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57.

Bericht
des Naturwissenschaftlichen
Vereins für Bielefeld und Umgegend e. V.
über das Jahr 2019
57. Bericht

des Naturwissenschaftlichen
Vereins für Bielefeld und Umgegend e. V.

über das Jahr 2019

Redaktion
BJÖRN KÄHLER

2020

Selbstverlag des Vereins


Impressum

ISSN 0340-3831

Herausgeber:
Naturwissenschaftlicher Verein für Bielefeld und Umgegend e. V. (gegr. 1908)
Vorsitzende: Dipl. Biol. Claudia Quirini-Jürgens
Dipl. Biol. Mathias Wennemann
Redaktion: Dipl. Ing. (FH) Björn Kähler

Geschäftsstelle:
Adenauerplatz 2, 33602 Bielefeld, Tel. 05 21 / 17 24 34, Fax 05 21 / 5 21 88 10
www.nwv-bielefeld.de, E-Mail: info@nwv-bielefeld.de
Vereinskonto: IBAN: DE56 4805 0161 0000 0481 65,
BIC: SPBIDE3BXXX (Sparkasse Bielefeld)
Geschäftszeiten: Mi 9–13 Uhr, AB außerhalb der Zeit

Volkssternwarte des Vereins:


Wietkamp 5, 33699 Bielefeld, Tel. 0 52 02 / 95 61 00
www.volkssternwarte-ubbedissen.de
E-Mail: info@volkssternwarte-ubbedissen.de
Vereinskonto der Sternwarte: IBAN: DE25 4806 0036 4016 1327 00,
BIC: GENODEM1BIE (Volksbank Bielefeld)
Öffnungszeiten: 2. Freitag des Monats, Mai–Aug. 19–21 Uhr, Sept.–Apr. 20–22 Uhr

namu:
Kreuzstraße 20, 33602 Bielefeld, Tel. 05 21 / 51 67 34
www.namu-ev.de, E-Mail: naturkundemuseum@bielefeld.de

Die Verfasser sind für den Inhalt und Form ihrer Beiträge selbst verantwortlich.

Satz & Layout: Björn Kähler


Umschlagsgestaltung: Sven Zähle
Druck: Flyeralarm, Würzburg

Fotos Umschlag vorne (von oben nach unten):


Probe der konglomeratischen Lage, Osning-Formation, Aufschluss Oerlinghausen (Mark Keiter)
Gestautes Wasser im „Eselsbett“, Eggemoor (Peter Rüther)
Teich am Bültmannshof (Rainer Massmann)
Südlicher Aufschlussbereich Oerlinghausen (Mark Keiter)
Knochenporling (Osteina obducta) in Löhne (Thomas Kiper)
Augenloser Höhlenflohkrebs (Niphargus spec.) (Ulrike Hoffmann)
Gestreifte Quelljungfer (Cordulegaster bidentata) (Ulrike Hoffmann)
Bericht Naturwiss. Verein für Bielefeld und Umgegend 57 (2020)

Inhalt Seite

K aplan, U.; Keiter, M.; Höcker, C.: Stratigraphie, Paläontologie und Tektonik eines
temporären Aufschlusses der Unterkreide in Oerlinghausen
(Teutoburger Wald, NW-Deutschland) 4

Härtel, H.: Wasservögel auf Stillgewässern im Raum Bielefeld und Halle im


Jahr 2018 – Ergebnisse eines Projektes der Ornithologen im NWV Bielefeld 30

Hoffmann, U.: Ein Leben im Verborgenen – Nachweise der Gestreiften Quelljungfer


(Cordulegaster bidentata) im Kreis Lippe, NRW 58

Schulze, W.: Zum Auftreten der Linden- oder Malvenwanze Oxycarenus lavaterae
(Fabricius, 1787) (Insecta, Heteroptera, Lygaeidae, Oxycareninae) in Westfalen 82

Rüther, P.: Das LIFE-Projekt „Eggemoore“ – Natur- und Klimaschutz im südlichen


Kreis Paderborn 88

Kiper, T.: Überraschungs-Pilzfund auf Fahrradtour 133

Aus dem Vereinsjahr 2019


Veranstaltungen 136
Bericht aus dem Naturkunde-Museum  138
Bericht der Vorsitzenden 144
Nachrufe 157
Aus den Arbeitsgemeinschaften 166
Verstorbene Mitglieder 176
Vorstand/Beirat 176
Berichte Naturwiss. Verein für Bielefeld und Umgegend 57 (2020),, S. 4 – 28

Stratigraphie, Paläontologie und Tektonik eines


temporären Aufschlusses der Unterkreide in
Oerlinghausen (Teutoburger Wald, NW-Deutschland)

Stratigraphy, palaeontology and tectonics of a temporary outcrop of


Lower Cretaceous sediments in Oerlinghausen (Teutoburger Wald,
north-western Germany)

Ulrich KAPLAN, Mark KEITER, Christian HÖCKER, Gütersloh/Bielefeld

Mit 24 Abbildungen

Inhalt Seite
1 Einführung 6
1.1 Lage des Aufschlusses 6
1.2 Geologischer Überblick 6
1.3 Sammlungen 7
2. Stratigraphie 14
2.1 Profilbeschreibung 14
2.2 Stratigraphie 14
3 Paläogeographie 19
3 Strukturgeologie 21
3.1 Schichtung 21
3.2 Klüftung 21
3.3 Störungen 22
3.4 Diskussion der Strukturelemente 23
4 Ergebnisse 24
Danksagung25
Literatur/References25

Verfasser:
Ulrich Kaplan, Eichenallee 141, 33332 Gütersloh, E-Mail: U.K.Kaplan@t-online.de
Mark Keiter (Naturkunde-Museum Bielefeld), Adenauerplatz 2, 33602 Bielefeld,
E-Mail: dr.mark.keiter@bielefeld.de
Christian Höcker, Brunsiek 8a, 33619 Bielefeld, E-Mail: christian.hocker@gmail.com
Kaplan, Keiter, Höcker: Stratigraphie, Paläontologie und Tektonik eines temporären Aufschlusses 5

Zusammenfassung Abstract

Ein temporärer Aufschluss am nordwestli- Stratigraphy, petrography, tectonics and


chen Ende des Tönsberges in Oerlinghausen fossil content of a temporary outcrop are
(SE von Bielefeld) wird stratigraphisch, petro- described from the north-western edge of the
graphisch und tektonisch erfasst, sowie sein Tönsberg at Oerlinghausen (SE of Bielefeld).
Fossilinhalt beschrieben. The exposed strata have been assigned to
Die aufgeschlossene Schichtenfolge ge- the uppermost part of the Osning Sandstone,
hört lithostratigraphisch zum oberen Teil des Osning Formation, which underlies the Osning
Osning-Sandsteins der Osning-Formation, Greensand. This interval corresponds chrono-
unmittelbar unterhalb der Grenze zum logically to the late Barremian und Aptian.
Osning-Grünsand. Chronostratigraphisch Various fossils, including plants, bivalves and
ist sie in das Oberbarremium und Aptium belemnites, have been collected. Noteworthy
zu stellen. Neben zahlreichen Einzelfunden are two larger blocks, one yielding specimens
verschiedener Pflanzenreste, Muscheln of the bivalve Camptonectes, the other casts of
und Belemniten-Hohlräume sind vor allem belemnites. The latter are showing a current-in-
große Sandsteinplatten mit Steinkernen der duced preferred orientation.
Bivalvengattung Camptonectes sowie mit The outcrop is characterized by slightly over-
strömungsgeregelten Belemniten bemer- turned bedding, and several NW-SE striking
kenswert. systems of joints and normal faults. The outcrop
Das tektonische Inventar umfasst leicht conditions allowed the identification of faults
überkippte Schichtung, sowie mehrere oriented parallel or subparallel to bedding,
Kluftscharen und Abschiebungen. Die occurring mainly along conglomerate layers.
Aufschlussverhältnisse erlaubten die Identi-
fikation schichtparalleler, bzw. -subparalleler Keywords: Lower Cretaceous, Osning Thrust,
Störungen, die vor allem entlang von Konglo- Osning-Zone, Palaeoenvironment, Palaeonto-
meratlagen vorkommen. logy.

Abb. 1: Lageplan des Aufschlusses bei der ehemaligen Jugendherberge Oerlinghausen.


Fig. 1: Map showing the location of the outcrop at the site of the former Oerlinghausen youth hostel.
6 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

1 Einführung dem Berge 11“, Flurstück 999, TK 25 Blatt 4017


Brackwede, UTM 32 N 3476705 m : 5756431 m,
Frische Aufschlüsse in der Unterkreide NN + 254 m (Abb. 1).
des Teutoburger Waldes sind sehr selten, da
keine aktiven Steinbrüche mehr existieren.
Auch ist beinahe die gesamte Ausstrichflä- 1.2 Geologischer Überblick
che des Osning-Sandsteins als Natur- oder
Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen, in Der Aufschluss liegt am Nordostrand der von
dem keine Abgrabungen erlaubt sind. Daher Oberkreide-Sedimenten dominierten Müns-
war es ein Glücksfall, dass am Tönsberg in terländer Mulde. An deren östlichen und nörd-
Oerlinghausen Anfang 2019 umfangreiche lichen Rändern treten Ablagerungen der Un-
Ausschachtungsarbeiten durchgeführt wur- terkreide zutage (Abb. 2). Diese Schichtenfolge
den, um dort eine Appartment-Anlage mit ist bei Oerlinghausen typisch aufgeschlossen
Tiefgarage auf dem Grundstück der ehemali- (Abb. 3). Insgesamt streicht sie hier nordwest-
gen Jugendherberge zu bauen. lich-südöstlich. Von Südwesten aus werden
die harten Kalk- und Mergelkalksteine der
tiefen Oberkreide morphologisch wirksam.
1.1 Lage des Aufschlusses Ihnen folgt nach Nordosten (stratigraphisch
zum Älteren hin) eine Senke, in der die wei-
Die Baustelle lag am Südhang des westli- chen Mergelsteine der basalen Oberkreide
chen Endes des Tönsbergs an der Straße „Auf ausgeräumt wurden. Darauf folgt eine dem

Abb. 2: Lage des Aufschlusses am Rande des Münsterländer Becken.


Fig. 2: Location of the outcrop at the margin of the Muensterland Basin.
Kaplan, Keiter, Höcker: Stratigraphie, Paläontologie und Tektonik eines temporären Aufschlusses 7

massigen Kamm des Tönsbergs vorgeschaltete Rheinische Masse (Stille 1911, Baldschuhn &
Hügelkette, die sich aus kieseligen Partien Kockel 1999, Drozdzewski 2003, Drozdzewski &
der Flammenmergel-Formation aufbaut. Den Dölling 2018).
weiter nordöstlich folgenden Tönsberg bilden
die Sandsteine der Osning-Formation, die als
Osning-Sandstein bezeichnet werden. Die äl- 1.3 Sammlungen
testen kreidezeitlichen Ablagerungen sind am
nordöstlichen Fuß des Tönsbergs Sedimente Die im Aufschluss gesammelten Fossilien
der Oesede-Formation, die in Wealden-Fazies und Proben sind im Naturkunde-Museum
vorliegen. Bielefeld (NMB) und im LWL-Museum für Na-
Alle Schichtglieder der Kreide stehen im turkunde, Münster (WMNM) hinterlegt.
Raum Oerlinghausen steil nach Südwesten
einfallend, saiger oder sogar leicht überkippt
an. Wie in anderen Abschnitten des Teuto-
burger Waldes überschob sich hier in der
hohen Oberkreide im Rahmen transpressiver
Tektonik entlang der Osning-Störungszone
das Niedersächsischen Tektogen über die

Abb. 3: Ausschnitt der Geologischen Karte 1:100.000 bei Oerlinghausen, TIM-online.de, © Land NRW. Der temporäre
Aufschluss und die verfallenen historischen Aufschlüsse am Tönsberg sind markiert.
Fig. 3: Excerpt of Geological Map 1:100,000, area around Oerlinghausen, TIM-online.de, © Land NRW. The temporary
outcrop and the historical quarries along the Tönsberg are marked.
8 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Abb. 4: Geologisches Profil Baustelle ehemalige Jugendherberge, Oerlinghausen, Profilaufnahme durch die Autoren,
Mai 2019, ma = Millionen Jahre.
Fig. 4: Geological profile of the outcrop, as documented by the authors, May 2019, ma = million years.
Kaplan, Keiter, Höcker: Stratigraphie, Paläontologie und Tektonik eines temporären Aufschlusses 9

Abb. 5: Südlicher Aufschlussbereich, Osning-Formation, hohes Oberbarremium und Aptium, 20. April 2019.
Fig. 5: View of the southern outcrop area, April 20, 2019.

Abb. 6: Nördlicher Aufschlussbereich, Osning-Formation, Oberbarremium, 3. Mai 2019.


Fig. 6: View of the northern outcrop area, May 3, 2019.
10 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Abb. 7: Mittlerer Aufschlussbereich mit Störungszone, Osning-Formation, Oberbarremium, 23. Mai 2019.
Fig. 7: Fault zone in the central area of the outcrop, May 23, 2019.

Abb. 8: Unmittelbar Hangendes der Störungszone (siehe Abb. 7), Bleichungsnester mit Pflanzenresten und
Kohlegenisten, Osning-Formation, Oberbarremium.
Fig. 8: Hanging wall of the fault zone depicted in Fig. 7, areas of bleaching with plant remains and accumulations
of coal fragments, Osning Formation, Upper Barremian.
Kaplan, Keiter, Höcker: Stratigraphie, Paläontologie und Tektonik eines temporären Aufschlusses 11

Abb. 9: Belemnitenhohlräume, geborgen unmittelbar


oberhalb der Störungszone (siehe Abb. 7), Maßstab:
1 cm, Osning-Formation, Oberbarremium.
Fig. 9: Belemnite imprints, sampled immediately above
fault zone depicted in Fig. 7, scale bar: 1 cm Osning
Formation, Upper Barremian.

Abb. 10: Untere Belemniten-Lage, 5 m über Profilbasis,


Osning-Formation, Oberbarremium, Maßstab 10 cm, a–h
Belemniten-Hohlräume, A–F Camptonectes (Maclearnia)
cf. cinctus, I–II inkohlierte Holzreste teilweise mit
Bleichungszonen, WMNM P 78620, Präparation Tina
Kockmeyer, LWL-Museum für Naturkunde, Münster.
Fig. 10: Lower Belemnite layer, 5 m above base of profile,
Osning Formation, Upper Barremian, scale: 10 cm. a–h:
belemnite imprints, A–F: Camptonectes (Maclearnia)
cf. cinctus, I–II: coalified wood remains, with bleaching
halos.
12 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Abb. 11: Obere Belemniten-Lage, 10 m über Profilbasis, Osning-Formation, Oberbarremium, Maßstab 10 cm,
Bildausschnitt 158 cm breit, 89 cm hoch, A limonitisch inkrustierte Schichtoberfläche, B nicht limonitisch inkrustiert.
Pfeile markieren zerbrochene Belemniten, WMNM P 78621, Präparation Tina Kockmeyer, LWL-Museum für Naturkunde,
Münster.
Fig. 11: Upper belemnite layer, 10 m above base of profile. Osning-Formation, Upper Barremian, scale: 10 cm, area
of photograph 158 cm wide, 89 cm high. A bedding plane encrusted with limonite, B bedding plane, not encrusted.
Arrows mark broken belemnites.

Abb. 12: Thalassinoides-Lage, 11,4 m über Profilbasis, Übersichtsaufnahme, Osning-Formation, Oberbarremium.


Fig. 12: Overview photo of Thalassinoides layer, 11.4 m above base of profile, Osning Formation, Upper Barremian.
Kaplan, Keiter, Höcker: Stratigraphie, Paläontologie und Tektonik eines temporären Aufschlusses 13

Abb. 13: Thalassinoides-Lage, 11,4 m über Profilbasis, Detailaufnahme, Osning-Formation, Oberbarremium.


Fig. 13: Thalassinoides layer, closeup view, 11.4 m above base of profile. Osning Formation, Upper Barremian.

Abb. 14: Probe der konglomeratischen Lage, 16,8 m über Profilbasis, Osning-Formation, Grenzbereich Barremium -
Aptium.
Fig. 14: Sample of conglomerate layer, 16.8 m above base of profile. Osning Formation, transition Barremian - Aptian.
14 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

nester mit Pflanzenresten und Kohlegenisten


bei 4–15 m (Abb. 8), Belemniten-Hohlräume
bei 4 m (Abb. 9), bei 5 m eine untere Belem-
niten-Lage mit einer Anhäufung von Belem-
niten-Hohlkörpern und der Muschel Camp-
tonectes (Maclearnia) cf. cinctus (Abb. 10) und
bei 10,4 m eine obere Belemniten-Lage mit
vermehrt eingeregelten Belemniten (Abb. 11),
eine markante Thalassinoides-Lage bei 11,4 m,
die in Bleichungshorizonte mit zahlreichen
Kohleschmitzchen übergeht (Abb. 12 und
13), zwei konglomeratische Lagen bei 15,8 m
und 16,8 m (Abb. 14), bei 28 m–29 m eine
Apophyse aus Eisenschwarten, die rote und
ockerfarbene, teils auch fast weiß gebleichte
und mürbe Gesteinspartien trennt (Abb. 15).

2.2 Stratigraphie

Der hier aufgeschlossene Sandstein gehört


nach aktueller lithostratigraphischer Anspra-
che zur Osning-Formation (Erbacher et al.
2018a). Diese ist zwischen dem Egge-Gebirge
und Tecklenburg nicht gegliedert und bildet
einen mehr oder weniger einheitlichen Ge-
steinskörper. Lediglich der Osning-Grünsand
am Top der Formation wird als Bank abgeson-
Abb. 15: Unregelmäßige Apophyse aus Eisenschwarten, dert. Unterlagert wird die Osning-Formation
die rote und ockerfarbene Gesteinspartien trennt, 28 durch die Oesede-Formation in Wealdenfazi-
m über Profilbasis, südliche Aufschlusswand, Osning-
Formation, Aptium.
es (Erbacher et al. 2018b). Überlagert wird die
Fig. 15: Irregular Fe oxide/hydroxide precipitate, Osning-Formation von der Flammenmergel-
separating red and ochre coloured sandstone, 28 m Formation (Erbacher et al. 2014) (Abb. 3). Im
above base of profile, southern outcrop wall. Liegenden der Baugrube sind die klassischen
Aufschlüsse am Nordhang des Tönsbergs
(Weerth 1929) positioniert (Abb. 3). Damit
erschließt das Profil den oberen Osning-
2. Stratigraphie Sandstein. Hendricks & Speetzen (1983, Taf. 1)
geben für Oerlinghausen eine Mächtigkeit
2.1 Profilbeschreibung von 200 m für ihn an. Nach unserer eigenen
Einschätzung beträgt sie etwa 170 m.
Das 43 m mächtige Profil (Abb. 4) war mit Das Fehlen von genau bestimmbaren
seinem oberen Abschnitt im südlichen (Abb. 5) Leitfossilien und die geringe Zahl von
und seinem unteren Abschnitt im nördlichen lithologischen Leithorizonten erschwert
Aufschlussbereich aufgeschlossen (Abb. 6). die stratigraphische Einordnung und Unter-
Markante Elemente des Profils sind: eine Stö- gliederung des Aufschlusses. Am Nordhang
rungszone bei 2,5–3 m (Abb. 7), Bleichungs- des Tönsbergs sind nach Weerth (1929) und
Kaplan, Keiter, Höcker: Stratigraphie, Paläontologie und Tektonik eines temporären Aufschlusses 15

nomenklatorisch emendiert von Mutterlose keine klare Einregelung erkennen und liegen
(1995) Ammoniten folgender Unterstufen der teilweise nicht schichtparallel (Abb. 10 f, h).
Unterkreide belegt: Polyptychites oerlinghusa- Messbare erhaltene Längen variieren zwi-
nus – Untervalanginium; Dichotomites (Dicho- schen 55 und 65 mm. Markant treten sechs
tomites) bidichotomoides – Obervalanginium; großflächige Steinkerne der Muschel Camp-
Acanthodiscus spp. – Unterhauterivium; Sim- tonectes (Maclearnia) cf. cinctus in Erscheinung
birskites spp. – Oberhauterivium; Paracrioceras (Abb. 10, A–F), die zum Teil übereinander ge-
denckmanni – Oberbarremium. schoben wurden. Das Exemplar an der rechten
Die erhaltenen Belemniten-Hohlräume oberen Ecke (Abb. 10 B) ist fast komplett mit
in der unteren und oberen Belemnitenlage Schlossrand und Wirbel erhalten. Es hat eine
im unteren Abschnitt des Profils deuten auf größte Länge von 170 mm und eine größte
Oberbarremium hin, auch wenn sie wegen Breite von 125 mm. In der unteren Hälfte des
ihrer Erhaltung nicht genauer bestimmbar Blocks treten verschiedentlich inkohlierte
sind, (frdl. pers. Mitt. J. Mutterlose, Bochum). Holzreste teilweise mit Bleichungszonen
Die Bioturbation besteht durchgehend aus auf (Abb. 10, I–II). Auch sie zeigen wie die
Grabgängen mit einem Durchmesser um 10 Muscheln und die Belemniten eine unregel-
mm (Abb. 16) und geht auf die Aktivitäten von mäßige Lagerung.
Krustazeen und Echiniden zurück. Abb. 11 zeigt die obere Belemniten-Lage
Im Block der unteren Belemniten-Lage an der leicht überkippt stehenden Aufschluss-
(Abb. 10) konnten 6 Belemniten-Hohlräume wand vor der Bergung. Die aufgeschlossene
identifiziert werden (Abb. 10 a–g). Sie lassen Schichtfläche ist leicht unduliert und fast

Abb. 16: Typische Bioturbation des Osning-Sandsteins. Fig. 16: Typical bioturbation of the Osning Sandstone.
16 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Abb. 17: Lamellibranchiatenfauna, A, B, E Panopea sp., D Camptonectes (Maclearnia) cf. cinctus (J. Sowerby, 1822), C, E
Entolium orbiculare (J. Sowerby, 1822), F Buchia cf. keyserlingi (Lahusen, 1888). A, C–F Lesestücke zwischen Profilmeter
5–11,5, Oberbarremium, B 17 m unter Profiltop, Aptium, alle Osning-Formation. Maßstabsbalken je 1 cm.
Fig. 17: Lamellibranchiata, A, B, E Panopea sp., D Camptonectes (Maclearnia) cf. cinctus (J. Sowerby, 1822), C, E Entolium
orbiculare (J. Sowerby, 1822), F Buchia cf. keyserlingi (Lahusen, 1888). A, C–F profile m 5-11,5, Upper Barremian, B 17 m
below top of profile, Aptian, Osning-Formation. Scale bars 1 cm.
Kaplan, Keiter, Höcker: Stratigraphie, Paläontologie und Tektonik eines temporären Aufschlusses 17

vollständig mit Limonit dünn inkrustiert in ihnen die Anreicherung von kleinen, etwa
(Abb. 11 A). Am unteren Rand, durch einen 1 mm großen Kohlestückchen. Diese fehlen in
zentimetergroßen Versatz getrennt, ist die dieser Häufung im überliegenden Sediment.
die Schichtfläche limonitfrei (Abb. 11 B). Ins- Dieses wurde damit nach der Verfüllung der
gesamt lassen sich 17 Belemniten-Hohlräume Gänge erodiert und deutet auf eine Sedimen-
zählen. Alle liegen schichtparallel. Ihre Länge, tationsunterbrechung hin.
soweit vermessbar, variiert zwischen 50 mm Im Aufschluss markieren die beiden dicht
und 82 mm. Einzelne auf Abb. 11 mit einem aufeinander folgenden konglomeratischen
Pfeil markierte Exemplare liegen mehr oder Lagen bei Profilmeter 15,8 und 16,8 (Abb. 14)
weniger quer zur Strömungsrichtung und den Abschluss dieser regressiven Entwick-
sind angebrochen. lung. Hier treten markante Lydit-, Milchquarz-
Zwischen 5 m und 11,5 m tritt eine Lamel- und stark tonig verwitterte Gerölle auf,
libranchiatenfauna mit Panopea sp. (Abb. 17 partiell in einer tonigen Matrix. Sie deuten
A, E), Camptonectes (Maclearnia) cf. cinctus auf ein proximales, küstennahes Liefergebiet
(Abb. 17 D), Entolium orbiculare (Abb. 17 C, E) hin. Lydite kommen regional nur im Unter-
und Buchia cf. keyserlingi (Abb. 17 F) auf. Sie karbon vor, das im Bereich des südöstlichen
wird begleitet von Pflanzenresten (Abb. 18), Sauerlandes und vermutlich im Bereich des
von denen nur die kleinen Fiederchen von Lippstädter Gewölbes anstand. Die westlich
Weichselia ludovicae (Abb. 18 A, B) bestimm- angrenzende Landoberfläche wurde wäh-
bar sind und ein größeres artikuliertes Stück rend der Unterkreide von Ablagerungen des
als Farn angesprochen werden kann (Abb. Oberkarbons gebildet. Im Profil kommen
18 D). Dieses konnte nicht geborgen und nur bis 9 m über den konglomeratischen Lagen
fotographisch dokumentiert werden. Weitere wiederholt Lagen mit Kohleschmitzchen vor,
Pflanzenreste sind sonst unbestimmbar (Abb. gröbere Gerölle fehlen. Die Annahme eines
18 C). Der einzige Faunenbeleg aus dem Apti- distaleren, küstenferneren westlichen Liefer-
um ist eine Panopea sp. (Abb. 17 F). In ähnlicher gebietes liegt nahe. Damit könnten die bei-
Zusammensetzung kommt diese Fauna und den dicht aufeinander folgenden konglome-
Flora beispielsweise auch im Hauterivium der ratischen Lagen als Sequenzgrenze gedeutet
Gildehaus-Formation vor und ist ein Indikator werden, auch wenn Erosion und Sedimen-
für einen flachmarinen und küstennahen tation in einem flachmarinen küstennahen
Sedimentationsraum (vgl. Kemper 1992). Sedimentationsraum in einem unruhigen
Die Thalassinoides-Lage bei 11,4 m (Abb. Milieu analoge Erscheinungen hervorrufen
12, 13) besteht aus einem polygonalen Netz können. Ihre Stellung im Profil legt nahe, dass
von Krustazeen-Grabgängen mit drei Stock- sie die Grenze von Barremium und Aptium
werken. Die Größe einzelner Zellen differiert markiert. Speetzen (2005) beschreibt regressi-
zwischen 7 und 10 cm, der Querschnitt der ve Bewegungen und Hiati im mittleren und
Grabgänge liegt meist um 10 mm, gele- mit unserem Aufschluss kontemporären
gentlich bis 30 mm, während die selteneren oberen Barremium der Osning-Formation
Thalassinoides-Gänge anderer Profilabschnit- des Eggegebirges. Mutterlose & Bornemann
te bis zu 50 mm breit werden können. Die (2000) postulieren für das Niedersächsische
Höhe der hier erhaltenen Stockwerke beträgt Becken im Barremium/Aptium-Grenzbereich
etwa 10 cm. Die Gänge gehen teilweise in eine größere Diskordanz. Es besteht auch
ausgebreitete ausgebleichte Flächen mit An- eine Sequenzgrenze im Barremium/Aptium-
reicherungen von Kohle- und Pflanzenhäcksel Grenzbereich an der Basis des beckenwärti-
über. Die Füllung der Grabgänge ist im gen Fischschiefers bzw. OAE 1a im südlichen
Gegensatz zum umgebenden Sediment nicht Nordseebecken (Jeremiah 2000, Jeremiah et al.
ockerfarben, sondern hellgrau. Auffällig ist 2010). Das absolute Alter der Grenze beträgt
18 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Abb. 18: Pflanzenfossilien: A, B Weichselia ludovicae Stiehler (1857), C Pflanzenreste, unbestimmbar, D Farn,
unbestimmbar, A, B, C Lesestücke zwischen Profilmeter 8-9, D Profilmeter 3,5, Oberbarremium, alle Osning-Formation,
Maßstab in A-C: je 1 cm.
Fig. 18: Plant fossils: A, B Weichselia ludovicae Stiehler (1857), C plant remains, indet., D fern, indet., A, B, C profile m 8-9,
not in-situ, D Profilmeter 3,5, Upper Barremian, Osning-Formation, Scale bars in A-C: 1 cm.
Kaplan, Keiter, Höcker: Stratigraphie, Paläontologie und Tektonik eines temporären Aufschlusses 19

125 Millionen Jahre (Deutsche Stratigraphische schrammeni-Zone gegliedert (Mutterlose et


Kommission 2016). al. 2003). Althoff & Seitz (1934) erwähnen den
Eine Untergliederung des nachfolgenden oberaptischen Acanthoplites sp. aus dem
Aptiums ist biostratigraphisch nicht möglich. unteren Osning-Grünsand und zwar aus
Allerdings gibt es in der Ablagerungsfolge einem Niveau, in dem auch Leymeriella tarde-
Hinweise auf zwei weitere denkbare Sequenz- furcata auftritt. Für Leymeriella (Proleymeriella)
grenzen, die wiederum mit Sequenzgrenzen schrammeni gibt es in der Unterkreide des
im südlichen Nordseebecken korrelieren Münsterländer Beckens keine faunistischen
würden. Bei Profilmeter 25,7 liegt eine dünne Nachweise. Für den Osning-Grünsand in
Lage mit Lydit- und Milchquarzgeröllen, der Bohrung Heidental 4/79n bei Detmold-
unmittelbar über ihr kommen Glaukonite als Heidental, 12 km südöstlich vom Aufschluss
Indikatoren für flacheres Wasser vor. Die sich geben Becker & K aever (1982) und K aever & Becker
damit andeutende Sequenzgrenze entsprä- (1985) das Vorkommen der planktonischen
che der zwischen Unter- und Oberaptium bzw. Foraminifere Gavelinella intermedia an, die
zwischen der Trophaeum bowerbanki- und der nach Spaeth (2000) der Basis der Leymeriella
Epicheloniceras martinoides-Zone (Jeremiah et tardefurcata-Ammonitenzone des unteren,
al. 2010). Die dritte für das Oberaptium beste- aber nicht basalen, Unteralbiums vorkommt.
hende Sequenz-Grenze wäre an der Basis der Weiter erwähnen sie das vereinzelte Vorkom-
leicht glaukonitischen Einheit bei Profilmeter men der planktonischen Foraminifere Hedber-
37,2 zu vermuten und würde nach Jeremiah et gella cf. infracretacea. Nach Kennedy et al. (2014)
al. (2010) an der Grenze von der Parahoplites setzt diese in der von ihnen vorgeschlagenen
nutfieldiensis- und der Hypacanthoplites jaco- Global Boundary Stratotype Section bei Col de
bi-Zone liegen. Die obersten 1,5 m des Profils Pre-Guittard (Südost-Frankreich) in der oberen
liegen nach der geologischen Karte Blatt 4018 Hypacanthoplites jacobi-Ammonitenzone aus,
Brackwede (Mestwerdt 1926) mit einer Distanz die nach der nordwestdeutschen Gliederung
von wenigen Metern unter der Grenze zum in das Oberaptium gehört. Stille (1909) erwähnt
Osning-Grünsand. Leymeriella tardefurcata aus dem obersten
K aplan (2008) diskutiert die Belege für den Osning-Sandstein von Detmold-Hiddensen.
Übergangsbereich von Osning-Sandstein und Diese Befunde deuten auf einen Hiatus mit
Osning-Grünsand. Nordwestlich von Oer- Aufarbeitungen im Übergangsbereich von
linghausen wurde von Althoff & Seitz (1934) Osning-Sandstein und Osning-Grünsand im
der Übergang feinstratigraphisch erfasst. unteren Unteralbium hin. Der oberste Osning-
Sie definieren die Untergrenze des Osning- Sandstein bei Oerlinghausen ist demnach in
Grünsands mit dem für den Osning-Sandstein das Aptium einzustufen.
untypischen Vorkommen von Phosphoriten.
Südöstlich stellen K aever & Becker (1985) in
der Bohrung Heidental 4/49 bei Detmold 3 Paläogeographie
den Osning-Grünsand als eine gut definierte
4 m mächtige dunkelgrau-grüne und tonig- Während des Barremiums und Aptiums
sandige lithologische Einheit dar, die sich klar lag der Aufschluss am Südrand des Nieder-
vom Osning-Sandstein gliedert. sächsischen Beckens (Abb. 19). Die Karbon-
Generell wird der obere Osning-Sandstein Oberfläche der südwestlich angrenzenden
in das Unteralbium eingestuft (Speetzen 2005, Rheinischen Masse war das Liefergebiet für
2010; Erbacher et al. 2018a). Es wird in NW- die im Litoral- und küstennahen Bereich
Deutschland vom Hangenden zum Liegenden abgelagerten Sande, die über Flusssysteme
in die Douvileiceras mammilatum-, Leymeriella transportiert wurden (Speetzen 2010). Von
tardefurcata- und Leymerilla (Proleymeriella) diesen hatte eines seine Mündung im Bereich
20 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

von Oerlinghausen (Hendricks & Speetzen 1983). Ursachen hindeuten: (1) stärkere Wasserbewe-
Über Flüsse wurden auch die nicht seltenen gungen, (2) Zerbrechen durch diagenetische
Pflanzenreste transportiert, von wenigen Kompaktion oder (3) Zerbrechen infolge
artikulierten Stücken über unbestimmbare tektonischen Drucks. Die Stege zwischen den
inkohlte Holzreste bis zu kleinen Kohlestück- fragmentierten Abdrücken sind mit Sediment
chen (Abb. 18). verfüllt (Abb. 11), so dass ein diagenetisches
Zerbrechen – auf jeden Fall vor Lösung der
karbonatischen Hartteile – am wahrschein-
lichsten ist. Der obere Teil der Schichtfläche,
mit A markiert, ist mit Limonit inkrustiert. Der
untere, mit B markiert, durch eine Kluft von
der oberen getrennt und wenige Zentimeter
versetzt, ist nicht inkrustiert.

Abb. 19: Paläogeographische Lage des Oerlinghauser


Profils am Ostrand der Rheinischen Masse, nach
paläogeographischer Karte der NW-deutschen Unterkrei-
de, Barremium - Aptium, Schott et al. (1969).
Fig. 19: Palaeogeographical position of the Oerlinghau-
sen profile at the eastern margin of the Rhenish Massif,
Lower Cretaceous, Barremian - Aptian. Map modified
after Schott et al. (1969).

Die Anreicherung der Fossilien in zwei


Lagen des unteren Profilabschnitts, die mit
Sedimentbewegungen einhergehenden Um-
lagerungen in der unteren Lage (Abb. 10), ihre
Einregelung und teilweise Fragmentierung
in der oberen Lage (Abb. 11) deuten auf
Abb. 20: Stereographische Projektion der eingeregelten
Sedimentumlagerungen und Sedimentati- Belemnitenhohlräume, Obere Belemniten-Lage, vor der
onsunterbrechungen hin. Nach Rückrotation Bergung in situ eingemessen. Großkreise zeigen die
der überkippten Schichtfläche der oberen Variation im Einfallen der welligen Schichtfläche.
Belemnitenlage in ihre ursprüngliche Orien- Fig. 20: Stereographic plot of aligned belemnite
imprints, Upper belemnite layer, measured in situ before
tierung zur Zeit der Ablagerung ergibt sich recovery of the slab. Great circles show the variation of
eine Vorzugsregelung der Belemnitenrostren the undulating sedimentary layering on the slab.
in nordwest-südöstlicher Richtung (Abb. 20).
Sie ist der erste direkte Nachweis für eine
küstenparallele Strömung, wie sie bereits von Ein Problematikum stellen die abschnitt-
Hendricks & Speetzen (1983) postuliert wurde. weise gehäuft auftretenden Kohlegeniste dar.
Zerbrochene Exemplare, auf der Abb. 11 mit Sie könnten aus erodierten oberkarbonischen
einem Pfeil markiert, können auf verschiedene Steinkohleflözen stammen (Speetzen 1970). Sie
Kaplan, Keiter, Höcker: Stratigraphie, Paläontologie und Tektonik eines temporären Aufschlusses 21

treten nun aber auch gehäuft im Kontext mit


mehr oder weniger artikulierten unterkretazi-
schen Pflanzenresten auf (Abb. 18). Damit läge
auch eine Herkunft von eingeschwemmten
Landpflanzen nahe.

3 Strukturgeologie

Während der fortschreitenden Ausschach-


tungsarbeiten wurden immer wieder neue
Wandbereiche aufgeschlossen. Messungen
der Strukturelemente im Aufschluss erfolgten
daher im Laufe von mehreren Besuchen in
der Zeit vom 12.04.2019 bis 20.05.2019. Die
Messungen wurden mit einem Gefügekom-
pass und per Smartphone-App durchgeführt.
Die angegebenen Strukturwerte folgen der
Clar-Notation (Fallrichtung/Fallwinkel). Die
Stereogramme wurden mit der Software
OpenStereo (v0.1.2) kompiliert und sind im
Schmidt’schen Netz (untere Hemisphäre)
dargestellt.

Abb. 21: (a): Stereographische Projektion der


3.1 Schichtung gemessenen Schichtflächen. Die Schichtung ist im
gesamten Aufschluss sehr konstant und leicht überkippt.
(b): Stereographische Projektion der gemessenen
Insgesamt ist die Orientierung der Schicht- Kluftflächen.
flächen im gesamten Aufschluss sehr homo- Fig. 21: (a): Stereographic plot of measured bedding
gen. Die Schichten liegen leicht überkippt planes. Bedding in the whole outcrop is rather constant,
slightly overturned. (b): Stereographic plot of measured
mit einem Maximum bei 35/69; entsprechend joints.
einer WNW-ESE-orientierten Streichrichtung
(Abb. 21 a). Vereinzelte Messungen saigerer
oder steil normal gelagerter Schichten stam-
men aus den obersten Metern des Profils an 3.2 Klüftung
der SE-Ecke des Aufschlusses. Das Gestein ist
hier deutlich dünnbankiger, was eine stärker Im Aufschluss dominieren Längs- und
ausgeprägte kleinräumige Deformation Querklüfte, seltener und meist weniger
ermöglichen könnte. Dieser Bereich des Auf- deutlich entwickelt sind Diagonalklüfte. Im
schlusses befindet sich allerdings sehr nah an Stereogramm Abb. 21 b sind alle gemessenen
der ehemaligen Geländeoberkante, so dass Klüfte dargestellt, definiert als Trennfugen
abweichende Einfallswerte ebenso durch im Gestein ohne erkennbaren Versatz oder
oberflächennahe Verwitterung und/oder Bewegungsindikatoren wie z. B. Harnische.
Hangkriechen verursacht sein können. Dies wird hier deshalb betont, weil die Orien-
tierung einiger Kluftscharen im Aufschluss mit
derjenigen prominenter Störungsrichtungen
übereinstimmt (siehe auch das folgende Kap.
22 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

3.3). Zur vorherrschenden Schichtung subpar- Bewegung der Hangendscholle in Richtung


allel verlaufende Klüfte kommen ebenfalls vor. SW (Abb. 22).
Schwieriger zu beobachten ist die dritte er-
kennbare Störungsschar (F3). Es handelt sich
3.3 Störungen um Harnischflächen, welche subparallel bis
parallel zur Schichtung verlaufen und daher
Der gesamte Aufschluss ist durchzogen kaum auffallen. Insbesondere die im Auf-
von zahlreichen Verwerfungsflächen, die aber schluss vorkommenden Konglomeratlagen
trotz teils deutlich ausgeprägter Harnisch- scheinen häufig von diesen Störungsflächen
flächen kaum nennenswerte Versatzbeträge durchzogen, welche teils aus dem umgeben-
zeigen. Die häufigste und am stärksten entwi- den Sandstein in die Konglomerate einbiegen
ckelte Störungsschar (F1) fällt moderat bis steil (Abb. 24).
nach SW ein (Maximum bei 216/56, Abb. 22).
Eine große Harnischfläche, die den zentralen
Teil der NE-Wand des Aufschlusses dominiert,
gehört zu dieser Störungsschar (Abb. 23).
Asymmetrische Striemungen, wenn vor-
handen, zeigen abschiebende Bewegungen
entlang dieser Störungen an.
Ein weiteres häufiges Störungssystem (F2)
zeigt sehr flaches Einfallen nach SW bis hin
zu söhliger Lagerung. Diese Störungsflächen
sind kleiner und weniger deutlich ausgeprägt,
konnten aber wegen ihrer auffallenden flach
gelagerten Trennfugen häufig beobachtet
Abb. 22: Stereographische Projektion der gemessenen
werden. Auch auf diesen Flächen ließen sich Störungsflächen.
Striemungen beobachten. Sie zeigten eine Fig. 22: Stereographic plot of measured fault planes.

Abb. 23: Zentraler Teil der Aufschlusswand, Blick nach NE. Schraffierte Flächen markieren die aufgeschlossene große
abschiebende Harnischfläche.
Fig. 23: Central outcrop area, looking NE. Hatched areas mark exposed parts of large normal fault plane.
Kaplan, Keiter, Höcker: Stratigraphie, Paläontologie und Tektonik eines temporären Aufschlusses 23

Die Störungsschar F1 ist im Aufschluss die Störungsmuster


älteste erkennbare Generation; sie wird von
den beiden anderen Scharen abgeschnitten. Bei den im Aufschluss vorkommenden Har-
Schnittbeziehungen zwischen den Störungs- nischflächen handelt es sich um streichende
scharen F2 und F3 konnten nicht beobachtet Störungen. Quer- oder Diagonalstörungen
werden. wurden nicht beobachtet. Ebenfalls zeigte
sich trotz der hervorragenden Aufschluss-
verhältnisse an keiner Harnischfläche eine
3.4 Diskussion der Strukturelemente Horizontalkomponente. Beide Beobach-
tungen sind zunächst überraschend, denn
Die tektonische Entwicklung der Osning- Querstörungen und Horizontalkomponenten
Zone wurde über viele Jahrzehnte intensiv wurden entlang der gesamten Osning-Zone
bearbeitet (z. B. Stille 1911, 1924; Keller 1976; häufig beschrieben, zumeist interpretiert als
Drozdzewski 1988, 2003; Baldschuhn & Kockel Resultate einer in der Oberen Kreide einset-
1999; Kockel & Baldschuhn 2002; Saintot et al. zenden transpressiven Inversion (z. B. Keller
2013; Drozdzewski & Dölling 2018). Die Inter- 1976, Kockel & Baldschuhn 2002, Drozdzewski
pretation der Osning-Zone wandelte sich in 2003, Keiter 2015, Keiter & Grohe 2017).
dieser Zeit im Wesentlichen von einer scharf Jüngst haben Drozdzewski & Dölling (2018)
umgrenzten Faltungszone über eine nach NW in einer umfassenden Übersichtsarbeit die
auslaufende Überschiebung hin zu einer stark gesamte Osning-Störungszone konsequent
gegliederten transpressiven Störungszone. als eine in mehrere Segmente gegliederte
oberkretazische dextrale Blattverschiebungs-
zone interpretiert, welche eine präexistente
Schwächezone reaktiviert, die mindestens

Abb. 24: Subparallel bis parallel zur Schichtung verlaufende Störungen, hier in einem herausgelösten Block mit
Konglomeratlage. (a) Blick von oben auf zwei spitz aufeinander zu verlaufende Harnische. (b) dieselben Harnischflä-
chen in Profilansicht und ihre Beziehung zur Schichtung.
Fig. 24: Fault surfaces, oriented subparallel to parallel with bedding surfaces, conglomerate block, not in-situ.
(a) surface of the block with two fault surfaces branching off at an acute angle. (b) the same fault planes in side view
and their geometrical relationship to bedding.
24 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

spätvariszischen (Drozdzewski 1988), eventuell Besonders interessant sind die schicht-


sogar kaledonischen Alters ist (Drozdzewski & parallelen Störungen, welche insbesondere
Dölling 2018). innerhalb der Konglomeratlagen beobachtet
Eines der Segmente entlang der Blatt- werden konnten (Abb. 24). Konglomerate sind
verschiebung ist das „Bielefeld-Segment“ offenbar bevorzugte Gleitflächen, eine Beob-
zwischen Borgholzhausen und Detmold, in achtung, die schon durch Keiter (2015) festge-
dem der hier beschriebene Aufschluss liegt. stellt wurde. Ihre starke Eisenschüssigkeit im
Dieser Bereich wird von Drozdzewski & Dölling Aufschluss deutet darüber hinaus an, dass sie
(2018) als flower structure interpretiert, welche ebenfalls eine hohe Fluidpermeabilität haben,
oberflächennah Überschiebungstektonik so dass Eisenhydroxide innerhalb dieser Lagen
zeigt und in der Tiefe in einer Blattverschie- bevorzugt ausfielen (siehe auch Keiter et al.,
bung wurzelt. In diesem Licht betrachtet wäre 2015). Gleichzeitig wird durch Fluidaktivität
die starke Dominanz streichender Störungen die Gesteinsfestigkeit weiter herabgesetzt.
ohne Horizontalkomponente im Aufschluss Das Vorkommen schichtparalleler Be-
ein Ergebnis des lokalen Spannungsfeldes im wegungsbahnen innerhalb der Sandsteine
Aufschlussmaßstab und sollte ohne weitere ist sehr wahrscheinlich. Diese können aber
Daten aus anderen Aufschlüssen nicht überin- aufgrund des von den Konglomeraten abwei-
terpretiert werden. chenden Deformationsverhaltens (weniger
Nur an einer einzigen Harnischfläche konn- Neigung zur Bildung von Harnischen und
te im Aufschluss ein aufschiebender Bewe- Striemungen) wahrscheinlich nur schlecht
gungssinn festgestellt werden (siehe Abb. 22). beobachtet werden.
Auch dies ist ungewöhnlich, da in historischen Die Datenlage über Verbreitung und
Aufschlüssen der Region zahlreiche Aufschie- Ausmaß schichtparalleler Versätze innerhalb
bungen beobachtet werden konnten (Keiter der Osning-Zone ist zurzeit rein qualitativ.
2015). Offenbar ist die Reaktivierung älterer Somit ist ihre Rolle bei der Strukturentwick-
Strukturen als Abschiebungen während der lung der Osning-Zone (z. B. scheinbare oder
späten Extension im Oerlinghauser Aufschluss reale Mächtigkeitsschwankungen des Osning-
sehr stark und überprägte kompressive, bzw. Sandsteins) nicht klar. Zukünftige Arbeiten an
transpressive Strukturen. Hier mag auch der Aufschlüssen entlang des Teutoburger Waldes
Grund für die beobachteten sehr geringen können hier eventuell Klarheit liefern.
Versatzbeträge entlang der Störungen im
Aufschluss liegen: die einzelnen Schollen,
bzw. Blöcke wären damit zunächst auf- und 4 Ergebnisse
während der Extensionsphase wieder abge-
schoben worden. Der Aufschluss an der Jugendherberge
Viele der größeren Harnischflächen im Auf- ermöglichte erstmals geologische Untersu-
schluss sind auffallend gewölbt, bzw. gewellt. chungen und paläontologische Aufsammlun-
Die Wellung erfolgte um steil in Fallrichtung gen im oberen Osning-Sandstein in seinem
der Störungen abtauchende Achsen. Ob es 23 km weiten Abschnitt zwischen Bielefeld
sich hierbei um Strukturen handelt, die z. B. und Detmold. Die 43 m mächtige Schichten-
früh durch Transpression als eine Art Faltung folge wurde mit einem lithologischen Profil
angelegt wurden oder ob es sich um zufällige dokumentiert. Fossilbelege von Invertebraten
Reaktion auf Inhomogenitäten im Gestein und Pflanzen sowie ergänzende Faziesproben
handelt, kann nicht abschließend beurteilt wurden geborgen und im Naturkunde-Muse-
werden. um Bielefeld hinterlegt. Erstmals gelang es in
Zusammenarbeit mit der paläontologischen
Bodendenkmalpflege Münster, im Osning-
Kaplan, Keiter, Höcker: Stratigraphie, Paläontologie und Tektonik eines temporären Aufschlusses 25

Sandstein zwei größere Faunenassoziationen, Untersuchung kann klären, ob es sich zum


den Block mit mehreren Camptonectes und Beispiel um dekarbonatisierte Mergelsteine
Belemniten-Hohlräumen (Abb. 10) sowie die oder um stark verwitterte feldspatreiche
Platte mit Belemniten-Hohlräumen (Abb. Gesteine handelt.
11), zu bergen und für das LWL-Museum für 2. Vergleich Kohleschmitzen – Pflanzenreste:
Naturkunde, Münster, zu sichern. Letztere ist Anhand der Proben aus dem Aufschluss bie-
die bislang einzige direkte Bestätigung von tet sich an, zu untersuchen, ob die zahlrei-
küstenparallelen Strömungen am Nordrand chen feinen Kohleschmitzen geochemisch
der Rheinischen Masse in der Unterkreide. Die und im Hinblick auf ihren Inkohlungsgrad
stratigraphische Untergliederung stützt sich von den makroskopisch erkennbaren unter-
für den basalen Profilabschnitt auf biostrati- kretazischen Pflanzenresten unterscheidbar
graphische Aussagen der Belemniten-Hohl- sind.
räume, für die Barremium/Aptium-Grenze auf
zwei benachbarte konglomeratische Lagen,
die mit einer beckenwärtigen Sequenzgrenze Danksagung
korrelieren könnten. Die Beobachtung des
Vorkommens von Kohleschmitzchen im Wilfried Kohlmeyer gab den Hinweis
Kontext mit eingeschwemmten Landpflan- auf die guten Aufschlussverhältnisse, die
zen legt eine Deutung ihrer Herkunft von Eigentümer Roland und Jutta Murschall und
unterkretazischen Landpflanzen nahe, die al- die Abbruchfirma Wimmelbücker Abbruch
ternativ oder ergänzend zur These steht, dass GmbH kooperierten geduldig und großzügig.
sie von aufgearbeiteter und resedimentierter Christian Pott und Jörg Mutterlose halfen bei
karbonischer Kohle stammen. Die hervorra- der Bestimmung einiger Fossilien, Eckhard
genden Aufschlussverhältnisse ermöglichten Speetzen lieferte wertvolle Impulse für die
das Sammeln einer großen Menge solider Diskussion der Stratigraphie, Jörg Mutterlose
Strukturdaten und die Aufnahme ansonsten unternahm eine kritische Durchsicht des Ma-
schwer beobachtbarer Strukturen wie z.B. nuskriptes und gab uns wertvolle Hinweise,
schichtparalleler Störungen. Zusammen Björn Kähler und Ulrike Letschert unternah-
mit Daten aus historischen und zukünftigen men die redaktionelle Bearbeitung. Allen
Aufschlüssen kann das tektonische Bild der danken wir für ihre Hilfe und Unterstützung.
Osning-Zone besser im Detail verstanden
werden.
Die im Aufschluss gemachten Beobachtun- Literatur/References
gen und genommenen Proben bieten mögli-
che Ansätze für weitere Forschungen wie: Althoff, W. & Seitz, O. (1934): Die Gliederung
1. Konglomeratzusammensetzung: Die Kon- des Albiums bei Bielefeld. – Abhandlungen
glomerate im Aufschluss zeigen einen aus dem Westfälischen Museum für Natur-
ungewöhnlich hohen Anteil an Klasten mit kunde, Münster 5, 5–26.
tonig-mürber Konsistenz. Diese Klasten
erscheinen undeformiert und haben etwa Baldschuhn, R. & Kockel, F. (1999): Das Osning-
den gleichen Formfaktor und Rundungs- Lineament am Südrand des Niedersachsen-
grad wie die Quarz- und Lyditkiesel. Da Beckens. – Zeitschrift der Deutschen
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tektonische Durchbewegung erfahren
haben, erscheint es unwahrscheinlich, Becker, L. & K aever, M. (1982): Das Kreideprofil
dass diese Klasten primär als Tonsteine der Bohrung Heidental 4/79n in der Kern-
abgelagert wurden. Eine petrographische zone des Osnings, südwestlich Detmold.
26 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

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Kaplan, Keiter, Höcker: Stratigraphie, Paläontologie und Tektonik eines temporären Aufschlusses 29
Berichte Naturwiss. Verein für Bielefeld und Umgegend 57 (2020),, S. 30 – 57

Wasservögel auf Stillgewässern im Raum Bielefeld und


Halle im Jahr 2018 – Ergebnisse eines Projektes der
Ornithologen im NWV Bielefeld
Heiner HÄRTEL, Lübbecke

Mit 12 Karten, 2 Abbildungen und 16 Tabellen

Inhalt Seite
1 Einführung 31
2 Methode 31
2.1 Erhebung der Daten 31
2.2 Auswertung der Daten 31
2.3 Danksagung 31
3 Ergebnisse und Diskussion 32
3.1 Allgemeine Ergebnisse 32
3.2 Verbreitung der Wasservögel 32
3.3 Seltene Gastvögel 37
4 Wasservögel und Gewässer 37
4.1 Gewässerstrukturen 37
5 Vergleich der Erhebungen von 2001 und 2018 39
6 Empfehlungen für die Anlage und Sanierung von Gewässern 41
7 Zusammenfassung 41
8 Literatur 42
Anhang I: Korrekturen zu Härtel, H. (2019): Die Vogelwelt an Stillgewässern der Stadt
Bielefeld und der Stadt Halle/Westf. 2018 – eine Übersicht. Berichte Naturwiss. Verein
für Bielefeld und Umgegend 56: 100–145  43
Anhang II: Verbreitungskarten 44
Anhang III: Bilder zweier Gewässer 57

Verfasser:
Heiner Härtel, Konradstraße 9, 32312 Lübbecke
Härtel: Wasservögel auf Stillgewässern im Raum Bielefeld und Halle im Jahr 2018 31

1 Einführung 2.2 Auswertung der Daten

Im Jahr 2018 wurden auf 125 Stillgewässern Als Wasservögel im engeren Sinne werden
bzw. Stillgewässergruppen die Bestände der folgende an Gewässer gebundene Vögel an-
Wasservögel im Raum Bielefeld und Halle von gesehen: Lappentaucher, Kormoran, Reiher,
Mitgliedern der vogelkundlichen Arbeitsge- Entenartige, Rallen und Möwen.
meinschaft des Naturwissenschaftlichen Ver- Die Verbreitung der Vogelarten wird mit
eins Bielefeld (NWV), Mitgliedern des NABU der Hilfe von Karten (s. Anhang) oder bei
Bielefeld und weiteren Helfern erfasst. Ein Ka- wenigen Nachweisen textlich beschrieben
talog der Gewässer mit Ergebnissen ist bereits und auf Besonderheiten der Verbreitung
2019 in den Berichten des NWV erschienen eingegangen.
(Härtel & Ornithologische Arbeitsgemeinschaft). In Für Bielefeld liegt die Auswertung der
dieser Arbeit werden die Ergebnisse ausge- Ergebnisse aus dem Jahr 2001 vor (Beisenherz
wertet. et al. 2003). Daher bietet sich hier ein direkter
Vergleich der Ergebnisse in Bezug auf Häufig-
keit und Verteilung an. Weiterhin können die
Arbeiten von Bongards et al. (1999), Schleef et
2 Methode al. (1999) und Albrecht (2015) zur Bewertung
der Ergebnisse genutzt werden. Gesamtöko-
2.1 Erhebung der Daten logische Vergleiche hat bereits Albrecht (2019)
in seiner Publikation über die Gewässer der
Eine ausführliche Beschreibung der Me- Stadt Gütersloh gezogen.
thode ist bereits publiziert worden (Härtel &
Ornith. AG 2019). Neben den Brutvögeln wur-
den gleichfalls nichtbrütende Wasservögel 2.3 Danksagung
erfasst. Hausgeflügel, Vögel aus Haltungen
oder sogenannte Gefangenschaftsflüchtlinge Gedankt wird allen Personen, die sich die Zeit
wurden gleichfalls erfasst, um eine Basis für nahmen, bei diesem Projekt mitzuarbeiten:
zukünftige Erhebungen und Analysen zu Andreas Bader, Holger Bekel, Giovanna
haben. Die Beschränkung auf im Regelfall drei Birnbaum, Heinz Bongards, Marieluise Bon-
Begehungen hat sich bewährt. gards, Simon Brockmeyer, Armin Deutsch,
Eine grobe Erfassung anhand von Luftbil- Laura Fels, Heiner Härtel, Ralf Jochmann, Gert
dern und Karten (Härtel 2017) ergab einen Klages, Helga Lubrich, Rainer Massmann,
Bestand von mehr als 800 Stillgewässern (ein- Astrid Musmann, Meinolf Ottensmann, Frank
schl. Regenrückhaltebecken) in Bielefeld und Püchel-Wieling, Michael Pfenningschmidt,
Halle, so dass eine vollständige Kartierung J. Pfenningschmidt, Rebekka Rasche, Ulrike
undurchführbar war (Karte 1). Daher ist die Rosenhäger, Karsten Sassenberg, Andreas
Kartierung als Stichprobe zu sehen. Größere Schäfferling, Jürgen Schleef (Bio-Station GT/
Gewässer sind von den Beobachtern bevor- BI), Wolfgang Strototte, Dirk Wegener, Nele
zugt worden. Wolter, Sarah Zimmer.
Neben Abgrabungsgewässern existieren Gedankt wird Birk Härtel (Freiberg/ Sa.)
im Untersuchungsgebiet fast ausschließlich für die Hilfe mit dem GIS Programm, Jürgen
Staugewässer. Auch der Heideweiher „Kam- Albrecht, Birk und Ina Härtel für Anregungen
peters Kolk“ in Bielefeld-Senne geht wahr- und Ratschläge bei der Abfassung der Arbeit.
scheinlich auf den Abbau von Torfen geringer
Mächtigkeit zurück (Saletzki 2002).
32 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

3 Ergebnisse und Diskussion Art Brutpaare besetzte Gewässer


Zwergtaucher 8 7
3.1 Allgemeine Ergebnisse
Haubentaucher 8 4
Die Beobachter konnten 154 Stillgewässer Höckerschwan 2 2
im Raum Bielefeld und Halle erfassen. Ein wei- Kanadagans 24 22
teres Gewässer war leider nicht zugänglich. Graugans 12 6
In 11 Fällen wurden die Ergebnisse klei- Hausgans 1 1
nerer Gewässer von den Beobachtern zusam- Nilgans 11 10
mengefasst, was den Arbeitsaufwand für die Stockente 50 28
Kartierer reduzieren half. Diese werden jeweils Reiherente 3 2
als eine Einheit ausgewertet, so dass sich 125 Blässhuhn 46 28
Gewässer bzw. Gewässergruppen ergeben
Teichhuhn 43 37
(Karte 2). Acht Gewässer waren 2018 aus
Lachmöwe 25 3
unterschiedlichen Gründen trockengefallen.
Diese werden nur bei den Gastvögeln berück- Tabelle 2: Brutbestand der Wasservögel ausgewähl-
sichtigt, da sich dort in Einzelfällen kurzzeitig ter Gewässer in Bielefeld und Halle
Wasservögel aufhielten.
Der besseren Lesbarkeit wegen wird im
Folgenden der Terminus „Gewässer“ benutzt 3.2 Verbreitung der Wasservögel
statt „Stillgewässer und Stillgewässergruppen“.
Lücken bei der Erhebung liegen im 3.2.1 Zwergtaucher
Bielefelder Osten und zwischen Jöllenbeck (Podiceps ruficollis)
und Schröttinghausen. Im Stadtgebiet Halle
wurde der Vogelbestand der großen Abgra- Im Untersuchungsjahr lagen sämtliche
bungsgewässer dokumentiert. Brutgewässer südlich des Osnings, die Abgra-
bungsgewässer in Halle werden während der
Brutzeit gemieden (Karte 3). Der Schwerpunkt
des Bestandes mit fünf besetzten Gewäs-
Anzahl Wasserfläche
sern liegt in den Rieselfeldern Windel. Wie
mit Brutvögeln 73 (62%) 89,84 ha (91%)
schon 2001 wurden Gewässer mit weniger
ohne Brutnachweis 44 (38%) 9,14 ha (9%)
als 1.000m² Fläche nicht vom Zwergtaucher
Summe 117 (100%) 98,98 ha (100%) besiedelt.
Tabelle 1: Zahl und Größe (Wasserfläche) der In der Vergangenheit war der Zwerg-
erfassten Stillgewässer in Bielefeld und Halle taucher nur unregelmäßiger Brutvogel in
Bielefeld. Nach dem letzten Brutnachweis
durch Niemeyer in den Heeper Fichten fehlte
Mit zwölf brütenden Wasservogelarten er zwischen 1986 und 1988 bei der Atlaskar-
(Tab. 2) liegt das Ergebnis über der Artenzahl tierung (Laske et. al. 1991). 1992 brütete er am
von 1986-88 (Laske et al. 1991). Kanadagans, Lutterstauteich 3, wo er in den Folgejahren
Graugans, Nilgans und Lachmöwe sind hin- unregelmäßig als Brutvogel auftrat (Härtel
zugekommen. Gegenüber der Erhebung 2001 1993, H. Bongards mdl). Mit der Umgestal-
(Beisenherz et al. 2003) fehlen Trauerschwan tung der Rieselfelder Windel in den Jahren
und Wasserralle als Brutvogel. Letztere wurde 1996-1998 (Albrecht 1999), welche auch die
nur als Gastvogel registriert. Hinzugekommen kleineren Gewässer betrafen, schritt seit 1999
sind Kanadagans, Graugans und Lachmöwe. der Zwergtaucher regelmäßig zur Brut (Schleef
et al. 1999, Beisenherz et al. 2003). 2001 brüteten
Härtel: Wasservögel auf Stillgewässern im Raum Bielefeld und Halle im Jahr 2018 33

Zwergtaucher in den Rieselfeldern Windel an Als Lebensraum benötigt der Haubentau-


vier Gewässern und auf Teichen an der Heeper cher große Gewässer mit genügend kleinen
Ostumgehung (Beisenherz et al. 2003). Fischen. Seine Nistplätze brauchen eine
Neben einer guten Nahrungsbasis an Abschirmung gegenüber Störungsquellen.
Kleinfischen und Insekten(-larven) benötigt Geeignete Plätze zur Nestbefestigung sind
der Zwergtaucher eine Möglichkeit zum derzeit im Bereich des Obersees begehrt. Kon-
Verankern des Schwimmnestes sowie Rück- kurrenz ergibt sich zu Blässhühnern, Gänsen
zugsräume gegen Störungen (Niethammer et al. und sich sonnenden Schmuckschildkröten
1966, Prinzinger et al. 1988). (Albrecht 2015)
Nach Grüneberg et al. (2013) wird der
Bestand des Haubentauchers in NRW als
3.2.2 Haubentaucher (Podiceps cristata) ungefährdet eingestuft, da er neue Abgra-
bungsgewässer schnell besiedeln kann. Mit
Nur große Gewässer mit mehr als 1ha zunehmenden Alter der Gewässer können sie
Fläche waren im Jahr 2018 besetzt. Vier Paare durch Änderungen in der Wasserfauna jedoch
brüteten oder versuchten am Obersee zu ungeeignet werden (K albe 1978).
brüten. Vier weitere Paare waren auf den drei
großen Abgrabungsgewässern in Halle.
Auf dem Bielefelder Gebiet hat der 3.2.3 Kormoran (Phalacrocorax carbo)
Haubentaucher sein Verbreitungsbild im Ver-
gleich zu früheren Erhebungen geändert. Die Der Kormoran wurde auf fünf Gewässern
Brutplätze am Bockschatzhof, auf Bracksieks festgestellt (Karte 4). Regelmäßig ist er am
Teich und in den Rieselfeldern Windel waren Obersee zu sehen. Das Fehlen an zahlreichen
2018 nicht besetzt. Der Brutplatz am Bock- potentiellen Gewässern ist auf Nahrungsman-
schatzhof war in den achtziger Jahren und bei gel oder Scheu des Vogels zurückzuführen,
der Erhebung 2001 besetzt (Laske et al. 1991, auch wenn sich Kormorane in Einzelfällen am
Beisenherz et al. 2003). Die erste Brut an den Obersee dem Menschen bis auf 20 m nähern
Schönungsteichen der Rieselfelder Windel können. Auf den großen Gewässern in Halle,
fand 1999 statt und auch 2001 brüteten hier an denen geangelt wird, fehlt er gänzlich.
Haubentaucher (Schleef et al. 1999, Beisenherz
et al. 2003). Die Brutbestände am Obersee
sind gegenüber früheren Jahren stark zu- 3.2.4 Graureiher (Ardea cinerea)
rückgegangen, so brüteten in den neunziger
Jahren bis zu 10 Paare erfolgreich, 2014 brü- In Bielefeld ist der Graureiher nahrungs-
teten nach den Umbaumaßnahmen am See suchend an verschiedenen Gewässern zu
10 Paare, 2015 zogen jedoch 4 Paare nur finden (Karte 5). Auffallend ist seine Seltenheit
noch 2 Jungvögel groß (C. Tiekötter in Albrecht im Bielefelder Westen. Ein Zusammenhang
2015, Bongards et al. 1999). Bracksieks Teich mit den Brutkolonien Bielefelds im Tierpark
in Schildesche wurde in der Vergangenheit Olderdissen und im Heeperholz (Albrecht 2013)
umgestaltet und ist wahrscheinlich wegen kann nur für wenige Gewässer hergeleitet
einer gegenüber der Vergangenheit erhöhten werden. Im Tierpark profitieren die Wildvögel
Nutzung als Angelgewässer und dem Heran- mutmaßlich von den Fütterungen. Deutlich
rücken der Bebauung nicht mehr als Brutplatz ist jedoch, dass er die Siedlungsbereiche nicht
geeignet (Hunger mdl.). Der Vennteich in Halle meidet und er Gartenteiche mit geeignetem
ist seit den achtziger Jahren als Brutplatz be- Fischbesatz nutzt. An den Teichen im Bereich
kannt (Bader mdl.). der „Promenade“ östlich der Sparrenburg
wurden nur einjährige Vögel beobachtet.
34 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

3.2.5 Silberreiher (Casmerodius albus) sind durchgehend besiedelt. Ein Mischling


Kanada-x Graugans wurde am Obersee beob-
Als Sommergast wurde diese Art nur am achtet.
Bockschatzhof und am Obersee nachgewie-
sen. In Zukunft könnte der Vogel häufiger an
heimischen Gewässern und auf Agrarflächen 3.2.8 Graugans (Anser anser)
beobachtet werden, da die Art sich Richtung
Norden und Westen ausbreitet (Becker 2017, Anders als die Kanadagans bevorzugt die
Wimbauer 1919). Graugans siedlungsferne Gewässer (ausge-
nommen Obersee) als Brutplätze (Karte 7).
Beobachtungen von Sommergästen sind
3.2.6 Höckerschwan (Cygnus olor) gleichfalls selten. Vorkommen liegen am
Obersee, in der Johannisbachaue und in den
Gegenüber früheren Jahren schritten nur Rieselfeldern Windel. Ein Mischling Kanada-x
die Paare am Obersee und am Schildescher Graugans wurde am Obersee beobachtet.
Friedhof zur Brut. Das Paar am Friedhof wird
seit Jahren während der Brut gestört und war
auch 2018 nicht erfolgreich. In Heepen setzte 3.2.9 Hausgans (Anser anser f. domestica)
ein Paar 2018 mit der Brut aus. Der ehemalige
Brutplatz am Bockschatzhof ist aufgegeben Ein Brutpaar war am Obersee. Am Teich am
worden. Mit zwei Paaren liegt der Brutbestand Möllerhof (Stieghorst) und an der Sudbrack-
erheblich unter den Zahlen, die M. Bongards straße (Schildesche) wurden Hausgänse als
(in: Laske et al. 1991) für die Jahre 1986-1988 Sommergäste festgestellt. Mischlinge mit der
(12-15 Paare) und Beisenherz et al. (2003) für das Graugans wurden keine gemeldet.
Jahr 2001 (8 Paare) angeben

3.2.10 Nilgans (Alopochen aegyptica)


3.2.7 Kanadagans (Branta canadensis)
Der erste Brutnachweis liegt für 2001 aus
Dieser Neubürger fehlte 2001 als Brutvogel den Rieselfeldern Windel vor (Beisenherz et
in Bielefeld und Halle. Mittlerweile ist er ein al. 2003). Der Bestand dieser Art ist auf 11
Vogel der park- und siedlungsnahen Gewässer Brutpaare angewachsen und die zahlreichen
geworden, nistet aber auch in der halboffenen Beobachtungen von nichtbrütenden Paaren
Landschaft (Karte 6). Nicht besetzte Gewässer lassen einen weiteren Anstieg erwarten. Die
sind häufig von Wald umgeben oder auch Nilgans ist nur an drei (von 10) Gewässern in
recht klein. Südlich des Osnings ist die Kana- Siedlungen zu finden. Sie nistet auch fernab
dagans weitaus seltener als im Ravensberger von Stillgewässern und nimmt als Brutplatz
Hügelland. Die Abgrabungsgewässer in Halle gerne Nisthilfen oder auch Greifvogelnester

Größenklasse (m²) <500 501- 1.000- 2.501- 5.001- >10.000 Summe


1.000 2.500 5.000 10.000
Anzahl Gewässer 20 11 27 25 13 21 117
Besetzte Gewässer 0 0 6 5 1 10 22
Anteil besetzter
Gewässer in % 0 0 22 20 8 48 19

Tabelle 3: Besetzung von Stillgewässern durch die Kanadagans


Härtel: Wasservögel auf Stillgewässern im Raum Bielefeld und Halle im Jahr 2018 35

an (Karte 8). An Gewässern ist meist ein Gellershagenpark beobachtet. Zukünftig soll-
Brutpaar anzutreffen, lediglich am Obersee te vermehrt auf die Färbung der Entenküken
wurden zwei Brutpaare beobachtet. In den geachtet werden, um bessere Einsicht in das
Rieselfeldern Windel kam es 2018 zu keiner Phänomen der Mischlinge zu bekommen.
Brut.

3.2.13 Warzenente (Cairina moschata f.


3.2.11 Stockente (Anas platyrhynchos) domestica)

An 28 untersuchten Gewässern konnte Die Warzenente ist eine aus Ostasien stam-
die Stockente als Brutvogel nachgewiesen mende domestizierte Form der Moschusente
werden, wobei in Einzelfällen eine Zuwande- (Cairina moschata).
rung der Familien aus dem Umland vorliegen Zwei Warzenenten wurden in Sennestadt
kann. Auf weiteren 50 Gewässern wurden am Teich nördlich der Vennhofallee festgestellt.
Stockenten als Gastvögel gefunden. Damit ist
die Stockente mit Abstand der Vogel mit der
weitesten Verbreitung in der Region. Parktei-
che werden regelmäßig besiedelt (Karte 9). 3.2.14 Reiherente (Aythya fuligula)
Als Rastplätze werden hingegen auch sehr
kleine Teiche vorzugsweise von Männchen Die Reiherente ist die einzige im Gebiet
genutzt. regelmäßig brütende Tauchente. Auf den
Teichen im Bürgerpark und am Austerweg
waren erfolgreiche Bruten. Nicht besetzt
3.2.12 Hausente (Anas platyrhynchos f. sind dagegen der Obersee, die Teiche Win-
domestica) del, Bracksieks Teich und der Bockschatzhof,
welche 2001 noch besiedelt waren (Beisen-
Hausenten hielten sich im Grünzug am herz et al. 2003, Bongards et al. 1999, Härtel
Meierteich, bei Olderdissen und bei Dalbke 1992, Schleef et al. 1999). Von den Gastvögeln
auf. Brutnachweise fehlen. Ein Mischling werden eher siedlungsnahe und größere
Hausente x Stockente wurde auf dem Teich im Gewässer bevorzugt. Im Verlauf der Untersu-

Größenklasse (m²) <500 501- 1.000- 2.501- 5.001- >10.000 Summe


1.000 2.500 5.000 10.000
Anzahl Gewässer 20 11 27 25 13 21 117
Besetzte Gewässer 0 0 4 9 4 11 28
Anteil besetzter
Gewässer in % 0 0 15 36 31 52 24

Tabelle 4: Besetzung von Stillgewässern durch die Stockente

Größenklasse (m²) <500 501- 1.000- 2.501- 5.001- >10.000 Summe


1.000 2.500 5.000 10.000
Anzahl Gewässer 20 11 27 25 13 21 117
Besetzte Gewässer 0 0 5 3 7 13 28
Anteil besetzter
Gewässer in % 0 0 19 12 54 62 24

Tabelle 5: Besetzung von Stillgewässern durch das Blässhuhn


36 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

chung wurden an 24 Gewässern Reiherenten Das kleinste Gewässer mit einem Brutpaar
beobachtet, die Paare schritten jedoch nicht hatte eine Fläche von rund 400 m², das Kleins-
zur Brut (Karte 10). te mit erfolgreicher Brut 600 m². 31 Gewässer
Grüneberg et al. (2013) beschreibt noch die lagen in Parkanlagen oder im Siedlungsraum.
Tendenz zur Ausbreitung der Reiherente. Wichtig ist ein dichter Uferbewuchs oder
Gleichzeitig ist jedoch auch das Verlassen eine dicht bewachsene Insel. Waldteiche
„traditioneller Brutgewässer“ zu beobachten. werden gemieden und in der halboffenen
An einigen Gewässern, die für Ostwestfalen- Landschaft scheint die Nähe von Häusern
Lippe bei Härtel (1992) genannt werden, und Gehöften bevorzugt zu werden. Wege in
schreitet sie nicht mehr oder nur noch unre- Ufernähe stören wenig, wenn sie durch dichte
gelmäßig zur Brut. Gebüschsäume, unzugängliche Uferbereiche
und Inseln abgeschirmt werden.
Der Teich im Bürgerpark, der in der Ver-
3.2.15 Blässhuhn (Fulica atra) gangenheit bis zu drei Brutpaare beherbergte
(Hoffman-Kobert 1995), war 2018 nur von einem
Wie die Karte zeigt bevorzugt diese Art Paar besetzt. Durch vorausgegangene Bau-
größere Gewässer, die eher in der freien Land- und Pflegemaßnahmen hat sich der Charakter
schaft liegen. Die Vorkommen im Bielefelder des Gewässers geändert. Das Verfolgen der
Osten gehören zumeist zu ausgedehnteren weiteren Entwicklung des Teiches und seines
Parks. Zu den 26 Gewässern mit Bruten kom- Umfeldes wird daher von großem Interesse
men noch 12 mit Sommervorkommen (Karte sein.
11), die überwiegend im Süden Bielefelds Von 28 Paaren liegen Angaben über die
liegen. Außerhalb von Parkanlagen werden Zahl der Jungvögel vor. Zu berücksichtigen
Gewässer mit einer Fläche von mehr als ist, dass das Schicksal der Jungvögel bis zum
5000 m² bevorzugt. Verlassen der Familie oder auch Spätbruten
nach der letzten Kontrolle nicht ermittelt
wurden. Vier Paare waren ohne Bruterfolg,
3.2.16 Teichhuhn (Gallinula chloropus) ein Paar hatte im Nordpark bei drei Bruten
13 Jungvögel. Im Durchschnitt ergeben sich
Mit der Besetzung von 35 Brutgewässern 3,4 Jungvögel pro Brutpaar. Drei Paare in der
verweist das Teichhuhn die Stockente und halboffenen Landschaft hatten insgesamt
das Blässhuhn, welche wenig höhere Brut- zwei Jungvögel.
bestände aufweisen, auf die Ränge zwei und
drei (Karte 12). Bei den weiteren Einzelbeob-
achtungen ohne Brutnachweis kann es sich 3.2.17 Wasserralle (Rallus aquaticus)
auch um besonders heimliche Brutpaare
handeln, diese Gewässer sind als potentielle Da Wasserrallen am Tage nur unregelmäßig
Brutgewässer aufzufassen. rufen, wurde in keinem Fall von den Kartierern

Größenklasse (m²) <500 501- 1.000- 2.501- 5.001- >10.000 Summe


1.000 2.500 5.000 10.000
Anzahl Gewässer 20 11 27 25 13 21 117
Besetzte Gewässer 2 3 6 11 6 9 37
Anteil besetzter
Gewässer in % 10 27 22 44 46 43 24

Tabelle 6: Besetzung von Stillgewässern durch das Teichhuhn


Härtel: Wasservögel auf Stillgewässern im Raum Bielefeld und Halle im Jahr 2018 37

die Einordnung als Brutvogel vorgenommen. 3.3 Seltene Gastvögel


Nachgewiesen wurden sie an Niemöllers
Teich und an zwei Teichen in den Rieselfeldern Zusammengefasst werden Arten, die nur
Windel. Diese Gewässer bieten mit ihrer Aus- einmal an den Gewässern beobachtet wur-
stattung grundsätzlich die Voraussetzungen den, und Vögel aus Tierhaltungen in Tabelle 7.
zum Brüten.

3.2.18 Lachmöwe (Larus ridibundus) 4 Wasservögel und Gewässer

Das einzige Lachmöwenvorkommen In Bie- Die Zahlen in Tabelle 8 geben wieder, dass
lefeld und Halle verteilt sich auf drei Gewässer größere Gewässer von den Vögeln zur Brut
in den Rieselfeldern Windel, wo die kleinen bevorzugt werden, da an 62 % der Gewässer
Kolonien auf Nistflößen liegen. Ausschlag- gebrütet wird, diese Gewässer aber 91 %
gebend ist hier weniger die Gewässergröße der untersuchten Wasserfläche ausmachen.
als die Anwesenheit sicherer Nisthilfen, da Tabelle 9 zeigt den zunehmenden Anteil be-
Koloniebrüter gegenüber Beutegreifern in der siedelter Gewässer in Abhängigkeit von ihrer
Nacht besonders gefährdet sind. Beobachtun- Größe. Mit einer Fläche von 1000 m² nimmt
gen von Gastvögeln liegen vom Obersee, dem die Eignung der Gewässer als Brutplatz für
Abgrabungsgewässer bei Meyer zu Bentrup Wasservögel sprunghaft zu.
und den Teichen am Bockschatzhof vor. Ausschließlich das Teichhuhn nutzt kleine-
re Gewässer zur Brut.
Unter Berücksichtigung aller Wasservogel-
beobachtungen (Brutvögel und Gastvögel)
ergeben sich Karte 13 und Tabelle 10. Die
Gewässer bis 1000 m² Wasserfläche sind
zumindest zeitweilig als Lebensraum für
Art Ort Wasservögel von Bedeutung. Auch Gewässer
Weißwangengans Obersee ohne dauerhafte Wasserfläche können dem
Branta leucopsis Aufenthalt von Wasservögeln dienen (Nah-
Rothalsgans Abgrabung rungssuche bei Graureiher und Stockente).
Branta ruficollis Meyer zu Bentrup
Graukopfgans Abgrabung
Chloephaga poliocephala Meyer zu Bentrup 4.1 Gewässerstrukturen
Brandgans Obersee
Tadorna tadorna Aus den Ergebnissen der Kartierung zeigt
Löffelente Obersee, sich, dass als Brutgewässer ungeeignete Ge-
Anas clypeata Rieselfelder Windel wässer klein sind oder vorzugsweise von Wald
Krickente Obersee, eingeschlossen werden. Halboffene Land-
Anas crecca Rieselfelder Windel schaft oder Siedlungen mit Grünanlagen sind
Schnatterente Obersee, dagegen für viele Arten förderlich. Wichtig ist
Anas strepera Rieselfelder Windel das Abschirmen durch Gehölzstreifen an Land
Gänsesäger Obersee oder Schwimmblattpflanzen auf dem Wasser
Mergus merganser gegen Störungen. Bei kleineren Gewässern
Silbermöwe Obersee (unter 0,5 ha) können in Einzelfällen auch
Larus argentatus Inseln diese Funktion übernehmen.
Tabelle 7: Seltene Gastvögel
38 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Größenklasse (m²) <500 501- 1.000- 2.501- 5.001- >10.000 Summe


1.000 2.500 5.000 10.000
Anzahl Gewässer 20 11 27 25 13 21 117
Gewässer mit
2 3 19 17 10 19 37
Brutvögeln
Anteil besetzter
Gewässer in % 10 27 70 68 77 90 24

Tabelle 8: Anzahl und Anteil besiedelter Gewässer in einzelnen Größenklassen

Art Summe <0,05 0,05 -0,1 0,1-0,25 0,25-0,50 0,50-1,00 >1,00


der BP
Zwergtaucher 8 - - 3 1 3 1
Haubentaucher 8 - - - - - 8
Höckerschwan 2 - - - 1 - 1
Kanadagans 24 - - 6 5 1 12
Graugans 12 - - 2 5 - 5
Hausgans 1 - - - - - 1
Nilgans 11 - - 3 1 2 5
Stockente 50 - - 6 16 8 20
Reiherente 3 - - - 2 1 -
Blässhuhn 46 - - 7 5 11 23
Teichhuhn 43 2 3 7 14 7 10
Lachmöwe 25 - - 8 - 11 6
Tabelle 9: Verteilung der Brutpaarzahlen auf die verschiedenen Gewässergrößen (ha)

Größenklasse (m²) <500 501- 1.000- 2.501- 5.001- >10.000 Summe


1.000 2.500 5.000 10.000
Anzahl Gewässer 20 11 27 25 13 21 117
Gewässer mit
9 8 25 21 13 20 37
Wasservögeln
Anteil besetzter
Gewässer in % 45 73 93 84 100 95 24

Tabelle 10: Verteilung der Wasservögel (Brut- und Rastvögel) auf die verschiedenen Gewässergrößen
Härtel: Wasservögel auf Stillgewässern im Raum Bielefeld und Halle im Jahr 2018 39

5 Vergleich der Erhebungen von 2001 Wie Tabelle 11 zeigt, ist der Anteil der zur
und 2018 Brut genutzten Gewässer fast gleich. Die
Verteilung der Gewässer auf die unterschied-
Zum Vergleich der Kartierungsergebnisse lichen Größenklassen (Tabelle 12) ist ähnlich.
von 2001 (Beisenherz et al. 2003) mit denen von Nur bei den Gewässern von mehr als 0,5 ha
2018 werden nur die Daten von Bielefelder Fläche ist ein deutlicher Anstieg zu sehen (vgl.
Gewässern herangezogen. Tabelle 12).
Der Rückgang des Haubentauchers fällt
wegen der geringeren Zahl an Gewässern
Jahr 2001 2018
scheinbar nicht dramatisch aus, doch wur-
Gewässer 176 113 den 2018 alle vormals besetzten Gewässer
besetzte Gewässer 104 (59%) 69 (61%) untersucht, so dass nur noch der Obersee
Tabelle 11: Zahl der kartierten und besetzten als Brutgewässer bleibt. Der Höckerschwan
Stillgewässer 2001 und 2018 in Bielefeld hat dramatisch im Bestand abgenommen,

Größenklasse (m²) <500 501- 1.000- 2.501- 5.001- >10.000


1.000 2.500 5.000 10.000
Anzahl 2001 40 24 36 40 20 16
Anzahl 2018 20 11 26 25 13 18
Anteil (%) 2001 22 14 20 23 11 9
Anteil (%) 2018 18 10 23 22 12 16
Anteil besetzter Ge-
16 14 28 80 35 88
wässer 2001
Anteil besetzter Ge-
wässer 2018 10 27 69 68 77 94

Tabelle 12: Verteilung der Wasservögel (Brut- und Rastvögel) auf die verschiedenen Gewässergrößen

Art 2001 2018 2001 Paare/ Gewässer 2018 Paare/ Gewässer


Zwergtaucher 6 8 0,03 0,07
Haubentaucher 9 4 0,05 0,04
Höckerschwan 12 2 0,07 0,02
Trauerschwan 1 0 0,07 0
Kanadagans 1 20 0,01 0,18
Graugans 0 11 0 0,10
Hausgans 0 1 0 0,01
Nilgans 0 10 0 0,09
Stockente 101 50 0,57 0,44
Reiherente 7 3 0,04 0,03
Blässhuhn 85 40 0,48 0,35
Teichhuhn 78 42 0,44 0,37
Wasserralle 6 0 0,03 0
Lachmöwe 0 25 0 0,22
Tabelle 13: Verteilung der Brutpaarzahlen auf die verschiedenen Gewässergrößen (ha)
40 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Größenklasse (m²) <500 501- 1.000- 2.501- 5.001- >10.000 Summe


1.000 2.500 5.000 10.000
Anzahl Gewässer 20 11 27 25 13 21 117
2001 Anteil besetzter
Gewässer in % 13 25 44 48 35 62 36
2018 Anteil besetzter
Gewässer in % 0 0 15 36 31 61 25

Tabelle 14: Besetzung von Stillgewässern durch die Stockente 2001 und 2018

Größenklasse (m²) <500 501- 1.000- 2.501- 5.001- >10.000 Summe


1.000 2.500 5.000 10.000
2001 Anteil besetzter
Gewässer in % 3 13 22 45 40 75 28
2018 Anteil besetzter
Gewässer in % 0 0 15 12 54 56 21

Tabelle 15: Besetzung von Stillgewässern durch das Blässhuhn 2001 und 2018

Größenklasse (m²) <500 501- 1.000- 2.501- 5.001- >10.000 Summe


1.000 2.500 5.000 10.000
2001 Anteil besetzter
Gewässer in % 8 29 42 45 15 63 32
2018 Anteil besetzter
Gewässer in % 10 27 23 44 46 44 32

Tabelle 16: Besetzung von Stillgewässern durch das Teichhuhn 2001 und 2018

selbst wenn man das nicht-brütende Paar Dramatischer ist der Rückgang beim Bläss-
(Meyer zu Bentrup/Heepen) hinzunähme. huhn (Tab. 15). Einem höheren Nutzungsanteil
Die Gefährdung durch den Menschen, auch der Gewässer zwischen 0,5 ha und 1 ha steht
vereint mit seinem Hund, wie bei dem Paar der Rückgang auf allen anderen Gewässern
am Schildescher Friedhof, ist als ein wichtiger gegenüber. Gewässer mit weniger als 1000 m²
Faktor anzusehen. sind vollständig aufgegeben worden.
Stockente, Blässhuhn und Teichhuhn sind Das Teichhuhn besiedelt in vergleichbaren
gleichfalls im Bestand zurückgegangen und Umfang (Tab. 16) die Bielefelder Gewässer wie
können wegen der Datenlage genauer be- 2001.
trachtet werden. Geringer genutzt werden Teiche zwischen
Nach den Ergebnissen in Tabelle 14 wer- 1.000 und 2.500 m², erheblich stetiger ist die
den kleine Stillgewässer nicht oder sehr viel Art 2018 auf Gewässern zwischen 5.000 und
seltener von der Stockente als Brutplatz bzw. 10.000 m². Die Untersuchung 2018 schloss
Aufenthaltsort zur Jungenaufzucht angenom- erheblich mehr große Gewässer ein, was die
men. Nur die Gewässer mit mehr als einem geringere Verbreitung auf diesen Gewässern
viertel Hektar Wasserfläche werden noch mangels geeigneter Strukturen zur Folge
ähnlich häufig genutzt. Die Kleingewässer haben kann. Der Bruterfolg lag 2001 bei 2,24
unter 1000 m² sind geräumt worden. Jungvögeln pro Brutpaar gegenüber 3,4 in der
Härtel: Wasservögel auf Stillgewässern im Raum Bielefeld und Halle im Jahr 2018 41

vorliegenden Untersuchung. Im ländlichen 5. Das Ausbringen von Futter für die Wasser-
Bereich fehlt die Art an vielen Stellen und ist vögel soll durch Gestaltungsmaßnahmen
trotz ihrer weiten Verbreitung (Tab. 16) im zusätzlich unterbunden werden.
Bestand zurückgegangen (Tab. 13).
Die Ursachen für diese Entwicklungen sind Die Bilder 1 und 2 im Anhang zeigen zwei
nicht eindeutig festzulegen: unterschiedliche Gewässer im Bielefelder
- die Gewässer und ihr Umfeld verändern sich Stadtgebiet.
(deutlich bei Bracksieks Kuhle in Schildesche
und am Obersee);
- Gehölzpflanzungen umgeben mittlerweile
viele Kleingewässer mit einem dichten 7 Zusammenfassung
hohen Baumbestand, so dass der An- und
Abflug vieler Wasservögel erschwert wird; Die Vogelkundliche Arbeitsgemeinschaft
- die Zahl der sicheren Nistplätze hat ab- erfasste im Jahr Frühjahr und Frühsommer
genommen, es herrscht Konkurrenz mit 2018 die Brut- und Rastbestände von Was-
anderen Tierarten (Schmuckschildkröten, servögeln auf Stillgewässern in Bielefeld und
Gänsearten); Halle (Westf.) mit einer Methode, die schon
- die Einwanderung von Nesträubern (Wasch- 2001 bei einer früheren Erfassung genutzt
bär, Marderhund); wurde. An 73 von 117 Gewässern schritten
- die Nutzung des Gewässerumfeldes durch Wasservögel zur Brut. Gewässer von weniger
den Menschen, was von Sport über Event- als 0,1 ha Fläche wurden nur vom Teichhuhn
kultur bis zum Stöbern von Hunden beim als Brutplatz genutzt. Für die Wasservögel
Spaziergang reicht (Albrecht 2015, Albrecht wichtig ist ein halboffenes Umfeld, ein freier
et al. 2017). Anflug auf das Gewässer und eine sichere
Brutmöglichkeit, die durch eine Nistinsel mit
etwas Bewuchs oder auch stellenweise dichte
Gehölzbepflanzung gewährleistet werden
6 Empfehlungen für die Anlage und Sa- kann. Kleine Gewässer und von dichtem Wald
nierung von Gewässern umgebene Gewässer werden nicht besiedelt.
Im Vergleich zu 2001 sind in Bielefeld Grau-
Aus den Ergebnissen lassen sich für die gans, Hausgans, Nilgans und Lachmöwe als
Gestaltung von Parkgewässern folgende neue Brutvögel aufgetreten. Haubentaucher,
Empfehlungen ableiten, wenn die Anwesen- Höckerschwan, Stockente, Blässhuhn und
heit von Wasservögeln gefördert werden soll: Teichhuhn sind im Bestand zurückgegangen.
1. Gewässer sollten über mehr als 1000 m² Verschiedene, mögliche Ursachen werden
Wasserfläche verfügen. Heimische Pflanzen genannt und Empfehlungen für die Neuge-
im und am Wasser sind zu bevorzugen. staltung bzw. Umgestaltung von Stillgewäs-
2. Rückzugsräume sollen durch stellenweise sern gegeben.
dichte Uferbepflanzung geschaffen werden.
Eine Insel ist in diesen Bereichen förderlich.
3. Wege sollten nicht rundum direkt am Ufer
verlaufen.
4. Das Umfeld des Gewässers soll einen of-
fenen oder halboffenen Charakter haben.
Gräser und Kräuter sind die Grundnahrung
für viele Wasservögel, was bei der Grünflä-
chenpflege zu beachten ist.
42 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

8 Literatur Härtel, H. (1992): Zur Ausbreitung von Reiher-


und Tafelente (Aythya fuligula, Aythya ferina)
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NABU Bielefeld 13: 33–44. Härtel, H. (1993): Veränderungen in der Biele-
felder Vogelwelt seit 1989. – Ber. Nat. Ver.
Albrecht, J. (2013): Graureiher in Bielefeld. – Bielefeld und Umgegend 34: 85–93.
Jahresheft des NABU Bielefeld 13: 110–115.
Härtel, H. (2017): Manuskript zur Vorbereitung
Albrecht, J. (2015): Der Obersee als Lebensraum der Wasservogelerfassung 2018.
für Brut- und Gastvögel 2005-2014/2015. –
Ber. Nat. Ver. Bielefeld und Umgegend 53: Härtel, H. (2019): Die Vogelwelt an Stillgewäs-
214–247. sern der Stadt Bielefeld und der Stadt Halle/
Westf. 2018 – eine Übersicht. – Ber. Nat. Ver.
Albrecht, J. (2019): Brutzeitbestände von Bielefeld und Umgegend 56: 100–145.
Wasservögeln an Gewässern in Gütersloh
2018. – Ber. Nat. Ver. Bielefeld und Umge- Hoffmann-Kobert, B. (1995): Reaktionen von
gend 56: 78–99. Teichrallen (Gallinula chloropus) gegenüber
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felder Obersee 2015/ 2016. – Jahresheft des für Biologie der Universität Bielefeld.
NABU Bielefeld 14: 75–108.
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Becker J. (2017): Zunahme von Beobachtungen Neue Brehm Bücherei. – Wittenberg
des Silberreihers (Egretta alba) im Kreis
Waldeck-Frankenberg zwischen 2012 und Laske, V.; Nottmeyer-Linden, K.; Conrads, K. (1991):
2016. – Vogelkundliche Hefte Edertal 43: Die Vögel Bielefelds. Ein Atlas der Brutvögel
49–55. 1986–1988 und weitere Beiträge zur Avifau-
na. – Bielefeld.
Beisenherz, W.; Härtel, H.; Albrecht, J.; Bongards,
M.; Hunger, D.; Pfenningschmidt, J.; Wilm, P. Niethammer, G. (Hrsg.) bearbeitet von Bauer, K.
(2003): Brutbestände von Wasservögeln M. & Glutz von Blotzheim (1966): Handbuch
an Stillgewässern in Bielefeld (Nordrhein- der Vögel Mitteleuropas. Band 1. – Frank-
Westfalen). – Ber. Nat. Ver. Bielefeld und furt am Main.
Umgegend 43: 351–366.
Prinzinger, R.; Ortlieb, R.; Zier, L. (1988):
Bongards, H.; Hunger, D.; Beisenherz, W. (1999): Stillgewässer-Kataster des Landkreises
Die Vogelwelt des Obersees in Bielefeld- Ravensburg. Daten zur Avifauna und
Schildesche. – Jahresheft des NABU Biele- Geomorphologie von Seen, Weihern und
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unmittelbar angrenzender Gebiete aus
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gel Nordrhein-Westfalens. NWO&LANUV 10: Sonderheft.
(Hrsg.), LWL – Museum für Naturkunde,
Münster.
Härtel: Wasservögel auf Stillgewässern im Raum Bielefeld und Halle im Jahr 2018 43

Saletzki, M. (2002): Zur Veränderung der


Vegetation von „Kampeters Kolk“ (Stadt
Bielefeld) seit 1932. – Ber. Nat. Ver. Bielefeld
und Umgegend 42: 331–353.

Schleef, J.; Püchel-Wieling, F.; Walter, B. (1999):


Zur Avifauna der Rieselfelder Windel in
Bielefeld-Sennestadt. – Ber. Naturwiss.
Verein Bielefeld 40: 127–177.

Wimbauer, M. (2019): Zum Auftreten des Silber-


reihers (Egretta alba) in Waldeck Franken-
berg. – Vogelkundliche Hefte Edertal 45:
62–66.

Anhang I:
Korrekturen zu Härtel, H. (2019)
Die Vogelwelt an Stillgewässern der Stadt Bielefeld und der Stadt Halle/Westf. 2018 –
eine Übersicht. Berichte Naturwiss. Verein für Bielefeld und Umgegend 56: 100–145.

Folgende Fehler sind nach dem Druck aufgefallen:


Seite 104: Dor03, Teich Höfeweg 2 – die Uferlänge beträgt 120 m
Seite 118: Sch05, Teich Uni-Heizkraftwerk – die Uferlänge beträgt 80 m
Seite 121: Sen03–08, Wilhelmsdorfer Teiche – die Teiche liegen im Stadtbezirk Sennestadt
Seite 144: Abb. 16 Sti05 Teich bei Meyer zu Selhausen (Foto: Karsten Sassenberg)
44 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Anhang II: Verbreitungskarten


(Kartenbasis: OpenStreetMap, Stand 05.11.2019)
Härtel: Wasservögel auf Stillgewässern im Raum Bielefeld und Halle im Jahr 2018 45
46 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)
Härtel: Wasservögel auf Stillgewässern im Raum Bielefeld und Halle im Jahr 2018 47
48 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)
Härtel: Wasservögel auf Stillgewässern im Raum Bielefeld und Halle im Jahr 2018 49
50 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)
Härtel: Wasservögel auf Stillgewässern im Raum Bielefeld und Halle im Jahr 2018 51
52 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)
Härtel: Wasservögel auf Stillgewässern im Raum Bielefeld und Halle im Jahr 2018 53
54 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)
Härtel: Wasservögel auf Stillgewässern im Raum Bielefeld und Halle im Jahr 2018 55
56 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)
Härtel: Wasservögel auf Stillgewässern im Raum Bielefeld und Halle im Jahr 2018 57

Anhang III: Bilder zweier Gewässer

Bild 1: Teich am Bültmannshof (Sch01) mit Fontäne, Insel und Uferabschnitten mit dichtem Ufergehölz
(Foto: Rainer Massmann)

Bild 2: Kleiner Teich in Brake „Sieben Teiche“ (Hep08) mit kleiner Wasserfläche und Wald rundum.
(Foto: Giovanna Birnbaum)
Berichte Naturwiss. Verein für Bielefeld und Umgegend 57 (2020),, S. 58 – 80

Ein Leben im Verborgenen –


Nachweise der Gestreiften Quelljungfer
(Cordulegaster bidentata) im Kreis Lippe, NRW

Ulrike HOFFMANN, Lemgo

Mit 18 Abbildungen und 4 Tabellen

Inhalt Seite
1 Einleitung 60
2 Anlass der Untersuchung 60
3 Geologie und Hydrologie 60
4 Methode 61
5 Nachweise der Gestreiften Quelljungfer (Cordulegaster bidentata) im Kreis Lippe 62
6 Die vertikale Verbreitung 62
7 Die Vegetation steht in Beziehung zu den Belichtungsverhältnissen
(floristische Untersuchung) 64
8 Das Nahrungsspektrum (faunistische Gewässeruntersuchung)66
9 Prädatoren 68
10 Quelltyp, Sediment, Wasserführung und Gefälle des Quellbaches 69
11 Der Jahreslauf der Temperatur (Luft, Wasser, Sediment) 69
12 Die Vergesellschaftung 71
13 Verhaltensbeobachtungen 71
14 Frage der Bodenständigkeit 73
15 Verbreitung im Kreis Lippe mit möglichen Besiedlungskorridoren 73
16 Der Klimawandel verändert Lebensbedingungen76
17 Schutz 77
18 Danksagung 77
19 Literatur 77
Anhang79

Verfasser:
Ulrike Hoffmann, Prof.-Schacht-Str. 2, 32657 Lemgo, E-Mail: mahpa@web.de
Hoffmann: Nachweise der Gestreiften Quelljungfer (Cordulegaster bidentata) im Kreis Lippe 59

Abb. 1: Gestreifte Quelljungfer (Cordulegaster bidentata). Foto: U. Hoffmann

Zusammenfassung

Mit vorliegender Arbeit konnte über konnte ein Fundnachweis geführt werden.
zielorientierte Suche von 2017 bis 2019 eine Trotz der festgestellten Zahl von 62 Ein-
wesentliche Lücke im Kenntnisstand zur Ver- zeltiersichtungen müssen die Vorkommen
breitung und zur Bestandssituation der Ge- im Kreisgebiet als eher individuenarm
streiften Quelljungfer (Cordulegaster biden- gelten. Cordulegaster bidentata bleibt eine
tata) an der Nordgrenze ihres europäischen seltene Art, deren Schutzstatus über RL 2
Verbreitungsgebietes geschlossen werden (stark gefährdet) weiterhin gerechtfertigt
(vergl. Abb. 17 und 18 im Anhang). Die Unter- ist, insbesondere in Anbetracht der hohen
suchung zeigt, dass die nordhessischen und Verantwortung, die wir in Europa für diese
südniedersächsischen Vorkommen im Kreis endemische Art tragen. Nach verschiede-
Lippe ihre nördliche Fortsetzung finden und nen Prognosen und Beobachtungen muss
ein gemeinsames Siedlungsareal darstellen. der Einfluss, den der Klimawandel auf den
Eine Besiedlung über den Weserraum ist für Lebensraum Quelle und Quellbach ausüben
die östlichen lippischen Quellgebiete als sehr wird, als durchaus gravierend eingeschätzt
wahrscheinlich anzunehmen, die westlichen werden (LANUV 2010, 2016). Dies betrifft zum
Vorkommen entlang der Osningkette hinge- einen den Anstieg der Durchschnittstempe-
gen könnten mit einer Kolonisation aus dem raturen und des Weiteren die sich ändernden
Einzugsgebiet des Rheins in Verbindung Niederschlagsmengen und ihre jahreszeit-
gebracht werden. Die begründete Vermu- liche Verteilung. Hinzu kommt, dass sich
tung, dass im Kreis Lippe zwei verschiedene durch den erzwungenen Waldumbau viele
Populationen aufeinandertreffen, müsste der Quellhabitate und damit ihre Eignung für
über genetische Tests abgesichert werden. die Besiedlung durch C. bidentata in Zukunft
Nur an 20 % der 201 kartierten, potentiell verändern werden.
geeigneten Quellstandorte und Quellbäche
60 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

1 Einleitung 3 Geologie und Hydrologie

Mit einer Körperlänge von 8 cm und einer Die bewaldeten Mittelgebirge des Kreises
Flügelspannweite von annähernd 10 cm zählt Lippe sind einerseits durch die Schichtrippen
die Gestreifte Quelljungfer (Cordulegaster des Teutoburger Waldes und des Eggegebir-
bidentata) zu den größten einheimischen ges gekennzeichnet und andererseits von
Libellenarten. Trotz ihrer bemerkenswerten plateauartigen Bergrücken geprägt, wie sie
gelb-schwarzen Tracht und der kontrastie- beeindruckend im Winterberg-Heinberg-
renden grünen Komplexaugen lagen bisher massiv und dem Schwalenberger Wald in
nur wenige Beobachtungen oder Fundnach- Erscheinung treten. Höchste Erhebungen
weise aus dem Kreis Lippe vor. Entlegene, oft werden am Köterberg mit 496 m ü. NN und an
unwegsame Quellareale in den Wäldern der der Preußischen Velmerstot mit 464 m ü. NN
Mittelgebirge sind ihr Lebensraum und zufäl- erreicht.
lige Begegnungen daher eher selten. Umso Regenbringende Westwinde treffen im
erfolgversprechender sollte es sein, gezielt Grenzbereich zur Münsterländer Tieflands-
nach ihr zu suchen. bucht auf die ersten Gebirgsbarrieren, so dass
exponierte Höhen des Osningzuges (Egge-
gebirge, Teutoburger Wald) jährliche Nieder-
2 Anlass der Untersuchung schlagssummen von 1.000 mm bis 1.400 mm
(Velmerstot) vorweisen können (Klimaatlas).
Als europäischer Endemit1 beschränkt sich Ursächlich für den Reichtum an Quellen
das disjunkte (zerstreute) Verbreitungsareal sind stets wiederkehrende geologische
von Cordulegaster bidentata auf Südost- bis Strukturen: So kommen in wiederholtem
Mitteleuropa und erreicht in NRW und Wechsel wasserführende Gesteinsschichten
Südniedersachsen mit den ausstreichenden auf tonig-mergelige Trennschichten zu liegen,
Mittelgebirgen seine nördliche Verbreitungs- so dass vielerorts ausgeprägte Schichtquell-
grenze. Der hohen Verantwortung für die horizonte vorzufinden sind. Sandsteine der
Bestandserhaltung der Art trägt die Einord- Unteren Kreide (Teutoburger Wald/Egge-
nung in die Rote Liste Nordrhein-Westfalens gebirge) und mächtige Rhätsandsteine des
(LANUV 2011) mit RL 2 (stark gefährdet) Rech- Oberen Keupers formen die Deckschichten
nung. Fund- und Fortpflanzungsnachweise der Bergrücken und Plateaus und fungieren
der Gestreiften Quelljungfer sind daher stets neben dem Schilfsandstein als großflächige
von besonderem Interesse. Obgleich die Wasserspeicher, die in leichter Schrägstellung
Art allgemein als selten gilt, zeigen Untersu- ihre Feuchtigkeit gleichmäßig über das Jahr
chungen von Bussmann (2013) und anderen im hinweg abgeben und die Vielzahl perennie-
Süderbergland, dass bei gezielter Nachsuche render Quellen begründen.
auch in weiteren Gebietsteilen von stabilen Bruchtektonik während des Tertiärs, im Zu-
Populationen (LANUV 2011) ausgegangen sammenhang mit der Auffaltung der Alpen,
werden kann. Anknüpfend an die Arbeiten hat im Triasblock des Lippischen Berglandes
von Tamm (2015) für Mittel- und Nordhessen zu zahlreichen Verwerfungen und Graben-
und Liebelt et al. (2010/2011) für den Kreis brüchen geführt, die den Fluss der unterir-
Höxter soll untersucht werden, wie sich die dischen Wasserströme stören. So finden sich
Vorkommen der Gestreiften Quelljungfer im insbesondere am Rand geologischer Gräben,
Kreis Lippe darstellen und hier ihre nördliche dort, wo Juratone das Wasser zum Aufsteigen
Fortsetzung finden. oder Austritt zwingen, stark fördernde Kluft-
1 Art, die nur in einem relativ eng begrenzten Gebiet
quellen oder Hangvernässungen, wie z. B. am
einheimisch ist. Südabfall des Schwalenberger Waldes, am
Hoffmann: Nachweise der Gestreiften Quelljungfer (Cordulegaster bidentata) im Kreis Lippe 61

Eggeosthang sowie am Nordhang des Teu- Hochstaudenfluren und Brombeerdickichte


toburger Waldes (Beihefte und Geologische überwucherte oder von dichtem Gehölzjung-
Karten des Kreises Lippe). wuchs begleitete Gewässerbereiche bieten
Die natürlichen Voraussetzungen für die den Libellen keinen Flugraum und verlieren
Besiedlung durch die Gestreifte Quelljungfer damit ihre Attraktivität für Partnersuche und
sind damit im Kreis Lippe in besonderer Weise Eiablage. Gleiches gilt für tief eingeschnittene,
gegeben. schmale Bachprofile. Nach Bussmann (2013)
und Tamm (2015) werden vor allem die obersten
Bachabschnitte bis zu einer Entfernung von ca.
4 Methode 200 m zur Quelle regelmäßig beflogen. Als Rei-
fungs- und Jagdgebiete sind in unmittelbarer
Cordulegaster bidentata besiedelt kleine, Nachbarschaft zum Fortpflanzungsgewässer
im Wald gelegene Hang-Sickerquellen (He- zusätzlich besonnte Freiflächen entlang von
lokrene), Fließquellen (Rheokrene) und die Lichtungen oder Wegrändern erforderlich.
Oberläufe der daran anschließenden Bäche Die Habitateignung von Quellbereichen
(Epirhithral). Als stenöke Art stellt sie spezielle kann stark durch anthropogene Einflüsse
Ansprüche an das Fortpflanzungshabitat. gemindert sein. Dazu zählen Quellfassun-
Für eine zielorientierte Suche in einem gro- gen, Verrohrungen, querende Waldwege,
ßen Untersuchungsgebiet wie dem Kreis Lip- die den Gerinnefluss stören, Aufstauungen,
pe ist eine Vorauswahl der Quellbereiche not- auch Amphibienschutzgewässer, Wasserent-
wendig. Diese erfolgte durch Kartenstudium nahme zur Trinkwassergewinnung oder für
und Geländegänge im Winterhalbjahr. Dabei Fischzuchtanlagen, Einleitungen sowie wilde
konnte auf eigene Erfahrung, Ortskenntnisse Müllablagerungen. Große Beeinträchtigungen
und Kriterien zurückgegriffen werden, wie können des Weiteren von der Form der Forst-
sie von Bussmann (2013) im Lennetal und Tamm bewirtschaftung ausgehen, insbesondere
(2015) in Nord- und Mittelhessen entwickelt wenn tiefe Fahrrinnen der Großmaschinen die
wurden: Hangneigung oder das Quellprofil verändern
Höchste Fundwahrscheinlichkeiten weisen oder Fällabraum ganze Gewässerabschnitte
perennierende Quellen und Quellbäche mit zudeckt. Einzelne abgebrochene Zweige oder
einer Hangneigung von 15° bis max. 30° auf. Äste über den Quellbächen hingegen stören
Die mehrjährige Entwicklungsdauer der nicht, sie werden von den Libellen unterflo-
Larven verlangt konstant gute Lebensbedin- gen und sind oft als Ruhe- oder Schlupfplätze
gungen. Dazu zählen Frostfreiheit, grabbarer willkommen (eigene Beobachtungen).
Untergrund, ein ausreichendes Nahrungs- Patrouillierende Männchen sind in den ca.
angebot sowie permanente Wasserführung. acht Wochen ihrer Flugzeit leicht aufzuspüren
Eine Eutrophierung durch Nährstoffeinträge mit dem Vorteil, dass im Gegensatz zur Lar-
aus angrenzenden Agrarflächen sollte aus- vensuche keine Eingriffe in den Lebensraum
geschlossen sein. Nadelholzbestände tragen erfolgen müssen. Um jedoch den jährlichen
zur Verschattungen der Quellbereiche und zu Untersuchungszeitraum ausdehnen, opti-
einer Versauerung der Gewässer bei und gelten maler nutzen und den Nachweis der Boden-
daher als nachteilig. „Versumpfte“ Quellen mit ständigkeit führen zu können, wurden auch
Faulschlammbildung sind für Larven unge- Larven und Exuvien gleichrangig mit in die
eignet, zudem werden diese Bereiche oft von Suche einbezogen.
Wildschweinen als Suhlen genutzt. Die Ergebnisse wurden jeweils vor Ort in
Des Weiteren sind die Habitatansprüche einem Erfassungsbogen festgehalten.
der flugfähigen Imagines zu berücksich- An sechs Orten wurde die Quell(bach)fauna
tigen. Von Schlagabraum bedeckte, durch bestimmt und die Proben umgehend wieder
62 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

dem Gewässer zugeführt. Eine Genehmigung mit der höchsten Fundortdichte waren die
der Unteren Naturschutzbehörde Detmold Gewässer mit je zwei patrouillierenden Männ-
lag vor. chen besetzt. Dies scheint im Kreis Lippe den
maximalen Besatz darzustellen. Bisweilen
bildeten nah beieinander liegende Quellen
5 Nachweise der Gestreiften Quelljungfer ein einheitliches Flugrevier.
(Cordulegaster bidentata) im Kreis Lippe Eine Beziehung der Nachweise zu den
Niederschlagsverhältnissen deutet sich an
Für die adulten Fluginsekten erfolgten die (vergl. Tab. 1). 82 % der Funde lagen in Mit-
Kartierungen in den Jahren 2018 und 2019 telgebirgsregionen mit mehr als 1.000 mm
jeweils mit Beginn der Reproduktionsperiode Jahresniederschlag, unterhalb einer Jahres-
Ende Mai und wurden bis in die ersten Au- niederschlagssumme von 934 mm waren die
gusttage fortgesetzt. Dabei orientierten sich potentiellen Quellstandorte nicht besiedelt.
die Kontrollgänge an der Tagesphänologie Die Niederschläge im Kreis Lippe sind in der
der Imagines (vergl. Abb. 11) (Steinberg et al. Regel gleichmäßig über das Jahr verteilt,
2000). Es erwies sich als großer Vorteil, die neben der Größe des Einzugsgebietes die
Kartierungen im Team zu zweit vorzunehmen, wesentlichste Voraussetzung für das Vor-
da so ein längerer Gewässerabschnitt zu über- handensein perennierender Quellen, die für
blicken war. Eine Verständigung über Zuruf die lange Larvalperiode der Art von fünf bis
ermöglichte es, die Zahl der patrouillierenden sechs Jahren (Sternberg et al. 2000) notwendig
Männchen oder zufliegenden Weibchen ex- sind. Mit regenbringenden Westwinden
akt festzustellen und ihre Flugstrecken genau und Steigungsregen werden die höchsten
zu verfolgen. Jahresniederschlagswerte am Eggeosthang
Insgesamt kamen nach Vorauswahl (1.375 mm), im Teutoburger Wald an der
(Bussmann 2013, Tamm 2015) im Kreis Lippe Grotenburg (1.208 mm), auf dem Bergmassiv
201 Quellbereiche in die Untersuchung. des Schwalenberger Waldes (1.149 mm) und
An vierzig von ihnen (20 %) konnten Nach- im Extertal auf der exponierten Hohen Asch
weise geführt werden, sei es über ein frisch (1.114 mm) erreicht (Klimaatlas NRW).
geschlüpftes, sich in der Aushärtungsphase
befindliches Weibchen, über flugfähige Ima-
gines oder durch Larvenfunde im Sediment 6 Die vertikale Verbreitung
der Gewässer. Dank zielorientierter Suche war
die Gestreifte Quelljungfer mit 62 festgestell- Die Mittelgebirge des Kreises Lippe lassen
ten Exemplaren in den Mittelgebirgen des sich der kollinen bis submontanen Höhenstufe
Kreisgebietes häufiger anzutreffen als nach zuordnen und erreichen am Köterberg mit
bisherigem Kenntnisstand zu vermuten war. 496 m ü. NN nahezu die Fünfhundert-Meter-
Bedenkt man jedoch, dass an 80 % der poten- Marke. Da die Quellaustritte unterhalb der als
tiell geeigneten Gewässer der Nachweis nicht Wasserspeicher fungierenden Deckschichten
gelang, wird deutlich, dass C. bidentata zu zu finden sind, verwundert es nicht, dass sich
den seltenen Arten gerechnet werden muss. die vertikale Verbreitung der Gestreiften Quell-
Etwa die Hälfte der besiedelten Quellberei- jungfer auf einen deutlich engeren Bereich von
che wurde nur von einem Männchen beflo- 140 m bis auf maximal 360 m ü. NN erstreckt.
gen. Doch insbesondere in den Kerngebieten

Tab. 1: Untersuchungsgebiete mit Besatzdichte und Niederschlagsverhältnissen.


* Unstimmigkeiten der Zahlenwerte ergeben sich daraus, dass ein Männchen auch zwei nah beieinander
liegende Quellen befliegen kann.
Untersuchungsgebiete Individuenzahlen Quellen Quellen Niederschlagswerte (mm)
Kreis Lippe mit Befund * (Klimaatlas NRW) 1981–2010
M – Männchen unter- mit ohne 1M 2M insg. Sommer Herbst Winter Frühjahr
W – Weibchen suchte Befund Befund Jahr
L – Larve Quellen (insg.) * (insg.)
(insg.)
Bad Salzuflen – 10 – 10 – – 923 245 210 220 248
Bredaer Bruch – 913 245 230 241 197
Lemgoer Mark, Maiboltetal 1M 44 4 40 1 1.037 255 265 280 237
Piepenkopf 2M 2 1.043 271 264 284 224
Linderhofe Süd 2M 1 1.081 277 276 301 227
Steinegge – 1.089 277 277 301 234
Hohensonne – 1.031 262 261 282 226
Alverdissen – 1.029 267 259 282 221
Elfenborn – 18 1 17 1 936 239 230 228 239
Heidelbecker Egge – 1.028 258 259 281 230
Laßbruch 1M 1.028 268 259 279 222
Hohe Asch 2M 6 2 4 2 1.114 285 258 310 261
Blomberger Wald – 5 1 4 1 973 255 247 264 207
Nordhang Winterberg 1M 1.163 261 251 258 393
Südhang Blomberger Wald – 1.006 260 241 264 241
Kamerun 3M+2L 15 4 11 1 1 1.064 265 265 270 264
Klingenbachtal 2M+2L 1 1.064 272 270 297 225
Herlingsburg 2M 1 1.037 266 262 287 222
Schwalenberger Wald: 66 20 46 1.145 287 294 323 241
Südhang 5M 6 1.149 264 285 314 286
Osthang (S Eichwald) 9 M + 2 W? 4 1.100 253 281 262 304
Nordosthang (Elbrinxen) 6M 2 2 948 251 242 263 192
Nordhang (Glashütte, Harzberg) 4M 2 1 1.000 260 251 239 250
Falkenhagen / Sabbenhausen 3M+1W 22 5 17 1 1 934 252 246 251 194
Hummersen 3M 1 1 968 250 245 262 211
Osthang Köterberg 2M 2 1.095 273 279 306 237
Eggeosthang 1M+2W 10 2 8 1 1.375 325 362 400 288
Silberbachtal 2M 1 1.199 284 306 336 273
Hoffmann: Nachweise der Gestreiften Quelljungfer (Cordulegaster bidentata) im Kreis Lippe

Grotenburg 2M 1 4 1 1.208 293 313 345 257


Hasselbach 2 Überflug C. boltonii? 5 1.028 256 265 285 222
Kreis Lippe: absolut 62 Exemplare 201 40 161 21 17
in Prozent (%) (53 M, 5 W, 4 L) 100 % 20 % 80 %
Cordulegaster bidentata
63

2 Exemplare
cf. Cordulegaster boltonii
64 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Knapp zwei Drittel (64,5 %) der Funde von 7 Die Vegetation steht in Beziehung zu
Cordulegaster bidentata konzentrieren sich auf den Belichtungsverhältnissen
den Höhenbereich von 200 m bis 300 m ü. NN. (floristische Untersuchung)
Immerhin 22,5 % bevorzugen im Schwalen-
berger Wald, dem Eggegebirge, dem Osthang Die Fundorte von Cordulegaster bidentata
des Köterberges und bei Linderhofe Höhenla- wurden im Rahmen der aktuell laufenden
gen von 320 m bis auf 360 m ü. NN ansteigend. Florenkartierung des Landes NRW (LANUV
Von weitaus geringerer Attraktivität erweist 2013–2019) von der Autorin auch floristisch
sich der kolline Bereich zwischen 140 m und untersucht und bewertet (vergl. Tab. 2).
170 m ü. NN. Mit insgesamt 53 kartierten Pflanzenarten
Am Hasselbach (auf 170 m Höhe), einem und davon sechs Arten der Roten Liste vermit-
mehr als ein Meter breiten und mehr als teln die Quellstandorte ein Bild relativer Un-
50 cm tiefen Fließgewässer im NSG „Donoper versehrtheit. Die Brennessel (Urtica dioica) als
Teiche“, waren zwei gegen die Strömung Hoch-Nährstoffzeiger hat noch nicht Einzug
fliegende Quelljungfern zu beobachten, bei gehalten, wenngleich das Ruprechtskraut (Ge-
denen es sich wahrscheinlich um Cordulegas- ranium robertianum) bisweilen als Stickstoff-
ter boltonii gehandelt haben dürfte. und Störzeiger zu finden ist. Die sich sonst
vielerorts mit Gartenabfällen ausbreitende
Hänge-Segge (Carex pendula) (Abb. 3) tritt
im Schwalenberger Wald noch in seltenen,
einheimischen (indigenen) Beständen auf,
was auf einen eher mäßigen anthropogenen
Einfluss hindeutet.

Abb. 2: Vertikale Verbreitung von Cordulegaster Abb. 3: Hänge-Segge (Carex pendula).


bidentata im Kreis Lippe Foto: U. Hoffmann

Tab. 2: Pflanzenaufnahme 2018/19 an den Fundorten der Gestreiften Quelljungfer (Cordulegaster bidentata).
WEBL Weserbergland; 1 vom Aussterben bedroht; 2 stark gefährdet; 3 Gefährdet; x ungefährdet;
indigen an diesen Fundorten einheimisch, kein Gartenflüchtling!
Lateinischer Name Deutscher Name Rote Liste-Status Lateinischer Name Deutscher Name Rote Liste-Status
LANUV (2011) LANUV (2011)
NRW WEBL NRW WEBL
Ajuga reptans Kriechender Günsel Glyceria fluitans agg. Gruppe Flutender Schwaden
Angelica sylvestris Wald-Engelwurz Gymnocarpium dryopteris Eichenfarn
Cardamine amara Bitteres Schaumkraut Hypericum tetrapterum Geflügeltes Johanniskraut
Cardamine pratensis Wiesen-Schaumkraut Impatiens noli-tangere Gewöhnliches Springkraut
Carex acutiformis Sumpf-Segge Impatiens parviflora Kleinblütiges Springkraut
Carex paniculata Rispen-Segge x 3 Juncus effusus Flatter-Binse
Carex pendula Hänge-Segge indigen ! Luzula sylvatica Wald-Hainsimse
Carex remota Winkel-Segge Lycopus europaeus Ufer-Wolfstrapp
Carex strigosa Dünnährige Segge 3 3 Lysimachia nemorum Hain-Gilbweiderich
Carex sylvatica Wald-Segge Lysimachia nummularia Pfennigkraut
Chrysosplenium alternifolium Wechselblättriges Milzkraut Mentha spec. Minze
Chrysosplenium oppositifolium Gegenblättriges Milzkraut Myosotis scorpioides Sumpf-Vergissmeinnicht
Circaea alpina Alpen-Hexenkraut 3 2 Oxalis acetosella Wald-Sauerklee
Circaea lutetiana Großes Hexenkraut Phegopteris connectilis Buchenfarn
Circaea x intermedia Mittleres Hexenkraut Primula elatior Hohe Schlüsselblume
Crepis paludosa Sumpf-Pippau Ranunculus ficaria Scharbockskraut
Deschampsia caespitosa Rasenschmiele Scirpus sylvaticus Wald-Simse
Deschampsia flexuosa Draht-Schmiele Scrophularia umbrosa Geflügelte Braunwurz
Dryopteris borreri Borrer´s Schuppenfarn x 3 Scutellaria galericulata Sumpf-Helmkraut
Dryopteris carthusiana Gewöhnlicher Dornfarn Solanum dulcamara Bittersüßer Nachtschatten
Dryopteris dilatata Breitblättriger Dornfarn Stachys sylvatica Wald-Ziest
Dryopteris filix-mas Gew. Wurmfarn Stellaria aquatica Wasserdarm
Hoffmann: Nachweise der Gestreiften Quelljungfer (Cordulegaster bidentata) im Kreis Lippe

Equisetum sylvaticum Wald-Schachtelhalm Thelypteris limbosperma Bergfarn


Eupatorium cannabinum Wasserdost Valeriana dioica Kleiner Baldrian x 3
Filipendula ulmaria Großes Mädesüß Veronica beccabunga Bachbungen-Ehrenpreis
Galium palustre Sumpf-Labkraut Palustriella commutata Veränderliches 3 3
Geranium robertianum Ruprechtskraut Sumpfstarknervmoos
65
66 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Der stark lichtabhängige Pflanzenwuchs


konzentriert sich auf offene, besonnte Quellbe-
reiche (Abb. 4), während die Quellbäche selbst
deutlich beschatteter sind. Im Buchenaltholz
reichen die Lichtverhältnisse von einzelnen,
im Tageslauf wandernden Lichtflecken bis hin
zu gänzlicher Beschattung (Abb. 5). Derartige
Gewässer zeigen an Böschungen, Steinen und
Geäst fast nur Moosbewuchs und erweisen
sich in mehrfacher Hinsicht als attraktiv. Zum
einen gewährleisten sie den tief patrouillie-
renden Quelljungfer-Männchen einen offenen
Flugkorridor sowie gute Kontrollsicht bei der
Suche nach Weibchen und bieten andererseits
beste Tarnung. Ihr schwarz gezeichneter
Körper mit schmaler gelber Streifung löst
Abb. 4: offener Quellstandort (Klingenbachtal). sich unter den diffusen Lichtverhältnissen
Foto: U. Hoffmann (für unsere Augen) buchstäblich auf. Offene,
besonnte Bereiche z. B. unter kranken Eschen,
auf Wurfflächen, entlang von Schneisen oder
Waldwegen dienen als Reifungshabitat, wer-
den als Ansitz für (morgendliche) Aufwärmung
und als Jagdrevier genutzt.

8 Das Nahrungsspektrum (faunistische


Gewässeruntersuchung)

Von besonderer Bedeutung für den Fort-


pflanzungserfolg der Gestreiften Quelljungfer
dürfte das vorhandene Nahrungsspektrum
sein. Als Lauerjäger im Sediment vergraben,
zeigen sich die gut getarnten Larven wenig
wählerisch, wie Kotuntersuchungen belegen
(Cailliere 1976 nach Sternberg et al. 2000). Er-
wiese sich doch eine Nahrungsspezialisierung
als eher kontraproduktiv: Einerseits wandelt
sich die Zusammensetzung der Quellfauna
im Frühjahr und Sommer durch den Schlupf
vieler Insektenlarven, zudem ändert sich mit
dem Heranwachsen der Libellenlarven ihr
Beutespektrum. So sind ältere Larven gar in
der Lage, mit ihrer Fangmaske die Schutzhülle
von Köcherfliegenlarven zu durchschlagen.
Kurze Hungerperioden werden ertragen,
verlängern jedoch den Wachstums- und Rei-
Abb. 5: Quellbach (Hohe Asch). Foto: U. Hoffmann feprozess (Sternberg et al. 2000).
Tiergruppe Kamerun Klingenbachtal Velmerstot Donoper Schwalenbg. Steinegge Köterberg Gesamtwerte
Teiche Wald nur für Quellen mit
230 m 240 m 340 m 170 m 350 m 300 m 2 x 320 m Nachweisen
Nachweise Nachweise Nachweise Nachweise 2 x Nachweise
19.03. 08.05. 19.03. 08.05. 02.03. 06.03. 19.03. 25.03. 11.05. 11.06. 11.06. abs. Durch- %
2018 2018 2018 2018 2018 2018 2018 2018 2018 2018 2018 schnitt
Mollusca 14 12 1 1 2 1 4 3 29 3,6 2,1
Schnecken, Muscheln
Würmer: 3 1 3 1 5 15 6 6 19 2,4 1,4
Turbellaria (Strudelwürmer) Crenobia
Oligochaeta (Wenigborster) alpina
Gammaridae 400 400 16 30 48 7 40 6 50 50 50 1034 130 75
Flohkrebse 40
Höhlenflohkrebse 8
Ephemeroptera 1 1 0,1
Eintagsfliegenlarven
Plecoptera 10 4 18 14 22 9 26 17 28 4 23 121 15 9
Steinfliegenlarven
Megaloptera 1 1 0,1
Schlammfliegenlarven
Coleoptera 3 3 2 1 4 10 1,3 0,8
Käfer (Sumpfkäferlarven)
Trichoptera 14 22 10 18 23 7 7 6 16 2 4 100 12,5 7,3
Köcherfliegenlarven
Diptera 26 15 5 14 2 12 25 11 2 61 7,6 4,4
Zweiflüglerlarven
Gesamtzahl 471 457 44 64 102 40 76 52 138 73 89 1376 100%
Tiergruppen 9 5 6 6 5 7 6

Tab. 3: Aufnahme der Quellfauna an sieben unterschiedlichen Quellstandorten (z. T. März und Mai 2018) fett gedruckt: wertgebende, diagnostische Arten
Hoffmann: Nachweise der Gestreiften Quelljungfer (Cordulegaster bidentata) im Kreis Lippe
67
68 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Quelljungfer-Besatz lässt sich anhand der


Untersuchung im Kreis Lippe nicht herstellen
(Tab. 1, Tab. 3). Verwunderlich mag erschei-
nen, dass an der Steinegge bei mehrfachen
Begehungen und zweifacher Untersuchung
des Sedimentes weder adulte Tiere von C.
bidentata noch Larvalstadien zu entdecken
waren, obwohl an diesem Standort eine
artenreiche Quellfauna vorhanden ist und das
nächste Fluggebiet der Großlibelle nur 1 km
Luftlinie entfernt liegt.

Abb. 6: Quellfauna der von Cordulegaster bidentata 9 Prädatoren


besiedelten Habitate im Kreis Lippe.
In den fischfreien Fortpflanzungsgewäs-
sern haben die Libellenlarven mit Ausnahme
In der Quellfauna nehmen die Flohkrebse älterer Feuersalamanderlarven kaum Fress-
(Gammaridae) mit drei Viertel der Biomasse feinde zu fürchten. Ihre Tarnung im Sediment
den größten Anteil ein (vergl. Tab. 3, Abb. 6). des Quellbaches ist nahezu perfekt und die
Es ist davon auszugehen, dass sie – da ganz- schnell vorschießende Fangmaske älterer Sta-
jährig in unterschiedlichen Größenklassen dien stellt sicher eine wirksame Waffe dar. Bei
vorhanden – für nahezu alle Larvenstadien der faunistischen Untersuchung konnte nur in
die Basisnahrung darstellen. Bereichert wird einer Probe eine Larve des Feuersalamanders
das Nahrungsangebot mit weiteren 20 % (Abb. 8) festgestellt werden (Eggeosthang),
durch Larven diverser Fluginsekten, die an die doch ist die Art in den waldreichen Berglän-
gleichmäßig kühlen Quellwässer angepasst dern des Kreises Lippe heimisch und durchaus
sind, ergänzt durch die Gruppe der Würmer noch weit verbreitet.
und Sumpfkäferlarven.
Eine Korrelation zwischen dem Vorhanden-
sein einer artenreichen Quellfauna und dem

Abb. 7: Quellfauna mit augenlosem Höhlenflohkrebs Abb. 8: Larve des Feuersalamanders mit den weißen
Niphargus spec. Foto: U. Hoffmann Schenkelpunkten. Foto: U. Hoffmann
Hoffmann: Nachweise der Gestreiften Quelljungfer (Cordulegaster bidentata) im Kreis Lippe 69

10 Quelltyp, Sediment, Wasserführung Detritus getarnt verharren, graben sich die zu


und Gefälle des Quellbaches Wanderungen befähigten älteren Larvensta-
dien in lockeres Substrat zwischen kleineren
Die Gestreifte Quelljungfer „ist als stenöke und größeren Steinen ein, um als Lauerjäger
Art mit ausgeprägter Biotopbindung zu auf Beutefang zu gehen (Sternberg et al. 2000).
charakterisieren“ (Schorr 1990 nach Kuhn &
Burbach 1998), die in mehrfacher Hinsicht
hohe Ansprüche an ihren Lebensraum stellt. 11 Der Jahreslauf der Temperatur (Luft,
Als Libellenart der bewaldeten Bergländer hat Wasser, Sediment)
sie sich auf Quellbereiche und die daran an-
schließenden oberen Bachläufe (Epirhithral) Hinsichtlich der Temperaturverhältnisse
spezialisiert. Die Auswahl des Lebensraumes stellen Quellen sehr spezielle Lebensräume
erfolgt in einer Suchkaskade, die Signalfak- dar. Als Beispiel mag das exponierteste
toren („proximate factors“) wie Quellnähe, Quelljungfer-Vorkommen am Eggeosthang
Hangneigung, Fließbewegung, geringer Tiefe mit 340 m ü. NN dienen. Es war ein glücklicher
und geringer Fließgeschwindigkeit folgt (Kra- Zufall, dass mit dem Zeitraum zwischen
tochwil & Schwabe 2001). November 2017 und August 2018 besonders
Im Kreis Lippe werden gleichermaßen hohe Temperaturausschläge im Winter wie
Sickerquellen (Helokrene) wie Fließquellen auch im Sommer gemessen werden konnten
(Rheokrene) von C. bidentata besiedelt. An den (vergl. Tab. 4, Abb. 9). Mit ausgehendem Win-
Sickerquellen bildet sich ein Quellsumpf mit ter sanken die Lufttemperaturen am frühen
z. T. schlammigem Boden und beigemischtem Morgen des 02.03.2018 auf den Minimalwert
Gesteinsmaterial unterschiedlicher Größe von –10 °C, während der Maximalwert von
aus, während die Fließquellen unvermittelt +37 °C Anfang August 2018 nach einer seit
aus Spalten an die Oberfläche treten. Ihr Se- Siebenschläfer andauernden, mehrwöchigen
diment kann feinkörnig, grusig, aber auch mit Trocken- und Hitzeperiode erreicht wurde.
kleinen Steinen und Steinplatten durchsetzt Die Lufttemperatur-Jahresamplitude weist
sein (Abb. 4). Das eigentliche Fluggebiet und damit Extremausschläge von 47 °C auf. Hinge-
in vielen Fällen auch die Orte der Eiablage gen zeigen die im Quellbereich gemessenen
stellen die Oberläufe der Quellbäche dar. Ihrer Wassertemperaturen einen deutlich gemä-
Habitatstruktur kommt daher eine hohe Be- ßigteren Verlauf, der von +1 °C (02.03.2018) bis
deutung zu. Unabdingbar ist ein ganzjähriger +16 °C (07.08.2018) nach sommerlicher Hitze-
Wasserfluss (perennierende Quellen). „Nicht periode reicht und damit eine Jahresdifferenz
mehr überrieselte Quellabflüsse werden von von 15 °C nicht überschreitet. Für die in das
den Imagines i. d. R. nicht mehr beflogen“ Sediment eingegrabenen Larven reduziert
(Sternberg et al. 2000). Nach den Befunden wei- sich die Amplitude auf 13,8 °C. Am kältesten
sen sie mehrheitlich ein geringes Gefälle von Tag des Jahres (2018) lag die Sedimenttempe-
20 ° bis 25 ° auf, das Bachbett ist durch Steine, ratur 7,5 °C über der Lufttemperatur und am
Äste und Laub reich in einzelne Kaskaden heißesten Tag 22 °C unter der gemessenen
gegliedert, die sanft von Wasser durchflossen Außentemperatur und stellt damit einen
oder fein überrieselt werden (Abb. 5). Die höchst wirksamen Puffer gegen Extremaus-
Strömung wie auch die Wassertiefe ist gering. schläge dar. Das aus dem Boden oder Gestein
In den kleinen Wasserbecken, den Gumpen, austretende Wasser bleibt selbst an kältesten
kann meist nur eine Tiefe von 2 cm bis 4 cm Tagen über 0 °C und verhindert ein Zufrieren
gemessen werden. Mit ihren strömungsar- der Quelle.
men Bereichen bilden sie den Lebensraum Dennoch darf die Gestreifte Quelljungfer
der Larven. Während junge Larven hier mit nicht als Kaltwasserart (kaltstenotherm)
70 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Datum Lufttemperatur Wasser- Sediment- Differenz Differenz


temperatur temperatur Wasser zu Sediment zu
Lufttemperatur Lufttemperatur
Nacht1 Tag2
(Tag) (Tag)
7.11.2017 +4 °C +9 °C +1,4 °C +1,2 °C -7,6 °C -7,8 °C
2.3.2018 -10 °C -6 °C +1,0 °C +1,5 °C +7,0 °C +7,5 °C
31.5.2018 +17 °C +27 °C +14 °C +14 °C -13 °C -13 °C
7.8.2018 +21 °C +37 °C +16 °C +15 °C -21 °C -22 °C
Jahresamplitude 47 °C 15 °C 13,8 °C
Tab. 4: Quellbereich Velmerstot (Egge-Osthang) 340 m NN – Jahres-Temperaturgang verschiedener Parameter
1 Daten der Minimalwerte (DWD Deutscher Wetterdienst); 2 Messdaten zur Mittagszeit (11:30–13 Uhr MEZ)

Abb. 9: Quellbereich Velmerstot (Egge-Osthang) - Jahres-Temperaturgang verschiedener Parameter


Hoffmann: Nachweise der Gestreiften Quelljungfer (Cordulegaster bidentata) im Kreis Lippe 71

eingestuft werden. Larven können unter La- Patrouille-Flug inspizieren die Männchen
borbedingungen tagelang bei 25 ° C bis 26 °C alle Einzelheiten, um über jedem der kleinen
gehalten werden, ohne Schaden zu nehmen strömungsberuhigten Gumpen kurz zu ver-
(Sternberg et al. 2000). Nach Fränzel (1985) und harren (Abb. 10). Dem Betrachter gegenüber
Dombrowski (1989) (zitiert nach Sternberg et al. zeigen sie sich wenig scheu und sind ihm
2000) ergibt sich die Bevorzugung der kühle- beim ersten Aufeinandertreffen recht inter-
ren Bachoberläufe und der Quellbereiche in essiert zugewandt. Es macht den Eindruck,
erster Linie aus der Habitatpräferenz der Ima- dass sie selbst geringste Veränderungen an
gines. Vermutlich hat Cordulegaster bidentata ihrem Gewässer aufmerksam verfolgen und
an der Nordgrenze ihres Verbreitungsareals zu erkunden suchen. Angekommen im oft
in den Quellregionen der Mittelgebirge eine besonnten Quellbereich, folgen kleine Run-
Nische gefunden und sich an die Kaltwasser- den oder ein steiler Aufstieg, um in schnellem
verhältnisse angepasst. Sternberg et al. (2000) Flug zum Ausgangspunkt des Patrouillefluges
schlagen daher gemeinsam mit weiteren zurückzukehren und das Spiel von neuem zu
Autoren vor, die Gestreifte Quelljungfer als beginnen.
„kaltwasseradaptierte Eurytherme“ zu be- Die Frage, ob Quelljungfer-Männchen
zeichnen. Entscheidend dürfte das Vorhan- Reviere besetzen, wird kontrovers diskutiert.
densein einer Nahrungsgrundlage sein, das Aus den Beobachtungen im Kreis Lippe geht
sie in der Quellbachfauna gefunden hat, hervor, dass sie mit hoher Stetigkeit festge-
die an gleichmäßig temperierte, eher kühle, legte Gewässerbereiche befliegen, deren
sauerstoffreiche Bedingungen gebunden ist. Grenzen von einmündenden Seitenquellen,
Als Konsequenz der niedrigen Gewässertem- Seitenbachzuflüssen, hohem Bewuchs, quer-
peraturen verlängert sich die larvale Phase liegenden Hindernissen (gefallene Bäume,
der Großlibelle und macht die Art empfindlich Schlagabraum), Talverengungen oder den
gegenüber Umweltveränderungen. Bachlauf kreuzenden Wegen gekennzeichnet

12 Die Vergesellschaftung

An den Quellbächen konnte eine Verge-


sellschaftung mit der Blauflügel-Prachtlibelle
(Calopteryx virgo) beobachtet werden, im
weiteren Jahreslauf trat die Blaugrüne
Mosaikjungfer (Aeshna cyanea) in offeneren
Waldbereichen hinzu.

13 Verhaltensbeobachtungen

Die Methode, Vorkommen der Gestreif-


ten Quelljungfer über flugfähige Imagines
nachzuweisen, stellte sich als recht unpro-
blematisch heraus. Mitunter tauchte, noch
bevor der Erfassungsbogen ausgefüllt war,
die erste Libelle am Gewässer auf. Zumeist
bachaufwärts fliegend, sehr tief (10 cm bis Abb. 10: Patrouille-Flug eines Männchens.
max. 50 cm), in einem langsamen, ruckartigen Foto: U. Hoffmann
72 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

sind. Je nach den Gegebenheiten vor Ort vari-


iert die Länge der Strecke zwischen 20 m und
100 m. Die Mehrzahl der „Flug-Reviere“ wies
eine lineare Ausdehnung von 50 m oder 100
m auf, mitunter geteilt mit einem weiteren
Männchen. Dabei stellen im Kreis Lippe zwei
Männchen die maximale Besatzdichte dar. Ob
diese Zahl Ergebnis von Revierverteidigung
oder begrenztem Besiedlungsvermögen ist,
lässt sich anhand der Untersuchung nicht klä-
ren. Oft patrouillierten Männchen im Abstand
von fünf bis zehn Metern hintereinander
bachaufwärts, bisweilen lag jedoch nur ein
Meter oder weniger zwischen ihnen. Trafen
sie an den Quellbereichen schließlich direkt
aufeinander, folgte ein schnelles Fixieren mit
rasch aufwärts ziehendem Spiralflug, der
nach kurzer Zeit mit getrennten Wegen been-
det wurde. Eine direkte Auseinandersetzung
findet nicht statt. Waren zwei Flugstrecken Abb. 11: Tagesphänologie der Männchen und Weibchen
durch ein Hindernis getrennt, dann blieb (Cordulegaster bidentata) an normalen und heißen Tagen.
Entwurf U. Hoffman. (nach Sternberg et al. 2000)
jedes Gebiet einem Männchen vorbehalten,
doch wechselten sie immer wieder auch in
den jeweils anderen Bereich über.
Die Tagesphänologie der Männchen und Nach Fränzel (1985) und Sternberg et al. (2000)
Weibchen ist recht unterschiedlich (Sternberg et vollziehen sich die Paarungen in den Baum-
al. 2000). Auf der Suche nach Weibchen erreicht wipfeln oder in niedriger Vegetation.
die Flugaktivität der patrouillierenden Männ- Ausgesprochen beeindruckend ist es, die
chen an normalen Tagen nach spätem mor- Eiablage zu verfolgen. Dies gelang ebenfalls
gendlichen Beginn zur Mittagszeit rasch einen am 29.06.2018 gegen 11:45 Uhr MEZ.
Höhepunkt, um langsam zum Abend wieder An einem unteren Bachabschnitt mit sehr
abzusinken. Gegensätzlich dazu verläuft die geringem Gefälle, kaum merklicher Strömung
Aktivitätskurve der Weibchen, die sich eher und feinem, nur flach überrieseltem Sediment
dann dem Gewässer nähern, wenn die Flugtä- wurden nach mehreren langsam kreisenden
tigkeit der Männchen niedrige Werte erreicht. Suchflügen von weniger als 30 cm Flughöhe
Ähnliches Spiel wiederholt sich an sehr heißen letztendlich – ohne Störung durch Männchen
Tagen, doch stellen die Weibchen jetzt ihren – die Eier abgelegt. Dazu ging das Weibchen
Rhythmus um und nutzen die Mittagsruhe der plötzlich in eine senkrechte Körperposition
Männchen, um am Gewässer nach geeigneten über, um über schnellstes Auf- und Ab die
Eiablagestellen zu suchen (Abb. 11). Eier mit ihrem stilettförmigen Legeapparat
Am 29.06.2018 konnte gegen 9:45 Uhr (Abb. 12) ähnlich einer Nähmaschine in das
MEZ ein Aufeinandertreffen von Männchen Substrat einzubringen (Abb. 13). Bei dem
und Weibchen beobachtet werden. Es fand ersten Legevorgang wurde auf diese Weise
kein Umkreisen statt, vielmehr begleitete das mehr als 300-mal im Halbsekundentakt
Männchen das Weibchen eine Strecke seines eingestochen. Insgesamt fand eine Belegung
Weges, das sich jedoch sehr bald mit einem in vier nah beieinander liegenden Bereichen
Flug in die Baumwipfel den Blicken entzog. statt, wobei die Ablagedauer mit 150-mal und
Hoffmann: Nachweise der Gestreiften Quelljungfer (Cordulegaster bidentata) im Kreis Lippe 73

100-mal stetig abnahm. Ginge man von einer 14 Frage der Bodenständigkeit
hundertprozentigen Erfolgsquote aus, dann
würde dies einer Ablage von mehr als 600 Dazu stehen die Larvenfunde (Abb.14), die
Eiern entsprechen. mit der Sieb- und Erschütterungsmethode
(Stephan 2012) im gesamten Untersuchungs-
gebiet erhoben wurden, in einem eklatanten
Missverhältnis. Beide Techniken erwiesen sich
als wenig effektiv. Insgesamt konnten nur vier
Larven nachgewiesen werden. Nimmt man
ergänzend den Fund von H. Sonnenburg am
Eggeosthang hinzu, so fällt die Bilanz mit fünf
Larvenfunden an drei Fortpflanzungsgewäs-
sern recht gering aus.
Bodenständigkeitsnachweise für die Ge-
streifte Quelljungfer über Larven und Exuvien
(keine Funde) konnten im Kreis Lippe damit
nur sehr eingeschränkt geführt werden. Die
Besatzdichten scheinen im Untersuchungs-
gebiet, an der nördlichen Arealgrenze der
Art, recht klein zu sein. Dennoch ist aus der
Vielzahl und der räumlichen Konzentration
der Imaginal-Nachweise auf eine Boden-
ständigkeit der Libellenart im Kreis Lippe zu
schließen.

Abb. 12: frisch geschlüpftes Weibchen mit Legestachel. 15 Verbreitung im Kreis Lippe mit
Foto: U. Hoffmann möglichen Besiedlungskorridoren

Die Verbreitung der Gestreiften Quell-


jungfer im Kreis Lippe (Abb. 15) konzentriert
sich auf die östlichen Bergländer beginnend
mit dem Umfeld des Köterberges, dem
Schwalenberger Wald, dem Heinbergmassiv
im Südosten und streicht mit der Lemgoer
Mark, Linderhofe, der Hohen Asch und dem
Vorkommen bei Laßbruch im Extertal nach
Westen und Norden aus. Eine zweite Linie
erstreckt sich entlang von Eggegebirge und
Teutoburger Wald, um an der Grotenburg den
westlichsten Fundpunkt zu erreichen. Höchs-
te Abundanzen werden im Schwalenberger
Wald mit 26 Individuen an zwanzig verschie-
denen Quellbereichen erreicht (Tab. 1).
Auffällig ist, dass insbesondere die Ost-
flanken der Berghänge dicht besiedelt sind,
Abb. 13: Eiablage. Foto: U. Hoffmann obwohl die Niederschläge als Steigungsregen
74 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Abb. 14: Quelljungferlarven, rechts mit sich ausbildenden Flügelanlagen. Fotos: U. Hoffmann

Abb. 15: Fundortkarte (Cordulegaster bidentata) Kreis Lippe 2017-2019 (U. Hoffmann)
Datenlizenz Deutschland – tim-online – Version 2.0 (Bearbeitung)
Hoffmann: Nachweise der Gestreiften Quelljungfer (Cordulegaster bidentata) im Kreis Lippe 75

mit vorherrschenden Westwinden herbeige- ke et al. 2016). Es deuten sich Ausbreitungsach-


führt werden. Insofern verwundert die Habi- sen entlang von Fließgewässersystemen an.
tatwahl in den Leelagen. Geologische Gründe Im Osten sind es die Fulda und Werra mit der
dafür spielen nur am Eggegebirge und Teu- Weser als Fortsetzung, die über ihre seitlichen
toburger Wald eine Rolle (Osningsandstein/ Zuflüsse die Siedlungsgebiete der Gestreiften
Juratone am Ostabhang). Quelljungfer im Nordhessischen und im
Eine mögliche Erklärung bietet sich an, Südniedersächsischen Bergland erschließen.
wenn man das großräumige Verbreitungsare- Es wird deutlich, dass die östliche Verbrei-
al der Art heranzieht (Abb. 16). Dabei müssen tungslinie im Kreis Lippe (Abb. 15) mit diesem
insbesondere Nordrhein-Westfalen (Ostwest- nordöstlichsten Siedlungsschwerpunkt in
falen), Nordhessen und Südniedersachsen als Deutschland in direkter Verbindung steht und
Einheit betrachtet werden (Libellula 2015, Men- ein gemeinsames Areal bildet (Abb. 16). Allem

Abb. 16: westliche und östliche Verbreitungsareale von Cordulegaster bidentata. Entwurf U. Hoffmann.
Kartengrundlage Westermann Schulatlas (1973)
76 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Anschein nach hat die Besiedlung vom Weser- 76 Tage, während sie bei 20 °C innerhalb von
raum her stattgefunden und der Großlibelle 14 Tagen bereits zu 75 % abgeschlossen ist.
an den Osthängen des lippischen Berglandes Ebenso verkürzt sich mit dem Anstieg der
geeignete Habitate eröffnen können. Gewässertemperaturen die Gesamtdauer der
Interessant wäre es zu klären, ob die west- Larvalentwicklung für die Mittelmeerart C. bi-
liche Verbreitungslinie an Egge-Gebirge und dentata von fünf bis sechs Jahren auf vier Jahre.
Teutoburger Wald (Abb. 15) die Fortsetzung Den begrenzenden Faktor stellt jedoch
einer vom Rheintal ausgehenden Kolonisati- die Sauerstoffsättigung dar, die mit steigen-
on darstellt, die über das Bergische Land, dem den Wassertemperaturen abnimmt. Zum
Mittelgebirgsrand entlang der westfälischen einen reagieren junge Larven der Gestreiften
Bucht folgend möglicherweise den Osningbo- Quelljungfer empfindlich auf sinkenden Sau-
gen im Kreis Lippe erreicht, um im Auslaufen erstoffgehalt, da sie noch nicht zur Rektalat-
von Teutoburger Wald und Wiehengebirge mung befähigt sind (Fränzel 1985 zitiert nach
ihren Endpunkt zu finden (Menke et al. 2016). Sternberg et al. 2000) und zum anderen droht
Möglicherweise treffen im Kreis Lippe zwei mit dem Verlust der an hohe Sauerstoffwerte
unterschiedliche Populationen aufeinander und gleichmäßig niedrige Temperaturen
(Abb. 16). Gewissheit in dieser Frage kann nur angepassten Quell(bach)fauna die Nahrungs-
eine genetische Untersuchung erbringen. grundlage wegzubrechen.
Nach dem LANUV Klima-Fachbericht (2016)
für NRW verstärkt sich die Variabilität der
16 Der Klimawandel verändert Jahresniederschläge mit einer Verlagerung
Lebensbedingungen der Regensummen in das Winterhalbjahr und
einer signifikanten Zunahme der Starknieder-
Der Einfluss, den der bereits zu beobach- schläge und Trockenperioden. Insbesondere
tende Klimawandel auf Quellbereiche und in den Jahren 2018 und 2019 waren im Un-
Quellbäche ausüben wird, muss als gravierend tersuchungsgebiet extreme, langanhaltende
eingeschätzt werden. Dies betrifft den An- Trockenperioden mit Hitzerekorden zu ver-
stieg der Jahresdurchschnittstemperaturen zeichnen. Die Wasserspeicher füllen sich nicht
und die Veränderungen der Niederschlags- mehr vollständig auf, was sich je nach Höhen-
mengen und ihre jahreszeitliche Verteilung. lage und Einzugsgebiet in verminderter Quell-
Im Zeitraum zwischen 1881 und 2015 ist schüttung und einem Hangabwärtswandern
in Nordrhein-Westfalen bereits eine Erhö- der Quellaustritte bemerkbar machen kann.
hung der Jahresmitteltemperaturen um 1,4 K Weiterhin besteht die Möglichkeit, dass per-
(Kelvin) zu verzeichnen. Von 1891 bis 2015 hat ennierende Quellen zeitweise trocken fallen.
auch die Zahl der heißen Tage mit mehr als Zwar können größere Larven der Gestreiften
30 °C um 3 Tage zugenommen, gleichzeitig Quelljungfer in feuchtem Schlamm eingegra-
verringerte sich die Zahl der Eistage, an denen ben sporadische Trockenzeiten zusammen mit
die Temperatur ganztägig unter 0 °C bleibt, Hungerperioden überstehen (Fränzel 1985 zi-
um 5 Tage (LANUV 2016). tiert nach Sternberg et al. 2000), doch wird dies
Als positive Effekte könnten sich für die nicht für Zukunftsszenarien gelten. Aufgrund
Gestreifte Quelljungfer ein früherer Beginn der negativer Wasserbilanzen drohen potentielle
Fortpflanzungsperiode und eine Verkürzung Lebensräume verloren zu gehen und damit zu
der Entwicklungsdauer durch höhere Was- einer Einschränkung des Habitatangebotes für
sertemperaturen einstellen. Nach Dombrowski C. bidentata im Kreis Lippe zu führen.
(1989 zitiert nach Sternberg et al. 2000) beträgt Die sich abzeichnenden Waldschäden und
bei 12 °C Wassertemperatur die Entwicklungs- der durch den Klimawandel erzwungene
zeit der Embryonen unter Laborbedingungen Waldumbau können für die gefährdete Libel-
Hoffmann: Nachweise der Gestreiften Quelljungfer (Cordulegaster bidentata) im Kreis Lippe 77

lenart Beeinträchtigungen bis hin zu Verlusten Brockhaus T.; Roland, H.-J.; Benken, T.; Conze, K.-J.;
ihrer Lebensräume zur Folge haben. Günther, A.; Leipelt, K. G; Lohr, M.; Martens, A.;
Mauersberger, R.; Ott, J.; Suhling, F.; Weihrauch,
F.; Willigalla, C. (Hrsg.) (2015): Atlas der
17 Schutz Libellen Deutschlands (Odonata). Libellula
Supplement 14: 1–394.
Der Klimawandel wird Quellbereiche nach-
haltig verändern. „Die größte Gefahr besteht Bussmann, M. (2013): Nachweise der Gestreif-
[…] darin, dass aufgrund der negativen Wasser- ten Quelljungfer Cordulegaster bidentata
bilanz perennierende Quellen zeitweise oder Sélys, 1843 (Odonata: Cordulegastridae) in
sogar ganz versiegen. Dies gilt ungeachtet Quellbächen des Unteren Lennetales (Mär-
dessen, dass die Habitate nach § 20 BNatSchG kischer Kreis, NRW). In: Natur und Heimat
bzw. § 62 LG NRW fast ausnahmslos gesetzlich (Hrsg. LWL-Museum für Naturkunde), 73.
geschützt sind. Es sollte daher gezielt ein Jg., Heft 1, 1–10.
Monitoring für diese Art eingerichtet werden
(da die Art weder auf den Anhängen II und IV Dijkstra, K.-D.; Lewington, B. & R. (2014): Libellen
der FFH-RL berücksichtigt ist, noch durch die Europas. Deutschsprachige Ausgabe. Bern.
EU- oder BArtSchVO streng geschützt ist, zählt
sie nicht zu den ‚planungsrelevanten‘ Arten in Engelhardt, W. (1967): Was lebt in Tümpel, Bach
NRW, was ihrer besonderen Bedeutung nicht und Weiher. Stuttgart.
gerecht wird). In den Schutz der Quellen sollte
auch zumindest das unmittelbare Einzugsge- Geologisches Landesamt Nordrhein-Westfalen
biet einbezogen werden“ (Behrens et al. 2009). (1978, 1986, 1990, 1995): Erläuterungen
zu den Geologischen Karten 1:25.000 der
Blätter 3918 Bad Salzuflen, 4019 Detmold,
18 Danksagung 4020 Blomberg, 4119 Horn-Bad Meinberg.
Krefeld.
Herzlichen Dank an Joachim Hoffmann für
die Mithilfe bei der Kartierung, Matthias Hottel Greis-Harnischmacher, W. (2000): Bemerkungen
für Literaturhinweise zu Niederschlagsdaten zum Vorkommen von Cordulegaster biden-
und Mathias Lohr für die Zurverfügungstel- tata in Hagen. In: Schlüpmann, M.; Grüne,
lung von Verbreitungskarten der Gestreiften G. (Red.): Beiträge zur Libellenfauna in
Quelljungfer (NRW und Deutschland). Südwestfalen. Der Sauerländische Natur-
beobachter Nr. 27, 115–120.

19 Literatur Klimaatlas Deutscher Wetterdienst www.dwd.


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Behrens, M.; Fartmann, T.; Hölzel, N. (2009): las_node.html
Auswirkungen von Klimaveränderungen
auf die Biologische Vielfalt: Pilotstudie zu Kratochwil, A.; Schwabe, A. (2001): Ökologie der
den voraussichtlichen Auswirkungen auf Lebensgemeinschaften. Stuttgart.
ausgewählte Tier- und Pflanzenarten. Teil 2.
Hrsg.: Ministerium für Umwelt und Natur- Kuhn, K.; Burbach, K. (1998): Libellen in Bayern.
schutz, Landwirtschaft und Verbraucher- Hrsg. vom Bayrischen Landesamt für
schutz des Landes Nordrhein-Westfalen Umweltschutz und Bund Naturschutz in
(MUNLV NRW). Bayern e. V. Stuttgart.
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tergründe. LANUV-Fachbericht 27. Reck- gestreiften Quelljungfer (Cordulegaster
linghausen. www.lanuv.nrw.de/fileadmin/ bidentata und C. boltonii) im Kreis Höxter
lanuvpubl/3_fachberichte/30027.pdf (Insecta, Odonata, Cordulegastridae). In:
Naturkunde zwischen Egge und Weser,
LANUV (2011): Rote Liste der gefährdeten Heft 22: 3–18.
Pflanzen, Pilze und Tiere in Nordrhein-
Westfalen, 4. Fassung, Band 2 – Tiere. Menke, N.; Göcking, C.; Grönhagen, N.; Joest, R.;
Lohr, M.; Olthoff, M.; Conze, K.-J. (2016):
LANUV (2016): Klimawandel und Klimafolgen Die Libellen Nordrhein-Westfalens. LWL-
in Nordrhein-Westfalen. Ergebnisse aus Museum für Naturkunde, Münster.
den Monitoringprogrammen 2016. LANUV
Fachbericht 74. Recklinghausen. www. Mey, D.; Kunz, B.; Leipelt, K. G. (2015): Cordu-
lanuv.nrw.de/fileadmin/lanuvpubl/3_fach legaster bidentata (Selys 1843). Libellula
berichte/fabe74.pdf Supplement 14: 2014–2017.

LANUV (2017): Daten zur Natur in Nordrhein- Preussisch Geologische Landesanstalt (1917, 1922,
Westfalen 2016. Recklinghausen. 1927): Erläuterungen zur Geologischen Kar-
te von Preußen und benachbarten deut-
LANUV: ELWAS. Fachinformationssystem für schen Ländern 1:25.000 der Blätter 3820
die Wasserwirtschaftsverwaltung in NRW. Rinteln, 3920 Bösingfeld, 4021 Pyrmont,
www.elwasweb.nrw/elwas-web/index.jsf 4121 Schwalenberg. Berlin.

LANUV: Floristische Kartierung in Nordrhein- Schaefer, M. (2010): Brohmer. Fauna von


Westfalen. www.florenkartierung-nrw.de Deutschland. Wiebelsheim.

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Westfalen. artenschutz.naturschutzinforma westfälischen Berglandes. In: Schlüpmann,
tionen.nrw.de/artenschutz/de/arten/gruppe M.; Grüne, G. (Red.): Beiträge zur Libellen-
fauna in Südwestfalen. Der Sauerländische
LANUV: HYGON (Hydrologische Rohdaten Naturbeobachter Nr. 27: 5–44.
Online) luadb.it.nrw.de/LUA/hygon/pegel.
php?karte=nrw_n Schwab, H. (1995): Süßwassertiere. Ein ökologi-
sches Bestimmungsbuch. Stuttgart.
LANUV (letzte Änderung 17.05.2019): Kartier-
anleitungen in Nordrhein-Westfalen. NFKO Stephan, U. (2012): Einfluss der Untersuchungs-
Quellbereiche. methoden.naturschutzinfor methoden auf die Erfassung von Cordule-
mationen.nrw.des/methoden/de/anleitung/ gaster-Larven. In: Mercuriale – Libellen in
NFKO Baden-Württemberg, Bd. 12: 45–52.

LANUV: Klimaatlas NRW, Hrsg.: Landesamt Sternberg, K.; Buchwald, R.; Stephan, U. (2000):
für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Cordulegaster bidentata Sélys, 1843. In:
NRW unter Verwendung von Daten des Sternberg, K.; Buchwald, R. (Hrsg.): Die Libellen
Deutschen Wetterdienstes und des Landes Baden-Württembergs. Band 2: Großlibellen
NRW. www.klimaatlas.nrw.de (Anisoptera), 173–190.
Hoffmann: Nachweise der Gestreiften Quelljungfer (Cordulegaster bidentata) im Kreis Lippe 79

Tamm, J. (2015): Zur Verbreitung und Ökologie


von Cordulegaster bidentata in Nordhessen
mit besonderer Berücksichtigung ihrer
Vorkommen auf Buntsandstein (Odonata:
Cordulegastridae). In: Libellula 34(1/2):
27–58.

Wildermuth, H.; Martens, A. (2014): Taschenlexi-


kon der Libellen Europas. Wiebelsheim.

Anhang

Abb. 17: ergänzte Verbreitungskarte NRW, Fundnachweise 2017–2019 im Kreis Lippe (U. Hoffmann)
Kartengrundlage: Menke et al. (2016)
80 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Abb. 18: ergänzte Verbreitungskarte Deutschland, Fundnachweise 2017–2019 im Kreis Lippe (U. Hoffmann)
Kartengrundlage: Brockhaus et al. (2015)
Hoffmann: Nachweise der Gestreiften Quelljungfer (Cordulegaster bidentata) im Kreis Lippe 81
Berichte Naturwiss. Verein für Bielefeld und Umgegend 57 (2020),, S. 82 – 87

Zum Auftreten der Linden- oder Malvenwanze


Oxycarenus lavaterae (Fabricius, 1787)
(Insecta, Heteroptera, Lygaeidae, Oxycareninae)
in Westfalen
(Mitteilungen zur Insektenfauna Westfalens XXXIII*)

Werner SCHULZE, Bielefeld

Mit 5 Abbildungen

Die Linden- oder Malvenwanze Oxycarenus dern der Balkanhalbinsel vor (Rabitsch 2008).
lavaterae (Fabricius, 1787) aus der Familie der Etwa mit der Jahrtausendwende breitete sich
Bodenwanzen (Lygaeidae) stammt ursprüng- die Art nach Norden aus und erreichte die
lich aus dem westlichen und zentralen Mittel- Slowakei, den Süden Tschechiens, Österreich,
meerraum. Zu Verbreitung und Lebensweise die Nordschweiz, in Deutschland den Ober-
liegt eine umfangreiche Fachliteratur vor. rhein und in Frankreich die normannische Ka-
Diese relativ kleine Art (5–7 mm Körperlän- nalküste (Rabitsch & Adlbauer 2001, Billen 2004,
ge) soll pro Jahr zwei Generationen hervor- Wermelinger et al. 2005, Hoffmann 2005, Kment et
bringen. Die Tiere saugen an den Samen von al. 2006, Wachmann et al. 2007). Aus demselben
Malvengewächsen s. l. (Malvales: Malvaceae, Zeitraum liegen einzelne Fundnachweise aus
Tiliaceae); vor allem in Mitteleuropa ist die hier Brandenburg und Finnland vor (Deckert 2004,
meist genannte Pflanze die Winterlinde (Tilia Rabitsch 2008), dabei dürfte es sich aber um
cordata). Besonders auffällig sind im Herbst eingeschleppte Individuen gehandelt haben.
und im Winter die Massenansammlungen Es fällt auf, dass nach der Besiedlung des
an Linden (Abb. 1, 3). Trotzdem gibt es keine südlichen Mitteleuropas für etwa ein Jahr-
konkreten Hinweise auf Schädigungen der zehnt Nachweise über ein Voranschreiten
besiedelten Bäume, und zum gegenwärtigen der Arealerweiterung ausblieben. Erst ab
Zeitpunkt gibt es auch keinen Grund, diese etwa 2014 erfolgten in relativ schneller Folge
Art als Schädling zu betrachten oder gar ge- neue Beobachtungen vor allem im Bereich
zielt Insektizide gegen sie einzusetzen. der Rheinschiene: Nordbaden und Hessen,
Seit den 80er und vor allem den 90er Jah- Rheinland (2017 Köln) bis ins westliche Ruhr-
ren des vergangenen Jahrhunderts hat Oxyca- gebiet (2018 Gladbeck) und den Südosten der
renus lavaterae sein Areal in östliche Richtung Niederlande (2016 Maastricht) (Hoffmann &
erweitert und kommt jetzt auch in allen Län- Schmitt 2014, Schneider & Dorow 2016, Göttlinger

* XXXII: Mitt. ArbGem. westfäl. Entomol. 35 (Heft 1), 15-18. Bielefeld (2019)
Verfasser:
Werner Schulze, Samlandweg 15a, 33719 Bielefeld; E-Mail: WSchulze@entomon.de
Schulze: Zum Auftreten der Linden- oder Malvenwanze in Westfalen 83

Abb. 1, 2: Ansammlung von Imagines und Nymphen der Lindenwanze O. lavaterae am Stamm und an dickeren Ästen
einer Winterlinde bei der Bültmannshofschule in Bielefeld; aufgrund der Reflexion des Sonnenlichtes erscheinen die
eigentlich durchsichtigen Vorderflügel-Membranen weiß (Fotos: Inge & Werner Schulze)

& Hoffmann 2017, Hoffmann 2020, www.wanzen- Funde in Bayern (zuerst im Bayerischen
im-ruhrgebiet.de/artenprofile/oxycarenidae/ Wald) erfolgten 2016–2018 (Bräu 2019). Die
oxycarenus-lavaterae/, zuletzt aufgerufen am Nähe zu Tschechien und den Süden Ost-
23.1.2020) und aktuell zuletzt bis ins östliche deutschlands lassen hier eine Zuwanderung
Westfalen. von Osten her als wahrscheinlich erscheinen,
In Ostdeutschland ist O. lavaterae jetzt während die Beobachtungen im westlichen
in allen Bundesländern mit Ausnahme von Deutschland eher auf ein Einwandern von
Mecklenburg-Vorpommern nachgewiesen. Süden bzw. Südwesten schließen lassen.
Erste Beobachtungen gab es 2016 in Sach- In der letzten Oktoberwoche des vergan-
sen, vor allem im Jahr 2019 wurde dann eine genen Jahres wurde in Bielefeld an mehreren
massive Ausbreitung der Art festgestellt: Winterlinden neben dem Pausenhof der Bült-
Thüringen, Sachsen-Anhalt (Hanselmann 2016, mannshofschule sowie an der angrenzenden
Göricke 2019). In Potsdam (Brandenburg) Kurt-Schumacher-Straße ein starker Befall
konnte am 27.11.2019 ein starker Befall (ge- mit Larven und Imagines der Lindenwanze
schätzt weit über 10.000 Tiere) im Innenhof festgestellt (Abb. 1, 2). Bis dahin gab es kei-
zwischen dem Ministerium für Wissenschaft, nen Hinweis auf Vorkommen im östlichen
Forschung und Kultur und dem „Haus der Westfalen und in weiter nördlich gelegenen
Natur“ (Lindenstraße) festgestellt werden Regionen in Nordwestdeutschland. Der Autor
(Thomas Schmitt, Werner Schulze). Ebenfalls des vorliegenden Beitrags berichtete bei der
in 2019 wurden weitere Vorkommen vor Mitgliederversammlung der AG westfälischer
allem aus dem südlichen Brandenburg und Entomologen im November 2019 über die bei
Berlin bekannt (Bäse & Deckert, in Vorberei- uns neu aufgetretene Insektenart, spontan
tung für Heteropteron/Köln). konnten weitere Anwesende entsprechende
84 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Abb. 3, 4: Ansammlungen von Lindenwanzen (Friedhof in Bielefeld-Heepen, 26.1.2020) (Fotos: W. Schulze)

Beobachtungen mitteilen, die sie jetzt als der Lindenwanze Oxycarenus lavaterae vor
Art und von ihrer Bedeutung her einordnen (Stand Januar 2020):
konnten. Bielefeld (Bültmannshofschule, Kurt-Schuma-
Die Tiere saßen dicht neben- und auch cher-Straße; Oktober/November, Uwe Will,
übereinander auf einer Gesamtfläche von I. & W. Schulze, Abb. 1 & 2)
mehreren Quadratmetern. Sie waren alle Minden (Hasenkamp, Oktober 2019, Angelika
bei warmem Herbstwetter zur Sonne hin Altemark)
ausgerichtet, bevorzugt an Spalten und rissi- Ennigerloh/Kreis Warendorf (2019, Bernd
gen Bereichen der Borke beginnend in einer Grundmann)
Höhe von etwa 1,5 m bis in die Wipfelregion Bielefeld-Baumheide (Johannisbachaue;
der Bäume. Ende Oktober war der Anteil von November 2019, I. + W. Schulze)
Nymphen an den Wanzenpopulationen Bielefeld (Innenstadt: zwischen Oberntorwall
noch relativ hoch, im November und Januar und Klasingstraße sowie am Luttergrünzug
wurden fast nur noch ausgewachsene Tiere an der Russheide, 2019, Dennis Kriegs)
beobachtet. Auf drei jeweils 1 cm2 großen Bielefeld-Heepen (in großer Anzahl an Linden
Probeflächen wurden am 30.10. alle Tiere im Bereich des Friedhofs; 23./26.1.2020,
(überwiegend Nymphen, die kleinsten etwa W. Schulze, Abb. 3 & 4). Anders als bei den
1 mm im Durchmesser) eingesammelt und Beobachtungen im Herbst saßen die Tiere
gezählt: 26, 31 bzw. 33 Individuen. Hochge- jetzt nicht mehr auf der offenen Fläche
rechnet würde man also bei 2 m2 bedeckter (Abb. 1), sondern fast ausschließlich in den
Stammfläche auf über eine halbe Million Spalten der Rinde, und sie kamen bis an
Individuen kommen. den Stammfuß vor, Abb. 3.
Jetzt liegen aus dem östlichen Westfalen
die folgenden Beobachtungen zum Auftreten
Schulze: Zum Auftreten der Linden- oder Malvenwanze in Westfalen 85

In Mitteleuropa ist die Lindenwanze als


Arealerweiterer aufgetreten, es liegt nahe, eine
kausale Beziehung zum aktuellen Klimawan-
del anzunehmen. Im Einzelfall kann passive
Ausbreitung z. B. mit Gärtnereipflanzen aber
nicht ausgeschlossen werden. Die Art kann
bei uns nicht als Neozoon bezeichnet wer-
den. Die diesbezügliche fachlich ungenaue
Einordnung der Funde in Ostdeutschland
(Göricke 2019) wird vom Autor selbst korrigiert
(Göricke, schriftl. Mitt.). Die Erweiterung des
Areals dieser kleinen Wanzenart geht einher
mit einer enormen Populationsdichte an den
Orten des Auftretens. Aktuell kann das nur
dadurch erklärt werden, dass einheimische
Prädatoren, Parasiten und Parasitoide auf
diese Art noch nicht eingestellt sind und
dass die Gegenspieler im Herkunftsgebiet
im westlichen Mittelmeerraum bisher diese
Arealexpansion nicht begleitet haben. Das
plötzliche Auftreten und das Befallsbild von O.
lavaterae erinnert stark an die Einwanderung
der Wolligen Napfschildlaus (Pulvinaria regalis
Canard, 1968) (Insecta, Homoptera, Coccidae)
(Abb. 5), auch wenn dieses Neozoon ein
Abb. 5: Stamm und breitere Äste dieser Linde sind dicht
erheblich breiteres Wirtspflanzenspektrum besetzt mit der Wolligen Napfschildlaus (Pulvinaria
besitzt (Schmitz 1997). Diese Art tauchte regalis), vgl. Abb. 1; Juni 2009, Hannover-Herrenhausen
erstmals in den 60er Jahren des vergangenen (Foto: W. Schulze)
Jahrhunderts in England und Frankreich auf
und wurde sogar da erst wissenschaftlich be- ebenso wie bei der Wolligen Napfschildlaus
schrieben, ihre Herkunft war unbekannt. Ab erfolgen.
den 80er Jahren breitete sie sich von Westeu- Untersuchungen zur weiteren Ausbreitung
ropa her aus und besiedelte in den folgenden von O. lavaterae werden fortgeführt. Der
zwei Jahrzehnten fast ganz Mitteleuropa, wo Autor bittet alle Naturbeobachter/innen um
ihr massenhaftes Auftreten (Abb. 5) vor allem Hinweise auf Vorkommen dieser Art. Vor allem
in den größeren Städten an Linden (Tilia spec.) soll das Augenmerk auf mögliche Prädatoren
und Kastanien (Aesculus spec.), aber auch vie- (Vögel, andere Insekten, Parasitoide) gerichtet
len anderen Baum- und Straucharten beob- werden.
achtet wurde (Şengonca & Arnold 1999). Nach Für Informationen und Unterstützung
etwa 2010 nahmen die Vorkommen dieser Art danke ich Frau Katharina Strunk vom Um-
sehr schnell ab, sie ist heute in fast ganz Mit- weltamt der Stadt Bielefeld, Herrn Uwe Will
teleuropa verschwunden. Das wird vor allem (Bültmannshofschule in Bielefeld) und den im
mit der Wirkung verschiedener Parasitoide in obigen Text Genannten sowie den Heteropte-
Verbindung gebracht (Arnold & Şengonca 2001, rologen Jürgen Deckert (Berlin), Hans-Jürgen
Arnold et al. 2004). Die weitere Entwicklung Hoffmann (Köln), Peter Schäfer (Telgte) und
der Populationen der Lindenwanze sollte Peter Göricke (Ebendorf/Sachsen-Anhalt) für
beobachtet werden, ein Einbruch kann hier den guten fachlichen Austausch.
86 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Literatur Göricke, P. (2019): Zwei erstmals in Sachsen-


Anhalt festgestellte Wanzenarten (Hete-
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Berichte Naturwiss. Verein für Bielefeld und Umgegend 57 (2020),, S. 88 – 132

Das LIFE-Projekt „Eggemoore“ –


Natur- und Klimaschutz im südlichen Kreis Paderborn

Peter RÜTHER, Delbrück

Mit 17 Abbildungen und 10 Tabellen

Inhalt Seite
1 Einleitung 89
2 Die Eggemoore 89
3 NATURA 2000 und LIFE 91
3.1 Was ist LIFE? 91
3.2 Ablauf und Aufbau von LIFE-Projekten 91
4 Das LIFE-Projekt „Eggemoore“ 92
4.1 Planung 92
4.2 Grunderwerb bzw. langfristige Pacht von Moorflächen 119
4.3 Konkrete Erhaltungsmaßnahmen des LIFE-Projektes 120
4.4 Öffentlichkeitsarbeit 125
4.5 Projektsteuerung 127
4.6 Wie geht es weiter? 127
5 Literatur 128

Verfasser:
Peter Rüther, Biologische Station Kreis Paderborn-Senne, Birkenallee 2, 33129 Delbrück
Rüther: Das LIFE-Projekt „Eggemoore“ – Natur- und Klimaschutz im südlichen Kreis Paderborn 89

1 Einleitung Die Biologische Station Kreis Paderborn


– Senne e. V. mit Sitz in Delbrück als koordinie-
Im Laufe der Besiedlungs- und Nut- render Begünstigter des LIFE-Projektes führte
zungsgeschichte ist kein einziges Moor in das Projekt zusammen mit dem Landesbe-
Mitteleuropa vom Menschen unbeeinflusst trieb Wald und Holz NRW, vertreten durch
geblieben (Poschlod 2015). Das liegt daran, das Regionalforstamt Hochstift, und dem
dass in früheren Jahrhunderten bei denjeni- Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Land-
gen, die sich mit Mooren beschäftigten, die wirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des
Nutzung dieser von Natur aus „unprodukti- Landes Nordrhein-Westfalen, vertreten durch
ven“ Flächen zum Anbau von Lebensmitteln die Bezirksregierung Detmold, durch.
das vorherrschende Thema war. Die großen Grundsätzliches Ziel des Projektes war
Wellen der Moorkultivierungen fanden daher die Wiederherstellung weitest möglich
auch immer nach großen und verheerenden intakter Moore im Eggegebirge sowie deren
Kriegen statt. Heute weiß man, dass in den Vernetzung mit der und Einbindung in die
Moor-Torfen ungeheure Mengen Kohlenstoff umgebende Landschaft. Hierzu mussten be-
gespeichert sind, deren Freisetzung bedeu- stehende Störungen des Moorwasserkörpers
tende Auswirkungen auf das Klima hat. Dem- identifiziert und durch geeignete Maßnahmen
zufolge ist die Renaturierung von Nieder- und nachhaltig beseitigt werden. Begleitende
Hochmooren heute ein vordringliches Ziel landschaftspflegerische Maßnahmen sollten
des Naturschutzes. Auch in der Naturschutz- die vor allem vom Wasserhaushalt bestimmte
Politik und –Förderung der Europäischen Moorentwicklung stützen.
Union nehmen Moore mit ihren besonderen Das Projektgebiet ist Teil des europäischen
Lebensräumen und ihren stark spezialisierten Schutzgebietssystems NATURA 2000. Daher
Pflanzen- und Tierarten eine bedeutende sind die Moore, aber auch die übrigen für die
Rolle ein. Erhaltungsziele der FFH-Gebiete maßgebli-
Im südlichen Eggegebirge befinden sich chen Bestandteile, in einen guten Erhaltungs-
mehrere Moore der FFH-Lebensraumtypen zustand zu entwickeln oder in einem solchen
7120 (Noch renaturierungsfähige degradierte zu sichern.
Hochmoore) und 7140 (Übergangs- und
Schwingrasenmoore) des Anhanges I der FFH-
Richtlinie. Dort leben zahlreiche gefährdete
Pflanzen- und Tierarten. Überdies haben die- 2 Die Eggemoore
se Moore eine wichtige Trittsteinfunktion für
Arten der Feuchtgebiete im Weserbergland. Das Projektgebiet des LIFE-Projektes
Die Moore im Eggegebirge waren vor Beginn „Eggemoore“ lässt sich in drei Teilgebiete
des LIFE-Projektes durch einen gestörten gliedern, die jeweils rd. 1 km voneinander
Wasserhaushalt und teilweise massiven Ge- entfernt liegen. Das sind die Teilgebiete
hölzaufwuchs stark beeinträchtigt. „Eselsbett“, „Schwarzes Bruch“ und „Sauer-
Daher sollten die FFH-Gebiete „Eselsbett bachtal Bülheim“.
und Schwarzes Bruch” sowie „Sauerbachtal Die „Eggemoore“ (damit sind im Folgen-
Bülheim” und hier insbesondere die FFH- den die drei Teilgebiete des LIFE-Projektes
Moorlebensraumtypen mit einem LIFE- gemeint, und nicht alle weiteren Moorberei-
Projekt der EU hin zu einem mindestens guten che in der Egge) liegen etwa 18 km südöstlich
Erhaltungszustand entwickelt werden, indem von Paderborn in der Stadt Lichtenau. Sie
der mooreigene Wasserhaushalt stabilisiert gehören zur Großlandschaft Weserbergland
und unerwünschter Gehölzbewuchs entfernt und sind der naturräumlichen Haupteinheit
werden sollte. „Egge“ zuzuordnen. Dort gehören sie über-
90 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

wiegend zum Landschaftsraum „Egge und gangsbereich zwischen dem maritimen Klima
Eggevorland“, der im äußersten Westen vom in Westeuropa und dem kontinentalen Klima
Landschaftsraum „Paderborner Hochfläche“ in Osteuropa. Das Klima im Projektgebiet ist
abgelöst wird. Das Gebiet wird von dem gemäßigt kontinental mit schwachen subat-
fast vollständig bewaldeten und in Nord- lantischen Einflüssen.
Süd-Richtung verlaufenden Höhenzug des Die Vorflut der „Eggemoore“ ist auf die
Eggegebirges sowie dessen Übergänge in die Sauer ausgerichtet, welche im Sauerbachtal
umgebende Landschaft bestimmt. Während entspringt, zunächst nach Westen fließt, spä-
das „Eselsbett“ von Offenland umgeben ist, ter in nordwestlicher Richtung und nördlich
sind die beiden anderen Teilgebiete in Wald- von Lichtenau in nördliche Richtung fließt. Im
flächen eingebettet. Teilgebiet „Schwarzes Bruch“ entwässert der
Das Geländeniveau im ca. 11 ha großen südliche Teil an dem Gut Bülheim direkt in die
Teilgebiet „Eselsbett“ verläuft entlang der Sauer, der mittlere und nördliche Teil entwäs-
Ostseite auf etwa 327 bis 333 Meter NN und sern über ein nach Norden verlaufendes Gra-
fällt von hier in westlicher Richtung deutlich bensystem in den Odenheimer Bach. Dieser
ab. Am Westrand betragen die Geländehöhen hat seinen Oberlauf im Teilgebiet „Schwarzes
dann nur noch etwa 322 bis 320 Meter NN. Bruch“ in Form einer ausgedehnten, sehr
Das Teilgebiet „Schwarzes Bruch“ befindet flachen Quellmulde, die im Laufe des Quartärs
sich in einer ungefähr in Nord-Süd-Richtung vollständig vermoort ist.
verlaufenden Geländesenke. Im mit ca. 22 ha Das Festgestein ist weiträumig von einer
größeren Südteil ist das Gelände relativ eben nur dünnen Quartär-zeitlichen Lockerge-
ausgebildet mit Geländeniveaus in der Band- steinsdecke (< 2 m) überdeckt; nur in den
breite von etwa 341 bis 342 Meter NN. Im ca. Talbereichen von Sauerbach und Odenheimer
8 ha umfassenden Nordteil steigt das Gelände Bach sowie im weiteren Umfeld vom „Esels-
deutlich nach Südwesten auf bis zu etwa 344 bett“ erreichen sie stärkere Mächtigkeiten
Meter NN an. Die im Teilgebiet „Sauerbachtal als 2 Meter. Bei der Überdeckung handelt es
Bülheim“ gelegenen weiteren fünf kleinen sich um Torf, Auenlehm, Schwemmlehm und
Teilflächen mit Flächengrößen zwischen ca. Fließerde.
0,09 ha und 0,63 ha liegen hier auf Geländeni- Der oberflächennahe Wasserhaushalt der
veaus von etwa 317,5 Meter NN (Westteil) bis Teilgebiete wird wesentlich geprägt durch
etwa 328,5 Meter NN (Ostteil). die geohydraulischen Eigenschaften des Fest-
Die Bodenübersichtskarte für Nordrhein- gesteinskörpers und die weiträumige Erstre-
Westfalen (Maßstab 1:50.000) weist für das ckung der unterirdischen Einzugsgebiete. In
Teilgebiet „Eselsbett“ und dessen Umfeld den drei Teilgebieten stehen Kreide-zeitliche
überwiegend Gleye, Braunerden und Nieder- Sandstein-Komplexe in Form des Gault- und
moorböden auf. Daneben sind Kolluvien und Osning-Sandsteins an. Nach der Hydrogeolo-
Podsol-Braunerden vorhanden. Im Teilgebiet gischen Karte Blatt L4318 Paderborn bilden
„Schwarzes Bruch“ herrscht Niedermoor vor. diese Sandsteine einen zusammenhängenden
Im Nordosten tritt Stagnogley großflächiger Grundwasserleiter. Das Grundwasser bewegt
hinzu. Äußerst randlich findet sich zudem sich hierbei überwiegend in einem gut was-
Braunerde. Die Niederung der Sauer wird von serleitenden Kluftsystem. Das weniger gut
Niedermoorböden bestimmt. Die Hanglagen wasserwegsame Porensystem des Sandsteins
werden von Podsol-Braunerden eingenom- stellt einen guten Speicher dar, welcher sein
men. Wasser quasikontinuierlich abgibt. So ist dann
Nordrhein-Westfalen gehört zur gemäßig- auch in dem grundwasserneubildungsarmen
ten Klimazone Mitteleuropas im Bereich der Sommerhalbjahr an den Quellaustritten die-
Westwindzone und befindet sich im Über- ses hydrogeologischen Systems eine stetige
Rüther: Das LIFE-Projekt „Eggemoore“ – Natur- und Klimaschutz im südlichen Kreis Paderborn 91

Grundwasserexfiltration gegeben. Dies ist ein VS- und der FFH-RL ein zentraler Baustein
begünstigender Faktor für die Standorteigen- gewesen. LIFE ist damit ein wichtiges Instru-
schaften von Extremstandorten wie Mooren. ment zur Umsetzung von NATURA 2000, dem
Die ältesten Festgesteinsschichten stehen zusammenhängenden Netz von Schutzgebie-
im Sauerbachtal rechtsseitig an. Dies sind ten innerhalb der Europäischen Union (EU).
Schichten des Oberen Buntsandstein der Das Land Nordrhein-Westfalen nutzte das
Serien Röt 2 und Röt 3. Aufgebaut werden Förderinstrument LIFE von Anfang an sehr
diese von Ton- und Schluffstein. Aufgrund intensiv und hat potentielle Antragsteller für
ihrer wasserstauenden Eigenschaften tritt das LIFE-Projekte stets professionell begleitet.
in dem auflagernden Osning-Sandstein zirku- Daher wurden bzw. werden bisher 36 LIFE-
lierende Grundwasser hier bevorzugt zu Tage. Naturschutz-Projekte in NRW mit einem Bud-
(Angaben aus K aiser et al. 2016 sowie Meyer & get von mehr als 100 Mio. Euro durchgeführt.
Gries 2016) Aktuell gibt es 13 laufende Projekte, Stand
September 2019.

3 NATURA 2000 und LIFE 3.2 Ablauf und Aufbau von LIFE-Projekten

3.1 Was ist LIFE? Jede neue Phase von LIFE beginnt damit,
dass die EU-Kommission eine Verordnung
Die Buchstabenkombination „LIFE“ steht über die Förderkriterien und die Zuschussre-
als Abkürzung für ein Finanzierungsinstru- gelungen erlässt. Dann werden in einem jähr-
ment der Europäischen Union (L’Instrument lichen Aufruf (sog. calls for proposals) Antrag-
Financier pour l’Environnement). Seine steller aufgefordert, Anträge einzureichen. In
Entstehung beruht auf der Verabschiedung einer Bewertungs- und Beratungsphase wird
der EU-Vogelschutzrichtlinie (VS-RL) im Jahr dann in jedem Jahr darüber entschieden,
1979 sowie der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie welche der eingereichten Anträge gefördert
(FFH-RL) im Jahr 1992. Die auf Grundlage werden. Die Anträge sind sehr umfangreich
dieser beiden EU-Richtlinien benannten bzw. und beinhalten eine vollständige Planung al-
ausgewiesenen Schutzgebiete bilden das eu- ler im Laufe des Projektes durchzuführenden
ropaweite Schutzgebietsnetz NATURA 2000. Maßnahmen, mit entsprechenden Begrün-
Mit der Verabschiedung dieser wichtigen dungen und Finanzplanungen. Seit 2017 gibt
Naturschutzrichtlinien wuchs die Erkenntnis, es ein zweiphasiges Antragsverfahren, d. h.,
dass eine finanzielle Förderung zur Erhaltung dass die Antragsteller zuerst eine Projektskiz-
und Verbesserung der Lebensräume und ze einreichen und erst nach einer positiven
Arten, die in den Richtlinien benannt sind und Bewertung durch die EU einen vollständigen
für die Schutzgebiete ausgewiesen werden Antrag stellen dürfen. LIFE-Projekte verlangen
müssen, unerlässlich ist. So wurde 1992 ein eine nationale Kofinanzierung in gleicher
einheitliches Finanzierungsinstrument für Höhe wie der EU-Anteil, die in NRW in der
Umwelt- und Naturschutzvorhaben auf eu- Vergangenheit in der Regel vom nordrhein-
ropäischer Ebene geschaffen und erhielt die westfälischen Umweltministerium erbracht
einprägsame Abkürzung „LIFE“. wurde. Da das Land NRW LIFE-Projektideen
Bis heute durchlief LIFE verschiedene Pha- vor einer Antragstellung an die EU prüft,
sen mit geänderten Förderschwerpunkten gab und gibt es hier eine zusätzliche landes-
und Verwaltungsabläufen. Von Anfang an interne Projektphase.
bis heute ist aber stets die Förderung von Die Erarbeitung eines Antrages für ein LIFE-
Maßnahmen für Lebensräume und Arten der Projekt ist sehr aufwändig. LIFE-Projekte sind
92 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

in der Regel keine kleinen Projekte, sowohl Die Gesamtkosten für das LIFE-Projekt
in Bezug auf die Maßnahmen und das damit „Eggemoore“ in Höhe von rd. 1,8 Mio. Euro
zusammenhängende Finanzvolumen als werden aufgebracht von der Europäischen
auch in Bezug auf die Laufzeit (in der Regel Union (rd. 50 %), vom Land Nordrhein-
dauern LIFE-Projekte 5 Jahre). Als sehr gro- Westfalen (rd. 30 %) und vom Landesbetrieb
ben Richtwert kann man angeben, dass die Wald und Holz NRW (rd. 20 %). Die Biologische
Antragstellung für ein LIFE-Projekt etwa 2–3 Station verfügt über keine Eigenmittel und
Monate Arbeitszeit erfordert. brachte einen geringen symbolischen Betrag
In den Projektanträgen müssen alle Maß- als Eigenanteil in das Projekt ein.
nahmen aufgeführt sein, die in der Projekt-
laufzeit umgesetzt und für die Mittel der EU
eingesetzt werden sollen. Die Maßnahmen
werden gegliedert in: 4 Das LIFE-Projekt „Eggemoore“
• A-Maßnahmen: Vorbereitende Maßnah-
men, Ausarbeitung von Managementplä- Der Antrag für das LIFE-Projekt „Eggemoo-
nen und / oder Aktionsplänen re“ wurde im September 2012 bei der Euro-
• B-Maßnahmen: Kauf / langfristige Ver- päischen Kommission eingereicht und nach
pachtung von Grundstücken und / oder einer Revisionsphase Anfang 2013 mit Un-
Ausgleichszahlungen für Nutzungsrechte terzeichnung einer Finanzhilfevereinbarung
• C-Maßnahmen: Konkrete Erhaltungsmaß- („Grant Agreement“) für das Projekt „LIFE12
nahmen NAT/DE/000136 Schutz und Entwicklung der
• D-Maßnahmen: Überwachung der Auswir- Moor-Lebensräume im südlichen Eggegebir-
kungen der Projektmaßnahmen (Monito- ge“ im August 2013 bewilligt. Projektbeginn
ring) war der 1. Juli 2013. Das Projekt war ursprüng-
• E-Maßnahmen: Sensibilisierung der Öffent- lich bis zum 30.06.2018 befristet, wurde aber
lichkeit und Verbreitung der Ergebnisse zwischenzeitlich aus verschiedenen Gründen
• F-Maßnahmen: Gesamtprojektdurchfüh- bis zum 31.12.2019 verlängert.
rung und Überwachung des Projektfort-
schritts
4.1 Planung
Einige Maßnahmen des LIFE-Projektes
„Eggemoore“ wurden von den drei Projektbe- Wie in jedem großen und komplexen
günstigten selbst durchgeführt, mit anderen Naturschutzvorhaben bildete auch im
Maßnahmen wurden externe Firmen beauf- LIFE-Projekt „Eggemoore“ eine detaillierte
tragt. Fachplanung die Grundlage für die Umset-
Die finanziellen Mittel, die zur Umsetzung zung konkreter Erhaltungsmaßnahmen in
eines LIFE-Projektes bewilligt werden, müssen den Schutzgebieten. Mit der Erstellung eines
in einem Finanzplan auf die o.g. Maßnahmen- Schutz- und Entwicklungskonzeptes wurde
typen und auf bestimmte Kostengruppen die Arbeitsgruppe Land und Wasser (ALW)
aufgegliedert werden, z. B.: aus Beedenbostel beauftragt. Teil 1 des Kon-
• Personalkosten zeptes ist ein hydrogeologischer Fachbeitrag,
• Reisekosten der von dem Ingenieurbüro Heidt + Peters aus
• Kosten für externe Unterstützung Celle bearbeitet wurde. Teil 2 des Konzeptes,
• Landkauf und Landpacht der Management- und Biotopverbundplan,
• Verbrauchsgüter wurde von ALW unter Beteiligung lokaler
• Andere Kosten Experten bearbeitet.
Rüther: Das LIFE-Projekt „Eggemoore“ – Natur- und Klimaschutz im südlichen Kreis Paderborn 93

Der hydrogeologische Fachbeitrag enthält waren und in das Messprogramm aufgenom-


Untersuchungen zum hydrogeologischen men wurden. Um das Abflussgeschehen im
Aufbau sowie zum Systemzustand in Hinblick Jahresgang zu erfassen, wurden in dem Vor-
auf Torfkörper, Grundwasser-Verhältnisse flutersystem insgesamt fünf Thomson-Über-
und Wasserhaushalt. Weiterhin sind auf der fallwehre und ein Lattenpegel eingerichtet
Grundlage von amtlichen Höhendaten und (Abb.1–3). Die Thomson-Überfallwehre wur-
Vermessungsarbeiten zu den Teilgebieten den mit Datenlogger ausgestattet. Weiterhin
Geländemodelle ausgearbeitet worden. Auf wurden Moorsondierungen durchgeführt, um
dieser Datenbasis wurde ein wasserwirtschaft- anhand von Moorsondierprofilen Torfkörper-
liches Maßnahmenkonzept ausgearbeitet. Mächtigkeiten zu ermitteln (Abb. 4).
Mit den Informationen aus dem hydro- In den Teilgebieten „Eselsbett“ und
geologischen Fachbeitrag, aus der Biotopkar- „Schwarzes Bruch“ wurde in der Vergan-
tierung und aus den vegetationskundlichen, genheit in unterschiedlichem Umfang Torf
floristischen und faunistischen Datenzusam- abgebaut. Das Stichrelief ist u. a. durch den
menstellungen und Erfassungen wurde die Torfschwund entlang der Abfuhrdämme
Zielkonzeption erstellt. Die letzten Planungs- heute nicht mehr ausgeprägt. In beiden Teil-
schritte waren dann eine konkrete Maßnah- gebieten sind nur die randlichen Bereiche von
menplanung und die Ausarbeitung eines der Abtorfung verschont geblieben. In den
Monitoringkonzeptes. fünf Teilflächen im „Sauerbachtal Bülheim“
hat in der Vergangenheit offensichtlich kein
Torfabbau stattgefunden.
4.1.1 Hydrogeologischer Fachbeitrag

In den Teilgebieten „Eselsbett“ und


„Schwarzes Bruch“ wurde die Aufnahme der
Geländehöhen als flächenhafte Vermessung
durchgeführt. Für die Erstellung der Gelände-
modelle wurden die Detailvermessungsdaten
mit Höhendaten aus dem amtlichen Höhen-
modell DGM1 ergänzt. Bei den fünf kleinen
Flächen im Teilgebiet „Sauerbachtal Bülheim“
wurden jeweils Profilschnitte in Längs- und
Querrichtung aufgenommen.
Abb. 1: Thomson-Überfallwehr am Odenheimer Bach
Für die Erkundung des Wasserhaushaltes (Foto: Peter Rüther)
und der Grundwasserverhältnisse wurde ein
Messnetz zur Erfassung der Oberflächen- und
Grundwasserverhältnisse sowie des Klimas
eingerichtet. Im Torfkörper wurden insgesamt
25 Grundwassermessstellen mit einem Peil-
rohr eingerichtet und jeweils mit Datenlogger
zur quasikontinuierlichen Erfassung der
Grundwasserstände ausgestattet. In unmittel-
barer Nähe des Teilgebietes „Eselsbett“ hatte
die Stadt Lichtenau bereits im Rahmen einer
ehemaligen Grundwassernutzung insgesamt
acht Grundwassermessstellen im Festgestein Abb. 2: Auslesen eines Data-Loggers für das Monitoring-
eingerichtet, von denen sieben noch intakt Programm (Foto: Peter Rüther)
94 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Abb. 3: Grundwasserstand von Messstellen im Teilgebiet „Schwarzes Bruch“ mit ungestörtem (3a) und gestörtem (3b)
Wasserhaushalt (aus Meyer et al. 2016)
Rüther: Das LIFE-Projekt „Eggemoore“ – Natur- und Klimaschutz im südlichen Kreis Paderborn 95

Abb. 4: Torfkörper im Teilgebiet „Eselsbett“ (aus Meyer et al. 2016)


96 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Die obersten 0,10 bis 0,20 m des Torfkör- 4.1.2 Management- und Biotop-
pers bestehen in der Regel aus einer Weiß- verbundplan
torfauflage. Torfbildend sind Sphagnen der
Cuspidata-Gruppe. Es sind nährstoff-tolerie- Der zweite Baustein des Schutz- und
rende Arten, welche Schlenken-bildend sind Entwicklungskonzeptes ist der Manage-
und in Übergangsmooren und zum Teil auch ment- und Biotopverbundplan, der folgende
in Niedermooren Verbreitung finden. Darun- Anforderungen erfüllen soll (s. z. B. Bernotat et
ter lagert eine stark bis sehr stark zersetzte al. 2002, K aiser 2003):
Schwarztorfauflage. Die Torfe sind genetisch • Problemorientiertheit („so viel wie nötig
als Hang- und Quelltorfe einzustufen. Auch und so wenig wie möglich“)
auf ungestörten Standorten sind diese Torfe • Überschaubarkeit (die Stofffülle so aufberei-
hier meist stark zersetzt. Eine Ursache hierfür ten, dass Informationen einfach und schnell
kann der vergleichsweise hohe Sauerstoffge- auffindbar sind)
halt in zutretendem Quell- und Hangwasser • Nachvollziehbarkeit (Aussagen, Zielszena-
sein. rien und Entwicklungsziele folgerichtig in
Im Liegenden der Moorgebiete steht in einer Kausalkette aufbauen)
der Regel ein nur gering wasserdurchlässiges • Kontrollierbarkeit (Möglichkeiten bieten, die
Sediment in Form von Schluff, Fließerde oder Effizienz von Maßnahmen mit vertretbarem
stark verwittertem Festgestein an. Diese Aufwand zu prüfen)
grundwasserstauende Basis in Verbindung
mit oberflächennahen Hang- und Quellwas- Arbeitsschritte einer solchen Fachplanung
serzutritten sorgt für einen ganzjährig relativ sind eine Bestandsaufnahme, eine Bestands-
ausgeglichenen Wasserhaushalt. analyse (erste Aus- und Bewertungen), die
Definitionsgemäß ist Moor ab einer Torf- Ableitung von Zielvorstellungen, ein Soll-Ist-
mächtigkeit von 0,30 Meter gegeben. Auf Vergleich (Abweichung des realen Zustands
dem 11,6 ha großen Teilgebiet „Eselsbett“ ist vom Soll-Zustand), eine Ursachenanalyse
auf 7,0 ha Moor ausgebildet; im zentralen Teil sowie die Beschreibung konkreter Pflege- und
sind Torfmächtigkeiten von > 1 Meter gege- Entwicklungsmaßnahmen zur Erreichung des
ben, das Maximum beträgt hier 2,09 Meter. Soll-Zustandes (vgl. auch K aiser 1999).
Im Mittel hat der Torf im Eselsbett-Moor eine Zur Bestandsaufnahme gehören eine
Mächtigkeit von 0,75 Meter. Im „Schwarzes Beschreibung des Untersuchungsgebietes, die
Bruch“ ist auf der nördlichen und etwa 8,4 ha Ermittlung der aktuellen sozioökonomischen
großen Teilfläche der Moorkörper nur auf etwa Rahmenbedingungen, eine Analyse der Land-
0,54 ha ausgebildet; die mittlere Torfmächtig- schaftsgeschichte und Landschaftsentwick-
keit beträgt 0,37 Meter, die größte Torfmäch- lung, eine Beschreibung der aktuellen Nutzung
tigkeit wurde mit 0,69 Meter festgestellt. Auf und der bisher durchgeführten Maßnahmen
der südlichen Teilfläche, das eine Größe von des Naturschutzes sowie eine Zusammenstel-
22,3 ha hat, ist auf 14,3 ha Moor ausgebildet; lung von Daten zur biotischen Ausstattung. Die
die maximale Torfmächtigkeit beträgt 1,04 biotische Ausstattung des Projektgebietes soll
Meter und im Mittel sind es 0,59 Meter. Die im Folgenden näher betrachtet werden.
Torfmächtigkeiten im „Sauerbachtal Bülheim“
betragen bis zu 1,52 m, die mittlere Torfmäch-
tigkeit liegt zwischen 0,40 und 0,74 Meter. 4.1.2.1 Biotop- und Lebensraumtypen
(Angaben aus Meyer et al. 2016)
In Nordrhein-Westfalen erfolgen flächen-
deckende Erfassungen von Biotoptypen in
der Regel nach den Vorgaben des LANUV
Rüther: Das LIFE-Projekt „Eggemoore“ – Natur- und Klimaschutz im südlichen Kreis Paderborn 97

(LANUV 2015a) – so auch in diesem Fall. Zum Projektgebietes zu bekommen, wurden 15


Erfassungsstandard gehört heutzutage auch Vegetationsaufnahmen nach der Methode
eine gleichzeitige Ansprache der Lebens- von Braun-Blanquet (1964) und unter Berück-
raumtypen nach Anhang I der FFH-Richtlinie sichtigung der Methodenstandards von K aiser
(ganz besonders bei EU-finanzierten Projek- et al. (2002) angefertigt. Die Vegetationsauf-
ten). Im selben Erfassungsdurchgang werden nahmen konnten den in Tab. 2 aufgeführten
auch Daten zu bemerkenswerten Farn- und Pflanzengesellschaften zugeordnet werden.
Blütenpflanzen aufgenommen (s. 4.1.2.2). Für die Herleitung und für die genaue Ver-
Tab.1 zeigt die Ausstattung der beiden FFH- ortung der konkreten Erhaltungsmaßnahmen
Gebiete mit Lebensraumtypen des Anhangs I wurde eine Artenliste der Farn- und Blüten-
der FFH-Richtlinie nach eigenen Erhebungen pflanzen erstellt. Grundlagen dafür waren die
des Planungsbüros aus dem Jahr 2014. Dem- Vegetationsaufnahmen, eine Wuchsortkartie-
nach wird rd. ein Viertel der Fläche der beiden rung (mit Ermittlung der Bestandesgrößen)
FFH-Gebiete von Lebensraumtypen des von Pflanzenarten der Roten Liste aus dem
Anhangs I der FFH-Richtlinie eingenommen. Jahr 2014 sowie die vorhandenen Daten Drit-
ter (z. B. der Biologischen Station).
Nach den Untersuchungsergebnissen und
4.1.2.2 Flora und Vegetation nach Auswertung der vorliegenden Literatur
liegen für das gesamte Untersuchungsgebiet
Um einen Überblick über die Pflanzen- Nachweise für 104 Sippen der Roten Liste
gesellschaften der Maßnahmenflächen des Nordrhein-Westfalens einschließlich Vor-

FFH-Lebensraumtyp Kürzel FFH-Gebiet „Eselsbett FFH-Gebiet „Sauer-


und Schwarzes Bruch“ bachtal Bülheim“
Fläche Anteil Fläche Anteil
[ha] [%] [ha] [%]
Natürliche eutrophe Seen und Altarme 3150 --- --- --- ---
Dystrophe Seen 3160 --- --- --- ---
Flüsse mit Unterwasser-Vegetation 3260 0,14 0,11 0,61 1,25
Borstgrasrasen im Mittelgebirge * 6230 6,91 5,42 --- ---
Pfeifengraswiesen auf kalkreichem 6410 0,01 0,01 --- ---
Boden, torfigen und tonig-schluffigen
Böden (Molinion caeruleae)
Feuchte Hochstaudenfluren 6430 --- --- --- ---
Noch renaturierungsfähige degradierte 7120 19,69 15,46 --- ---
Hochmoore
Übergangs- und Schwingrasenmoore 7140 2,30 1,81 1,07 2,19
Hainsimsen-Buchenwald 9110 0,18 0,14 0,46 0,94
(Luzulo-Fagetum)
Moorwälder * 91D0 --- --- 0,20 0,41
Erlen-Eschen- und Weichholz- 91E0 --- --- 11,66 23,91
Auenwälder *
Summe --- 29,23 22,95 14,00 28,70
Tab.1: Lebensraumtypenausstattung in den FFH-Gebieten „Eselsbett und Schwarzes Bruch“ (DE-4319-301)
sowie „Sauerbachtal Bülheim“ (DE-4319-302) nach K aiser et al. (2016) im Jahr 2014.
* = prioritäre Lebensraumtypen
98 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

warnliste und sonstige bemerkenswerte Vor- serpyllifolia), Gewöhnlichem Kreuzblümchen


kommen vor. Allerdings ist dabei zu beachten, (Polygala vulgaris), Kümmel-Silge (Selinum
dass für insgesamt 39 Sippen der in Tab. 3 carvifolia) und Teufelsabbiss (Succisa pratensis)
aufgeführten Vorkommen aktuell lediglich festgestellt.
nicht bestätigte ältere Nachweise vorliegen. In den Moorbiotopen sind vor allem die
Für die in der nordrhein-westfälischen Vorkommen von Rauschbeere (Vaccinium
Roten Liste verzeichneten Sippen bestehen uliginosum) und Moosbeere (Vaccinium
Funde für 66 Sippen. Keine der in Tab. 3 aufge- oxycoccos) sowie von Rundblättrigem Son-
führten Sippen wird in den entsprechenden nentau (Drosera rotundifolia), Glocken-Heide
Roten Listen der Mitgliedsstaaten der Europä- (Erica tetralix), Scheiden-Wollgras (Eriophorum
ischen Union als gefährdet geführt. vaginatum), Schmalblättrigem Wollgras (Erio-
Die höchste Dichte an Sippen der Roten phorum angustifolium) und Schnabel-Segge
Liste wurde im Bereich der Borstgrasrasen (Carex rostrata) erwähnenswert. Auf anmoo-
unter anderem mit Arnika (Arnica montana), rigen Standorten im Ostteil des Teilgebietes
Hirse-Segge (Carex panicea), Borstgras „Eselsbett“ wachsen große Bestände des
(Nardus stricta), Wald-Läusekraut (Pedicularis Sumpfblutauges (Comarum palustre) und
sylvatica), Quendel-Kreuzblümchen (Polygala auch der Fieberklee (Menyanthes trifoliata)

Deutscher Name Wissenschaftlicher Charakteristische Pflanzenarten


Name (Kenn- und Trennarten)
Pfeifengras-Bultenstadium Ericetum tetralicis Glockenheide – Erica tetralix
der Glockenheide-
Gesellschaft
Hochmoorbult-Gesellschaft Erico-Sphagnetum Gewöhnliche Moosbeere – Vaccinium oxycoccos
magellanici Magellan-Torfmoos – Sphagnum magellanicum
Warziges Torfmoos – Sphagnum papillosum
Rötliches Torfmoos – Sphagnum rubellum
Hochmoor-Schlitzkelchmoos – Odontoschisma
sphagni
Scheiden-Wollgras- Eriophorum vaginatum- Scheiden-Wollgras – Eriophorum vaginatum
Gesellschaft Sphagnum fallax- Trügerisches Torfmoos – Sphagnum fallax
Gesellschaft
Torfmoos-Wollgras- Sphagnum cuspidatum- Schmalblättriges Wollgras – Eriophorum
Gesellschaft Eriophorum angustifoli- angustifolium
um-Gesellschaft Trügerisches Torfmoos – Sphagnum fallax
Schnabelseggen-Ried Caricetum rostratae Schnabel-Segge – Carex rostrata
Sumpf-Blutauge – Comarum palustre
Fieberklee – Menyanthes trifoliata
Braunseggensumpf Caricetum nigrae Hunds-Straußgras – Agrostis canina
Braune Segge – Carex nigra
Sumpf-Labkraut – Galium palustre
Spitzblütige Binse – Juncus acutiflorus
Gewöhnlicher Gilbweiderich – Lysimachia
vulgaris
Sumpf-Veilchen – Viola palustris
Tab.2: Pflanzengesellschaften der Eggemoore mit ihren charakteristischen Arten (syntaxonomische Einordnung und
Nomenklatur nach Verbücheln et al. 1995, Pflanzennamen nach Raabe et al. 2011)
Rüther: Das LIFE-Projekt „Eggemoore“ – Natur- und Klimaschutz im südlichen Kreis Paderborn 99

und das Sumpf-Weidenröschen (Epilobium


palustre) treten hier auf.
Auffällig ist, dass im Untersuchungsgebiet
gleich mehrfach offensichtlich angesalbte
Pflanzenarten wachsen. So wurde auf dem
Borstgrasrasen am Westrand des Teilgebietes
„Schwarzes Bruch“ die in Nordrhein-Westfalen
nicht heimische Silberdistel (Carlina acaulis)
festgestellt. Im „Eselsbett“ wächst der aus den
Alpen stammende Weiße Germer (Veratrum
album). An einem künstlich gedichteten Teich
südlich des „Eselsbett“ wurden offensichtlich
Seekanne (Nymphoides peltata) und Fieber-
klee (Menyanthes trifoliata) angesalbt. Der Abb. 5: Fieberklee (Menyanthes trifoliata)
Fieberklee kommt im „Eselsbett“ aber auch (Foto: Peter Rüther)
natürlich vor.

Sippe Gefährdung Nachweis Bem.


RL RL RL ESE SCH SAU
D NRW WEBL
Sumpf-Schafgarbe (Achillea ptarmica) V V * A, C, D
Hunds-Straußgras (Agrostis canina) * V * A, C, D --- ---
Sand-Straußgras (Agrostis vinealis) * V * D --- A, C !
Kahler Frauenmantel (Alchemilla glabra) * * 3 A, D --- ---
Gelbgrüner Frauenmantel V * 3 D --- --- !
(Alchemilla xanthochlora)
Rosmarinheide (Andromeda polifolia) 3 2S 1 D --- --- !
Acker-Hundskamille (Anthemis arvensis) * 3 3 D --- --- !
Arnika (Arnica montana) 3 3S 1 A, C, D --- ---
Nickender Zweizahn (Bidens cernua) * 3 3 C, D --- --- !
Tab. 3 (Fortsetzung auf den nächsten Seiten): Übersicht über bemerkenswerte Sippen im Untersuchungsgebiet
mit Angaben zur Gefährdung und zum Schutzstatus sowie zum Vorkommen (die Nomenklatur folgt Raabe et al. 2011)
(Tab. aus K aiser et al. 2016)
Gefährdung: Rote Liste für Nordrhein-Westfalen und das Weserbergland (RL NRW, RL WEBL) nach Raabe et al. (2011) und für Deutschland
(RL D) nach Korneck et al. (1996): 0 = ausgestorben oder verschollen, 1 = vom Aussterben bedroht, 2 = stark gefährdet, 3 = gefährdet, R=
durch extreme Seltenheit (potenziell) gefährdet, G = Gefährdung unbekannten Ausmaßes, V = Vorwarnliste, D = Daten unzureichend,
* = ungefährdet, S = dank Schutzmaßnahmen gleich, geringer oder nicht mehr gefährdet (als Zusatz zu V, 3, 2,1 oder R), – = nicht
nachgewiesen.
FFH: Arten der Anhänge II, IV oder V der FFH-Richtlinie, - = keine Art der Anhänge.
Erhaltungszustand (EHZ) in Nordrhein-Westfalen (NRW) und Deutschland (D), kontinentale Region (LANUV 2015b, BfN 2015a):
U = unzureichend
Bemerkung (Bem.): ! = Arten, für die im Jahr 2014 kein aktueller Nachweis erbracht werden konnte
Nachweis: A = aktueller Nachweis im Rahmen der Biotoptypenkartierung beziehungsweise Vegetationsaufnahmen 2014
B = Kartierungen der Biologischen Station im Rahmen des LIFE+-Projektes Eggemoore aus den Jahren 2014 und 2015
C = landesweite Biotopkartierung (schutzwürdige Biotope in Nordrhein-Westfalen, Stand Juli 2014) laut LANUV (2015d)
D = Nachweise aus den Jahren 1940 bis 2003 nach Ahnfeldt (1996, 1997, 1998a, 1998b, 1999, 2000, 2001, 2002, 2004), Finke (2009),
Lippert (1996)
--- = kein Nachweis
ESE = Teilgebiet „Eselsbett“ // SCH = Teilgebiet „Schwarzes Bruch“ // SAU = Teilgebiet „Sauerbachtal Bülheim“
100 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Sippe Gefährdung Nachweis Bem.


RL RL RL ESE SCH SAU
D NRW WEBL
Schlangen-Wiesenknöterich V * * A, C, D --- ---
(Bistorta officinalis)
Gewöhnliches Zittergras (Briza media) V 3S 3S D --- --- !
Acker-Trespe (Bromus arvensis ssp. arvensis) 3 2 2 D --- --- !
Traubige Trespe (Bromus racemosus) 3 3S 3S D --- --- !
Sumpfdotterblume (Caltha palustris) V V * A, C, D --- ---
Graue Segge (Carex canescens) V * 3 C, D --- D
Frühlings-Segge (Carex caryophyllea) V 3 3 D --- --- !
Aufsteigende Gelb-Segge (Carex demissa) V V * A, C, D --- ---
Entferntährige Segge (Carex distans) 3 2S 1 D --- --- !
Stern-Segge (Carex echinata) * 3 3 B, C, D --- A, C, D
Steife Segge (Carex elata ssp. elata) * 3 2 D --- D !
Langährige Segge (Carex elongata) * 3 2 --- --- A, C, D
Gelb-Segge (Carex flava) * 2 1 D --- D
Braune Segge (Carex nigra) * V * A, C, D --- A, C
Hirse-Segge (Carex panicea) V 3S 3 A, C, D --- D
Rispen-Segge (Carex paniculata) V * 3 C, D --- B, C, D
Schnabel-Segge (Carex rostrata) V * 3 A, C, D --- C, D
Blasen-Segge (Carex vesicaria) V 3 3 C --- D !
Silberdistel (Carlina acaulis)1
* – – --- --- ---
Wiesen-Kümmel (Carum carvi) V * * D --- --- !
Wiesen-Flockenblume (Centaurea jacea) * * * A, D A ---
Acker-Hornkraut * V * D --- --- !
(Cerastium arvense ssp. arvense)
Wechselblättriges Milzkraut * * * --- --- A, C, D
(Chrysosplenium alternifolium)
Gegenblättriges Milzkraut * * * --- --- A, C, D
(Chrysosplenium oppositifolium)
Wasserschierling (Cicuta virosa) 3 2 0 --- --- D !
Sumpf-Blutauge (Comarum palustre) V 3 2 A, C, D --- B, D
Großkelchiger Weißdorn * G G D --- --- !
(Crataegus rhipidophylla)
Sumpf-Pippau (Crepis paludosa) * * * --- --- A, C
Weide-Kammgras (Cynosurus cristatus) * V * A, C, D --- ---
Breitblättriges Knabenkraut 3 3S 2 B, D --- ---
(Dactylorhiza majalis)
Gewöhnlicher Rasen-Dreizahn (Danthonia * 3 2 B, D B ---
decumbens ssp. decumbens)

Tab. 3 (Fortsetzung): Übersicht über bemerkenswerte Sippen im Untersuchungsgebiet mit Angaben zur Gefährdung
und zum Schutzstatus sowie zum Vorkommen
) Es handelt sich offensichtlich um eine Ansalbung und nicht um ein natürliches Vorkommen.
1
Rüther: Das LIFE-Projekt „Eggemoore“ – Natur- und Klimaschutz im südlichen Kreis Paderborn 101

Sippe Gefährdung Nachweis Bem.


RL RL RL ESE SCH SAU
D NRW WEBL
Rundblättriger Sonnentau 3 3S 2S B, C, D B ---
(Drosera rotundifolia)
Kammfarn (Dryopteris cristata) 3 2 1 D --- --- !
Kleinfrüchtige Sumpfbinse * G D C, D --- --- !
(Eleocharis palustris)
Sumpf-Weidenröschen (Epilobium palustre) * 3 3 C, D --- ---
Wald-Schachtelhalm (Equisetum sylvaticum) * * * --- A ---
Glocken-Heide (Erica tetralix) V *S 2 A, C, D A, C A, D
Schmalblättriges Wollgras * 3 2 A A, C B, D
(Eriophorum angustifolium)
Scheiden-Wollgras (Eriophorum vaginatum) V 3S 3S A, C, D A, C B, C, D
Haar-Schwingel (Festuca filiformis) * V * D --- --- !
Moor-Labkraut (Galium uliginosum) * V * D --- --- !
Echtes Labkraut (Galium verum) * V * D --- --- !
Lungen-Enzian (Gentiana pneumonanthe) 3 2S 0 D --- D !
Bach-Nelkenwurz (Geum rivale) * 3 2 D --- --- !
Doldiges Habichtskraut * 3 3 D --- --- !
(Hieracium umbellatum ssp. umbellatum)
Gewöhnlicher Wassernabel * * 3 B, C, D --- ---
(Hydrocotyle vulgaris)
Niederliegendes Johanniskraut V * 3 --- A ---
(Hypericum humifusum)
Geflügeltes Johanniskraut V * * A, D A ---
(Hypericum tetrapterum)
Borsten-Moorbinse (Isolepis setacea) V V * D --- --- !
Sparrige Binse (Juncus squarrosus) V 3S 3S A, C, D B A
Gewöhnlicher Wacholder V 3 3 D --- --- !
(Juniperus communis ssp. communis)
Gewöhnliche Wucherblume * V * D --- ---
(Leucanthemum vulgare agg.)
Purgier-Lein (Linum catharticum) * * * --- A ---
Gewöhnlicher Hornklee (Lotus corniculatus) * V * A, C, D --- ---
Feld-Hainsimse (Luzula campestris) V * * B, C, D C ---
Kuckucks-Lichtnelke (Lychnis flos-cuculi) V V * A, C, D --- C
Gewöhnlicher Sumpfbärlapp 3 3S 0 --- --- D !
(Lycopodiella inundata)
Hain-Gilbweiderich (Lysimachia nemorum) * * * --- --- C
Fieberklee (Menyanthes trifoliata) 3 3 2 A, C, D --- ---
Veränderliches Bach-Quellkraut V 3 3 D --- --- !
(Montia fontana ssp. amporitana)
Tab. 3 (Fortsetzung): Übersicht über bemerkenswerte Sippen im Untersuchungsgebiet mit Angaben zur Gefährdung
und zum Schutzstatus sowie zum Vorkommen
102 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Sippe Gefährdung Nachweis Bem.


RL RL RL ESE SCH SAU
D NRW WEBL
Borstgras (Nardus stricta) V 3 3 A, B, A, C A, D
C, D
Seekanne (Nymphoides peltata)2 3 2 – A --- ---
Dornige Hauhechel (Ononis spinosa) * * 3 D --- --- !
Sumpf-Läusekraut 2 1 0 D --- --- !
(Pedicularis palustris ssp. palustris)
Wald-Läusekraut (Pedicularis sylvatica) 3 3S 2S B, C, D B D
Sumpfquendel (Peplis portula) * * 2 A, C, D A ---
Blaue Himmelsleiter (Polemonium caeruleum) 3 2 – D --- --- !
Quendel-Kreuzblümchen 3 3 2 B, D B ---
(Polygala serpyllifolia)
Gewöhnliches Kreuzblümchen V 3 3 A, D --- ---
(Polygala vulgaris ssp. vulgaris)
Berchtolds Laichkraut V * 3 D --- --- !
(Potamogeton berchtoldii)
Aufrechtes Fingerkraut (Potentilla erecta) * V * A, B, A, C A, C
C, D
Hohe Schlüsselblume (Primula elatior) V * * --- --- A, C
Gold-Hahnenfuß * V * D --- --- !
(Ranunculus auricomus agg.)
Brennender Hahnenfuß * V * B, C, D --- ---
(Ranunculus flammula)
Flutender Wasserhahnenfuß V 3 3 D --- --- !
(Ranunculus fluitans)
Kleiner Klappertopf (Rhinanthus minor) V 3S 3 D --- --- !
Kriechende Weide (Salix repens ssp. repens) V 3 2 D B ---
Großer Wiesenknopf (Sanguisorba officinalis) V * 3 D --- A
Kümmel-Silge (Selinum carvifolia) V 3 3S --- A ---
Sumpf-Sternmiere (Stellaria palustris) 3 3 2 D --- --- !
Teufelsabbiss (Succisa pratensis) V 3 2 A, C, D --- ---
Arznei-Thymian * * * --- A, C ---
(Thymus pulegioides ssp. pulegioides)
Deutsche Rasenbinse 3 3S 2S D B ---
(Trichophorum germanicum)
Siebenstern (Trientalis europaea) * * 3 A, D --- A, C
Erdbeer-Klee (Trifolium fragiferum) V 3 2 --- --- D !
Mittlerer Klee (Trifolium medium) * * * --- --- A
Sumpf-Dreizack (Triglochin palustris) 3 2 2 D --- --- !
Kahle Gänsekresse (Turritis glabra) * 3 2 D --- --- !

Tab. 3 (Fortsetzung): Übersicht über bemerkenswerte Sippen im Untersuchungsgebiet mit Angaben zur Gefährdung
und zum Schutzstatus sowie zum Vorkommen
) Es handelt sich offensichtlich um eine Ansalbung und nicht um ein natürliches Vorkommen.
2
Rüther: Das LIFE-Projekt „Eggemoore“ – Natur- und Klimaschutz im südlichen Kreis Paderborn 103

Sippe Gefährdung Nachweis Bem.


RL RL RL ESE SCH SAU
D NRW WEBL
Gewöhnliche Moosbeere 3 3S 2 A, C, D B A, D
(Vaccinium oxycoccos)
Rauschbeere (Vaccinium uliginosum) V 2 2 A, D B ---
Preiselbeere (Vaccinium vitis-idaea) * 3 2 D B ---
Kleiner Baldrian (Valeriana dioica) V * 3 C, D --- A, C, D
Weißer Germer (Veratrum album)3 * – – A, D --- ---
Schild-Ehrenpreis (Veronica scutellata) * 3 3 A, C, D --- ---
Sumpf-Veilchen (Viola palustris) V 3 3 A, B, A, C A, C, D
C, D
Tab. 3 (Fortsetzung): Übersicht über bemerkenswerte Sippen im Untersuchungsgebiet mit Angaben zur Gefährdung
und zum Schutzstatus sowie zum Vorkommen
) Es handelt sich offensichtlich um eine gärtnerische Anpflanzung und nicht um ein natürliches Vorkommen.
3

Die für die Vegetationsaufnahmen ange- zehn Torfmoose), darunter 17 Arten der Roten
legten Dauerflächen wurden im Jahr 2014 Liste; die gefundene Art der Gattung Pellia
von Dr. Carsten Schmidt (Münster) auch muss noch durch weiteres Material verifiziert
nach den darin vorkommenden Moosarten werden. Außerhalb der Dauerflächen wurden
abgesucht. Insgesamt konnten 53 Moosarten weitere 22 Moosarten der Roten Liste gefun-
auf den Dauerflächen nachgewiesen werden den, so dass im Projektgebiet insgesamt 39
(13 Lebermoose und 40 Laubmoose, darunter Moosarten der Roten Liste vorkommen (Tab. 4).

Taxon Gefährdung Nachweis


RL RL RL ESE SCH SAU
D NRW WEBL
Haarblatt-Torfmoor (Sphagnum capillifolium) V 3 3 --- --- +
Dichtes Torfmoos (Sphagnum compactum) 3 2 1 --- + ---
Gedrehtes Torfmoos (Sphganum contortum) 2 – 1 --- --- +
Verbogenes Torfmoos (Sphagnum flexuosum) V * 3 + --- ---
Magellan-Torfmoos (Sphagnum magellanicum) 3 2 2 --- --- +
Warziges Torfmoos (Sphagnum papillosum) 3 3 3 + + +
Rötliches Torfmoos (Sphagnum rubellum) G 2 2 + --- +
Russows Torfmoos (Sphagnum russowii) V * 3 + + +
Rundes Torfmoos (Sphagnum teres) 3 2 2 --- --- +
Tab. 4 (Fortsetzung auf nächster Seite): Im Jahr 2014 nachgewiesene Moosarten der Roten Liste im Projektgebiet
der „Eggemoore“ (Nomenklatur nach Schmidt 2011a, 2011b)
Gefährdung: Gefährdungsgrad für Deutschland (RL D) nach Ludwig et al. (1996), für Nordrhein-Westfalen (RL NRW) und das
Weserbergland (RL WEBL) nach Schmidt (2011a, 2011b): 0 = ausgestorben oder verschollen, 1 = vom Aussterben bedroht,
2 = stark gefährdet, 3 = gefährdet, R= durch extreme Seltenheit (potentiell) gefährdet, G = Gefährdung unbekannten Ausmaßes,
V = Vorwarnliste, D = Daten unzureichend, * = ungefährdet. – = nicht nachgewiesen
Nachweis: + = aktueller Nachweis 2014 // --- = kein Nachweis
ESE = Teilgebiet „Eselsbett“ // SCH = Teilgebiet „Schwarzes Bruch“ // SAU = Teilgebiet „Sauerbachtal Bülheim“
104 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Taxon Gefährdung Nachweis


RL RL RL ESE SCH SAU
D NRW WEBL
Wurzelndes Stumpfdeckelmoos G 2 – + --- ---
(Amblystegium radicale)
Sumpf-Streifensternmoos (Aulacomnium palustre) V 3 3 + + +
Schlankes Bartspitzmoos (Barbilophozia attenuata) V 3 * --- --- +
Dreilappiges Peitschenmoos (Bazzania trilobata) V 3 3 --- --- +
Bauchiges Birnmoos (Bryum pseudotriquetrum) V 3 3 --- --- +
Herzblättriges Schönmoos (Calliergon cordifolium) V * 3 + --- +
Strohgelbes Schönmoos (Calliergon stramineum) V 3 2 + + +
Großzelliges Kopfsprossmoos (Cephalozia connivens) V 3 2 --- --- +
Zartes Kleinkopfsproßmoos (Cephaloziella elachista) 2 2 – --- + ---
Kropfiges Kleingabelzahnmoos V 3 3 --- --- +
(Dicranella cerviculata)
Sumpf-Gabelzahnmoos (Dicranum bonjeanii) 3 2 2 + --- +
Haarfarnähnliches Spaltzahnmoos 3 3 3 --- --- +
(Fissidens adianthoides)
Schild-Sichellebermoos (Harpanthus scutatus) V 3 3 --- --- +
Wald-Kleinschuppenzweigmoos (Kurzia sylvatica) 3 1 1 --- + ---
Bauch-Spitzmoos (Lophozia ventricosa var. silvicola) * * 3 --- + +
Hochmoor-Schlitzkelchmoos 3 2 2 + + +
(Odontoschisma sphagni)
Veränderliches Sumpfstarknervmoos 3 3 3 --- --- +
(Palustriella commutata)
Nee´s Beckenmoos (Pellia spec. (cf. neesiana)) V 3 0 + --- ---
Sumpf-Schiefsternmoos (Plagiomnium elatum) 3 3 2 --- --- +
Ellipsenblättriges Schiefsternmoos 3 3 2 --- --- +
(Plagiomnium ellipticum)
Sumpf-Seitenköpfchenmoos (Pleuridium cf. palustre) 3 * 2 --- --- +
Krummhalsiges Pohlmoos (Pohlia camptotrachela) V 3 0 --- --- +
Lesquereux´ Pohlmoos (Pohlia lescuriana) D 3 D --- --- +
Langstieliges Frauenhaarmoos 3 3 2 + + ---
(Polytrichum longisetum)
Steifes Frauenmoos (Polytrichum strictum) 3 2 2 --- + ---
Riemenstängel-Kranzmoos (Rhytidiadelphus loreus) V * 3 --- --- +
Gamanderblättriges Riccardimoos V 3 3 + --- ---
(Riccardia chamedryfolia)
Vielspaltiges Riccardimoos (Riccardia multifida) 3 3 G --- --- +
Zierliches Thujamoos (Thuidium delicatulum) V 2 2 --- --- +
Filziges Haarkelchmoos (Trichocolea tomentella) 3 3 2 --- --- +
Flutendes Warnstorfmoos (Warnstorfia fluitans) V 3 2 --- + ---

Tab. 4 (Fortsetzung): Im Jahr 2014 nachgewiesene Moosarten der Roten Liste im Projektgebiet der „Eggemoore“
(Nomenklatur nach Schmidt 2011a, 2011b)
Rüther: Das LIFE-Projekt „Eggemoore“ – Natur- und Klimaschutz im südlichen Kreis Paderborn 105

4.1.2.3 Vögel der bei der Biologischen Station vorhandenen


und der in der Literatur aufgeführten Daten
(Die Monitoring-Untersuchungen wurden ergab für das Untersuchungsgebiet Nachwei-
von Christian Finke, Mitarbeiter der Biologi- se für insgesamt 113 Vogelarten. Darunter sind
schen Station Kreis Paderborn-Senne, durch- 17 Arten bundesweit gefährdet, 37 Arten sind
geführt.) landesweit und 34 Arten regional gefährdet
Für den Management- und Biotopver- (vergleiche Südbeck et al. 2007, Sudmann et al.
bundplan wurden keine Untersuchungen 2011).
zur Vogelwelt durchgeführt. Da vor allem das Als Grundlage für ein Monitoring-Konzept
Teilgebiet „Eselsbett“ schon seit vielen Jahren wurden im Jahr 2014 in allen drei Teilgebieten
von der Biologischen Station Kreis Paderborn- die Rote Liste-Vogelarten erfasst. Die Kartie-
Senne betreut wird und die Artengruppe der rung der Brutvögel erfolgte durch Christian
Vögel regelmäßig im Rahmen der Gebiets- Finke auf einer Fläche von ca. 470 ha, die
betreuung untersucht wird, liegen vor allem einen Puffer von 200 m um die FFH Gebiete
für dieses Teilgebiet des LIFE-Projektes viele DE-4319-301 und DE-4319-302 einschließt,
ornithologische Daten vor. Die Auswertung an mindestens sechs Begehungsterminen

Art RL RL ESE SCH SAU Gesamt


NRW WEBL
Baumpieper 3 2 5 14 7 26
Feldlerche 3S 2 3 0 4 7
Feldschwirl 3 3 3 3 0 6
Fitis V * 52 20 23 95
Hohltaube * V 0 0 (1) (1)
Kleinspecht 3 V 0 0 1 1
Kolkrabe V * 1 0 0 1
Kuckuck 3 3 1 0 0 0
Neuntöter VS V 3 0 1 4
Rotmilan 3 2 (1) 0 0 (1)
Schwarzkehlchen 3S 0 3 1 0 4
Schwarzspecht *S S 0 0 (1) (1)
Turteltaube 2 2 3 2 2 7
Wachtelkönig 1S 0 1 0 0 1
Waldlaubsänger 3 3 2 1 2 5
Waldohreule 3 * 0 1 1 2
Waldschnepfe 3 D 0 1 3 4
Wespenbussard 2 3 0 0 1 1
Wiesenpieper 2S 0 4 5 0 9

Tab. 5: Im Jahr 2014 nachgewiesene Brutvogelarten der Roten Liste NRW in den Teilgebieten der „Eggemoore“ mit
Angabe der Revierzahlen
Rote Liste für Nordrhein-Westfalen und das Weserbergland (RL NRW, RL WEBL) nach Sudmann et al. (2011): 0 = ausgestorben oder
verschollen, 1 = vom Aussterben bedroht, 2 = stark gefährdet, 3 = gefährdet, R= durch extreme Seltenheit (potenziell) gefährdet,
G = Gefährdung unbekannten Ausmaßes, V = Vorwarnliste, D = Daten unzureichend, * = ungefährdet, S = dank Schutzmaßnahmen
gleich, geringer oder nicht mehr gefährdet (als Zusatz zu V, 3, 2,1 oder R), – = nicht nachgewiesen.
ESE = Teilgebiet „Eselsbett“ // SCH = Teilgebiet „Schwarzes Bruch“ // SAU = Teilgebiet „Sauerbachtal Bülheim“
106 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

zwischen März 2014 und Juli 2014 für die tag- zessionsflächen und ausgemagerten Grün-
aktiven Arten und mindestens zwei weiteren landflächen in der unmittelbaren Umgebung
Begehungsterminen zwischen März und Juli beobachtet werden. Im Teilgebiet „Schwarzes
für die nachtaktiven Arten. Erfasst wurden alle Bruch“ fehlen echte Hochmoorarten wie der
Arten der Roten Liste NRW nach der Methode Hochmoor-Perlmuttfalter (Boloria aquilonaris),
der Revierkartierung. Nach dem Ende der das Große Wiesenvögelchen (Coenonympha
Hauptkartierzeit erfolgten zur Kartierung tullia) und der Hochmoor-Gelbling (Colias
bestimmter Arten (Sperlingskauz, Haselhuhn) palaeno) vollständig und kamen dort auch
weitere Begehungen von September 2014 bis seit mindestens vierzig Jahren nicht mehr vor.
Ende 2015. Dabei konnten insgesamt 19 Arten
der Roten Liste NRW nachgewiesen werden
(Tab. 5).

4.1.2.4 Tag- und Nachtfalter

(Die Monitoring-Untersuchungen wurden


von Christian Finke, Mitarbeiter der Biologi-
schen Station Kreis Paderborn-Senne, durch-
geführt.)
Die Datenauswertung zu Beginn des LIFE-
Projektes ergab, dass im Untersuchungsge-
biet Nachweise für 31 Tagfalterarten vorlagen.
Bei der Mehrheit handelt es sich um meso- Abb. 6: Sumpfveilchen-Perlmutterfalter (Boloria selene)
phile Arten oder um solche, die keine enge (Foto: Christian Venne)
Bindung an bestimmte Lebensräume zeigen
und eine Vielzahl von unterschiedlichen
Vegetationsbeständen und Vegetations- Für das Monitoring im Rahmen des LIFE-
strukturen nutzen. Lediglich der Sumpfveil- Projektes wurden von Anfang Mai bis Ende
chen-Perlmutterfalter (Boloria selene), der August 2014 auf repräsentativen Teilflächen
Mädesüß-Perlmuttfalter (Brenthis ino), der der Ziel-Lebensraumtypen die tagaktiven
Gelbwürfelige Dickkopffalter (Carterocephalus Schmetterlinge halbquantitativ erfasst.
palaemon), das Ampfer-Grünwidderchen Nachtaktive Schmetterlinge wurden mit
(Adscita statices), der Schönbär (Callimorpha halbautomatischen Lichtfallen erfasst. Die mit
dominula), der Rotrandbär (Diacrisia sannio) einem Dämmerungsschalter ausgerüsteten
und das Sumpfhornklee-Widderchen (Zy- Fallen wurden parallel in den drei Teilgebieten
gaena trifolii) können als Arten bezeichnet des LIFE-Projektes eingesetzt. Die im Fangsack
werden, die über eine gewisse Bindung an gefangenen Falter wurden lebend bestimmt
feuchtere Lebensräume verfügen (siehe Koch und wieder freigelassen. Daneben wurden
1991, Ebert & Rennwald 1991a, 1991b). Schmetterlinge aller Familien einschließlich
Für das Vorkommen des Sumpfveilchen- der Präimaginalstadien auch bei den Tagbe-
Perlmutterfalters (Abb. 6) ist das Teilgebiet gehungen erfasst. Als ergänzende Methode
„Eselsbett“ von herausragender Bedeutung. wurden im „Eselsbett“ und im „Sauerbachtal
Dort konnte die Art in zum Teil hoher Indivi- Bülheim“ Pheromonfallen (Variotrap Trich-
duendichte vor allem im Bereich des Moor- terfalle) bestückt mit dem synthetischem
körpers, aber auch auf dem angrenzenden Pheromon der Glasflügler-Art Synanthedon
Borstgrasrasen beziehungsweise auf Suk- flaviventris ausgebracht.
Rüther: Das LIFE-Projekt „Eggemoore“ – Natur- und Klimaschutz im südlichen Kreis Paderborn 107

Bei dieser Untersuchung wurden auf 14 fläche) vorkommt. Durch die (in Nordwest-
Probeflächen 25 Tagfalterarten und zwei Deutschland) enge Bindung an Moorlebens-
Widderchen-Arten festgestellt (Tab. 6). Be- räume ist die Art eine geeignete Leitart für die
merkenswert ist das Vorkommen des Sumpf- Entwicklung der Moorgebiete. Aktuell fehlen
veilchen-Perlmutterfalters (Boloria selene), den Teilgebieten des LIFE-Projektes nicht nur
der auf Teilflächen im Teilgebiet „Eselsbett“ echte Hochmoorarten – der letzte Nachweis
in hoher Dichte (> 50 Individuen pro Probe- des Hochmoor-Perlmutterfalters (Boloria

Art RL RL ESE SCH SAU


NRW WEBL
Aglais urticae * * + + +
Antocharis cardamines * * + + +
Aphantopus hyperantus * * + + +
Araschnia levana * * + + +
Argynnis paphia V 3 + + +
Boloria selene 2 2 + + +
Brenthis ino 3 2 + - +
Carterocephalus palaemon 3 V + + +
Celastrina argiolus * * + - +
Coenonympha pamphilus V V + + +
Gonepteryx rhamni * * + + +
Inachis io * * + + +
Lycaena phlaeas * V + + -
Maniola jurtina * * + + +
Melanargia galathea V * + + -
Ochlodes venata * * + + +
Pararge aegeria * * - - +
Pieris brassicae * * - + +
Pieris brassicae * * + + +
Pieris rapae * * + + +
Polygonia c-album * * - - +
Polyommatus icarus * * + + -
Pyrgus malvae 3 3 + + -
Thymelicus sylvestris * * + + +
Vanessa atalanta * * - + +
Adscita statices 3 2 + + +
Zygaena trifolii 3 3 + - -
Tab. 6: Im Jahr 2014 nachgewiesene Tagfalter und Widderchen auf 14 Probeflächen in den Teilgebieten der
„Eggemoore“
Rote Liste für Nordrhein-Westfalen und das Weserbergland (RL NRW, RL WEBL) nach Schumacher (2011): 0 = ausgestorben oder
verschollen, 1 = vom Aussterben bedroht, 2 = stark gefährdet, 3 = gefährdet, R= durch extreme Seltenheit (potenziell) gefährdet,
G = Gefährdung unbekannten Ausmaßes, V = Vorwarnliste, D = Daten unzureichend, * = ungefährdet, S = dank Schutzmaßnahmen
gleich, geringer oder nicht mehr gefährdet (als Zusatz zu V, 3, 2,1 oder R), – = nicht nachgewiesen.
ESE = Teilgebiet „Eselsbett“ // SCH = Teilgebiet „Schwarzes Bruch“ // SAU = Teilgebiet „Sauerbachtal Bülheim“
+ = Vorkommen im Teilgebiet // - = kein Vorkommen im Teilgebiet
108 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

aquilonaris) im Eselsbett stammt aus dem Jahr über 10 Individuen/Fallennacht, bemerkens-


1984, Coenonympha tullia wurde 1968 zuletzt wert. Während der Rundflügelbär als Indikator
im Eselsbett gesehen – , auch das gesamte für Feuchtgebiete und Moore gut bekannt ist,
Artenspektrum tagaktiver Schmetterlinge ist der Braune Bär zwar deutlich eurytoper,
ist wie in vielen anderen Lebensräumen in gleichzeitig aber eine Art mit dramatischem
Norddeutschland stark eingeschränkt. Bestandsrückgang in der Normal-Landschaft.
Aus der Gruppe der Spinner und Schwär- Die starke Gefährdung kommt in der Einstu-
mer s. l. wurden im Rahmen des Monitorings fung als Art der Vorwarnliste nur bedingt
im Jahr 2014 insgesamt 22 Arten der Roten Lis- zum Ausdruck. Die Art kann als Indikator für
te festgestellt (Tab. 7). Aus dieser Artengruppe Lebensräume mit geringen Störeinflüssen
sind die Vorkommen der Arten Rundflügelbär gesehen werden und ist bei gleichzeitigem
(Thumata senex) und Brauner Bär (Arctia caja), Fehlen in den angrenzenden Offenlandschaf-
beide in hohen Individuendichten von jeweils ten deshalb ebenfalls eine Charakter-Art der

Art RL RL ESE SCH SAU


NRW WEBL
Arctia caja V V + + +
Callimorpha dominula 3 3 + + -
Clostera curtula V 3 - - +
Cymatophorima diluta * V + - -
Deilephila porcellus V * + + +
Diacrisia sannio 3 3 + + +
Drepana curvatula V V + + +
Eilema lurideola * V + + +
Furcula bicuspis 3 3 - - +
Furcula furcula * V + + +
Hepialus humuli V V + - -
Leucodonta bicoloria * 3 + - -
Macrothylacia rubi * V + + -
Pharmacis fusconebulosa 3 3 - - +
Proserpinus proserpina R 2 + - -
Saturnia pavonia V 3 + + -
Smerinthus ocellata V V + + -
Synanthedon culiciformis 3 2 + - -
Synanthedon myopaeformis * 3 + - -
Synanthedon spheciformis 3 2 - - +
Theteella fluctuosa * 3 + - -
Thumata senex 3 3 + + +
Tab. 7: Im Jahr 2014 nachgewiesene Spinner und Schwärmer s.l. in den Teilgebieten der „Eggemoore“
Rote Liste für Nordrhein-Westfalen und das Weserbergland (RL NRW, RL WEBL) nach Schumacher (2011): 0 = ausgestorben oder
verschollen, 1 = vom Aussterben bedroht, 2 = stark gefährdet, 3 = gefährdet, R= durch extreme Seltenheit (potenziell) gefährdet,
G = Gefährdung unbekannten Ausmaßes, V = Vorwarnliste, D = Daten unzureichend, * = ungefährdet, S = dank Schutzmaßnahmen
gleich, geringer oder nicht mehr gefährdet (als Zusatz zu V, 3, 2,1 oder R), – = nicht nachgewiesen.
ESE = Teilgebiet „Eselsbett“ // SCH = Teilgebiet „Schwarzes Bruch“ // SAU = Teilgebiet „Sauerbachtal Bülheim“
+ = Vorkommen im Teilgebiet // - = kein Vorkommen im Teilgebiet
Rüther: Das LIFE-Projekt „Eggemoore“ – Natur- und Klimaschutz im südlichen Kreis Paderborn 109

untersuchten Moorlebensräume. Weitere


typische Arten aus Moor-Heide-Komplexen
sind Rotrandbär (Diacrisia sannio), Brom-
beerspinner (Macrothylacia rubi) und Kleines
Nachtpfauenauge (Saturnia pavonia).
Aus der Gruppe der Eulen s. l. wurden im
Rahmen des Monitorings im Jahr 2014 insge-
samt 41 Arten der Roten Liste festgestellt (Tab.
8). Besonders hervorzuheben ist der Fund von
Haworth's Mooreule (Celaena haworthii). Die
Art ist ein stenöker Bewohner offener Hoch-
und Übergangsmoore und hat sehr starke
Bestandsrückgänge in Nordwestdeutschland.
Vor dem aktuellen Fund wurde die Art davor
zuletzt 1991 im Teilgebiet „Eselsbett“ festge- Abb. 7: Haworth's Mooreule (Celaena haworthii)
stellt und galt aktuell als „Ausgestorben oder (Foto: Hans Dudler)
verschollen“ im Naturraum Weserbergland.
Die Art wurde in einem Einzelexemplar Aus der Gruppe der Spanner wurden 15
im Fangsack einer Lichtfalle im Teilgebiet Arten der Roten Liste festgestellt (Tab. 9).
„Schwarzes Bruch“ am 05.09.2014 registriert. Die geringere Anzahl gefährdeter Spanner-
Weitere seltene Moorarten sind die Schmal- Arten ist zum Teil methodisch bedingt, da die
flügel-Motteneule (Schrankia costaestrigalis) Lichtfallen für diese Artengruppe im Vergleich
und das tagaktive Ried-Grasmotteneulchen zu den beiden anderen hier behandelten
(Deltote uncula), die beide in den hydrologisch Gruppen weniger fängisch sind. Der stenöke
intakteren Kerngebieten von „Eselsbett“ und hygrophile Sumpflabkraut-Blattspanner (Or-
„Schwarzes Bruch“ häufig sind. Gefährdete thonama vittata), landesweit "Stark gefährdet"
Arten mit enger Habitatbindung finden sich und im Weserbergland "Vom Aussterben
mit Moorwald-Blättereule (Papestra biren), bedroht", wurde im Zentrum des Teilgebietes
Grauer Heidelbeereule (Eurois occulta) und „Eselsbett“ nicht selten in den Lichtfallen
Heidelbeer-Schnabeleule (Hypena crassalis) registriert. Die Art kommt nur sehr lokal im
auch in der Gilde der Arten, die als Raupe an Naturraum vor und fehlt den beiden anderen
Heidelbeere leben. Teilgebieten. Die Art scheint wenig mobil zu

Art RL RL ESE SCH SAU


NRW WEBL
Acronicta alni * V - - +
Acronicta auricoma * 3 - - +
Acronicta rumicis V 3 + - -
Antitype chi 3 2 - + -
Apamea anceps V V + - -
Tab. 8 (Fortsetzung auf nächster Seite): Im Jahr 2014 nachgewiesene Eulen in den Teilgebieten der „Eggemoore“
Rote Liste für Nordrhein-Westfalen und das Weserbergland (RL NRW, RL WEBL) nach Schumacher (2011): 0 = ausgestorben oder
verschollen, 1 = vom Aussterben bedroht, 2 = stark gefährdet, 3 = gefährdet, R= durch extreme Seltenheit (potenziell) gefährdet,
G = Gefährdung unbekannten Ausmaßes, V = Vorwarnliste, D = Daten unzureichend, * = ungefährdet, S = dank Schutzmaßnahmen
gleich, geringer oder nicht mehr gefährdet (als Zusatz zu V, 3, 2,1 oder R), – = nicht nachgewiesen.
ESE = Teilgebiet „Eselsbett“ // SCH = Teilgebiet „Schwarzes Bruch“ // SAU = Teilgebiet „Sauerbachtal Bülheim“
+ = Vorkommen im Teilgebiet // - = kein Vorkommen im Teilgebiet
110 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Art RL RL ESE SCH SAU


NRW WEBL
Apamea ophiogramma V V + + -
Apamea unanimis 3 3 + - -
Brachylomia viminalis * 3 + - -
Celaena haworthii 1 0 - + -
Celaena leucostigma 3 3 + - -
Chortodes extrema V 2 + - -
Chortodes fluxa V V + + +
Chortodes pygmina 3 3 + + +
Deltote uncula 2 1 + + +
Diarsia rubi * V + + +
Dipterygia scabriuscula V 3 - + +
Eurois occulta 2 1 - - +
Gortyna flavago * V + - -
Graphiphora augur V V + + +
Hypena crassalis 3 3 - + -
Ipimorpha subtusa * V + - -
Lacanobia contigua V 3 - + +
Lacanobia suasa * 3 - + -
Lacanobia w-latinum V V + + +
Luperina testacea * V + + +
Lycophotia porphyrea * V - + -
Mythmina pallens V V + + +
Nonagria typhae * V + - -
Omphaloscelis lunosa * V + + -
Papestra biren 2 1 - + -
Parastichtis suspecta V 3 + - -
Photedes minima 3 3 + + -
Plusia festucae 3 3 + + -
Plusia putnami 2 2 + - -
Polia bombycina V 3 - + -
Polia hepatica 2 2 - + -
Polia nebulosa * V + + +
Polymixis gemmea 3 2 - + +
Schrankia costaestrigalis 3 2 - + +
Trachea atricplicis V 3 - - +
Xestia sexstrigata * V + + +
Tab. 8 (Fortsetung): Im Jahr 2014 nachgewiesene Eulen in den Teilgebieten der „Eggemoore“
Rüther: Das LIFE-Projekt „Eggemoore“ – Natur- und Klimaschutz im südlichen Kreis Paderborn 111

sein und auch als Falter die eng begrenzten Imagines wurden halbquantitativ durch
Habitate kaum zu verlassen, da sie bei Licht- Abgehen und Kontrolle der Gewässerufer
fängen am Rande des „Eselsbett“ bisher nicht erfasst. Dies erfolgte durch Sichtbeobachtung
registriert wurde. und gegebenenfalls Kescherfang. Außerdem
wurden weitere Beobachtungen protokolliert,
die auf Bodenständigkeit der Arten schließen
4.1.2.5 Libellen lassen (Schlupf, frische Tiere sowie Fortpflan-
zungsverhalten, wie Revierverhalten, Kopulae,
(Die Libellen der Eggemoore wurden von Tandems und Eiablage).
Matthias Lohr erfasst, s. K aiser et al. 2016) Als „bodenständig“ werden Funde frisch
Die Erfassung der Libellenfauna erfolgte geschlüpfter Tiere und Exuvien gewertet, als
an insgesamt 14 Gewässern in den beiden „potentiell bodenständig“ werden Arten mit
Teilgebieten „Eselsbett“ (5 Gewässer bei Fortpflanzungsverhalten (Revierverhalten,
7 Begehungen) und „Schwarzes Bruch“ (9 Tandem/Kopulation, Eiablage) an Gewässern,
Gewässer bei 9 Begehungen). Im Teilgebiet die ihren Habitatansprüchen entsprechen,
„Sauerbachtal Bülheim“ wurde lediglich eine eingestuft. Alle anderen Beobachtungen
stichprobenhafte Suche nach Larven der Ge- werden der Kategorie „Gast“ zugeordnet.
streiften Quelljunger (Cordulegaster bidentata) Insgesamt wurden an den 14 Gewässern 25
durchgeführt. Arten nachgewiesen. Davon wurden 16 Arten
mittels Exuvienfunden als bodenständig und

Art RL RL ESE SCH SAU


NRW WEBL
Anticollix sparsata 3 2 +
Chloroclysta citrata V 3 +
Colostygia olivata 3 2 +
Deileptenia ribeata * V +
Eupithecia expallidata 3 2 +
Idaea muricata 3 3 +
Itame brunneata 3 3 +
Orthonama vittata 2 1 +
Perizoma bifaciata 2 2 +
Pseudopanthera macularia * V + + +
Pterapherapteryx sexalata V 3 +
Puengeleria capreolaria * V +
Rheumaptera undulata 3 3 +
Rhinoprora debiliata 3 3 + +
Scopula immutata V V + + +

Tab. 9: Im Jahr 2014 nachgewiesene Spanner in den Teilgebieten der „Eggemoore“


Rote Liste für Nordrhein-Westfalen und das Weserbergland (RL NRW, RL WEBL) nach Schumacher (2011): 0 = ausgestorben oder
verschollen, 1 = vom Aussterben bedroht, 2 = stark gefährdet, 3 = gefährdet, R= durch extreme Seltenheit (potenziell) gefährdet,
G = Gefährdung unbekannten Ausmaßes, V = Vorwarnliste, D = Daten unzureichend, * = ungefährdet, S = dank Schutzmaßnahmen
gleich, geringer oder nicht mehr gefährdet (als Zusatz zu V, 3, 2,1 oder R), – = nicht nachgewiesen.
ESE = Teilgebiet „Eselsbett“ // SCH = Teilgebiet „Schwarzes Bruch“ // SAU = Teilgebiet „Sauerbachtal Bülheim“
+ = Vorkommen im Teilgebiet // - = kein Vorkommen im Teilgebiet
112 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

weitere acht aufgrund beobachteten Fort-


pflanzungsverhaltens als potenziell boden-
ständig eingestuft. Eine Art gilt bundesweit als
gefährdet, zwei weitere Arten werden auf der
entsprechenden Vorwarnliste geführt. Auf der
entsprechenden Roten Liste der Mitgliedsstaa-
ten der Europäischen Union werden keine der
festgestellten Arten geführt (siehe Tab. 10).
In der Summe wurden 1.028 Exuvien ge-
funden. Mit mehr als jeweils 100 Individuen
waren die Schwarze Heidelibelle (Sympetrum
Abb. 8: Weibchen der Schwarzen Heidelibelle (Sympet-
danae), die Falkenlibelle (Cordulia aenea) und
rum danae) (Foto: Christian Venne)
der Vierfleck (Libellula quadrimaculata) zahlen-
mäßig am häufigsten vertreten, gefolgt von
der Gemeinen Binsenjungfer (Lestes sponsa),
der Frühen Adonislibelle (Pyrrhosoma nym- hastulatum) hervorzuheben. Die Art ist im
phula), der Blaugrünen Mosaikjungfer (Aeshna Weserbergland als „vom Aussterben bedroht“
cyanea) und der Torf-Mosaikjungfer (Aeshna eingestuft, hat ihren Vorkommensschwer-
juncea) mit jeweils mehr als 50 Exuvien. punkt in Moorgewässern und wurde an fünf
Unter den bundesweit gefährdeten Gewässern bodenständig festgestellt. Die
Arten ist die Speer-Azurjungfer (Coenagrion ebenfalls schwerpunktmäßig in Moorlebens-

Art Gefährdung FFH V Ex ESE SBM SBF


RL RL RL
D NRW WEBL
Blaugrüne Mosaikjungfer * * * - 6 67 --- Ÿ Ÿ
(Aeshna cyanea)
Torf-Mosaikjungfer V 3 V - 8 67 --- Ÿ Ÿ
(Aeshna juncea)
Herbst-Mosaikjungfer * * * - 1 --- --- --- Ÿ
(Aeshna mixta)
Große Königslibelle * * * - 4 1 --- Ÿ Ÿ
(Anax imperator)
Früher Schilfjäger * 3 2 - 2 --- --- --- Ÿ
(Brachytron pratense)
Tab.10 (Fortsetzung auf nächster Seite): Im Jahr 2014 in den Teilgebieten „Eselsbett“ und „Schwarzes Bruch“
nachgewiesene Libellenarten mit Angaben zur Gefährdung, Bodenständigkeit, Häufigkeit der Imagines und zur
Gesamtsumme der gefundenen Exuvien.
Gef.-grad: Gefährdungsgrad für Nordrhein-Westfalen (RL NRW) und das Weserbergland (RL WBL) nach Conze & Grönhagen (2010a, 2010b,
2011) und für Deutschland (RL D) nach Ott et al. (2015): 0 = ausgestorben oder verschollen, 1 = vom Aussterben bedroht, 2 = stark
gefährdet, 3 = gefährdet, R= durch extreme Seltenheit (potenziell) gefährdet, G = Gefährdung unbekannten Ausmaßes,
V = Vorwarnliste, D = Daten unzureichend, S = dank Schutzmaßnahmen gleich, geringer oder nicht mehr gefährdet (als Zusatz zu , V, 3,
2,1 oder R), * = ungefährdet. – = nicht nachgewiesen, (–) = Vorkommen ist möglich, aber bisher fehlender Nachweis im Gebiet.
FFH: Arten der Anhänge II, IV oder V der FFH-Richtlinie, - = keine Art der Anhänge (NATURA 2000 2015a, 2015b; BfN 2015b).
Vorkommen (V): Anzahl der Vorkommen - Exuvien (Ex): Summe der gefundenen Exuvien.
Standorte: ESE = Eselsbett // SBM = Schwarzes Bruch, Moorkolke, SBF = Schwarzes Bruch, Fischteich.
Häufigkeit: Ÿ = Vorkommen; --- = kein Vorkommen
Bodenständigkeit: dunkelgrau = bodenständig; hellgrau = potentiell bodenständig.
Rüther: Das LIFE-Projekt „Eggemoore“ – Natur- und Klimaschutz im südlichen Kreis Paderborn 113

Art Gefährdung FFH V Ex ESE SBM SBF


RL RL RL
D NRW WEBL
Gebänderte Prachtlibelle * * * - 1 --- --- --- Ÿ
(Calopteryx splendens)
Speer-Azurjungfer 2 1 1 - 5 18 --- Ÿ Ÿ
(Coenagrion hastulatum)
Hufeisen-Azurjungfer * * * - 10 19 Ÿ Ÿ Ÿ
(Coenagrion puella)
Falkenlibelle * * * - 6 199 --- Ÿ Ÿ
(Cordulia aenea)
Gemeine Becherjungfer * * * - 5 3 Ÿ Ÿ Ÿ
(Enallagma cyathigerum)
Großes Granatauge * V 3 - 2 2 --- --- Ÿ
(Erythromma najas)
Westliche Keiljungfer * * * - 4 --- --- Ÿ Ÿ
(Gomphus pulchellus)
Große Pechlibelle * * * - 6 --- --- Ÿ Ÿ
(Ischnura elegans)
Kleine Pechlibelle V 3S 2 - 1 --- --- Ÿ ---
(Ischnura pumilio)
Gemeine Binsenjungfer * V V - 9 89 Ÿ Ÿ Ÿ
(Lestes sponsa)
Gemeine Weidenjungfer * * * - 3 1 --- --- Ÿ
(Lestes viridis)
Plattbauch * V V - 4 1 Ÿ Ÿ Ÿ
(Libellula depressa)
Vierfleck * * * - 9 191 --- Ÿ Ÿ
(Libellula quadrimaculata)
Blaue Federlibelle * * (–) - 1 --- --- --- Ÿ
(Platycnemis pennipes)
Frühe Adonislibelle * * * - 11 76 Ÿ Ÿ Ÿ
(Pyrrhosoma nymphula)
Glänzende Smaragdlibelle * * * - 2 13 --- --- Ÿ
(Somatochlora metallica)
Schwarze Heidelibelle * V * - 11 280 Ÿ Ÿ Ÿ
(Sympetrum danae)
Blutrote Heidelibelle * * * - 4 --- Ÿ Ÿ Ÿ
(Sympetrum sanguineum)
Große Heidelibelle * * * - 1 --- --- Ÿ ---
(Sympetrum striolatum)
Gemeine Heidelibelle * * * - 5 1 Ÿ Ÿ Ÿ
(Sympetrum vulgatum)
S Artenzahl 25 8 18 23
davon bodenständig 24 7 14 22
Tab.10 (Fortsetzung): Im Jahr 2014 in den Teilgebieten „Eselsbett“ und „Schwarzes Bruch“ nachgewiesene Libellenar-
ten mit Angaben zur Gefährdung, Bodenständigkeit, Häufigkeit der Imagines und zur Gesamtsumme der gefundenen
Exuvien.
114 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

räumen vorkommende Torf-Mosaikjungfer überwiegend weit verbreitete und typische


(Aeshna juncea) wurde an acht Gewässern Bewohner vegetationsreicher Stillgewässer,
bodenständig festgestellt (67 Exuvien-Funde). wie zum Beispiel die Blaugrüne Mosaikjungfer
Die Anzahl der gefundenen Arten ist (Aeshna cyanea), die Hufeisen-Azurjungfer
bezogen auf die naturräumliche Ausstattung (Coenagrion puella), die Falkenlibelle (Cordulia
und das zu erwartende Artenpotential relativ aenea), der Vierfleck (Libellula quadrimaculata)
hoch. Jedoch gilt dies im Wesentlichen nur für und die Frühe Adonislibelle (Pyrrhosoma
die oligo- bis dystrophen, huminstoffreichen nymphula). Bemerkenswert ist der Fund eines
Fischteiche am Nordrand des Schwarzen Männchens der Kleinen Pechlibelle (Ischnura
Bruches, die höhere Artenzahlen von bis zu 21 pumilio) an einem vegetationsarmen Moor-
je Gewässer erreichen. kolk. Als Pionierart könnte sie hier durchaus
Ausgesprochen artenarm sind die Gewäs- bodenständig vorkommen.
ser im Teilgebiet „Eselsbett“, wo insgesamt Zu den für Moore typischen Arten, die
nur acht Arten gefunden wurden, von denen aufgrund der naturräumlichen Ausstattung
sieben als bodenständig oder potenziell bo- in Mooren mit naturnahen Nährstoff- und
denständig einzustufen sind. Dabei handelt Wasserstandsverhältnissen im Weserbergland
es sich überwiegend um weit verbreitete, zu erwarten sind, zählen (Fiebig & Lohr 2013,
ubiquitäre Arten wie die Frühe Adonislibelle Schmidt 1964):
(Pyrrhosoma nymphula), die Hufeisen-Azur- • Hochmoor-Mosaikjungfer (Aeshna
jungfer (Coenagrion puella) und die Blutrote subarctica),
Heidelibelle (Sympetrum sanguineum). Auf • Kleine Binsenjungfer (Lestes virens),
Moorlebensräume spezialisierte Arten wur- • Kleine Moosjungfer (Leucorrhinia dubia),
den nicht nachgewiesen. Torfmoosreiche, • Nordische Moosjungfer (Leucorrhinia
permanent Wasser führende, eher oligotro- rubicunda),
phe Gewässer fanden sich nicht im „Eselsbett“, • Große Moosjungfer (Leucorrhinia pectoralis)
weshalb unter den Bedingungen vor Beginn und
des LIFE-Projektes mit einer Besiedlung durch • Arktische Smaragdlibelle (Somatochlora
moortypische Arten nicht zu rechnen war. arctica).
In den Moorkolken des Schwarzen Bruches
wurden insgesamt 18 Arten nachgewiesen, Diese sechs Arten wurden in den Moorge-
von denen 14 als bodenständig einzustufen wässern der Egge bei den Untersuchungen im
sind. Mit der Torf-Mosaikjungfer (Aeshna Jahr 2014 nicht nachgewiesen. Lediglich für
juncea), der Speer-Azurjungfer (Coenagrion die Kleine Moosjungfer (Leucorrhinia dubia)
hastulatum), der Gemeinen Binsenjungfer lassen zwei Einzelbeobachtungen vagabun-
(Lestes sponsa) und der Schwarzen Heideli- dierender Weibchen vermuten, da die Art in
belle (Sympetrum danae) wurden vier Arten der weiteren Umgebung noch vorkommt.
nachgewiesen, die im Weserbergland ihren Momentan ist in den Untersuchungsgebieten
oder zumindest einen Verbreitungsschwer- ein bodenständiges Vorkommen dieser Art
punkt in Mooren besitzen, jedoch keineswegs unwahrscheinlich. Zettelmeyer (1985) konnte
auf Moore beschränkt sind. Diese Arten die Art 1984 noch in geringen Abundanzen
kamen ebenso in den oligo- bis dystrophen bodenständig im Teilgebiet „Schwarzes
Fischteichen am nördlichen Rand des Gebie- Bruch“ nachweisen. Das zwischenzeitliche
tes vor. Hier erreicht die Speer-Azurjungfer Verschwinden der Art aus dem Gebiet könnte
(Coenagrion hastulatum) eine wesentlich eventuell darauf zurückzuführen sein, dass
höhere Dichte und Stetigkeit als an den Gewässer mit etwas größeren Wasserkörpern
Moorkolken. Die anderen in diesen Gewäs- und einer permanenten Wasserführung
sern regelmäßig nachgewiesenen Arten sind bei geringen Wasserstandsschwankungen
Rüther: Das LIFE-Projekt „Eggemoore“ – Natur- und Klimaschutz im südlichen Kreis Paderborn 115

momentan fehlen. Die Art benötigt solche deutlich auf das hohe Besiedlungspotenzial
Gewässer, da größere submerse Torfmoos- zumindest durch die Kleine Moosjungfer
bestände das Larvalhabitat der Art sind (zum (Leucorrhinia dubia) hin.
Beispiel Sternberg & Buchwald 2000) und bei Im Teilgebiet „Eselsbett“ ist aufgrund der
größeren Wasserstandsschwankungen und momentan eher meso- bis eutrophen Wasser-
zum Teil temporärer Wasserführung sich nicht verhältnisse eine Besiedlung durch moortypi-
in größerem Umfang entwickeln können. sche Arten unter den aktuellen Bedingungen
Ähnliches gilt für die Kleine Binsenjungfer nicht zu erwarten. Aus naturschutzfachlicher
(Lestes virens), die Nordische Moosjungfer Sicht wertgebende Arten temporärer Gewäs-
(Leucorrhinia rubicunda), die Große Moos- ser, die potenziell hier vorkommen könnten,
jungfer (Leucorrhinia pectoralis) und die sind die Gefleckte Heidelibelle (Sympetrum
Hochmoor-Mosaikjungfer (Aeshna subarctica), flaveolum) und die Glänzende Binsenjungfer
welche zwar nicht eine solch enge Bindung (Lestes dryas).
an Torfmoosbestände besitzen wie die Kleine Aufgrund des guten Kenntnisstandes zur
Moosjungfer (Leucorrhinia dubia), jedoch Ökologie der Arten und auch zu den regio-
ebenso auf permanente Gewässer mit einer nalen Vorkommensschwerpunkten lässt sich
Mindesttiefe von mehreren Dezimetern sowie eine Artengruppe aus vier Arten definieren,
nicht zu starken Wasserstandsschwankungen die im Weserbergland bevorzugt Moorle-
angewiesen sind. bensräume besiedelt: Torf-Mosaikjungfer
Im Teilgebiet „Schwarzes Bruch“ soll mit (Aeshna juncea), Speer-Azurjungfer (Coena-
der Anlage und Entwicklung von Gewässern grion hastulatum), Gemeine Binsenjungfer
durch Erhöhung und Stabilisierung der (Lestes sponsa) und Schwarze Heidelibelle
Wasserstände vor allem im südlichen Teil die (Sympetrum danae). Diese Arten kommen im
Ansiedlung moortypischer Arten gefördert Teilgebiet „Schwarzes Bruch“ vor. Im Teilge-
werden. Dabei ist nicht unbedingt davon biet „Eselsbett“ fehlten sie zu Projektbeginn,
auszugehen, dass eine solche Besiedlung kommen hier aber mittlerweile vor. Die im
rasch stattfinden wird, da Vorkommen der „Eselsbett“ zu Projektbeginn vorgefundenen
entsprechenden Arten in der Senne oder im Arten sind weit verbreitete Arten mit einem
Schwalenberger Wald mindestens 20 bis 30 breiten Spektrum besiedelter Lebensräume
km entfernt liegen. Die Beobachtung einzel- (Frühe Adonislibelle – Pyrrhosoma nymphula,
ner, vagabundierender Moosjungfern (Leu- Hufeisen-Azurjungfer – Coenagrion puella
corrhinia cf. dubia) im Jahr 2014 weist jedoch und Blutrote Heidelibelle – Sympetrum sangu-
ineum).

4.1.3 Nutzungsgeschichte der „Eggemoo-


re“

(Ergebnisse der Recherchen von Annkath-


rin Hömberg, s. Hömberg 2015)
Für die Planung und Umsetzung großer
Naturschutzmaßnahmen kann eine Analyse
der Nutzungsgeschichte des entsprechenden
Gebietes die Gründe für eine bestimmte
Entwicklung beleuchten sowie wertvolle
Abb. 9: Männchen der Kleinen Moosjungfer Hinweise liefern für die konkrete Ausgestal-
(Leucorrhinia dubia) (Foto: Christian Venne) tung der Maßnahmen. So ist es z. B. wichtig
116 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

zu wissen, wann und an welchen Stellen „A: 5 Morgen […] an den Sieckmann in Schwar-
Entwässerungsmaßnahmen oder Aufforstun- zebruch zur Ackernutzung verpachtet“
gen durchgeführt wurden. Von Interesse sind „B: 5 Morgen an (...) Huck zu Kleinenberg zur
auch Torfstiche und eventuelle Eingriffe zur Torfnutzung verpachtet (...)“ und
Nutzbarmachung (Meliorationen). „C: 9 Morgen, welche der Gutsbesitzer Tenge, als
Für Recherchen zur Nutzungsgeschichte Besitzer der Glashütte Marschallshagen, zur
der „Eggemoore“ leisteten zwei Praktikantin- Torfnutzung zu pachten wünscht“.
nen der Biologischen Station wertvolle Hilfe.
Verena Laustroer und Annkathrin Hömberg Fläche C ist mit einer Bleistiftzeichnung um
recherchierten im Kreisarchiv in Büren und im eine größere Fläche ergänzt (D B 6 Neuenheer-
Landesarchiv in Detmold. In Büren waren Do- se 369). Diese Karte lässt sich insoweit zeitlich
kumente ab 1920 zu finden, im Landesarchiv eingrenzen, als dass der erwähnte Gutsbesit-
konnten u.a. Unterlagen des Forstamtes Neu- zer Tenge die Glashütte Marschallshagen 1831
enheerse ab etwa 1825 eingesehen werden. erworben hat, der Betrieb frühestens 1836
Diese Unterlagen wurden soweit möglich aufgenommen wurde und die Fabrik 1864 an
ausgewertet. Weitere Unterlagen fanden sich einen anderen Fabrikanten weiter verpachtet
bei der Bezirksregierung Detmold. Außerdem wurde und 1880 der Betrieb ganz eingestellt
wurde die verfügbare Sekundärliteratur aus- wurde. Sie datiert also auf 1831–1864 und ist
gewertet. damit die älteste gefundene Kartendarstel-
Im Teilgebiet „Eselsbett“ ist eine der ehe- lung zum Teilgebiet „Schwarzes Bruch“.
maligen Torfstichkanten auch heute noch gut Über die tatsächliche Nutzung der zur
im Gelände zu erkennen. Sie bildet eine gut Verpachtung vorgesehenen Grundstücke
sichtbare Geländemarke. Bilder im Bestand liegen keine weiteren Dokumente vor. Dass
des LWL Medienzentrums aus dem Jahr 1975 die Nutzung dennoch ausgiebig war und
(Bildautor: Hans Hild) vermitteln einen guten die gekennzeichneten Flächen in Folge im
Eindruck von der Situation fünf bis sechs Sinne des Eigentümers weitgehend melioriert
Jahre nach Ende des Torfabbaus. Im Teilgebiet waren, zeigt ein weiteres Dokument in der
„Schwarzes Bruch“ sind die menschlichen Ein- Akte. In einem Brief des Ministeriums für
griffe nicht auf den ersten Blick auszumachen. Landwirtschaft, Domänen und Forsten an die
Doch auch hier sind z.B. im digitalen Gelände- Königliche Regierung vom 18. Juli 1880 ge-
modell Gräben und Torfstiche zu erkennen. nehmigt diese, dass die „nahezu ausgenutzte,
Ende Mai des Jahres pachtlos gewordene
Forstbetriebsfläche im Distrikt 78/ neu86/
4.1.3.1 Nutzungsgeschichte des Teilge- der Oberförsterei Neuenheerse, nicht weiter
bietes „Schwarzes Bruch“ verpachtet, sondern aufgeforstet wird.“ und
weiter „Wenn die Aufforstung der Fläche
Erste Kartendarstellungen des „Schwarze- nich[t](?) in der nächsten Zeit ausführbar ist,
bruch“ stammen etwa aus der Zeit von 1848 ist die Fläche in der Zwischenzeit durch Ver-
bis 1875. Eine Karte (Abb. 10) trägt den Titel: pachtung zur Viehweide nutzbar zu machen.“
„Situationsplan von den zur Acker und Torf- Eine weitere Karte im Landesarchiv Det-
nutzung verpachteten Flächen im Forstdistrict mold, die vermutlich nach der Karte in Abb.10
Schwarzebruch, Forstrevier Neuenheerse“. entstanden ist, zeigt im südlichen Teil des
Hier sind drei Flächen eingezeichnet und be- Teilgebietes „Schwarzes Bruch“ einen Torf-
schriftet (vergleiche Replik des Originals). Jede stich, dessen Größe mit 3,447 ha angegeben
der Flächen wird in einer Legende genauer ist. Auch der heutige Borstgrasrasen im west-
beschrieben: lichen Teil ist als Acker mit 1,299 ha markiert.
Rüther: Das LIFE-Projekt „Eggemoore“ – Natur- und Klimaschutz im südlichen Kreis Paderborn 117

Aus dieser Urkunde geht zudem hervor, dass


man auf einer Fläche von 6.400 qm und einer
Torfmächtigkeit von 1,57 m mit einer Torfmen-
ge von 10.048 cbm rechne, von denen bei 15 %
Abgang durch die Verarbeitung 8.541 cbm
nutzbarer Torf gewonnen werden könne.
Genau 12 Jahre später (nach zwei Pacht-
perioden) folgt in einem Pachtvertrag für das
Eselsbett dieser Satz: „Torfbruch, den 21. Mai
1887: Nach gehörig vorausgegangener, durch
die Anlagen bescheinigter Bekanntmachung
stand auf heute Termin an zur Verpachtung ei-
niger Torfstichplätze von zusammen 0,338 ha
im District 94.“ Hier werden Torfstiche im
Distrikt 94 (= Eselsbett nach 1880) über 6 Jah-
re vom 1. Juni 1887 bis ultimo Mai 1893 ver-
pachtet. Es findet sich ein Vertragsabschnitt
bezüglich der Vorgehensweise:
„§ 7. Mit der Ausnutzung der Pachtfläche ist
da zu beginnen wohin das Wasser den Abzug
hat, und es ist beim Stechen so zu verfahren,
Abb. 10: Karte zum Torfabbau im Teilgebiet „Schwarzes
Bruch“ (Akte 1848–1874) D 6 B Neuenheerse 369 daß das Wasser stets Abzug hat und nicht in
(Reproduktion aus dem Landesarchiv Detmold) Löchern stehen bleibt.“
Dabei befindet sich eine Skizze, aus der
man die Symmetrie, die Abmessungen und
die Zuordnungen zu den Pächtern des Torfsti-
ches erahnen kann (Abb. 10).
4.1.3.2 Nutzungsgeschichte des Teil-
gebietes „Eselsbett“
4.1.3.3 Torfabbau
Eine weitere aufschlussreiche Akte im
Landesarchiv Detmold ist D 6 B Neuenheerse Ab 1919 in Zeiten von Wirtschaftskrise,
295. Sie trägt den Titel „Oberförsterei Neuen- Kriegsfolgelasten und Hyperinflation gibt es
heerse Acta specialia betreffend Benutzung einen intensiven Schriftverkehr zu den Ge-
der Torfstiche 1875–1925“.1 bieten „Eselsbett“ und „Schwarzes Bruch“. Ab
Im Schreiben der Oberförsterei Neuen- diesem Zeitpunkt wird mit staatlichen Mitteln
heerse an die Regierung in Minden wird die aus dem Notstandsfonds und dem Landes-
Niederschrift einer Verhandlung zur Ver- kulturfonds eine Melioration der Gebiete ins
pachtung einiger Torfstichplätze am 21. Mai Auge gefasst. Auch gibt es Überlegungen,
1875 zur Genehmigung vorgelegt. Es handelt eine Genossenschaft zu bilden, die für die
sich um fünf benachbarte Torfstiche (jeweils Melioration der beiden Gebiete „Eselsbett“
0,128 ha, gesamt 0,62 ha) im Distrikt Nr. 85 (= und „Schwarzes Bruch“ sorgen sollte.
Eselsbett vor 1880) über den Zeitraum 1. Juni Am 23. März 1920 schreibt die Firma Wil-
1875 bis ultimo Mai 1881 an fünf Pächter. helm Nölting und Co. GmbH an das Landrats-
amt Büren, sie hätte Untersuchungen auf den
1 Diese Akte ist in großen Teilen handschriftlich ver- Flächen „Schwarzes Bruch“ und „Eselsbett“
fasst, für die Reinschrift danken wir Konrad Thombansen. angestellt. Dabei sei ein Komplex, der Torf
118 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

enthielte, der sich zu Brennzwecken eigne. Die se geplant. Bei günstiger Witterung rechne
Firma sei bereit, diesen Torf auszubeuten und man damit, dass die Abtorfung in zwei Jahren
für den Kreis Büren zu verwenden. Der Autor beendet sei. Nölting erklärt zudem, er wolle
schreibt, die Oberförsterei Neuenheerse sei die Verantwortung übernehmen, aus den Flä-
nicht abgeneigt, die Abtorfung zu genehmi- chen in den nächsten 10 Jahren brauchbares
gen. Man weist darauf hin, dass die Abtorfung Ackerland und Wiesen herzurichten. Am 10.
des Ödlandes für landwirtschaftliche Zwecke Oktober 1920 erklärt man sich dem Vorschlag
äußerst nützlich sein werde. Zu dieser Zeit der Forstdirektion einverstanden, den Forst-
herrschte offenbar eine große Brennstoffnot fiskus mit einem Prozentsatz am Reingewinn
im Kreis Büren. zu beteiligen. Nölting legt ein „Promemoria“
In einem Vertrag wurden „Vereinbarungen vor, aus dem sich die Vertragsbedingungen
zur Entnahme von Torferde aus dem Esels- ergeben sollen:
bett und dem Schwarzen Bruch“ zwischen Gebiet: Südlich der Straße nach Willebades-
Wilhelm Nölting & Co und der Oberförsterei sen liege das 80 Morgen große Schwarze
Neuenheerse abgemacht: Die Firma Nölting Bruch, nördlich davon das 56 Morgen große
erhält Erlaubnis aus dem südlichen Teil des Eselsbett; beide Moore seien als Hochmoore
Schwarzen Bruches „Moor“ zu entnehmen. anzusprechen und lieferten vorzüglichen
„Die abgetorften Flächen sind zu ebnen, asche-armen Brenntorf, wobei das Schwarze
Löcher und Wälle dürfen hierauf nicht zurück- Bruch älter und damit geeigneter sei.
bleiben“, Gräben bedürfen der Genehmigung Historie: In den 70er Jahren des 19. Jahrhun-
durch das Kreisbauamt Büren. Das Anlegen derts „bezogen die Bewohner der umliegen-
offener Feuerstellen auf dem Moor ist zur den Ortschaften aus diesen Moorfeldern ihren
Verhütung von Waldbränden strengstens un- Brenntorf“, da dann Kohlelieferungen einsetz-
tersagt. Für jeden Kubikmeter trockenen Torfs ten, brauchte man das Moor nicht mehr, es
zahlt die Firma der Forstkasse zu Lichtenau geriet in Vergessenheit. In den letzten Jahren
nach erfolgter Aufmessung 6 Mark. Am 10. (vor 1920) gewann es wieder an Bedeutung.
August 1920 meldet die Firma Nölting an die Ab 1919 wurden Versuche unternommen,
Oberförsterei Neuenheerse, dass man, um die das Moor praktisch auf seine Brauchbarkeit
Abtorfung umsetzen zu können, Torfpressen zu prüfen. Versuchsweise wurde im Sommer
aufstellen werde und zudem Arbeiter und 1920 mit einem Gefangenen-Kommando
Gefangene beschäftigen wolle. im Schwarzen Bruch Maschinentorf herge-
Um Übersicht über die aufkommenden stellt. Dieser sei hervorragend geeignet für
Kosten zu bieten, reicht Nölting am 15.09.1920 Hausbrand und Kesselfeuerung. Die im Moor
eine detaillierte „Abrechnung über das ver- genutzte Lokomobile, die die Torfmaschine
suchsweise eingerichtete Torfwerk Schwarzes antrieb, verbrauchte 8 Centner Torf am Tag.
Bruch“ ein. Es seien 4500 Centner (oder mehr) Arbeiterfrage: Da man befürchtet, mit freien
Torf vorhanden, dessen Abbau 500 Mark im Arbeitern Lohnstreitigkeiten zu haben, erwägt
Monat kosten werde. Es wird beschrieben, man das Heranziehen von Strafgefangenen,
das erste Jahr sei ein Versuchsjahr, man hoffe das sei auch wesentlich günstiger.
erst noch auf die endgültige Übertragung Erforderliche Mittel: eine Baracke, 3 Lo-
der Flächen an die Firma Nölting. Folgender komobilen, 5 Torfpressen, Gerätschaften,
Plan wurde vorgelegt: Man wolle mit drei Verschiedenes (185.000 Mark) // Arbeiter
Torfpressen auf der Südseite des Schwarzen (270.600 Mark) // - Betriebsunkosten : Miete
Bruches beginnen (das Schwarze Bruch für 4000 m Feldbahngleise und Kippwagen,
enthalte 30.000 cbm abtorfbare Moormenge, Transportkosten, Gehälter für höhere Arbeiter
das entspreche 120.000 Centnern trockenen (12.500 Mark)
Torfes). Für das Eselsbett sei nur eine Torfpres- Produktionsmengen: 140 Centner am Tag,
Rüther: Das LIFE-Projekt „Eggemoore“ – Natur- und Klimaschutz im südlichen Kreis Paderborn 119

man rechnet mit 120 Arbeitstagen, danach


könne der Torf wegen ungünstiger Witterung
wohl möglich nicht mehr trocknen.
Plan: für das Schwarze Bruch: 3 Torfmaschi-
nen für schweren Torf // für das Eselsbett: 1-2
Torfmaschinen für leichteren Torf.
Produktion: ab 01. März bis 01. August

Torfmaschinen sind stationär, daher muss


der Torf mit Kippwagen herangeschafft
werden; die Torfsoden werden auf Brettern
in Etagenwagen auf Feldbahngleisen zum
Trocknungsplatz gebracht. Abb. 11: Eine alte Torflore aus dem „Eselsbett“ steht
Am 8. Januar 1921 ergeht ein Brief der Forst- heute in Lichtenau-Hakenberg (Foto: Peter Rüther)
abteilung der Regierung an die Oberförsterei
Neuenheerse, indem bekannt gegeben wird,
dass es am 7. Januar 1921 zu einem Vertrag mit 4.2 Grunderwerb bzw. langfristige Pacht
der Firma Nölting über die Torfgewinnung in von Moorflächen
den Distrikten 83 (Schwarzes Bruch (?) vermut-
lich kam es noch einmal zu einer Änderung Grunderwerb ist eine wichtige Voraus-
der Distriktbezeichnung) und 94 (Eselsbett) setzung zur Umsetzung von Naturschutz-
gekommen ist. Auch in den folgenden Jahren maßnahmen auf Privatflächen. Vor allem bei
kommt es immer wieder zu Streitigkeiten über Wiedervernässungen wirken sich die durch-
Zuständigkeiten und Pachtverpflichtungen, geführten Maßnahmen nämlich nicht nur auf
eindeutig ist jedoch, dass aus dem Schwarzen die Maßnahmenflächen selbst aus, sondern
Bruch Torf entnommen wurde. So waren es auch auf benachbarte Flächen, über die der
(laut Aufmessungen durch das Kulturbauamt Projektträger dann verfügen können muss.
Lippstadt im Jahre 1921) 3.393,66 cbm Torf, die Wenn es sich um Privatflächen handelt, ist
entnommen wurden, und in den Folgejahren Grunderwerb auf freiwilliger Basis die beste
solle es weitergehen. Methode für alle Seiten.
Am 23. Januar 1923 tritt die Firma Nölting Ein großer Teil der Projektflächen des
aus dem Vertrag aus, die Pflichten und Rechte LIFE-Projektes „Eggemoore“ befindet sich im
werden an den Nachpächter Fritz Hanneken Eigentum des Landesbetriebes Wald und Holz
übertragen. Am 18.10.1923 wird die abgetorf- NRW, der diese Flächen zur Umsetzung der
te Menge an Torf in den Jahren 1922/23 durch konkreten Erhaltungsmaßnahmen des Pro-
das Kulturbauamt mit 4.244,4 cbm festgestellt, jektes (s. 4.3) zur Verfügung gestellt hat. Die
im Jahre 1924 solle weiter abgetorft werden. restlichen Flächen sind Privateigentum. Im
Weiter hinten in der Akte erfolgt ein Hinweis, Projektantrag war vorgesehen, diese Flächen
dass auf der bisher kultivierten Fläche (im möglichst zu erwerben – selbstverständlich
Süden?) zum Teil im selben Jahre Roggen, auf freiwilliger Basis. Sollte Grunderwerb nicht
Kartoffeln und Hafer angebaut worden ist, möglich sein, hatte der Projektträger die Mög-
was angeblich alles gut gereift sei. Bevor die lichkeit, über einen langfristigen Pachtvertrag
Akte im Februar 1925 abbricht, werden die zu verhandeln. In zwei Fällen konnten private
Konflikte bezüglich der zu bezahlenden Pacht Flächen für die Umsetzung von Maßnahmen
weitergeführt. Es kann vermutet werden, des LIFE-Projektes „Eggemoore“ gesichert
dass es zu der angekündigten Melioration der werden.
Gesamtfläche nie gekommen ist.
120 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Im Teilgebiet „Sauerbachtal Bülheim“ die wichtigsten konkreten Erhaltungsmaß-


führten Grunderwerbsverhandlungen nicht nahmen (so werden bei LIFE-Projekten die
zum Erfolg. In diesem speziellen Fall war praktischen Maßnahmen genannt).
Grunderwerb wohl auch nicht die ideale Lö-
sung, da durch einen Verkauf der Flächen die
jagdliche Nutzung der verbliebenen Fläche 4.3.1 Entfernung von Gehölzen
eingeschränkt worden wäre. Hier konnten
aber ca. 18,7 Hektar im zentralen Bereich des Dichte Gehölzbestände entziehen durch
FFH-Gebietes mit Projektmitteln für 30 Jahre ihre hohe Verdunstungsrate dem Moorkörper
gepachtet und damit für die Umsetzung von Wasser und dunkeln die moortypische Vege-
Naturschutzmaßnahmen gesichert werden. tation aus. Sollen Gehölzbestände in Mooren
Im Teilgebiet „Schwarzes Bruch“ war im Zuge von Renaturierungsmaßnahmen ent-
Grunderwerb für zwei Flächen vorgesehen, fernt werden, sollten nach Eigner & Schmatzler
eine Fläche liegt im FFH-Gebiet und eine (1991) vordringlich Flächen mit Torfmoosen
Fläche direkt angrenzend an das FFH-Gebiet. und Wollgräsern, dann Flächen mit Glocken-
Die Fläche im FFH-Gebiet konnte auch nach Heide und Besenheide, dann Flächen mit
mehrjährigen Verhandlungen nicht für das Pfeifengras und schließlich Flächen mit Moor-
LIFE-Projekt erworben und auch nicht lang- waldvegetation entkusselt werden.
fristig gepachtet werden. Eine südlich an das Der Gehölzbewuchs war in den drei Teil-
FFH-Gebiet angrenzenden Moorfläche von gebieten des LIFE-Projektes zu Projektbeginn
ca. 9,1 Hektar Größe konnte mit Projektmit- sehr unterschiedlich. Im Teilgebiet „Eselsbett“
teln erworben werden. Es handelt sich um war die Verbuschung am stärksten. Der
eine anmoorige Kiefernwaldfläche, die als zentrale Bereich des Moores war auf ca.
Pufferfläche für die Moorfläche im FFH-Gebiet 2,6 ha komplett mit dichtem Weidengebüsch
dienen kann. Dieser Grunderwerb ist ein gro- zugewachsen. Hier war der Handlungsdruck
ßer Erfolg des Projektes, da sie sich jetzt im für Verbesserungsmaßnahmen am größten.
öffentlichen Eigentum befindet und die das Die Weiden sollten im Rahmen des Projektes
FFH-Gebiet um diese Fläche erweitert werden möglichst komplett entfernt werden. Im Teil-
kann. gebiet „Schwarzes Bruch“ standen vereinzelt
Im Teilgebiet „Eselsbett“ war Grunderwerb Nadelgehölze (Fichten und Kiefern) auf der
oder langfristige Pacht nicht erforderlich, Fläche. Hier war der Handlungsbedarf nicht
da sich die Maßnahmenflächen bereits zu ganz so stark, da die Gehölze keinen ge-
Projektbeginn vollständig im Eigentum des schlossenen und undurchdringlichen Bestand
Landesbetriebes Wald und Holz befanden. bildeten, sondern vereinzelt auf den Flächen
standen. Zudem handelte es sich um nicht
wiederausschlagfähige Nadelgehölze. Im
4.3 Konkrete Erhaltungsmaßnahmen des Teilgebiet „Sauerbachtal Bülheim“ liegen die
LIFE-Projektes kleinen Moorflächen in einem bewaldeten
Bachtal. Hier mussten die Moore freigestellt
Zwei Maßnahmen sind bei der Wiederher- werden und für die Zukunft muss vor allem
stellung eines natürlichen Wasserhaushalts darauf geachtet werden, dass die Moore nicht
von Moorflächen von zentraler Bedeutung: wieder durch Gehölzaufwuchs zuwachsen.
Die Einschränkung der Wasserverdunstung Die regelmäßige Durchführung von
durch aufgewachsene Gehölze und die Entkusselungsmaßnahmen bleibt in allen
Verhinderung von nicht natürlichen Wasser- drei Teilgebieten des LIFE-Projektes so lange
abflüssen. Diese Maßnahmentypen waren erforderlich, wie der Wasserstand zumin-
auch bei der Renaturierung der „Eggemoore“ dest mittelfristig nicht ausreicht, um ein
Rüther: Das LIFE-Projekt „Eggemoore“ – Natur- und Klimaschutz im südlichen Kreis Paderborn 121

Aufwachsen von Gehölzen (mit Ausnahme Um eine Eutrophierung der Moorstandorte


von Zwergsträuchern) zu verhindern. Eine zu vermeiden, sollten große Mengen von Ent-
regelmäßige Entkusselung der Moordämme kusselungsmaterial abtransportiert werden.
(s. 4.2.2) ist ebenfalls vordringlich, weil deren Ein Verbrennen von Gehölzmaterial im Moor
Funktionstüchtigkeit durch Gehölzbewuchs war wegen der geringen Flächengröße der
gefährdet würde. Moorflächen in den Teilgebieten der „Egge-
Um die trittempfindliche Moorvegetation moore“ nicht geraten. Kleine Mengen von
weitestmöglich zu schonen, erfolgen Entkus- Entkusselungsmaterial können in den Mooren
selungsarbeiten idealerweise in Frostperio- verbleiben.
den. Üblicherweise wird mit den Entkusselun- Die Durchführung der Gehölzentnahmen
gen aufgrund der gesetzlichen Regelungen für das LIFE-Projekt war ursprünglich nach
des Bundesnaturschutzgesetzes ab Oktober der Fertigstellung des Management- und
begonnen. Bei sehr starkem Gehölzaufwuchs Biotopverbundplans vorgesehen. Durch
sollte der Beginn auf Ende August vorverlegt Verzögerungen bei der Fertigstellung des
werden, was jedoch dann einer gesonderten Plans und die dadurch bedingte Verzögerung
behördlichen Anordnung oder Zulassung bei der Umsetzung der praktischen Erhal-
bedarf. tungsmaßnahmen wurde die Entfernung des
Der Einsatz von Herbiziden im Rahmen Weidengebüsches im Teilgebiet „Eselsbett“
von Entkusselungsarbeiten wurde im Rah- vorgezogen, da hier der stärkste Handlungs-
men des LIFE-Projektes kritisch gesehen. In druck war. Zudem war man sich am Anfang
Betracht gekommen wäre ein solcher Einsatz des Projektes noch nicht sicher, was wirklich
am ehesten zur Bekämpfung der besonders die beste Methode für die Gehölzentfernung
ausschlagkräftigen Weiden (Salix spec.). in diesem speziellen Fall wäre. Alle Projektbe-
Der Auftragnehmer des Management- und teiligten waren sich darin einig, dass die voll-
Biotopverbundplans erhielt den Auftrag, die ständige Beseitigung des Weidenaufwuchses
Vor- und Nachteile eines Herbizid-Einsatzes im zentralen Moorbereich des Teilgebietes
zu bewerten. Die Steuerungsgruppe des „Eselsbett“ aus naturschutzfachlicher Sicht
Projektes (s. 4.4) beschäftigte sich intensiv sinnvoll sei, dass keine FFH-Lebensraumtypen
mit dieser Frage und kam zu der Auffassung, und keine Vorkommen bedeutsamer Pflanzen
dass ein Herbizid-Einsatz in einem FFH- und oder Tiere von der Maßnahme betroffen seien
Naturschutzgebiet nicht zu vertreten sei. und dass daher schon im Herbst 2015 vor der
Entkusselungen können auf verschiedene Fertigstellung des Management- und Bio-
Art durchgeführt werden. Mehrjährige Säm- topverbundplans mit der Gehölzentfernung
linge können noch von Hand gezogen wer- im Teilgebiet „Eselsbett“ begonnen werden
den. Stockausschläge werden mit Astscheren könne.
oder Freischneidern geschnitten. Ein Roden Diese Maßnahme sollte vereinbarungsge-
der Gehölze muss in Bereichen mit einer ge- mäß durch Forstwirte des Landesbetriebes
ringen Torfauflage in der Regel unterbleiben, Wald und Holz durchgeführt werden. Tatkräf-
da die Gefahr besteht, dass die Wurzeln bis in tige Unterstützung erhielten die Projektpart-
den mineralischen Untergrund reichen. Auch ner im Jahr 2015 durch das Bergwaldprojekt.
sonst führt das Roden größerer Gehölze zu Dieser Verein organisiert jedes Jahr deutsch-
unerwünschten Störungen des natürlichen landweit in großen Naturschutzprojekten
Torfaufbaues. Allerdings lassen sich sehr (vielfach in LIFE-Projekten) Workcamps mit
stockausschlagfreudige Gehölze, vor allem Freiwilligen. Im September 2015 begannen
Weiden, aber auch Faulbaum und Birken, nur Freiwillige des Bergwaldprojektes und der
durch Rodungen der Wurzelstöcke nachhaltig Biologischen Station auf einer Fläche von
beseitigen. ca. 4.000 qm Weidengebüsche im Teilgebiet
122 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

„Eselsbett“ von Hand zu entfernen. Die Maßnahmenflächen im Teilgebiet „Eselsbett“


Entfernung von Hand war sehr aufwändig, ohne allzu großen Aufwand durchführen
u.a. wegen der Schwierigkeiten bei der Be- kann, ist ein fester Weidezaun erforderlich.
gehbarkeit und wegen langer Transportwege Dieser wurde im Herbst 2019 von Mitar-
für das Gehölzmaterial. Die Einsatzwoche beitern der Biologischen Station errichtet.
des Bergwaldprojektes lieferte aber wichtige Um die Durchgängigkeit für das im Gebiet
Erkenntnisse für die weitere Durchführung vorhandene Hochwild zu erhalten, wurde der
dieser Maßnahme. Die wichtigste Erkenntnis Weidezaun so konstruiert, dass an mehreren
war, dass eine manuelle Gehölzentnahme Stellen kein Draht verwendet wurde. Immer
nicht zum gewünschten Erfolg führen würde, wenn die Fläche beweidet wird, verschließt
da ein Großteil der Wurzeln mit dem zur der Tierhalter die offenen Zaunbereiche mit
Verfügung stehenden Gerät nicht entfernt mobilen Weidezäunen und baut diese nach
werden konnte. Nach Beratung mit allen Pro- der Beweidung wieder ab.
jektbeteiligten wurde deshalb entschieden, Die Gehölzentnahme im Teilgebiet
die Maßnahme nicht mehr durch eigenes „Schwarzes Bruch“ verlief insgesamt einfa-
Personal des Landesbetriebes Wald und Holz cher. Eine Schwierigkeit waren allerdings die
umzusetzen, sondern durch eine Fachfirma nicht so strengen Winter in den ersten Jahren
mit Spezialgerät. Die Maßnahme wurde daher des Projektes. Es herrschte kaum Frost und
im Dezember 2015 öffentlich ausgeschrieben der Boden war stark vernässt. Das Fällen der
und die Durchführung an eine Fachfirma aus Bäume ist zwar auch bei nicht durchgefrore-
Sachsen vergeben. nem Boden möglich, ein bodenschonender
Die Umsetzung der Maßnahme erfolgte maschineller Abtransport des Gehölzmate-
größtenteils im Februar 2016. Ende Februar rials allerdings nicht. Die ersten Winter der
mussten die Maschinenarbeiten wegen des Projektlaufzeit waren derart mild, dass die
Beginns der Brutperiode eingestellt werden. Mitarbeiter des Landesbetriebes Wald und
Bis zu diesem Zeitpunkt konnten zwar alle Holz nur sehr langsam vorankamen und der
Gehölze mit den Maschinen aus dem Boden überwiegende Teil der Arbeiten erst ab dem
gerissen werden, das im Boden verbliebene 5. Projektjahr durchgeführt werden konnte.
Wurzelmaterial aber noch nicht entfernt
werden; außerdem musste Gehölzmaterial
der Baustraßen für die Durchführung der Re- 4.3.2 Verhinderung des Wasserabflusses
starbeiten auch erst noch im Gebiet verblei-
ben. Der Abschluss der Maßnahme erfolgte Die Verhinderung von Wasserabflüssen
schließlich nach der Brutzeit im August 2016. wurde im LIFE-Projekt „Eggemoore“ auf
Um in den Jahren nach der Gehölzentnah- zwei verschiedene Arten durchgeführt. Gut
me ein erneutes Zuwachsen der Moorflächen erkennbare Grabenstrukturen wurden durch
im „Eselsbett“ mit Gehölzen zu verhindern, übererdete Holzspundwände geschlossen
muss darauf geachtet werden, dass nach (s. 4.3.2.1). In Bereichen ohne erkennbare
Projektende kein Wiederausschlagen von Grabenstrukturen, in denen ein Wasserabfluss
im Boden verbliebenen Wurzelstücken der oberflächlich diffus oder durch nicht sichtba-
Weiden erfolgt. Dies kann zum einen motor- re, unterirdische Strukturen erfolgt, wurden
manuell z. B. mit Freischneidern oder durch Moordämme gebaut (s. 4.3.2.2).
Beweidung erfolgen. Die Projektbeteiligten
entschieden sich für eine Beweidung, die in
den ersten Jahren durch eine motormanuelle
Pflege unterstützt werden kann. Damit ein
Tierhalter eine fachgerechte Beweidung der
Rüther: Das LIFE-Projekt „Eggemoore“ – Natur- und Klimaschutz im südlichen Kreis Paderborn 123

4.3.2.1 Bau von Holzspundwänden

In allen abflusswirksamen Gräben in den


Teilgebieten „Eselsbett“ und „Schwarzes
Bruch“ wurden mehrere Holzspundwände
hintereinander gebaut, die eine Kammerung
der Abflussgräben bewirken und diese hyd-
raulisch unwirksam machen. Abb. 12: Grabenkammerung im Längsschnitt, aufgebaut
Für den Bau der Holzspundwände wur- auf der Grabensohle (aus: BAFU 2009).
den an den dafür vorgesehenen Stellen ein
ausreichend dimensionierter Graben quer
zum Abflussgraben von Hand ausgehoben,
Pfosten als Widerlager für die Holzbohlen ein-
gerammt, die Holzbohlen in Nut-und-Feder-
Bauweise eingesetzt. Anschließend wird das
Holzbauwerk an der anströmenden Seite mit
Grassoden (Wurzelfilz nach aussen) verkleidet
Abb. 13: Grabenkammerung im Längsschnitt mit
und ganz zum Schluss nur die Dammkrone einem ausgebaggerten Querschlag für den Einbau der
(aus Holz) flach mit Vegetation überdeckt. Holzspundwand (aus: BAFU 2009).
Durch diese Gemischtbauweise aus Holz und
bodenständigem Material wird eine möglichst
lange Funktionssicherheit der Holzspund-
wände gewährleistet. Je nach Wasserstand
und bodenmechanischen Eigenschaften des
Untergrundes wurde die Holzspundwand
entweder direkt in die Grabensohle getrieben
oder es wurde über ein Querprofil der Boden
eingetieft und darin die Spundwand einge-
setzt. Die Oberkante der Holzspundwand
wurde mit jeweils geringen Stauzielen von
5–10 cm über Gelände ausgeführt. Auf diese
Weise wird sowohl eine nicht erwünschte
stärkere Überstauung vermieden und der
Holzkern bleibt möglichst dauerhaft was- Abb. 14: Prinzipskizze zu einer Grabenkammerung mit
sergesättigt und vor Zersetzung geschützt. einer Holzspundwand. Bauzustand vor dem Abdecken
Die Breite der übererdeten Holzspundwände mit Torf / Bodenmaterial (aus: BAFU 2009).
betrug abhängig von Grabenprofil und Ge-
ländesituation 2–4 Meter. Die Bauausführung
ist in den Abb. 12–14 skizziert. Im Teilgebiet
„Schwarzes Bruch“ bildete diese Art des
Grabenverschlusses das Hauptelement der
wasserbaulichen Maßnahmen. Im Teilgebiet
„Eselsbett“ wurden die wenigen erkennbaren
Grabenstrukturen auch auf diese Weise un-
wirksam gemacht.
124 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

4.3.2.2 Bau von Moordämmen Unternehmer und von Experten aus anderen
Moorschutz-Projekten eingebracht wurde.
Durch Moordämme werden diffuse Große Probleme bereitete z. B. die Tatsache,
Wasserabflüsse unterbunden, die durch dass viele Wasserlöcher und Schwimmdecken
Torfabbau entstanden sind und in Richtung bei der Planung gar nicht berücksichtigt
auf die Moorrandbereiche verlaufen. Die werden konnten, weil sie erst erkennbar
Moordämme halten das aus Niederschlägen wurden, als die Weiden entfernt waren. Au-
resultierende Oberflächenwasser zurück. ßerdem erfolgten als unmittelbare Folgen
Bei Hangmooren mit einem leichten Gefälle der Gehölzrodungen Störungen der oberen
erfolgt dies auf unterschiedlich hoch gele- Torfstrukturen, wodurch die Tragfähigkeit
genen Teilflächen. Die Struktur von Damm- des stark wassergesättigten Bodens weiter
systemen muss an die Morphologie des eingeschränkt wurde. Da die Torfdämme nur
jeweiligen Moores angepasst werden. Jeder dort hätten aufgebaut werden können, wo
einzelne Damm verläuft hierbei jeweils auf
einem Höhenniveau. Diese Form der Wasser-
rückhaltung wurde im Teilgebiet „Eselsbett“
umgesetzt. Im Teilgebiet „Schwarzes Bruch“
wurden am Südwestrand des Gebietes
zwei Moordämme angelegt, von denen
einer die Funktion einer alten Spundwand
aus Kunststoff übernimmt, die mittlerweile
spröde und brüchig geworden war. Ein
weiterer Moordamm wurde im Norden des
Teilgebietes „Schwarzes Bruch“ erforderlich
und sichert private Nachbargrundstücke vor
steigenden Grundwasserständen.
Bereits in der Antragsphase wurde erkenn-
bar, dass die Moor-Renaturierung im Teilge- Abb. 15: In den zentralen Abschnitten wurden die
biet „Eselsbett“ die größte Herausforderung Moordämme mit einem Holzkern gebaut
(Foto: Peter Rüther).
des Projektes sein würde. Ein wesentlicher
Grund dafür ist neben der ausgedehnten
Weiden-Sukzession das Fehlen konkreter
entwässernder Strukturen, wie sie in vielen
Mooren mit Torfabbau – so auch im Teilge-
biet „Schwarzes Bruch“ – vorhanden sind.
Stattdessen ist das „Eselsbett“ geprägt durch
eine raue Oberflächenstruktur mit vielen
kleinen oberflächlichen Rinnsalen, von denen
einige nur im Winter-Halbjahr erkennbar sind,
und nur wenigen erkennbaren Erosionsrin-
nen. Die Wiedervernässung im Teilgebiet
„Eselsbett“ konnte auch tatsächlich nicht
einfach wie aus einem Lehrbuch umgesetzt
werden. Vielmehr musste die Fachplanung Abb. 16: Schon kurze Zeit nach Fertigstellung der
Dämme im Teilgebiet „Eselsbett“ konnte man die
der Hydrologen mehrmals angepasst werden.
wasserstauende Wirkung erkennen – trotz der geringen
Dazu war externer Sachverstand erforderlich, Niederschläge und der hohen Temperaturen im Sommer
der glücklicherweise von einem erfahrenen 2018 (Foto: Peter Rüther).
Rüther: Das LIFE-Projekt „Eggemoore“ – Natur- und Klimaschutz im südlichen Kreis Paderborn 125

auch fester Torf im Untergrund vorhanden LIFE-Projekten. Im LIFE-Projekt „Eggemoore“


war, konnten diese erst nach der Gehölzent- waren dies die folgenden Aktionen:
fernung genau verortet werden.
Das Dammsystem im Teilgebiet „Eselsbett“ Aufbau und Betreuung einer Internetseite
wurde aus mehreren, mehr oder weniger Eine Internetseite mit Hintergrundinfor-
parallel zueinander verlaufenden Dämmen mationen, Veranstaltungshinweisen und
aufgebaut (Abb. 15, 16). Die räumliche Anord- weiterführenden Links gehört schon lange
nung der einzelnen Dämme war durch die zu den Standard-Instrumenten in der Öffent-
geländemorphologischen Gegebenheiten lichkeitsarbeit für Naturschutz-Projekte. Bei
vorgegeben und wurde während der Baupha- LIFE-Projekten müssen die Internetseiten
se durch ein vorauseilendes Feinnivellement auch noch einige Jahre nach Projektende von
im Detail festgelegt. dem Projektträger weiter gepflegt werden.
In die Moordämme wurden Durchlassrohre Die Informationen zum Projekt „Eggemoore“
eingebaut, auf denen zustromseitig 90°-Win- gibt es unter www.life-eggemoore.de. Für die
kelrohre montiert sind. Über diese Durchlässe Internetseite wurden auch Filmbeiträge von
kann Überschusswasser aus höher gelegenen 3 bis 3,5 Minuten Länge erstellt, in denen
Flächen kontrolliert auf tiefer gelegene Flä- vor allem Projekt-Akteure zu verschiedenen
chen abgeleitet werden. Dies verhindert die Themen bzw. Maßnahmen zu Wort kommen.
Überströmung und eine daraus resultierende
Zerstörung der Moordämme. Gleichzeitig Erstellung von Flyern
ermöglicht ein solches System das Einregu- Auch wenn viele Projekt-Informationen
lieren von Wasserständen beziehungsweise heute über Internetseiten vermittelt werden,
das Wasserhaushaltmanagement. Die Durch- sind Flyer nach wie vor ein wichtiges Instru-
lassrohre wurden jeweils am Anfang und am ment der Öffentlichkeitsarbeit, um Außen-
Ende der mit Holzspundwänden verstärkten stehenden überhaupt erst mal einen Hinweis
Dammbereiche eingesetzt. Der massive auf ein bestimmtes Projekt zu geben. In der
Holzkern aus Eichenbohlen (mit beidseitiger Regel sind Projektflyer heute kurz und knapp
Führung von jeweils 80 mm kraftschlüssig gehalten, verweisen auf die entsprechenden
verbunden) sichert auch in den nicht tragfä- Internetseiten und werden nicht mehr in
higen Bereichen die Statik der Dämme. An großen Auflagen gedruckt – eine auch aus
längeren Dammsystemen wurde etwa je Umweltschutzgründen begrüßenswerte Ent-
100 m Dammlänge hangseitig etwa 10 m lan- wicklung. Für das LIFE-Projekt „Eggemoore“
ge und im rechten Winkel zum Hauptdamm wurden zwei Flyer entwickelt: der erste direkt
verlaufende Stichdämme angelegt. Dies soll zu Projektbeginn und der zweite im 5. Projekt-
bei möglichen Dammleckagen die möglichen jahr.
Wasserverluste reduzieren.
Erstellung einer Wanderausstellung
Eine Wanderausstellung ist ein eher traditi-
4.4 Öffentlichkeitsarbeit onell anmutendes Instrument der Öffentlich-
keitsarbeit. Eine gut gestaltete Ausstellung
Öffentlichkeitsarbeit ist ein wichtiger Punkt kann aber auch heute noch Aufmerksamkeit
in allen LIFE-Projekten. Die EU legt großen für ein Thema erzeugen. Im LIFE-Projekt „Eg-
Wert darauf, Ziele, Maßnahmen und Ergebnis- gemoore“ wurden Roll-Up-Displays erstellt.
se von mit EU-Mitteln geförderten Projekten Diese sind vergleichsweise günstig in der
einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu Herstellung und lassen sich ohne großen Auf-
machen. Daher sind Aktionen zur Öffent- wand auf- und wieder abbauen. Zu Projektbe-
lichkeitsarbeit verpflichtende Bausteine von ginn wurden drei Roll-Ups mit grundlegenden
126 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Informationen zum Projekt erstellt, die auf Durchführung einer Fachtagung


verschiedenen Veranstaltungen von Anfang Eine Fachtagung gehört ebenfalls zu den
an präsentiert werden konnten. Sie wurden Standard-Maßnahmen in einem LIFE-Projekt.
nach 4 Jahren ergänzt durch 12 Roll-Ups, auf Sie dient der Verbreitung der Projektergebnis-
denen vor allem Ergebnisse des Schutz- und se in der Fachwelt, aber auch dem Austausch
Entwicklungskonzeptes dargestellt sind. mit anderen Projekten und der Kommuni-
Diese Roll-Ups wurden kurze Zeit später um kation zwischen Naturschutz-Akteuren. Die
5 Media-Roll-Ups erweitert, auf denen kurze Tagung zum LIFE-Projekt „Eggemoore“ fand
Filmbeiträge (Länge ca. 2 Minuten) mit kur- kurz vor Projektende im September 2019 in
zen Überschriften und ohne Ton abgespielt der Universität Paderborn statt (Abb. 17).
werden können. Innerhalb der ersten beiden
Jahre nach Fertigstellung wurde die Ausstel- Informationsveranstaltungen
lung an 9 Orten präsentiert. Die Ausstellung Regelmäßige Informationen über das
wird nach Projektende von der Biologischen Projekt auf Veranstaltungen, in politischen
Station weiter betreut. Ausschüssen, bei Fachtagungen oder auf
öffentlichen Führungen im Projektgebiet sind
Erstellung eines Laienberichts wichtig, um das Projekt bekannt zu machen
Mit dem Begriff Laienbericht (layman’s und um Akzeptanz in der Bevölkerung zu
report) wird eine gut bebilderte Darstellung erhalten für die teilweise hohen Ausgaben
des LIFE-Projektes für die interessierte Öffent- für Naturschutzvorhaben aus Steuermitteln.
lichkeit bezeichnet. In der Broschüre werden Im LIFE-Projekt „Eggemoore“ fanden in der
die Ziele, Maßnahme und Ergebnisse für Laien Projektlaufzeit insgesamt 30 Informationsver-
verständlich zusammengefasst. Auch für das anstaltungen statt. Vor allem die öffentlichen
LIFE-Projekt „Eggemoore“ wurde ein Laienbe- Führungen im Projektgebiet waren stets sehr
richt zum Projektende in Papierform und als gut besucht – ein guter Indikator dafür, dass
Download für die Internetseite erstellt. sich die Bevölkerung in den umgebenden
Ortschaften für dieses Projekt interessiert.

Abb. 17: Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Abschlusstagung des LIFE-Projektes am 26.09.2019 in der Universität
Paderborn (Foto: Katrin Fieseler)
Rüther: Das LIFE-Projekt „Eggemoore“ – Natur- und Klimaschutz im südlichen Kreis Paderborn 127

Aussichtsturm und Informationstafeln die Verantwortlichkeiten in einem solchen Ko-


Stellen im Gelände, von denen aus man operationsprojekt zu regeln, ist es üblich, ei-
einen guten Blick auf die Projektflächen nen Kooperationsvertrag dazu abzuschließen.
hat, sind geeignet, um Informationstafeln Dieser wurde für das Projekt „Eggemoore“ im
aufzustellen und evtl. auch um von einem März 2014 unterzeichnet.
Aussichtsturm aus einen besseren Blick auf Für die Kommunikation der Kooperations-
die Maßnahmenflächen anzubieten. In vielen partner untereinander wurde für die Laufzeit
LIFE-Projekten werden daher auch Aussichts- des Projektes eine sog. Steuerungsgruppe
türme im Gelände errichtet. Da zwei der drei eingerichtet, in der neben den drei Projekt-
Teilgebiete des LIFE-Projektes „Eggemoore“ partnern auch der Kreis Paderborn als untere
für die Öffentlichkeit aber nicht gut zugäng- Naturschutzbehörde sowie das Landesamt
lich sind (eines davon ist Sperrgebiet, in dem für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz
anderen gibt es keine Wege), war dies keine Nordrhein-Westfalen als Naturschutz-Fach-
zentrale Maßnahme der Öffentlichkeitsarbeit einrichtung des Landes vertreten waren.
im Projekt. Am Ende der Projektlaufzeit ent- Auf den insgesamt 25 Sitzungen der Steue-
schieden sich die Akteure aber doch dafür, rungsgruppe informierten sich die Mitglieder
im Teilgebiet „Eselsbett“ einen kleinen Aus- gegenseitig über den Fortgang der jeweiligen
sichtsturm zu errichten, der einen guten Blick Arbeiten. Außerdem wurden grundsätzliche
über die von Gehölzen freigestellten und mit Fragen zum Vorgehen in der Gruppe disku-
Dämmen versehenen Moorflächen ermög- tiert und abgestimmt.
licht. Im Turm wurden drei Informationstafeln Im Laufe des Projektes muss der koordi-
aufgestellt. nierende Begünstigte (Biologische Station)
der EU-Kommission regelmäßig Bericht
Vernetzung mit anderen (LIFE-) Projekten erstatten. Üblich sind ein Eingangsbericht, ein
Die Vernetzung mit anderen europäischen Zwischenbericht und ein Endbericht sowie –
Akteuren bzw. Projekten wird bei Projekten sofern mehr als 18 Monate zwischen diesen
mit EU-Förderung stark gefördert. Daher Berichten liegen – weitere Fortschrittsberich-
ist auch bei LIFE-Projekten der fachliche te. Für organisatorische oder fachliche Fragen
Austausch mit anderen Projekten in der EU des Projektträgers stellt die EU-Kommission
sehr erwünscht. Die Akteure im LIFE-Projekt den Projekten ein externes Monitoring-Team
„Eggemoore“ haben verschiedene LIFE- zur Verfügung, in denen jeweils ein konkreter
Projekte besucht, die sich ebenfalls mit der Ansprechpartner für jedes Projekt benannt
Renaturierung von Mooren beschäftigen, und wird. Jedes Projekt wird einmal im Jahr von
an mehreren, teilweise internationalen Fach- den Mitarbeitern des externen Monitoring-
tagungen teilgenommen. Darüber haben sich Teams besucht.
gute Kontakte ergeben, die auch nach dem
Projektende noch tragfähig sind.
4.6 Wie geht es weiter?

4.5 Projektsteuerung Ein LIFE-Projekt ist in der Regel nicht


beendet, wenn das Ende der EU-Förderung
Das LIFE-Projekte „Eggemoore“ ist ein erreicht ist. Damit die im Projekt umgesetzten
Kooperationsprojekt zwischen einer priva- Maßnahmen eine möglichst lange Wirkung
ten Naturschutz-Organisation (Biologische entfalten können, ist eine langfristige Betreu-
Station) und zwei Landesverwaltungen (Lan- ung der Projektflächen und der Maßnahmen
desbetrieb Wald und Holz, Bezirksregierung der Öffentlichkeitsarbeit durch eine Fach-
Detmold). Um die Aufgabenverteilung und Einrichtung sinnvoll. Die langfristige fachliche
128 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Betreuung von Schutzgebieten und anderen 5 Literatur


aus Naturschutzsicht wertvollen Flächen ist
die Grundaufgabe von Biologischen Statio- Ahnfeldt, F. (1996): Jahresbericht 1995 zum
nen in Nordrhein-Westfalen. Insofern ist die Betreuungsvertrag für das NSG Eselsbett.
Biologische Station Kreis Paderborn – Senne – Bericht für die Gemeinschaft für Natur-
die ideale Einrichtung, um auch nach dem schutz Senne und Ostwestfalen e. V., 54 S.
Ende des LIFE-Projektes „Eggemoore“ die + Anlage; Augustdorf. [unveröffentlicht]
Projektergebnisse langfristig zu sichern.
Grundlage der Arbeit der Biologischen Sta- Ahnfeldt, F. (1997): Jahresbericht 1996 zum
tion ist ein sog. „After LIFE Conservation Plan“. Betreuungsvertrag für das NSG Eselsbett.
Dieser muss am Ende von LIFE-Projekten er- – Bericht für die Gemeinschaft für Natur-
stellt werden. In dieser Fachplanung werden schutz Senne und Ostwestfalen e.V., 49 S. +
Aufgaben und Maßnahmen aufgeführt, die Anlage; Augustdorf. [unveröffentlicht]
auch nach Projektende noch anfallen können.
Außerdem werden Verantwortlichkeiten Ahnfeldt, F. (1998a): Jahresbericht 1997 zum
benannt und Finanzierungsfragen geklärt. Betreuungsvertrag für das NSG Eselsbett.
Auch für das LIFE-Projekt „Eggemoore“ wur- – Bericht für die Gemeinschaft für Natur-
de ein solcher After LIFE Conservation Plan schutz Senne und Ostwestfalen e. V., 40 S.
entwickelt und mit allen Projektbeteiligten + Anlage; Augustdorf. [unveröffentlicht]
abgestimmt. So ist auch für die nächsten
Jahre nach Projektende sichergestellt, dass Ahnfeldt, F. (1998b): Zusammenfassung und
die Projektflächen weiter beobachtet und Bewertung der Ergebnisse 1992–1997 zum
betreut werden und dass Auswirkungen der Betreuungsvertrag für das NSG Eselsbett.
Projektmaßnahmen dokumentiert werden – Bericht für die Gemeinschaft für Natur-
und ggfs. notwendige Schritte zur Sicherung schutz Senne und Ostwestfalen e. V., 34 S.
und auch weiteren Verbesserung der Gebiete + Anlage; Augustdorf. [unveröffentlicht]
eingeleitet werden können.
Die Biologische Station Kreis Paderborn- Ahnfeldt, F. (1999): Jahresbericht 1998 zum
Senne bedankt sich bei der EU-Kommission, Betreuungsvertrag für das NSG Eselsbett.
beim Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, – Bericht für die Gemeinschaft für Natur-
Natur- und Verbraucherschutz NRW und beim schutz Senne und Ostwestfalen e. V., 34 S.
Landesbetrieb Wald und Holz NRW für die + Anlage; Augustdorf. [unveröffentlicht]
finanzielle Förderung des Projektes sowie
bei Jan Sliva vom externen Monitoring-Team Ahnfeldt, F. (2000): Jahresbericht 1999 zum
NEEMO für die stets kompetente Beratung Betreuungsvertrag für das NSG Eselsbett.
und gute Zusammenarbeit. Eine große Hilfe – Bericht für die Gemeinschaft für Natur-
waren auch die vielen ehrenamtlichen Helfer schutz Senne und Ostwestfalen e. V., 35 S.
des Bergwaldprojektes e.V., die zwischen 2015 + Anlage; Augustdorf. [unveröffentlicht]
und 2019 immer für eine Projektwoche im
September bei „Wind und Wetter“ körperlich Ahnfeldt, F. (2001): Jahresbericht 2000 zum
anstrengende Arbeiten in den Eggemooren Betreuungsvertrag für das NSG Eselsbett.
verrichtet haben. Ihnen sei herzlich gedankt, – Bericht für die Gemeinschaft für Natur-
dass sie jeweils eine Woche ihrer Freizeit für schutz Senne und Ostwestfalen e. V., 42 S.
das Projekt eingesetzt haben. + Anlage; Augustdorf. [unveröffentlicht]
Rüther: Das LIFE-Projekt „Eggemoore“ – Natur- und Klimaschutz im südlichen Kreis Paderborn 129

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Südbeck, P.; Bauer, H.-G.; Boschert, M.; Boye, P.;


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Sudmann, S. R.; Grüneberg, C.; Hegemann, A.;


Herhaus, F.; Möller, J.; Nottmeyer, K.; Schubert,
W.; von Dewitz, W.; Jöbges, M.; Weiss, J. (2011):
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vögel - Aves - in Nordrhein-Westfalen, 5.
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Verbücheln, G.; Hinterlang, D.; Pardey, A.; Pott, R.;


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Forsten / Landesamt für Agrarordnung 5:
318 S.; Recklinghausen.
Berichte Naturwiss. Verein für Bielefeld und Umgegend 57 (2020),, S. 133 – 135

Überraschungs-Pilzfund auf Fahrradtour

Thomas KIPER, Bielefeld

Mit 3 Abbildungen

Abb. 1: Baumstamm mit verschiedenen Knochenporlingsgruppen vom Radweg aus zu sehen

Es ist Ende September. Schönes Wetter. Auf Radweg verläuft auf einer Art Damm, rechts
meiner Radtour von Sennestadt nach Minden geht es recht steil in ein tiefer gelegenes klei-
habe ich in Bünde die Werre erreicht. Ich fahre nes Gehölz, unübersichtlich, mit viel Totholz.
auf dem besonders schönen Abschnitt des Beim Vorbeifahren fällt mein Blick auf einen
Werreradwegs zwischen Löhne-Bahnhof und liegenden Stamm unten mit einem auffälligen
Bad Oeynhausen. Jetzt liegt die Werre links weißen Fleck!
neben mir, vorbei an den Tennisplätzen, mein

Verfasser:
Thomas Kiper, Hunteweg 28, 33689 Bielefeld
134 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Das da unten, das könnte doch, ja das


müsste doch ein Pilz sein. Vielleicht ein Aller-
weltsporling, vielleicht ein Schwefelporling.
Nein Schwefelporling würde ja nicht so weiß
aussehen, nicht wie dieses Weiß. Die Neugier
siegt. Vorsichtig steige ich den steilen Ab-
hang hinunter. Ach, da sind ja noch ein paar
Gruppen von Fruchtkörpern dieses Pilzes an
demselben Baumstamm. Huch, ein Baumpilz
mit Stiel. Hat er überhaupt Poren? Ja, weiße
Poren! Oder doch nicht? Die Poren sind so
winzig, dass ich sie zuerst nicht sicher erkenne,
dann aber doch. Auffällig, dass die Poren auch
am Stiel herunterlaufen, dort sind sie etwas Abb. 2: Mehrere Fruchtkörper sind strunkartig miteinan-
sicherer zu erkennen. Ein Porling ja, aber mir der verwachsen.
ist nichts mit diesem Aussehen bekannt.

Diesen Pilz kenne ich nicht!

Ich blicke ein bisschen um mich herum. Es


wimmelt von weiteren Arten, ich werde abge-
lenkt. Ganze Teppiche junger Schwefelköpfe,
wunderschöne Glimmertintlinge, da hinten
riesige Flache Lackporlinge. Nein, ich will
mich konzentrieren auf den merkwürdigen
Fund. Wie groß? Kleinere Exemplare sind gut
5 cm im Durchmesser, aber der größte hat
fast 25 cm. Und welch merkwürdige Formen,
Abb. 3: Drei Tage später sind die Pilze gedunkelt.
und wie die unregelmäßig geformten Hüte
strunkartig miteinander verwachsen sind. Die
Farbe: vorwiegend weiß, aber in Partien auch
deutlich grau. Und jetzt entdecke ich Exemp- habe ich auch noch nie gesehen. Kannst du
lare, die zur Mitte hin eher graubräunlich, ja mir ein Stückchen davon hier lassen?“ Wir
sogar rötlich sind. teilen meine Probe. Ich radle nach Hause,
Leider habe ich überhaupt keine Idee, was beruhigt, wenn auch weiter unwissend.
ich da gefunden habe. Aufgeregte Enttäu- Doch bin ich kaum eine Stunde zu Hause,
schung. Ich nehme von einem der großen bekomme ich einen Anruf: „Das ist ein Kno-
Strünke eine Probe ab und verpacke sie – in chenporling, Osteina obducta, ganz selten,
meiner Brottüte. Noch ein paar Fotos machen. in NRW noch nie nachgewiesen. Ich hab ihn
Ach ja, und ich müsste ja feststellen, was für gefunden in ,Pilze der Schweiz‘. Und ich habe
ein Baumstamm da liegt. Die Bestimmung eine Beschreibung im Boletus gefunden,
gelingt mir aber nicht. schicke dir eine Kopie. Die Beschreibung passt
Ich radele auf dem Rückweg bei der sehr gut.“
Pilzkundlerin Marieluise Bongards in Heepen
vorbei. Sie ist wie immer hilfsbereit. Sie schaut
sich den Pilz an. „Ja, ein Porling, aber nein,
Kiper: Überraschungs-Pilzfund auf Fahrradtour 135

Boletus, 29, 2006, Heft 2, Seite 71 und 72 die Verfärbung zur Mitte hin bei den älteren
Exemplaren noch etwas fortgeschritten.
Heike Heklau & Heinrich Dörfelt zu ihren Nun beginne ich, das Terrain im Umkreis
Pilzfunden in der Mongolei: „Von besonderer von 50 Metern zu untersuchen, durch un-
Bedeutung scheint uns […] der vielhütige wegsames Unterholz und Totholz vorbei an
Porling zu sein, den wir in sehr ähnlicher vielen Schwefelköpfen, Glimmertintlingen,
Form in montanen Lärchenwäldern des Mon- Holzkeulen, Haustintlingen, Lackporlingen,
golischen Altai sammeln und als Polyporus Spitzschuppigen Stachelschirmlingen stoße
obductus BERK. [= Osteina obducta (BERK.) ich auf eine weitere Fundstelle des Knochen-
DONK] bestimmen konnten. Es ist eine selte- porlings, wieder auf einem liegenden Stamm,
ne, im wesentlichen Lärchen begleitende Art und dann noch eine, und dann noch eine. Ich
der borealen Zone und montaner Regionen bin glücklich! Ich bin sprachlos. Fotos machen.
der temperaten Zone der Holarktis. […] Irgendwann muss ich mich losreißen. Ich
Makroskopische Merkmale: mehrhütige Por- denke, ich hoffe, dass ich nun alle Knochen-
linge, Gesamtdurchmesser um 15 bis 25 cm, porlinge in Löhne entdeckt habe!
Einzelhüte meist seitlich, oft exzentrisch,
selten fast zentral gestielt. Hutdurchmesser
unregelmäßig meist um 4–6 cm. Hymeno- Meldung
phor schmutzig weiß, Röhren kurz, stets unter
3 mm lang. Trama weiß, Poren 0,2 mm (an Marieluise Bongards hat dankenswerter-
den Huträndern) bis 0,6 mm im Durchmesser, weise den Pilz getrocknet und am 5. Oktober
unregelmäßig, teils zusammenfließend. 2019 beim Treffen der Westfälischen Pilzfreun-
Röhrenwände besonders an den Stielen de in Alme vorgelegt. Die Prüfung ergab, dass
teilweise zahnförmig aufgelöst. Hymenophor es sich tatsächlich um den in Deutschland
weit am Stiel bis an den gemeinsamen Strunk bisher extrem selten gefundenen Knochen-
herablaufend, Poren hier längs orientiert und porling handelt. Die Fundstelle wird nun in
oft mehrere mm lang; Hutoberseite kahl, jung die Kartierung aufgenommen. Und ich werde
feinfilzig, schmutzig weiß bis blass hellbraun, auch im nächsten Jahr diese Fundstelle wieder
[…], trocken hellocker bis haselbraun; Oberflä- aufsuchen. Mal gucken!
che der Stiele und des gemeinsamen Strunkes
gleichfarbig […].“
Zwei widersprüchliche Hobbys

Vertiefter Eifer Denke ich über meine Hobbys nach,


Radwandern und Pilze erkunden, dann fällt
Das ist der aufregendste Fund in meiner mir selbst auf, dass zwischen diesen Hobbys
Karriere zum angehenden Pilzkundler! Da ist ein großer Widerspruch besteht. Bewege ich
nun mein Eifer noch angeheizt. Ich beschließe mich bei dem einen fast mit 20 km pro Stunde
drei Tage später, die 40 Kilometer noch ein- fort, so komme ich beim anderen manchmal
mal zu fahren und diesmal etwas mehr Zeit gerade 50 Meter in einer Stunde von der Stel-
mitzunehmen. Nach gut zwei Stunden Fahrt le. Eigentlich sind diese beiden Hobbys nicht
erreiche ich die Stelle wieder, vermerke sie unter einen Hut zu bringen. Ich kann aber von
nun erst einmal in der Karte ganz genau und beiden nicht lassen. Und mein Erlebnis zeigt,
steige wieder den steilen Abhang hinunter. dass ich selbst beim Radfahren manchen Pilz
Ja, der Baumstamm mit den zahlreichen bemerken kann. Ich muss dann nur anhalten.
Fruchtkörpern von Osteina obducta liegt noch Und das ist gar nicht so leicht!
da, keiner hat ihn weggetragen. Vielleicht ist
136 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Aus dem Vereinsjahr 2019


Vortragsreihe „Biologie und Umwelt“
Veranstaltungen 2019
08.01. Mathias Scholten (Bundesanstalt
17.01. Heiner Härtel: „Neues über alte für Gewässerkunde Koblenz):
Bekannte – Spechte“ „Ökologische Durchgängigkeit von
21.02. Heiner Härtel: „Zum Vogel des Jahres Bundeswasserstraßen“
2019 – Arbeitsprogramm für 2019“ 09.04. Dr. Hjalmar Kühl (MPI Leipzig):
16.03. Jahreshauptversammlung „Weltweites Primatenmonitoring und
11.04. Pflanzenbestimmung für AnfängerIn- Umwelteinflüsse auf die Situation der
nen (12 Termine) Menschenaffen“
08.05. Pflanzenbestimmung für Fortgeschrit- 14.05. Dr. Udo Gansloßer (Universität
tene (10 Termine) Greifswald): „Einmal auf den Baum
31.08.-01.09. Einführung in die systematische und zurück: die Baumkänguruhs"
Pilzbestimmung. Leitung: Alexander 04.06. Prof. Dr. Herrmann Heilmeier
Bunzel, Claudia Salzenberg, Marieluise (Universität Freiberg): „Pflanzen auf
Bongards schwermetallbelasteten Böden -
30.10. Herbert Wagner (Löhne): „Heimische Phytomining und Phytoremediation“
Eulen“, Arbeitsgruppe Vogelkunde. 09.07. Prof. Dr. Christoph Müller (Universität
10.11. Jahrestagung Gießen): „Kohlenstoffsequestrierung
im globalen Wandel, Erfahrungen aus
20 Jahren FACE“
12.11. Dr. Ralf Jochmann: „Thailand aus Sicht
Exkursionen eines Biologen“
??.12. Johannes Steidle (Universität Ho-
17.03. Geophyten und erste Frühlingsblüher henheim): „Das Sterben der Insekten:
im Jahr. Führung: Claudia Quirini- Daten, Gründe, Maßnahmen“
Jürgens
05.04. Frühling im KulturLand am Schelphof.
08.05. Vogelkundlicher Abendspaziergang
durch die Dankmarsch. Führung: Veranstaltungen der Volkssternwarte
Heiner Härtel Ubbedissen (AG Astronomie)
10.07. Gemeinschaftsexkursion ins Projekt-
gebiet Schlosshofbach. Führung: 11.01. Beobachtungsabend
Marieluise Bongards und Claudia 08.02. Beobachtungsabend
Quirini-Jürgens 08.03. Björn Kähler: „Der aktuelle Sternen-
??.?? Kleine Einführung in die Pilzkunde himmel und Neues aus Raumfahrt
??.?? Für Kinder und (Groß-)Eltern – Wir und Forschung“
gehen in die Pilze 12.04. Heinz Hattesohl (Sternwarte Brackwe-
01.09. Pflanzen und Steine im Botanischen de): „Landung der Mars-Raumsonde
Garten. Führung: Claudia Quirini- "InSight" Ende November 2018 – Was
Jürgens und Mark Keiter bringt die neue Marsmission?“
28.09. Kleine Einführung in die Pilzkunde 10.05. Sonnenbeobachtung
Führung: Marieluise Bongards
Aus dem Vereinsjahr 2019 – Veranstaltungen 137

21.06. Sonnenbeobachtung
anschließend Björn Kähler: „Der
aktuelle Sternenhimmel und Neues
aus Raumfahrt und Forschung“
12.07. Sonnenbeobachtung
16.07. Björn Kähler und Globotom: „50 Jahre
Apollo 11 – Lange Nacht des Mondes“
musikalischer Themenabend
09.08. Sonnenbeobachtung
13.09. Björn Kähler: „Der aktuelle Sternen-
himmel und Neues aus Raumfahrt
und Forschung “
11.10. Beobachtungsabend
08.11. Beobachtungsabend
13.12. Björn Kähler: „Der aktuelle Sternen-
himmel und Neues aus Raumfahrt
und Forschung “
138 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Bericht aus dem Naturkunde- sehr lange greift und das Interesse von
Museum über das Jahr 2019 Grundschulen stark von den jeweiligen Son-
derausstellungen abhängt, kann zum jetzigen
von Isolde Wrazidlo, Sabine Palm und Mark Zeitpunkt noch keine Aussage über den Erfolg
Keiter dieser Maßnahme gemacht werden.
Am 07. November 2018 (Sitzung Nr.
Das Naturkunde-Museum blickt erneut KA/033/2018) beauftragte der Kulturaus-
auf ein ereignis- und arbeitsreiches Jahr 2019 schuss der Stadt Bielefeld das namu und die
zurück. Eines der großen Highlights war schon Verwaltung, mit Unterstützung des Förder-
früh im Jahr das große Familienfest zum vereins ein Zukunftskonzept für das Museum
25-jährigen Jubiläum unseres Fördervereins in räumlicher, personeller und konzeptionel-
am 3. März 2019. Über 500 Gäste feierten ler Hinsicht zu erstellen. Inzwischen wurde
mit und erlebten ein vielfältiges Programm: ein Grobkonzept vorgelegt. Eine Vorstudie
Mikroskopierstation (Abb. 1), Fossilien zum soll zeigen, ob die Neue Hechelei im Ra-
Anfassen, Schminkaktion, Bewegungspar- vensberger Park grundsätzlich als Museums-
cours, Seifenblasenwerkstatt, Samenbomben standort geeignet ist, bevor ein Fachbüro für
zum Selbermachen - und nicht zuletzt Heinz Museumsplanungen konkrete Konzeptionen
Flottmann live mit seiner "Kleinen Insekten- beginnen soll. Bereits im Stadium der Vorstu-
kunde". Ein rundum gelungenes Fest, das die sollen Experten des LWL-Museumsamtes
nur durch das großartige Engagement vieler für Westfalen beratend involviert werden,
Fördervereinsmitglieder gelingen konnte. um allen relevanten Museumsfunktionen den
notwendigen Raum zu geben.

1 Ausstellungen im namu 2019

1.1 Gifttiere - Tödliche Lebensretter


(bis 17.03.2019)

Die Ausstellung von Natur-Themen Steige


begleitete uns durch den Jahreswechsel
und erfreute sich weiterhin sehr großer Be-

Abb. 1: Großer Andrang beim 25-jährigen Jubiläum des


Fördervereins - hier an der Mikroskopierstation.

Laut Ratsbeschluss der Stadt Bielefeld ha-


ben seit Juli 2019 Bielefelder Grundschulklas-
sen kostenlosen Eintritt ins Museum und zu
unseren Bildungsveranstaltungen. Ebenfalls
wurden die Öffnungszeiten des namu von
bisher Mittwoch bis Sonntag auf nunmehr
Dienstag bis Sonntag erweitert. Damit wurde
die Schwelle zu Natur- und Umweltbildung Abb. 2: Ausstellungs- und Tierbetreuer Markus Oulehla
weiter gesenkt. Da die Regelung noch nicht bei der öffentlichen Gifttier-Fütterung.
Aus dem Vereinsjahr 2019 – Bericht aus dem Naturkunde-Museum 139

liebtheit. Eine Lebendtier-Ausstellung ist für und durchgeführt wurden. Zusätzlich fand in
ein Naturkunde-Museum immer ein großes Kooperation mit der WissensWerkStadt Biele-
Wagnis. Nicht nur wegen des erheblichen feld eine 9-teilige Vortragsreihe statt.
Organisationsaufwands, sondern vor allem in
Bezug auf Sicherheit, tiergerechte Unterbrin-
gung und Betreuung. In all diesen Belangen
punkteten Familie Steige und Tierbetreuer
Markus Oulehla (Abb. 2) derart überzeugend,
dass wir uns entschlossen haben, in der ersten
Jahreshälfte 2020 erneut mit ihnen zusammen
zu arbeiten.

1.2 Was für ein Zufall!


(24.03.2019 - 05.05.2019)

Wo finden wir den Zufall in der Natur und


wie hört er sich eigentlich an? Kommt es vor, Abb. 3: Prof. Dr. Tobias Heed erklärt mit Hilfe eines
dass in einer Gruppe von 25 Personen zwei einfachen Versuchs wie das Gehirn verschiedene
Sinneseindrücke miteinander verknüpft.
am gleichen Tag Geburtstag haben? Sind
Anfangsziffern von Zahlen in der Zeitung
gleich verteilt? Können wir Menschen Zufall
erzeugen? In der Sonderausstellung vom Die Idee für die Ausstellung entstand ur-
Mathematikum Gießen wurde diesen und sprünglich aus dem Kinderlabor „B hoch 3“ der
weiteren Fragen nachgegangen und aufge- Universität Bielefeld, das Professor Dr. Tobias
zeigt, wie wir mit Hilfe der Mathematik, den Heed (Abb. 3) zusammen mit Dr. Boukje Ha-
Gesetzen des Zufalls auf die Spur kommen bets leitet. Sie wurde in Zusammenarbeit mit
können. Die zahlreichen interaktiven Expo- dem namu sowie der Arbeitsgemeinschaft für
nate begeisterten in nur sechs Wochen über Regenwald und Artenschutz konzipiert und
6.000 wissensdurstige Gäste. war eines der rund 50 Projekte zum Jubiläum
der Universität Bielefeld.

1.3 psychoLogisch! - Forschung öffnet Türen


(19.05.2019 - 27.10.2019) 1.4 Sommer 1969 – Westfalen im Mond-
fieber
Zehn Arbeitseinheiten der Abteilung Psy- (seit 03.11.2019)
chologie öffneten Türen zu bisher verschlos-
senen Wissensgebieten. Die Themen reichten Die Ausstellung wurde vom LWL-Museum-
von Bildung, kindliche Entwicklung, Hirn- samt für Westfalen erarbeitet und zeichnete
forschung, Schlaf bei Mensch und Tier über die historischen und politischen Entwick-
Kriegstraumata in der Psychotherapie bis hin lungen mit dem spektakulären Wettlauf
zu Robotern in der Arbeitswelt. Doch damit zwischen den beiden Großmächten USA und
nicht genug: Die Forscher*innen öffneten ihre UDSSR bis hin zur Mondlandung nach, gab
eigenen Türen für Besucher*innen des Muse- technisch-naturwissenschaftliche Einblicke in
ums. So gehörten neben den Exponaten auch das Thema und arbeitete auf, wie die Mond-
neun Erlebnistage im namu zur Ausstellung, landung in Westfalen aufgenommen worden
die jeweils von einer Arbeitseinheit geplant ist.
140 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Zusätzlich wurden 20 großformatige Bilder dem postmodernen Zeitgeist anpasst, der


des Grafikers Peter Eickmeyer zum Thema allgemeinen Beschleunigung und Schnellle-
Weltraumfahrt präsentiert. Eines seiner Bilder bigkeit im Alltag. Mode mutiert so zur „Fast
(“Traces”) war bereits im All – im Rahmen – Fashion“. Sie gibt den Ton an und bestimmt
der ersten Kunstausstellung im Orbit (“Ars den Rhythmus des Konsums.
ad Astra”) auf der Raumstation MIR im Jahre
1995. Auch dieses Bild war im Original in der
Ausstellung zu sehen. 1.5.2 Places and Traces
Die Eröffnungs-Familienfeier am 3. Novem-
ber wurde entscheidend bereichert durch Die Langzeit-Videodokumentation von
einen Info- und Mitmachstand der AG Astro- Mona Schäfer, Künstlerin aus Paderborn, lo-
nomie, bzw. der Volkssternwarte Ubbedissen. tete menschliche Bewegungsmuster im städ-
tischen Raum aus. Die Aufnahmen stammten
aus Italien, Österreich, Schweden, Tschechien
1.5 Klein-Ausstellungen und Deutschland. In Überblendungen mit
Insektenpopulationen erschlossen sich dem
Wegen eines teilweisen Umbaus der Betrachter Analogien, die Denkanstöße zur
Dauerausstellung war einer der Räume im 1. eigenen Identität lieferten und aufriefen, das
Obergeschoss des Spiegelshofes nicht belegt. soziale Handeln im öffentlichen Raum und
Dies nutzten wir, um insgesamt drei kleinere das Verhältnis zum Naturraum zu reflektieren.
Präsentationen zu zeigen, darunter auch zwei
Kunstprojekte.
1.5.3 Synthetische Biologie

1.5.1 „Salienz“ Das iGEM (international Genetically


Engineered Machine Competition) Team
Die Videoinstallation von Anastassia Bielefeld CeBiTec stellte im Museum seinen
Gneiding, Tänzerin, Choreografin und Desi- Wettbewerbsbeitrag 2019 vor. Es handelte
gnerin, beschrieb die Probleme des textilen sich um einen Wettbewerb im Bereich der
Konsumrausches unserer Zeit auf tänzerische Synthetischen Biologie für Studierende aus
und performative Weise (Abb. 4). Sie demons- aller Welt. Das Team beschäftigte sich mit
trierte den Umgang mit der Kleidung, der sich der Transformation von Pilzen und anderen

Abb. 4: Ausschnitt aus der Videoinstallation "Salienz". Abb. 5: Studenten des CeBiTec stellen ihre Mini-
Foto: Anastassia Gneiding. Präsentation „Synthetische Biologie“ vor.
Aus dem Vereinsjahr 2019 – Bericht aus dem Naturkunde-Museum 141

einzelligen Krankheitserregern. Dazu wurde schen Einheit, die ansonsten nur noch anhand
DNA in einer Proteinhülle in die Erreger einge- alter, stark verfallener Steinbrüche studiert
bracht, wodurch diese unschädlich gemacht werden kann: dem Osning-Sandstein (Abb. 6).
werden konnten. Entsprechend groß war das Interesse, und
die Baugrube zog über mehrere Wochen Geo-
logen und Paläontologen - unter anderem des
1.6 Wanderausstellung "Land – Küste – namu, der Paläontologischen Bodendenkmal-
Meer" pflege Münster, des Geologischen Dienstes
NRW und der Ruhr-Universität Bochum - an.
Vom 6. April bis 3. November 2019 zeigte Zahlreiche Fossilien und Gesteinsproben
das Landesmuseum Natur und Mensch Ol- konnten geborgen werden, darunter auch
denburg die Wanderausstellung „Land - Küste eine Schichtfläche mit eingeregelten Belem-
– Meer: Einblicke in die Schatzkammern des niten und eine Stufe mit mehreren großen
Nordens“. Diese Ausstellung ist ein Gemein- Camptonectes-Muscheln. Beide Objekte sind
schaftsprojekt des Museumsverbundes der als paläontologische Bodendenkmäler ein-
Nord- und Ostseeregion e. V. ("NORe", siehe gestuft und befinden sich in der Obhut des
Barilaro 2017). Das Naturkunde-Museum Bie- LWL-Museums für Naturkunde Münster. Sons-
lefeld ist eines der elf Mitgliedshäuser dieses tige Proben sind in der Sammlung des namu
Verbundes und hat wie jedes Haus eine Vitri- archiviert. Die Ergebnisse der detaillierten
ne mit Originalobjekten aus seiner Sammlung Aufschlussaufnahme sind in diesem Band
bestückt. Schwerpunkt der Bielefelder Vitrine veröffentlicht (K aplan et al., 2019).
ist die erdgeschichtliche Entwicklung des
Mesozoikums und die immer wieder wech-
selnden Klima- und Umweltbedingungen 2.2 Molluskensammlung Andreas Scholz
während dieser Epoche.
Zuvor war die Ausstellung bereits in den Im Herbst 2019 wurde dem Naturkunde-
Räumen der Zoologischen Sammlung der Museum eine wissenschaftliche Mollus-
Universität Rostock zu sehen. Nächste Station kensammlung aus dem Nachlass von Herrn
wird Lübeck sein – im dortigen Museum für Andreas Scholz überlassen. Herr Scholz war
Natur und Umwelt gastieren die Bielefelder Diplom-Biologe und als langjähriger Mitar-
Fossilien vom 20. Februar bis 29. November beiter beim Umweltamt, Kreis Lippe tätig.
2020. Er verstarb im Sommer 2019 (Meier, 2019)
und äußerte noch zu Lebzeiten den Wunsch,
seine Sammlung als Schenkung an das Na-
2 Wissenschaft und Sammlung im namu turkunde-Museum Bielefeld zu übergeben.
2019 Die Sammlung umfasst über 1.600 terrest-
rische, limnische und marine Schnecken- und
2.1 Aufschluss Tönsberg Oerlinghausen Muschelarten sowohl regionaler als auch
europäischer bzw. außereuropäischer Her-
Zu Beginn des Jahres 2019 machte der kunft, daneben auch Alkoholpräparate und
Abriss der alten Jugendherberge Oerling- entsprechende Fachliteratur (Abb. 7).
hausen am Tönsberg und die Planungen für Von besonderem Interesse ist eine kleinere
ein umfangreiches Neubauprojekt auf dem Teilsammlung verschiedener Großmuschelar-
betreffenden Grundstück von sich reden. Die ten (Unionidae), deren Biologie, Verbreitung
umfangreichen Ausschachtungsarbeiten zum und Ökologie im ostwestfälischen Raum von
Bau einer Tiefgarage sorgten für hervorragen- Herrn Scholz im Rahmen eines Auftrags des
de Aufschlussverhältnisse in einer geologi- Regierungspräsidenten Detmold im Jahr 1992
142 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Abb. 6: Die Bauarbeiten am Tönsberg in Oerlinghausen schufen hervorragende Aufschlussverhältnisse.


Oben: Blick auf die SE-Wand, unten: Blick auf die N-Wand.

kartiert und dokumentiert wurde. Früher


waren diese Arten in OWL stark verbreitet, im
Jahr 1992 müssen von insgesamt 6 verbreite-
ten Arten 3 als gefährdet eingestuft werden.
Verbreitungsschwerpunkte der Großmuschel-
arten lagen zum damaligen Zeitpunkt in den
Kreisen Minden-Lübbecke, Lippe und Herford.
Weitere Kernstücke der umfangreichen
Sammlung sind sog. Schließmundschnecken
(Clausiliiden) mit vielen Belegexemplaren
sowie zahlreichen Funden, die – da z. T. nie
publiziert – noch großes „Überraschungspo- Abb. 7: Hervorragend sortiert: die Molluskensammlung
tenzial“ besitzen könnten. Andreas Scholz.
Aus dem Vereinsjahr 2019 – Bericht aus dem Naturkunde-Museum 143

2.3 Kleiner Knochen – große Bedeutung im Pleistozän Europas in einem Review-Artikel


neu zu bewerten (v. Koenigswald et al., 2019).
Das paläontologische Highlight des Das wertvolle Belegstück verbleibt nach
Jahres war sicherlich die Publikation eines Rücksprache mit den französischen Kollegen
der bedeutendsten Sammlungsneuzugänge im namu, wo es die Pleistozän-Sammlung
der letzten Jahre. Im Sommer 2016 las Herr erheblich bereichert.
André Raba aus Schloss Holte-Stukenbrock
am Strand der französischen Atlantikküste
ein Objekt auf, das er für einen möglichen Dank
Mammutknochen hielt. Er brachte das Stück
zur Gesteinsberatungsstunde und überließ Das namu-Team dankt allen Mitgliedern
es dem namu für weitere Nachforschungen. des Fördervereins für ihr Engagement und
Erste Recherchen, an denen sich Herr Raba ihre Treue. Dank gilt ebenfalls dem Natur-
aktiv beteiligte, ließen vermuten, dass es das wissenschaftlichen Verein für Bielefeld und
Knochenfragment eines warmzeitlichen Wal- Umgegend sowie der Arbeitsgemeinschaft
delefanten sein könnte, deren Überreste von Westfälischer Entomologen.
der Fundstelle schon dokumentiert sind.
Eine Begutachtung beim Hessischen Lan-
desmuseum Darmstadt ergab jedoch, dass Literatur
der Fund erheblich seltener und wertvoller
war als "nur" ein Waldelefantenknochen. Es Barilaro, C. (2017): NORe - ein Museumsver-
handelte sich eindeutig um das Fragment des bund, der die Nord- und Ostseeregion
Hornzapfens eines Wasserbüffels (Bubalus verbindet. – Natur im Museum 7: 4–6.
murrensis, Abb. 8): der erste Nachweis dieser
wärmeliebenden Großsäuger für Frankreich. K aplan, U.; Keiter, M.; Höcker, C. (2019): Stra-
Darüber hinaus hatten aktuelle Arbeiten die tigraphie, Paläontologie und Tektonik
Schicht, aus der das Fragment herausgewa- eines temporären Aufschlusses in der Un-
schen wurde, verlässlich auf die Holstein- terkreide in Oerlinghausen (Teutoburger
Warmzeit datiert. Anlass genug, die räumliche Wald, NW-Deutschland) – Berichte des
und zeitliche Verbreitung von Wasserbüffeln Naturwissenschaftlichen Vereins Bielefeld
und Umgegend 57: 4–28.

v. Koenigswald, W.; Schwermann, A. H.; Keiter, M.;


Menger, F. (2019): First evidence of Pleisto-
cene Bubalus murrensis in France and the
stratigraphic occurrences of Bubalus in
Europe. – Quaternary International 522:
85–93.

Meier, B. (2019): Einer, der im Schatten stand –


zum Tod von Andreas Scholz (1959-2019).
– Heimatland Lippe 09/2019

Abb. 8: Seltenes Belegstück: Der Hornzapfen eines


pleistozänen Wasserbüffels Bubalus murrensis aus
Frankreich. Nördlich der Alpen sind weniger als 10
Fundstellen bekannt.
144 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Bericht der Vorsitzenden über die bisherigen Leiter der AG Geobotanik


das Jahr 2019 Peter Kulbrock und Gerald Kulbrock aufgrund
ihres großen Vorwissens früherer ähnlicher
Erfassungen und fachlich fundierter Herange-
Jahreshauptversammlung 2019 hensweise undenkbar gewesen (ausführliche
Berichte zur AG Geobotanik, vgl. frühere
Am Samstag, den 16.03.2019 fand im Café Vereinsberichte bzw. Berichte der AG Geobo-
Regenbogen im Haus Ubbedissen, Wietkamp tanik). Da die Biologische Station Gütersloh/
9, 33699 Bielefeld, die Jahreshauptversamm- Bielefeld gemeinsam mit den Herren Kulbrock
lung des Naturwissenschaftlichen Vereins für in Person der Vorsitzenden die Leitung der
Bielefeld und Umgegend e. V. statt. Regionalstelle für OWL trägt, weiß sie um die
geleistete Arbeit dieser AG-Leiter mitsamt des
gesamten Teams der AG Geobotanik, weiß
Bericht der Vorsitzenden aber auch, wie viel zusätzliche Arbeit gerade
die Auswertung und Beurteilung der zusam-
Claudia Quirini-Jürgens berichtet in kurzer mengekommenen Datenmenge mit sich
Form von ausgewählten Aktivitäten des bringt. Insbesondere die größtenteils noch
Vereins. Ein ausführlicher Bericht ist im 56. anstehende Auswertung der Daten macht
Vereinsbericht abgedruckt. Es wird seitens einen nicht unerheblichen Teil der Arbeit aus
der Vorsitzenden ein Dank an alle Aktiven im und ist nicht mit dem Kartieren vergleichbar,
Verein ausgesprochen. zumal das Erfassen von Pflanzenarten in der
Hervorgehoben wird in diesem Zusam- Regel noch von ein wenig „Spaß“ geprägt
menhang das 50-jährige Bestehen der AG ist oder zumindest sein sollte. Da diese eher
Geobotanik, zu der der Vorstand sehr herzlich undankbare Tätigkeit im wesentlichen von
gratuliert. Ohne diese AG wären botanische Peter Kulbrock und Gerald Kulbrock zu leisten
Erfassungen, angefangen von Elisabeth sein wird, wurde hierfür eine eigene AG (s. u.)
Böhme über Heinz Lienenbecker, Uwe Raabe 2019 gegründet, wohingegen sich der andere
bis zu den aktuellen Leitern nicht denkbar Teil der AG Geobotanik verstärkt öffentlich-
gewesen, die alle mit ihrem Engagement keitswirksameren Themen widmen möchte,
und überregional anerkanntem Fachwissen dies unter der neuen Leitung von Carsten
zusammen mit ihren AG-Mitgliedern, von Vogelsang, Thomas Keitel und Stefan Wiens.
denen viele schon seit Jahrzehnten dabei Weiter gratuliert der Vorstand Brigitte
sind, damit auch stets zum Renommee unse- Bender, neben Susanne Wagner Leiterin
res Vereins beigetragen haben. Dies gilt bis der Arbeitsgemeinschaft Amphibien zum
heute, denn ohne die AG Geobotanik wäre 30-jährigen Bestehen der AG Amphibien. Wie
auch die derzeit noch laufende Florenkar- viele Tiere das Team um Brigitte Bender und
tierung als Teil einer landesweiten Neuerfas- Susanne Wagner in ihrem Leben schon über
sung von Pflanzenarten für unseren Raum Bielefelder Straßen und damit in Sicherheit
Ostwestfalen-Lippe kaum leistbar gewesen getragen haben, weiß vermutlich kaum
und der Naturwissenschaftliche Verein wäre jemand oder nur annähernd. Allein 2017
auch nicht gemeinsam mit der Biologischen waren es rund 8.500 Tiere, laut eines Artikels
Station Gütersloh/Bielefeld eine von lediglich der Neuen Westfälischen vom 19.02.2018,
5 (!) Regionalstellen von NRW, eine Ehre, die die allein von Brigitte Bender durch ihren
aber vor allem von viel Arbeit geprägt ist, bis Einsatz gerettet wurden. Zusätzlich laufen
mindestens ins Jahr 2020 hinein, vermutlich aber auch seit Jahrzehnten die Daten zu
aber noch darüber hinaus. Gerade deren Amphibienvorkommen bei ihr zusammen,
Auswertung und Organisation wäre ohne eine eminent wichtige Grundlage für einen
Aus dem Vereinsjahr 2019 – Bericht der Vorsitzenden 145

effektiven Amphibienschutz, weshalb Brigitte Und dies alles trotz zunehmender Erschwer-
Bender diese Daten auch der Stadt Bielefeld nisse wie Flächenverbrauch durch Gewerbe
zur Verfügung stellt und zusätzlich in wis- oder Wohnungsbau entlang von Amphibien-
senschaftlichen Aufsätzen analysiert. Hinzu routen und Amphibienlebensräumen, immer
kommt ihre Aufgabe bei der Koordination der weniger ehrenamtlicher Sammler oder sich
ehrenamtlichen Sammler an etlichen Straßen verschlechternder Zustände etlicher Kleinge-
in Bielefeld, das Auswerten der Stundenzettel wässer. Hinzu kommen unerfreuliche nächt-
der Sammler, damit diese eine Aufwands- liche „Begegnungen“, Müllablagerungen am
entschädigung erhalten können, sowie ihr Zaun, Zaunzerstörungen jeglicher Art etc.
Bemühen, neue Sammler anzuwerben, u. a. Und dies – nicht zu vergessen – ehrenamtlich,
durch gezielt hierzu gehaltene Vorträge. Vor aber vom Stundeneinsatz quasi wie ein Voll-
allem aber die praktische Arbeit hat es ihr und zeitjob. Der Verein freut sich daher sehr, dass
ihren Mitstreitern seit Jahrzehnten angetan. Brigitte Bender aufgrund dieses beachtlichen
Während andere, besonders im Alter von Bri- Engagements, auch im Namen ihres Teams, als
gitte Bender, längst abends „wohlig“ im Bett eine von nur sechs Bielefelder Frauen für den
liegen, ist sie wie andere Amphibienbetreuer Bielefelder Frauenpreis 2018 nominiert wurde,
auch Nacht um Nacht fast das ganze Jahr über, eine große Ehre. Der Vorstand gratulierte ihr
vor allem aber in der Zeit zwischen März und während der Mitgliederversammlung herzlich
November an Straßen unterwegs, um Tiere zu dieser großen Auszeichnung.
vor dem sicheren Straßentod zu bewahren. Im weiteren Verlauf der Jahreshauptver-
sammlung war auch die Annahme eines
Angebotes vom Naturwissenschaftlichen
Verein in der Bielefelder Naturschule positiv
zu vermelden. So wanderte eine 6. Klasse des
Gymnasiums am Waldhof unter fachlicher Be-
treuung von Claudia Quirini-Jürgens begeis-
tert von ihrem Gymnasium am Waldhof bis
zu einem Amphibienzaun am Poetenweg, um
dort beim Sammeln der Amphibien zu helfen.
Eine tolle Klasse, die wahrlich begeistert von
den Tieren am Zaun war und sehr behutsam
mit den Tieren umging, aber auch vorab
durch ihre sehr engagierten und interessier-
ten beiden Biologie-Lehrerinnen ins Thema
eingeführt worden war. Die Klasse wanderte
am Ende auch komplett wieder zurück, aus
Sicht der Vorsitzenden ein inzwischen selten
gewordenes Ereignis, da man kaum noch
Wanderungen von Klassen erlebt oder aber
die Kinder reisen per Bus oder Elterntaxi an.
Somit ein schöner Tag und aus Sicht aller Be-
teiligten ein großer Erfolg. Inzwischen kamen
weitere Anfragen von Lehrern zum Jahr 2020,
Der Vorstand überreichte während der Jahreshaupt- es bleibt somit zu hoffen, dass unser Verein
versammlung Brigitte Bender ein passendes Präsent
zum Thema „Amphibien und Frühjahrswanderung“ als
auch über die Bielefelder Naturschule wieder
Dankeschön für die geleistete Arbeit, stellvertretend etwas bekannter bei Kinder- und Jugendver-
auch im Namen der gesamten AG Amphibien anstaltungen wird.
146 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Folgend berichtete Björn Kähler von den Bericht der Kassenprüferinnen


Veranstaltungen und Arbeiten in der Volks-
sternwarte Ubbedissen. Dabei wird beson- Petra Schwenk trug den Bericht der Kassen-
ders hervorgehoben, dass die Bereitschaft zur prüferinnen vor. Die Kassenprüfung erfolgte
Öffentlichkeitsarbeit dramatisch zurückge- von Petra Schwenk und Ilka Brust ohne Bean-
gangen ist und sich somit der weitere Betrieb standungen. Es wurde daher die Entlastung
der Sternwarte als äußerst schwierig erweist. des Vorstandes empfohlen und in Folge
Claudia Quirini-Jürgens richtete nicht einstimmig angenommen bei Enthaltung des
zuletzt wegen dieses Berichtes einen Appell Vorstandes.
an den eigenen Vorstand, aber auch die an-
wesenden Mitglieder: anstehende Aufgaben
sollten zur Entlastung an andere delegiert Wahlen zum Schriftführer
werden. Mitglieder sind bereit, Aufgaben
zu übernehmen, wenn diese angesprochen Dem Aufruf zur Weiterführung der Proto-
werden. Gleichzeitig sprach sie im Namen des kolle folgten Heiner Härtel und Thomas Keitel
Vorstandes einen besonderen Dank für den und boten bei der Jahreshauptversammlung
Einsatz von Björn und Steffi Kähler aus, denn ihre Mitarbeit an und stellten sich auch fol-
ohne deren Engagement, auch zu Lasten ihrer gend beide zur Wahl. Weitere Vorschläge aus
Zeit für Familie und Beruf, wäre es schon län- der Versammlung wurden nicht eingereicht.
ger schlecht um die Volkssternwarte bestellt Claudia Quirini-Jürgens schlug vor, beide
gewesen. Kandidaten gemeinsam als Schriftführer
Im Anschluss an den Bericht wurde an die zur Wahl zu stellen, dem sich die Mitglieder-
im Jahr 2018 verstorbenen Mitglieder Frau versammlung mit einer einstimmigen Wahl
Ursula Hassinger, Herrn Kurt F. Sandermann, beider Kandidaten anschloss und den beiden
Herrn Dr. Ernst-Theodor Seraphim, Frau neuen Vorstandsmitgliedern herzlich für ihre
Irmgard Sonneborn und Herrn Dietrich Stein- Bereitschaft dankte. Björn Kähler bleibt als
meier gedacht (vgl. auch Nachrufe im letzten Schriftführer für die Erstellung des jährlichen
Vereinsbericht). Berichtsbands weiterhin tätig.

Bericht der Schatzmeisterin

Dr. Ulrike Letschert präsentierte gut


strukturiert und anschaulich alle Einnahmen
und Ausgaben des Gesamtvereins. Da der
Verein in den letzten Jahren sparsam mit
den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln
umgegangen ist, folgte von ihr der Hinweis
an alle Mitglieder, dass der Verein Kosten für
sinnvolle Anschaffungen übernehmen würde.
Die AGs sollten dringend ihren Bedarf prüfen.
Einige Arbeitsgemeinschaften äußerten
hierzu spontan konkrete Ideen (u. a. ein fest
installierter Beamer im Seminarraum, Mikro-
skope etc.).
Thomas Keitel und Heiner Härtel (v. l.) nach ihrer Wahl zu
weiteren Schriftführern.
Aus dem Vereinsjahr 2019 – Bericht der Vorsitzenden 147

Wahl der Kassenprüferinnen dige Erhebung der Vogelbestände auf ca. 30


Quadratkilometern im Raum Bielefeld und
Zur Neuwahl der Kassenprüferinnen für Halle geplant. Diese Flächen wurden vor ca. 30
das Vereinsjahr 2019 stellten sich Ulla Schulz Jahren schon einmal untersucht. Weitere mög-
sowie Ilka Brust zur Wahl und wurden beide liche Betätigungen der AG wurden aufgezeigt.
einstimmig gewählt. Auch ihnen gebührt
Dank für ihre Bereitschaft, dieses Amt erneut
zu übernehmen. Verschiedenes

Unter dem Punkt Verschiedenes wurden


Arbeitsgemeinschaften des Naturwissen- Erfahrungen mit Bienenhotels diskutiert, u.a.
schaftlichen Vereins zum Vorkommen und der Bedeutung von
Parasiten in diesen. Aber auch der Einfluss von
Im weiteren Verlauf der Jahreshaupt- Vögeln, die Larven aufpicken und Hitze könn-
versammlung wurden sämtliche Arbeits- ten für manche Bienenhotels je nach Bau-
gemeinschaftsleiter seitens der Mitglieder weise ein Problem darstellen. Vorschlag war,
bestätigt, bei denen die Bestätigung in den Entomologen hierzu zu befragen, aber vor
Vorjahren noch nicht erfolgt war. Dies waren allem dafür zu werben, u. a. alte Baumstämme
Claudia Salzenberg und Alexander Bunzel als stehen zu lassen, in denen sich Insekten selbst
zusätzliche Leiter neben Marieluise Bongards Nistplätze suchen könnte.
für die AG Pilze, Mathias Wennemann als Folgend wurde auch beklagt, dass der
Leiter der Arbeitsgemeinschaften Dendro- Kontakt zu Print-Medien immer schwieriger
logie und Denk mal Baum, Ralf Fehring als würde und u. a. Belegexemplare nicht mehr
weiterer Leiter (neben Mathias Wennemann) gewährt würden. Zudem würden Ansprech-
der AG Praktischer Naturschutz, Heiner partner häufig wechseln oder existierten gar
Härtel als Leiter der AG Ornithologie, Petra nicht mehr. Claudia Quirini-Jürgens erläuterte,
Schwenk und Carsten Vogelsang als Leiter der dass die Presse einen großen Wandel durch-
AG Bestimmungskurse, Gerald Kulbrock und lebt. So müssten Beiträge überall und sofort
Peter Kulbrock als Leiter der neuen AG Rote verfügbar sein und klassische Print-Zeitungen
Liste Kartierung und Betreuung Herbarium, würden zunehmend durch Online-Medien er-
Carsten Vogelsang, Stefan Wiens und Thomas setzt. Dies ist auch an zunehmenden „Koope-
Keitel als neue Leiter der AG Geobotanik (s. o.). rationen“ namhafter Zeitungen sichtbar, die
sich allein nicht mehr auf dem Markt behaup-
ten können. Des Weiteren wurde diskutiert,
Festlegung des Mitgliedsbeitrages 2020 wie man eine bessere Öffentlichkeitsarbeit
zugunsten des Vereins gewährleisten könnte.
Die Jahreshauptversammlung beschloss, Angeregt wurde, die neuen Medien insge-
den Mitgliedsbeitrag für das Vereinsjahr 2020 samt intensiver zu nutzen. Empfohlen wurde
unverändert zu lassen. daher, das Thema Öffentlichkeitsarbeit auf
einer kommenden Vorstandssitzung genauer
zu diskutieren, welches vom Vorstand ange-
Berichte aus den Arbeitsgemeinschaften nommen wurde. Es gab aber auch positive
Berichterstattungen, u. a. gute Terminankün-
Heiner Härtel stellte mit Bildern unterlegt digungen in einem neuen örtlichen Magazin
einige Ergebnisse der Wasservogelerfassung in Harsewinkel oder die gute Berichterstat-
des Jahres 2018 vor. 29 Personen beteiligten tung über die Arbeiten der AG Praktischer
sich. Für die Jahre 2019/2020 ist die vollstän- Naturschutz in den örtlichen Zeitungen. Dies
148 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

zeigt, dass es immer noch gute Kooperation Die Jahrestagung startete mit dem Vortrag
mit der Presse geben kann, möglicherweise in von Thomas Finke (Abteilungsleiter der
kleineren Orten besser als in einer Stadt wie Grünunterhaltung und Ausbildung im Um-
Bielefeld mit vielen Akteuren, die in der Presse weltbetrieb der Stadt Bielefeld) zum Thema
genannte werden möchten. „Naturnahe Flächenpflege im Stadtgrün – ein
Im Anschluss an die Mitgliederversamm- lösbarer Widerspruch?“
lung dankte Claudia Quirini-Jürgens allen Herr Finke erläuterte die Maßnahmen der
Anwesenden und Vereinsmitgliedern für die Grünunterhaltung zur naturgemäßen Flä-
vielen ehrenamtlichen Tätigkeiten. chenpflege im Rahmen des Biodiversitätspro-
jektes „Urban NBS“ im Grünzug „Schlosshof-
bach“. Die positiven Ergebnisse des Projektes
Jahrestagung 2019 sollen zukünftig Anlass dafür sein, weitere
Wiesen- und Gebrauchsrasenflächen im Biele-
Die Jahrestagung des Naturwissenschaftli- felder Stadtgebiet unter dem Gesichtspunkt
chen Vereins fand am 10.11.2019 im Vortrags- der Steigerung der Biodiversität zu entwi-
saal des Historischen Museums Bielefeld statt. ckeln. Herr Finke stellte dabei klar, dass bei
Es wurden 4 interessante Vorträge gehalten, allen zukünftigen Maßnahmen die Aspekte
die Tagung war entsprechend sehr gut be- Steigerung der Biodiversität, Akzeptanz der
sucht und der Saal mit ca. 90 Personen gut Bevölkerung sowie die Auswirkungen auf den
gefüllt. Aufwand berücksichtigt werden müssen. Nur

Thomas Finke während seines Vortrages vor einer seiner Folien, die bereits im Grünzug Schlosshofbach erfolgreich
umgesetzte Maßnahmen aufzeigte
Aus dem Vereinsjahr 2019 – Bericht der Vorsitzenden 149

zur Forstbetriebsgemeinschaft Bielefeld,


40 % sind Stadtwald oder gehören zu den
Stadtwerken Bielefeld, 10 % sind sonstiger
Privatwald. Immerhin 940 ha des FFH-Gebiets
Östlicher Teutoburger Wald liegen auf dem
Stadtgebiet von Bielefeld, davon sind 450 ha
Stadtwald und 490 ha Privatwald, von denen
wiederum 130 ha über 120-jährige Bestände
beinhalten. Diese Gebiete wurden 1999 erst-
malig seitens des Forstes kartiert und es wur-
de 2004 begonnen, sogenannte SOMAKOS
(= Wald-Maßnahmenkonzept (Wald-MAKO)/
Sofortmaßnahmenkonzept (SOMAKO), dies
ist ein nicht rechtsverbindliches Naturschutz-
fachkonzept für FFH-Gebiete) umzusetzen.
Im weiteren Vortragsverlauf ging Herr Raguse
auf die Auswirkungen der Klimaänderung
sowie der damit verbundenen gehäuften
Sturmschäden ein. So verursachten die
Stürme „Friederike“ und andere allein 20
Millionen Festmeter Sturmholz, eine Menge,
Holger-Karsten Raguse im gut besuchten Saal des
die der Markt nicht abfangen kann, da kein
Historischen Museums bei seinem Vortrag
Bedarf in dieser Größenordnung vorhanden
ist. Auch die massiven Auswirkungen der
bei Berücksichtigung aller drei Faktoren steht Hitzeperioden und der Trockenheit mit bis
eine sukzessive Umstellung auf eine natur- heute andauernder Absenkung des Grund-
gemäße Flächenpflege nicht im Widerspruch wassers bereiten große Sorgen, zumal allein
zur werterhaltenden Pflege multifunktionaler die Auswirkungen des trockenen Sommers
Grünflächen für alle Nutzer und Nutzerinnen 2019 noch nicht absehbar sind. Der Wald
in Bielefeld. und damit auch der Forst stehen somit vor
Den zweiten Vortrag hielt Holger-Karsten großen Herausforderungen, zumal man
Raguse (Leiter des Regionalforstamtes Ost- aus wirtschaftlichen Gründen nicht nur auf
westfalen-Lippe) zum Thema „Wald im Laubholz setzen kann, da das meist benötigte
Klimastress! – Die 4. Dimension im Span- Bauholz Nadelholz ist. Und kaum einer wird
nungsfeld nützen – schützen – erholen?“ Herr verstärkten Holzimport haben wollen, gerade
Raguse gab zu Beginn seines Vortrages einen aus Umweltschutzgründen nicht. Auch neue
Überblick zur Wald- und Forstwirtschaft in Schädlinge (Pilze, Eichenspinner etc.) bereiten
Ostwestfalen, auch in historischer Sicht. So den Waldbesitzern große Sorgen. Fazit: die
gibt es im Regionalforstamt Ostwestfalen-Lip- Zukunft unseres Waldes kann kaum einer im
pe 18 Forstbetriebsbezirke für eine Gesamt- Moment vorhersagen, da zu viele Faktoren
fläche von 386.500 ha, von denen 80.000 ha spekulativer Natur sind. Sicher ist, es sieht
mit Wald bestanden sind. Hiervon sind (vor derzeit nicht gut aus, aber man ist seitens des
den Sturmschäden!) u. a. 19 % mit Fichten Forstes bemüht, dem Wald mit verschiedenen
bestückt, 28 % mit Buchen, 13 % mit Eichen, Methoden zu helfen, u. a. Veränderung der
16% mit Kiefern. Es folgten u. a. Angaben zu Bewirtschaftung, das Setzen auf Naturver-
den Besitzverhältnissen für das Stadtgebiet jüngung, aber auch das Ausprobieren neuer
Bielefeld. So gehören 50 % der Waldflächen Baumarten.
150 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Nach der Mittagspause folgte ein Vortrag Kaum einer würde heute Tagfalter
von Claudia Quirini-Jürgens (Biologische „Schmetterlinge“ nennen, ein alter Name
Station Gütersloh/Bielefeld) zum Thema „För- („Schmetten = Sahne“) für Tagfalter, die früher
derung der Biodiversität im Kreis Gütersloh offensichtlich in großer Anzahl an Milch- und
und im Stadtgebiet von Bielefeld – Bielefelder Sahnebehältern saßen und mit ihren Rüsseln
Ackerrandstreifenprogramm-Projekt Arten- Milch- oder Sahnetropfen aufsaugten und
reiche Lebensräume im Kreis GT“. somit als Sahneräuber galten. Hierzu passt
Auch in unserer Region ist ein drastisches auch gut der britische Name „butterfly“. Ein
Artensterben von Tieren und Pflanzen zu aus heutiger Sicht kaum vorstellbarer Anblick.
verzeichnen. Erkennbar wird dies an früher Selbst frühere Allerweltsarten wie die Ku-
weit verbreiteten Arten wie z. B. dem Kiebitz, ckucks-Lichtnelke oder die Wiesen-Margerite
dessen Bestand überall stark abgenommen sind aus vielen Flächen verschwunden. Um
hat, so auch in Bielefeld von fast 70 Brutpaaren diesem Trend entgegen zu wirken wurde 2019
noch im Jahr 2004 auf nunmehr nur noch 20 im Kreis Gütersloh das Projekt „Artenreiche Le-
Brutpaare. Auch Amphibien wie der Kamm- bensräume für die VITAL.Region GT8“ unter der
Molch und selbst Erdkröten oder Grasfrösche Leitung der Biologischen Station Gütersloh/
sowie insbesondere Insekten, erkennbar Bielefeld e. V. ins Leben gerufen. An diesem
an kaum noch gaukelnden Tagfaltern oder Projekt beteiligen sich die in der VITAL.Region
Nahrung suchenden Bienen sind deutlich befindlichen acht Kommunen sowie landwirt-
seltener geworden, in manchen Landstrichen schaftliche Vereinigungen, Naturschutzver-
fast kaum noch zu sehen. bände, Imker, Jäger und weitere Akteure. Aber

Claudia Quirini-Jürgens erläuterte verschiedene Maßnahmen, Biodiversität zu fördern


Aus dem Vereinsjahr 2019 – Bericht der Vorsitzenden 151

auch die nicht in der GT8-Region eingebun- Genau dies wird seit 1987 im Bielefelder
denen Kommunen im Kreis Gütersloh sollen Ackerrandstreifenprogramm der Stadt Bie-
in das Projekt mit zusätzlichen kreiseigenen lefeld umgesetzt. Hier finden sich über das
Mitteln einbezogen werden. Ziel des Projektes gesamte Stadtgebiet von Bielefeld verteilt
ist es, den Artenreichtum im Kreisgebiet durch sowohl Ackerflächen mit klassischen Acker-
geeignete Maßnahmen zu fördern. Hierzu randstreifen von ca. 5–7 m Breite, aber auch
gehören: Erhalten und Schaffen von blütenrei- komplett extensiv genutzte Ackerflächen,
chen Wiesen, Naturschutzfachliche Pflege von darunter auch einige Kompensationsflächen,
Wegrändern, Extensivierung von Ackerflächen, bis hin zu Schwarzbrachen. Die meisten
Kiebitz- und Feldlerchenschutz, Erproben von dieser Flächen dienen dem Schutz seltener
Alternativen bei Energiepflanzen, Anlegen von Ackerwildkräuter, einige aber gerade auch
Amphibienschutzgewässern, Anpflanzen von im Bielefelder Süden dem Schutz der letzten
Hecken, Bereitstellen von Nisthilfen, u. a. für Bielefelder Kiebitze. Frau Quirini-Jürgens
Eulen, Infomaterialien für naturnahe Gärten stellte in ihrem Vortrag daher zum einen das
entwickeln, Aktionen in Kitas, Schulen, Bil- Vital-Projekt im Kreis Gütersloh auch mit
dungseinrichtungen durchführen sowie eine bereits umgesetzten Maßnahmen vor, ging
entsprechende Öffentlichkeitsarbeit inklusive aber auch auf das vorbildliche Ackerrandstrei-
Exkursionen. fenprojekt der Stadt Bielefeld mit anschau-
Wichtigstes Ziel hierbei ist es, dass an lichen Bildern und Daten ein. Dieses Projekt
erster Stelle der Erhalt von artenreichen Bio- trägt seit Jahrzehnten dazu bei, hochgradig
topen stehen muss. Dies bedeutet, dass vor vom Aussterben bedrohte Ackerwildkräuter
jedweder Maßnahme die angedachte Fläche wie den Einjährigen Ziest (Stachys annua)
fachlich begutachtet werden muss, um nicht oder die stark gefährdeten Ackerwildkräuter
möglichweise durch Anlegen von Blühwiesen, Acker-Ziest (Stachys arvensis) und das Feldlö-
etc. den letzten Standort einer unscheinbaren wenmaul (Misopates orontium) neben vielen
Pflanzen- oder Tierart zu zerstören, weshalb weiteren gefährdeten Pflanzenarten im Raum
die kostenlose Beratung von an Maßnahmen Bielefeld das Überleben zu sichern.
Interessierten auch ein Schwerpunkt des Den letzten Vortrag der Tagung hielt Klaus
Projektes neben dem Umsetzen von Maßnah- Nottmeyer, Leiter der Biologischen Station
men ist. Denn viele Flächen benötigen oft nur Ravensberg im Kreis Herford zum Thema „Kie-
eine naturschutzgerechte Pflege, um vielen bitzschutz“ im Kreis Herford“. Klaus Nottmeyer
heimischen Tieren und Pflanzen als Lebens- legte in seinem Vortrag sehr anschaulich dar,
raum zu dienen: An geeigneten Standorten
können zusätzlich neue Biotope geschaffen
werden. Hierfür eignen sich auch kleine Flä-
chen, Wegränder, Grünanlagen, Privatflächen
oder Firmengrundstücke. Zusätzlich bieten
vor allem extensiv genutzte Ackerflächen
Ackerwildkräutern und Feldvögeln einen
Lebensraum. Da sich Wildkrautsamen jahr-
zehntelang im Boden halten, reicht meist der
Verzicht auf Düngung und Pflanzenschutz-
mittel aus, um einen schönen Blütenaspekt zu
erhalten. Solche Flächen dienen Feldvögeln
wie der Feldlerche, dem Rebhuhn oder dem
Kiebitz auch als Brutplatz. Klaus Nottmeyer zeigt bei seinem Vortrag u.  a. ein vor
dem Überfahren gerettetes Kiebitz-Küken.
152 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

dass auch im Kreis Herford die Situation der geführt, davon 11 vor Ort. Dies allein zeigt den
Kiebitze alles andere als rosig ist, vergleichbar Aufwand des Kiebitzschutzes und dies alles
zum leider landesweiten Negativtrend. ohne die Gewähr, dass der Kiebitz im Kreis Her-
So geht die Biologische Station Ravensberg ford dauerhaft zu halten sein wird. In anderen
für das Jahr 2019 von einem Brutbestand von Kreisen mit deutlich mehr Kiebitzbruten ist ein
26–28 Brutpaaren aus (2003 waren es immer- vergleichbarer Aufwand kaum leistbar bzw.
hin noch 60–70 Brutpaare!). Klaus Nottmeyer nicht zu finanzieren. Flächendeckend ist die
zeigte in seinem Vortrag vor allem auf, wie Anlage von Schwarzbrachen (mind. 10 % der
zeitintensiv der Schutz dieser noch vorhan- Nutzfläche) in den Brutgebieten der Kiebitze
denen Kiebitze ist. Allein für das Finden der (Feldvogelschwerpunktgebiete) eine erfolg-
Gelege, das Ansprechen der betroffenen versprechende Maßnahme, die landesweit, mit
Landwirte, das Sichern bzw. Markieren der genügend Geld ausgestattet, laufen müsste,
Gelege und die Effizienzkontrolle des Schlupf- um dem bedrohlich abnehmenden Landesbe-
und Bruterfolges ist sehr viel Zeit und Personal stand insgesamt besser helfen zu können.
vonnöten. Hierzu zählt auch ausnahmsweise Klaus Nottmeyer bedankte sich auch bei
das Einsammeln von bereits geschlüpften Kü- allen Helfern, z. B. bei denen, die Kiebitze über
ken vor einer anstehenden Bewirtschaftung. ornitho.de oder direkt an die Station gemeldet
Letztendlich wurden 2019 ungefähr 14 Junge haben.
flügge (10 davon sicher), bei zwei Standorten
war der Ausgang der Bruten ungewiss. An
mindestens vier zusätzlichen Standorten Gemeinsame Publikation von IHK, Land-
kam es zu vereinzelten Brutversuchen, die wirtschafts- und Naturschutzverbänden
aber früh aufgegeben wurden bzw. verloren
gingen. Insgesamt konnte die Station drei Viele Firmen verfügen über teilweise grö-
juvenile Kiebitze bei den Rettungsaktionen ßere Flächen, die zum einen Reserveflächen
auch beringen. für eine potentielle Erweiterung darstellen,
Von den Hauptkolonien des Kreises zum anderen der Firmenbegrünung dienen.
Herford sind zwei durch längerfristige Ver- Diese Flächen werden zumeist eher konventi-
träge gesichert, für eine weitere gibt es einen onell gepflegt, könnten aber vielfach mit klei-
jährlichen Vertrag. An allen anderen Stellen neren oder größeren Maßnahmen ökologisch
wurden die Gelege entweder markiert (2) aufgewertet werden.
oder die Bewirtschaftung wurde ausgesetzt Gerade unter dem Gesichtspunkt, dass
(1) bzw. abgesprochen (1). Im NSG Füllenbruch auch Firmen zur Flächenversiegelung und
wurde eine 3er Kolonie zusätzlich mit einem zum Landschaftsverbrauch beitragen,
Elektrozaun geschützt, um die Prädation zu wurde beginnend im Herbst 2018 in einem
minimieren. Der Zaun lief seit dem 02.04.2019 Gemeinschaftsprojekt der regional tätigen
um eine Fläche von 1,4 ha und wurde alle Naturschutz-/Umweltverbände zusammen
2–3 Tage kontrolliert und musste zweimal mit Vertretern der Landwirtschaftsverbände
frei gemäht werden. Hier wurden von zuletzt und der Industrie- und Handelskammer
noch zwei Paaren sicher drei flügge Jungtiere Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK) die 32-seitige
beobachtet. Am 11.06.2019 wurde der Zaun Broschüre „Ökologische Gestaltung von
abgebaut. Unternehmensstandorten – Praxisbeispiele
Für die Erfassung der Kiebitze und die in Ostwestfalen“ entwickelt. Die Broschüre,
Nachkontrollen im Jahr 2019 waren über 40 die im Juni 2019 der Öffentlichkeit vorgestellt
Kontrollen nötig. Dabei sind die Zaunkontrol- wurde, beinhaltet vorbildliche Umwelt-
len meist nicht enthalten. Mit 10 Bewirtschaf- maßnahmen regionaler Unternehmen, die
tern oder Eigentümern wurden 28 Gespräche andere Firmen zum Nachmachen anregen
Aus dem Vereinsjahr 2019 – Bericht der Vorsitzenden 153

Die Kooperationspartner stellen die gemeinsame Broschüre vor: Stellvertretender IHK-Hauptgeschäftsführer Harald
Grefe, IHK-Referent Gerald Blome, Prof. Dr. Roland Sossinka (BUND), Dr. Wiebke Homann (NABU), Karsten Otte (Stiftung
Natur Ravensberg, Bezirkskonferenz Naturschutz), Claudia Quirini-Jürgens (Naturwissenschaftlicher Verein, Biologische
Station Bielefeld-Gütersloh), Werner Schulze (Westf. Entomologen), IHK-Hauptgeschäftsführer Thomas Niehoff, Martin
Enderle (Pro Grün BI), Hubertus Beringmeier (Westf.-Lippischer Landwirtschaftsverband), Stephan Sauer (Westf.- Lippi-
scher Landwirtschaftsverband) (Foto: IHK)

sollen. Beteiligt an der Publikation waren chen rund um die Unternehmensstandorte,


neben den portraitierten Unternehmen und zum Einsatz von Bienenvölkern als auch von
der IHK der Westfälisch-Lippische Landwirt- Schafen als naturnahe Rasenmäher, zur ökolo-
schaftsverband, Bezirksverband OWL, die gischen Pflege von Sandmagerrasen als auch
Landwirtschaftskammer NRW, Bezirksstelle kleinere Maßnahmen wie das Anbringen von
für Agrarstruktur OWL, die Stiftung für die Na- Nistkästen für seltene Vogelarten wie dem
tur Ravensberg, pro grün Bielefeld, der BUND Wanderfalken.
Bielefeld, der Naturwissenschaftliche Verein Die Broschüre ist abrufbar unter:
für Bielefeld und Umgegend, die Stadtgruppe www.ostwestfalen.ihk.de/fileadmin/Doku
Bielefeld des Naturschutzbunds Deutschland mente/Standort/Planung/0716_IHK_O__ko
(NABU) sowie die Arbeitsgemeinschaft West- -Gestaltung_Broschuere.pdf oder unter dem
fälischer Entomologen. Suchbegriff „Ökologische Gestaltung von Un-
Seitens der Beteiligten wurde versucht, ein ternehmensstandorten“, möglicherweise sind
möglichst breites Spektrum an Ideen in der auch noch Exemplare über die IHK Bielefeld
Broschüre zu bündeln. So finden sich sowohl zu beziehen. Anfragen können gerne an die
Beispiele zum flächensparenden Umgang, Vorsitzende Claudia Quirini-Jürgens gerichtet
zur Dachbegrünung, zur Anlage von Blühflä- werden.
154 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Finanzielle Unterstützung aus dem


Zweckertrag der Sparlotterie der Sparkas-
se für die Arbeitsgemeinschaft Praktischer
Naturschutz

(Zur Arbeit der AG siehe frühere Vereinsbe-


richte oder www.nwv-bielefeld.de)

Zur Bekämpfung der nicht heimischen


Traubenkirsche, die die eigentlich in der Senne
heimischen Eichen und Birken verdrängt und
zudem verhindert, dass genügend Licht an
den Boden dringt und sich eine Krautschicht
mit Heidekraut und Heidel- und Preißelbeeren
bilden kann sowie junge heimische Bäume
nachwachsen können, bestand schon länger
Auf dem Foto (von links nach rechts): Michael Hörnig
der Wunsch seitens der AG Praktischer Natur- (Fundraising Naturwiss. Verein), Wolfgang Strototte,
schutz, eine Seilwinde anzuschaffen, um die Gerhard Höweler, Christoph Kaleschke (Leiter Unter-
Arbeit im Wald für die Aktiven zu erleichtern. nehmenskommunikation Sparkasse Bielefeld), Mathias
Denn die Bekämpfung der Traubenkirsche ist Wennemann.
eine Knochenarbeit, da man die Bäume nicht
einfach mit der Axt fällen und die Wurzeln im erleben. Die Senne ist eine in Deutschland
Boden belassen kann. Die Folge wäre, dass sie einmalige Naturlandschaft. Die Arbeit des
noch stärker wieder austreiben würden. Also Naturwissenschaftlichen Vereins Bielefeld zu
müssen die Traubenkirschen mitsamt ihren ihrer Erhaltung kann man daher gar nicht groß
Wurzeln aus dem sandigen Boden gerissen genug würdigen. Dass wir zu dieser Arbeit ei-
werden. nen kleinen Beitrag leisten können, freut mich
Dafür braucht es zum einen einen spe- deshalb sehr.“ (Quelle: bielefeld.sparkasseblog
ziellen Rodespaten für das Ausgraben des .de/2019/10/29/mit-dem-greifzug-gegen-die
Baumstammes und zum anderen eine starke -traubenkirsche-auf-der-senne-duene/)
Seilwinde, einen sogenannten Greifzug, mit
dem man den Baum aus dem lockeren Sand-
boden herausziehen kann. Die finanziellen Der Naturpfad des Naturwissenschaft-
Mittel für die Anschaffung eines solchen lichen Vereins
Greifzugs, immerhin rund 1.500 Euro, erhielt
der Naturwissenschaftliche Verein 2019 als Der etwa 3,5 km lange Naturpfad des
Spende aus dem Zweckertrag der Sparlotterie Naturwissenschaftlichen Vereins für Bielefeld
der Sparkasse Bielefeld und möchte sich an und Umgegend e. V. verläuft quer durch den
dieser Stelle nochmals sehr herzlich dafür Teutoburger Wald und liegt teils auf Brackwe-
bei der Sparkasse für diese außerordentliche der, teils auf Gadderbaumer Gebiet. Er wurde
Unterstützung bedanken. 1968 vom Naturwissenschaftlichen Verein
Vom Einsatz der gespendeten Seilwinde mit Unterstützung der Stadt Bielefeld und
zeigte sich auch Christoph Kaleschke, Leiter dem heutigen Teutoburger Wald-Verein ge-
der Unternehmenskommunikation der gründet. Inhaltlicher Schwerpunkt des alten
Sparkasse, beim ersten Einsatz des Greifzugs Pfades war die Geologie, hinzu kamen Tafeln
auf der „Düne am Wahlbrink“ beeindruckt: zu Vögeln und Pflanzen. Insgesamt umfasste
„Hier kann man Naturschutz ganz praktisch der Pfad 37 Schilder.
Aus dem Vereinsjahr 2019 – Bericht der Vorsitzenden 155

Seit 1968 sind nunmehr über 50 Jahre


vergangen und die Zeit ist nicht spurlos am
Naturpfad vorüber gegangen. So fehlen
inzwischen fast alle Schilder und die noch
existierenden Tafeln haben stark gelitten. Aus
diesem Grund wurde bereits zum Jubiläums-
jahr 2008 eine Neukonzeption des Lehrpfads
beschlossen. Der Pfad sollte nicht nur ein
moderneres Gesicht erhalten, sondern auch
mehr Themenfelder abdecken. Um dieses
Ziel zu erreichen, war ein Großteil der damals
im Naturwissenschaftlichen Verein tätigen
Arbeitsgemeinschaften (Amphibien, Astrono-
mie (= Volkssternwarte Ubbedissen), Botanik,
Geologie, Pilze, Säugetiere und Vögel) in das
Projekt eingebunden worden. Unterstützung
erhielt der Pfad ferner von Mitarbeitern des
Historischen Vereins Bielefeld. Zusätzlich wur-
de eine verbesserte Wegeführung ausgear- Eine der Tafeln mit fehlendem Inhalt
beitet. Auch wurde der Weg von Mitgliedern
des Teutoburger Waldes neu markiert und ist
bis heute im Bielefelder Stadtplan entspre-
chend verzeichnet.
Der Naturpfad bot Gelegenheit, anhand
von Lehrtafeln die drei parallel verlaufenden
Gebirgszüge unseres Teutoburger Waldes in
geologischer sowie tier- und pflanzenkund-
licher Weise zu erleben. Die Arbeitsgruppen
unseres Vereins entwickelten aber auch
neue Themenbereiche, u. a. zu in der Nähe
des Pfades vorhandenen Landwehren oder
Wall-Anlagen aus der Römerzeit bis hin zum

Vor allem der Zahn der Zeit hat den Tafeln deutlich zuge-
setzt, nur wenige wurden mutwillig beschädigt
(Fotos: Thomas Keitel) Verlauf des Naturpfades
156 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Breitengrad im Bereich Bethel. Es handelt sich vor ungebremsten Flächenverbrauch, die Kli-
um keinen Rundweg, er ist aber an beiden En- maentwicklung, die Nutzungsänderung auf
den an den öffentlichen Personennahverkehr nahezu allen Biotopen mit entsprechenden
angeschlossen (Linie 1, Haltestelle Rosenhöhe, Folgen für einen Großteil der Pflanzen- und
Linie 2, Haltestelle Prießallee). Tierarten. Und man gewinnt den Eindruck,
Aufgrund des inzwischen sehr desaströsen dass zwar wie auch früher schon, verbal viel
Zustands der noch vorhanden Tafeln, hat sich politisch versprochen wird, man gerne auch
im letzten Jahr eine Arbeitsgruppe gebildet, als Ehrenamtlicher eines Vereins wie der
teils bestehend aus Mitgliedern unseres Ver- unsere in Stadtgremien der unterschiedlichs-
eins, die schon früher an der Neukonzeption ten Art „beschäftigt wird“, aber in der Umset-
mitgewirkt hatten, aber auch neuen Interes- zung gerade hinsichtlich des ungebremsten
senten. Im Jahr 2020 soll versucht werden, ein Flächenverbrauchs ergibt sich doch ein ande-
Konzept zur Neubelebung dieses Pfades zu res Bild.
erstellen, bevor weitere Zeitungsberichte er- Schon die Gründungsväter unseres Vereins
scheinen in der Form „wer kennt die Besitzer beklagten den Umgang mit der Landschaft;
dieser alten Tafeln“? aus unserer Sicht würden wir uns wünschen,
wir hätten noch so eine Landschaft wie vor
100 Jahren. Solange wir aber noch vor unserer
Ausblick Haustür Vogelarten wie den Kiebitz oder die
Goldammer erleben dürfen, teils auch mit-
Nicht zuletzt Projekte wie dasjenige der AG erleben können, wie manche Tierarten sich
Praktischer Naturschutz oder aber die Bera- wieder ausbreiten, u. a. das Schwarzkehlchen
tung unseres Vereins vom Umweltbetrieb der oder die Feldgrille sowie auch eine leichte
Stadt Bielefeld zur Steigerung der Biodiversi- Zunahme mancher Pflanzenarten wie u. a. der
tät der Bielefelder Grünflächen sowie unsere Bienen-Ragwurz, eine heimische Orchidee, zu
Zugehörigkeit zur Veranstaltergemeinschaft verzeichnen ist, vermutlich alles positive (?)
des Radio Bielefeld neben den vielen Gre- Folgen der Klimaänderung, lohnt es sich nach
mienbesetzungen und Aktivitäten unserer wie vor, sich für unsere Natur einzusetzen und
Mitglieder zeigt, dass der Naturwissenschaftli- hierfür auch den Bekanntsheitsgrad unseres
che Verein nach wie vor in der Stadt und dem Vereins weiter bzw. wieder zu stärken.
Umland präsent ist. Claudia Quirini-Jürgens (Vorsitzende)
Intensiviert wurde auch wieder die Zusam- (Text und Fotos, soweit nicht anders benannt)
menarbeit der Bielefelder Umweltverbände.
Dies zeigt sich an den vielen aktuellen Stel-
lungnahmen zum Flächenverbrauch oder
zur Waldnutzung oder an der gemeinsamen
Erstellung mit den anderen Partnern der IHK-
Broschüre. Diese Zusammenarbeit soll 2020
auf das Thema Gärten / naturnahe Gartennut-
zung ausgeweitet werden.
Nichtsdestotrotz, wie bereits in den letzten
Vorsitzendenberichten geäußert, fehlt nach
wie vor der Nachwuchs. Auch stellt sich
zunehmend die Frage, was ein Verein wie
der unsere bezogen auf die Entwicklung un-
serer Stadt, unseres Umlands bewirken kann.
Hierzu reicht allein ein Blick auf den nach wie
Aus dem Vereinsjahr 2019 – Nachrufe 157

Nachruf Prof. Dr. Karl-Ernst


Lauterbach
* 17.05.1936, † 06.04.2019

Karl-Ernst Lauterbach entstammt einer


protestantischen schlesischen Gelehrten-
und Gutsbesitzerfamilie. Die unbeschwerte
Kindheit auf dem Gut in Breslau-Stabelwitz
wurde vom Krieg und seiner vor allem für die
Zivilbevölkerung schrecklichen Endphase be-
endet. Anfang 1945 flüchtete die Familie aus
Schlesien und gelangte unter schwierigsten
Bedingungen letztlich nach Witzenhausen
(Nordhessen). Nach Schulbesuch und Abitur
in Bad Sooden-Allendorf begann Karl-Ernst
Lauterbach ein Studium der Biologie an der
Universität in Tübingen; dort wurde er mit
einer morphologischen Arbeit über den
Thorax eines malacostracen Krebses promo-
viert. Es folgte die Habilitation im Fachgebiet
Zoologie. Prof. Clas M. Naumann und Prof. K.
P. Sauer holten ihn dann an die Universität
Bielefeld, wo er im Bereich Spezielle Zoologie Prof. Dr. Karl-Ernst Lauterbach; die Aufnahme entstammt
und Evolutionsforschung lehrte und forschte. dem u. a. Literaturzitat;
Bildautorin: M. Latsch-Lauterbach
Er war ein konsequenter Vertreter der phylo-
genetischen Systematik, darüber hinaus war
er moderneren Arbeitsmethoden gegenüber
aber sehr zurückhaltend. ihm den fachlichen Diskurs pflegten, werden
Zum Naturwissenschaftlichen Verein für einen außerordentlich kenntnisreichen,
Bielefeld und Umgegend und zur Arbeitsge- originellen und nicht selten charmanten Men-
meinschaft ostwestfälisch-lippischer [heute: schen vermissen.
westfälischer] Entomologen nahm er bald Ein ausführlicher Nachruf mit dem Schrif-
Kontakt auf, zahlreiche Arbeiten von ihm tenverzeichnis ist hier erschienen:
zur Entomofaunistik vor allem über Schweb- Schulze, W. (2019): Prof. Dr. Karl-Ernst Lauter-
fliegen (Diptera: Syrphidae) und aculeate bach – Ehrenmitglied der Arbeitsgemein-
Hymenopteren, oft mit taxonomischen und schaft westfälischer Entomologen (17. Mai
stammesgeschichtlichen Anmerkungen, er- 1936 – 6. April 2019). - Mitt. ArbGem. westfäl.
schienen in den folgenden zwei Jahrzehnten. Entomol. 35: 1–10. Bielefeld.
Mehrere schwere Erkrankungen in den letz-
ten Jahren verhinderten aber die geplanten Werner Schulze
zusammenfassenden Auswertungen seiner
umfangreichen Untersuchungen.
Mit Karl-Ernst Lauterbach ist ein letzter
Vertreter der klassischen Zoologie der Wir-
bellosen von uns gegangen. Diejenigen, die
mit ihm zusammengearbeitet haben oder mit
158 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Nachruf Dietrich Büscher schon früh auf Spaziergängen von seinen El-
tern mit der Pflanzenwelt der Gegend vertraut
Am 7. Oktober 2019 starb plötzlich und gemacht. Als Schüler des Städtischen Gymna-
unerwartet Dietrich Büscher. Er gehörte seit siums in Siegen nahm er an Exkursionen des
den 1980er Jahren zu den bekanntesten und aus Dortmund stammenden Biologielehrers
sicherlich auch emsigsten Botanikern Nord- Dr. Franz Rombeck teil und musste schon damals
rhein-Westfalens. Dietrich Büscher erforschte ein Herbarium anlegen, um gute Zensuren zu
nicht nur jahrzehntelang die Flora Nordrhein- erlangen. Nach dem Abschluss des Abiturs
Westfalens, sondern setzte sich auch aktiv und im Jahr 1963 absolvierte er 1963 bis 1964 den
energisch für den Erhalt der Natur ein. Mit ihm Dienst bei der Bundeswehr. Seinen eigentli-
verliert unser Verein einen der besten Kenner cher Traum, Biologie zu studieren, ordnete er
der hiesigen Flora und ihrer Veränderungen in dem Wunsch seiner Eltern unter und studierte
den letzten 40 Jahren. 1964–1969 Jura in Marburg und Münster. Sein
Dietrich Büscher wurde am 04.12.1943 in weiterer Weg im Rahmen der Ausbildung zum
Weidenau (heute Siegen) als das vierte von Juristen führte ihn über Hamm und Münster im
sechs Kindern geboren, seine Eltern waren Jahr 1970 erstmals auch nach Dortmund, wo
beide Apotheker. Er wuchs in Geisweid (heute er – nach einer zwischenzeitlichen Anstellung
Siegen) sowie in Siegen selbst auf und wurde als Rechtsanwalt in Siegen – ab 1974 ansässig
war. Hier arbeitete er bis zu seiner Pensionie-
rung am 01.01.2009 als Verwaltungsjurist am
Landesoberbergamt NRW (zuletzt als Regie-
rungsdirektor) und war mit Naturschutz- und
Umweltrecht befasst. Dortmund wurde sein
Lebensmittelpunkt und Zentrum seiner bo-
tanischen Aktivitäten. Er führte damit die Tra-
dition berühmter Botaniker der Stadt wie Dr.
Christian Wilhelm Ludwig Eduard Suffrian (* 1805,
† 1876) und Dr. Heinrich Franck (* 1852, † 1939)
fort, die die ersten Floren Dortmunds geschrie-
ben hatten (Suffrian 1836, Frank 1886–1910,
1912). Dietrich Büscher plante von Beginn an die
Abb. 1: 2014 auf einer Exkursion im NSG Siesack in Veröffentlichung einer neuen Flora der Stadt,
Dortmund (A. Jagel). deren Bearbeitungsstand er zwischendurch
immer wieder bekannt gab (z. B. Büscher 1983).
1977 lernte Dietrich Büscher den Dortmun-
der Floristen Hermann Neidhardt (* 1930, † 2003)
kennen, von dem er auf gemeinsamen Ex-
kursionen viel lernte und auch die botanisch
interessanten Orte der Region gezeigt bekam.
Im Jahr 1979 wurde er von Neidhardt für die Be-
setzung des Dortmunder Landschaftsbeirats
vorgeschlagen, dem er daraufhin seit 1980 bis
zuletzt angehörte. Durch diese Mitgliedschaft
motiviert, verstärkte er noch seine botani-
schen Erforschungen Dortmunds und bald
Abb. 2: 2014 auf dem Westfälischen Floristentag in bildete sich um ihn eine interessierte Gruppe,
Münster (S. Wiggen). mit der er botanisieren ging. Fünf Jahre war
Aus dem Vereinsjahr 2019 – Nachrufe 159

Dietrich Büscher außerdem stellvertretendes


Mitglied des Höheren Landschaftsbeirats bei
der Bezirksregierung in Arnsberg.
Als Leiter der Regionalstelle Ruhrgebiet-Ost
bei der floristischen Kartierung Nordrhein-
Westfalens in den 1990er Jahren beteiligte er
sich am Verbreitungsatlas der Farn- und Blü-
tenpflanzen in Nordrhein-Westfalen (Haeupler
et al. 2003) mit rund 250.000 Datensätzen. In
dieser Zeit bot er während der Kartierungspe-
riode fast wöchentliche Exkursionen an und
war dafür bekannt, dass er eine Mindestan-
zahl zu findender Arten pro Viertelquadrant Abb. 3: 2006 bei der Verleihung der Verdienstmedaille
vorgab und er oft auch bei Einbruch der des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland
(A. Jagel).
Dämmerung weiter kartierte, falls diese Zahl
noch nicht erreicht worden war. Im Anschluss
an eine Kartierung folgten mit den noch
verbliebenen Teilnehmern Besuche in der
Gastronomie, um den Tag gemütlich ausklin-
gen zu lassen. Als Mitglied des Naturwissen-
schaftlichen Vereins für Bielefeld bearbeitete
er in dieser Zeit auch Gebiete im Südkreis
Gütersloh und stellte seine Ergebnisse der
dortigen Kartierungs-Regionalstelle (AG
Geobotanik Bielefeld) zur Verfügung, darüber
hinaus wurden gemeinsame Exkursionen mit
den Bielefelder Botanikern durchgeführt.
Seit Beginn der 1980er Jahre veröffentlichte
Dietrich Büscher zahlreiche Beiträge zur Flora
des Landes und war Mitautor der 3. und 4. Auf-
lage der Roten Liste der gefährdeten Farn- und
Blütenpflanzen in Nordrhein-Westfalen (Wolff-
Straub et al. 1999, Raabe et al. 2011), dabei auch
mitverantwortlich für die 1. und 2. Auflage der
Roten Liste des Ruhrgebiets. 2006 wurde ihm
als Anerkennung für seinen Einsatz für Natur-
und Landschaftsschutz die Verdienstmedaille
des Verdienstordens der Bundesrepublik
Abb. 4: 2011 auf einer Exkursion an der Hohensyburg
Deutschland verliehen (Abb. 3). mit Eragrostis multicaulis (C. Buch).
Seine Erforschung der Flora von Dortmund
hatte sich über die Jahre auf das sehr viel
größere Gebiet des mittleren Westfalens werkes in unerreichbare Ferne gerückt und
ausgedehnt, das etwa ein Drittel Westfalens er konzentrierte sich wieder auf seine Publi-
umfasst. Er plante zusammen mit Dr. Götz kation der Dortmunder Pflanzenwelt, die „Die
Heinrich Loos eine Flora über dieses Gebiet zu Flora von Dortmund und ihre Veränderungen.
veröffentlichen. Mit der Zeit aber schien ihm Dynamik innerhalb von mehr als 170 Jahren“
die Fertigstellung eines solchen Mammut- heißen sollte.
160 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Auch abseits der öffentlichen Exkursionen


war Dietrich Büscher bis zuletzt fast täglich
draußen unterwegs. Seine Interessens- und
Forschungsschwerpunkte lagen dabei insbe-
sondere auf der Verbreitung von Neophyten
und der Flora von Industrie- und Bahnanlagen
des Ruhrgebiets. So verfolgte er beispielswei-
se intensiv die Ausbreitung neu im Gebiet
auftretender Arten wie die des Schmalblätt-
rigen Greiskrauts (Senecio inaequidens) in den
1980er Jahren (Büscher 1984, 1989, Büscher &
Loos 1992) und die des Japanischen Liebes-
grases (Eragrostis multicaulis, Abb. 4) in den Abb. 5: 2012 auf einer Exkursion am Phoenixsee in
2000er Jahren (Büscher 2010, Geyer et al. 2011). Dortmund (A. Jagel).
In Dortmund suchte er unaufhörlich neue
Orte auf, bis er sie alle kannte, überprüfte alte,
bereits bekannte Pflanzenvorkommen und
begleitete Veränderungen und Umbrüche
in „seiner Stadt“. Neu- und Wiederfunde
arbeitete er stetig in seine Kartei und das
Manuskript zur Flora von Dortmund ein und
gab bemerkenswerte Funde regelmäßig an
andere weiter, immer umgarnt mit kurzen
Erlebnisberichten und Beobachtungen des
Tages, die ihn beschäftigt hatten.
In den Wintermonaten organisierte Dietrich
Büscher eine Vortragsreihe, bei der er selbst
regelmäßig über seine Reisen und in Jah- Abb. 6: 2018 auf einer Exkursion bei Ennepetal (A. Jagel).
resrückblicken über die Kartierungen seiner
Gruppe berichtete. In den Vegetationspausen
wertete er emsig und penibel sämtliche er erweiterte sein Wissen und sein Herbarium
Literatur zu seinen Untersuchungsräumen auf zahlreichen Reisen ins In- und Ausland.
aus, sichtete alle verfügbaren Herbarien (ins- Teile seines Herbariums gingen bereits vor
besondere das Herbarium im LWL-Museum seinem Tod an das Naturkundemuseum in
für Naturkunde in Münster), spürte unveröf- Münster, worüber ein ausführlicher Bericht
fentlichte Manuskripte, Karteien, Tagebücher erschien (Tenbergen 2011).
und Briefwechsel auf und schrieb jeweils Dietrich Büscher war ein unermüdlicher
stolz in seine E-Mail-Verteiler, wenn er wieder Erforscher der Flora unseres Landes und
einmal etwas ganz Unbekanntes oder gar hat durch seine zahlreichen botanischen
Sensationelles gefunden hatte. Einige bisher Fundmeldungen maßgeblich zur Erforschung
nicht veröffentlichte Floren machte er durch der Flora Nordrhein-Westfalens beigetragen.
Abschrift und Kommentierung der Öffentlich- Er hat mit seiner unnachahmlichen und
keit zugänglich, wie z. B. Arbeiten zur Flora einzigartigen Art unseren Verein belebt, viele
von Oelde (Drüke 1997) und Hamm (Banning Vereinsexkursionen begleitet und mit seinem
1998, Marck 1999). Sachverstand und seinem Humor den Verein
Sein Interesse an Pflanzen ging dabei im- bereichert. Wenn ihn etwas ärgerte und er
mer weit über die heimische Flora hinaus und Gefahren für die Natur, aber auch für gesell-
Aus dem Vereinsjahr 2019 – Nachrufe 161

schaftliche und politische Entwicklungen sah, Kulbrock, P.; Loos, G. H.; Neikes, N.; Schumacher,
mischte er sich ein, erhob lautstark seine Stim- W.; Sumser, H.; Vanberg, C. (2011): Rote Liste
me und ließ nicht locker, um Missstände aus und Artenverzeichnis der Farn- und Blüten-
dem Weg zu räumen. Gleichzeitig geizte er pflanzen, Pteridophyta et Spermatophyta, in
nicht mit Lob, wenn ihm etwas besonders gut Nordrhein-Westfalen, 4. Fassg. – LANUV-
gefiel. Seine Stimme in Westfalen wird kaum Fachber. 36(1): 51–183.
zu ersetzen sein und es bleibt zu hoffen, dass
sein Lebenswerk, seine Flora von Dortmund, Suffrian, C. W. L. E. (1836): Beitrag zur genauern
deren Veröffentlichung er nicht mehr erlebte, Kenntniss der Flora von Dortmund. – All-
zumindest posthum erscheinen wird. gem. Bot. Z. 20 u. 21: 305–316 u. 321–326
Armin Jagel (Regensburg).

Tenbergen, B. (2011): Über die Pflanzensamm-


lung von Dietrich Büscher (Dortmund)
Literatur im Herbarium des LWL-Museums für
Naturkunde in Münster. – Natur & Heimat
Banning, W. (1998): Aufzeichnungen über die (Münster) 72(1): 25–32.
Flora von Hamm. Abschrift des Manu-
skripts von 1884/1886 durch Büscher, D. Wolff-Straub, R.; Büscher, D.; Diekjobst, H.; Fasel,
– Dortmunder Beitr. Landesk. (Dortmund) P.; Foerster, E.; Götte, R.; Jagel, A.; K aplan, K.;
32: S. 49–72. Koslowski, I.; Kutzelnigg, H.; Raabe, U.; Schu-
macher, W.; Vanberg, C. (1999): Rote Liste der
Drüke, H. (1997): Blumen und Pflanzen in Oelde gefährdeten Farn- und Blütenpflanzen (Pte-
und Umgebung (hrsg. von D. Büscher). – ridophyta et Spermatophyta) in Nordrhein-
Dortmunder Beitr. Landesk. 31: 7–54. Westfalen 3. Fassg. – LÖBF-Schriftenr. 17:
75–171.
Franck, H. (1886–1910): Flora der näheren Um-
gebung der Stadt Dortmund. Dortmund, 1.
Aufl. (1886), 2. Aufl. (1890), 3. Aufl. (1897), 4. Veröffentlichungen von und mit
Aufl. (1910). Beteiligung von Dietrich Büscher
(chronologisch)
Franck, H. (1912): Über Änderungen in der Flora
von Dortmund. – Beil. Jahresber. 1911/12 Prolingheuer, T.; Büscher, D.; Drewenskus, J.; Han-
des städtischen Gymnasiums zu Dortmund. nig, K.; Oellers, J. (2020): Die Vegetation und
Flora einer Sandabgrabung bei Haltern-
Haeupler, H.; Jagel, A.; Schumacher, W. (2003): Flaesheim (Kreis Recklinghausen, Nord-
Verbreitungsatlas der Farn- und Blüten- rhein-Westfalen). – In: Hannig, K. (Hrsg.): Zur
pflanzen in Nordrhein-Westfalen. Hrsg.: Fauna und Flora einer Sandabgrabung bei
Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung Haltern-Flaesheim (Kreis Recklinghausen,
und Forsten NRW. – Recklinghausen. Nordrhein-Westfalen). – Abh. Westf. Mus.
Naturk. (im Druck).
Marck, W. von der (1999): Zur Flora von Hamm
(hrsg. und bearb. von D. Büscher). – Dort- Büscher, D. (2019): Pilze in Dortmund und der
munder Beitr. Landesk. 33: 111–126. näheren Umgebung. Eine erste Übersicht.
– Abh. Westf. Mus. Naturk. 93: 65–152.
Raabe, U.; Büscher, D.; Fasel, P.; Foerster, E.; Götte,
R.; Haeupler, H.; Jagel, A.; K aplan, K.; Keil, P.;
162 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Büscher, D. (2019): Weitere Funde des Büscher, D. (2013): Zur Ver- und Ausbreitung
Schwarzstieligen Streifenfarns (Asplenium der Impatiens-Arten in Raum Dortmund. –
adiantum-nigrum L.) im Ruhrgebiet. – Natur Dortmunder Beitr. zur Landesk. 45: 37–43.
& Heimat (Münster) 79(2/3): 93–94.
Gausmann, P.; Büscher, D. (2012): Anmerkungen
Büscher, D. (2018): Felsen und Mauern be- zu einem Dortmunder Vorkommen der
wohnende Farne in Dortmund und seiner Efeu-Sommerwurz (Orobanche hederae
engeren Umgegend. – Dortmunder Beitr. Vaucher ex Duby), einer in Nordrhein-West-
Landeskde. 48: 35–70. – Natur & Heimat falen seltenen Art. − Jahrb. Bochumer Bot.
(Münster) 77(1/2): 64–70. Ver. 3: 50–57.

Büscher, D. (2017): Gräser der Inseln Malta Gausmann, P.; Keil, P.; Fuchs, R.; Sarazin, A.; Bü-
und Gozo im Herbarium MSTR. – Natur & scher, D. (2011): Eine bemerkenswerte Farn-
Heimat 77(1/2): 64–70. flora an Mauern der ehemaligen Kokerei
Hansa (Dortmund-Huckarde) im östlichen
Gausmann, P.; Büscher, D.; Keil, P.; Loos, G. H. Ruhrgebiet. – Florist. Rundbr. 44: 71–83.
(2016): Flora und Vegetation der ehema-
ligen Zeche und Kokerei „Hansa“ in Dort- Geyer, H. J.; Büscher, D.; Loos, G. H.; Bomholt,
mund-Huckarde im östlichen Ruhrgebiet G. (2011): Rezente Ausbreitung, Ökologie
(Nordrhein-Westfalen). – Dortmunder Beitr. und Vergesellschaftung von Eragrostis
Landeskde. 47: 45–104. multicaulis Steud. (sensu lato) in Westfalen.
– Decheniana (Bonn) 164: 23–31.
Gausmann, P.; Kordges, T.; Loos, G. H.; Büscher, D.;
Fuchs, R.; Buch, C.; Keil, P. (2016): Vorkommen Kretzschmar, E.; Büscher, D. (2011): Fauna und
von Cyperus eragrostis LAM. (Frischgrünes Flora des einstweilig sichergestellten
Zypergras, Cyperaceae) im Ruhrgebiet, geschützten Landschaftsbestandteils
einer bislang in Deutschland seltenen Ad- „Pleckenbrinksee“ in Dortmund-Wickede.
ventivart. – Decheniana 169: 35–50. Erster Bericht. – Dortmunder Beitr. Landesk.
43: 19–49.
Büscher, D.; Loos, G. H. (2015): Das Dortmunder
Westerholz (Fredenbaum) – aus forst- Raabe, U.; Büscher, D.; Fasel, P.; Foerster, E.; Götte,
geschichtlicher, naturhistorischer und R.; Haeupler, H.; Jagel, A.; K aplan, K.; Keil, P.;
floristischer Sicht. – Dortmunder Beitr. Kulbrock, P.; Loos, G. H.; Neikes, N.; Schumacher,
Landeskde. 46. W.; Sumser, H.; Vanberg, C. (2011): Rote Liste
und Artenverzeichnis der Farn- und Blüten-
Büscher, D. (2015): Exkursion: Dortmund- pflanzen, Pteridophyta et Spermatophyta, in
Mengede, NSG Siesack. – Jahrb. Bochumer Nordrhein-Westfalen, 4. Fassg. – LANUV-
Bot. Ver. 6: 78–79. Fachber. 36(1): 51–183.

Büscher, D. (2014): Exkursion: Dortmund, Grop- Büscher, D. (2010): Die Gattung Eragrostis N.
penbruch. – Jahrb. Bochumer Bot. Ver. 5: M. Wolf – Liebesgras (Poaceae) in und um
81–84. Dortmund. – Jahrb. Bochumer Bot. Ver. 1:
87–97.
Büscher, D. (2013): Exkursion: Dortmund-
Hörde, Phoenixsee. – Jahrb. Bochumer Bot. Büscher, D. (2010): Nachruf auf Heinz Dahlhaus. –
Ver. 4: 89–92. Natur & Heimat 70(3): 103–104.
Aus dem Vereinsjahr 2019 – Nachrufe 163

Gausmann, P.; Sarazin, A.; Neikes, N.; Büscher, D. Büscher, D.; Geyer, H. J. (2006): Bericht über die
(2010): Vorkommen der Dryopteris affinis- Kryptogamen- und Frühblüher-Exkursion
Gruppe in der Westfälischen Bucht und am 18. März 2006. – Bierbrodtia 2.
dem Niederrheinischen Tiefland. – Jahrb.
Bochumer Bot. Ver. 1: 64–74. Büscher, D. (2006): Die Pflanzenwelt in den
Dortmunder Naturschutzgebieten. In: Stadt
Keil, P.; Buch, C.; Büscher, D.; Fuchs, R.; Gausmann, Dortmund (Umweltamt): Naturschutzgebiete
P.; Haeupler, H.; Jagel, A.; Loos, G. H.; Kricke, R.; in Dortmund: 48–61.
Kutzelnigg, H.; Sarazin, A.; Sumser, H. (2010):
Artenvielfalt auf der A 40 im Ruhrgebiet. – Büscher, D. (2006): Kurzmitteilungen zu neue-
Natur in NRW (Recklinghausen) 4: 11–17. ren Funden bemerkenswerter Gefäßpflan-
zenarten im mittleren Westfalen. – Natur &
Büscher, D. (2009): Beiträge zur Flora der Nord- Heimat (Münster) 66(4): 129–136.
seeinsel Borkum. - Abh. Westf. Mus. Naturk.
71(2): 3–96. Loos, G. H.; Büscher, D. (2006): Die Situation der
Salzpflanzenflora im Kreis Unna. – Naturre-
Büscher, D.; Keil, P.; Loos, G. H. (2008): Neue port (Unna) 10: 96–109.
Ausbreitungstendenzen von primär als
Eisenbahnwanderer aufgetretenen Pflan- Büscher, D. (2005): Über Vorkommen des
zenarten im Ruhrgebiet: Die Beispiele Knotigen Klettenkerbels, Torilis nodosa (L.)
Eragrostis minor, Geranium purpureum und Gaertn., insbes. in Dortmund. – Natur &
Saxifraga tridactylites. In: Dynamik der Heimat (Münster) 65(3): 93–96.
synanthropen Vegetation. Festschrift für
Prof. Dr. Dietmar Brandes. – Braunschweiger Büscher, D. (2004): NRW-Pflanzenverbreitungs-
Geobot. Arb. 9: S. 97–106. atlas erschienen. – Natur & Heimat (Müns-
ter) 64(1): 27–28.
Geyer, H. J.; Loos, G. H.; Büscher, D. (2008): Re-
zente Vorkommen von Adventivpflanzen Büscher, D. (2004): NRW-Pflanzenverbreitungs-
und Apophyten auf Bahnhöfen im mittle- atlas erschienen. – Natur- u. Tierschutz in
ren Westfalen und ihre Ausbreitungsten- Dortmund 19(1): 32–33.
denzen. In: Dynamik der synanthropen
Vegetation. Festschrift für Prof. Dr. Dietmar Büscher, D. (2004): Hermann Neidhardt. – Natur &
Brandes. – Braunschweiger Geobot. Arb. 9: Heimat (Münster) 64: 61–62.
177–188.
Büscher, D. (2003): Vorwaldbildner auf
Loos, G. H.; Keil, P.; Büscher, D.; Gausmann, P. Bergbau-, Industrie- und Bahnbrachen in
(2008): Beifuß-Ambrosie (Ambrosia elatior Dortmund. In: Phytodiversität von Städten.
L., Asteraceae) im Ruhrgebiet nicht invasiv. 5. Braunschweiger Kolloquium (31. Okto-
– Florist. Rundbr. 41: 15–25. ber–2. November 2003). – Braunschweig.

Loos, G. H.; Margenburg, K.; Margenburg, B.; Büscher, D.; Loos, G. H. (2003-2002): Ein Vor-
Büscher, D. (2008): Pflanzen-Neubürger als kommen von Trifolium subterraneum L. in
„Problempflanzen“? – Die Beifuß-Ambrosie Westfalen. – Florist. Rundbr. 34(1/2): 73–77.
als vermeintlich invasive Pflanzenart. – Na-
turreport (Unna) 12: 109–114.
164 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Büscher, D. (2001): Adventivpflanzen im Büscher, D. (1997): Aus dem Herbarium des L.


mittleren und östlichen Ruhrgebiet sowie Schaub. – Dortmunder Beitr. Landesk. 31:
in seiner Umgegend. – Braunschweiger 55–59.
Gebot. Arb. 8: 87–101.
Büscher, D.; Loos, G. H.; Wolff-Straub, R. (1997):
Büscher, D. (2001): Zum floristischen Inventar Charakteristik der Flora im Ballungsraum
urbaner Flächen des östlichen Ruhrgebiets. „Ruhrgebiet“. – LÖBF-Mitt. 22(3): 28–35.
(Flächenverbrauch insgesamt sowie zur
Entwicklung von Zechen-, Schwerindust- Kiffe, K.; Büscher, D. (1997): Carex x ilseana
rie- und Bahnbrachen) – dargestellt am Bei- Ruhmer (= Carex ovalis Good x C. remota L.),
spiel des alten Dortmunder Ostbahnhofs. eine bemerkenswerte Hybride. – Natur &
– Dortmunder Beitr. Landeskde. 35: 25–36. Heimat (Münster) 57(1): 1–4.

Bomholt, G.; Büscher, D. (2002): Ein Nachweis Büscher, D. (1996): Anmerkungen zur Gefäß-
der Efeu-Sommerwurz (Orobanche hederae pflanzenflora im mittleren Westfalen,
Duby) in Westfalen und weitere bemer- insbesondere zu floristischen Beobachtun-
kenswerte Pflanzenfunde bei Enningerloh- gen in den Kartierungsjahren 1994-1996.
Ostenfelde (Kreis Warendorf). – Florist. – Dortmunder Beitr. Landesk. 30: 113–179.
Rundbr. 34(1/2): 69–72.
Büscher, D. (1995): Einiges zur Bahnflora des
Büscher, D. (2000): Zur Ausbreitung einiger Ruhrtales bei Witten und Hattingen. – De-
Pflanzenarten entlang von Verkehrswegen cheniana 148: 9–13.
im mittleren Westfalen. – Flor. Rundbr. 33:
92–97. Büscher, D.; Loos, G. H. (1993): Neue Beob-
achtungen zur Ausbreitung von Senecio
Büscher, D. (1999): Salztolerante Pflanzen in inaequidens DC. in Westfalen. – Florist.
Mittelwestfalen. – Braunschweiger Geobot. Rundbr. 27(1): 41–49.
Arb. 6: 193–200.
Büscher, D. (1993): Zur Verbreitung des Gelben
Büscher, D. (1999): Zur Ausbreitung einiger Eisenhutes im mittleren Westfalen und
Pflanzenarten entlang von Verkehrswegen in Teilen des Süderberglandes. – Natur &
im mittleren Westfalen. – Florist. Rundbr. Heimat (Münster) 53(2): 61–63.
33(2): 92–97.
Büscher, D. (1991): Über die Erforschung der
Wolff-Straub, R.; Büscher, D.; Diekjobst, H.; Fasel, Wolladventivflora von Kettwig/Rhld. und
P.; Foerster, E.; Götte, R.; Jagel, A.; K aplan, K.; Dülmen/Westf. durch den Dortmunder
Koslowski, I.; Kutzelnigg, H.; Raabe, U.; Schu- Apotheker Julius Herbst in den dreißiger
macher, W.; Vanberg, C. (1999): Rote Liste der Jahren dieses Jahrhunderts. – Florist. Rund-
gefährdeten Farn- und Blütenpflanzen (Pte- br. 25(1): 40–45.
ridophyta et Spermatophyta) in Nordrhein-
Westfalen 3. Fassg. – LÖBF-Schriftenr. 17: Büscher, D. (1991): Übersicht über Flora und
75–171. Vegetation des Biotops in der Erdbrügge
in Herdecke-Semberg. – Cinclus (Herdecke)
Büscher, D. (1998): Zur Flora des ehemaligen 19(2): 11–18.
Zechengeländes „Adolf von Hansemann“
in Dortmund-Mengede. – Dortmunder Büscher, D. (1991): Zur Vegetation des Brachge-
Beitr. Landesk. 32: 73–82. ländes in Dortmund-Kirchhörde. – Natur &
Tierschutz in Dortmund 6(1): 79.
Aus dem Vereinsjahr 2019 – Nachrufe 165

Büscher, D.; Loos, G. H. (1990): Thymus serpyllum Blana, H. (1984–1990): Bioökologischer Grund-
L. em. Mill. s. str. in der Westfälischen Bucht lagen- und Bewertungskatalog für die
wiedergefunden. – Göttinger Florist. Rund- Stadt Dortmund. Teil 1: Allgemeine Grund-
br. 24: 10–12. lagen für das gesamte Stadtgebiet (1984),
Teil 2: Landschaftsplangebiet Dortmund-
Büscher, D.; Raabe, U.; Wentz, E. M. (1990): Cras- Nord (1984), Teil 3: Landschaftsplangebiet
sula helmsii (T. Kirk) Cockayne in Westfalen. Dortmund-Mitte (1985), Teil 4: Landschafts-
– Göttinger Florist. Rundbr. 24(1): 8–9. plangebiet Dortmund-Süd (1990). Unter
ständiger Mitarbeit von Böcking, H.; Büscher,
Büscher, D. (1989): Zur weiteren Ausbreitung D.; Gorki, H. F.; Hallmann, G.; Kretschmar, E.;
von Senecio inaequidens DC. in Westfalen. Neugebauer, R. – Hrsg.: Stadt Dortmund,
– Göttinger Florist. Rundbr. 22(2): 95–100. unter Beteiligung des KVR.

Vogel, A.; Büscher, D. (1989): Verbreitung, Ver- Büscher, D. (1983): Die Verbreitung der in einem
gesellschaftung und Rückgang von Apium weiteren Raum um Dortmund beobachte-
repens (Jaqu.) Lag. und Teucrium scordium L. ten Gefäßpflanzen – Prodromus (Unveröff.
in Westfalen. – Flor. Rundbr. 22(1): 21–30. Manuskript). Dortmund.

Büscher, D.; Loos, G. H.; Loos, W. (1987): Kleiner Büscher, D. (1983): Einige Vorkommen des
Bestimmungsschlüssel für Ackerwildkräu- Schwarzbraunen Zypergrases (Cyperus fu-
ter des Kreises Unna. – Naturförderungsge- scus L.) im Süden der Westfälischen Bucht.
sellschaft des Kreises Unna. – Natur & Heimat (Münster) 43: 57–59.

Büscher, D. (1986): Zur Vegetation eines lang- Büscher, D. (1983): Eriophyllum lanatum (Pursh)
fristig angepachteten Feuchtgebietes des Forbes auch in Westfalen. – Göttinger Flo-
Bundes für Vogelschutz und Vogelkunde rist. Rundbr. 16(3/4): 89.
e. V. Herdecke-Hagen. – Cinclus (Herdecke)
14(2): 26–29. Büscher, D. (1982): Die Vegetation im Deipen-
becker Wald und am Dellwiger Bach bei
Büscher, D. (1986): Ackerwildkräuter im Kreis Dortmund-Lütgendortmund. – Dortmun-
Unna. – Schrift der Naturförderungsgesell- der Beitr. Landesk. 16: 51–62.
schaft für den Kreis Unna e. V. Unna.
Büscher, D. (1982): Drei Neufunde des Acker-
Büscher, D. (1985): Der Spiek bei Witten- Kleinlings (Centunculus minimus L.) im
Bommern – ein schützenswerter Teil der Raum Dortmund. – Natur & Heimat (Müns-
Ruhraue. – Dortmunder Beitr. Landesk. 19: ter) 42(2): 61–63.
71–78.
Büscher, D. (1981): Beiträge zum Vorkommen
Büscher, D. (1984): Über Vorkommen des Abste- des Gefingerten Lerchensporns und der
henden Salzschwadens (Puccinellia distans Grünen Nieswurz in Dortmund und Um-
[L.] Parl.) und der Mähnen-Gerste (Hordeum gebung. – Dortmunder Beitr. Landesk. 15:
jubatum L.) im östlichen Ruhrgebiet. – Dort- 17–24.
munder Beitr. Landesk. 18: 47–54.

Büscher, D. (1984): Senecio inaequidens DC.


nun auch im Ruhrgebiet. – Natur & Heimat
(Münster) 44: 33–34.
166 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Aus den Arbeitsgemeinschaften An der Selhausenstraße (letzte Aufbaustel-


le in Bielefeld) wurde erst am 04.03. mit dem
AG Amphibien und Reptilien  166 Aufbau der Schutzzäune begonnen. Der Auf-
AG Astronomie / Volkssternwarte 170 bau der Schutzzäune an Bielefelder Straßen
Botanische Bestimmungskurse 172 erfolgte etwas früher als in 2018, aber an ei-
AG Geobotanik 172 nigen Standorten gut 14 Tage zu spät; danach
AG Ornithologie 173 folgten noch die Korrekturen des Aufbaus an
AG Rhenoherzynikum 174 einigen Standorten bis Ende März oder un-
terblieben auch. Ende Februar bis Ende März
wurde leider während der Anwanderung
der Amphibien direkt im Anwanderkorridor
AG Amphibien und Reptilien der Ausgleichsfläche Bechterdisser Straße
Kaminholz gesägt, gespalten, per Schubkarre
Frühjahrswanderung – Aufbau der saisonalen transportiert, auch ein Motorsägenlehrgang
Schutzzäune fand statt.
Vom 13.–15. Februar baute der Bauhof der Der März war nass, windig und oft stür-
Gemeinde Leopoldshöhe am Rottfeld die misch und kalt. Die Erde schlammig und an
Schutzzäune auf, vom 18.02.–19.02. an der einigen Standorten waren Schutzzäune teil-
Grester Straße; hier lief bereits am 19.02. ein weise durch den Sturm aus der Erde gerissen.
Erdkrötenmännchen den Schutzzaun an, am Vor allem dort, wo das Bankett großzügig und
Abend das erste Teichmolchmännchen an der tief abgeschoben worden war, bot sich nun
Bechterdisser Straße. Der Infoabend für neue eine Schlammpiste entlang der Schutzzäune,
wie erfahrene Amphibienbetreuer fand am auf denen Amphibienbetreuer täglich herum
19.02. im Umweltamt mit Powerpoint von B. rutschten, die oft 10 cm tiefer im Schlamm
Bender statt. versunkenen Haltestäbe verdrehten und
Der Kreis Lippe baute vom 13.–14.02. die somit die Schutzzäune, Fangeimer mussten
Schutzzäune an der Heeper Straße in Leo- geschlossen werden, da sie voll Wasser liefen.
poldshöhe auf, Textilzäune, aber mit geringer Am 10.03. bei 3 °C mit Schnee und Sturm
Höhe, faltig, oft nur 20 cm hoch und katastro- wurden alle Fangeimer geschlossen, ab 12.03.
phal provisorisch und ungenügend befestigt wieder nach und nach geöffnet, ab dem 14.03.
an ungeeigneten uralten Haltestäben. Am mit Regen, 8 °C, wanderten Amphibien wie-
Dornenkamp (Bad Salzuflen, erste Amphibien der heftig. Amphibienbetreuer korrigierten
am 21.02.) und Friedenstraße (Leopoldshöhe) die durch Sturm und Starkregen strapazierten
wurden die Schutzzäune ebenfalls bis zum Schutzzäune. Wie meist „bis zum 1. April wol-
15.02. aufgebaut. len die Amphibien im Laichgewässer gewesen
Die StrNRW-Zäune an Bielefelder Bergstra- sein“ wanderten sie trotz nächtlicher Kälte.
ßen stehen am 26.02. noch nicht. Erste juvenile Erdkröten wurden ab Ende
Am Telgenbrink in Bielefeld steht am März notiert. Vom 6. April bis 24. April blieb es
25.02. die Hälfte der Schutzzäune, die Zäune trocken, eine dicke Flaute an den Zäunen, das
an den Heeper Fichten erst ab dem 2. März. Moos in den Fangeimern anzufeuchten war
Donnerstag, 01. März 2019 kamen gegen 20 nahezu täglich erforderlich.
Uhr die ersten Regentropfen, an allen Stellen Amphibien wanderten nur in den wenigen
wanderten vermehrt Amphibien. Nächten mit Regen oder Restfeuchte. Anfang
Bis Rosenmontag, 04.03. wurden bereits Mai war es zu kalt für die Amphibien. Die
178 Amphibien an der Bechterdisser Straße Rückwanderung der Erdkröten erfolgte an
notiert, auch an den Bergstraßen waren schon feuchteren Standorten heftig um den 3. April,
sehr viele Amphibien unterwegs. sowie am 8.–10. Mai bei Regen und 10–15 °C.
Aus dem Vereinsjahr 2019 – Aus den Arbeitsgemeinschaften 167

Bei längerem Weg über trockenes Gelände am Dornenkamp in Bad Salzuflen erfolgte die
zog sich die Rückwanderung bis Ende Juni Betreuung diesjähriger Erdkröten, erstmalig
hin, da waren die meisten Schutzzäune längst begann am Horstheider Weg in Bielefeld der
abgebaut. Schutz der Metamorphlinge. Die diesjährigen
An den meisten Stellen fehlten, im Erdkröten wanderten an den Heeper Fichten
Vergleich zu den Vorjahren, mind. 1/3 der ab der 2. Juniwoche ab.
hinwandernden Amphibien. An der Bechterdisser Straße in Bielefeld
An der Friedenstraße in Leopoldshöhe wurde auch dieses Jahr durchgehend betreut
wurde ein Radweg gebaut; von 1888 Amphi- sowie das Gras entlang der Schutzzäune
bien in 2018 reduzierte sich die Anzahl auf 561 per Hand gemäht. Ab 8. Juli bis 14. Oktober
Amphibien in 2019 (nur 15 % der Teichmolche erreichten 1.568 diesjährige Erdkröten (meist
in 2018) An der Bechterdisser Straße wurde < 25 mm) plus 90 (> 25 mm) die Zäune; leider
2/3 der Amphibienanzahl im Vergleich zu nur wenig diesjährige Grasfrösche. Aufgrund
2018 notiert. der extremen Trockenheit waren weniger
An der Beckendorfstraße sind die alten Amphibien unterwegs, das Moos in den
Laichgewässer völlig verlandet. Amphibien- Fangeimern wurde mindestens 1x täglich
betreuer hatten kein gutes Gefühl mehr angefeuchtet.
Amphibien hier abzusetzen.
2018 war schon die seit Jahrzehnten Herbstwanderung der Amphibien
schlechteste Frühjahrssaison, 2019 war An der Bechterdisser Straße „Ex-Erdbeer-
schlimmer; Wetterextreme, wie lange Tro- feld“ wurden zwischen dem 15. August bis 16.
ckenphasen, Starkregen Sturm u. a. jährliche November nur 851 (2017: 5.275) Amphibien
Beeinträchtigung wie Reduktion der Lebens- notiert. Insgesamt wurden hier in diesem Jahr
räume und der Gewässer, der Insektenmangel nur 3.432 Amphibien notiert, bei all den Bau-
und auch unzureichende Schutzmaßnahmen maßnahmen, Rodungen mit schwerem Gerät,
bewirken eine stete Dezimierung der Am- Mulchmähen in Gewässernähe während die
phibien. Gewitter mit Starkregen am 20. Mai diesjährigen Erdkröten abwanderten, Mähen
spülte das Schlammwasser Straßen wie Wege anderer Bereiche zumeist bei Nässe etc. nicht
herunter, auch Amphibienschutzzäune wur- erstaunlich. Die Wiese, Wanderkorridor wie
den von den Schlammmassen herunter auf Lebensraum, wurde dieses Jahr erfreulicher-
die Erde gedrückt. weise nach dem Abbau der Schutzzäune erst
am 11. November gemäht, bzw. bis Bodentiefe
Saisonaler Schutz im Sommer geschreddert, gemulcht.
Im trockenen Sommer 2019 wurden an An der Eickumer Straße wurde der Herbst-
der Bechterdisser Straße nur etwa 1/3 der zaun Mitte August aufgebaut. Der Zaunauf-
Amphibien wie in 2018 an den Schutzzäunen bau (StrNRW) war wieder nicht fachgerecht,
eingesammelt. arbeitsreich wie demotivierend für das kleine
Amphibien-Betreuer befreiten am Gut Amphibienbetreuer-Team, diese wurden im
Eckendorf die Schutzzäune vom Schlamm des Herbst 2019 vom Team Beckendorfstraße
Starkregens, richteten sie wieder auf. Diesjäh- unterstützt.
rige metamorphosierte Erdkröten wanderten
ab 5. Juni am Gut Eckendorf in die Fangeimer. Dauerhafter Schutz
Bis 21. Juli wurden 168 (in 2018: 21.800) einge- Friedenstraße in Leopoldshöhe: etwa am
sammelt (nur in Richtung Bielefelder Straße). 30. Juni bekam B. Bender die Fotos von der
Ab 24. Juni wurden auch die Leitzäune ab- Baumaßnahme „Schutz“–Anlage Friedenstra-
gebaut, bei Höchstwerten um 30 bis 37 Grad ße, Kreis Lippe. Die Leitelemente aus 2,5 mm
und betontrockenem Boden kein Spaß. Auch starkem Stahlblech erhitzen sich auf mehr als
168 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

60 °C, auf dieser Blech-Lauffläche nicht nur Laarer Straße: Hier stand 2019 kein Rückzaun
für Amphibien ein Problem. Junge winzige mehr, der Hinzaun, schlecht aufgebaut, teils
Erdkröten wandern auch tagsüber im Juni bereits unten liegend und ohne Fangeimer.
ab, junge Molche wenige Wochen später. Die Damit verlassen Amphibien (3 Molcharten!)
trichterförmige Zuführung in den „Tunnel“ genau in einer Kurve die Schutzzäune und
wurde in die verkehrte Richtung gebaut. Der wandern über die Straße. Ein Hinweisschild
Tunnel, eine zweckentfremdete Abwasserröh- auf Amphibienwanderung stand!
re mit Betonboden und runden Wänden usw. Die Schutzzäune an beiden Landesstraßen
Mehr Fehler kann kaum jemand machen! Am Bielefelder und Eckendorfer Straße in Leo-
8. Juli haben Mitarbeiter der Firma Volkmann poldshöhe sowie der „Rütli“-Schutzzaun in
& Rossbach mit den Korrekturen angefan- Bielefeld wurden am 15.05. abgebaut, ohne
gen und die ca. 155 Meter wieder heraus Absprache mit Koordinatoren oder Amphi-
genommen und wenig besser gesetzt. Die bienbetreuern. Nach längerer Trockenphase
weglaufenden Seiten der Tunnelröhre wur- wurde vom Deutschen Wetterdienst Regen
den abgetrennt. Am Donnerstag 11.07. fanden mit abendlichen 12–13 °C Grad vorhergesagt
Amphibienbetreuer zwei offenstehende – also bestes Wanderwetter für Amphibien
70 cm tiefe Abwasserrohre, die senkrecht in ab 15.05. Leider hatte aus dem Raum Bielefeld
die Erde gesetzt worden waren mit einem jemand Abbau gemeldet. Das wurde von
Durchmesser von 40 cm; bis Montag, 15.07. Straßen NRW zum Anlass genommen ohne
hätte alles von Kleinkind bis Igel hier hinein- Rückfrage alle Bereiche abbauen zu lassen
fallen können. (der weitere Abbau an anderen Straßen wur-
Amphibienbetreuer deckten diese zwei de verhindert, da ein Betreuer durch Zufall vor
tiefen Fallen gleich provisorisch ab, trotzdem Ort war). Im nächsten Jahr soll es in der Kom-
befand sich am Sonntag ein Teichmolch munikation mit Straßen NRW besser werden!?
darin, schon etwas dehydriert. Kompetenz Abbau nur noch nach Rückmeldung mit den
im Straßenbau schließt Fachwissen im Betreuern vor Ort!
Amphibienschutz eher selten ein. Und noch In 2019 koordinierte das Umweltamt den
immer warten Amphibienbetreuer auf Amphibienschutz an der Beckendorfstraße.
Korrekturen der Schutzanlage, damit der Am- An der Beckendorfstraße wurden die Schutz-
phibienschutz funktionieren kann. Die beiden zäune nach zwei Reklamationen der erfah-
fehlerhaft eingebauten Kleintiertunnel an der renen Amphibienbetreuer nicht korrigiert.
Bechterdisser Straße sind seit dem Einbau in Zudem wurden Anfang April bei durchge-
2013 noch funktionslos, mangels Pflege seit führten Baumfällarbeiten teils die Zäune und
2016 zugewachsen. Die Kleintiertunnel müs- ein Eimer zerstört. Der Zaun wurde wieder
sen nun zügig korrigiert mit Leitsystem und aufgerichtet, stand danach aber senkrecht,
Auffangrosten ergänzt werden, bevor auch nicht fachgerecht. Ebenso wurde hier Ende
hier ehrenamtliche Amphibienbetreuer die Mai der Endeimer sowie ein Teil des oberen
Geduld verlieren. Nordzauns bei Mäharbeiten beschädigt.
An der Beckendorfstraße sind die alten
Vermischtes Laichgewässer völlig verlandet und sollen
Feuersalamander, Waldeidechsen oder nicht mehr ausgebaggert werden. Mind. 400
Blindschleichen wurden 2019 kaum noch Meter entfernt wurden als Ersatz zwei kleine
notiert. Tümpel ausgebaggert. Von einem Feld weni-
Am 4. Juni 2019 wurde die 1. Lucilia-befal- ge Meter oberhalb der Gewässer läuft wahr-
lene Erdkröte 2019 an der Bechterdisserstraße scheinlich Dünger etc. in die Tümpel; Graurei-
notiert, der letzte Befall am 7. Oktober. her und Stockenten hatten sich eingefunden,
ein Pärchen Kanadagänse brütete, das Skelett
Aus dem Vereinsjahr 2019 – Aus den Arbeitsgemeinschaften 169

eines Waschbären wurde gefunden. Leider dige Beobachtung im Versteck am relevanten


sind diese Tümpel von Mensch und vor allem Wochentag wie Uhrzeit war erfolglos.
von den Molchen nicht gut auffindbar; Am- Im April hat B. Bender im Verkehrsinstitut
phibien mit Laich pendelten noch im Mai an Brands Busch den jährlichen Vortrag „für den
die Schutzzäune der Beckendorfstraße, von Kurs Fahrschullehrer“ gehalten. Danach sahen
den verlandeten Gewässern der Nordseite zu sie sich den Brands Busch Hotel Teich an und
dem ebenfalls verlandeten auf der Südseite den „Hundeteich“; hier wuselte das Ufer mit
hin und her. mind. 10.000 Erdkröten-Quappen, einige
Oerkenweg: Im Erlenbruchwald gibt es seit Grünfrösche quakten.
der Bachrenaturierung vor etlichen Jahren Mit der Geocaching Gruppe (etwa 25
keinen Grasfroschlaich mehr. Leute) fand am 13.04., 20 Uhr eine Aktion an
Talbrückenstraße: Wie immer war der den Heeper Fichten statt. Wolf vom Heeper
Schutzzaun (von Ehrenamtlichen) sehr Fichten Team und B. Bender haben, aufgrund
schlecht aufgebaut, x Lücken unter dem Zaun, der Eiseskälte mangels Amphibien, etwas auf
groß genug für Erdkrötenpaare, Erde oder dem Rundgang erzählt und es war echt nett.
Kies auf dem liegenden Zaunsaum. Kordel Als eine Art Maskottchen hatte die Gruppe
und Zaunöse auf die Haltestaböse gezwängt, Plüschfrösche mit kleinen Antennen auf dem
da wo Zaun oder Zaunösen noch nicht Kopf :-). Wir waren sehr positiv überrascht
ausgerissen waren. Zaun viel zu niedrig, und über das große Interesse der Gruppe. Sogar
davor lagen Stämme zum Überklettern, Gras kleine Tütchen mit Handschuh und Müllbeu-
wucherte von allen Seiten am Zaun hoch. tel waren bei ihnen standardmäßig dabei.
Peppmeiers Siek: hier werden Häuser ge- Neue höhere Schutzzäune sowie Halte-
baut und die nächsten 3 Jahre sollen nun links stäbe wurden erfreulicherweise z. B. an der
wie rechts der Baustellenzufahrt Amphibien- Bechterdisser Straße aufgebaut. Die höheren
schutzäune stehen. Das Planungsbüro kon- Haltestäbe sind für alte niedrigere Schutzzäu-
taktierte die AG, eine Art Einkaufsliste wurde ne eher ungeeignet; geeignete Haltestäbe da-
übermittelt, B. Bender zeigte einigen Leuten für fehlen in Bielefeld seit Jahren. So wurden
den praktischen Aufbau der Schutzzäune. Es auch 2019 immer noch viele uralte senkrechte
war so erfreulich zu sehen wie gut und auch Haltestäbe an älteren Zäunen eingesetzt,
schnell diese Männer, die vorher NULL über damit ist ein fachgerechter Zaunaufbau kaum
Amphibienschutzzäune wussten, aufbauten. möglich.
Leider ein Schutzzaun ohne Fangeimer, eine Die nächtlichen Straßensperrungen an
Betreuung der Zäune war hier nicht vorgese- Wochenenden führt ein ehrenamtlicher
hen! Amphibienbetreuer seit > 20 Jahren am Quel-
Am 13. Juni wurde gemeldet, dass die lenhofweg durch. Leider war ihm das 2019
Warnblinkleuchten an der Bechterdisser dann nicht mehr bis Saisonende möglich,
Straße nicht mehr blinken. Bis zum 16. Juli, Ehrenamtliche ließen sich neu in die Tätigkeit
also gut einen Monat rödelten Amphibienbe- einweisen.
treuer ohne Warnblinklicht tags und nachts Ein Hundeausführer berichtet von weite-
auf der Bechterdisser Straße herum! ren Erdkröten auf dem Radweg wie auf der
Auch dieses Jahr plünderten Wildsamm- Strasse im Bereich der Bacherweiterung Hille-
ler mind. 1x pro Woche die Fangeimer am gosserstraße/Heeperholz. Ein Kfz fuhr soeben
Schutzzaun Bechterdisser Straße, wie deutlich über ein großes Erdkrötenweibchen, weitere
am verrührten Moos, fehlenden Stöckchen Erdkröten saßen oder wanderten über den
in danach fast verschlossenen Fangeimern Radweg um die Bacherweiterung.
zu bemerken war. Die üblichen Infozettel Bechterdisser Straße: Östlich des Lebens-
brachten keine Veränderung, eine zweistün- raums und nur wenige Meter von den Gewäs-
170 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

sern entfernt, wurde ein Parkplatz abgebaut, Ein Grillabend der Gemeinde Leopoldshö-
die Wiese in einen provisorischen Parkplatz he als Abschlusstreffen und Dankeschön für
verwandelt und ein großes Parkhaus gebaut. Amphibienbetreuer war für alle Mitstreiter
Kaum stand das Parkhaus, wurde eine riesige wieder ein leckerer und wunderschöner ge-
Baugrube ausgehoben, mit Folie ausgekleidet mütlicher Abend.
über Monate wurde hier gearbeitet bis der
Keller? Ende 2019 ausgebaut wurde. Erdhau- Medienarbeit
fen, Baumaterial usw. und nur wenige Meter 30 Jahre gibt es nun unsere AG Amphibien
entfernt Gewässer und Lebensraum, nicht nur und Reptilien; auf der Mitgliederversamm-
von Amphibien. Diese große Baustelle hätte lung des NWV wurde im März ein hübsches
amphibiensicher eingezäunt werden müssen! Blumen/Froschkörbchen überreicht!
An der Bechterdisser Straße wurden im Einige Presseartikel in Bielefeld und Leo-
November 2018 Bäume im Lebensraum Süd poldshöhe erschienen.
gerodet, dabei drei Benjeshügel (inkl. Lebe- Die Seiten der AG Amphibien & Reptilien
wesen) mit abgeschoben. Die Benjeshügel auf der Homepage des Naturwissenschaftli-
mussten neu errichtet werden um Amphibien chen Vereins wurden öfter aktualisiert.
in dem nun leeren Lebensraum dort sicher vor Die Wanderausstellung „Heimische Am-
Hunden, Trockenheit etc. abzusetzen. phibien – „Biologie+Schutz“ hat noch freie
Nach langer Trockenheit und endlich Termine.
warmen, feuchtnassen Nächten mit Amphi- Wie immer wurden E-Mails und telefoni-
bienwanderung wurden am 17.10. auf der sche Fragen von Bürgern beantwortet. Sehr
Südseite der Bechterdisser Straße hinter viel Lob bekamen auch etliche Amphibienbe-
Amphibienschutzzäunen wiederum mit treuer von Bürgern.
schwerem Gerät Bäume gefällt und alles fest Brigitte Bender
gefahren, Stämme wurden auf der Wiese
gelagert. Aus diesem Bereich der Südzäune
kommen im Herbst diesjährige Amphibien
wie rückwandernde Amphibien, die von AG Astronomie / Volkssternwarte
Nord kommenden Amphibien wurden nachts
zuvor dort in die erneut angelegten Benjes- Wie schon im Vorjahr sollte auch im Som-
haufen abgesetzt und auch diese wurden mer 2019 wieder eine Mondfinsternis von uns
abgeschoben. Das sind immer wieder starke aus beobachtbar sein. Nach dem „Besucher-
Beeinträchtigungen, die nicht nur die im Bo- Schock“ des letzten Jahres war uns klar, dass
den eingegrabenen Amphibien dezimieren wir das so nicht noch einmal durchführen
sondern auch andere Tierarten. wollten und konnten. Das mussten wir auch
Diese Umstände tragen alle zu einer De- gar nicht, wie sich im Frühjahr entwickelte:
motivation der ehrenamtlichen Amphibien- der Bielefelder Elektronik-Künstler Globotom
Betreuer bei. Wir ehrenamtlichen Betreuer vor warb für eine Zusammenarbeit. Anlässlich des
Ort versuchen unser Möglichstes, um unser Apollo-11-Jubiläums kam die Idee zu einem
aller Umwelt zu schützen und zu erhalten. Das musikalischen Themenabend rund um die
ist in den letzten Jahren immer schwieriger Apollo-Geschichte. Live gespielte Sphären-
geworden und auch der Zeitaufwand auf klänge von Globotom im Wechsel mit zahlrei-
unserer Seite wird immer größer. chen historischen Bild- und Filmaufnahmen
Die Zusammenarbeit, Begehungen und sowie Erzählungen rund um das bemannte
Planungen mit der Gemeinde Leopoldshöhe, Raumfahrtprogramm der Amerikaner in
deren Bauhof, dem NABU und den Medien thematisch perfekter Kulisse, der Sternwarte.
waren wie jedes Jahr erfreulich und fruchtbar. Ein kurzer Blick in den Kalender fand das
Aus dem Vereinsjahr 2019 – Aus den Arbeitsgemeinschaften 171

Elektronik-Künstler Globotom bei Live-Performance zu Trotz Bewölkung war Merkur im Teleskop als winziger
Apollo 11, begleitet von kunstvollen Animationen Punkt vor der Sonne zu erkennen. .

Björn Kähler erklärt mit Modellen den technischen Die Wolken waren ausnahmsweise leicht durchsichtig, so
Ablauf des Fluges zum Mond. dass der Blick auf die Sonne von uns aus möglich war.

perfekte Datum für dieses Jahres-Highlight: ten die 25 Besucher das seltene Ereignis bei
der 16. Juli. Nicht der bekannte erste Schritt uns durch die hohen Wolken ein bisschen
auf dem Mond sondern das Start-Datum der hindurch beobachten.
Saturn-V. Am späten Abend sollte die totale An den meisten der ohnehin schon wenigen
Mondfinsternis sichtbar werden. Bei so vielen Beobachtungsabenden war es mindestens
Highlights konnten wir keinen „normalen“ bedeckt, einen Sternenhimmel gab es kaum
öffentlichen Abend anbieten, die Besucher zu sehen. Dann ist es gut, die Abende für die
würden uns wieder überlaufen. Wir begrenz- vielen Besucher mit Vorträgen, Rundgängen
ten die Teilnehmerzahl auf 50 und boten Kar- und Diskussionen kurzweilig zu gestalten.
ten nur im Vorverkauf an. Nach nur wenigen Dank neuer sehr aktiver Mitglieder gelang
Tagen war der Abend ausverkauft. dies 2019 wieder sehr gut. Die Personalsorgen
Es wurde ein perfekte „Lange Nacht des der letzten Jahre schwinden allmählich.
Mondes“, nur das Wetter bescherte uns keinen Die Besucherzahlen für das Jahr sind eher
kurzen Blick auf die partielle Mondfinsternis. unterer Durchschnitt, insgesamt knapp 400
Anstelle der Beobachtung gab es improvisier- Besuchern, darunter die Hälfte in Gruppen-
te Sphärenklänge auf der Dachterrasse, live veranstaltungen (für Kinder und Erwachsene).
nur auf einem Smartphone gespielt. Angesichts der wenigen Veranstaltungsaben-
Auch am 11. November zum Merkurtransit de 2019 dennoch ein positives Ergebnis.
war das Wetter nicht ideal. Zum Glück konn- Björn Kähler
172 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Botanische Bestimmungskurse Dabei ging es u. a. um die Planung der übli-


chen Aktivitäten, aber auch um die künftige
Der Fortgeschrittenenkurs im namu fand AG-Arbeit und mögliche neue Kartierprojekte.
im Sommerhalbjahr 2019 zum zwölften Mal Unsere jährliche Vortragsveranstaltung
in Folge statt; geleitet wurde er, wie schon fand am 23. Februar in der Biologischen
seit einigen Jahren, von Petra Schwenk und Station Gütersloh/Bielefeld statt. Carsten
Carsten Vogelsang. Auch die meisten der 11 Vogelsang berichtete über Neu- und Wieder-
Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren wie- funde von Rote-Liste-Arten und Neophyten
der alte Bekannte, also schon seit längerem im Kreis Herford, Thomas Keitel präsentierte
dabei. Das Kursprogramm bestand wie in den „Eindrücke aus der ostmediterranen Floren-
Vorjahren aus Bestimmungsübungen und welt am Beispiel Kretas“, und Asta Napp-Zinn
Exkursionen, etwa ins „Reich des Königsfarns“ vermittelte mit ihrem Exkursionsbericht einen
nach Ummeln und ins NSG Feuchtwiesen Einblick in die eindrucksvolle Vielfalt der „Blu-
Hörste. men im Zagros-Gebirge (Iran)“. Kurzmitteilun-
Der Grund- bzw. Auffrischungskurs im Bio- gen über diverse bemerkenswerte Funde in
logiezentrum Bustedt (Hiddenhausen) zählte OWL rundeten das Programm ab.
diesmal sogar 17 Teilnehmerinnen und Teil- Von unseren sechs Gemeinschaftsexkursio-
nehmer, darunter ebenfalls einige neue Ge- nen 2019 führte eine in den Kreis Steinfurt, die
sichter. Auf dem Programm standen diesmal übrigen zu Zielen in OWL:
v. a. Exkursionen, u. a. zum Schweichler Berg 07.04.: Lage / Bad Salzuflen (Werreaue u.
und ins Werfener Bruch. Ein Höhepunkt war Umgebung bei Schloß Iggenhausen)
dabei der Fund des seltenen und bundesweit 05.05.: Löhne-Ort u. Umgebung (Kartierung
gefährdeten Acker-Hahnenfußes durch einen TK 25 3818.11)
Teilnehmer während einer Exkursion. 30.05.: Bad Salzuflen / Leopoldshöhe (Bexter
Mehrere Teilnehmer(innen) der Botanikkur- Wald u. Umgebung)
se engagierten sich 2018 und 2019 auch schon 07.07.: Bad Driburg / Altenbeken (Hausheide,
privat bei der aktuellen Rote-Liste-Kartierung Iburg u. Umgebung)
NRW oder steuerten höchst bemerkenswerte 28.07.: Hörstel/Ibbenbüren (s. Foto)
eigene Zufallsfunde bei, darunter ein Wieder- 08.09.: Löhne-Gohfeld (Kartierung TK
fund des Ysop-Weiderichs in der Westfälischen 3718.43)
Bucht und zwei Nachweise des bei uns vom
Aussterben bedrohten Venuskamms. Die Geo- Vor allem aber waren die Mitglieder der
botanische Arbeitsgemeinschaft erhofft sich AG auch dieses Jahr wieder auf eigene Faust,
auch weiterhin Unterstützung (Nachwuchs) einzeln oder in Kleingruppen, in ganz OWL für
aus den Reihen der Kursteilnehmer(innen). das Rote-Liste-Kartierprojekt des LANUV un-
Auch 2020 werden die beiden Kurse, die terwegs, um Erfassungslücken zu schließen.
allen Beteiligten viel Spaß machen, wieder Dabei gelangen, wie auch bei den Gemein-
stattfinden. schaftsexkursionen, wieder zahlreiche Neu-
Carsten Vogelsang und Wiederfunde bemerkenswerter Arten.
Die Kartierung für die Rote Liste 2020, die die
AG seit 2013 beschäftigt hat, geht demnächst
ihrem Abschluss entgegen. Erste Planungen
AG Geobotanik für ein mögliches „eigenes“ Anschlusspro-
jekt, nämlich eine eingehende, vollständige
Die Mitglieder der AG trafen sich von Janu- floristische Kartierung des Kreises Herford
ar bis April und von Oktober bis Dezember zu mit dem Ziel einer entsprechenden Regional-
den monatlichen Arbeitsabenden im namu. flora, laufen. Neue Mitglieder, die mitarbeiten
Aus dem Vereinsjahr 2019 – Aus den Arbeitsgemeinschaften 173

Die Exkursion am 28. Juli 2019 führte in den Teutoburger Wald bei Ibbenbüren. In Quellmooren am Nordhang des
Sandsteinzuges wachsen dort seltene Pflanzen wie Moorlilie und Gagelstrauch. Nach einer Stärkung im ehemaligen
Kloster Gravenhorst ging es zum nahegelegenen Naturschutzgebiet „Alte Fahrt”, einer früheren Trasse des Mittelland-
kanals, heute abgebunden und teilweise verfüllt. Hier konnten interessante Arten der Sandmagerrasen, Gewässer und
Ufer nachgewiesen werden. Kleines Foto: Moorlilie bei Ibbenbüren. (Fotos: U. Soldan)

möchten, sind in der AG immer herzlich will- und bleiben auch für das Regionalherbar der
kommen! Solide botanische Grundkenntnisse AG Geobotanik zuständig.
bzw. die Bereitschaft, sich einzuarbeiten, sind Carsten Vogelsang
dabei natürlich von Vorteil.
Fast 20 Jahre lang haben Peter und Gerald
Kulbrock die AG Geobotanik geleitet; maß-
geblich beteiligt waren sie in dieser Zeit z. B. AG Ornithologie
an der Neuauflage der Flora von Bielefeld-
Gütersloh. Anfang 2019 haben die beiden die Die Vogelkundler trafen sich 2019 zu vier
Leitung der Arbeitsgemeinschaft abgegeben Abendveranstaltungen im Seminarraum des
und in jüngere Hände gelegt. In ihre Fußstap- Naturkundemuseums am Adenauerplatz.
fen werden nun Carsten Vogelsang, Stefan 19.01.: Heiner Härtel (Lübbecke): Zur Lebens-
Wiens und Thomas Keitel zu treten versuchen. weise von Spechten.
„Die Kulbrocks“ bleiben aber auch künftig 21.02.: Andreas Bader (Halle): Kernbeißer im
geobotanisch aktiv; so fungieren sie weiter Garten.
als Leiter der Regionalstelle OWL bei der 30.10.: Herbert Wagner (Löhne): Lichtbilder-
anstehenden Neubearbeitung der Roten Liste vortrag – Eulen. Allgemeine Berichte
174 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

aus der Saison 2019. im Gebiet des Rhenoherzynikums und des


21.11.: Heinz Bongards und Frank Püchel- hiesigen Raumes. Dazu trafen wir uns jeden
Wieling (Bielefeld): Die Feldlerche 1. Donnerstag im Monat um 19:00 Uhr im
(Vogel des Jahres 2019) in Bielefeld namu an der Kreuzstraße und jeden 2. Monat
und im Kreis Gütersloh. reihum bei einem Mitglied.
Wir haben z. Z. eine Mitgliederstärke von 9
Die Teilnehmer kommen aus unter- Personen. Unsere Aktivitäten im letzten Jahr:
schiedlichsten Interessensgruppen. Vom Januar Jahrestreff bei Klaus
Wissenschaftler über den „Birder“ bis zum Februar Namutreff, Frühjahrsbörse
Gelegenheitsbeobachter sind alle willkom- in Bielefeld
men. Was uns verbindet, ist die Freude an der März Rhenotreff (Tovote), Exkursion
Vogelbeobachtung. ins Lipper Land
Exkursionen ins Große Torfmoor und in April Namutreff, Exkursion Niedersfeld
die Dankmasch fanden in bewährter Weise (Sauerland)
gemeinsam mit dem NABU Bielefeld statt. Mai Rhenotreff (Heidemann)
Eckhard Möller (Herford) und Meinolf Juni Namutreff
Ottensmann (Bielefeld) organisierten die Juli Rhenotreff (Seifert)
Tagung der Ostwestfälisch-Lippischen Orni- August Namutreff, Exkursion Bruchhau-
thologen am 09.11. in der Universität Bielefeld. ser Steine
2019 wurden zusätzliche Stühle benötigt. Das Oktober Pilzexkursion in Verbdg. mit Rhe-
Erschließen neuer Gruppen unter den Vo- notreff bei R. Heese
gelkundlern durch die neuen Organisatoren November Mineralienbörse in Osnabrück
zeigt Früchte. Dezember Jahresabschluss im XIHU in
Die Ergebnisse der Wasservogelerhebung Bielefeld
von 2018 wurden als Katalog im 56. Vereins-
bericht publiziert, so dass die Ergebnisse Wir haben im letzten Jahr leider keine grö-
dauerhaft jedem Interessierten zugänglich ßeren Exkursionen mehr durchführen können.
bleiben. Eine Auswertung wird im 57. Bericht Lediglich beim Durchforsten unserer alten
veröffentlicht werden. Bestände kamen noch ein paar interessante
Im Jahr 2019 wurde begonnen auf Flächen, Stücke zutage. Besonders die Bleiglanz XX
die vor rund 30 Jahren kartiert wurden, erneut aus der Maibolte bei Lemgo haben eine stark
die Vogelbestände zu erheben. Koordiniert glänzende Matrix in der sich sogar die Berg-
wird diese Erhebung von Meinolf Ottensmann kristalle spiegeln (siehe Fotos). Aus dem Stein-
(Bielefeld). Genügend erfahrene Personen für bruch Calcit im Sauerland wurde Vaesit (NIS2)
dieses Projekt zu finden ist schwierig. Von den gefunden. Bei einer durchgeführten Schwer-
rund 35 Flächen ist die Hälfte vergeben wor- mineralwäsche aus dem Gierskoppbach in
den, so dass die Kartierung fehlender Flächen Elleringhausen unterhalb der Bruchhauser
im Jahre 2020 ansteht. Steine, konnten neben stark magnetischem
Heiner Härtel Material auch Zirkon XX bestimmt werden.
Unser 2-monatliches privates Beisammensein
wollen wir beibehalten. Den Jahresabschluss
bildete dann die traditionelle Barbarafeier im
AG Rhenoherzynikum XIHU in Bielefeld und wir hoffen, das es noch
eine Weile trotz vorgeschrittenden Alters, so
Die AG wurde im Jahr 2019 von Klaus weiter gehen kann.
Uffmann und Heinz Wirausky geleitet und be- Klaus Uffmann
fasste sich mit der Geologie und Mineralogie
Aus dem Vereinsjahr 2019 175

Bleiglanzspiegel aus der Maibolte bei Lemgo würfeliger Vaesit X (NIS2) mit Milleritnadeln Stbr. Calcit
Sauerland

Bergkristall im Bleiglanzspiegel Schwermineralfraktion aus dem Gierskoppbach


Elleringhausen Sauerland

Schwefelkopf im Ultraviolettem Licht Zirkon XX aus Schwermineralfraktion Gierskoppbach


Bruchhauser Steine
176 Berichte Naturwiss. Verein Bielefeld 57 (2020)

Im Jahr 2019 verstarben folgende Mitglieder:

24.02.2019 Dr. Rudolf Böttner (Leitung AG Physik und Umwelt 1996–1997)


08.04.2019 Prof. Dr. Karl-Ernst Lauterbach (s. Nachruf )
21.04.2019 Uwe Hector
07.10.2019 Dietrich Büscher (s. Nachruf )
03.10.2019 Klaus Greif

Vorstand (Stand 31.12.2019):

Vorsitzende: Claudia Quirini-Jürgens


Mathias Wennemann
Schatzmeisterin: Dr. Ulrike Letschert
Schriftführer: Heiner Härtel
Björn Kähler
Thomas Keitel

Beirat (Stand 31.12.2019):

Michael Blaschke
Dr. Dietrich Bley
Dr. Heinz Bongards
Prof. Dr. Siegmar Breckle
Dr. Martin Büchner
Prof. Dr. Peter Finke
Eckhard Möller
Jörg Neumann
Dr. Inge Schulze
Dr. Michael von Tschirnhaus
Wolfgang Wilker
Heinz-Dieter Zutz

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