Sie sind auf Seite 1von 40

Landeskundliche und kulturelle

Vermittlung in zwei DaF-Lehr-


werken auf Anfängerstufe

Niklas Ekdahl

Institutionen för slaviska och baltiska språk, finska, nederländska och tyska
Examensarbete, 15 hp
Tyska, kandidatkurs (30 hp)
HT 2022
Handledare: Christine Becker
English title: Regional and Cultural Mediation in Two German Language
Textbooks at Beginner Level
Abstract

In dieser Bachelorarbeit wird die landeskundliche und kulturelle Vermittlung zweier


DaF-Lehrwerke auf Anfängerstufe analysiert, das eine, Lieber Deutsch 2.0, bilingual auf
Schwedisch und Deutsch von hauptsächlich schwedischen Autor:innen geschrieben und das
andere, Panorama A2, völlig auf Deutsch von deutschen Autor:innen verfasst. Die theoret-
ische Unterlage machen die vier hauptsächlichen Ansätze zur Landeskunde in der DaF-
Didaktik aus: der faktische, der kommunikative, der interkulturelle und der diskursive Ansatz.
Mit einer qualitativen Inhaltsanalyse werden Teile von den beiden Lehrwerken untersucht mit
dem Zweck, herauszufinden, welche Art von Kultur vermittelt wird und wie, in Bezug auf die
landeskundlichen Ansätze. Das Ergebnis zeigt, dass die Lehrwerke sowohl hoch- als auch
alltagskulturelle Erscheinungen der Länder im deutschen Sprachraum darstellen, und auch
ähnliche Herangehensweisen in dieser Vermittlung verwenden. Dennoch hat Lieber Deutsch
eine größere Tendenz zu faktischen Lehren, Panorama zu einem höheren Grad Gemeinsam-
keiten mit der diskursiven Landeskunde, während beide Lehrwerke Herangehensweisen vom
kommunikativen und interkulturellen Ansatz ähnlich oft verwenden.

Schlüsselwörter: deutsche Fremdsprachendidaktik, Landeskunde, Lehrwerkanalyse


Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung 4
2. Theoretischer Hintergrund 5
2.1. Kulturbegriffe in der Landeskundedidaktik 5
2.2. Die vier Ansätze zur Landeskunde 6
2.2.1. Kognitive oder faktische Landeskunde 6
2.2.2. Kommunikative Landeskunde 7
2.2.3. Interkulturelle Landeskunde 8
2.2.4. Diskursive Landeskunde 9
3. Analyse 11
3.1. Material 11
3.2. Zweck und Fragestellung 12
3.3. Abgrenzungen und Methode 13
3.4. Thema ,Reisen’ 14
3.4.1. Panorama 14
3.4.2. Lieber Deutsch 22
3.5. Thema ,Schule’ und ,Arbeit’ 26
3.5.1. Panorama 26
3.5.2. Lieber Deutsch 32
4. Zusammenfassung 36
4.1. Kulturvermittlung in den Lehrwerken 36
4.2. Landeskundliche Ansätze in den Lehrwerken 37
4.3. Ausblick 38
5. Literaturverzeichnis 39
4.1. Primäre Quellen 39
4.2. Sekundärliteratur 39
4.3. Internetquellen 40
1. Einleitung

Das Einbeziehen von landeskundlichem Wissen und Kulturvermittelung ist ein selbstver-
ständlicher Teil des Fremdsprachenunterrichts. Sobald sich Fremdsprachenlernende in der
Schule, an der Universität oder in einer anderen Lehrveranstaltung damit beschäftigen, eine
Sprache zu lernen, fangen sie auch damit an, über die Kultur (oder Kulturen) des Landes oder
der Länder der Zielsprache zu lernen. Wie eng die Landeskunde mit dem Spracherwerb
verbunden sein soll, unterscheidet sich jedoch abhängig davon, welcher theoretische Ansatz
zum landeskundlichen Unterricht eingesetzt wird. Was hierin noch entscheidender ist, ist,
welche Betrachtungsweise vom Begriff ,Kultur‘ vorhanden ist und wie diese den Fremd-
sprachenlernenden gelehrt werden soll. Innerhalb der DaF-Forschung werden vor allem vier
unterschiedliche Ansätze hervorgehoben, in der sich diese Aspekte auf verschiedene Weisen
verhalten: (1) die faktische oder kognitive, (2) die kommunikative, (3) die interkulturelle und
(4) die diskursive Landeskunde (vgl. bspw. Altmayer et al. 2016).
In dieser Bachelorarbeit machen diese Ansätze zur Landeskunde den theoretischen
Ausgangspunkt aus. Ausgehend davon werden landeskundliche und kulturelle Elemente zwei
unterschiedlicher Lehrwerke analysiert. Die Lehrwerke im Fokus sind ein deutsches und ein
schwedisches DaF-Lehrbuch für A2-Lernende,1 Panorama A2 (Finster et al. 2016) bezieh-
ungsweise Lieber Deutsch 2.0 (Hofbauer et al. 2017).2 Ersteres macht einen Teil des Kurs-
materials des Moduls Tyska, nybörjarkurs II an der Universität Stockholm aus und ersetzte
neulich letzteres.3 Der Zweck der Textanalyse dieser beiden Werke ist es, zu beleuchten, wie
Kulturen der deutschsprachigen Länder auf die Anfängerstufe des Deutsch-Unterrichts durch
diese Lehrmaterialien dargestellt und vermittelt werden. Welchen Bildern von ,deutscher‘,
,österreichischer‘ und ,schweizerischer‘ Kultur begegnen die Lernenden? Welche Beschreib-
ungen von den Ländern und deren Kultur(en) werden durch Text und Bild vermittelt und wie?
Gibt es bezüglich des Anfängerkurses Unterschiede zwischen dem vorher verwendeten und
dem neulich eingesetzten Lehrwerk?

1
Laut dem Gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen (CEFR).
2
Ab jetzt nur Panorama beziehungsweise Lieber Deutsch genannt.
3
Zusätzlich muss gesagt werden, dass dieser Aufsatz keine Ansprüche darauf erhebt, den gesamten Inhalt des
Unterrichts des Kurses Tyska nybörjarkurs II zu bewerten. Er strebt lediglich darauf zu beleuchten, welche
landeskundliche oder kulturelle Vermittlung durch jeweiliges Lehrbuch potentiell vermittelt werden kann. Das
Lehrwerk ist nur ein Teil der Unterrichtsmaterialien des Kurses. Wenn es vom restlichen Unterrichtsmaterialien
Aufgaben landeskundlicher Art gibt, ist dies für diesen Aufsatz weder interessant noch relevant.

4
2. Theoretischer Hintergrund

Zunächst folgt der theoretische Hintergrund zum Aufsatz, in dem ein kurzer Überblick über
relevante Begriffe und Theorien, vor allem die vier oben erwähnten landeskundlichen
Ansätze, gegeben wird. Diese vier Ansätze sind theoretische Konstrukte, die zur kategori-
sierung der Vermittlung des Themas Landeskunde bestehen, allerdings lassen sich praktische
Beispiele davon, wie Landeskunde tatsächlich vermittelt wird, nicht immer eindeutig nur
einem theoretischen Ansatz zuordnen, da sie in der Regel nicht mit dem Ziel einen gewissen
Ansatz zu vertreten verfasst werden (vgl. Becker 2017: 46). Zudem haben die vier Ansätze
unterschiedliche Foki, wie unten näher beschrieben wird, und eignen sich damit in der Praxis
auch für unterschiedliche Arten der Wissensvermittlung. Gerade deswegen werden die
Lehrbücher Übungen der Art von mehr als einem Ansatz beinhalten und auch nebeneinander
existieren. Das Ziel der Analyse ist, herauszufinden, ob ein Fokus auf ein oder mehrere Arten
der Lehrweise besteht, wenn ja, welche, und wie sich dies in den Lehrwerken manifestiert.

2.1. Kulturbegriffe in der Landeskundedidaktik


Was sich eigentlich unter dem Begriff ,Kultur‘ versteht, ist alles andere als eindeutig. Sowie
in der Gesellschaft als auch in der DaF-Forschung und -Unterricht sind mehrere Definitionen
bekannt. So stand Kultur während der Zeit des Kolonialismus in europäischer Hinsicht in
enger Verbindung mit dem für den Westen exklusiven Begriff ,Zivilisation‘, im Kontrast zu
den ,unzivilizierten‘ Gesellschaften der restlichen Welt, die als kulturlos galten (Altmayer
2010: 1404f). Auf derselben eng konstruierten Vorstellung von Kultur als eine existierende
Kultur basiert auch die Idee der ,Hochkultur‘, die innerhalb einer Nation aus kanonisierten
Werken unterschiedlicher von Bedeutung für die ,Kultur‘ erachteten Künstler:innen, Schrift-
steller:innen, Philosoph:innen, Komponist:innen, etc. besteht (vgl. Altmayer 2010: 1406).
Dieser normative Kulturbegriff prägt zum Beispiel den kognitiven landeskundlichen Ansatz
(siehe 2.2.1.).
Kritik gegen diese ,hochkulturelle‘ Betrachtungsweise entstand wegen der mangelnd-
en alltagskulturellen Perspektiven. Hier entstand somit ein totalitätsorientierter Kulturbegriff,
der nicht mehr als untrennbar von der sogenannten ,Zivilisation‘, sondern als wertneutraler
Begriff galt und sich auf „die gesamte, historisch-spezifische Lebensweise einer sozialen
Gruppe im Unterschied zu anderen sozialen Gruppen“ bezog (Reckwitz 2000: 72). Damit

5
miteinbezieht dieses Verständnis von Kultur sowohl Hochkultur als auch Alltags- und
Populärkultur (vgl. Reckwitz 2000: 72f; Nünning 2009).
Zuletzt ist die Erklärung des bedeutungs- und wissensorientierten Kulturbegriffs
ausständig, der für den diskursiven Ansatz relevant ist (siehe 2.2.4.). Im Vergleich zu den
anderen Kulturbegriffen wird hier die Kultur in Bezug auf menschliches Handeln und Ver-
halten von einer Innenperspektive, vom menschlichen Subjekt aus, betrachtet. Der Ausgangs-
punkt ist, dass Wissensordnungen, wie gewisses Vorwissen und soziale Regeln, Handlungen
und Äußerungen sowohl ermöglichen als auch begrenzen (vgl. Reckwitz 2000: 84f). Dieser
Handlungsspielraum formt Diskurse aus. Das kombinierende System von Wissensordnungen
und Sinngebungen bildet Deutungsmuster, die in den Diskursen reproduziert und dement-
sprechend zementiert werden. In unterschiedlichen Kreisen der Gesellschaft können auch
unterschiedliche Diskurse vorherrschen, weshalb Vertreter:innen dieses Kulturbegriffs oft von
einer Pluralität der Kulturen sprechen statt bloß einer homogenen, nationsbezogenen Kultur
(vgl. auch Altmayer 2016b: 8f).
In dieser Arbeit wird vor allem eine Distinktion zwischen einerseits Hochkultur und
andererseits Alltags- und Populärkultur gemacht. Diese letzten Begriffe werden oft synonym
verwendet, jedoch wird Alltagskultur vor allem verwendet, wenn von Erscheinungen des
alltäglichen Lebens der Menschen gesprochen wird, zum Beispiel Reisen, Einkaufen oder
Ausbildung, während Populärkultur sich meistens auf bekannte Werke und deren Autor:innen
bezieht, sowie Filme und Schauspieler:innen und Ähnliches.

2.2. Die vier Ansätze zur Landeskunde


In der DaF-Forschung werden, wie auch oben erwähnt, vor allem vier theoretische Ansätze
zur Landeskunde hervorgehoben: der kognitive oder faktische, der kommunikative, der
interkulturelle und der diskursive Ansatz (vgl. bspw. Pauldrach 1992; Altmayer et al. 2016).
Zunächst folgt eine kurze Zusammenfassung von allen vier Ansätzen und der auf diese
gerichtete Kritik.

2.2.1. Kognitive oder faktische Landeskunde


Der kognitive oder faktische Ansatz zur Landeskunde, der sich in den 1960er Jahren
etablierte, kann sehr konzis als Förderung der Vermittlung von reinem Wissen und Fakten
zusammengefasst werden. Er sieht Kultur als die Zusammenkunft von Geographie,
Geschichte, Politik, Literatur, Sitten und Bräuche, etc. eines Landes. Beispielsweise kann sich

6
geographisches Wissen innerhalb solchem landeskundlichen Unterricht darauf beziehen, wie
alle Bundesländer in Deutschland heißen, wo sie liegen und welche die Hauptstädte sind;
politisches Wissen darauf, wie das politische System eines Landes funktioniert und wer
welche Parteien vertritt; Vermittlung der Geschichte auf was wann passiert ist und welche
Akteure eine Rolle spielten; und so weiter. In Bezug auf die Diskussion über den Kultur-
begriff heißt hier auch ,Kultur‘ vor allem das, was Hochkultur genannt wird, und gilt im
Landeskundeunterricht als nur ein Gegenstand unter mehreren (vgl. Altmayer 2010: 1405;
Biechele/Padrós 2003: 21f). Die landeskundliche Vermittlung hat mit diesem Ansatz eher die
Funktion eines Nebenfaches und ist somit kein integrierter Teil des Fremdsprachenunterrichts.
Von den Deutschlernenden wird oft erfordert, dass sie diese Fakten auswendig lernen
(Biechele/Padrós 2003: 27).
Die Kritik gegenüber diesem Ansatz besteht vor allem darin, dass die Ansicht dessen,
was in den Lehren des kognitiven Ansatzes als ,Kultur‘ gilt und was nicht, exklusiv und damit
problematisch ist. Die Vermittlung reines Wissens hebt die Frage hervor, welche Art von
,Kultur‘ vermittelt werden soll. Der Fokus auf Hochkultur zeigt sich darin, dass sich nur
durch die berühmtesten und bekanntesten Schriftsteller:innen oder historische Ereignisse ,die
deutsche Kultur‘ im kognitiven Ansatz definieren lässt. Infolgedessen liegt im Unterricht oft
der Fokus auf Individuen, und zusätzlich zu einem hohen Grad auf Männern aus der
Mehrheitsbevölkerung, was zur Folge hat, dass andere Gruppen, die auch zur Kultur(en)
innerhalb einer Gesellschaft beitragen, vernachlässigt werden (vgl. Biechele/Padrós 2003:
22f). Eine weitere Kritik ist, dass diese reine Vermittlung von Fakten für die Fremdsprachen-
lernenden kaum interessant oder relevant ist, und dass viele Fakten auch schnell inaktuell
werden (vgl. Becker 2017: 46). Daher hat sich auch die Entwicklung des Nebenfaches in die
Richtung einer kommunikativen Landeskunde bewegt.

2.2.2. Kommunikative Landeskunde


Im Vergleich zur faktischen Landeskunde ist die kommunikative Landeskunde, die sich in den
1970er Jahren verbreitet hat, in den restlichen Fremdsprachenunterricht integriert (vgl.
Pauldrach 1992: 7f) und versteht Kultur eher im Sinne von Alltags- als Hochkultur. Hauptziel
dieses Ansatzes ist es, die Lernenden mit kommunikativen Fähigkeiten auszustatten, die ihre
„kommunikative Kompetenz“ stärken sollen (Biechele/Padrós 2003: 42f). Folglich soll der
Landeskundeunterricht Übungen zur Bewältigung realistischer und alltäglicher Situationen
anbieten, die den Lernenden in den Ländern der Zielsprache begegnen könnten. Das Lehr-
material kann simulierte Gespräche in unterschiedlichen Kontexten beinhalten, beispielsweise

7
eines, in dem jemand am Schalter am Bahnhof ein Zugticket kauft. Solch ein simulierter
Dialog soll dann die Lernenden mit dementsprechenden Redemitteln auf eine ähnliche Situa-
tion vorbereiten (Biechele/Padrós 2003: 32).
Ein Punkt der Kritik zu diesem Ansatz ist seine Voraussetzung, dass die Übungen zu
Alltagssituationen für die Lernenden interessant und nützlich sind. Dies seinerseits setzt
voraus, dass die Lernenden mit solchen Situationen umgehen werden, was aber nicht immer
der Fall ist. Biechele und Padrós deuten darauf hin, dass viele Fremdsprachenlernende nie die
Gelegenheit haben werden, diese Fähigkeiten in der Praxis umsetzen zu können
(Biechele/Padrós 2003: 52). In diesem Fall hat auch der starke Fokus auf Alltagskultur
geringe kulturelle Relevanz für diese Lernenden.

2.2.3. Interkulturelle Landeskunde


In Anbetracht dieser Kritik entstant in den 1990er Jahren die interkulturelle Landeskunde, die
eine andere Herangehensweise an den kulturellen Aspekt des Fremdsprachenunterrichts
entwickelt hat, indem sie den Schwerpunkt vom Erwerb kulturellen Wissens über die Fremd-
kultur verschiebt. Stattdessen geht es „vielmehr um die Entwicklung eines Bewusstseins von
andersartigen Wertsystemen und Traditionen“ (Biebighäuser 2021: 243), das heißt nicht nur
die Kultur der deutschsprachigen Länder sollen ein Gesprächsthema im Unterricht sein,
sondern auch die eigene Kultur der Lernenden. Nicht nur die Vermittlung von landeskund-
lichem Wissen steht den Lernenden im Unterricht zur Verfügung, sondern sie entwickeln hier
auch andere Fähigkeiten, wie Empathie und einen möglichen Perspektivenwechsel. Zusam-
mengefasst ist in diesem Ansatz das „Verstehen der Anderen“ durch die Vertiefung des
eigenen kulturellen Hintergrunds die wichtigste Komponente des landeskundlichen Unter-
richts (vgl. Altmayer 2016a: 17).
In diesem Bestreben, Pluralismus und Verständnis für andere Kulturen zu fördern, tritt
die interkulturelle Landeskunde in eine andere Falle. In dem Vergleich zwischen den Kulturen
der Lernenden und der Zielkulturen entstehen leicht Stereotypisierungen derselben, obwohl es
ein ausgesprochenes Ziel des interkulturellen Ansatzes ist, dies zu vermeiden. Der Kultur-
begriff ist in diesem Kontext totalitätsorientiert und kann sowohl Hoch- als auch Alltagskultur
umfassen, aber oft innerhalb enger nationaler Rahmen. Im DaF-Unterricht wird somit die
,deutsche‘, ,österreichische‘ oder ,Schweizer Kultur‘ hervorgehoben mit Definitionen, die oft
Stereotype widerspiegeln. Dies riskiert auch, den Lernenden ein zu einseitiges Bild von
Kultur zu vermitteln und kulturelle Aspekte innerhalb großer Minderheitsgruppen zu

8
vernachlässigen (vgl. Altmayer 2016a: 18). Die sind aber wichtig, da sie insgesamt einen
großen Teil der Kultur repräsentieren, auch wenn sie nicht stereotypisch für ein Land sind.

2.2.4. Diskursive Landeskunde


Kritik gegenüber dem interkulturellen Ansatz der Landeskunde hat um die Jahrtausendwende
neue, kulturwissenschaftlich geprägte Ansätze hervorgebracht. Parallel mit der cultural turn
der Sozialwissenschaften haben sich diese entwickelt, in der die Sprache in einem engen oder
sogar untrennbaren Verhältnis zur Kultur stehend gesehen wird. Sie basieren auf dem
bedeutungs- und wissensorientierten Kulturbegriff (siehe 2.1.) und stellen somit Diskurse in
den Fokus des Landeskundeunterrichts.4
Mit dem Ersatz der Landeskunde, die als Begriff als überholt gelte, durch
„Kulturstudien“, fordert Altmayer einen Paradigmenwechsel innerhalb des Faches Deutsch
als Fremdsprache in Bezug auf die Vermittlung von Kultur. Laut ihm müsse die Landeskunde
in Anbetracht der globalisierten Gesellschaft reformiert und modernisiert werden. Die Welt
sei vor allem in den letzten paar Jahrzehnten von der Globalisierung geprägt, in der ein
globaler Austausch beziehungsweise eine Mischung von Menschen und Kulturen immer
wieder stattfindet (vgl. Altmayer 2017). Die in dem interkulturellen landeskundlichen Ansatz
fokussierten Vergleiche zwischen der ,eigenen‘ und ,fremden Kultur‘ seien laut Altmayer zu
fest an Nationalkulturen fixiert, wobei die nationalen Grenzen der heutigen Gesellschaft in
kultureller Hinsicht eher verwischt seien. Aus dieser Sicht sei der Begriff Landeskunde
veraltet und irrelevant, da der Fokus eher auf Kulturen statt auf dem Land liegen soll.
Das Ziel der Landeskunde laut Altmayer et al. sei Diskursfähigkeit, das heißt an
Diskursen in der Fremdsprache teilnehmen zu können, unterschiedliche Perspektive und
Meinungen in Diskursen innerhalb der Gesellschaft identifizieren zu können und „die Fähig-
keit, die Praktiken der Bedeutungsproduktion im Diskurs zu durchschauen“ (Altmayer 2016b:
10). Der Vorteil dieses Ausgangspunktes ist es, dass dieser die oberflächliche Kulturver-
mittlung der anderen Ansätze zurücklässt und infolgedessen ein tieferes, kulturwissen-
schaftliches Verständnis für unterschiedliche kulturelle und diskursive Phänomene der
Zielkulturen anbietet.
Im landeskundlichen Studium werden menschliches Handeln und Verhalten nicht von
außen betrachtet, sondern der Mensch dient als Subjekt und seine Perspektive als Ausgangs-
punkt. Im Vergleich zum interkulturellen Ansatz ist es hier weder interessant noch relevant zu

4
In diesem Aufsatz wird die von Claus Altmayer entwickelte diskursive Betrachtungsweise hervorgehoben, die
auch in der DaF-Forschung sehr prominent ist.

9
sagen, was als ,typisch deutsch‘ – zum Beispiel in den Bereichen Essen, Geschichte, Sitten
und Gebräuchen – betrachtet wird, sondern wie darüber gesprochen wird, welche Bedeut-
ungen diesen und anderen Themen zugeschrieben werden und wie die Diskurse der Themen
ausgeformt sind (Altmayer 2017: 13). Zu dem Vorwissen, das für die Teilnahme an einem
Diskurs notwendig ist, gehören zum Beispiel soziale Regeln, die gewisse Äußerungen sowohl
ermöglichen als auch begrenzen (Altmayer 2016b: 8f). Beispiele für die reproduzierbaren
Deutungsmuster innerhalb eines Diskurses sind die Zuordnung von Menschen zu Gruppen
wie Nationalität und Hautfarbe oder Geschlecht, genauso wie Zeitausdrücke und Konzepte
wie ,Sonntag‘, ,die 90er‘ oder sogar ,Deutschland‘. Die Teilnehmenden verwenden diese
Begriffe und bekräftigen die damit verbundenen Vordeutungen, was die Deutungsmuster
reproduziert und stärkt. Dies bindet Begriffe und Konzepte aneinander und beeinflusst nicht
nur wie diese verwendet, sondern auch wie sie verstanden werden. Das Wissen, welches
hierbei entsteht, gilt somit als selbstverständlich und gilt in folgenden Diskursen als
Voraussetzung für die Verständlichkeit derselben (vgl. Altmayer 2016b: 9). Deswegen ist es in
der Landeskunde wichtig, erstens eigenkulturelle Deutungsmuster aktivieren, zweitens sich
vor fremdkulturellen Deutungsmustern exponieren und drittens Diskurse in der Fremdkultur
bewusst werden und darüber reflektieren (Altmayer 2016b: 11f).
Dieser Ansatz ist jedoch wie die anderen auch nicht frei von Problemen. Vor allem die
Implementierung diskursiver Herangehensweisen in den Fremdsprachenunterricht kann in der
Praxis besonders kompliziert sein, sowohl für die Lehrkräfte als auch die Lernenden,
insbesondere außerhalb der akademischen Welt, da es sich um eine sehr abstrakte theoretische
Grundlage handelt. Teilnahme in Diskussionen über kulturelle Deutungsmuster und Diskurse
verlangt zu einem gewissen Grad fortgeschrittene Sprachfähigkeiten in der Zielsprache.
Deswegen eignet sich diese Form von Landeskunde besonders schlecht für Anfänger:innen
(vgl. Becker 2017: 50). In Anbetracht dieser Kritik wird es interessant, herauszufinden, ob es
in den in dieser Arbeit im Fokus stehenden Lehrwerken Aspekte der Kulturvermittlung
diskursiver Art gibt, obwohl sie für A2-Lernende, die eher limitierte sprachliche Fähigkeiten
besitzen, gemacht sind.

10
3. Analyse
Im folgenden Kapitel werden die Lehrwerke, auf die sich diese Arbeit fokussiert, vorgestellt.
Den Fragestellungen und Zielsetzungen der Arbeit geht eine Beschreibung der methodischen
Ausführung sowie der Motivierung der für die Analyse notwendigen Abgrenzungen voran.
Nach diesem Überblick über die Voraussetzungen für die Analyse wird schlussendlich das
Material analysiert. Von jedem Buch werden zwei Kapitel mit ähnlichen Themen analysiert,
und zwar die Themen ,Reisen‘ beziehungsweise ,Ausbildung‘ und ,Arbeit. Folglich sind
sowohl in Panorama die Kapitel 1 „Auf Reisen“ und Kapitel 8 „Lebenslinien“ als auch in
Lieber Deutsch die Kapitel „Hopp und weg“ und „Schule und Beruf“ Gegenstände dieser
Analyse.

3.1. Material
Lieber Deutsch (Hofbauer et al. 2017) wurde in Schweden hauptsächlich von schwedisch-
sprechenden Autor:innen bilingual auf Schwedisch und Deutsch geschrieben und von einem
schwedischen Verlag herausgegeben. Dies ist die zweite Auflage des Buches.5 Zielgruppe
seien, laut dem Klappentext der zweiten Ausgabe, vor allem Deutschlernende in
schwedischen Gymnasien, aber auch in kommunaler Erwachsenenbildung und in Bildungs-
verbänden. Panorama (Finster et al. 2016), wurde hingegen in Deutschland herausgegeben
und ist völlig auf Deutsch geschrieben. Es ist somit an alle Deutschlernenden gerichtet,
unabhängig von deren Muttersprache. Dieses Lehrwerk wendet sich an Erwachsene und
damit, im Vergleich zu Lieber Deutsch, an ein älteres Publikum (Finster 2016: 2).
Beide Lehrwerke bestehen aus vielseitigen Materialien, welche den Lernenden
Übungen zum Lese- und Hörverständnis, schriftliche und mündliche Fähigkeiten vermitteln
sollen. Da sie Lehrbücher für Lernende auf Anfängerstufe sind, zielen sie darauf ab, die
Lernenden mit grundlegenden sprachlichen Fähigkeiten auszurüsten, einschließlich einer
Vergrößerung des Vokabulars, des Verständnisses für Grammatik und Syntax und Informa-
tionen zu den Ländern des deutschsprachigen Raums. Die landeskundliche oder kulturelle
Vermittlung steht hierbei nicht immer explizit im Vordergrund, sondern dient als ein
integrierter Aspekt des restlichen Materials. Lieber Deutsch hat jedoch explizit als
Landeskunde bezeichnete Einheiten, die darauf abzielen, die Lernenden mit landeskund-

5
Aus Gründen der Zugänglichkeit habe ich in meiner Analyse die zweite Auflage, welche eine leicht
abgeänderte Version der im Nybörjarkurs II (siehe Einleitung) verwendeten ersten Auflage ist, verwenden
müssen. Jedoch gehe ich nicht davon aus, dass dies meine Ergebnisse maßgeblich beeinflussen wird.

11
lichem Wissen auszustatten. Obwohl solche expliziten Einheiten im Buch Panorama fehlen,
heißt das nicht, dass dieses Lehrwerk landeskundliches oder kulturelles Wissen vernach-
lässigt. Ganz im Gegenteil kommen kulturelle Referenzen überall in den Lehrwerken vor, sei
es explizit oder implizit. Wie beim oben beschriebenen diskursiven Ansatz zur Landeskunde
geht diese Analyse auch davon aus, dass Kultur in der Sprache omnipräsent und von Texten
untrennbar ist. Das gilt nicht zuletzt für diese Lehrwerke oder Sprachen vermittelnde
Lehrwerke im Allgemeinen.
Lieber Deutsch wurde vom Verlag Liber und Panorama vom Verlag Cornelsen
herausgegeben. Beide Verlage sind große Hersteller von Lehrbüchern und Bildungs-
materialien für Schulen: Lieber Deutsch für den schwedischen und Panorama für den
deutschsprachigen Markt. Obwohl das Hauptziel der Autor:innen der Lehrwerke die
Bildungsvermittlung ist, geschieht die Ausformung des Lehrbuches nicht ohne die Aufsicht
des Verlags, der auch ein Profitinteresse hat. Dieses Marktinteresse der Verlage ist in der
Analyse der Gestaltung der Lehrwerke nicht zu vernachlässigen. Dies heißt unter anderem,
dass das Lehrmaterial möglicherweise mit einem zum Teil Unterhaltungszweck oder nicht im
Ganzen strikt auf Forschungsbasis entwickelt wurde, was auch die landeskundlichen Aspekte
der Lehrwerke beeinflusst haben könnte.

3.2. Zweck und Fragestellung


Der Zweck dieser Arbeit ist es, zu beleuchten, welches landeskundliche und kulturelle Wissen
durch die beiden ausgewählten Lehrwerke gelehrt wird und wie dieses Wissen unterschiedlich
vermittelt wird. Die Bücher unterscheiden sich in vielen Hinsichten, unter anderem in Bezug
auf Aufbau, Zielgruppe und Herangehensweise, wie oben erwähnt. Somit ist es das Ziel dieser
Arbeit herauszufinden, inwiefern sich diese Unterschiede sowie die damit in Verbindung
gebrachten Theorien zur Vermittlung der Landeskunde in den beiden Lehrwerken
manifestieren. Deshalb werde ich versuchen, die Frage zu beantworten, welches Verständnis
von ,deutscher‘, ,österreichischer‘ oder ,schweizerischer Kultur‘ die Lehrwerke vermitteln
und wie sie dies tun. Dafür werden die zuvor ausgeführten landeskundlichen Theorien zu Rate
gezogen.
Beide Aspekte dieser Frage sind sowohl von analytischer als auch deskriptiver Art.
Vor allem die kulturellen Aspekte des Materials werden oft indirekt vermittelt, das heißt, sie
werden in Übungen, deren primäres Ziel die Vermittlung von Grammatik, Vokabeln, oder
Ähnlichem ist, passiv eingebunden.

12
3.3. Abgrenzungen und Methode
In der Analyse werden von jedem Lehrwerk zwei ausgewählte Kapitel untersucht. Wegen des
vergleichenden Aspekts der Arbeit wurden explizit Kapitel ausgewählt, welche ähnliche
Themen behandeln, und zwar die Themen ,Reisen‘ beziehungsweise ,Ausbildung‘ und
,Arbeit‘. Da die Kapitel allerdings in den Lehrwerken von unterschiedlichem Umfang sind,
wird nur die erste Einheit A in den zwei genannten Kapiteln von Lieber Deutsch für die
Analyse miteinbezogen, um die Länge der Analysen aneinander anzugleichen. Am
interessantesten für diese Analyse sind Texte, Bilder und Aufgaben, die direkt oder indirekt
Kultur vermitteln. Deshalb werden zum Beispiel reine Grammatikübungen nicht erwähnt,
wenn sie für die Beantwortung der Fragestellungen nicht relevant sind. Hörübungen werden
auch ausgenommen von der Analyse zugunsten von schriftlichen Aufgaben.
Für diese Untersuchung ist eine qualitative Inhaltsanalyse, sowohl von Text als auch
Bild, erforderlich. Deshalb wird in der Analyse das gesamte Material der ausgewählten
Lektionen der Lehrwerke analysiert, mit der oben erwähnten Abgrenzungen. Mithilfe der
Kategorien von Kultur, auf die sich die unterschiedlichen Ansätze der Landeskunde
fokussieren, wird das Material analysiert und es wird identifiziert, welche Aspekte von Kultur
darin betont, hervorgehoben und sogar vernachlässigt werden. Diese Kategorien sind Fakten,
der Fokus des faktischen Ansatzes, Kommunikation, der Fokus des kommunikativen
Ansatzes, interkultureller Vergleich, der Fokus des interkulturellen Ansatzes, und Deutungs-
muster, auf welche sich der diskursive Ansatz konzentriert. Hoch- und Alltagskultur sind zwar
der Fokus des faktischen und des kommunikativen Ansatzes respektive, sind aber auch
allgemeine Überkategorien, die in jedem der Ansätze auf die eine oder andere Weise vor-
kommen. Diese vorhandenen Kategorien habe ich selbst noch weiter unterteilt und induktiv
Unterkategorien gebildet, zum Beispiel Sehenswürdigkeiten, Bauwerke, prominente Persön-
lichkeiten, Alltagskommunikation, Essen, Institutionen, Sitten und Gebräuche, etc. Nachdem
ausgehend von diesen Kategorien kulturelle Aspekte identifiziert worden sind, werden sie und
ihre Vermittlung mit jeweils einem oder mehreren der landeskundlichen Ansätze verknüpft
und beschrieben, warum und wie die diversen Übungen diese Ansätze repräsentieren. Hierbei
war auch wieder zu beachten, ob die Kulturvermittlung indirekt oder direkt geschieht, denn
auch dies kann für eine theoretische Zuteilung zu den Ansätzen wichtig sein.

13
3.4. Thema ,Reisen’
,Reisen‘ ist aus kultureller Hinsicht ein spannendes Thema. Im weiteren Sinne reisen die
meisten Menschen aber für unterschiedliche Zwecke: zum Genuss im Urlaub, für die Arbeit,
um Freunde und Familie zu besuchen, um ein paar zu nennen. Das Thema bezieht sich in den
analysierten Lehrwerken hauptsächlich auf das Reisen im Sinne von Urlaubsaktivität, was vor
allem unter der Mittelschicht in Gesellschaften in aller Welt, einschließlich dem deutschen
Sprachraum, eine beliebte Urlaubsaktivität ist und somit zur Alltagskultur gehört. Durch
Reisen werden auch oft Grenzen überschritten und Kulturen begegnen einander, weshalb
dieses Thema in Bezug auf die Fragestellungen der Analyse aktuell und interessant ist.

3.4.1. Panorama
Laut der Inhaltsbeschreibung des Kapitels „Auf Reisen“ üben die Lernenden in diesem Teil
„über eine Reise [zu] erzählen; eine Stadt [zu] beschreiben; über Vergangenes [zu] sprechen;
eine Verlustanzeige bei der Polizei [zu] machen; Information über eine Stadt [zu] verstehen“
beziehungsweise „einen Weg [zu] beschreiben“ (Finster 2016: 4).
Schon vor diesem einleitenden Kapitel präsentieren die Autor:innen eine Doppelseite,
die die Funktion einer kulturellen Einführung in das Buch einnimmt. Mit der Überschrift
„Deutsch in Bildern“ werden 18 Bilder dargestellt, die als eine Repräsentation von
,deutsch(sprachig)er Kultur‘ dargestellt werden. Diese Collage enthält meistens typische
Gegenstände, die leicht mit den drei deutschsprachigen Ländern identifizierbar sind, je mit
einer zugehörenden Vokabel. Beispielsweise gibt es zwei Bilder zur Kategorie Essen: ein Bild
von einem Käsefondue, mit dem Vokabel „der Käse – das Käsefondue“, und ein Bild von
einer Sachertorte, mit dem Vokabel „die Torte“. Auch zwei Persönlichkeiten in Form vom
Komponisten Johann Sebastian Bach, hier als Statue außerhalb der Leipziger Thomaskirche
abgebildet, und dem Komponisten Wolfgang Amadeus Mozart, hier durch ein Foto von
Mozarts Geburtshaus in Salzburg repräsentiert, sind in der Collage anwesend. Geographische
Orte und bekannte Wahrzeichen sind hier auch zu finden, wie die Wiener Hofburg („die
Burg“), der Rhein bei Rüdesheim („der Fluss“) und die Allianz Arena in München („das
Stadion“) (Finster 2016: 8-9). Den Lernenden werden somit sowohl hochkulturelle als auch
alltagskulturelle Gegenstände vorgestellt.
Zu diesen Bildern gehört eine Diskussionsfrage: „Was glauben Sie: Welche Fotos sind
aus Deutschland, welche aus Österreich und welche aus der Schweiz? Was kennen Sie?“
(Finster 2016: 8). Obwohl hier eine Beispielaussage präsentiert wird, in der das achte Bild

14
von einem Strand in Deutschland sein müsse, denn „[e]in Meer gibt es nur in Deutschland“,
werden die Lernenden nicht hauptsächlich angefordert, solche logischen Schlussfolgerungen
über die Bilder in Bezug auf die drei deutschsprachigen Länder zu ziehen. Vielmehr wird von
ihnen erwartet, ihre Vorstellungen, Vorkenntnisse und vorgefasste Meinungen von den
Ländern für diese Aufgabe zu nutzen.
Diese kulturellen Gegenstände und deren landeskundliche Funktion können aus
mehreren Blickwinkeln gesehen werden. In gewissen Fällen wollen die Bilder Unterschiede
zwischen den Ländern lehren, wie das Bild von einer 1-Euro-Münze neben einer
1-Franc-Münze, die auf einem Euro- samt einem Franc-Schein liegen, in der Begleitung der
Vokabel „das Geld“. Dieses Wissen, das in der Realität auf einen unanfechtbaren Fakt
hindeutet, würde eine Herangehensweise der faktischen Landeskunde indizieren, wird jedoch
nicht auf eine typische faktisch-landeskundliche Weise präsentiert. Die Zielsetzung dieser
Übung ist es kaum, wie dieser Ansatz fordert, dass die Lernenden dieses Wissen über die
unterschiedlichen Länder auswendig lernen müssen, sondern eher ihre Fähigkeiten, über
kulturelle Erscheinungen zu reflektieren, zu üben. In dieser Hinsicht kann diese Aufgabe,
wenngleich zu einem geringen Grad, mit dem Vorsatz der diskursiven Landeskunde
verglichen werden, insofern, dass die Vorkenntnisse der Lernenden geprüft werden und ihre
Deutungsmuster aktiviert werden.
Die zu den Bildern zweite begleitende Aufgabe hat jedoch Komponenten typisch für
den kommunikativen landeskundlichen Ansatz. In dieser Aufgabe sollen die Lernenden
selbstständig die Frage beantworten, ob sie irgendwann in Deutschland, Österreich oder der
Schweiz waren und in dem Fall wo, was sie dort gemacht haben und was sie von den Ländern
gerne sehen möchten. Zwei Sprechblasen mit anfangenden Beispielsätzen sind ihnen zur
Unterstützung, wie man ein solches Gespräch führen könnte, gegeben (Finster 2016: 8). Hier
wird nicht, wie Aufgaben in der kommunikativen Landeskunde oft präsentiert werden, eine
simulierte Konversation angeboten, jedoch eine Übung in sogenannten kommunikativen
Fähigkeiten (vgl. Biechele/Padrós 2003: 28-32).
Der Einstieg zum Kapitel fängt mit drei aneinander geknüpften Übungen an, die sich
auf den in Übung 1b vorhandenen Text beziehen. Die zweite Aufgabe (2a-c) enthält
grammatische Übungen, in denen die Lernenden die Verwendung des Perfekts beziehungs-
weise dem Partizip II festigen können. Deswegen ist eine Analyse von genau diesem Teil des
Kapitels hier ausgelassen. In der Geschichte der Übung 1b erzählen drei Freunde in Form von
drei Blogeinträgen von ihrer Reise in den Semesterferien von Deutschland nach Österreich
und in die Schweiz. Im ersten Eintrag vom Samstag, dem 20. Juli, berichtet einer der Freunde,

15
Pedro, dass das Semester gerade am Ende ist und dass sie darüber diskutiert haben, wohin sie
in den gemeinsamen Urlaub fahren sollten. Sie entschieden sich dafür, in die österreichische
Stadt Salzburg – „die Stadt von Mozart“ – zu fliegen und davon aus weiter nach Luzern in der
Schweiz zu fahren. In den zwei nachfolgenden Einträgen erzählt er von den Eindrücken der
Freunde von den beiden Städten (Finster 2016: 10).
Von Salzburg wird erzählt, dass die Freunde verschiedene berühmte Sehenswürdig-
keiten betrachtet und fotografiert haben, wie die Festung Hohensalzburg und Mozarts
Wohnhaus. Nochmal wird die Betonung auf den Einfluss Mozarts auf die Stadt gelegt:
„Mozart ist hier wirklich überall!“ (Finster 2016: 10). Hier lässt sich feststellen, dass die
Beschreibung der Reise in Salzburg aus kultureller Betrachtung darauf sehr fixiert ist, was als
Hochkultur verstanden wird. Zudem weist dieser Teil eine Stereotypisierung und Reduzierung
auf eine einzelne Persönlichkeit auf. Dies könnte allerdings darauf beruhen, dass Mozart von
der Stadt Salzburg als Marketingstrategie verwendet wird und damit wäre es ein gerecht-
fertigtes Bild von der Stadt zu behaupten, dass Mozart „hier wirklich überall [ist]“.
Einen gewissen Unterschied gibt es beim dritten Eintrag zu Luzern. Im Vorübergehen
wird nur eine Sehenswürdigkeit, die Kapellbrücke, erwähnt, sonst liegt der Schwerpunkt auf
den Erfahrungen der Freunde vom schweizerdeutschen Dialekt. Diese Passage im Text will
auf eine leicht humoristische Weise die Schwierigkeit wiedergeben, die viele Personen im
deutschen Sprachgebiet außerhalb der Schweiz, wie hier die drei Freunde, mit dem
schweizerischen Dialekt haben. Zum Beispiel entstanden Probleme, als die drei eine
schweizerdeutschsprechende Frau nach dem Weg zum Hotel fragten: „Na ja, wir haben nicht
viel verstanden und haben eine Stunde unser Hotel gesucht“ (Finster 2016: 10). Ähnlich zum
Text über Salzburg wird hier implizit ein Fakt vermittelt (Schweizerdeutsch ist oft schwierig
zu verstehen, auch für Deutsche), aber zu Alltagskultur im Gegensatz zu Hochkultur. Dieser
beschriebene ,Kulturschock‘ ist mit der interkulturellen Landeskunde zu vergleichen, da hier
dialektale Unterschiede zwischen Deutschland und der Schweiz vermittelt werden. In diesem
Fall wird somit ,schweizerische Kultur‘ als eine Art Fremdkultur gegenüber ,deutscher
Kultur‘ vorgestellt.
Eine diesem Text zugehörende Grammatikübung mit der Überschrift „Perfekt: Er hat
seinen Pass vergessen“ geht von einem Bericht in dem zweiten der drei Blogeinträge aus, in
dem einer der Freunde sein Pass vergaß, was verursachte, dass sie später als geplant am
Flughafen ankamen. Hier sollen die Lernenden das Perfekt üben, zuerst dadurch, in Perfekt
stehenden Verben im Text zu finden und diese in eine Tabelle zu schreiben, mit zwei Spalten
für regelmäßige und zwei Spalten für unregelmäßige Verben (Finster 2016: 11). Diese Übung

16
macht einen integrierten Teil des grammatischen Aspekts des Lehrbuchs aus, aber kann
trotzdem aus der Sicht der kommunikativen Landeskunde betrachtet werden, da sie die
Lernenden mit den Redemitteln ausstatten will, die das Sprechen über die Vergangenheit
ermöglichen. Genau diese Übung ist aber nur thematisch mit dem Text in 1b verbunden und
soll als Übung im Umgang mit der Situation – über einen verlorenen Pass zu sprechen – nur
oberflächlich betrachtet werden.
Bevor die Lernenden in diesem Text aufgefordert werden, ihn zu lesen, müssen sie in
Aufgabe 1a mithilfe einer sich ganz oben auf der Seite befindenden Bildleiste selbst raten, wo
sich die drei Freunde im Urlaub befanden und wann. Die Bildleiste zeigt Dokumente zur
Reise: ein Gruppenfoto von den jungen Männern, eine Boardingkarte mit detaillierteren
Informationen zur Flugreise, ein Zugticket von der ÖBB zwischen Salzburg und Luzern, eine
Rechnung von Mozarts Geburtshaus in Salzburg, eine Postkarte aus Luzern und ein
Programm des Luzerner Musikfestivals. Hier werden auch einige im Text fehlende
Informationen bereitgestellt, zum Beispiel dass der Ausgangsort der Reise Berlin ist (Finster
2016: 11). Die Lernenden müssen somit mithilfe lediglich dieser fragmentarischen Informa-
tionen selbst wiedergeben, wo die Freunde im Urlaub waren und wann. Sie aktivieren damit
ihre Deutungsmuster, wenn sie die vorhandenen Gegenstände als Flug- und Zugtickets,
Rechnungen, Postkarten usw. identifizieren und hiernach schlussfolgern müssen, dass sie an
den unterschiedlichen Orten waren und zu welcher Zeit. Dies kann dementsprechend mit dem
diskursiven Ansatz zur Landeskunde verglichen werden, obwohl diese Aufgabe diesbezüglich
auf einer etwas grundlegenden Ebene diskutiert wird. Zum Beispiel werden kaum neue
fremdkulturelle Deutungsmuster den Lernenden vorgestellt. Möglicherweise wollen die
Autor:innen mit dieser Aufgabe die A2-Lernenden einer vereinfachten Herangehensweise zu
dieser landeskundlichen Methode einführen, um sie auf komplexere Diskussionen zu
Diskursen und Deutungsmustern in späteren Stufen des Fremdsprachenlernens vorzubereiten.
Die dritte Aufgabe des Kapitels mit drei untergeordneten Übungen hat den Titel
„Meine Reise“ und hier sollen die Lernenden selbst Texte zum Thema ,Reisen‘ produzieren.
In 3b werden sie aufgefordert, einen Text in der Form eines Blogeintrags zu verfassen, in dem
sie beschreiben sollen, wohin sie gereist sind, wann sie dort waren und was sie dort gemacht
haben. Diese Übung könnte aus einer Perspektive des kommunikativen landeskundlichen
Ansatzes betrachtet werden, da die Lernenden hier üben, über eine selbst erlebte Reise auf
Deutsch zu erzählen. Diese Übung allein könnte so ausgelegt werden, dass die Lernenden
nicht unbedingt von einer in Wirklichkeit erlebten Reise schreiben müssten, sondern sie bietet
auch die Möglichkeit, eine fiktive Reise zu erdichten. Jedoch fordert die Übung 3c auf, über

17
dieselbe Reise, „Ihre Reise“, zu erzählen und zusätzlich Fotos davon zu zeigen. Dies deutet
darauf hin, dass die Autor:innen eine wirkliche Reise bevorzugen. In jedem Fall, aber
besonders in letzterem, ist hier die kommunikative Landeskunde für diese Aufgabe relevant,
da die Lernenden den Umgang mit einer konkreten alltäglichen Situation üben. Die Aufgabe
ermöglicht aber auch eine Art Vergleich zwischen dem Reisen der Lernenden und dem der
Charaktere im Lehrbuch und könnte aus diesem Grund auch von der Betrachrungsweise des
interkulturellen Ansatzes gesehen werden.
Der Text der Übung 1b und die dazugehörenden Aufgaben vermitteln den Lernenden
auch indirekt kulturelle Erscheinungen. Zum Beispiel verrät der erste Satz des Blogeintrags
vom 20. Juli in Übung 1b, dass die Semesterferien gestern (das heißt am 19. Juli) anfingen,
und dadurch auch, dass das Semester in Deutschland im späten Juli endet, was für viele
andere Studierenden in Europa als ziemlich spät gelten soll.
Am Rand auf Seite 11 sind acht kleine Bilder in Bezug auf den Text auf Seite 10
abgebildet, je mit einer dazugehörenden Vokabel. Diese Bilder funktionieren hier als Symbole
für acht grundlegende reisebedingte Wörter. Zum Beispiel kommen die Vokabeln „Abflug“
und „Ankunft“ vor, hier durch ein Piktogramm symbolisiert. Das Vokabel „Gepäck“ wird von
Koffern unterschiedlicher Größen und einem Rucksack repräsentiert und „der Flughafen“
wird durch einen großen Raum, in dem Menschen zirkulieren, einen mit einem Koffer, mit
einem riesigen Fenster illustriert, außerhalb von dem ein abfliegendes Flugzeug und ein
Flugverkehrskontrollturm zu sehen ist. Alle diese Bilder sind für die Lernenden mit den
jeweiligen Wörtern wahrscheinlich einfach zu identifizieren, da sie durch ihre gelernten
Deutungsmuster die Bilder sofort erkennen können.
Die vierte Übung des Kapitels mit der Überschrift „Meine Handtasche ist weg!“
behandelt eine alltägliche Situation und vermittelt somit Alltagskultur. Als erste Aufgabe (4a)
sollen sich die Lernenden zwei Bilder ansehen und darüber diskutieren, wo die Personen in
den Bildern sind und was sie machen. Die Personen im Fokus sind die Freundinnen Susi und
Christina, die im ersten Bild an einem Tisch in einem Café sitzen. Dies können die Lernenden
sicher mithilfe ihres Vorwissens daran erkennen, dass eine Frau mit einer Schürze den
Freundinnen ihre Aufmerksamkeit schenkt und die beiden Freundinnen je eine Tasse vor sich
auf dem Tisch haben. Die eine Frau betrachtet ihre neben sich auf der Bank stehenden
Shoppingtaschen und hat die Hand auf ihren Kopf gelegt, während sie einen beunruhigten
Gesichtsausdruck hat. Wir erfahren im Text der Aufgabe 4d näher, dass Susis Handtasche, wie
im Titel schon angedeutet, verschwunden ist. Im zweiten Bild sind die Freundinnen in einem
Schuhladen. Die Angestellte an der Kasse sieht sich die Freundinnen an und macht eine Geste

18
mit ausgestreckten Armen, die signalisiert, dass sie nichts (von der verlorenen Handtasche)
weiß. Die Lernenden werden also mithilfe der beiden Bilder aufgefordert, eine Geschichte
darüber, was den Freundinnen passiert sein könnte, zu erfinden. Erst danach bekommen sie in
Aufgaben 4c und 4d die offizielle Geschichte, was eigentlich passiert ist. Diese Methode
ähnelt zu einem gewissen Grad dem diskursiven landeskundlichen Ansatz insofern, dass hier
die Lernenden durch ihre eigene Analyse der Bilder ihre „kulturellen Deutungsmuster“
aktivieren müssen (vgl. Fornoff 325ff; siehe auch 2.4.). Ausgehend von den Bildern müssen
sie die darin vorhandenen Muster erkennen und sich ein Szenario ausmalen. Daher
verknüpfen sie vielleicht die mittelgroßen Papiertaschen im ersten Bild mit der Aktivität
,Shoppen‘, die Frau in Schürze mit dem Beruf ,Kellnerin‘ und die Gesten und Gesichts-
ausdruck von Susi mit der Erkenntnis, dass sie etwas vergessen hat, wie zum Beispiel ihre
Handtasche. Da diese Geschichte auch in Berlin spielt, was sich anhand von Hinweisen im
Text feststellen lässt, zum Beispiel da sie „am Brandenburger Tor aus der U-Bahn
ausgestiegen [sind]“ (Hofbauer 2016: 12), wird sie auch in diesem Kontext mit ,deutscher
Kultur‘ verknüpft und dementsprechend als solche vermittelt. Die kulturellen Deutungsmuster
,Shoppen‘, ,Café‘ und ,Schuhladen‘ werden somit in diesem Kapitel reproduziert.
Der Verlust eines persönlichen Gegenstands und der Umgang mit einer solchen
Situation, wie es im Text 4a hervorgehoben wird, kann auch als ein ,deutsches‘ Muster
identifiziert werden. Als hier ein Bekannter von Susi sie fragt, ob sie und Christina, nachdem
sie den Verlust der Handtasche entdeckt haben, gleich zur Polizei gingen, antwortet Susi:
„Nein, wir sind zum Schuhgeschäft zurückgegangen und haben die Verkäuferin gefragt. Aber
leider – nichts. Dann sind wir zur Polizei gefahren und ich habe eine Verlustanzeige gemacht“
(Finster 2016: 12). Die angemessene Herangehensweise in dieser Situation wird in dieser
Passage angedeutet: man soll nicht sofort eine Anzeige bei der Polizei machen, sondern
vorher zum Platz zurückgehen, wo der Gegenstand zuletzt gesehen wurde. Die Lernenden
bekommen somit einen Einblick darin, wie der Diskurs zum Verfahren aussieht, weshalb
dieser Text und die einleitenden Aufgaben aus einer diskursiven Betrachtungsweise
angenähert werden können.
Diese vorgestellte Prozedur bei einem Gegenstandsverlust kann aber auch aus einer
kommunikativen landeskundlichen Perspektive betrachtet werden, und vor allem im
Zusammenhang mit der Aufgabe 6, insbesondere 6b. Die Lernenden bekommen hier eine
Wahl von zwei Situationen und sollen zu zweit einen Dialog schreiben. Die Aufforderung ist,
dass die Lernenden entweder ihre Geldbörse oder ihr Handy verloren haben und bei der
Polizei eine Verlustanzeige machen sollen. Weitere Voraussetzungen sind zu beschreiben, wo

19
sie ihren jeweiligen Gegenstand noch hatten („im Café“ bzw. „im Geschäft“) und wo und
wann sie ihn verloren („in der Stadt“, „heute Vormittag“ bzw. „im Park“, „um 14 Uhr“)
(Finster 2016: 13). Geübt wird dementsprechend die kommunikative Fähigkeit, sich mit einer
informellen Situation im Land der Fremdsprache auseinanderzusetzen. Die Grammatikübung
5 zum Text verstärkt auch diese Betrachtungsweise, da die Lernenden in dieser Übung
Präpositionen üben und in der Übung 5c ihren Weg zum Deutschkurs beschreiben müssen.
Dadurch bekommen sie auch eine Gelegenheit, sich relevante Redemitteln zum Thema
anzueignen und somit ihre kommunikativen Fähigkeiten herauszufordern und weiterzu-
entwickeln.
Es sei ein Ziel dieses ersten Kapitels von Panorama, den Lernenden eine Übung
anzubieten, bei der sie eine Verlustanzeige bei der Polizei machen dürfen (Finster 2016: 4),
aber wie ein solches Verfahren tatsächlich durchgeführt wird, behandelt das Kapitel nur
oberflächlich. Die Lernenden nehmen nur die Rolle eines/einer anzeigenden Zivilist:in bzw.
Polizist:in ein und dürfen zum Beispiel nicht üben, ein formelles Anzeigeformular
auszufüllen, sondern nur diese Situation auf eine informelle Weise zu bewältigen. Gewiss
setzt das vom kommunikativen landeskundlichen Ansatz formulierte Ziel der kommunika-
tiven Kompetenz voraus, dass die im Unterricht vorgestellten und geübten Situationen den
Lernenden von Nutzen sind, da ihnen solche Umstände im wirklichen Alltag in den deutsch-
sprachigen Ländern begegnen könnten (vgl. Biechele/Padrós 2003: 52). Das primäre Ziel
dieser Übung ist es aber, hauptsächlich Präpositionen zu üben. Trotzdem lässt sich feststellen,
dass das in Panorama vorgestellten Szenario auf jeden Fall eine denkbare alltägliche
Situation wäre, in der sich die Lernenden wiederfinden könnten, und dass sie durch das Üben,
über eine Verlustanzeige zu sprechen, auch ihre kommunikative Kompetenz in der Ziel-
sprache verbessern, was das Ziel der kommunikativen Landeskunde ist.
Zuletzt handelt dieses einleitende Kapitel in den Übungen 7 (a-d) und 8 von der
österreichischen Hauptstadt Wien. Ganz oben auf Seite 14 sind kurze Beschreibungen zu drei
Wiener Touristenattraktionen zu finden. Die jeweiligen Attraktionen sind die Hofburg, das
Museumsquartier und das Palmenhaus (Finster 2016: 14). Alle drei erwähnten Sehens-
würdigkeiten sind Institutionen der österreichischen Hochkultur, was auch in den Texten
deutlich ist: in der Hofburg wohnt der Bundespräsident und sie war vorher der Sitz des
österreichischen Kaisers und im Museumsquartier sind viele Kunstmuseen zu finden. Das
architektonisch schöne Palmenhaus gilt wohl auch als ein hochkulturelles Reiseziel, auch
wenn vor allem das Café im Text hervorgehoben wird. Zwar werden diese Beschreibungen
auch mit Informationen alltagskultureller Art komplettiert, zum Beispiel dass jährlich

20
„hunderttausende Sisi-Fans“, Bewunder:innen der ehemaligen Kaiserin Elisabeth, wegen des
nebenan liegenden Sisi-Museums den Ort der Hofburg besuchen, und dass es im
Museumsquartier im Freien einen großen Treffplatz mit „Enzis“ gibt, eine Art Couch, deren
Farbe jährlich nach einer im Internet stattfindenden Umfrage entschieden wird. Eine
Mischung von hoch- und alltagskulturellen Veranstaltungen und Sehenswürdigkeiten in Wien
wird damit dargestellt.
In Aufgabe 7c fragen die Autor:innen, was die Lernenden in Wien besichtigen
möchten und warum. Außer den kleinen Texten über die Touristenattraktionen haben die
Lernenden durch das Lehrwerk keine Informationen zu Wien bekommen, um diese Frage zu
beantworten, und müssen sich dann entweder auf ihre Vorkenntnisse oder eventuelle
Erfahrungen zur Stadt verlassen, sie selbst mithilfe externer Ressourcen recherchieren oder
von den im Text dürftigen Auskünften ausgehen. Damit entsteht einerseits eine Gelegenheit,
das kulturelle Wissen über Wien zu erweitern, andererseits legen die Autor:innen diese
Verantwortung gänzlich auf die Lernenden. In Anbetracht dessen, sind der Text und die
zugehörigen Aufgaben 7a-c am besten mit dem faktischen landeskundlichen Ansatz zu
vergleichen. Was die Lernenden über Wien erfahren, sind reine Aufzählungen von Fakten,
hauptsächlich von hochkultureller Art.
Für die letzte Aufgabe 8 des Kapitels „Auf Reisen“ ist die interkulturelle Perspektive
zur Landeskunde aktuell. Die Anforderung an die Lernenden ist hier, ihre Heimatstadt zu
beschreiben. Hierzu werden zwei Fragen gestellt: „Wie finden Sie die Stadt? Was muss man
besichtigen?“ In Bezug auf die im Lehrbuch auf Seite 14 obenstehenden Texte über Wien
lässt sich dieser Aspekt von Kultur dieser Stadt und der Stadt der Lernenden gegenüber-
stellen. Vor allem in einer Gruppe, in der die Lernenden aus unterschiedlichen Städten oder
sogar Ländern kommen, sind die zusammengestellte Ergebnisse dieser Übung aus einer
interkulturellen Perspektive von Interesse, da alle Kursteilnehmenden unterschiedliche Städte
und damit auch ,ihre‘ unterschiedlichen Kulturen hervorbringen können.
In den Übungen dieses Kapitels sind sowohl die Vermittlung von ,Alltagskultur‘ als
auch ,Hochkultur‘ zu erkennen. Der Text behandelt eine Reise von drei Studenten und gehört
somit zur Alltagskultur, der Reisebericht selbst beinhaltet allerdings unterschiedliche
kulturelle Perspektiven. Die Erwähnung von Mozart lässt sich aber wegen der oberflächlichen
Annäherung kaum als Kulturvermittlung des faktischen landeskundlichen Ansatzes fest-
stellen, jedoch zeigt das, dass Panorama auch hochkulturelle Aspekte in seine Kultur-
vermittlung miteinbezieht. Auf die Werke und Leistungen Mozarts wird nicht näher ein-
gegangen, sondern nur der Komponist als ein für Salzburg und Österreich (und die ,deutsch-

21
sprachige Kultur’ überhaupt) bedeutendes kulturelles Symbol erwähnt, auf das die Stadt
Salzburg ihre Einwohner:innen und Besucher:innen aufmerksam macht (Finster 2016: 10).

3.4.2. Lieber Deutsch


Grundlage dieser Teilanalyse ist sowohl die Einheit A namens „Ab in den Urlaub“ des
einleitenden Kapitels „Hopp und weg“ (Hofbauer 2017: 14-23) als auch die zugehörige
landeskundliche Einheit (ebd: 37-41) von Lieber Deutsch.
Als Einführung in die Teileinheit „Ab in den Urlaub“ finden wir einen Text, in dem
ein Reporter eine Umfrage erstellt, in der fünf Personen befragt werden, wie und wo sie ihren
Urlaub verbringen. Es ist nicht möglich, festzustellen, in welcher Stadt die meisten Befragten
wohnen oder ob sie in derselben Stadt wohnen. Die erste Befragte mit dem Namen „Lisa
Lehner“ in Berlin fängt an: ”Dieses Jahr machen mein Freund Tom und ich Urlaub auf
Balkonien, das bedeutet wir bleiben einfach zu Hause“ (Hofbauer 2017: 14). Schon mit dieser
Passage wird eine vorausgesetzte Vorstellung von ,Urlaub‘ vermittelt, nämlich dass das
Wegreisen Norm ist. Es wird noch deutlicher als Lisa erklärt, dass der Grund für ihre Wahl,
den Urlaub zu Hause zu verbringen, die Vermeidung von Umweltbelastung als Folge des
Fliegens und die Unlust, „mit anderen Leuten am Pool zu drängeln“ ist. Dass Lisas kulturelle
Deutungsmuster von ,Urlaub‘ von ihren eigenen Erfahrungen geprägt wurden, kann an dieser
Stelle vorausgesetzt werden. Dieser Text vermittelt auch indirekt einen in Deutschland
anwesenden Diskurs über Klimaschutz und könnte somit mit der diskursiven Landeskunde
verglichen werden, da dies auf ein nuanciertes Bild vom ,Urlaub‘ und davon, was gewisse
Menschen innerhalb der Gesellschaft bewegt, zeigen will.
Die zweite Befragte, Anna Reimer, erzählt von ihren Plänen, nach Schweden zu
fahren, und zwar mit dem Ziel, Elche in einem Elchgehege zu sehen. Diesen Ausflug nennt
sie „Safari“, die Elche die „König[e] der Wälder“ und sie scheint sehr aufgeregt über die Idee,
Elche zu betrachten (Hofbauer 2017: 15). Hier wird deutlich, dass dieses Lehrbuch in
Schweden verfasst wurde. Es ist in Schweden eine Vorstellung oder sogar ein Vorurteil, dass
Personen aus dem europäischen Kontinent, insbesondere aus Deutschland, von schwedischen
Elchen begeistert sind, und dass sie die Tiere sehr exotisch finden. Dies macht sich deutlich in
dem im Text vorkommenden Vergleich zwischen Löwen, Elefanten und Nashörnern einerseits
und Elchen andererseits. Um dies zu erkennen, müssen die Teilnehmenden dieses Diskurses,
das heißt in diesem Fall die Lernenden, das Vorwissen von schwedischen Diskursen über
Deutsche haben, was aber nicht immer selbstverständlich ist. Zweck der Aussage von Anna
Reimer könnte sein, dass die Deutschlernenden aus Schweden eine eigennationale

22
Verknüpfung zum Text haben sollen. Deswegen lässt sich diese Stereotypisierung am besten
aus einer interkulturellen Perspektive der Landeskunde betrachten.
Der dritte Befragte, Anton Ebermann, gibt an, dass er und seine Freundin nach New
York in die USA fahren. Vor allem geht es in diesem Absatz um Shopping („Wir nehmen
einen leeren Koffer von zu Hause mit und kommen vielleicht mit einem Koffer voller Sachen
nach Hause.“) und Sightseeing. Die Sightseeing-Orte, die Anton gerne besuchen würde,
kenne er aus Filmen und Fernsehserien. New York wird hier als ein aus der Populärkultur sehr
bekanntes Reiseziel dargestellt, wohin Deutsche für Konsum fahren. Diese Referenz drückt
die bedeutende Rolle der US-amerikanischen Populärkultur im deutschen Sprachraum aus.
Die vorletzte Befragte heißt Andrea Eckhardt, die von ihren Sommerplänen in
Salzburg erzählt. Sie arbeitet in einem Kiosk außerhalb der Stadt, in dem sie „unter anderem
Bratwurst mit Kartoffelsalat, Limonade und Mineralwasser“ verkauft. Dies ist die einzige
Stelle in dem in dieser Arbeit analysierten Material, an der das kulturelle Thema ,Essen‘
diskutiert wird. Dadurch wird typische, traditionelle Gerichte und Getränke des deutschen
Sprachraums erwähnt. Zudem herrscht hier ein anderes Bild von Urlaub als in den vorherigen
Aussagen, da Andrea in ihrem Urlaub arbeitet (Hofbauer 2017: 16). Andrea erzählt auch über
ihre Sonntagspläne, da Sonntag dem Faulenzen und Schlafen gewidmet sei. Hier wird das
Konzept des Sonntags als ein Tag der Ruhe angeschnitten, worin auch für die vermutliche
Lernenden aus Schweden, der Zielmarkt des Lehrwerks, sich und die eigene Kultur
wiedererkennen können.
Zuletzt erzählt Zeynep Yılmaz von ihren Plänen für den Sommer, den sie als
Praktikantin in einem Kinderheim verbringen möchte. Auch sie will den Urlaub für Arbeit
nutzen und herausfordert die Vorstellungen, dass der Urlaub nur zum ,Faulenzen’ ist. Als sie
die Arbeitsaufgaben aufzählt, erklärt Zeynep, dass sie Spaß machen werden. Arbeit im Urlaub
wird damit nicht nur als etwas für viele Notwendiges dargestellt, sondern auch etwas, das
erfüllen und Spaß machen kann.
Mit diesen fünf Berichten scheint es, als ob die Autor:innen ein vielfältiges Bild von
einem Urlaub präsentieren wollen. Aus einer diskursiven Betrachtungsweise kann gesagt
werden, dass die unterschiedlichen Aussagen unterschiedliche Diskurse über das Thema (oder
Muster) ,Urlaub‘ repräsentieren. Der Sommer kann zu Hause oder im Ausland, zum Ausruhen
oder zum Arbeiten verbracht werden. Gemeinsam haben sämtliche Befragte auch, dass sie
zum Ausdruck bringen, dass der Sommer für Spaß da ist, aber auch dass unterschiedliche
Aktivitäten für die unterschiedlichen Personen lustig sind. Auch die Namen der Befragten
können zu einem gewissen Grad ahnen lassen, dass sie von unterschiedlicher Herkunft sind.

23
Lisa Lehner, Anna Reimer, Anton Ebermann und Andrea Eckhard hören sich alle nach
,typisch deutschen‘ oder ,deutschsprachigen‘ Namen an, und der letzte Name, Zeynep
Yılmaz, nach einem türkischen Namen. Dies zeigt auch auf einen Anspruch der Autor:innen,
eine Vielfalt von Menschen hervorzuheben. Aus einer kulturvermittelnden Sicht kommt diese
Vielfalt etwas oberflächlich vor, und die kulturellen und landeskundlichen Elemente
wiederholen großenteils Stereotypen und Klischees. Insofern lässt sich dieser Text am besten
mit dem interkulturellen Ansatz zur Landeskunde vergleichen, da unterschiedliche Perspekt-
iven hervorgehoben werden und auch mit den Kulturen der Lernenden verglichen werden
sollen. Dies bekräftigt teilweise die Kritik gegenüber dem interkulturellen Ansatz zur
Landeskunde, nämlich dass sie leicht Stereotypen reproduziert, wie zum Beispiel, dass
Deutsche Elche exotisch finden oder in New York einen ganzen Koffer voll Waren einkaufen
und mit nach Hause nehmen (siehe auch 2.2.3.).
Vor allem mit der Schreibübung in Verbindung zu diesen Texten, in der die Lernenden
selbst einen kurzen Text darüber, was sie in den Ferien gerne machen, produzieren sollen, ist
diese Einheit durch die Brille der interkulturellen Landeskunde anschaulich zu betrachten. Die
Lernenden werden hier aufgefordert, sechs direkte Fragen zu beantworten: wann sie Urlaub
machen, wie lange, wo, mit wem und welche Aktivitäten sie machen beziehungsweise, wie
sie diese finden (Hofbauer 2017: 19). Zu ihrer Hilfe bekommen sie auf derselben Seite
Vokabeln, die zu den jeweiligen Fragen aktuell sein könnten. Diese Aufgabe ist der oben
erwähnten Übung „Meine Reise“ in Panorama ähnlich, in der die Lernenden auch über eine
Reise schreiben sollen. Der Unterschied ist aber die Textform, wo die Lernenden, die
Panorama verwenden, über die Reise in Form eines Reiseblogeintrags und die, die Lieber
Deutsch verwenden, einen kurzen Text unspezifischer Art schreiben sollen. Die Lernenden
werden zwar nicht dazu aufgefordert, einen ,typischen‘ Urlaub in der eigennationalen Kultur
zu beschreiben, sondern bekommen die Gelegenheit, über eine persönliche Erfahrung, unab-
hängig von ihrem kulturellen Hintergrund zu erzählen, jedoch ermöglicht diese Aufgabe den
Vergleich zwischen dem Eigenen und dem Fremden, der so typisch für den interkulturellen
Ansatz ist. Ähnlich der Aufgabe in Panorama könnte diese Aufgabe aber auch als Übung der
kommunikativen Kompetenz der Lernenden betrachtet werden, da sie hier auch die relevanten
Redemittel zum Thema verwenden müssen.
Die folgenden Aufgaben sind mündliche Übungen, wobei die Lernenden gemeinsam
in kleineren Gruppen arbeiten sollen und Aktivitäten aus einem Kasten mit den passenden
,Kategorien‘ von Urlaub aus einem anderen Kasten verknüpfen sollen. Die Kategorien sind
unter anderem „Sporturlaub“, „Bildung und Kultur“ und „Erholungsurlaub“, und die

24
Aktivitäten sind beispielsweise „im Gebirge wandern und klettern“ und „zu Hause bleiben
und Bücher lesen“ (Hofbauer 2017: 20). In der Übung dürfen die Lernenden nicht, wie in der
diskursiven Landeskunde bevorzugt wäre, ihre eigenen Deutungsmuster aktivieren, sondern
sollen den Kategorien, die schon von den Autor:innen formuliert wurden, Aktivitäten, die sie
mit den Kategorien assoziieren, zuschreiben.
Das Thema der landeskundlichen Einheit ist in diesem Kapitel „Beliebte Urlaubs-
ziele“. Die Einheit stellt vier Texte über vier verschiedene Orte vor: das Ruhrgebiet und Sylt
in Deutschland, die Aletsch-Region in der Schweiz und Wien in Österreich. Die Lernenden
werden aufgefordert, über diese Reiseziele zu lesen und erzählen, wohin sie am liebsten
fahren möchten und warum. Im Text über das Ruhrgebiet wird eine kurze Geschichte „vom
Hochofen zur Hochkultur“ dargestellt; es wird erklärt, wie das Gebiet früher von Luftver-
schmutzungen verpestet war, aber dass dies nicht mehr der Fall ist, „sondern es gibt Theater,
Musik, Malerei, Tanz und Performance“. Es gebe zum Beispiel eine zahlreiche Auswahl von
Kunstmuseen und Theaterbühnen, aber auch von Sportanlagen, wie „die Längste Indoor-Piste
der Welt“ in Bottrop. Die Autor:innen illustrieren dieses Reiseziel mithilfe eines Bildes vom
Landschaftspark in Duisburg, den sie als „ehemaliges Stahlwerk, heute Industrierbe (sic)“
beschreiben (Hofbauer 2017: 37). Die Texte über Sylt und die Aletsch-Region sind ähnlich
und präsentieren nur grundlegende Fakten über diese Reiseziele, wie zum Beispiel, dass bei
Sylt einen Naturpark und zugleich UNESCO-Welterbe gibt, oder dass das Aletschgletscher
„der größte und längste Gletscher der Alpen“ ist (Hofbauer: 38-39). Der Text über Wien ist
interessant, da er mit dem Text in Panorama über Wien verglichen werden kann. Auch in
Lieber Deutsch geht es fast ausschließlich um beliebte Sehenswürdigkeiten, beispielsweise
den Stephansdom („oder, wie die Wiener sagen, [den] ,Steffl‘“), dem Burgtheater, der Wiener
Staatsoper und der Spanischen Hofreitschule (Hofbauer 2017: 40), und somit auch um
hochkulturelle Aspekte der Stadt. Genau wie in Panorama wird hier erwähnt, dass die
Hofburg früher vom Kaiser bewohnt war, heutzutage aber vom österreichischen Bundes-
präsidenten. Das zugehörende Bild zeigt das Riesenrad im Vergnügungspark beim Prater,
welches, worauf im Text hingewiesen wird, das höchste in ganz Europa ist.
Dieser Text ist ein typisches Beispiel von der faktischen Landeskunde, da er nur reine
Fakten über diese Orte vermittelt, und zwar hauptsächlich geographische und historische
Fakten. Die zugehörende Aufgabe zum Text erfordern auch weitere Nachforschung zu diesen
Orten. Zweck dieser Aufgabe ist es, weder ihre kommunikative, interkulturelle noch diskurs-
ive Kompetenz zu entwickeln, sondern einfach Fakten zu ermitteln und wiederzugeben.

25
Als ergänzende Übung stellen die Autor:innen zusätzlich ein „Geographiequiz“ dar,
bestehend aus zwölf Fragen in Bezug auf zwei Karten vom deutschen Sprachraum ganz
hinten auf der Decke des Buches. Die Lernenden werden hier aufgefordert, sich selbstständig
über die Geographie dieser Länder zu informieren. Zum Beispiel wird gefragt, an welchen
Meeren Deutschland seine Küste hat, wie der höchste Berg Deutschlands heißt und welche
von den beiden Hauptstädten Basel und Wien am südlichsten liegt. Insgesamt von den zwölf
Fragen sind sieben Fragen lediglich über Deutschland, zwei lediglich über Österreich und eine
lediglich über die Schweiz. Eine Frage bezieht sich auf sowohl Deutschland als auch die
Schweiz und eine Frage auf sowohl Österreich als auch die Schweiz (Hofbauer 2017: 41).
Genau wie im Panorama wird das Reisen vor allem als ein zum Alltag gehörendes
kulturelles Phänomen dargestellt. Dies zeigt sich besonders im ersten Text „Ab in den
Urlaub“, wo ,Reisen‘ mit ,Urlaub‘ verknüpft wird. Allerdings sind auch hier hochkulturelle
Erscheinungen präsent, was sich vor allem als Reiseziele oder Sehenswürdigkeiten offen-
baren, hauptsächlich in der landeskundlichen Einheit „Beliebte Urlaubsziele“.

3.5. Thema ,Schule’ und ,Arbeit’


Bei den Themen ,Schule‘ und ,Arbeit‘, die eng miteinander verknüpft sind, geht es noch mehr
um Alltagskultur als beim Reisen. Die allermeisten Menschen sind entweder in der Schule, in
Ausbildung oder berufstätig, und fast alle anderen haben das schon gemacht oder werden es
einmal machen. Es ist ein sehr großer und wichtiger Teil des menschlichen Lebens und
Alltags. Wie es sich aber im folgenden Abschnitt zeigen wird, können auch gewisse
hochkulturelle Aspekte der Themen integriert werden.
Im Zentrum für diesen Abschnitt steht erstens das achte Kapitel von Panorama,
„Lebenslinien“ (Finster 2016: 64-69), und zweitens die Teileinheit A, „Meine Traumschule“
(Hofbauer 2017: 116-124) beziehungsweise die landeskundliche Einheit „Berühmt und
bekannt – ein Quiz“ (ebd. 141-144) von Lieber Deutsch.

3.5.1. Panorama
Laut der Beschreibung der Einheit „Lebenslinien“ soll geübt werden, „über seine Schulzeit
und Kindheit [zu] erzählen, Erstaunen aus[zu]drücken, über Biografien und Ausbildung [zu]
sprechen“ und „einen Text über eine bekannte Person [zu] schreiben“ (Finster 2016: 5).
Der erste Aufschlag mit den drei ersten Übungen dieses Kapitels stellt einen Text in
der Form eines 35-zeiligen Tageszeitungsartikels in den Fokus. Dieser Artikel, mit der

26
Überschrift „Wie war die Schule früher?“ (Finster 2016: 64), enthält eine Aussage von Frau
Ingeborg Gruber, ehemaliger Schülerin der „Goetheschule“, über ihre Schulzeit vor vielen
Jahren. Wie alt sie sein sollte, verrät der Text nicht, aber sowohl das Porträt von der
vermutlichen Frau Gruber als auch den Inhalt, der von ihr gegebenen Aussage, weist darauf
hin, dass sie ungefähr im Rentenalter ist. Der Text ist von vielen Vergleichen und Kontrasten
zwischen der Schulzeit von Frau Gruber und der von heute, wie sie es sieht, geprägt. Zum
Beispiel berichtet sie in dem ersten Absatz von dem langen Weg von zu Hause zur Schule,
den sie immer zu Fuß ging – damals gab es keine Möglichkeit, einen Schulbus zu nehmen.
Ein Holzstück mussten die Kinder damals zur Schule mitbringen wegen der mangelnden
Heizung im Winter – was Schüler:innen heute in Deutschland sehr fremd erscheinen würde,
da Schulen heutzutage Geld genug haben, um ein modernes, zentrales Heizsystem zu haben.
Weiter beschreibt sie die im Klassenzimmer strengen Regeln und dass ein Regelbruch zu
einer Strafe führen konnte. Schulbücher waren für viele Familien zu teuer und mussten
geliehen werden und statt teurem Papier wurden wiederverwendbare Schreibtafeln verwendet.
Die Pausen verbrachten Frau Gruber und die anderen Kinder im Schulhof, wo sie Spiele
spielten, die „die Kinder [heute] […] nicht mehr [kennen]“. Mit dieser Erzählung erklärt Frau
Gruber, was in ,ihrer Zeit‘ üblich war und dadurch auch, was den Schüler:innen in den
deutschsprachigen Ländern heutzutage fremd vorkommt. Sie stellt sogar direkt fest: „Es war
früher ganz anders als heute.“ Es ist klar, dass es sich in diesem Text um Alltagskultur
handelt, geschildert wird der Alltag einer Schülerin irgendwann in der Mitte des 20.
Jahrhundert. Es handelt hier auch zu einem gewissen Grad über eine diachronische
Perspektive zum Alltag in der Schule – die Vergangenheit steht im Kontrast zu heute.
Manchmal ausgesprochen, manchmal zwischen den Zeilen können Unterschiede
zwischen der Schule in Frau Grubers Zeit und der von heute aufgewiesen werden. Um diese
Unterschiede zu erkennen, müssen die Lernenden ein gewisses Vorwissen haben, aber
unterschiedlichen Lernenden stehen unterschiedliche Deutungsmuster zur Verfügung. Welche
Normen unter deutschen Schüler:innen vorherrschen, wird hier indirekt vermittelt. Allerdings
ist das einigen Lernenden vielleicht nicht klar, da diese Normen und Erscheinungen noch in
ihren Kulturen existieren, zum Beispiel, dass physische Bestrafungen Teil der Disziplin sind.
Die Lernenden sollen laut der Aufgabe 1a, bevor sie den Artikel lesen, raten, wovon
der Artikel handelt, durch die Überschrift und die drei Fotos zum Text anschauen, ähnlich wie
in der ersten Aufgabe der Einheit „Auf Reisen“ (siehe oben). Die Fotos stellen die Frau, die
schon erwähnte Frau Ingeborg Gruber, eine große schwarze Tafel und eine im Artikel
beschriebene kleine Schreibtafel dar. Wie bei einer der Aufgaben zur Einheit „Auf Reisen“

27
kann diese Aufgabe mit der Herangehensweise des diskursiven landeskundlichen Ansatzes
verglichen werden (siehe 3.4.1.). Wenn die Lernenden, bevor sie den Text lesen, durch nur
einige Hinweisen über das Thema zu diskutieren anfangen, werden sie dadurch ihre eigenen
kulturelle Deutungsmuster zum selben Thema aktivieren. Wenn sie dann den Text lesen,
können sie sowohl über ihr eigenes Wissen und darin vorkommende Bedeutungen reflektieren
und eventuell verändern (vgl. Altmayer 2016b: 11).
Dieser Artikel vermittelt nicht nur einen Aspekt vom alltäglichen Leben eines
Menschen, sondern auch Kultur im zeitlichen Wandel. Dargestellt wird die Realität einer
älteren Person und indirekt die Kultur ihrer Generation. Auch in diesem kulturellen Vergleich
zwischen den älteren und jüngeren Generationen wird die Gelegenheit angeboten, eine
Diskussion über unterschiedliche Diskurse zu führen, besonders da die Lernenden, zumindest
die meisten davon, wahrscheinlich viel jünger als Frau Gruber sind und in der Schule andere
Erfahrungen gemacht haben. Die Lernenden können somit nicht nur über ihre Deutungs-
muster zum Thema reflektieren, sondern auch über ihre eigenkulturellen Erfahrungen.
Die Aufgabe 2b zum selben Text ist in diesem Kontext besonders interessant. Die
Lernenden müssen hier Fragen sammeln, die bei einem möglichen Interview mit Frau Gruber
gestellt werden könnten. Anbei sind sieben Vorschläge zu Themen, von denen ausgehend
diese Fragen formuliert werden können, zum Beispiel „Schulbücher bezahlen“, „Lehrer nett
sein“, „was für Schulsachen haben“ und „mit einem Computer lernen“ (Finster 2016: 65). Die
Fragen müssen mithilfe der Modalverben (wollen, müssen, können, dürfen und sollen)
gebildet werden, die die Lernenden in der Aufgabe 2a üben müssen. Das erste Beispiel in der
Form einer Frage könnte damit so aussehen: „Haben Sie die Schulbücher bezahlen können?“
Hier haben aber die Fragen das Potenzial, von den eigenen Kulturen der Lernenden geformt
zu werden. Zum Beispiel formulieren Lernende, die nicht für ihre Schulbücher selbst haben
bezahlen müssen, die Frage vielleicht eher so: „Mussten Sie die Schulbücher bezahlen?“ Es
gibt somit eine Handlungsfreiheit, wobei die Lernenden ihre Deutungsmuster aktivieren und
herausfordern können, was mit dem diskursiven landeskundlichen Ansatz zu vergleichen ist.
Übung 4 lässt das Thema ,Schule‘ nicht ganz hinter sich aber legt auch einen Fokus
auf das Thema ,Arbeit‘ oder ,Karriere‘. Zur Aufgabe 4b gehört ein Bildschirmschnappschuss
von der fiktiven Internetseite „www.deutschestars.de“ und ein Artikel mit der Überschrift
„Große Karrieren – auch ohne Studium“ (Finster 2016: 66). Der Artikel besteht aus einer
kurzen Einführung und zwei Texten beinhaltend Fakten zu der Schauspielerin Sibel Kekilli
beziehungsweise dem Sänger Klaus Meine. Hierzu sind Bilder von diesen Prominenten
beigefügt. Gemeinsam hätten die beiden, verrät sowohl die Einführung als auch der Rest des

28
Artikels, dass sie trotz mangelnder Ausbildung und dank eines „Zufall[s] oder eine[r]
große[n] Leidenschaft“ talentierte und berühmte Personen geworden seien. Über Sibel Kekilli
erfahren die Lernenden zuerst, woher sie bekannt ist: die Krimiserie Tatort, der Film Gegen
die Wand und die Fernsehserie Game of Thrones. Weiter wird ihr Hintergrund als Tochter
türkischer Zugewanderten in Deutschland hervorgehoben und dass Kekilli, deren Eltern sie
als „moderne Muslime“ beschreibt, trotz guter Noten als Mädchen nicht aufs Gymnasium
gehen ließen. Sie durfte allerdings „wie ihre Freundinnen ins Schwimmbad gehen und auf
Klassenfahrten fahren“. Statt aufs Gymnasium zu gehen, hatte sie unterschiedliche Jobs, von
Kellnerin bis Sachbearbeiterin. Zufällig habe eine Bekannte von ihr eine Frau für die
Hauptrolle eines Filmes gesucht, woraufhin Kekilli Interesse für die Rolle gezeigt, sie
bekommen habe und seitdem als Schauspielerin arbeite. Im Text über Klaus Meine, Sänger
bei der Band Scorpions, wird seine Bildungsgeschichte erzählt: er besuchte die Hauptschule,
machte danach eine Ausbildung zum Dekorateur und arbeitete später als Fahrer. Musik war
aber immer ein großes Interesse und Musiker sein Traumberuf. Mit zirka 20 wurde er
Mitglied von Scorpions, die auch außerhalb von Deutschland Erfolg erreichten. Als Meriten
wird unter anderem gelistet, dass die Band über 100 Millionen CDs und Schallplatten
verkauft hat und 1989 ein Konzert in Moskau für 100.000 Menschen gegeben hat und dass
Meine selbst das weltweit berühmte Lied „Wind of Change“ geschrieben hat.
Es geht in diesen beiden Texten um prominente Personen, die allerdings von ihrem
Leben erzählen und somit wird aus einer alltagskulturellen Perspektive Populärkultur
beleuchtet. Der Text über Kekilli zeigt auch ein ,unstereotypes‘ Bild von ,deutscher Kultur‘,
da sie von ihrer muslimischen Erziehung berichtet. Durch diese Erzählung wird den
Lernenden ein Aspekt eines in der Landeskunde oder Kulturvermittlung der deutsch-
sprachigen Länder potentiell vernachlässigten Diskurses bewusst gemacht. Dies wäre somit
mit dem Ziel der diskursiven Landeskunde, „Diskurspluralität“ anzuerkennen (Altmayer
2016b: 10f), zu vergleichen, das heißt Aspekte außerhalb der Mehrheitskultur zu beleuchten,
zum Beispiel dadurch, über Minderheitsgruppen zu reden. Diese Texte sind auch die einzigen
im gesamten analysierten Material, die Referenzen zu Populärkultur machen. Zum Beispiel
gelten Tatort oder Game of Thrones zwar nicht als Hochkultur, sondern eher als Populär-
kultur, da sie schon sehr bekannt sind und eine große Bedeutung für die gegenwärtigen
Unterhaltungskultur im deutschsprachigen Raum beziehungsweise in der Welt gehabt haben
und keine klassischen Medien für Hochkultur sind, wie zum Beispiel Malerei.
In den Übungen 4c-6b (Finster 2016: 66-67) geht es darum, über das Thema
,Ausbildung‘ sprechen zu können. Für Aufgaben 4c bis 4e, die sich direkt auf den Text in 4b

29
beziehen, müssen die Lernenden mit dem Text arbeiten. Hierdurch machen sich die
Lernenden mit Vokabeln und Grammatik zum Text und zum Thema vertraut. Das Interessant-
este für diese Analyse ist die Übung 6, die sprachliche Produktion von den Lernenden in
Bezug auf das Thema ,Ausbildung‘ fordert. Zuerst sollen sie über ihre eigene Ausbildung
reflektieren und zu zweit einander darüber interviewen. Danach müssen sie einen eigenen
Text verfassen, in dem sie über ihre Schulzeit und Ausbildung schreiben. Hier haben sie damit
wieder die Gelegenheit, das Schulwesen ihrer eigenen Kulturen mit dem im deutschen
Sprachraum zu vergleichen. Aus dieser Betrachtungsweise kann diese Aufgabe mit der
interkulturellen Landeskunde verglichen werden, in der der Vergleich der Fremdkultur mit der
eigenen zentral ist.
Am Rand der Seite 67 sind acht Bilder, die alle ein zum Thema passendes Substantiv
symbolisieren sollen. Durch diese Bilder finden auch eine Kulturvermittlung statt; zum
Beispiel zeigt das oberste Bild eine schwarze Tafel, worauf die Ziffern eins bis drei und die
drei ersten Buchstaben des Alphabets kindisch geschrieben sind, eine Menge Buntstifte
verschiedener Farben und eine Schultüte. Diese Gegenstände dürfen hier „die Grundschule“
repräsentieren. Die zwei ersten Objekte sind einfach zu erkennen, da sie universale Symbole
sind, aber die Verknüpfung der Schultüte mit der Grundschule lässt sich aber nicht genauso
selbstverständlich feststellen, da dieser Gegenstand sehr kulturspezifisch ist. Wenn die
Lernenden nicht in Deutschland oder Österreich aufgewachsen sind oder keine weitere
Erfahrung mit der Schule oder dem Schulsystem dieser Länder haben, werden sie die
Schultüte mit großer Wahrscheinlichkeit nicht erkennen. Als Symbol für „die Realschule“
haben die Autor:innen ein Bild von sechs jugendlichen Schüler:innen gewählt, die vor einem
Schulgebäude stehen. Die logische Schlussfolgerung soll daher mithilfe der Bilder sein, dass
die Realschule die Stufe über der Grundschule ist, da sie einen Altersunterschied zwischen
den beiden Stufen zeigen. Das Symbol für „das Gymnasium“ ist einfach das Wort „Abitur“,
geschrieben mit weißer Kreide an einer grünen Tafel. Dies zeigt keine direkte Darstellung des
Gymnasiums als Institution, sondern setzt voraus, dass den Lernenden die Bedeutung von
,Abitur‘ klar ist, was aber, wie bei der Schultüte, keine Selbstverständlichkeit ist. Weiter gibt
es beispielsweise ein Bild, das „die Note“ symbolisieren soll. Dieses Bild sieht aus wie eine
Nahaufnahme von einem Zeugnis, das die Beurteilung in der Form von Ziffern darstellt. Eine
Bewertung der Fächer Chemie, Physik und Musik sind knapp sichtbar. Insgesamt werden
sechs Noten im Bild gezeigt: viermal 1 und zweimal 2. Dies gibt einen kleinen Einblick darin,
wie das Bewertungssystem in deutschen Schulen aussieht, ohne dass es in den Übungen sonst
behandelt wird.

30
Die Lernenden bekommen auch durch die Texte, Bilder und Aufgaben einen kleinen
oberflächlichen Einblick in das deutsche Schulsystem. Sowohl im Text über Kekilli als auch
im Text über Meine werden unterschiedliche Schulstufen erwähnt. Kekilli ging auf die
Realschule und durfte nach der zehnten Klasse nicht aufs Gymnasium, sondern hat stattdessen
„eine Ausbildung bei der Stadt gemacht“. Meine war in der Hauptschule und hat, genau wie
Kekilli, nach der zehnten Klasse eine unspezifizierte Ausbildung gemacht. Die in Deutschland
verwendeten Begriffe ,Grundschule‘ und ,Realschule‘ haben auch eine Fußnote bekommen, in
der auch die entsprechenden Begriffe in Österreich und der Schweiz dargestellt sind, zum
Beispiel entspricht Grundschule der Volksschule in Österreich und der Primarschule in der
Schweiz (Finster 2016: 67). Dies zeigt der Wille des Autor:innen von Panorama, nicht nur ein
Bild von der deutschsprachigen Kultur zu zeigen, das von Deutschland ausgeht, sondern auch
die sprachlichen und kulturellen Besonderheiten der zwei anderen DACH-Länder zu
vermitteln.
Die siebte Übung der Einheit setzt mit dem Thema ,Karriere‘ fort und fängt damit an,
drei Bilder zu zeigen. Zwei von den Bildern haben die Beschreibung „Boulevard der Stars,
Berlin“ und stellen in den Boden verlegten Messingsterne dar, in denen die Namen Marlene
Dietrich, Eberhard Fechner, Billy Wilder und Werner Richard Heymann eingeritzt sind
(Finster 2016: 68). Auf dem zweiten Bild sehen wir einen Mann, den international bekannten
Schauspieler Christoph Waltz, der vor einem Stern mit seinem eigenen Namen, vermutlich
auf dem „Walk of Fame“ in Los Angeles, kniet. In Aufgabe 7a fragen die Autor:innen die
Lernenden, ob sie diese Namen kennen und wer diese Personen sind. Hier sollen sie eine
Vermutung machen, und diese in Aufgabe 7b überprüfen, nachdem sie den Text mit der
Überschrift „Sterne für die Stars“ gelesen haben.
Dieser kleine Text erzählt über den Boulevard der Stars in Berlin, der zur Ehre
„viele[r] Schauspieler und Filmemacher in Deutschland, Österreich und in der Schweiz“
errichtet wurde. Weiter wird auch das bekannte Filmfestival die Berlinale erwähnt. Sowohl
die von den Bildern in 7a her schon bekannte deutsche Schauspielerin Marlene Dietrich, der
österreichische Filmemacher Billy Wilder und Schauspieler Christoph Waltz als auch die
Tatsache, dass sie einen Stern auf dem Boulevard und Walk of Fame haben, werden auch in
diesem Text erwähnt. Dies könnte aus einer faktischen landeskundlichen Perspektive
betrachtet werden. Die individuellen, bekannten Filmstars treten in dieser Aufgabe im
Vordergrund zusammen mit den Phänomenen, mit denen sie hier verknüpft werden, der
Berlinale und dem Boulevard der Stars, und es werden nur Fakten darüber wiedergegeben.
Einerseits gehören diese Aspekte der Kultur zu Populärkultur, aber andererseits können solche

31
Hall-of-Fame-Gesellschaften als Institutionen betrachtet werden, die darauf Anspruch
erheben, gewisse prominente Personen zu einem Status zu erhöhen, der ihnen mehr
Bedeutung in der Unterhaltungsindustrie beimisst und impliziert, dass sie mehr zur Kultur
beitragen als andere in der Branche. Somit gehören diese Personen nicht mehr lediglich zur
Populärkultur, sondern nähern sich schon einer Art Hochkultur an.
Dieser faktisch-landeskundliche Ansatz wird auch in der achten und letzten Aufgabe
der Lektion deutlich, in der sich die Lernenden einen Filmstar aussuchen, über ihn
recherchieren und einen Text verfassen sollen. Als Hilfestellung bekommen sie Fragen, zum
Beispiel wann und wo sie geboren sind und gelebt haben und ob sie mit einem Oscar
ausgezeichnet wurden oder nicht. Die Texte von allen Lernenden des ganzen Kurses sollen
dann gedruckt und an die Wand im Kursraum gehängt werden. Nochmal werden nur Fakten
über diese Aspekte der Kultur reproduziert, was typisch für diesen Ansatz ist.

3.5.2. Lieber Deutsch


Vier einführende Aufgaben, einschließlich einer hier nicht analysierten Hörübung (siehe 3.3.),
begegnen den Lernenden im Einstieg zur Einheit „Schule und Beruf“ in Lieber Deutsch. In
der ersten Aufgabe werden 21 Schulfächer gelistet, wie Mathematik, Schwedisch, Englisch,
Deutsch, Geographie, Musik und Wirtschaftskunde, um ein paar zu erwähnen. Die Aufgabe
für die Lernenden ist ziemlich einfach: „Wie finden Sie diese Fächer […]?“ (Hofbauer 2017:
114). Zur Hilfe haben sie eine andere Liste mit 15 Adjektive, von denen sie auswählen
können, um diese Fächer zu beschreiben, beispielsweise „super“, „spannend“, „aufregend“,
„nützlich“, „langweilig“, „doof“ und „überflüssig“. Die aufgelisteten Fächer sind auch solche,
die in der schwedischen Schule (in der die Hauptzielgruppe des Lehrbuches sich gerade
befindet) vorkommen und die die Lernenden vermutlich schon kennen. Falls die Lernenden
einige Fächer doch nicht kennen würden, könnten sie vermuten, dass diese Fächer üblicher im
deutschen Schulsystem sind. Somit ist diese erste Aufgabe ein indirekter Vergleich zwischen
der Schule in Schweden und den Schulen der Länder des deutschsprachigen Raums, was dem
interkulturellen landeskundlichen Ansatz entspricht.
Zunächst werden sie aufgefordert, ihren Traumberuf zu nennen. Auch hierzu steht den
Lernenden eine Liste mit 23 Berufen zur Verfügung, einschließlich der männlichen und der
weiblichen Benennung dieser Berufe. „Programmierer/in“, „Altenpfleger/in“, „Arzt, Ärztin“,
„Diplomkaufmann, Diplomkauffrau“ und „Friseur, Friseuse“ sind unter den Wahlmöglich-
keiten (ebd: 115). Um diese zwei ersten Aufgaben zu verbinden, lautet die Aufgabe 3:
„Welche Fächer brauchen Sie für Ihren Traumberuf?“ Hier müssen die Lernenden von sich

32
selbst ausgehen und sagen, welchen Traumberuf sie haben. Diese Übungen dienen somit auch
dazu, die Lernenden mit Redemitteln auszustatten, damit sie über für sie relevante Themen
reden können und sie ihre kommunikative Kompetenz verbessern. Es ist aber etwas
oberflächlich, da sie in dieser Übung nur einen Beruf mit Schulfächern verknüpfen üben.
Die für diese Analyse aktuelle Einheit dieses Kapitels hat den Titel „Meine
Traumschule“ und stellt einen Text in der Form einer fiktiven Geschichte vor (Hofbauer 2017:
116). Die Hauptperson dieser Geschichte gibt die Geschehnisse vom Tag vor und am selben
Tag wieder, an dem sie in einer neuen Schulklasse anfing. Am Tag davor hatte sie die Schule
besucht, um sich zu orientieren und den Stundenplan zu bekommen. Danach ging sie ins Bett
und stellte den Wecker am Handy auf früh am folgenden Morgen – „Ich will ja nicht am
ersten Tag verschlafen“ – und als sie aufwacht, geht sie zur Schule. Sie hat ein schreckliches
Erlebnis, da keiner sie sieht und sich um sie kümmert. Es zeigt sich, dass sie nur vom Tag
geträumt hat und wacht vom Alptraum auf, als ihr Wecker wirklich klingelt.
Der Text ist voll von kulturellen Referenzen, die meisten natürlich auf die Schule
bezogen. Jedoch fehlen aber Deutsch spezifische Referenzen und der Text erhebt somit keinen
Anspruch darauf, von der deutschen (oder österreichischen oder schweizerischen) Schule zu
erzählen. Dieser einführende Text dient nur dazu, mit grundlegenden Vokabeln auszustatten.
Dies zeigt sich vor allem bei zugehörenden „Fragen zum Text“, die die Lernenden ausgehend
vom Text beantworten sollen, zum Beispiel: „Was zeigt der Bildschirm am Eingang?“
(Antwort: einen Stundenplan) und „Welche Fächer […] hat [die erzählende Person] an diesem
ersten Tag?“ (Hofbauer 2017: 118). Es ist nicht unvorstellbar, dass die Lernenden hier zum
ersten Mal die Vokabel ,Stundenplan‘ bekommen und außerdem werden nochmal Vokabeln
für einige übliche Schulfächer erwähnt. In einer anderen Übung sollen die Lernenden auch
andere im Text nicht vorkommende Vokabeln sammeln und „eine Mindmap zum Thema
Schule“ erstellen. Als Beispiel haben die Autor:innen ein paar Wörter auf Schwedisch
gelistet, wie „läxa“ (Hausaufgabe) und „prov“ (Prüfung). Dass die Lernenden auch in der
nachfolgenden Aufgabe aufgefordert werden, Sätze mit diesen neuen Wörtern zu schreiben,
macht diesen ersten Text und die dazugehörenden Übungen mit dem kommunikativen Ansatz
vergleichbar. Sie erwerben durch die beschaffenen Vokabeln Redemittel, um das Thema
,Schule‘ besprechen zu können, was für Schüler:innen, die die Zielgruppe des Lehrwerks
ausmacht, relevant ist.
Auf Seite 119 ist ein Stundenplan „für ein naturwissenschaftliches Gymnasium in
Innsbruck“ zu finden, und die zugehörenden Übungen auf derselben Seite gehen von diesem
aus (Hofbauer 2017: 119). Die Fächer sind darin alle mit einem bis drei Buchstaben abgekürzt

33
worden und unten im Stundenplan stehen die Erklärungen, zum Beispiel E für Englisch und
PH für Physik. Die erste Aufgabe ist folglich, nachdem die Lernenden sich den Stundenplan
angeschaut haben, zu sagen, welche Fächer es gibt und diese auch ins Schwedische zu
übersetzen. Durch das Übersetzen erweitern sie nicht nur ihr Vokabular, sondern es wird ihnen
auch bewusst, welche Fächer typisch für ein deutschsprachiges Land (in diesem Fall
Österreich) sind und sie machen nochmal eine indirekte Vergleichung zwischen der eigenen
und fremden Schule, wie in der interkulturellen Landeskunde verlangt wird. Diese landes-
kundliche Perspektive ist auch bei der fünften Frage zu dieser Übung präsent, die lautet „Was
bedeutet LÜ?“, das zweimal auf dem vorliegenden Stundenplan vorkommt. Bei den
Erklärungen finden wir heraus, dass es kurz für „Leistungsübungen“ ist und, dass es
„Freifächer wie Chor, Schach, Fußball, Chemische Übungen, Physikolympiade … usw.“
einschließt. Die Lernenden, die an das schwedische Schulsystem gewöhnt sind, werden dieses
Fach mit dem entsprechenden auf einem ,typisch schwedischen‘ Stundenplan vorkommenden
Fach vergleichen, das aber normalerweise lediglich sportliche Übungen beinhaltet, daher die
Frage der Autor:innen. Dies ist denn auch ein Beispiel von kultureller Vermittlung durch den
Vergleich zwischen der eigenen und fremden Kultur. Dazu muss aber gesagt werden, dass der
Begriff „Leistungsübungen“ wahrscheinlich nicht so häufig vorkommend als Schulfach ist.
Eine Google-Suche auf den Begriffen „Leistungsübungen Schule“ ergibt knapp 4.000
Ergebnisse, während zum Beispiel „Leibesübungen Schule“ zirka 260.000 Google-Ergebnisse
ergeben, was darauf hindeutet, dass eine Mischung zwischen sportliche Übungen und andere
Aktivitäten unter dem Namen „Leistungsübungen“ ein eher nicht ,typisches‘ Schulfach ist.6
Sowohl die mündliche Übung dazu, in der die Lernenden ihren eigenen Stundenplan
mit mindestens zehn wahlfreien Fächern erstellen und diesen für die anderen Kursteil-
nehmenden erklären sollen, als auch die zugehörende Schreibaufgabe, in der sie einen
Schultag beschreiben sollen durch neun Fragen zu beantworten (Hofbauer 2017: 119-120),
können aus der Betrachtungsweise des kommunikativen landeskundlichen Ansatzes gesehen
werden. In den beiden Übungen werden die Lernenden aufgefordert, die vom Kapitel neu
gelernten Vokabeln zu verwenden, um über einen Schultag zu erzählen. Dies ist auch mit
einigen von den ausgesprochenen Zielen des Kapitels zu vergleichen, vor allem, dass die
Lernenden sowohl verstehen sollen, wenn jemand über ihren/seinen Schultag erzählt, als auch
selbst über ihren eigenen Schultag erzählen können sollen (Hofbauer 2017: 145).
Die landeskundliche Teileinheit in diesem Kapitel besteht aus einem Quiz über
„bekannte[…] Produkte aus dem deutschsprachigen Raum“ (Finster 2017: 141). Insgesamt
6
Google-Suche erstellt am 10.05.2023.

34
gibt es zwölf Fragen zum Quiz, je mit drei Alternativen (a, b, c). Die Lernenden sollen dieses
Quiz machen und wenn sie die Antwort nicht kennen, sollten sie es selbst nachschlagen – eine
Auflösung bieten die Autor:innen nicht an. Die Fragen testen wieder, ähnlich wie im Quiz
zum ersten Kapitel mit dem Thema ,Reisen‘ (siehe 2.1.2.), die faktischen Kenntnisse der
Lernenden und muss infolgedessen aus einer kognitiven landeskundlichen Perspektive
betrachtet werden.
Zu den Fragen kommen auch Hintergrundinformationen. Folgendes Beispiel ist die
zweite Frage des Quiz (Finster 2017: 141):

Carl Miele gründet 1899 ein kleines Sägewerk und eine Kornmühle in der Nähe der Stadt
Gütersloh. Heute ist es ein Großunternehmen. Weltweit dienen die Produkte zur
Arbeitserleichterung. Was produziert dieses Unternehmen?
a. Waschmaschinen
b. Industriemaschinen
c. Handys

Hier wird nicht nur eine Frage gestellt, sondern auch eine Geschichte erzählt. Außer dass es
ein großes Unternehmen ist, dessen „Produkte zur Arbeitserleichterung“ dienen, werden von
den Autor:innen Informationen, wie der Gründer des Unternehmens hinter dem nachgefragten
Produkt, wann und wo es gegründet wurde und womit es angefangen hat, für wichtig
gehalten.
Andere Produkte, nach denen in dem Quiz gefragt werden, sind sowohl in
Deutschland hergestellte Produkte wie das Parfüm Kölnisch Wasser und die Automarke
Porsche, als auch Produkte aus Österreich, wie die Mozartkugel, und der Schweiz, wie
schweizerische Uhrwerke. Von den zwölf erwähnten Produkten kommen die Hälfte aus
Deutschland, vier aus Österreich und zwei aus der Schweiz (Hofbauer 2017: 141-143). Dies
zeigt, dass es den Autor:innen wichtig ist, alle drei Länder einzuschließen.
Dieses Quiz ist das deutlichste Beispiel für eine klassische Herangehensweise des
faktisch-kognitiven landeskundlichen Ansatzes in den analysierten Texten. Hier geht es um
reine faktische Kenntnisse, die die Lernenden lernen und dadurch auch kulturelles Wissen
erwerben sollen. Es sind auch nur Fakten über sehr bekannte Erfindungen, Erfinder:innen und
Unternehmen aus dem deutschen Sprachraum, was vor allem als Populärkultur bezeichnet
werden kann.

35
4. Zusammenfassung
Ziel dieser Arbeit war es, zu beleuchten, wie die zwei Lehrwerke, das in Deutschland heraus-
gegebene Panorama A2 und das in Schweden verfasste Lieber Deutsch 2.0, an ihren Ziel-
gruppen von Deutschlernenden auf Anfängerstufe Kultur über die Länder des deutschen
Sprachraumes vermitteln und mithilfe welcher landeskundlichen Ansätzen diese Vermittlung
gemacht wird. Durch eine Analyse von je zwei Kapiteln jedes Lehrwerkes habe ich auf
Unterschiede und Ähnlichkeiten darin aufmerksam gemacht, welche Arten von Kultur in den
Texten und Bildern wiedergeben werden sowie die Herangehensweise, Kultur(en) vorzu-
stellen, mit den in der DaF-Forschung vier prominentesten Ansätzen zur Landeskunde
verglichen.

4.1. Kulturvermittlung in den Lehrwerken


Wie erwartet haben beide Lehrwerke unterschiedliche Perspektiven von Kultur durch Text,
Bild und Aufgaben vermittelt. Beim Thema ,Reisen‘ sind sowohl Alltagskultur als auch
Hochkultur anwesend und beim Thema ,Schule‘ und ,Arbeit‘ vor allem Alltagskultur. Eine
interessante Beobachtung ist, dass sowohl Lieber Deutsch als auch Panorama die Themen
,Arbeit‘ und ,Tätigkeit‘ mit ,Berühmtheit‘ und ,Bekanntheit‘ verknüpfen, welche vor allem
aus einer populärkulturellen Betrachtungsweise angenähert werden. Beide Lehrwerke stellen
das Reisen als ein alltägliches Phänomen dar, gleichzeitig als oft hochkulturelle Reiseziele
hervorgehoben werden. Bezüglich der Diskussion über die Kulturbegriffe (siehe 2.1.) kann
man somit feststellen, dass beide Lehrwerke Kultur aus der Perspektive des totalitäts-
orientierten Kulturbegriffs betrachten, da sich darin Kultur nicht nur auf ein enges Verständnis
von Hochkultur bezieht, sondern alle Dimensionen des menschlichen Lebens unter ihrer
Definition miteinschließt (vgl. Nünning 2009).
Die Autor:innen von sowohl Panorama als auch Lieber Deutsch haben Interesse
daran, alle drei DACH-Länder und ihre Kulturen hervorzuheben. In Panorama zeigt sich dies
nicht nur in den Texten, zum Beispiel im Text über Reiseziele, wo Salzburg und Luzern
erwähnt werden (siehe 3.4.1.), sondern auch in den Fußnoten auf einigen Seiten, wo nationale
oder dialektale Varietäten einer (deutschen) Vokabel auch gelistet werden, so wie bei den
unterschiedlichen Schulstufen (siehe 3.5.1.). In Lieber Deutsch zeigt sich dies besonders im
Kapitel zum Thema ,Reisen‘ und in den landeskundlichen Einheiten der beiden analysierten
Kapitel vor, wo zum Beispiel Orte in Österreich und der Schweiz neben Deutschland einen

36
Teil vom „Geographiequiz“ sind (siehe 3.4.2.). Manchmal werden typische und stereotypische
Bilder von den Kulturen dieser Länder dargestellt, zum Beispiel, dass der Schweizer Dialekt
schwierig zu verstehen ist oder dass Deutsche Elche exotisch finden. Jedoch wird auch das
Bild von der ,deutschen‘, ,österreichischen‘ oder ,Schweizer Kultur‘ nuanciert, zum Beispiel
in Panorama, wo der Schulgang eines aus den älteren Generationen kommenden Menschen
beleuchtet wird oder in Lieber Deutsch, wo die Klimabilanz des Reisens problematisiert wird
und somit die Norm des Wegreisens in Beziehung zum Urlaub problematisiert wird. In all
diesen Punkten sind sich die beiden Lehrwerke sehr ähnlich.

4.2. Landeskundliche Ansätze in den Lehrwerken


Weder Panorama noch Lieber Deutsch ist von einer bestimmten landeskundlichen
Perspektive ausgehend verfasst. Diese Feststellung ist eine antizipierte, erstens weil Landes-
kunde in den beiden Lehrbüchern sekundär zum Spracherwerb ist, zweitens weil die meisten
DaF-Lehrbücher keinen bestimmten theoretischen Ansatz zur Landeskunde verwenden (vgl.
Becker 2017: 46), im Vergleich beispielsweise zu Mitreden (Altmayer et al. 2016b), das rein
eine diskursive Perspektive einnimmt. Hingegen sind die kulturvermittelnden Texte und
Aufgaben mithilfe mehrerer unterschiedlichen Aspekte der Ansätze zur Landeskunde, die
aber mehr oder weniger in den verschiedenen Lehrwerken vorkommen, verfasst.
Texte und Aufgaben faktischer landeskundlicher Art finden wir mehr in Lieber
Deutsch als in Panorama. Das beste Beispiel ist wahrscheinlich das, was in der
landeskundlichen Einheit des Kapitels zum Thema ,Reisen‘ zu finden ist, in dem die
Lernenden Fragen über die Geographie von Deutschland, Österreich und der Schweiz
bekommen (siehe 3.4.2.). Das Hauptziel dieser Übung ist es, die reinen geographischen
Fakten zu lernen, was keine direkte Verbindung zum Spracherwerb hat. Ähnliche Aufgaben
zu reinen Faktenvermittlung fehlen in Panorama, jedoch kommen auch manchmal Texte vor,
die hauptsächlich reine Fakten vermitteln.
Beide Lehrwerke haben Übungen, die mit dem kommunikativen Ansatz zu
vergleichen sind. In diesen Übungen scheint das Hauptziel zu sein, die Lernenden mit
passenden Redemitteln für alltägliche Situationen auszustatten. Dies gilt vor allem in
Aufgaben, in denen die Lernenden einen schriftlichen oder mündlichen Text selbst produ-
zieren und dafür aktuelle Vokabeln verwenden und Grammatik üben sollen. Dies war auch zu
erwarten, da landeskundliche Elemente mit diesem Ansatz im restlichen Unterricht einfach zu
integrieren sind (vgl. Biechele/Padrós 2003: 43).

37
Auch im Bezug auf den interkulturellen Ansatz zur Landeskunde können wir in beiden
Lehrwerken Beispiele finden, die darauf hinzielen, die fremde Kultur mit der eigenen zu
vergleichen. Es gibt allerdings einen großen Unterschied zwischen den Lehrwerken
diesbezüglich. Lieber Deutsch, verfasst in Schweden, zeigt oft eine schwedische Perspektive
von den erwähnten kulturellen Erscheinungen und hat somit einen oft schon gegebenen
kulturellen Ausgangspunkt. Panorama, welches in der Theorie für deutschlernende Konsu-
ment:innen aus allen Ländern der Welt geeignet ist, hat keine solche bestimmte kulturelle
Außenperspektive, sondern ist so ausgeformt, dass das Vorwissen und Kulturen aller
Lernenden zum Ausdruck gebracht werden können.
Was den diskursiven Ansatz betrifft, können wir aber sehen, dass Panorama mehr als
Lieber Deutsch Aufgaben enthält, die, obgleich nur auf einer oberflächlichen Ebene, die
Aktivierung und Herausforderung der kulturellen Deutungsmuster der Lernenden erfordern.
Beispiele finden wir an mehreren Stellen der Texte und Bilder, zum Beispiel in der ersten
Aufgabe zum Text „Meine Handtasche ist weg!“, in der die Lernenden sich nur mithilfe des
Bildes überlegen müssen, worüber der Text handelt. Sie müssen daher die Muster im Bild
deuten, durch ihre eigenen vorhandenen Deutungsmuster zu aktivieren.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Umstieg von Lieber Deutsch auf
Panorama mit seiner verminderten Verwendung von faktischer Landeskunde zu einer
vermehrten Verwendung der diskursiven Landeskunde gewisse Parallelen aufweist zu
generellen Veränderungen innerhalb der Landeskunde hin zu einer tendenziell mehr
diskursiven Landeskunde.

4.3. Ausblick
In dieser Arbeit wurde nur ein kleiner Teil vom Material der Lehrwerke analysiert. Sie hat
somit generelle Tendenzen bezüglich der kulturellen und landeskundlichen Vermittlung
bloßgelegt, aber um ein präziseres Ergebnis dieser Aspekte zu erhalten, sollte ein noch
breiterer Teil der Bücher untersucht werden. Es wäre auch interessant zu untersuchen, ob sich
etwas bei der landeskundlichen Vermittlung der Lehrwerke in der Lieber-Deutsch-
beziehungsweise Panorama-Serie verändert, zwischen den niedrigeren und höheren Stufen
für fortgeschrittene Lernende innerhalb der gleichen Reihe, denn zum Beispiel ist der
diskursive landeskundlichen Ansatz schwieriger im Unterricht für Anfänger:innen zu
implementieren und damit besser für Fortgeschrittene geeignet ist.

38
5. Literaturverzeichnis

4.1. Primäre Quellen


Finster, Andrea; Giersberg, Dagmar; Jin, Friederike; Paar-Grünbichler, Verena; Williams,
Steve (2016): Panorama. Deutsch als Fremdsprache A2. Berlin: Cornelsen.
Hofbauer, Christine; Karnland, Annika; Odeldahl, Anders; Vasiliadis, Joakim (2017): Lieber
Deutsch 2. 2. Auflage. Solna: Liber.

4.2. Sekundärliteratur
Altmayer, Claus (2004): Kultur als Hypertext. Zu Theorie und Praxis der Kulturwissenschaft
im Fach Deutsch als Fremdsprache. München: Iudicium.
Altmayer, Claus (2010): „Konzepte von Kultur im Kontext von Deutsch als Fremd- und
Zweitsprache“. In: Krumm, Hans-Jürgen; Fandrych, Christian; Hufeisen, Britta;
Riemer, Claudia (Hrsg.), Deutsch als Fremd- und Zweitsprache. Ein internationales
Handbuch. 2. Halbband. Berlin/New York: De Gruyter. S. 1402-1412.
Altmayer, Claus (2016a): „Das Lehren und Lernen von Sprachen: Grundlagen“. In:
Burwitz-Melzer, Eva; Mehlhorn, Grit; Riemer, Claudia; Bausch, Karl-Richard;
Krumm, Hans-Jürgen (Hrsg.), Handbuch Fremdsprachenunterricht. 6. Auflage.
Tübingen: A. Francke. S. 1-24.
Altmayer, Claus; Hamann, Eva; Magosch, Christine, Mempel, Caterina; Vondran, Björn;
Zabel, Rebecca (2016b): „Einführung“. In ebd. (Hrsg.): Mitreden. Diskursive
Landeskunde für Deutsch als Zweit- und Fremdsprache. Stuttgart: Klett. S. 7-12.
Altmayer, Claus (2017): „Landeskunde im Globalisierungskontext: Wozu noch Kultur im
DaF-Unterricht?“ In: Haase, Peter & Höller, Michaela (Hrsg.), Kulturelles Lernen im
DaF/DaZ-Unterricht. Paradigmenwechsel in der Landeskunde. Göttingen:
Universitätsverlag Göttingen. S. 3-22.
Becker, Christine (2017): Kulturbezogenes Lernen in asynchroner computervermittelter
Kommunikation. Eine empirische Untersuchung von Online-Diskussionen im
universitären Landeskundeunterricht. Stockholm: Stockholms universitet.
Biebighäuser, Katrin (2021): „Methodisch-didaktische Konzepte des DaF- und
DaZ-Unterrichts“. In: Altmayer, Claus; Biebighäuser, Katrin; Haberzettl, Stefanie;

39
Heine, Antje (Hrsg.), Handbuch Deutsch als Fremd- und Zweitsprache. Kontexte –
Themen – Methoden. Berlin: J. B. Metzler. S. 233-252.
Biechele, Markus; Padrós, Alicia (2003): Didaktik der Landeskunde. Fernstudieneinheit 31.
Berlin: Langenscheidt 2003.
Fornoff, Roger (2021): „Forschungsansätze der Kulturstudien im Fach Deutsch als Fremd-
und Zweitsprache“. In: Altmayer, Claus; Biebighäuser, Katrin; Haberzettl, Stefanie;
Heine, Antje (Hrsg.), Handbuch Deutsch als Fremdsprache. Kontext – Themen –
Methoden. Berlin: J. B. Metzler. S. 321-339.
Pauldrach, Andreas (1992): „Eine unendliche Geschichte: Anmerkungen zur Situation der
Landeskunde in den 90er Jahren“. In: Fremdsprache Deutsch – Zeitschrift für die
Praxis des Deutschunterrichts, 1992:6, S. 4-15.
Reckwitz, Andreas (2000): „Eine Typologie des Kulturbegriffs“. In: Die Transformation der
Kulturtheorien. Zur Entwicklung eines Theorieprogramms. Weilerswist: Velbrück. S.
64-90.

4.3. Internetquellen
Nünning, Ansgar (2009): „Vielfalt der Kulturbegriffe“. In: Bundeszentrale für Politische
Bildung. URL: https://www.bpb.de/lernen/kulturelle-bildung/59917/vielfalt-der-
kulturbegriffe. Abgerufen am 16.05.2023.

40

Das könnte Ihnen auch gefallen