierbei
sonst entstehenden Emotionen jede Menge Energie. Gil
Mehmert hat hier eine weitere, individuelle Akzentuie-
rung vorgenommen, indem er das in den Richtlinien
vorgeschriebene »Somewhere Girl« durch die nach ihrer
eigenen Genderidentität suchende Anybodys ersetzte.
Esther Conter überrascht hier mit wunderschöner Stim-
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019

me, die zunächst so rein gar nicht zu dem in vielen Köp-
fen vorgefertigten Rollenbild der maskulinen Anybodys
zu passen scheint. Hut ab vor dieser sowohl gesanglich
als auch schauspielerisch herausragenden Leistung. Der
namhafte Cast der Dortmunder Inszenierung, der zu-
mindest in den Haupt- und größeren Nebenrollen
größtenteils bereits in Magdeburg überzeugte, ist ein
Hauptgrund, warum sich ein Besuch der »West Side
Story« lohnt.
Das fast 40-köpfige Ensemble erfüllt ausnahmslos
die hier gesetzten hohen Anforderungen, die bei dem
Stück sowohl gesanglich, schauspielerisch als auch tän-
zerisch per se bereits gegeben sind, und überzeugt zu-
dem mit mitreißender Spielfreude und einzigartiger
Bühnenpräsenz. Die männliche Hauptrolle des Tony ist
(alternierend) durch Philipp Büttner und Anton Zetter-
holm erstklassig besetzt. In der gesehenen Vorstellung
zeigt Büttner, der neben seinem derzeitigen Engagement
als Titelfigur in Disney’s »Aladdin« in Hamburg jüngst
in Berlin für drei Vorstellungen in »American Idiot« mit
der Musik der Rockgruppe »Green Day« auf der Bühne
stand, dass er auch in eher klassischen Musicals gesang-
lich absolut zu überzeugen weiß und somit derzeit als
einer der wandelbarsten männlichen Musicaldarsteller
gilt. Sowohl optisch als auch stimmlich harmonierend,
begegnet ihm Maria-Darstellerin Iréna Flury mit wun-
derschön anzuhörendem Sopran hierbei auf Augenhö-
he. Schauspielerisch wissen beide zu beeindrucken: Sie
spielen die frisch aufkeimende Liebe zwischen Maria
und Tony mit solcher Natürlichkeit, dass man bis zum
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
Musicals in Deutschland
unvermeidlich tragischen Ende unwillkürlich mitfie- Abb. unten von oben links:
bern muss. Ebenso beeindruckend: Dorina Garuci als 1. ›Tonight‹ – Entgegen aller
Anita. Körperlich eher von zierlicher Statur, skizziert äußeren Vorbehalte haben sich
Maria (Iréna Flury) und Tony (Anton
Garuci in ihrer Rolle selbst nach der drastischen Ver-
Zetterholm, i. d. bes. Vorst. Philipp
gewaltigungsszene eine starke und stolze Frau, die mit Büttner) unsterblich ineinander
atemberaubender Präsenz alle Blicke auf sich zu ziehen verliebt
weiß. Beeindruckend auch, welch kraftvolle Stimme 2. Ist ›America‹ besser als Puerto
aus dem physisch »kleinen Persönchen« herausströmt. Rico? Anita (Dorina Garuci, Mitte)
und ihre Mädels sind sich noch
Markus Schneider und Sascha Luder wurden ebenfalls
uneinig
zu Recht als Ganganführer Riff und Bernardo gecastet, 3. ›Cool‹ – Die Jets (Ensemble) mit
beide überzeugen mit enormer Ausstrahlung sowie gro- Riff (Markus Schneider, Mitte) be-
ßem gesanglichen und tänzerischen Können. Stärker als reiten sich auf ihren großen Kampf
in manch anderen Produktionen der »West Side Story« gegen die Sharks vor
Fotos (3): Anke Sundermeier /
gibt Pascal Cremer mit ausdrucksstarkem Spiel dem
Stage Picture GmbH
Gang-Mitglied und späteren Anführer Action ganz neue
Facetten. Besonders bei ›Officer Kruppke‹ kann auch
der letzte Zuschauer verspüren, welche Enttäuschungen
und Schicksalsschläge den »jungen Wilden« so zornig
und unberechenbar gemacht haben. Am Ende ist er es
jedoch, der der jungenhaften Anybodys einen Platz in
der Gang gibt und den gegnerischen Sharks nach Tonys
tragischem Tod die Hand zur Versöhnung reicht.
Alles in allem hat das Theater Dortmund sowohl in
der Stückauswahl als auch in der Umsetzung des Klassi-
kers durch Gil Mehmert erneut ins Schwarze getroffen
und kann sich bereits jetzt über komplett ausverkaufte
Vorstellungen freuen. Man darf gespannt sein, was die
kommende Spielzeit bringt.
Susanne Baum
23

Immer noch erschreckend aktuell
»Hair« im Alten Schauspielhaus Stuttgart
Abb. oben:
›Die Demo‹ – Was wollen wir?
Und was nicht? Früher und heute
verschmelzen in den Plakaten – mit
Dionne (Amani Robinson, vorne l.),
Claude (Fin Holzwart, Mitte), Sheila
(Julia Waldmayer, vorne r.), Berger
(Dennis Weißert, hinten 3.v.r.) und
dem Tribe
Foto: Martin Sigmund
Hair
Galt MacDermot / Gerome Ragni /
James Rado
Deutsch von Nico Rabenald, Frank
Thannhäuser & Walter Brandin
Schauspielbühnen Stuttgart
Altes Schauspielhaus
Premiere: 7. Dezember 2018
Regie .............................. Klaus Seiffert
Musikalische Leitung &
Arrangements ....... Clemens Rynkowski
Choreographie ............ Mario Mariano
Ausstattung .................... Barbara Krott
Claude ............................ Fin Holzwart
Berger ......................... Dennis Weißert
Hud .......................... Mario Mariano /
Anthony Curtis Kirby
Woof ............................... Lukas Haiser
Walter / Journalistin............ Tim Müller
Steve ................................ Marc Trojan
Paul ........................ Chukwu Asante I /
Mario Mariano
Sheila ........................ Julia Waldmayer
Jeanie .............................. Katrin Merkl
Crissy .......................... Friederike Kury
Ronny ......... Charlotte Irene Thompson
Dionne ..................... Amani Robinson
Leata .............................. Denise Vilöhr
Marjorie ........................... Lina Gerlitz
24
Musicals in Deutschland
D as Musical »Hair« gehört mittlerweile zu den Klas-
sikern und ist wohl eines der meist gespielten Mu-
sicals weltweit. Das Kult-Stück spielt Ende der 1960er
Jahre in New York. Im Mittelpunkt steht die Geschichte
einer Hippiegruppe, die zwanglos in den Tag hineinlebt,
während Amerika in Vietnam Krieg führt. Bevor 1973
die Wehrpflicht in den USA abgeschafft wurde, hatten
die Amerikaner über 500.000 Wehrpflichtige im Viet-
namkrieg im Einsatz. Überall im Land kam es deshalb
zu Protesten und viele Jugendliche verbrannten ihre
Einberufungsbefehle oder flüchteten nach Kanada: ein
trauriges Kapitel unter Präsident Johnson in der ameri-
kanischen Geschichte.
Dies ist der Hintergrund für die Entstehung von
»Hair«. Die beiden Schauspieler Gerome Ragni und
James Rado, die sich von ihren Auftritten am Broadway
kannten, schrieben Buch und Liedtexte zum Stück, die
Musik komponierte Galt MacDermot. Besonders die
Titel ›Aquarius‹, ›Hair‹, ›Good Morning Starshine‹ und
›Be-In (Hare Krishna)‹ sind sehr bekannt geworden.
Premiere feierte »Hair« am 17. Oktober 1967 am
Off-Broadway im Shakespeare Public Theatre. Nach
einem Umzug in einen Gogo-Disco-Club wurde es
dann zum ersten Mal am 29. April 1968 im Biltmore
Theatre, dem heutigen Samuel J. Friedman Theatre,
am Broadway aufgeführt. Im gleichen Jahr kam es
auch im Londoner West End auf die Bühne. Seine
deutschsprachige Erstaufführung erfuhr das Hippie-
Musical mit dem Untertitel »The American Tribal Love
Rock-Musical« am 24. Oktober 1968 in München.
Dort spielten auch einige, damals noch unbekannte,
Darsteller mit, darunter u. a. Donna Summer, Liz Mit-
chell, Su Kramer, Ron Williams, Jürgen Markus und
Rainer Schöne.
2018, also in dem Jahr, in dem »Hair« am 7. Dezem-
ber im Alten Schauspielhaus Stuttgart Premiere hatte,
feierte die deutschsprachige Fassung des Musicals ihr
50-jähriges Jubiläum. Auch heute, nach über 50 Jahren,
ist seine Thematik erschreckend aktuell. In Stuttgart
lässt Regisseur Klaus Seiffert das Stück deshalb auch auf
einem Friedhof beginnen. Auf der Videoleinwand sieht
der Zuschauer viele weiße Kreuze, ein einzelnes steht auf
der Bühne. Berger, einer der Charaktere, legt eine Kette
über das Kreuz.
Es ist quasi das Ende des Stücks, von dem aus zu-
rückgeblickt wird: denn nun erlebt der Zuschauer, wie
die kleine Hippie-Gruppe, bestehend aus Berger, Clau-
de, Sheila, Hud, Jeanie, Crissy, Woof, Walter, Ronny,
Dionne, Paul, Leata, Marjorie und Steve, fröhlich in
den Tag hineinlebt. Dazu gehören Alkohol und Rausch-
gift ebenso wie freie Liebe ohne Tabus. Jeder liebt jeden.
Man trägt zerrissene Jeans, bunte Kleidung, lange Haare
– die Flower-Power-Bewegung der damaligen Zeit.
Unter den 14 Mitgliedern der Gruppe gibt es auch
vier Schwarze. Sie hatten damals gar keine Rechte und
der Ausspruch (Sheila in den Mund gelegt): »einen
schwarzen Präsidenten wird es in diesem Land nie ge-
ben«, während auf der rückwärtigen Videoleinwand
Barack Obama zu sehen ist, zeigt, dass sich die Zeiten
geändert haben. Doch seinerzeit herrschte Diskrimi-
nierung und der Ku-Klux-Klan verbreitete Angst und
Schrecken unter der schwarzen Bevölkerung.
Die fröhliche Stimmung kippt, als Claude einen
Einberufungsbefehl bekommt. Bei der Musterung gibt‘s
für die Zuschauer auch nackte Haut zu sehen, doch
hält man sich mit dem Provozieren des Publikums in
Stuttgart zurück. Denn in anderen Produktionen gab
es Szenen, in denen das ganze Ensemble nackt auf der
Bühne stand. Doch auch in der Hinsicht haben sich die
Zeiten geändert. Heute regt sich niemand mehr über
nackte Darsteller auf.
Alle gehen zum Demonstrieren und wollen danach
ihre Einberufungsbefehle verbrennen. Bei der Demo
gibt es viele Schilder, die die Probleme unserer Zeit auf-
zeigen, darunter »NICHT MEIN PRÄSIDENT« mit
einer Karikatur von Donald Trump, »WILLKOMMEN
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019

FLÜCHTLINGE« und »FEINSTAUB IN MEINER
NASE«.
Im Feuer der Mülltonne landen dann auch viele Ein-
berufungen, aber Claude kann sich nicht entschließen
und behält seinen Befehl. Eine Reporterin befragt die
jungen Leute, wieso sie nicht nach Vietnam und für »ihr
Land« kämpfen wollen. Als Berger der »Dame« erklärt,
er würde gerne auch mit ihr mal schlafen, entpuppt sich
die reizende Dame als gut gebauter Kerl.
In einem Alptraum erlebt Claude den Krieg schon,
bevor er überhaupt für ihn wahr wird. Da kämpfen In-
dianer gegen Cowboys, Schwarze gegen Weiße, Rote ge-
gen Gelbe, jeder gegen jeden. »Die Weißen schicken die
Schwarzen in den Krieg gegen die Gelben, um Land zu
verteidigen, das sie den Roten gestohlen haben« (O-Ton).
Doch als Claude dann tatsächlich in Vietnam ist,
wird er erschossen. Die Szene, untermalt von Hub-
schraubergeräuschen, Maschinengewehrfeuer und Bil-
dern aus dem Vietnamkrieg auf der Videoleinwand
(u. a. das berühmte Bild des schreienden Mädchens, das
nackt auf den Fotografen zuläuft), wirkt beängstigend.
Claudes Sarg, mit amerikanischer Flagge bedeckt,
kommt zurück und seine Hippiefreunde umringen ihn,
während Claude, für die anderen unsichtbar, von ihnen
Abschied nimmt.
Eigentlich ein trauriges Ende, doch irgendwie ist es
Regisseur Klaus Seiffert gelungen, dass das Musical bunt
und lustig daherkommt und nicht, wie oft bei solch
einer traurigen Problematik, das Publikum deprimiert
nach Hause schickt. Vielleicht liegt es ja daran, dass die
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
Musicals in Deutschland
Darsteller, wie schon während des Stücks, quasi als Zu-
gabe ›Let the Sunshine In‹ im Publikum singen und mit
den Zuschauern agieren.
Die Darsteller sind alle großartig in ihren Rollen,
sowohl singend, tanzend als auch schauspielerisch.
Besonders Fin Holzwart als Claude, Dennis Wei-
ßert als Berger und Julia Waldmayer als Sheila domi-
nieren die Szene. Als Journalistin mit hoher Stimme
und ebenso in der Rolle des Walter kann man Tim
Müller erleben.
Das Bühnenbild, die Projektionen und Kostüme
stammen von Barbara Krott. Unter der Leitung von Cle-
mens Rynkowski spielt eine 9-köpfige Band. Aber ein
besonderes Lob gilt auch Choreograph Mario Mariano,
der in der besuchten Vorstellung die Rolle des Hud und
auch sonst in einigen Vorstellungen als Paul selbst mit-
spielt. Die Tanzszenen sind sehr schön anzusehen und
unterstreichen die Lebensweise der Hippie-Bewegung.
Auffallend war beim Besuch im Alten Schauspiel-
haus, dass das durchschnittliche Alter der Zuschauer
über 60 Jahre ist. Eigentlich sind ältere Zuschauer nicht
so leicht zu begeistern, doch im Falle von »Hair« gab
es am Ende zu Recht tosenden Beifall und Standing
Ovations. Dass es keine Sprachbarriere gibt, da »Hair«
in Stuttgart passend zum 50-jährigen Jubiläum der
Deutschlandpremiere komplett in deutscher Sprache
gezeigt wird, erleichterte das Verständnis mancher sinn-
reicher Anspielung in den Liedtexten und die Verknüp-
fung mit dem Heute.
Ingrid Kernbach
Abb. unten von oben links:
1. ›Nur die Liebe zählt‹ für Sheila
(Julia Waldmayer, vorne Mitte) und
die Frauen (v.l.): Jeanie (Katrin
Merkl, l.), Crissy (Friederike Kury,
2.v.l.), Marjorie (Lina Gerlitz, vorne
r.) und Dionne (Amani Robinson,
2.v.r.) mit Hud (Anthony Curtis Kir-
by, i.d. bes. Vorst. Mario Mariano)
2. ›Hair‹ – (v.l.): Steve (Marc Trojan),
Sheila (Julia Waldmayer), Jeanie
(Katrin Merkl), Hud (Anthony Curtis
Kirby, i.d. bes. Vorst. Mario Mariano),
Claude (Fin Holzwart), Paul (Mario
Mariano, i.d. bes. Vorst. Chukwu
Asante), Dionne (Amani Robinson),
Marjorie (Lina Gerlitz), Woof (Lukas
Haiser), Crissy (Friederike Kury), Ron-
ny (Charlotte Irene Thompson)
3. ›Donna‹ – (v.l.): Marjorie (Lina
Gerlitz), Steve (Marc Trojan), Sheila
(Julia Waldmayer), Berger (Dennis
Weißert), Walter (Tim Müller), Leata
(Denise Vilöhr), Paul (Mario Maria-
no, i.d. bes. Vorst. Chukwu Asante),
Hud (Anthony Curtis Kirby, i.d. bes.
Vorst. Mario Mariano)
4. ›Sheila Franklin‹ – Sheila (Julia
Waldmayer) zwischen Claude (Fin
Holzwart, 2.v.l.) und Berger (Dennis
Weißert), mit Woof (Lukas Haiser, l.)
und Hud (Anthony Curtis Kirby, i.d.
bes. Vorst. Mario Mariano, r.)
Fotos (4): Martin Sigmund
25

Wie wird man glücklich?
»Du bist in Ordnung, Charlie Brown« am Hessischen Staatstheater Wiesbaden
Abb. oben von links:
1. Linus (Christian Sattler), Lucy
(Denia Gilberg) und Charlie Brown
(Tim Speckhardt) sollen einen
Aufsatz schreiben (im Hintergrund
Snoopys Hundehütte)
2. Fliegerass Snoopy (Brandon Miller)
mit Steuerknochen auf der Jagd nach
dem »Roten Baron«
Fotos (2): Christine Tritschler
Du bist in Ordnung,
Charlie Brown
Clarc Gesner / Andrew Lippa /
Michael Mayer
Deutsch von Nicholas Hause &
Christian Struppeck
Junges Staatsmusical Wiesbaden
Hessisches Staatstheater
Kleines Haus – Studio
Premiere: 11. Januar 2019
Regie, Bühnenbild &
Choreographie ................ Iris Limbarth
Musik. Leitung ........ Tim Speckhardt &
Michael Geyer
Piano ........................... Michael Geyer
Kostüme ............................ Heike Korn
Projektionsdesign ........ Felicitas Geipel
Charlie Brown ............. Tim Speckhardt
Linus ........................ Christian Sattler /
Nick Malkewitz
Snoopy ...................... Brandon Miller /
Immanuel Mich
Schröder .............. Yannic Noel Blauert
Lucy ............................ Denia Gilberg /
Viktoria Reese
Sally ................... Katharina Hofmann /
Helena Finatzer
Patty .............. Lisa Schaar / Meike Roth
Woodstock ....................... Coco Brell /
Rosali Bauroth
26
Musicals in Deutschland
1947 erschien der erste Comicstrip des US-
amerikanischen Autors und Zeichners
Charles M. Schulz, der »Peanuts / Kleinigkeiten« verfass-
te: Lebensbetrachtungen einer Reihe Vorstadt-Kinder.
Das Comedy Musical »You‘re a Good Man, Charlie
Brown« von Clark Gesner feierte 1967 am Off-Broad-
way Uraufführung. Es basiert auf einem Konzeptalbum,
in dem Gesner Songs auf Schulz‘ Hauptcharaktere
schrieb. Daher fehlt – abgesehen von Charlie Brown
als zentralem Bezugspunkt – eine durchgehende Hand-
lung. Kürzere und längere Episoden bringen die Figu-
ren dem Publikum näher und wecken Sympathien oder
Antipathien.
Nach dem Londoner West End (1968) spielte die
Show 1971 kurz am Broadway, bevor sie abgesetzt wur-
de. 1999 gab es ein Broadway-Revival mit zusätzlicher
Musik und Liedtexten von Andrew Lippa sowie Dia-
logen von Regisseur Michael Mayer, welches mit Tony
Awards für die Besetzung und Drama Desk Award für
die Produktion ausgezeichnet wurde, bevor der letzte
Vorhang fiel. Nachdem Gesners Stück 1991 in Ham-
burg erstmals in deutscher Sprache auf die Bühne kam,
bildete das Revival die Grundlage für eine neue Fassung
von Nicholas Hause und Christian Struppeck, welche
2000 im Kleinen Theater am Südwestcorso in Berlin
Erstaufführung feierte.
»Du bist in Ordnung, Charlie Brown!« ist ein Off-
Musical, dessen Zauber sich auf einer kleinen Bühne am
ehesten entfaltet. Im Studio des Hessischen Staatsthea-
ters Wiesbaden fühlt man sich wie in einer privaten Ki-
novorstellung und die »Peanuts«-Projektionen (Felicitas
Geipel) im Lämpchenrahmen unterstreichen diesen Ein-
druck noch. Nur läuft kein Film, sondern auf der Bühne
verleihen acht Darsteller des Jungen Staatsmusicals seit
der Premiere am 11. Januar 2019 dem Weltschmerz von
Charlie Brown (Tim Speckhardt), Linus (Christian Satt-
ler), Schröder (Yannic Noel Blauert), Lucy (Denia Gil-
berg), Sally (Katharina Hofmann), Patty (Lisa Schaar)
sowie Snoopy (Brandon Miller) und Woodstock (Coco
Brell) trefflich Ausdruck. Unter Regie von Iris Lim-
barth, welche auch für die Choreographien und die
Ausstattung der Bühne (mit Hundehütte und beidsei-
tig bemalten kubischen Elementen, die bereits 2017 bei
ihrer Ludwigshafener Inszenierung entstanden) verant-
wortlich zeichnet, geschieht dies pointenreich. Christi-
an Sattlers philosophisch-historisch-mythologisch be-
wanderter Linus hat nur eine vermeintliche Schwäche,
seine Schmusedecke. Dabei ist doch die Decke für ein
Kind das, was für die Erwachsenen ihr Hobby ist, wie
er doziert, bevor er hingebungsvoll am Daumen lutscht.
Lustvoll böse ist Denia Gilberg als berechnende Lucy.
Die Pseudopsychiaterin bestärkt Charlie Brown darin,
ein Versager zu sein, und nötigt ihn dazu, seine Ängste
und Hoffnungen offen zu legen, um ihn bloßzustellen.
Sie himmelt Yannic Noel Blauert als Schröder an, weil
sie glaubt, dass er reich und berühmt wird. Diesen in-
teressiert nur sein geliebter Beethoven, aber er sagt ihr
immerhin die Meinung. Tim Speckhardt spielt den un-
glücklichen Charlie Brown bis in seine Mimik glaub-
haft. Statt zu handeln grübelt dieser, ob er handeln
soll und welche Folgen das haben wird, bis es zu spät
ist. Eine charakteristische Szene zeigt den Umgang der
Schüler mit einer Hausaufgabe: Linus analysiert die ge-
sellschaftlichen Zusammenhänge in »Peter Hase«, Lucy
zählt jedes Wort, um die geforderte Anzahl zu haben,
Schröder verbindet »Peter Hase« mit »Robin-Hood«-
Literatur, während Charlie Brown überlegt, ob er seine
Gehirnzellen belasten soll, wenn es doch reicht, die
Aufgabe Mittwoch abzugeben. Aber was ist, wenn am
Dienstag etwas passiert … am Ende hat er nicht einmal
angefangen. Dabei möchte Charlie so viel erreichen,
vor allem aber glücklich sein und geliebt werden. Snoo-
py liebt ihn, auch wenn Lucy behauptet, das sei nur,
weil er ihn füttert. Speckhardt überzeugt nicht nur in
seinen Gesangsparts, sondern verantwortet zusammen
mit Michael Geyer, der die unverstärkt, kräftig singen-
den Darsteller am Piano begleitet, auch die musikali-
sche Leitung. Gesners und Lippas lebendige Melodien
laden mit Swingelementen zu kleinen Tanzeinlagen
ein, allen voran seien hier Linus‘ Tapdance mit seiner
Decke und Snoopys Tanz mit dem zauberhaften Vögel-
chen Coco Brell nach Art von Fred Astaire und Ginger
Rogers genannt.
Barbara Kern
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019

Wenn Santa Claus keine Lust hat
»Weihnachts Circus Show« im Merziger Zeltpalast
F ür Weihnachten 2018 hatte sich der Geschäftsführer
von Musik & Theater Saar Joachim Arnold etwas
Spezielles für den Merziger Zeltpalast im Saarland ein-
fallen lassen: die Weihnachts Circus Show »Der Tag, an
dem Santa Claus keine Lust hatte ...«, in der Musik und
Akrobatik vereint sind. Andreas Gergen, der in Merzig
bereits die Musicals »Hairspray« und »The Addams Fa-
mily« inszenierte, war der Regisseur der Show, zu der er
ebenfalls die Geschichte schrieb. Die Zirkusshow ver-
bindet bekannte Weihnachtslieder, die von einer Live-
Band gespielt werden, sowie Akrobatik und Zauberei
miteinander.
Vor einer Videowand, die eine Winterlandschaft
mit Weihnachtsbäumen, Geschenkpaketen, Kerzen
und einem Schneemann darstellt, sind Misses San-
ta Claus (Suzanne Dowaliby), eine Weihnachtselfin
(Henriette Schreiner) und ein Weihnachtself (Mathias
Schlung) dabei, die Geschenke zu verpacken, und sin-
gen ›The Most Wonderful Time of the Year‹. Unter den
Geschenken sind auch Pakete für Frank Nimsgern,
Joachim Arnold und Annegret Kramp-Karrenbauer.
Die Frau vom Weihnachtsmann erfährt, dass ihr Gat-
te, den man in der Show nur als Videoanimation sieht,
faul im Bett liegt und keine Lust hat, den Kindern zu
Weihnachten ihre Geschenke zu bringen. Sie will ihm
nun mit flotten Liedern und Kunststücken wieder
Lust machen. Zu ›Rockin‘ Around the Christmas Tree‹
turnen die Akrobaten Benjamin und Adam am Chine-
sischen Mast. Nach ›Merry Christmas to You‹ folgt der
Song ›Santa Baby‹, zu dem sich Kontorsionistin Olga
Tsolga auf einem Stuhl dreht und wendet, als hätte
sie keine Knochen. Zu einem eigenen Musik-Medley
veranlasst Zauberer Maxim Maurice seine Partnerin
Jennifer, in Stofftunneln ihre Kleider binnen eines
Augenblicks zu wechseln.
Das Trio kündet mit ›Let It Snow‹ die Ankunft von
Frosty, dem Schneemann, an. Dieser entpuppt sich als
der Jongleur Stanislav Vysotskyi, der mit einer unmög-
lichen Anzahl von Schneebällen jongliert. Als Beloh-
nung bekommt er ein paar Schneestiefel geschenkt.
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
Musicals in Deutschland
›All I Want For Christmas‹ entwickelt sich zu einer
rockigen Nummer, zu der Olga Tsolga hoch über der
Bühne in einem Ring herumwirbelt. Maurice kommt
zu ›Have a Merry Christmas‹ wieder und verschwindet
aus einem Glaskasten, in dem dann Sekunden später
Jennifer auftaucht.
Dann erfährt das Publikum, dass Rentier Rudi ver-
schwunden ist. Auf der Videolandschaft taucht Rudi zu
›Rudolph the Red Nosed Reindeer‹ auf, um immer wie-
der schnell zu verschwinden, sodass er nicht eingefangen
werden kann. Der Elf wird zum Agenten 00-11, aber
auch als Konterfei von James Bond findet er Rudi nicht.
›In der Weihnachtsbäckerei‹ jongliert Frosty mit Eiern,
aus denen gelbe Bälle herausfallen.
Maurice und Jennifer schieben eine große Säge auf
die Bühne. Anstatt dass Maurice von den Sägeblättern
zerschnitten wird, taucht er im Saaleingang wieder auf.
Santas Bett ist leer, seine Frau bittet: ›Please Come
Home For Christmas‹. Auf der Videowand wird die
Geburt von Jesus zu ›Mary‘s Boy Child‹ dargestellt, und
schließlich fliegt der Weihnachtsmann mit seinem von
den Rentieren gezogenen Schlitten durch die Nacht.
›Santa Claus Is Coming to Town‹ singen Misses Santa
und ihre beiden Begleiter, Alex und Oksana bieten Stra-
paten-Akrobatik. Es folgt noch das berühmteste Weih-
nachtslied ›Stille Nacht! Heilige Nacht!‹, das in diesem
Jahr 200 Jahre alt wird. Hier erscheint der Liedtext auf
der Wand, sodass alle mitsingen können. Schließlich ver-
abschiedet sich die Truppe zum »ABBA«-Song ›Happy
New Year‹.
Regisseur Andreas Gergen hat diese neue Herausfor-
derung, Musik und Akrobatik miteinander zu verbin-
den, angenommen und sie zur Zufriedenheit des Pub-
likums gelöst. Suzanne Dowaliby, Henriette Schreiner
und Mathias Schlung singen die Lieder sehr überzeu-
gend. Auch die Artisten können ihre Nummern in Per-
fektion präsentieren. Somit ist diese Weihnachts-Show
mal etwas Besonderes in der Theaterlandschaft.
Christian Spielmann
Abb. oben:
›Let It Snow‹ – Schneeballschlacht
mit (v.l.) Kontorsionistin Olga
Tsolga, den Akrobaten Benjamin
und Adam (2.v.l. und r.), Weih-
nachtselfin (Henriette Schreiner),
Misses Santa Claus (Suzanne
Dowaliby) und Weihnachtself
(Mathias Schlung)
Foto: Rolf Ruppenthal
Der Tag, an dem Santa Claus
keine Lust auf
Weihnachten hatte ...
Weihnachts Circus Show
Diverse Komponisten & Liedtexter /
Andreas Gergen
Musik & Theater Saar
Zeltpalast Merzig
Uraufführung: 21. Dezember 2018
Regie & Bühnenbild .... Andreas Gergen
Musik. Leitung ............... Manuel Krass
Kostüme ............................ Ulli Kremer
Video-Animation .............. Sönke Feick
Misses Santa Claus .... Suzanne Dowaliby
Weihnachtselfin..... Henriette Schreiner
Weihnachtself ........... Mathias Schlung
Akrobaten:
Chin. Mast .......... Benjamin und Adam
Strapaten- und
Partner-Akrobatik ..... Alex und Oksana
Jonglage ................. Stanislav Vysotskyi
Zauberkunst ........... Maxim Maurice &
Jennifer
Kontorsion und Luftring ...... Olga Tsolga
27

Kaleidoskop von Geschichten und Schicksalen
»Elegies – Lieder für Engel, Punks und Dramaqueens« feiert deutschsprachige
Erstaufführung im Berliner Admiralspalast
Abb. oben:
(v.l.): Philipp Gras am Piano, Anne
Keckeis am Cello und Gianni Meurer
Abb. unten:
›Und der Regen hört nicht auf‹ –
Patrick Stanke
Fotos (2): Carolin Weinkopf
28
Musicals in Deutschland
D ezember ist in jedem Jahr die Zeit, um Gutes zu tun.
In diesem Fall hat es laut eigener Aussage etwa ein
Jahr gedauert, von der Idee bis zur Umsetzung des über-
aus aufwendigen Plans, um die Deutsche Aidshilfe e.V.
mit einem großen Projekt zu unterstützen. Der Erlös
des Abends kommt der Aktion »Kein Aids für Alle« zu-
gute, deren Ziel es ist, den Ausbruch einer einst tödlich
verlaufenden Erkrankung noch weiter zurückzudrän-
gen. Doch worum geht es in jenem Projekt, an dem
vor und hinter den Kulissen insgesamt über einhundert
Menschen beteiligt sind? »Elegies – Lieder für Engel,
Punks und Dramaqueens« nennt sich das vor rund 30
Jahren in New York uraufgeführte Musical aus der Feder
von Bill Russell – die Musik stammt von Janet Hood.
Im Deutschen lässt sich der Titel etwa mit »Klagelieder«
übersetzen, was jedoch keineswegs dem Inhalt vorgrei-
fen soll und darf – es wäre schlichtweg verkehrt.
Wie der »Quilt of Memorial«, ein buchstäblicher Fli-
ckenteppich, geschaffen von Hinterbliebenen, um die
Erinnerung an die Schicksale der an Aids Verstorbenen
zu bewahren, der NAMES Foundation als Inspiration
Russells herhält, der sein Stück fortlaufend überarbeitet
und erweitert hat, so dienen hier rund 30 Monologe,
in denen verschiedene Geschichten erzählt werden, als
Basis für das Stück. Die Schicksale sind so bunt und
vielfältig wie die Menschen und das Leben selbst: man-
che heiter, andere bitter, viele lebensbejahend, weitere
traurig. Alle jedoch haben eine Gemeinsamkeit: Jeder
Monolog wird bis auf wenige Ausnahmen von einer an
Aids verstorbenen Person gehalten. Unterbrochen wird
diese Aneinanderreihung lediglich durch wenige Songs,
die von Hinterbliebenen und Überlebenden gesungen
werden und mit ihrem Stil zwischen Gospel, Swing und
Ballade angesiedelt sind.
Dieses Stück kann immer und überall funktionieren –
egal ob als Schulaufführung, am Off-Broadway, um
die durchaus wichtige Thematik nicht aus den Augen
zu verlieren, oder wie an diesem 10. Dezember 2018
in Berlin als groß angelegte Benefiz-Veranstaltung, in
der sich 55 musikalische Größen aus Deutschland und
Österreich sowie der 20-köpfige Chor der Universität
der Künste die Bühne teilen.
Als Kulisse bedarf es nicht viel: Nur eine dreistufige
Tribüne, die sich über die gesamte Breite der Spielflä-
che erstreckt, nimmt im Hintergrund Raum ein – der
großzügige freie, vordere Platz ist den Protagonisten
vorbehalten. Lediglich zwei Musiker, Philipp Gras, der
musikalische Leiter des Abends, und Sophie Keckeis
begleiten mit ihrem harmonischen Spiel an Flügel
und Cello am linken Rand des Geschehens sehr un-
aufdringlich und einfühlsam die Solisten bei ihren
Gesangsparts. Die Beleuchtung ist zweckmäßig: Der-
jenige, der gerade seine Geschichte erzählt, steht im
Mittelpunkt und wird von einem Scheinwerfer ins
rechte Licht gerückt. Alle anderen versinken in diffu-
sem Dämmerlicht und geben auf diese Weise jedem
Schicksal eine Chance, für einen Augenblick die Auf-
merksamkeit auf sich zu ziehen. Requisiten oder aus-
gefallene Kostüme sucht man an diesem Abend ver-
geblich. Jeder Darsteller hüllt sich passend zu seiner
Figur meist nur in schlichte Alltagskleidung. Aufsehen
erregen allerdings jene »schrillen Vögel«, die ihrer Sto-
ry angepasst in Strapsen, Unterwäsche oder Nachtklei-
dung auftreten – doch sind es vergleichsweise wenige
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
 Musicals in Deutschland

Charaktere, die diese schrillen oder schillernden Kon-
traste zum normalen Alltag verkörpern.
Robin Kulisch und Daniel Witzke haben den Ver-
such gewagt, dieses weltweit seit mehr als einem Vier-
teljahrhundert immer wieder mit Erfolg inszenierte
Projekt auch in Deutschland auf die Beine zu stellen.
Sie haben die Monologe und Liedtexte ins Deutsche
übertragen und Verbündete gefunden, die den Schritt
mit ihnen wagten, »Elegies« erstmalig in deutscher
Sprache aufzuführen. Beiwohnen dürfen dem Ganzen
rund 300 Zuschauer, die die vorderen Reihen des Stu-
dios des Berliner Admiralspalastes füllen. Auch wenn
das Studio noch lange nicht ausverkauft ist, so ist die
Erwartung zum Zerreißen gespannt, als Kulisch und
lichkeiten in der heutigen Zeit durchaus gegeben sind,
Elegies
bis zum Jahr 2020 zu verbannen. Weltweit gelte dieses
Janet Hood / Bill Russell
Ziel für 2030, aber hierzulande könne man es schaffen, Deutsch von Robin Kulisch &
die Erkrankung in die Geschichtsbücher zu verban- Daniel Witzke
nen, wenn nur genügend Aufklärung erfolge und die Kulisch & Witzke
notwendige Behandlung und Prävention gewährleistet Admiralspalast Berlin
Deutschsprachige Erstaufführung:
seien. Nach einigen verteilten Vorschusslorbeeren heißt 10. Dezember 2018
es endlich Bühne frei für »Elegies – Lieder für Engel,
Regie ............................. Daniel Witzke
Punks und Dramaqueens«. Musikalische Leitung ....... Philipp Gras
Mit dem Titel, der sowohl das Musical als auch – Arrangements ....................... James Raitt
mit einer Reprise – den zweiten Akt eröffnet, ist eigent- Zusätzliche Vocal-
Arrangements .................. Robin Kulisch
lich alles bereits gesagt. Ana Milva Gomes verleiht der Lichtdesign ... Marcus Kleine-Borgmann
musikalischen Erinnerung ihre Stimme und zieht mit Sound ............ Roland Görisch & Heiko
ihren eindrücklichen Worten das Publikum sofort in Reimann

Witzke gemeinsam mit Holger Wicht, dem Presse-
sprecher der Deutschen Aidshilfe, die Bühne betreten,
um ein paar einleitende Worte zu sprechen. Die beste
Nachricht nimmt Witzke damit vorweg, dass man es
aller Widrigkeiten zum Trotz geschafft habe, alle 55
bestätigten Darsteller pünktlich auf der Bühne zu verei-
nen. Einem Streik im Fernverkehr der Deutschen Bahn
geschuldet, sei man zeitweise ins Schwitzen geraten,
doch am Ende habe es geklappt – eine Nachricht, die
mit frenetischem Jubel aufgenommen wird. Als Ehren-
gast ist Bill Russell mit seinem Ehemann anwesend, der
es sich nicht nehmen lassen möchte, sein Geisteskind
auch in einer neuen Sprache zu sehen. Russell selbst ist
der Überzeugung, dass es ein Glücksfall ist, dass ein aus
großer Traurigkeit geborenes Projekt ein so wunderba-
res, Menschen verbindendes Happening werden kann
und das immer wiederkehrend. Daniel Witzke bezeich-
net »Elegies« in seiner Anfangsrede auch als »Kaleidos-
kop des Lebens«, wobei eine Botschaft ist, das Augen-
merk darauf zu richten, dass der Virus vor niemandem
Halt macht. Holger Wicht stellt in knappen Worten
das angestrebte Vorhaben vor: Aids in einem reichen
Land wie Deutschland, in dem die Behandlungsmög-
ihren Bann. Ihre Figur, eine Überlebende einer Zeit, in
der Unzählige zu früh aus dem Leben gerissen wurden,
erinnert sich daran, wie es war, den Zusammenhalt im
Viertel zu spüren und jedem seinen Platz in der Ge-
sellschaft einzurichten. Sie eröffnet den Blick auf die
ersten Schicksale.
Zwischen den Liedern erhält das Publikum Einblick
in jeweils etwa fünf Geschichten, vorgetragen als ein-
dringliche Monologe. Fast alle Menschen, die vorgestellt
werden, sind an der Krankheit gestorben, die sich nicht
aufhalten lässt. Jede Gruppe von Personen ist auf ihre
Art auch inhaltlich miteinander verbunden. Stehen
auch die Geschichten für sich, so ergibt sich nach und
nach doch ein Gesamtbild. Patrick (Thomas Wissmann)
eröffnet die Reihe der Monologe und appelliert daran,
das Leben zu genießen und zu feiern. Auch wenn man
der Toten gedenke, dürfe man nicht damit aufhören,
selbst zu leben.
Die beeindruckten Zuschauer hören von Geheim-
nissen, vom Verbergen der eigenen Identität, von Dro-
genexzessen und gleichgeschlechtlichem Sex. Doch sie
hören auch von tiefer Freundschaft einer Gruppe junger
Männer zueinander, welche nach und nach ihr Leben
Mit: Ulrich Allroggen, André Bauer,
Volkan Baydar, Franziska Becker, Katja
Berg, Andreas Bieber, Aisata Black-
man, Katja Brauneis, Adrian Burri,
Patrik Cieslik, Kathi Damerow, Gino
Emnes, Julia Fechter, Ethan Freeman,
Monika Julia Freeman, Franz Frickel,
Ana Milva Gomes, Maya Hakvoort,
Christian Peter Hauser, Dominik Hees,
Annika Henz, Gerrit Hericks, Denise
Jastraunig, Milica Jovanović, Armin
Kahl, Masha Karell, Serkan Kaya,
Jessica Kessler, Robert Knorr, Franziska
Kuropka, Anika Lehmann, Benno Leh-
mann, Regina Lemnitz, Carsten Lepper,
Bettina Meske, Gianni Meurer, Chris
Murray, Barbara Obermeier, Brigitte
Oelke, Jurassica Parka, Lemuel Pitts,
Barbara Raunegger, Pedro Reichert,
Lucy Scherer, Sandra Maren Schneider,
Iris Schumacher, Alexander Soehnle,
Johanna Spantzel, Patrick Stanke, Jana
Stelley, Arne Stephan, Roberta Valen-
tini, Léon van Leeuwenberg, Marlon
Wehmeier, Thomas Wissmann
Chor des Studiengangs Musical/Show
an der UdK Berlin unter der Leitung
von Holger Off

Abb. links von oben links:

1. ›Helden‹ – (v.l.): Lucy Scherer,
Andreas Bieber, Robert Knorr,
Milica Jovanović
2. ›Alles Geld der Welt‹ – (v.l.): Mo-
nika Julia Freeman, Brigitte Oelke,
Bettina Meske, Adrian Burri, Marlon
Wehmeier, Annika Henz
3. Monika Julia Freeman
4. Kathi Damerow
Fotos (4): Carolin Weinkopf

blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019 29


Abb. oben von oben links:
1. ›Ich lass dich geh‘n‹ – Serkan
Kaya mit Ensemble
2. ›Engel, Punks und Drama
Queens‹ – Ana Milva Gomes
3. Maya Hakvoort: ›Ich weiß dir
nicht zu helfen‹
4. ›(Ich mache das) Jetzt nicht mehr‹
– (v.l.): Chris Murray und Ethan
Freeman
5. Chor der Universität der Künste
Abb. unten:
Carsten Lepper
Fotos (6): Carolin Weinkopf
30
Musicals in Deutschland
lassen. In ihrem Lied, ›Ich halt mich fest an dir‹, vorge-
tragen von Volkan Baydar, Jana Stelley, Denise Jastrau-
nig und Gino Emnes, erinnert sich der letzte Überleben-
de daran, dass die Verstorbenen in den Erinnerungen
immer am Leben bleiben.
Im nächsten Block wird provoziert, aufgeklärt und
getrauert. Tracey (Katja Berg) ist die erste weibliche In-
fizierte auf der Bühne. Sie hat sich mit einem bisexuel-
len Mann eingelassen, der ihr nicht nur seine Vorlieben
beichtet, sondern auch seine Erkrankung, die er ihr zu-
dem übertrug. Nick (Carsten Lepper) infiziert sich nach
seiner Scheidung beim Besuch eines Bordells. Auch er
erliegt am Ende der Krankheit, nachdem seine Figur
sehr provokant mit der Thematik umgeht: Ihm folgen
durch seine Ansteckung zahllose Namenlose, die es sei-
ner Meinung nach nicht besser verdient haben, als am
Ende in der Hölle zu schmoren.
Dass Aids vor niemandem Halt macht, ob schwarz
oder weiß, arm oder reich, wird im nächsten Block deut-
lich. Es wird von Menschen berichtet, die helfende Hän-
de abwehren, weil ihnen ihre Sucht nach dem Rausch
wichtiger ist und das Entfliehen in Scheinwelten einfa-
cher scheint, als das Leben selbst zu meistern. Tragisch
ist die Geschichte von Rebecca (Iris Schumacher), deren
Mann an der Bluterkrankheit litt. Die Freude, dennoch
eine Familie gründen zu können, weil das Gen dazu sich
über die Mutter vererbt, war immens, doch ihr Mann
hatte sich während einer Krankenhausbehandlung mit
dem Aidsvirus infiziert. Sie musste ihre Söhne sterben se-
hen, sah ihren Mann hinterhergehen und wählt schließ-
lich den Flammentod im eigenen Haus. Es bedarf keiner
großen Bühne, um die erdrückende Stimmung einer
Frau zu spüren, die vor den Scherben ihres Lebens steht.
Von tiefer Freundschaft erzählt der letzte Charakter
dieses Blocks. Er selbst sei homosexuell gewesen, der
(Ex)-Mann seiner Schwester durch und durch hetero.
Dennoch haben gemeinsame Hobbys und Leidenschaf-
ten sie verbunden, sodass der beste Freund ihn bis in
den Tod begleitet: Patrick Stanke beschließt als ebendie-
ser Freund mit dem Song über die Unfähigkeit, zu trau-
ern: ›Und der Regen hört nicht auf‹, höchst emotional
diesen Abschnitt.
Für sie alle, für jeden einzelnen dieser aneinanderge-
reihten Schicksale wünscht das Lied ›Celebrate‹ vor der
Pause nur eins: die Zeit miteinander zu nutzen, denn
das Leben ist ein kostbares Geschenk.
Es folgen viele Geschichten wie die von Christopher
(Gianni Meurer), der sich mehr Action und Drama ge-
wünscht hätte. Robert Knorr, Andreas Bieber, Milica
Jovanović und Lucy Scherer singen von den Alltagshel-
den und appellieren daran, einander die Hände zu rei-
chen, um gemeinsam stark zu sein. Krankenschwester
Nancy (Sandra Maren Schneider), die ehrenamtlich auf
einer Aidsstation aushilft, weil alle anderen sich davor
scheuen, mit den Kranken in Kontakt zu treten, zeigt
Mitgefühl und empfindet keinen Groll, als sie sich an
einer kontaminierten Nadel verletzt. Claudia (Franziska
Becker) ist ein Beispiel dafür, dass niemand sicher ist
und es jeden treffen kann und Maya Hakvoort gibt
der Machtlosigkeit der Begleitenden Ausdruck mit ›Ich
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019

weiß dir nicht zu helfen‹. Tina (Johanna Spantzel) wählt
den Freitod, obwohl die Diagnose nicht einmal sicher
ist, Roscoe (Jurassica Parka) und Helen (Regina Lem-
nitz) kämpfen überzeugend gegen alle Hindernisse, die
sich ihnen in den Weg stellen, und müssen feststellen,
dass auch Geld im Sterben nicht glücklich macht.
Es wird auch nicht verschwiegen, dass die Krank-
heit Familien zerstört, Frauen fragen sich, was sie falsch
gemacht haben, und sterben, weil ihr Mann sie nach
einer bisexuellen Beziehung angesteckt hat. Ein anderer
kämpft darum, neben der Liebe seines Lebens beige-
setzt zu werden. Roberta Valentini singt darüber, dass
manche Menschen ihr Glück weit entfernt finden, auch
wenn es für manch einen schwer zu verstehen ist.
Jeder Protagonist, der einmal in dem spärlichen
Rampenlicht stehen durfte, um seine Geschichte zu er-
zählen, geht auf die Tribüne und versucht so zusammen
mit allen anderen im Hintergrund, ein Zeichen gegen
das Vergessen zu setzen. Mehr als einmal werden Emo-
tionen deutlich sichtbar, wenn jeder Darsteller auf seine
Weise mit den Geschichten der anderen umgeht.
Menschen gehen auf ganz unterschiedliche Wei-
se mit ihrer Diagnose und dem daraus resultierenden
Schicksal um. Während der eine klare Vorstellungen
davon hat, wie sein Feld auf dem Memorial Quilt ein-
mal aussehen soll, beschäftigt sich der andere damit,
das Leben zu enträtseln, und sucht manisch Antworten
auf alle unlösbaren Fragen. Miles (Armin Kahl) wehrt
sich gegen sein Ende, auch wenn der körperliche Verfall
dieses längst ankündigt. Seine Erinnerungen an Eindrü-
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
Musicals in Deutschland
cke und den einen Freund, der ihn immer geliebt hat, Abb. oben von oben links:
halten ihn am Leben. Er kämpft, bis sein Liebster ihm 1. Dominik Hees
mit seinen Worten die Kraft gibt, nicht länger zu leiden: 2. Thomas Wissmann
3. Jurassica Parka
›Ich lass‘ dich geh‘n‹. Serkan Kaya stimmt dieses letzte
Lied an, bevor ihm die anderen Mitwirkenden im Chor Abb. unten:
antworten. Vielstimmig schwillt der Refrain immer wie- Jana Stelley und Gino Emnes: ›Ich
derkehrend an und am Ende sind es 75 Darstellerinnen halt‘ mich fest an dir‹
Fotos (4): Carolin Weinkopf
und Darsteller, die in einem ergreifenden Chor die letz-
ten Zeilen gemeinsam singen.
Der lang anhaltende Applaus für dieses durchaus
gelungene Kaleidoskop an Geschichten und Schick-
salen gibt Russell wieder einmal und Witzke und Ku-
lisch zum ersten Mal Recht. Sie haben mit »Elegies« ein
neues Format auf die Bühne gebracht, das funktioniert,
auch wenn man es nicht als Musical bezeichnen kann.
Es bleibt die Frage: »Und nun?« Jede Darstellung für
sich ist brillant, überzeugend und hochemotional, doch
hinterlassen die Geschichten leider keinen bleibenden
Eindruck. Wie die aufgereihten Toten auf der Tribüne
im Hintergrund gehen auch hier Namen und Geschich-
ten schneller verloren als die Verkehrsmeldungen in der
Zeitung. Gerade wegen der Fülle an Informationen und
der Masse an vorgestellten Personen bleibt nicht genug
Raum, Sympathien zu entwickeln, mit den Personen zu
leiden oder sich nachhaltig mit deren Geschichte ausei-
nanderzusetzen. Sie verblassen im Nebel dessen, woge-
gen sie ankämpfen – sie geraten in Vergessenheit, noch
ehe das Licht auf der Bühne gänzlich erlischt.
Andrea Ney
31

Eine fast klassische Inszenierung
The English Theatre in Frankfurt am Main zeigt »Cabaret«
Abb. oben von links:
1. Cliff Bradshaw (Ryan Saunders)
und Sally Bowles (Helen Reuben)
2. Emcee (Greg Castiglioni) und die
Kit-Kat-Girls (Charis Murray, Hannah
Cauchi, Dominique Jackson, Lindsay
Goodhand)
Fotos (2): Martin Kaufhold
Cabaret
John Kander / Fred Ebb / Joe Masteroff
In englischer Sprache
The English Theatre Frankfurt am Main
Premiere: 3. November 2018
Regie ...................................... Tom Littler
Musikalische Leitung ............... Mal Hall
Musical Supervision &
Orchestration .................... Tom Attwood
Choreogr. ....... Cydney Uffindell-Phillips
Ausstattung ........................ Simon Kenny
Lighting Design ............ Richard G. Jones
Sound Design ................. Stephan Weber
Sally Bowles .................... Helen Reuben
Conférencier Emcee ...... Greg Castiglioni
Cliff Bradshaw ................. Ryan Saunders
Ernst Ludwig ......................... Matt Blaker
Fräulein Schneider ............ Sarah Shelton
Fräulein Kost ............. Lindsay Goodhand
Herr Schultz ............. Richard Derrington
Frenchie ........................ Hannah Cauchi
Lulu ......................... Dominique Jackson
Rosie ................................ Charis Murray
Victor ......................... Lawrence Guntert
Max ................................... Adam O‘shea
Bobby .......................... Hendrick January
Hans .................................. Miles Paloma
32
Musicals in Deutschland
A uf der Bühne stehen viele Koffer vor einem Eisen-
bahnwaggon, in dem das Orchester sitzt. Ein Stahl-
trägergerüst, so wie einst in den Bahnhöfen, bedeckt die
Bühne. Regisseur Tom Littler (»Jekyll & Hyde« 2018)
scheint von Kollege Ryan McBride (»Saturday Night
Fever« im The English Theatre) inspiriert zu sein: Auch
hier spielen zwei Darsteller ein Musikinstrument. Es
sind Fräulein Kost (Lindsay Goodhand) und Ernst Lud-
wig (Matt Blaker), die sich alternativ mit Klarinette oder
Saxophon unters Ensemble mischen, um zum richtigen
Zeitpunkt in ihre Rollen in der Show zu schlüpfen. Tra-
ditionsgemäß eröffnet der Conférencier Emcee (Greg
Castiglioni) das Musical »Cabaret« mit ›Willkommen‹.
Das Ensemble des »Kit Kat Klub«, Frenchie (Hannah
Cauchi), Lulu (Dominique Jackson), Rosie (Charis Mur-
ray), Victor (Lawrence Guntert), Max (Adam O‘shea),
Bobby (Hendrick January) und Hans (Miles Paloma),
tanzt mit ihm und dem Star des Klubs, Sally Bowles
(Helen Reuben). Aus den Koffern entsteht ein Zugab-
teil (Ausstattung: Simon Kenny). Cliff Bradshaw (Ryan
Saunders) und Ernst Ludwig lernen sich kennen. Cliff
zieht in die Pension von Fräulein Schneider (Sarah
Shelton), in der auch Fräulein Kost und Herr Schultz
(Richard Derrington) wohnen.
Die gerade nicht spielenden Darsteller sitzen – sei es
auf einer überhöhten Ebene links neben der Bühne, sei
es rechts auf den Koffern – und beobachten teilnahms-
los das Geschehen, so wie viele Menschen in der Zeit
von 1930.
Cliff besucht das Cabaret »Kit Kat Klub«, wobei erst-
mals seine homosexuelle Seite zum Vorschein kommt.
Im Backstage-Bereich knutscht er mit Bobby, den er be-
reits in London kennengelernt hat. Nach ihren Auftrit-
ten mit ›Don‘t Tell Mama‹ und ›Mein Herr‹ trifft Sally
auf Cliff. Dabei greift der Regisseur auf eine Idee des
Londoner Revivals von 1993 zurück. Emcee spielt auf
dem Dach des Eisenbahnwaggons ›Tomorrow Belongs
to Me‹ über ein Grammophon ab.
Sally verliebt sich in Cliff und hofft mit ›Maybe This
Time‹, endlich den Richtigen gefunden zu haben. Fräu-
lein Schneider und Herr Schultz denken mit ›Married‹
an Heirat und speziell der Song ›It Couldn‘t Please Me
More (A Pineapple)‹ bewegt in dieser Beziehung, die
aber von Ernst Ludwig, der sich als Nazi entpuppt, zu-
nichte gemacht wird. Am Ende des ersten Akts stimmt
Fräulein Kost ›Tomorrow Belongs to Me‹ an.
Im zweiten Akt singt Richard Derrington als Herr
Schultz nochmal ›Married‹, allerdings mit dem bitterbö-
sen Beigeschmack, dass er als Jude verpönt ist. Er wird
durch Emcee unterstützt, der die Visionen der Nazis
mit ›If You Could See Her (The Gorilla Song)‹ nicht
teilt und mit einem Affen tanzt. Ein trauriges Fräulein
Schneider stellt sich die Frage: ›What Would You Do?‹,
da sie Angst hat, ihre Existenz zu verlieren. Die schwan-
gere Sally kann ohne das Cabaret nicht leben. Sie be-
greift nicht, weshalb Cliff Deutschland so schnell wie
möglich verlassen will, treibt ab und kehrt in den Klub
zurück. Ihre anschließende Interpretation des Titelsongs
›Cabaret‹ wird jedoch zur Wehklage, verliert sie doch
den einzigen Menschen, den sie je liebte. Am Schluss
sitzt Cliff wieder im Zug. Erinnerungen defilieren, und
der Eisenbahnwaggon fährt von der Bühne. »It was the
end of the world.«
Bemerkenswert ist Greg Castiglioni als Emcee. Er
hat sein Gesicht weiß geschminkt, wie ein Weißclown,
der stets der herrische Boss seiner Truppe ist. Er kom-
mentiert das politische Geschehen mit seinen Liedern,
die er mit seiner überragenden Stimme singt. Gesang-
lich stark ist ebenfalls Helen Reuben. Sie vermag ihrer
Sally eine gewisse Verspieltheit zu verleihen, mit der
sie die Männer beherrscht. Zum Schluss ist sie jedoch
verbittert und weiß, dass sie ihre einzige Liebe verspielt
hat. Sarah Shelton überzeugt in allen Belangen, sowohl
gesanglich als auch schauspielerisch, wenn sie dieses
Fräulein Schneider mit einem Gesichtsausdruck voller
Hoffnung spielt, der sich in pure Enttäuschung und
Wut verwandelt.
Fast klassisch inszeniert, mit einigen neuen Ideen
versehen, ist diese Frankfurter Fassung von »Cabaret«
nicht zu verpassen.
Christian Spielmann
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019

Leben an einer Staumauer
»Cabaret« am Theater Baden-Baden
E in alter Mann (Berth Wesselmann) mit zerzaus-
ten Haaren betritt die Bühne, auf der viele Koffer
stehen. Er spricht von einer Stadt, Berlin, von einem
Land, Deutschland. Er sagt: »Es ist das Ende der Welt!«
Man erinnert sich: Das sind die letzten Worte von Clif-
ford Bradshaw im Musical »Cabaret« von John Kander
und Fred Ebb. Der Mann beginnt, ›Willkommen‹ zu
singen, den Eröffnungssong zu diesem Musical. Es ist
also Emcee, der Conférencier des Nachtklubs »Kit Kat
Klub«. Er zieht einen Spielaffen auf, der seine Handzim-
beln zusammenschlägt. Dann öffnet er eine Klappe im
Bühnenboden und die Klub-Tänzerinnen tauchen auf:
Rosie (Maja Müller), Lulu (Chiara Regenold), Mausi
(Josephine Bönsch) und Texas (Leonie Jacobs).
Den Bühnenhintergrund bildet eine Art Staumauer,
mit drei Ein- und Ausgängen. Die Girls steigen über
eiserne Stiegen hinauf und tanzen darauf. Aus den Kof-
fern entsteht dann ein Zugabteil, in dem sich der ameri-
kanische Schriftsteller Cliff Bradshaw (Patrick Wudtke)
und der Deutsche Ernst Ludwig (Holger Stolz) tref-
fen. Es folgt die Einquartierung von Cliff bei Fräulein
Schneider (Catharina Kottmeier) und die Begegnung
mit Fräulein Kost (Maja Müller), die ihr Zimmer für
das horizontale Gewerbe nutzt, sowie mit Herrn Schultz
(Oliver Jacobs), der einen Obstladen betreibt und in die
Zimmervermieterin verliebt ist. Am Abend feiert Cliff
im »Kit Kat Klub« Silvester, trifft die britische Tänzerin
Sally Bowles (Sonja Dengler), und das Jahr 1930 be-
ginnt vielversprechend. Sally singt ›Mein Herr‹ (in eng-
lischer Sprache) und beschreibt sich als Tiger, also als
unberechenbar. Da sie Ärger mit ihrem Lover im Klub
hat und Gefallen an Cliff findet, zieht sie kurzerhand
zu ihm, was Fräulein Schneider nicht unbedingt gefällt.
Ein Junge (Jonas Kimmerl) in einer Lederhose setzt
sich in Cliffs Zimmer aufs Bett und singt ›Der morgige
Tag‹, eigentlich ein wunderschönes Lied, das aber den
bitteren Beigeschmack des aufkommenden National-
sozialsimus hat. Ein Mädchen sitzt auf der Mauer und
hält einen Bembel mit dem Hakenkreuz in der Hand.
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
Musicals in Deutschland
Es wird ersichtlich, dass diese Mauer Schutz gegen die
»braune Flut« bietet, aber wie lange noch?
Sally erkennt mit ›Maybe This Time‹ (wieder auf
Englisch), dass sie Cliff mag und sich ihr Leben mög-
licherweise ändern könnte. Sie ist aber schwanger, und
auch wenn Cliff das Kind will, ist sie von dem Gedan-
ken, Mutter zu werden, nicht unbedingt angetan.
Verliebt sind auch Fräulein Schneider und Herr
Schultz, nur wird ihr von einer Heirat noch während
der Verlobungsfeier von Ernst Ludwig, der mit einer
Hakenkreuzarmbinde erscheint, abgeraten. Während
Herr Schultz mit ›Miesnick‹ das Hässliche besingt,
stimmt Fräulein Kost ›Der morgige Tag‹ an, womit der
Song seine eigentliche Bedeutung erhält. Doch Emcee
hält seinen »Miesnick«, ein Affe, im Song ›Säht ihr sie
mit meinen Augen‹ für schön. Sally treibt ab und zieht
wieder in ihren Klub. Sie singt »Life is a Cabaret«, was
bedeutet, dass sie es nicht schafft, sich von ihrer Lebens-
weise loszureißen, um mit Cliff nach Amerika auszu-
wandern. Am Schluss steht das Ensemble auf der Bühne
und Cliff erinnert sich, im Zug sitzend, an die Zeit in
Berlin, ehe das Ende der Welt kam.
Regisseur Ingmar Otto hat seine Fassung des Musi-
cals mit Symbolik vollgepackt, die unschwer zu verste-
hen ist. Ihm zur Seite steht eine quirlige Sonja Dengler
als Energiebündel Sally, welcher am Ende der Mut fehlt,
über ihren Schatten zu springen. Besonders interessant
ist auch die Darstellung von Emcee durch Berth Wessel-
mann. Der Conférencier ist keine schillernde Figur, son-
dern ein Mann, der weiß, was kommen wird. Catharina
Kottmeier gefällt als Fräulein Schneider, die am Ende
hofft, dass alles wieder gut wird. Oliver Jacobs spielt ei-
nen ruhigen Herrn Schultz, dem der Optimismus nicht
ausgeht. Somit ist »Cabaret« in Baden-Baden keine glit-
zernde Show, sondern eine absolut sehenswerte düstere
Vision von etwas absolut Schrecklichem, das auch eine
Staumauer nicht aufhalten kann.
Christian Spielmann
Abb. oben von links:
1. Sally Bowles (Sonja Dengler) und
Clifford Bradshaw (Patrick Wudtke)
2. Clifford Bradshaw (Patrick Wudtke,
Mitte) mit (v.l.): Conférencier (Berth
Wesselmann), Lulu (Chiara Rege-
nold), Fräulein Schneider (Catharina
Kottmeier), Ernst Ludwig (Holger
Stolz), Herr Schultz (Oliver Jacobs),
Texas (Leonie Jacobs)
Fotos (2): Felix Grünschloss
Cabaret
John Kander / Fred Ebb / Joe Masteroff
Fassung von Chris Walker mit
›Maybe This Time‹ & ›Money‹
Songs in englischer
und deutscher Sprache
Deutsch von Robert Gilbert
Theater Baden-Baden
Premiere: 13. Oktober 2018
Regie ................................... Ingmar Otto
Mus. Leitung ........ Hans-Georg Wilhelm
Choreographie ............... Sven Niemeyer
Bühnenbild ......................... Steven Koop
Kostüme ........................ Matthias Strahm
Sally Bowles ..................... Sonja Dengler
Conférencier ............. Berth Wesselmann
Cliff Bradshaw ................. Patrick Wudtke
Ernst Ludwig ........................ Holger Stolz
Fräulein Schneider .... Catharina Kottmeier
Fräulein Kost ........................ Maja Müller
Herr Schultz ...................... Oliver Jacobs
Rosie ................................... Maja Müller
Lulu .... Chiara Regenold / Lucy Schindele
Mausi ......................... Josephine Bönsch
Texas ................................ Leonie Jacobs
Junge .... Jonas Kimmerl / Maksim Enderle
33
 Musicals in Deutschland

Neues aus Deutschland

zusammengestellt von der Redaktion

Europapremiere von »Pretty Woman« in

Hamburg
Ab 29. August folgt »Pretty Woman« auf »Mary
Poppins« im Theater an der Elbe. Die moderne
Adaption des Aschenputtel-Märchens mit Ri-
chard Gere und Julia Roberts war einer der er-
folgreichsten Kinofilme der 90er Jahre. Die Mu-
sicaladaption mit Musik von Bryan Adams und
Jim Vallance wurde im März 2018 in Chicago
uraufgeführt und läuft seit August im Nederlan-
der Theatre in New York. Regie und Choreogra-
phie stammen von Jerry Mitchell (»Kinky Boots«,
»Legally Blonde«, »Hairspray«).
»Pretty Woman« erzählt die Geschichte der Pros-
tituierten Vivian im Hollywood der 80er Jahre.
Sie wird von Edward als seine Begleiterin enga-
giert. Vivian ist in der eleganten Welt von Beverly
Hills völlig unerfahren, doch sie erhält Hilfe von
einem Hotelmanager und meistert mit ihrem
natürlichen Charme die Herausforderungen.
Gleichzeitig wird aus der geschäftlichen Bezie-
hung zwischen Vivian und Edward auch eine ro-
mantische. Edward bietet ihr an, sie als Geliebte
auszuhalten, doch Vivian ist in ihren Gefühlen
verletzt und lehnt ab. Nachdem sie ihn verlassen
hat, hinterfragt Edward seine Entscheidung und
natürlich kommt es zum Happy End.
Mehr auf: www.stage-entertainment.de

Hugh Jackman
Foto: Ben Watts

Andy Karl und Samantha Barks in »Pretty
Woman – The Musical« am Broadway
Foto: Matthew Murphy
Hugh Jackman auf Welttournee 2019 in
Deutschland
Im Mai 2019 ist der gebürtige Australier Hugh
Jackman auf seiner ersten Welttournee gleich
viermal in Deutschland auf der Bühne zu erle-
ben, mit Start in Hamburg am 13. Mai. Es folgen
am 14. Berlin, am 16. Köln und Mannheim am
21. Mai. »The Man. The Music. The Show« ist
der Titel seines Programms, produziert von AEG
Presents, TED-Dainty und Robert Fox und mit
Semmel Concerts auf Tour.
Hugh Jackman wird bei seiner Musical-Show in
den großen Arenen von einem eigenen Live-Or-
chester begleitet und interpretiert beliebte Film-
und Musical-Songs. Darunter natürlich auch
Hits aus dem Filmmusical »Greatest Showman«
und der Verfilmung von »Les Misérables«, in der
er die Rolle des Jean Valjean verkörperte.
Hugh Jackman begann seine Karriere 1995 auf
der Bühne, spielte unter anderem in seiner Hei-
mat Gaston in »Die Schöne und das Biest« und
viel beachtet Curly in »Oklahoma!« (1998/99),
bevor er in Hollywood Figuren wie Logan alias
Wolverine auf der Leinwand verkörperte. Weite-
re Action-Helden spielte Jackman in »Password:
Swordfish«, »Real Steel« oder »Australia«.
Doch Jackman zieht es immer wieder auf die
Bühne zurück, nicht nur als Moderator und
Entertainer der Tony Awards (2003/04/05) und
der Oscar-Verleihung (2009). 2004 wurde er mit
dem Tony Award als »Bester Hauptdarsteller« für
seine Interpretation der Rolle des Peter Allen in
»The Boy From Oz« ausgezeichnet. Er spielte die-
se Rolle auch 2006 auf der Arena-Tour des Musi-
cals. 2013 kam die Musical-Verfilmung des West-
End- und Broadway-Hits »Les Misérables« in die
Kinos, in der Hugh Jackman die Rolle des Jean
Valjean spielte. Dafür wurde er mit dem Golden
Globe als »Bester Hauptdarsteller« und mit einer
Oscar-Nominierung belohnt.
2017 vereinte er seine Leidenschaft als Sänger und
Tänzer und seine Präsenz auf der Leinwand in dem
Filmmusical »Greatest Showman« über das Leben
des Mannes, der maßgeblich an der Entstehung
von Entertainment, wie wir es heute kennen, be-
teiligt war: P.T. Barnum. Für seine Rolle wurde er
für den Golden Globe nominiert und der Sound-
track mit den Songs von Benj Pasek und Justin
Paul bricht international alle Rekorde.
Zudem ist der Musicaldarsteller, Schauspieler
und Entertainer immer wieder mit eigenen Pro-
grammen auf internationalen Konzertbühnen zu
sehen.
Mehr auf: www.semmel.de
»Cindy Reller« kommt nach Schwedt/Oder
Die moderne Aschenputtel-Version »Cindy Rel-
ler – Voll ins Ohr und mitten ins Herz!« mit
Schlagerrevue-Charakter, die 2016 erfolgreich

34 blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019


Uraufführung im Hamburger Schmidt Theater
feierte, erlebt ihre erste Nachspielproduktion
an den Uckermärkischen Bühnen Schwedt. Das
Musical von Martin Lingnau und Heiko Wohlge-
muth startet am 29. März 2019 im Kleinen Saal
des Theaters Schwedt.
Regie führt Christian Alexander Müller, der auch
in Zusammenarbeit mit dem musikalischen Lei-
ter Tilman Hintze die Einstudierung und musi-
kalische Betreuung des Ensembles übernimmt.
Anke Fischer kreiert die Ausstattung und Patrick
Stauf die Choreographie.
Lisa Rothhardt spielt die Titelrolle. In weite-
ren Rollen sind Antonia Welke (Blondie, ihre
Stiefschwester), Ines Venus Heinrich (Renate
Reller-Rochen, ihre Mutter), Gerhard Kähling
(Edelbert Senior, Chef einer Werbeagentur) und
Dominik Müller (Edelbert Junior, sein Sohn)
zu sehen. Alle anderen Positionen besetzt Uwe
Schmiedel (Emsig / Prinzessin Lumina / Agent
der Partnervermittlung / Opernsängerin / Ba-
chelor / Dolly / Rapper / Papagei / Schneider/
Scheich von Dubidubidubai). Das Ensemble
stellt die weiteren Tiere der Zoohandlung dar, in
der Cindy Reller arbeitet.
Mehr auf: www.theater-schwedt.de
Drei Musicals auf der Luisenburg
Gleich drei Musicals feiern in der Saison 2019 Pre-
miere bei den Luisenburg-Festspielen in Wunsie-
del. Den Anfang macht am 29. Mai die deutsch-
sprachige Erstaufführung von »Madagascar«.
Das Musical basiert auf dem erfolgreichen Ani-
mationsfilm der Dreamworks Studios von 2005
und wurde von Kevin Del Aguila, George Norie-
ga und Joel Someillan für die Bühne adaptiert,
die deutsche Übersetzung stammt von Christian
Poewe.
Eingang zur Luisenburg
Foto: Florian Miedl
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
Musicals in Deutschland
»Madagascar« erzählt die Geschichte einer Grup-
pe Tiere, die von der Freiheit außerhalb des New
Yorker Zoos träumen. Die chaotische Flucht
endet in Käfigen auf einem Schiff, einige Tiere
gehen über Bord und finden sich auf der wun-
derschönen, aber nicht ganz ungefährlichen Insel
Madagaskar wieder. Nach einigen Verwicklungen
mit Lemuren und Fossa mündet die Geschichte
in einer fröhlichen Strandparty.
In Wunsiedel führt Anatol Preissler Regie, die
Choreographien stammen von Kerstin Ried und
Philipp Riedel hat die musikalische Leitung inne.
Am 28. Juni feiert dann »Grease« Premiere auf
der Freilichtbühne. Die Regie des Kultmusicals
von Jim Jacobs und Warren Casey führt Peter
Hohenecker. Die Choreographie stammt von Ani-
ta Holm und die musikalische Leitung liegt bei Mi-
chael Schnack und Philipp Riedel. Gespielt wird
die deutsche Übersetzung von Frank Tannhäuser.
Mit »Zucker« bringt Intendantin Birgit Simm-
ler, wie schon bereits zuvor in Biedenkopf, ein
Historien-Musical mit lokalem Thema als Ur-
aufführung auf die Bühne. Simmler schrieb das
Stück erneut in Zusammenarbeit mit Komponist
Paul Graham Brown, die Regie übernimmt Marc
Uwe Kröger und Pia Douwes
Krone, die Choreographie Simon Eichenberger Foto: Sabine Hauswirth
und die musikalische Leitung liegt beim Kompo-
nisten selbst.
1809 blühte der Handel in Hamburg, beson- Pia Douwes und Uwe Kröger in »Artus –
ders durch den Schmuggel von Zucker. Floren- Excalibur« bei den Schlossfestspielen
tin Schmidt wurde durch das Handelsembargo Zwingenberg
Napoleons gegen England reich. Nachdem er Am 31. Juli feiert das Frank Wildhorn-Musical
verraten wurde, kehrt er in seine Heimat Wun- »Artus – Excalibur« Premiere bei den Schloss-
siedel zurück. Dort experimentiert er mit einer festspielen Zwingenberg. Die Regie übernimmt
geheimen Zuckerfabrikation und schon bald ent- Sascha O. Bauer (früherer Schauspieldirektor der
wickelt sich eine spannende Geschichte um Liebe Frankenfestspiele Röttingen), die musikalische
und Verrat. Leitung hat der Intendant der Schlossfestspiele
Mehr auf: www.luisenburg-aktuell.de Rainer Roos, der für die Rolle der Morgana Pia
Douwes und für die Rolle des Sehers Merlin Uwe
Kröger verpflichten konnte. Bis auf die Titelrolle
sind auch die weiteren Rollen besetzt: Sascha
Krebs ist als Lancelot und Jana Marie Gropp (Lisa
in »Jekyll und Hyde«, zuletzt Janet in »Rocky
Horror Show«) als Guinevere zu sehen.
Mehr auf: www.schlossfestspiele-zwingenberg.de
Maya Hakvoort in deutschsprachiger
Erstaufführung von »Little Me«
Maya Hakvoort wird in der deutschsprachigen
Erstaufführung von »Little Me« über das turbu-
lente Leben von Belle Poitrine, das diverse Be-
rufe und Männerbekanntschaften beeinhaltet,
am Stadttheater Fürth die Rolle der alten Belle
übernehmen. Das 1962 uraufgeführte Musical
von Neil Simon, Cy Coleman und Carolyn Leigh
wird ab dem 9. März in Regie von Stephanie
Schimmer und Wolfgang Gratschmaier gezeigt.
Die deutsche Übersetzung stammt von Tom van
Hasselt (Liedtexte) und Jenny W. Gregor (Dia-
loge). In weiteren Rollen spielen Nina Weiß als
junge Belle und Belles Tochter, Volker Heißmann
als die Männer von Belle, dazu kommen Ricardo
F. Baudisch, Jens Janke, Marianne Larsen, André
Sultan-Sade und Karin Schubert.
Mehr auf: www.stadttheater.de
35

Stage Entertainment-Gründer Joop van den Ende
vor dem Theater an der Elbe in Hamburg
Foto: Moris Mac Matzen / Stage Entertainment
Kauf von Stage Entertainment durch
Advance Publications abgeschlossen
Der im August angekündigte Kauf von Stage
Entertainment durch das Medienunternehmen
Advance Publications aus New York wurde Ende
November nach Zustimmung aller Behörden ab-
geschlossen. Das amerikanische Unternehmen
übernahm sowohl die Anteile des Luxemburger
Investmentunternehmens CVC Capital Partners
als auch die bei Stage-Gründer Joop van den
Ende verbliebenen Anteile.
Advance ist ein im Familienbesitz befindliches
Unternehmen, welches 1922 gegründet wurde
und über ein breites Spektrum an Medienunter-
nehmen verfügt. Unter der Marke »Condé Nast«
veröffentlicht Advance unter anderem die Zeit-
schriften »Vogue«, »Vanity Fair«, »GQ, Architec-
tural Digest«, »The New Yorker« und »Wired«.
Dazu kommen 25 regionale Tageszeitungen in
den USA sowie regionale Sport- und Wirtschafts-
zeitungen. Außerdem ist Advance der größte Ge-
sellschafter des TV-Konzerns »Discovery«, wel-
cher in Deutschland vor allem durch seine Sender
Eurosport, TLC und DMAX bekannt ist.
Advance will nach eigenen Angaben Stage Enter-
tainment langfristig im Unternehmen halten und
weiter investieren. Der vorherige Mehrheitsei-
gentümer CVC hatte auf einen starken Sparkurs
gesetzt und das Unternehmen umgebaut. Joop
van den Ende soll als Special Advisor die weitere
Entwicklung von Stage Entertainment begleiten.
Mehr auf: www.stage-entertainment.com
»Chicago« beim DomplatzOpenAir in
Magdeburg
Eine Neuinszenierung des Vaudeville-Musicals
von John Kander, Fred Ebb und Bob Fosse, ba-
sierend auf dem Theaterstück »Chicago« von
Maurine Dallas Watkins, kommt ab 14. Juni bis
7. Juli 2019 auf dem Magdeburger Domplatz zur
Aufführung. Gespielt wird die deutsche Fassung
von Erika Gesell und Helmut Baumann.
Regie führt Ulrich Wiggers, die musikalische Lei-
36
Musicals in Deutschland
tung hat Damian Omansen, das Bühnenbild für
das Frauengefängnis kreiert Leif-Erik Heine und
die Kostüme Franz Blumauer. Jonathan Huor
zeichnet verantwortlich für die Choreographien.
Auf der Bühne stehen Sandy Mölling (Roxie
Hart), Marcella Adema (Velma Kelly), Dániel
Rákász (Billy Flynn), Enrico de Pieri (Amos
Hart) und Gerben Grimmius (Mary Sunshine).
Mehr auf: www.theater-magdeburg.de
Deutschsprachige Erstaufführung von
»Heathers« in der Wabe in Berlin
Stageink Berlin hat sich der deutschsprachigen
Erstaufführung des tiefschwarzen, sozialkriti-
schen Musicals »Heathers« von Laurence O‘Keefe
und Kevin Murphy verschrieben und finanziert
diese mittels Crowdfunding über startnext (Pre-
miere am 1. März 2019). Ins Deutsche übertra-
gen hat das Stück Matthias Busch. Regie und
Choreographien stammen von Timo Radünz, die
musikalische Leitung übernehmen Tobias Meyer
(auch Bandleitung) und Irina Deuble (Gesangs-
ensemble).
© Stageink
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
2013 am Off-Broadway uraufgeführt, basiert das
Stück auf dem gleichnamigen Spielfilm (1988)
mit Winona Ryder und Christian Slater. Erzählt
wird die Geschichte der unscheinbaren, belese-
nen Schülerin Veronica, die kaum erwarten kann,
zu studieren, weil sie dann der Hölle der ame-
rikanischen Highschool entkommt. Hier herr-
schen drei rücksichtslose Mädchen, die alle den
Namen Heather tragen. Als sich unverhofft die
Gelegenheit ergibt, sich ihnen anzuschließen, er-
greift Veronica die Chance: Weil sie auch einmal
cool sein will, verrät sie ihre beste Freundin und
ihre eigenen Ideale. Dann verliebt sie sich in den
neuen, ihr intellektuell ebenbürtigen, aber auf
seine Weise seltsamen Mitschüler J.D. … Scho-
nungslos und schwarzhumorig werden Themen
wie Mobbing, erste sexuelle Erfahrungen, Selbst-
mord und Schulattentate musikalisch bearbeitet.
Mehr auf: www.stageink.org
Uwe Kröger als König Artus
Foto: Birgit Bernds
Musical am Theater Hof mit Uwe Krögers
Regiedebüt
Musicalgröße Uwe Kröger wechselt den Blick-
winkel und gibt ihr Regiedebüt mit der Insze-
nierung von »Monty Python‘s Spamalot« von
John Du Prez und Eric Idle am Theater Hof. Das
Stück über die berühmt-berüchtigten Ritter der
Kokosnuss ist in der neuen Spielzeit 2019/20 ab
25. Oktober 2019 erstmals am Theater Hof zu
sehen. Uwe Kröger stand in den letzten Jahren
für das Salzburger Landestheater selbst als König
Artus in der musikalischen Slapstick-Komödie
auf der Bühne.
Des Weiteren gibt es eine deutschsprachige Erst-
aufführung von »Alles Liebe, Linda – Das Leben
der Mrs Cole Porter« (Premiere am 26. April
2020) von Cole Porter (Musik und Liedtexte) so-
wie Stevie Holland und Gary William Friedman
(Buch) über das Leben von Linda Porter zu erle-
ben. Es handelt sich um eine spezielle Fassung für
ein Jazz-Trio, die Boris Priebe ins Deutsche über-
tragen hat. Zudem bringt Hof eine Neuinsze-
nierung des Kander/Ebb-Klassikers »Chicago«
(Premiere am 2. Mai 2020) auf die Bühne.
Mehr auf: www.theater-hof.de

Auch 20 Jahre später heißt es: Super Trouper!
»Mamma Mia!«, das Musical mit den Liedern von »ABBA«, wird 20
S eit 20 Jahren begeistert das Musical mit den Hits
der schwedischen Kultband »ABBA« auf der ganzen
Welt. Das Geheimrezept: Man nimmt bekannte Lieder,
in diesem Fall Hits wie ›Mamma Mia‹, ›Super Trouper‹,
›S.O.S.‹, ›The Winner Takes It All‹ und packt sie in eine
lustige, halbwegs gut strukturierte Handlung, mit der
sich die Zuschauer leicht identifizieren können. Das
Stück erzählt von Sophie Schilling, die mit ihrer allein-
erziehenden Mutter eine Taverne auf einer griechischen
Insel betreibt und dabei ist, ihren Freund Sky zu heira-
ten. Daher möchte sie unbedingt wissen, wer ihr Vater
ist. Sie entdeckt die Tagebücher ihrer Mutter und liest
mit Neugier von drei Liebhabern, die potenziell ihre Vä-
ter sein könnten. Diese lädt sie zu ihrer Hochzeit ein,
sagt aber niemandem etwas davon. Dieses Verwirrspiel
wird mit den Liedern von »ABBA« ergänzt, teilweise et-
was gewollt, teilweise aber auch sehr unterhaltsam. Die
Lieder werden dabei in der jeweiligen Sprache gesungen,
was bei eingefleischten »ABBA«-Fans für Ärger sorgen
könnte, dafür können aber alle die Texte verstehen und
es wirkt etwas einheitlicher.
Bereits in den 1980ern hatte die inzwischen renom-
mierte Produzentin Judy Craymer die Idee, ein Musical
mit den »ABBA«-Hits zu bringen, doch erst 1997, als
die Autorin Catherine Johnson ins Boot geholt wurde,
kam sie einen Schritt weiter, gemeinsam mit den beiden
»ABBA«-Masterminds Benny Andersson und Björn Ul-
vaeus, die immer Teil des Teams waren und sich jeder-
zeit einbringen konnten. Zunächst waren es 90 Titel,
aus diesen wurden 22 ausgewählt. Johnson schrieb im-
mer wieder neue Ideen zu diesen Titeln und so entstand
das Stück.
Die Uraufführung von »Mamma Mia!« fand am
6. April 1999 im Londoner Prince Edward Theatre statt.
Fast 20 Jahre später lockt das Stück noch immer Millio-
nen von Menschen an und wird inzwischen am Novello
Theatre gespielt. In Amerika kam es am 15. Novem-
ber 2000 erstmals im Orpheum Theatre in San Fran-
cisco auf die Bühne. Am 18. Oktober 2001 folgte die
Broadway-Premiere am Winter Garden Theatre. Nach-
dem der wichtigste Teil des englischsprachigen Raumes
abgedeckt war, kam der deutschsprachige Raum an die
Reihe: Am 3. November wurde die deutschsprachige
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
Musicals in Österreich
Erstaufführung im Operettenhaus in Hamburg gefeiert.
Seit der Uraufführung in London im Jahre 1999 hat das
Stück bis jetzt über 60 Millionen Menschen angezogen
und wurde in 16 verschiedenen Ländern weltweit ge-
zeigt. Neben Tourneen in den USA, Großbritannien
und im deutschsprachigen Raum läuft seit Herbst 2018
eine chinesische Tournee auf Mandarin.
Der nächste logische Schritt war dann der Film, und
der hat nicht lange auf sich warten lassen, sondern kam
im Sommer 2008 in die Kinos. Die Geschichte blieb
gleich, sie bot sich wirklich für einen Film an. Für die
Hauptrollen konnten Hollywoodgrößen wie Meryl
Streep als Donna, Pierce Brosnan als Sam sowie Amanda
Seyfried als Sophie gewonnen werden. Der Film wurde
nach Disneys »Die Schöne und das Biest« die erfolg-
reichste Musicalverfilmung weltweit. Im Vereinigten
Königreich löste er sogar »Titanic« als erfolgreichsten
Film aller Zeiten ab. Zehn Jahre später, genau genom-
men am 16. Juli 2018, folgte mit »Mamma Mia – Here
We Go Again« eine Erweiterung. Der Film, der diesmal
auf keiner Bühnenvorlage basiert, erzählt die Vorge-
schichte von Donna mit ihren drei Männern. Neu mit
dabei waren die Pop-Ikone Cher und Lily James als junge
Donna sowie die früheren Ichs ihrer Männer.
Aktuell ist die deutsche Musical-Produktion von
»Mamma Mia!« auf Tour zu sehen. Die Rolle der Donna
singt die beliebte Darstellerin Sabine Mayer, die hier vor
allem gesanglich punktet. Insbesondere begeistert ihr
sehr gefühlvoll interpretiertes ›Der Sieger hat die Wahl‹.
In der Rolle der Sophie ist ebenfalls eine Österreiche-
rin zu sehen, Katharina Gorgi. Diese beweist speziell im
2. Akt ihr Können. Die Rollen der Tanja und Rosie
werden von Betty Vermeulen und Barbara Raunegger
gespielt, die beide mit viel Humor und kräftiger Stimme
glänzen. Als Sam begeistert Karim Khawatmi.
Mit »Mamma Mia!« wurde eine neue Form des Mu-
sicals entdeckt, das Jukebox Musical. Mit erfolgreichen
Stücken wie »We Will Rock You«, »Ich war noch nie-
mals in New York« oder aktuell mit »I Am From Aus-
tria«, mit den Hits von Rainhard Fendrich, folgte man
diesem Konzept, mit dem ein breiteres Publikum ange-
sprochen werden sollte.
Ludovico Lucchesi Palli
Abb. oben von links:
1. Sophie (Katharina Gorgi) erfährt
aus dem Tagebuch ihrer Mutter von
drei potentiellen Vätern. Ihre Freun-
dinnen Lisa (Abla Alaoui, l.) und Ali
(Livia Wrede, r.) staunen
2. Erstes Zusammentreffen nach lan-
ger Zeit: Donna (Sabine Mayer) und
Sam (Karim Khawatmi)
Fotos (2): Brinkhoff / Mögenburg
Mamma Mia! (Tour)
Benny Andersson / Björn Ulvaeus /
Catherine Johnson
Deutsch von Michael Kunze &
Ruth Deny
Stage Entertainment
Wiener Stadthalle – Halle F
Premiere: 17. Januar 2019
Regie ............................ Phyllida Lloyd
Musik. Leit. ..... Aday Rodriguez Toledo
Musical Supervision &
Arrangements ................... Martin Koch
Choreographie ....... Anthony van Laast
Ausstattung ................ Mark Thompson
Lichtdesign ............... Howard Harrison
Sounddesign ............. Andrew Bruce &
Bobby Aitken
Donna .......................... Sabine Mayer/
Rosalie de Jong
Tanja ......................... Betty Vermeulen
Rosie ..................... Barbara Raunegger
Sam .......................... Karim Khawatmi
Harry .............. Detlef Leistenschneider
Bill ....................................... Jörg Zuch
Sophie ..................... Katharina Gorgi /
Abla Alaoui
Lisa ................................... Abla Alaoui
Ali .................................... Livia Wrede
Sky ................................ Marvin Schütt
Eddie ............................... Timo Muller
Pepper ....................... Matthew Bailey
In weiteren Rollen:
Gerd Achilles, Camilla Bates, Eva
Maria Bender, Sanne Buskermolen,
Brad Corben, Anneka Dacres, Sanne
Groenen, Kevin Hudson, Eiko Keller,
Peter Knauder, Oliver Koch, Tommie
Luyben, Carl Richardson, Marc
Schlapp, Bettina Schurek, Marije
van Sonsbeek, Ben Tyas, Enya Maria
Oshaug Weibell
37

Ein Lied geht um die Welt
Salzburgs neues Musical »Meine Stille Nacht« feiert Uraufführung
Abb. oben:
1. Einer für alle: Die neu gegründete
Band (Dominik Hees, 2.v.l., Milica
Jovanović, 3.v.r. und Jugenddarsteller)
bei ihrem ersten Auftritt auf der
Weihnachtsfeier der Baronin
Abb. unten:
Justin (Dominik Hees) und Elisabeth
(Milica Jovanović) freunden sich an
Fotos (2): Anna-Maria Löffelberger
38
Musicals in Österreich
1816 ergriff ein Priester seine Feder und verfass-
te einen Text. Den zeigte er 1818 einem
Schullehrer und bat ihn, ein Lied dafür zu komponieren.
Noch im gleichen Jahr wurde die Komposition am 24.
Dezember in der Dorfkirche in Arnsdorf bei Salzburg
uraufgeführt. Und begeisterte. Das Lied kam sogar so
gut an, dass es – auch ohne Internet – in die weite Welt
hinausgetragen wurde und einen internationalen Sieges-
zug antrat. 200 Jahre später kennt ›Stille Nacht‹ jeder.
Das Lied des Priesters Joseph Mohr und seines Freundes
Franz Xaver Gruber zählt längst zum Standardreper-
toire jeder Weihnachtsfeier. Traditionellerweise wird es
in Österreich nur an Heiligabend gesungen. Alles an-
dere wäre Sakrileg. Vielleicht musste gerade aus diesem
Grund ein internationales Team her, denn anlässlich der
200-Jahr-Feierlichkeiten von Salzburgs berühmtestem
Weihnachtslied durfte es etwas ganz Besonderes sein:
Das Landestheater ließ sich nicht lumpen und spen-
dierte dem Klassiker von Joseph Mohr und Franz Xaver
Gruber ein eigenes Musical. Libretto, Komposition und
Liedtexte stammen aus amerikanischer Feder (Hannah
Friedman, John Debney und Siedah Garrett, Michael
Weiner und Alan Zachary), die Regie ruht mit Andreas
Gergen fest in deutscher Hand.
Die gute Nachricht zuerst: Es gibt kein Sakrileg. Tat-
sächlich hat »Meine Stille Nacht« auf den ersten Blick
sehr wenig mit der titelgebenden Weise gemeinsam. Erst
auf den zweiten öffnen sich subtile Referenzen, die das
berühmte Weihnachtslied in die Gegenwart holen. Es
sind die Werte von Frieden, Freude und Nächstenlie-
be, die der Klassiker von Joseph Mohr propagiert und
dem sich auch Libretto und Liedtexte von »Meine Stille
Nacht« verschrieben haben.
Der 29-jährige Amerikaner Justin ist kein Fan von
Weihnachten. Er wohnt noch zu Hause, die Familien-
feierlichkeiten betrachtet er als Tortur und im elterli-
chen Geschäft arbeitet er auch nur unter Protest mit.
Als ihm sein Großvater dann von diesem einen Stern
erzählt, den er finden muss, fasst er all seinen Mut zu-
sammen und fliegt nach Europa. Genauer gesagt nach
Salzburg. Dort wohnt seine erste Flamme Lizzy, mit der
er als 13-Jähriger nicht nur ein Referat teilte, sondern
auch den ersten Kuss. Dann war Lizzy plötzlich ver-
schwunden. In Salzburg ist die Tochter einer Baronin
Leiterin des Jugendchors. Durch Verwechslungen wird
Justin von ihrem Verlobten Hans Brunner zum Chor-
leiter ernannt. Aufgrund seines unkonventionellen Mu-
sikgeschmacks, der im gestrengen Salzburg so gar nicht
gut ankommt, steht er bald ohne Kinder da. Elisabeth,
wie sich Lizzy jetzt nennt, Justin und das letzte verblie-
bene Chorkind Johanna machen sich auf die Suche nach
neuen Mitgliedern. Sie finden sie auf der Straße und
casten ein buntes Sammelsurium an gesellschaftlichen
Außenseitern. Als es dann auch noch zwischen Justin
und Elisabeth knistert, findet das ihr erzkatholischer
Verlobter Hans Brunner so gar nicht lustig und beginnt,
zu intrigieren.
Zugegeben, »Meine Stille Nacht« ist eine kleine, aber
feine Musical-Romcom – also eine Romantische Ko-
mödie –, auch wenn für die volle Dosis Glücksgefühle
noch etwas mehr an der Dramaturgie-Schraube gedreht
werden könnte. Oder anders formuliert: Nach gelten-
den Drehbuchgesetzen gäbe es noch viel mehr Potential
für Konflikte zwischen Elisabeth (Milica Jovanović) und
Justin (Dominik Hees). In der aktuellen Fassung ist im
ersten Teil zu viel Harmonie vorhanden. Was fehlt, sind
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
 Musicals in Österreich

die für eine Romcom so typischen anfänglichen Dishar-
monien und Konflikte, die an späterer Stelle immer den
tiefen Gefühlen weichen, ehe ein retardierendes Mo-
ment eintritt, das das Grande Finale einläutet. Dass die
Geschichte zu sehr im Oberflächlichen verharrt, ist eine
weitere dramaturgische Schwachstelle.
Andreas Gergen hat mit »Meine Stille Nacht« die
Ehre, die altehrwürdige Felsenreitschule zu bespielen.
Das bedeutet allerdings auch die Notwendigkeit, sehr
viel Raum zu füllen, der vor allem durch seine Grö-
ße beeindruckt. Genau diese Größe scheint aber auch
vonnöten, denn auf der Bühne entwickelt geballte
Musical-Kraft ein lebhaftes Schauspiel. Wohlgemerkt,
Musical made in the USA. Das heißt, dass bei »Mei-
ne Stille Nacht« mit hollywoodreifen Szenen nicht
nur gekleckert, sondern geradezu geklotzt wird. Dafür
wäre im Stammhaus zu wenig Platz gewesen. Ensem-
blereiche Tanzszenen prägen die temporeichen Cho-
reographien von Kim Duddy, die sich dafür auf das
Ballett-Ensemble verlassen darf. Das wird gleichzeitig
von den Sängern unterstützt. In Kombination mit den
farbenprächtigen Kostümen (Regina Schill) entsteht
ein buntes Musical-Spektakel, das jeder Hollywood-
Show Konkurrenz machen könnte. Dieser Umstand
wird bereits in der ersten Szene deutlich, die mit der
Kulisse für das Kaufhaus von Justins Familie einsetzt.
Amerikanischer geht es kaum und die Choreographie
baut darauf auf. Kinderchor, Extrachor und Statisterie
vermischen sich im weihnachtlichen Shopping-Wahn-
sinn. Dabei entstehen zahlreiche humorige Einzelbil-
der. Die Szene erhält starken Wimmelbuch-Charakter.
Egal, wo man hinsieht, überall finden unterschiedliche
Geschichten statt. Mittendrin: Marco Dott als typi-
scher Amerikaner Elliott, der das große Weihnachts-
geschäft wittert und für seinen verträumten Bruder
Justin, der die ausgestellte E-Gitarre anhimmelt, sehr
wenig Verständnis aufbringt.
Opulenz und Integration werden großgeschrieben,
nicht nur bei den Tanzeinlagen. Auch für die Ausstat-
tung verschmelzen diese zwei Komponenten: Bühnen-
bild und Sänger gehen eine Symbiose ein, wenn die
einen das Werk der anderen fortsetzen. Das Resultat
sind multimediale Sequenzen, die das Zeitgenössische
mit dem Alten kombinieren. Beispielsweise: wenn aus
dem auf die Leinwand projizierten Flugzeug der Aus-
trian Airlines tatsächlich Passagiere auf die Bühne treten
– oder Justin die sehr reale E-Gitarre zurück auf den
hineinprojizierten Aufsteller im fiktiven Supermarkt
hängt. Aufmerksamen Beobachtern fallen dann aller-
dings auch die kleinen Stolpersteine auf: Während die
neue Jugendband eine Nachricht für Justin filmt, die
zeitgleich auf die Leinwand der Felsenreitschule gewor-
fen wird, wurde vergessen, den Aufnahmeknopf zu drü-
cken. Der steht sehr prominent auf Minute 00:00, bis
Johanna (Melanie Maderegger) den Fehler bemerkt und
doch noch den roten Knopf betätigt.
Meine Stille Nacht
John Debney / Siedah Garrett /
Michael Weiner / Alan Zachary /
Hannah Friedman / Richard Kraft
Deutsch von Ruth & Johannes Deny
Salzburger Landestheater
Felsenreitschule Salzburg
Uraufführung: 24. November 2018
Regie ............................... Andreas Gergen
Musikalische Leitung ......... John Debney /
Robin Davis
Choreinstudierung .............. Stefan Müller
Choreographie ....................... Kim Duddy
Bühnenbild & Videodesign............ fettFilm
Kostüme ............................... Regina Schill
Lichtdesign ..................... Richard Schlager
Sounddesign ............ Nenad Milosavljevic
Justin Woodrow ................ Dominik Hees
Elisabeth Kärner ............. Milica Jovanović
Großvater Kurt ....................... Pavel Fieber
Elliott Woodrow ..................... Marco Dott
Laura Woodrow ........... Eleonora Talamini
Bruno Woodrow ........... Noah Obermair /
Leonhard Radauer
Justins Mutter ............ Christine Rothacker
Justins Vater .................... Michael Schober
Hans Brunner ............. Sascha Oskar Weis
Baronin ........................... Bettina Mönch /
Franziska Becker (07.12.)
Sam ..................... Julius von Maldeghem /
Fabio Ziegler
Mira ........................... Elisa Afie Agbaglah
Amal ......................... Leonhard Radauer /
Benjamin Aster
Vi ........................................ Ivan Vlatković
Dom ......................... Savio David Byrczak
Johanna ................. Melanie Maderegger /
Franziska Stebler
Junger Justin ............. Paul Stein / Elias Karl
Junge Elisabeth .................... Maria Straßl /
Flora Menslin
In weiteren Rollen:
Genia Maria Karasek, Oliver Mülich,
Stefan Gregor Schmitz, Philipp
Andreas Sievers, Dominik Tiefgraber
Ballett-Ensemble:
Naila Fiol, Gabrielly Juvêncio,
Mikino Karube, Karine de Matos,
Diego da Cunha, Lucas Leonardo,
Paulo Muniz, Pedro Pires
Chor, Extrachor & Statisterie des
Salzburger Landestheaters
Kinderchor Salzburger Festspiele
und Theater Kinderchor

Abb.von oben links:

1. Blut mag zwar dicker als Wasser
sein, für Justin (Dominik Hees, l.)
ist das Weihnachtsessen mit seiner
Familie (ab 2.v.l.: Pavel Fieber,
Christine Rothacker, Michael Scho-
ber, Eleonora Talamini, Marco Dott)
trotzdem ein Spießrutenlauf
2. Justin (Dominik Hees, vorne l.),
Justins Großvater (Pavel Fieber, vorne
Mitte), Elisabeth (Milica Jovanović,
vorne r.) und weitere Partygäste
(Ensemble) sprengen die Weihnachts-
feier
3. Die »All Stars« nehmen eine Bot-
schaft für Justin auf, um ihn zurück
nach Salzburg zu holen
Fotos (3): Anna-Maria Löffelberger

blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019 39


Abb. unten von oben links:
1. Johanna (Melanie Maderegger, l.),
Elisabeth (Milica Jovanović, 2.vl.)
und Justin (Dominik Hees, 3.v.l.)
finden ihre ersten Bandmitglieder,
Mira und Amal (Elisa Afie Agbaglah
und Leonhard Radauer, r.)
2. Weihnachtliche Schnäppchenjagd
im familieneigenen Kaufhaus: Justin
(Dominik Hees, oben Mitte), Familie,
Angestellte und Kunden (Ensemble)
3. Nein, nicht die Schneekönigin,
aber fast: Elisabeth (Milica
Jovanović, r.) mit ihrer Mutter
(Bettina Mönch, l.)
4. Kein Ton sitzt – erste Bandprobe
mit Hindernissen (Dominik
Hees, l., Milica Jovanović, r. und
Jugenddarsteller)
Fotos (4): Anna-Maria Löffelberger
40
Musicals in Österreich
Johanna ist Teil der neuen Band, die Justin und Elisa-
beth gründen. Sie nennen sich »All Stars« und fallen vor
allem durch ihren sozialen Problemcharakter auf. Inte-
gration und Nächstenliebe, das große Thema in »Meine
Stille Nacht«, wird didaktisch aufgedröselt an das Pu-
blikum gebracht. Dafür wird eine bunte Ansammlung
von Außenseitern der Gesellschaft aufgeboten. Da ist
zum Beispiel Dom (Savio David Byrczak), der begna-
dete Musiker aus Nigeria. Oder Vi (Ivan Vlatković),
der nicht nur den Catwalk perfekt beherrscht, sondern
auch unglaublich gut intonieren kann. Amal (Leonhard
Radauer) begeistert mit kindlichem Charme und einer
erstaunlichen Stimme. An Sam (Julius von Maldeghem)
fällt zuerst die Haarpracht auf, die wild nach vorne
absteht, dann sein auf Krawall gebürstetes Wesen. Die
Beziehung zwischen Justin und Elisabeth ist, gelinde
gesagt, komplex. Kein Wunder, ist es ja eigentlich auch
viel mehr ein Fall von Stalking. Dominik Hees (mit an-
genehmer Intonation) und Milica Jovanović (stimmlich
stark) harmonieren gelungen. Sie flippt vorbildlich aus,
als er ihr erzählt, dass sie seine erste große Liebe war und
er nur ihretwegen über den großen Teich geflogen ist.
Sie hat dafür wenig Verständnis und verlässt fluchtar-
tig das Feld, ehe Justin und Elisabeth von den Kindern
verkuppelt werden. Die haben längst ein eigenes Weih-
nachtslied – und auch wenn es eine ganz andere Melo-
die und einen neuen Rhythmus besitzt, wer genau hin-
hört, wird Joseph Mohrs Botschaft darin erkennen. Da
ist sie also, die ›Stille Nacht‹, selbst wenn sie am Ende
in gewohnt alter Form dann doch noch intoniert wird.
»Meine Stille Nacht« ist ein sehr amerikanisches
Musical, was Songs, Choreographien und Dramaturgie
betrifft. Es besitzt allerdings auch seine österreichischen
Aspekte – oder sollte man sagen deutschen? Hier wird
nicht zimperlich mit der ominösen »Salzburger Arro-
ganz« verfahren, sondern sie vielmehr auf das Äußerste
persifliert. Sascha Oskar Weis ist der Parade-Österrei-
cher am Landestheater und wirft mit Wiener Schmäh
einmal mehr um sich. Diesmal invertiert er ihn aller-
dings ins Gegenteil und zielt damit eloquent ins rechte
Eck. Passend dazu tritt er – soviel Vorurteil muss sein
– im Loden-Janker oder in der spießigen Steppjacke
auf. Fehlt nur der hochgeklappte Polo-Hemdkragen.
Wenn er dann noch von einem Österreich für die Ös-
terreicher philosophiert, dann ist das rechte Klischee
perfekt. Bettina Mönch indes begeistert einmal mehr
in einer maliziösen Rolle als Elisabeths Mutter. Distin-
guiert und voller Standesdünkel beharrt die Baronin
auf ihrem Recht und will ihre Tochter auf den richtigen
Weg führen. Die bissigen Untertöne sitzen bei Bettina
Mönch, und auch stimmlich begeistert die Darstellerin
auf ganzer Linie. Was erstaunlich scheint, schließlich
besitzt sie nur ein Solo. Das sitzt allerdings perfekt und
beim Schlussapplaus geizt das Publikum nicht mit ste-
henden Ovationen.
Ein Lied geht um die Welt. 200 Jahre später wech-
selt es seine Form und will an den Erfolg des Ursprungs
anknüpfen. Ob das gelingen kann, wird die Zeit zeigen.
Veronika Zangl
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
 Zelotes E. Toliver

SHOW BOAT
JEROME KERN
Musik von
Buch und Songtexte von OSCAR HAMMERSTEIN II
Nach dem Roman „Show Boat“ von Edna Ferber
Entgeltliche Anzeige

Deutsche Fassung von Frank Thannhäuser

Die Aufführung erfolgt durch besondere Vereinbarung mit R&H Theatricals Europe GmbH

23.2. – 30.3.2019
Foto: Lukas Beck

BÜHNE BADEN, Theaterplatz 7, 2500 Baden | T +43 2252 22522

www.buehnebaden.at

Zwei Schwestern erobern New York
»Wonderful Town« an der Volksoper Wien
Abb. oben:
Die zwei Schwestern Eileen (Olivia
Delauré) und Ruth (Sarah Schütz)
Sherwood aus Ohio halten auch in
New York zusammen)
Foto: Barbara Pálffy / Volksoper Wien
Wonderful Town
Leonard Bernstein / Betty Comden /
Adolph Green / Joseph Fields /
Jerome Chodorov
Deutsch von Roman Hinze
In Kooperation mit der
Staatsoperette Dresden
Volksoper Wien
Premiere: 9. Dezember 2018
Regie ......................... Matthias Davids
Musikalische Leitung ..... James Holmes
Choreinstudierung ........ Holger Kristen
Choreographie ................ Melissa King
Bühnenbild .... Mathias Fischer-Dieskau
Kostüme ............................ Judith Peter
Licht .............................. Guido Petzold
Ruth Sherwood,
Schriftstellerin ................. Sarah Schütz
Eileen, ihre Schwester .... Olivia Delauré
Robert Baker, Redakteur .... Drew Sarich
»The Wreck« Loomis,
Footballspieler ............. Marcus Günzel
Chick Clark, Journalist /
Trent Farraday ................ Christian Graf
Frank Lippencott /
1. Redakteur ..................... Oliver Liebl
Appopolous, Maler .... Christian Dolezal
Helen, Loomis‘
Verlobte ......................... Juliette Khalil
Mrs Wade, ihre Mutter .... Regula Rosin
Speedy Valenti ...... Cedric Lee Bradley
Fletcher / 2. Redakteur /
Danny ........................ Jakob Semothan
Violet ....................... Ines Hengl-Pirker
Lonigan, Wachtmeister / Randolph
Rexford ................ Alexander Pinderak
Chor der Volksoper
42
Musicals in Österreich
A
nlässlich des 100. Geburtstags des legendären US-
amerikanischen Komponisten Leonard Bernstein
präsentiert die Wiener Volksoper in Kooperation mit
der Staatsoperette Dresden »Wonderful Town«. Das
Stück, mit einem Buch von Joseph Fields und Jerome
Chodorov nach ihrem Drama »My Sister Eileen« (1940)
und Gesangstexten von Betty Comden und Adolph
Green, wird hier in einer deutschen Übersetzung von
Roman Hinze präsentiert, die 2016 an der Staatsope-
rette Dresden Erstaufführung feierte. Die Uraufführung
des Musicals fand bereits am 19. Januar 1953 in New
Haven statt. Am Broadway wurde es am 25. Februar
1953 im Winter Garden Theatre erstmals gezeigt. Die
deutschsprachige Erstaufführung fand am 9. November
1956 an der Wiener Volksoper statt (damals in einer
Fassung von Marcel Prawy).
Das Stück erzählt die Geschichte der Schwestern
Ruth und Eileen Sherwood, die von Ohio nach New
York ziehen. Ruth, gespielt von Sarah Schütz, träumt
von einer Karriere als Schriftstellerin, während Eileen,
gespielt von Olivia Delauré, mit ihrer Naivität eher für
Ärger sorgt.
Im ersten Akt sehen wir, wie die beiden Schwestern
in New York ankommen, eine schäbige Unterkunft
beim Künstler Appopolous finden und neue Bekannt-
schaften schließen, unter anderem mit dem Redakteur
Robert Baker, gespielt von Publikumsliebling Drew Sa-
rich. Ruth lernt Baker kennen, als sie ihn eines Tages in
seinem Büro besucht, um sich mit den Geschichten, die
sie geschrieben hat, als Journalistin zu bewerben. Zu-
nächst scheint er desinteressiert zu sein und wirkt eher
ablehnend, doch dann liest er sie. Das ist sehr witzig
inszeniert: Während er die Geschichten liest, werden
diese in kurzen Szenen gespielt. Daraufhin versucht er,
Ruth in ihrer Wohnung zu besuchen, um ihr zu sagen,
dass sie Talent hat, findet aber nur Eileen vor. Diese lädt
ihn zum Abendessen ein, wo er dann auch Gelegen-
heit findet, mit Ruth über ihre Geschichten zu reden.
Leider endet dies in einem Streit, weil er ihr rät, über
das zu schreiben, was sie kennt und wirklich erlebt hat.
Letztendlich verlieben sich beide Schwestern in Robert
Baker, aber da Eileen ohnehin mehr Verehrer hat, gibt
sie ihrer Schwester den Vorrang und so kommt es, dass
Ruth und Robert am Ende ein Paar sind und sie sich mit
einem Artikel aus dem Leben einen Job als Journalistin
erschreibt.
Dramaturgisch betrachtet, erscheint alles relativ
logisch, auch wenn für ein Musical eher wenige Mu-
siknummern vorkommen. Der zweite Akt beginnt da-
mit, dass Eileen im Gefängnis sitzt, von allen Polizisten
bedient wird und offensichtlich ihre Zeit hinter Gittern
sehr genießt. Allerdings ist nicht klar, weshalb sie fest-
genommen wurde. Das kam nämlich im ersten Akt
nicht vor. Trotz dieser kurzen Verwirrung erklären und
entwirren sich die Zusammenhänge am Ende und bei-
de Schwestern finden ihr Glück: Eileen im Nachtclub
»Village Vortex« und Ruth in ihrer Beziehung zu Robert
Baker und ihrer Anerkennung als Journalistin.
Die beiden Hauptdarstellerinnen Sarah Schütz
und Olivia Delauré sind die einzigen, die aus Dresden
»mitgenommen« wurden, alle anderen Darsteller sind
ausschließlich aus dem Ensemble der Volksoper oder
wurden eigens für die Vorstellungen in Wien engagiert.
Sarah Schütz als Ruth begeistert nicht nur mit einer
starken Bühnenpräsenz, sondern auch mit schauspie-
lerischem Talent. Des Weiteren zeigt sie ihr Können
als Tänzerin. Wie es Partitur und Besetzungsprofil für
Ruth vorsieht, singt Schütz mit Belttechnik. Dabei har-
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
 Musicals in Österreich

monisiert ihre eher spezielle Stimme in ›Ohio‹ stimm-
lich mit Olivia Delauré, die Eileen überzeugend und
ebenfalls profilgerecht mit ihrer klassischen Stimme
singt. Delauré spielt die jüngere Schwester Eileen naiv,
kindlich sowie sehr weiblich und beweist auch schau-
spielerisches Talent.
In die Rolle des Redakteurs Robert Baker schlüpft
kein Geringerer als Drew Sarich. Obwohl auf den ers-
ten Blick diese Rolle eher ungewöhnlich für den gebür-
tigen Amerikaner scheint, zeigt er sich hier von seiner
gefühlvollen Seite, ganz speziell in der Nummer ›Stilles
Girl‹. Er präsentiert sich im Lauf des ganzen Stücks so-
wohl stimmlich als auch schauspielerisch in Topform.
ein echtes Vergnügen, ihn mit Olivia Delauré zusam-
men spielen zu sehen. Der zweite ist Oliver Liebl, der
gleich in drei Rollen schlüpfen muss: Frank Lippencott,
einen Fremdenführer und den 1. Redakteur. Als Frank
Lippencott will auch er Eileens Herz erobern und be-
weist dabei sein stimmliches Können.
Die Regie übernahm Matthias Davids. Er, der zuletzt
am Haus mit »Sweeney Todd« einen Riesenerfolg hatte,
sorgt hier für ein komödiantisches Timing, dass im Lau-
fe des Abends immerzu spürbar ist. Für das Bühnenbild
arbeitete er erneut mit Mathias Fischer-Dieskau zusam-
men, der ein eher aufwendiges Bühnenbild auf meh-
reren Ebenen geschaffen hat. Für die zeitgenössischen
Abb. unten von oben links:
1. Die vielseitige Sarah Schütz zeigt
als Ruth Sherwood (Mitte) ihr Kön-
nen, mit dem Wiener Staatsballett
2. ›Verliebt‹ – Drew Sarich zeigt sich
als Robert Baker von seiner gefühl-
vollen Seite
3. Ein tolles Duo: Eileen (Olivia De-
lauré) und Trent (Christian Graf)
4. Ruth (Sarah Schütz, r.) versucht ihr
Glück als Journalistin, sie stellt sich
bei Robert Baker (Drew Sarich, 2.v.l.)
und den Redakteuren (Oliver Liebl,
Jakob Semotan) vor
Fotos (4): Barbara Pálffy / Volksoper Wien

Bei der Rolle des »The Wreck« Loomis musste leider
kurz vor der Premiere umbesetzt werden, da sich der
geplante Peter Lesiak verletzt hatte und deshalb nicht
spielen konnte. Er wurde durch Marcus Günzel ersetzt,
der diese Rolle mit solidem Schauspiel, aber einer eher
schwachen Gesangsstimme spielt. Die Freundin des
Footballspielers, Helen, wird von Juliette Khalil ge-
spielt. Diese hat diesmal nur eine Sprechrolle, punktet
aber mit ihrem schauspielerischen Können. Zwei Dar-
steller müssen hier gleich in mehrere Rollen schlüpfen:
der eine ist Christian Graf, der als Chick Clark und als
Trent Farraday zu sehen ist. In der Rolle des Trent Far-
raday versucht er mit allen Mitteln, das Herz von Eileen
zu erobern, und bezahlt sogar einen Redakteur, damit
dieser Ruth einen Auftrag gibt, sodass er mit Eileen al-
leine sein kann. Hier wirkt er zwar arrogant, aber es ist
Kostüme ist Judith Peter verantwortlich. Melissa King,
die ebenfalls bereits des Öfteren mit Davids gearbeitet
hat, zeichnet für die Choreographien verantwortlich, die
schwungvoll und anspruchsvoll sind. Ein Beispiel da-
für ist die aufwendige Tanzszene der Nummer ›Conga‹
mit der brasilianischen Marine, bei der auch Sarah
Schütz beweist, dass sie eine großartige Tänzerin ist.
Mit »Wonderful Town« hat man ein Stück, das mu-
sikalisch von den Orchestrierungen (Musikalische Lei-
tung: James Holmes) zwar wunderschön ist, aber wenige
eingängige Nummern beinhaltet. Doch dank der poin-
tierten Regie von Matthias Davids, den tollen Choreo-
graphien von Melissa King und einem starken Ensemble
ist es durchaus einen Besuch an der Volksoper wert.
Ludovico Lucchesi Palli

blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019 43


Vielseitige Talente in einem antiken Stück voller
Witz »Odysseus fährt irr« an der Musik und Kunst Privatuniversität Wien
Abb. oben
Die Götter, die das Handeln von
Odysseus kommentieren – Athene
(Vivienne Dejon), Hera (Anna Over-
beck), Hermes (Clemens Bauer),
Zeus (Lucca Kleimann), Aphrodite
(Julia Sturzlbaum), Apollon (Deike
Gr. Darrelmann) und Poseidon
(Thomas Wegscheider)
Foto: Alexander Wulz
Odysseus fährt irr
Alexander Kuchinka /
Daniel Große Boymann
Musik- & Kunst Privatuniversität der
Stadt Wien
MUK.Theater
Premiere: 14. Dezember 2018
Regie ............. Daniel Große Boymann
Musikalische Leitung &
Arrangement ................... Frizz Fischer
Musik. Einstudierung .... David Hojer &
Michael Schnack
Choreographie ............ Christoph Riedl
Bühnenbild ........... Petra Fibich-Patzelt
Kostüme ......................... Sigrid Dreger
Puppencoaching .... Richard Panzenböck
Betreuung
Schwarzes Theater ........ Jiří Aster Srnec
Lichtdesign ................... Michael Brock
Ton .......................... Dieter Treibenreif
Odysseus / Zeus ......... Lucca Kleimann
Hera / Penelope /
Teiresias u. a. .............. Anna Overbeck
Aphrodite / Kalypso u. a. /
Dance Captain .......... Julia Sturzlbaum
Athene / Kirke u. a. ..... Vivienne Dejon
Poseidon /
Achilles u. a. ...... Thomas Wegscheider
Apollon / Polyphem /
Telemach u. a. .... Deike Gr. Darrelmann
Hermes /
Sisyphos u. a. .............. Clemens Bauer
Dionysos ......................... Frizz Fischer
44
Musicals in Österreich
D
er 3. Jahrgang der Abteilung »Musikalisches Unter-
haltungstheater« präsentiert jedes Jahr im Winter
eine Produktion. Dieses Jahr fiel die Wahl auf ein Stück
der Sonderklasse: »Odysseus fährt irr« von Alexander
Kuchinka (Musik und Liedtexte) und Daniel Große
Boymann, welches zwar 2005 bereits für die Klagenfur-
ter Sommerbühne Scherzo bearbeitet wurde, aber nun
in eigener überarbeiteter Fassung, mit Arrangements
von Frizz Fischer, im MUK.Theater in der Johannes-
gasse präsentiert wird. Regie übernimmt der Autor
Daniel Große Boymann höchst persönlich.
Das Stück, wie der Titel bereits vermuten lässt, kon-
zentriert sich auf die Reisen von Odysseus, mit allen
wesentlichen Stationen, wie zum Beispiel Polyphem,
Kalypso, und natürlich der Rückkehr zu seiner geliebten
Penelope. Das Spannende daran ist, dass die Besetzung
nur aus 9 Darstellern (alles Schüler aus dem 3. Jahrgang
der Abteilung »Musikalisches Unterhaltungstheater« an
der Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien)
besteht, die im Laufe des Abends in die verschiedensten
Rollen schlüpfen.
Während man musikalisch hier durchaus von einem
Musical im klassischen Sinn sprechen kann, sind aller-
dings immer wieder andere Theaterformen wie Schat-
ten- oder Puppenspiel in der Inszenierung zu finden, die
nicht nur wunderbar zum Stück passen, sondern auch
das vielseitige Können der Darsteller zeigen. Das Pup-
penspiel wurde mit Richard Panzenböck erarbeitet und
ist besonders gelungen, denn es wird im Kontext des
einäugigen Polyphem, der von Deike Gr. Darrelmann
dargestellt wird, eingesetzt. Seine unerwünschten Besu-
cher, die ihn dann komplett blind machen, werden hier
durch Puppen dargestellt.
Neben den verschiedenen Stationen der Reise gibt es
noch eine zweite Erzählebene, nämlich die der Götter.
Am Anfang wirkt die Handlung hier etwas unklar, aber
dann wird alles gut aufgeklärt. Die Götter kommentieren
das Handeln von Odysseus und der anderen Protagonisten.
Es ist faszinierend, wie viel man mit wenigen Gestal-
tungsmitteln erreichen kann: Die Erzählebene der Göt-
ter findet buchstäblich oberhalb der eigentlichen Hand-
lung statt und als Boden fungieren Felsen.
Das Ensemble ist wirklich vielversprechend. Allen
voran begeistert es, Lucca Kleimann zuzusehen, der un-
ter anderem als Odysseus und Zeus mit seiner großar-
tigen Stimme und starker Bühnenpräsenz glänzt. Eben-
falls stimmgewaltig sind Anna Overbeck in den Rollen
der Hera, Penelope, Teiresias sowie die fantastische
Vivienne Dejon als Athene und vor allem als Kirke.
Die musikalischen Arrangements stammen von dem
musikalischen Leiter Frizz Fischer, der auch einen Gast-
auftritt als Dionysos hat. Die Band, die diese schwung-
volle Musik von Alexander Kuchinka musikalisch be-
gleitet, besteht aus Frizz Fischer und Ábel Márton Nagy
(alternierend Keyboard), Anna Tsombanis, Victoria
Dodova (Bass) und Matti Moritz Felber (Drums).
Bühnenbildnerin Petra Fibich-Patzelt hat sich eini-
ges für das Bühnenbild ausgedacht: Obwohl es großteils
relativ minimalistisch gehalten ist, gibt es doch einige
aufwendige Einfälle. Allen voran begeistert das große
trojanische Pferd. Fibich-Patzelt arbeitet hier sehr viel
mit Holz, unter anderem ist ein Schiff zu sehen, welches
ziemlich beeindruckend wirkt. Besonders auffallend
sind die Felsen, die quasi als Trennung zwischen den
zwei Erzählebenen fungieren. Die Kostüme von Sigrid
Dreger sind zeitgemäß schlicht und einfach.
Daniel Große Boymann hat es geschafft, gemeinsam
mit dem Bühnenbild von Petra Fibich-Patzelt, den Kos-
tümen von Sigrid Dreger und den Choreographien von
Christoph Riedl eine sehr gelungene Produktion auf die
Bühne zu bringen, die mit viel Witz die Geschichte des
Odysseus neu erzählt.
Ludovico Lucchesi Palli
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
 Musicals in Österreich

Odysseus (Lucca Kleimann, Mitte) und seine

Männer auf dem Schiff Schattentheater im Musical mit
Atlas, der Herakles die drei Äpfel
der Unsterblichkeit pflückt

Der Zyklop Polyphem (Deike Gr. Darrelmann) Vivienne Dejon als zauberische
und die Puppen der Männer Kirke in ihrem Zirkus

Odysseus (Lucca Kleimann, r.) lässt sich an den Mast

binden, damit er den Sirenen (Ensemble) auf dem Felsen
nicht sein Schiff ausliefert – oder ist er vielleicht seekrank? Marionettenspiel: Auf Kirkes Insel begegnen die Gefährten, hier
Fotos (6): Alexander Wulz Eurylochos (Deike Gr. Darrelmann, l.), zahmen wilden Tieren

blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019 45


Neues aus Österreich
zusammengestellt von der Redaktion
Drew Sarich
Foto: Morris Mac Matzen
»Jesus Christ Superstar« zu Ostern im
Raimund Theater
Die Vereinigten Bühnen Wien zeigen Andrew
Lloyd Webbers »Jesus Christ Superstar« erneut in
einem englischsprachigen Konzert zu Ostern im
Raimund Theater. Vom 12. bis 22. April 2019 ist
die Inszenierung von Alexander Balga zu sehen.
Jesus und Judas werden erneut von Drew Sarich
und Sasha Di Capri gespielt. Barbara Obermeier
wird als Maria Magdalena auf der Bühne stehen.
»Jesus Christ Superstar« war der erste interna-
tionale Erfolg für Tim Rice und Andrew Lloyd
Webber und wurde 1981 im Theater an der Wien
erstmals in Österreich aufgeführt. Die konzer-
tante Aufführung zu Ostern ist inzwischen eine
langjährige Tradition.
Mehr auf: www.musicalvienna.at
Uraufführung »Die Mädchen von Oostende«
in der Theatercouch
Erneut bringt Rory Six in seiner Wiener Thea-
tercouch eine Uraufführung eines neuen Musicals
auf die Bühne. Ab 22. Februar erzählt »Die Mäd-
chen von Oostende« von wahren Begebenheiten
aus Six‘ belgischer Heimatstadt, welche sich wäh-
rend dem Ersten Weltkrieg zugetragen haben:
Stellvertretend für die Mädchen von Oostende
steht Mariette (Lisa Radl), die für ihren Vater
die Fische auf dem Markt verkauft. Sie wünscht
sich ein selbstbestimmtes Leben und will stu-
dieren. Als der Krieg beginnt, wird sie die Frau
von Louis, der sie schon lange umworben hat,
um ihm Halt an der Front zu geben. Doch dann
beginnt ihr eigener Krieg. Im Kampf gegen den
46
Musicals in Österreich
Hungertod waren die Mädchen und Frauen von
Oostende gezwungen, ihren Körper an den Feind
zu verkaufen. Viele wurden schwanger, nach dem
Krieg verstoßen oder starben an den Folgen eines
geheimen Schwangerschaftsabbruchs. Auf der
Bühne stehen Lisa Radl (Mariette), Simon Sto-
ckinger (Louis), Celina Dos Santos (Germaine),
Christian Peter Hauser (Onno) und Thomas
Wegscheider (Dietrich). Regie führen Christian
Peter Hauser und Rory Six, Letzterer übernimmt
am Klavier auch die musikalische Leitung.
Mehr auf: www.theatercouch.at
Plakat »Die Mädchen von Oostende«
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
Pia Douwes‘ Solokonzert »After All This
Time« mit Uwe Kröger und Drew Sarich
Nach ihrem ersten Soloalbum »After All This
Time« gibt Pia Douwes unter demselben Titel am
25. März im Raimund Theater ein Solokonzert.
Auf dem Programm stehen die wichtigsten Titel
ihrer 30-jährigen Bühnenkarriere, darunter auch
Songs aus »Elisabeth«, »Rebecca«, »3 Musketie-
re«, »Les Misérables« und »Cats«, sowohl in deut-
scher als auch in englischer Sprache. Mit Uwe
Kröger und Drew Sarich stehen in diesem ersten
Solokonzert neben Douwes zwei langjährige Be-
gleiter ihrer Bühnenkarriere als Stargäste auf der
Bühne. Begleitet werden die Sänger am Klavier
von Bernd van den Bos und fünf Musikern der
Vereinigten Bühnen Wien.
Mehr auf: www.musicalvienna.at
Pia Douwes
Foto: Simone Leonhartsberger
Österreichische Erstaufführung »Doktor
Schiwago« mit Yngve Gasoy Romdal, Elisabeth
Sikora und André Bauer
Für die österreichische Erstaufführung von
»Doktor Schiwago« hat der Musicalfrühling
in Gmunden die Besetzung bekanntgegeben:
Yngve Gasoy Romdal (»Mozart!«, »Jane Eyre«)
spielt Jurij Schiwago, ihm zur Seite stehen Eli-
sabeth Sikora (»Jane Eyre«, »Blutsbrüder«) als
Lara und André Bauer als Victor Komarovskij.
In weiteren Rollen spielen Leah Delos Santos
(Tonia), Bruno Grassini (Pascha Antipov /
Strelnikov), Carmen Wiederstein (Anna Gro-
meko, Tonias Mutter), Jörg Westerkamp (Alex-
ander Gromeko), Da-Yung Cho (Stepka u. a.),
Florian Fetterle (Gints u. a.), Kun Jing (Jelenka
u. a.), Marcel-Philip Kraml (Janko u. a.), Max
Niemeyer (Schulygin u. a.), Heidelinde Schus-
ter (Amalia Guichard u. a.), Rebecca Soumagné
(Fetisova u. a.) und Roman Straka (Liberius
u. a.). Die Inszenierung von Markus Olzinger
läuft vom 11. bis 28. April im Stadttheater
 Musicals in Österreich

Gmunden. Die Choreographien stammen von

Julia Ledl, die musikalische Leitung liegt bei
Caspar Richter.
Das Musical von Michael Weller, Lucy Simon,
Michael Korie und Amy Powers basiert auf dem
Roman von Boris Pasternak und wurde von Sabine
Ruflair und Jürgen Hartmann ins Deutsche über-
setzt. Bekannt wurde die Geschichte über Liebe in
Zeiten der Russischen Revolution zwischen den
Fronten zweier politischer Bewegungen durch die
Verfilmung mit Omar Sharif in der Titelrolle. Das
Musical wurde 2011 in Australien uraufgeführt.
Die Broadway-Produktion im Jahr 2015 wurde
nach nur 23 Vorstellungen wegen schlechter Kar-
tenverkäufe geschlossen. Erfolgreich war dagegen
die deutschsprachige Erstaufführung, die Anfang
2018 in Leipzig Premiere hatte.
Mehr auf: www.musical-gmunden.com

Ana Milva Gomes und Sarah Zippusch bei

»Carmen« in Winzendorf
In der deutschsprachigen Erstaufführung von
Frank Wildhorns »Carmen« beim Musicalsom-
mer Winzendorf stehen Ana Milva Gomes als
Carmen und Sarah Zippusch als Katarina in den
Hauptrollen auf der Bühne. Regie der leiden-
schaftlichen Geschichte um Loyalität, Verrat,
Treue und Betrug, Liebe und Hass, Leben und
Tod führt Erik Petersen. Ausstattung und Kostü-
me verantwortet Anja Lichtenegger. Die Produk-
tion läuft vom 27. Juni bis 21. Juli.
Mehr auf: www.musicalsommer-winzendorf.at

Mark Seibert als Der Tod, 2012 in Wien

Foto: Rolf Bock

Ana Milva Gomes und Marika Lichter
Foto: Musicalsommer Winzendorf
Pia Douwes und Mark Seibert bei »Elisabeth
in Concert«
Bei den konzertanten Aufführungen von »Elisa-
beth« am 5. und 6. Juli vor dem Schloss Schön-
brunn in Wien werden Pia Douwes als Elisabeth
und Mark Seibert als Tod auf der Bühne stehen.
Pia Douwes spielt die Rolle seit der Urauffüh-
rung, Mark Seibert war als Tod bereits in der
Wiener Jubiläumsproduktion 2012 und auf
Tournee in Deutschland und China zu sehen.
Es spielt das Orchester der Vereinigten Bühnen
Wien in großer Besetzung.
Seit der Uraufführung 1992 sahen bereits mehr
als 11 Millionen Zuschauer in Belgien, China,
Finnland, Deutschland, Ungarn, Italien, Japan,
den Niederlanden, Südkorea, Schweden und der
Schweiz das Musical von Michael Kunze und
Sylvester Levay in insgesamt 7 Sprachen.
Mehr auf: www.musicalvienna.at
»next to normal« in Vienna‘s English Theatre
Vom 6. bis 11. Mai präsentiert das Young V.E.T.
»next to normal« von Tom Kitt und Brian Yorkey
über die manisch-depressive Diana Goodman im
Wechselspiel mit den Mitgliedern ihrer Familie
und ihren Therapeuten. »Who‘s crazy?«
Mehr auf: www.englishtheatre.at
Musical Sommer Amstetten feiert 30. Jubi-
läum mit »The Rocky Horror Show«
Intendant Johann Kropfreiter hat lange um die
Rechte für Richard O‘Briens Kultmusical ge-
kämpft. Bereits 1992 war der skurrile Klassiker
beim Musical Sommer Amstetten zu sehen. Jetzt
kommt er zum 30. Jubiläum des Musical Som-
mer Amstetten zu neuen Ehren.
Erneut bilden das Leading Team Alex Balga
(Regie), Jerôme Knols (Choreographie) und
Christian Frank (Musikalische Leitung). Balga
verspricht eine »blutig abgefahren[e] und ein biss-
chen zynisch-ironisch[e]« Inszenierung. Gespielt
wird vom 17. Juli bis 17. August mit englischen
Songs und deutschen Dialogen.
Als besondere Veranstaltung wird es zum Jubi-
läum eine »Best-of-Gala« für das Publikum der
Festspiele geben.
Mehr auf: www.avb.amstetten.at
»The Gershwins‘ Porgy and Bess« zurück
an der Volksoper Wien
Mit Premiere am 10. Februar kehrt »The Gersh-
wins‘ Porgy and Bess« für eine begrenzte Spielzeit
im Original als konzertante Aufführung mit deut-
schen Übertiteln an die Wiener Volksoper zurück.
Bereits 1952 war George Gershwins Stück als
Gastspiel und 1965 als Eigenproduktion zu sehen.
Das Musical über den Bettler Catfish Row und
seine Angebetete gilt als Meilenstein der Gattung
der American Opera. Hits wie ›Summertime‹ und
›I Got Plenty O‘ Nuttin‹ sind zu absoluten Klassi-
kern des Jazz geworden. Die musikalische Leitung
übernimmt Joseph R. Olefirowicz, die Chorein-
studierung Thomas Böttcher.
In den zentralen Rollen stehen Morris Robin-
son (Porgy), Melba Ramos (Bess), Lester Lynch
(Crown), Ray M. Wade Jr. (Sportin‘ Life) und
Julia Koci (Serena) auf der Bühne.
Mehr auf: www.volksoper.at

blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019 47

 Premierenblick

Premieren Februar & März 2019

Diese Premierenübersicht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Alle Angaben ohne Gewähr. Weitere Informationen finden Sie auf www.unitedmusicals.de

13 – Das Musical Der kleine Horrorladen Emil und die Detektive

Jason Robert Brown / Dan Elish / Robert Horn Alan Menken / Howard Ashman Marc Schubring / Wolfgang Adenberg
Deutsch von Wolfgang Adenberg Deutsch von Michael Kunze
Musikschule Norderstedt
Theater&Philharmonie Thüringen Gerhart-Hauptmann-Theater Görlitz-Zittau Festsaal am Falkenberg
Bühnen der Stadt Gera Theater Zittau – Großer Saal Premiere: 1. März 2019
Bühne am Park Premiere: 2. März 2019
www.norderstedt.de
Premiere: 3. März 2019
www.g-h-t.de
www.tpthueringen.de Ewig jung
Die Comedian Harmonists Erik Gedeon
Aladdin (Disney) Diverse Komponisten /
Theater Regensburg
Alan Menken / Howard Ashman / Franz Wittenbrink / Gottfried Greiffenhagen
Theater am Bismarckplatz
Tim Rice / Chad Beguelin
Kammeroper Köln Premiere: 5. März 2019
Deutsch von Kevin Schroeder & Heiko Wohlgemuth
Premiere: 28. März 2019
www.theater-regensburg.de
Stage Entertainment
www.kammeroper-koeln.de
Apollo Theater Stuttgart Drew Sarich
Premiere: 21. März 2019 Heathers – Das Musical
hat seinen Vertrag der Titelrolle von »Rocky« in Ham-Die Dreigroschenoper
www.stage-entertainment.de Laurence O‘Keefe / Kevin Murphy
burg bis Mai 2014 verlängert und wird im Oktober 2013
Kurt Weill / Bertolt Brecht / Elisabeth Hauptmann Deutsch von Matthias Busch
in der konzertanten, deutschsprachigen Erstaufführung
vonAvenue Q
»Love Never Dies« in Wien auf der Bühne stehen. Theater Lübeck – Großes Haus Stageink
Geboren in St. Louis, Missouri (USA), absolvierte er Premiere: 9. Februar 2019 Wabe Berlin
Robert Lopez / Jeff Marx / Jeff Whitty
seine Ausbildung in Musik, Schauspiel und Tanz am Deutschsprachige Erstaufführung: 1. März 2019
Deutsch von Dominik Flaschka & Roman Riklin
Boston Conservatory und stand in New York erstmals www.theaterluebeck.de
im Musical auf der Bühne, u. a. in »Joseph and the www.stageink.org
Landestheater Niederbayern
Amazing Technicolour
Theaterzelt Landshut Dreamcoat«, »Tony n‘ Tina‘sDie Dreigroschenoper
Wedding«
Premiere: und 2019
8. März »Jesus Christ Superstar«. Die KurtRolle
Weill / Bertolt Brecht / Elisabeth Hauptmann Im weißen Rössl
des Quasimodo in »Der Glöckner von Notre Dame« Ralph Benatzky / Robert Gilbert /
www.landestheater-niederbayern.de
führte ihn 1999 nach Berlin. Zu seinen Haupt- und Ti- Theater Heilbronn – Großes Haus
Hans Müller-Einigen / Erik Charell
telrollen in Deutschland, Österreich und der Schweiz Premiere: 16. März 2019
Big Berger
gehören Fish in »Hair«, »Boss in »Fever«, die Titel- www.theater-heilbronn.de Anhaltisches Theater Dessau
rolleLippa
in »Hedwig and the Angry Inch«, Cousin Kevin in Premiere: 22. Februar 2019
Andrew / John August
»Thevon
Deutsch Who‘s
NicoTommy«,
Rabenald die Titelrolle in »Jekyll & Hyde«,
»Jesus Christ Superstar«, »Dracula«, »Rudolf – AffaireDie Dreigroschenoper
www.anhaltisches-theater.de
Musiktheater im Revier Gelsenkirchen
Mayerling«, – GroßesCurtis
Che in »Evita«, HausJackson in »Sister
Kurt Weill / Bertolt Brecht / Elisabeth Hauptmann
Premiere:
Act« und 9. Graf
Märzvon 2019
Krolock in »Tanz der Vampire«. In Grund und Boden
Bei Aufenthalten in New York spielte er Hauptrollen in Theater Hof – Großes Haus Shoval Shablul / Andreas Dziuk
www.musiktheater-im-revier.de
»Lestat«, »Jaques Brel is Alive ...« und »Les Misérables« Premiere: 30. März 2019
am Broadway. Theater der Altmark Stendal
www.theater-hof.de
Cabaret Großes Haus – Hinterbühne
Uraufführung: 23. März 2019
John Kander / Fred Ebb / Joe Masteroff
Die fabelhafte Welt der Amélie
Deutsch von Robert Gilbert www.tda-stendal.de
In der reduzierten Orchesterfassung von Chris Walker Daniel Messé / Nathan Tysen / Craig Lucas
Deutsch von Heiko Wohlgemuth
Hessisches Landestheater Marburg Jesus Christ Superstar
Erwin-Piscator-Haus Stage Entertainment
Andrew Lloyd Webber / Tim Rice
Premiere: 23. Februar 2019 Werk7 – Theater im Werksviertel
Deutsch von Anja Hauptmann
Deutschsprachige Erstaufführung: 14. Februar 2019
www.hltm.de Le Théâtre Emmen
www.stage-entertainment.de
Kulturhaus Emmenbrücke
Cabaret Premiere: 23. März 2019
Die Mädchen von Oostende
John Kander / Fred Ebb / Joe Masteroff www.le-theatre.ch
Deutsch von Robert Gilbert Rory Six

Stadttheater Bremerhaven – Großes Haus Theatercouch Wien King Kong

Premiere: 23. Februar 2019 Uraufführung: 22. Februar 2019
Paul Graham Brown / James Edward Lyons
www.stadttheaterbremerhaven.de www.theatercouch.at Deutsch von James Edward Lyons
Junges Staatsmusical
Chess Drachenherz Hessisches Staatstheater Wiesbaden – Studio
Wolfgang Böhmer / Peter Lund Premiere: 2. Februar 2019
Benny Andersson / Björn Ulvaeus / Tim Rice
Deutsch von Kevin Schroeder Theater Chemnitz www.staatstheater-wiesbaden.de
Theater Regensburg Opernhaus
Velodrom Uraufführung: 2. März 2019 Kismet
Premiere: 16. März 2019 www.theater-chemnitz.de Robert Wright / George Forrest / Luther Davis /
www.theater-regensburg.de Charles Lederer
Elixier Deutsch von Janne Furch
Cindy Reller – Voll ins Tobias Künzel / Kati Naumann Theater & Orchester Neubrandenburg / Neustrelitz
Landestheater Neustrelitz
Ohr und mitten ins Herz Musical Company Steinfurt Premiere: 16. März 2019
Martin Lingnau / Heiko Wohlgemuth MLH-Haus der Bürger Burgsteinfurt
Premiere: 22. März 2019 www.theater-und-orchester.de
Uckermärkische Bühnen Schwedt – Kleiner Saal
Premiere: 29. März 2019 www.musical-steinfurt.de

www.theater-schwedt.de

48

Premieren Februar & März 2019
Diese Premierenübersicht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Alle Angaben ohne Gewähr. Weitere Informationen finden Sie auf www.unitedmusicals.de
Kiss Me, Kate
Cole Porter / Samuel & Bella Spewack
Deutsch von Günter Neumann
In einer Neubearbeitung von Peter Lund
Staatstheater Darmstadt – Großes Haus
Premiere: 2. Februar 2019
www.staatstheater-darmstadt.de
Kiss Me, Kate
Cole Porter / Samuel & Bella Spewack
Deutsch von Susanne Felicitas Wolf
Theater Vorpommern
Theater Stralsund – Großes Haus
Premiere: 16. März 2019
www.theater-vorpommern.de
KNIE – Das Circus Musical (Tour)
Martin De Vries / Patric Scott /
Peter Pfändler / Rolf Knie
Chapiteau
Air Force Center Dübendorf
Uraufführung: 12. März 2019
www.kniemusical.ch
Lazarus
David Bowie / Enda Walsh
Songs in englischer Sprache
Deutsche Dialoge von Peter Torberg
Koproduktion mit dem Staatstheater am Gärtnerplatz
Staatstheater Nürnberg
Schauspielhaus
Premiere: 2. Februar 2019
www.staatstheater-nuernberg.de
Let‘s Stop Brexit! –
Keep Calm and Drink Tea
»Gilbert & Sullivan« / Ulrich Proschka
Theater Krefeld / Mönchengladbach
Theater Mönchengladbach – Große Bühne
Uraufführung: 9. Februar 2019
www.theater-kr-mg.de
Little Me
Cy Coleman / Carolyn Leigh / Neil Simon
Deutsch von Tom van Hasselt & Jenny W. Gregor
In Kooperation mit Theaterakademie August Everding
Stadttheater Fürth – Großes Haus
Deutschsprachige Erstaufführung: 9. März 2019
www.stadttheater.de
Martin Luther King – Das
Chormusical (Tour)
Christoph Terbuyken / Hanjo Gäbler /
Andreas Malessa
Grugahalle Essen
Uraufführung: 9. Februar 2019
www.king-musical.de
Mit Herz & Promille
Martin Lingnau / Heiko Wohlgemuth / Mirko Bott
In der Bearbeitung von Christian Kühn
Comödie Dresden
Premiere: 9. März 2019
www.comoedie-dresden.de
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
Premierenblick
My Fair Lady
Frederick Loewe / Alan Jay Lerner
Deutsch von Robert Gilbert
Schlosstheater Celle
Premiere: 8. Februar 2019
www.schlosstheater-celle.de
next to normal
Tom Kitt / Brian Yorkey
Deutsch von Titus Hoffmann
Musical Company
Hotel Cap Polonio Pinneberg
Premiere: 14. März 2019
www.musical-company.net
The Gershwins' Porgy and Bess
George Gershwin
In englischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Konzertante Aufführung
Volksoper Wien
Premiere: 10. Februar 2019
www.volksoper.at
Priscilla – Königin der Wüste
Diverse Komponisten & Liedtexter /
Stephan Elliott / Allan Scott
Deutsch von Michael Alexander Rinz
München
Theater St. Gallen – Großes Haus
Schweizer Erstaufführung: 23. Februar 2019
www.theatersg.ch
Ragtime
Stephen Flaherty / Lynn Ahrens / Terrence McNally
Deutsch von Roman Hinze
Landestheater Linz
Musiktheater – Großer Saal
Premiere: 8. Februar 2019
www.landestheater-linz.at
Romeo + Julia
Maximilian Reinhard / Andrew Robb
Theater Arnstadt
Theater im Schlossgarten
Uraufführung: 15. März 2019
www.theater-arnstadt.de
Saturday Night Fever (Tour)
»The Bee Gees« / Nan Knighton / Arlene Phillips /
Paul Nicholas / Robert Stigwood / Billy Oaks
In einer neuen Version von Ryan McBryde
Songs in englischer Sprache
Deutsche Dialoge von Anja Hauptmann
Frank Serr Showservice International
Bürgerhaus Schuhfabrik Waldfischbach-Burgalben
Premiere: 20. Februar 2019
www.showservice-international.de
Sherlock – Das MTS-Musical 2019
Berthold Mann-Vetter
MTS Musical
Stadthalle Hofheim am Taunus
Uraufführung: 6. Februar 2019
www.mtsmusical.de
Show Boat
Jerome Kern / Oscar Hammerstein II
Deutsch von Frank Thannhäuser
Bühne Baden
Stadttheater
Premiere: 23. Februar 2019
www.buehnebaden.at
Soldier Songs
David T. Little
In englischer Sprache
Saarländisches Staatstheater Saarbrücken
Alte Feuerwache
Deutsche Erstaufführung: 17. Februar 2019
www.staatstheater.saarland
Spatz und Engel
Daniel Große Boymann / Thomas Kahry
In einer Bearbeitung des Stadttheater Gießen
Stadttheater Gießen
taT-studiobühne
Premiere: 7. März 2019
www.stadttheater-giessen.de
Sugar – Manche mögen‘s heiß
Jule Styne / Bob Merrill / Peter Stone
Deutsch von Peter Ensikat
Kolping-Musiktheater Schwäbisch-Gmünd
Congress Centrum Stadtgarten
Premiere: 22. Februar 2019
www.kolping-musiktheater.de
Sugar – Manche mögen‘s heiß
Jule Styne / Bob Merrill / Peter Stone
Deutsch von Peter Ensikat
Theater Münster – Großes Haus
Premiere: 23. Februar 2019
www.theater-muenster.com
Sunset Boulevard
Andrew Lloyd Webber / Don Black /
Christopher Hampton
Deutsch von Michael Kunze
Gerhart-Hauptmann-Theater Görlitz-Zittau
Theater Görlitz – Großes Haus
Premiere: 30. März 2019
www.g-h-t.de
The Addams Family
Andrew Lippa / Marshall Brickman / Rick Elice
Deutsch von Anja Hauptmann
Theater Heilbronn – Großes Haus
Premiere: 1. Februar 2019
www.theater-heilbronn.de
49
 Premierenblick

Premieren Februar & März 2019

Diese Premierenübersicht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Alle Angaben ohne Gewähr. Weitere Informationen finden Sie auf www.unitedmusicals.de

The Addams Family TINA – Das Tina Turner Musical Wie werd ich meinen Alten los?
Andrew Lippa / Marshall Brickman / Rick Elice Diverse Komponisten / Tina Turner / Diverse Komponisten / Wolfgang-David Sebastian
Deutsch von Anja Hauptmann Katori Hall / Frank Ketelaar / Kees Prins
Theater in der grünen Zitadelle Magdeburg
Songs in englischer Sprache
Landestheater Detmold Premiere: 8. März 2019
Deutsch von Kevin Schroeder,
Premiere: 15. Februar 2019
Sera Finale & Ruth Deny www.theater-zitadelle.com
www.landestheater-detmold.de
Stage Entertainment
Operettenhaus Hamburg Hinweis der Redaktion
The Black Rider – The Casting Deutschsprachige Erstaufführung: 3. März 2019 Der Premierenblick basiert auf Informationen, die wir
of the Magic Bullets www.stage-entertainment.de von den Theatern in Deutschland, Österreich und der
Schweiz erhalten. Leider erreichen uns nicht alle Ter-
Tom Waits / William S. Burroughs mine und Informationen rechtzeitig oder diese sind bei
Deutsch von Wolfgang Wiens TYPisch Frau?! Redaktionsschluss noch nicht veröffentlicht. Premie-
Theater Koblenz Diverse Komponisten / Sonja Gründemann ren, die bei Redaktionsschluss nicht oder mit zu wenig
Premiere: 2. Februar 2019 Informationen vorliegen, können leider nicht berück-
Komödie am Altstadtmarkt Braunschweig sichtigt werden.
www.theater-koblenz.de
Drew Sarich Premiere: 2. Februar 2019 Diese Premierenübersicht erhebt keinen Anspruch
auf Vollständigkeit, jedoch bitten wir alle Theater, uns
www.komoedie-am-altstadtmarkt.de
hat seinen Vertrag der Titelrolle von »Rocky« in Ham-
The Producers frühestmöglich mit Informationen zu den bevorste-
burg bis Mai 2014 verlängert und wird im Oktober 2013 henden Premieren zu versorgen. Damit wir Ihre Pre-
in der /konzertanten,
Mel Brooks Thomas Meehan Wege des Helden. Siegfried.
deutschsprachigen Erstaufführung mieren im April und Mai in der kommenden Ausgabe
von von
Deutsch »Love Never
Nina Dies« in Wien auf der Bühne stehen.
Schneider berücksichtigen können, bitten wir Sie um Zusendung
»Bonfire« / Hans Ziller / Donald Berkenhoff
Geboren in St. Louis, Missouri (USA), absolvierte er der Termine sowie Angaben zu Autoren, Komponisten
Theater Osnabrückin Musik, Schauspiel und Tanz am
seine Ausbildung Theater Ingolstadt – Großes Haus und Übersetzung bis zum 20. Februar 2019 an
Theater
Boston am Domhof und stand in New York erstmals
Conservatory Uraufführung: 30. März 2019 redaktion@blickpunktmusical.de.
Premiere: 23. März 2019
im Musical auf der Bühne, u. a. in »Joseph and the
Amazing Technicolour Dreamcoat«, »Tony n‘ Tina‘s www.theater.ingolstadt.de
www.theater-osnabrueck.de
Wedding« und »Jesus Christ Superstar«. Die Rolle
des Quasimodo in »Der Glöckner von Notre Dame«
führte ihn 1999 nach Berlin. Zu seinen Haupt- und Ti-
telrollen in Deutschland, Österreich und der Schweiz
gehören Berger in »Hair«, »Boss in »Fever«, die Titel-

Saisonvorschau 2018/19 (Teil2)

rolle in »Hedwig and the Angry Inch«, Cousin Kevin in
»The Who‘s Tommy«, die Titelrolle in »Jekyll & Hyde«,
»Jesus Christ Superstar«, »Dracula«, »Rudolf – Affaire
Mayerling«, Che in »Evita«, Curtis Jackson in »Sister
Act« und Graf von Krolock in »Tanz der Vampire«.
Bei Aufenthalten in New York spielte er Hauptrollen
in »Lestat«, »Jaques Brel is Alive ...« und
3-Bett-Zimmer
»Les Misérables« am Broadway.
Altar Boyz Backbeat – Die Beatles in Hamburg
Diverse Komponisten / Astrid Schulz Gary Adler / Michael Patrick Walker / »The Beatles« / Iain Softley / Stephen Jeffreys
Kevin Del Aguila Deutsch von Dagmar Windisch
Packhaustheater Bremen
Deutsch von Laura Friedrich Tejero
Theaterschiff Württembergische Landesbühne Esslingen
Uraufführung: 31. Januar 2019 OFFstage Germany Schauspielhaus
Bar jeder Vernunft Berlin Premiere: 6. Juni 2019
www.theaterschiff-bremen.de
Deutschsprachige Erstaufführung: 15. Januar 2019
www.wlb-esslingen.de
13 – Das Musical www.offstage-germany.de

Jason Robert Brown / Dan Elish / Robert Horn Big Fish

Deutsch von Wolfgang Adenberg American Idiot (Tour) Andrew Lippa / John August
»Green Day« / Billie Joe Armstrong / Michael Mayer Deutsch von Nico Rabenald
Theater&Philharmonie Thüringen
Deutsch von Titus Hoffmann
Bühnen der Stadt Gera Musiktheater im Revier Gelsenkirchen – Großes Haus
Bühne am Park OFFMusical Premiere: 9. März 2019
Premiere: 3. März 2019 Ringlokschuppen Bielefeld
www.musiktheater-im-revier.de
Premiere: 10. Januar 2019
www.tpthueringen.de
www.offmusical.de Blue Jeans
Aladdin (Disney) Diverse Komponisten / Jürg Burth /
Alan Menken / Howard Ashman / Anatevka Ulf Dietrich Becker / Adam Benzwi
Tim Rice / Chad Beguelin Jerry Bock / Sheldon Harnick / Joseph Stein
Theater Trier – Großes Haus
Deutsch von Kevin Schroeder & Heiko Wohlgemuth Deutsch von Rolf Merz & Gerhard Hagen
Premiere: 19. Januar 2019
Stage Entertainment Theater Magdeburg
www.theater-trier.de
Apollo Theater Stuttgart Opernhaus
Premiere: 21. März 2019 Premiere: 4. Mai 2019
Cabaret
www.stage-entertainment.de www.theater-magdeburg.de
John Kander / Fred Ebb / Joe Masteroff
Deutsch von Robert Gilbert
Avenue Q
Hessisches Landestheater Marburg
Robert Lopez / Jeff Marx / Jeff Whitty
Erwin-Piscator-Haus
Deutsch von Dominik Flaschka & Roman Riklin
Premiere: 23. Februar 2019
Landestheater Niederbayern
www.hltm.de
Theaterzelt Landshut
Premiere: 8. März 2019
www.landestheater-niederbayern.de

50 blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019


Saisonvorschau 2018/19 (Teil2)
Diese Premierenübersicht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Alle Angaben ohne Gewähr. Weitere Informationen finden Sie auf www.unitedmusicals.de
Cabaret
John Kander / Fred Ebb / Joe Masteroff
Deutsch von Robert Gilbert
Stadttheater Bremerhaven – Großes Haus
Premiere: 23. Februar 2019
www.stadttheaterbremerhaven.de
Cabaret
John Kander / Fred Ebb / Joe Masteroff
Deutsch von Robert Gilbert
Pfalztheater Kaiserslautern – Großes Haus
Premiere: 6. April 2019
www.pfalztheater.de
Cabaret
John Kander / Fred Ebb / Joe Masteroff
Deutsch von Robert Gilbert
Theater Konstanz
Premiere: 12. April 2019
www.theaterkonstanz.de
Cabaret
John Kander / Fred Ebb / Joe Masteroff
Deutsch von Robert Gilbert
Theater Nordhausen
Premiere: 14. April 2019
www.theater-nordhausen.de
Cheer Out Loud!
Alexander Maulwurf / Sonny Thet / Susanne Lipp
GRIPS Theater Berlin
Uraufführung: 17. Januar 2019
www.grips-theater.de
Chess
Benny Andersson / Björn Ulvaeus / Tim Rice
Deutsch von Kevin Schroeder
Theater Regensburg
Velodrom
Premiere: 16. März 2019
www.theater-regensburg.de
Chess
Benny Andersson / Björn Ulvaeus / Tim Rice
Songs in englischer Sprache
Deutsche Dialoge von Kevin Schroeder
Halbszenische Aufführung
Landestheater Linz
Musiktheater – Großer Saal
Premiere: 8. Juni 2019
www.landestheater-linz.at
Chicago
John Kander / Fred Ebb / Bob Fosse
Deutsch von Erika Gesell & Helmut Baumann
Tiroler Landestheater &
Symphonieorchester Innsbruck
Premiere: 18. Mai 2019
www.landestheater.at
Premierenblick
Chicago (Tour) Die Dreigroschenoper
John Kander / Fred Ebb / Bob Fosse Kurt Weill / Bertolt Brecht / Elisabeth Hauptmann
In englischer Sprache
Musikschule Norderstedt
BB Promotion, Barry & Fran Weissler, David Ian in Kulturwerk am See
Verbindung mit Showtime Management Premiere: 5. Januar 2019
Musical Dome Köln
www.norderstedt.de
Premiere: 4. Juni 2019
www.bb-promotion.com Die Dreigroschenoper
Kurt Weill / Bertolt Brecht / Elisabeth Hauptmann
Cindy Reller – Voll ins Ohr
Theater Lübeck – Großes Haus
und mitten ins Herz Premiere: 9. Februar 2019
Martin Lingnau / Heiko Wohlgemuth
www.theaterluebeck.de
Uckermärkische Bühnen Schwedt – Kleiner Saal
Premiere: 29. März 2019 Die Dreigroschenoper
www.theater-schwedt.de Kurt Weill / Bertolt Brecht / Elisabeth Hauptmann
Theater Heilbronn – Großes Haus
Das Feuerwerk Premiere: 16. März 2019
Paul Burkhard / Robert Gilbert /
www.theater-heilbronn.de
Jürg Amstein / Erik Charell
Musikalische Komödie Leipzig Die Dreigroschenoper
Premiere: 13. April 2019
Kurt Weill / Bertolt Brecht / Elisabeth Hauptmann
www.oper-leipzig.de
Theater Hof – Großes Haus
Premiere: 30. März 2019
Der Hase mit den Bernsteinaugen
www.theater-hof.de
Thomas Zaufke / Henry Mason
Landestheater Linz Die Dreigroschenoper
Schauspielhaus
Uraufführung: 6. April 2019 Kurt Weill / Bertolt Brecht / Elisabeth Hauptmann
www.landestheater-linz.at Theater & Orchester Heidelberg
Marguerre-Saal
Premiere: 23. Juni 2019
Der kleine Horrorladen
www.theaterheidelberg.de
Alan Menken / Howard Ashman
Deutsch von Michael Kunze
Die fabelhafte Welt der Amélie
Gerhard-Hauptmann-Theater Görlitz-Zittau
Theater Zittau – Großer Saal Daniel Messé / Nathan Tysen / Craig Lucas
Deutsch von Heiko Wohlgemuth
Premiere: 2. März 2019
www.g-h-t.de Stage Entertainment
Werk7 – Theater im Werksviertel
Deutschsprachige Erstaufführung: 14. Februar 2019
Der kleine Horrorladen
Alan Menken / Howard Ashman www.stage-entertainment.de
Deutsch von Michael Kunze
In Kooperation mit der Leuphana Universität Lüneburg Die letzten fünf Jahre
Theater Lüneburg – Junge Bühne T.3 Jason Robert Brown
Premiere: 10. Mai 2019 Deutsch von Wolfgang Adenberg
www.theater-lueneburg.de Theater Plauen / Zwickau
Altes Gasometer Zwickau
Der Mann mit dem Lachen Premiere: 9. Mai 2019
Frank Nimsgern / Alexander Kuchinka / www.theater-plauen-zwickau.de
Tilman von Blomberg
Staatsoperette Dresden Die Mädchen von Oostende
Uraufführung: 27. April 2019 Rory Six
www.staatsoperette.de Theatercouch Wien
Uraufführung: 22. Februar 2019
Die Comedian Harmonists www.theatercouch.at
Diverse Komponisten / Franz Wittenbrink /
Gottfried Greiffenhagen Doktor Schiwago
Kammeroper Köln Lucy Simon / Michael Korie /
Premiere: 28. März 2019 Amy Powers / Michael Weller
Deutsch von Sabine Ruflair & Jürgen Hartmann
www.kammeroper-koeln.de
Musical Frühling in Gmunden
Stadttheater
Österreichische Erstaufführung: 11. April 2019
www.musical-gmunden.com
51
 Premierenblick

Saisonvorschau 2018/19 (Teil2)

Diese Premierenübersicht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Alle Angaben ohne Gewähr. Weitere Informationen finden Sie auf www.unitedmusicals.de

Drachenherz Elternabend Für mich soll‘s rote Rosen regnen

Wolfgang Böhmer / Peter Lund Thomas Zaufke / Peter Lund William Ward Murta / James Edward Lyons
Theater Chemnitz Theater für Niedersachsen Schauspielbühnen Stuttgart
Opernhaus Stadttheater Hildesheim – Großes Haus Komödie im Marquardt
Uraufführung: 2. März 2019 Premiere: 11. Mai 2019 Premiere: 18. Januar 2019
www.theater-chemnitz.de www.tfn-online.de www.schauspielbuehnen.de

Drachenherz Emil und die Detektive Hair

Wolfgang Böhmer / Peter Lund Marc Schubring / Wolfgang Adenberg Galt MacDermot / Gerome Ragni / James Rado
Deutsch von Nico Rabenald & Walter Brandin
Neuköllner Oper Berlin Musikschule Norderstedt
Premiere: 13. Juni 2019 Festsaal am Falkenberg Landesbühne Sachsen
Premiere: 1. März 2019 Theater Radebeul – Hauptbühne
www.neukoellneroper.de
Premiere: 4. Mai 2019
www.norderstedt.de
Drei Männer im Schnee www.landesbuehnen-sachsen.de

Konrad Koselleck / Christoph Israel / Everyman

Benedikt Eichhorn / Thomas Pigor Günter Werno / Andy Kuntz / Stephan Lill Heathers – Das Musical
In englischer Sprache mit deutschen Übertiteln Laurence O‘Keefe / Kevin Murphy
Staatstheater am Gärtnerplatz München
Deutsch von Matthias Busch
Uraufführung: 31. Januar 2019 Theater Pforzheim – Großes Haus
Premiere: 6. April 2019 Stageink
www.gaertnerplatztheater.de
Wabe Berlin
www.theater-pforzheim.de
Deutschsprachige Erstaufführung: 1. März 2019
Du bist in Ordnung, Charlie Brown
Clark Gesner / Andrew Lippa / Michael Mayer Evita (Tour) www.stageink.org

Deutsch von Nicholas Hause & Christian Struppeck Andrew Lloyd Webber / Tim Rice
In englischer Sprache mit deutschen Übertiteln Hedwig and the Angry Inch
Junges Staatsmusical
Stephen Trask / John Cameron Mitchell
Hessisches Staatstheater Wiesbaden – Studio BB Promotion präsentiert
Songs überwiegend in englischer Sprache
Premiere: 11. Januar 2019 eine Bill Kenwright Produktion
Deutsche Dialoge von Rüdiger Bering &
Admiralspalast Berlin
www.staatstheater-wiesbaden.de Wolfgang Böhmer
Premiere: 2. Januar 2019
Junges Staatstheater Karlsruhe
Ein Hauch von Venus www.bb-promotion.com
Insel
Kurt Weill / Ogden Nash / Sidney Joseph Perelman Premiere: 12. Mai 2019
Deutsch von Roman Hinze Evita
www.staatstheater.karlsruhe.de
Andrew Lloyd Webber / Tim Rice
Staatsoperette Dresden
Inszenierung der Originalproduktion
Kraftwerk Mitte
von Harold Prince Heiße Ecke – Das St. Pauli Musical
Premiere: 22. Juni 2019
In englischer Sprache mit deutschen Übertiteln Martin Lingnau / Thomas Matschoß /
www.staatsoperette.de Heiko Wohlgemuth
Stadttheater Klagenfurt
Premiere: 2. Mai 2019 Die 2. Besetzung Bottrop
Ein Käfig voller Narren Aula Hauptschule Welheim
www.stadttheater-klagenfurt.at
Premiere: 25. Januar 2019
(La Cage aux Folles)
Jerry Herman / Harvey Fierstein Ewig jung www.diezweitbesetzung.com
Deutsch von Erika Gesell & Christian Severin Erik Gedeon
Himmel über Paris
Theater Plauen / Zwickau Staatstheater Cottbus
Konzert- und Ballhaus Neue Welt Diverse Komponisten / Lothar Kittstein
Theaterscheune
Premiere: 25. Mai 2019 Premiere: 11. Januar 2019 Theater Krefeld / Mönchengladbach
www.theater-plauen-zwickau.de Theater Mönchengladbach
www.staatstheater-cottbus.de
Uraufführung: 17. Mai 2019
Elfie Ewig jung www.theater-kr-mg.de
Wolfgang Böhmer / Martin G. Berger Erik Gedeon
Im weißen Rössl
Neuköllner Oper Berlin Theater Regensburg
Uraufführung: 31. Januar 2019 Ralph Benatzky / Robert Gilbert /
Theater am Bismarckplatz
Hans Müller-Einigen / Erik Charell
www.neukoellneroper.de Premiere: 5. März 2019
Anhaltisches Theater Dessau
www.theater-regensburg.de
Premiere: 22. Februar 2019
Elixier
Tobias Künzel / Kati Naumann First Date www.anhaltisches-theater.de

Musical Company Steinfurt Alan Zachary / Michael Weiner / Austin Winsberg

Deutsch von Nico Rabenald In Grund und Boden
MLH-Haus der Bürger Burgsteinfurt
Premiere: 22. März 2019 Shoval Shablul / Andreas Dziuk
Musical-Ensemble Erft
www.musical-steinfurt.de Aula Gymnasium Kerpen Theater der Altmark Stendal
Premiere: 16. Mai 2019 Großes Haus – Hinterbühne
Uraufführung: 23. März 2019
www.musical-ensemble-erft.de
www.tda-stendal.de

blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019

Musik: Cy Coleman Deutsch von Jenny W. Gregor (Dialoge) und Tom van Hasselt (Liedtexte)
Buch: Neil Simon Nach dem Roman von Patrick Dennis
Musikalische Leitung: Thilo Wolf
Choreographie der Originalproduktion von Bob Fosse
Liedtexte: Carolyn Leigh Regie der Originalproduktion von Cy Feuer und Bob Fosse Inszenierung: Stephanie Schimmer &
LITTLE ME wird präsentiert in Zusammenarbeit mit dem Verlag
FELIX BLOCH ERBEN GmbH & Co. KG in Berlin
Wolfgang Gratschmaier
mit freundlicher Genehmigung der TAMS-WITMARK MUSIC LIBRARY,
INC. 560 Lexington Avenue, New York, N.Y. 10022, USA Idee/Konzept: Thomas Enzinger
Für den Broadway produziert von Feuer und Martin
Choreografie: Gaines Hall
Ausstattung: Toto

Produktion Stadttheater Fürth in Kooperation mit der

Bayerischen Theaterakademie August Everding, München und der Comödie Fürth

Sa 9. März bis mit Volker Heißmann, Maya Hakvoort, Nina Weiß, Marianne Larsen u.a.
So 24. März 2019
74 24 00
Tic ket -Ho tlin e: 091 1 - 9
the ate rk e
ww w.s tad tth eat er.d e
 Premierenblick

Saisonvorschau 2018/19 (Teil2)

Diese Premierenübersicht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Alle Angaben ohne Gewähr. Weitere Informationen finden Sie auf www.unitedmusicals.de

Jasper in Deadland Kiss Me, Kate Little Me

Ryan Scott Oliver / Hunter Foster
Deutsch von Lisanne Wiegand
Theater für Niedersachsen
Theater Hildesheim – Großes Haus
Deutschsprachige Erstaufführung: 19. Januar 2019
www.tfn-online.de
Cole Porter / Samuel & Bella Spewack
Deutsch von Susanne Felicitas Wolf
Theater Vorpommern
Theater Stralsund – Großes Haus
Premiere: 16. März 2019
www.theater-vorpommern.de
Cy Coleman / Carolyn Leigh / Neil Simon
Deutsch von Tom van Hasselt & Jenny W. Gregor
In Kooperation mit Theaterakademie August Everding
Stadttheater Fürth – Großes Haus
Deutschsprachige Erstaufführung: 9. März 2019
www.stadttheater.de

Jekyll & Hyde Kiss Me, Kate Lulu – Ein Rock Vaudeville
Frank Wildhorn / Leslie Bricusse Cole Porter / Samuel & Bella Spewack »The Tiger Lillies« / Armin Petras
Deutsch von Susanne Dengler & Eberhard Storz Deutsch von Günter Neumann
Theater Bremen – Kleines Haus
Nordharzer Städtebundtheater Theater Hof – Großes Haus Premiere: 11. Januar 2019
Theater Halberstadt – Großes Haus Premiere: 27. April 2019
www.theaterbremen.de
Premiere: 4. Mai 2019
www.theater-hof.de
www.harztheater.deDrew Sarich Martin Luther King –
hat seinen Vertrag der Titelrolle von »Rocky« in KNIE
Ham-– Das Circus Musical (Tour)
JesusburgChrist
bis MaiSuperstar
2014 verlängert und wird im Oktober 2013 Das Chormusical (Tour)
Martin De Vries / Patric Scott /
in der konzertanten, deutschsprachigen Erstaufführung Christoph Terbuyken / Hanjo Gäbler /
Andrew Lloyd Webber / Tim Rice Peter Pfändler / Rolf Knie
von »Love Never Dies« in Wien auf der Bühne stehen. Andreas Malessa
Deutsch von Anja Hauptmann
Geboren in St. Louis, Missouri (USA), absolvierte er Chapiteau
seine
Le Ausbildung
Théâtre Emmenin Musik, Schauspiel und Tanz am Air Force Center Dübendorf Grugahalle Essen
Boston Conservatory
Kulturhaus Emmenbrückeund stand in New York erstmals Uraufführung: 12. März 2019 Uraufführung: 9. Februar 2019
im Musical
Premiere: auf der
23. März 2019Bühne, u. a. in »Joseph and the www.king-musical.de
Amazing Technicolour Dreamcoat«, »Tony n‘ Tina‘s www.kniemusical.ch
www.le-theatre.ch
Wedding« und »Jesus Christ Superstar«. Die Rolle
des Quasimodo in »Der Glöckner von Notre Dame« Kuss der Spinnenfrau
Maximilian – Ein wahrer Ritter
Jesusführte
Christ Superstar
ihn 1999 nach Berlin. Zu seinen Haupt- und JohnTi-Kander / Fred Ebb / Terrence McNally Florian Scherz / Irene Scherz
Andrewtelrollen in Deutschland,
Lloyd Webber / Tim Rice Österreich und der Schweiz Deutsch von Michael Kunze Theater im Neukloster Wiener Neustadt
Deutschgehören
von AnjaBerger in »Hair«, »Boss in »Fever«, die Titel-
Hauptmann
Bühne Baden Uraufführung: 11. Mai 2019
rolle in »Hedwig and the Angry Inch«, Cousin Kevin in
Vereinigte
»The Who‘sBühnen Wien die Titelrolle in »Jekyll & Hyde«,
Tommy«, Stadttheater www.theaterimneukloster.at
Raimund
»Jesus Theater
Christ Superstar«, »Dracula«, »Rudolf – Affaire Premiere: 3. August 2019
Premiere: 12. April
Mayerling«, Che2019
in »Evita«, Curtis Jackson in »Sister
www.buehnebaden.at Miss Saigon
Act« und Graf von Krolock in »Tanz der Vampire«.
www.musicalvienna.at Claude-Michel Schönberg / Alain Boublil /
Bei Aufenthalten in New York spielte er Hauptrollen in
»Lestat«, »Jaques Brel is Alive ...« und »Les Misérables« Lazarus Richard Maltby Jr. / Michael Mahler
Johannes Gutenberg
am Broadway.– Das Musical David Bowie / Enda Walsh In englischer Sprache
Frank Golischewski Songs in englischer Sprache BB Promotion & Cameron Mackintosh
Deutsche Dialoge von Peter Torberg Musical Dome Köln
Unterhaus – Mainzer Forum-Theater
Uraufführung: 8. Januar 2019 Staatstheater Nürnberg Premiere: 25. Januar 2019
Schauspielhaus www.bb-promotion.com
www.unterhaus-mainz.de
Premiere: 2. Februar 2019

King Kong www.staatstheater-nuernberg.de Mit Herz & Promille

Paul Graham Brown / James Edward Lyons Martin Lingnau / Heiko Wohlgemuth / Mirko Bott
Deutsch von James Edward Lyons Lazarus In der Bearbeitung von Christian Kühn
David Bowie / Enda Walsh Comödie Dresden
Junges Staatsmusical
Songs in englischer Sprache Premiere: 9. März 2019
Hessisches Staatstheater Wiesbaden – Studio
Deutsche Dialoge von Peter Torberg
Premiere: 2. Februar 2019 www.comoedie-dresden.de
Theater Bielefeld
www.staatstheater-wiesbaden.de
Stadttheater
Premiere: 18. Mai 2019
Musical! Becoming Stars
Kismet of the Musical Stage
www.theater-bielefeld.de
Robert Wright / George Forrest / Diverse Komponisten / The English Lovers
Luther Davis / Charles Lederer
Deutsch von Janne Furch Lazarus The English Lovers
David Bowie / Enda Walsh Theater Drachengasse Wien
Theater & Orchester Neubrandenburg / Neustrelitz Bar&Co
Songs in englischer Sprache
Landestheater Neustrelitz Uraufführung: 1. April 2019
Deutsche Dialoge von Peter Torberg
Premiere: 16. März 2019
Deutsches Theater Göttingen www.drachengasse.at
www.theater-und-orchester.de
Premiere: 15. Juni 2019
My Fair Lady
Kiss Me, Kate www.dt-goettingen.de
Frederick Loewe / Alan Jay Lerner
Cole Porter / Samuel & Bella Spewack Deutsch von Robert Gilbert
Deutsch von Günter Neumann Let‘s Stop Brexit! –
Staatsoperette Dresden
In einer Neubearbeitung von Peter Lund Keep Calm and Drink Tea
Premiere: 26. Januar 2019
Staatstheater Darmstadt – Großes Haus »Gilbert & Sullivan« / Ulrich Proschka
Premiere: 2. Februar 2019 www.staatsoperette.de
Theater Krefeld / Mönchengladbach
www.staatstheater-darmstadt.de Theater Mönchengladbach – Große Bühne
Uraufführung: 9. Februar 2019
www.theater-kr-mg.de

blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019


Saisonvorschau 2018/19 (Teil2)
Diese Premierenübersicht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Alle Angaben ohne Gewähr. Weitere Informationen finden Sie auf www.unitedmusicals.de
My Fair Lady
Frederick Loewe / Alan Jay Lerner
Deutsch von Robert Gilbert
Schlosstheater Celle
Premiere: 8. Februar 2019
www.schlosstheater-celle.de
next to normal
Tom Kitt / Brian Yorkey
Deutsch von Titus Hoffmann
Musical Company
Hotel Cap Polonio Pinneberg
Premiere: 14. März 2019
www.musical-company.net
Non(n)sens
Dan Goggin
Deutsch von Markus Weber & Thomas Woitkewitsch
Überarbeitete Neufassung von Benjamin Baumann
Theater Lüneburg
Studiobühne T.NT
Premiere: 12. Januar 2019
www.theater-lueneburg.de
On the Town
Leonard Bernstein / Betty Comden /
Adolph Green / Jerome Robbins
Deutsch von Claus H. Henneberg in Zusammenarbeit
mit John Neumeier
Oper Leipzig
Musikalische Komödie
Premiere: 26. Januar 2019
www.oper-leipzig.de
On the Town
Leonard Bernstein / Betty Comden /
Adolph Green / Jerome Robbins
Songs in englischer Sprache
Deutsch von Claus H. Henneberg in Zusammenarbeit
mit John Neumeier
Staatstheater am Gärtnerplatz München
Premiere: 26. April 2019
www.gaertnerplatztheater.de
Paramour (Cirque du Soleil)
Guy Dubuc / Marc Lessard (Bob & Bill) /
Andreas Carlsson / West Hyler
Deutsch von Daniel Große Boymann
Co-Produktion von Stage Entertainment
und Cirque du Soleil
Neue Flora Hamburg
Deutschsprachige Erstaufführung: 14. April 2019
www.stage-entertainment.de
Peter Pan
George Stiles / Anthony Drew / Willis Hall
Deutsch von Roman Hinze
MainMusical
Frankenhalle Erlenbach
Premiere: 30. April 2019
www.mainmusical.com
Premierenblick
The Gershwins‘ Porgy and Bess
George Gershwin
In englischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Konzertante Aufführung
Volksoper Wien
Premiere: 10. Februar 2019
www.volksoper.at
Priscilla – Königin der Wüste
Diverse Komponisten & Liedtexter /
Stephan Elliott / Allan Scott
Deutsch von Michael Alexander Rinz
Koproduktion mit dem Staatstheater am Gärtnerplatz
München
Theater St. Gallen – Großes Haus
Schweizer Erstaufführung: 23. Februar 2019
www.theatersg.ch
Ragtime
Stephen Flaherty / Lynn Ahrens / Terrence McNally
Deutsch von Roman Hinze
Landestheater Linz
Musiktheater – Großer Saal
Premiere: 8. Februar 2019
www.landestheater-linz.at
Romeo + Julia
Maximilian Reinhard / Andrew Robb
Theater Arnstadt
Theater im Schlossgarten
Uraufführung: 15. März 2019
www.theater-arnstadt.de
Roxy und ihr Wunderteam
Paul Abraham / Hans Weigel / Alfred Grünwald
Bühnenpraktische Rekonstruktion von
Matthias Grimmiger & Henning Hagedorn
neu eingerichtet von Kai Tietje & Stefan Huber
Komische Oper Berlin
Premiere: 31. Mai 2019
www.komische-oper-berlin.de
Saturday Night Fever (Tour)
»The Bee Gees« / Nan Knighton / Arlene Phillips /
Paul Nicholas / Robert Stigwood / Billy Oaks
In einer neuen Version von Ryan McBryde
Songs in englischer Sprache
Deutsche Dialoge von Anja Hauptmann
Frank Serr Showservice International
Bürgerhaus Schuhfabrik Waldfischbach-Burgalben
Premiere: 20. Februar 2019
www.showservice-international.de
Sherlock – Das MTS-Musical 2019
Berthold Mann-Vetter
MTS Musical
Stadthalle Hofheim am Taunus
Uraufführung: 6. Februar 2019
www.mtsmusical.de
In Zusammenarbeit mit der Hochschule Osnabrück
Sherlock Holmes – Das Musical
Christian Heckelsmüller / Rudi Reschke /
Joachim Quirin
Movin Act Productions
F1rst Stage Theater Hamburg
Uraufführung: 21. Januar 2019
www.sherlockholmes-musical.de
Shockheaded Peter
»The Tiger Lillies« / Martyn Jacques /
Phelim McDermott / Julian Crouch
Deutsch von Andreas Marber
Eine Koproduktion mit Flying Opera / Stadt Villach
Theater an der Rott Eggenfelden
Premiere: 3. Mai 2019
www.theater-an-der-rott.de
Show Boat
Jerome Kern / Oscar Hammerstein II
Deutsch von Frank Thannhäuser
Bühne Baden
Stadttheater
Premiere: 23. Februar 2019
www.buehnebaden.at
Singin‘ in the Rain
Nacio Herb Brown / Arthur Freed /
Betty Comden / Adolph Green
Songs in englischer Sprache
Deutsche Dialoge von Roman Hinze
Theater Lüneburg – Großes Haus
Premiere: 29. Juni 2019
www.theater-lueneburg.de
Soldier Songs
David T. Little
In englischer Sprache
Saarländisches Staatstheater Saarbrücken
Alte Feuerwache
Deutsche Erstaufführung: 17. Februar 2019
www.staatstheater.saarland
Spatz und Engel
Daniel Große Boymann / Thomas Kahry
In einer Bearbeitung des Stadttheater Gießen
Stadttheater Gießen
taT-studiobühne
Premiere: 7. März 2019
www.stadttheater-giessen.de
Spring Awakening
Duncan Sheik / Steven Sater
Deutsch von Nina Schneider
Volkstheater Rostock – Großes Haus
Premiere: 3. Mai 2019
www.volkstheater-rostock.de
Spring Awakening
Duncan Sheik / Steven Sater
Deutsch von Nina Schneider
Theater Hagen – Großes Haus
Premiere: 15. Juni 2019
www.theaterhagen.de
55
 Premierenblick

Saisonvorschau 2018/19 (Teil2)

Diese Premierenübersicht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Alle Angaben ohne Gewähr. Weitere Informationen finden Sie auf www.unitedmusicals.de

Spuk in der Villa Stern The Addams Family Titanic – The Musical (Tour)
Friedrich Hollaender / David Gieselmann Andrew Lippa / Marshall Brickman / Rick Elice Maury Yeston / Peter Stone
Deutsch von Anja Hauptmann In englischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Theater Basel – Große Bühne
Uraufführung: 26. Januar 2019 Landestheater Detmold BB Promotion in Verbindung mit Danielle Tarento,
Premiere: 15. Februar 2019 Steven M. Levy, Vaughan Williams &
www.theater-basel.ch
Mayflower Theatre, Southampton
www.landestheater-detmold.de
Deutsches Theater München
Sugar – Manche mögen‘s heiß Premiere: 16. Juli 2019
Jule Styne / Bob Merrill / Peter Stone The Black Rider – The
www.deutsches-theater.de
Deutsch von Peter Ensikat Casting of the Magic Bullets
Theater Münster – Großes Haus Tom Waits / William S. Burroughs TYPisch Frau?!
Premiere: 23. Februar 2019 Deutsch von Wolfgang Wiens Diverse Komponisten / Sonja Gründemann
www.theater-muenster.com Theater Koblenz Komödie am Altstadtmarkt Braunschweig
Premiere: 2. Februar 2019 Premiere: 2. Februar 2019
Sugar – Manche mögen‘s
Drewheiß
Sarich www.theater-koblenz.de www.komoedie-am-altstadtmarkt.de
Jule Styne / Bob Merrill / Peter Stone
hat seinen Vertrag der Titelrolle von »Rocky« in Ham-
Deutsch von Peter Ensikat
burg bis Mai 2014 verlängert und wird im Oktober 2013 The Producers Wege des Helden. Siegfried.
in der konzertanten,
Kolping-Musiktheater deutschsprachigen Erstaufführung Mel Brooks / Thomas Meehan
Schwäbisch-Gmünd
»Bonfire« / Hans Ziller / Donald Berkenhoff
vonCentrum
Congress »Love Never Dies« in Wien auf der Bühne stehen. Deutsch von Nina Schneider
Stadtgarten
Geboren
Premiere: in St. Louis,
22. Februar 2019 Missouri (USA), absolvierte er Theater Ingolstadt – Großes Haus
seine Ausbildung in Musik, Schauspiel und Tanz am Theater Osnabrück Uraufführung: 30. März 2019
www.kolping-musiktheater.de
Boston Conservatory und stand in New York erstmals Theater am Domhof
im Musical auf der Bühne, u. a. in »Joseph and the Premiere: 23. März 2019 www.theater.ingolstadt.de
Sunset
Amazing Boulevard
Technicolour Dreamcoat«, »Tony n‘ Tina‘s www.theater-osnabrueck.de
Wedding«
Andrew Lloyd Webber und »Jesus
/ Don Christ
Black / Superstar«. Die Rolle West Side Story (Tour)
des Quasimodo in »Der Glöckner von Notre Dame«
Christopher
führte ihn
Hampton
1999 nach Berlin. Zu seinen Haupt- und Ti-
The Rocky Horror Show Leonard Bernstein / Stephen Sondheim /
Deutsch von Michael Kunze Arthur Laurents / Jerome Robbins
telrollen in Deutschland, Österreich und der Schweiz Richard O‘Brien In englischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Gerhart-Hauptmann-Theater
gehören Berger inGörlitz-Zittau
»Hair«, »Boss in »Fever«,Deutsch von Frank Thannhäuser & Iris Schumacher
die Titel-
Theater Görlitz
rolle – Großes
in »Hedwig andHaus
the Angry Inch«, Cousin Kevin in Opera Australia, GWB Entertainment & BB Group
Premiere: 30. März
»The Who‘s 2019 die Titelrolle in »Jekyll &Oldenburgisches
Tommy«, Hyde«,
Staatstheater – Großes Haus Musical Dome Köln
Premiere: 21. Juni 2019 Premiere: 25. Juni 2019
»Jesus Christ Superstar«, »Dracula«, »Rudolf – Affaire
www.g-h-t.de
Mayerling«, Che in »Evita«, Curtis Jackson in »Sister www.staatstheater.de www.bb-promotion.com
Act« und Graf von Krolock in »Tanz der Vampire«.
Sweeney
Bei AufenthaltenTodd in New York spielte er Hauptrollen in – Das Tina Turner Musical
TINA Wie werd ich meinen Alten los?
Stephen »Lestat«,
Sondheim»Jaques
/ HughBrel is Alive ...« und »Les Misérables«
Wheeler
am Broadway.
Deutsch von Wilfried Steiner Diverse Komponisten / Tina Turner / Katori Hall / Diverse Komponisten / Wolfgang-David Sebastian
Frank Ketelaar / Kees Prins
Theater Kiel Songs in englischer Sprache Theater in der grünen Zitadelle Magdeburg
Opernhaus Deutsch von Kevin Schroeder, Sera Finale & Premiere: 8. März 2019
Premiere: 26. Januar 2019 Ruth Deny
www.theater-zitadelle.com
www.theater-kiel.de Stage Entertainment
Operettenhaus Hamburg Young Frankenstein
The Addams Family Deutschsprachige Erstaufführung: 3. März 2019
Mel Brooks / Thomas Meehan
Andrew Lippa / Marshall Brickman / Rick Elice www.stage-entertainment.de Deutsch von Frank Thannhäuser & Iris Schumacher
Deutsch von Anja Hauptmann
Theater am Hechtplatz Zürich
Theater Heilbronn – Großes Haus Tinder – Das Musical Schweizer Erstaufführung: 4. Mai 2019
Premiere: 1. Februar 2019 Sebastian Müller / Ingmar Otto
www.theaterhechtplatz.ch
www.theater-heilbronn.de Kammertheater Karlsruhe
Uraufführung: 5. April 2019
www.kammertheater-karlsruhe.de

56
Abonnement für nur

29
Sechs Ausgaben
Preis für Deutschland
90
EUR/Jahr

Ausgabe 96 (05/18)
r 2018
September – Novembe
(EU)
€ 6,00 (DE) • € 6,50
ISSN 1619-9421

al.de
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chau
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Saiso /2019
2018

Carmen la Cuba na
iere in Köln
rem
Feurige Deutschlandp
asia«
Carline Brouwer zu
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Bonnie & Clyde in Baden Sunset Boulevard in

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Hair in Bad Hersfeld Fun Home in London

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Die Rache der Fleder

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Einspielungen
zusammengestellt von Barbara Kern, Lisa-Maria Mehrkens, Rosalie Rosenbusch und

Der fliegende Holländer – Das Musical Jane Eyre

Live-Aufnahme der konzertanten Uraufführung mit dem Live-Aufnahme zur deutschsprachigen Erstaufführung
WDR Funkhausorchester 2018 beim Musical Frühling in Gmunden
Z ur konzertanten Uraufführung des Musicals
von Philipp Polzin und Christian D. Della-
cher liegt eine Live-Aufnahme vor. Atmosphä-
risch beginnt es mit ›Ouvertüre‹ und ›Männer
der See‹ (Shantyanklänge). Die Szenenwechsel
sind orchestral unterlegt. Kapitän Daland (Tho-
mas Bayer) ist mit seinem Schiff auf dem Heim-
weg nach Norwegen. Erik (Richard-Salvador
Wolff) ersehnt die Heirat mit dessen Tochter
Senta (Milica Jovanović): ›Mit dir‹ (Pop-Ballade)
und ist sogar bereit, mit ihr ›Bis ans Ende der
Welt‹ zu gehen. Denn ›Sentas Traum‹ ist es, das
eintönige Dorf zu verlassen, um Abenteuer zu
erleben. Im Sturm hat Daland einen einsamen
Kapitän aufgenommen, nicht ahnend, dass
22 Titel es sich um den verfluchten Holländer (Chris
73 min 12 sec
Murray) handelt, der über die Weltmeere irrt
Jewel-CD-Case mit 4-seitigem Booklet und seine verlorene Liebe ›Aline‹ (bewegend)
mit allen Beteiligten und Produktions- betrauert. Nur alle sieben Jahre darf er an Land
fotos gehen. Nun hofft er, dass Sentas Kuss ihn erlöst
(›Heut Nacht‹, ›Schon bald‹), und umgarnt sie
mit dem ›Feuer in der Nacht‹. Das Orchester des
WDR Funkhausorchesters macht das Ganze zu
einem besonderen Hörgenuss.
Bis zum 23. Februar 2019 ist das Konzert in der
Mediathek des WDR auch visuell erlebbar.

40-45 – Spektakel-Musical
Foto: Rudi Gigler

Doppelte Cast Aufnahme zur Uraufführung in Belgien

CD 1: 27 Titel, 70 min 20 sec
CD 2: 27 Titel, 70 min 23 sec
Doppel-CD-Case mit 16-seitigem Book-
let mit allen Beteiligten und den Liedtex-
ten von 14 Songs
Jana & Janis – Sag einfach Jein!
Cast Aufnahme zur Uraufführung in Hamburg 2018
I m belgischen Puurs feierte 2018 »40-45 Spek-
takel-Musical« Uraufführung. Mit Musik (Will
Tura, Steve Willaert) und Liedtexten (Allard
Blom) wird die Geschichte zweier Brüder im
Zweiten Weltkrieg in Belgien lebendig, zwi-
schen Sympathisieren mit und Leiden unter der
deutschen Besatzung .
Das Spezielle: Die Titel auf beiden CDs sind
identisch. Gesungen wird von einem »blauen«
und einem »grünen« Cast. Um niemanden zu
benachteiligen, hat die Produktionsfirma Studio
100 beide Casts auf CD gepresst. Lediglich Jelle
Cleymans (Staf), Jonas Van Geel (Louis), Liene
Ellegiers (Marie) und Nalu Gilbert (Tuur) singen
auf beiden CDs.
Die CD klingt mit ihren Liedern und instrumen-
talen Passagen wie der Soundtrack eines Films.
Auch wenn man kein Flämisch versteht, gefal-
len die Songs aufgrund ihrer schönen Melodien,
wie unter anderem ›Liefde Verblindt‹, ›De Stad‹,
›Sarah‹, ›Blijf Bij Mij‹ und ›Doe maar‹. ›Eli
Azavtani‹ wird von einem Kinderchor gesungen,
während Nalu Gilbert in der Rolle des jungen
Tuur mit dem Ensemble ›Het Verzet‹ singt. Na-
türlich kann man sich bei dieser Aufnahme kein
Bild der Produktion machen, die alle Grenzen
der Technik sprengte.
CD 1: 24 Titel, 74 min 27 sec
CD 2: 16 Titel, 64 min 02 sec
Doppel-CD-Case mit 24-seitigem Book-
let mit allen Beteiligten, Synopsis, Song-
liste, Viten der Autoren und Darsteller,
Produktionsfotos
D as beim Gmundener Musical Frühling 2018
erstmals in deutscher Sprache aufgeführte
Stück »Jane Eyre« ist hier als Gesamtaufnahme
zu hören. Es entführt mit seinen enthaltenen
Liedern und Dialogen sowie erzählerischen
Monologen in das frühe 19. Jahrhundert und in
die Geschichte von Jane Eyre, die auf Charlotte
Brontës Roman basiert. Dramatisiert werden die
schwere Kindheit als Waise, die strenge schu-
lische Ausbildung im Internat Lowood unter
erzieherischer Führung des Geistlichen Bockle-
hurst, die Anstellung in Thornfield als Lehrerin
und Erzieherin für Adele und schließlich die
Hochzeit mit Mr Rochester. Die punktgenaue
Intonation in den Dialogen und Erzählparts ruft
Spannung hervor und die gekonnte Verbindung
von Musik, Gesang und Sprechtexten lässt das
Musical wie eine Art musikalisches Hörspiel
funktionieren. Die visuelle Umsetzung erfolgt
trotz der anspruchsvollen Gesangsweise beim
Hören im Kopf. Die Musik und Liedtexte von
Paul Gordon und das Buch von John Caird fü-
gen sich dank herausragendem Cast zu einem
packenden Hörerlebnis mit wunderbarer Musik
zusammen, welche die Geschichte begleitet
und die teils sehr düstere Atmosphäre erweckt.
Die anspruchsvolle Partitur ist in sich stim-
mig, vereint harmonische Klänge und düster-
bedrohliche Schatten. Elisabeth Sikora als Jane
Eyre gefällt stimmlich und bekommt ihr eigenes
musikalisches Motiv, das zum Beispiel in ›Süße
Freiheit‹ erklingt. Yngve Gasoy Romdal leiht Mr
Rochester sein tiefes Timbre, das zu dem an-

J ana & Janis« wurde mit dem Deutschen Mu-

sical Theater Preis 2018 für »Beste Liedtexte«
(Lukas Nimscheck & Franziska Kuropka) und
Janne Marie Peters (Jana) als »Beste Hauptdar-
stellerin« ausgezeichnet. »Hamburgs 1. interak-
tives Musical« wurde auf eine CD mit 11 Titeln
gepresst, die mit begleitender Pop-Rock-Musik
das Wiedersehen von Jana und Janis (angeneh-
me Stimme: Evangelos Sargantzo) näherbrin-
gen soll. Jana kehrt nach Hamburg zurück mit
einer witzigen Hommage an den ambivalenten
Charme der Stadt: ›Hier im Regen‹. Wiederse-
hen: neue Gefühle (›Wenn du dich jetzt um-
drehst‹), Zweifel: ›Eigentlich‹, denn ›Das passt
einfach nicht‹ (rhythmisch mit Schiffshornak-
11 Titel zent). ›Janas Beichte‹ (kraftvoll: Peters) und die
33 min 17 sec
›Eigentlich – Reprise‹ erklären die Vergangen-
Digipack mit allen Beteiligten und Pro- heit. ›Was soll jetzt noch kommen?‹ Das kann
duktionsfotos; ohne Booklet nur der Abend auf der Bühne beantworten.
58
fangs widerwärtigen Mann mit Geheimnissen
passt. Ein gesanglich und musikalisch bewegen-
des Highlight ist das dramatische ›Lebe wohl
mein Engel / Der Fall‹. Mit Carin Filipčić ist
ebenfalls eine gesanglich versierte und erfreu-
lich beschwingt klingende Stimme als Mrs Fair-
fax zu hören (Anspieltipp: ›Vermessenes Kind‹).
Auch der Kinderchor in ›Kinder von Gott‹ oder
der Chor in ›Jane‹ tragen zur atmosphärischen
Dichte bei. Mit dieser Aufnahme kann man das
Stück sehr gut nachvollziehen. Trotz der atmo-
sphärischen und musikalischen Dichte sowie
der anspruchsvollen Gesangsweise ist es nicht
anstrengend, sie zu hören. Auf dieses Werk
lohnt es, sich einzulassen.
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
 Einspielungen
Christian Spielmann
Go Trabi Go
Alle Songs der Uraufführung an der Comödie Dresden
Foto: Robert Jentzsch
2 018 wurde in der Comödie Dresden das Mu-
sical nach der Roadkomödie von Peter Timm
und Reinhard Klooss (1991) uraufgeführt. Die
Kompositionen von Dominik Walenciak zu dem
Buch von Christian Kühn, mit Liedtexten von
Carsten Golbeck setzen besonders auf Schlager
und Elektronik. Das macht sie nicht unbedingt
für jeden hörgerecht, passt aber zur Handlung:
Nach dem Mauerfall 1989 will die stinknormale
Familie Struutz aus Bitterfeld in der ehemaligen
DDR endlich nach Italien in den Urlaub fahren.
Doch zuerst verbringt die Familie einen ganz
normalen ›Sonntag in Bitterfeld‹ mit harmoni-
scher Musik und dahinplätscherndem Gesang.
Auf der Aufnahme sind teilweise Dialoge in den
14 Titel
ausklingenden Musiken zu hören. Bei diesem
46 min 11 sec
Lied werden Personen aus dem familiären Um-
Jewel-CD-Case mit 8-seitigem Booklet feld vorgestellt und eine Nachbarin verbreitet
mit allen Beteiligten, Inszenierungsge- die Sensation von neu eröffnenden Läden im
schichte, Produktionsfotos, Vom Film kargen Bitterfeld. Wie sooft auf Reisen läuft ei-
zum Musical, Castfotos
niges außerplanmäßig und so sehen sich Vater
Udo, Mutter Rita und Tochter Jacqueline mit
verschiedenen Problemen konfrontiert. Udos
geliebter Trabant Schorsch muss unterwegs re-
pariert werden. Die Beziehung zu seinem Trabi
wird von Udo in ›Schorsch und Udo‹ besungen,
was witzig und gleichzeitig liebenswert wirkt:
Es heißt hier im Notruf, Schorsch wäre ein
»schwerverletzter PKW«, oder auch »Ein Auto
ist auch nur ein Mensch«. Die Verwandten im
Westen verstecken zu Kaffeefahrtmusik inklusi-
ve Jodelgesang in ›Die Sachsen kommen‹ alles
Wertvolle wie etwa das gute Geschirr (»Stell die
Tassen unter‘s Sofa«) vor dem Besuch aus dem
Osten. Die ganze Familie stimmt ein (harmonie-
render Chor): »Gott, hab‘ Erbarmen – wir sind
verlor‘n!« ›Die Trabi-Show (Ringdingeding)‹
ist ein schmissiger Partysong und während des
Tanzsongs ›Den oder den‹ befindet sich Familie
Struutz im Shoppingfieber. Launiger geht es da
in ›Tropical Bavaria‹ zu, das gesungene Motto:
»easy peasy, alles easy an der Isar«. ›Fliegen‹
und ›Zurückgefunden‹ sind zwei poppige Bal-
laden, die durch Akustikgitarren und ein lang-
sames Tempo zwischendurch für Abwechslung
vom Spaß sorgen. Auf die passenden sächsi-
schen Gesangs- und Sprechstimmen sollte man
sich vor dem Hören einstellen.
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
Welcome to Hell – Das G20-Musical
Live-Aufnahme zur Uraufführung in der Neuköllner Oper
Berlin
22 Titel
64 min 46 sec
Jewel-CD-Case mit 16-seitigem Booklet
mit allen Beteiligten, Songliste und je ein
Foto mit charakterisierendem Liedtext zu
allen 12 Rollen
Pretty Woman
Original Broadway Cast Recording
20 Titel
62 min 37 min
Jewel-CD-Case mit 36-seitigem Booklet
mit allen Beteiligten, Entstehungsge-
schichte, Songliste mit Zuordnung der
Rollen, alle Songtexte, Produktionsfotos
Pure
Solo-Album von Oedo Kuipers
13 Titel
49 min 58 sec
Jewel-CD-Case mit 8-seitigem Booklet
mit allen Beteiligten, Songliste, Gedan-
ken und Fotos des Künstlers
Mit Unterstützung von sound of music
D iese Aufnahme des Deutschen Musical
Theater Preisträgers 2018 bringt das Stück
von Peter Michael von Nahmer (Musik) und
Peter Lund (Buch und Liedtexte) mit allen Lie-
dern gut zu Gehör. Die teils elektronische, teils
klassisch und mit Klavier arrangierte Musik
und die eingängigeren Melodien, wie etwa im
dynamischen Chor ›Welcome to Hell/Finale‹,
setzen sich im Gehörgang fest. Plätschert ein-
gangs ›Die Schanze im Sommer ist ein friedli-
cher Ort‹ noch vor sich hin, zeigen ›Welcome
to Hell‹ und ›20.000 Menschen‹, worum es hier
geht: Die verschiedenen Protagonisten und un-
freiwilligen Opfer des G20 werden vorgestellt.
Selbstironische Titel wie die ›Beamtenbeste-
chung‹ während eines Schäferstündchens von
Polizist Stefan (Alexander Auler) mit Freundin
Lily (Katia Scheherazade Bischoff) oder ›Me
Too‹ zwischen Journalistin Kata (Anastasia Tros-
ka) und dem französischen Referenten Henry
(Loïc Damien Schlentz) zeigen gesellschaftliche
und sozialpolitische Probleme nicht nur im Rah-
men des G20 Gipfels spannend und humorvoll
auf – amüsant auch ›Der Paso Doble der EU‹
und ›Harte Hand‹ sowie die Lebensentwürfe in
›Gottgewollt‹ und ›Deutsch wie Brot‹.
P retty Woman« ist ein Kult-Film: Die vorlie-
gende Broadway-Aufnahme vermittelt einen
ersten Eindruck des Musicals. Der musikalische
Stil der Komponisten Bryan Adams und Jim
Vallance ist in Titeln wie ›Welcome to Holly-
wood‹, ›You‘re Beautiful‹ oder ›You and I‹ nicht
zu leugnen. Die meisten Songs sind gefällig und
eingängig. Spaß macht diese »Pretty Woman«
dank des großartigen Casts: Die wunderbare
Samantha Barks meistert als Vivian Ward stimm-
lich differenziert, technisch versiert, kraft- und
gefühlvoll ihre Solotitel (›Anywhere But Here‹,
›This Is My Life‹, ›I Can‘t Go Back‹). Andy Karl
als Edward Lewis ist ihr in den Duetten (›A Long
Way Home‹) ein ebenbürtiger Partner und glänzt
in seinen Soli (›Something About Her‹, ›Free-
dom‹) mit Gefühl und Authentizität. Gesanglich
sorgen auch Eric Anderson als Hotelmanager Mr
Thompson und Orfeh als Kit de Luca für Hör-
genuss: rockig-kraftvoll (›Rodeo Drive‹, ›Never
Give Up on a Dream‹), swingend (›On a Night
Like Tonight‹) oder mit Disco-Feeling (›Together
Forever‹). Diese Aufnahme macht Lust auf mehr
und weckt Neugier auf die deutsche Musical-
version, die ab Herbst 2019 bei uns zu sehen
sein wird.
M it »Pure« liegt Oedo Kuipers‘ zweites So-
loalbum vor, auf dem erneut Popsongs aus
verschiedenen Jahrzehnten erklingen. Einzige
Ausnahme: ›Maria‹ (»West Side Story«). Der
Name des Albums ist Programm: pur, ehrlich
und echt leiht Kuipers den Liedern seine kraft-
und gefühlvolle Stimme, mit schönen Harmo-
nien durch eigene Backvocals. Unterstützt wird
er von einer passend zurückhaltenden Klavier-
begleitung, die bei ›Torn‹ ihre Glanzstunde hat.
Den Liedern eine eigene Note zu verleihen ist
bei dem hohen Bekanntheitsgrad eine Heraus-
forderung, die Kuipers nicht bei allen Songs
gleich gut meistert. Etwas gewöhnungsbedürftig
ist ›Time to Say Goodbye‹, da man bei der eng-
lischen Version das Duett von Andrea Bocelli &
Sarah Brightman im Ohr hat. Highlights sind da-
gegen ›Soulmate‹, ›I Won‘t Give Up‹ oder auch
›Home‹. Insgesamt ein durchaus hörenswertes
Album.
59
 Vis-à-Vis

»Es ist immer schön, Menschen positiv

überraschen zu können«
Felix Martin im Interview anlässlich seines 30-jährigen Bühnenjubiläums
blickpunkt musical: Wie viele Gesichter hat Felix
Martin?

Felix Martin: Eines.

Ich habe ein Gesicht und versuche dann als
Schauspieler und Sänger, den Rollen, die ich spie-
le, ein individuelles Gesicht zu geben, das dann
ein anderes ist als das Felix-Martin-Gesicht.
Ich freue mich, dass ich in den letzten Jahren
das Glück hatte, verschiedene Gesichter zeigen
und damit spielen zu können. Das macht mir
Spaß. Ich habe auf diesen Übergang in ein ande-
res Fach auch hingearbeitet. Dieser war rollenmä-
ßig nicht so leicht, aber momentan läuft es sehr
gut: wenn ich an Juan Perón in »Evita« oder an
Dan Goodman in »next to normal« denke und
natürlich an den Erzdiakon Frollo in »Der Glöck-
ner von Notre Dame«, den ich jetzt schon seit
knapp zwei Jahren spiele.

blimu: Sie sprechen die Charakterrollen an, die

Sie spielen oder gespielt haben. Dazu könnte man
auch schon den Tod in »Elisabeth« zählen. Sie ha-
ben aber auch ein anderes Gesicht. So haben Sie
kürzlich in dem Konzert »Weihnachten in Notre
Dame« mit einer Weihnachtsparodie das Publi-
kum begeistert.

FM: Sie meinen den parodistischen Weihnachts-

song ›Merry Christmas Allerseits‹. Das gehört zu
meinem Programm und ich liebe es, zu entertai-
nen. Es macht mir Spaß, mit dem Publikum zu
interagieren, zu improvisieren bzw. es aussehen zu
lassen, als ob das Ganze improvisiert ist. Denn
ich agiere nicht aus dem Nichts, sondern habe
einen roten Faden für das, was ich mache. Das
ist alles ganz gut durchdacht, da es ja auch eine
Rolle ist, die man spielt. Aber jede Rolle muss
glaubhaft wirken, deshalb muss viel »Felix« darin
sein. Mal mehr, mal weniger. Beim Erzdiakon
Frollo ist auch Felix drin, aber grundsätzlich ist
mir sein Charakter sehr fern. Viel »Felix« gibt es,
wenn ich allerdings Späße mache: Ich liebe das
Konzert-Format »Quatsch mit 3«, in der Maxi-
milian Mann, David Jakobs und ich zusammen
mit Liedern und Geschichten improvisieren. Die
Bandbreite ist spannend im Entertainment. Ich
kann mir auch vorstellen, diese Sparte in den
nächsten Jahren noch auszubauen.

blimu: Auf der anderen Seite ist da der Erzdiakon

Frollo in »Der Glöckner von Notre Dame«.

FM: Das ist nun wahrhaft kein Entertainer

(lacht), aber eine wunderbare Rolle. Sie bedeutet
Foto: Milan van Waardenburg jeden Abend eine besondere Herausforderung,
weil diese Figur sehr widersprüchlich ist. Das

60 blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019


sind die interessantesten Rollen, die man spielen
kann: widersprüchliche, zerrissene Charaktere,
und nicht nur den Bösen.
blimu: Wenn Sie zurückschauen auf Berlin, welche
Veränderungen gab es für die Rolle des Erzdiakon
Frollo von der Premiere bis jetzt in Stuttgart?
FM: In Text und Musik ist nichts geändert wor-
den. In dieser Hinsicht ist die Rolle gleich ge-
blieben, das ist auch sehr gut durchdacht und
raffiniert geschrieben. Doch die Rolle hat sich
natürlich weiterentwickelt seit der Premiere im
April 2017 im Theater des Westens in Berlin.
Und das muss auch so sein nach über 500 Vor-
stellungen. Du musst immer am Kern der Rolle
dranbleiben, dann findest du noch mehr Facet-
ten. Einige Rollen sind flach, da gibt es keinen
Kern, nur Oberfläche, aber beim Erzdiakon
Frollo findet man immer wieder etwas Neues
und das macht es lebendig. Nicht nur ich be-
steige jedes Mal einen kleinen Berg in meiner
Rolle, sondern wir alle – vor allem emotional.
Als Erzdiakon Frollo in »Der Glöckner von Notre Dame«
Foto: Johan Persson ©Disney
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
Vis-à-Vis
Die Reaktionen des Publikums sind gewaltig.
Ich freue mich sehr, dass unser »Glöckner« so
fesselt und berührt.
blimu: Sie haben kürzlich Ihr 30-jähriges Büh-
nenjubiläum gefeiert. Das ist auch ein Anlass,
einmal zurückzuschauen. Wie hat alles bei Ihnen
angefangen?
FM: Meine Eltern waren Schauspieler, die auch
auf der Bühne und zuhause viel gesungen ha-
ben. Damit bin ich aufgewachsen. Schon mit elf
Jahren habe ich einen der drei Knaben in »Die
Zauberflöte« an der Hamburger Staatsoper über-
nommen. Zudem war ich häufig bei den Proben
meiner Eltern und habe Theaterluft geschnup-
pert. Ich sage immer: »Ich war mehr im Theater
als in der Schule.« Dann war ich auf der Rudolf-
Steiner-Schule, konnte viel Theater spielen und
singen. Ich konnte dort sogar etwas inszenieren
– eine kleine Mozart-Oper (»Bastien und Bas-
tienne«, Anm. d. Red.). Doch selbst wenn ein
Kind begabt ist und sich das Talent in der Schule
zeigt, heißt das noch lange nicht, dass es dann für
eine künstlerische Laufbahn reicht. Meine Eltern
haben mich nie in die Richtung gedrängt und ha-
ben mir alle Freiheiten gelassen. Darüber bin ich
sehr glücklich.
Mit 18 Jahren habe ich die Aufnahmeprüfung
am Max Reinhardt Seminar in Wien, einer reinen
Schauspielschule, gemacht. Ich wurde aufgenom-
men und dann ging alles ziemlich schnell. Da-
mals gab es noch nicht die Musicalschulen, wie es
sie heute gibt – wie beispielsweise die Universität
der Künste in Berlin. Das fing erst allmählich an.
Die Semesterferien nutzte ich, um Musicalkurse
in Salzburg bei der legendären Schauspielerin
Susi Nicoletti zu besuchen. Damals war ich mit
Pia Douwes im selben Kurs. So lange kennen wir
uns schon. Auch Ute Lemper, Werner Sobotka
und Hannes Jaenicke besuchten diese Kurse.
blimu: Der Hannes Jaenicke, den wir aus dem
Fernsehen kennen?
FM: Ja, genau der. Wir waren alle um die 19 und
da probiert man sich aus. Da waren wir noch
nicht, was wir heute so nach 30 oder 35 Jahren
sind. (lacht) Die Ausbildung im Musicalfach mit
Gesang und Tanz, das war neu und wir waren
begierig, zu lernen. Pia ging es genauso. Danach
stand ich sehr schnell auf der Bühne, zuerst im
Burgtheater in »Der Hauptmann von Köpenick«
und danach in der Titelrolle von »Snoopy« in ei-
nem kleinen Wiener Off-Theater. Als 21-Jähriger
erlebte ich unverhofft einen Glücksfall in Berlin:
1986 habe ich an den Berliner Kammerspielen
die Titelrolle in »Elvis – Stationen einer Karriere«
gespielt. Die Regisseurin Anna Vaughan hat an
mich geglaubt und ich habe mir das Repertoire
gesanglich intensiv erarbeitet. Dabei habe ich
entdeckt, dass ich mich stimmlich auf ganz ver-
schiedene Arten ausdrücken kann. Elvis haben
wir auch maskentechnisch hinbekommen und es
war ein Riesenerfolg. Verblüffend für das Publi-
kum war natürlich, dass ich als 21-Jähriger die
Lebensgeschichte von Elvis bis zu seinem bitteren
Tod im Alter von 42 spielte.
Es folgte die deutschsprachige Erstaufführung
von »Les Misérables« in Wien unter Peter Weck,
in der ich Marius verkörperte. Dazwischen habe
ich noch einiges an Fernsehen gemacht, u. a. in
»Ich heirate eine Familie« gespielt. Mich hat es je-
doch immer mehr zum Musiktheater gezogen als
zum Fernsehen, sonst wäre das auch eine Option
gewesen. »Les Misérables« war meine erste große
Produktion. Zudem war es nach der Urauffüh-
rung die dritte oder vierte Produktion des Stücks
überhaupt. Kaum jemand kannte es. Ich stand
mit Sona MacDonald, Reinhard Brussmann und
Jane Comerford auf der Bühne und das mit erst
23 Jahren. In dieser Produktion haben wir alle
sehr voneinander gelernt. Das war eine besonders
prägende Zeit für mich. Ähnlich wie jetzt 30 Jah-
re später beim »Glöckner von Notre Dame« auch
nach einer Romanvorlage von Victor Hugo. Zwei
sehr bewegende Geschichten mit einem zutiefst
menschlichen Kern.
61

Als Tod in »Elisabeth«
Foto: Stage Entertainment
blimu: Bei der Premiere habe ich gesagt: »Es wirkt
auf mich so, als ob Sie einen Turbobooster ange-
stellt haben.« Die Energie war so groß, dass ich
mir kaum jemand anderen in dieser Rolle vorstel-
len konnte. Es passte einfach unheimlich gut.
FM: Der Frollo gehört sicher zu meinen schöns-
ten und herausforderndsten Rollen – vielleicht
ist sie sogar die schönste, die ich je gespielt habe.
Ganz ehrlich, als ich die Ausschreibung sah, habe
ich zwischen: »oh, toll und das Alter passt auch«
auf der einen und einer gewissen Skepsis und ei-
ner Distanz zu dem Charakter der Figur auf der
anderen Seite geschwankt. Doch ich habe mich
sehr gut auf die Audition vorbereitet und gezeigt,
welche Fantasie ich für diese Rolle habe. Er-
freulicherweise war es kein langes Hin und Her.
Ich bin im Vergleich zu anderen Vorsingen sehr
schnell für die Rolle besetzt worden. Es ist immer
schön, Menschen positiv überraschen zu können,
indem man eine weitere Facette aus sich heraus-
holt. Dafür brauchst du natürlich das Vehikel ei-
ner starken Rolle. Der Regisseur Scott Schwartz
war vor drei oder vier Wochen auch wieder hier
bei uns in Stuttgart und hat dem ganzen Team
ein großes Kompliment ausgesprochen. Irgend-
wie herrscht in dieser Produktion ein besonderer
Geist. Es wurde seit der Premiere viel Wert darauf
gelegt, dass dieses Niveau erhalten bleibt. Auch
bei den Nachbesetzungen wurde darauf geachtet,
dass dieser Teamgeist weiter stimmt. Das gibt es
selten. Auch das Benefizkonzert »Weihnachten in
Notre Dame« hat sich daraus entwickelt. So etwas
wäre nie entstanden, wenn wir beim »Glöckner«
nicht so ein einmaliges Ensemble wären.
blimu: Sie haben bei Ihrer Geschichte, wie Sie
zum Musical gekommen sind, erzählt, dass es
damals noch gar keine Ausbildung zum Musical-
62
Vis-à-Vis
darsteller gab. Auch heute ist die Ausbildung in
Deutschland zwar nicht mehr in den Kinderschu-
hen, aber sie braucht noch etwas. Immer noch
gibt es Darsteller, die schon sehr früh in Musik-
schulen in Großbritannien oder den USA auf ei-
nem solchen Level sind, dass sie die Deutschen –
mit einigen Ausnahmen – ausstechen. Bei Ihnen
persönlich ging es auch nicht immer nur bergauf.
Wie sind Sie in den letzten Jahren mit schwieri-
gen Situationen umgegangen und was raten Sie
dem Nachwuchs?
FM: So etwas lernt man ja nicht in der Schule.
Die Schule ist meistens ein schönes Nest, und
das ist auch gut so, weil man ganz vorsichtig
sein muss mit der Förderung der Talente. Doch
wenn du dann rausgehst, verlässt du dieses Nest
und wirst emotional hin und her geworfen. Du
gehst zu den Auditions und wirst bei der einen
so und bei der nächsten anders behandelt. Du
musst dich von jetzt auf gleich auf unterschied-
liche Leute einstellen. Du machst dich verrückt,
verlierst die Nerven, setzt alles ein, auch finan-
ziell, und dann sagen sie nach zwei Takten: »Ach,
danke«. Damit klarzukommen kann man nicht
lernen, auch auf den jetzigen Schulen nicht. Ich
wurde neulich angesprochen, ob ich nicht zum
Umgang im realen Leben ein paar ganz prakti-
sche Tipps geben könnte.
Ich sage: Du musst extrem viel Leidenschaft
mitbringen, eine immense Liebe zum Beruf und
die Bereitschaft, auch Opfer zu bringen, ohne
dich dabei ausbeuten zu lassen. Es ist ein ganz
besonderer Beruf. Und wenn junge Leute mich
fragen, antworte ich gerne. Ich habe auch viel mit
dem Ensemble zu tun, stehe für Fragen seiner
Mitglieder zur Verfügung, oder sie beobachten
mich und lernen. Doch die Erfahrung muss jeder
von ihnen selbst machen.
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
Selbst wenn du begabt und fleißig bist, ist es
eine Glückssache, ob in dem Moment, wo du aus
der Ausbildung rausgehst, eine Rolle für dich da
ist. Manchmal kommt eine Rolle aber erst fünf
Jahre später und dann bist du zu alt. Dann hast
du die Chance, eine Rolle zu prägen. Spielst sie
zwei oder drei Jahre und wächst aus ihr raus.
Dann kommen andere, Jüngere. Um bestehen zu
können, musst du versuchen, vielseitig zu sein.
Und vieles bleibt aber auch Glückssache. Bei uns
heißt es immer, sich umzuschauen, vor allem aber
auch, zu wissen, was man will.
Darauf habe ich in meiner Karriere immer ge-
achtet. Ich habe ja bereits sehr früh Hauptrollen
gespielt. Diesen Status auf einem guten Niveau
zu halten, das heißt an guten Theatern und mit
guten Teams zu arbeiten, ist nicht so einfach.
Deshalb habe ich in den 30 Jahren, die ich auf der
Bühne stehe, auch viele Sachen abgelehnt. Es gab
aber auch Momente, in denen ich keine Alterna-
tive hatte. Heute würde ich Vieles etwas leichter
nehmen. Für mich persönlich sehr wichtig und
eine große Unterstützung ist meine Familie, dass
ich weiß, wo mein Zuhause ist und wo meine
Freunde sind.
blimu: Gab es Menschen, die Sie in den 30 Jahren
begleitet und auf Ihrem Weg gefördert haben?
FM: Eine durchgehende Mentorfigur gab es
nicht. Ich hatte immer das Glück, Menschen um
mich herum zu haben, die das Theater liebten.
Das waren meine Eltern, Lehrer und Freunde.
Ich interessiere mich für alle Formen des Theaters
und hole mir viele Anregungen von dem, was ich
sehe. Ich hatte großartige Gesangslehrer, die mich
stimmlich weitergebracht haben. Das Wichtigste
für mich ist jedoch, zu beobachten und in allen
Aspekten des Lebens neugierig zu bleiben.

blimu: Welche Rollen gab es – die jetzige ein-
geschlossen –, die Sie besonders gerne gespielt
haben? Welche waren eine besondere Herausfor-
derung?
FM: Auf jeden Fall die aktuelle Rolle, der Frollo.
Diese ist nicht nur gesangstechnisch, sondern
auch wegen der vielen Dialogszenen, eine Her-
ausforderung. Und beim Musical besteht immer
die Schwierigkeit, wenn du Musik und Dialog
hast, dass die Musik oftmals so stark ist, dass da-
gegen der Dialog abfällt. Das Publikum denkt
dann: »Ja, Mensch, jetzt reden die. Wann kommt
denn die nächste Musik?« Im »Glöckner« ist das
dagegen sehr intelligent gemacht, weil die Dialo-
ge auf den Punkt sind. Trotzdem musst du selbst
die Spannung halten, bevor es mit der Musik wei-
tergeht.
Eine Herausforderung war auch der Graf von
Krolock in »Tanz der Vampire«. Gleiches gilt für
den Tod in »Elisabeth«. Dabei habe ich immer
versucht, meinen eigenen Weg mit einer Rolle zu
gehen. Natürlich nur im Rahmen, die die Insze-
nierung zuließ. Und zu den Herausforderungen
gehört natürlich »next to normal«, die Rolle des
Dan Goodman, zusammen mit Pia und Sab-
rina Weckerlin unter anderem. Da stehst du in
Pullunder und Jeans in einer heutigen Familie
auf der Bühne. Dieses Stück ist eine emotionale
Achterbahnfahrt. Das glaubhaft zu machen, eben
nicht mit großen Gesten und Effekten, wie bei
»Tanz der Vampire«, ist nicht einfach. Ich bin
sehr froh, dass ich »next to normal« gespielt habe.
Die letzten Jahre haben mir einige solcher schö-
nen Aufgaben beschert.
blimu: Was zeichnet für Sie die Arbeit im Genre
Musical aus?
Als Graf von Krolock in »Tanz der Vampire«
Foto: Stage Entertainment
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
Vis-à-Vis
FM: Die musikalische Vielseitigkeit und die
enorme Spannbreite der Geschichten faszinieren
mich. Beim Musiktheater gibt die Musik bereits
viel von dem Charakter vor, da sie einen großen
emotionalen Einfluss auf die Rolle hat und dar-
auf, wie diese vom Publikum aufgenommen wird.
Ich liebe es, in meiner Arbeit immer wieder mit
neuen Kollegen und Teams zusammen zu kom-
men. Das bereichert, ist lebendig und hält mei-
nen Geist wach.
blimu: Was glauben Sie, wohin die Entwicklung
des Musicals geht?
FM: Das ist sehr schwer zu sagen. Wir hoffen na-
türlich alle, dass es weiterhin spannende Stücke
gibt. Leider greifen Stadttheater häufig nur auf
die bewährten Stücke zurück und trauen sich sel-
ten an eine deutsche Uraufführung oder deutsch-
sprachige Erstaufführungen heran. Selbst »next
to normal« ist zwar relativ viel gespielt worden,
bleibt aber eine Ausnahme. Es bewegt sich immer
mal was, aber es geht langsam voran. Daher be-
teilige ich mich immer gerne bei Readings neuer
Stücke. Man muss auch selbst seinen Teil dazu
beitragen, dass neue Sachen kommen.
blimu: Was wären Ihre eigenen Wünsche für eine
Entwicklung?
FM: Ich würde mir wünschen, dass mehr zeitge-
mäße Themen als Geschichte verarbeitet werden.
Zudem müssen Musicals nicht immer technisch
aufgeblasen sein. Es gibt auch wunderbare »klei-
ne« Musicals, die in England und in den USA
mit großer Selbstverständlichkeit regelmäßig ent-
stehen. Ich wünsche mir, dass das Genre Musi-
cal prinzipiell mutiger und noch selbstbewusster
Mit Pia Douwes als Dan und Diana
Goodman in »next to normal«
Foto: privat
wird. Dann gibt es auch die Anerkennung, die
ihm gebührt. Es arbeiten so viele großartige Kol-
leginnen und Kollegen, Komponisten, Autoren,
Regisseure, Techniker und viele mehr in dieser
eigenständigen Kunstsparte. Da geht noch mehr,
da bin ich mir sicher.
blimu: Vielen Dank für das ausführliche Gespräch
und alles Gute für Ihre kommenden Projekte!
Das Interview führten Oliver Wünsch & Barbara Kern
Felix Martin
Felix Martin steht seit mehr als 30 Jahren auf der Büh-
ne. Seine Ausbildung erhielt er am Max Reinhardt
Seminar in Wien und debütierte am Burgtheater in
»Der Hauptmann von Köpenick«.
In Berlin spielte er Titelpartien in »Schlemihl« im Thea-
ter des Westens und »Elvis – Stationen einer Karriere«
sowie den Frank‘N‘Furter in der »Rocky Horror Show«
an den Berliner Kammerspielen. In der deutschsprachi-
gen Erstaufführung von »Les Misérables« in Wien war
er als Marius und in der Weltpremiere von »Freudiana«
als Prof. Spiegel zu sehen, bevor er den Tod in »Elisa-
beth« spielte.
Martin verkörperte in der Deutschlandpremiere von
»Les Misérables« in Duisburg erneut Marius und in der
deutschen Erstaufführung von »Mozart!« in Hamburg
den Erzbischof Colloredo. Es folgte die Rolle des Graf
von Krolock in »Tanz der Vampire« in Hamburg und
Berlin. Er spielte den Tod in »Elisabeth« auch in Berlin
und Zürich.
Weitere seiner Hauptrollen waren u. a. Danny in »Gre-
ase«, Alex (»Aspects of Love« Dresden), Puck (»Ein
Sommernachtstraum« Hannover), Albin/Zaza(»La
Cage aux Folles« Lüneburg), Leopold (»Im weißen
Rössl« Schwäbisch Hall), Ebenezer Scrooge (»Vom
Geist der Weihnacht« Oberhausen). In »next to nor-
mal« spielte er Dan Goodman in Wien, Fürth, Dresden
und die Rolle des Dr. Madden/Dr. Fine in Berlin.
Seit 2005 präsentiert der vielseitige Künstler eigene
Solo-Programme und ist Gast-Solist bei zahlreichen
Galas und Konzerten. Für 3sat führte er als Modera-
tor und Sänger durch die Gala »Hommage an Harald
Juhnke«. Bereits 5 Solo-Cds gibt es von ihm.
Seit 2017 steht Felix Martin als Erzdiakon Frollo in Dis-
neys »Der Glöckner von Notre Dame« auf der Bühne,
zuerst in Berlin, dann München und seit Februar 2018
in Stuttgart.
63
 Konzerte & Entertainment

Felix Martin lud am 4. Dezember 2018

im Wintergarten Varieté Berlin zu seiner

»Schöne(n) Bescherung«

›I‘ll be Home For Christmas‹ – Heimat und

Familie sind wichtig für den Gastgeber

Mit einem emotionalen ›Gold von

den Sternen‹ aus »Mozart!«
Fotos (9): Brigitte Dummer

»Rudolph the red-nosed reindeer had a very shiny nose ...«

Alle Mitwirkenden kurz vor der Show (v.l.): Nicolai Orloff (Piano),
Felix Martin, Sophie Berner und Johannes Gehlmann (Gitarre) Felix Martin und sein musikalischer Begleiter am Piano, Nicolai Orloff

64 blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019

 Konzerte & Entertainment

Sophie Berner mit außergewöhnlicher Powerstimme

und einem ganz eigenen ›Imagine‹ von John Lennon

Gefühlvoll geht es ins ›Winter Wonderland‹ Special Guest in Felix Martins Show: Sophie Berner

Sophie Berner singt ›Have Yourself a Merry Little Christmas‹ ›Jingle Bells‹ in verschiedenen
begleitet von Johannes Gehlmann an der Gitarre Ländern und Sprachen

blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019 65

 Film & Fernsehen

Alles ist möglich – manchmal sogar das

Unmögliche ... »Mary Poppins‘ Rückkehr« auf die Leinwand

Mary Poppins‘ Rückkehr

(Mary Poppins Returns)

Walt Disney
USA 2018
Kinostart: 20. Dezember 2018
FSK 0
Länge: 130 Minuten

Regie ............................. Rob Marshall

Drehbuch ....................... David Magee
Screen Story ............... Rob Marshall &
John DeLuca
Kamera ............................ Dion Beebe
Filmschnitt ....................... Wyatt Smith
Musik ........................... Marc Shaiman
Liedtexte ................... Marc Shaiman &
Scott Wittman
Orchestrierung ............... Jeff Atmajian,
Doug Besterman, Jon Kull
Co-Choreographie ................ Joey Pizzi
Setdesign ......................... Gordon Sim
Produktionsdesign ............. John Myhre
Kostüme ......................... Sandy Powell
Hair & Make-up-
Design .................... Peter Swords King
Special Effects
Supervision ................. Steven Warner,
Robin Beavis, Steve Benelisha
Animationsdesign ...... Evgeni Tomov &

James Woods
Visual Effects
Supervison ..................... Matt Johnson
Sound Design & Supervising
Sound Edition .......... Eugene Gearty &
Renee Tondelli
Produzenten .................. John DeLuca,
Rob Marshall, Marc Platt,
Callum McDougall
Mary Poppins .................. Emily Blunt /
Lisa Antoni (G),
Bianca Krahl (S)
Jane Banks ................ Emily Mortimer /
Ricarda Kinnen (G),
Kathrin Zimmermann (S)
Michael Banks ............ Ben Whishaw /
Tobias Nath
Jack ................... Lin-Manuel Miranda /
Sebastian Winkler
Topsy ............................ Meryl Streep /
Marion Martienzen (G),
Dagmar Dempe (S)
Ballonverkäuferin .... Angela Lansbury /
Monika John
Mr Wilkins ....................... Colin Firth /
Tom Vogt
Ellen ............................. Julie Walters /
Ulli Essmann (G),
Katharina Lopinski (S)
Annabel Banks ............... Pixie Davies /
Tilda Kortemeier
Georgie Banks .............. Joel Dawson /
Semi Nizam (G)
John Banks .............. Nathanael Saleh /
Efthymios Konstantinidis (G)
Mr Binnacle ..................... Jim Norton /
Ulli Krohm
Mr Dawes jr. ............. Dick Van Dyke /
Bert Franzke
Admiral Boom ............. David Warner /
Friedrich Georg Beckhaus
und weitere
I
m Disney Klassiker »Mary Poppins« von 1964 küm-
merte sich die Titelfigur um die Kinder Jane und
Michael Banks, als ihre Eltern nicht dazu in der Lage
waren. Nach 25 Jahren wirft Rob Marshall mit »Mary
Poppins‘ Rückkehr« einen Blick auf das Leben der mitt-
lerweile erwachsenen Banks-Kinder.
London in den 1930er Jahren: Laternenanzünder
Jack (Lin-Manuel Miranda) lebt ›(Underneath the) Lo-
vely London Sky‹. Noch immer wohnt Michael Banks
(Ben Whishaw) in der Cherry Tree Lane 17, wo er nach
dem Tode seiner Frau seine drei Kinder Annabel (Pixie
Davies), Georgie (Joel Dawson) und John (Nathanael
Saleh) großzieht. Haushälterin Ellen (Julie Walters) und
seine Schwester Jane Banks (Emily Mortimer) unter-
stützen ihn dabei. Als Angestellter der Fidelity Fiduciary
Bank stehen Michael finanzielle Mittel bereit, bis Bank-
manager Mr Wilkins (Colin Firth) ihm das Haus ent-
eignen will. Genau zum richtigen Zeitpunkt tritt Mary
Poppins (Emily Blunt) wieder in sein Leben. Während
die ›Overture‹ erklingt, schwebt sie vom Himmel he-
rab, gerade als Michael und Jane das Haus nach einer
wichtigen Aktie des Vaters durchsuchen, um mit dieser
den Verlust des Hauses zu verhindern. Mary erkennt die
Not der Familie und nimmt die Kinder, die viel zu er-
wachsen sein müssen, mit auf eine Reise ins Land der
Fantasie. Sie bereitet ihnen mit magischen Utensilien
aus ihrer Tasche ein Bad. Kaum in das Wasser gestiegen,
finden sie sich in einer verzauberten Unterwasserwelt
wieder: ›Can You Imagine That?‹ Die Kinder wollen die
Porzellanschale ihrer Mutter verkaufen, um ihren Teil
zur Rettung des Hauses beizusteuern. Als sie im Streit
kaputt geht, lehrt Mary Poppins sie, dass die Erinne-
rungen im Herzen verborgen sind (›The Place Where
Lost Things Go‹). Gemeinsam betreten sie die Welt, die
auf dem Porzellan zu sehen ist, und machen in der ge-
zeichneten Welt die Bekanntschaft mit einem Jagdhund
und seinem Pferd. In der ›The Royal Doulton Music
Hall‹ singt Mary gemeinsam mit Jack und einer Grup-
pe Pinguine ›A Cover Is Not the Book‹. Ein gefährli-
ches Erlebnis während des Songs ist den Kindern eine
Lehre: Zurück in der Realität, misstrauen sie daher der
Freundlichkeit des Bankdirektors Wilkins. Marys Cou-
sine Topsy (Meryl Streep) soll die Schale reparieren. In
deren verdrehter Welt (›Turning Turtle‹) gewinnen Mi-
chaels Kinder erstaunliche Erkenntnisse, die sie an ihren
Vater weitergeben: Solange sie als Familie existieren, ist
jedes Haus ihr Heim. Doch Mary startet mit Jack und
seinen Freunden, den Laternenanzündern, eine letzte
Rettungsaktion. Mit ›Trip a Little Light Fantastic‹ auf
den Lippen fahren alle mit Fahrrädern durch die dunk-
len Straßen Londons, um das Unmögliche möglich zu
machen. Unerwartet kommt ihnen Mr Dawes Jr. (Dick
Van Dyke) zur Hilfe, der seinem Neffen Mr Wilkins die
Stirn bietet. Die Rettung gelingt und die Banks blicken
einer glücklichen Zukunft entgegen, die von der Ballon-
verkäuferin (Angela Lansbury) kommentiert wird:
›Nowhere to Go But Up‹.
»Mary Poppins‘ Rückkehr« beruht auf verschiede-
nen Ideen aus P. L. Travers »Mary Poppins«-Büchern,
die zu einer Gesamthandlung verbunden wurden. Für
Regisseur und Co-Drehbuchautor Rob Marshall war
»Mary Poppins« der erste Film, den er als Kind im Kino
sah. Dieser führte dazu, dass er seine Leidenschaft für
Musicals, Abenteuer- und Fantasyfilme entdeckte. Au-
tor David Magee (»Wenn Träume fliegen lernen«) griff
Marshalls Idee auf, einen Zeitsprung von 25 Jahren zu

66 blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019


wagen und die ursprüngliche Geschichte an diesem
Punkt fortzusetzen. Emily Blunt (»Into the Woods«)
tritt in die Fußstapfen von Julie Andrews und verkör-
pert Mary Poppins mit Esprit in Schauspiel, Tanz und
Gesang. An ihrer Seite spielt der US-amerikanische
Schauspieler, Komponist, Songwriter und Rapper Lin-
Manuel Miranda, der als Komponist und Texter der
mehrfach ausgezeichneten Musicals »In the Heights«
und »Hamilton« gefeiert wurde, den Laternenanzünder
Jack. Seine Rolle erinnert an den Schornsteinfeger Bert,
der im Original von Dick Van Dyke (93, Anm. der Red.)
gespielt wurde und mit seinem Chameo-Auftritt den
Charme des Originalfilms zurück auf die Leinwand zau-
bert. Ben Whishaw (»Spectre«) als Michael Banks und
Emily Mortimer (»Hugo«) als seine Schwester Jane wer-
den von Julie Walters (»Harry Potter«-Reihe) als Haus-
mädchen Ellen umsorgt. Der Cast wird ergänzt durch
Oscar-Gewinner Colin Firth (»Mamma Mia!«) als
William Weatherall Wilkins sowie der 3-fachen Oscar-
Gewinnerin Meryl Streep (»Into the Woods«) als Marys
exzentrische Cousine Topsy.
Kostümdesigner Sandy Powell (Oscar für die Bes-
ten Kostüme: »Shakespeare in Love« (1999), »Aviator«
(2005) und »Victoria, die junge Königin« (2010)) rückt
mit ihren Kostümen die 1930er Jahre gekonnt ins Bild.
Die Realszenen fing Kameramann Dion Beebe (Oscar
für »Into the Woods«) von Februar bis Juli 2017 in den
Shepperton Studios in Surrey, England ein. Dort wur-
den insgesamt acht große Sets erbaut: unter anderem die
Cherry Tree Lane, Topsys Fix-It Shop, der Glockenturm
mit Big Ben und die Innenräume des Hauses der Familie
Banks. Das Set des verlassenen Parks wurde in einem der
benachbarten Studiogebäude errichtet. Der Park, in dem
einige der größten Gesangs- und Tanzszenen des Films –
wie z. B. ›Trip a Little Light Fantastic‹ – gedreht wurden,
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
Film & Fernsehen
erstreckte sich auf fünf Ebenen und war unter anderem
mit einem Springbrunnen, einer Brücke und einem
Gewächshaus versehen. Zusätzlich wurde an den mar-
kantesten Orten Londons gedreht: St. Paul‘s, Bucking-
ham Palace, Tower, die historischen Straßen Cowley
Street, Queen Anne‘s Gate und King Charles Street in
Westminster sowie Cornhill und Royal Exchange in der
Londoner City. Die real gedrehten Szenen wurden an-
schließend im Studio mit animierten Zeichentrickele-
menten verbunden. Das Team um Disney-Animator
Ken Duncan (u. a. »Die Schöne und das Biest«) ent-
schied sich bewusst dafür, den traditionell per Hand
gezeichneten Bildern treu zu bleiben und diese nicht
durch moderne 3D-Animationen zu ersetzen: Duncan
und James Baxter (u. a. »Arielle, die Meerjungfrau«) er-
weckten die Pinguine aus dem ersten Film für »Mary
Poppins‘ Rückkehr« wieder zum Leben.
Um auch akustisch eine Verbindung zwischen den
zwei Filmen herzustellen, haben sich Komponist und
Liedtexter Marc Shaiman (Grammy- und Tony-Gewin-
ner für »Hairspray«) und Co-Liedtexter Scott Wittman
(Tony-Gewinner für »Hairspray« und Emmy-nominiert
für »Smash«) an der »Mary Poppins«-Musik von Ri-
chard M. Sherman und Robert B. Sherman orientiert.
Für ihre Neukompositionen haben sie sogar einige No-
ten der Originalsongs ›A Spoonful of Zucker / Wenn ein Abb. oben:
Löffelchen voll Zucker‹ und ›The Perfect Nanny / Willst Mary Poppins (Emily Blunt) kehrt zu
du diese Stellung haben‹ genutzt. Familie Banks zurück
Rob Marshall gelingt mit »Mary Poppins‘ Rückkehr«
mehr als 80 Jahre nach der Schöpfung durch die Auto- Abb. gegenüberliegende Seite:
Mary Poppins (Emily Blunt) tanzt
rin P. L. Travers eine magische Flucht aus dem Alltag.
mit den Laternenanzündern
Der Film entführt das Publikum erneut in Welt des be-
liebtesten Kindermädchens, das all die Jahre nichts von Abb. unten von oben links:
seiner Faszination eingebüßt hat. 1. Mary Poppins (Emily Blunt), Geor-
Sandy Kolbuch gie (Joel Dawson), John (Nathanael
Saleh), Annabel (Pixie Davies) und
Jack im Land der Porzellanmalerei
2. v.l.: Jane (Emily Mortimer), John
(Nathanael Saleh), Annabel (Pixie
Davies), Ellen (Julie Walters, da-
hinter), Jack (Lin-Manuel Miranda),
Georgie (Joel Dawson) und Mary
Poppins (Emily Blunt)
3. Mary Poppins (Emily Blunt) und
ihre Schützlinge: Georgie (Joel
Dawson), Annabel (Pixie Davies)
und John (Nathanael Saleh)
4. Mary Poppins (Emily Blunt) und
Jack (Lin-Manuel Miranda) singen
mit ihren tierischen Freunden in
der Royal Doulton Music Hall: ›A
Cover Is Not the Book‹
Fotos (6): © Disney
67
 Vis-à-Vis

»Jack ist das Verbindungsglied zwischen den

Menschen und Mary Poppins«
Lin-Manuel Miranda im Interview
blickpunkt musical: »Mary Poppins« lässt uns an
die eigene Kindheit denken. In der heutigen Zeit
ist es nicht immer einfach, sich zu erinnern. Wie
treten Sie mit Ihren Erinnerungen in Kontakt?

Lin-Manuel Miranda: Ich erinnere mich an die

alten Darsteller und Poeten, mit denen ich groß
geworden bin. Wenn ich arbeite, insbesondere,
wenn ich schreibe, versuche ich immer, mich in
mein kindliches Ich zurückzuversetzen. Bei jedem
Song frage ich mich: Hätte mich dieser als Zehn-
oder Sechsjähriger zum Ausflippen gebracht? Ich
habe letztes Jahr beispielsweise einen Song für ein
Stück geschrieben, in dem viele Teenager mitge-
wirkt haben. Ich habe mich also im Vorfeld ge-
fragt: Was würden diese Teenager gerne hören?
Ähnlich sah es für das Broadwaystück »Dear Evan
Hansen« aus. Ich habe mich gefragt, ob es mög-
lich wäre, Mash-ups zu machen: Zum Beispiel
könnten Hamilton und Evan Hansen ein Duett
zusammen singen. So entstand der Song ›Found
Tonight‹ aus ›The Story of Tonight‹ (»Hamilton«)
und ›You Will Be Found‹ (»Dear Evan Hansen«).
Das ist meine Art und Weise, zu arbeiten: mich
immer zu fragen, was ich in dem betreffenden Al-
ter dazu gesagt hätte. Ich denke, Rob Marshall ist
auf ähnliche Weise an den Film herangegangen
und hat sich gefragt: Was hat »Mary Poppins«
damals so phantastisch gemacht und womit hat
sie die Augen der Kinder zum Leuchten gebracht?
Wir alle haben »Mary Poppins« in unserer Kind-
heit gesehen, was den Film zu einem wirklich sehr
lustigen Projekt macht.

blimu: Wie finden Ihr zehn- und sechsjähriges

Ich »Mary Poppins‘ Rückkehr«?

L-MM: Sie sind beide sehr zufrieden damit.

(lacht) Ich habe aber auch einen sehr guten Kri-
tiker an meiner Seite. Mein vierjähriger Sohn hat
an diesem Wochenende den Film gesehen. Als
wir mit den Dreharbeiten begonnen haben, war
er zwei Jahre alt. Seine Augen wurden riesengroß,
als er seinen Daddy singen und tanzen gesehen
hat. Als Vater hat man nicht viele Möglichkeiten,
wirklich cool zu sein, aber mit diesem Film ist es
mir gelungen.

blimu: Was macht für Sie »Mary Poppins‘ Rück-

kehr« in der heutigen Zeit relevant?

L-MM: Zuallererst finde ich es sehr clever, dass

Rob Marshall die Geschichte 25 Jahre nach dem
Originalfilm beginnen lässt. Zudem fühlt sie
sich wie ein Teil der Originalgeschichten an, die
P.L. Travers geschrieben hat. Mary Poppins kehrt
© Disney
zurück, weil die Banks wieder Probleme haben.

68 blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019


Ich denke, die Welt befindet sich in beängstigen-
den Zeiten, in denen wir Hoffnung brauchen.
Marshall gibt uns also einen unverwüstlichen
Film, in dem eine Figur dazu in der Lage ist, mit
wenigen Worten die Situation zu retten. Mary
Poppins verbreitet Spaß und Freude und greift
die Unschuld des Originalfilms auf, gestaltet die
Botschaft jedoch moderner.
blimu: Es ist wunderbar, zu sehen, dass Disney
den traditionell mit der Hand gezeichneten Sze-
nen treu geblieben ist und diese nicht durch mo-
derne 3D-Animationen ersetzt hat. Wie war der
Dreh mit Ihren gezeichneten Kollegen?
L-MM: Rob Marshall hat wirklich eine außerge-
wöhnliche Arbeit geleistet. Walt Disney hat über
einen sehr langen Zeitraum Filme mit traditionell
von der Hand gezeichneten Bildern veröffent-
licht. Wir verwenden die Sequenzen, um unseren
Film zu erzählen, auch wenn diese Entscheidung
sehr kostenintensiv war. Wir brauchten dafür ex-
tra Künstler, die für diese Arbeit geschaffen waren
und sie der heutigen Generation von Animatoren
beibringen konnten. Als wir den Trailer das erste
Mal gesehen haben, rief Dick Van Dyke total be-
geistert: »Die Pinguine!!« Das war sehr spannend,
denn durch diese Sequenzen entsteht ein wun-
derbarer Kontrast zu all dem Neuen und zugleich
eine Verbindung zu dem Original.
blimu: Das Grundthema der Musik ist gleich
geblieben. Wie würden Sie als Songwriter und
Komponist die Musik bzw. Songs von Shaiman
und Wittman beschreiben?
L-MM: Sie sind ebenso zauberhaft wie im Origi-
nalfilm. Man muss die Komponisten auf die glei-
che Weise casten, wie man Mary Poppins castet.
In meinen Augen ist Emily Blunt die perfekte
Person, um Mary Poppins im Jahr 2018 zu spie-
len. Wittman und Shaiman sind den Sherman-
Brüdern sehr ähnlich. Alles, was sie getan haben,
haben sie gelernt, als sie die Musik des ersten
Films gehört haben. Viele Regisseure anderer
Filme haben die beiden immer wieder gefragt,
warum sich alle ihre Songs nach »Mary Poppins«
anhören. Sie haben den Stil für sich perfektio-
niert. Um die Musik für »Mary Poppins‘ Rück-
kehr« moderner zu gestalten, haben sie Jazz- und
Swingelemente hinzugefügt.
blimu: Wie hat der Erfolg von »Hamilton« Ihr
Leben verändert?
L-MM: Ich bin ganz ehrlich: Der Erfolg des
Stücks hat mein Leben nicht gravierend verän-
dert. Das Musical war bisher nur eine meiner
besten Ideen. Aber das Leben ist noch lang, und
ich will mich nicht auf dem Erfolg ausruhen. Die
Idee hatte ich auf einer Reise, als ich ein Buch las
und mich davon inspirieren ließ. Ich habe also ge-
lernt, mehr zu reisen. (lacht) Als ich meiner Frau
damals von der Idee erzählte, verdrehte sie nicht
die Augen und sagte mir, dass dies eine dumme
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
Vis-à-Vis
Idee sei, sondern, dass es sich cool anhören wür-
de und ich daran arbeiten sollte. Als ich Steven
Sondheim erzählte, dass ich an einem Revival der
»West Side Story« arbeiten würde, breitete sich
ein Strahlen auf seinem Gesicht aus. Er begann
laut zu klatschen und meinte: »Oh mein Gott,
niemand wird dies von dir erwarten! Wie wun-
derbar!« Ich denke, dieser Moment gab mir die
Kraft, die nächsten zwei Jahre wirklich an diesem
Projekt zu arbeiten. Ich habe also gelernt, darauf
zu hören, was meine Freunde mir sagen, und
meinem eigenen Instinkt zu vertrauen.
blimu: Mary Poppins erscheint, wenn man sie
am nötigsten braucht. Mit ihrer Erziehung ist sie
etwas oldschool, ist damit aber sehr erfolgreich.
Was, denken Sie, können die heutigen Zuschauer
von ihr lernen?
L-MM: Der erste Film spielt um 1910 und der
neue in den 1930er Jahren. Die Lektionen von
Mary sind auch auf die heutige Zeit anwendbar.
Mary ist eher nüchtern, zeigt aber, wie man die
Dinge aus einer anderen Perspektive sehen und
hoffnungsvoll nach vorne schauen kann. Aus ih-
rer Perspektive kann man die Welt verändern. Ich
denke, es ist sehr wichtig, den Kindern dies zu
vermitteln. Mein Lieblingssong in dem Film ist
›Where the Lost Things Go‹. Es ist schwer, mit
Kindern über Verlust und Trauer zu sprechen. Ich
denke, der Song spricht diese Themen auf eine
wundervolle Weise an, die Kinder verstehen kön-
nen. Sie lernen, dass das Leben auch mit Trauer
weitergehen kann. Wir haben alle unsere Erinne-
rungen und solange wir die Menschen, die bereits
aus dem Leben gegangen sind, auf diese Art in
uns tragen, werden sie uns nie wirklich komplett
verlassen. Das ist eine sehr wichtige Lektion, die
der Film vermittelt.
blimu: Wie würden Sie die Funktion von Jack im
Film beschreiben?
L-MM: Jack ist der Wingman von Mary Poppins
und hat eine ähnliche Bedeutung wie damals
Bert im Originalfilm. Er ist das Verbindungsglied
zwischen den Menschen und Mary Poppins. Bert
hatte mehrere Jobs – Straßenmaler, Musiker,
Schornsteinfeger –, Jack hat es da mit einem Job
einfacher. Er weiß ganz genau, wie magisch Mary
ist, und bewahrt ihren Geist für die Erwachsenen
auf, die sie vergessen haben.
blimu: Können Sie sich noch daran erinnern, wie
Sie zu Ihrer Rolle gekommen sind?
L-MM: Das war toll: Ich hatte einen sehr anstren-
genden Tag mit zwei Shows von »Hamilton«
hinter mir und habe mich nach meiner letzten
Performance mit Rob Marshall und John DeLuca
auf einen Kaffee getroffen. Rob sagte: »Mary Pop-
pins kehrt zurück«, und ich antwortete: »Ach, tut
sie das?« Als ich wissen wollte, wer Mary Poppins
spielen wird, schaute er sich um, ob niemand ihn
hört, und antwortete dann: »Emily Blunt«. Ich
Lin-Manuel Miranda
Schauspieler, Komponist, Songwriter und
Sänger Lin-Manuel Miranda gehört seit dem
Ausnahmeerfolg seines Musicals »Hamilton«
(2015), in dem er während der Premierenspiel-
zeit am Broadway auch die Titelrolle spielte, zu
den begehrtesten Komponisten und Songwritern
seiner Generation. 2016 erhielt das Stück 16
Tony-Award-Nominierungen, von denen es 11
gewann: Miranda persönlich bekam zwei Preise
als Autor und als Komponist. Das Album mit der
Originalbesetzung vom Broadway gewann im
selben Jahr den Grammy für das beste Musical-
Album. In Großbritannien wurde »Hamilton«
mit sieben Olivier Awards ausgezeichnet. Zuvor
hatte der Komponist und Autor bereits mit sei-
nem ersten Musical »In the Heights« für Aufse-
hen gesorgt, dessen erste musikalische Ansätze
bis in seine Zeit an der Wesleyan University in
Connecticut zurückreichten. Das Werk wur-
de 2008 neben einer Vielzahl weiterer Preise
mit vier Tonys, darunter als »Bestes Musical«
und für den Score, ausgezeichnet. Zu seinen
weiteren Arbeiten gehören: »Bring It On: The
Musical« (mit Tom Kitt als weiterem Komponis-
ten und Amanda Green für weitere Liedtexte),
neue Songs für eine Neuproduktion von Ste-
phen Schwartz‘ »Working« und die spanischen
Texte für die Wiederaufnahme von »West Side
Story« am Broadway. Weiterhin schrieb Miran-
da zwei Titel für »Star Wars: Das Erwachen der
Macht« (2015) und war an der Filmmusik für
den Disney-Erfolg »Vaiana – Das Paradies hat
einen Haken« beteiligt: Für den Song ›How Far
I‘ll Go‹ erhielt er 2017 einen Grammy Award
sowie eine Oscar-Nominierung.
Für »Mary Poppins‘ Rückkehr« stand er erstmals
nach »Das wundersame Leben von Timothy
Green« als Jack wieder für die Kinoleinwand
vor der Kamera.
hielt das für eine sehr gute Idee, weil sie einfach
großartig ist. Anschließend erzählte Rob mir die
gesamte Geschichte. Er sagte, dass er kein Re-
make machen will, sondern ein Sequel, das zeigt,
wie es Jane und Michael als Erwachsenen ergeht.
Am Ende fragte er mich, ob ich dabei sein würde.
blimu: Können Sie sich mit Jack identifizieren?
L-MM: Absolut. Ich versuche immer, die positive
Seite aller Dinge zu sehen. Meine größte Motiva-
tion dafür ist mein kleinerer, zweijähriger Sohn.
Jack steht mit den Wundern in Kontakt, die er in
der eigenen Kindheit erleben durfte.
blimu: Haben Sie während der Drehzeit die Songs
des Films zu Hause für Ihren Sohn gesungen?
L-MM: Mein Sohn war zu diesem Zeitpunkt zwei
Jahre alt. Ich habe ihn immer mit zum Set ge-
nommen, wenn wir eine der Tanz- und Gesangs-
szenen gedreht haben.
Ich hatte den Eindruck, dass er dadurch damit
begonnen hat, zu verstehen, was ich beruflich
mache.
Das Interview führte Sandy Kolbuch
Das gesamte Interview finden Sie in dem blickpunkt
musical extra No 9 – MARY POPPINS‘ RÜCKKEHR.
69

Ich bin, was ich bin
»Ein Käfig voller Narren (La Cage aux Folles)« am Theater Basel
Abb. oben:
Zaza (Stefan Kurt, 3.v.r.) fühlt sich
von Georges (Roland Koch, 4.v.l.)
betrogen, »Les Cagelles«
Foto: Sandra Then
Ein Käfig voller Narren
(La Cage aux Folles)
Jerry Herman / Harvey Fierstein
Deutsch von Erika Gesell &
Christian Severin
Theater Basel – Große Bühne
Premiere: 14. Dezember 2018
Regie .......................... Martin G. Berger
Musikalische Leitung ....... Thomas Wise
Choreographie ........ Marguerite Donlon
Bühnenbild ........... Sarah-Katharina Karl
Kostüme ............................ Esther Bialas
Licht ............................... Roland Edrich
Video ............................. Jonas Alsleben
Albin / Zaza ......................... Stefan Kurt
Georges ............................ Roland Koch
Jacob ........................ Karl-Heinz Brandt
Jean-Michel ...................... Max Rothbart
Jacqueline .................. Myriam Schröder
Anne Didon .................... Liliane Amuat
Edouard Dindon ................. Martin Hug
Mme Dindon ................... Nicola Kirsch
»Les Cagelles«:
Magdalena Bönisch, Gabriele Bruschi,
Jemima Rose Dean, Ayberk Esen,
Giulia Gautschi-Del Re, Laurent
N‘Diaye, Daniel Hauser, Jonas Onny,
Esther Randegger, Claudio Gustavo
Romero, Lisa Westermann-Santucci
70
Musicals in Europa
D as Musical »La Cage aux Folles« von Jerry Her-
man (Musik und Songtexte) und Harvey Fierstein
(Buch) basiert auf der gleichnamigen französisch-italie-
nischen Filmkomödie von 1978, deren Vorlage eine
gleichnamige Bühnenkomödie von Jean Poiret bildet,
die 1973 in Paris uraufgeführt wurde. Das Musical er-
lebte seine Uraufführung am 21. August 1983 im Palace
Theatre in New York sowie seine deutschsprachige Erst-
aufführung in der Übersetzung von Erika Gesell und
Christian Severin am 19. Oktober 1985 am Theater des
Westens in Berlin.
Im Theater Basel feierte die humorvolle, ideenreiche,
nachdenklich stimmende Inszenierung von Martin G.
Berger am 14. Dezember 2018 Premiere. Er lässt die
Liebesgeschichte von Georges, dem Inhaber des Klubs
»La Cage aux Folles«, und seinem Lebensgefährten Al-
bin, der in diesem Club als gefeierte Dragqueen auftritt,
in der heutigen Zeit spielen. Das Publikum entdeckt
beim Betreten des Theatersaals auf dem schwarzen Büh-
nenvorhang die Projektion »TFM – Partei für Tradition
Familie Moral«. Deren Mitglied, der rechtskonservative
Politiker Edouard Dindon, nutzt die Theateraufführung
für den Wahlkampf, indem er kurz seine Meinung zu
den Themen Masseneinwanderung und Initiative auf
geregelte Zuwanderung äußert. Auf die Fragen anwe-
sender Journalisten im Theatersaal über die Todesursa-
che seines Parteichefs reagiert er mit Flucht durch die
hinteren Räume des Theaters, live gefilmt von dem ihn
verfolgenden TV-Team. Im Lauf der Vorstellung wird
das Publikum durch weitere eingespielte kurze Video-
sequenzen (Video: Jonas Alsleben) Zeuge dieser Verfol-
gungsjagd durch eine Stadt.
Der sich hebende Bühnenvorhang gibt den Blick auf
eine fast leere Bühne frei, an deren Decke ein riesiger
Spiegel hängt (Bühne: Sarah-Katharina Karl). Im Büh-
nenhintergrund begrüßt Georges mit dem Rücken zum
Theaterpublikum die fiktiven Klubgäste, die eine Show
verfolgen. Zugleich liegt Albin (Stefan Kurt) einsam,
nur mit Mieder und Strumpfhosen bekleidet, auf dem
Boden im dunklen Vordergrund der Bühne. Georges
(Roland Koch) und die bemerkenswerten »Les Cagelles«
versuchen, ihn zu motivieren, sich für seinen Auftritt
anzukleiden, um sich in die Kunstfigur, die Dragqueen
Zaza, zu verwandeln, die die Klubbesucher jeden Abend
mit ihrem Auftritt begeistert. Für die eindrücklichen,
lebendigen Showszenen im Club wird die Cagelles-Band
aus dem Orchestergraben auf Bühnenhöhe emporge-
fahren. Unter der musikalischen Leitung von Thomas
Wise begleiten schwungvoll Frannyi Rui (Violine),
Francesco Carpino (Reed I), Kelsey Maiorano (Reed II),
Jürg Luchsinger (Akkordeon / Keys), Oskar Szutenberg
(Brass I), Lukas Briggen (Brass II), Leonid Maximov /
Nikolaus Reinke (Klavier), Michael Goldschmidt (Gi-
tarre, Banjo, Mandoline), Ilya Alabuzhev (Kontrabass),
Martin Altenbach (Drums) den Cast. Dieser besteht aus
Schauspielern, Opernsängern, Musicaldarstellern und
Tänzern. Für sie alle entwarf Esther Bialas die fantasie-
vollen Kostüme.
Stefan Kurt und Roland Koch demonstrieren her-
vorragend die Höhen und Tiefen der langjährigen
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019

Beziehung des homosexuellen Paares Albin und Geor-
ges. In einer emotionalen Tanzszene (Choreographie:
Marguerite Delon) zeigen zwei junge Tänzer die erste
Begegnung von Georges und Albin am Strand. Diese
Partnerschaft gerät in eine tiefe Krise, nachdem Jean-
Michel, der Sohn Georges‘, seinem Vater verkündet,
dass er heiraten möchte. Für den bevorstehenden Besuch
der Braut Anne sowie deren Eltern will Jean-Michel die
Wohnung umdekorieren. Außerdem will er seine biolo-
gische Mutter Jacqueline (Myriam Schröder) einladen,
um für den rechtskonservativen Schwiegervater Edou-
ard Dindon (Martin Hug) und Schwiegermutter Ma-
rie Dindon (Nicola Kirsch) eine heterosexuelle Familie
vorzuweisen. Dafür soll bei diesem Familientreffen sein
langjähriger Ziehvater Albin als Onkel Albert auftreten.
Stefan Kurt zeigt die tiefe Betroffenheit Albins über diese
Verleugnung durch seinen Ziehsohn spürbar für das
Publikum. Beeindruckend ist auch seine Verwandlung
vom zerbrechlich wirkenden Albin, der mit viel Hinga-
be, liebevoll Jean-Michel aufzog, zur strahlenden Kunst-
figur Zaza, die souverän das Publikum in ihren Bann
zieht. Ebenso sensationell zeigt Roland Koch einen ein-
fühlsamen Mann, der zwischen seinem Lebenspartner
Albin und Sohn Jean-Michel vermitteln muss, damit die
Patchworkfamilie in der Krisensituation nicht zerbricht.
Auch für Jean-Michel (glaubwürdig: Max Rothbart) war
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
Musicals in Europa
das Leben als Kind in der schwulen Patchworkfamilie
nicht einfach, da er wegen dieser oft in der Schule ge-
mobbt wurde. Trotzdem hielt er zu seiner Familie. Zum
Glück fühlt er sich von seiner Braut Anne (überzeu-
gend: Liliane Amuat) verstanden.
Im zweiten Akt des Musicals steht ein großer Con-
tainer in der Mitte der Bühne, der mit einem biede-
ren Speisezimmer ausgestattet ist. Beim verkrampften
Abendessen in der Wohnung von Jean-Michels Eltern
fängt der Diener (Karl-Heinz Brandt) der Hausherren
an, zu bellen. Ungeniert flirtet Dindon mit Albin, der
im Dirndl als Mutter von Jean-Michel auftritt, da sich
die leibliche Mutter entschuldigen ließ, bis Dindons
Ehefrau Marie mit der Handtasche nach ihrem Gat-
ten wirft. Zudem hinterfragt sie dessen eheliche Treue.
Anne geht in den offenen Widerspruch zum Vater, in-
dem sie zu Jean-Michel und seiner Familie steht. Auch
in der Wohnung von Georges und Albin ist Dindon
vor der Presse nicht sicher. Um sich vor den Journalis-
ten zu retten, muss er in einer Travestie im »La Cage
aux Folles« auftreten, welcher neu von Jean-Michel
und Anne geleitet wird. Albin und Georges können
heiraten und gemeinsam den Lebensabend genießen.
Im berührenden Abschlussbild trägt Georges Albin auf
seinen Armen.
Martina Friedrich
Abb. unten von oben links:
1. Albin (Stefan Kurt, l.) und Geor-
ges (Roland Koch, r.) erinnern sich
an ihre erste Begegnung
2. Georges (Roland Koch, 2.v.r.)
bittet seinen Sohn Jean-Michel (Max
Rothbart, r.), Albins (Stefan Kurt,
2.v.l.) liebevolle Arbeit als Mutter
anzuerkennen. Jacob (Karl- Heinz
Brandt, l.) verfolgt die Aussprache
3. Albin (Stefan Kurt 2.v.l.) erscheint
als vermeintliche Mutter von Jean-
Michel (Max Rothbart, 4.v.r) beim
Abendessen von Georges (Roland
Koch 4.v.l.) mit den zukünftigen
Schwiegereltern Edouard (Martin
Hug, l.) und Marie Dindon (Nicola
Kirsch, r.), Schwiegertochter Anne
Dindon (Liliane Amuant, 5.v.r.) so-
wie Butler Jacob (Karl-Heinz Brandt,
6.v.r.) und Gästen (Ayberk Esen,
Jemima Rose Dean, Jonas Onny)
4. Der zerbrechliche Albin (Stefan
Kurt, liegend) und die »Les Cagel-
les« (v.l.: Jemima Rose Dean, Mag-
dalena Bönisch, Laurent N‘Diaye,
Daniel Hauser, Ayberk Esen, Gab-
riele Bruschi) im Backstagebereich
des Klubs »La Cage aux Folles«
Fotos (5): Sandra Then
71
 Musicals in Europa

Zeugenschutz im Kloster
Schweizer Erstaufführung von »Sister Act« im Le Théâtre in Emmen

Abb. oben:
Der Klosterchor (Ensemble) tritt un-
ter der Leitung von Deloris (Sidonie
Smith, Mitte) vor dem Papst auf
Foto: Ingo Hoehn

Sister Act
Alan Menken / Glenn Slater /
Bill & Cherie Steinkellner /
Douglas Carter Beane
Deutsch von Werner Sobotka,
Michaela Ronzoni, Kevin Schroeder,
Heiko Wohlgemuth & Ruth Deny
Circomedia
Le Théâtre Emmen
Schweizer Erstaufführung:

15. Dezember 2018
Regie & Projektionen ......... Silvio Wey
Musikalische Leitung ...... Arno Renggli
Co-Musikalische Leitung &
Choreinstudierung .... Sven-David Harry
Choreographie ......... Adriano Piccione
Ausstattung ..... Sabrina Claudia Moser
Lichtdesign &
Projektionen.................. Markus Güdel
Sounddesign ..................... Tobias Stritt
Deloris van Cartier ........ Sidonie Smith
Mutter Oberin .................. Irène Straub
Mary Robert ................ Samantha Senn
Mary Patrick ........ Daniela Tweesmann
Mary Lazarus ......... Claudia Klopfstein
Mary Nirvana ............... Rinalda Caduff
Nonne / Michelle . Annemarie Lauretta
Nonne / Tina .......... Channelle Wyrsch
Nonne ......................... Tiziana Gulino
Curtis Jackson ......................... Aris Sas
Eddie Fritzinger ............... René Siepen
TJ .................................... Luc Steegers
Joey ............................. Dirk Hinzberg
Pablo ................... Salvatore Marchione
Monsignore O‘Hara .... Mathias Mutter
Ministrantinnen ......... Valentina Meyer,
Emily Meyer, Chiara Scala
In weiteren Rollen: Ronja Borer,
Melanie Kurmann, Sandra Leon, Maja
Luthiger (Dance Captain), Anina Rosa,
Ben Tweesmann
D
as Musical »Sister Act« von Alan Menken (Musik)
und Glenn Slater (Liedtexte), Douglas Carter Beane
(zusätzliche Dialoge), Cherie und Bill Steinkellner
(Buch) basiert auf dem gleichnamigen Film aus dem
Jahr 1992. In dieser US-amerikanischen Filmkomödie
spielt Hauptdarstellerin Whoopi Goldberg die Rolle der
erfolglosen Barsängerin Deloris van Cartier und wurde
mit ihr zum internationalen Star.
Das Musical mit neuen Songs von Alan Menken und
Glenn Slater wurde am 2. Juni 2009 im Palladium Thea-
ter in London uraufgeführt. Im TUI Operettenhaus in
Hamburg fand am 2. Dezember 2010 die deutschspra-
chige Erstaufführung statt und am 15. September 2011
im Ronacher in Wien die österreichische Erstauffüh-
rung. Die deutsche Übersetzung der Liedtexte verant-
worten Kevin Schroeder und Heiko Wohlgemuth, die
Dialoge Michaela Ronzoni und Werner Sobotka, das
Buch Ruth Deny.
In der Schweiz feierte das Musical unter der Regie
von Silvio Wey am 15. Dezember 2018 seine Erstauf-
führung im Le Théâtre in Emmen. Unter der alternie-
renden musikalischen Leitung der Keyboarder Arno
Renggli und Sven-David Harry begleiten Joel Kuster
(Gitarre), Imbi Gassmann (Bass) und Beat Wurmet
(Schlagzeug) perfekt die Darsteller. Die Band ist dabei
auf der linken Seite der Bühne sichtbar. Je nach Szene
werden auf der neun Meter hohen und fünfzehn Meter
breiten LED-Wand stimmungsvolle Bilder der jeweili-
gen Handlungsorte projiziert, die mit wenigen, bewegli-
chen Kulissen, wie zum Beispiel einer großen Showtrep-
pe für den Nonnenchor, Tischen und Stühlen für die Bar
oder karger Klostereinrichtung, ergänzt werden (Aus-
stattung: Sabrina Claudia Moser, Projektionen: Silvio
Wey und Markus Güdel).
Gemeinsam mit den weltlichen Dingen nicht abge-
neigten Nonnen (Samantha Senn, Daniela Tweesmann,
Claudia Klopfstein, Annemarie Lauretta, Channelle
Wyrsch, Rinalda Caduff, Tiziana Gulino, Ronja Bo-
rer, Sandra Leon, Anina Rosa, Maja Luthiger, Manuela
Kurmann) begeistert Sidonie Smith in der Hauptrolle
der extrovertierten Barsängerin Deloris van Cartier
das Publikum. Ihre Gegenspielerin ist die strenge, ver-
antwortungsvolle Mutter Oberin (Irène Straub). Die
Inszenierung lebt von dem Konflikt zwischen Mutter
Oberin und Deloris. Trotz der unterschiedlichen Lebens-
entwürfe ähneln sich die zwei Frauen, die ehrgeizig ihre
eigenen Ideen umsetzen wollen. Die Mutter Oberin
muss Deloris im Auftrag der Polizei in ihrem Kloster
verstecken, da die schrille Barsängerin zufällig Zeugin
eines Mordes wurde. Pikanterweise hatte Deloris mit

72 blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019


dem Mörder Curtis Jackson (Aris Sas) eine Liebesbezie-
hung. Dieser beauftragt seine skurrilen Bandenmitglie-
der TJ (Luc Steegers), Joey (Dirk Hinzberg) und Pablo
(Salvatore Marchione), Deloris zu suchen. Doch Deloris
ist unauffindbar für das tollpatschige Gangstertrio, da
niemand die Gesuchte im Kloster vermutet. Hierhin
brachte sie der schüchterne Polizist Eddie Fritzinger
(René Siepen), der die Oberin mit einer großzügigen
Spende zur Aufnahme der Barsängerin im Kloster bewe-
gen konnte. Das Kloster ist sehr auf Geld angewiesen,
da die Spendengelder der wenigen Gottesdienstbesucher
nicht ausreichen, um die baufällige Klosterkirche zu re-
novieren. Unter dem Namen Mary Clarence übernimmt
Deloris nach anfänglichen Eingewöhnungsschwierigkei-
ten die Leitung des lustlosen Nonnenchors, der mit sei-
nen schrägen Tönen die Zuhörer aus der Sonntagsmesse
verjagt. Rasch kann die temperamentvolle Deloris ihre
Mitschwestern für den Gesang begeistern. Mit großem
Erstaunen freuen sich die Nonnen über ihre ungeahnten
künstlerischen Fähigkeiten, die auch den sonntäglichen
Gottesdienstbesuchern nicht verborgen bleiben und
jeden Platz der bis dahin fast leeren Kirche besetzen.
Daraufhin kündigt der Papst seinen Besuch an.
Im zweiten Akt des Musicals erfahren die Gangster
durch einen TV-Bericht alles über den Nonnenchor so-
wie von Deloris‘ Aufenthaltsort und planen ihre Ent-
führung. In einer wunderbar komischen Szene zeigen
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
Musicals in Europa
TJ, Joey und Pablo dem Theaterpublikum, wie sie mit Abb. unten von oben links:
den Nonnen flirten wollen. Dabei unterstreicht Adriano 1. Pablo (Salvatore Marchione, l.),
Piccione mit seiner Choreographie den Witz der Szene. TJ (Luc Steegers, Mitte), Joey (Dirk
Hinzberg, r.) planen, die Nonnen
Zugunsten der zahlreichen Chorszenen beinhaltet
zu verführen
das Musical nur wenige Tanzszenen. Mittels der großen 2. Curtis Jackson (Aris Sas, Mitte)
Showtreppe wird der Chor wirkungsvoll präsentiert. Da befiehlt TJ (Luc Steegers, l.) und Pablo
Deloris‘ Sicherheit im Kloster gefährdet ist, entscheidet (Salvatore Marchione, r.), Deloris zu
Polizist Eddie, Deloris in seiner Wohnung zu verstecken. suchen
3. Eddie Fritzinger (René Siepen,
Er nutzt die Gelegenheit, der verblüfften Deloris seine
Mitte mit Ensemble) wünscht sich,
Liebe zu gestehen. Doch diese hat andere Sorgen, sie will ein Held zu sein
ihr Ziel, als Sängerin erfolgreich auf der Bühne zu stehen, 4. Abendessen der Nonnen (Ensem-
weiterverfolgen. Eddie glaubt an ihren Erfolg. Zugleich ble) unter der Aufsicht von Mutter
vermisst Deloris die ehemaligen Mitschwestern, da sie Oberin (Irène Straub, Mitte)
Fotos (4): Ingo Hoehn
während des kurzen Klosteraufenthaltes Freundschaften
mit den Nonnen aufbauen konnte. Deshalb entschließt
sie sich, den Chor beim Auftritt vor dem Papst tatkräf-
tig zu unterstützen. Zugleich schleichen die Gangster als
Nonnen verkleidet ins Kloster, um Deloris zu entführen.
In einer temporeichen Szene mit viel Slapstick liefern
die Nonnen die Gangster der Polizei aus. Nun kann der
Chor im Finale des zweiten Aktes ungestört den Gala-
auftritt vor dem Papst genießen. Die humorvolle, emo-
tionale, lebendige Inszenierung von Silvio Wey sowie die
große Spielfreude der internationalen Darsteller hono-
riert das Publikum im Le Théâtre in Emmen mit viel
Szenen- und Schlussapplaus.
Martina Friedrich
73

Ein amüsanter Abend mit großartigen Bildern
»Hello, Dolly!« zurück am Theater St. Gallen
Abb. oben:
Happy End für Dolly Levi (Dagmar
Hellberg) und Horace Vandergelder
(Walter Andreas Müller), Ensemble,
Tanzkompanie & Chor
Abb. unten:
Ob Dolly (Dagmar Hellberg)
Horace (Walter Andreas Müller) von
sich überzeugen kann?
Fotos (2): Andreas J. Etter
74
Musicals in Europa
H allo, Dolly!« tönt es jetzt auch im Theatersaal in
St. Gallen: Das Musical »Hello, Dolly!« von Jerry
Herman (Musik und Liedtexte) und Michael Stewart
(Buch) basiert auf der Komödie »The Matchmaker« von
Thornton Wilder. Das Werk wurde am 16. Januar 1964
im St. James Theatre in New York uraufgeführt, wo es
am 27. Dezember 1970 nach stolzen 2.844 Vorstellun-
gen schloss. Bereits 1966 feierte »Hello, Dolly!« seine
deutschsprachige Erstaufführung am Schauspielhaus
Düsseldorf. Vor fünfzig Jahren stand die Schweizer Erst-
aufführung des Stückes in der ersten Saison 1968/69 im
neuen Theatergebäude am Stadtpark in St. Gallen auf
dem Programm.
1969 wurde das Musical von Gene Kelly verfilmt: in
den Hauptrollen Barbra Streisand, die wegen ihres jun-
gen Alters als Fehlbesetzung galt, aber alle mit ihrer groß-
artigen Leistung Lügen strafte, sowie Walter Matthau.
Die neue St. Galler Inszenierung von Josef E.
Köpplinger, die am 15. Dezember 2018 Premiere fei-
erte, entstand in Zusammenarbeit mit der Volksoper
in Wien, aus deren Produktion auch Bühnenbild und
Kostüme stammen.
Im vergangenen Jahr erlebte »Hello, Dolly!« ein er-
folgreiches Revival am Broadway, unter anderem mit
Bette Midler in der Hauptrolle. Doch mit Dagmar
Hellberg als Dolly Levi und Walter Andreas Müller als
Horace Vandergelder hat man auch für St. Gallen ein
Traumpaar gefunden, das sowohl gesanglich als auch
schauspielerisch überzeugt.
Dass ein amüsanter Abend das Publikum erwartet, zei-
gen schon die Einleitung in Hoch- und Schweizerdeutsch
sowie die Videoprojektion der Hauptdarsteller, die wäh-
rend der ›Ouvertüre‹ auf dem Vorhang sichtbar ist.
Bereits die ersten voluminösen Töne aus dem voll
besetzten Orchestergraben lassen erahnen, dass es musi-
kalisch ein grandioser Abend wird. Das Sinfonieorches-
ter St. Gallen, unter der wechselnden Leitung von Koen
Schoots und Stéphane Fromageot, spielt die Melodien
klassisch im Stil der Originalkomposition.
Die Geschichte handelt von der verwitweten, aber
durchaus lebenslustigen Dolly Levi, deren Beruf es
unter anderem ist, Ehen zu arrangieren. Sie selbst hat
ein Auge auf den vermögenden, geizigen Ladenbesitzer
Horace Vandergelder aus Yonkers geworfen, der eigent-
lich nur eine Frau zum Putzen sucht und auf Ratschlag
von Dolly beabsichtigt, die Hutmacherin Irene Molloy
(Julia Klotz) zu ehelichen.
Während sich Vandergelder auf den Weg nach Man-
hattan macht, um Miss Molloy zu treffen, nutzen seine
beiden Angestellten Cornelius Hackl (Jörn-Felix Alt)
und Barnaby Tucker (Hermann Bedke) die Gelegenheit
und genehmigen sich selbst einen freien Tag, um end-
lich einmal etwas zu erleben. Auch sie machen sich auf
den Weg nach Manhattan.
Dort bestaunen die beiden durch das Schaufenster
eines Hutladens Irene Molloy und ihre schüchterne
Angestellte Minnie Fay (Joana Henrique). Als ihr Chef
Horace Vandergelder ebenfalls vor dem Laden auf-
taucht, flüchten Cornelius und Barnaby in den Laden.
Es kommt zu einem turbulenten und lustigen Versteck-
spiel, an dessen Ende sich Cornelius und Irene sowie
Barnaby und Minnie näher kommen, während Vander-
gelder, enttäuscht von Irene, davoneilt. Dolly allerdings
stellt Cornelius und Barnaby den Damen als bekannte
Gentlemen vor, woraufhin man sich abends im berühm-
ten Restaurant »Harmonia Gardens« verabredet.
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
 Musicals in Europa

Der erste Akt endet mit der großen Parade in der 14th
Street, bei der das gesamte Ensemble mit über 40 Perso-
nen von Artisten, einem Jongleur und einem Mann auf
dem Hochrad ergänzt wird. Ein grandioses Bild.
Der zweite Teil beginnt vor dem »Harmonia Gar-
dens«, wo Cornelius und Barnaby verzweifelt versuchen,
Irene und Minnie von ihrem Besuch abzuhalten, da sie
kein Geld haben. Für Vandergelder hat Dolly ein Tref-
fen mit Ernestina Money (Katharina Lochmann), einer
angeblich sehr reichen Dame, arrangiert, allerdings mit
dem Hintergedanken, ihn für sich zu gewinnen. Da
Ernestina Money eher darauf aus ist, es sich auf Horaces
Kosten gut gehen zu lassen, versucht er, zu flüchten.
Das Eintreffen von Dolly, im goldfarbenen Paillet-
tenkleid und mit Fascinator mit schwarzen Federn, wird
zur wohl schönsten Szene der Inszenierung. Dolly, die
im »Harmonia Gardens« bekannt ist, wird mit großem
Hallo und dem Titelsong ›Hallo, Dolly!‹ von allen be-
grüßt. Überwältigend: das Ballett der Kellner. Horace
Vandergelder ist überrascht von Dolly, doch heiraten
möchte er sie auf keinen Fall.
Nach einer turbulenten Szene im Restaurant lan-
den alle vor Gericht und werden bis auf Horace wie-
der freigesprochen. Zurück im leeren Laden in Yon-
kers, erkennt dieser, dass Dolly doch die Richtige für
ihn ist. Er überwindet sogar seinen Geiz und nimmt
Cornelius zum Partner. Und so gibt es für alle ein
Happy End.
Als zentrales Element steht auf der großen Drehbüh-
ne eine Brückenkonstruktion mit verschiedenen Trep-
penauf- und abgängen (Bühnenbild: Sam Madwar).
Durch kleine Veränderungen wie ausziehbare Wände,
Tische und Stühle werden die verschiedenen Hand-
lungsorte dargestellt: der Futtermittelladen von Horace
in Yonkers, Irenes Hutladen oder das »Harmonia Gar-
dens« in New York.
Besonders einfallsreich sind Dollys erster Auftritt
im Heißluftballon oder die Zugfahrt von Yonkers nach
Manhattan-Island gestaltet. Schön anzuschauen sind
auch die bunten ausladenden Kostüme der Damen und
die eleganten Anzüge der Herren von Rainer Sinell. Dol-
lys Kleid als Witwe ist im ersten Akt bewusst in Schwarz
gehalten. Erst bei ihrem großen Auftritt im zweiten Akt
erscheint sie in einem goldfarbenen Paillettenkleid.
Als Star des Abends glänzt Dagmar Hellberg mit ihrem
komödiantischen Talent in der Rolle der lustigen Lebefrau
Dolly Levi ebenso wie Walter Andreas Müller in der Rolle
des griesgrämigen Geizhalses Horace Vandergelder.
Auch die anderen Darsteller überzeugen durchweg
in ihren jeweiligen Rollen. Besonders auffallend der
schöne Tenor von David Maze als Rudolph Reisenweber
(»Oberkellner Rudi«).
Ein großes Lob auch an die Tanzkompanie des Thea-
ters St. Gallen, die in vielen Tanzszenen, aber ganz be-
sonders beim ›Kellner-Galopp‹, Großartiges leistet.
Insgesamt stehen über 50 Mitwirkende auf der
Bühne und sorgen so für viele große Ensembleszenen.
Dabei werden die Solisten auch vom Chor des Theaters
St. Gallen und der Statisterie unterstützt.
Mit »Hello, Dolly!« ist es dem Theater St. Gallen
gelungen, einen sehr kurzweiligen Musicalklassiker wie-
derzubeleben.
Mit »Matterhorn«, das 2019 nur noch einmal am
16. Februar 2019 zu sehen ist, und der Schweizer Erst-
aufführung von »Priscilla – Königin der Wüste«, das am
23. Februar Premiere feiern wird, hat das Theater 2019
gleich drei Musicals auf dem Spielplan.
Ingrid Kernbach & Nikolas Rotschedl
Hello, Dolly!
Jerry Herman / Michael Stewart
Deutsch von Robert Gilbert
In Zusammenarbeit mit der
Volksoper Wien
Theater St. Gallen – Großes Haus
Premiere: 15. Dezember 2018
Regie ..................... Josef E. Köpplinger
Musikalische Leitung ...... Koen Schoots
Choreinstudierung ........ Michael Vogel
Choreographie & Szenische
Einstudierung .............. Ricarda Regina
Ludigkeit
Bühnenbild .................... Sam Madwar
Kostüme .......................... Rainer Sinell
Licht ................... Josef E. Köpplinger &
Andreas Enzler
Ton ............................... Stephan Linde
Dolly Levi ................ Dagmar Hellberg
Horace Vandergelder ................ Walter
Andreas Müller
Cornelius Hackl .............. Jörn-Felix Alt
Barnaby Tucker ......... Hermann Bedke
Irene Molloy ....................... Julia Klotz
Minnie Fay .................. Joana Henrique
Ambrose Kemper ........ Peter Neustifter
Ermengarde ............... Stéphanie Signer
Mrs Rose ........................... Evita Komp
Ernestina Money .................. Katharina
Lochmann / Ariane Swoboda
Rudolph Reisenweber ...... David Maze
Richter .................. Peter Zimmermann
In weiteren Rollen:
Sheila Grant, Nicola Gravante, Samuel
Tobias Klauser, Claus Opitz, Robert
Schmelcher, Timo Verse
Chor, Tanzkompanie & Statisterie des
Theaters St. Gallen

Abb. von oben links:

1. Im Laden von Horace Vander-
gelder – (v.l.): Barnaby Tucker (Her-
mann Bedke), Horace Vandergelder
(Walter Andreas Müller), Cornelius
Hackl (Jörn-Felix Alt) und Ensemble
2. ›Hallo, Dolly – Reprise‹ –
Rudolph Reisenweber (David
Maze), Dolly Levi (Dagmar Hell-
berg), Ensemble, Tanzkompanie
3. ›Kellner-Galopp‹ – Oberkellner
Rudolph Reisenweber (David Maze,
Mitte, mit Ensemble & Tanzkom-
panie)
4. Barnaby Tucker (Hermann Bedke, l.)
und Cornelius Hackl (Jörn-Felix
Alt, r.) in Irene Molloys (Julia Klotz,
Mitte) Hutladen
Fotos (4): Andreas J. Etter

blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019 75


Unter einer Eselshaut
»Peau d‘âne – Féerie musicale« uraufgeführt im Théâtre Marigny in Paris
Abb. oben von links:
1. Die Prinzessin (Marie Oppert)
bäckt den Liebeskuchen
2. Die Prinzessin (Marie Oppert, l.)
und die Fee der Veilchen (Emma Kate
Nelson, r.), ihre Patentante
3. Der blaue König (Michaël De-
nard) will unbedingt seine eigene
Tochter heiraten (Marie Oppert)
Fotos (3): Julien Benhamou
Peau d‘âne – Féerie musicale
Michel Legrand / Charles Perrault /
Jacques Demy
Théâtre Marigny Paris
Uraufführung: 14. November 2018
Regie ................................ Emilio Sagi
Musik. Leitung ..... Thierry Boulanger &
Patrice Peyrieras
Choreographie ............ Nuria Castejon
Bühnenbild .................. Daniel Bianco
Kostüme ..................... Pepa Ojanguren
Peau d‘âne ..................... Marie Oppert
Blauer König .............. Michaël Denard
Fee der Veilchen .... Emma Kate Nelson
Alte Frau ............... Christine Gagnieux
Roter Prinz .................... Olivier Fredj /
Mathieu Spinosi
Roter König .................... Franck Lopez
Rote Königin ......... Marie-Agnès Gillot
Erzählerin / Eine Rose .... Claire Chazal
In weiteren Rollen:
Pauline Choplin, Alex Garakian,
Camille Mesnard, Samuel Moindjie,
Maxime Pannetrat, Annabelle Pastore,
Gaëlle Pauly, Olivier Podesta, Emma
Scherer, Edouard Thiebaut, Daphne
van Veltom, Henri de Vasselo
Chöre des Théâtre Marigny
76
Musicals in Europa
D as Théâtre Marigny in Paris wurde von 2013 bis
2018 umfangreich renoviert. Der neue Direktor
Jean-Luc Choplin war zuvor am Théâtre du Châtelet
tätig und ist ein Musical-Fan. Zur Wiedereröffnung des
Theaters hat er sich die Bühnenfassung des Märchens
»Peau d‘âne / Eselshaut« von Charles Perrault aus dem
Jahr 1694 ausgesucht, das Jacques Demy (1931–1990)
1970 mit Catherine Deneuve in der Titelrolle und Jean
Marais als deren Vater verfilmte. Demys Filmmusicals
»Les parapluies de Cherbourg« und »Les Demoiselles de
Rochefort« sind bereits für die Bühne adaptiert worden.
Michel Legrand komponierte die Musik und die Lieder
zu allen drei Filmen.
Im Reich des blauen Königs (Michaël Denard)
herrscht Trauer: Die Königin ist gestorben. Der König
versprach ihr, nur dann erneut zu heiraten, wenn diese
Frau genauso schön sei wie sie. Keine blaublütige Frau
entspricht diesem Ideal, bis auf seine eigene Tochter
(Marie Oppert), die er daher partout heiraten möch-
te. Man ist also mitten in einer Inzest-Geschichte, die
durch die banale Aussage verharmlost wird, dass alle
Mädchen ohnehin ihren Vater heiraten wollen. Die
Patentante der Prinzessin, die Fee der Veilchen (Emma
Kate Nelson), sagt allerdings klipp und klar, dass Kin-
der nie ihre Eltern heiraten dürfen. Doch das war‘s
dann schon zum Thema.
Um den Vater von seinem Plan abzuhalten, soll die
Prinzessin ihn um einen Rock in der Farbe der Zeit bit-
ten. Doch dieser lässt ihr sogar einen Rock in den Far-
ben des Mondes und der Sonne schneidern. Es bleibt
nur eine Lösung: Die Prinzessin fordert die Haut des
Goldesels, der dem Königreich seinen Reichtum be-
schert. Ohne zu zögern, lässt der Vater den Gold »schei-
ßenden« Esel töten und enthäuten. Die Prinzessin muss
jetzt ganz schnell verschwinden. Sie zieht sich die Esels-
haut über, die ihr den neuen Namen »Peau d‘âne« ein-
bringt, und verbirgt sich im roten Königreich, wo sie bei
einer alten Frau (Christine Gagnieux) jede Drecksarbeit
leisten muss. Der rote Prinz (Olivier Fredj) entdeckt sie
jedoch und verliebt sich in sie.
Von der Liebe zerrissen, liegt er schließlich krän-
kelnd im Bett. Seine Eltern, der rote König (Franck
Lopez) und die rote Königin (Marie-Agnès Gillot),
können ihm nicht helfen. Er fordert, dass »Peau d‘âne«
ihm einen Kuchen backt, was sie auch zum Hitsong des
Films ›Recette pour un cake d‘amour / Rezept für einen
Liebeskuchen‹ unternimmt. In diesem findet er einen
Ring und will nun die Frau heiraten, welcher der Ring
passt. Keiner Frau im Königreich passt das Schmuck-
stück. Doch »Peau d‘âne« ist noch nicht erschienen,
sodass der Prinz befiehlt, sie zu rufen. Natürlich passt
der Ring, und es sei daran erinnert, dass Perrault auch
»Aschenputtel« schrieb. Der Hochzeit steht nichts mehr
im Weg, ebenso wie der Verbindung zwischen der Fee
und dem blauen König.
Insgesamt werden 23 instrumentale Titel gespielt
und sieben Lieder gesungen, darunter unter anderem
noch ›Amour, Amour‹, ›Chanson du Prince / Lied des
Prinzen‹ oder ›Le massage des doigts / Die Massage der
Finger‹. Komponist Legrand hat lediglich verschiedene
Partituren verlängert, sodass die Bühnenfassung fast
wie der Film abläuft, wobei die instrumentalen Titel in
erster Linie dazu dienen, die Umbauten zu untermalen.
Das Ensemble unterstreicht dies mit tänzerischen Bewe-
gungen in Zeitlupe. Vor einem Vorhang aus durchsich-
tigen Lamellen wird die Geschichte von Claire Chazal
erzählt, die auch eine Rose spielt. Allerdings bleibt die-
ser Vorhang, vor dem weitere Szenen gespielt werden,
oft zu lange geschlossen, sodass man das Geschehen auf
der Bühne wie durch einen Spiegel sieht.
Marie Oppert (Peau d‘âne) hat eine schöne Stimme,
die sie leider nur wenige Male einsetzen kann. Für ein
paar Lacher sorgt Emma Kate Nelson, die als Fee bereits
ein Telefon besitzt und auf Rollschuhen herumfährt.
Etwas enttäuscht verlässt man das Theater, denn das
Potenzial der Geschichte wurde hier nicht ganz ausge-
schöpft. Ein paar neue Songs hätten der Musicalfassung
gutgetan.
Christian Spielmann
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019

Neues aus Europa
zusammengestellt von Martina Friedrich, Barbara Kern und Christian Spielmann
Alexander Klaws
Foto: Det Kempke
Besetzung der Uraufführung von »Knie –
Das Circus Musical«
Im Mittelpunkt der Uraufführung »Knie – Das
Circus Musical« steht die wahre Geschichte über
die Höhen und Tiefen der 200-jährigen Fami-
liendynastie, die um 1800 am Österreichischen
Kaiserhof beginnt, die historischen Epochen von
Napoleon bis zur Einführung des Frauenstimm-
rechts durchläuft und 1970 endet. Die Rolle des
Vaters Knie spielt Florian Schneider, Alexander
Klaws ist als Friedrich Knie zu erleben. Friedrich
Rau ist in dieser Rolle in Dübendorf alternie-
rend und ab Juni in Bern als Erstbesetzung zu se-
hen. In den weiteren Rollen spielen Judith Jandl
(Antonia Staufer), Brigitte Oelke (Marie Knie),
Mischa Kiek (Eugen Knie), Nadja Scheiwiller
(Showgirl Nina / 2. Besetzung Antonia Staufer)
sowie Christian Bartels, Gabriele Bruschi, Fabio
Diso, Elisa Filace, Gerrit Hericks, Anne Hoth,
Patrick Imhof, Lauren Mayer, Thomas Pruckner,
Tara Randell, Daniel Therrien (Dance Captain),
Brittany Young, Hinako Sakuraoka und Wolf-
gang Schwingler.
Die Uraufführung findet am 12. März 2019 in
Dübendorf (Zelt, Air Force Center) statt. Drei
Spielzeiten über das Jahr verteilt folgen: Düben-
dorf bis 3. Mai, in Bern (Zelt, Nationales Pfer-
dezentrum NPZ) vom 7. Juni bis 7. Juli und
in Basel (Musical Theater) steht das Zelt vom
5. November bis 22. Dezember 2019.
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
Musicals in Europa
Besetzung von »Priscilla – Königin der
Wüste« am Theater in St. Gallen
Die Schweizer Erstaufführung des Musicals »Pris-
cilla – Königin der Wüste« von Stephan Elliott,
Allan Scott ist ab dem 23. Februar 2019 am Thea-
ter in St. Gallen zu sehen. Diese Inszenierung ist
eine Koproduktion mit dem Staatstheater am
Gärtnerplatz München, an dem das Stück 2017
erstmalig in deutscher Sprache aufgeführt wurde.
Im Mittelpunkt des Jukebox-Musicals mit zahl-
reichen Discohits der 70er und 80er Jahre stehen
drei Freunde aus dem Travestiekünstler-Milieu.
Mit einem alten Bus namens Priscilla durchque-
ren sie das australische Outback. Auf dieser Reise
ihres Lebens begeben sich die Drei auf die Su-
che nach Liebe und Freundschaft. In der Insze-
nierung von Gil Mehmert verantwortet Melissa
King die Choreographie, Jeff Frohner die musika-
lische Leitung der »Priscilla Band«, Jens Kilian das
Bühnen- und Alfred Mayerhofer das Kostümbild.
Auf der Bühne sind Armin Kahl (Tick), Erwin
Windegger (Bernadette), Michael Heller (Adam)
sowie als Diven Inga Krischke, Martina Lechner,
Stefanie Köhm zu sehen. Weitere Rollen spie-
len: Frank Berg (Bob), Esther Mink (Marion),
Jannis Keller / Jakob Thielemann (Benji), Mari-
des Lazo (Cynthia), Angelika Sedlmeier (Shirley),
Eric Rentmeister (Miss Verständnis), Jurriaan
Bles (Miss Fernanda Falsetta), David Eisinger
(Jimmy) zu sehen. Im Ensemble spielen Danilo
Brunetti, Alan Byland, Amaya Keller, Andreas
Nützl, Adriano Sanzo, Susanne Seimel, Samantha
Turton und Stephan Zenker.
Armin Kahl als Tick
Foto: Marie-Laure Briane
Foto: Městské divadlo Brno
Stings »The Last Ship« als tschechische
Erstaufführung in Brünn
Mit Premiere am 16. Februar zeigt das Městské
divadlo Brno eine tschechische Fassung des Musi-
cals von Gordon Matthew Thomas Sumner, besser
unter dem Namen Sting bekannt. Weiterhin be-
teiligt waren John Logan (»Gladiator«, »Skyfall«,
»Sweeney Todd«-Verfilmung) und Brian Yorkey
(»next to normal«). Die dramatische Geschichte,
die Intendant und Regisseur Stanislav Moša ins
Tschechische übertrug, handelt von Stings eng-
lischer Heimatstadt Wallsend und der Krise der
Schiffbauindustrie in der Küstenstadt. Broad-
way-Premiere feierte das Stück am 26. Oktober
2014 im Neil Simon Theatre. Unter den zwanzig
Musiknummern sind zumeist neue Songs, aber
auch einige schon früher geschriebene Komposi-
tionen wie ›Island of Souls‹ und ›All This Time‹
(»The Soul Cages«), ›When We Dance‹ (»Field of
Gold«) oder ›Ghost Story‹ (»Brand New Day«).
Musical in Paris
Seit das Théâtre Marigny einen neuen Direktor
hat, nämlich Jean-Luc Choplin, der zuvor im
Théâtre du Châtelet tätig war, stehen etliche Mu-
sicals auf dem Programm. Nach der Eröffnung
mit der Bühnenadaption des Film-Klassikers
»Peau d’âne« (siehe diese Ausgabe) im Novem-
ber 2018 und Stephen Sondheims »Marry Me a
Little« wird vom 13. März bis 28. Juli das Frank-
Loesser-Musical »Guys and Dolls« in englischer
Sprache gezeigt. Es ist eine eigene Produktion, die
Stephen Mear inszenieren und choreographieren
wird. Ria Jones, Christopher Howell, Clare Halse
und Matthew Goodgame werden die Hauptrol-
len spielen.
Das weltweit am längsten gelaufene Musical »The
Fantasticks« (Musik: Harvey Schmidt) wird vom
24. Mai bis 7. Juli im Studio des Theater aufge-
führt. Diese Eigenproduktion inszeniert Oliver
Fredj, der in »Peau d’âne« den roten Prinzen
spielte. Die Basis des Musicals ist das Schauspiel
»Les Romanesques« von Edmond Rostand.
77

A Star Is Born
The New Group bringt »Clueless – The Musical« am Off-Broadway zur Aufführung
Abb. oben:
Cher (Dove Cameron) und ihre beste
Freundin Dionne (Zurin Villanueva, r.)
bei einer Schopping-Orgie in Bever-
ly Hills
Abb. unten:
Tai (Ephie Aardema), Cher (Dove
Cameron), die ihre Fahrprüfung nicht
bestanden hat, und Murray (Gilbert
L. Bailey II), der alle fährt, mit seiner
Freundin Dionne (Zurin Villanueva)
Fotos (2): Monique Carboni
78
Musicals in den USA
A
Star is born«, muss angesichts der großartigen Leis-
tung der absolut bezaubernden Dove Cameron in
der Hauptrolle der ebenso charmanten musikalischen
Adaption des 1995er Teeny-Kult-Films »Clueless« sei-
tens von »The New Group« gesagt werden.
Es gibt wahrlich schon genug mittelmäßige Muscials
mit banalen Partituren, die auf Hollywood-Filmen basie-
ren. Doch nun kreiert eine clevere Innovation von Pop-
musik eine vollständige und im Gedächtnis bleibende
Partitur.
Von Szene zu Szene kommt die Autorin Amy Hecker-
ling mit ihrer frechen und lockeren Adaption näher an
die Vorlage, den Entwicklungsroman »Emma« von Jane
Austen, heran. Die oberflächliche, aber attraktive Bever-
ly Hills Highschool-Schülerin Cher Horowitz (Dove Ca-
meron) wächst nach dem Tod ihrer Mutter, die an den
Folgen einer kosmetischen Fettabsaugung starb, alleine
bei ihrem reichen Vater, einem Anwalt, auf und führt
das Regiment im Haus. Auch an der Schule herrscht sie
über die Mitschüler (und Lehrer), gemeinsam mit ihrer
Freundin Dionne: Sie verkuppeln zwei (nerdige) Lehrer
und verwandeln ihre neue, kiffende Hippie-Mitschüle-
rin Tai von einem hässlichen Entlein in einen schönen
Schwan, den sie mit Elton, einem der reichen Snobs der
Schule, verkuppeln wollen. Als Collegestudent Josh, der
intellektuelle Stiefbruder von Cher, nach Hause kommt,
führt dies zu Konflikten. Zudem verliebt sich Cher in
den neuen Mitschüler Christian, von dem jeder weiß,
dass er schwul ist, außer ihr. Tais Partnervermittlung
durch Cher misslingt. Mittlerweile ist Tai aber so selbst-
bewusst geworden, dass ihre Coolness die von Cher
übertrifft. Durch ihre »Schöpfung« herausgefordert und
verunsichert, fällt Cher durch die Fahrprüfung und gerät
in eine persönliche Krise. Am Ende findet sie jedoch die
wahre Liebe, wo sie sie nicht erwartet hätte.
Schon für ihren Film (1995, Anm. d. Red.) versetzte
Heckerling genialerweise das ursprüngliche Drehbuch
von Austens moralischer Parabel in das Teenie-Zeitalter
der oberen Mittelklasse von Los Angeles, Mitte der 90er
Jahre. Ihrer gesellschaftlichen Zeitkapsel verleiht sie ei-
nen sanft satirischen Kulturkommentar. Da Regisseur
Hanggi auf ihrer Seite ist, bleibt der Szenenaufbau, ge-
gliedert durch den Einfallsreichtum des Bühnenbildners
Beowulf Borrit, erhalten.
Heckerling verzichtete darauf, »Clueless – The Musi-
cal« mit anonymer Pop-Rock-Broadway-Musik (wie bei
»Mean Girls«) zu versehen, und interpretiert stattdessen
fast 20 Songs aus den 80ern und 90ern neu: Dabei ver-
wendet sie Teile der Originaltexte oder schreibt das Lied
neu. Damit erfüllt sie einen doppelten Zweck: Anders
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
 Musicals in den USA

als in vielen ähnlichen, heutigen Musicals, klären die
Songs tatsächlich über den Charakter auf oder bringen
die Handlung voran und durch die wiedererkennbaren
Hits wird dem Publikum niemals langweilig. Obwohl
die Songs von unterschiedlichen Künstlern stammen,
vereint der im Rock-Musical-Bereich nicht ganz unbe-
kannte Music Supervisor und Arrangeur Ethan Popp sie
mit Bravour in seiner Orchestrierung für die sechsköp-
fige Band (mit zwei Keyboards). Das Sounddesign von
Gareth Owen ermöglicht es, im Gegensatz (oder besser:
Vergleich) zu vielen anderen Rock-Musicals, dass die
Texte von Heckerling nicht nur gehört, sondern auch
verstanden werden können.
Heckerlings Verwendung der Popmusik-Hits folgt
klagt mit einer überarbeiteten Version des gefühlvollen
›Mmm Mmm Mmm Mmm‹ (»Crash Test Dummies«)
seine Sucht, bevor er mit seinem 12-Stufen-Programm
zur Bewältigung derselben beginnt.
Heckerling und Regisseur Hanggi parodieren den
zugrunde liegenden Film »Clueless« mit einer Adap-
tion von ›You Get What You Give‹ (»New Radicals«) als
Duett von Cher und Josh, während der gesamte Cast
›Kids in America‹ von Kim Wilde singt.
Die Kostümbildnerin Amy Clark greift die Kostüme
aus dem Originalfilm auf – insbesondere Chers schwarz-
gelb-kariertes Kostüm sowie Dionnes rot-schwarze Ver-
sion desselben. Bühnenbildner Boritt hüllt die Bühne
mit einem breiten Stoff aus Chers gelbem Plaid ein.
Clueless – The Musical
Diverse Komponisten / Amy Heckerling
The New Group
Pershing Square Signature Center
New York
Uraufführung: 10. Dezember 2018
Direction ...................... Kristin Hanggi
Music Direction ........ Matthew Smedal
Music Supervision, Arrangement &
Orchestration .................... Ethan Popp
Choreography ................. Kelly Devine
Scenic Design ............... Beowulf Boritt
Costume Design ................. Amy Clark
Lighting Design ................. Jason Lyons
Projection Design ...... Darrel Maloney
Sound Design ............... Gareth Owen

– was die musikalische Atmosphäre und die Liedtex-
te betrifft – ihrem Buch. Zur Eröffnung des Musicals
adaptierte sie den »Ace of Base«-Song ›Beautiful Life‹,
um das Publikum auf Cher und ihren fröhlich-lockeren,
aber zugleich auch seichten Beverly Hills-Lifestyle ein-
zustimmen. Mr Hall, Chers Politik-Lehrer, schmachtet
neue Liedtexte auf Michael Boltons Hitballade ›How
Am I Supposed to Live Without You‹, um seine frische
Beziehung mit der Lehrerin Miss Geist öffentlich zu
machen. Während Cher und Dionne Tai verwandeln,
passt dazu der Song ›Supermodel‹ von Jill Sobule.
Der gesamte Cast umfasst nur 16 Darsteller, aber
dank der nahtlos integrierten Choreographien von Kelly
Devine (»Come From Away«, »Rock of Ages«) entstehen
große Ensemble-Szenen. Bei der Valley-Party vereint
das Medley die Titel ›Barbie Girl‹ von der schwedischen
Gruppe »Aqua« und ›Groove Is in the Heart‹ von »Deee-
Lite«. ›My Lovin‘‹ (»En Vogue«) läutet den 2. Akt ein,
bevor die Party mit ›Dammit‹ (»Blink-182«) endet.
Heckerlings inspirierteste Überarbeitung eines Pop-
Hits bringt Cher die Erkenntnis, dass ihr Herzens-
brecher Christian schwul ist. Mit ›Bye Bye Bye‹ von
»NSYNC« ermahnt das Ensemble Cher: »(He‘s not) bi
bi bi«. Cher beginnt daraufhin, sich den Konflikten ihres
oberflächlichen Lebens zu stellen, wobei sie sich Natalie
Imbruglias ›Torn‹ zu Herzen nimmt. Kiffer Travis be-
Die meisten Rollen sind großartig besetzt: Chers Cher ............................ Dove Cameron
Dionne ..................... Zurin Villanueva
Freundin Dionne engagiert sich sehr amüsant in einem
Tai ............................... Ephie Aardema
Hip-Hop-Battle der Geschlechter mit ihrem rappenden Heather ........................... Sara Andreas
Freund Murray. Die große und gertenschlanke Zurin Murray ................... Gilbert L. Bailey II
Josh...................... Dave Thomas Brown
Villanueva spielt Dionne und der kleine, aber musku-
Travis ............................ Will Connolly
löse Gilbert L. Bailey II ihr Pendant Murray. Will Con- Lucy ............ Danielle Marie Gonzalez
nolly als Travis und Dave Thomas Brown als Josh sind Amber .............................. Tessa Grady
Summer .......................... Talya Groves
stimmig besetzt, während die Rolle des Christian einen
Max ............................... L‘ogan J‘ones
aufreizenderen Darsteller benötigt hätte, sodass Chers Sean ........................ Darius Jordan Lee
Schwärmerei nachvollziehbar würde. Christian ..................... Justin Mortelliti
Elton ................................. Brett Thiele
Dove Cameron, die mit dem Stück ihr New Yorker
Mel / Mr Hall /
Bühnendebüt gibt, ist die perfekte Cher. Sie sagt selbst, DMV Instructor ................. Chris Hoch
dass die Annahme der Rolle sie zu einem Star wie Alicia Miss Geist /
Mrs Stoeger .................... Megan Sikora
Silverstone macht. Sie ist praktisch in jeder Szene auf
der Bühne. Ihre Cher gibt sie dümmlich, ohne dumm In weiteren Rollen:
Tiffany Engen, Katie Goffman, Jeff Kuhr
zu sein, egozentrisch, ohne arrogant zu sein, und lie-
benswert, ohne schnulzig zu wirken. Camerons Timing
ist dabei tadellos und durch ihre temperamentvolle Dar-
stellung scheint die ganze Show zu sprühen. Außerdem
kann sie singen und tanzen (2018 gewann sie einen
Emmy für die Disney-Produktion »Liv and Maddie«,
Anm. d. Red.) und wird 2019 u. a. in dem Musical-Film
»Descendants 3« zu sehen sein.
Dan Dwyer
dt. von Sandy Kolbuch

Abb. oben von links:

1. Christian (Justin Mortelliti, vorne
l.) und Cher (Dove Cameron, vorne
r.) begreifen, dass sie nicht füreinan-
der gemacht sind, mit Ensemble
2. Dionne (Zurin Villanueva, l.) und
Cher (Dove Cameron, r.) wollen
Miss Geist (Megan Sikora) aufhüb-
schen und mit einem schüchternen
Lehrer verkuppeln
3. (Mitte v.l.): Murray (Gilbert L.
Bailey II) und Lucy (Danielle Marie
Gonzalez) mit dem »Clueless«-
Ensemble auf der Valley Party zur
Weihnachtszeit, beobachtet ganz
links von Tai (Ephie Aardema) und
Cher (Dove Cameron)
4. Cher (Dove Cameron, Mitte )
und Dionne (Zurin Villanueva, r.)
beratschlagen, wie bei Hippiemäd-
chen Tai (Ephie Aardema, l.) eine
Runderneuerung funktionieren
könnte (hinten v.l.: Sara Andreas,
Talya Groves, Tessa Grady)
Fotos (4): Monique Carboni

blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019 79


Pop-Ikone hoch drei
»The Cher Show« am Broadway
The Cher Show
Diverse Komponisten & Songwriter /
Rick Elice
Neil Simon Theatre New York
Broadway-Premiere:
3. Dezember 2018
Direction ........................ Jason Moore
Music Direction ......... Andrew Resnick
Music Supervision, Orchestrations &
Arrangements .................. Daryl Waters
Choreography ...... Christopher Gattelli
Scenic Design .......... Christine Jones &
Brett J. Banakis
Costume Design ............... Bob Mackie
Hair &
Wig Design .......... Charles G. LaPointe
Lighting Design ............... Kevin Adams
Video &
Projection Design ...... Darrel Maloney
Sound Design ............ Nevin Steinberg
Star .... Stephanie J. Block / Dee Roscioli
Lady ............. Teal Wicks / Dee Roscioli
Babe ....................... Micaela Diamond
Sonny Bono .................. Jarrod Spector
Bob Mackie / Robert Altman /
Artie ......................... Michael Berresse
Rob Camilletti /
Lee ....................... Michael Campayno
Gregg Allman /
John Southall ............ Matthew Hydzik
Georgie Holt ................. Emily Skinner
In weiteren Rollen:
Marija Juliette Abney, Carleigh Bettiol,
Taurean Everett, Michael Fatica, Ashley
Blair Fitzgerald, Michael Graceffa,
Blaine Alden Krauss, Sam Lips, Tiana
Okoye, Amy Quanbeck, Angel Reda,
Jennifer Rias, Michael Tacconi, Tory
Trowbridge, Christopher Vo, Aléna
Watters, Charlie Williams,
Ryan Worsing (Dance Captain)
80
Musicals in den USA
E s ist schon Ironie: Gerade als »Summer: The Don-
na Summer Musical« seinen Abschied vom Broad-
way ankündigte, startete mit »The Cher Show« dort ein
weiteres biographisches Diven-Musical. In Besetzung,
Erzählstruktur und Thema haben die beiden Shows un-
übersehbare Ähnlichkeiten. Drei Darstellerinnen spie-
len die Diven in verschiedenen Lebensabschnitten. Die
Geschichten entwickeln sich in der Art von Memoiren,
wobei alle drei in verschiedenen zeitlichen Stadien mit-
einander interagieren. Thema ist bei beiden Stücken die
persönliche Handlungsfähigkeit im Spannungsfeld von
Ehrgeiz, Talent und den Männern in ihren Leben.
Hier endet der Vergleich. Donna Summer versteckte
sich hinter der Fassade einer Disco-Diva. Chers Emo-
tionen dagegen lagen immer schon offen. Ihre Aus-
druckskraft ist so groß wie ihre 21 Millionen zählende
Twitter-Gefolgschaft. Ihr Mega-Ruhm im Multi-Me-
dia-Universum ist so erstaunlich wie ihre Energie, mit
der sie ihren sich ständig verändernden Erfolg steuert.
Von ihren frühen Hippie-Zeiten an bis zu ihrem Rang
als nationale Ikone mit der kürzlich errungenen Kenne-
dy Center-Auszeichnung bleibt Cher eine einzigartige
Persönlichkeit. »The Cher Show« macht viel mehr Freu-
de als »Summer: The Donna Summer Musical« (obwohl
beide unter schwachen Büchern leiden), denn Cher ist
und bleibt halt Cher.
Die Show überwindet die Schwächen des Buches
dank einer überzeugenden Darbietung von Stephanie
J. Block (zuletzt am Broadway in »Falsettos«) in der
Rolle des gereiften Stars Cher. Auch die Ausstattung
trägt dazu bei, da sie den Showbiz-Rummel bestens ein-
fängt – diese glitzernde Kreuzung aus Las Vegas-Glitter,
Fernseh-Flitter, Hollywood-Glamour und Rockkonzert-
Spektakel.
Block imitiert Cher nicht, sie kreiert eine meister-
hafte Darstellung von Chers Stimme und Bewegungen:
Chers charakteristischer, nasaler und heiserer Gesang,
ihr zu einem sanften Kopfnicken gebeugter Nacken
und ihr aufreizender, stolzierender Gang. Teal Wicks
als im Zenit ihrer Karriere stehende, ständig witzelnde
»Lady« Cher und Micaela Diamond als junge »Babe«
Cher sind auch gut, wenn sie verschiedene Aspekte
von Chers Eigenarten in Erinnerung rufen. Doch es ist
Block, die die gesamte Show dominiert, von der Eröff-
nung mit einem von Chers größten Pophits ›If I Could
Turn Back Time‹ an.
»The Cher Show« hüpft entlang der Straße der
Erinnerungen mit fast drei Dutzend Pophits, die alle
mehr oder weniger mit Chers Lebensgeschichte ver-
woben sind. Chers armenischer Vater, von dem sie
das exotische Aussehen geerbt hat, lebt nicht bei der
Familie in einem Vorort von Los Angeles der 1950er
Jahre. Auf dem Hof ihrer Schule wird Cher als hässli-
ches Entlein verhöhnt, doch ihre Mutter Georgia, die
sie bedingungslos liebt, bringt ihr bei, an sich selbst
zu glauben. Nachdem sie als kleines Mädchen Disneys
»Dumbo« gesehen hat, ist sie fest entschlossen, Schau-
spielerin zu werden. Als Background-Sängerin, noch
Teenager, trifft sie Sonny Bono, einen nicht nur auf
legalen Wegen agierenden Produzenten, der Talente
schnell erkennt und ausnutzt. Er vermarktet sich selbst
und Cher als amerikanisches Hippie-Duo im Ausland
bei »Top of the Pops« im britischen Fernsehen. Bei ih-
rer Rückkehr in die USA erobern sie die Hitlisten im
Sturm. Es folgt die »Sonny and Cher Show« auf CBS.
Als Cher entdeckt, dass Sonny sie einen Vertrag unter-
schreiben ließ, durch den sie in den Besitz seiner Firma
überging, trennt sie sich von ihm.
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019

Regisseur Jason Moore (»Shrek«, »Fully Committed«
und »Avenue Q«) und Choreograph Christopher Gat-
telli (»Newsies« und aktuell das Revival von »My Fair
Lady«) halten das Ensemble von 14 Herren und Damen
fieberhaft in Bewegung, sogar wenn gar keine Tanznum-
mer erforderlich wäre. An anderer Stelle fügen sie eine
Choreographie im extremen Las Vegas-Stil ein, wie bei
›Dark Lady‹, in dem ein verblüffend biegsamer Tänzer,
Ashley Blair Fitzgerald, Cher im männlichen, in schwar-
zes Leder gekleideten Tanzensemble ersetzt.
Das Bühnenbild hält mit beweglichen, zum Teil ver-
spiegelten, stark beleuchteten Wandelementen und Hin-
tergründen die Energie auf hohem Niveau. Aber es sind
die Kostüme von Designer Bob Mackie, dem legendär-
en Mode-Impresario, der Cher in ihrer sechs Jahrzehnte
dauernden Karriere begleitet hat, die die Show visuell
prägen. Mackie bildet nicht nur die kultigen Abendklei-
der für Chers Auftritte nach, sondern erschafft zugleich
auch eine ganze Modenschau (für die Handlung völlig
unnötig). Die Mode-Sequenz erinnert an George Cukors
Farbfilm-Modenschau im Schwarz-Weiß-Filmklassiker
»The Women« von 1939. Teil der Modenschau ist auch
der theatralischste Moment des Abends, wenn sich nach
einem Dutzend weiblicher Schönheiten in verschiedens-
ten Kostümen von der Piratenkönigin bis zur Ziegfeld-
Göttin ein fast nackter, afroamerikanischer Tänzer im
bodenlangen Kopfschmuck der amerikanischen Urein-
wohner präsentiert. Das Publikum johlt.
Zurück zu Cher: Nachdem ihr klar ist, dass sie von
Sonny übers Ohr gehauen wurde, nimmt sie ihr Leben
selbst in die Hand, wobei sie Chastity (Tochter von Son-
ny und Cher, Anm. d. Red.) und ihre Mutter weiterhin
unterstützt. Sie verliebt sich in den Rocker Gregg All-
man (Matthew Hydzik). In das chronologisch erzählte
Leben von Cher fügt Autor Rick Elice Hits ein wie ›Half
Breed‹ (auf ihre multikulturelle Herkunft anspielend),
›You Better Sit Down Kid‹ (die Wahrheit über ihren al-
koholabhängigen Stiefvater) und natürlich ›I Got You
Babe‹ (die Sonny-und-Cher-Hymne).
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
Musicals in den USA
Im 2. Akt gerät Elices seichtes Buch ins Wanken. Abb. gegenüberliegende Seite:
Dass der Regisseur Robert Altman (Michael Berresse) Die drei Chers (v.l.): »Lady« (Teal
Cher für ihre erste Bühnenrolle am Broadway unter sei- Wicks), »Star« (Stephanie J. Block)
und »Babe« (Miceala Diamond)
ne Fittiche nahm, lässt sich schwer in einen Song verpa-
cken. Elice berücksichtigt zwangsläufig Chers berühmte Abb. oben von links:
Lobrede auf Sonny, lässt aber Chastitys Geschlechtsum- 1. Sonny Bono (Jarrod Specter) und
wandlung zu Chaz aus (obwohl er schon im 1. Akt als die »Babe« Cher (Miceala Dia-
weibliches Baby in ein blaues Babytuch gewickelt ist, mond) bei der britischen TV-Show
»Top of the Pops«
statt des üblichen Rosas).
2. »Star« Cher (Stephanie J. Block)
Cher ist enttäuscht, dass ihr für »Silkwood« nicht der 3. Sonny Bono (Jarrod Specter)
Preis als beste Nebendarstellerin verliehen wird, und be- und die »Lady« Cher (Teal Wicks)
leidigt, als die Motion Picture Academy sie in »Mask« ig- in ihrer eigenen »The Sonny and
noriert. Erst »Moonstruck« bringt ihr den erhofften Preis. Cher Show«
Cher verliebt sich in den Arbeiter Rob Camiletti 4. Die Hauptdarsteller (v.l.): Rocker
und 2. Ehemann Gregg Allman
(Michael Campayno), der dafür verhaftet wird, dass
(Matthew Hydzik), Chers Mutter
er einen Reporter zusammenschlägt, der sie belästigt Georgie Holt (Emily Skinner), 1.
hat. Doch ihre beiden Welten sind zu weit voneinan- Ehemann Sonny Bono (Jarrod Spec-
der entfernt. Chers Glück mit ihren Filmrollen setzt tor), »Babe« (Miceala Diamond),
aus: Sie lehnt die Rolle in »Thelma and Louise« ab, die »Star« (Stephanie J. Block), »Lady«
(Teal Wicks), Mode Designer Bob
dann von Susan Sarandon gespielt wurde und beginnt,
Mackie (Michael Berresse), Freund
QVC-Schönheitsprodukte feilzubieten. Doch durch Rob Camilletti (Michael Campayno)
die Rückkehr zu ihrer großen Liebe, dem Gesang, und 5. XXX
Konzertauftritten gewinnt Cher ihre Stärke zurück: das Fotos (6): Joan Marcus
Stichwort für den Pop-Hit ›Strong Enough‹.
»The Cher Show« kann sich einer Menge großer
Shownummern mit unglaublichen Kostümen rühmen,
doch der eigentliche Showstopper ist Blocks mitreißen-
des Solo ›The Way of Life‹, von ihr alleine in gewöhnli-
chen Jeans auf einer schmucklosen Bühne interpretiert.
In einem auftrumpfenden Medley ihrer größten Hits
rauscht Cher durch ihre ganzen Welttourneen seit 1999.
Das publikumswirksame Finale ist eine Mischung der
drei Chers mit Songs wie ›Believe‹, einer Reprise von
›Strong Enough‹ und ›You Haven#t Seen the Last of Me‹.
Zum Schlussapplaus schickt die Band das jubelnde Publi-
kum mit der Melodie von ›Take Me Home‹ nach Hause.
Dan Dwyer
dt. von Beate Luszeit
81

Es müsste kein Musical sein
»King Kong« am Broadway
Abb. oben:
Ann Darrow (Christiani Pitts, Mitte)
beobachtet Kongs Kampf gegen
eine gigantische Kobra
Abb. unten:
Carl Denham (Eric William Morris)
sieht in Kong sein Ticket zu Ruhm
und Ehre als Produzent
Fotos (2): Matthew Murphy
82
Musicals in den USA
E s gibt keinen Grund für »King Kong«, ein Musical
zu sein. Es ähnelt mehr einer zweieinhalbstündigen
Themenparkattraktion: Kong als gigantische, elektrome-
chanisch gesteuerte Tierpuppe ist der Star. Alles Weitere
wirkt wie eine Entschuldigung für eine Bühnenversion
des Filmklassikers von 1933. Die Show qualifiziert sich
selbst als erstes Musical in der Geschichte, in dem der
Hauptdarsteller weder singt noch spricht. Er brüllt: viel.
Das Buch von Jack Thorne, der den Olivier und den
Tony Award für »Harry Potter and the Cursed Child«
gewonnen hat, ist eine auf das Minimum reduzierte
Adaption der bekannten Geschichte. Der Filmregisseur
Carl Denham überzeugt die junge, ambitionierte, glück-
lose Schauspielerin Ann Darrow, mit ihm auf der »Wan-
derer« nach Skull Island zu segeln. Mit einem verdäch-
tigen Kapitän und einer meuternden Crew sind sie auf
einer aussichtslosen (Gorilla-)Verfolgung. Ann Darrow
läuft im Dschungel Kong über den Weg, der sie mag.
Denham sieht in Kong sein Ticket zu Ruhm und Ehre
als Produzent und benutzt Ann als Köder, um Kong zu
fangen. Zurück in New York, erkennt Ann, dass Kong
ein netteres Wesen als Denham ist, und weigert sich, zu
erlauben, dass Kong als Kuriosität in Ketten ausgestellt
wird. Kong entkommt mit Ann aus der Gefangenschaft
in einem Theater am Times Square, zerstört auf seinem
Weg zum Broadway alles unter seinen Pranken und fin-
det den Tod bekannterweise auf der Spitze des Empire
State Building. Ann bleibt bis zum Schluss in seiner
Riesenhand von ihm liebevoll umklammert. Wir alle
kennen den Film.
Autor Thornes offensichtliche Neuerung ist es, Ann
ebenso sehr wie Kong als Opfer darzustellen, sodass das
Stück eine gute, zeitgenössische Dosis an weiblicher
Stärkung erfährt. Aber das ist auch schon die ganze
Tiefe, die er dieser Figur verleiht. Christiani Pitts (zu-
letzt zu sehen in »A Bronx Tale«) als Ann Darrow erfüllt
die Vorgaben des Buches und singt leicht zu vergessende
Songs des australischen Komponisten Eddie Perfect so
laut und mit so viel gespielter Leidenschaft, wie sie auf-
bringen kann. Lediglich in ihrem Solo im ersten Akt,
›Full Moon Lullaby / Shine‹, findet sie einige wenige
lieblich klingende Noten.
Der talentierte Eric William Morris – fast zu freund-
lich, um den heimtückischen Denham zu spielen – la-
viert sich irgendwie durch seine nur unzureichend aus-
gearbeitete Rolle. Er präsentiert die beste musikalische
Nummer, ›The Man Who Makes the Wonder‹, welche
den zweiten Akt eröffnet. Rory Donovan als Kapitän der
»Wanderer« und Erik Lochtefeld als Lumpy, Denhams
leidgeprüfter Assistent, begleiten ihn auf dieser Reise.
Die über ein Dutzend Mitglieder des Ensembles sind
Fußgänger in den Straßen von New York oder Matro-
sen auf dem Deck der »Wanderer«. Sie füllen den lee-
ren Platz auf der Bühne, wenn Kong nicht da ist, und
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
 Musicals in den USA

tanzen manchmal. Die Tanznummern, choreographiert
von Drew McOnie, einem fähigen britischen Regisseur,
der hier sein Broadway-Debüt gibt, wirken lächerlich.
Aber wenn jemand etwas inszeniert, was sich Musical
nennt, muss es wohl Tanz darin geben, ob es sich anbie-
tet oder nicht.
Zum Glück ist Kong, der Star, mehr als die Hälfte
der Vorstellung auf der Bühne. Seine unterstützende
Crew – sein Schöpfer/Designer, über ein Dutzend Be-
diener, Ton- und Lichtdesigner, Bewegungsregisseur,
seine Stimme (Jon Hoche) und das technische Team –
kreiert einige furchterregende Szenen: Zuerst Kong,
wie er durch den Dschungel schleicht – seine gelben
Augen sind in der Dunkelheit als Erstes zu erkennen,
danach offenbart sich Stück für Stück das mehr als 6
Meter große Tier. Später, als Kong im zweiten Akt seine
Ketten sprengt, auf der Hinterhand am Rand der Bühne
steht, sich über die ersten Reihen des Publikums lehnt
und brüllt. Es ist ein beeindruckendes Spektakel von
gewaltigem Ausmaß angesichts der Zusammenarbeit
auch noch der elegante Kampf zwischen einer riesigen,
gleitenden Kobra und Kong, bevor er für seine verhäng-
nisvolle Reise in die Zivilisation betäubt wird.
Am fesselndsten ist jedoch, wie Kongs Gesicht un-
terschiedlichste Emotionen präzise widerspiegelt: die
hochgezogene Augenbraue, das Kräuseln der Lippen,
das leichte Weiten des Nasenlochs. Pech für das mensch-
liche Ensemble: Kong ist so überzeugend konstruiert
und wird so eindrucksvoll gehandhabt, dass ihm dies
mehr charakterliche Tiefe verleiht als jeder anderen
Figur auf der Bühne.
Am seltsamsten ist die Partitur von Marius de Vries,
einem fähigen Komponisten zahlreicher Filmmusiken.
Obwohl die Musik auf jede von Kongs Bewegungen
und Spezialeffekten abgestimmt ist (geradezu synchro-
nisiert), und obwohl das, ohne irgendwelche Texte,
mindestens die Hälfte der Musik ausmacht, vermisst
man ein Leitthema. Schiwagos Lara hatte ein musikali-
sches Thema, Indiana Jones auch, das gilt selbst für den
großen weißen Hai im gleichnamigen Film. Warum
King Kong
Marius de Vries / Eddie Perfect /
Jack Thorne
Broadway Theatre New York
Broadway-Premiere:
8. November 2018
Direction &
Choreography .............. Drew McOnie
Music Direction & Additional
Arrangements ............ Michael Gacetta
Vocal Arrangements .... Eddie Perfect &
Michael Gacetta
Orchestrations ....... Christopher Jahnke
Music Supervision ....... David Caddeck
Scenic & Projection
Design ........................... Peter England
Creature Design ............. Sonny Tilders
Kong & Aerial Movement
Direction ................... Gavin Robins &
Leigh-Anne Vizer
Costume Design ................. Roger Kirk
Hair Design ..................... Tom Watson
Lighting Design ............ Peter Mumford
Sound Design .............. Peter Hylenski

von mechanischer Bedienung und Roboter-Technik.
Eine gewölbte Kulisse, die bewegliche digitale und
Videoprojektionen ermöglicht, lässt Kong auf erstaunli-
che Art durch die Straßen von Manhattan stürmen oder
das Empire State Building erklimmen. Und dann ist da
nicht der arme King Kong? Doch das ist das Geringste
der Probleme von »King Kong« – das Musical, das kei-
nes sein müsste.
Dan Dwyer
dt. von Lisa-Maria Mehrkens & Beate Luszeit
Ann Darrow ................. Christiani Pitts
Carl Denham ........ Eric William Morris
Lumpy .......................... Erik Lochtefeld
Captain ........................ Rory Donovan
Kong‘s Voice /
Voodoo Operator ............... Jon Hoche
In weiteren Rollen:
Ashley Andrews (Dance Captain), Nick
Rashad Burroughs, Chloë Campbell,
Leroy Church, Peter Chursin, Kayla
Davion, Christopher Hampton Grant,
Harley Jay, Britanny Marcell Mona-
chino, Jennifer Noble, Kristen Faith
Oei, Eliza Ohman, Jaquez André Sims,
Jena VanElslander, Scott Austin Weber,
Warren Yang
King‘s Company:
Mike Baerga, Rhaamell Burke-Mis-
souri, Jōvan Dansberry, James Retter
Duncan (Voodoo Operator), Casey
Garvin, Gabriel Hyman, Marty Law-
son, Jonathan Christopher MacMillan
(Voodoo Operator), Danny Miller
(Voodoo Operator), Roberto Olvera,
Khadija Tariyan, Jacob Williams (Voo-
doo Operator / Kong Captain), Lauren
Yalango-Grant, David Yijae

Abb. oben von links:

1. Ann Darrow (Christiani Pitts und
das Ensemble von »King Kong«) in
New York
2. Ann Darrow (Christiani Pitts) mag
Kong und er mag sie
3. Filmregisseur Carl Denham (Eric
William Morris, Mitte) überzeugt die
Schauspielerin Ann Darrow (Chris-
tiani Pitts, vorne l.), mit ihm nach
Skull Island zu segeln, rechts Lumpy
(Erik Lochtefeld), Denhams Assistent
Fotos (3): Matthew Murphy

blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019 83


Farbenprächtiger Broadway-Cartoon, der zu
viel will »The Prom« am Broadway
Abb. oben von links:
1. Broadway Diva Dee Dee Allen
(Beth Leavel, Mitte l.) und Haupt-
darsteller Barry Glickman (Brooks
Ashmanskas, Mitte r. mit Ensemble)
2. Nicht nur High School Freundin-
nen: Alyssa (Isabelle McCalla) und
Emma (Caitlin Kinnunen)
Fotos (2): Deen van Meer
The Prom
Matthew Sklar / Chad Beguelin /
Bob Martin / Jack Viertel
Longacre Theatre New York
Broadway-Premiere:
15. November 2018
Direction & Choreography ........ Casey
Nicholaw
Music Direction ............ Meg Zervoulis
Orchestrations ......... Larry Hochman &
John Clancy
Music Supervision ......... Mary-Mitchell
Campbell
Music Arrangements .......... Glen Kelly
Vocal Arrangements ... Matthew Sklar &
Mary-Mitchell Campbell
Scenic Design ..................... Scott Pask
Costume Design ................ Ann Roth &
Matthew Pachtman
Wig & Hair Design ....... Josh Marquette
Make-up Design ................... Milagros
Medina-Cerdeira
Lighting Design .............. Natasha Katz
Sound Design ................. Brian Ronan
Barry Glickman .... Brooks Ashmanskas
Dee Dee Allen .................. Beth Leavel
Trent Oliver ............ Christopher Sieber
Emma ...................... Caitlin Kinnunen
Alyssa Greene ........... Isabelle McCalla
Mr Hawkins ................... Michael Potts
Angie ......................... Angie Schworer
Mrs Greene ............. Courtenay Collins
Sheldon Saperstein ............ Josh Lamon
In weiteren Rollen:
Mary Antonini, Courtney Balan, Gabi
Campo, Jerusha Cavazos, Shelby
Finnie, Joshua Franklin, Sheldon
Henry, Fernell Hogan, Joomin Hwang,
David Josefsberg, Becca Lee, Wayne
»Juice« Mackins, Kate Marilley, Vasthy
Mompoint, Anthony Norman, Drew
Redington, Jack Sippel, Teddy Toye,
Kalyn West, Brittany Zeinstra
84
Musicals in den USA
W er nach amerikanisch-liberaler Political Correct-
ness in einem Gute-Laune-Broadway-Musical
sucht, wird mit »The Prom« fündig. Das Buch von Bob
Martin und Chad Beguelin, die bereits zusammen Hits
wie »The Drowsy Chaperone« und »The Wedding Sin-
ger« kreierten, ist wieder mal ein konventionelles Come-
dy Musical, dieses Mal mit ausgedachter Handlung und
übersät mit aktuellen politischen Anliegen.
Zwei Broadway-Musical-Veteranen in fortgeschrit-
tenem Alter und mit sinkenden Karrierechancen, die
Diva Dee Dee Allen und der (schwule) Hauptdarsteller
Barry Glickman, erleben in einer biografischen Musical-
satire über Präsident Franklin Roosevelt und seine Frau
Eleanor ein Desaster. Um ihr öffentliches Image wieder
aufzupolieren, mischen sich Allen und Glickman in den
berühmt-berüchtigten Streitfall einer lesbischen Schü-
lerin ein, die in einer Kleinstadt in Indiana von ihrem
Highschool-Abschlussball ausgeschlossen wird (Indiana
ist der Heimatstaat des homophoben Vizepräsidenten
Pence). Begleitet von zwei Schauspielkollegen – Trent
Oliver, ein dramatischer Schöngeist, und Angie, eine
blonde, langbeinige Tänzerin –, wird das New Yorker
Quartett in Mittelamerika eher als elitäre Schwindler
und Wichtigtuer angesehen. Emma, die lesbische Schü-
lerin, ist verliebt in die verkappte Cheerleaderin Alyssa,
deren Mutter die Vorsitzende des Eltern-Lehrer-Rates
und eine Trump-liebende Konservative ist. Chaos bricht
aus, von Direktor Hawkins mit richterlicher Gelassen-
heit beobachtet. Seit Jahren ist er ein heimlicher Vereh-
rer von Dee Dee Allen. Er spielte immer nach den Re-
geln und hatte niemals Spaß, Dee Dee hingegen spielte
nie nach den Regeln und hatte immer Spaß. Es ist noch
vor der Pause abzusehen, wohin das führen wird.
»The Prom« hat das Herz am rechten Fleck. Es ist
eine überzeugende Geschichte über Selbstverwirkli-
chung und Toleranz, aber die Show stolpert beinahe
über die ungehörigen Verhaltensweisen, über die sie sich
lustig macht. Die Figur Barry Glickman stolziert mit
so vielen Schwulenklischees herum, dass der Charakter
haarscharf an genau den Stereotyp angrenzt, den »The
Prom« mit Zartgefühl gerade nicht etablieren will. Und
Dee Dee Allens Überzeugung, genau zu wissen, was für
die weniger Klugen das Beste ist, verprellt nur diejeni-
gen, denen sie zu helfen versucht. Wie seine es gut mei-
nenden Charaktere möchte »The Prom« weder erniedri-
gend noch herablassend wirken, doch es macht beides.
Einige Zuschauer und Rezensenten gehen über die-
se unterschwellige Botschaft hinweg, da die Show sehr
gekonnt die Wohlfühl-Erwartung erfüllt, die an eine
heutige Musical-Komödie gestellt wird. Die Musik von
Matthew Sklar (»Elf«, »The Wedding Singer«) ist durch-
gehend ausdruckslos, aber lebhaft. Der Hu mor der Tex-
te von Chad Beguelin passt gut dazu. Beth Leavel (als
Dee Dee Allen), Brooks Ashmanskas (als Barry Glick-
man) und Christopher Sieber (als Trent Oliver) dürfen
etwas zu dick auftragen, insbesondere die wunderbare
Beth Leavel (Tony Award für »The Drowsy Chapero-
ne«), die als Broadway-Diva in Selbstparodie schwelgt.
Jeder von ihnen wird im zweiten Akt in einer Solonum-
mer zum Star, wobei Leavel im überzogenen ›The Lady‘s
Improving‹ allen die Show stiehlt.
Auch die Darsteller der Nebenrollen glänzen: Emma,
gespielt von Caitlin Kinnunen, und Alyssa, gespielt von
Isabelle McCalla, geben ein liebenswertes und charman-
tes Highschool-Pärchen ab. Zu einem unerwarteten
Duett im zweiten Akt kommt es, als die weltgewandte
und kluge Angie, gespielt von der sexy Angie Schworer,
die naive Emma lehrt, wie man sich richtig verhält. Der
vielseitige Michael Potts als Mr Hawkins singt eine Fan-
Ode über Dee Dees Berühmtheit (›We Look to You‹).
Die lebendige Wirkung der Show entsteht durch die
charakteristische Handschrift von Regisseur und Cho-
reograph Casey Nicholaw (»The Book of Mormon«,
kürzlich »Mean Girls«): Ein Meister darin, starke Bü-
cher schweben zu lassen und mittelmäßigen zu helfen,
sich über Wasser zu halten, nutzt er jeden Regietrick im
Buch. Belohnt wird er zudem von einem energiegela-
denen, jugendlichen Ensemble mit einigen der dyna-
mischsten neuen Tanzroutinen am Broadway.
Das Finale ›Time to Dance‹ erfüllt die Erwartungen
eines Publikumslieblings. Bühnenbild und Kostüme wir-
ken protzig, aber etwas billig. Doch nehmen wir mal an,
das ist so gewollt, nennen wir es einfach einen großen,
farbenprächtigen Broadway-Cartoon.
Dan Dwyer
dt. von Lisa-Maria Mehrkens
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
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da) und einer dreimonatigen Laufzeit am Natio-

nal Olivier Theatre in Großbritannien (s. Beitrag
in dieser Ausgabe) an den Broadway. Patrick Page
(Hades), Amber Gray (Persephone), Reeve Car-
ney (Orpheus) und Eva Noblezada (Eurydice)
sind als Besetzung bestätigt. Regie führt Rachel
Chavkin (»Natasha, Pierre, and the Great Comet
of 1812«).
»Tootsie« (Previews ab 29. März, Premiere am
23. April 2019 im Marquis Theatre): Das Buch,
basierend auf dem gleichnamigen Film mit Dus-
tin Hoffman in der Hauptrolle, stammt von Ro-
bert Horn. Musik und Texte kommen von David
Yazbek (»The Band‘s Visit«). Santino Fontana
(»Cinderella«, TV: »Crazy Ex-Girl Friend«) über-
nimmt die Hauptrolle des Michael Dorsey, Lilli
Cooper spielt Julie Nichols. Sarah Stiles und John
Behlmann ergänzen den Cast. Regie führt Scott
Rebecca Naomi Jones und Damon Daunno in »Oklahoma!« Ellis, die Choreographie übernimmt Denis Jones.
im St. Ann‘s Warehouse New York 2018 »Beetlejuice«, basierend auf dem gleichnami-
Foto: Teddy Wolff
gen Film von Tim Burton, startet im April 2019
(Previews ab März) im Winter Garden Theatre.
Broadway-Entwicklungen wird Regie führen, Warren Carlyle zeichnet für Das Buch stammt von Anthony King und Scott
Während der Musical-Saison 2018/19 sind die die Choreographien verantwortlich. Bisher ist das Brown, die Musik von Eddie Perfect (»King
neuen Musicals »Gettin‘ The Band Back To- Stück für eine begrenzte Saison bis zum 2. Juni Kong«). Alex Timbers (»Moulin Rouge«) wird
gether« und »Head Over Heels« gefloppt, wäh- angekündigt, die Spielzeit könnte sich aber noch Regie führen, Connor Gallagher übernimmt
rend »Pretty Woman«, »King Kong«, »The Prom« bis in den Sommer verlängern. die Choreographien. Als Cast sind bisher Alex
und »The Cher Show« gemischte Kritiken er- »Hadestown« startet mit Previews ab dem 22. Brightman in der Titelrolle sowie Kerry Butler,
hielten. Nach eineinhalb Jahren Laufzeit hat März und Premiere am 17. April im Walter Kerr Rob McClure und Leslie Kritzer bekannt.
»Springsteen on Broadway« im Dezember seine Theatre. Anaïs Mitchells moderne Neuauflage der »Moulin Rouge! The Musical« (Previews ab
Tore geschlossen, es folgten das Revival »Once Legende von Orpheus und Eurydike, die bereits 28. Juni, Premiere am 25. Juli im Al Hirschfeld
on This Island« und im Januar 2019 die Shows 2016 und 2017 am Off-Broadway zu sehen war, Theatre): Basierend auf dem Baz Luhrmann
der letzten Saison: »Summer: The Donna Sum- kommt nach Vorstellungen in Edmonton (Kana- Film von 2001, der vor 120 Jahren im Pariser
mer Musical« und »School of Rock«, für die im
Januar der letzte Vorhang fiel, im April folgt das
Longrun »Kinky Boots«. Die Theater The Palace
sowie das Mark Hellinger Theatre schließen auf
unbestimmte Zeit und größere Musical-Häuser
sind bereits für die nächsten Jahre ausgebucht.
»Oklahoma!«: Die radikal andere Inszenierung
von Rodgers & Hammerstein II (vgl. blimu
97/2018) wird an das Circle-in-the Square Thea-
tre am Broadway wechseln (Previews ab dem 19.
März, Premiere am 7. April). Bisher ist es noch
zu früh, um zu sagen, ob der Cast identisch blei-
ben wird. Es ist aber davon auszugehen, dass das
Staging von Daniel Fish sowie die Choreographie
von John Heginbotham erhalten bleiben. Daniel
Klugers neue musikalische Arrangements sind für
eine siebenköpfige Bühnenband konzipiert.
»Kiss Me, Kate« (Previews ab 14. Februar, Pre-
miere am 14. März im Studio54 der Rounda-
bout Theatre Company): Kelli O‘Hara und Will
Chase spielen das Liebespaar Lilli Vanessi und
Fred Graham in Cole Porters klassischem Back-
stage-Musical von 1948. Corbin Bleu wird Bill Ensemble von »Hadestown« 2017
Calhoun spielen, dessen Gegenstück Lois Lane Foto: David Cooper
von Stephanie Styles gespielt wird. Scott Ellis

86 blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019


Karen Olivo als Satine und Aaron Tveit als Christian
in »Moulin Rouge! The Musical«
Foto: Matthew Murphy
Stadtteil Montmartre angesiedelt ist, liefert John
Logan eine Bühnenadaption mit moderner Pop-
Partitur. Alex Timbers führt Regie. Karen Olivo
wird als Satine, Aaron Tveit als Christian, Danny
Burstein als Harold Zidler und Sahr Ngaujah als
Toulouse-Lautrec, Tam Mutu als The Duke of
Monroth, Ricky Rojas als Santiago und Robyn
Hurder als Nini zu sehen sein.
»Bat Out of Hell«, Jim Steinmans Kult-Rock-
Musical von 1977, wird auf Nordamerika-Tour
gehen und vom 30. Juli bis 22. September 2019
einen Stopp in New York am City Center einle-
gen. Regie führt Jay Scheib. Mit dem Tourstart
wird Andrew Polec, der bereits in London und
Toronto diese Rolle innehatte, den Strat spielen,
welcher in einer Endzeitwelt als Anführer eines
rebellischen Straßenclans gegen einen Tyrannen
kämpft und durch eine verbotene Liebe einen
Krieg auslöst.
Off-Broadway
Die Ankündigungen für den Off-Broadway bie-
ten eine Mischung aus alt und neu. Was als sechs-
wöchige (limitierte) Show von »Fiddler on the
Roof« auf Jiddisch im vergangenen Juli im Natio-
nal Yiddish Theatre Folksbiene (Museum of
Jewish Heritage) am Fuße von Manhattan be-
gann, wurde auf sechs Monate verlängert und ist
nun ab dem 11. Februar im Stage 42 am Broad-
way zu sehen.
»Merrily We Roll Along« (Previews ab dem 12.
Januar, Premiere am 19. Februar, geplante Spiel-
zeit bis voraussichtlich 7. April 2019 im Laura
Pels Theatre): Das am meisten überarbeitete Mu-
sical von Stephen Sondheim und George Furth
aus dem Jahr 1981 erzählt von Freundschaft.
Das Leben dreier Menschen wird im Rückblick
erzählt. Die Fiasco Theater Company hat das
Stück für einen Cast von sechs Personen konzi-
piert, Regie führt Noah Brody, der mit »Merrily«
den Erfolg der Company von »Into the Woods«
fortführen will.
Das CSC Theatre unter der künstlerischen Lei-
tung von John Doyle war erfolgreich mit intimen,
abenteuerlichen, aber seltenen Titeln wie Rodgers
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
Musicals in den USA
& Hammersteins II »Allegro«, Bizet & Hammer-
steins »Carmen Jones«, Sondheims »Pacific Over-
tures« sowie »Passion« und zuletzt Brechts »The
Resistible Rise of Arturo Ui«. In diesem Frühjahr
kommt Marc Blitzsteins bahnbrechendes »The
Cradle Will Rock« von 1937 auf die Bühne, wel-
ches vom 19. März bis 19. Mai zu sehen ist.
Das New Yorker City Center beherbergt »En-
cores!« für seine 26. Saison mit Konzertinsze-
nierungen mit vollem Orchester für klassisches,
aber vernachlässigtes Musiktheater. Irving Berlins
Klassiker »Call Me Madam« (1950) wird ab dem
6. Februar 2019 für eine Woche aufgeführt. Das
noch seltenere »I Married an Angel« (1938) von
Richard Rodgers & Lorenz Hart ist zwischen
dem 20. und 24. März zu sehen. Von George
Balanchines Frau Vera Zorina ins Leben geru-
fen, wird die »Encores!«-Produktion von Joshua
Bergasses zukünftiger Frau, Sara Mearns, gelei-
tet. Involviert ist das New York City Ballet. Den
Abschluss macht diesmal »High Button Shoes«
(1947) mit der bestens in Erinnerung gebliebe-
nen Partitur von Jule Styne & Sammy Cahn, mit
Jerome Robbins‘ Ballett aus »Keystone Kops«
Steven Skybell als Tevye
Foto: Victor Nechay / ProperPix
(Slapstick-Truppe chaotischer Polizisten, Anm. d.
Red.) und Badenixen.
Im City Centre und für »Encores!« wird Master
Voices am 25./26. April ein Konzert-Revival von
»Lady in the Dark« (1941) von Kurt Weill, Ira
Gershwin und Moss Hart präsentieren, dessen
Regie Ted Sperling übernimmt. Victoria Clark
wird Gertrude Lawrence verkörpern.
Langfristige Projekte
Papermill Playhouse in Milburn, New Jersey wird
zwei neue Musicals mit Broadway-Ambitionen
fördern: »My Very Own British Invasion« fängt
die britische Popmusik der 1960er Jahre mit Lie-
dern von »Herman‘s Hermits«, »The Beatles«,
»The Rolling Stones«, Petula Clark und »The
Moody Blues« ein. Das Originalbuch von Rick
Elice (»The Cher Show«) basiert lose auf den per-
sönlichen Erfahrungen von Peter Noone, dem
Sänger von Herman‘s Hermits. Regie und Cho-
reographie stammen von Jerry Mitchell (»Legally
Blonde«, »Kinky Boots«). Die Tryouts finden
zwischen dem 31. Januar und 3. März 2019 statt.
Anschließend wird Papermill eine musikalische
Adaption des 1993er Kultfilms »Benny & Joon«
mit Johnny Depp und Mary Stuart Masterson
vom 4. bis 5. Mai 2019 auf die Bühne bringen.
Die Newcomer Kirsten Guenther, Nolan Gasser
und Mindi Dickstein haben das Buch, die Musik
und die Liedtexte geschrieben. Jack Cummings
III wird Regie führen.
»Diana« ist vom 19. Februar bis 7. April 2019
als Tryout im Mandell Weiss Theatre am La Jolla
Playhouse in Kalifornien zu sehen. Musik und
Liedtexte schrieb David Bryan, Buch und Lied-
texte Joe DiPietro (beide: »Memphis«). Chris-
topher Ashley führt Regie mit Choreographien
von Kelly Devine. Es spielen Jeanna de Waal als
Princess Diana, Roe Hartrampf (Off-Broadway‘s
»Bad Guys«) als Prince Charles, Judy Kaye (»The
Phantom of the Opera«) als Queen Elizabeth
und Erin Davie (»Side Show«) als Camilla Parker
Bowles.
dt. von Sandy Kolbuch
87

Rappender Gründungsvater der USA
»Hamilton« als britische Erstaufführung im Londoner Victoria Palace Theatre
Abb. oben:
(v. l.:) Laurens (Cleve September),
Hamilton (Jamael Westman), Lafa-
yette (Jason Pennycooke), Mulligan
(Tarinn Callender) und Ensemble
Abb. Seite gegenüber von links:
1. Thomas Jefferson (Jason Penny-
cooke) und Ensemble
2. Alexander Hamilton (Jamael
Westman) mit Ensemble
Fotos (3): Matthew Murphy
88
Musicals in Großbritannien
L in-Manuel Mirandas »Hamilton« ist mit elf Tony
Awards, einem Pulitzer-Preis und einem Grammy
für die Cast-Aufnahme als eines der erfolgreichsten
Musicals aller Zeiten ausgezeichnet worden. Dass man
sich am Broadway für die Geschichte eines der Grün-
dungsväter von Amerika interessiert, ist noch verständ-
lich. Man muss sich aber fragen, warum dieses Musical
so erfolgreich ist, denn es erzählt eine Story, die vollge-
packt ist mit historischen Figuren und Ereignissen.
Die Show wird seit Dezember 2017 ebenfalls in
London gezeigt. Wie am Broadway waren binnen kur-
zer Zeit alle Tickets für die erste Laufzeit ausverkauft,
obwohl sie für Londoner Verhältnisse überdurchschnitt-
lich viel kosten. Die historischen Ereignisse in Amerika
streifen zwar die Chronik der Briten, was vielleicht er-
klärt, dass die Engländer auf diese Show abfahren, aber
wer nicht weiß, wer Alexander Hamilton war, sollte zu-
vor seine Biografie im Programmheft lesen. Spätestens
nach der ›Ouvertüre‹ weiß er, weshalb.
Das Bühnenbild ist recht karg und ähnelt einer
Scheune mit einer Etage, zu der Treppen hinaufführen.
In der Mitte der Bühne hilft eine Drehbühne, die Re-
quisiten und Darsteller zu transportieren.
Aaron Burr (Sifiso Mazibuko), jener Mann, der Ha-
milton im Duell erschoss, erzählt die Geschichte von
Alexander Hamilton (seit 14. Januar: Jamael Westman),
der unehelich in der Karibik auf die Welt kam und nach
dem Tod seiner Mutter nach New York emigrierte. Mit
dem ersten Song ›Alexander Hamilton‹ wird klar, dass
man es nicht mit einer klassischen Musical-Musik zu
tun hat. Hier dominieren Hip-Hop-, Rap- und R&B-
Klänge. Da es keine Dialogszenen gibt, muss man sich
voll auf die Gesangstexte konzentrieren, um die Einzel-
heiten zu verstehen, was beim schnellen Gesang dieses
Musik-Genres nicht so einfach ist.
Burr und Hamilton lernen sich 1776 in New York
kennen. Hamilton ist ein extrem guter Redner (›My
Shot/Mein Schuss‹), was den drei Revolutionären John
Laurens (Cleve September), dem Marquis De Lafayet-
te (Jason Pennycooke) und Hercules Mulligan (Tarinn
Callender) gefällt. Hamilton lernt bald die drei Töchter
des reichen Philip Schuyler (Stephenson Ardern-Sodje)
kennen: Angelica (Allyson Ava-Brown), Elisabeth, ge-
nannt Eliza (Rachelle Ann Go), und Peggy (Courtney
Mae-Briggs). Zu dem melodiösen ›Helpless‹ umgarnen
die drei Damen Hamilton, aber er verliebt sich in Eliza,
die er heiratet. Doch auch Angelica hat es ihm angetan,
was nach der späteren Hochzeitsfeier zu einer Affäre
führt.
Von Zeit zu Zeit kommentiert der britische King
George III. (John Robyns) das Geschehen in einer recht
sarkastischen Art. General George Washington (Dom
Hartley-Harris) ernennt Hamilton zu seiner rechten
Hand (›Right Hand Man‹). Man merkt, dass Miranda
die historischen Begebenheiten bewusst nicht genau
nimmt, denn unter anderem werden Burr wie auch
Washington von schwarzen Darstellern gesungen.
Hamilton will aktiv am Unabhängigkeitskrieg ge-
gen die Briten teilnehmen, doch Washington erteilt
stattdessen Charles Lee (Leslie Garcia Bowman) die
Militärgewalt. Bei der Schlacht von Monmouth versagt
dieser. John Laurens fordert Lee zum Duell, weil die-
ser Washington verleumdet hat. Lee wird nur verletzt.
Washington ist wütend und schickt Hamilton für eine
Auszeit zu seiner Frau, die schwanger ist (›That Would
Be Enough‹).
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019

Der neue Befehlshaber De Lafayette kann Frankreich
überzeugen, sich der Kontinentalarmee Washingtons
anzuschließen. Endlich wird Hamilton zum Komman-
danten ernannt. Bei der Schlacht um Yorktown gewin-
nen die Amerikaner, die Briten werfen das Handtuch,
King George fragt sich: ›What Comes Next?‹ – seine
Lieder erinnern an die Musik der »Beatles«.
Das Musical beschäftigt sich mit vielen Details, wie
zum Beispiel dass Burr und Hamilton Väter werden,
sie ihr Jura-Studium wieder aufnehmen, dass Wa-
shington zum ersten Präsidenten gewählt und Hamil-
ton sein Finanzminister wird.
Der zweite Akt beginnt 1789. Thomas Jefferson
(Jason Pennycooke) wird zum Außenminister ernannt.
Weil niemand mit Hamiltons neuem Finanzplan ein-
verstanden ist, kommt es zu einer Diskussion zwischen
ihm und Jefferson, die als Rap-Battle ausgetragen wird.
Beide haben Mikrofone in der Hand und rappen ihre
Argumente (›Cabinet Battle / Kabinett-Schlacht‹).
Als Hamilton Maria Reynolds (Courtney Mae-Briggs)
gegen ihren brutalen Ehemann James Reynolds (Stephen-
son Ardern-Sodje) beisteht, beginnt eine Affäre zwischen
den beiden. Ihr Mann nutzt diese Gelegenheit, Hamilton
zu erpressen (›Say No to This / Sage nein dazu‹).
Burr will unbedingt im ›The Room Where It Hap-
pens‹ dabei sein, in dem Hamilton geheime Gespräche
mit Jefferson und James Madison (Tarinn Callender)
führt. Hamiltons Finanzpläne werden angenommen
und Washington avanciert zur neuen Hauptstadt von
Amerika. Dieser Song ist sicher einer der eingängigsten
des Soundtracks.
Burr, der sich übergangen fühlt, wechselt daher
die Partei. In einem zweiten Rap-Battle streiten Jef-
ferson und Hamilton, ob Amerika Frankreich unter-
stützen soll, weil wegen der Revolution ein Krieg mit
England droht.
Jefferson gibt seinen Posten in der Regierung auf,
um bei den Präsidenten-Wahlen zu kandidieren, da
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
Musicals in Großbritannien
Washington resigniert. Als King George erfährt, dass
John Adams zum Präsidenten gewählt wurde, freut es
ihn, weil er diesen für schwach hält (›I Know Him‹).
Burr, Jefferson und Madison haben von Hamiltons
Affäre mit Maria Reynolds erfahren. Um Gerüchten zu
entgehen, die ihn der Veruntreuung von Staatsgeldern
bezichtigen, macht Hamilton selbst seine Affäre publik.
Sein Ruf ist ruiniert, seine Frau verbrennt darauf seine
Briefe – also seine Memoiren.
Sein Sohn Philip (Cleve September) fordert George
Eacker (Curtis Angus) zu einem Duell, weil dieser sei-
nen Vater beleidigt hat. Philip wird tödlich getroffen,
was Hamilton und Eliza wieder zusammenbringt.
Weil Hamilton Jefferson bei den Wahlen im Jahr
1800 zur Seite steht, die Letzterer gewinnt, ist Burr ver-
ärgert und fordert ihn zum Duell heraus. Vor der Fehde
erklärt Hamilton seiner Frau, dass sie ›Best of Wives
and Best of Women‹ sei. Hamilton wird getötet, Burr
erkennt, dass er als Mann in die Geschichte eingehen
wird, der Hamilton erschoss. In der Schlussszene taucht
Hamilton noch einmal auf und zeigt Eliza, dass sein
Erbe nicht verloren gehen wird: ›Who Lives, Who Dies,
Who Tells Your Story / Wer lebt, wer stirbt, wer erzählt
deine Geschichte‹.
Dieses Resümee listet nicht alle Szenen auf, denn
es werden laut Programm 35 Lieder vorgetragen. Die
Show wird in absoluter Perfektion gesungen und ge-
tanzt, wobei sich die Tanzeinlagen dem Rhythmus der
Lieder anpassen. Die auffälligsten Figuren sind natür-
lich Burr und Hamilton, doch das ganze Ensemble ist
einfach ausgezeichnet. »Hamilton« ist sicher ein visuell
gelungenes Musical mit vielen schönen Songs, aber die
überladene Geschichte macht zu schaffen und verlangt
volle Konzentration. Ob nun die stehende Ovation am
Ende wirklich dem Musical gilt oder die Auflage für die
hohen Eintrittspreise ist, steht im Raum.
Christian Spielmann
Hamilton
Lin-Manuel Miranda
Victoria Palace Theatre London
Britische Erstaufführung:
22. Dezember 2017
Direction ............................. Thomas Kail
Musical Direction .......... Richard Beadle
Orchestrations &
Arrangements.................. Alex Lacamoire
Choreography ...... Andy Blankenbuehler
Scenic Design .................... David Korins
Costume Design ................ Paul Tazewell
Hair & Wig Design .... Charles G. LaPointe
Lighting Design .............. Howell Binkley
Sound Design ................ Nevin Steinberg
Alexander Hamilton .... Jamael Westman /
Karl Queensborough
Aaron Burr ...................... Sifiso Mazibuko
Eliza Hamilton .............. Rachelle Ann Go
Angelica Schuyler ...... Allyson Ava-Brown
George Washington .... Dom Hartley-Harris
King George III. ..................... John Robyns
Peggy Schuyler /
Maria Reynolds ....... Courtney Mae-Briggs
Hercules Mulligan /
James Madison ............... Tarinn Callender
Marquis De Lafayette /
Thomas Jefferson .......... Jason Pennycooke
John Laurens /
Philip Hamilton ............. Cleve September
Philip Schuyler / James Reynolds /
Doctor .............. Stephenson Ardern-Sodje
George Eacker ...................... Curtis Angus
Samuel Seabury ............. Jack Butterworth
Charles Lee .......... Leslie Garcia Bowman
In weiteren Rollen:
Jade Albertsen, Johnny Bishop, Robson
Broad, Lisa Darnell, Kelly Downing,
Lia Given, Manaia Glassey-Ohlson,
Joe Griffiths Brown, Gregory Haney
(Dance Captain), Leah Hill, Barney
Hudson, Waylon Jacobs, Aaron Lee
Lambert, Phoebe Liberty, Sinead Long,
Sam Oladeinde, Nuno Queimado,
Sharon Rose, Emile Ruddock,
Alexzandra Sarmiento (Dance Captain),
Lindsey Tierney, Ellena Vincent
89

Musikalische Reise in die Unterwelt
»Hadestown« als britische Erstaufführung im Olivier Theatre in London
Abb. oben:
Persephone (Amber Gray, Mitte mit
Ensemble) bringt die Sonne mit auf
die Erde und genießt das Leben zu
›Livin‘ It Up on Top‹. Auf der Posau-
ne Nathaniel Cross
Foto: Helen Maybanks
Hadestown
Anaïs Mitchell
National Theatre London
Olivier Theatre
Britische Erstaufführung:
13. November 2018
Direction ..................... Rachel Chavkin
Music Direction &
Vocal Arrangements ...... Liam Robinson
Arrangements &
Orchestrations ........ Michael Chorney &
Todd Sickafoose
Choreographie ............ David Neumann
Set Design ....................... Rachel Hauck
Costume Design .............. Michael Krass
Sound Design ........... Nevin Steinberg &
Jessica Paz
Lighting Design ................. Bradley King
Hades ................................ Patrick Page
Persephone ........................ Amber Gray
Hermes ...................... André De Shields
Eurydice ........................ Eva Noblezada
Orpheus .......................... Reeve Carney
The Fates .... Carly Mercedes Dyer, Rosie
Fletcher & Gloria Onitiri
Ensemble:
Sharif Afifi, Beth Hinton-Lever,
Seyi Omooba, Aiesha Pease,
Joseph Prouse, Josie Richardson,
Jordan Shaw, Shaq Taylor
90
Musicals in Großbritannien
D ie amerikanische Sängerin und Komponistin Anaïs
Mitchell brachte 2010 das Album »Hadestown«
heraus, eine moderne Fassung der griechischen Sage
von Orpheus und Eurydike. Sechs Jahre später wurde
aus dem Konzept ein Off-Broadway-Musical. Bevor es
im März 2019 an den Broadway geht, feierte es seine
britische Erstaufführung am Olivier Theatre in London,
unter der Regie von Rachel Chavkin, die bereits in New
York Regie führte.
Im Hintergrund der halbrunden Bühne sitzen der
Herr der griechischen Unterwelt, Hades (Patrick Page),
und seine Frau Persephone (Amber Gray) auf einem
Balkon und beobachten das Geschehen. Links und
rechts von ihnen spielen die Musiker auf Podesten.
Zum Lied ›Road to Hell‹ stellt der Erzähler Hermes
(André De Shields) die einzelnen Figuren vor: die drei
Schicksalsgöttinnen, die Fates (Carly Mercedes Dyer,
Rosie Fletcher und Gloria Onitiri), Persephone, den
Komponisten und Sänger Orpheus (Reeve Carney) und
Eurydice (Eva Noblezada). Während des Songs tauchen
Tänzer in zerlumpter Arbeitskleidung auf, die an der
Mauer bauen, die Hades zum angeblichen Schutz der
Unterwelt bauen lässt. Vom ersten Lied an besticht die
originelle Mischung aus Jazz, Blues und Rock.
Die Fates beschreiben mit ›Any Way the Wind Blows‹
die Ausgangssituation eines Lebens in einer wirtschaft-
lich schwierigen Zeit. Der Gitarre spielende Orpheus
und Eurydice lernen sich kennen. Es ist Liebe auf den
ersten Blick (›Come Home With Me‹) und zum ›Wed-
ding Song‹ planen sie bereits ihre Heirat. Doch Eurydice
fürchtet, dass Orpheus‘ Musik beide nicht ernähren
kann. Die Fates malen ihr das reiche, sichere Leben in
Hadestown aus. ›Epic (Part I)‹ ist Orpheus‘ Lied über
Hades und Persephone, die sechs Monate im Jahr auf
die Erdoberfläche zurückkehren darf. Persephone kommt
wirklich mit einem Zug, sie bringt die Sonne mit und ge-
nießt das Leben in vollen Zügen (›Livin‘ It Up on Top‹).
Eurydice unterstreicht in ›All I‘ve Ever Known‹, dass
sie einsam war, ehe sie Orpheus kennenlernte, und es
nie mehr sein möchte. Da kündet Hermes mit ›Way
Down Hadestown‹ die Ankunft eines Zuges an, der Per-
sephone wieder in die Unterwelt bringt, wo sie sich zu
Tode langweilen und so der Erde Kälte bescheren wird.
Persephone protestiert, weil die sechs Monate noch
nicht um seien, aber Hades sagt, er habe sie vermisst.
Der Bühnenboden öffnet sich und beide Darsteller ver-
schwinden nach unten. Doch ihre Beziehung ist nicht
mehr die beste und sie streiten sich zu einer Tanzeinlage
der Arbeiter (›Chant‹).
Eurydice friert und ist wieder einsam, weil Orpheus
sie allein gelassen hat, um Lieder zu komponieren. Ha-
des kehrt an die Erdoberfläche zurück, wo er hofft, eine
Frau zu finden, welche ihn der Sicherheit wegen in der
Unterwelt begleiten wird. Er begegnet Eurydice und
begrüßt sie mit ›Hey Little Songbird‹. Die dunkle und
kräftige Stimme Patrick Pages erinnert an Tom Waits.
Sie geht ins Ohr und der Blues wegen dieser aparten
Stimmlage unter die Haut.
Laut der griechischen Sage wurde Eurydice von einer
Schlange gebissen und kam in die Unterwelt. Auf der
Bühne taucht keine Schlange auf, aber in Hades‘ Lied ist
von Vipern die Rede und der Titel ›When the Chips are
Down / Wenn die Münzen aus sind‹ beginnt mit einer
Bemerkung von Hermes: »Songbird versus Rattlesnake /
Singvogel gegen Klapperschlange«. Hades gibt Eurydice
ein paar Geldmünzen und sie geht freiwillig mit ihm
(›Gone, I‘m Gone‹).
Von Hermes erfährt Orpheus, was passiert ist und
wie er ohne den Zug in die Unterwelt gelangen kann.
Er fleht Eurydice mit ›Wait For Me‹ an und versinkt im
Bühnenboden. In Hadestown nimmt Hades Eurydice
mit in sein Büro, um Papierkram zu erledigen. Er und
seine Arbeiter beantworten sich selbst die Frage: ›Why
We Build the Wall‹ damit, dass die Mauer die Armut
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019

von der Unterwelt fernhält und den Armen Arbeit
schafft, die sie ersehnen.
Zu Beginn des zweiten Akts stellt Persephone die
Band mit ›Our Lady of the Underground‹ vor und
schenkt den an Tischen sitzenden Arbeitern Schnaps aus
ihrem Flachmann ein. Hermes und die Fates erklären
mit ›Way Down Hadestown II‹, dass Arbeit nicht auto-
matisch Freiheit bedeutet. In der begleitenden Choreo-
graphie von David Neumann halten die Arbeiter ihre
Köpfe unten und schlagen ihre Hämmer auf den Büh-
nenboden. Eurydice, nun in Arbeiterkleidung, glaubt,
dass die Regeln für sie nicht gelten. Doch die Fates ma-
chen ihr klar, dass sie einen Fehler begangen hat, für den
sie ihr Leben lang bezahlen muss. Mit ›Flowers‹ sieht sie
ihren Irrtum ein.
Orpheus hat seine Eurydice gefunden und fleht sie
an, ihm zu folgen, damit sie heiraten können: ›Come
Home With Me II‹. Doch sie kann ohne die Einwil-
ligung von Hades nicht zurückkehren. Dieser erklärt
Orpheus, dass Eurydice nun sein Besitz ist. Auch die
Schicksalsgöttinnen machen ihm das mit ›Nothing
Changes‹ noch mal klar. Persephone ist berührt von
Orpheus‘ Klagelied ›If It‘s True‹ und versucht, ihren
Mann dazu zu bewegen, das Mädchen frei zu geben
(›How Long‹). Hades gibt Orpheus die Chance, ihn
mit seinem Gesang zu überzeugen. Orpheus singt noch-
mal sein Lied ›Epic (Part III)‹, das Hades an seine Lie-
be zu Persephone erinnert und ihn zum Mitsingen des
Refrains bewegt. Im Gesicht von Hades regt sich erst-
mals etwas. Die Fates ziehen in ›Word to the Wise‹ den
Schluss: Wenn Hades Eurydice nicht gehen lässt, wird
er als herzloser Tyrann gelten. Und wenn doch, wird er
seine Machtposition gegenüber den Arbeitern verlieren.
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
Musicals in Großbritannien
So ordnet er an, dass beide Hadestown verlassen dür-
fen, allerdings darf Orpheus sich die ganze Zeit nicht
nach Eurydice umdrehen: ›His Kiss, the Riot‹. Der
Aufstieg beginnt zum Lied ›Promises‹, in dem beide in
die Zukunft blicken, wissend, dass sie sich nichts ver-
sprechen können. Orpheus plagen Zweifel an Eurydices
Liebe. Schließlich dreht er sich um und verdammt Eu-
rydice dazu, in der Unterwelt zu bleiben (›Doubt Co-
mes In‹). Hermes bringt sie nach Hadestown zurück
und Persephone erhebt ihr Glas auf Orpheus: ›I Raise
My Cup‹.
»Hadestown« ist sicher das Musical, welches 2018
am meisten überraschte. Ohne viel bühnentechnischen
Aufwand und mit nur ein paar Requisiten wie Tischen
und Stühlen steht die Musik, eine originelle, knallige
Mischung aus Jazz, Blues und Rockklängen, im Mittel-
punkt. Viele der Titel haben Ohrwurm-Qualität.
Patrick Page mit seiner tiefen Stimme ist zweifels-
ohne der markanteste Sänger. André De Shields gefällt
als sachlicher Beobachter und Erzähler der Geschichte.
Reeve Carney (Spider Man am Broadway) spielt Or- Abb. oben:
pheus mal verliebt, dann aufgeregt und empört, was Der Gitarre spielende Orpheus
ihm sowohl stimmlich wie schauspielerisch gelingt. Eva (Reeve Carney) liebt Eurydice
Noblezada (Kim im Revival von »Miss Saigon«) kann
Abb. unten von links:
als Eurydice sowohl mit ihrer klaren Stimme überzeu-
1. Hermes (André De Shields) als
gen als auch in ihrer gewollt zaghaften Art. Amber Gray Erzähler mit Ensemble
interpretiert mit Persephone die energischste Figur auf 2. Die Schicksalsgöttinnen, die Fates
der Bühne, zur allgemeinen Zufriedenheit. Die ausge- (Carly Mercedes Dyer, Gloria Onitiri
zeichneten Tanzeinlagen von David Neumann sind dem und Rosie Fletcher)
Rhythmus der Musik angepasst, mal kampfbetont, mal 3. ›Flowers‹ – Eurydice (Eva Noble-
zada) sehnt sich nach Orpheus
einfach klassisch.
4. Hades (Patrick Page) und seine
Frau Persephone (Amber Gray)
Christian Spielmann Fotos (5): Helen Maybanks
91

Neues aus Großbritannien
zusammengestellt von der Redaktion
»Joseph and the Amazing Technicolor
Dreamcoat« zurück im Palladium
Zum 50-jährigen Jubiläum der Uraufführung
bringt Andrew Lloyd Webber sein gemeinsam
mit Tim Rice geschriebenes Erstlingswerk »Joseph
and the Amazing Technicolor Dreamcoat« in einer
neuen Produktion zurück ins Londoner West
End. Premiere ist im Juni, die Produktion ist bis
Anfang September angesetzt. Cast und Kreativ-
team wurden noch nicht bekanntgegeben.
Das Musical erzählt die biblische Geschichte von
Joseph, der in Träumen die Zukunft deuten kann.
Bei seinen elf Brüdern ist er nicht beliebt und aus
Neid auf seine Gunst beim Vater verkaufen sie
ihn als Sklaven nach Ägypten und täuschen sei-
nen Tod vor. Dort landet Joseph im Gefängnis,
steigt aber dank seiner Fähigkeiten zum Berater
des Pharaos auf und führt Ägypten durch eine
schwere Hungersnot. Als seine Brüder flehend
vor ihm stehen und ihn nicht erkennen, unter-
zieht er sie einer Prüfung und verzeiht ihnen.
»Amelie« im Watermill Theatre
Das Watermill Theatre in Newbury, West Berk-
shire zeigt die britische Erstaufführung des
Broadway-Musicals »Amelie«. Die neue Inszenie-
rung von Michael Fentiman feiert am 11. April
2019 Premiere und läuft bis 18. Mai in dem nur
220 Zuschauer fassenden Theater. Das Musical
von Daniel Messé, Nathan Tysen und Craig Lu-
cas basiert auf dem gleichnamigen französischen
Film »Le Fabuleux Destin d‘Amélie Poulain« aus
dem Jahr 2001. Am Broadway blieb das Musical
2017 hinter den Erwartungen zurück und schloss
nach nur 56 Vorstellungen. Eine vollständig
überarbeitete Version wird ab Februar in Mün-
chen von Stage Entertainment produziert.
»Mamma Mia – The Party« im The O2
Das bereits in Stockholm erfolgreiche Dinner-
Event »Mamma Mia – The Party« mit den Hits
von »ABBA« und einem Buch von Calle Nor-
lén, Roine Söderlundh und Björn Ulvaeus wird
ab dem 19. September im The O2 gezeigt. Die
Previews beginnen am 29. August. Für London
wurde das Buch von der britischen Schriftstelle-
rin und Komikerin Sandi Toksvig adaptiert. Die
Show spielt in einer Taverne auf der griechischen
92
Musicals in Großbritannien
»Mamma Mia – The Party«
Foto: Mats Bäcker, Dewynters & Peter Knutson
Insel Skopelos, auf der die meisten Außenaufnah-
men für die »Mamma Mia«-Filme entstanden.
Die Gäste sitzen an Tischen in der Taverne und
erhalten ein mehrgängiges griechisches Menü,
während um sie herum eine romantische und
lustige Geschichte erzählt wird. Am Ende des
Abends verwandelt sich die Taverne dann in eine
Tanzfläche und die Gäste sind eingeladen, mit
dem Cast zu tanzen, zu singen und zu feiern.
Architekt Steve Tompkins hat bereits damit be-
gonnen, die neue Spielstätte im The O2 in eine
griechische Insel zu verwandeln, einschließlich
Wasserfontänen und Olivenbäumen.
»Les Misérables« wechselt Theater und
beendet Originalproduktion
Die West-End-Produktion von »Les Misérables«,
welche 1985 in London Premiere feierte, wird
im Juli 2019 das Queen‘s Theatre verlassen und
für vier Monate in das Gielgud Theatre umzie-
hen. Am Queen‘s Theatre werden umfangreiche
Renovierungen durchgeführt, darunter eine Wie-
derherstellung der historischen Logen, die 1940
zerstört wurden, und des Vorderhauses.
Es ist geplant, das Queen‘s Theatre im Dezem-
ber 2019 wieder zu öffnen, dann mit der erstmals
2009 gezeigten neueren Produktion von »Les
Misérables«, welche erneut für eine unbegrenzte
Spielzeit laufen soll.
Die Sanierungs- und Umbauarbeiten sind Teil
eines größeren Bauprojekts, in dem Cameron
Mackintosh seine sechs historischen Theater in
London umfangreich sanieren lässt. Vor der Pre-
miere von »Hamilton« wurde bereits das Victoria
Palace Theatre saniert, außerdem finden Arbei-
ten am Wyndham‘s, Noël Coward, Gielgud und
Novello Theatre statt.
blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019
ATG kauft The Ambassadors Theatre
Stephen Waley-Cohen hat das Ambassadors Thea-
tre an die Ambassador Theatre Group (ATG) ver-
kauft. ATG war bereits zuvor von 1996 bis 2007
Betreiber des 444 Zuschauer fassenden Theaters.
Der Kaufpreis soll 12 Millionen Pfund betragen
haben. ATG betreibt 46 Theater in Großbritan-
nien, darunter das Apollo Victoria, das Lyceum
und das Savoy Theatre sowie in den USA und seit
dem Kauf von Mehr! Entertainment auch den
Admiralspalast Berlin, das Theater im Großmarkt
Hamburg, den Musical Dome Köln, das Capi-
tol Theater Düsseldorf und das Starlight Express
Theater in Bochum.
Bernadette Peters kündigt Solokonzerte an
Broadwaystar und dreifache Tony-Award-Ge-
winnerin Bernadette Peters wird 2019 vier Solo-
konzerte in Großbritannien geben. Die kurze
Tour beginnt am 10. Juni in London im Lyce-
um Theatre, gefolgt von Terminen am 12. in der
Usher Hall in Edinburgh, am 14. in der Sym-
phony Hall in Birmingham und am 16. im The
Lowry in Salford.
Das bereits aus ihrer US-Tour bekannte Pro-
gramm enthält die größten Hits von Peters‘ Thea-
ter- und Filmkarriere, darunter Songs aus »Sun-
day in the Park With George«, »Into the Woods«
und »Hello, Dolly!«, sowie weitere populäre
Musicaltitel.
Bernadette Peters war seit 1971 siebenmal für
den Tony Award nominiert, darunter sechsmal
als »Beste Hauptdarstellerin«, und gewann ihn
dreimal für »On the Town« (1971), »Song and
Dance« (1986) und »Annie Get Your Gun«
(1999). Vier ihrer Castalben wurden mit dem
Grammy Award ausgezeichnet.
 blickpunkt musical extra Nr. 9
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Die nächste Ausgabe der blickpunkt musical erscheint im März 2019: Er würde sich in der Speicherstadt
wohlgefühlt haben, der Titelheld eines neuen Musicals über den berühmten Kriminologen. Kästners turbulente
Winterkomödie feiert musikalische Uraufführung, ebenso eine gesellschaftskritische Mordsgeschichte, eine
moderne Nibelungen-Interpretation und ein Chormusical über den Nelson Mandela der USA. Die liebenswert
verschrobene Welt eines französischen Films und ein Diven-Musical kommen in deutscher Fassung auf die
Bühne. Außerdem war das Musical über eine Liebe im Vietnamkrieg wieder in Deutschland zu sehen.
Ein neues Drama Musical in Österreich geht belgisch-deutscher Vergangenheit nach und in der Schweiz kommt
eine Revue aus dunklen deutschen Zeiten erstmals ganz zur Uraufführung.

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blickpunkt musical 01/19, Januar – März 2019 93

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 BIG FISH
Musical von Andrew Lippa
und John August

PREMIERE
Samstag, 9. März 2019,
19.30 Uhr, Großes Haus

WEITERE TERMINE
15., 16. März 2019
6., 7., 12., 13., 21., 25. April 2019
1., 29. Juni 2019

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 KNIE – Das Circus Musical
Die Geschichte einer Dynastie
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DÜBENDORF BERN BASEL

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12.3. - 3.5.2019 7.6. - 7.7.2019 5.11. - 22.12.2019
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Tickets 0900 661 661 (1.15/Min.) oder kniemusical.ch
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