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Abriß

der

Geologie von Bayern r. d. Rh.


in sechs Abteilungen.
Abteilung I :

Geologischer Oberblick über die Alpen zwischen


Tegernsee und Gmunden am Traunsee und das
bayerisch-österreichische Tertiärhügelland.

Bearbeitet von

Joseph Knauer,

mit Beiträgen von

Heinrich Laubmann, Franz Münichsdorfer und Ludwig Simon.

Zugleich Erläuterungen zu Blatt I der Geologischen Übersichtskarte von Bayern r. d. Rh. 1 : 2 5 0 000,
herausgegeben von der Gesellschaft für Bayerische Landeskunde mit Unterstützung der Geologischen
Landesuntersuchung von Bayern, bearbeitet von Dr. MATTH. SCHUSTER.

München 1925.
V e r l a g von R . O l d e n b o u r g u n d P i l o t y & L o e h l e .
Dem Andenken an C. fV. von Gümbel
Inhaltsübersicht.
Seite
Einleitung l

Allgemeine Ubersicht ( J . KNAUER) 2

A . D i e Z e n t r a l a l p e n und die S c h i e f e r h ü l l e ( J . KNAUER) 4


I. Formationsbeschreibung 4
Vulkanische Gesteine 5
Der Zentralgneis (Granitgneis) 5
Diabas, Diabasporphyrit, Serpentin und Griinschiefer 5
kristallinische Schiefer 6
Zentralalpines Mesozoikum 7
II. Tektonik der Zentralalpen 8

B . Die nördlichen Kalkalpen und ihr Vorland ( J . KNAUER) 9

I. Formationsbeschreibung 10
Mesozoische Formationsgruppe 10
1. Die Triasformation 10
a) Scythische Stufe oder der alpine Buntsandstein 11
b) Anisische Stufe oder der alpine Muschelkalk 14
c) Ladinische Stufe 16
d) Karnische Stufe oder Raibier Schichten 21
e) Norische Stufe (Hauptdolomit, Dachsteinkalk und Hallstätter
Kalk zum Teil) 24
f) Rhätische Stufe (Eössener Schichten und Plattenkalk) . . . . 29
Zusammenfassung 33
2. Die Juraformation 34
a) Lias 35
b) Dogger 40
c) Malm 41
Zusammenfassung 42
3. Die Kreideformation 43
A. Ostalpine Kreide 44
a) Neokom 44
b) Cenoman 45
c) Gösau 46
B. Westalpine Kreide 48
Nierentaler Schichten 49
C. Der Flyscli 50
Neozoisclie Formationsgruppe 51
4. Die Tertiärformation 52
a) Eozän-Stufe 52
b) Oligozän-Stufe 53
Seite
c) M i o z ä n - S t u f e (FB. HÜNICIISDORFER) 56
d) P l i o z ä n - S t u f e (FR. MÜNICHSDORFER) 61
5. Die Quartärformation (L. SIMON) • . . . 62
a) Eiszeitliche Bildungen 62
Der Deckenschotter 63
Rißmoränen und Hochterrassenschotter 63
Ältere Diluvialablagerungen im Jungmoränengebiet und in den
Alpen 64
Die würmeiszeitlichen Bildungen 64
b) Nacheiszeitliche Bildungen 69
II. Tektonik der Kalkalpen und des Vorlandes (J. KNAUER) 69
1. Die Zone der Miozänmolasse 70
2. Die Zone der Oligozänmolasse . 71
3. Die Kreide-, Eozän- und Flyschzone 71
4. Die nördlichen Kalkalpen 74
a) Die B a j u v a i i s c h e Zone 75

b) Die Tirolisohe Zone mit den j u v a v i s c h e n D e c k s c h o l l e n . . . 79

Morphologische Bemerkungen (J. KNAOER) 88

Nutzbare Bodenschätze (J. KNAUER) 91


Anhang: Minerallagerstätten (H. LADBMAKK) 95
O r t s r e g i s t e r (M. SCHDSTER) 97
E i n 1 e i t u n g.1)
Die Abteilungen I und II des Abrisses der Geologie von Bayern r. d. Rh. um-
fassen das in geologischer Beziehung einheitliche Gebiet der nördlichen Alpen
und ihres Vorlandes. Die nach dem Plan der Veröffentlichung nötige Verteilung
der Beschreibung auf zwei Hefte ist mit gewissen Schwierigkeiten verbunden,
da ein großer Teil der geologischen Schilderung für beide Gebiete gleichmäßig
gültig ist.
Um die Benützbarkeit jedes der beiden Teile f ü r sich zu ermöglichen, anderer-
seits aber um weitläufige Wiederholungen zu vermeiden, war es notwendig, den
Stoff auf beide Abteilungen- soweit als irgend angängig gleichmäßig zu verteilen;
es geschah dies nach folgenden Gesichtspunkten: Die Abteilung I, welche sich
mit dem östlichen Gebiet befaßt, 2 ) enthält hauptsächlich die allgemeine Formations-
beschreibung der für die nördlichen Kalkalpen charakteristischen o s t a l p i n e n
Gesteinsausbildung; darunter fällt besonders die alpine Trias,8) die in den Ost-
älpen die -Hauptrolle spielt. Die teutonische 4 ) Beschreibung beschränkt' Sich in
der Hauptsache auf die Schilderung des Aufbaues der einzelnen Gebirgsglieder
bezw. Zonen, ohne auf die großen Zusammenhänge näher einzugehen. Die Ab-
teilung II dagegen enthält die Beschreibung der Gesteine von w e s t a l p i n e r
Ausbildung, das sind also besonders die Schichten der sogen, helvetischen Kreide,
des Plysches und des Alttertiärs, sowie diejenige der alpinen und subalpinen 6 )
Molasse; außerdem sollen besonders die allgemeine Tektonik der nördlichen Kälk-
alpen und ihre Beziehungen zum Aufbau der gesamten Alpen behandelt, sowie
auf die Entstehung der Alpen im Lichte der modernen Gebirgsbildungsthebrien
kurz eingegangen werden.

') Verfasser des Textes von S . 1 bis 4 : Dr. J O S E F K N A U E R .


а
) Auf Blatt I (Salzburg) der Geologischen Übersichtskarte von Bayern r. d. Rh. im Maßstab
1 : 2 5 0 0 0 0 ist folgendes Gebiet dargestellt: Der südöstliche Teil der bayerischen Hochebene, das
österreichische Tertiärgebiet mit dem Hausruck, die östlichen bayerischen und tirolischen Kalk-
älpen, die Salzburger Alpen, das Salzkammergut, das Kitzbühler und Pinzgauer Schiefergebirge,
die Hohen und die Niederen Tauei'n. Die Westgrenze der Karte verläuft etwa in der Linie
Hohenbrunn—Holzkirchen—Hirschberg (Tegernsee)—Achensee(Westufer)—Scbwaz(Inntal)—Sast-
kogel— Zemmgrund(Zillertal). Im Osten ist die Karte begrenzt von einer Linie, die von W e l s
etwas östlich vom Almtal, sodann über das Totengebirge zum Ennstal östlich von Gröbming,
weiterhin über die Niederen Tauern zum Murtal östlich von Tamsweg verläuft. Der Südrand der
Karte wird vom Zillertaler Kamm, vom Großvenediger, Großglockner, Sonnblick, Hochalmgebiet
und von den Bergen südlich des Murtals gebildet.
3
) Trias, gr. = Dreiheit, älteste Formation des Mesozoikums (S. 4 Anm. 4) umfaßt von unten
nach oben Buntsandstein, Muschelkalk und Keuper.
4
) Tektonisch, tektonikos, gr. = zum Bau gehörig (des durch Faltung, Verwerfungen und Uber-
schiebungen mannigfach gestörten Gebirges).
б
) Subalpin = vor den Alpen gelegen, aber noch mitgefaltet.
Abriß d. Geol. v. Bayern. I. 1
1
Allgemeine Obersicht.
Der vielgerühmte Reiz Südbayerns beruht auf der Mannigfaltigkeit der Ober-
flächengestaltung seiner Landschaften; diese aber ist bedingt durch die geologische
Beschaffenheit des Untergrundes, also durch die Verteilung und den Aufbau der
verschiedenen Gesteinsschichten. Im Norden, anschließend an die Schollenland-
schaft des Schwäbisch-Fränkischen Juras und an den kristallinen Stock des Bayerisch-
Böhmischen Waldes, erstreckt sich zunächst die sogen. S c h w ä b i s c h - B a y e r i s c h e
H o c h e b e n e , die sich aus den jüngsten Formationsgliedern, den jungtertiären
Molasseschichten 1 ) und den diluvialen 8 ) (eiszeitlichen) und alluvialen (nacheis-
zeitlichen) Ablagerungen aufbaut. Die Bezeichnung „Ebene" ist eigentlich nur
da zutreffend, wo die großen Schotterfelder der eiszeitlichen Gletscher sich aus-
dehnen ; im übrigen ist es Hügelgelände, welches im nördlichen Teil vorwiegend
aus den wagrecht liegenden sandig-mergeligen Molasseschichten durch die ab-
tragende Wirkung der Gewässer herausgeformt wurde, während im südlichen
Abschnitt einerseits die Molasseschichten durch die Gebirgsfaltung zu Höhen-
rücken aufgepreßt wurden, wie z. B. Auerberg bei Markt Oberdorf, Hohenpeissen-
berg und Taubenberg bei Miesbach, andererseits die eiszeitlichen Gletscher ihre
mächtigen Moränen in Form zahlloser langgestreckter Hügelreihen über das Land
ausbreiteten. Die Abteilung I umfaßt nur den südlichen Teil der Hochebene; er
nimmt mit dem angrenzenden österreichischen Tertiärgebiet des Hausrucks etwa
das nördliche Drittel des Gebietes ein. Im bayerischen Anteil des Vorlandes sind
allerdings, wie ein Blick auf die geologische Karte lehrt, die Molasseschichten
von den diluvialen und alluvialen Ablagerungen fast vollständig verhüllt; nur
in der Nähe des Alpenrandes und in den tief eingesenkten Flußrinnen treten
die Molasseschichten an die Oberfläche. Im benachbarten österreichischen Vorland
dagegen stehen die Molasseschichten oder der Schlier, wie man sie hier nennt,
im Hausruckgebiet fast überall an der Oberfläche an; nur auf den Rückenflächen
der Riedel und Höhenzüge liegen die Reste mächtiger jungtertiärer Schotter-
decken, welche den Schlier des Untergrundes stellenweise vor der Zerstörung
bewahrten und so zur Bildung bezw. Erhaltung einzelner bis zur Höhe von etwa
800 m aufragender Höhenrücken beitrugen.

Südlich des Vorlandes türmt sich das Gebirgsland der A l p e n auf. welches
man im Bereich unserer Darstellung in die zwei großen in ostwestlicher Richtung
verlaufenden Zonen der N ö r d l i c h e n K a l k a l p e n und der Z e n t r a l a l p e n
gliedern kann; zwischen beide schiebt sich noch ein Streifen palaeozoischer
Schiefer, das sogen. K i t z b ü h l e r S c h i e f e r g e b i r g e , ein.

') Molasse, molasse fr. = sehr weich, schweizerische Bezeichnung für lockeren Sandstein;
Tertiär, tertius, lat. = der dritte, nach der früheren Dreiteilung der Formationsfolge.
') Diluvial, Diluvium, lat. = Sintflut; alluvial, alluere, lat. — anschwemmen.

2
Im Gegensatz zum Vorlande, wo nur die jüngsten Formationsglieder vertreten
sind, bauen sich die n ö r d l i c h e n K a l k a l p e n fast ausschließlich aus älteren
Formationsgliedern auf, und zwar aus den Schichten der mesozoischen 1 ) Forma-
tionen, also der Trias, des Juras und der Kreide, während Tertiärschichten nur
ganz untergeordnet im unteren Inntal, im Becken von Eeit i. W. und im Reichen-
haller Becken zu finden sind. Von besonderer formengestaltender Wirkung sind
die mächtigen Kalkschichten der Trias, welche das Baumaterial für die Kalk-
hochalpen lieferten.
Die L a g e r u n g s v e r h ä l t n i s s e der Schichten in den Kalkalpen sind durch die
Gebirgsbildungsvorgänge außerordentlich gestört; Faltungen, Brüche und Über-
schiebungen haben die Erdrinde im Gebiet der Alpen aufgewühlt und zu jenem
großartigen Gebirgskörper aufgetürmt, der uns bei seinem Anblick stets mit
staunender Bewunderung erfüllt. Um nahezu 2000 m überragen die höchsten
Gipfel der Kalkalpen das Vorland, so z. B. erreicht das Sonnwendjoch 2296 m, die
Elmauer Halt im Kaisergebirge 2344 m, der Watzmann 2714 m und der Dach-
stein 2996 m.
"Wesentlich verschieden von der Kalkalpenzone ist diejenige der Z e n t r a l a l p e n
im südlichen Teil des Darstellungsgebietes. Vulkanische Tiefen- und Ergußgesteine,
sowie mächtige Serien von kristallinischen Schiefern bilden das Baumaterial, und
die meist sanft gerundeten und begrünten Oberflächenformen der nördlichen
Schieferzonen stehen in lebhaftem Gegensatz zu den schroffen vegetationslosen
Kalkstöcken der angrenzenden Nordalpen. Der Zentralkamm der Hohen Tauern hin-
wiederum ist ein ausgedehntes stark vergletschertes Hochgebirgsland, in welchem
die höchsten Gipfel der nördlichen Ostalpen aufragen, nämlich Großglockner
(3798 m) und Großvenediger (3660 m). Mit ihnen wetteifert noch eine Reihe
bekannter Bergeshäupter, die an Höhe nur wenig nachstehen, so z. B. Hochfeiler
(3523 m), Schwarzenstein (3270 m), Gr. Löffelspitze (3282 m), Reichenspitzo (3305 m),
Hochnarr (3258 m), Sonnblick (3106 m), Ankogel (3263 m) und Hochalmspitze
(3255 m).
In h y d r o g r a p h i s c h e r B e z i e h u n g ist das ganze Gebiet dem Donausystem
zugehörig; auch das südlich der Tauernwasserscheide liegende Gebiet entwässert
durch die Drau nach der Donau hin. Die Hauptsammeladern sind der Inn und
die Salzach; ersterer durchbricht in einem Quertal die Kalkalpen, während die
Salzach im Pinzgau zunächst in einem Längstal im Streichen des Gebirges ver-
läuft, dann unvermittelt abbiegt und in einem Durchbruchstal ebenfalls die Kalk-
alpen quert. Im östlichen Teil ragen noch die Quellgebiete der Traun, Enns und
Mur in den Darstellungsbereich herein.
Zahlreiche Seen und Moser, die Überreste erloschener Seen, umsäumen den
Kord ran d der Kalkalpen; teils liegen sie im Vorlande, meist aber nahe am Alpen-
rand oder innerhalb desselben, stets aber im Bereiche der ehemaligen eiszeit-
lichen Vergletscherung.
An B o d e n s c h ä t z e n sind im bayerischen Gebiet hauptsächlich die Pechkohlen
der Molasse, das Eisenerz vom Kressenberg bei Teisendorf und die Salzlager-
*) Mesozoisch, mesos, gr. = mittel, zoon = Lebewesen. Mesozoikum = Mittelalter der Erde.
Stätten und Soolequellen im R e i c h e n ha'll-Berchtesgadener Gebiet z u n e n n e n ; Blei-
und Zinkerze f i n d e n sich am R a u s c h e n b e r g und bei Berchtesgaden. Unerschöpf-
lich sind die Kalkstein- und Zementmergel-Lager der Kalkalpen, sowie die Sand-,
Kies- und Ton-Lager des Vorlandes, w e l c h e wichtige Rohstoffe f ü r die Bauindustrie
z u liefern imstande sind. Besondere E r w ä h n u n g verdienen n o c h die Marmore v o n
N e u b e u e r n u n d Ruhpolding. Das südöstliche B a y e r n besitzt also nicht nur i n
s e i n e n landschaftlichen S c h ö n h e i t e n unschätzbare Kleinodien, sondern bewahrt
auch wertvolle wirtschaftliche Schätze von unmittelbar praktischer Bedeutung.
V o n einer A u f z ä h l u n g aller am A u f b a u des Gesamtgebietes beteiligten For-
mationsstufen kann abgesehen werden, da fast sämtliche Schichtglieder seit dem
Altertum der E r d g e s c h i c h t e bis zur Jetztzeit daran teilnähmen.

A. Die Zentralalpen und die Schieferhülle.


Von Regierungsgeologen, Privatdozenten Dr. Joseph Knauer.

Im Süden .der Kalkalpen erstreckt sich eine breite Zone von kristallinischen und Schiefer-
Gesteinen, die man als Zentralalpen bezeichnet, weil sie den Hauptkamm des Alpengebirges, also
sozusagen das Kückgrat desselben bilden.1) (Siehe Abb. 1 auf S. 7.)
Von großer Mannigfaltigkeit sind die Gesteine der Zentralalpen und der sie umhüllenden
Schieferzone, und zwar nicht nur in Bezug auf ihren mineralischen Bestand, sondern auch auf
ihre Entstehung, Umbildung und ihre Lagerung, deren Deutung bisher beträchtlichen Schwierig-
keiten begegnete. Wohl ist die Zeit vorüber, in der man in den (Eiefengesteinen und kristallinischen
Schiefern Vertreter der ältesten Periode der Erdgeschichte, des Arehäikums oder der Urzeit sah; s )
schon lange hat man erkannt, daß in diesen Gesteinen Bildungen jüngerer Erdperioden, darunter
auch des Mesozoikums, enthalten sein müssen. Dennoch ist es bis heute noch nicht gelungen,
die Gesteine ihrem geologischen Alter nach zu gliedern, da durch die mineralische Umwandlung
alle Spuren von Versteinerungen verwischt worden sind, die allein eine sichere Grundlage für
eine Altersbestimmung geben würden. Eine behelfsriiäßige Gliederung auf Grund der Lagerungs-
verhältnisse wäre trügerisch, um so mehr, als die neuesten Anschauungen über die Gebirgs-
bildung (Deckentheorie) eine umstürzende Auffassung des Gebirgsbaues zu vermitteln versucht.

I. Formationsbeschreibung.
An Gesteinen finden sich im Kern der Zentralalpen granitischer Gneis, bekannt unter der
Bezeichnuug „Zentralgneis"; diesen umsäumen die verschiedenartigen kristallinischen Schiefer,
Gneisphyllite, granatführende Glimmerschiefer, Amphibolite, Quarzphyllite, Kalkphyllite und Kalk-
tonphyllite.3) Die Zone der kristallinischen Schiefer wird ihrerseits von einem schmalen Streifen
paläozoischer 1 ) Tonschiefer, der sogen. Grauwackenzone, begleitet, welcher im Ilmtal bei Schwaz
beginnt und bis in das Ennstal südlich vom Dachsteingebirge verfolgt werden kann; er trennt
die Zone der eigentlichen kristallinischen Schiefer von den nördlichen Kalkalpen ab.

') Da das Gebiet bereits außerhalb der Landesgrenze liegt, kann es nur in kurzen Umrissen
geschildert werden. Seine Darstellung aber ist für das Verständnis der Geologie der bayerischen
Alpen unbedingt notwendig.
*) Archaikum, archaios, gr = sehr alt.
') Phyllite, phyllon, gr. = Blatt, von der stark blätterigen Spaltbarkeit der Gesteine. — Amphi-
bolit, amphibolos, gr. = zweideutig, Hornblendegestein.
4
) Paläozoikum, palaios, gr. alt, Altertum der Erdgeschichte, umfaßt die Formationen: Kambrium,
Silur, Devon, Karbon, Perm. — Das Mesozoikum umgreift: Trias, Jura und Kreide.

4
Vulkanische Gesteine.
Der Zentralgneis (Granitgneis).')
E s bestellt kein Zweifel, daß der Zentralgneis zum großen Teil intrusiv*) ist, d. h. daß er als
feuerflüssiges Magma aus d e r Tiefe in die ihn überlagernden Schichten eingedrungen ist u n d
darin als Granit kristallisierte, 8 ) wobei e r diese Schichten umwandelte. Infolge heftigen Gebirgs-
druckes verlor hinwiederum der Granit sein6 richtungslos körnige S t r u k t u r und n a h m d a f ü r die
P a r a l l e l s t r u k t u r des Gneises (Orthogneises) an, der sich vom Granit n u r durch die A n o r d n u n g
d e r Mineralindividuen in einer bestimmten Richtung unterscheidet. Die intrusive N a t u r des Zentral-
gneises ergibt sich aus der stellenweisen D u r c h a d e r u n g d e r a n g r e n z e n d e n kristallinischen Schiefer
m i t granitischen Ganggesteinen, d e r e n Vorhandensein k a u m d u r c h tektonische U r s a c h e n erklärt
w e r d e n kann'. Die D u r c h a d e r u n g tritt besonders deutlich im Venediger-Gebiet und zwar an d e r
Nordgrenze gegen die Schieferzone hervor, wo zahlreiche Granitapophysen 4 ) die Amphibolite
durchsetzen. Dagegen f e h l e n in den westlichen und östlichen Gebieten des Zentralgneises der-
artige Ganggesteine, sie sind wahrscheinlich d u r c h tektonische Vorgänge verschwunden.
Die mineralische Z u s a m m e n s e t z u n g des in m e h r e r e n Komplexen, sogen. „ K e r n e n " , a u f t r e t e n d e n
Zentralgneiseä ist nicht einheitlich; in den östlichen und südlichen P a r t i e e n ist e r tonalitisch,')
w ä h r e n d e r im nördlichen Venediger-Gebiet u n d im T u x e r K a m m vorwiegend granitisch entwickelt
ist. A n den Grenzflächen tritt oft äplitische 6 ) Ausbildung auf, f e r n e r zeigt sich in den R a n d -
gebieten nicht selten p o r p h y r i s c h e ' ) S t r u k t u r . I n den westlichen Tauern ist d e r Zentralgneis mit
P a r ä g n e i s e n 8 ) e n g v e r b u n d e n bzw. Verfaltet, so daß eine scharfe T r e n n u n g nicht möglich ist.
Aus dem Zentralgneis bauen sich folgende Gebirgsglieder a u f : Hochalmkern, Sonnblickkern,
Granatspitzkern u n d Venedigerkern, w e l c h l e t z t e r e r sich in den T u x e r - und Zillertalerkern spaltet.
N e b e n diesen größeren K e r n e n f i n d e t sich bei Schwaz im Inntale noch ein kleines Vorkommen
von diaphthoritischem 9 ) Gneis.

Diabas,10) Diabasporphyrit, Serpentin11) und Grünschiefer.12)


Eine weniger wichtige Rolle in Bezug auf V e r b r e i t u n g spielen v o r g e n a n n t e basische E r u p t i v -
gesteine, 1 8 ) und zwar Intrusivgesteine nebst Effusivgesteinen u n d Tuffen. 1 4 ) I h r e m mineralischen

l
) In der geologischen Übersichtskarte mit G u. g eingetragen.
s
) Intrusiv, intrudere, lat. = hineindringen.
8
) Granit, g r a n u m , lat. = Korn, normal ein aus Kalifeldspat, Quarz und Glimmer bestehendes
richtungslos körniges Gestein.
4
) Apophysen, apophysein, gr. = abspalten, gangförmige Abzweigungen eines Granitmagmas.
6
) Tonalit vom Tonalepaß = Granit mit vorwiegend Natronfeldspäten, zum Diorit hinneigend.
6
) Aplit, haploos, gr. = einfach, feldspatreiches, helles granitisches Ganggestein.
') P o r p h y r , porphyreos, gr. = p u r p u r f a r b i g , Gestein mit dichter Grundmasse und darin ein-
gestreuten größeren Kristallen (Einsprenglingen).
8
) Paragneis, para, gr. = n e b e n ; ein aus Schichtgesteinen entstandener Gneis; Gegensatz zu
Orthogneis, Ortho, gr. = gerade, richtig.
9
) Diaphthoritischer Gneis, diaphthora, gr. = Vernichtung, durch r ü c k s c h r e i t e n d e U m w a n d l u n g
wieder zu Schiefer g e w o r d e n e r Gneis (vgl. Abt. III. S. 9).
10
) Diabas, difibasis, gr. == Ü b e r g a n g ; vulkanisches Gestein aus Kalkfeldspäten und Augit zu-
sammengesetzt.
n
) Serpentin, serpentinus, lat. = schlangenartig, aus olivinreichen Gesteinen entstanden.
12
) In d e r geologischen Übersichtskarte m i t D eingetragen, z u m Teil auch ohne eigenes Zeiohen
in die Schieferzone einbezogen.
18
) Eruptivgesteine, e r u m p e r e , lat. = hervorbrechen, aus dem E r d i n n e r e n an die Erdoberfläche
ausgeflossene(Effusivgesteine) oder im Schichtenmantel steckengebliebene (Intrusivgesteine) Schmelz-
flußgesteine ( = vulkanische Gesteine) (Effusio, lat. = Ausfluß).
14
) Tuff (lat. tofus) = aus v e r f e s t i g t e n Aschen- und Auswurfsbestandteilen bestehendes Gestein

5
Bestände nach finden sich neben gewöhnlichen Diabasen und Biabasporphyriten auch Übergänge
zu sogen. Monzonitdiabasen v) (mit und ohne Quarz). Die Gesteine sind teils durch Verwitterung,
teils durch beginnende Metamorphose 2 ) mehr oder weniger zu Grünschiefern verändert, so daß
ihre ursprüngliche Natur oft nur schwer zu erkennen ist. Die Gesteine finden sich in Furin von
Lagern und Linsen einzeln zerstreut in der Schieferhülle und Phyllitzone; größere Serpentin-
stöcke bilden die Vorkommen an der Goslerwand (Venedigergruppe), Reckner und Geierspitze
(Tarntaler Berge).

Kristallinische Schiefer.3)
Die Zentralgneiskerne sind ringsum von einer Zone von kristallinischen Schiefern umgeben,
in welchen sie wie in einen Mantel eingehüllt sind. Die „Schieferhülle", wie man sie deshalb
auch nennt, pflegt man in zwei Abteilungen zu zerlegen, in eine untere meist kalkarme oder
kalkfreie (in welche nur stellenweise reine Kalk- oder Marmorlagen eingeschaltet sind), und in
eine obere Abteilung, in welcher kalkreiche und kalkarme Schiefergesteine miteinander wechsel-
lagern, wodurch sie gewissermaßen an Schichtgesteine erinnern. In beiden Abteilungen finden
6ich basische Eruptivgesteine eingeschaltet vor, die stark umgewandelt sind. Je näher die Ge-
steine dem Zentralgneis liegen, desto kristallinischer pflegen sie im allgemeinen zu sein. Die
kristallinischen Schiefer bestehen hauptsächlich aus folgenden Gesteinsarten: Knollen- und Kon-
glomeratgneise (Paragneise), Glimmerschiefer, Granatglimmerschiefer, Kalkglimmerschiefer, Ton-
glimmerschiefer, Hornblendeschiefer, Quarz- und Kalkphyllite und Tonschiefer; daneben kommen
untergeordnet Marmore, Quarzite und Grauwacken vor.
Es besteht kein Zweifel mehr, daß die Mehrzahl der kristallinischen Schiefer aus Schicht-
gesteinen mit eingelagerten Eruptivgesteinen herzuleiten sind, welche durch verschiedene Um-
stände, sei es nun Druck oder Versenkung in größere Tiefe oder auch magmatische 4 ) Ein-
wirkungen des Zentralgneises umgewandelt wurden, was sich in einer Umkristallisation und
Anreicherung mit Kieselsäure äußerte. Eine stratigraphische s ) Gliederung und Alterszuteilung
der Gesteine ist nicht möglich; es läßt sich z.B. nur feststellen, daß gewisse Quarzphyllite
palaeozoisch, also älter als Trias, sein müssen, da Gerölle von diesen Gesteinen in den untersten
Lagen der über ihnen liegenden Triassedimente 6 ) enthalten sind.
"Was die Verteilung der verschiedenen Gesteine betrifft, so grenzt im westlichen Teil der
Tauern der Zentralgneis im Norden an einen schmalen Streifen von Kalken bzw. Marmoren,
Granat- und Hornblendeschiefern, an den sich dann nördlich ein breiterer Streifen von Kalk-
phylliten und Kalkglimmerschiefern anlegt; beide Zonen 7 ) streichen von Westen her, überqueren
das Zillertal bei und nördlich von Mayrhofen und ziehen sich über die Gerlos und Krimnil in
das Salzachtal hinein. An die vorgenannten Zonen grenzt nun im Norden eine breite Zone von
Quarzphylliten, 8 ) welche sich vom Silltal bzw. Inntal nach Osten erstreckt, das Zillertal quert
und dann nördlich des Gerlospasses uud des Salzachtales verläuft; man bezeichnet es als Pinz-
gauer Phyllitgebirge. Die nächste nördliche Parallelzone beginnt bei Schwaz im Inntale und
erstreckt sich in ostwestlicher Richtung bis ins Ennstal, wo sie östlich von Schladming endet;
es ist die sogen. „Grauwackenzone" oder das „Kitzbühler Übergangsgebirge", wie man es früher
bezeichnete, und besteht aus palaeozoischen Tonschiefern mit eingelagerten Eruptivgesteinen. An

*) Monzonit, vom Monzonigebirge.


*) Metamorphose, metamorphosis, gr. = Umwandlung in eine andere Gestalt.
") In der geologischen Übersichtskarte mit gs, cb, s, dv, s + d v u. ka eingetragen.
*) Magmatisch, magma, gr. = Teig, Schmelzfluß.
•) Stratigraphie, stratus, gr. = ausgebreitet, graphein = beschreiben, Beschreibung und Alters-
einteilung der Schichtgesteine.
6
) Sediment, sedimentum, lat. — Bodensatz, Schichtgestein, aus dem Wasser abgesetzt, im
Gegensatz zum Eruptivgestein.
') In der geologischen Karte mit gs und cb bezeichnet.
8
) In der Karte mit gs bezeichnet.

6
Gesteinen finden sich in ihr hauptsächlich grüne bis violette Tonschiefer. Sandsteine, Serizit-
grauwacken') und Grauwactenschiefer, auf denen Kalke und Dolomite lagern. In letzteren
wurden silurische und devonische Versteinerungen gefunden und dadurch das palaeozoische Alter
festgestellt. Das Auftreten von basischen Eruptivgesteinen und ihren Tuffen in der Grauwacken-
zone wurde schon erwähnt.
Im östlichen Gebiet, in den Niederen Tauern, liegt südlich der Grauwackenzone ein breiter
kristallinischer Komplex, der aus Gneis, Glimmerschiefern und Serizitquarziten 2 ) besteht. E r
grenzt mit seiner Hauptmasse nicht unmittelbar an die Schieferhülle des Hochalmkernes an,
sondern es schaltet sich eine nicht unbeträchtliche Zone von Sedimentgesteinen dazwischen, die
sich von Mauterndorf (im Osten) bis nahe an das Salzachtal erstreckt; es ist das im folgenden
kurz beschriebene Mesozoikum der Radstädter Tauern.

A b b . 1.
Ausblick von der Schönfeldapltze (Steinernes Meer) auf die Glockner- und Venedigergruppe.
D a s Bild zeigt i m V o r d e r g r u n d e den hellen, v e g e t a t i o n s a r m e n Dachsteinkalk der K a l k a l p e n z o n e , im Mittel-
g r u n d e d e h n e n sich die g e r u n d e t e n K u p p e n der S c h i e f e r b e r g e v o n Zell a. See aus, die teils aus Gesteinen
d e r K i t z b ü h l e r Tonschieferzone, teils aus solchen der P i n z g a u e r P h y l l i t z o n e b e s t e h e n ; sie tragen eine reiche
P f l a n z e n d e c k e . Die Schieferzone wird d u r c h das n e b e l e r f ü l l t e Quertal v o n Zell a. i-ee geteilt, welches v o n
d e m a m Fuße der Zentralalpen h i n z i e h e n d e n , gerade n o c h sichtbaren Salzachtal a b z w e i g t . Im H i n t e r g r u n d e
s t r e b e n die scharf z u g e s p i t z t e n Grate u n d Gipfel der aus kristallinen Gesteinen a u f g e b a u t e n Zentralalpen empor.
A u f n a h m e v o n D r . A . WÜRM.

Zentralalpines Mesozoikum.3)
Im Gebiet der Radstädter Tauern zwischen dem Schladminger kristallinen Komplex und der
Sehieferhülle des Hochalmkernes findet sich über wahrscheinlich jungpalaeozoischen Serizit-
quarziten und Schiefern eine Serie von Dolomiten, Pyritschiefern und Marmoren, welche ihrem

') Serizit, serikon, gr. = Seide, seidenartiger Glimmer; Grauwacken = palaeozoische, graue
Sandsteine.
2) Quarzit — harter Quarzsandstein mit kieseligem Bindemittel.
s) In der geologischen Übersichtskarte mit tr bezeichnet; der Jura ist im Radstädter Tauern-
gebiet nicht eigens ausgeschieden.

7
Alter nach dem" Mesozoikum angehören; Öiploporen,1) die sich in den Dolomiten finden, weisen
diese der Triasformation zu; in den Pyritschiefern kommen Versteinerungen des Rhäts (oberste
Trias) vor, und die Marmore enthalten Jura-Versteinerungen. Die Gliederung dieses mesozoischen
Komplexes ist äußerst dürftig' im Vergleich zu derjenigen der nördlichen Kalkalpen, von
deren Gesteinsausbildung er wesentlich abweicht. Dagegen weist er Beziehungen auf zu den
mesozoischen Schollen des Brehnergebietes, deren Besprechung in der Abteilung I I des Abrisses
erfolgt. Die mesozoischen Gesteine der Radstädter Tauern haben nicht mehr ihre ursprüngliche
Zusammensetzung und Tracht, sondern sind einer leichten Umwandlung unterworfen gewesen,
was-auf heftige tektonische Vorgänge bei ihrem Aufbau schließen läßt. Darauf deuten auch die
Lagerungsrerhältnisse der 'vielfach gestörten Schichten hin; sie bilden eine Reihe von Schuppen
und Decken, welche nach Norden und Nordosten unter die Quarzite und kristallinen Gesteine
der Schladminger Zone einfallen. Die Verbreitung der Schichten ist auf das Gebirge zwischen
der oberen Enns und der oberen Mur beschränkt, wo sie hauptsächlich am Aufbau von Kalkspitz,
Gr. Pleislingkeil, Moser Mandl, Faulkopf. Hochfeind, "Weisseck, Drangstein, Kraxenkogel und
Lackenkogel beteiligt sind.

II. Tektonik der Zentralalpen.


So mannigfach und zweifelhaft in Bezug auf ihre Entstehung die Gesteine der Zentralalpen
sind, so schwer zu deuten sind ihre Lagerungsverhältnisse. Im allgemeinen sind, wie neuere
Untersuchungen in den westlichen Tauern lehren, die Zentralgneiskerne stark gefaltet; dies prägt
sich z. B. aus in der Einfaltung der sogen. Greiner Schieferzone zwischen Tuxer und Zillertaler
Kamm, ferner durch das zungenförmige Ineinandergreifen von Zentralgneis und Schieferhülle
im östlichen Venediger-Gebiet, was wohl nicht nur auf intrusive Einschaltung allein zurück-
geführt werden kann. Die Zentralkerne werden von den beiden Abteilungen der Schieferhülle
überlagert, welche selbst wieder sehr gestörte Lagerungsverhältnisse aufweisen. Die Natur der
Überlagerungsfläche ist noch wenig geklärt; wahrscheinlich ist sie nicht überall als Kontaktfläche
erhalten, sondern es haben sich an ihr auch tektonische Bewegungen vollzogen, worauf sieb z. B.
das Fehlen von Kontakterscheinungen 2 ) zurückführen läßt. Die Schieferhülle taucht unter die
Quarzphyllitzone und diese wiederum unter die Grauwackenzone unter. Auf die Natur dieser
Grenzflächen kann hier nicht näher eingegangen werden. Im Grenzgebiet zwischen Hohen und
Niederen Tauern verschwindet die Schieferhülle unter den Serizitquarziten, Schiefern und meso-
zoischen Schichten der Radstädter Tauern. Hier herrscht Schuppungs- und Überfaltungsbau in
ausgedehntem Maße; Lagen von tektonischen Trümmergesteinen in Form von Rauhwacken zeugen
von durchgreifenden Lagerungsstörungen. Die Radstädter Tauern-Gesteine werden im Norden und
Nordosten von der Schladminger kristallinen Zone überdeckt; daß diese Überlagerung durch Über-
schiebung bzw. Überfaltung verursacht ist, läßt sich aus dem fensterartigen Auftauchen von
Radstädter Tauern-Gesteinen inmitten der Schladminger Zone (im oberen Enns- und im Tauerntal)
ersehen. Die Abtragung der übergeschobenen Zone ist hier schon so weit vorgeschritten und in
die Tiefe gegangen, daß die im Untergrund liegenden überwältigten Radstädter Gesteine wie durch
ein Fenster hervorlugen. Wie im Westen die Quarzphyllitzone, so taucht hier in den Niederen
Tauern die Schladminger Zone ebenfalls unter die Grauwackenzone unter. In welchen Lage-
beziehungen dann letzten Endes die letztere zu den nördlichen Kalkalpen steht, darauf kann erst
im Zusammenhang mit der allgemeinen Tektonik eingegangen werden.

') Diploporen, diploos, gr. = doppelt, poros =: Zugang.


*) Kontakterscheinungen, contactus, lat. = Berührung, die Einwirkung eines feuerflüssigen
Intrusivgesteins auf Sedimentgesteine, welche sich in Aufschmelzungen und Mineralneubildungen
äußert.

8
B. Die Nördlichen Kalkalpen und ihr Vorland.
Von. Regierungsgeologen, Privatdozenten Dr. Joseph Knauer.

Im Gegensatz zur südlich anschließenden Grauwackenzone fehlen in der Zone


der Nördlichen Kalkalpen (abgesehen vom südlichen Rande) jegliche Spuren von
palaeozoischen Schichten. Es finden sich nur Schichten des Mesozoikums und
Neozoikums, und zwar meist Ablagerungen früherer Meere, die seit der Zeit ihrer
Bildung zu Gesteinen verfestigt und durch die Gebirgsbildung mannigfach ver-
ändert wurden. Man wird also bei genauer Untersuchung der Gesteine in ihnen die
gleichen mechanischen, 1 ) organogenen 2 ) und chemischen 8 ) Ablagerungen wieder-
finden, wie sie heute noch in den Meeren sich bilden, also Strandkonglomerate, 4 )
küstennahe sandige und mergelige Schlicke, Austernbänke, Korallenbildungen in
Rasen und in Riffen, küstenfernere Gebilde wie Radiolarienschlick 5 ) und Fora-
miniferenschlamm 6 ), ferner Salz- und Gipslager. Am Aufbau des Vorlandes, also
des Molassegebietes, nehmen außer marinen und brackischen 7 ). auch Süßwasser-
und Landablagerungen teil.
Ein besonders augenfälliges Merkmal der talkalpinen Schichten ist — wie ihre Bezeichnung
schon verrät — das Vorwalten kalkiger und mergeliger Gesteine, während Sandsteine und Kon-
glomerate nur eine geringe Rolle spielen. Letztere Gesteine hinwiederum sind im Verein mit
Mergeln die hauptsächlichsten Gesteinsarten der Molasseschichten des Vorlandes. In diesem Ge-
gensatz der Gesteinsausbildung prägt sich sogleich der Unterschied in der Art der Bildungsräume
der Gesteine aus; die Gesteine der Kalkalpen haben sich fast sämtlich im freien Ozean nieder-
geschlagen, während die Molasseschichten in einem Binnenmeere zwischen den im Entstehen
begriffenen Alpen und dem mitteldeutschen Schollengebiet abgelagert wurden.
Man teilt die Ablagerungen des Mesozoikums im allgemeinen in drei For-
mationen ein: 1. Trias (älteste Formation), 2. Jura und 3. Kreide (jüngste For-
mation). In der Geologie der Kalkalpen spielt die Triasformation die weitaus
wichtigste Rolle; denn der überwiegende Teil aller Schichten gehört der Trias
an, während Jura- und Kreideschichten nur in geringem Maße beteiligt sind.
Schichten der neozoischen 8 ) Formationsgruppe kommen nur ganz spärlich verteilt
in engbegrenzten Gebieten vor.

') Mechanisches Sediment = durch die mechanische Tätigkeit des Wassers geschaffene Ab-
lagerung, also Mergel, Sande und Schotter bzw. Konglomerate.
. s ) Organogen, genesis, gr. = Entstehung, durch die Tätigkeit von Organismen entstanden, z. B.
Korallenriffe, Austernbänke.
- ') Chemische Absätze = durch chemische Vorgänge (zum Teil durch Ausfällen) entstandene
Niederschläge, z. B. Salz oder Gips.
*) Konglomerat, conglomerare, lat. = zusammenhäufen, verfestigte Geröllablagerungen.
6
) Radiolarien, radiolus, lat. = kleiner Strahl, sind einzellige Tierchen mit strahligen Kiesel-
skeletten.
6
) Foraminiferen, foramen, lat. = Loch, ferre = tragen, sind einzellige Tierchen mit meist
kalkiger Schale.
') Brackwasser ist Mischwasser von Meer- und Süßwasser an Flußmündungen und Lagunen.
8
) Neozoische Formationsgruppe, neos, gr. = neu, zoon = Lebewesen, umfaßt Tertiär und
Diluvium.

9
I. Formationsbeschreilbung.
Mesozoische Formationsgruppe.
1. Die Triasformation. 1 )
Die Triasformation hat in Deutschland, wo ihre Schichten weite Gebiete aufbauen, eine ein.
gehende Durchforschung und Gliederung erfahren, und zwar wurde sie entsprechend der Gesteins-
ausbildung in drei Stockwerke eingeteilt, nämlich in den Buntsandstein, Muschelkalk und Keuper.
Diese Dreiteilung hat in der Bezeichnung Trias ihren Ausdruck gefunden. In dieses Schema
eines sandigen unteren, eines kalkigen mittleren und eines sandig-tonigen, zum Teil gipshaltigen,
oberen Stockwerkes lassen sich alle Triasschichten Deutschlands und der westlichen und nörd-
lichen Nachbarländer ohne Schwierigkeiten einfügen, und es werden in dieser sogen, „germanischen"
Ausbildung auf Grund petrographischer und faunistischer, znm Teil auch floristischer Merkmale
eine Reihe von Stufen unterschieden. Schon das Vorherrschen sandiger Gesteinsausbildung, ferner
das Vorkommen von versteinerten Landpflanzen läßt erkennen, daß in den Ablagerungen der
Trias neben den marinen Schichten des Muschelkalks hauptsächlich küstennahe Bildungen und
Festlandsablagerungen, also limnische und äolische 2 ) Sedimente teilnehmen. Die Ansicht von der
Bildung der roten und bunten Sandsteine als Ablagerungen ehemaliger Wüstengebiete hat sich
ziemlich allgemein durchgesetzt; auch die Gips- und Salzbildungen im Keuper deuten teils auf
zeitweise stattgefundene Abtrennung flacher Meeresteile, teils auf Bildungen abflußloser Wüsten-
gegenden hin. Wollte man nun versuchen, die Triasschichten unserer Kalkalpen nach dem im
übrigen Deutschland geltenden Schema zu gliedern, dann würde man finden, daß sie sich in das
Schema n i c h t einfügen lassen. Denn nicht nur die Gesteinsausbildung, sondern auch die ver-
steinerte Tierwelt ist eine vollkommen andere als in der sogen, germanischen Trias. In den
alpinen Ablagerungen haben litorale, 8 ) limnische und äolische Bildungen nur in der untersten
Stufe einige Bedeutung, dagegen spielen Mergel und besonders Kalk- und Dolomitschichten, die
auf Grund der Gesteinszusammensetzung und der darin enthaltenen Versteinerungen nur als
Bildungen des freien Meeres angesehen werden können, eine überwiegende Rolle. Dazu kommt
noch der große Unterschied in der Schichtenmächtigkeit beider Triasprovinzen; die dem etwa
250—600 m mächtigen germanischen Keuper entsprechenden Stufen der alpinen Trias erreichen
f ü r sich allein schon einige tausend Meter Mächtigkeit, sie übertreffen also nicht nur die unteren
a l p i n e n Stufen, sondern überhaupt die ganze germanische Trias weitaus an Mächtigkeit. Daraus
geht hervor, daß die germanische Dreiteilung, in der die einzelnen Stufen einander ungefähr
gleichwertig sind, auf die alpine Trias nicht angewendet werden kann, ohne der natürlichen
Gliederung einen Zwang anzutun.
Aus dem Angeführten ist zu ersehen, daß in den beiden Triasprovinzen zweierlei
laziesgebiete 4 ) vorliegen, und zwar in der germanischen eine Kontinental- oder
Binnenfazies, in der alpinen dagegen eine Hochsee- oder pelagische 5 ) Fazies.
Die Schichten der alpinen Trias sind die Ablagerungen eines großen zentralen
Mittelmeeres, das sich von Mittelamerika über das heutige Mittelmeergebiet (ein-
schließlich der Alpen) bis nach dem malaiischen Archipel erstreckte; man be-
') In der geologischen Karte mit t r eingetragen. Die sämtlichen Stufen der alpinen Trias-
formation sind mit e i n e r Farbe zusammengefaßt.
s
) Limnisch, limne, gr. = Sumpf, äolisch, Aiolus, gr. = nach der griechischen Mythologie Herr
der Winde, vom Wind abgesetzt.
s
) Litoral, litoralis, lat. = zum Strand gehörig; Flachsee- und ufernahe Ablagerungen.
4
) Fazies, facies, lat. = Gesicht, ist die Summe aller petrographischen und faunistischen
Eigenschaften irgend einer Ablagerung; zeigt eine g l e i c h a l t e r i g e benachbarte oder entfernte
Ablagerung andere Gesteinsausbildung oder andere Organismen, so sagt man, daß sie eine andere,
von der ersten verschiedene, Fazies besitzt.
5
) Pelagische Schichten, pelagos, gr. = hohe See, Ablagerungen des freien Meeres.

10
zeichnete dieses alte Mittelmeer als Tethys (nach der griechischen Göttin Tethys,
der Gemahlin des Meeresgottes Okeanos). Infolge der Yerschiedenartigkeit der
Faunen der beiden Triasprovinzen ist eine Parallelisierung der Schichtenglieder
nach gleichwertigen Stufen nicht möglich. Dazu kommt, daß in den alpinen Trias-
schichten selbst zum Teil eine sehr große Faziesverschiedenheit herrscht, die im
Verein mit den gestörten Lagerungsverhältnissen die Altersbestimmung einer
Schicht oder einer Schichtenreihe erschwert, wenn es nicht gelingt, leitende Ver-
steinerungen aufzufinden. Bemerkenswert ist die verhältnismäßig einfache Aus-
bildung der Trias in den Westalpen gegenüber den Ostalpen.
Um die große Verschiedenheit der alpinen und germanischen Trias erklären
zu können, glaubte C . W. v. GÜMBEL eine trennende Barre zwischen beiden in
Gestalt eines TJrgebirgsrückens annehmen zu müssen. E r n a n n t e es „Vindelizisches
Urgebirge" und verlegte es in die Gegend der heutigen schwäbisch-bayerischen
Hochebene, wo es dann später versunken sei. Doch ist die Annahme einer solchen
Barre vielleicht nicht notwendig; denn es liegt zwischen den fränkisch-schwä-
bischen Triasschichten und den Alpen ein so breiter Zwischenraum, daß darin
möglicherweise die Verbindungsglieder der beiden Fazies zu suchen sind; sie
liegen aber heute nicht zu Tage, sondern sind unter den Jura- und Molasse-
schichten begraben. Falls das hypothetische Urgebirge tatsächlich bestanden hat,
dann dürfte es nicht unter der Hochebene, sondern wahrscheinlich unter den
nördlichen Kalkalpen zu suchen sein.
Man gliedert die alpine Trias auf Grund ihrer Gesteins- und Faunenbeschaffen-
heit in folgende Stufen: 1. Scythische Stufe (älteste), 2. Anisische Stufe, 3. Ladi-
nische Stufe, 4. Karnische Stufe, 5. Norische Stufe und 6. ßhätische Stufe (jüngste).

a) Scythische Stufe oder der alpine Buntsandstein.


Sie wurde nach dem alten Volksstamm der Scythen benannt und umfaßt in
den Alpen alle diejenigen Schichten, die man dem Buntsandstein der germanischen
Trias als gleichalterig bezeichnen kann. In den Ostalpen sind sie auch unter der
Bezeichnung Werfener Schichten bekannt, da sie in der Umgebung des Dorfes
Werfen im Salzachtal besonders mächtig entwickelt sind. Während die Schichten
des germanischen Buntsandsteins in der Hauptsache als äolische Ablagerungen
eines Wüstengebietes anzusehen sind, stellen die gleichalterigen alpinen Schichten
zum größten Teil Ablagerungen eines seichten Meeres vor. Sie sind graue, röt-
liche, auch braun und grün werdende, glimmerig-sandige Schiefer und schieferige
Mergel mit eingeschalteten feinkörnigen Sandsteinen; in dieser Gesteinsausbildung
finden sie sich besonders in den südlichen und östlichen Kalkalpen etwa von
Kitzbühl an gegen Osten. Nebenden Schiefern findet sich aber auch ausgesprochener
Buntsandstein, ähnlich dem der germanischen Fazies, und zwar in den nördlichen
und westlichen Gebieten der Ostalpen. Besonders bezeichnend für die Werfener
Schiefer ist die fast ständige Beimengung von Glimmerschüppchen, die auf den
Schichtflächen deutlich hervortreten. Dietiefsten Schichtglieder sind konglomeratisch
ausgebildet; darüber folgt die Hauptmasse der sandigen und mergeligen Schiefer,
die in den höheren Lagen in intensiv rote Schieferletten übergehen. In den oberen

11
Teilen des W e r f e n e r S c h i c b t v e r b a n d e s finden sich, s t e l l e n w e i s e die wichtigen
Gips- u n d Salz'lager, d i e i m B e r c h t e s g a d e n e r Land u n d i m Salzkammergut
d i e G r u n d l a g e n f ü r e i n e n b l ü h e n d e n Salzbergbau u n d Sälinenbetrieb bildeten.
Die chemischen Sedimente S a l z u n d Gips, können Sieh nicht im freien OZeah, sondern nur
an der Küste in abgeschnürten Buchten oder in Pfannen abflußloser Wüstengebiete bilden und
,z,war nur in. trockenen Klimazonen. Letztere Bedingungen müssen f ü r die Zeit der oberen Ab-
teilung der scythiscben Stufe angenommen werden und es' stimmt diese Annahme trefflich mit
der Natur des Buntsandsteins als Wüstenbildurig überein. Die alpinen Gips- und Sal'zlager scheinen
in 'einzelnen abflußlosen Pfannen sich niedergeschlagen zu haben, die sibh am Rande der Wüste
im Bereich der damaligen Küstenrögion vielleicht durch unregelmäßige Hebungsvorgänge gebildet
hatten. Eine rein marine Bildung scheinen, die Salziger nifcht zu sein, wenigstens spricht, die
Art der Salze (stellenweise Anreicherung von sulfatischen Salzen) mehr f ü r eine Fesjlandsbildung
denn f ü r eine marine Entstehung. Sehr merkwürdig sind die Gesteinselemente und ihre Anordnung,
wie sie sich in diesen Salzlagerstätten vorfinden und mit der ursprünglichen Anordnung der
Schichten wenig gemein haben; dies ist auch der Grund, weshalb die Deutung der Entstehung
erheblichen Schwierigkeiten begegnet. Das Salz fitidet sich als geschichtetes, reines Steinsalz, den
sogen. Kernstrichen, ferner als eigenartiges breschiges (trümmeipges) und konglomerata^tiges Ge-
menge, als sogen. H a s e l g e b i r g e . Die einzelnen Gemengteile der letzteren bestehen aus Gerollen
von dunklen grauen Schiefertonen, Gips, Anhydrit und Salz; die Gerolle sind von verschiedener
Größe und weisen fast durchwegs Anzeichen von heftigen Lagerungsstörungen äüf, indem sie
gerundet und glatt, oft von glänzenden Spiegeln überzogen sind. Eingebettet sind sie in eine
ungeschichtete strukturlose tonige Masse. Bemerkenswert i s t ' d e r hohe.Salzgehalt der ganzen
Masse, der zwischen 30 und 6 0 % . schwankt und meist sich in so feiner Verteilung darin findet,
daß man dem Gestein den Salzgehalt nicht ansieht. Es dürfte wohl keinem Zweifel unterliegen,
daß das Haselgebirge nicht eine ursprüngliche Bildung ist, wie man früher ¿um Teil angenommen
hat, sondern ein tektonisches Umwandlungsprodukt der ursprünglich geschichteten Salzmässe ist;
letztere findet sich, wenn auch- stark umgeformt, in den sogen. Kernstrichen vor und ist mit dem
Haselgebirge, intensiv spitzwinkelig verfaltet. Die Kernstriche bestehen aus reinem Steinsalz van
grauer, grüner oder roter Farbe; das Salz ist derb-kristallinisch, stengelig oder faserig und meist
fein geschichtet; auch diese Schichtung ist durch die gebirgsbildenden Kräfte außerordentlich
gestört, indem sich unzählige Schichtenfaltungen darin vorfinden und dem Salz dadurch eine eigen-
artige Maserung verleihen. Bemerkenswert sind häufige Gesteinsgerölle von beliebiger Größe,
welche wie die Gerolle des Haselgebirges gerundet und geschrammt sind und nur durch tek-
tonische Ereignisse in die plastische Salzmasse eingepreßt worden sein können. Außer dem Hasef-
gebirge und den Kernstrichen, die zusammen das eigentliche Salzgebirge bilden, findet sich
— beide einhüllend — der ausgelaugte Salzton; er ist als unlösbarer Rückstand der erstgenannten
anzusehen. Infolge seiner Wasserundurchlässigkeit schützt er das Salzlager gegen die Wasser-
zuflüsse aus dem umgebenden Gebirge und somit vor weiterer Zerstörung. Außer den unter-
geordneten Vorkommnissen von Gips und Anhydrit im eigentlichen Salzgebirge finden sich in den
•Werfener Schichten auch einzelne größere Lager unreinen erdigen Gipses, der meist f ü r land-
wirtschaftliche Zwecke verwendet wurde.
' D i e F a z i e s v e r t e i l u n g in d e r o b e r e n s c y t h i s c h e n S t u f e der N o r d a l p e n scheint
im allgemeinen derart g e w e s e n z u s e i n , daß i m N o r d e n a n s c h l i e ß e n d a n die
g e r m a n i s c h e F a z i e s sich B u n t s a n d s t e i n äolischer H e r k u n f t absetzte, sodann in der
K ü s t e n r e g i o n des "Wüstengebietes i n e i n z e l n e n a b f l u ß l o s e n S e n k e n die Gips- u n d
Salzlager sich bildeten und südlich davon a n s c h l i e ß e n d i n der F l a c h s e e die
W e r f e n e r S c h i c h t e n als M e e r e s s e d i m e n t z u m Absatz g e l a n g t e n . E i n e G l i e d e r u n g
der s c y t h i s c h e n S t u f e ist n u r g a n z a l l g e m e i n auf Grund der G e s t e i n s a u s b i l d u n g
m ö g l i c h , w i e sie o b e n a n g e d e u t e t ist. An Versteinerungen finden sich in den
W e r f e n e r S c h i c h t e n Myophoria costata, Myacites fassaensis u n d Naticella costata.

12
Anscheinend in V e r b i n d u n g mit' den Werfener Schichten bezw. dem Hasel-
1
g e b i r g e und¡bonkordant,.darüber- l i e g e n R a u h w a c k e n ) u n d s c h w a r z e Kalke m i t
w e i ß e n Kalkspatadern u n d s t e l l e n w e i s e m i t r ö t l i c h e n S c h i c h t f u g e n ; e s "sind d i e
s o g e n . R e i e h e n h a l l e r o d e r G u t e n s t e i n e r Kalke. D i e w e n i g e n V e r s t e i n e r u n g e n , d i e
sich darin finden, n ä m l i c h Natica Stanensis, Myophoria costata und Gervillia
modiola sind b e z ü g l i c h ihres A l t e r s strittig", o b w o h l sie A n k l ä n g e an die s c y t h i s c h e
S t u f e a u f w e i s e n , w e r d e n die R e i e h e n h a l l e r K a l k e d o c h m e i s t zur n ä c h s t j ü n g e r e n
Stufe, z u r anisischen Stufe, g e r e c h n e t , der sie a u c h ihrer Gesteinsausbildung
n a c h n ä h e r s t e h e n als den W e r f e n e r Schichten.

Die Schichten der scythischen Stufe sind die ältesten Glieder der nördlichen Kalkalpen; ihre
normale Unterlage kommt in'unseren bayerischen Alpen nirgends zu Tage, dagegen kann'man
am Südrande der Kalkalpen das Hervortauchen der palaeozoischen Schichten, der Kitzbühler
Schieferzone unter den "Werfener Schichten sehen. Die Verbreitung der letzteren in unseren
Bergen ist verhältnismäßig gering: sie. kommen nur da an die Oberfläche, wo durch die Gebirgs-
bildüng erhebliche Störungen in der Schichtenlagerung eingetreten sind. Infolge ihrer geringen
Verbreitüng und ihrer leichten Zerstörbarkeit treten sie wenig in der Landschaft hervor,' und
wo sie vorkommen, bilden sie gerundete Oberfläcbenförmeri. Am ausgedehntesten finden sie sich
im südöstlichen Winkel Bayerns, im Berchtesgadener und Reiehenhaller Bezirk, wo in ihnen ein
uralter Bergbau • auf Steinsalz und Gewinnung von Soole zu Siede- und Badezwecken umgeht.
Der Salzstock des Sälzberges bei Berchtesgaden setzt sich pach Osten, in den Dürnberg bei Hallein
fort, während im Westen seine Fortsetzung in das Reiehenhaller Becken durch die dortigen zum
Teil sfehr reichen Salzquellen sioher erwiesen ist. Die Lagerung der "Werfener Schichten und des
Salzgebirges, sowie ihre Beziehung >zum umgebenden Gebirge isjt ungemein verwickelt. Es er-
scheint ganz natürlich, daß sie als älteste der hier vorkommenden Formationsglieder zu tiefst,
also am £uße der Berge liegen; unter ihnen könnte man als normale Unterlage die palaeozoischen
Schichten vermuten. Gegen eine solche Vermutung sprechen die Aufschlüsse im Bergbau und die
geologischen Verhältnisse der Umgebung, denn das Grundgebirge wird nicht" vom Palaeozoikum
gebildet, sondern es besteht aus jungen Jura- und Kreideschichten,' also aus Schichten, welche
wesentlich j ü n g e r sind als das Salzgebirge. Diese Lagerung ist unnatürlich und kann nur durch
weitgehende Störungen und Überschiebungen erklärt werdeD, worüber im tektonischen Abschnitt
(S. 85) Näheres zu finden ist. Außer den gebirgsbildenden Kräften hat auch der sogen. Salz-
auftrieb, sehr zu der gestörten Lagerung der Salzstöcke beigetragen, indem die spezifisch leich-
teren Salzmassen das Bestreben haben, durch Lücken der sie umgebenden schweren Kalkstöcke
aufzusteigen; nebenbei gelangten auch manchmal Kalkschollen in das Salzgebirge durch Einsinken
infolge ihres größeren Gewichtes. Das.normale Hangende des Salzgebirges ist nur an einzelnen
Stellen zu sehen,, und zwar wird es im Reiehenhaller Becken von den schwärzlichen Kalken und
Rauhwacken gebildet.
Außer dem besprochenen Gebiet finden sich in den bayerischen Bergen noch an folgenden
Stellen kleinere Vorkommen von scythischen Gesteinen: Auf der Nordseite des Rauschenbergs
bei Ruhpolding am Fuße der Wettersteinkalk-Nordflanke, ferner in gleicher Lage am Nordfüße
des Staufen bei Reichenhall; beide liegen in unmittelbarer Nähe einer Überschiebungsfläche. In
weiter Erstreckung dagegen finden sich die "Werfener Schichten im österreichischen Gebiet am
Südfuße der Kalkalpen vom Inntal bis zum Ennstal; sie bilden hier einerseits die Unterlage der
Kalkhochalpen, andererseits liegen sie gegen Norden einfallend auf den palaeozoischen Schichten
der Kitzbühler Tonschieferzone auf. Außerdem finden sich noch an verschiedenen Stellen des
Salzkammergutes Komplexe von scythischen Schichten, und zwar in ähnlich gestörter Lagerung
wie bei Berchtesgaden.

') Rauhwacke, zelliger Dolomit, von rauher Beschaffenheit.

13
b) Anisische Stufe oder der alpine Muschelkalk.
Die Bezeichnung stammt vom Ennsfluß, der von den Alten Anisus genannt
wurde; in seinem Bereich sind diese Schichten faunistisch gut vertreten. Es
wurde oben schon bemerkt, daß au der oberen Grenze der scythischen Stufe
sich ein Gesteinswechsel bemerkbar macht durch das Auftreten der Reichen-
haller Kalke. Damit beginnt eine Schichtenreihe der Triasformation, die durch ihre
reiche Fasziesausbildung sich wesentlich von der scythischen Stufe mit ihrer ver-
hältnismäßig eintönigen Faziesentwicklung unterscheidet. Infolgedessen erscheint
es berechtigt, zwischen den Werfener Schichten und den Reichenhaller Kalken
einen Trennungsstrich zu machen und letztere zur anisischen Stufe zu rechnen.
Die anisische Stufe umfaßt diejenigen Schichten der Alpen, die ihrem Alter
nach etwa dem germanischen M u s c h e l k a l k entsprechen; doch bestehen zwischen
beiden so große Abweichungen in faunistischer wie petrographischer Ausbildung,
daß man die Bezeichnung Muschelkalk, wie er bisher in der geologischen Lite-
ratur gebräuchlich war, für das alpine Gebiet am besten vermeidet. In der Ge-
steinsentwicklung machen sich fazielle Verschiedenheiten bereits stark bemerkbar,
indem die Zonen,1) in welche man die Stufe gliedert, in den einzelnen Alpen-
gebieten unterschiedliche Gesteinsausbildung, also Faziesverschiedenheiten, zeigen.
In der Hauptsache sind es dunkle, schwärzliche oder graue Kalke von dünn-
plattiger Ausbildung mit untergeordnet eingeschalteten Mergeln; vielfach sind in
den Kalken Hornsteinknollen verbreitet; an Stelle der Kalke können Rauhwacken
und Dolomite treten.
Im vorliegenden Alpengebiet kann man zwei bezw. drei Faziesbezirke aus-
einander halten: in Nordtirol und im bayerischen Gebiet ist die Stufe durch
dunkelgraue bis schwärzliche Kalke mit Hornsteinausscheidungen vertreten; im
Berchtesgadener Bezirk und im Salzkammergut sind dunkle Kalke meist nur in
der tiefsten Zone vorhanden, die beiden oberen werden von Dolomit, einem Teil
des später zu besprechenden Ramsaudolomits 2 ) vertreten. Noch eine dritte Fazies
findet sich, wenn auch in geringer Ausdehnung, im Berchtesgadener und Hall-
stätter 3 ) Gebiet, und zwar in unmittelbarer Nachbarschaft des Salzgebirges; es
sind weiße, graue oder rötliche Kalke, die man Ziller- 4 ) und Schreyeralmkalk 5 )
nennt; ihrem Aiternach gehören sie höchstwahrscheinlich der anisischen Stufe an.
Man bezeichnet diese Gesteinsausbildung, der wir auch in den folgenden Trias-
stufen begegnen werden, als Hallstätter Fazies.
Da die anisischen Kalke ausschließlich marine Ablagerungen und organogenen
Ursprungs (wenigstens größtenteils) sind, erweisen sie sich als wesentlich reicher an
"Versteinerungen als die "Werfener Schichten. Es sind folgende Arten als wichtigste
zu nennen: Natica Stanensis, Rhynchonella decurtata, Terebratula vulgaris, Retzia
trigonella, Spiriferina Mentzeli, Ceratites trinodosus, Ptychites fleocuosus, Encrinus

') Zone im Sinne von U n t e r a b t e i l u n g einer Formationsstufe.


s
) Nach dem Ramsau-Tal benannt.
') Hallstatt im Salzkammergut.
4
) Zill bei Berchtesgaden.
5
) Schreyeralm bei Hallstatt.

14
liliiformis und Dadocrinus gracilis. Von diesen Versteinerungen kommen einige
A r t e n auch i m g e r m a n i s c h e n Muschelkalk vor, w o d u r c h die Gleichalterigkeit der
Schichten b e w i e s e n ist.
Die anisische Stufe läßt s i c h nach bestimmten Leitfossilien in drei Zonen
gliedern, deren älteste die Zone der Natica Stanensis ist, darüber folgt die Zone
der Bhynchonella decurtata, den B e s c h l u ß als jüngste bildet die Zone des Cera-
tites trinodosus. D i e angeführten Zonen entsprechen etwa den Horizonten, w e l c h e
A. ROTHPLETZ 1 ) f ü r das Karwendelgebirge aufgestellt hat (siehe A b t e i l u n g II). In
die unterste Zone gehören die s c h o n mehrfach erwähnten Reichenhaller Kalke;
die oberen Zonen sind i n dem mächtigen Komplex des Ramsaudolomits mit
enthalten.
D i e anisischen Schichten des b a y e r i s c h e n u n d Nordtiroler Faziesbezirkes sind
n i c h t i m m e r so g u t entwickelt u n d versteinerungsreich, daß die e i n z e l n e n Zonen
überall n a c h g e w i e s e n w e r d e n können. I m allgemeinen sind es dunkelgraue bis
schwärzliche, z u m Teil dolomitische oder bituminöse Kalke, in d e n e n sich in
den oberen H o r i z o n t e n m e i s t K i e s e l s ä u r e a u s s c h e i d u n g e n in Form v o n Hornstein-
knollen bemerkbar machen. D i e tieferen L a g e n der Kalke s i n d g e w ö h n l i c h dünn-
bankig geschichtet, die Schichtflächen knollig ausgebildet und mit schwarzen
t o n i g e n H ä u t e n überzogen. D i e Mächtigkeit des ganzen K o m p l e x e s beträgt durch-
schnittlich 1 0 0 — 2 0 0 m.
In ausgedehnter Erstreckung finden sich die anisischen Schichten am Südrande der Kalkalpen
vom Inn bis an die Salzach; sie bilden hier überall die Basis der Kalkketten. Im Westen, im
Inntale, besitzen sie noch bayerische bezw. nordtirolische Fazies, wenn auch schon Anzeichen
östlicher Gesteinsausbildung vorhanden sind. Am Südfuße des Kaisergebirges beginnen sich bereits
die Übergänge zur Berchtesgadener Fazies bemerkbar zu machen, während am Nordsaum desselben
Gebirges noch bayerische Fazies herrscht. Ganz besonders gut ist der Übergang zur Berchtes-
gadener Fazies in der Kalkstein-Kirchberggruppe (zwischen Kaisergebirge und Loferer Steinbergen)
zu beobachten.*) Hier beginnen sich in die dunklen anisischen Kalke Dolomitbänke einzuschalten,
und zwar in den höheren Partien; diese Gesteinsumwandlung gewinnt gegen Osten immer mehr
an Bedeutung, bis schließlich die reine Berchtesgadener Ausbildung daraus entsteht, nämlich
Reichenhaller bezw. Gutensteiner 8 ) Kalke als Vertreter der tieferen, und Eamsaudolomit als Ver-
treter der beiden oberen Zonen.
In den bayerischen Bergen finden sich Gesteine der anisischen Stufe an folgenden Stellen:
Ein vereinzeltes Vorkommen befindet sich südöstlich vom Tegernsee, wo an einigen aus der Tal-
ebene aufragenden Felshügeln an der Rottach graue Kalke mit Terebratula vulgaris aufgeschlossen
sind. Ausgedehnter sind anisische Schichten im "Wendelsteingebiet am Aufbau des Gebirges be-
teiligt; anscheinend sind hier nur die beiden oberen Zonen entwickelt; eine genaue Gliederung
läßt sich aber trotz des Reichtums an Versteinerungen nicht durchführen. Östlich des Inns setzen
sich die anisischen Schichten zunächst im Heuberggebiet fort, wo die beiden unteren Horizonte
in einer Mächtigkeit von etwa 40 m festgestellt sind, erlangen aber erst im Kampenwandgebiet
wieder größere Verbreitung, ohne daß man sie hier näher gliedern könnte. Nun folgt in den
östlich anschließenden Bergen eine weite Lücke in der Verbreitung der anisischen Schichten und
erst am Fuße der Rauschenberg-Staufenkette tauchen wiederum dunkle, bituminöse und zum Teil

') A. ROTHPLETZ (Geologischer Querschnitt durch die Ost-Alpen) gliedert in einen unteren
G a s t r o p o d e n h o r i z o n t (mit „"Wurstelbänken"), einen mittleren B r a c h i o p o d e n h o r i z o n t und
in einen oberen A m m o n i t e n h o r i z o n t mit Hornsteinknollen.
2
) Siehe F. F. HAHS, Grandzüge d. Baues d. nördl. Kalkalpen. Mitt. d. Geol. Ges. "Wien 1913, III.Bd.
s
) „Gutensteiner" Kalke nennt man in Niederösterreich die dunklen anisischen Kalke.

15
dolomitische Kalke unter dem ladinischen Wettersteinkalk empor und' erreichen'hier eine Mäch-
tigkeit von. 100—150 m. Die bayerische Fazies findet hier ihr Ende und jenseits der Saalach
treten ohne Zwischenschaltung vermittelnder Glieder anisische Schichten der Berchtesgadener
Fazies in Form von Reichenhaller Kalken und Ramsaudolomit auf. Diese unvermittelte Nachbar-
schaft der beiden Fazies ist hier nur durch tiefgreifende Lagerungsstörungen zu erklären (siehe
im tektonischen Teil S. 82 ff,).
c) Ladinische Stufe.1)
Die in der vorhergehenden Stufe begonnene Faziesdifferenzierung setzt sich
in der ladinischen Stufe fort und wird noch verwickelter; dazu gesellt sich in
manchen Scliichtenreihen eine Armut an Versteinerungen, die eine sichere Alters-
zuteilung lange Zeit Sehr erschwerte. Die zur anisischen Zeit begonnene Ab-
lagerung kalkiger Sedimente setzt sich in der ladinischen Stufe fort und steigert
sich bis zur Entwicklung ganz großartiger Schichtenmassen, die nur in der
untersten Abteilung stellenweise durch tonige, mechanische Sedimente vertreten
sein können. Abgesehen von letzteren bestehen die ladinischen Schichten haupt-
sächlich aus ziemlich reinen, meist Kellen bis weißen Kalken oder Dolomiten,
in denen kaum irgend welches vom Festland stammendes Einschwemmungs-
material enthalten ist. Die Gesteine sind rein organogenen Ursprungs und Er-
reichen Mächtigkeiten bis zu 1000 m.
Nicht überall entwickeln sich aus den anisischen sogleich die ladinischen Kalke;
an manchen Stellen, so besonders in den nördlicheren Gebieten der Kalkalpen,
werden die anisischen Kalke gegen oben .tonig und gehen dann ohne ßcjiarfe
Grenze in die sogen. P a r t n a c h s c h i c h t e n 2 ) über, eine Reihe von grauen oder
schwarzen Mergeln und tonreichen Schiefern, zwischen denen sich graue und
bräunliche Mergelkalke und knollige, zum Teil hornsteinreiche' Kalke einge-
schaltet. finden. Die Mergel sind durch den Gebirgsdruck häufig geschiefert und
zerfallen bei der Verwitterung in griffeiförmige Stücke, eine Erscheinung, die
zur Erkennung oft gute Dienste leistet, da in den leicht zerstörbaren Mergeln
sehr selten Versteinerungen zu finden sind. In den kalkigen Lagen finden sich
an Versteinerungen Daonetta Parthanensis und Koninckina Leonhardi.
Diü Mächtigkeit der Partnachschicbten ist sehr schwankend, von wenigen Metern bis zu 400 m
(letztere Mächtigkeit im Partenkirchner Gebiet, siehe Abt. II). Das Hauptverbreitungsgebiet ist
in den westlicheren Teilen der Kalkalpen, doch finden sie sich auch in unserem engeren Gebiet
bis zur Kampenwand, wo sie auskeilen. Im Süden, z. B. im Kaisergebirge, sind sie nicht ent-
wickelt. Meist sind die Partnachschichten Vertreter der tieferen Lagen, doch können sie auch
die ganze ladinische Stufe vertreten; dies ist z . B . im Tegernsee-Schlierseer Gebiet der Fall, wo
über den dort ziemlich kalkigen Partnachschichten kein Wettersteinkalk entwickelt ist, sondern
unmittelbar die Schichten der karnischen Stufe folgen.
Die Partnachschichten sind infolge ihrer tonigmergeligen Gesteinsbeschaffen-
heit der Verwitterung leicht zugänglich; es bilden sich auf ihnen dicke Lagen
von zähem Letten, auf dem üppige Vegetation gedeiht. In der Landschaft machen
sie sich durch gerundete Formen geltend.

') Die Bezeichnung leitet sich vom ladinischen Teil Südtirols her, wo die Schichtenentwicklung
am reichsten entfaltet ist. Diese und die folgenden Stufen umfassen den alpinen Keuper.
2
) Nach dem Partnachtal bei Partenkirchen.

16
Ü b e r den Partnachschichten und — außerhalb ihres Verbreitungsbezirkes auch
- n e b e n ihnen — liegen nun die übrigen Faziesglieder der ladinischen Stufe,
nämlich Wettersteinkalk und -dolomit, Ramsaudolomit und Hallstätter Kalk.1) Die
aufgezählten Schichten sind, wie ausdrücklich betont sei, nicht eine Schichten-
f o l g e , sondern gleichalterige, in den verschiedenen Faziesbezirken s i c h v e r -
t r e t e n d e Gesteinsausbildungen der ladinischen Stufe.
Der W e t t e r s t e i n k a l k 2 ) ist ein heller weißer, manchmal leicht gelblich oder
rötlich getönter, dichter bis körniger, manchmal sogar kristallinisch werdender
Kalkstein von hoher Reinheit. Er ist fast frei von Einschwemmungsmaterial des
Festlandes und muß daher ziemlich entfernt von der Küste abgelagert worden
sein, oder es war eine untermeerische Barre dazwischen gelegen. Neben den
hellen Kalken finden sich auch graue und blaugraue Spielarten, besonders in
den tieferen Lagen an der Grenze gegen die anisische Stufe, oder bräunlich-
rötliche in den höheren Teilen gegen die karnische Stufe. Neben rein kalkiger
Ausbildung stellen sich vielfach dolomitische Einlagerungen ein, die aber keine
bestimmte Lage einhalten, sondern wahllos bald tiefer, bald höher vorkommen-
Schichtung oder Bankung ist manchmal ausgeprägt, kann jedoch auch fehlen
oder ist durch tektonische Klüftung übertönt.
Die Mächtigkeit ist sehr schwankend; ausgehend von den Grenzen des Ver-
breitungsbezirkes, wo er natürlich auskeilt, wächst der Wettersteinkalk zu einer
durchschnittlichen Mächtigkeit von etwa 600—800 m an, erreicht an einzelnen
Stellen sogar 1000 m und darüber. Es ist deshalb nicht verwunderlich, daß eine
so mächtige Kalktafel auf den Bau und die Formengebung des Gebirges so be-
stimmenden Einfluß ausübt.
Der Wetterstein kalk ist eine rein organogene Ablagerung, d. h. bei seiner Ent-
stehung sind nur die Hartteile kalkabscheidender Tiere und Pflanzen beteiligt
gewesen; denn es fehlt nahezu jegliches Einschwemmungsmaterial des Festlandes,
wie Schlamm und Ton, dagegen finden sich allenthalben (wenn auch nicht
häufig) die versteinerten Reste derjenigen Organismen, die an dem Aufbau dieser
Kalkmasse beteiligt waren.
Vor allem sind es besonders die Überreste von talkabscheidenden Pflanzen, nämlicli von sogen
Diploporen oder Gyroporellen, deren Hauptvertreter die Diplopora annulata ist. Neben den Kalk-
algen finden sich die Reste von Schnecken, Brachiopoden, Ammoniten und Seelilien, ferner auch
Korallenstöcke, die aber nur bankweise im Wettersteinkalk vorkommen; jedenfalls kann man
nicht von einem Korallenriff reden, denn Korallen waren anscheinend nur untergeordnet dabei
beteiligt. Welche Gruppe von Lebewesen den Hauptanteil daran hatte, ob es Kalkalgen, "Weich-
tiere oder Korallen, oder ob kalkbildende Bakterien die Hauptmasse des Kalkstoffes lieferten,
wie heute noch z. B. durch Bacterium calcis ausgedehnte Kalkschlammlager im Ozean gebildet
werden, das läßt sich nicht genau feststellen; denn die diagenetischen*) Prozesse haben meist
jegliche Struktur zerstört. Wahrscheinlich war es eine ganze Gruppe von Lebewesen, nicht nur
einzelne Arten, die daran beteiligt waren. Da wo die Organismen lebten, blieben nach dem Ab-

') Wozu sich in den westlichen Kalkalpen der Arlbergkalk, in Niederösterreich der Eeiflinger
Kalk gesellen.
*) Nach dem Wettersteingebirge benannt.
®) Diagenese, dia, gr. = nach, genesis — Entstehung, ist die chemisch-physikalische U m -
wandlung, die das Gestein nach seiner Ablagerung bis zur Verfestigung durchgemacht hat.
Abriß d. Geol. r . Bayern. I. 2
17
sterben ihre Skelette liegen und häuften sich allmählich immer mehr an. Einerseits die Zer-
setzungsvorgänge bei der Verwesung, andererseits die wechselnden chemisch-physikalischen Be-
dingungen bei der Diagenese haben es bewirkt, daß die ursprünglich lockeren und porösen
Sedimente durch chemische Umsetzungen verändert, zum Teil dolomitisiert, besonders aber ver-
dichtet wurden, d. h. in den ursprünglichen Hohlräumen der Skeletteile wurden Kalksalze ein-
gelagert, wodurch wahrscheinlich die sinterartige sogen. Großoolith-Struktur 1 ) entstand, die sich
häufig findet.
Alle diejenigen Organismen, die hauptsächlich am Aufbau des Kalksediments beteiligt waren,
gehörten zu den Seichtwasserbewohnern, d. h. ihr Lebensraum im Meere bewegte sich innerhalb
enger Grenzen nahe der Oberfläche des Meeres; tiefer als höchstens 200 m dürften sie wohl
kaum hinuntergegangen sein, besonders nicht die Kalkalgen, die zum Lebensprozeß unbedingt
des Lichtes bedurften. Jedenfalls läßt sich mit großer Sicherheit annehmen, daß der "Wetterstein-
kalk in einem tropischen, freien aber seichten Meer durch die Überreste von Organismen gebildet
wurde. Dies scheint mit der oben angegebenen Mächtigkeit von über 1000 m in Widerspruch zu
stehen, was aber erklärt wird, wenn man annimmt, daß der Boden des Meeres in langsamen,
aber dauerndem Sinken begriffen gewesen ist, mit dem das Wachsen der Ablagerungen gleichen
Schritt gehalten hat. Es war das ein ähnlicher Vorgang, wie er heute noch in gewissen Teilen
des Stillen Ozeans stattfindet, wo die eigenartigen Atolle oder Lagunenriffe mitten im freien
Ozean emporragen.

Eine Gliederung des "Wettersteinkalks ließ sich bisher nirgends durchführen,


da die Versteinerungen nicht in durchgehenden Horizonten, sondern nur verstreut
und nesterweise in den Schichten vorkommen. Eine eingehende Durchforschung
des Wettersteinkalkes wurde von 0. M . REIS im Wettersteingebirge durchgeführt,
worüber Näheres in der Abteilung II zu finden ist.
Yon wirtschaftlicher Bedeutung sind nicht nur die verstreut im Wetterstein-
kalk vorkommenden Erze wie Bleiglanz, Zinkblende, Galmei, Schwefelkies und
Brauneisenerz, sondern die Schichten selbst bilden in ihrer großen Masse ein
unerschöpfliches Lager von technisch verwertbarem Kalkstein, der in seinen
reinsten Qualitäten auch für die chemische Industrie einen geeigneten Rohstoff
bietet.
Durch die Klüftigkeit des Gesteins gibt es im Gebiet des Wettersteinkalks keine dauernden
Wasserläufe; alle Niederschläge sinken meist restlos auf Spalten und Klüften in die Tiefe, wo
sie sich über einer wasserstauenden Schicht sammeln und dann als Quellen am Fuße der Kalk-
wände an das Tageslicht kommen. Da der Kalk vom Wasser aufgelöst und mitgeführt wird, von
ihm aber keine nennenswerten Verwitterungsrückstände bleiben, kann sich keine zusammen-
hängende Bodenschicht bilden und es fehlen den aus Wettersteinkalk aufgebauten Bergen die
lieblichen grünen Matten, und nur die Latsche (Legföhre) siedelt sich auf dem unfruchtbaren
Felsen an.

Der Mangel an Vegetation und die meist schroffe Formenbildung sind die
Hauptursachen für das augenfällige Hervortreten des Gesteins im Landschafts-
bilde, umsomehr, da es infolge seiner Mächtigkeit und weiten Verbreitung das
eigentliche Gestein der Hochalpen ist. In welcher Gestalt dieses in der Land-
schaft auftritt, ob als gerundeter Felskopf, als scharfer Grat, als Pyramide
oder als mauergleiche Wandflucht, das hängt einerseits von der geschichteten
oder massigen Entwicklung, andererseits vom Aufbau und nicht zuletzt von den
Einwirkungen der Eiszeit ab.
*) Oolith, oon, gr. = Ei, lithos = Stein, ist ein aus schalenförmig aufgebauten Körnern be-
stehendes Gestein.

18
Aus "Wettersteinkalk bauen sich in der Hauptsache folgende Berge und Bergzüge auf: Im
"Westen beginnend sind zunächst zu nennen Unnutz, Guffert und seine Fortsetzung bis zum
Roßkopf, dann quert der Wettersteinzug das Tal der Brandenberger Ache und erhebt sieh zum
Hohen Nock, Larcheck, Hundsalmjoch, Kegelhörndl und erreicht mit dem Pendling das Inntal. Östlich
des Inns bauen sich die unvergleichlich großartigen Zinnen des "Wilden Kaisers (Abb. 2 S. 19) und
jenseits des in jüngere Schichten eingesenkten Kaiserbachtales das von Karrenfeldern durchfurchte
Plateau des Zahmen Kaisers aus ihm auf. Nördlich von Kossen und Reit i. Winkel setzt sich der
"Wettersteinkalk zunächst in einem schmalen Zug fort, verbreitert sich aber bald und erhebt sich

Abb. 2.
Blick In das Kaisertal und auf den Wilden Kaiser.
Das Bild zeigt im Hintergründe rechts die großartigen Wandabstürze der Felsgipfel des Wilden Kaisers, die
sich aus den steil aufgerichteten, senkrecht stehenden oder steil nach Norden einfallenden Bänken des
Wettersteinkalkes aufbauen. Ganz rechts das Sonneck, links davon jenseits der tief eingesenkten Scharlinger
Böden der Ast der drei Halten, weiterhin anschließend das Totenkirchl mit Karlspitze. Das Totenkirchl
bricht mit jähen Wänden zum Stripsenjoch ab, dessen Einsattelung durch die dort vorhandenen karnischen
(Raibier) Schichten bedingt ist. An sie schließt sich normal der noriscbe Hauptdolomit des Stripsenkopfes
an. Das nördlich anschließende, durch rhätische Schichten bedingte Joch leitet zum Ropanzeu hinüber,
von dem noch der Südabhang sichtbar ist. Der Ropanzen besteht aus Liasschichten (unterer Jura) und liegt
im Kern der großen Kaisergebirgsmulde, deren Südflügel vom Wilden Kaiser gebildet wird, während der
Nordflügel (Zahmer Kaiser) auf dem Bilde nicht mehr sichtbar Ist. In den Kern dieser gewaltigen Mulde ist
das Kaisertal eingesenkt, das den Mittelgrund des Bildes ausfüllt.
Aufnahme von W. WITTMANN.

zu Hocbscharten, Tempelberg und Gschoßwänden, kommt dann jenseits der Traun im Rausehenberg-
Kienberg-Staufenzug nochmals zu erheblicher Entwicklung, um am Ostende des Staufen an der
Saalach sein Ende zu erreichen. Östlich der Saalach bezw. Salzach taucht der "Wettersteinkalk
erst wieder zwischen Fuschl- und Mondsee auf, bildet zunächst einen schmalen Streifen am
Nordfuß der Schafberggruppe, verbreitert sich östlich des Attersees zum ansehnlichen verkarsteten
Höllengebirge und setzt sich dann östlich des Traunsees im Traunstein fort. Aus Wettersteinkalk
bauen sich fernerhin im bayerischen Gebiet auf: Breitenstein, "Wendelstein und Hochsaalwand,
weiterhin erstreckt sich vom Wendelsteingebiet über die Arzmoosalpe ein schmaler Zug zum
Inntal, wo er bei Flintsbach in großen Brüchen abgebaut wird, setzt sich jenseits des Inns in
den Steinbrüchen bei Überfilzen fort, um in schmalem, mehrfach unterbrochenem Streifen
nördlich des Heubergs und des Hochries zum Priental bei Aschau zu verlaufen. Hier gewinnt
er wieder größere Verbreitung im Kampenwandgebiet, wo er den charakteristischen Felskamm
der Kampenwand, sowie die schroffen Mauern der Gederer Wand, Überhängenden "Wand usw.
bildet. Im Achental findet der auf die nördlichen Kalkketten beschränkte "Wettersteinkalk-Zug
sein Ende. Bemerkenswert ist, daß in diesem nördlichen Zug der "Wettersteinkalk bei weitem
nicht die großen Mächtigkeiten erreicht, wie in den südlichen Gebieten.
Schon bei der Besprechung der Partnachschichten wurde erwähnt, daß sie den
Wettersteinkalb vertreten können, so z. B. in den Tegernseer und Schlierseer
Bergen; andererseits fehlen in den südlichen Gebieten die Partnachschichten
und es folgen über den anisischen Kalken sogleich die Wettersteinkalkschichten.
Die ladinische Stufe kann also von jedem der beiden Schichtenkomplexe ganz und
ausschließlich vertreten sein. Die Bezeichnungen Wettersteinkalk und Partnach-
schichten eignen sich also nicht als Stufenbezeichnungen, sondern nur als Fazies-
bezeichnungen, da sie teilweise oder vollständig gleichalterig sein können. Aller-
dings da, wo sie zusammen vorkommen, bilden die Partnachschichten das Liegende
des Wettersteinkalks.
In den südlich und südöstlich des Kaisergebirgs gelegenen Gebieten beginnt die
Fazies des Wettersteinkalks sich zu ändern und einer anderen, d o l o m i t i s c h e n
Fazies Platz zu machen, welche gegen Osten vorherrschend wird und ihre Haupt-
verbreitung in den Berchtesgadener Alpen und im Salzkammergut bis zum Dach-
stein hinüber besitzt; es ist die Fazies des R a m s a u d o l o m i t s , dessen früher schon
Erwähnung geschah. Es ist ein meist hellgrauer zuckerkörniger bezw. feinkristal-
linischer Dolomit, ohne Bitumen 1 ) und Kieselsäureausscheidungen, dagegen stellen-
weise löcherig, welche Erscheinung wahrscheinlich von der Auswitterung von
Versteinerungen herrührt. Das Gestein ist meist ungeschichtet, und massig aus-
gebildet. Charakteristisch ist die Kleinklüftung des Dolomits, die sich durch die
ganze Masse des Gesteins erstreckt und bewirkt, daß bei der Verwitterung ein
eckiger Grus entsteht.
Die Mächtigkeit des der ladinischen Stufe angehörenden Dolomits ist nicht genau festzustellen,
weil der Ramsaudolomit auch teilweise die anisische Stufe vertritt, wie oben ausgeführt.
Der Ramsaudolomit ist — wie meist alle Dolomite — arm an Versteinerungen; was sich findet,
sind meist Diploporen und Schnecken; er scheint also ähnlicher Entstehung zu sein, wie der
"Wettersteinkalk, nur ist die Dolomitisierung viel weiter fortgeschritten als bei diesem. Infolge
der Gleichförmigkeit des ganzen Gesteinskomplexes und mangels charakteristischer Versteinerungs-
horizonte läßt sich der l a d i n i s c h e Ramsaudolomit nicht weiter gliedern; es ist nicht einmal
möglich, die Grenze gegen den anisischen Anteil festzulegen; meist kann man das höhere Alter
nur daraus schließen, daß über den scythischen Schichten sogleich der Ramsaudolomit abge-
lagert ist. 5 )
In morphologischer Beziehung unterscheidet er sich insoferne vom Wetter-
steinkalk, als er infolge seiner Kleinklüftigkeit leichter abwittert und deshalb
nicht zur Bildung hoher Wandfluchten neigt, sondern mehr gerundete Formen
und flachere Böschungen aufweist; auch trägt er meist eine zusammenhängende
Vegetationsdecke. Wo er jedoch der Abtragung frei ausgesetzt ist, bildet er wilde
und rauhe Felsformen, an deren Flanken sich mächtige Schuttfüße anlegen.
1
) Bitumen, bitumen, lat. = Erdpech, in Gesteinen vorkommende Kohlenwasserstoffverbindungen.
*) Letzteres ist der Fall in der Reiteralpe, im Lattengebirge und am Göll.

20
Ramsaudolomit findet sich im Berchtesgadener Gebiet und im Salzkammergut weit verbreitet;
meist bildet er die Sockel der mächtigen Kalkstöcke, so z. B. der Reiteralpe, des Lattengebirges,
des TJntersberges (auf der Berchtesgadener Seite), des Hochkalters (im "Wimbachtal), des "Watz-
manns und des Steinernen Meeres, an dessen Südseite über den anisischen Gutensteiner Kalken
der Ramsaudolomit ausstreicht. Östlich der Salzach setzt er sich durch das Lammertal in das
Salzkammergut fort, wo er am Aufbau der Gamsfeldgruppe teilnimmt und den Sockel der Dach-
steingruppe bildet.
Neben den bisher geschilderten Faziesausbildungen findet sich im Berchtes-
gadener Gebiet und Salzkammergut noch eine vierte, nämlich die sogen. H a l l -
s t ä t t e r F a z i e s , die sich bereits in der anisischen Stufe bemerkbar machte. Sie
ist im bayerischen Gebiet auf einen ziemlich engen Bezirk beschränkt und findet
sich anscheinend nur im Verbände mit dem Salzgebirge, so im Reichenhall-
Berchtesgadener Talkessel, ferner am Westrande des Berchtesgadener Fazies-
bezirkes im Saalachgebiet, was von tektonischer Bedeutung ist. Außerdem erstreckt
sie sich in größerer Ausdehnung über Hallein und Gösau bis Hallstatt, worauf
auch ihr Name zurückzuleiten ist.
Die Hallstätter Kalke sind eine Reihe von bunten Marmoren und reinen Kalken,
die meist rot oder grau gefärbt und stellenweise sehr versteinerungsreich sind;
ihre Fauna besteht hauptsächlich aus Cephalopoden, Schnecken und Muscheln.
Die Schichten können sämtliche Triasglieder von der anisischen Stufe bis in das
Rhät vertreten.
Außer dem oben genannten Verbreitungsbezirk findet sich im Salzkammergut noch ein weiterer,
der bei Ischl beginnt und in ostsüdöstlicher Richtung bis nach Liezen im Ennstal sich erstreckt.
Der westliche Hallstätter Faziesbereich scheint ursprünglich zwischen dem Berchtesgadener und
dem bayerisch-tirolischen Faziesbereich gelegen und beide voneinander geschieden zu haben.
Durch die gebirgsbildenden Vorgänge wurden aber die verschiedenen Bereiche verschoben und
überdeckt, und so kommt es, daß heute im Reichenhaller Becken dreierlei Faziesgebiete ziemlich
unvermittelt und ohne Übergänge aneinander grenzen, nämlich die bayerisch-tirolische, die
Berchtesgadener und die Hallstätter Fazies. Nördlich der Hallstätter und Berchtesgadener Fazies
erstreckt sich die bayerisch-tirolische nach einer Unterbrechung im Salzburger Becken über die
Salzach hinüber weiter nach Osten, wo in der Schafberggruppe und im Höllengebirge usw. der
"Wettersteinkalk ebenso ausgebildet sich findet, wie in den westlichen Gebieten, während südlich
davon die Gesteine der Berchtesgadener und Hallstätter Fazies das Gebirge aufbauen.

d) Karnische Stufe1) oder Raibier Schichten.


Die karnische Stufe ist eine äußerst charakteristische Schichtengruppe, welche
infolge ihrer Gesteinsausbildung überall leicht kenntlich ist und deshalb als
wichtige Leitschicht dient, die es vorzüglich ermöglichte, die mächtigen Kalk-
und Dolomitablagerungen zu gliedern und sie den zugehörigen Formationsstufen
einzureihen.
Die Schichten der karnischen Stufe sind der sichtbare Ausdruck wichtiger
Veränderungen, die am Ende der ladinischen Zeit im alpinen Meere eingetreten
sind und sich in Hebungen und Senkungen bezw. in Verseichtung und Wieder-
vertiefung des Meeresbodens äußerten. Diese Vorgänge spiegeln sich getreu in
') Der Name leitet sich von dem Volkstamm der Carni her, welche in Kärnten wohnten; die
Schichten sind bei Raibl in Kärnten sehr gut entwickelt und durch die Bergbaue gut bekannt
geworden, weshalb man sie nach diesen Gegenden benannte.

n
der Art der Ablagerungen wieder. Während in der ladinischen Stufe reine organo-
gene Kalke und Dolomite ohne Festlandseinschwemmungen lange Zeit hindurch
sich anhäuften, tritt nunmehr ein plötzlicher Wechsel ein. Aus den Einschwem-
mungsmaterialien eines im Norden auftauchenden Landes bildeten sich dunkle,
tonige Schiefer, graue und grünliche feinkörnige Quarzsandsteine und sandige
Schiefer mit tonigem Bindemittel, in denen verkohlte Pflanzenreste und stellen-
weise Kohle sich finden, ferner dunkle Mergel und Mergelkalke; dazu gesellen
sich meist in den oberen Horizonten Dolomite und dolomitische Rauhwacken mit
Gipseinlagerungen, die als küstennahe Bildungen anzusehen sind, und wohl in
Buchten oder Meeresarmen abgelagert wurden, die vom Meere ziemlich abge-
schnürt gewesen sein müssen. Außer diesen Küsten- und Seichtwasserbildungen
findet sich noch ein eigenartiges und für die karnische Stufe charakteristisches
Gestein, der sogen. Sphaerocodienkalk oder Cardita-Oolith, ein Gestein, das aus
Schalen von Cardita crenata besteht, die durch Sphaerocodien') schalenförmig
umwachsen sind. Stellenweise kommen graue, gelbliche und bräunliche, dünn- und
dickgeschichtete bis plattige, zum Teil bituminöse Kalke vor, die den anisischen
Kalken oft sehr ähnlich sehen, jedoch keine Hornsteinausscheidungen zeigen.
Außer der Bildung der bisher genannten, auf die nördlichen Randgebiete des
Meeres beschränkten Gesteine, ging in einem zentralen begrenzten Gebiete, nämlich
im Berchtesgadener und Hallstätter Faziesbezirk, die Ablagerung von reinen
Kalken und Dolomiten einher, die in ersterem nur von wenig mächtigen schie-
ferigen Sedimenten unterbrochen ist; dies deutet darauf hin, daß in dem ziemlich
verseichteten Meere der karnischen Stufe doch ein zentral gelegenes Gebiet den
Einflüssen der beiderseitigen Küsten entzogen blieb, wenigstens während des
größten Teiles der Dauer der karnischen Stufe.
Im tirolisch-bayerischen Gebiet ist die Gesteinsausbildung ziemlich unregel-
mäßig, sowohl was die Verbreitung als auch die Mächtigkeit der einzelnen Ge-
steine betrifft; die Fazies wechselt oft schon auf kurze Entfernung, an einzelnen
Stellen wiederholen sich die Gesteine oder sind verkehrt angeordnet; so beginnt
in den nördlicheren Teilen der Kalkalpen die Serie meist mit Tonschiefern und
Sandsteinen, während in den Kalkhochalpen meist kalkige Schichten die Stufe
einleiten und erst über ihnen sandige Schichten folgen.
Wenn sich deshalb eine allgemein gültige Gliederung auf Grund der Gesteinsausbildung nicht
durchführen läßt, kann man trotzdem sagen, daß im allgemeinen die Sandsteine die tieferen
Schichten bilden, darüber sich die kalkigen und dolomitischen Gesteine entwickeln, während
Rauhwacken und Gipse die Stufe beschließen. Aus dieser Entwicklung ist ersichtlich, daß zur
mittleren karnischen Zeit der Meeresspiegel wieder etwas gestiegen sein muß, dem alsbald eine
weitere Yerseichtung folgte, was sich in Eauhwacken- und Gipsbilduug äußerte. Letzteres tritt
im Osten im ober- und niederösterreichischen Gebiet nicht mehr ein, sondern dort geht die Bildung
von Kalksteinen weiter, nachdem in den tieferen Horizonten sich typische Sandsteine, die sogen.
Lunzer 1 ) Sandsteine mit Pflanzenresten und Kohlen und darüber kalkige Schichten abgesetzt hatten.
Zum Teil noch unter den Lunzer Sandsteinen, hauptsächlich aber diese vertretend, finden sich
in dem südlich des Lunzer Faziesbereiches gelegenen Gebiet die sogen. Reingrabener5) Schiefer,
') Sphaerocodien, sphaira, gr. = Kugel, sind Kalkalgen.
*) Lunz in Niederösterreich.
') Reingraben in Niederösterreich.

22
schwarze Tonschiefer, die sich entfernter von der Küste absetzten. Sie bildeten sich zwischen
der Lunzer Küstenfazies und der zentralen küstenfernen Zone, wo sich Hallstätter Kalke ohne
Unterbrechung weiter absetzten, woran sich endlich die Berchtesgadener Zone schloß, in der
bereits wieder Einlagerungen in Keingrabener Fazies als Einwirkung der alpinen Südküste (?) sich
geltend machen. So lassen sich in den Nordalpen fünf Faziesbereiche auseinanderhalten, der
tirolisch-bayerische, der Lunzer, der Hallstätter, der Berchtesgadener und der Reingrabener
Bereich. Ebenso wie in der ladinischen Stufe Übergänge von der tirolischen zur Berchtesgadener
Fazies in den östlich vom Kaisergebirge gelegenen Bergen vorhanden sind, finden sich solche auch
f ü r die karnische Stufe, jedoch etwas östlicher in den Bergen des Saalachgebietes.

Abb. 3.
Schlechtenberger Alm und Kampenwand.
Im Hintergrund (teilweise durch Nebel verhüllt) sind die jäh aufstrebenden, aus Wettersteinkalk bestehenden
Felsenmauern der Kampenwand sichtbar. Das sanft gewellte, zum Teil mit einzelnen Nadelbäumen bestandene
Almwiesengelände, das sich davor ausdehnt und Mittel- und Vordergrund einnimmt, besteht in seinem
Untergrund aus den leicht verwitternden karnischen (Raibier) Schichten.
Aufnahme von W . WITTMANN.

Die Fauna der karnischen oder Raibier Schichten ist sehr reich; besonders
finden sich viele Muschelarten darin vor. Die wichtigsten und häufigsten Formen
sind in den tieferen Schichten hauptsächlich Cardita Oilmbeli und Sphaerocodien,
bezw. Cardita-Oolithe, in den höheren Partien Ostrea montis caprilis und Corbis
(Oonodon) Mellingi. Als Hauptleitfossilien der östlichen Alpen sind zu nennen:
Trachyceras aonoides f ü r die untere Abteilung und Tropites subbüllatus für die
obere Abteilung; ersterer entsprechen unsere Sandsteine und Cardita-Oolithe, der
Subbullatus-Zone dagegen unsere Ostreenkalke und Rauhwacken.
Yon wirtschaftlicher Bedeutung sind die Kalksteine und Rauhwacken, welche
feste und dauerhafte Bau- und Werksteine zu liefern vermögen; bekannt sind
die alten Steinbrüche bei Bergen.

23
Entsprechend den verschiedenartigen Gesteinselementen, sowie auch der un-
regelmäßigen Verteilung der karnischen Schichten ist der morphologische Einfluß
derselben auf Gebirgsbau und Landschaft sehr verschieden. Da. wo sie zwischen
dem ladinischen Kalk- bezw. Dolomitkomplex im Liegenden und dem norischen
im Hangenden zu Tage ausstreichen, treten sie im allgemeinen deutlich hervor,
weil sie im Vergleich zu denselben weniger widerstandsfähig sind und zur Gesims-
bildung neigen. Der durch die Mergelbestandteile bedingte fruchtbare Verwitte-
rungsrückstand gibt Veranlassung zur Bildung grüner Bänder an Steilwänden
oder guter Almweiden, wodurch in die starre Kalkgebirgslandschaft Gliederung und
Abwechslung gebracht wird (Abb. 3, S. 23). Gegensätzlich aber ist ihr Verhalten da,
wo sie selbst aus festen Kalken oder Rauhwacken bestehen, während ihre Umgebung
aus weniger widerständigen Gesteinen gebildet ist, wie z. B. im Schlierseer
Gebiet. Hier ragen die Rauhwacken aus ihrer weichen Umgebung hervor und
ziehen weithin verfolgbar als Rippe durch das Gebirge; es sei nur an Rieder-
stein am Tegernsee, Brunstkogel und Ruine Hohenwaldeck am Schliersee erinnert.
Die karnischen. Schichten finden sich in unseren Kalkalpen (mit Ausnahme der kalkalpinen
Randzone) fast stets im Verbände mit ihrem normalen Liegenden bezw. Hangenden; ihre Ver-
breitung schließt sich deshalb eng an diejenige der ladinischen oder norischen Schichten an.
Infolge ihrer verhältnismäßig geringen Mächtigkeit nehmen sie am Aufbau der Berge nur wenig
teil, treten jedoch infolge ihrer üppigen Vegetation angenehm kontrastierend hervor. So begleiten
sie die weiter oben aufgezählten Wettersteinkalkzüge an der Grenze gegen den weiter unten zu
besprechenden norischen Dolomit, ferner bilden sie im Berchtesgadener Faziesbereich meist
deutlich hervortretende Einlagerungen in den oberen Teilen des ladinischen Ramsaudolomits,
dessen oberster Teil sich dadurch als bereits zur karnischen Stufe gehörend erweist.
Hiex besteht die karnische Stufe also zu unterst aus schwarzem Ton, Mergeln, sandigen Schichten
und oolithischen Kalken von geringer Mächtigkeit (im Lattengebirge und Reiteralpe etwa 20 m),
darüber folgt ein Komplex von k a r n i s c h e m Ramsaudolomit von etwa 200—300 m Mächtigkeit;
bemerkenswert ist, daß im Reiteralpgebirge auch noch von dem hangenden Dachsteinkalk etwa 100 m
zur karnischen Stufe gehört (Abb. 4, S. 26). Die vom Ramsaudolomit abweichenden eigentlichen kar-
nischen Sedimente stellen sich hier wie eine fremdartige Einlagerung im gleichmäßigen Ramsau-
dolomit dar, welch letzterer in der anisischen Stufe beginnend bis in die karnische hinaufreicht. Die
Veränderungen, welche bei Beginn der karnischen Zeit im Gebiet der nördlichen Kalkalpen vor
sich gingen, machten ihren Einfluß auch im Berchtesgadener Bereich geltend, jedoch nur für
kurze Zeit, denn alsbald setzte die unterbrochene Sedimentation von Ramsaudolomit wieder ein
und dauerte während der übrigen karnischen Zeit an, stellenweise begann sogar schon die Bildung
von Dachstein kalk.
Nahezu ohne Einfluß waren die Veränderungen im Hallstätter Faziesbereich, wo die Bildung
von roten oder bunten Kalken oder Marmoren ohne merkbare Unterbrechung weiterging. Karnische
Hallstätter Kalke finden sich im Berchtesgadener Gebiet im bekannten Draxlehner Bruch, am
Rappoltstein und Barmsteinlehen. Besonders reich an Versteinerungen (hauptsächlich Ammoniten)
sind die Hallstätter Kalke im Salzkammergut.
Ähnlich wie in den vorhergehenden Formationsstufen finden sich auch f ü r die karnische Stufe
Übergänge von der bayerisch-tirolischen zur Berchtesgadener und Hallstätter, aber auch zur
Reingrabener Fazies, und zwar in den Loferer Steinbergen und der Kammerkergruppe.

e) Norische Stufe') (Hauptdolomit, Dachsteinkalk und Hallstätter Kalk zum Teil).


Bei ihrem Beginn macht sich eine allgemeine Überflutung des Gebietes der
nördlichen Kalkalpen geltend; dementsprechend findet die stark wechselnde
') Nach der römischen Provinz Noricuin benannt.

24
Faziesausbildung der karnischen Stufe ein Ende, und an die Stelle der mannig-
fachen Küstenablagerungen und mechanischen Sedimente (Sande und Tone) treten
mächtige organogene Ablagerungen von ermüdender Einförmigkeit und regionaler
Ausdehnung, wie in keiner anderen Formationsstufe.
Die Gesteine der norischen Stufe bestehen aus Dolomiten und Kalken, welche
eine Trennung in zwei große Faziesbereiche ermöglichen; Dolomitgesteine finden
sich im tirolisch-bayerischen und ober- und niederösterreichischen Bezirk, während
Kalksteine südöstlich davon im Berchtesgadener Gebiet, im Salzkammergut und
weiterhin gegen Osten herrschen. Im Vergleich zu den älteren Formationsstufen
haben sich die Faziesbezirke an Zahl wesentlich verringert.
Das Gestein der Dolomitfazies ist der sogen. H a u p t d o l o m i t , ein meist grauer
oder graubrauner, manchmal zuckerkörniger, vielfach bituminöser Dolomit, der
oft gut gebankt oder geschichtet ist, manchmal aber ohne jede Spur von Schichtung
auftreten kann. Wie fast alle Dolomite neigt auch der Hauptdolomit zu grusigem
Zerfall, was eine Folge seiner außerordentlichen Zerklüftung ist, die aber nicht
eine Großklüftung wie in den Kalkkomplexen ist, sondern eine Zerrüttung bis
ins kleinste; das Gestein ist in unzählige vieleckige (meist rhomboedrische)
Stücke zerbrochen, die wieder durch Kalk- oder Dolomitspat zusammengekittet
sind. Obwohl man im Hauptdolomit fast keine Versteinerungen findet, ist doch an-
zunehmen, daß er nicht aus Einschwemmungsmaterial abgesetzt, sondern von kalk-
abscheidenden Organismen gebildet wurde. Durch die chemischen Veränderungen
bei der Dolomitisierung sind allerdings alle organischen Strukturen verloren ge-
gangen, was seine heutige Versteinerungslosigkeit erklärlich macht. Ähnlich wie
beim Wettersteinkalk wird man auch bei der Entstehung des Hauptdolomits ein
langsames Sinken des Meeresbodens annehmen dürfen, denn er erreicht Mächtig-
keiten bis 1000 m und sogar darüber.
Der Hauptdolomit ist ein Gestein von großer Gleichförmigkeit und unver-
kennbarer Tracht. Irgendwelche feinere faziellen Ausscheidungen lassen sich
nicht machen; nur seine Farbe wechselt in helleren oder dunkleren Tönen, was
vielleicht mit dem wechselnden Gehalt an Bitumen zusammenhängen mag. Die
in ihm enthaltenen Versteinerungen sind sehr spärlich, so daß man ihn praktisch
als versteinerungsleer bezeichnen kann; nur ganz wenige Formen sind aus ihm
bekannt geworden. Leitend ist die Schnecke Turbo solitaria, die im Südtiroler
Gebiet häufiger, im nordalpinen jedoch sehr selten vorkommt; ferner finden sich
Kalkalgen, Gyroporellen und Megalodonten,1) welche in den gleichalterigen Dach-
steinkalken sich häufiger finden. Außerdem kommen in den bitumenreichen
Schiefereinlagerungen Pflanzen- und Fischreste vor, worüber Näheres in der Ab-
teilung II ausgeführt wird.
Eine Gliederung des Hauptdolomits läßt sich wegen seiner Gleichförmigkeit
und Versteinerungsarmut nicht durchführen. Seine untere Grenze gegen die
karnische Stufe ist nicht scharf zu ziehen, da die liegenden Eaibler Rauhwacken
Megalodonten, mega, gr. = groß, odus, odontos = Zahn, dickschalige Muscheln, sogen. „Hirsch-
tritte", weil die vielfach an der Gesteinsoberfläche herausgewitterten Schalendurchschnitte eine
entfernte Ähnlichkeit mit Hirschfährten besitzen.

25
und Dolomite unmerklich in den Hauptdolomit übergehen. Ebenso unscharf ist
die Grenze nach oben, weil die obersten Schichten des Hauptdolomits allmählich
kalkiger und plattiger werden und ohne scharfe Grenze in die sogen. Platten-
kalke überleiten, die man meist zur nächsten Formationsstufe, zum Rhät, rechnet.
Die m o r p h o l o g i s c h e Wirkung des Gesteins auf die Landschaft ist von der-
jenigen des Wettersteinkalks verschieden und ähnelt derjenigen des Ramsau-
dolomits (siehe oben S. 20), was auf die Trümmerstruktur des Gesteins zurück-

Abb. 4.
Das Lattengebirge.
Das Lattengebirge ist ein typisches Tafelgebirge, allseits von steil abfallenden Flanken umgeben. Das Bild
zeigt die Nordwest- und Südostflanke des Berges, vom Saalacbtal aus gesehen. Der felsige Eckpfeiler der
Hochfläche ist das Lueger Horn, links die bewaldete flache Kuppe am Bande des Bildes die Vogelspitze.
Das untere Drittel des rund 800 m hohen Steilabfalles wird hier von karnischem Ramsaudolomit gebildet,
die oberen zwei Drittel von norischem Dachsteinkalk. Karnische Sandsteine und Mergel finden sich am Fuße
des Lueger Horns unweit Jettenberg im Grunde des Schwarzbachtales; sie treten aber landschaftlich nicht
hervor. Das beherrschende Element sind hier nur die mächtigen Dolomit- und Kalkschichten.
Aufnahme von D R . J. K N A U E R .

zuführen ist. Wo es der Verwitterung ausgesetzt ist, zerfällt es in eckigen Schutt


und die Abbruchstellen zeigen oft die abenteuerlichsten Felsgestalten, wie man
sie im Kalkgestein fast nie findet. Wo aber die Abtragung schon weiter vor-
geschritten ist und ausgleichend gewirkt hat, ergeben sich gerundete Bergformen,
die infolge der etwas lehmigen Yerwitterungsriickstände des Dolomits eine wenn
auch nicht allzu üppige Vegetation aufweisen und in lebhaftem Gegensatz zu
solchen aus reinen Kalkgesteinen stehen.
Die V e r b r e i t u n g des Hauptdolomits ist eine ähnlich große nvie beim "Wettersteinkalk; er ist
neben diesem das wichtigste Baumaterial der nördlichen Kalkalpen. W a s der Wettersteinkalk für
die Kalkhochalpen ist, stellt der Hauptdolomit für die Kalkvoralpen oder das sogen. Zwischen-

26
gebirge und die Randzone vor. In den Kalkvoralpen bestehen die meisten der Berge in ihrer
Hauptmasse aus dem Hauptdolomit, in den die jüngeren Schichten gewöhnlich in Form großer
Muldenzüge eingefaltet sind. Zwischen Isar und Inn seien folgende Beispiele genannt: Kampen,
Hirschberg, Wallberg, Brecherspitz, Miesing, ferner im südlichen Zug Schildenstein, Planberg,
Schinder, Hinteres Sonnwendjoch, Trainsjoch und Traithen. Östlich des Inns sind zu nennen
Kranzhorn, Hochries, Zinnenberg, Hochplatte und Hochfelln (zum Teil); südlich liegt zwischen
Wildem und Zahmem Kaiser eine Hauptdolomitzone eingefaltet, welche sich weiter gegen Osten
zum Unterberger Horn, Fellhorn, Dürrnbachhorn und Sonntagshorn erhebt. Östlich der Salzach
findet sich der Hauptdolomit nur mehr in den nördlichen Bergketten am Gebirgsrande.
Die norische Stufe ist im Berchtesgadener Bezirk nicht durch dolomitische,
sondern durch kalkige Fazies, den sogen. D a c h s t e i n k a l k , vertreten, und zwar
treten im Reichenhaller Becken die beiden Gesteinsausbildungen unvermittelt
einander gegenüber, während weiter im Süden, im oberen Saalachgebiet, wiederum
fazielle Übergänge vorhanden sind, wie in früheren Formationsgliedern. Neben
dem Dachsteinkalk, der meist geschichtet ist, findet sich noch eine weitere un-
g e s c h i c h t e t e Kalkausbildung, die man mit dem Namen Hochgebirgskorallen-
kalk bezeichnet hat. Letztere bildet mehr die randlichen Teile des ganzen Be-
reiches, gleichsam als wenn sich um das Becken herum diese Kalke als
Korallensaumriffe abgelagert hätten, während im Innern des Beckens mehr die
ruhige, geschichtete Ablagerung des Dachsteinkalkes sich vollziehen konnte.
Der Dachsteinkalk ist ein meist weißer, manchmal auch gelblich und rosarot
gefärbter, dichter bis feinkristallinischer Kalkstein von hoher Reinheit. Bezeichnend
sind die roten Adern, die oft das Gestein durchziehen und ihm eine hübsche
Zeichnung verleihen. Meist ist der Dachsteinkalk gut geschichtet und erreicht
Mächtigkeiten bis zu 1000 m. Stellenweise tritt auch in ihm Dolomitisierung
auf, was z. B. im Saalachgebiet zur tirolisch-bayerischen Fazies hinüberleitet.
Auch der Dachsteinkalk dürfte, wie der gleichalterige Hauptdolomit, durch die
Aufhäufung von Überresten kalkabscheidender Organismen gebildet und in einem
seichten, aber küstenfernen Meeresteil entstanden sein. An Versteinerungen finden
sich im Dachsteinkalk neben Gyroporellen besonders dickschalige Muscheln, die
Megalodonten. die auch als „Dachsteinbivalven" und im Yolksmund als „Hirsch-
tritte"1) bekannt sind. Ammoniten finden sich nicht vor.
Neben dem geschichteten Dachsteinkalk spielt der ungeschichtete insbesondere
in den Randgebieten eine große Rolle. Er ist ein ähnlicher Kalk, nur neigt er
mehr zu grauen Farbentönen und ist meist ungebankt. Da in ihm sehr häufig
Korallenreste gefunden werden, ist anzunehmen, daß bei seiner Entstehung riff-
bildende Korallen einen wesentlichen Anteil gehabt haben, weshalb man ihn auch
als Hochgebirgskorallenkalk bezeichnet hat. In ihm wie auch im Dachsteinkalk
treten örtlich geringmächtige bunte Zwischenlagen auf, die an die Hallstätter
Fazies anklingen und deshalb bemerkenswert sind.
Eine Gliederung der norischen Stufe ist auch in der Berchtesgadener Fazies
petrographisch nicht möglich, da das Gestein von unten bis oben sehr gleich-
förmig ist; eine faunistische Gliederung hat man auf Grund der darin enthaltenen
Megalodonten versucht.

') Siehe S. 25 Anmerkung.

27
Wie alle mächtigen Kalkschichten entbehrt auch der Dachsteinkalk einer ge-
schlossenen Pflanzendecke, da alles Niederschlagswasser in den Klüften rasch
versinkt; nur wo die Verwitterungsrückstände des Gesteins oberflächlich zusammen-
geschwemmt werden, stellt sich reichlicherer Pflanzen wuchs ein, während die steilen
Felswände meist kahl oder nur von Nadelgewächsen besiedelt sind (Abb. 4, S. 26).
Morphologisch verhält sich der Dachsteinkalk ähnlich wie der Wettersteinkalk,
d. h. er ist zur Bildung steiler Wandfluchten geeignet. Auch den faltenden Kräften

Abb. 6.
Karrenbildungen am Sonntagshorn.
Am Südabhang der Gipfelpyramide des Sonntagshorns (westlich des Saalachtales) sind auf weite Strecken
die Schichtflächen der südlich einfallenden Plattenkalkschichten entblößt. Aus dem ziemlich reinen Kalk-
gestein wurden durch die lösende Wirkung der atmosphärischen Niederschläge die im Bilde dargestellten
„Karrenbildungen" geschaffen. Die ausgefurchten Rillen sind alle deutlich in der Richtung der Fallinie
angeordnet; ihr welliger Verlauf im einzelnen ist durch Ungleichmäßigkeit des Gesteins und ursprüngliche
Unebenheiten der Schichtfläche bedingt. Derartige Bildungen sind in den Kalkmassiven des Berchtesgadener
Gebietes und des Salzkammergutes weit verbreitet.
Aufnahme von DR. J. KNAUER.

der Gebirgsbildung haben die starren Kalktafeln größeren Widerstand entgegen-


gesetzt und sind nicht in so stark gewundene Falten gelegt worden, wie z. B.
der Hauptdolomit, sondern haben in Form mächtiger Kalkklötze mehr einen
Schollenbau als einen Faltenbau erlebt, d. h. sie sind wie große Eisschollen im
brandenden Gebirge hin- und hergeschoben worden, wobei ihre wagrechte Schichten-
lagerung nur wenig gestört wurde. Dies drückt sich im ganzen Gebirgscharakter
aus, der im Bereich der Berchtesgadener Fazies derjenige des ausgesprochenen
Plateaugebirges ist (Abb. 4, S. 26). Besonders bemerkenswert sind die Karrenfelder und
Dolinenbildungen, deren Entstehung auf die Lösungsfähigkeit des atmosphärischen

28
Wassers im reinen Kalkgestein zurückzuführen ist (Abb. 5, S. 28). Bekannte Bei-
spiele finden sich auf dem Steinernen Meer, dessen Name auf die durch un-
zählige Dolinen hervorgerufene wellige Oberfläche zurückzuführen ist.
Die V e r b r e i t u n g des Dachsteinkalks ist auf das östlichste Bayern und das anschließende
Salzkammergut usw. beschränkt; er bildet die Kalkstöcke des Lattengebirgs (Abb. 4, S. 26), der
Reiteralpe, des Watzmanns, Hochkalters, Hohen Gölls, Gamsfeldes, Dachsteingebietes (woher auch
der Name stammt) und des Totengebirges. Der Hochgebirgskorallenkalk dagegen findet sich mehr
in den Randgebieten, also im Norden am Untersberg, im Süden im Steinernen Meer, Hochkönig,
Hagen- und Tennengebirge.
Neben den besprochenen Gesteinen besteht auch noch die Hallstätter Fazies
weiter, indem die Bildung von hellen roten oder grauen Kalken in der norischen
Stufe ohne Unterbrechung fortdauert. Im Gegensatz zum versteinerungsarmen
Dachsteinkalk sind die norischen Hallstätter Kalke stellenweise sehr reich an
Fossilien, besonders haben sie eine artenreiche Ammonitenfauna geliefert, auf
Grund deren man eine speziellere Gliederung der norischen Hallstätter Kalke
versuchte.

f) Rhätische Stufe1) (Kössener Schichten und Plattenkalk).


Ebenso wie am Ende der ladinischen Stufe macht sich auch am Ende der
norischen Stufe eine Yerseichtung des Meeres und dementsprechend ein erhöhter
Einfluß der nördlichen und südlichen (?) Küste geltend, was sich in Zufuhr von
kalkig-tonigem Abschwemmungsmaterial des Festlandes äußert. An die Stelle der
reinen norischen Dolomite und Kalke treten in der rhätischen Stufe meist
mergelige und tonig-schieferige Gesteine, die den Hauptbestandteil ausmachen
und überall zu finden sind, während daneben mehr oder weniger reine Kalke
und Korallenbildungen nur örtliche Verbreitung besitzen, jedoch die Mergel-
schichten an Mächtigkeit oft übertreffen. Die zur norischen Zeit vorhandenen
Faziesgebiete verringern sich zur rhätischen Zeit noch mehr, indem außer im
tirolisch-bayerischen Gebiet auch im Hallstätter Bereich mergelige Ablagerungen
Platz greifen. Dagegen bleibt im Berchtesgadener Bezirk die kalkige Ausbildung
in Form von Dachsteinkalk im großen und ganzen bestehen und es zeigen sich
in ihr nur immer gering bleibende schwache Ansätze zur Vermergelung.
Es lassen sich demnach nur noch zwei große Faziesgebilde auseinander halten,
nämlich das tirolisch-bayerisch-oberösterreichische und das Berchtesgadener (im
weiteren Sinne), und auch in diesen sind die Gegensätze nicht mehr so groß.
Um so lebhafter ist der Gesteinswechsel im kleinen; dazu kommt noch ein un-
gewöhnlicher Reichtum an Versteinerungen, der die rhätischen Schichten zum
wichtigsten Leitgestein in den Kalkalpen macht. Wie schon betont, ist die Ge-
steinsausbildung eine sehr wechselnde und zwar nicht nur in der wagrechten
Ausbreitung, sondern auch in Bezug auf die senkrechte Gliederung der Stufe;
d. h. schieferige, mergelige und kalkige Gesteine können sich gegenseitig ver-
treten und die Aufeinanderfolge geht nicht nach einem gleichmäßigen Schema
vor sich, sondern ist je nach der Örtlichkeit verschieden.

') Nach der römischen Provinz Rhätien benannt.

29
Es finden sich folgende Gesteine: Dunkle bis schwärzliche tonige Schiefer
und Mergelschiefer, dunkle braune und gelbliche Mergel, meist geschichtet und
geschiefert, dann dunkle blaugraue oder bräunliche dichte und feste Kalke, zum
Teil gut geschichtet, gebankt oder auch massig entwickelt; bei der Verwitterung
nehmen sie meist gelblich-bräunliche Farbe an. In diesen meist mechanischen
Sedimenten finden sich die Versteinerungen eingebettet, die aber vielfach so sehr
überhandnehmen, daß sie das mechanische Sediment überwiegen und schließlich
fast allein gesteinsbildend werden. So finden sich fast überall in den rhätischen
Schichten gewisse Lagen von Lumächellen oder Muschelbreschen, die außer
tonigen Einschwemmungen nur aus den Schalen und Trümmern von unzähligen
Organismen bestehen. Außerdem schalten sich dazwischen graue, weiße oder
gelbliche Bänke oder Stöcke ein, die sich bei genauerem Zusehen ebenfalls als
reines organogenes Sediment erweisen; es sind Korallengesteine, an deren Aufbau
in der Hauptsache Korallen, daneben auch Hydrozoen und Kalkalgen beteiligt
sind. Sie bilden keinen durchgehenden Horizont, sondern treten bald da, bald
dort auf, bilden Rasen oder Stöcke von wenigen Metern Mächtigkeit, oder schwellen
zu wahren Korallenriffen bis zu hundert und mehr Metern Mächtigkeit an. Die
angeführten Gesteine liegen vielorts auf gut geschichteten grauen, dichten Kalken,
die sich aus den liegenden norischen Hauptdolomitschichten entwickeln; ihrer
ausgesprochen plattenförmigen Schichtung wegen nennt man diese Gesteine
Plattenkalke (siehe Seite 26). Ebenso wechselnd wie die Gesteinsausbildung ist die
Mächtigkeit der rhätischen Stufe; sie schwankt von wenigen Metern bis zu 400 m.
Die in den Rhätschichten enthaltenen Versteinerungen gehören zahlreichen
Arten und Gattungen an. Die wichtigste ist die Muschel Avicula contorta, welche
außerordentlich weit verbreitet ist und z. B. auch in der germanischen Trias
vorkommt; sie ist das Hauptleitfossil, und nach ihr nannte man die rhätische
Stufe auch Zone der Avicula contorta oder kurzweg Contorta-Schichten. "Weitere
charakteristische Muscheln sind die Oervillia inflata und Dimyodon intusstriatum.
Man findet sie mit verschiedenen anderen Arten als eine ausgesprochene Muschel-
fauna, die auch im unteren Rhät Schwabens vorkommt, weshalb man die sie
enthaltenden Kalk- und Mergelschichteu der Alpen als schwäbische Fazies be-
zeichnet. Sie ist im ganzen tirolisch-bayerisch-oberösterreichischen Gebiet ver-
breitet und bildet den unteren Teil des Rhäts. Neben der Muschelfauna kommt
eine Brachiopodenart, die Terebratula gregaria, für sich allein geradezu gesteins-
bildend vor; in diesem Falle spricht man von karpathischer Fazies, da diese
Erscheinung in den Rhätschichten der Karpathen häufig sich findet. In den
höheren Schichten tritt die schwäbische Muschelfauna mehr zurück und dafür
gelangt eine Reihe von Brachiopodenarten zur Entfaltung, deren wichtigste
Terebratula pyriformis, Rliynchonella fissicostata und Spirigera oxycolpos sind.
Da die Brachiopodenfazies besonders im Weißlofertal bei Kossen in Tirol gut
entwickelt ist, nennt man sie die Kössener Fazies, und nach ihr die ganze Rhät-
stufe die K ö s s e n e r S c h i c h t e n . Noch eine vierte Fazies ist zu nennen, die
sogen. Salzburger, die durch das Auftreten einer Ammonitengattung, des Choristoceras
Marshi ausgezeichnet ist.

30
Die vorgenannten vier Fazies sind nicht auf die Gesteinsausbildung gegründet, sondern man
bezeichnet damit gewisse Faunenausbildungen, die sich wohl in d6r vertikalen Gliederung des
Rhäts gegenseitig ablösen, in der räumlichen Verbreitung aber nicht streng auf einzelne Bezirke
beschränkt sind, sondern ziemlich allgemein über das ganze Gebiet von Tirol, Bayern und Ober-
österreich verteilt erscheinen.
Die tonig-mergeligen Verunreinigungen des Rhätmeeres stammen von der nördlichen Küste,
was dadurch bestätigt wird, daß die betreffenden Gesteine auf den westlichen und nördlichen
Teil der Kalkalpen beschränkt sind, während im südlichen und besonders im südöstlichen Teil
die Bildung von Dachsteinkalk noch bis in die rhätische Stufe hinauf andauert. Hier finden sich
nun häufig zwischen den mächtigen Kalkbänken graue tonig-mergelige Schichten der Kössener
Gesteinsausbildung oder rote, graue oder weißgebänderte tonige Kalke mit Brachiopodenfauna,
welche man als Starhemberger') Fazies bezeichnet. Neben diesen finden sich in den Berchtes-
gadener Kalkhochalpen auch Kössener Mergel eingeschaltet, jedoch nur untergeordnet.
Die eigenartige Kalkbildung des Hallstätter Faziesbezirkes schließt mit der norischen Stufe ab;
rhätische Hallstätter Kalke sind nirgends sicher bekannt; dafür tritt auch hier entweder Dach-
steinkalk oder tonig-mergelige Gesteinsausbildung auf, die anscheinend bereits in den obersten
norischen Lagen beginnt; man hat sie als Zlambachmergel s ) bezeichnet. Bemerkenswert ist eine
darin vorkommende reiche Korallenfauna. Die Korallen spielen nicht nur hier eine Rolle, sondern
sie besitzen auch im Bereich der Kössener Gesteinsentwicklung erhebliche Bedeutung; denn sie
treten darin örtlich gesteinsbildend auf, wie oben schon erwähnt. Es sind in der Hauptsache die
baumförmig verästelten Korallen oder Lithodendren, unter ihnen als häufigste die Thecosmilia
clathrnta, aus deren Skeletten das Gestein sich aufbaut. Es ist ein heller, oft weißer reiner
Kalk, welcher meist auf die Mergelfazies folgt und die Rhätstufe abschließt. Er gleicht dem
Dachsteinkalk des Berchtesgadener Gebietes, weshalb er früher mit ihm verwechselt und „Oberer
Dachsteinkalk" genannt wurde. Neuerdings bezeichnete man ihn als Oberrhätischen Kalk, Rhätischen
Grenzkalk, "Weißen Riffkalk oder kurzweg als "Weißen Kalk.
I m a l l g e m e i n e n k a n n m a n sagen, daß d i e rhätische S t u f e m i t einem Kalk-
k o m p l e x (Plattenkalk) b e g i n n t u n d mit e i n e m s o l c h e n (Korallenkalk) e n d e t ; da-
z w i s c h e n l i e g e n die m e r g e l i g e n Gesteine. I m ü b r i g e n ist die G e s t e i n s a u s b i l d u n g
s e h r u n r e g e l m ä ß i g , w e s h a l b e i n e petrographische G l i e d e r u n g n i c h t d u r c h f ü h r b a r
ist. I n f a u n i s t i s c h e r H i n s i c h t läßt sich j e d o c h i m a l l g e m e i n e n sagen, daß die
M u s c h e l n m e i s t die t i e f e r e n L a g e n erfüllen, darüber f o l g t die B r a c h y o p o d e n z o n e ,
während in den o b e r e n L a g e n d i e Salzburger A m m o n i t e n (Choristoceras) sich
f i n d e n . A l s A b s c h l u ß ü b e r der g a n z e n S c h i c h t e n g r u p p e l i e g t dann stellenweise
d e r oberrhätische Eiffkalk. E s ist sehr bemerkenswert, daß n i c h t überall die
a n g e g e b e n e S c h i c h t e n f o l g e besteht, sondern es fällt bald die eine, bald die andere
S c h i c h t e n g r a p p e aus, manchmal ist n u r der oberrhätische ß i f f k a l k v o r h a n d e n
u n d unmittelbar ü b e r d e m n o r i s c h e n H a u p t d o l o m i t abgelagert, was nicht etwa
d u r c h nachträgliche g e b i r g s b i l d e n d e U r s a c h e n , s o n d e r n d u r c h u r s p r ü n g l i c h e s A u s -
fallen der tieferen Z o n e n z u erklären ist, i n d e m durch die V e r s e i c h t u n g des
M e e r e s b e z w . A u f s t i e g des M e e r e s b o d e n s letzterer z e i t w e i s e ü b e r den Meeres-
spiegel gehoben wurde, wodurch nicht nur jede Sedimentbildung verhindert
w u r d e , s o n d e r n die v o r h e r g e b i l d e t e n z u m Teil w i e d e r zerstört w u r d e n . So kam
es, daß g e w i s s e Teile der S c h i c h t e n g r u p p e f e h l e n u n d s i c h bei späterer Tiefer-
l e g u n g unmittelbar ü b e r d e m H a u p t d o l o m i t die oberrhätischen R i f f k a l k e bilden
konnten.

') Starhemberg im Pierstingtale (Niederösterreich).


s
) Glambach am Hallstätter See.

31
Die geringe Widerstandsfähigkeit der rhätischen Mergelgesteine bewirkt es,
daß die Schichten in der L a n d s c h a f t sich durch gerundete und ausgeglichene
Formen bemerkbar machen; dazu kommt, daß sie infolge der tiefgründigen V e r -
witterung und des Wasserreichtums einen ausgezeichneten A l m - und Waldboden
liefern; ein erheblicher Teil der Almen im bayerischen Gebirge ist in ihrem
Bereiche gelegen. Ausgenommen sind die rhätischen Riffkalke, die wie alle reinen

Abb. 6.
Blick vom Grubereck auf Plankenstein—Bisserkogel.

Das Bild gewährt einen lehrreichen Einblick in den Südflügel der Tegernsee-Schlierseer Hauptmulde (siehe
S. 77). Das älteste Formationsglied sind die steil südwärts fallenden (überkippt gelagerten) Schichten des
norisch-rbätiscben Plattenkalks, welche den Risserkogel (rechts) aufbauen. Daran schließen sich ungestört
die rhätischen Mergel (Kössener Schichten), welche in der Plankenstein-Scharte ausstreichen und infolge
ihrer Weichheit die Entstehung derselben verursachten. Auf die Mergel folgen nördlich anschließend die
dickbankigen oberrhätischen Riffkalke des Plankensteins, die infolge ihrer Festigkeit der Abtragung erfolg-
reich widerstanden und dadurch als jäh aufragende Felszinne allmählich herausmodelliert wurden. Nördlich
des Plankensteins folgt der Komplex der Lias-Fleckenkalke, die infolge ihrer mergeligen Ausbildung eben-
falls leicht abwittern und dicht bewachsene Kuppen mit ausgeglichenen Formen bilden, wie der begrünte
Rücken links im Hintergrunde. Die tief eingesenkte Talmulde mit dem Röthensteiner See im Mittelgrunde
ist ein typisches Beispiel eines Kares.
A u f n a h m e T o n L . STECHELE.

und festen Kalke äußerst wetterbeständig sind und zu eindrucksvollen Fels-


gestalten herausmodelliert werden; es sei nur an die bekannten Kletterberge des
Plankensteins im Tegernseer Gebiet und der ßuchenköpfe im Kotwandgebiet
erinnert (siehe oben Abb. 6).
Die rhätischen Kalke und besonders die Korallenkalke bieten der Steinbruch-
industrie wertvolles Material, das in verschiedenen Steinbrüchen sowohl als Werk-
stein als auch zum Brennen gewonnen wird.

32
Bezüglich der Verbreitung der rhätischen Sedimente ist zu sagen, dass die küstennahen Bil-
dungen (Mergelgesteine) im westlichen und nördlichen Teil der Kalkalpen bis hinüber nach Nieder-
österreich verbreitet sind, was auf das Vorhandensein einer Küste im Norden des alpinen Meeres
schließen läßt. Im Westen wird eine ungehinderte Verbindung mit dem germanischen Rhätmeer
anzunehmen sein, was durch die vielen gemeinsamen Muschelversteinerungen der beiden Gebiete
bewiesen wird. In der von der Küste entfernter liegenden Berchtesgadener (i. w. S.) Region
dagegen geht die Ablagerung kalkiger organogener Schichten, des Dachsteinkalks, vorerst weiter
und wird nur in der nördlichen Grenzregion zeitweise durch das Eindringen tonigen Einschwem-
mungsmaterials gestört bezw. unterbrochen. Gegen Ende des Rhäts stellen sich im nördlichen
und westlichen Bereich in ziemlicher Ausdehnung wiederum kalkige Sedimente (Riffkalk) ein, die
im nördlichen Teil der Kalkalpen, aber auch im Sonnwendgebirge reich entwickelt sind.
Der Anteil der rhätischen Ablagerungen am Aufbau der nördlichen Kalkalpen
ist entsprechend ihrer geringen Mächtigkeit nicht sehr groß. Im gefalteten Gebirge
finden sie sich zugleich mit den jüngeren über ihnen folgenden Schichten meist
in den Achsen der Faltenmulden und treten als Hohlformen, Einsattelungen oder
Gesimse hervor. In tektonisch stark beanspruchten Gebieten sind sie infolge ihrer
Weichheit entweder vollständig ausgequetscht oder an anderen Stellen wiederum
angereichert, wodurch vielfach die wechselnde Mächtigkeit bedingt ist. 1 )

Zusammenfassung.
Über die petrographische Ausbildung der kalkalpinen Trias läßt sich zusammen-
fassend sagen, daß sie sich in fünf Schichtengruppen zerlegen läßt, nämlich in
eine untere, mittlere und obere kalkarme Gruppe, in denen mehr mechanische
und zum Teil auch chemische Sedimente in den Vordergrund treten (scythische,
karnische und rhätische Stufe), und in zwei Kalk- bezw. Dolomitkomplexe, die
sich zwischen die erstgenannten einschalten und sie an Mächtigkeit weitaus über-
treffen (anisisch-ladinische und norische Stufe); letztere sind organischer Ent-
stehung und weisen auf ein freies offenes Meer hin, in welchem sich fast keine
Küsteneinflüsse bemerkbar machten.
Der rhythmische Wechsel der Ablagerungsbedingungen, der sich in diesen
fünf Gesteinsgruppen offenbart, ist fast in allen Faziesgebieten zu beobachten,
am schärfsten in den nördlichen Gebieten unserer Kalkalpen. Die vom Festlande
stammenden Einschwemmungsprodukte nehmen in den einzelnen Schichten in
der Richtung von Norden gegen Süden an Menge und Korngröße ab. Daraus
ist zu schließen, daß im Norden die Küste eines Festlandes lag, dessen zeit-
weise aussetzender Einfluß auf die Sedimentation sich vielleicht damit erklären
läßt, daß während der Bildung der mächtigen Kalkstöcke das Festland ebenfalls
überflutet war, oder daß durch irgendwelche Erdkrustenbewegung die Meeres-
strömungen, die als Verfrachter der Einschwemmungsmaterialien dienten, in eine
andere Richtung gelenkt wurden. Die in den südlichen Regionen der nördlichen
Kalkalpen vorkommenden Einschaltungen von küstennahen Sedimenten deuten
darauf hin, daß die Zentralalpen besonders zur unteren Triaszeit wahrscheinlich

*) Die Verbreitung der rhätischen Schichten im Bereiche der nördlichen Kalkalpen kann nicht
im einzelnen aufgezählt werden ; sie ist aber aus der geologischen Karte insofern leicht ersichtlich,
als sie die mit blauer Farbe gegebenen Juraschichten umsäumen.
Abriß d. Geol. Y. Bayern. I. 3
33
als Insel im alpinen Meer bestanden haben, um welche herum das Meer sowohl
über das Gebiet der "Westalpen als auch über dasjenige der Ostalpen hinweg mit
dem südlichen Gebiet in Verbindung stand.
Nur in e i n e m Faziesbereich ist von dem Einfluß des Festlandes nichts zu
bemerken, nämlich im Bereich der Hallstätter Fazies. Hier besteht vom Beginn
der anisischen Stufe an bis hinauf in das obere Norikum eine gleichmäßige,
durch keine sandigen oder mergeligen Einschwemmungen unterbrochene Folge von
Kalksteinen mit seltenen Dolomiteinschaltungen, und erst an der Grenze gegen
das Rhät macht sich in den Zlambachschichten ein Übergreifen der Mergelfazies
bemerkbar. Die Hallstätter Gesteine müssen in einem zentral gelegenen Meeres-
bereich gebildet worden sein, der sowohl den Einflüssen der nördlichen wie der
südlichen Küste entzogen war. Dementsprechend kommt nur die Lage zwischen
dem bayerisch-oberösterreichischen und dem Berchtesgadener (im weiteren Sinn)
Faziesbereich in Frage, so zwar, daß sich zwischen diesen beiden Bereichen ein
tieferer zentraler Meeresarm in ostwestlicher Richtung erstreckte, in welchem
sich untei Ausschaltung jeglicher Landeinschwemmungen eine nur wenig mächtige
Schichtenfolge von bunten, roten, grauen oder weißen marinen Kalken absetzte,
während nördlich und südlich davon sich die überaus mächtigen ladinischen und
norischen Kalke und Dolomite, sowie auch die sandigen und mergeligen Sedi-
mente der karnischen und rhätischen Stufe bildeten.
Sehr merkwürdig ist die Verbreitung der Hallstätter Gesteine; sie bilden zwei
schmale Züge, von denen der westliche im Berchtesgadener bezw. Reichenhaller
Gebiet beginnt, sich um das Massiv des Hohen Göll herum über Hallein nach
Golling erstreckt, von dort im Lammergebiet an der Nordseite des Tennengebirges
entlang nach Abtenau streicht und in der Nähe des Hallstätter Sees endigt. Ein zweiter
schmaler Zug beginnt bei Ischl und erstreckt sich über Aussee-Mitterndorf bis nach
Liezen im Ennstal. Die heutigen schmalen Zonen sind wahrscheinlich nur Überreste
des ehemaligen viel ausgedehnteren Verbreitungsgebietes; sie stellen anscheinend nur
tektonisch bedingte, an Bruchfugen und Überschiebungsrändern emporgedrungene
Sedimentstreifen einer im übrigen vonÜberschiebungsdecken überlagerten breiteren
Gebirgszone vor.
2. Die Juraformation.1)
Die Jurascbichten haben infolge ihrer verhältnismäßig geringen Mächtigkeit nur geringen Anteil
am Aufbau der Kalkalpen; trotzdem sind sie nicht weniger interessant als die Triasschichten, und
zeigen wie diese zahlreiche Faziesausbildungen. Der in der Trias bestehende Gegensatz zwischen
kontinentaler bezw. binnenmeerischer g e r m a n i s c h e r und pelagischer a l p i n e r Fazies bleibt in
ähnlicher Weise während der Juraformation bestehen; die a l p i n e n Juraschichteu erweisen sich
als Ablagerungen eines freien Meeres, nämlich der fortbestehenden Tethys, während die außer-
alpinen mitteleuropäischen Juraschichten in einem Flachmeere gebildet wurden. Der Gegensatz
zwischen beiden tritt natürlich nicht nur in der Gesteinsausbildung hervor, sondern prägt sich
auch in der Faunenverschiedenheit aus. Letztere versuchte man früher 2 ) auf klimatische Gegen-

') In der geologischen Ubersichtskarte mit j eingetragen. Die einzelnen Stufen des alpinen
Jura sind mit e i n e r Farbe zusammengefaßt.
*) M. NECMATR, Uber klimatische Zonen während der Jura- und Kreidezeit. Denkschr. d.
k. k. Akad. d. "Wiss. "Wien 47. Bd. 1883.

34
Sätze zurückzuführen, indem man annahm, daß die südeuropäischen Juraschichten (einschließlich
der alpinen und karpathischen) einem tropischen Klimagürtel angehörten, während die mittel-
europäischen Juraablagerungen einer gemäßigten Klimazone zugehört haben sollten. Neuere
Untersuchungen 1 ) haben jedoch ergeben, daß Klimagegensätze wohl bestanden haben, daß aber
das alpine und mitteleuropäische Gebiet einer gemeinsamen Klimazone angehörten. Die bestehen-
den Faunenunterschiede sind nicht klimatisch bedingt, sondern reine Faziesauswirkungen; die
mitteleuropäischen Juraschichten sind die s e i c h t e r e n randlichen Ablagerungen, die mediterranen
alpinen dagegen sind die t i e f e r e n bathyalen 2 ) und abyssisohen Bildungen.
Den außeralpinen Jura pflegt man in drei Unterabteilungen zu zerlegen: nämlich in den 1. unteren
schwarzen Jura oder Lias, 2. mittleren, braunen Jura oder Dogger, und 3. oberen, weißen Jura
oder Malm. Die zahlreichen Versteinerungen, besonders die Ammoniten, erlauben eine weitere
feinere Gliederung in eine Reihe von Stufen und Zonen; dazu kommen auch noch die petro-
graphischeo Unterschiede in vertikaler Beziehung und die ungestörte Lagerung in den meisten
Gebieten, die eine Altersfeststellung einer bestimmten Schicht wesentlich erleichtern. Ganz anders
in den Alpen. Es wiederholt sich im Jura die gleiche Erscheinung wie in der Trias, nämlich daß
die außeralpine Gliederung nicht ohne weiteres auf die alpinen Juraschichten übertragen werden
kann; denn es sind hier nicht nur andere Gesteine sondern auch andere Ammonitengattungen
verbreitet. Trotzdem konnten bisher, besonders in der unteren Abteilung, im Lias, alle außer-
alpinen Zonen nachgewiesen werden. Eine spezielle alpine Gliederung ist nicht gebräuchlich, man
bedient sich der außeralpinen Stufen und Zonengliederung, soweit es die Versteinerungen gestatten.

Was die Gesteinsausbildung der alpinen Juraschichten betrifft, so fehlen hier


nahezu alle küstennahen Ablagerungen, z. B. sandige Schichten; nur an einer
Stelle in Niederösterreich gibt es solche in größerer Ausdehnung, was auf die
Nähe der zur Liaszeit als Insel bestandenen böhmischen Urgebirgsmasse zurück-
zuführen ist. Andeutungen derartiger Bildungen finden sich nur ganz vereinzelt
auch am Nordrande unserer Kalkalpen. Im übrigen Gebiet sind die an Mikro-
organismen reichen bathyalen und abyssischen Kalk- und Mergelablagerungen
weit verbreitet, welche hinwiederum den außeralpinen mitteleuropäischen Gebieten
fehlen. Ferner gibt es in den Alpen keine Kalkschwammriffe, welche dort im
oberen Jura so große Verbreitung besitzen, dafür spielen Kieselschwämme eine
nicht unbedeutende Rolle. Außerdem ist besonders die Verbreitung roter Gesteine
bezeichnend für die Alpen. Es sind demnach recht bedeutende Unterschiede und
Gegensätze zwischen beiden Bereichen vorhanden.
In palaeontologischer Beziehung unterscheidet sich der alpine Jura vom mittel-
europäischen hauptsächlich durch das Überwiegen der Ammonitenformen Phyllo-
ceras, Lytoceras, Racophyllites und Haploceras; daneben spielen die Brachiopoden
eine nicht unbedeutende Rolle und treten stellenweise gesteinsbildend auf.

a) Lias.
Die Gesteinsausbildung ist sehr mannigfaltig und die Tracht der Gesteine eine
sehr ausgeprägte, so daß sie sich von den liegenden Rhätgesteinen vielfach sehr
gut schon nach dem äußeren Ansehen unterscheiden lassen. In einzelnen Fällen
ist allerdings eine Trennung schwer durchzuführen, besonders wenn keine Leit-

') V. UHLIG, Die marinen Reiche d. Jura und d. Unterkreide. Mitt. der Geol. Ges. i. Wien.
4. Jahrg. 1911.
a
) Bathyal, bathys, gr. = tief, in Meerestiefen von rd. 200—1000 m abgelagert; abyssisch,
abyssol, abyssos, gr. = Abgrund, in der Tiefsee abgesetzt.
Versteinerungen zur Verfügung stehen. Es lassen sich im allgemeinen folgende
ausgeprägte Gesteinsfazies unterscheiden: Adneter Marmorkalke, Hierlatzkalke,
Fleckenmergel oder Allgäuschichten, Spongien- und Hornsteinkalke und Grestener
Schichten.
Unter A d n e t e r 1 ) M a r m o r k a l k e n versteht man meist rote tonige Kalke von
knolliger Ausbildung, welche gut geschichtet sind und eine reiche Ammoniten-
fauna enthalten. Die Ammoniten sind nicht immer gut erhalten, meist finden
sich nur die Steinkerne, welche die knollige Ausbildung verursachen. Neben den
typischen Adneter Schichten findet man auch dünngeschichtete oder dünnge-
bankte zum Teil knollige Kalke von dunkelroter bis hellroter Farbe, die sogen,
roten Liaskalke, in denen neben Ammoniten auch Crinoideen häufiger zu finden
sind und reine Crinoideenbreschen bilden können. In den roten Liaskalken sind
Anreicherungen von Eisen- und Mangan Verbindungen nicht selten, die sich in
schwarzen oder dunkelrotbraunen Putzen, Adern oder als Überzüge der in den
Schichten enthaltenen Versteinerungen finden. Für diejenigen ammonitenreichen
Schichten, in denen der Tongehalt sehr zurücktritt, gebraucht man auch die Be-
zeichnung Bunte Cephalopodenkalke.

H i e r l a t z k a l k e 2 ) sind weiße oder rote, ungeschichtete und massig ausgebildete


Kalke mit vorherrschend Brachiopoden und auch Crinoideenversteinerüngen; die
Kalke sind oft geädert und geflammt gezeichnet und von breschiger Struktur.
Die Herkunft der roten Farbe in allen diesen Gesteinen hat man auf verschiedene Ursachen
zurückzuführen versucht, was auch zu entgegengesetzten Anschauungen über die Entstehung der
betreffenden Gesteine führte. Die eine Anschauung ging dahin, daß die rote Farbe durch Ein-
schwemmung von Roterde (Terra rossa) 8 ) verursacht sei, welche sich gegen Ende des Rhät und
zu Beginn der Jurazeit auf den als Inseln über den Meeresspiegel aufragenden Kalk- und Do-
lomitstöcken der Kalkalpen gebildet habe und in die sie umgebende See eingeschwemmt worden
sei. F ü r die Hierlatzkalke, die meist auf und in der Nähe von Dachsteinkalk oder oberrhätischen
Riffkalk abgelagert sind, ist diese Herkunftserkiärung nicht unwahrscheinlich, und dementsprechend
sind diese Gesteine als Seichtwasser- und küstennahe Bildungen anzusprechen. F ü r die übrigen
roten Schichten, besonders f ü r die Bunten Cephalopoden- und Adneter Kalke, scheint die rote
Farbe f ü r eine Entstehung in der Tiefsee zu sprechen. Nach den Ergebnissen der Tiefsee-
forschungen in den heutigen Meeren besitzen rote kalkig-tonige Ablagerungen weite Verbreitung
und zwar in küstenfernen Gegenden; dort bilden sich in mittleren und größeren Tiefen rote
tonige Lösungsrückstände teils von vulkanischen Aschenbestandteilen, teils von Foraminiferen-
schälchen und sonstigen organischen Hartteilen, die sich dann, mit dem kalkigen organogenen
Sediment vermengen und ihm die rote Farbe verleihen.

F l e c k e n m e r g e l oder A l l g ä u s c h i c h t e n nennt man die besonders für das


Allgäu wichtigen gut geschichteten dunkelgrauen Kalke und Mergel, in denen sich
als bezeichnende Erscheinung eigenartige, mannigfaltig geformte, dunkle tinten-
farbige Flecken finden, die zu ihrer Bezeichnung Anlaß gaben. Die Fleckenmergel
sind zweifellos ein mechanisches Sediment und sind aus feinem vom Festland

*) Adnet südlich von Salzburg, bei Hallein.


8
) Hierlatzberg und Alpe am Hallstätter See.
s
) Terra rossa oder Roterde ist der tonige Verwitterungsrückstand eisenhaltiger Kalke und
Dolomite; sie bildet sich in wärmeren Gegenden.

36
eingeschwemmtem Material gebildet worden. Der feine Schlick ist wahrscheinlich
von Norden her durch eine Meeresströmung in den alpinen Trog eingeflößt und
in einer Tiefe bis zu etwa 1000 m abgelagert worden, so daß sie als bathyales
Sediment anzusehen sind. Die Flecken rühren wahrscheinlich von Hornschwämmen
her, nicht — wie man früher glaubte — von Algen. Vielfach sind die Flecken-
mergel kieselhaltig und gehen in graue oder bunte Hornsteinkalke über, oder
es reichert sich der Mangangehalt an, dann entstehen schwarze Manganschiefer.

Abb. 7.
Zementsteinbruch der Staudacher Zementfabrik.
Die als Rollmaterial zur Zementherstellung dienenden, gut geschichteten bezw. gebankten Allgäuschichten
oder Fleckenmergel des unteren und vielleicht auch mittleren Jura sind hier zu einer Mulde zusammen-
gefaltet, deren Achse gegen den Beschauer zu einfällt. Durch den Steinbruchbetrieb wurde die Muldenbildung
prachtvoll aufgeschlossen.
Aufnahme von D R . J . K N A U E R .

Die S p o n g i e n - S c h i c h t e n ' ) sind ein dunkelgraues, festes Gestein, das sich


aus einem Haufwerk von Kieselschwammnadeln aufbaut; bei der Yerwitterung
wird die zwischen den Kieselnadeln abgesetzte kalkig-mergelige Füllmasse leichter
zerstört, wodurch das Nadelgeflecht oder die daraus entstandenen Hornstein-
knollen herauswittern. Vielfach kann man an den angewitterten Spongienkalken
mit der Lupe die Schwammnadeln erkennen.
Die G r e s t e n e r S c h i c h t e n 2 ) sind die einzigen küstennahen Bildungen des
Lias, die sich in größerer Ausdehnung finden; sie sind Sandsteine, Schiefertone

') Spongien, spongia, lat. = Schwamm = Seeschwämme, zu den Coelenteraten (Pflanzentieren)


gehörig.
2
) Ort in Niederösterreich.

37
u n d s a n d i g e Kalke, deren S e d i m e n t m a t e r i a l d e u t l i c h auf die n a h e n ö r d l i c h e K ü s t e
der b ö h m i s c h e n I n s e l h i n w e i s t . E i n z e l n e A n k l ä n g e an die Grestener Litoralfazies
f i n d e n s i c h an v e r s c h i e d e n e n P u n k t e n des n ö r d l i c h e n A l p e n r a n d e s i n F o r m ron
s a n d i g e n E i n s c h a l t u n g e n . A u c h am S ü d r a n d e der Kalkalpen sind v e r e i n z e l t S p u r e n
v o n k l a s t i s c h e m ' ) Material im L i a s g e f u n d e n worden, deren H e r k u n f t w a h r s c h e i n -
lich v o n der s ü d l i c h e n Küste, n ä m l i c h v o n der zentralalpinen K ü s t e h e r z u l e i t e n ist.
Die Gesteine des alpinen Lias weisen, wie aas vorstehendem ersichtlich, eine verhältnismäßig
reiche Faziesentwicklung auf, die von der Grestener Litoralfazies bis zur Tiefseefazies der Bunten
Cephalopodenkalke reicht. Dementsprechend ist die Ausbildung der versteinerten Tierwelt eine sehr
wechselnde; dazu gesellt sich noch der Gegensatz zur mitteleuropäischen Fauna. Im allgemeinen
kann man sagen, daß die Faunen der Adneter Schichten, der Bunten Cephalopdenkalke und der
Hierlatzkalke mediterranen Charakter haben; besonders berühmte Fundstellen sind das Fonsjoch
am Achensee in Tirol, die Kammerkeralpe nordöstlich von Lofer, die Gegend von Adnet bei
Hallein und der Schafberg im Salzkammergut. Neben den mediterranen Faunen elementen findet
sich in den Allgäuschichten (Fleckenmergeln) und in den Grestener Schichten ein erheblicher
mitteleuropäischer Einschlag bezw. sogar ein Vorwalten jener. Man bezeichnet deshalb die
Allgäuschichten auch als schwäbische Fazies des alpinen Lias, weil in ihnen viele Formen sich
finden, die auch f ü r den schwäbischen Lias charakteristisch sind.

D e r F o r m e n r e i c h t u m der a l p i n e n L i a s v e r s t e i n e r u n g e n ist a u ß e r o r d e n t l i c h g r o ß ;
es sind H u n d e r t e von A r t e n u n d G a t t u n g e n beschrieben w o r d e n , deren A u f z ä h l u n g
h i e r n i c h t m ö g l i c h ist. Obwohl i m a l p i n e n L i a s bisher s t e l l e n w e i s e alle außer-
a l p i n e n Z o n e n n a c h g e w i e s e n w e r d e n k o n n t e n , ist e i n e spezielle G l i e d e r u n g stets
m i t S c h w i e r i g k e i t e n v e r b u n d e n , da d i e G e s t e i n s a u s b i l d u n g e n t w e d e r w i e bei den
A l l g ä u s c h i c h t e n e i n e sehr e i n f ö r m i g e durch alle S t u f e n h i n d u r c h ist, oder da der
F a z i e s w e c h s e l e i n so u n r e g e l m ä ß i g e r ist u n d die b e s c h r i e b e n e n G é s t e i n e n i c h t
h o r i z o n t b e s t ä n d i g s i n d ; an m a n c h e n S t e l l e n u m f a s s e n b e s t i m m t e Gesteine, z . B .
die A l l g ä u s c h i c h t e n , den g a n z e n Lias, w ä h r e n d s i e i n e i n i g e r E n t f e r n u n g davon
n u r die obersten Z o n e n vertreten, an i h r e Stelle aber i n den u n t e r e n Zonen
a n d e r e Gesteine, z. B . S p o n g i e n - S c h i c h t e n o d e r B o t e r Lias, treten.
Eine weitere Schwierigkeit für die Gliederung des alpinen Lias und der übrigen Jurastufen
besteht in der scheinbaren oder tatsächlichen Lückenhaftigkeit der alpinen Sedimente; verschie-
dentlich ist es trotz ungestörter und ununterbrochener Schichtenlagerung und trotz Versteine-
rungsreichtums nicht möglich, irgend welche Zonen palaeontologisch nachzuweisen. Im allgemeinen
kann man sagen, daß in Tirol z. B. der untere Lias von kalkigen Schichten, meist roten und
grauen Kalken, gebildet wird; darüber folgen dann die meist mergeligen Allgäuschichten. Ebenso
unregelmäßig, wie die vertikale Verteilung, ist die horizontale Verbreitung der verschiedenen
Fazies, so daß es nicht möglich ist, f ü r den ganzen Lias bestimmte Verbreitungsbezirke derselben
festzulegen. So finden sich die Fleckenmergel ganz besonders mächtig und weit verbreitet im
Allgäu, wo sie nicht unbedeutend am Aufbau des Gebirges beteiligt sind, man findet sie aber
auch in Ober- und Niederösterreich, und sogar im Gebiet der Berchtesgadener Triasfazies, aller-
dings nicht in der Schubdecke (Untersberg, Lattengebirge, Reiter Alpe und Hoher Göll), sondern
im sogen, tirolischen oder basalen Teil, z. B. am Hochkalter in der Ramsau, ebenso aber auch
zwischen Mitterndorf und Irdning im Ennstal östlich vom Dachstein. Auf den Kalkklötzen der
Schubdecke fehlen die Allgäuschichten, an ihrer Stelle sind hauptsächlich Hierlatzkalke verbreitet;
letztere finden sich jedoch auch am Nordrand der Kalkalpen weit verbreitet und zwar vielfach
da, wo oberrhätische Riffkalke das Liegende bilden. Dies scheint ein gewichtiger Grund zu sein
f ü r die Annahme, daß die Hierlatzschiohten wohl küstenferne Bildungen, jedoch Absätze seieh-

') Klastisch, klaein, gr. = brechen; aus Trümmern anderer Gesteine bestehend.

38
teren Wassers ähnlich den Dachsteinkalken sind. Letztere scheinen stellenweise zu Beginn des
Lias als Inseln bestanden zu haben, die erst später unter den "Wasserspiegel tauchten; auf ihre
unterdessen etwas erodierte Oberfläche lagerten sich dann übergreifend höhere Zonen des Lias
in Hierlatzfazies ab, während die tiefsten Zonen fehlen. Auf ähnliche "Weise würde sich auch
die übergreifende Lagerung von Hierlatzkalken auf Hauptdolomit ohne Zwischenlagerung von
Rhätschichten erklären, wie dies vereinzelt in der nördlichen Randzone der Kalkalpen vorkommt.

A u s V o r s t e h e n d e m ergibt sich, daß w e d e r e i n e g e n a u e G l i e d e r u n g n o c h e i n e


g e n a u e F a z i e s v e r b r e i t u n g der L i a s s e d i m e n t e i n den nördlichen K a l k a l p e n über-
s i c h t l i c h dargestellt w e r d e n kann. I m a l l g e m e i n e n läßt s i c h sagen, daß d i e z u r
R h ä t z e i t e i n g e t r e t e n e Y e r s e i c h t u n g der k a l k a l p i n e n R e g i o n der T e t h y s zu B e g i n n
d e s L i a s v o n e i n e r S e n k u n g des M e e r e s b o d e n s abgelöst w u r d e , w o b e i z u n ä c h s t
i m untersten L i a s noch einzelne Inseln und Rücken bestanden haben mögen,
auf d e n e n s i c h dann bei w e i t e r e m S i n k e n z u n ä c h s t Seichtwasserablagerungen,
w i e Hierlatz- u n d Crinoidenkalke, v i e l l e i c h t a u c h S p o n g i e n r i f f e , g e b i l d e t haben.
Z u g l e i c h b e g a n n in w e i t e n , s c h o n e t w a s tieferen b a t h y a l e n G e b i e t e n die B i l d u n g
der feinkörnigen Sedimente der A l l g ä u s c h i c h t e n oder der o r g a n o g e n e n roten
A d n e t e r Marmorkalke u n d b u n t e n Cephalopodenkalke. D i e V e r t i e f u n g des alpinen
Troges machte in den jüngeren Jurastufen dann w e i t e r e Fortschritte (siehe
w e i t e r unten S. 41!).

I n m o r p h o l o g i s c h e r B e z i e h u n g v e r h a l t e n sich die L i a s g e s t e i n e je n a c h der


F a z i e s v e r s c h i e d e n : D i e F l e c k e n m e r g e l sind w e n i g e r w i d e r s t ä n d i g u n d v e r w i t t e r n
zu t i e f g r ü n d i g e n l e h m i g e n B ö d e n , auf d e n e n sich i n f o l g e ihres W a s s e r r e i c h t u m s
üppige Almgründe bilden; sie treten in der L a n d s c h a f t als w e i c h e begrünte
F o r m e n hervor. Gegensätzlich ist das V e r h a l t e n der H o r n s t e i n - u n d Spongien-
S c h i c h t e n s o w i e der Hierlatzkalke, d i e i n f o l g e ihrer W e t t e r b e s t ä n d i g k e i t als F e l s -
w ä n d e u n d R i p p e n ü b e r die w e i c h e r e n M e r g e l s c h i c h t e n hervorragen.
"Was die G r e n z e n gegen das L i e g e n d e und H a n g e n d e betrifft, so kann nicht überall eine
lückenlose Aufeinanderfolge der Liasgesteine auf die rhätischen festgestellt werden. Es besteht kein
Zweifel, daß an verschiedenen Stellen die untersten Zonen des Lias niemals abgelagert wurden,
daß also zwischen Rhät und Lias Sedimentationslücken bestehen, wie es z. B. im Berchtesgadener
Faziesbereich ohne Zweifel festgestellt worden ist. So finden sich in den höheren Teilen des
Hagengebirges nur die jüngeren Zonen des Lias ausgebildet, während die älteren Zonen fehlen;
letzere sind dagegen in den tieferen Teilen des Gebirges entwickelt, woraus folgt, daß die Gipfel-
region des Hagengebirges am Ende der Rhätzeit und zu Anfang des Lias als Insel über den
Meeresspiegel ragte und erst später versenkt wurde. Ebenso zeugt die vielfach beobachtete
taschenförmig eingesenkte Lagerung des Lias für eine Ablagerungslücke. Die lückenhafte Aus-
bildung findet sich außer in dem Berchtesgadener Faziesbereich auch an einzelnen Stellen des
nördlichen Kalkalpenrandes; im übrigen dürfte die Meeresbedeckurfg und damit die Sedimentation
ohne Unterbrechung fortgedauert haben. Noch erheblich schwieriger ist die Feststellung der
Grenze gegen den hangenden Dogger, da die zur Altersbestimmung nötigen Versteinerungen oft
fehlen. Man wird nicht fehl gehen, wenn man annimmt, daß eine Unterbrechung der Ablagerung
nicht eingetreten ist, da jeder Anhaltspunkt dafür fehlt, und außerdem meist die folgenden Schichten
scheinbar gleichmäßig auf den Liasschichten liegen.
Die räumliche Ausdehnung der meist tonig-mergeligen Liasschichten lehnt sich eng an diejenige
des Rhäts an. Da sie eine ähnliche "Weichheit wie diese besitzen, ist ihr Verhalten den tektonischen
Kräften gegenüber ebenfalls ähnlich wie diese, d. h. an manchen Stellen wurden sie äusgequetscht,
an anderen dafür augereichert. Größere Verbreitung erreichen die Liasschichten in folgenden

39
Gebieten: In der kalkalpinen Eandzone zwischen Tegernsee und Leitzachtal verlaufen zwei etwas
zerstückelte Liaszonen. "Weiter im Süden zwischen "Weißachtal und der Roten Wand erstrecken
sich zwei paralelle Zonen, welche den Kernen der Doppelmulde entsprechen; Röthenstein und
Rote "Wand haben ihren Namen von den roten Liasschichten. Südlich vom bayerisch-tirolischen
Grenzkamm Schildenstein-Halserspitz-Hinteres Sonnwendjoch verlaufen vom Achentai bis zum
Inntal zwei parallele Streifen von Liasschichten in der langgedehnten Rhät-Jura-Kreidemulde.
Nicht unwichtig sind die Liasschichten im Gebiet des Vorderen Sonnwendjoches, wo sie zur
Enträtselung des Gebirgsbaues wertvolle Dienste leisteten 1 ). Im "Wendelsteingebiet umsäumen
nur schmale Züge von Liasschichten den aus Triasschichten aufgebauten Zentralstock. Größere
Ausdehnung gewinnen sie am Riesenkopf und im Brünnsteingebiet. Zwischen Inn und Salzach
begleiten verschiedene Muldenzüge mit Liasschichten die Gebirgskämme; größere Verbreitung
erreichen sie westlich und südlich von Sachrang, von wo der Muldenzug sich in ostnordöstlicher
Richtung bis in das Tal der "Weißen Traun erstreckt, wo er mit den übrigen vom Hochgern
und Hochfellngebiet herziehenden Juramuiden spitzwinkelig fast zusammenlaufend an den Trias-
mauern des Rauschenberg-Staufenzuges endet bezw. unter ihnen untertaucht. Kleinere Lias-
bezirke finden sich am Heuberg im Inntal, Feichteck, Hochries bezw. Riesenalpe und im Kam-
penwandgebiet, wo sie rings um das überschobene Triasgebirge im basalen Gebirge in langen
Zügen sich eingefaltet finden. Große Verbreitung haben die Liasschichten in der Kammerkergruppe
und im oberen Saalachgebiet, an die sich die verstreuten Vorkommen des Steinernen Meeres, der
Ramsau und des Königsseegebietes anschließen. Östlich der Salzach nehmen in den ausgedehnten
Jurabezirken zwischen Hallein und "Wolfgangsee, im Schafberggebiet und im Toten Gebirge die
Liasschichten verhältnismäßig wenig Raum ein, umsomehr dagegen die Oberjuraschichten.

b) Dogger.

Doggergesteine finden sich nur spärlich in [den Kalkalpen; nicht etwa weil
sie nicht abgelagert wurden, sondern weil sie wegen des Fehlens von Leit-
versteinerungen schwer als solche festgestellt und von den Liasschichten getrennt
werden können; denn die im Lias vorkommenden Gesteinsfazies reichen zum
Teil bis in den Dogger hinauf, so z. B. die Fleckenmergel, weiße, graue und
rote Kalke, Crinoiden- und Brachiopodenkalke, Kiesel- und Hornsteinkalke. Be-
kannte Doggerschichten sind die sogen. Vilser 2 ) Kalke (Brachiopodenkalke des
Callovien)') und die Klauskalke 4 ) (braunrote oder ziegelrote Crinoidenkalke des
Bathonien). 5 ) Über den Fleckenmergeln des Lias folgen stellenweise Hornstein-
kalke und Eadiolarite, die wahrscheinlich den ganzen Dogger vertreten; es sind
dünngeschichtete Hornsteine, Kieselmergel, Kieseltone mit Hornsteinen oder Kiesel-
kalke und Hornsteine von bunter Farbe; fast immer sind die Gesteine gut ge-
schichtet. Ihre Mächtigkeit ist nicht groß, durchschnittlich etwa 3 0 — 5 0 m. Der
Kieselgehalt stammt nicht von Spongienresten wie im Lias, sondern ist durch
Radiolarien 6 ) verursacht, deren Skelettreste man im Dünnschliff erkennen kann.
Die Radiolarite sind demnach als Tiefseeablagerungen anzusehen und entsprechen
sicher dem Eadiolarienschlick und roten Tiefseeton der heutigen Ozeane.

') F. "WAHXER. Das Sonnwendgebirge im Unterinntal. Leipzig 1903.


») Vils in Tirol (Lechtal).
*) Callovien, aus dem Französischen = oberster Dogger.
*) Klausalpe bei Hallstatt.
5
) Bathonien, a. d. Fr. = mittlerer Dogger.
6
) Radiolarien, radiolus, lat. = kleiner Strahl, Protozoen mit strahligem Kieselskelett.

40
Die aus den Doggerschichten bekannt gewordenen Versteinerungen bestehen
in der Hauptsache aus Brachiopoden: bekannte Eundstellen sind bei Vils in Tirol
und am Laubenstein bei Aschau im Priental.
Die Faziesverteilung ist meist derart, daß am Nordrande der Kalkalpen die
kalkigen und mergeligen Gesteine zu finden sind, während mehr gegen Süden
die Radiolarite und bunten Hornsteine verbreitet sind; es würde dies auf Tiefen-
zunahme des alpinen Troges der Kalkalpen gegen Süden schließen lassen. Doch
tritt auch in den nördlichen Teilen im oberen Dogger Vertiefung ein.
Die Verbreitung der Doggerschichten ist spärlich. Im Gebirge westlich des Inns finden sich
Kieselkalke am Rothkopf-Stolzenberg (südlich vom Stümpfling) uiid südlich vom Setzberg, ferner
in der südlich des Grenzkammes verlaufenden Rhät-Jura-Kreidemulde in Gestalt von Hornstein-
kalken (Radiolarit), in gleicher Gestalt wahrscheinlich auch im Hinteren Sonnwendjoch. Zwischen
Inn und Salzach findet sich Dogger im Heuberggebiet als Fleckenmergel und besonders als
Crinoideenkalk ausgebildet, welch letzterer mit den bekannten versteinerungsreichen Doggerab-
lagerungen des Laubensteins bei Aschau im Priental in Verbindung steht; Dogger in Vilser
Fazies und als roter Kalk kommen vor am Taubensee und Menkenberg bei Ruhpolding, am Falken-
berg bei Inzell und am Nordfuß des Staufen bei Staufeneck. Im Gebiet der Kammerkergruppe
und im oberen Saalachgebiet ist der Dogger wahrscheinlich durch Radioliarit vertreten. Östlich
der Salzach finden sich Dogger-Radiolarite im Gaisberggebiet und in der Schafberggruppe, Flecken-
mergel im Osterhorngebiet und Klauskalk bei Hallstatt im Dachsteingebiet') und im Toten Gebirge

c) Malm.
Ebenso schwierig wie die Abgrenzung vermeintlicher Doggergesteine gegen
den Lias ist eine solche gegen die hangenden Oberjura- oder Malmschichten.
Es läßt sich meist nicht entscheiden, ob die über den Doggerschichten liegenden
Gesteinsmassen schon zum Malm gerechnet werden dürfen, oder ob sie noch
oberen Dogger mit umfassen. Weit verbreitet sind Radiolarite und sogen. Aptychen-
schichten, dünngeschichtete graue, rote oder grünliche Kalke mit kieseliger Im-
prägnierung oder Hornsteine führend, in denen als einzige häufigere Versteinerung
Aptychen 2 ) sich finden. Der Kieselgehalt der Gesteine stammt wahrscheinlich
größtenteils von Radiolarienskeletten, ist aber schichtweise so fein verteilt, daß
das Gestein als Wetzstein verwendet werden kann (siehe Abteilung II). Man wird
nicht fehl gehen, in diesen Juraschichten Tiefseesedimente zu vermuten. Der
ganze Schichtenkomplex kann einige hundert Meter Mächtigkeit erreichen. Eine
ähnliche Gesteinsfazies sind die Oberalmer 8 ) Schichten in den östlichen Gebieten,
also etwa östlich der Saalach; sie sind in den unteren Lagen dünnbankige,
mergelige, dunkelgraue Kalke, die nach oben in dickerbankige und heller werdende
Hornsteinkalke übergehen; charakteristisch sind die lagen weise eingeschalteten
Hornsteine, welche bei der Verwitterung hervortreten. Neben Aptychen finden
sich in ihnen auch Crinoidenreste. Die Mächtigkeit der Oberalmschichten beträgt
ebenfalls einige hundert Meter.
Eine besondere Fazies der oberen Juraschichten ist der T e g e r n s e e r M a r m o r . Es ist ein
roter, gelbroter, gelber oder auch weiß werdender reiner Kalk ohne Hornstein- und Kiesel-

') Wegen geringer Ausdehnung in Blatt I der geol. Übersichts-Karte nicht eingetragen.
2
) Aptychen (a, gr. = ohne, ptyche = Falte) sind die Deckel der Ammortftengehäuse.
*) Oberalm bei Hallein.

41
ausscheidungen, zum Teil knollig ausgebildet und von zahlreichen Kalkspatadern oder auch von
dunklen Tonhäuten durchzogen, die dem Gestein eine hübsche Zeichnung verleihen und es zu
einem geschätzten Schmuckmarmor machen. Versteinerungen finden sich keine darin vor, so daß
über seine Alterszugehörigkeit keine Sicherheit besteht; wahrscheinlich vertritt es oberen Dogger
und unteren Malm. Ebenfalls zum unteren Malm gehört der rote bis rotviolette, zum Teil knollige
und flaserige, von Tonhäuten durchzogene R u h p o l d i n g e r M a r m o r ; an Versteinerungen finden
sich nicht selten Ammonitec, die auf Callovien und Oxford 1 ) hinweisen; die Bildung dieser
Marmore hat also schon im oberen Dogger begonnen und dauerte während des unteren Malms
an; über ihnen folgen ohne Unterbrechung die Aptychenschichten
Der oberste Malm, den man auch als Tithon 2 ) zu bezeichnen pflegt, ist in
den östlichen Gebieten durch einen sehr reinen weißen Korallenkalk vertreten,
in dem sich häufig turmförmige. dickschalige Schnecken, Nerineen, finden; man
bezeichnete ihn nach dem Plassenberg bei Hallstatt als Plassenkalk. Er ent-
wickelt sich allmählich aus den Oberalmer Schichten und erreicht Mächtigkeiten
bis zu 500 m.
Eine feinere Gliederung der aufgezählten alpinen Malmgesteine ist nicht durch-
zuführen, da einerseits die nötigen Versteinerungen fehlen, andererseits die je-
weilige Ausbildung der Gesteine eine zu einförmige ist, wodurch auch eine
Gliederung auE petrographischer Grundlage sich verbietet.
M o r p h o l o g i s c h treten die mergeligen Dogger- und Juraschichten wenig hervor,
umsomehr dagegen die widerstandsfähigen harten Kalke und Marmore, sowie die
hellen Tithonkalke (Plassenkalk).
Die räumliche Verbreitung der Malmschichten schließt sich natürlich eng an diejenige der
Lias- und Doggerschichten an. "Westlich des Inns finden sie sich in größerer Ausdehnung in der
Umrahmung der "Wendelstein-Zeutralmulde, ferner in der großen Mulde südlich des bayerisch-
tirolischen Grenzkammes, im Brünnstein- und Riesenkopfgebiet. Zwischen Inn und Salzach ist
die südlich von Sachrang beginnende und im Tal der Weißen Traun endigende langgestreckte
Mulde zu nennen, ferner verschiedene Vorkommen am Klausenberg, im Kampen wandgebiet, wo
sie im basalen Gebirge rings um die Überschiebungszone liegen, im Hochfellngebiet, Urschlauer
Achental und in der Kammerkergruppe. Östlich von Berchtesgaden beginnt die Fazies der Ober-
almer Schichten, deren Gesteine jenseits der Salzach bei Hallein in der Gruberhorn- und Oster-
horngruppe große Ausdehnung gewinnen. Im Ischl-Hallstätter Gebiet und im Toten Gebirge nimmt
außer ihnen besonders die Plassenkalkfazies am Aufbau des Gebirges regen Anteil.

Zusammenfassung.

Die Juraschichten lassen im Vergleich zur Triasperiode eine wesentliche Ver-


einfachung in Bezug auf Faziesausbildungen erkennen. Es spiegelt sich darin
deutlich die in der Jurazeit vor sich gehende Vertiefung des Meeres im Gebiet
der Nordalpen wieder. Reicher Fazieswechsel ist stets an seichtere und küsten-
nahe Meeresgebiete gebunden, während Eintönigkeit und weite gleichmäßige Ver-
breitung den Tiefseeablagerungen eigen ist. Küsteneinfluß macht sich im Lias
nur am Nordrande der Kalkalpen bemerkbar, unterliasische Seichtwasserbildungen
finden sich an den inselförmigen Tafelbergen des Berchtesgadener Gebietes.
J
) Oxford, Oxfordien, aus dem Englischen = unterer Malm.
2
) Dem Tithon gehören z. B. auch die außeralpinen lithographischen Schiefer von Solnhofen an.

42
Vom mittleren Lias an sind fast nur mehr pelagische 1 ) Ablagerungen in unserem
Bereich zu finden; nur im Dogger dürften im Osten einige Inseln bestanden
haben. Die Aptychenschichten und Radiolarite scheinen ausgesprochene Tiefsee-
bildungen zu sein. Erst im Tithon beginnen stellenweise wieder mächtige Seicht-
wasserbildungen in Gestalt des Plassenkalks der östlichen Gebiete aufzutreten,
während in weiten Gebieten die Ablagerung von Tiefseesedimenten bis an das
Ende der Jurazeit andauert und zur unteren Kreide hinüberleitet.

3. Die Kreideformation. 2 )
Auch in der Kreideformation bleiben die in den vorhergehenden Formationen
bestehenden Gegensätze der Gesteinsausbildung und der Faunencharaktere zwischen
alpinem und außeralpinem Gebiet bestehen. Es spielen aber nicht mehr aus-
schließlich Faziesgegensätze eine ausschlaggebende Rolle, sondern es sind nun-
mehr auch klimatische Faktoren dabei wirksam. Die alpinen bezw. mediterranen
Kreideschichten sind Ablagerungen eines südlichen Klimas, in denen sich Korallen,
dickschalige Muscheln und Schnecken finden, welche Formen den außeralpinen
mitteleuropäischen Kreideschichten fehlen.
Die Kreideablagerungen der verschiedenen Gebiete wurden je nach den örtlichen Besonder-
heiten außerordentlich fein gegliedert, welche Unterabteilungen, Stufen und Zonen sich im all-
gemeinen gut miteinander in Einklang bringen lassen. Es ist zweckmäßig, der Beschreibung der
alpinen Kreideschichten folgendes Gliederungsschema zum Vergleich vorauszuschicken:
Obere Kreide: Dänische Stufe Untere Kreide: Gault- Stufe (Albien)
Senon- „ Apt- „
Emscher- „ Barreme- „
Turon- „ Hauterive- „
Cenoman- „ Yalandis- „
Berrias- „
"Wohl lassen sich die einzelnen alpinen Schichten, besonders die westalpinen, mit den obigen
Stufen in Übereinstimmung bringen; f ü r die Ostalpen ist aber diese Gliederung nicht ohne
weiteres anwendbar, da einerseits die Ablagerungen zu lückenhaft, andererseits die Gesteins-
ausbildung eine zu wenig ausgeprägte oder zu eintönige ist, und die darin enthaltenen "Versteine-
rungen zum Teil so verschieden sind, daß eine Gleichsetzung mit mitteleuropäischen Stufen und
Zonen nicht leicht durchgeführt werden kann. Nur wo reichhaltige Faunen vorliegen, kann man
die Altersgleichheit mit einer Anzahl mitteleuropäischer Stufen und Zonen feststellen.
Vorausgeschickt sei, daß ein tiefgreifender F a z i e s u n t e r s c h i e d besteht zwischen w e s t -
a l p i n e n und o s t a l p i n e n Kreideschichten, was eine getrennte Beschreibung erfordert. Da die
westalpine Kreide ihre Hauptverbreitung in den westlichen Kalkalpen besitzt, bleibt ihre ein-
gehendere Besprechung der II. Abteilung vorbehalten; nur soweit sie bis in die östlichen Kalkalpen
herüberreicht, soll sie kurz beschrieben werden.
Der Anteil der Kreideschichten am Aufbau der Kalkalpen ist nicht bedeutend;
trotzdem sind sie von bedeutenderer Wichtigkeit; denn zur Kreidezeit haben sich
im Bereich der alpinen Tethys tiefgreifende gebirgsbildende Bewegungen ereignet,
die von umfassenden Rückzügen (Regressionen) 3 ) und Vorstößen (Transgressionen)

') Pelagisch, pelagos, gr. = die hohe See, im Bereich der Hochsee abgelagert.
ä
) In der geologischen Übersichtskarte mit c (bezw. w c und oc) bezeichnet. Die einzelnen
Stufen der alpinen Kreide sind mit e i n e r Farbe zusammengefaßt.
*) Regression, regredi, lat. = zurückschreiten; Transgression, transgredi, lat. = überschreiten.

43
des Meeres begleitet waren und die sich in den Sedimenten der Kreide aufs
deutlichste widerspiegeln. Yon diesem Gesichtspunkte aus sind die Kreide-
ablagerungen von größter Wichtigkeit, da durch ihr genaues Studium die Er-
kenntnis der ersten großen Gebirgsbildungsphase in den Ostalpen ermöglicht wird.
Die Gesteinsausbildung der Schichtenablagerungen ist entsprechend dem vorher Gesagten sehr
verschiedenartig. In den Ostalpen dauert in der Unterkreide die Bildung abyssischer und bathyaler
Sedimente in weiten Gebieten an. Trotzdem zeigen sich bereits am Ende der Jurazeit einzelne
Sedimentationsunterbrechungen, die auf zeitweilige Trockenlegung gewisser Teile der Alpen zu
Beginn der Kreidezeit hinweisen. Großen Umfang nimmt der Rückzug des Meeres erst gegen
Ende der unteren Kreide an, und mit ihr tritt die erste große G e b i r g s f a l t u n g ein, welche aber
auf die Ostalpen beschränkt blieb. Zu Beginn der oberen Kreide tritt dann ein großer Vorstoß
des Meeres ein, der nicht nur in den Alpen sich bemerkbar machte, sondern in weiten Gebieten
Europas und der anderen Kontinente zu einer Überflutung weiter Landgebiete führte. Es ist
die große c e n o m a n ^ T r a n s g r e s s i o n . An die Stelle der Tiefseeablagerungen bezw. bathyalen Bil-
dungen treten nach einer Lücke die Strand- und küstennahen Bildungen der oberen Kreide, und
dementsprechend besteht die darin enthaltene Fauna aus Seichtwasser- und Strandformen; erst
später mit weiterhin zunehmender Tiefe des Meeres nehmen die Ablagerungen und die Fauna
wiederum bathyales Gepräge an.

A. Ostalpine Kreide.

Die Gliederung in den Ostalpen ist sehr einfach: Man unterscheidet U n t e r e


und O b e r e K r e i d e , und teilt letztere in C e n o m a n und G ö s a u ein. Die Untere
Kreide bezeichnet man mit dem alten Sammelnamen N e o k o m . 1 )

a) Neokom.
In weiten Gebieten dauert die in der Jurazeit begonnene Ablagerung tieferer
Meeresschichten in der unteren Kreide an; es bilden sich Aptychenschichten
der Kreide, die den jurassischen ziemlich ähnlich sind. Sie bestehen aus meist
grauen, dünnschichtigen Kalken, die allmählich gegen oben mergeliger und da-
durch den Liasmergeln ähnlich werden; auch enthalten sie wie diese manchmal
dunkle Flecken. Die Einschwemmung der tonigen Bestandteile deutet darauf
hin, daß die Tiefenverhältnisse sich allmählich ändern, d. h. daß das Meer all-
mählich seichter wird und daß an Stelle der Tiefwasserablagerungen bathyale
und küstennahe treten. In den Mergeln finden sich neben Aptychen (Aptychus
Didayi) häufig Foraminiferen, so daß ein.Teil des Gesteins sicher als organogen
angesprochen werden kann. Bezeichnend für die Kreidemergel sind gelbe ockerige
Flecken, die sich an den Stellen finden, wo Versteinerungen herausgewittert sind.
In den obersten Schichten treten öfter sandige Schichten, kieselige Kalke und
auch Breschen oder Konglomerate auf, was besonders in den östlichen Kalkalpen
der Fall ist.
Bemerkenswert ist, daß im Gebiet der Berchtesgadener und Hallstätter Triasfazies keine Ab-
lagerungen der älteren Kreide erhalten sind oder überhaupt nie entstanden sind. Im benachbarten
Salzburger Gebiet kann man zwei Stufen im Neokom unterscheiden, nämlich die Schrambach-
schichten (untere Stufe) und die Roßfeldschichten (obere Stufe); erstere sind mergelig, letztere
gehen in Sandsteine, Kieselkalke und Breschen über.

') Neocomium = Neuenburg im Schweizer Jura.

44
Die Fauna der Neokomschichten ist verhältnismäßig spärlich; man findet hauptsächlich Am-
moniten. Doch ist es gelungen, bisher fast alle Stufeil der mitteleuropäischen Gliederung im
alpinen Neokom nachzuweisen, und zwar von der Berriasstufe bis zum Barreme. Jüngere Stufen
der unteren Kreide scheinen im Neokom nicht mehr enthalten zu sein; die durch allmähliche
Verflachung des Meeies sich anbahnende Trockenlegung des ostalpinen Gebietes scheint nach der
Barremezeit vollendet gewesen zu sein. Sie scheint im östlichen Gebiet eher begonnen zu haben
als im westlichen, was nicht nur durch das Fehlen des Neokoms im Berchtesgadener Fazies-
bereich wahrscheinlich gemacht wird, sondern auch aus der Bildung von Kieselkalken und Sand-
steinen der Roßfeldschichten von Salzburgs Umgehung hervorgeht, während weiter im "Westen
die Mergel in höhere Horizonte hinaufreichen.

Von wirtschaftlicher Bedeutung ist die Brauchbarkeit der Neokommergel zur


Zementfabrikation; sie werden im Inntal, bei Wössen und bei Gartenau im
Salzachtal zu diesem Zwecke abgebaut.
In m o r p h o l o g i s c h e r Beziehung ist zu erwähnen, daß die mergeligen Schichten
zu fruchtbaren, tiefgründigen Böden verwittern, die sich in der Landschaft durch
begrünte, weiche Geländeform hervorheben; bei allzu toniger Beschaffenheit
verursachen sie allerdings Versumpfung des Geländes und befördern Schlipf-
bewegungen an Hängen.
Der Anteil der Neokomschichten am Aufbau der Kalkalpen ist nicht bedeutend. Größere Ver-
breitung erreichen sie westlich des Inns in der langgestreckten Mulde südlich des Grenzkammes.
Östlich des Inns finden sie sich hauptsächlich in der Kammerkergruppe und im oberen Saalach-
gebiet, wo sie unter den Berchtesgadener Deckschollen untertauchen, um jenseits derselben bei
Berchtesgaden und Hallein in der Fazies der Schrambach- und Roßfeldschichten wieder an die
Oberfläche zu kommen. Sie bilden in den angegebenen Bezirken überall den Kern der deutlich
ausgeprägten Mulden. Kleinere Vorkommen finden sich nördlich des Kaisergebirges im Walchseetal,
bei Wössen, im Urschlauer Tal und bei Ruhpolding. Östlich der Salzach sind Neokomschichten
hauptsächlich in schmalen Zügen südlich vom Fuschlsee, am Nordrande des Höllengebirges und
bei Grünau am Hochsalm zu nennen, während Schrambach- und besonders Roßfeldschichten
östlich von Golling und östlich bezw. südöstlich von Ischl verbreitet sind.
Die Neokomschichten sind die jüngsten und letzten Ablagerungen, die sich
in dem relativ noch ungestörten Bereich der Kalkalpen gebildet haben. Nach
ihrem Absatz wird das Gebiet Festland und es beginnt die erste große Gebirgs-
bildungsphase. Durch den von Süden kommenden Druck wölben sich die ersten
Falten auf, Brüche durchpflügen das entstehende Gebirge, und da, wo es den
Fluten entsteigt, beginnen sogleich die zerstörenden Kräfte der Abtragung ihr
Spiel, welcher Zustand bis zum Beginn der oberen Kreide andauert.

b) Cenoman.

Im Cenoman tritt die erwähnte große Meerestransgression ein, wodurch das


kaum geborene Gebirge — wenigstens in seinen Randteilen — wieder überflutet
wird. Über den gefalteten und zum Teil durch Erosion zerstückelten älteren
Schichten werden nunmehr die Ablagerungen der oberen Kreide abgesetzt, und
zwar übergreifend (diskordant)1) und in den randlichen Tälern und Buchten des
Gebirges, dessen Hauptkamm anscheinend noch über den Meeresspiegel aufragte.
So finden sich in den randlichen Ketten unserer Kalkalpen an verschiedenen
l
) Diskordant, discors, lat. = uneinig, verschieden.

45
Punkten cenomane Ablagerungen, beginnend mit Grund- und Strandkonglomeraten,
darüber folgen graue, harte kieselige und sandige Kalke oder kalkige Sandsteine
und meist graue sandige Mergel mit verkohlten Pflanzenresten. Es sind typische
Grundkonglomerate, die sich beim Vorschreiten der Überflutung bilden, ferner
küstennahe Bildungen, also insgesamt mechanische Sedimente, die aus den Zer-
störungsprodukten des überfluteten Gebirges herstammten. Eine wichtige Ver-
steinerung in diesen Schichten ist die Orbitolina concava, eine große Foraminifere,
die sich überall, besonders in den Kalksteinen findet.
Die Verbreitung und der Anteil der cenomanen Schichten am Aufbau unserer Alpen ist gering.
Westlich des Inns finden sich Cenomanschichten in geringer Ausdehnung im Leitzachtal, am
Riesenkopf und südlich davon am "Wildbarren. Östlich des Inns sind zu nennen die Vorkommen
am Heuberg, Laubenstein, im Kampenwandgebiet, wo sie das Liegende der überschobenen zentralen
Scholle bilden, und ein kleines Vorkommen östlich von Ruhpolding. "Weiter im Osten sind keine
Cenomanablagerungen bekannt geworden.
Nach der Ablagerung des Cenomans, während dessen Entstehung Stillstand in
der Gebirgsbildung eingetreten zu sein scheint, belebte sich letztere jedoch
wieder; denn die nächstjüngeren Kreidestufen fehlen in unseren Alpen. In den
östlichen Kalkalpen sind sogar ganz erhebliche Gebirgsbildungsvorgänge zu ver-
zeichnen, die nicht nur Faltungen und Verwerfungen, sondern auch weitreichende
Deckenverfrachtungen (Überschiebungen) zum Gefolge hatten. Die schon mehrfach
erwähnte Überschiebung der Berchtesgadener oder juvavischen Schubdecke hat
sich während dieser Zeit ereignet, wie aus den eingehenden Untersuchungen im
Salzkammergut sich ergeben hat.
Nach Beendigung dieser tiefgreifenden Umwälzungen in den östlichen Kalkalpen begann in
der oberen Kreide ein neuerlicher Vorstoß des Meeres, welcher ziemlich umfangreich gewesen
sein muß; denn die oberkretazischen Ablagerungen, die man nach der Ortschaft Gösau im Salz-
kammergut Gosauschichten genannt hat. finden sich weit verbreitet, und ihre Ausbildung weist
in ihren oberen Horizonten zum Teil auf größere Tiefe des neu entstandenen Meeres hin.

c) Gösau.

Die Gosaugesteine sind, ähnlich denen des Cenomans, sehr vielgestaltig. Neben
mechanischen Sedimenten, wie Grund- und Strandkonglomeraten, Sandsteinen,
Mergelkalken und Mergeln finden sich häufig auch Sedimente organogenen *)
Ursprungs, an deren Bildung Seichtwasser- und Strandbewohner großen Anteil
hatten. Das Einschwemmungsmaterial der Gosauschichten stammt zum größten
Teil von den Gesteinen des überfluteten Gebirges selbst, ist also bodenständig.
Daneben finden sich stellenweise reichliche Einlagerungen sogen, exotischer
Gerolle von Porphyren, Serpentin und kristallinen Gesteinen und Schiefern,
deren Herkunft lange rätselhaft war, da die Ursprungslagerstätten dieser Gerölle
in der Umgebung ihres heutigen Vorkommens nicht anstehen. Neuere Erklärungs-
versuche 2 ) leiten die Gerölle von Tiefengesteinen des Untergrundes ab, welche
durch die vorgosauische Gebirgsbildung (Deckenschübe) an die Oberfläche ge-

Organogen, genesis, gr. = Entstehung, aus oder durch Organismen entstanden.


') 0 . AMPFERES, Geologische Untersuchungen über die exotischen Gerölle und die Tektonik
niederösterreichischer Gosauablagerungen. Denkschr. d. Akad. d. "Wisj. i. "Wien 1918.

46
bracht und während der nachfolgenden Gosau-Transgression wieder abgetragen
und in Form der exotischen Gerolle in den Konglomeraten und Sandsteinen ein-
gebettet wurden.
Die Mächtigkeit der Gosauschichten ist sehr sehwankend und kann stellenweise weit über 100 m
erreichen; man darf dabei nicht übersehen, daß sie als eine der jüngsten und deshalb an der
Oberfläche liegenden alpinen Ablagerungen am ehesten der Abtragung zum Opfer fallen mußte,
so daß man heute nur noch verhältnismäßig geringe Reste der Gösau vor sich hat.
Die Schichtfolge ist sehr unregelmäßig, so daß es nur schwer möglich ist, einzelne Fazies-
bezirke auseinander zu halten.

Die Versteinerungen der Gösau sind sehr bezeichnend; vor allem sind die
Rudisten zu nennen, eigenartige dickschalige Muscheln; man unterscheidet ver-
schiedenartige Gattungen, wie Hippurites, Hadiolites, Sphaerulites u.s. w. Sie sind
für die südeuropäische und alpine Ausbildung bezeichnend und treten sehr zahl-
reich auf. In den Hippuritenkalken und im Untersberger Marmor bilden sie die
Hauptmasse der Organismenreste, aus denen sich diese Kalke aufbauen. Neben
ihnen spifelen dickschalige Schnecken der Gattungen Actaeonella und Nerinea
eine große Rolle; auch Korallen sind stellenweise sehr zahlreich zu finden. —
Ihrem Alter nach gehören die Gosauschichten der Senonstufe an.
Eine Gliederung der Gosauschichten ist wohl an verschiedenen Stellen versucht und durch-
geführt worden; es läßt sich aber infolge der großen Verschiedenheiten der Gesteinsausbildung
kein allgemeines Schema aufstellen. I m Gebiet des Wolfgangsees liegen z. B. zu unterst bituminöse
Mergel mit Kohlen, darüber Sandsteine, auf diesen Hippuritenkalke und schließlich darüber
wiederum graue Mergel und Sandsteine. Am Nordfuße des Untersberges 1 ) beginnen die Gosau-
schichten über einer Reibungsbresche sogleich mit dem Hippuritenkalk oder Untersberger Marmor,
darüber folgen Breschen und Kalke und schließlich graue Mergelkalke, die man nach dem Schloß
Glaneck als Glanecker Schichten bezeichnet hat. "Wiederum anders ist die Gösau im Reichenhaller
Becken, wo sie als rotes Konglomerat bis zu 1 0 0 m Mächtigkeit ausgebildet ist; unweit davon auf
dem Lattengebirge und am Nordfuß desselben besitzen reine spätige Kalke und bunt getupfte
Forellenkalke neben Kalkmergeln eine nicht unbedeutende Verbreitung. I n den westlichen Gebieten
der Brandenberger und Lechtaler Gösau sind es hauptsächlich Breschen, Konglomerate, Sand-
steine und Mergel, während Hippuritenkalke fehlen; dagegen spielen in ihnen die exotischen
Gerolle eine nicht unbedeutende Rolle.

Nennenswert ist auch die wirtschaftliche Wichtigkeit der Gosaukalksteine,


welche teils weltberühmten Marmor (Untersberg) liefern, oder als Bausteine und
zum Kalkbrennen sehr geschätzt sind; daneben finden die Gosaumergel Ver-
wendung zur Zementfabrikation. Daß die mergeligen und sandigmergeligen
Schichten, soweit sie größere Flächen im Gebirge einnehmen, guten Alm- und
Weideboden abgeben, ist wie bei allen derartigen Schichten verständlich; in der
Landschaft bilden sie dementsprechend begrünte ausgeglichene Geländeformen.
"Wie schon bemerkt, liegen die Gosauschichten infolge der voraufgegangenen Gebirgsbildung
und Abtragung übergreifend über den verschiedenen älteren Gesteinen, und zwar finden sie sicü
über allen Schichten von der skythischen Stufe angefangen bis hinauf in die ältere Kreide. Gemäß
dem bei ihrer Bildung schon bestehenden Relief haben sie sich in der Hauptsache in Tälern und
Mulden abgelagert, wobei sie häufig Bruchzonen überdeckten und beiderseits darüber hin&us-

') Die Bezeichnung w c unmittelbar nördlich des Unterbergs auf der Geologischen Ubersichts-
karte soll sich nicht auf die Gosauschichten am Untersberg, sondern auf die weiter nördlich
befindlichen Nierentaler Schichten (als Ubergangsglieder zur westalpinen Kreide) beziehen.

47
reichten. Solohe Erscheinungen beweisen das vorgosauische Alter dieser Bruchlinien oder Über-
schiebungslinien. Bezeichnende Beispiele dieser Art sind die Verhüllung der sogen. Querstörung
zwischen Strobl und Abtenau im Salzkammergut, ferner das Übergreifen der Reichenhaller Gösau
auf den bayerischen und Berchtesgadener Triasbereich, wodurch deren tektonische Annäherung
in die Zeit der vorgosauischen Gebirgsbildung verwiesen wird.
Die hauptsächlichsten Verbreitungsgebiete der Gösau befinden sich im Salzkammergut, im
Reichenhaller Gebiet, dann westlich des Inns im Brandenberger Tal.
Als jüngste Kreidebildung folgen die Nierentaler Schichten, die aber erst
im nächsten Abschnitt anschließend an die westalpine Kreide geschildert
werden.

B. Westalpine Kreide.

Die Schichten der westalpinen Kreide nehmen am Aufbau der östlichen Alpen
nur ganz geringen Anteil, besitzen aber durch die Eigenart ihrer Fazies und ihre
absonderliche Lagerung bezw. Verbreitung am Nordrande der Kalkalpen große,
vielleicht übertriebene Wichtigkeit f ü r die Erklärung des Aufbaus und der
Entstehung der Alpen, worüber in der II. Abteilung nähere Ausführungen folgen
sollen.
Nördlich und zum Teil auch innerhalb der später zu besprechenden Flyschzone findet sich
als Fortsetzung der westalpinen Kreideschichten des Allgäus eine mehrfach unterbrochene schmale
Zone von Schichten, welche jenen trotz ihrer weiten Entfernung verwandter sind als den Kreide-
schichten der Ostalpen. Gegen Osten zu verlieren sie allerdings immer mehr ihr westalpines
Gepräge und haben mit den ostalpinen Schichten sogar ein Glied gemeinsam, nämlich die Nieren-
taler Mergel, welche auf diese Weise ein wichtiges Verbindungsglied zwischen beiden Fazies-
gebieten darstellen. Ein besonders erwähnenswertes Merkmal der westalpinen Gesteine ist ihr
häufiger Glaukonitgehalt.')

An Gesteinen finden sich meist dunkle kieselige und sandige Kalke, Ton-
schiefer, grüne Sandsteine und glimmerige Sandmergel, hellgraue Mergelkalke
und Mergel, graue und graugrüne Mergelschiefer. Es sind mechanische Sedimente
einer Flachseezone, welche im nördlichen Randgebiet des alpinen Meerestroges
ahgelagert wurden. Nach den in ihnen vorkommenden Versteinerungen gehören
die Schichten der mittleren und oberen Kreide an.
Zwischen Tegernsee und Schliersee finden sich 2 ) Kalksteine, Tonschiefer und Sandsteine der
Aptstufe, darüber glaukonitische Sandsteine der Gaultstufe, über diesen Seewerkalke und -mergel
vom Cenoman bis zum Senon, und als jüngste Schichten obersenone Pattenauer") Mergel. "Weiter
gegen Osten sind nur mehr senone Glieder vorhanden uno auch diese nicht ganz ohne Lücken,
sei es daß die fehlenden Schichten infolge Trookenlegung des Gebietes überhaupt nicht abge-
lagert wurden, oder daß sie durch die Gebirgsbildung verschwunden sind. Im Kressenberggebiet
zwischen Bergen und Teisendorf finden sich 4 ) über graugrünen Mergelschiefern (Seewer?) blau-
grauer Mergel, sogen. Pattenauer Mergel, darüber feinsandige Mergeltone, die Gerhardtsreuter 5 )

') Glaukonit (glaukos, gr. = blau) ist ein wasserhaltiges Tonerde-Eisen-Kali-Silikat.


) H . IMKELLER, Die helvetische Kreide. (In E. DACQUE, Geolog. Aufnahme des Schlierseegeb.
S

Mitt. Geogr. Ges. München 1912.


3
) Ortschaft bei Obersiegsdorf.
4
) 0 . M. REIS, Vorderalpenzone zwischen Bergen und Teisendorf. Geogn. Jahresh. VIII, 1895,
mit Nachträgen 1920 und 1921.
8
) Bei Obersiegsdorf.

48
Schichten, und schließlich als jüngste Bildung ein glaukonitischer Kalksandstein bezw. Mergel,
die sogen. Hachauer 1 ) Schichten.
Die Verbreitung der westalpinen Schichten ist folgende: Vom Tegernsee zieht sich ein schmaler
Streifen inmitten der Flyschzone zum Schliersee hinüber und endet am Ostufer desselben; weitere
Vorkommen kleineren Umfangs finden sich im Leitzachtal und nördlich von Neubeuern. Aus-
gedehnter stehen sie dann in der Gegend zwischen Bergen und Teisendorf an, und schließlich
ist noch das Vorkommen bei Mattsee in Österreich zu nennen.
Die Lagerungsverhältnisse und die Beziehungen zur Flyschzone sind gegen-
wärtig noch keineswegs restlos geklärt. Im Tegernseer Gebiet tauchen die Kreide-
schichten inmitten der Flyschzone auf; die Flyschschichten liegen anscheinend
überschoben auf ihnen.
Auch bei den Bobrungen auf Erdöl westlich des Tegernsees wurden unter dem Flysch die
Seewerschichten erbohrt. Diese Überlagerung ist allerdings noch kein Beweis f ü r eine Über-
schiebung, denn wahrscheinlich bilden Seewerschichten zum Teil das normale Liegende des
Flysches. Im Kressenberggebiet finden sich die westalpinen Schichten hauptsächlich am Nord-
rande des Flysches, welche Lagerung durch große Blattverwerfungen ziemlich verwickelt ge-
staltet wurde.
Die Tatsache, daß am Nordrande der Alpen Kreideschichten liegen, die der Kreide von Vor-
arlberg und der Schweiz näher stehen als den benachbarten ostalpinen, ist überaus merkwürdig;
sie schien eine überraschende Aufklärung zu finden durch die moderne Gebirgsbildungstheorie,
welche den Bau der Alpen auf die Wirkung großer Deckenüberschiebungen zurückzuführen ver-
sucht. Das Vorkommen von westalpinen Kreideablagerungen am Nordrande der östlichen Ralk-
alpen sollte den Beweis liefern, daß die Ostalpen als eine Schubdecke über einem helvetischen
Grundgebirge überschoben liege, welch letzteres nur am Stirnrande der ostalpinen Decke an
einzelnen Stellen als schmaler Saum unter dem Flysch und den ostalpinen Kalkalpen hervorluge.
Auf das großartige Gedankengebäude der Deckenlehre kann erst im II. Abschnitt näher ein-
gegangen werden.

Nierentaler Schichten.
" Sie sind insoferne ein wichtiger Schichtenkomplex, als sie hauptsächlich im
eigentlichen ostalpinen Gebiet verbreitet sind, jedoch auch in den Bereich der
sogen, westalpinen Kreide hinübergreifen und somit ein Übergangsglied zwischen
beiden Faziesgebieten bilden; damit verliert die Deckentheorie jedoch eine wert-
volle Stütze.
Die Nierentaler Schichten sind weiche geschichtete Mergel von meist rötlicher oder grünlicher
Farbe; daneben gibt es auch weiße und dunkelgraue Mergel oder glaukonitische glimmerige
Sandsteinschichten. Die Mächtigkeit kann bis zu 300 m und darüber betragen. An Versteinerungen
ist neben lnoceramen besonders Belemnitella mucronata zu nennen, woraus das obersenone
Alter der Schichten hervorgeht. Sie sind im ostalpinen Gebiet die jüngsten Kreideablagerungen
und bilden das Hangende der Gosauschichten, soweit sie überhaupt erhalten geblieben sind. Sie
greifen aber auch in die Flyschzone und in das Gebiet der westalpinen Kreide über und bilden
dort mit Übergängen zu den Seewerschichten zum Teil das Liegende des Flysches und schalten
sich auch in die westalpinen Kreideschichten ein. Ihr diesbezügliches Verbreitungsgebiet ist be-
sonders die Gegend zwischen Bergen und Teisendorf, ferner sind zu nennen die Vorkommnisse
am Jenbach nördlich des Wendelsteins und bei dem Zementwerk Marienstein, wo sie als Roh-
material f ü r die Zementherstellung bergmännisch gewonnen werden; sie bilden hier das west-
lichste bekannte Vorkommen. Im ostalpinen Gebiet finden sie sich bei Reichenhall und Karlstein,
am Untersberg, auf dem Lattengebirge und im Salzkammergut.

') Hachau bei Obersiegsdorf.


Abriß d. Geol. v. Bayern. I. 4
49
C. Der Flysch.1)
Die Schichten des Flysches waren infolge ihrer Eigenart und in Bezug auf ihr Alter, ihren
Aufbau und ihre Stellung zum Gebirgsbau lange Zeit ein rätselhaftes Gebilde, ähnlich den west-
alpinen Kreideschichten, mit denen sie räumlich eng verbunden sind. Es sind Kieselkalke, Mergel,
Mergelkalke und Sandsteine, welche infolge ihrer geringen "Widerstandsfähigkeit leicht und tief-
gründig verwittern und sanft gerundete Geländeformen bilden. Die geringe Widerstandsfähigkeit
beruht nicht so sehr auf der geringen Härte der Gesteine, als vielmehr auf einer fast regel-
mäßigen Zwischenlagerung toniger Mergel zwischen den härteren und dickeren Kalkbänken, was
einen raschen Zerfall des Gesteinsgefüges sehr erleichtert.
Bezeichnend f ü r den Flysch ist sein fast vollständiger Mangel an Versteinerungen; nur ein-
zelne Inoceramenreste im Ostalpengebiet und tertiäre Fischreste in den Dachschiefern von Elm
in der Schweiz sind bisher bekannt geworden. Sonst findet man nur unzählige Fukoiden (pflanzen-
ähnliche Gebilde) und Helminthoiden (in Schlangenwindungen geformte Kriechspuren, Bohrgänge
oder Laichschnüre), die f ü r die Flyschschichten sehr bezeichnend sind. Die Inoceramenreste
deuten darauf hin, daß neben den jüngsten westalpinen Kreideschichten noch Ablagerungen einer
anderen Fazies vorhanden sind, welche südlich davon am Bande des allmählich aufsteigenden
Alpengebietes gebildet wurden, während zu dieser Zeit das ostalpine Gebiet trocken lag.

Die Flyschschichten bilden eine vom Allgäu herüberziehende, nur durch die
Hauptquertäler stellenweise unterbrochene, durchschnittlich 5 — 1 0 k m breite
Zone, welche am Nordrande der Kalkalpen entlang zieht, östlich des Inntales
verschmälert sie sich auffallend, verschwindet zwischen Achen und Traun gänzlich
von der Oberfläche, taucht östlich der Traun wieder auf und gewinnt infolge
tektonischer Einflüsse alsbald erheblich an Breite, die im Gebiet nördlich von
Salzburg auf etwa 17—18 km anwächst. In wechselnder Breite erstreckt sich
die Zone weiter gegen Osten bis nach Wien.
Durch verschiedene Einzeluntersuchungen in der Flyschzone beginnt sich all-
mählich der über der Flyschfrage liegende Schleier zu lichten.
Da eine genauere Besprechung der II. Abteilung vorbehalten bleiben muß, kann hier nur kurz
darauf eingegangen werden. Die von W.FINK2) versuchte Gliederung in eine ältere Kieselkalk-
und eine jüngere Sandsteingruppe hat sich trotz teil weisen Widerspruchs (HAHN)') als richtig
erwiesen; an der Grenze zwischen beiden Gruppen finden sich stellenweise rote Schiefereinlage-
rungen, und an der Basis der Kieselkalkgruppe Konglomerate. Das normale Liegende des Flysches
wird im östlichen Gebiet etwa bis zum Schliersee wahrscheinlich von den Nierentaler Schichten
gebildet (siehe S. 49), während westwärts vom Tegernsee wahrscheinlich Seewer Schichten die
Unterlage bilden (siehe die Erdöl-Bohrungen am Tegernsee S. 49). Die Kieselkalkgruppe gehört
nach den Inoceramenfunden in die oberste Kreide (Maestricht- und Dänische (?) Stufe), die Sand-
steine dürften bereits tertiären Alters sein.4)
Was die Stellung des Flysches zur nördlich angrenzenden Kreide-Eozänzone
(westalpiner Fazies) betrifft, mit deren Schichten er altersgleich ist, so scheint
allmählich hervorzugehen, daß die Flyschsedimente mit den genannten Schichten
in einem gemeinsamen, den Alpen vorgelagerten Senkungstrog abgelagert wurden,

') Die Benennung ist schweizerischen Ursprungs. In der geologischen Übersichtskarte mit f
bezeichnet.
2
) W. FINK, Der Flysch des Tegernsee-Gebietes. Geognost. Jahreshefte Jahrg. 1903.
') F. F. HAHN, Beobachtungen in der Flyschzone Südbayerns. Zeitschr. d. Deutsch. Geol. Ge-
sellschaft 1912. Monatsber. S. 528.
4
) 0 . M . REIS, a . a . 0 .

50
wobei die Flyschschichten im s ü d l i c h e n Teil am Fuße der werdenden Alpen,
die westalpinen im n ö r d l i c h e n Beckengebiet sich bildeten.
Ihre voneinander abweichende Gesteinsfazies wurde vielleicht dadurch ermöglicht, daß in der
Mittellinie des ostwestlich verlaufenden Troges eine unter- oder übermeerische Barre von Urgebirgs-
gestein bestand, welche zugleich als Ursprungsort f ü r die zahlreichen „exotischen Gerolle", die
sich auch im Flysch (besonders im Teisendorfer Gebiet) finden, anzusehen ist. Außerdem sind
die Flyschschichten vielleicht ein brackisches Sediment, verursacht durch die vom Alpengebiet
mündenden Flüsse, während die westalpinen Kreide-Eozänschichten rein marine Bildungen sind.
Das Schlamm- und Sandmaterial des Flysches stammt daher hauptsächlich vom Alpengebiet, welch
letzteres nun an die Stelle der Geosynklinale der Tethys getreten ist. Am Nordrande des Alpen-
gebiets hat sich dagegen eine Vortiefe gebildet, in welche die Gewässer die Abtragungsprodukte
des jungen Gebirges in Form von Sand und Schlamm hineinschütteten. "Wie in den Cenoman-
und Gosauschichten, so spiegelt sich auch in den Flyschschichten eine neue Gebirgsbildungs-
phase bezw. Hebungsphase wider. Eine identische, nur noch großartigere Erscheinung findet sich
später in den Molasseschichten, die dem jüngsten Zeitalter angehören (siehe unten S. 53).

Die Mächtigkeit der gesamten Flyschschichten kann bis zu 2000 m geschätzt


werden; eine genaue Zahl ist nicht zu ermitteln, da die in der Kieselkalkgruppe
so häufige Kleinfältelung jede Berechnung verhindert. Durch die Kleinfältelung
blieb auch lange Zeit der verhältnismäßig einfache und großzügige Faltenbau
der Flyschzone verborgen. Durch die Hauptgebirgsfaltung wurden die Flysch-
und die nördlich angrenzenden Kreide-Eozän-Schichten vom Untergrund ab-
geschert und zu den heutigen schmalen Zonen zusammengepreßt, wobei strecken-
weise die Flyschzone auf die Kreidezone aufgeschoben wurde, so daß die
Überlagerung zum Teil tektonisch bedingt ist.

Neozoische Formationsgruppe.
Die neozoische Formationsgruppe ist von der mesozoischen, mit deren Schichtenfolge sich die
bisherige Beschreibung befaßte, durch eine scharfe Trennungslinie geschieden. Der Unterschied
«wischen beiden ist ein so ausgeprägter, daß nach Abschluß der Kreide ohne Zweifel ein neues
Zeitalter der Erdgeschichte beginnt. Drei Gründe sind es vor allem, die den Abschluß des Mittel-
alters (Mesozoikums) und den Beginn der Neuzeit (Neozoikums)') der Erdgeschichte bedingen.
Zum ersten finden die großen Meeresüberflutungen, die wir auch in den Kreideablagerungen der
Alpen kennen lernten, mit dem Ablauf der Kreide ein Ende, und es bleiben nur kleinere oder
größere Flachseebecken im Bereich der Kontinente übrig, in denen in stetem Wechsel marine,
brackische und Süßwasserablagerungen zum Absatz kommen, deren Umfang und Ausbreitung
immer geringer wird, bis die heutige Verteilung von Land und Meer erreicht ist. Zum zweiten
ist es die gewaltige Steigerung der gebirgsbildenden Vorgänge, die zur Bildung ausgedehnter
Faltengebirge auf weiten Gebieten der Erde führte; daneben gingen infolge der großen Beweg-
lichkeit der Erdrinde ausgedehnte Ergüsse von vulkanischen Gesteinen einher. Zum dritten sind
es faunistische Gründe, nämlich das Aussterben der f ü r das Mesozoikum überaus wichtigen großen
Saurier, der Ammoniten und Belemniten, Rudisten und Inoceramen. Dafür gewinnen zunächst
im Meere die eigenartigen großen Urtierchen, die Nummuliten, ganz ungewöhnliche Verbreitung,
ferner eine Gruppe von Muscheln, die sogen, sinupalliaten Muscheln. Auf dem Lande dagegen
entwickeln sich die Säugetiere zu ungeahnter Mannigfaltigkeit und schließlich erscheint der
Mensch auf der Erde.
Man gliedert das Neozoikum in zwei Formationen, deren ältere das T e r t i ä r
deren jüngere das Quartär ist. *
J
) Neozoikum, neos, gr. = neu; zoon = Lebewesen.

51
4. Die Tertiärformation.1)
Die Ablagerungan der Tertiärformation haben ihre Hauptverbreitung außerhalb der eigent-
lichen nördlichen Kalkalpen; nur in den Schweizer Alpen und im westlichen Allgäu bis zur liier
nehmen sie noch in größerem Umfang am Aufbau der Alpen teil. Östlich der Iiier liegen sie
meist außerhalb derse'ben, wurden jedoch noch von der Gebirgsfaltung erfaßt und in einzelne
breit ausladende, in ostwestlicher Richtung verlaufende Faltenzüge gelegt. Nur im Becken von
Reit i. W., im unteren Inntal und im Reichenhaller Becken finden sich noch innerhalb des Alpen-
körpers selbst Tertiärbildungen, welche in Buchten des Gebirges abgelagert sind und mit dem
außeralpinen Tertiär in Zusammenhang gebracht werden können.
In klimatischer Hinsicht ist in der jüngeren Tertiärzeit eine allmähliche Annäherung an unsere
heutigen Verhältnisse festzustellen, während im Alttertiär noch durchaus tropische Verhältnisse
in unserem Bereich geherrscht haben.
M a n l e g t der B e s c h r e i b u n g der a l p i n e n u n d v o r a l p i n e n Tertiärschichten z w e c k -
mäßig folgende Stufeneinteilung zugrunde:
J ü n g e r e s Tertiär: P l i o z ä n (jüngste Stufe) 2 )
Miozän
Ä l t e r e s Tertiär: Oligozän
E o z ä n (älteste Stufe)

a) Eozän-Stufe.
In Europa lassen sich zwei Eozänbereiche unterscheiden, ein nördlicher nordfranzösisch-belgisch-
englischer und ein südlicher, welcher außer den Alpen und Karpathen das ganze Südeuropa und
Nordafrika umfaßt und sich bis nach Ostasien erstreckt. Der südliche Bereich gehört dem immer
noch bestehenden zentralen Mittelmeer an, in welchem nur die werdenden Alpen als Insel
bestanden.
An Gesteinen finden sich Konglomerate, Sandsteine, Kalksandsteine, Kalke und Mergel; die
Kalk- und Sandsteine sind stellenweise ungemein reich an Nummuliten (kalkige, scheibenförmige
Foraminiferen) 3 ) oder auch an Lithothamnien (Kalkalgen).
Man g l i e d e r t das E o z ä n in drei U n t e r a b t e i l u n g e n , nämlich Untereozän oder
Y p r e s i e n , Mitteleozän oder L u t e t i e n u n d O b e r e o z ä n oder Bartonien. Ältere S c h i c h t e n
d e s E o z ä n s f i n d e n s i c h n u r ü b e r d e n obersten K r e i d e s c h i c h t e n der w e s t a l p i n e n
Faziesausbildung am N o r d r a n d e der Kalkalpen, u n d z w a r ist die Ä u f l a g e r u n g
n i c h t überall e i n e r e g e l m ä ß i g e , s o n d e r n s t e l l e n w e i s e (besonders nördlich) klafft
e i n e L ü c k e z w i s c h e n K r e i d e u n d Tertiär, w a s v i e l l e i c h t auf e i n e z e i t w e i s e T r o c k e n -
l e g u n g a u c h des n ö r d l i c h e n G e b i e t e s h i n w e i s t .
Die Schichtenfolge dortselbst (z. B. im Teisendorfer Gebiet) ist folgende: Über Götzreuter oder
Hachauer Schichten liegen zunächst Sandsteine, darüber eine wechselnde Folge von glaukonitischen
Mergeln, Sandsteinen, Kalksandsteinen und Nummulitenkalken; in dieser Gruppe liegen einige
Flöze von oolithischem 4 ) Eisenerz zwischengeschaltet, welche Anlaß zur Gründung des alten Eisen-

') In der geologischen Übersichtskarte mit t bezeichnet. Die alten Geologen gliederten den
geologischen Entwicklungsgang der Erde in vier Zeitabschnitte, deren dritter das Tertiär (tertius,
lat. = . der dritte) ist.
') Pliozän, pleion, gr. = mehr, kainos = neu; Miozän, meion, gr. = weniger, Oligozän, oligos,
gr. = wenig; Eozän, eos, gr. = Morgenröte.
') Nummuliten, nummulus, lat. = geringe Münze; Urtierchen (Foraminiferen), wegen ihrer
Form so benannt.
4
) Oolith, oon, gr. = Ei, lithos = Stein, Kalkstein oder Eisenerz, aus winzigen schaligen
Kügelchen aufgebaut (Rogenstein).

52
hüttenwerkes gaben. Dann folgen sandige geschieferte Mergel (sogen. Stockletten) und als Hangendes
die Lithothamnienkalke (sogen. Granitmarmor), welche früher weiter westlich bei Rohrdorf und
Sinning (Inngebiet) zur Gewinnung von Marmor abgebaut wurden. Auch bei Mattsee im öster-
reichischen Gebiet finden sich nördlich der Flyschzone eozäne Schichten in Gestalt von Sand-
steinen, Kalksandsteinen (zum Teil sehr reich an Nummuliten) und Lithothamnienkalken. 1 )
In der Flyschzone selbst gehört vermutlich ein Teil der Sandsteingruppe dem
Eozän an; ein sicherer Nachweis auf Grund von Versteinerungen ist bisher
in unserem Darstellungsgebiet noch nicht erfolgt.
Im eigentlichen Alpengebiet finden sich keine Schichten des Unter- und Mittel-
eozäns; zu jener Zeit scheint das Gebiet Festland gewesen zu sein. Erst während
des Obereozäns drang das Meer von Norden her in die Täler ein und über-
flutete sie.
So finden sich marine obereozäne Schichten im Reichenhaller Becken, und zwar zwischen
Untersberg und Lattengebirge als etwa 200 m mächtiger, zum Teil brekziöser 2 ) Nummulitenkalk
mit Korallenriffeinlagerungen, außerdem bei Leopoldstal als weiche Sandsteine und Mergel, welch
letztere früher zur .Zementherstellung abgebaut wurden. Obereozäne Kalke finden sich weiterhin
im Inntale bei Oberaudorf, wo eine reiche marine Molluskenfauna enthalten ist. "Weiter südlich
bei Kufstein und Häring gehen diese Ablagerungen in brackische und limnische Konglomerate
und Mergel über, welch letztere die bekannten Häringer Kohlen enthalten.

b) Oligozän-Stufe.
Während die Eozänschichten nur innerhalb des Alpengebietes und in seiner
Randzone verhältnismäßig geringe Verbreitung besitzen, gewinnen die Schichten
des Oligozäns oder der sogen, ä l t e r e n M o l a s s e 3 ) ganz erhebliche Verbreitung
im Vorlande außerhalb der Alpen.
Im Alpengebiet selbst finden sich oligozäne Ablagerungen nur an zwei Stellen, zwischen
Rattenberg und Kufstein im Inntal und bei Kossen und Reit i. W. Es sind hier an diesen Stellen
noch einmal örtliche Senkungen eingetreten, die das Bindringen des Meeres ermöglichten. Im
übrigen haben im östlichen Kalkalpengebiet oligozäne Schichten keinen Anteil am Aufbau des
Gebirges; dagegen spielen sie im Allgäu eine bedeutende Rolle, indem dort ganze Gebirgsketten
aus ihnen aufgebaut sind (siehe Abteilung II).
Die Oligozänmolasse ist ein ungemein mächtiger Komplex von Konglomeraten,
Sandsteinen, Mergeln und Tonen, welche in dem immer schmäler werdenden
Senkungstrog nördlich der aufsteigenden Alpen abgelagert wurden. Das Material
ist alpinen Ursprungs, was auch daraus hervorgeht, daß der Durchmesser der
Gerölle in den Konglomeraten desto geringer wird, je weiter weg von den Alpen
sie abgelagert wurden; außerdem sind es größtenteils bekannte alpine Gesteine,
welche die Gerölle geliefeit haben; allerdings gibt es auch „exotische" Gerölle,
welche aber von zerstörten Flysch- und Gosaukonglomeraten hergeleitet werden
können. Ursprünglich war das Molassebecken noch rein marin, wurde aber später
durch Abschnürungsvorgänge allmählich brackisch und vielleicht sogar zu einem
Süßwasserbecken umgewandelt.

') Lithothamnien, lithos, gr. = Stein, thamnos = Strauch; strauchartige kalkabscheidende


Meeresalgen.
') Brekzie (it. breccia), deutsch Bresche, aus zusammengebackenen eckigen Gesteinsbrocken
bestehend. In den Konglomeraten sind die Brocken abgerollt.
*) Die Schweizer Tertiärschichten des Mittellandes bezeichnete man als Molasse.

53
Das einerseits mit dem schweizerischen Molassemeer, andererseits mit dem österreichisch-
ungarischen Tertiärbecken in Verbindung stehende bayerische Molassebecken war, obwohl es in
andauernder Senkung begriffen gewesen sein muß, doch meist sehr seicht; zeitweise muß der
Boden sogar über der "Wasserfläche gelegen haben, so daß sich ausgedehnte Torfmoorsümpfe
bilden konnten. Aus letzteren entstanden nach neuerlicher Versenkung und Uborlagerung mit
weiteren Molasseschichten im Laufe der Zeit die oberbayerischen Pechkohlen, auf denen sich
ein ausgedehnter Kohlenbergbau bei Miesbach und Hausham gründete. Außer Pflanzenresten,
unter denen eine Reihe tropischer und subtropischer Arten auf ein ehedem viel wärmeres Klima
hinweist, findet sich eine Anzahl von marinen, brackischen und Süßwasserkonchylien; doch sind
diese Versteinerungen meist nur auf gewisse Horizonte beschränkt, woriD sie manchmal äußerst
zahlreich auftreten. Die wichtigsten Formen sind: Cyprina rotundata (marine Muschel), Cyrena
semistriata (brackische Muschel) und Potamides (Cerithium) margaritaceum (brackische Schnecke).
Im übrigen ist der Schichtenkoniplex versteinerungsarm, was eine Gliederung sehr erschwert.

Im allgemeinen kann man die Oligozänstufe in dem zur Besprechung stehenden


Gebiet am besten folgendermaßen gliedern:
Im Yorlande: Brackische Molasse oder Cyrenenschichten 1 •
Bausteinzone (Sandsteine und Konglomerate) / Oberoligozän
Meeresmolasse (tonig) J
Im Gebirge: Angerberg-Schichten (Konglomerate) = Oberoligozän (?)
Häringer-Schichten und Schichten von
Unteroligozän.
Reit i. W.

"Was die Verbreitung der Oligozänablagerungen betrifft, so finden sich diejenigen des älteren
Oligozäns nur im Bereich des eigentlichen Alpengebietes, und zwar im unteren Inntal zwischen
Rattenberg und Kufstein (sogen. Häringer Schichten), sowie im Becken von Reit i. "W.; ihrer Natur
nach sind sie Ablagerungen in Meeresbuchten. Im Häringer Becken entwickelten sie sich aus den
obereozänen Schichten (siehe oben), die zum Teil durch das Oligozänmeer wieder aufgearbeitet
wurden; im übrigen greifen sie auch über alle anderen Gesteine des sie umgebenden Gebirges
über, dessen Zerstörungsprodukte zu ihrem Schichtenaufbau dienten, woraus zunächst die ober-
eozänen Konglomerate, darüber dann 1000 m mächtige marine Mergel entstanden; letztere sind
als Zementmergel geschätzt. Das Hangende dieser unter- und mittel (?) oligozänen Mergel wird
von einer etwa 1000 m mächtigen Konglomerat- bezw. Schotterlage (Angerberg-Schichten) ge-
bildet, welche wahrscheinlich bereits als oberoligozän anzusehen ist, womit dann die Tertiär-
schichten in diesem Gebiet ihren Abschluß finden.1) Im Becken von Reit i. W. wird das Liegende
der oligozänen Schichten durchwegs von älteren Gesteinen des umgebenden Gebirges gebildet;
ältere Tertiärschichten sind bisher nicht bekannt geworden. Die Oligozänablagerungen von Reit
sind entstanden in einer seichten Meeresbucht, und zwar sind es Grund- und Strandkonglomerate,
Sandsteine und -schiefer sowie Mergel; die darin enthaltenen Versteinerungen, besonders eine
reiche Korallenfauna charakterisieren die Schichten als marine Bildungen des Unteroligozäns.
Bezüglich der Lagerung der alpinen Oligozänschichten wurde schon bemerkt,
daß sie transgredierend über älteren Gesteinen liegen; letztere waren bereits
durch vorausgegangene Gebirgsbildungsvorgänge aufgerichtet, bevor sich erstere
darüber ablagerten. Die Oligozänschichten liegen aber ihrerseits heute auch nicht
mehr ungestört, sondern wurden von der Hauptgebirgsfaltung in Mitleidenschaft
gezogen und ebenfalls der Faltung unterworfen.

*) 0. AMPFERER, Zur Geologie des Unterinntaler Tertiärs. Jahrbuch der Geol. Bundesanstalt
Wien. 1922.

54
Das H a u p t v e r b r e i t u n g s g e b i e t der Oberoligozänschichten oder der Molasse ist das Vorland;
hier bilden sie nördlich der westalpinen Kreide bezw. Flyschzone den Untergrund des ganzen Ge-
bietes bis nördlich zu einer Linie, die vom Südfuß des Taubenbergs ausgehend in etwa west-
östlicher Richtung nach Osten streicht und die (tektonische!) Grenze gegen die im Norden
folgende jüngere Molasse bildet. Die ältesten Schichten der Oligozänmolasse sind die etwa 600m
mächtigen grauen mergeligen Tone der sogen, älteren Meeresmolasse mit marinen Versteinerungen
(Cyprina rotundata). Über der Meeresmolasse folgen nach einer Zwischenschaltung von Sand-
steinen und Konglomeraten (Bausteinzone) die sandig-mergeligen Cyrenenschichten oder die
Brackische Molasse mit den Kohlenflözen. Als bezeichnendste Versteinerungen sind Cyrena semi-
striata und Potámides margaritaceum zu nennen, die sich in den Begleitschichten der Kohlen
oft sehr zahlreich finden. Neben diesen brackischen Formen kommen im oberen Teil der Cyrenen-
schichten Einlagerungen von rein marinen Formen vor, welche zeigen, daß das Molassebecken
zeitweise in ungehinderte Verbindung mit den tertiären Meeresräumen getreten sein muß. Auf
diese Fragen sowie auf die Kohlebildungen usw. kann erst in der II. Abteilung näher einge-
gangen werden.

Das Liegende der Oligozänmolasse ist nicht bekannt, da es weder durch den
Bergbau noch durch Bohrungen aufgeschlossen wurde. Im Süden, wo die ältesten
Schichten (Meeresmolasse) am Alpenrand entlang ausstreichen, ist das Liegende
ebenfalls nicht entblößt, da die Molasse nirgends im normalen Ablagerungs-
verband mit der Kreide- und Flyschzone steht, sondern mittels einer großen
Längsverwerfung an sie angrenzt.
Über den Oligozänschichten sollten nun als nächst jüngere die Schichten der Miozän-Stufe
liegen, wie sie nördlich im jüngeren Tertiärland vorkommen; es findet sich jedoch davon im
ganzen Bereich der Oligozänschichten nirgends eine Andeutung. Ob solche hier nicht abgelagert
wurden oder ob sie als jüngste und deshalb oberste Bildungen schon der Zerstörung anheim-
gefallen sind, darüber läßt sich nichts sagen. Dagegen ist es sehr merkwürdig, daß die Zone der
Oligozänmolasse auch im Norden mittels einer großen Verwerfung, stellenweise sogar Über-
schiebung an die Schichten der Miozänmolasse grenzt, eine Störungsfläche, welche ebenso wie
die vorerwähnte südliche durch das ganze oberbayerische Gebiet bis in die Gegend von
Teisendorf verfolgt werden kann, wo die Oligozänschichten ihr Ende finden, da weiter
im Osten die Schichten der Miozänmolasse oder des Schliers1) an die Kreide- bezw. Flysch-
zone herantreten.
Die Verbreitung der Oligozänmolasse ist auf das b a y e r i s c h e Gebiet beschränkt. Die L a g e r u n g
ist verhältnismäßig einfach, ihre Klärung ist durch den Bergbau sehr gefördert worden. Die
Schichten sind von der Gebirgsfaltung noch ergriffen und in mächtige, weit gespannte Mulden
zusammengefaltet worden, die jedoch durch keine Sättel verbunden sind, sondern mit großen
Längsverwerfungen aneinander grenzen. Von "Westen her treten noch zwei Mulden in unser
Gebiet ein, von denen aber die südliche oder Haushamer Mulde zwischen Au und Feilnbach durch
Heraushebung in die Luft endet, während die nördliche oder Miesbacher Mulde auch noch östlich
des Inns bis in die Teisendorfer Gegend weiter verfolgt werden kann, wenn sie auch ihre regel-
mäßige Form verloren hat; zudem ist die Untersuchung infolge der Überdeckung mit eiszeit-
lichen Ablagerungen sehr erschwert. In größerer oberflächlicher Ausdehnung finden sich Oligozän-
schichten nur zwischen Mangfall und Leitzach, im übrigen sind sie meist nur in tiefer einge-
schnittenen Tälern und Bachgräben entblößt, wie z. B. im Prientale bei Wildenwart und im
Trauntale zwischen Traunstein und Siegsdorf. An letzterer Stelle (im Thalberggraben) sind die
Schichten sehr versteinerungsreich, und es wurden außer maiinen Muscheln und Schnecken auch
Fischreste darin gefunden. Ferner bestehen die im verlandeten Chiemseebecken bei Ubersee auf-
ragenden langen Hügelrücken aus Oligozänschichten.

') Österreichische Bezeichnung.

55
c) Miozän-Stufe.
Ton Landesgeologen Dr. Franz Miinichsdorfer.
I m L a n d s c h a f t s b i l d e des n ö r d l i c h e n A l p e n v o r l a n d e s heben sich deutlich d e r
H a u s r u c k u n d d e r K o b e r n a u s e r W a l d heraus, j e n e z u s a m m e n h ä n g e n d e n , doch
g u t g e g l i e d e r t e n H ö h e n , w e l c h e zwischen Mattig u n d T r a u n rasch auf 7 0 0 — 8 0 0 m
ansteigen u n d d a m i t die d u r c h s c h n i t t l i c h e H ö h e des V o r l a n d e s w e i t ü b e r r a g e n .
Dieses österreichische H ü g e l l a n d b a u t sich wie das n o r d b a y e r i s c h e a u s Schichten
d e r j ü n g e r e n Tertiärzeit auf, w ä h r e n d w e i t e r n a c h W e s t e n h i n die G e l ä n d e o b e r -
f l ä c h e a u s A b l a g e r u n g e n des D i l u v i u m s b e s t e h t u n d T e r t i ä r b i l d u n g e n n u r in d e n
tiefsten E i n s c h n i t t e n als U n t e r g r u n d a u f t r e t e n . H i e r im Osten ergibt sich f ü r
die T e r t i ä r s c h i c h t e n eine s e h r b e d e u t e n d e aufgeschlossene Mächtigkeit, f ü r d a s
m a r i n e Miozän, den Schlier, allein eine solche von ü b e r 1 2 0 0 m. A m besten
b e k a n n t sind die oberen Lagen, w e l c h e i m H a u s r u c k sowohl in n a t ü r l i c h e n A u f -
s c h l ü s s e n entblößt als a u c h d u r c h einen a u s g e d e h n t e n B e r g b a u auf B r a u n k o h l e
künstlich erschlossen sind.
Die Kenntnis der tieferen Schichten dagegen verdanken wir einer Tiefbohrung bei "Wels,
welche 1902/03 bis auf das Grundgebirge (Kordieritgneis) niederging. Als die ältesten Tertiär-
schichten der Weiser Bohrung können Mergelschiefer und Sandsteine von etwa 100 m Mächtigkeit
gelten, die von R. J. SCHÜBERT 1 ) als oligozäne untere Brack- und Süßwassermolasse gedeutet werden.
Absätze eines Oligozänmeeres wurden dabei jedoch nicht angetroffen. Es geht daraus hervor
daß untere Brack- und Süßwassermolasse in geringer Mächtigkeit nach Norden über untere marine
Molasse hinaus vordrang, und daß, wenn eine Meeresverbindung zwischen Bayern und Mähren
im älteren Oligozän bestand, diese doch nicht über "Wels geführt haben kann.
Über diesen Oligozänschichten der Tiefe liegt nach dem Bohrprofil eine mächtige Folge von
mergeligen Absätzen des Miozänmeeres, der Schlier (10—922 m Tiefe).
D e r S c h l i e r ist indes n i c h t die älteste A b l a g e r u n g eines M i o z ä n m e e r e s im
B e r e i c h e des z u r B e s p r e c h u n g s t e h e n d e n Gebietes. Südwestlich von Ried, n ä m -
lich bei Mettmach, tritt u n t e r d e m Schlier grobkörniger, g l a u k o n i t i s c h e r M e e r e s -
s a n d auf, d e r auch n o c h in Streifen in den Schlier fortsetzt.
Er schließt hauptsächlich Fischzähne ein, Schildkrötenreste, Korallen, Austern- und Pekten-
schalen, welche den Sand als u n t e r m i o z ä n e Ablagerung kennzeichnen und daher gleichalterig
mit den Meeressanden erscheinen lassen, die bei Schärding, Ortenburg und Brombach im Rottal
auftreten und mit gewissen Schichten am Alpenrande übereinstimmen.
Am Alpenrand kommt der glaukonitische, grobe, trümmerige Sand zu Sandstein verfestigt
unter Schlier vor bei Miesbach, zwischen Harrein und Gern; er enthält hier zahlreiche Mollusken-
schalen und zeigt überkippte Lagerung. Marine Molasse in derselben Ausbildung findet sich
sowohl in flacher Lagerung als auch stark gefaltet zwischen Inn. Simsee und Chiemsee an vielen
Stellen entblößt nördlich einer Linie, die vom Timminger See über "Wall, Mühltal an der Prien,
nördlich Urschalling nach Harras am Chiemsee zieht und die Nordgrenze des Oligozäns bildet.
Im Trauntale tritt der untermiozäne Meeressand bei Seiboldsdorf auf, hier zum Teil konglomerat-
artig, ferner ist er bekannt im Surtale und seinen Seitenrinnen, an der Talmühle, bei Wagneröd
und im Lußgraben bei Teisendorf. Besonders versteinerungsreich sind die Aufschlüsse im Hoch-
berggraben bei Mehring, bei Mehring selbst und bei "Wimmern im Surtale. Hier enthält das graue
mergelige Trümmergestein außer Glaukonit viele meist quarzige Gerolle. Auch bei Tettenhausen
am Waginger See führt der Meeressand reichlich Versteinerungen und größere Rollstücke. Weiter

*) R. J. SCHUBERT, Die Ergebnisse der mikroskopischen Untersuchung der bei der ärar. Tief-
bohrung zu Wels durchteuften Schichten. Jahrb. d. k. k. Geol. Reichsanstalt Wien 1903. 63. Bd. S. 408.

56
Dach Osten finden sich im Oichtentale bei Wimmern, an der Salzach unterhalb Laufen, bei Osing,
in der Lebenau und in der Lettensau mergelige glimmerreiche glaukonitführende Sande und
lockere Sandsteine. Sie sind aber arm an marinen Konchylienresten, so daß ihre genauere Stellung
im Miozän unsicher bleibt. Dasselbe gilt für den weichen feinkörnigen marinen Sandstein am
Haunsberg, Immersberg und Lielon.

A u f den untermiozänen Meeressand folgt in u n s e r e m Gebiet als n ä c h s t j ü n g e r e s


Glied der Miozänablagerungen j e n e r K o m p l e x sandig-mergeliger Meeresabsätze,
die geologisch als S c h l i e r zusammengefaßt und dem Mittelmiozän zugezählt
werden.
Mit dem österreichischen Namen Schlier (im bayerischen Schlief) werden im Volke alle grauen,
etwas sandigen oder tonigen, meist blätterig brechenden Mergel bezeichnet, welche zum "Verbessern
des Bodens wegen ihres Kalkgehaltes brauchbar sind, also nicht nur jungtertiäre Mergel, sondern
auch Varietäten der Liasfleckenmergel, "Wiener Sandstein und Gosaumergel.1) Schlier als geo-
logische Bezeichnung wird nur für die mittelmiozänen marinen Blättermergel verwendet; sie
wurde von F . C . EHRLICH 1 8 5 0 in die geologische Literatur eingeführt. 1 8 5 4 gab dann M . HÖRNES
die Beschreibung von 30 Arten von Versteinerungen, die aus dem Schlier von Ottnang stammten,
heraus, und auf Grund dieses paläontologischen Befundes erhob E . S U E S S die Mergelablagerung
zu einem bestimmten, doch viel umstrittenen Glied der Tertiärschichten ( 1 8 5 4 ) .
D i e so bedeutende Mächtigkeit der Schliermergel ohne fazielle V e r s c h i e d e n -
heiten in unserem Gebiet — eine Tiefbohrung bei J u l b a c h unweit der Salzach-
m ü n d u n g ergibt in dieser Hinsicht dasselbe Bild — ist n a c h 0 . M. REIS 2 ) darauf
zurückzuführen, daß der Absatz der Mergel in einem grabenartigen Gebiet u n -
u n t e r b r o c h e n e r Senkung erfolgte.
Für die chemische Zusammensetzung der Mergel, welche nach den Analysen von A. SCHWAGER
25—30 v. H. Karbonate enthalten, ist der hohe Magnesiaanteil, ihre dolomitische Beschaffenheit
also, besonders bezeichnend.') An organischen Einschlüssen ist der Schlier nicht eben reich, auch
nicht in seiner Mikrofauna. Am häufigsten finden sich noch Meletta-Schuppen, Seeigelstachel,
Bruchstücke von Flossenstacheln und Foraminiferengehäuse; allen Schliervorkommen gemeinsam
sind hauptsächlich ein Nautilus, Schuppen von Meletta sardinites neben marinen Konchylien
und Besten von Landpflanzen.
W a s dem Schlier eine besondere B e d e u t u n g verleiht, ist die erhebliche M ä c h -
tigkeit bei faunistischer u n d petrographischer Gleichmäßigkeit, f e r n e r die große
Verbreitung, welche E . SUESS4) nachgewiesen hat, und schließlich das A u f t r e t e n
von Gipsknollen, jod- u n d bromhaltigen W a s s e r n , sowie brennbaren Gasen ( E r d -
gas, Methan).
Die meisten und ergiebigsten G a s b r u n n e n in Oberösterreich befinden sich in der Gegend von
"Wels, wo seit 1891 zur Gewinnung von artesischem "Wasser zahlreiche Bohrungen unternommen
wurden. Das Erdgas tritt zumeist in 200—250 m Tiefe auf mit einem Druck bis zu mehreren
Atmosphären. Der Gasgehalt ist sehr verschieden, einige Kubikmeter in der Stunde bis zum
Zehnfachen. Gewöhnlich tritt Gas wie auch "Wasser aus mehreren Schichten ins Bohrloch, so daß
durch eine Bohrung meist nicht ein einziger bestimmter Gas- und "Wasserhorizont ausgebeutet wird.

') EL COMMENDA, Materialien zur Geognosie Oberösterreichs. 56. Jahrb. Mus. Franc. Carol
Linz 1900.
*) 0 . M. REIS, Einzelheiten über Gesteinsarten usw. des niederbayerischen Tertiärs. Geogn.
Jahresh. 31/32. Jahrg. S. 115. München 1920.
*) C. W. v. GÜMBEL, Die miozänen Ablagerungen im oberen Donaugebiet u.a. w. Sitzungsber. d.
Akad. d. "Wiss. München, math.-nat. Kl. 1887. S. 310.
•) E. SÜESS, Das Antlitz der Erde 1. Bd. 1885.

57
Im Bayerischen, wo das Auftreten von Erdgas immer an "Wasser gebunden ist. 1 ) wird der
Gehalt an brennbarem Gas in folgenden Orten zur Beleuchtung oder Beheizung verwertet:
Beding, Tettenham, Harkt!, Bergham b. Marktl und Perach. Der gasreichste Brunnen wurde am
Bahnhof Neuötting erbohrt; er ist 262 m tief und schüttet 1 0 1 in der Sekunde.
Ohne auf die G e s a m t a u s d e h n u n g d e s S c h l i e r m e e r e s hier näher eingehen zu wollen, mag
erwähnt werden, daß sie von Oberösterreich nach Osten zu weit über Niederösterreich und Mähren
hinausreichte und daß schon GÜMBEL seine Ablagerungen nach der Gesteinsbeschaffenheit sowohl
wie nach den organischen Einschlüssen feststellen konnte an verschiedenen Punkten im östlichen
Bayern: am Alpenrand bei Traunstein ui)d Prien, auf Herrenchiemsee und weiter nördlich im
Eottal bei Ottenberg und zwischen Griesbach und Pfarrkirchen.
In Oberösterreich befindet sich der berühmte Schlieraufschluß zwischen Ottnang und Wolfsegg;
andere bemerkenswerte Vorkommen sind an beiden Ufern der Yöckla bei "Wartenberg, am linken
Ufer bei Vöcklabruck, an der unteren Terrasse zu beiden Seiten des Flusses vom Bahnhof Vöckla-
bruck bis zur Mündung in die Ager; an der Aurach oberhalb "Wankham, bei Attnang; an der
Traun unterhalb der Mündung des Ohlsdorfer Grabens und unterhalb des Traunfalles. Nach
G. A. KOCH soll sich Schlier auch hinziehen unter den Schottern von Altmünster bis zur Villa
Toscana am Gmundener See, s ) diskordant auflagernd auf "Wiener Sandstein.
Das E r d g a s , welches in unserem Gebiet als steter Begleiter des Schliers auftritt, kommt in
allen tieferen Brunnen vor, die im Schlier gebohrt sind, besonders in den Tälern der Traun bei
Wels, des Pramflusses, der Trettnach, des Inns von Neuötting bis Neuhaus-Schärding, der Salzach
unterhalb Burghausen, der Rott östlich von Pfarrkirchen und des Sulzbaches. Es ist nicht zu
bezweifeln, daß das Erdgas, weitaus vorwiegend Methan, aus dem Schlier selbst stammt, wo es
durch die Zersetzung der organischen Reste sich bilden konnte und in den grobsandigen Lagen
ansammelte, die in Form sehr flacher ausgedehnter Linsen den sonst schwer durchlässigen Schlier-
mergeln zwischengeschaltet sind. Die gleichen Sandlinsen dienen auch als Wasserspeicher f ü r die
a r t e s i s c h e n B r u n n e n ; ihr Mineralgehalt läßt sich auf die Auslaugung der Salzreste zurück-
führen, welche in den sandigmergeligen Absätzen des Schliermeeres enthalten sind.

Nicht überall schließt das Mittelmiozän nach oben mit den marinen Schlier-
schichten ab. Südwestlich von Mauerkirchen, bei Breitenfurth und gegen Hen-
hart zu, folgt auf die marinen Lagen ein Sandmergel mit Schalen von Brack-
wassermuscheln, namentlich von Oncophora Partschi. Diese Bildungen ent-
sprechen daher den brackischen Miozänschichten in Niederbayern 2 ), die außer-
dem besonders durch eine Schnecke, Melanopsis impresso,, gekennzeichnet sind,
den Kirchberger Schichten bei Ulm und Günzburg, sowie am Alpenrand den
brackischen Vorkommen am Pfänder und südlich von Landsberg,') der festen kalkigen
Molasse bei der Mündung des Eulenbaches in den Kaltenbach östlich von Mies-
bach und schließlich dem Mergel am Ratzinger Berg zwischen Prien und Sim-
see.4) Die weit verstreuten Fundorte zeigen uns, daß das Schliermeer, dieses
„ersterbende Meer" nach E. SUESS in weitem Umfang am Ende des Mittelmiozäns
ausgesüßt wurde, daß demnach die Oncophoraschichten nicht bloß als Fazies-

') F. MÜNICHSDORFER, Erläuterungen z. Bl. N e u ö t t i n g ' l : 25000 S. 36 und Derselbe, Die Gas- und
Schwefelbrunnen im bayerischen Unterinngebiet. Geogn. Jahresh. 24. Jahrg. München 1911. S. 233.
') L. v. AMMON, Die Fauna der brackischen Tertiärschichten in Niederbayern. Geogn. Jahresh. 1888.
*) F. RÜHL, Beiträge zur Kenntnis der tertiären und quartären Ablagerungen in Bayrisch-
Schwaben. 32. Ber. d. naturwiss. Ver. Schwaben und Neuburg. Augsburg 1896. S. 3S3.
4
) M. SCHLOSSER, Geologische Notizen aus dem bayerischen Alpenvorlande und dem Inntale.
Verh. d. Geol. Reichsanst. Wien 1893. S. 192.

58
bildung des sonst marinen Mittelmiozäns in kleineren halbausgesüßten Buchten
aufgefaßt werden kann.
"Wenn wir die Aussüßung des Schliermeeres auch auf große Entfernung, vom Bodensee über Bayern,
Ober- und Niederösterreich bis nach Mähren hin, durch den Nachweis der brackischen Oncophora-
schichten verfolgen können, so bleibt immerhin bemerkenswert, daß eine geschlossene räumliche
Verbreitung dieser mergelig-sandigen Bildungen nur auf einem verhältnismäßig kleinen Gebiet zu
beobachten ist. Es ist östlich begrenzt durch eine Linie, die von Aidenbach in Niederbayern über
Kindibach im ßottal, Ering am Inn bis gegen Henhart nordöstlich von Mattighofen führt; im
Westen bezeichnet die Verbindungslinie von Aidenbach, Pfarrkirchen und der Alzmündung ihr
äußerstes Vorkommen, ehe sie unter jüngeren Schichten untertauchen. Die Mächtigkeit der
brackischen Schichten beträgt bei Simbach a. Inn gegen 70 m, und von hier fällt die ganze Ab-
lagerung deutlich nach "Westen und Süden, worauf schon F. E. SUESS ') aufmerksam machte. Wo,
wie im östlichen Niederbayern und im Hausruck, das Mittelmiozän bloß in der Schlierfazies ver-
treten ist, kann die Brackwasserbildung bereits der Abtragung zum Opfer gefallen sein. Es ist
aber auch nicht unwahrscheinlich, daß die hängendsten Schlierlagen, zum Teil wenigstens, gleich-
zeitig mit den Oncophoraschichten zum Absatz gelangten. Ich möchte annehmen, daß beides für
das östliche Tertiärgebiet des Darstellungsbereiches in Frage kommt.

Im O b e r m i o z ä n ist das Meer aus dem Vorlande durch Hebung 2 ) verschwunden.


Die aus dem älteren Küstengebiet zuströmenden Gewässer füllen das Becken
auf, so daß wir von nun ab nur mehr Süßwasserablagerungen des Tertiärs vor-
finden: Mergel-, Ton-, Sand- und Quarzgeröllschichten. I m Obermiozän sind es
namentlich die feinkörnigen Absätze, welche man als F l i n z zusammenfaßt, 3 ) die
w e g e n ihrer großen Verbreitung im Untergrund des Vorlandes und w e g e n ihrer
geringen Durchlässigkeit als Grundwasserhorizont eine größere Rolle spielen.
Sie sind sehr fossilarm, doch ist es wohl sicher, daß sie durchweg der Stufe
der Helix sylvana angehören. Ihre Lagerung ist wie auch des gesamten übrigen
Miozäns vorwiegend wagrecht; die grobsandigeren Zwischenlagen enthalten in-
des meist artesisch gespanntes Wasser (siehe auch Abb. 8, S. 60).
Westlich vom österreichischen Tertiärhügelland treten die Flinzschichten in den tieferen Tal-
einschnitten zu Tage, so in den Tälern der Mangfall, des Inns, der Alz, der Traun und der
Salzach. Am Westgehänge des letzteren Flusses fand L. v. AMMON nördlich von Burghausen im
Flinzmergel Pflanzenreste und ein schwaches Braunkohlenflöz.
Während im Westen wahrscheinlich im jüngeren Pliozän die jüngsten Tertiärschichten zu
einem großen Teil wieder zerstört und abgetragen wurden, sind sie im Hausnick und im Kober-
nauser Wald noch erhalten. Auf dem Schlier, der bei Wolfsegg bis auf 622 m Meereshöhe herauf-
reicht und in versteinerungsleere Sande übergeht (in denen möglicherweise die brackische Fazies*)
vertreten ist), folgt eine Schichtenreihe von 20—50 m Mächtigkeit; es sind Letten- und Ton-
schichten, welche eine auf mehrere Flöze verteilte autochthone6) Braunkohlenablagerung ein-
schließen und zum Unterschied vom Liegenden fast kalkfrei sind. Die genaue Altersbestimmung

') F. E. SUESS, Beobachtungen über den Schlier in Oberösterreich und Bayern. Annalen des
naturhist. Hofmuseums Wien 6. Bd. 1891, S. 424, und F. MÜNICHSDORFER, Erläuterungen zur geo-
logischen Karte von Bayern 1 : 25000, Blatt Neuötting, München 1923, S. 4.
*) Was das Maß der Hebung im Vorland anbetrifft, so sei darauf hingewiesen, daß z. B. am
Hausruck mittelmiozäner Meeresboden, Schlier, bis in 622 m Höhe ansteht.
*) F. MÜNICHSDOBEER, Erläuterungen zu Bl. Neuötting 1 : 25000. S. 6—8.
4
) Brackische Bildungen sind aus Brackwasser abgesetzt, d.h. aus einer aus salzigem und
süßem Wasser zusammengesetzten Mischung.
*) Autochthon, autos, gr. = derselbe, chthon = Erde; an Ort und Stelle gebildet.

59
auf Grund organischer Einschlüsse ist noch nicht gelungen; am wahrscheinlichsten ist, daß diese
braunkohlenführenden Ton- und Lettenschichten an die Grenze von Miozän und Pliozän zu
stellen sind.
Das Vorkommen von B r a u n k o h l e n f l ö z e n im Hausruck ist schon seit den 60er Jahren des
18. Jahrhunderts bekannt. Die erste Beschreibung der Lagerungsverhältnisse von Thomasroith,
die mit denen von Wolfsegg übereinstimmen, erfolgte durch E H R L I C H 1850. Darnach liegen die
Flöze im allgemeinen ziemlich wagrecht, zeigen aber noch gelegentlich flache Mulden. Die Braun-
kohlenablagerung ist nachgewiesen von der im äußersten Osten liegenden Grube bei Wolfsegg

Abb. 8.
Das Bett des Inns zwischen Mühldorf und Ebing.
Im Alpenvorland ist das tertiäre Grundgebirge meist nur in den tief eingeschnittenen Flußläufen entblößt.
Ein lehrreiches Beispiel zeigt obiges Bild. Durch die Überleitung des Innwassers in den Kanal des Töginger
Inn-Wasserkraftwerkes und durch die anhaltende Trockenheit des Winters 1924/25 ist das Bett des Inns fast
wasserleer und gewährt einen lehrreichen Einblick. Im Vordergrund ist die zerfressene und von Strudel-
löchern durchsetzte Sohle des Flusses, die in den Flinz eingesenkt ist, sichtbar. Die seitliche Wand des
Bettes im Hintergrunde rechts besteht in ihren unteren zwei Dritteln ebenfalls aus Flinz, darüber liegen
Schotter. Infolge der Undurchlässigkeit der Flinzmergel staut sich auf ihnen das in den Schottern fließende
Grundwasser und tritt an der Grenze zwischen Flinz und Schotter in Form von zahlreichen Quellen aus,
die auf dem Bilde deutlich sichtbar sind, da sie zur Zeit der Aufnahme zu Eiskaskaden gefroren waren.
Aufnahme von Regierungs-Baumeister FEDERL.

durch den ganzen Hausruck, Kobernauser Wald und Henhart bis zum Mattigtal, also auf 35 kin
Entfernung hin bei einer Breitenentwicklung von 10—15 km. Die Schichten fallen dabei deutlich
nach Westen: Im östlichen Hausruck nehmen sie etwa 650 m, im Mattigtale bloß 520—550 m
Höhe ein. Erhalten sind die Flöze nur dort, wo auch die pliozäne Schotterdecke nicht abgetragen
ist. Westlich vom Mattigtal kennt man die Kohlenflöze unter jungen Bildungen, und an der
Salzach streichen sie schon sehr tief zwischen Wildshut und etwa Radegund aus bei rund 380 m
Meereshöhe. Auf der bayerischen Seite setzt sich das Vorkommen fort: Ausbisse im Ölinger
Graben und bei St. Georgen unweit von Laufen und im Schlichtener Graben bei Tittmoning
weisen darauf hin.

60
Bei "Wildshut besteht das Flöz aus vier Bänken von 3 m Gesamtmächtigkeit, die längere Zeit
bergmännisch abgebaut wurden. Die im Hangend-Ton gefundenen Pflanzenreste gehören der
Miozänflora an. Mit dem "Wildshuter Vorkommen werden in Zusammenhang gebracht ein schwaches
Flözchen am Laßberg nördlich von Tannberg, Funde im "Weilhartforst und Lachforst, sowie südlich
davon bei Parz, im Tale zu Bradirn, am Steinberg bei Moosdorf, zu Roitham, zu Untersteinbach
bei Oftermiething, Stein bei Heigermoos, Moosach bei St. Pantaleon, am Hart bei Eanshofen,
unweit von Mattighofen und Munderfing. 1 ) Vorkommnisse bei Heiligenstatt und Frauscheck stellen
höchstwahrscheinlich die Verbindung her mit dem Kobernauser "Wald.
Der Hauptsitz des B r a u n k o h l e n b e r g b a u e s ist im H a u s r u c k , wo die Gruben zu Thomas-
roith und "Wolfsegg von einer einzigen Gesellschaft betrieben werden. Kleinere Baue von Privaten
befinden sich bei Pramet und Eberschwang; hier im Innviertier Revier besteht das Flöz aus fünf
Bänken und vier Zwischenmitteln. Die horizontale Lagerung der Kohlenflöze gestattet einen
einfachen Stollenabbau.

d) Pliozän-Stufe.
Von Landesgeologen Dr. Fr. Münichsdorfor.

Das jüngste Tertiärgebilde unseres Gebietes stellen die an 150 m mächtigen


H a u s r u c k s c h o t t e r dar, welche zumeist aus Quarzgeröllen bestehen und als
dem Belvedereschotter gleichalterig betrachtet werden. Sie sind zuweilen durch
kalkiges, seltener durch kieseliges Bindemittel zu Konglomeraten verfestigt; ver-
kieselte Hölzer sind alles, was an organischen Resten darin vorkommt. Die Ge-
rolle sind selten von Kopfgröße, meist von Doppelfaustgröße; 2 ) Zwischenlagen
von Quarzsand erreichen oft größere Mächtigkeit.
Die Schotter lassen das "Wasser der Niederschläge leicht versickern; erst auf den Braunkohlen-
tonen staut sich das eingedrungene Wasser und bildet an den Hängen des Hausrucks gerne
Überfallquellen. Hier finden sich dann AViesen, auch kleine Quellmoore, während die Schotter-
ablagerung selbst mit ihrer dürftigen Verwitterungsrinde fast ausschließlich "Waldbestand trägt
Nach C. "W. v. GÜMBEL stammen die Quarzgerölle aus Quarzlinsen der Glimmerschiefer und
Phyllite der Mittelalpen. Das Gesteinsmaterial umfaßt außer Quarz hauptsächlich roten Werfener
Sandstein, Verrucano, 8 ) Granit, Gneis und Quarzglimmerschiefer; vertreten sind noch Hornblende-
schiefer, granatführender Diorit, roter Felsitporphyr, Augitporphyr, epidotreiche Gesteine, Ser-
pentine, rote und schwarze Hornsteine. Kalk- und Dolomitgerölle sind sehr selten. Ein Teil der
Gerolle scheint sogar aus den nördlichen IJrgebirgsgegenden zu kommen. 4 )
Im nördlich angrenzenden bayerischen Gebiet sind diese Schotter am mächtigsten am Südrand
des Tertiärhügellandes bei Simbach und Ering entwickelt, wo sie gegen 100 m mächtig sind
(Schellenberg) und obermiozänen Sanden und Mergeln aufliegen. Konglomerate mit k a l k i g e m
Bindemittel kennen wir hier jedoch nicht. Die einzige verfestigte Geröllschicht ist eine Quarz-
konglomeratbank mit q u a r z i g e m Bindemittel von l ' / i r a größter Mächtigkeit, die sich weit nach
Norden und etwas auch nach Westen verfolgen läßt. Unterhalb dieser Konglomeratbank kommt
häufig eine bis 30 m mächtige Ablagerung von Porzellanerde zwischen den Gerollen vor, deren
hoher Eisengehalt jedoch allein schon einer lohnenden Ausbeute im Wege steht. Nach Norden
hin, zwischen Inntal und Rottal, keilt das Obermiozän aus und das Liegende der Pliozänschotter
bildet weiterhin das brackische oder marine Mittelmiozän.

») H . COMMENDA, a. a. 0 . S. 1 6 9 — 1 7 0 .
*) A. KÖNIG, Geologische Beobachtungen in Oberösterreich. M. Karte. Jahrb. d. Mus. Franc
Carol. Linz 1910. S. 19.
®) Verrucano, alpine permische Konglomerate.
4
) C. "W. v . GÜMBEL, D i e m i o z ä n e n A b l a g e r u n g e n u . S . W . S . 3 2 2 .

61
5. Die Quartärformation.
Von S t u d i e n r a t D r . L u d w i g Simon,

a ) Eiszeitliche Bildungen. 1 )
Den Hauptanteil an der Herausarbeitung des heutigen Formenbildes trägt die E i s z e i t und
ihre Folgeetappen bis zur geologischen Gegenwart. Dabei handelt es sich im I n n e r n der Alpen
überwiegend um die Feinformung der durch Schichtbau und Tektonik vorgezeichneten Massen-
gliederung, während das Vorland im wesentlichen die mannigfachen Ablagerungsformen birgt,
in denen die aus den Alpen verfrachteten Schuttmassen zur Ruhe und Festigung gelangten.4)
Als abgeschwächte Fortsetzung und Ausklang der gebirgsbildenden Krustenbewegungen in den
voraufgegangenen Erdgeschichtsperioden reichen S c h i c h t s t ö r u n g e n durch die ganze Diluvial-
zeit bis in die Gegenwart herein. Besonders eine Hebung des Alpenrandes um stellenweise 200 m,
die im Verlauf der Diluvialzeit erfolgte, ließ sieb an mehreren Punkten nachweisen *) und im
Salzachgebiet befindet sich die stärkste Senkungszone der Gegenwart, welche das Präzisions-
nivellement in den letzten Jahrzehnten festzustellen gestattete.4) Solche Hebungen und Senkungen
wirkten dann wieder auf die talbildende Tätigkeit des fließenden Wassers: Stufungen und Ver-
schüttungen, Klamm- und Beckenbildungen sind dadurch mitbedingt*) und die Wirkungen des
Gletschereises und seiner Begleitfaktoren erfuhren die verschiedenste Beeinflußung, der im ein-
zelnen nachzugehen der Rahmen des „Abrisses" verbietet.
Die Eiszeit war ausgezeichnet durch ein m e h r m a l i g e s V o r d r i n g e n d e r A l p e n g l e t s c h e r ,
welche erst die Täler hochhinan erfüllten, um sich schließlich gegen das Vorland breit ausladend
zu ergießen. Da über Dauer und Umfang dieser Schwankungen noch keine vollkommen einheit-
liche Auffassung besteht, sei die von A. PENCK6) herrührende C h r o n o l o g i e der v i e r E i s z e i t e n
nach den Flüßen Günz, Mindel, Riß, Würm hier beibehalten, wobei aber im vorliegenden Ge-
biet eine Trennung der beiden älteren nur an wenigen Stellen möglich ist.
In den A b l a g e r u n g s f o r m e n lassen sich — naturgemäß ohne scharfe Abgrenzung — fol-
gende Gruppen unterscheiden:
1. Ablagerungen in unmittelbarer Eisnähe: Wallmoränen, Flachmoränen, Drumlins, Asar.
2. Ablagerungen des fließenden Wassers: Moränenverschwemmungen, Randterrassen, Schotter-
felder, Kalksinter.
3. Absätze in stehendem Wasser (teilweise organogener1) Herkunft): Deltakegel, Seetone und
Seekreiden, Schieferkohlen, Torf.
4. Unter Mitwirkung des Windes erfolgte Ablagerungen: Löß und Decklehm.
Dazu treten besonders im Gebirge noch Bachschuttkegel, Gehängeschutt und -Breschen^
sowie Bergstürze.

') Auf der geologischen Karte mit d bezeichnet. Quartär, quartarius, lat. = der vierte (vgl.
Anm. 2 S. 43).
s
) Um den Umfang der einzelnen Abteilungen des „Abrisses der Geologie von Bayern" nicht
zu sehr zu belasten und Wiederholungen soweit möglich auszuschalten, wird die zweite Abteilung
eine genauere Allgemeinbesprechung der verschiedenen Ablagerungen und Formelemente bringen,
während in der ersten nur die speziellen Vorkommnisse im Gebiet von Inn, Salzach und öster-
reichischer Traun in gedrängter Kürze behandelt werden.
') F. LEVY, Quartäre Forment wicklung der Schlierseer Berge und ihrer Nachbarschaft (Ost-
alpine Formenstudien Abt. 1 H. 2), Berlin 1922, S. 76.
4
) Vgl. M. SCHMIDT, Untersuchung von Höhen- und Lageänderungen von Messungspunkten im
bayerischen Alpenvorland (Sitzungsber. d. Bayer. Akad. d. Wiss.).- München 1918.
6
) Vgl. 0. AMPFEREK, Über die Entstehung der Hochgebirgsformen in den Ostalpen. Zeitschr.
d. D. u. Oe. A.-V. 1915 S. 72 ff.
6
) A. PENTE und E. BRÜCKNER, Die Alpen im Eiszeitalter. Leipzig 1909. Von Einzelzitaten dieses
für jede alpin-glaziale Betrachtung nach wie vor grundlegenden Werkes muß aus Raumgründen
abgesehen werden.
') Organogen, organon, gr. = Lebewesen, genao, gr. = erzeugen, durch Lebewesen gebildet.

62
Alle diese Gebilde sind ursprünglich locker, können aber unter geeigneten Umständen durch
Verkittung mit Kalk- oder Tonsubstanz verfestigen und bilden so zum Teil die „Nagelfluhen".
Diese V e r f e s t i g u n g zur Altersunterscheidung zu benützen ist nur mit großer Vorsicht möglich
und von Fall zu Fall besonders zu überprüfen.
Die vorgenannten Ablagerungsformen seien in den folgenden Ausführungen nach zeitlichen
und räumlichen Gesichtspunkten sinngemäß zusammengefaßt.

Der Deckenschotter.
Als ältestes Glied der eiszeitlichen Gebilde ruht auf dem Miozän des Vorland-
untergrundes ein m e i s t g u t v e r k i t t e t e r S c h o t t e r , der als Baustein ziemlich
geschätzt ist. Fast überall enthält er reichlich zentralalpine Gerolle, die aber zum
Teil, besonders in der Nähe des Hausrucks, den miozänen Quarzkonglomeraten
entstammen.
Im bayerischen Gebietsanteil ist seine f l ä c h e n h a f t e A u s b i l d u n g nur wenig umfangreich
bei Peterskirchen zwischen Inn und Alz, am linken Alzufer bei Unterneukirchen sowie am
Höhenberg bei Burghausen zu beobachten; meist begleitet er nur die Becken- und Talungsränder
als steile " W a n d s t u f e unter jüngerer Bedeckung. In dieser Form tritt er auf im Mangfallknie
zwischen Darching und Altenburg, an den Tälern und Becken der Glonn, Moosach und Attel,
an der Alz von Altenmarkt abwärts bis gegen Neukirchen und am Westrand der Pallinger Furche.
Größere Bedeutung gewinnt er dann wieder auf österreichischem Boden beiderseits der Mattig
um Uttendorf und Mauerkirchen sowie im Traungebiet, wo er sich wie im Schwäbischen in zwei
Stufen, einen älteren (Günz-) und jüngeren (Mindel-) Deckenschotter gliedern läßt; der letztere
tritt hier auch mit Mindelmoränen in Verknüpfung, welche hier im Gegensatz zu den bayerischen
Verhältnissen am weitesten vorgeschoben sind.

Rißmoränen und Hochterrassenschotter.


Im allgemeinen deuten die Ablagerungen der vorletzten (Riß-) Vergletscherung
auf den w e i t e s t e n V o r s t o ß d e s E i s e s . Die flachwelligen, meist tief hinein
verwitterten und von später aufgelagertem Decklehm überzogenen M o r ä n e n
dieses Eiszeitabschnittes begleiten als wechselnd breites Band, von jüngeren Tal-
furchen mehrfach zerstückelt, den Außenrand der Jungmoränenlandschaft.
Vor dem Tölzer Arm des I s a r v o r l a n d g l e t s c h e r s schieben sie sich zwischen Tegernsee
und Taubenberg vor, bedecken den dreieckförmigen Raum zwischen Maugfall und Schlierach
sowie als dünner Überzug die Hänge des Taubenberges. Inselförmige Reste eines gegen die Sempt-
niederung bis Erding vorgestreckten Zungenbogens vom I n n v o r l a n d g l e t s c h e r bilden die Vor-
kommnisse bei "Wolfersberg, Zorneding, zwischen Anzing, Schwaben und Gelting und im Mündungs-
winkel von Sempt und Schwillach. Als geschlossene Masse ziehen sie über Isen zum Inntal,
dessen Jungschotterebene sie zwischen Gars und Aschau abschneidet. Jenseits desselben erheben
sie sich zwischen Jettenbach und Schnaitsee, um dann bei Emertsham im einspringenden Winkel
auf die Moränen des S a l z a c h V o r l a n d g l e t s c h e r s der Rißeiszeit zu stoßen, deren Außenrand
bei Garching dio Alz, bei Burghausen die Salzach überschreitet und nach mehrfacher breiter
Unterbrechung an der Mattig wieder nach Süden biegt. Zwischen Straßwalchen und Vöcklabruck
lagert sich der rißeiszeitliche Grenzzug des T r a u n g l e t s c h e r s , der auch in gesonderter Zunge
sich aus dem Gebirgstor bei Gmunden ins Vorland stülpt.
D e r l a n d s c h a f t l i c h e E i n d r u c k der Altmoränengebiete ist zwar im großen
ziemlich eintönig, belebt sich aber im einzelnen durch den raschen Wechsel
kleiner "Waldparzellen mit Wiesen und Fruchtland, das zahllosen Einödsiedelungen
Raum gibt.

63
Nach außen verliert sich der hügelige Charakter, die M o r ä n e n gehen in
S c h o t t e r ü b e r , in V e r w i t t e r u n g u n d B e d e c k u n g d e n M o r ä n e n n o c h völlig ä h n l i c h .
M i t s t e i l e r B ö s c h u n g , als e c h t e „ H o c h t e r r a s s e n " , s e t z e n sie g e g e n die j ü n g e r e n
S c h o t t e r f e l d e r d e r W ü r m e i s z e i t a b ; i h r e O b e r f l ä c h e n s i n d z u m g r ö ß t e n Teil e n t -
waldet und dem Feldbau dienstbar gemacht.
Solohe ausgedehnte, durch jüngere Talfurchen streifenförmig zerschnittene Hochterrassenfelder
liegen südlich des Taubenberges, zwischen HaDgfall und Teufelsgraben, besonders charakteristisch
südlich von Mühldorf zwischen Inn und Alz sowie im Österreichischen an der Mattig und Traun.

Ältere Diluvialablagerungen im Jungmoränengebiet und in den Alpen.


A u ß e r den in zusammenhängenden Lagen erhaltenen Deckenschotterresten birgt
das Ausbreitungsgebiet der jüngsten Vergletscherung an zerstreuten Punkten
B r u c h s t ü c k e älterer Bildungen, deren zeitliche E i n o r d n u n g bei der Schwierigkeit
d e r P a r a l l e l i s i e r u n g n o c h v i e l f a c h u n g e k l ä r t u n d u m s t r i t t e n ist. D i e w i c h t i g s t e n
dieser Stellen seien daher hier n u r kurz angeführt.
Noch außerhalb des Jungendmoränenzuges fanden sich fossilführende T o n e u n d T o r f e ,
wahrscheinlich der Riß-Würminterglazialzeit entstammend, bei Au am Inn und Aschau; letztere,
heute verschwundene Stelle ergab unter anderem 1868 das vollständige Skelett von Rhinoceros
antiquitatis der Münchener paläontologischen Sammlung. D e l t a b i l d u n g e n in interglazialen
Seen, vielfach zu fester, bauwürdiger Nagelfluh verkittet, lagern im Inntal am Biberhügel bei
Brannenburg, im Priental bei Aschau und bei Salzburg am Mönchsberg, Rainberg und im Park
von Hellbrunn sowie in dessen weiterer Umgebung bei "Weildorf, Osing, Dürnberg, Steinmasl
und anderen Orten.
A l t e r e S c h o t t e r bilden auch die Grundlage der Feste Gruttenstein bei Reichenhall — sie
sind besonders bemerkenswert, da sich in ihnen junge Verwerfungen nachweisen ließen *) — und
gewinnen in der Gegend von Berchtesgaden als Ramsauer Mühlsteinfels größeren Raum. Die
Nagelfluhinsel von Anger zwischen Reichenhall und Teisendorf ist nach Beobachtungen des Ver-
fassers als eine moränennahe Schotterbildung während eines Rückzugstadiums der Riß vergletscherung
aufzufassen. Rißeiszeitliche Nagelfluhe begleitet auch die bayerische Traun bis tief in ihre Quell-
täler hinein und ist nur von einer dünnen Lage jüngerer Schotter überdeckt. Auf den Höhen
der Berge selbst zeugen alte G e h ä n g e b r e s c h e n von interglazialen Verschüttungen, wie z. B.
am Staufennordfuß.
In besonderem Maße fand die Verschotterung des Inntales und seiner Nebentäler Beachtung,
so daß heute mit ziemlicher Sicherheit zwei Schottersysteme auseinandergehalten werden können,
deren älteres, einem höheren Talboden aufruhendes, mit Resten bei Durchholzen und Vorder-
thiersee man der Günz-Mindelinterglazialzeit, das jüngere, noch unter die heutige Talsohle hinab-
greifende der Riß-Würmzwischeneiszeit zuweisen mag.2)

Die wärmeiszeitlichen Bildungen.


Die Wirkungszeugnisse der letzten Vergletscherung, von späteren V e r ä n d e r u n g e n
n u r stellenweise u n d unwesentlich verwischt, liegen am deutlichsten ausgeprägt
u n d f o r m b e s t i m m e n d i n d e r L a n d s c h a f t d e s A l p e n v o r l a n d e s , sie g e b e n a u c h e i u e m
g u t e n Teil d e r A l p e n t ä l e r u n d - g e h ä n g e die P r ä g u n g . D i e V e r f o l g u n g i h r e r Zu-
s a m m e n h ä n g e g e s t a t t e t e i n e n oft bis i n s k l e i n s t e g e h e n d e n E i n b l i c k in d e n V e r -
lauf d i e s e r Vereisungsperiode.

*) Nach freundlicher mündlicher Mitteilung von Oberbergdirektor Dr. 0. M. Reis.


J
) F. LEVT, a . a . O . S. 114 ff.

64
I n d e r breiten, w e n n auch zwischen I n n u n d Salzach im einzelnen reich zergliederten S e n -
kungszone zwischen den kristallinen Zentralmassiven u n d dem vielfach m a u e r a r t i g e n Südrand
d e r Kalkalpen sammelte sich all das Bis, das vom Z e n t r a l k a m m n o r d w ä r t s abströmte, zu zwei
gewaltigen R h i z o m g l e t s c h e r n 1 ) im I n n t a l und in der vom P i n z g a u zur E n n s f ü h r e n d e n
F u r c h e . Ü b e r die Kitzbüheler Schieferalpen hinweg standen sie durch, ein ziemlich u n r u h i g e s
Mittelstück von vielfach wechselnder S t r ö m u n g s r i c h t u n g in Verbindung. D u r c h die Lücken der
Kalkalpen drängte das Eis nach Norden u n d erhielt beträchtlichen Zuwachs d u r c h die von
den massig entwickelten und hoch a u f r a g e n d e n Stöcken herabkommenden Lokalgletscher. A n

Abb. 9.
Endmoräne bei Schambach (südlich von Garsa. Inn).
Das Bild zeigt die wallförmige Ausbildung der würmeiszeitlichen Endmoräne des Inngletschers. Von solchen
Moränenwällen ist das ganze ehedem von der Zunge des Inngletschers bedeckt gewesene Gebiet umsäumt.
Aufnahme von DR. J. KNAUER.

m e h r e r e n Stellen, wie im Tal der Roten Valepp, am H o c h g e r n und im B e r c h t e s g a d e n e r Land


v e r h i n d e r t e n diese letzteren das Eindringen der zentralalpinen Eismassen. Jedenfalls aber war
das Talnetz d e r Kalkalpen bis ü b e r 1500 m hinaus mit Eis erfüllt, so daß die h ö h e r e n Gipfel
u n d G r u p p e n inselartig d e r Eisflut entragten.
"Wo sich Quertäler gegen das Vorland öffneten, quollen in ziemlich raschem Abfall die Stamm-
gletscher d e r Vorlandvereisung h e r a u s . D a aber die höher gelegenen Q u e r f u r c h e n und P a ß t o r e
n a t u r g e m ä ß weniger Eis empfingen, blieben ihre Gletscher vielfach hart am Gebirgsrande, ja noch
innerhalb des Gebirges stecken. I m österreichischen Gebiet jenseits der Salzach wird dies infolge
•der a b n e h m e n d e n Eismächtigkeit zur Regel.
So bargen die drei S t a m m t ä l e r des M a n g f a l l g e b i e t e s selbständige Gletscherzungen, deren
E n d e n am Tegernsee zwischen Kaltenbrunn u n d Ostin, am N o r d r a n d e des Schliersees und im
Leitzachtal zwischen Grabenau und Schwarzenberg ihre schön geschwungenen E n d m o r ä n e n b ö g e n
anlegten.

') Rhizom gr. = Wurzelstock.


Abriß d. Geol. v. Bayern I. 5
Ähnliche Verhältnisse zeigen die Quelläste der T r a i i n . Südlich von Eisenärzt endete der
Gletscher der Weißen Traun, nachdem er in der Weitung von Ruhpolding noch einen stumpfen
Ast ostwärts auf das Plateau zwischen Kienberg und Sulzberg vorgeschoben hatte. Durch Kien-
bergl und Falkenstein gedreifacht drang der Gletscher der Roten Traun gegen Inzell hinaus, sein
westlicher Ast allerdings füllte nur das kleine Wildmoos und hielt vor der mächtigeren Sperre
eines Lokalgletschers des Kienberges. Die beiden andern aber vereinigten sich nördlich des Falken-
steins wieder, buchteten ins Weißenbachtal bis 2 km vor Adlgaß und endeten im Haupttal zwischen
Gschwall und Thum.
Dagegen speisten die Stämme des Inntales, der Prien und der Großache den I n n v o r l a n d -
g l e t s c h e r , 1 ) das größte und geschlossenste Gletscherfeld auf bayerischem Boden. Weitaus den
Löwenanteil an der Eislieferung trug das Inntal, während das Gletscherfeld des Großachengebietes
nur als schmächtiges, zur Seite gedrücktes Anhängsel erscheint und der zwischen beiden ein-
geklemmte Priengletscher «ben noch mit den anderen verschmolz. Der Vorlandfächer des Inn-
gletschers streckt am Fuß der Flyschberge westlich Brannenburg einen schmalen Arm bei Deisen-
ried gegen das Leitzachtal vor, die Hauptmasse aber dringt vom Hooheck westlich, überschreitet
bei Parsberg die Leitzach und begleitet dann die Mangfall bis zu ihrem Knie bei Grub. Von
hier setzt der großzügige, randlich kaum merklich gebuchtete Viertelsbogen an, der über Pframem
und Kirchseeon zum Scheitelpunkt bei Haag leitet. Der Ostflügel überschreitet den Inn oberhalb
Gars, schiebt zwischen Wang und Schnaitsee einen Teilbogen gegen Kirchloibersdorf, weiter südlich
einen breiteren gegen Kirchstätt vor und stößt bei Seeon rechtwinkelig auf den Rand des Chiem-
seeteilgletschers. Dieser setzt bei Offling über die Alz und leitet längs der Traun zum Gebirgsfuß
zurück, an den er bei Mariaeck anschließt (siehe Abb. 9, S. 65).
Von etwas geringerer Ausdehnung, aber immer noch mächtig genug entwickelte sich der
S a l z a c h v o r l a n d g l e t s c h e r aus den Stämmen des Saalach- und Salzachtales. Am Staufenkamm
trat er mit 1000 m Oberflächenhöhe aus dem Gebirge und senkte sich längs der Flyschvorhöhen,
die dortigen Täler mit mächtigen Moränenmassen sperrend,') zum Neukirchener Sattel und gegen
Traunstein, wo er dem Inngletscherrand auf 1 km genähert war. In schwacher Kerbung leitet
der Rand nordwärts zum Scheitel am Salzachdurchbruch von Nunreut, während die Ostflanke
auf österreichischem Boden infolge der stärkeren Gliederung des Untergrundes in mehreren Teil-
zungen bei Feldkirchen, an der Mattig, bei Niedertrum, Steindorf und Pleinfeld auslappte.
Östlich von Salzburg stieß er hart zusammen mit den Teilzungen der S a l z k a m m e r g u t v e r -
g l e t s c h e r u n g , die sich nicht mehr zu einem Vorlaudfächer vereinigen konnten, sondern
nur noch die getrennten Becken von Thalgau, Zell, der oberen Ager, des Atter- und Traunsees
füllten.
Infolge des Absinkens der Eisoberfläche gegen Osten zu traten in den nördlichen Vorbergen
immer größere Höhengruppen frei aus der allgemeinen Eisflut hervor und so bot sich die Mög-
lichkeit zur Entwicklung vollkommen selbständiger L o k a l g l e t s c h e r z u n g e n . Zwei solche lagen
im Hochfellngebiet im oberen Weißachen- und Schwarzachental, zwei am Nordhang des Inzeller
Kienbergs, deren Zungen am Froschsee und bei der Schmelz sich zwischen die Ruhpoldinger und
Inzeller Talgletscher zwängten. Am großartigsten war die Vergletscherung der Staufennordseite,
die am Frillensee und im Großwald ihre Endlagen mit mächtigen Wettersteinkalkmoränen be-
zeugten. Noch weit beträchtlichere Rolle spielte die Lokalvergletscherung im Österreichischen,
deren Einzelbetrachtung aber hier übergangen sei, um den Raum nicht zu überlasten.

') Einen vortrefflichen Überblick über die glazialen Verhältnisse dieses Gebietes gibt die
geologisch-morphologische Karte des diluvialen Inn-Chiemseegletschers von Dr. K . TBOLL (erschienen
als Beilage der Mitt. d. Geogr. Ges. München XVI. Bd., H. 3, München 1923). Erläuterungen
dazu bringt Bd. XVII H. 1 S. 1 ff. Das Inn- und Chiemseevorland, sowie die größere Arbeit: Der
diluviale Inn- und Chiemseegletscher, das geographische Bild eines typischen Alpenvorland-
gletschers. Stuttgart (Engelhorns Nachf.) 1924.
') L. SIMON, Das Diluvium zwischen Staufen und Teisenberg. Geognost. Jahreshefte X X X I I I .
München 1922. S. 231 f.

66
An den geschilderten Außenrändern der Eismassen wirkten als formbestimmende
Faktoren hauptsächlich Wasser und Wind. Ersteres teils grabend und Täler in
den älteren Untergrund schürfend, teils flächenweise aufhöhend und Geschiebe
breitend. Viele dieser Furchen vGrloren mit dem Verschwinden des Eises ihr
Quellgebiet und liegen heute als U r s t r o m t ä l e r trocken. Der Wind brachte den
Staub auf die älteren Schotter und Moränen und setzte ihn als L ö ß ab.1)

Abb. 10.
Die g r o ß e S c h l i n g e d e s I n n s b e i W a s s e r b u r g .
Nach dem Rückzug des würmeiszeitlichen Inngletschers begann der aus dem Rosenheimer Seebecken ent-
springende Inn sich in die Moränen- und Schotterablagerungen der eben abgelaulenen Eiszeit einzutiefen.
Dabei wurden die anfangs durch Zufälligkeiten bestimmten Krümmungen des Flusses immer ausladender
(Mäanderbildung), wodurch das Flußbett nicht nur eingetieft, sondern auch ständig verbreitert wurde.
Ursprünglich lag das Innbett am westlichen Ende von Wasserburg nahe der Oberfläche der Schuttdecke.
Je tiefer der Inn sich eingrub, desto weiter nach Osten verlegte er sein Bett, indem durch den Wasseranprall
die mächtigen Würmmoränen- und Niederterrassenschotter angenagt, zum Einsturz gebracht und fortge-
schwemmt wurden. Dieser Vorgang würde heute noch audauern, wenn das östliche Steilufer, die sog. Inn-
leite, nicht durch Einbauten (Buhnen) gegen den Anprall des Wassers geschützt wäre. Das Bild zeigt den
Umlaufhügel, |iiber den ! das Flußbett allmählich in seine heutige Tiefenlage herabseglitten ist; auf ihm
erhebt sich heute Wasserburg. Am östlichen Steilabhang sind die mächtigen Ablagerungen der Würmeiszeit
aufgeschlossen; hier kann man die Verknüpfung der würmeiszeitlichen Moräne mit den Niederterrassen-
schottern studieren. In der Ferne gewahrt man die Hügelzüge der wallförmigen Endmoräne, die das Becken
des Inngletschers umsäumen.
Aufnahme von DR. J. KNAÜER.

Die Felder des N i e d e r t e r r a s s e n s c h o t t e r s füllen teils die schmalen Wei-


tungen vor den kleinen Gletscherenden an den Quelltälern der Mangfall und
bayerischen Traun sowie im Salzkammergut, oder bilden die Sohle der Urstrom-
täler zwischen den scharf zerschnittenen Flächen der Altmoränen, des Hoch-
terrassen- und Deckenschotters, wie beiderseits des Taubenberges, an der Nordost-
flanke des Innvorlandgletschers und im Yorgelände des Salzachvorlandgletschers.
Zu a u s g e d e h n t e n „ E b e n e n " o d e r b e s s e r gesagt f l a c h e n S c h u t t k e g e l n entwickeln sie sich an d e r
W e s t f l a n k e des I n n v o r l a n d g l e t s c h e r s , wo sie d e n Ostteil d e r M ü n c h n e r „ s c h i e f e n E b e n e " bilden
u n d gegen N o r d e n zu, wo das G r u n d w a s s e r ü b e r die auskeilende Schotterlage h e r a u f s t e i g t , u n t e r

') Ü b e r die Einzelheiten d e r Bildung u n d B e s c h a f f e n h e i t von N i e d e r t e r r a s s e n s c h o t t e r u n d L ö ß


vgl. A b t e i l u n g I I .
die Torf- und „ A W l a g e r des Erdinger Mooses tauchen. Ein kleines Nebenstück dazu ist die Ebene
des Ebersberger Forstes mit ihren moosigen Ausläufen zur Sempt- und Sohwillachtalung.
Aus den drei Teilschotterkegeln des Inns, der Alz und Salzach baut sich die Niederterrasse
längs des Inns auf, wobei sich der mittlere Sektor durch seinen Kalkreichtum scharf von den
reichlich kristallines Geröll führenden Nachbarsektoren unterscheidet.
Yon den Formen innerhalb der Moränenlandschaft sind als unmittelbare Zeugen
der Eiswirkung G l e t s c h e r s c h l i f f e an mehreren Stellen bekannt geworden, so
bei St. Quirin am Tegernsee, an der Biber bei Brannenburg und besonders schön
oberhalb der Weißbachquelle an der Straße Inzell—Mauthäusl. Weitere Zeugnisse sind
die vielfachen R u n d h ö c k e r anstehenden Gesteines in den alten Gletscherbecken.
Die meisten Ablagerungen stammen aus der Zeit des G l e t s c h e r r ü c k z u g e s .
Dieser gab durch seinen schwankenden Yerlauf, durch den Zerfall der einheit-
lichen Vorlandfächer in einzelne, mehr oder weniger selbständige Teilzungen
Gelegenheit genug zur wechselvollsten Durch- und Übereinanderlagerung der
Aufbauelemente. Da deren genauere Allgemeinschilderung in Abteilung II er-
folgt, seien hier nur die wichtigsten Vertreter des behandelten Gebietes zu-
sammengestellt.
Unter den E r r a t i s c h e n B l ö c k e n verdienen besondere Erwähnung die riesigen Dachsteinkalk-
findlinge beim Dorf Königssee als die größten Bayerns sowie die in den ,feinen Seeton bei Rosen-
heim eingebetteten, diese deshalb, weil sie offenbar auf Eisschollen, also durch Trift, von dem
im Rosenheimer See kalbenden späteiszeitlichen Inngletscher ausgesandt wurden. 1 )
Verteilung und Verlauf der W a l l m o r ä n e n gestattet es vielfach ein bis in alle Feinheiten
genaues Bild von der Geschwindigkeit und örtlichen Auswirkung des Gletscherrückganges zu ge-
winnen. Es fällt dabei neben der weitgehenden Zerschlitzung der Vorlandeismassen der Umstand
auf, daß gleichzeitig große Teile der inneralpinen Täler eisfrei wurden, und damit hängt der
Reichtum an inneralpinen Talmoränen zusammen, der im Gebiet östlich des Inns weit mehr ins
Gewicht fällt als westlich davon. Außer den von PENCK unterschiedenen R ü c k z u g s s t a d i e n
B ü h l , G s c h n i t z u n d D a u n , deren Moränenreste besonders an den steilen Lokalgletscherzungen
oft schön treppenförmig übereinanderfolgen, ist im Inngebiet vor allem das ' W a l c h s e e s t a d i u m 2 ) ,
zeitlich dem Bühlstadium voraufgehend, durch große Moränenhäufung und Tal verbauungen bei
"Walchsee, Sachrang, Thiersee und Brannenburg gekennzeichnet. Im Vorland dürften ihm die
Moränen zuzuweisen sein, welche das Teilbecken des Simsees gegen das Rosenheimer Haupt-
becken abriegeln (Stephanskirchener Stadium nach TROLL). Ein zeitliches Äquivalent mögen auch
im Saalachtal die starken Moränenverbauungen am Listsee und gegen Hallturm hinauf sein, während
die Moränenriegel im Umkreis des Berchtesgadener Beckens (bei Schwarzbachwacht, Hallturm, am
Salzberg u. a. 0.) dem Bühlstadium der Berchtesgadener Eigenvergletscherung, der große "Wall
beim Dorfe Königssee dem Gschnitzstadium des Königsseeteilgletschers entsprechen und das
Daun-Ende des letzteren in der Hochmulde des Funtensees lag.
In engstem Zusammenhang mit diesen Rückzugsmoränen stehen die R ü c k z u g s s c h o t t e r ,
welche außerhalb der Moränenlandschaft als Teilfelder der Niederterrasse auftreten und sich
teilweise innerhalb des einstigen Gletscherbodens an entsprechende Moränenzüge anknüpfen lassen,
weiterhin die S t a u s e e - u n d E i s s e e a b s ä t z e besonders in den vom Taleis verbauten Alpen-
tälern. Daß bei den Schwankungen des Eisrandes vielfach Überlagerungen solcher' fluviatiler und
lakustrer 8 ) Schichten mit Moränen vorkommen, erschwert die Deutung mancher Aufschlüsse und

*) K . TROLL in H . GAMS u n d R . NORDHAGEN, P o s t g l a z i a l e Klimaänderungen und Erdkrusten-


bewegungen in Mitteleuropa. Mitt. d. Geogr. Ges. München 16. Bd., München 1923, S. 79.
») F . LEVY, a. a. 0 . S. 1 1 2 .
') Fluviátil, fluviatilis, lat. = auf den Fluß bezüglich; vom fließenden Wasser abgelagert;
lakustre Schichten, lacus, lat. = See, See-Ablagerungen.

68
die Altersstellung solcher Zwischenschichten hat daher in der Literatur öfters gewechselt. Es
sei erinnert an die Schieferkohlenflözchen in den „unteren Schottern" von Wasserburg, die Sockel-
schotter im Drumlinfeld des Salzachgletschers, die Verbauungen am Glasenbach bei Hallein u. ä.
Die gestaltlich besonders auffallenden Bildungen der Randterrassen, Solle1), Drumlins*), Asar*)
und Kames 4 ) haben im Inn- und Salzachgebiet zahlreiche Vertreter. Die in der Abteilung II für die
E n t s t e h u n g d e r D r u m l i n s als maßgebend genannten Faktoren: große Schuttanhäufung hei geringer
Abtransportmöglichkeit kommt in der radialstrahligen und dachziegelförmig alternierenden An-
ordnung der Hügelreihen deutlich zum Ausdruck, zudem sie alle gegen hochragende Decken-
schotter- oder Moränensporne weisen.
Ein prächtiges R a n d t e r r a s s e n - u n d Asargebiet ist die Seenlandschaft bei Rimsting und
Eggstädt, in kleinerem Maßstab hei Seeon sowie südöstlich des "Waginger Sees. Isolierte Asar-
und Kamesbildungen sind u. a. bei Ölkofen, Soyen, Schnaitsee und Grabenstädt festgestellt worden.
In den Alpentälern hängen -viele B e r g s t ü r z e (z.B. bei Lofer, am Paß Hallturm u. a. 0.) eng
mit dem Schwinden des Eises zusammen, das ein stützendes Widerlager für die verwitterten,
übersteilten "Wände gebildet hatte.

b) Nacheiszeitliche Bildungen. 5 )

Die Nacheiszeit brachte in den Talungen die Bildung von Schwemmkegeln, Schotterfeldern
und jüngeren Talterrassen, aufgebaut aus wechselnden Lagen von Kiesen, Sanden und Aulehm,
mechanische und chemische Niederschläge an Quellaustritten und in Seebecken sowie die pflanz-
lichen Gebilde der Moorgebiete, teils aus den Gläsern der Nieder-, teils den Moosen der Hochmoore
entstanden. Größere technische Bedeutung besitzen die feinen T o n e , welche den einstigen
Rosenheimer See erfüllten und schon zur Römerzeit ausgebeutet wurden, und die weiten T o r f -
gründe des Kolbermooses und der Chiemseefilze, die in der Zeit der Brennstoffknappheit aus-
gedehnte und großzügige Gewinnungsanlagen der Verarbeitung zuführen. Mehr lokale "Wichtigkeit
besitzt der K a l k s i n t e r , der am Ausgang des Flinzquellhorizontes im Mangfalltal und an der
Glonn in mächtigen Lagern auftritt und als geschätzter Baustein besonders in München (z.B.
Mauer und Sockel des neuen Polizeigebäudes) Verwendung findet oder als „Alm" die Aus-
scheidung kalkhaltigen Grundwassers in den Moränen bildet.
B e r g s t ü r z e aus historischer Zeit machen sich noch heute als offene Wunden an den Ge-
hängen geltend, wie am Schrofen bei Brannenburg oder an der Ostwand des Hochkalter, oft
spielen sie auch in die Volkssage herein, wie jenes Ereignis, das vermutlich im Jahre 1172 den
Obersee vom Königssee trennte, oder jene Trümmermassen, welche den Hintersee in der Ramsau
abdämmen.

II. Tektonik der Kalkalpen und des Yorlandes.


Von Regierungsgeologen, Privatdozenten Dr. Joseph Knauer.

Wenn man die Lage der Schichtgesteine im Gebirge betrachtet, so wird man nur selten die
ursprünglich wagrechte oder nur schwach geneigte Lagerung feststellen können, wie man solche
bei den in stehenden Gewässern oder im Meere entstandenen Ablagerungen erwarten sollte;
meist sind die Schichten unregelmäßig aufgerichtet, gefaltet oder sonstwie gestört, was vor allem
auf die gebirgsbildenden Vorgänge zurückzuführen ist. Deren in tangentialer (wagrechter) Richtung

') Solle sind durch Strudelwirkung im Boden von Gletschern bewirkte, mit Wasser oder Torf
erfüllte Vertiefungen.
') Drumlin vom gälischen draim = Rücken.
*) Asar, schwedisch = Bergrücken.
4
) Käme, gälisch = Hügel.
6
) Auf der geologischen Karte mit a (Alluvium) bezeichnet.

69
sich äußernden Kräfte wirkten sich vor allem in drei Arten von Lagerungsstörungen aus, in
Faltung, Überschiebung und Blattverwerfung. Die wichtigste davon ist die F a l t u n g , weshalb
man die Alpen als Faltengebirge bezeichnete. Aus der Faltung läßt sich weiterhin der als
Ü b e r f a l t u n g benannte Teil der Ü b e r s c h i e b u n g herleiten, während die S c h o l l e n - Ü b e r -
s c h i e b u n g oder S p a l t d e c k e n - Ü b e r s c h i e b u n g entsteht, wenn die Schichten infolge von
Sprödigkeit sich nicht falten lassen, sondern in Schollen zerbrechen, die sich übereinander
schieben. Durch "Wiederholung von Überschiebungen in kurzen räumlichen Abständen entsteht der
S c h u p p e n b a u . Die eingehenden Forschungen der letzten Jahrzehnte haben nun gezeigt, daß die
Überschiebungen im Bauplan der Alpen eine große Rolle spielen; ja, eine Reihe von Alpen-
geologen, besonders die Schweizer Schule, will sie als das wichtigste Bauelement der gesamten
Alpen betrachten, neben denen die übrigen Lagerungsstörungen nur untergeordnete Bedeutung
besitzen. Nach ihrer Anschauung lassen sich Bau und Entstehung der Alpen nur dann eindeutig
erklären, wenn man annimmt, daß durch den übermächtigen von Süden kommenden Gebirgsdruck
eine Reihe von Ü b e r s c h i e b u n g s - „ D e c k e n " übereinander getürmt wurde. Auf die „Decken-
theorie" soll erst in der zweiten Abteilung näher eingegangen werden; im folgenden kann sie
nur gestreift werden, soweit es zur Erläuterung des Gebirgsbaues notwendig ist.

In den nördlichen Kalkalpen und ihrem Yorlande kann eine Reihe von ver-
hältnismäßig schmalen, etwa westöstlich verlaufenden Zonen unterschieden werden, 1 )
die sich nicht n u r durch die ihnen eigentümlichen Schichtgesteine voneinander
unterscheiden, sondern von denen auch jede in Bezug auf Art und Ausmaß
der Lagerungsstörungen ihre Eigenheit aufweist, und — was von besonderer Wich-
tigkeit ist — mit großen Störungsflächen (Verwerfungen oder Überschiebungen)
gegen die Nachbarzonen angrenzt. Es lassen sich vier Zonen unterscheiden;
1. Miozänzone, 2. Oligozänzone, 3. Kreide-, Eozän- und Flyschzone, 4. Kalkalpen-
zone, wobei letztere zunächst als einheitliches Gebilde dem Yorlande gegenüber-
gestellt ist.

1. Die Zone der Miozänmolasse.


Die nördlichste ist die Zone der jüngeren oder Miozänmolasse. Ihre Schichten
sind zum größten Teil nahezu wagrecht gelagert; nur an ihrem Südrande wurden
sie bei der alpinen Faltung noch in Mitleidenschaft gezogen, indem dort die Schichten
aufgebogen und zum Teil von den Schichten der älteren oder oligozänen Molasse
überwältigt, d. h. überschoben wurden. Diese Überschiebung von älteren auf
jüngeren Schichten besitzt aber keine weite horizontale Auswirkung in süd-
nördlicher Richtung, da die Überschiebungsfläche sehr steil gegen Süden ein-
fällt. 2 ) Ihr Ausstrich an der Erdoberfläche bildet zugleich die südliche Grenze
der jüngeren Molasse; sie verläuft in annähernd westöstlicher Richtung vom
Taubenberg bis Teisendorf, wo sie — an die Kreide-Eozänzone grenzend — in
nordöstlicher Richtung umbiegt und zum Niedertrumer See verläuft, von wo ihr
weiterer Verlauf wieder westöstliche Richtung einnimmt. Über die Art und Natur
des letzteren Stückes der Störungslinie bezw. der miozänen Südgrenze im Haus-
ruck-Traun-Gebiet ist nichts Näheres bekannt.

') Auf dem Blatt I der Geolog. Übersichtskarte sind diese Verhältnisse gut sichtbar.
J
) Daher wurde in der Geolog. Übersichtskarte ihr Ausstrich an der Oberfläche zwischen
Taubenberg und Teisendorf nur als einfache Störungslinie, nicht als Überschiebungslinie bezeichnet.

70
2. Die Zone der Oligozänmolasse.
Im bayerischen Gebiet folgt gegen Süden die Zone der älteren oder Oligozän-
molasse. Ihre Nordgrenze ist die vorbeschriebene Störungslinie,1) während sie
im Süden an die Kreide-Eozän- bezw. Flyschzone angrenzt. Die Schichten der
oligozänen Molasse lassen schon heftigere Einwirkung der alpinen Faltung er-
kennen, weshalb man sie auch als subalpine Molasse zu bezeichnen pflegt. Infolge
der starken Überdeckung mit eiszeitlichen Ablagerungen, ferner durch die meist
einförmige Gesteinsentwicklung bietet die Entwirrung ihres Schichtenbaues große
Schwierigkeiten; nur dem ausgedehnten Bergbau auf die in den Cyrenen-Schichten
eingelagerten Pechkohlen ist es zu verdanken, daß der Aufbau, der Molasse
nunmehr ziemlich enträtselt werden konnte. Im Miesbach-Haushamer Bezirk be-
steht die Zone der Oligozänmolasse aus zwei großen westöstlich verlaufenden
weitgespannten Mulden, der H a u s h a m e r und der M i e s b a c h e r Mulde; beide
haben Anschluß nach dem Westen und sind als die Fortsetzungen der Langaee-
Penzberger Mulde und der Nonnenwald-Mulde anzusehen (siehe Abt. II).
Die Haushämer Mulde besteht aus den älteren Schichten (Untere Meeresmolasse und Untere
Cyrenen-Schichten), wobei die Ränder der Mulde von der Unteren Meeresmolasse im Norden
und Süden umsäumt werden. Die Miesbacher Mulde dagegen besteht ausschließlich aus den Oberen
Cyrenen-Schichten; nur bei Au (am Westrande des Inntales) scheinen Schichten der Unteren
Meeresmolasse noch an der Muldenbildung beteiligt zu sein. Die Haushamer Mulde endet am
Inntal, indem ihre Achse gegen Osten aufsteigt und dadurch in die Luft ausstreicht. Ob sie
weiter im Osten jenseits des Inns ehedem eine Fortsetzung hatte, entweder über der Flysch-
zone, von wo sie nunmehr abgetragen wurde, oder ob sie unter dem Flysch liegt und von diesem
überwältigt wurde (was nach der Deckenlehre der Fall sein müsste), darüber läßt sich heute
noch nichts Bestimmtes sagen. Jedenfalls findet sich östlich d e s l n n s nur mehr die Fortsetzung
der Miesbacher Mulde und zwar nicht mehr in der verhältnismäßig regelmäßigen Form, sondern
einzelne Teile der Mulde gewinnen gegenüber anderen an Baum oder beherrschen allein das
Feld. So verbreitert sich z. B. im Prientale der am Südrande der Mulde ausstreichende schmale
Streifen von Unterer Meeresmolasse ganz überraschend und verdrängt fast ganz die Cyrenen-
Schichten, so daß hier der Nordflügel nahezu unterdrückt erscheint. Die Unregelmäßigkeit des
Baues zeigt sich auch in der Verengerung der Zone unmittelbar am Ostrande des Rosenheimer
Beckens, woran sich eine erhebliche Verbreiterung der Zone im Priengebiet und Chiemsee-
becken anschließt.

östlich der Traun verschmälert sich die Zone rasch und keilt im Teisendorfer
Gebiet völlig aus. östlich von Teisendorf ist von Oligozänmolasse nichts mehr be-
kanat, an ihre Stelle tritt hier die Flyschzone, welche ganz außerordentlich an Breite
zunimmt, eine Erscheinung, die weiter unten nähere Erläuterung finden soll.

3. Die Kreide-, Eozän- und Flyschzone.


Entsprechend der engen räumlichen Verknüpfung, dem genetischen Zusammen-
hang und ihrer Gleichalterigkeit (siehe oben S. 50) wurden die Schichten der
westalpinen Kreide, des Eozäns und des Flysches in e i n e tektonische Zone
zusammengefaßt. Es wurde bei der Schichtenbeschreibung schon bemerkt, daß

') Ihre Natur konnte beim Bau des 7 km langen Leitzachstollens der Oberbayerischen Uber-
landzentrale gut studiert werden. Siehe A. WEITHOFER, Über neuere Aufschlüsse in den jüngeren
Molasseschichten Oberbayerns. Verh. d. Geol. Reichsanst. "Wien 1912, S. 347.

71
die Kreide-Eozän-Schichten wahrscheinlich in einem n ö r d l i c h e n Teilbecken
der Vorzone, die Flysch-Schichten dagegen s ü d l i c h davon entstanden sind, daß
also die ersteren ihre normale Verbreitung am Nordrand der Flyschzone haben
müssen; nur soweit sie, wie z. B. die Seewer Schichten, das Liegende des Flysches
bilden, können sie normal innerhalb der Flyschzone vorkommen. Durch die
Gebirgsbildung wurden beide intensiv gefaltet, wobei die Flyschzone strecken-
weise über die Kreidezone überschoben wurde, wie z. B. im Gebiet zwischen
Tegernsee und Schliersee, wo ein schmaler Streifen von Kreide innerhalb des
Flyschgebietes an die Oberfläche kommt und gleichsam wie durch ein Fenster
aus der sie umgebenden Flyschdecke zum Tageslicht durchblickt.1) Dieses Kreide-
fenster endigt am Ostufer des Schliersees; im Leitzachtal taucht noch einmal
ein kleines Vorkommen auf, worauf die Kreidezone gegen Osten hin vorläufig
verschwindet, um erst im Teisendorfer Gebiet wieder größere Ausdehnung zu
gewinnen. In der ganzen dazwischen liegenden Strecke ist sie anscheinend teils
unter dem Flysch tektonisch begraben, oder teils im Bereich der Molasse im
Senkungstrog versunken und von Molasseschichten normal bedeckt.
Die Kreidezone zeigt im Tegernseer Gebiet sehr verwickelten Bau. Innerhalb der Flyschzone
(im „Fenster") finden sich die ä l t e r e n Kreideablagerungen (Aptien bis Seewer Schichten), und
zwar sind die Schichten stark gefaltet und durch zahlreiche Brüche so gestört, daß vielfach die
einzelnen Schichtenglieder unregelmäßig durcheinandergemeugt sind. Bemerkenswert ist, daß die
Kreidefalten zu den Falten des sie umhüllenden Flyschkomplexes nicht parallel laufen, sondern
dieselben spitzwinkelig kreuzen. Die j ü n g e r e n Kreide- und Eozänglieder finden sich nur am
Nordrande der Flyschzone ebenfalls in sehr gestörter, wirrer Lagerung. Im Teisendorfer Gebiet
sind sie durch Faltung und Schuppenbildung in steil südfallende Schichtpakete aneinandergereiht,
wodurch sich eine mehrfache "Wiederholung der Schichten und der darin enthaltenen Kressen-
berger Erzflöze ergab. Verwickelt wurde die Lage noch weiterhin durch Längsstörungen, welche
durch ostwestliche Bewegungen verursacht sind und eine Zusammenschiebung und Verkeilung
des Schichtenpaketes in seitlicher Richtung bewirken, wobei die Enden der vorgestoßenen Schichten
und Erzflöze hakenförmig umgebogen wurden.
Östlich von Laufen an der Salzach tauchen die Kressenberger Eozänschichten wieder auf und
setzen sich in mehrfach unterbrochenem Zug bis an die Nordseite des aus Flysch aufgebauten
Tannberges (östlich von Mattsee) fort. Die Schichten sind aufgerichtet und fallen meist steil in
die Tiefe ein; im großen und ganzen dürften sie muldenförmig gelagert sein mit Nierenthaler
Schichten als Unterlage. Die Grenzfläche gegen die südlich anstoßende Flyschzone ist wahr-
scheinlich nicht eine Überschiebungsfläche, sondern eine Längsverwerfung (Blattverschiebung,
siehe unten S. 73).
Im Gegensatz zur enggefalteten und stark gestörten Kreide-Eozänzone sind die Schichteil der
Flyschzone in eine Anzahl von großen Falten gelegt, deren Verlauf in ostwestlicher Erstreckung
weithin verfolgt werden kann, wenn sie auch durch Querstörungen zerstückelt und gegeneinander
versetzt sind. So z.B. finden sich im Tegernsee-Schlierseer Gebiet') vier Muldenzüge, deren
Kerne von den jüngeren Flyschsandsteinen erfüllt sind. Neben dieser Großfaltung sind besonders
die Schichten der Kieselkalkmergel-Gruppe *) stellenweise von einer Kleinfaltung beherrscht, welche
die Deutung des Aufbaus verwirrte.
Östlich des Inns beginnt die Flyschzone sich zusehends zu verschmälern, um
im Chiemseebecken vollständig unterzutauchen und erst jenseits bei Bergen

') K. Der Flysch im Gebiet des Schliersees. Geogn. Jahresh. 1922. 35. Jahrg.
BODEN,
ebenda S. 2 0 6 .
' ) K . BODEN,
*) Auch hydraulische Gruppe genannt.

72
wieder au die Oberfläche zu kommen. Wo ist nun zwischen Bernau und Bergen
die Flyschzone zu suchen? Liegt sie unter den hier nach Norden vorstoßenden
Kalkalpen (Kampenwand und Hochgern) begraben, oder ist sie von der Molasse
bedeckt, oder lag sie etwa früher als Überschiebungsdecke a u f der Molasse?
Nach den Anschauungen der Deckenlehre müßte sie zugleich mit den hier
vorstoßenden Kalkalpen und ihrerseits von diesen überdeckt ehedem über der
Molasse als Überschiebungsdecke gelegen haben, ist jedoch allmählich durch
die Abtragung verschwunden, so daß nunmehr die von ihr bedeckt gewesene
Molasse wieder frei an der Oberfläche liegt. E s ist jedoch viel wahrscheinlicher,
daß die Flyschzone wohl vielleicht teilweise von der Kalkalpendecke überschoben
ist, daß sie aber auch noch über den Kalkalpenrand hinaus in das Molasse-
gebiet übergreift, aber nicht als Überschiebungsdecke, sondern u n t e r den
Schichten der Oligozänmolasse liegend und von diesen normal überlagert. F ü r
diese Auffassung spricht besonders der Umstand, daß im Priengebiet, wo die
Flyschzone auskeilt, die Untere Meeresmolasse, also die ä l t e s t e n Schichten, eine
außergewöhnliche oberflächliche Verbreitung gewinnen (siehe oben S. 71), unter
ihnen daher nichts anderes vermutet werden kann als die nächst älteren Ab-
lagerungen, nämlich Alttertiär und Kreide, d. h. westalpine Kreide und Tertiär,
sowie Flysch. Wollte man aber annehmen, daß die im Priengebiet auskeilende
Flyschzone ehemals über die Molasse überschoben gelegen habe, so müßte man
im Gregenteil statt der ältesten Molasse-Schichten eine wesentliche Verbreitung
der j ü n g s t e n Molasse-Schichten erwarten. Außerdem liegt im Chiemsee-
becken eine so offenkundige Senkungszone vor, daß daraus mit großer Wahr-
scheinlichkeit geschlossen werden kann daß zwischen Frasdorf und Bergen die
Flyschzone mitsamt der überlagernden Molasse nicht unerheblich in die Tiefe
gesunken ist, wodurch es erklärlich erscheint, daß die den Flysch bedeckende
Molasse noch nicht der Abtragung zum Opfer gefallen ist.

Östlich von Bergen ändert sich das Bild und es tritt hier in gewissem Sinne
das Gegenteil ein: die Oligozänmolasse keilt zwischen Trauntal und Teisendorf
sehr rasch aus, wogegen die Flyschzone und die Kreide-Eozänzone nicht nur
gegen die Kalkalpen hin sich verbreitert, sondern auch im Norden auf Kosten
der Oligozänmolasse an Breite gewinnt und längs einer gewaltigen, von Teisen-
dorf bis Mattsee in nordöstlicher Richtung verlaufenden Blattverschiebung bis
auf eine Breite von über 15 km (im österreichischen Gebiet) anwächst. 1 ) Diese
augenfällige Breitenzunahme der Flyschzone ist dadurch bedingt, daß die ehe-
mals östlich der Salzachlinie gelegene Flyschzone durch einen Schub von Osten
gegen Westen fortbewegt wurde und sich keilförmig zwischen das Teisenberg-
Höglberg-Flyschgebiet und die nördlich angrenzende Molassezone einschob; die
nördliche Begrenzungsfläche dieses Flyschkeiles ist die oben erwähnte Blatt-
verwerfung Teisenberg-Mattsee, die südliche Begrenzung wird von einer am
Nordfuß des Teisenberges und Höglberges bis nach Freilassing verlaufenden

*) Siehe Blatt I der Geolog. Übersichtskarte. Infolge eines Druckfehlers sind die Fiederstriche
der Blattverwerfung nach "Westen statt nach Norden gerichtet.

73
Blattverwerfung gebildet.1) Auf diese Westbewegung der keilförmig geformten
Flyschzone ist auch die oben S. 50 erwähnte Zusammenschoppung der helvetischen
Kreide-Eozän-Schichten am Kressenberg (zwischen Teisendorf und Bergen) zurück-
zuführen. Die tektonische Verdoppelung der Flyschzone gibt sich auch dadurch
kund, daß zwischen der Teisenberg-Höglberg-Flyschscholle und der nördlich
liegenden vorgestoßenen Flyschscholle noch Reste der Kreide-Eozän-Schichten
liegen, die hier zwischen den beiden eingeklemmt wurden und deshalb scheinbar
u n t e r h a l b des Flysches liegen, während sie sonst n u r am N o r d r a n d e der
F l y s c h z o n e zu finden sind. Die ostwestlichen Schubbewegungen wirkten sich
nicht nur in der Teisendorfer Gegend aus, wo die Folgen allerdings offenkundig
zutage liegen, sondern sie zeigen sich auch in dem gestörten Schichtenbau
innerhalb der Flyschzone selbst. Der schon im Tegernseer Gebiet erwähnte groß-
zügige Faltenbau herrscht auch im Teisendorfer und im Salzburger Flyschgebiet;
doch zeigt es sich, daß durch den Ostwestschub das durchschnittliche Ostwest-
Streichen der Flyschfalten vielfach gestört ist, so daß an vielen Stellen das
Streichen in die Südwest-Nordostrichtung, ja sogar in reine Süd-Nordrichtung
umgebogen ist. Außer dem Ostwestschub mag auch noch eine weitere tektonische
Erscheinung dabei mitgewirkt haben, nämlich die Senkungsbewegungen, welche
die Flyschzone im Salzburger Becken erlitten hat. Hier ist der Flysch versunken
und vollständig unter den diluvialen und alluvialen Ablagerungen begraben. Die
Bildung des Beckens dürfte wohl kaum als ein vom Salzachgletscher ausge-
schürftes Zungenbecken anzusehen sein, sondern ist als tektonisches Einbruchs-
bezw. Senkungsfeld zu erklären. Für letzteres spricht auch die vorherrschende
Verbreitung des Flyschsandsteins an den Abbruchsrändern des Beckens; denn
die Flyschsandsteine sind die jüngeren Glieder des Gesteinskomplexes und müssen
daher bei einer Versenkung der Zone oberflächlich größere Verbreitung gewinnen,
als die etwas älteren Flyschmergel und Kieselkalke.
Der großzügige Faltenbau der Flyschzone hält auch weiter gegen Osten im
Gebiet der großen oberösterreichischen Seen an.

4. Die nördlichen Kalkalpen.


Über den niedrigen, Mittelgebirgscharakter zeigenden Vorbergen der Flyschzone ragen — stellen-
weise schroff und unnahbar scheinend — die vielzackigen Kämme der nördlichen Kalkalpen empor.
Die Kalkalpen stehen nicht nur durch ihre Formengestaltung in stärkstem Gegensatz zu den
nördlich vorliegenden Zonen, sondern sie sind auch in Bezug auf das hauptsächlichste Baumaterial
— mächtige Komplexe von hartem Kalk- und Dolomitgesteinen mesozoischen Alters — gänzlich
verschieden von den weichen Kreide- und Tertiärschichten, wodurch ja die Formenverschie-
denheit bedingt ist; denn aus weichen, wenig widerstandsfähigen Gesteinen kann niemals eine
Felslandschaft mit Hocbgebirgscharakter herausgearbeitet werden, auch nicht bei stärkster Gebirgs-
faltung und rasch arbeitender Tiefenerosion. Das zeigt sich besonders deutlich in denjenigen
Gebieten der nördlichen Kalkalpen, in denen die weicheren mergeligen Schichten des Jura und
der Kreide größere Verbreitung gewinnen, wie z. B. in der Thierseer Mulde oder in der Ura-

') 0 . M. REIS, Nachträge zur Geolog. Karte der Vorderalpenzone zwischen Bergen und Teisen-
dorf. I. Teil. Geognost. Jahresh. 1920. 33. Jahrg.

74
gebung von Löf er; hier bildeten sich wohlgerundete Bodenformen mit reicher Vegetation, sozu-
sagen Oasen inmitten des felsigen Hochgebirges.

Die nördlichen Kalkalpen sind kein Gebirge von einheitlichem Charakter,


sondern außer dem Baumaterial spielt der tektonische Aufbau der einzelnen
Gebietsteile für die Gestaltung eine große Rolle. Es lassen sich dementsprechend
die nördlichen Kalkalpen in Anlehnung an eine von F. F. HAHN ') versuchte
Gliederung in folgende drei große Zonen zerlegen: B a j u v a r i s c h e Z o n e , mit
den Unterabteilungen kalkalpine Randzone und Zwischengebirge (letzteres auch
Synklinorium genannt); T i r o l i s c h e Z o n e und J u v a v i s c h e Z o n e .
a) D i e B a j u v a r i s c h e Zone. Man nennt sie am besten, um Mißdeutungen
zu vermeiden, bajuvarisch und nicht bayerisch, da sie wohl größtenteils bayerisches
Gebiet umfaßt, jedoch auch über die Grenze in tirolisches Gebiet hinübergreift.
Gegen Osten erstreckt sie sich bis zum Tale der Roten Traun bei Inzell, wo
sie von der Tirolischen Zone abgeschnitten wird. Sie ist nicht einheitlich in
Bezug auf ihren inneren Bau; ihr n ö r d l i c h e s R a n d g e b i e t , die sogen. K a l k -
a l p i n e R a n d z o n e , das an die Flyschzone angrenzt, ist verhältnismäßig stark
gestört, während das südlich anschließende sogen. Z w i s c h e n g e b i r g e dem-
gegenüber einfach gebaut ist.
aa) D i e K a l k a l p i n e R a n d z o n e . Am Aufbau der Randzone nehmen dio tieferen Formations-
glieder der Trias teil, die im Zwischengebirge fehlen. Sie setzt sich nach "Westen hin in gleicher
Art und Stellung bis zum Allgäu fort, wo sie in die sog. Allgäuer Überschiebung (siehe Abt. 11)
übergeht. Es ist bemerkenswert, daß die kalkalpine Randzone fast durcbgehends entweder mit
Jura und Neokom- oder karnischen (Raibier) Schichten an die Flyschzone angrenzt. So z. B.
wird im Tegernseer und Schlierseer Gebiet und westlich davon die Grenze von Jura (und unter-
geordnet Neokom) gebildet, vom Wendelstein ostwärts dagegen rücken die Raibier Schichten meist
im engen Verband mit Jura an den Flysch heran. Der Bau der kalkalpinen Randzone selbst ist
ziemlich verwickelt, regelmäßiger Faltenbau findet sich nicht häufig, meist sind es. nur Falten-
t e i l e , die an Längsverwerfungen aneinander grenzen; dazu gesellt sich noch eine Reihe von
Querverwerfungen', die den ostwestlichen Verlauf der Faltenteile durch Versetzungen stören und
dadurch die Aufklärung des Baues erschweren. Gerade solche Querverwerfungen haben nicht
wenig dazu beigetragen, daß man früher im Bau der Kalkalpen viel menr die Spuren radialer
Lagerungsstörungen (reiner senkrecht gerichteter Schollenbewegungen) als diejenigen tangentialer
Störungen (wagrecht gerichteter Schollenverschiebungen) zu erkennen glaubte. Ein Wandel in
den Anschauungen ist erst in den beiden letzten Jahrzehnten eingetreten.

Der k a l k a l p i n e n R a n d z o n e gehören folgende Berggebiete an: Anschließend


an das Geigerstein-Fockenstein-Gebiet tritt die Zone mit der Ringspitzgruppe in
unser engeres Gebiet ein, setzt sich östlich der Weissach-Rottach-Talung im Baum-
gartenberg, Lähnenkopf und Brunstkogel zum Schliersee fort, streicht östlich der
Schlierseesenke im Hirschgröhrkopf und Auracher Köpfl weiter zum Leitzachtal,
jenseits dessen sie unvermittelt an Breitenausdehnung gewinnt, indem das Kalk-
alpengebiet um etwa 3 km in das Flyschgebiet vorstößt; anscheinend dürfte dies
nicht auf eine südnördliche Blattverschiebung zurückzuführen sein, sondern ist
als Begleiterscheinung der Wendelsteinüberschiebung zu betrachten. Der Haupt-
kamm des Wendelsteins ist als eine große Mulde anzuseilen, die sich aus Ge-

F. F. HAHN, Grundzüge des Baus der nördlichen Kalkalpen zwischen Inn und Enns. Mitt.
d. geol. Ges. Wien, VI. Band 1913.

75
steinen der mittleren und oberen Trias mit einem Kern von Jura aufbaut; die
Mulde selbst aber ist im ganzen auf ein aus obertriadischen und jurassischen
Schichten aufgebautes Grundgebirge aufgeschoben und zwar allem Anschein nach
v o n O s t e n her. Eine Verbindung mit den viel weiter südlich gelegenen Kalk-
hochalpen und dementsprechend eine Förderung der Überschiebungsscholle aus
Süden ist nicht anzunehmen. Die Wendelsteinüberschiebung hat mit den Über-
schiebungsvorgängen der Tirolischen Zone (siehe weiter unten S. 79 und Abt. I I ) nichts
gemein, weder ursächlich noch zeitlich, sondern ist eine örtliche Erscheinung,
die voraussichtlich mit jüngeren Querfaltungsbewegungen der Alpen in Zu-
sammenhang steht, welch letztere vielleicht auch die Ursache für die Entstehung
der großen Quertalung des Inndurchbruchs gewesen ist. Daß das Inntal einer
natürlichen, nordsüdlich gerichteten Einmuldung der Faltenzüge im Kalkalpen-
gebiet entspricht, geht auch aus der großen räumlichen Verbreitung der jüngeren
Formationsglieder (Juraschichten) in den Gebieten beiderseits des Inntales her-
vor; die Achsen der Faltungszüge senken sich jeweils gegen das Inntal zu und
damit gewinnen die jüngeren und deshalb oben liegenden Juraschichten größere
Verbreitung. 1 ) Daneben mögen bei der Entstehung des Inntales auch noch reine
grabenbruchartige Verwerfungen mitgewirkt haben, die aber zeitlich erst nach
der Einmuldung durch die Querfaltung eingetreten sein dürften.
Östlich des Inntales setzt sich die kalkalpine Randzone im Heuberg, Lauben-
stein und im Kampenwandgebiet fort. Letzteres besteht ebenfalls aus einer ört-
lichen Überschiebungsdecke, indem nämlich der aus einer Mulde und einem
Sattel von mittlerer und oberer Trias aufgebaute Kamm v o n W e s t e n h e r auf
jüngere Formationsglieder (obere Trias — obere Kreide) aufgeschoben ist. Dies
ist nichts anderes als das Spiegelbild der Wendelsteinüberschiebung und weist
augenscheinlich darauf hin, daß beide Überschiebungsvorgänge auf eine gemein-
same Ursache zurückgeführt werden können, eben auf die oben erwähnte Inntal-
Einmuldung anläßlich der Querfaltung, wobei die erwähnten Gebiete wahr-
scheinlich infolge der Starrheit der Wettersteinkalk-Schichten sich durch den
Ost-West-Druck nicht mehr querfalten ließen, sondern sich abspalteten und
als Spalten Überschiebungsdecken über die weniger widerstandsfähigen Ober-
trias-Jura-Kreide-Schichten im Westen bezw. Osten auffuhren. Sie liegen
nun mehr oder weniger als ein Fremdkörper auf bezw. neben der kalkalpinen
Randzone.

Östlich des Chiemsee-Achentales setzt sich die kalkalpine Randzone im Nord-


abfall des Hochfellngebietes fort und endigt zusammen mit den Faltenzügen des
Zwischengebirges bei Ruhpolding. Die bereits im Hochfellngebiet beginnende
und dann nach Osten zu rasch zunehmende nordsüdliche Zusammendrängung
der Faltenzüge beider Zonen bewirkt es, daß die einzelnen Faltenzüge stark ein-
geengt werden und mittels Längsverwerfungen gegeneinander absetzen. Durch
starke tektonische Durcharbeitung verwischt sich hier der Unterschied zwischen
Randzone und Zwischengebirge, so daß eine genaue Grenze vorerst schwer zu

' ) Siehe Blatt I der Geolog. Übersichtskarte.

76
ziehen ist, um so weniger, als für dieses interessante Gebiet leider noch keine
neueren geologischen Kartenaufnahmen vorliegen.
Bei Ruhpolding endigt die kalkalpine ßandzone zusammen mit dem Zwischen-
gebirge, indem sich von hier ab die Tirolische Zone bis an die Flyschzone
vordrängt (siehe unten S. 79!).
bb) D a s Z w i s c h e n g e b i r g e . Südlich von der kalkalpinen ßandzone bis zu den Kalkhochalpen
erstreckt sich in zum Teil ansehnlicher Breite das sog. Zwischengebirge (auch Synklinorium1)
genannt). Es zeichnet sich durch verhältnismäßig einfachen Bau und durch das Fehlen von
älteren und mittleren Triasschichten aus. Das Hauptbaumaterial bildet der norische Hauptdolomit,
aus dessen einförmig grauem oder graubraunem Gestein der Grundstock der Gebirgskämme be-
steht, während die jüngeren Obertrias-, Jura- und Kreidegesteine meist nur als schmale Streifen
in den Hauptdolomit eingefaltet sind. Nach Westen hin setzt sich die Zone des Zwischengebirges
bis zum Allgäu fort und geht in die sogen. Lechtaler Überschiebungsdecke über (vgl. Abt. II).
Die südliche Grenze der Zwischengebirgszone wird von den der Tirolischen Zone zugehörigen
Kalkhochalpen gebildet; sie verläuft also am Nordfuß des Guffert-Pendling-Zuges und Zahmen
Kaisers, streicht über Kossen und nördlich von Reit i. W. zum Nordfuß des Kienbergs, Rauschen-
bergs und Staufengebirges, wo — wie oben bemerkt — kalkalpine Randzone und Zwischen-
gebirge endigen. Die Grenzmulde (Landl-Thierseer Mulde) ist in den Bereich des Zwischengebirges
einbezogen.

Der innere Bau des Z w i s c h e n g e b i r g e s ist am deutlichsten im Tegernsee-


Schlierseer (und südlich anschließenden) Gebiet erkennbar, wo durch eingehende
neuere geologische Aufnahmen 2 ) der Gebirgsbau bis ins kleinste geklärt werden
konnte. Das Gebiet besteht hier aus zwei großen Hauptmulden, deren nördlichere
wieder in einzelne Teilmulden und Teilsättel untergegliedert ist. Die nördliche
Hauptmulde schließt an die von Westen herkommende Muldenzone des Hirsch-
berg-, Roß- und Buchsteingebietes an und umfaßt die bekannten Tegernseer und
Schlierseer Ausflugsberge, wie Wallberg, Setzberg, Risserkogel, Bodenschneid,
Brecherspitze, Stümpfling, Stolzenberg und Jägerkamp, Alplspitz, Miesing, Rotwand
und Ruchenköpfe. Die Achse dieser nördlichen Hauptmulde steigt gegen Osten
zunächst an, was sich darin äußert, daß im Osten in der Linie Miesing-Rotwand
zuerst die Juraschichten, dann auch die Rhätschichten ihr Ende finden, und
nur mehr Hauptdolomit am Aufbau des Kammes (Maroldschneid) beteiligt ist.
Das Aufsteigen der Faltenachse in diesen Gebietsteilen (Maroldschneid und
Ursprungtal) steht allem Anscheine nach mit der Aufschiebung der Wendelstein-
scholle in naher tektonischer und zeitlicher Beziehung; während im Wendelstein-
gebiet die Querfaltung sich in Abspaltung und Heraufpressung der Wetterstein-
kalkscholle äußerte, wirkte sie sich weiter südlich lediglich in einer Aufsattelung
der Faltenachse aus, wodurch die jüngeren Schichtglieder so hoch gehoben
wurden, daß sie der Abtragung zum Opfer fielen. Östlich des Ursprungtales in
der Fortsetzung der nördlichen Hauptmulde beginnt die Faltenachse wieder gegen
Osten zu abzusinken, so daß im Anschluß an die im Traiten sich einstellenden

1) Synklinorium = Muldengebiet, von syn, gr. = zusammen, klinein, neigen. Siehe F. F. HAHX,
Gliederung der austroalpinen Masse. Verh. d. Geol. Reichsanst. "Wien. Jahrg. 1912. S. 337.
2 ) K. BODEN, Tegernseer Berge. G«ogn. Jahresh. 27. Jahrg. München 1914. — K. OSSWAID, Geol.

Karte des Risserkogelgebietes, 1 : 25000. München 1923. — E. DACQÜE, Geologische Aufnahme des
Gebietes um den Schliersee und Spitzingsee. Mitt. d. Geog. Ges. München. VII. Bd. 1912.

77
Rhätschichten alsbald wieder Juraablagerungen auftauchen, die — wie oben schon
angeführt — an der Inntalsenke erhebliche Ausdehnung gewinnen.
Die südliche Hauptmulde (Grenzmulde, Landl-Thierseer Mulde) ist die Fort-
setzung der ausgedehnten Karwendelmulde, die bereits im Isartal beginnt, das
ganze Karwendelvorgebirge in westöstlicher Richtung durchzieht, im Fonsjoch
und Juifengebiet durch den Yorstoß der Unnütz-Guffert-Überschiebung abgeknickt
und um etwa 4 — 5 km gegen Norden versetzt ist, wo sie dann im Achental in
unseren Untersuchungsbereich eintritt und in nahezu westöstlicher Richtung und
wenig gestört bis zum Inntal verläuft. Der Nordflügel dieser Mulde wird vom
Gebirgskamm der Schildenstein-Halserspitze—Trausnitzberg—Hinteres Sonnwend-
joch gebildet; nördlich dieses Kammes verläuft die aus-Hauptdolomit aufgebaute
Sattelzone zwischen den beiden Hauptmulden des Zwischengebirges. Im Süden
grenzt die südliche Hauptmulde an die Kalkhochalpen, im Achengebiet zunächst
mittels einer Überschiebungsfläche, an welcher das Unnutz-Guffertgebiet auf die
Muldenregion überschoben ist; weiter gegen Osten klingt die Überschiebung
allmählich aus und geht in eine steile Längsverwerfung über. Es mag hier
sogleich betont werden, daß Zwischengebirge und Kalkhochalpen westlich des
Inntales nicht als fremde, durch große Fernschübe einander genäherte Über-
schiebungsdecken aufzufassen sind, sondern beide Zonen sind — wenn auch
stellenweise stärker gestört — tektonisch und stratigraphisch im n a t ü r l i c h e n
Y e r b a n d . Das Heraustreten der Kalkhochalpen über das Zwischengebirge und
die damit verknüpften örtlichen Überschiebungen, die allerdings oft recht be-
trächtlich sein können (siehe Wetterstein- und Karwendelgebirge in Abt. II!) sind
durch die gewaltige Mächtigkeitszunahme der ansisischen und ladinischen Kalk-
schichten (Muschelkalk und Wettersteinkalk) bedingt, haben aber mit Fernschüben
und Deckenverfrachtungen nach dem Schema der ausschweifenden Deckenlehre
nichts zu tun. Die südliche Grenze der Zwischengebirgszone in dem bisher be-
handelten Gebiet ist daher nicht durch eine tektonische Überschiebungslinie
höherer Ordnung bedingt, wie sie F. F. H A H N ') annahm, sondern von Störungs-
linien untergeordneter Natur, die eigentlich nur örtliche Bedeutung besitzen,
morphologisch aber stark zum Ausdruck kommen.
östlich des Inntales setzt sich das Zwischengebirge — wenn auch in geschmälerter
Form — fort. Die Einengung in nordsüdlicher Richtung beginnt schon westlich
des Inntales, indem von Landl ab das westöstliche Streichen der südlichen Haupt-
mulde (Thierseer Mulde) in ostnordöstliches Streichen übergeht und zugleich die
jüngeren Formationsglieder (Jura und Kreide) nördlich von Kiefersfelden in
einem ganz schmalen Streifen in die Innsenke auslaufen, während sie doch,
analog der nördlichen Hauptmulde, infolge Absinkens der Faltenachsen sich hier
gerade im Gegenteil verbreitern müßten. Die Verschmälerung ist auf den h i e r
b e g i n n e n d e n V o r s t o ß der T i r o l i s c h e n Z o n e (Kalkhochalpen) zurückzuführen,
indem das Kalkmassiv des Kaisergebirges auf die südliche Hauptmulde und auf
die Tertiärschichten der Inntalsenke aufgeschoben wurde. Die Fortsetzung der

') A. a. 0. S. 339.

78
Thierseer Mulde östlich des Inntales liegt also unter dem Kaisergebirge und
seiner östlichen Fortsetzung begraben und taucht nur noch einmal im Habers-
auer Tal bei Walchsee fensterartig auf, wo ein engbegrenztes Vorkommen von
Neocom-Mergeln mitten im Taldiluvium ansteht. Die nördliche Hauptmulde dagegen
setzt sich östlich der Innsenke, in den Sachranger und Walchseer Bergen (Kranz-
horn, Spitzstein, Geigelstein und Rudersburg) bei ostnordöstlichem Streichen fort;
östlich der Achentalung nimmt die Verschmälerung der Faltenzüge (im Hochgern-
und Hochfellngebiet durch die vordrängende tirolische Zone sehr rasch zu und
bei Inzell findet das Zwischengebirge zugleich mit der kalkalpinen Randzone
ihr östliches Ende, indem die verschiedenen Teilmulden und Sättel immer stärker
zusammengepreßt werden und in ein schmales Bündel auslaufend unter die
ßauschenberg-Staufenkette hinuntersinken. (Über das erst weit im Osten am
Nordrand des Höllengebirges vor sich gehende neuerliche Auftauchen der Baju-
varischen Zone siehe später S. 87.
b) D i e T i r o l i s c h e Z o n e mit den j u v a v i s c h e n D e c k s c h o l l e n . 2 ) Sie um-
faßt im westlicheren Gebiet alle diejenigen Teile der nördlichen Kalkalpen, die
wir als K a l k h o c h a l p e n zu bezeichnen pflegen; doch ist diese Bezeichnung
insoferne nicht ganz zutreffend, als in dieser Zone weite Gebiete ohne hoch-
alpinen Charakter liegen; ferner umfaßt die später zu beschreibende Juvavische
Zone ebenfalls einige besonders markante Teile der Kalkhochalpen, so daß
man am besten von T i r o l i s c h e r Zone spricht. Im Westen noch ganz im
österreichisch-tirolischen Gebiet liegend, greift sie östlich des Inns von Reit i. W .
ab über die bayerische Grenze hinüber und enthält hier das Gebiet der Um-
gebung des Weitseetales, die Rauschenberg-, Staufengruppe und das südlich
davon gelegene bayerische Gebiet. Die Grenze zwischen Bajuvarischer und
Tirolischer Zone ist eine g e o l o g i s c h e , fällt also nicht mit der Landesgrenze
zusammen.
Die Tirolische Zone ist nicht so einfach und durchsichtig gebaut wie das nördlich angrenzende
Zwischengebirge. Während in letzterem die Schichten von Obertrias, Jura und Kreide verhältnis-
mäßig leicht dem faltenden Druck nachzugeben befähigt waren, wodurch langhinziehende und
ziemlich normal gebaute Faltenzüge entstehen konnten, setzten die in der Tirolischen Zone zu
außerordentlicher Mächtigkeit angeschwollenen ladinischen und norisch-rhätischen Kalkmassen
CWettersteinkalk und Dachsteinkalk) dem Faltungsdruck erheblichen Widerstand entgegen. Die
Erdrinde zerbrach hier in große Schollenstücke, die aneinander und übereinander geschoben
wurden, und an Stelle enggepreßter Falten tritt vielfach eine andere A r t von Lagerungsstörung,
nämlich die Schollen- und Spaltdeckenüberschiebung. Zu dieser örtlichen Überschiebungstektonik
kommt noch, daß vom Inntal an ostwärts das tirolische Gebiet als Ganzes in Form einer großen
Überschiebungsdecke über die Bajuvarische Zone hinübergewandert ist, eine Bewegung, deren
Förderungsweite sicherlich viele Kilometer beträgt. Aber auch diese Überschiebung hat, um dies
gleich vorauszuschicken, mit großen aus den Südalpen kommenden Überfaltungsdecken nichts
zu tun. "Weiterhin ist der Bau der Tirolischen Zone insoferne verwickelter, als auf ihrem Bücken
noch Teile einer weiteren Überschiebungsdecke liegen, nämlich die J u v a v i s c h e Z o n e , die sich
aus den verschiedenen Deckschollen der Berchtesgadener- und Salzkammergut-Kalkstöcke zu-
sammensetzt. Das tektonische und morphologische Bild ist also denkbar bunt und verwirrend.
Die Klärung des Aufbaues der Tirolischen Zone ist mit großen Schwierigkeiten verbunden, da

s) ü m Irrtümer zu vermeiden, sei darauf hingewiesen, daß die Bezeichnung „Tirolische Zone"
eine t e k t o n i s c h e Bezeichnung und nicht identisch mit tirolischem F a z i e s b e r e i c h ist.

79
die tektonischen Vorgänge k e i n e s w e g s als Ausfluß einer e i n h e i t l i c h e n Gebirgsbildungsphase
anzusehen sind, weder in räumlicher noch in zeitlicher Beziehung, noch auch was die Richtung
des Faltungsdruckes betrifft. Es hat sich allmählich immer deutlicher erwiesen, daß schon in
der ersten, zur Kreidezeit beginnenden Gebirgsbildungsperiode große tektonische Bewegungen
(Faltungen und Überschiebungen) eingetreten sind. Durch die späteren tektonischen Vorgänge
wurden sie zum Teil verwischt oder übertönt. Zum Teil wurden an anderen Stellen ähnliche
tektonische Bilder erzeugt, die einen scheinbaren zeitlichen Zusammenhang mit den älteren Vor-
gängen vorzutäuschen vermögen. So ist d i e ö r t l i c h e Ü b e r s c h i e b u n g d e r K a i s e r g e b i r g s -
s c h o l l e , die schon von jeher in der Tirolischen Zone und an ihrem Nordrande gelegen sein
dürfte, sehr j u n g e n D a t u m s (jungtertiär), während der schon öfter erwähnte V o r s t o ß d e r
T i r o l i s c h e n Z o n e im östlichen Bayern und in Salzburg s c h o n i n d e r K r e i d e z e i t stattge-
funden hat. Dadurch aber, daß z. B. der Nordrand des Kaisergebirges sich in demjenigen der
Tirolischen Zone scheinbar ohne Unterbrechung nach Ostnordost fortsetzt, wird eine Gleichartigkeit
und Gleichzeitigkeit des Baues vorgetäuscht, woraus sich die gegensätzlichen Auffassungen über
den Bau und die Stellung des Kaisergebirges leicht erklären lassen.

Da der f ü r die Beschreibung des außerbayerischen Gebietes zur Verfügung


stehende Raum sehr beschränkt ist, kann der Aufbau nur in kurzen Umrissen
angedeutet werden. Zur Tirolischen Zone westlich des Inntales können ihrer
Hochgebirgsnatur nach und auch aus geologischen Gründen der Gebirgskamm
Guffert—Pendling, die Gruppe des Unniitzs und das Sonnwendgebirge gerechnet
werden, obwohl auch eine Zurechnung dieser Gebirgsteile zum Zwischengebirge
nicht ganz unberechtigt wäre; denn der als große Aufsattelung anzusehende
Guffert—Pendling-Kamm ist n u r an s e i n e m "Westende durch einen südost-
nordwestlich gerichteten Vorstoß auf die große Karwendelmulde ü b e r s c h o b e n ,
welche Überschiebung aber nur ö r t l i c h e B e d e u t u n g besitzt; in seinem übrigen
Verlauf bis zum Inntal ist er verhältnismäßig normal mit der Landl-Thierseer
Mulde verknüpft, wenn auch der Südflügel dieser Mulde stellenweise überkippt
gelagert und von dem Nordschenkel des Guffert—Pendling-Kamm es etwas über-
wältigt ist. Eine Trennungsfuge, die etwa als Deckengrenze anzusehen wäre, ist
n i c h t vorhanden. Auf den flach gegen Süden einfallenden Schenkeln des aus
Wettersteinkalk bestehenden Gewölbes des Unnützgebietes legen sich mit strecken-
weiser Zwischenlagerung von karnischen (Raibier) Schichten die Hauptdolomit-
schichten des Sonnwendgebirges, auf deren breitem Sockel die aus vielfach mit-
einander verschuppten Rhät-Lias-Jura-Schollen bestehenden Rofangipfel sich
auftürmen. 1 ) Sonnwendgebirge und Guffert—Pendling-Zug haben bereits zur
Kreidezeit eine Gebirgsfaltung erlitten; denn die Gosaukreideschichten im Tal
der Brandenberger Ache nördlich vom Kaiserhaus, bei Brandenberg selbst und
im Rofangebirge sind übergreifend auf verschiedenen gefalteten Formations-
gliedern von Trias und Jura abgelagert und dann bei den späteren Gebirgs-
bildungsvorgängen ihrerseits mitgefaltet worden.
Am Südende des Sonnwendgebirges greift noch das östliche Ende einer höheren Unterabteilung
der Tirolischen Zone in unser Gebiet herein, nämlich die sog. Inntalerdecke, 8 ) die den Hauptteil
des Karwendelgebirges und die Mieminger Kette umfaßt (siehe Abt. II). Die I n n t a l e r D e c k e
ist längs einer Überschiebungsfläche a u f d e n n ö r d l i c h e n T e i l d e r T i r o l e r Z o n e a u f -

') F. R. WÄHNER, Das Sonnwendgebirge im Unterinntal. Leipzig 1903.


*) Nach 0 . A M P F E R E R .

80
g e s c h o b e n ; ein durch die Abtragung abgetrenntes Stück, die Stanzer Joch-Scholle, liegt am Stanzer
Joch noch im Bereich unseres Darstellungsgebietes; ihre Fortsetzung reicht bis in das Sonnwend-
gebirge herüber, wo die aus anisischen (Reichenhaller) Schichten und ladinischem Wetterstein-
kalk aufgebaute Ebnerspitze auf die Oberjura- und Gosaukreideschichten des Sonnwendgebirges
überschoben liegt.

Östlich des Inns setzt sich die Tirolische Zone in den aus triadischem Dolomit
und Buntsandstein aufgebauten Bergen zwischen Rattenberg und Wörgl, sodann
insbesondere im Kaisergebirge fort. Letzteres ist als eine große Mulde aufzu-
fassen: der Südflügel der muldenförmig zusammengebogenen Wettersteinkalktafel
baut mit seinen steil aufgerichteten Schichten den vielzackigen Kamm des Wilden
Kaisers auf, während als Gegenflügel mit sattelförmiger Abknickung im Norden der
Zahme Kaiser auftritt. Zwischen beiden Kämmen liegen im Kern der Mulde (Kaiser-
tal, Ropanzen und Stripsenjoch) jüngere Glieder der Trias und des Jura eingefaltet
(siehe Abb. 3 auf S. 19). Die imposante Mulde des Kaisergebirges ist, wie vorher S. 80
erwähnt, zur jüngeren Tertiärzeit auf die Portsetzung der Thierseer Mulde des
Zwischengebirges1) und auf die Inntaler Tertiärablagerungen, sowie auf die an-
grenzenden Gebiete der e i g e n e n Tiroler Zone überschoben werden, wodurch
der Zusammenhang mit der Tirolischen Zone natürlich gestört erscheint. Dies
war bestimmend dafür, daß man in den östlich des Kaisergebirges gelegenen
Gebirgskämmen (Unterberger Horn usw.) nicht eine normale Portsetzung des
ersteren sah, sondern das Kaisergebirge als einen schwimmenden Rest einer von
weither verfrachteten Decke (der Inntaldecke) sehen zu müssen glaubte.2) Die
Mulde des Kaisergebirges ist wahrscheinlich schon bei den kretazischen Über-
schiebungsvorgängen hoch herausgehoben worden und hat sich dann im jüngeren
Tertiär bei den Längs- und Querfaltungsvorgängen als starre Masse erhalten,
wodurch sie über die tiefer liegenden benachbarten Gebirgsglieder randlich
überschoben wurde, was nun als Schwimmen einer ortsfremden Scholle ge-
deutet wird.

Tatsächlich dürfte das östlich vom Kaisergebirge gelegene Gebiet die natür-
liche Fortsetzung der Tirolischen Zone sein, die nach Osten zu immer mehr an
Breite gewinnt. Auch der muldenförmige Bau, wie er sich im Kaisergebirge
äußert, ist noch vorhanden, aber die Mulde ist nicht mehr so gewaltig in nord-
südlicher Richtung zusammengepreßt, wie dort, sondern sie ist weit gespannt
und die Flügel fallen nur flach gegen das Muldeninnere ein, welch letzteres
in der Kammerkergruppe (westlich des Saalachtales) mit Jura- und Kreide-
ablagerungen erfüllt ist. Der nördliche Rand der Tirolischen Zone g r e n z t n u n
n i c h t r e g e l m ä ß i g an die B a j u v a r i s c h e Zone a n , sondern zwischen beiden
Zonen liegt eine S t ö r u n g s f l ä c h e , die, nördlich von Kossen und Reiti. W.
beginnend, sich nach Osten hin zu einer Ü b e r s c h i e b u n g s f l ä c h e ausbildet,
mittels derer die T i r o l i s c h e Zone k i l o m e t e r w e i t ü b e r die B a j u v a r i s c h e
Zone h i n w e g v o r g e d r u n g e n und schließlich östlich vom Inntal b i s z u r

') Als Reste derselben sind die Jura-Kreide-Schichten südwestlich von Kossen anzusehen.
s
) Siehe 0 . AMPFERER, Über die regionale Stellung des Kaisergebirges. Jahrb. d. Geol. Staats-
anstalt, Wien 1921.
Abriß d. Geol. v. Bayern. I. 6
81
F l y s c h z o n e v o r g e s t o ß e n ist, dabei die ganze Bajuvarische Zone unter sich
begrabend. So ist es zu verstehen, daß die verschiedenen Muldenzüge der Baju-
varischen Zone in den Chiemseer Bergen sich immer mehr aneinanderdrängen
und schließlich im Inzeller Becken nur mehr in einzelnen Resten zum letztenmal
an die Oberfläche kommen, um unter dem Rauschenberg-Staufenkamm ganz
unterzutauchen. Hier streicht also der schwach südfallende Mulden-Nordflügel der

Abb. 11.
Auablick vom- Kienberg auf Rauschenberg und Hochfellngruppe.
Im Vordergründe links erhebt sich der aus Wettersteinkalk bestehende und tektonisch zur sog. tirolischen
Decke gehörende Rauschenberg (siehe tektonischen Teil S. 82). Im Mittelgrunde erstreckt sich das Tal der
Weißen Traun, in dem Ruhpolding gelegen ist. Der Hintergrund wird von der aus Hauptdolomit, Rh&t,
Jura- und Kreideschichten aufgebauten Hochfellngruppe gebildet, welche der sog. bajuvarischen Zone ange-
hört. Letztere taucht hier unter die Rauschenberg-Kienberg—Staufengruppe unter, und es linden sich von
ihr nur noch geringe Reste am Fuße der tirolischen Überschiebungsdecke (siehe Abb. 12). Bemerkenswert
ist der Gegensatz zwischen dem lückenhaften Nadel- und Krummholzbestand des Rauschenbergs und der
geschlossenen üppigen Vegetation der Hochfellngruppe, die auf den leichter verwitterbaren Gesteinen
letzterer Gruppe beruht.
Aufnahme von DR. J. KNAUER.

Tirolischen Zone an der Überschiebung aus (vgl. die Abb. 12 auf S. 84). Die Nord wand
des Kammes baut sich aus den ältesten Schichtengliedern auf, skythische (Werfener),
anisische (Muschelkalk-) und ladinische (Wettersteinkalk-) Schichten. Auf der Süd-
seite liegen karnische (Raibier) Schichten, auf die sich die norischen Schichten
des Sonntagshorns legen. Der Südflügel der großen tirolischen Mulde wird von
den Loferer und Leoganger Steinbergen gebildet.
Im Saalachgebiet taucht nun der mit Jura- und Kreideschichten erfüllte Kern
der großen tirolischen Mulde unter einer Reihe von Schollen- und Tafelbergen

82
unter, welche nicht eine normale Überlagerung dieser jüngeren tirolischen Schichten
darstellen, sondern zur großen sog. J u v a v i s c h e n oder B e r c h t e s g a d e n e r
Ü b e r s c h i e b u n g s d e c k e gehören. Letztere umfaßt das Reiteralp-Gebirge, Latten-
gebirge, Müllner Horn, Untersberg und wahrscheinlich auch den Hohen Göll.
Am Westrand dieser Schubmasse ist der Rand heute nicht mehr einheitlich,
sondern er wurde durch die (seit dem zur Oberkreidezeit stattgefundenen Über-
schiebungsvorgang wirkenden) Erosionskräfte tief eingelappt und eingekerbt, ein-
zelne Teile der Schubmasse wurden schließlich sogar abgetrennt, welche nun
vor der Hauptmasse als einzelne Zeugen frei auf den jungen Jura- und Kreide-
schichten der Tirolischen Zone schwimmend liegen (siehe die Überschiebungs-
schollen bei Oberweißbach und Unken im Saalachtal). Während sich südlich
der Berchtesgadener Schubmasse d i e T i r o l i s c h e Z o n e u n u n t e r b r o c h e n i n
d a s g e w a l t i g e T a f e l g e b i r g e des Steinernen Meeres, des Hochkalters, des
Watzmanns, des Hochkönigs und des Tennengebirges f o r t s e t z t , v e r s c h w i n d e t
der nördliche Flügel vollständig unter der B e r c h t e s g a d e n e r Schub-
m a s s e , indem hier der Untersberg bis an den Alpenrand am Salzburger
Becken vorstößt (siehe Abb. 12 auf S. 84). Wie im Inzeller Becken die Falten der
Bajuvarischen Zone unter der Tirolischen Zone untertauchen, so taucht hier
ihrerseits die letztere unter die Juvavische oder Berchtesgadener Zone unter.
Hier ist auch der G e g e n s a t z z w i s c h e n b a y e r i s c h - t i r o l i s c h e r u n d
j u v a v i s c h e r F a z i e s e i n a u s g e p r ä g t e r und daher die tektonische Über-
lagerung eine offenkundigere, während im oberen Saalachgebiet die f a z i e l l e n
U n t e r s c h i e d e a u s g e g l i c h e n e r e sind und die Überlagerung in der Haupt-
sache nur durch das Schwimmen der Triasschollen auf den Jura- und Kreide-
schichten der Tirolischen Zone erschlossen werden kann.
In den Tafelgebirgen der Berchtesgadener Schubmasse herrscht verhältnis-
mäßig einfacher Gebirgsbau; die mächtigen Dolomit- und Kalktafeln widerstanden
mit Erfolg der faltenden Kraft der Gebirgsbildung, dagegen wurden sie Über-
schiebungsvorgängen unterworfen, wobei sie in einzelne Schollen zerbrachen
und mitunter etwas geneigt, jedoch nicht stark gefaltet wurden. Der einfache
Bau der Kalkstöcke prägt sich in ihrem massiven, mächtigen, aber ruhig erhabenen
Gebirgscharakter aus. Der südliche Rand der Berchtesgadener Überschiebungs-
decke verläuft vom Saalachtal (südöstlich von Lofer) am Südrande der Reiter-
alpe entlang zum Hirschbichlpaß, sodann durch das Tal der Ramsau zum Nord-
ausläufer des Watzmanns, der wahrscheinlich noch zur Schubdecke zu rechnen
ist, während der Watzmann selbst zum basalen Gebirge der Tirolischen Zone
gehört. Der Überschiebungsrand quert das Tal der Königsee-Ache am Nordende
des Königssees und verläuft stark gekrümmt um den Hohen Göll herum, um
in die große Störungszone des Torrener Jochs einzumünden, deren tektonische
Bedeutung noch nicht genügend geklärt ist. Der West- und Nordwestrand der
Berchtesgadener Überschiebungsdecke verläuft von Lofer an in nordöstlicher
Richtung im Saalachtal, wobei einzelne Lappen der Überschiebungsdecke über
den Saalachlauf nach Westen hinübergreifen, so z. B. bei Lofer und zwischen
Jettenberg und Reichenhall, wo der Stock des Müllner Horns noch zur Schub-
decke gehört. Die Grenze der Schabdecke im Reichenhaller Becken fällt mit
dem Rande des Untersberg-Massivs zusammen; sie ist aber nicht aufgeschlossen,
sondern von jüngeren Kreide- und Tertiärablagerungen bedeckt, ein Umstand,

A b b . 12.

A u s b l i c k vom Kienberg (bei Ruhpolding) auf den Geblrgskamm des Zwiesel—Staufen.

Im s c h a t t i g e n V o r d e r g r u n d die steile aus W e t t e r s t e i n k a l k a u f g e b a u t e Nordwand des K i e n b e r g e s ; jenseits


der T a l f u r c h e der R o t e n Traun e r h e b t sich der felsige K a m m des Z w i e s e l — S t a u f e n . Die Wettersteinkalk-
schichten, die ihn a u f b a u e n , fallen m i t der S ü d a b d a c h u n g g l e i c h s i n n i g n a c h Süden e i n ; ihre Stirnseite
b ä u m t sich n a c h Norden auf und b i l d e t den steilen Nordabsturz des K a m m e s . Die K i e n b e r g — Z w i e s e l —
S t a u f e n g r u p p e g e h ö r t t e k t o n i s c h der ,,Tirolischen Z o n e " an, w e l c h e an dieser Stelle bis an die „ F l y s c h z o n e "
v o r g e s t o ß e n ist, i n d e m sie sieh ü b e r die , , B a j u v a r i s c h e Z o n e " in Form einer Ü b e r s c h i e b u n g s d e c k e darüber-
legte. Einzelne Reste der begrabenen „ B a j u v a r i s c h e n Z o n e " l i e g e n a m Nordfuß des K a m m e s in d e m n o c h
teilweise sichtbaren Inzeller Becken, während die links im Hintergrunde sich erhebenden b e w a l d e t e n sanften
H ü g e l s c h o n der F l y s c h z o n e angehören, die hier u n m i t t e l b a r an die „Tirolische Z o n e " a n g r e n z t . R e c h t s
i m H i n t e r g r u n d e ist n o c h ein Teil des Untersbergs sichtbar, der w i e d e r u m z u einer anderen t e k t o n i s c h e n
Zone, n ä m l i c h zur ,,Juvavischen S c h u b m a s s e " g e h ö r t u n d a ich morphologisch durch seine T a f e l f o r m i m
Gegensatz zur K a m m f o r m des Staufenzuges s t e h t . Die „ J u v a v i s c h e Z o n e " g r e n z t hier ohne v e r m i t t e l n d e
S c h i c h t e n g l i e d e r an die ,,Tirolische Z o n e " an. Das Bild zeigt aber das Z u s a m m e n t r e f f e n von vier t e k t o n i s c h e n
G e b i r g s z o n e n ; letzterer Umstand m a c h t dieses Gebiet zu einem der w i c h t i g s t e n und interessantesten des
bayerischen Gebirges.

A u f n a h m e v o n DR. J . KNAUER.

der hier für das oberkretazische Alter des Überschiebungsvorganges beweisend


ist. Erst am Ostfuß des Untersberges bei Drachenloch wird die Überschiebung
des Untersberges auf die älteren Kreideschichten von Schellenberg offenbar. Der
Überschiebungsrand verläuft dann zum Salzachtal bei Hallein, wo Juraschichten
unter der Schubmasse liegen, wendet sich zunächst in südlicher und schließlich
in südwestlicher Richtung nach Berchtesgaden zum Nordfuß des Hohen Gölls.
Ob letzterer noch zur eigentlichen Berchtesgadener Schubdecke gehört oder zur

84
basalen tirolischen Zone, ist e i n n o c h n i c h t g e l ö s t e s P r o b l e m . E s b e s t e h t aber
kein Zweifel, daß das aus D a c h s t e i n k a l k aufgebaute Massiv des H o h e n Gölls
auf jüngeren Gesteinen (Jura) überschoben liegt, die Ü b e r s c h i e b u n g ist auf
der W e s t s e i t e d e s H o h e n Göll, z. B. bei der S c h a r i t z k e h l - A l p e , deutlich aufge-
schlossen.
I m S ü d e n ist der Göll v o n e i n e g e w a l t i g e n Störungszone begrenzt, die als
die Fortsetzung einer bei Bartholomä vom südlichen Watzmanngebiet her-
s t r e i c h e n d e n S t ö r u n g s z o n e a n z u s e h e n ist u n d über das Torrener Joch n a c h G o l l i n g
hinunterzieht.
Die bei S c h e l l e n b e r g , H a l l e i n u n d nördlich des Göll verbreiteten J u r a - und
Kreideschichten gehören der T i r o l i s c h e n Zone an und stellen die Fort-
s e t z u n g der im S a a l a c h g e b i e t unter der B e r c h t e s g a d e n e r Schubdecke
verschwindenden tirolischen Jura-Kreide-Schichten vor, d i e hier a m
Ostrande der S c h u b d e c k e w i e d e r a u f t a u c h e n u n d östlich der Salzach b e i m A u f -
bau der Gebirgsglieder zwischen Salzburg und Kuchl wieder alleinherrschend
werden.
U n g e k l ä r t ist noch die t e k t o n i s c h e S t e l l u n g der verschiedenen H a l l s t ä d t e r Ge-
s t e i n e und des S a l z g e b i r g e s . Ihre Verbreitung ist augenscheinlich an diejenige der Berchtes-
gadener Schubdecke gebunden. Es besteht die Möglichkeit, daß die Schichten des Salzgebirges
ursprünglich das normale Liegende der Berchtesgadener Schubdecke bildeten und — infolge ihrer
geringen Widerstandsfähigkeit — beim Schubvorgang stellenweise ausgewalzt, anderswo dagegen
angereichert wurden. Die Struktur des einer Bresche') außerordentlich ähnelnden Haselgebirges,
sowie die starke spitzwinkelige Verfaltung der Kernsalzstriche (im Berchtesgadener Salzbergwerk
prächtig aufgeschlossen) sprechen sehr für eine s t a r k e t e k t o n i s c h e D u r c h k n e t u n g des
Schichtenkomplexes während des Überschiebungsvorganges, so daß heute von einem normalen
Zusammenhang mit den wenig zerbrochenen Schollen der Schubmasse nicht mehr gesprochen
werden kann. Das Berchtesgadener Salzgebirge steht wahrscheinlich durch das Bischofswieser
Tal mit dem Reichenhaller Salzgebirge in Verbindung. Ehemals lastete das Lattengebirge auf
überfahrenen Hallstätter und "Werfener Schichten; letztere quollen nun durch den Salzauftrieb
unter dem Nordrand des Lattengebirges hervor und schwollen im Gmainer Bezirk zu einem aus-
gedehnten Salzhorst an, der aber durch natürliche Sinkwerke allmählich ausgelaugt wurde; die
dortigen großen Erdfälle weisen deutlich darauf hin. Hier liegt voraussichtlich auch der Ur-
sprungsort der Reichenhaller Solquellen.
Das (tektonisch) Liegende des Salzgebirges ("Werfener Schichten) muß nach dem allgemeinen
Gebirgsbau von den überwältigten Schichten der Tirolischen Zone gebildet werden. Dafür sprechen
auch die in der Tiefe des Berchtesgadener Salzbergbaus angetroffenen Schollen von Juragesteinen.
Was nun die Hallstätter Gesteine betrifft, so haben wir in ihnen Vertreter eines eigenen Fazies-
bereiches der alpinen Trias vor uns, sie sind auf Grund ihrer Versteinerungen den Gesteinen der
Schubdecke als gleichalterig anzusehen, können also weder das normale Liegende noch das
Hangende der Schubdecke darstellen. "Wahrscheinlich sind sie in einem zwischen dem tirolischen
und dem Berchtesgadener Faziesbereich oder i n n e r h a l b des letzteren gelegenen Meeresteil
abgelagert worden ¡und wurden infolge ihrer relativ geringen Mächtigkeit beim Beginn der zur
Kreidezeit vor sich gehenden Uberschiebungsvorgänge zu allererst von den mächtigen Schicht-
tafeln der Berchtesgadener Schubmasse überwältigt, wobei sie wohl in nähere Berührung mit dem
Salzgebirge kamen, was ihre heutige Nachbarschaft erklären würde. Ein solcher Vorgang würde es
auch erklärlich machen, weshalb das Auftreten der H a l l s t ä t t e r G e s t e i n e und des Salzgebirges
zumeist an die Ü b e r s c h i e b u n g s r ä n d e r u n d g r o ß e n S t ö r u n z o n e n g e b u n d e n ist.

l
) Bresche, it. brescia, Geröll. Gesteia bestehend aus eckigen, zusammengekitteten Trümmern.

85
Die Frage nach der H e r k u n f t d e r B e r c h t e s g a d e n e r S c h u b m a s s e ist
noch ungelöst. Die Anhänger der Lehre vom Deckenbau der Alpen lassen sie
natürlich von Süden kommen. Es spricht jedoch vieles dafür, daß sie von O s t e n
herstammt und das Ergebnis einer seitlichen Abschwenkung der weiter im Osten,
im Salzkammergut, zur gleichen Zeit stattgefundenen Überschiebungsvorgänge
vorstellt. Die Fortsetzung der Berchtesgadener Schubmasse gegen Osten ist in
dem nördlich des Tennengebirges gelegenen Gebiete an der unteren Lammer
zu suchen, das im Norden auf die Juraschichten des zur Tirolischen Zone ge-
hörigen Gruber Hornes und des Osterhörn-Gebirges aufgeschoben liegt.
Letzteres sowie die bis zum Gaisberg sich erstreckenden Berge östlich der
Salzach zeichnen sich durch außerordentlich ruhige Lagerung der Schichten
aus. Am Aufbau dieses Gebietes nehmen nur Gesteine der obersten Trias (norische
bis rhätische Stufe), des Juras und der Kreide teil; dagegen fehlt hier ladinischer
Wettersteinkalk, der im Westen zuletzt noch am Staufen mächtig vertreten ist;
im Osten taucht er erst wieder am Mondsee auf. Das Fehlen des Wetterstein-
kalkes in diesem Abschnitte der Tirolischen Zone östlich der Salzach ist ein
weiterer Beweis für die Natur des S a l z b u r g e r B e c k e n s als S e n k u n g s f e l d ,
wie es oben bei der Besprechung der Flyschzone schon dargelegt worden ist
(vgl. S. 74). Ebenso wie in der Flyschzone durch den Senkungsvorgang natür-
lich die jüngeren Sandsteinschichten große Verbreitung innerhalb des Senkungs-
feldes besitzen, in gleicher Weise breiten sich in den Bergen östlich der Salzach,
die noch durch die Senkung in Mitleidenschaft gezogen wurden, die jüngeren
Schichtkomplexe oberflächlich aus, während die älteren Gesteine unzugänglich
im Untergrund versenkt ruhen und erst weiter im Osten außerhalb der Senkungs-
zone wieder an der Gebirgsoberfläche ausstreichen.
Der ruhige Gebirgsbau der Tirolischen Zone östlich der Salzach wird in der
Gegend des Wolfgang- oder Abersees durch Überschiebungsbau abgelöst, indem
nämlich das Osterhörn-Gebirge auf die südwestliche Abdachung der Schafberg-
Gruppe aufgeschoben ist. Auch diese Überschiebung ist schon zur Kreidezeit
(vorgosauisch) eingetreten, wie die Ablagerung von Gosauschichten auf der Über-
schiebungsnaht beweist.1) Letztere streicht an dem den Abersee südwestlich be-
grenzenden Gebirgshang aus, verläuft zunächst in südöstlicher Richtung, biegt
dann in das zwischen Osterhörn und Gamsfeld gelegene Verbindungstal Strobl-
Abtenau ein, wo sie von Gosauschichten diskordant überlagert wird. Eine zweite
Überschiebungsfläche streicht etwas tiefer an dem genannten Gebirgshang längs
dem Abersee aus, welche aber jüngeren Alters (tertiär) ist; an ihr wurde Oster-
hörn und Sparberhorn (welch letzteres geologisch zur Schafberggruppe gehört)
nochmals auf Gosauschichten der Abersee-Senke überschoben.
Ähnliche, zeitlich verschiedene Überschiebungsvorgänge haben auch in der
Gamsfeldgruppe (einschließlich Rinnkogel und Katergebirge) stattgefunden. Die
Gamsfeldgruppe wird sowohl von Gesteinen der Hallstätter wie auch von Berchtes-

') Siehe E. SPENGLER, Untersuchungen über die tektonische Stellung der Gosauschichten. Sitz.-
Ber. d. Akad. d. Wissensch. Wien. 121. 1. 1912.

86
gadener (juvavischer) bezw. Dach stein-Ausbildung aufgebaut. Zur Kreidezeit wurden
die Dachsteingesteine auf die Hallstätter Serie aufgeschoben, darauf lagerten
sich, beide übergreifend, Gosauschichten ab, die von denjenigen des (tirolischen)
Abersee-Beckens in der Gesteinsausbildung etwas abweichen. Nach ihrer Ab-
lagerung setzten sich in der Tertiärzeit die Überschiebungsvorgänge fort, wobei
die gesamte Gamsfeldgruppe mitsamt der auflagernden Gösau auf die Tirolische
Zone aufgeschoben wurde. Die von der Gamsfeldgruppe überfahrenen Tirolischen
Gesteine sind im Erbstollen des Ischler Salzbergbaues aufgeschlossen, so daß
an der Überschiebung nicht gezweifelt werden kann.
Zur Kreidezeit wurde auch die Plassen-Scholle westlich von Hallstatt und
der Hallstätter Salzberg aufgeschoben; denn am Westrande wurden die Gosau-
schichten des Gosaubeckens über Plassen-Scholle und Dachsteindecke gleich-
mäßig abgelagert und so die Überschiebungsnaht verdeckt.
Gamsfeldgruppe, Saarstein (östlich des Ischler Trauntales gelegen) und Dach-
steingruppe sind ein durch die kretazische Gebirgsbildungsphase zusammen-
geschweißter Komplex. Auf dem Dachsteingebiet liegt als Deckscholle die Plassen-
gruppe bei Hallstatt; auch sie ist vorgosauisch aufgeschoben, denn der westliche
Überschiebungsrand wird — wie vorhin erwähnt — von den Gosauschichten des
eigentlichen Gosaubeckens überlagert. Das Gosaubecken selbst hinwiederum wird
an seinem Südostrand von der Zwieselberg-Überschiebungsscholle überdeckt; die
Aufschiebung erfolgte erst zur Tertiärzeit, wahrscheinlich in Yerbindung mit den
großen, gegen Süden gerichteten Yerschuppungs- und Überschiebungsvorgängen,
die sich am ganzen Südrande der Kalkalpen, vom Dachstein bis hinüber zum
Hochkönig bemerkbar machen. 1 ) Hiebei mag erwähnt werden, daß die D a c h -
s t e i n g r u p p e zur gleichen geologischen Einheit gehört, wie das Tennengebirge
und das Steinerne Meer mit dem Hochkönig; es ist der s ü d l i c h e A s t d e r
T i r o l i s c h e n Z o n e , die im Saalachgebiet durch die Berchtesgadener Schub-
masse gespalten wird (siehe oben S. 83).
Kehren wir nun zum nördlichen Ast der Tirolischen Zone wieder zurück! Am
Wolfgang- oder Abersee setzt sie sich, lokal von der Osterhorngruppe über-
lagert, im Schafberg und Höllengebirge fort. Das Schafberggebiet besteht aus
einer Reihe von nach Nordosten ü b e r k i p p t e n F a l t e n , die b e r e i t s z u r
K r e i d e z e i t gebildet worden sein müssen; denn auf die durch Abtragung er-
niedrigten Faltenteile haben sich Gosauschichten übergreifend abgelagert. Am
Nordfuß der Schafberggruppe streicht als tiefstes Glied der normalen Schichten-
serie der (ladinische) Wettersteinkalk aus, der von hier an nach Westen bis zum
Staufen verschwindet (siehe S. 83). Unter dem Wettersteinkalk tauchen am West-
ufer des Mondsees, am Südende des Kammer- oder Attersees und östlich davon
am Nordwestfuße des Höllengebirges neokome Mergel auf — zwischen Tirolische
und Flyschzone eingeklemmt —, die a l s V e r t r e t e r d e r bis hierher unter der
Tirolischen Zone gänzlich verschwundenen B a j u v a r i s c h e n Z o n e a n z u s e h e n

') In der Geologischen Übersichtskarte ist ihr Verlauf durch das Zeichen der vermuteten
Überschiebungen angedeutet.

87
sind. Etwas weiter östlich, am Nordrande des Höllengebirges, findet sich ein
breiter Streifen von Trias-, Jura- und Kreidegesteinen, die als Teile der Baju-
varischen, unter dem Höllengebirge begrabenen Zone zu gelten haben. Sie wurden
beim Vorstoß des Höllengebirges am Stirnrand der Überschiebungsdecke mit
Torgeschleift. Am Traunsee wird diese Bajuvarische Zone noch einmal durch
eine Querverwerfung abgeschnitten, die Tirolische Zone stößt nochmals um 5 km
bis zur Flyschzone vor; nur am Nordfuße des Traunsteines zeugt eine kleine
Jurascholle von dem Vorhandensein der Bajuvarischen Zone. Erst jenseits des
Almtales weicht die Tirolische Zone endgültig zurück und an ihrer Nordgrenze
entwickelt sich ein rasch breiter werdender Streifen der Bajuvarischen Zone,
dessen weitere Fortsetzung schon außerhalb unseres Darstellungsgebietes liegt.
In der Tirolischen Zone sind noch anschließend an die Schafberggruppe das
Höllengebirge und östlich der Traun das Tote Gebirge kurz zu beschreiben. Das
Höllengebirge baut sich in seinem nördlichen Teil aus Wettersteinkalk auf, der
die Ursache f ü r die dort herrschende Verkarstung bildet; im südlichen, durch
eine schmale Zone karnischer (Raibier) Schichten getrennt, herrscht Hauptdolomit
vor. Die Schichten sind zu einem richtigen Sattel zusammengebogen, der nach
Norden überkippt ist; der liegende Schenkel ist beim Überschiebungsvorgang unter
die Schubdecke geraten und überfahren worden, Reste von ihm finden sich am
Nordende des Höllengebirges noch vor.
Im Totengebirge gewinnt bereits das Hauptgestein der Berchtesgadener oder
Dachsteinfazies, nämlich der Dachsteinkalk, große Verbreitung, der im Verein
mit den ihn bedeckenden Juraschichten das sanft gegen Südwesten geneigte
Tafelgebirge aufbaut. Auch die Gesteinsschichten sind im allgemeinen gegen
Südwesten geneigt; der Bau ist jedoch nicht so einfach, sondern es herrscht
auch hier eine Überschiebungstektonik vor.1)

Morphologische Bemerkungen.
Von Regierungsgeologen, Privatdozenten Dr. Joseph Knauer.

Der Gegensatz zwischen den hoch aufragenden Alpen und ihrem teils hügeligen,
teils flachen Vorlande ist ohne Zweifel tektonisch bedingt; d. h. durch die inneren
(endogenen) Kräfte des Erdkörpers bezw. durch die gebirgsbildenden Vorgänge
wurden die obersten Schichten der Erdrinde abgehoben und übereinander ge-
türmt, so daß sie heute wallartig das Vorland überragen. Dagegen waren an der
G l i e d e r u n g des Alpenkörpers, an der Ausbildung des T a l n e t z e s , sowie an
der feineren Ausgestaltung der T a l f o r m e n und des R e l i e f s der Berge und
Gebirgszüge schon vom Beginn der Alpenentstehung an die äußeren (exogenen)
Kräfte, nämlich die Verwitterung Ausnagung, Abtragung und der Wiederabsatz des
zerstörten Materials hervorragend beteiligt. Die durch die innere Struktur und
durch die Art des Gesteinsmaterials bedingte geologische Formengestaltung blieb

Sie ist in der Geologischen Übersichtskarte angedeutet.

88
daher meist nicht bestehen, sondern wurde während und nach der Entstehung
der Alpen noch wesentlich verändert. Das Zusammenarbeiten aller dabei tätig
gewesenen Faktoren war ein verwickeltes Spiel der Kräfte, denn diese Vorgänge
haben nicht gleichmäßig und ununterbrochen gewirkt, sondern es lösten sich
Zeiten mit überwiegender Gebirgsbildung und solche vorherrschender Abtragung
gegenseitig ab.
Für die t e k t o n i s c h e Ausgestaltung des Gebirgskörpers war neben den ge-
waltigen Druckkräften die Verschiedenartigkeit des Gesteinsmaterials von erheb-
licher Bedeutung. Die zwischen die mächtigen Kalk- und Dolomitklötze einge-
schalteten mergeligen, schieferigen oder sandigen Schichten verhielten sich den
Druckkräften gegenüber anders als die Kalkkomplexe. Letztere, wie z. B. Wetter-
steinkalk oder Dachsteinkalk, zerbrachen infolge ihrer großen Widerstandsfähig-
keit meist in einzelne Schollen, welche hin und her geschoben, manchmal auch
übereinander geschoben wurden, wobei sie ihre wagrechte oder nur wenig ge-
neigte Lagerung vielfach beibehielten, wie z. B. die bekannten Tafelberge der
östlichen Alpen. Bei der Schollenverschiebung wirkten die weicheren Schichten-
glieder als Schmiermittel und wurden dabei oft ausgequetscht und in den Bruch-
fugen zwischen den einzelnen Schollen angereichert, wie z. B. die Werfener
Schichten mit dem Salzgebirge im Berchtesgadener-Reichenhaller Gebiet, wobei
allerdings auch der Salzauftrieb eine gewisse Rolle gespielt haben mag. Da, wo
mächtige Kalkkomplexe gefaltet und aufgerichtet wurden, wie z. B. der Wetter-
steinkalk des Kaisergebirges, bildeten sich aus den aufgerichteten Kalkschichten
ausgesprochene Gebirgskämme. Die mächtigen Dolomitkomplexe, die infolge
ihres eigenartigen zerrütteten Gesteinsgefüges die Starrheit der Kalkmassen nicht
besitzen, aber auch nicht so bildsam wie die Mergel- und Schiefergesteine sind,
verfielen bei der Gebirgsbildung größtenteils einer vollkommenen Faltung, wie
die weithin sich erstreckenden Gebirgsketten des größtenteils aus norischem Haupt-
dolomit bestehenden Zwischengebirges des Tegernseer und Schlierseer Gebietes
erkennen lassen. So zeigt sich deutlich der Einfluß des Gesteinsmaterials auf
die tektonische Struktur des Alpenkörpers.

T e k t o n i s c h angelegt sind ohne Zweifel die großen Leitlinien des Talnetzes der Alpen.
Manche Täler lassen dies ohne weiteres erkennen, wie z. B. das Durchbruchstal des Inns zwischen
Kufstein und Neubeuern, oder dasjenige der Salzach zwischen Golling und Salzburg, worauf
schon im tektonischen Abschnitt hingedeutet wurde. Ebenso dürften die sog. Zungenbecken der großen
eiszeitlichen Vorlandgletscher tektonisch angelegte Senkungsfelder sein,, welche nicht erst durch
Gletscherausnagung geschaffen wurden. "Weiterhin bildeten Bruchlinien und Faltenmulden die
ersten Angriffspunkte für die ausnagende Tätigkeit des fließenden Wassers. Bei der weiteren
Ausgestaltung und Vertiefung des ursprünglichen Reliefs übte die verschiedene "Widerstands-
fähigkeit der einzelnen Gesteinsarten einen richtunggebenden Einfluß aus; denn die fließenden
Gewässer folgten soweit als möglich dem Verlauf der am leichtesten zu zerstörenden Gesteine,
wodurch allmählich Flußverlauf und Richtung der Täler eine Ablenkung erfahren konnten. Auf
diese "Weise konnten ehemals hoch emporgehobene, aus weicheren Gesteinen bestehende Gebirgs-
glieder abgetragen werden, während andere früher tiefer gelegene, aus härteren Gesteinen auf-
gebaute Teile erhalten blieben und nun als Härtlinge über die abgetragenen Teile emporragen.
Die tektonische Anlage eines Tales konnte daher durch das Zusammenwirken von Abtragung
und Gesteinsbeschaffenheit vollständig verwischt werden.

89
Die Vertiefung und Ausgestaltung des ursprünglichen Talsystems zum heutigen
vielfach verzweigten Talnetz war kein einheitlicher Vorgang. In der mittleren
Kreidezeit erfolgte die e r s t e G e b i r g s b i l d u n g in den nördlichen Kalkalpen. Zu-
gleich mit ihr begann die Ausgestaltung des werdenden Reliefs durch die zer-
störenden Kräfte. Als dann zur Cenomanzeit die große Meeresüberflutung eintrat
und das eben erst entstandene junge Gebirge größtenteils wieder in den Meeres-
fluten verschwand, wurde die Tätigkeit der zerstörenden Kräfte unterbrochen
und an Stelle der Abtragung erfolgte der Absatz von Meeresablagerungen in
den vorher gebildeten Tälern und Senken, wodurch das Talnetz zum Teil um-
gestaltet oder gänzlich verhüllt wurde. Zur jüngeren Kreidezeit begann eine n e u e
G e b i r g s b i l d u n g s p e r i o d e , wobei z.B. die Überschiebung der Berchtesgadener
(juvavischen) Schubdecke erfolgte. Wenn dabei auch die vorgebildeten, aber
durch die cenomanen Ablagerungen verhüllten Bruchlinien eine Neubelebung
erfahren haben mögen, so mußte das alte Relief doch wesentlich neu gestaltet
worden sein. Von neuem begannen die abtragenden Kräfte ihr Spiel und auch
neuerliche Bildung von Meeressedimenten (Gosauablagerungen) brachte wieder-
holte Veränderungen. Zum drittenmal erfolgte eine grundsätzliche Neugestaltung
durch die in der Tertiärzeit vor sich gegangene H a u p t g e b i r g s b i l d u n g , welche
in großen Teilen der Alpen erst den Grund zum heutigen Relief legte. Nach
ihrem Abschluß beruhte die weitere Gestaltung nur mehr auf einer Vertiefung
und Erweiterung des vorgebildeten Reliefs durch die zerstörenden Kräfte, und
nur unregelmäßige Hebungen und Senkungen innerhalb des Alpenkörpers traten
noch ein und beeinflußten stellenweise die endgültige Ausgestaltung des Tal-
netzes. Verwitterung, Abtragung und Schuttanhäufung haben dann besonders
die Formen des Gebirges verändert, wobei die jeweilige Gesteinsbeschaffenheit
sich stark geltend machte; ein schönes Beispiel dafür bietet die Abbildung6
auf S. 32.

Auch die Flyschzone mit ihren sanft gerundeten Formen von Mittelgebirgscharakter ist ein
besonders bemerkenswertes Beispiel für den Einfluß des Gesteinsmaterials. Trotz der harten Kiesel-
kalke und Sandsteine können sich keine schroffen Formen herausbilden, da sich zwischen die
einzelnen härteren Gesteinsbänke in regelmäßigem "Wechsel weichere Mergelschichten einschalten.
Durch die rasche Zerstörung der letzteren verlieren die härteren Bänke ihren Halt und der
ganze Gesteinskomplex überzieht sich sehr rasch mit einer mächtigen Decke von Yerwitterungs-
material. Nur in ganz jung eingeschnittenen Flußtalern oder an Stellen, wo Bergschlipfe den
Untergrund bloßlegten, treten die Flyschschichten zutage.

Bedeutenden Einfluß auf die Formengestaltung der Alpen hatte in der Folge-
zeit die e i s z e i t l i c h e V e r g l e t s c h e r u n g ausgeübt. Im Gegensatz zur Wirkung
des fließenden Wassers, das im Gebirge sägeartig in die Tiefe arbeitet, äußert sich
die wie eine Feile schürfende Kraft des a b w ä r t s f l i e ß e n d e n Eises nicht nur
durch Tieferlegung, sondern auch durch seitliche Erweiterung der eisdurch-
flossenen Täler, wodurch die ursprüngliche V-förmige Querschnittslinie in eine
U-förmige umgewandelt wurde. Eine derartige Umwandlung ging in erster Linie
in denjenigen Tälern vor sich, wo größere Talgletscher strömten; dabei wurden
die Täler trogförmig vertieft, eine Erscheinung, die in allen vergletschert
gewesenen Teilen der Alpen zu sehen ist. Die trogförmige Eintiefung hatte auch

90
eine kräftige Unterschneidung der seitlichen Talgehänge zur Folge, was zum
Einsturz mancher steilen, nunmehr ihres Fußes beraubten Felswand führte. Die
„Übertiefung" der voreiszeitlichen Haupttäler hatte weiter zur Folge, daß die
in ein Haupttal einmündenden Seitentäler nicht mehr gleichsohlig auslaufen,
sondern ihre Mündungen „hängen" in der Luft und bilden eine Steilstufe, über
die die Bäche als "Wasserfälle hinabstürzen oder in jung eingeschnittenen Klammen
sich durchzwängen, wie z. B. die Seitentäler des unteren Inntales. Neben der
eigenartigen Ausgestaltung der Täler zeigt sich die formende Kraft des f l i e ß e n -
d e n Eises auch in der Abrundung des felsigen Untergrundes; die einst vom
Eise überflossenen „Rundbuckel" stehen in auffälligem Gegensatz zu den eisfrei
gebliebenen zackigen Gipfeln. •— Eine weitere sehr merkwürdige Erscheinung im
eiszeitlichen Formenschatz der Alpen sind die K a r e . Die Entstehung dieser nischen-
artigen Einsenkungen an den Bergkämmen ist ohne Zweifel auf die eiszeitlichen
Gletscher zurückzuführen; denn sie finden sich nur in ehemals vergletschert
gewesenen Gebieten. Besonders zahlreich sind sie in den Kalkalpen westlich
des Inns;*) ein schönes Beispiel bietet Abb. 6 auf S. 32.

"Während die eiszeitlichen Gletscher in den Alpen in der Hauptsache durch


Ausnagung und Abtragung den Formenschatz beinflußten, machten sie sich im
Yorlande durch Aufschüttung des aus dem Gebirge mitgebrachten Schuttes
geltend. Die reizvoll wechselnde Hügellandschaft der Moränen, Drumlins, Äser
und Kames und der dazwischen gelagerten zahlreichen Seen und Weiher wurde
durch die Gletscherrückstände innerhalb der Zungenbecken gebildet, während
die ebenen Schotterflächen (Deckenschotter, Hochterrassenschotter und Nieder-
terrassenschotter), die sich an die Endmoränen anschließen, von den Schmelz-
wässern ausgebreitet wurden. In sie sind die erst nacheiszeitlich gebildeten jungen
Flußläufe eingesenkt (siehe Abb. 8, S. 60).
Geologischer Aufbau, "Wechsel der Gesteinsarten, Verwitterung, Ausnagung
durch Wasser und fließendes Eis, Abtragung und Wiederablagerung des ge-
bildeten Schuttes sind die Kräfte, die in oft wechselndem Wettbewerb an der
Ausgestaltung der Alpen und ihres Yorlandes gearbeitet haben.

Nutzbare Bodenschätze.
Von Regierungsgeologen, Privatdozenten Dr. Joseph Knauer.

K o h l e . Die in den Schichten der oligozänen Molasse des Vorlandes einge-


lagerten Pechkohlen unterliegen seit etwa einem halben Jahrhundert einem
starken Abbau. Trotz ihres tertiären Alters gleichen sie nicht den Braunkohlen, wie
man eigentlich erwarten sollte, sondern sie stehen ihrem Aussehen und Heiz-
wert nach zwischen Braunkohle und Steinkohle, was auf die Wirkung des bei

*) FR. LEVY, Quartäre Formenentwicklung der Schlierseer Berge und ihrer Nachbarschaft.
Berlin 1922.

91
der Alpenfaltung aufgetretenen starken Gebirgsdruckes Zurückzuführen ist. Das
Vorkommen bauwürdiger Flöze ist in der Hauptsache auf die westlich des Inns
gelegenen Gebiete beschränkt, während östlich des Inns die Flöze schwächer
werden und gegen Osten allmählich auskeilen. Der Bergbau geht heute nur
noch in der Haushamer Mulde um, während das Miesbacher Revier größtenteils
abgebaut ist und gegenwärtig keine Förderanlage mehr besitzt. Die in den Molasse-
schichten östlich des Inns begonnenen Abbauversuche haben zu keinen nachhal-
tigen Erfolgen geführt.
Im A l p e n g e b i e t sind die in den unteroligozänen Häringer Schichten eingelagerten Pech-
kohlen Gegenstand eines lohnenden Bergbaues.
In den jüngeren Tertiärschichten (Miozän) sind bauwürdige Braunkohlen bisher nur im öster-
reichischen Gebiet, nämlich im Hausruckgebirge bei Thomasreuth und "Wolfsegg aufgeschlossen
worden (siehe S. 59).

E r d ö l . Am westlichen Ufer des Tegernsees dringt in der Flyschzone ein


hochwertiges Erdöl auf, das schon im 15. Jahrhundert von den Tegernseer
Mönchen entdeckt und als St. Quirjnusöl zu Heilzwecken verkauft wurde. In
neuerer Zeit wurden verschiedene Tiefbohrungen niedergebracht, um die Lager-
stätte aufzuschließen. Die Bohrungen wurden wohl zum Teil fündig, doch ent-
behren die bisherigen Funde der gewünschten Ergiebigkeit.
E r d g a s . Die im Bereich des jüngeren Tertiärs des Vorlandes auftretenden
Erdgasquellen bestehen in der Hauptsache aus Methan und werden für örtliche
Licht- und Kraftversorgung verwendet (siehe S. 58).
E i s e n e r z . Die einzigen bauwürdigen Eisenerze auf bayerischem Gebiet finden
sich in den eozänen Schichten von Kressenberg und Achthal bei Teisendorf.
Es sind einige zum Teil mächtige Flöze oxydischen Eisenooliths, dessen Metall-
gehalt bis zu 3 5 % steigt. Die Flöze haben bis vor wenigen Jahren den Betrieb
eines Hüttenwerkes ermöglicht und werden auch heute noch abgebaut.
Früher wurden an verschiedenen Stellen Schürfversuche auf Eisenerze im "Wettersteinkalk
und in oberjurassischen Hornsteinschichten gemacht, die aber mangels genügender Mächtigkeit
der Erze zu keinen Erfolgen führten.
Im österreichischen Alpengebiet und zwar in der zwischen den Kalk- und Zentralalpen ge-
legenen Schieferzone gibt es zahlreiche Vorkommen von Spateisenstein, auf denen sich aber
nirgends bedeutendere Bergbaue entwickelt haben.
B l e i - u n d Z i n k e r z . Das reichhaltigste Vorkommen von Bleiglanz, Zinkblende
und Galmei findet sich im "VVettersteinkalk des Rauschenbergs bei Inzell; es
ermöglichte in früherer Zeit einen lohnenden Bergbau. Weitere Fundpunkte sind
zu nennen am Staufen und auf der Königsberger Alpe bei Berchtesgaden.
K u p f e r e r z e . Zahlreiche Kupferkiesvorkommen finden sich im österreichischen Gebiet in der
Schieferzone zwischen Inn- und Ennstal. Die hauptsächlichsten Reviere sind diejenigen von Kitz-
bühel, Zell a. See und Bischofshofen. In letzterem liegt das reiche Vorkommen von Mitterberg,
das schon in vorgeschichtlicher Zeit Gegenstand des Abbaues gewesen ist. Ehedem hochberühmte
silberhaltige Fahlerzlager finden sich im palaeozoischen sog. Schwazer Dolomit des Schwazer und
Brixlegger Eeviers. Sie waren die Grundlage für einen blühenden Bergbau und stehen zum Teil
heute noch in Abbau.
Salz. Einer der wichtigsten Bodenschätze unserer Alpen ist das Salz. Auf
seinen den "VVerfener Schichten zugehörenden reichen Lagerstätten und den

92
daraus entspringenden Solquellen gründet sich die Entstehung und die Blüte
der Siedlungen Bad Reichenhall, Berchtesgaden, Hallein, Ischl und Hallstatt,
deren Namen schon zum Teil auf das wertvolle Gut hinweisen. Auch die Orte
Traunstein und Rosenheim verdanken ihre Entwicklung dem Salz, indem ein
Teil der Sole aus dem ßeichenhaller Gebiet mittels kunstvoller Leitungen dorthin
zum Versieden geleitet wurde. Das Salz hat für die Geschichte Bayerns und
des benachbarten Österreichs eine nicht unwesentliche Rolle gespielt; es sei
z.B. nur an die Salzstraße durch das südliche Bayern und an die Gründung
Münchens erinnert. Auch in vorgeschichtlicher Zeit war das begehrte Gut Gegen-
stand eifrigen Abbaues,. z. B. in Hallstatt, wonach auch eine Kulturepoche be-
nannt ist.

Das Salz wird zum Teil als Steinzalz gewonnen, zum Teil wird es in sog.
Sinkwerken ausgelaugt und in den Salinen versotten. Auf den natürlichen Sol-
quellen beruhen die weltberühmten Badebetriebe von Reichenhall und Ischl.
G i p s . Geringe Bedeutung besitzen die den "Werfener und den karnischen (Raibler) Schichten
eingelagerten Gipsstöcke, da sie infolge der tonigen Verunreinigungen raeist nur zu Düngezwecken
verwendet werden können. Ehemalige Abbaue bestanden bei Reichenhall, Großgmain, Berchtes-
gaden und auf der Kaumalpe am Hochfelln, woselbst sehr reiner Alabaster gefunden wurde.

K a l k s t e i n . Unerschöpflich ist der Reichtum an Kalksteinen im Gebiet der


nördlichen Kalkalpen, die ja ihren Namen davon herleiten. Die Verwendbarkeit
der vorkommenden Kalksteinarten ist je nach ihrer Ausbildung, Struktur und
chemischen Reinheit verschieden. Kalksteine, die bis zu 98—99°/o Kalkgehalt
besitzen und sich vorzüglich für die elektrochemische Industrie eignen, sind
nicht selten. Für alle möglichen Zwecke brauchbare Kalkgesteine finden sich
von der anisischen bis zur rhätischen Stufe der Trias und in einzelnen Horizonten
des J u r a und der Kreide. GroßeSteinbrüche bestehen z.B. im unteren Inntale,
im Reichenhaller Becken und im Salzburgischen. Zahlreich sind die Kalköfen,
in denen Kalk gebrannt wird. Wo das Gestein nicht anstehend zu finden ist,
behilft man sich mit den großen Kalksteingeröllen, die von den Gebirgsflüssen
mitgeführt und abgelagert werden. Zu Werk- und Bausteinen eignen sich unter
anderen besonders die dünngebankten rhätischen Kalke und Plattenkalke, da sie
sich infolge ihrer Schichtflächen leicht in regelmäßige Form bringen lassen.
Außerdem sind noch die früher sehr geschätzten Kalktuffe zu erwähnen, die
einen sehr schönen Baustein f ü r architektonische Zwecke liefern und neuer-
dings für Portale, Denkmäler und Gartenarchitektur sich steigender Beliebtheit
erfreuen. Bekannte Tuffsteinbrüche finden sich im Mangfalltale (Mühltal), wo
der Tuff aus den jetzt der Wasserversorgung von München dienenden Quellen ab-
gesetzt wurde.

M a r m o r . Eine Reihe von Kalksteinen der oben erwähnten Formationsstufen


eignet sich auch vorzüglich zur Verwendung als Marmor und bildet die Grund-
lage f ü r eine lebhafte Marmorindustrie, die für kirchliche und Profanbauten der
engeren und weiteren Heimat zahlreiche Werkstücke geliefert hat. Im Berchtes-
gadener Land sind es rötliche Hallstätter Kalke, die vielfach zu Marmorarbeiten

93
verwendet wurden. Berühmt sind die Marmorbrüche am Untersberg, wo bunt-
geäderter Dachsteinkalk und Hippuritenkalk der Gosauschichten als weltbekannter
Untersberger Marmor gebrochen werden. Helle rhätische Korallenkalke und rote
und graue Liaskalke bilden das geschätzte Material der Adneter Marmorbrüche
bei Hallein. Kalke des mittleren und oberen Jura werden in den Marmorbrüchen
von Ruhpolding und Tegernsee abgebaut. Für Grabsteine und Innenarchitektur
waren früher die Nummuliten- und Lithothamnienkalke des Eozäns, der sog.
„Granitmarmor", sehr beliebt, der in der Gegend von Neubeuern, Rohrdorf und
Sinning gewonnen wurde.
Z e m e n t m e r g e l . Brauchbares Rohgut zur Herstellung von Zement liefern
die Fleckenmergel des Lias, die Neokom-Mergel der unteren Kreide und die
Mergel der eozänen und oligozänen Schichten. Größere Zementwerke bestehen
in Staudach bei Marquartstein (siehe Abb. 7 auf S. 37), im unteren Inntal bei
Wörgl und Kufstein, wo die Mergel der Häringer Schichten abgebaut werden,
ferner bei Gartenau und Gamp im Salzburgischen, wo die neokomen Kreide-
mergel Verwendung finden. Früher wurden auch neokome Mergel bei Unter-
wessen und eozäne Mergel bei Reichenhall verarbeitet. Von geringer Bedeutung
sind die Flyschmergel, die früher an verschiedenen Stellen zu Romanzement
verarbeitet wurden.

B a u s t e i n e . Neben verschiedenen oben schon erwähnten Kalksteinschichten


eignen sich zu vortrefflichen Bausteinen besonders zwei Schichtenglieder, nämlich
die dolomitische Rauhwacke der karnischen (Raibier) Stufe und die diluviale
Nagelfluh. Erstere wurde besonders in der Gegend von Bergen gebrochen und
zu den staatlichen Salinenbauten und zu Eisenbahnbauten, besonders Brücken-
pfeilern usw., verwendet, letztere ist im unteren Inntal am Biberhügel bei Bran-
nenburg in gewaltigen Steinbrüchen aufgeschlossen, wo noch heute zu vielen
Bauten Quadersteine gewonnen werden; weitere Brüche finden sich bei Traun-
stein, Teisendorf und in der Ramsau bei Berchtesgaden, wo die Nagelfluh früher
zu Mühlsteinen gebrochen wurde.
S a n d s t e i n . Die in verschiedenen Formationsstufen vorkommenden Sandsteine
sind in zahlreichen Brüchen aufgeschlossen und wurden außer zu Bau- und
Werksteinen auch zu Pflaster- und Gestellsteinen und für Bildhauerarbeiten
verwendet. Die wichtigsten Vorkommen sind die roten, grünen und braunen
Nummulitensandsteine von Neubeuern und Teisendorf, die Flyschsandsteine von
Högelberg, Sulzberg, Teisenberg. Brannenburg, vom Schlierseer und Tegernseer
Gebiet.
L e h m und Ton. Äußerst zahlreich sind die Vorkommen von Ziegellehm und
Ton, die zur Herstellung von Ziegeleiwaren dienen. Es sind in der Hauptsache
tonige Moränenreste der ehemaligen Gletschergebiete und die diluvialen und
alluvialen Zersetzungs- und Umlagerungsprodukte der Gletscherablagerungen.
Unerschöpfliches Material liefert z. B. der Bänderton des ehemaligen Rosen-
heimer Sees; auf ihm beruhen die großen Betriebe der Tonwarenfabriken Kolber-
moor, Großkarolinenfeld, Thannsau, Rosenheim, Acherting usw.

94
Schotter. Ungeheure Massen von diluvialen Schottern liegen im Yorlande
über der tertiären Unterlage ausgebreitet und liefern das für Straßenbau
und Betonierungszwecke notwendige Sand- und 'Kiesmaterial allerorts in be-
liebigen Mengen.
H e i l q u e l l e n . Schon seit alter Zeit werden verschiedene natürliche Quellen als heilkräftige
Wässer benützt, wozu in neuerer Zeit noch künstlich erbohrte Quellen treten, wie z. ß . die
anläßlich der Erdölbohrungen entdeckte Jodquelle von Wiessee am Tegernsee. Zu den f r ü h e r
schon bekannten Quellen gehören die Schwefelquellen vom Schwaighof am Tegernsee und von
Wildbad Kreut (schon im 16. Jahrhundert gegründet), die einfachen kalten Quellen von Chieming,
Traunstein, Wildbad Empfing, Adelholzen (schon seit dem Jahre 800 zu Badezwecken benützt),
die oben schon erwähnten Solquellen von Reichenhall und die radioaktiven Thermen von Bad Gastein.

Anhang:
Minerallagerstätten.
Ton Dr. Heinrich Laubmann.
Minerallagerstätten- nehmen in den bayerischen Voralpen, die ja sedimentäre Ablagerungen
vorstellen, wenig Raum ein und in erster Linie ist es wohl der Salzstock von Berchtesgaden,
den man zum Typus der alpinen Salzlagerstätten zählt und der sowohl bergwirtschaftlich wie
geologisch ein gleich großes Interesse beanspruchen darf. In seiner geologischen Form ganz un-
regelmäßig, führt er das Steinsalz und seine Begleitmineralien Anhydrit, Gyps und Polyhalit
sowie Gesteinsbruchstücke in einem stark mit Salz imprägnierten und durchaderten, völlig unge-
schichteten, sandigen Ton, dem sogen. Haselgebirge. Man suchte daher seine Entstehung auf die
Erscheinung der sogen, rezenten Salzpfannen der Wüste zurückzuführen und fand f ü r die mit
einhergehenden Dislokationen in dem stets mit großer Volumvermehrung verbundenen Übergang
des Anhydrits in Gyps und der in unmittelbarer Nähe auftretenden jüngeren Eruptivgesteine
eine naturgemäße Erklärung. 1 ) Später brachte man dann den Berchtesgadener Salzstock mit den
gleichmäßig, schichtenförmig entwickelten norddeutschen Salzlagerstätten in Beziehung und nahm
f ü r das Haselgebirge einen ähnlichen Bildungsvorgang an wie f ü r Salzhorste und Gypshut dieser
Salzablagerungen. J ) Nach neuerer Auffassung von 0 . M. Reis ist der Berchtesgadener Salzstock
nur eine durch tektonische Einwirkung gestörte Salzablagerung, wie sie unter normalen Verhält-
nissen sonst im Perm, Muschelkalk, Zechstein u. s. w. vorkommt. 8 )
Der wertvolle Gemengteil des Haselgebirges, das S t e i n s a l z , das durch Sinkwerke nutzbar
gemacht wird, findet sich regellos in derb-kristallinischen, faserigen oder stengeligen Aggregaten
von roter (Eisenoxyd) grüner (Atakamit) oder grauer Farbe im Salzton verteilt. Doch finden sich
auch scharf umgrenzte klare Steinsalzwürfel, die hin und wieder auch die bekannte blaue Färbung
zeigen und durch derbe Salzmassen verheilt sind. Eine nicht allzuseltene Erscheinung sind auch
die durch mechanische Deformation entstandenen sogen, verschobenen Steinsalzwürfel. Der A n h y -
d r i t tritt in der Hauptsache in gefärbten abgerundeten Knollen oder Putzen a u f ; wasserklarer,
großblätterig-prismatischer Anhydritspat ist Ausnahme. Häufig ist er noch mit G y p s verwachsen,
der aus ihm entstanden, und d e r ' i n großblätterigen, durchsichtigen oder in derben Partien, auch
als Gyps führende Brekzie, ebenfalls eine häufige Erscheinung ist. Die bekannten Berchtesgadener
Gypsdrusen (meist einfache Kristalle und Schwalbenschwanzzwillinge) sind keine Naturprodukte,
sie haben sich in der Sooleleitung oder Soolereserve abgesetzt. Selten finden sich die stengelig-

l
) F. MAYER, Geologisch-mineralogische Studien aus dem Berchtesgadener Lande. Geognost.
Jahreshfte. X X V (1912) S. 121 u. f.
*) F. BEYSCHLAG, Der Salzstock von Berchtesgaden als Typus alpiner Salzlagerstätten, verglichen
mit den norddeutschen Salzhorsten. Ztschft. f. prakt. Geologie X X X (1922) S. 1 u. f.
') Vergl. hierüber auch: H . LAUBILANN, Minerallagerstätten im rechtsrheinischen Bayern,
München 1924.

95
kristallinischen rotgefärbten Massen des P o l y h a l i t e s , auf dem dann hin und wieder poröse
Krusten von Glauberit oder spießige Gypskristalle sitzen.
Außerdem wurde im Salzton und Haselgebirge noch eine ganze Reihe von allerdings nur
sporadisch vorkommenden Einschlüssen wie E i s e n g l a n z , M a g n e t e i s e n , T i t a n e i s e n , S p a t -
e i s e n s t e i n , B r a u n s t e i n , k r i s t a l l i s i e r t e r QJuarz, S c h w e f e l , S c h w e f e l k i e s , B l e i g l a n z ,
A t a k a m i t , M a l a c h i t , F l u ß s p a t , B r e n n e s t usw. beobachtet.
Von Eisenerzvorkommen, die ehemals eine gewisse bergwirtschaftliche Bedeutung erlangt
hatten, seien die alteozänen Eisenoolithschichten am Kressenberg bei Teisendorf, die als verhält-
nismäßig schmale Streifen zwischen Flysch und der Zone der jungtertiären Molasse liegen, er-
wähnt. In den sogen. Nummulitenschichten haben sich aus dem kalkig-glaukonitischen Sandstein
durch Überhandnehmen des Rot- oder Brauneisensteinbindemittels die oolithischen Eisenerze
gebildet, die man je nach ihrem größeren oder geringeren Eisengehalt als Schwarz- oder Roterze
unterscheidet. Die Erzflöze des Kressenberges sind übrigens noch durch massenhaftes Auftreten
von Steinkernen mariner Versteinerungen und durch ein schönes Vorkommen von K a l k s p a t in
Rhomboedern und Skalenoedern, das Spaltausfüllungen bildet, bekannt.
Die B r a u n e i s e n e r z e , die sich spärlich bei Fischbachau am Schliersee im Flysch, an der
Kampenwand (Gedererwand) im "Wettersteinkalk finden und die vorübergehend aber mit wenig
Erfolg auch abgebaut wurden, bieten dem Mineralogen nichts. Dagegen haben die ehemaligen
Zinklagerstätten am Rauschenberg bei Inzell, wo auf Klüften und Spalten im Wettersteinkalk
Erzanreicherungen eingelagert sind, auch heute noch ein gewisses Interesse. Ihre Erzführung,
die ursprünglich aus Bleiglanz und Zinkblende besteht, ist unregelmäßig auf den sogen. Erzblättern
abgelagert und ihr Verlauf an die zwischengelagerten Raibier Schichten und stets an vorhandene
Störungslinien gebunden. Sie sind metasomatischen ^Ursprungs und als Neubildungen treten vorherr-
schend noch Galmei, Zinkblüte und Gelbbleierz auf, die in einiger Entfernung von den primären Erzen
abgelagert sein können. Das Vorkommen stellt also ein völliges Analogon der Blei-Zinkerzlagerstätten
von Raibl-Bleiberg in Kärnten dar, die wir in Abteilung II im Höllental und bei Mittenwald
wieder antreffen. Die Lagerstätte am Rauschenberg lieferte seinerzeit dem Bergbau als Haupterze
einen derben B l e i g l a n z , auf dem hin und wieder etwas kleinkristallisiertes Weißbleierz sitzt,
derbe hellbraune Z i n k b l e n d e , derbe weiße Z i n k b l ü t e (sogen, weißen Galmei) und nierenför-
migen G a l m e i mit etwas eingesprengtem Bleiglanz, ein Erz, das vollständig der Raibier Schalen-
blende entspricht. Auch die f ü r die Bildung dieser Lagerstätte so charakteristischen „Röhrenerze"
wurden am Rauschenberge beobachtet. Als mineralogisch besonders schönes Vorkommnis des
Rauschenberges seien noch die verhältnismäßig großen und gut ausgebildeten K a l k s p ä t e (Prisma
mit Skalenoeder und Rhomboeder) erwähnt.
Analoge, aber nur vereinzelte Erzvorkommen hat man noch am Staufen und Zwiesel bei
Reichenhall und an der Königsberg-Alpe bei Berchtesgaden nachgewiesen. An letzterer Stelle
wurden in früherer Zeit Bleiglanz und Galmei auch abgebaut.
Als vereinzelte Mineralvorkommen, die im Bereiche unseres Blattes anzutreffen sind, seien
noch erwähnt die altbekannten Alabastervorkommen im Schindeltale und besonders an der Kaum-
alpe am Südgehänge des Hochfelln, wo der dichte Gyps als rein weißes, nur hin und wieder
etwas Anhydrit-haltiges Material im Wettersteinkalk eingelagert ist und ein auffallend schönes
Vorkommnis von K a l k s p a t , Prunkstücke an Einzelkristallen und Kristallgruppen (meist große
Einzelskalenoeder oder Zwillinge derselben), die sich im Frauöneisloch am Jägersteig unterhalb
der Gotzenalm bei Berchtesgaden finden.
Ziemlich verbleitet sind auch die schwärzlichbraunen gelartigen Massen des Dopplerites,
der sog. Torfleber oder Torfpechkohle (jedenfalls das Kalksalz von Humussäuren) im D a c h l m o o s
bei Berchtesgaden, in den Torfmooren von K o l b e r m o o r bei Rosenheim und bei A i b l i n g -
Feilenbach.
') Metasomatose, meta, gr. = nach, soma = Körper; Ersatz von Kalk-, Dolomit- und anderen
Ablagerungen durch Erz aus Lösungen.
Ortsverzeichnis
zur A b t e i l u n g I.

(Zusammengestellt von DR. M. SCHUSTER.)

A. Auerberg b/Mkt. Oberdorf 2. Brandenberger Ache (bzw. Tal)


Abersee =Wolf gangsee b/Ischl Aurach (Fl.) b/Gmunden 58. 19, 48, 80.
40, 47, 86, 87. Auraeher Köpfl b/Schliersee Brannenburg b/Rosenheim 64,
Abtenau b/Golling 34, 38, 86. 75. 66, 68, 69, 94.
Aohen (Fl.) b/Chiemsee 50. Aussee b/Ischl 34. Brecherspitz (Bg.) b/Schliersee
Achengebiet 78. 27, 77.
Achensee b/Jenbach 1, 38. B. Breitenfurth b/Mauerkirchen
Achental b/Achensee 40, 78 Bad Gastein 95 (österr.) 58.
Achental b/Chiemsee 20, 79. Bad Reichenhall, s. Reichen- Breitenstein (Bg.)b/Fischbach-
Achertlng b/Rosenheim 94. hall. (öst.) au 19.
Achthal b/Teisendorf 92. Barmsteinlehen b/Berchtes- Brenner (Paß) 8.
Adelholzen b/Traunstein 95. gaden 24. Brixlegg i/Tirol 92.
Adlgaß b/Ruhpolding 66. Bartholomä a/Königsee 85. Brombach b/Pfarrkirchen 56.
Adnet b/Hallein 36, 38, 94. Baumgartenberg b/Tegernsee Brünnstein (Bg.) b/Oberaudorf
Ager (Fl.) b/Vöcklabruck 58,66. 75. 40, 42.
Aibling b/Rosenheim 96. Bayerisch-Schwaben 58. Brunstkogel (Bg.) b/Schliersee
Aidenbach b/Vilshofen 59. Berchtesgaden 4, 12, 13, 14, 24, 75.
Allgäu 48, 50, 52, 53, 75, 77. 20, 21, 24, 25, 27, 28, 29, Buchstein (Bg.) b/Kreuth 77.
Almtal b/Gmunden 1. 31, 34, 38, 39, 42, 44, 45, Burghausen a/Salzach 58, 59,
Alplspitz b/Schliersee 77. 46, 48, 64, 65, 68, 79, 83, 63.
Altenburg b/Weyarn 63. 86, 89, 92-95. C.
Altenmarkt b/Trostberg 63. Berchtesgadener Talkessel 21. Chieming a/Chiemsee 95.
Altmünster b/Gmunden 58. Bergen b/Traunetein 23, 48, Chiemsee 55, 56, 66, 69, 71,
Alz (Fl.) 59, 63, 64, 66, 68. 49, 72, 73, 74, 94. 72, 73, 82.
Anger b/Teisendorf 64. Bergham b/Marktl 58. Chiemsee-Achen (Fl.) b/Mar-
Angerberg b/Rattenberg 54.
Bernau a'Chiemsee 72. quartstein 95.
Ankogel (Bg) b/Gastein 3.
• Biber (Fl.) b/Brannenburg 68.
Anzing b/Ebersberg 63. D.
Biberhügel b/Brannenburg 64,
Archipel, malaiischer 10.
94. Dachstein (Bg.) b/Schladming
Arzmoos-Alpe b/B^yrischzell
Bischofshofen a/'Salzach 92. 3, 4, 20, 21, 29, 38, 41, 87.
19.
Bischof swieser Tal b/'Berchtes- Darching b/Holzkirchen 63.
Aschau b/Prien 20, 41, 63, 64. gaden 85. Deisenried b/Hundham 66.
Attel (Fl.) b/Grafing 63. Blauberg b/Kreuth 27. Donau 3.
Attersee = Kammersee 19,66 Bodenschneid (Bg) b/Tegern- Drachenloch b/Berchtesgaden
87. see 77. 84.
Attnang b 'Vöcklabruck (öst.) Bodensee 58. Drau (Fl.) 3.
58. Bradirn b/Tittmoning 61. Draugstein (Bg.) b/Radstadt 8.
Au b/Feilnbach 55, 71. Brandenberg b/Rattenberg 47, Draxlehner Kalkbruch
Au a/Inn 64. 48, 80. b/Berchtesgaden 24.
Abriß d. Geol. v. Bayern I. 7
97
Dürrnbachhorn (Bg.) b/Reit G. Gruttenstein,Feste b/Reichen-
i. Winkel 27. Gaisberg (Bg.) b/Salzburg 41, hall 64.
Dürrnberg b/Hallein 13, 64. 86. Gschoßwände b/Ruhpolding
Durchholzen b/Walchsee 64. Gamp b/Salzburg 94. 19.
Gamsfeld (Bg.) b/Ischl 21, 29, Gschwall b/Inzell 66.
E. 86, 87. Gtinzburg a/Donau 58.
Garching a/Alz 63. Guffert (Bg.) b/Achenkirchen
Enns (Fl.) und Ennstal b/Rad- 19, 77, 78, 80.
Gars a/Inn 63, 66.
stadt 1, 3, 4, 6, 8,13,14, 21,
Gartenau b/Salzburg 45, 94.
34, 38, 65, 75, 92. H.
Gederer Wand b/Bernau 20.
Ebersberger Forst b/München
Geierspitze b/Innsbruck 6. Haag i/Obbay. 66.
68.
Geigelstein b/Aschau 79. HabersauerTalb/Walchsee 79.
Eberschwang b/Ried 61.
Geigerstein b/Lenggries 75. Hachau b/Siegsdorf 48, 52.
Ebing b/Mühldorf 60.
Häring b/Kufstein 53, 54, 92,
Ebnerspitze (Bg.) b/Jenbach Gelting b/Schwaben 63.
Gerhartsreuth b/Teisendorf 48. 94.
81.
Eggatädt b/Prien 69. Gerlos b/Krimml 6. Hagengebirge b/Golling 29,39.
Eisenärzt b/Siegsdorf 66. Gern b/Miesbach 56. Hallein a/Salzach 13, 21, 34,
Elm in Glarus (Schweiz) 50. Glaneck, Schloß b/Salzburg 47. 38, 40, 42, 45, 69, 84, 93, 94.
Elmauer Halt (Bg.) b/Kuf- Glasenbach b/Hallein 69. Hallstatt b/Ischl 14,21, 40, 41,
Glockner, s. Großglockner. 42, 44, 87, 93.
stein 3.
Emertsham b/Trostberg 63. Glonn a/Glonn 63, 69. Hallstätter See 31, 34, 36.
Empfing b/Traunstein 95. Gmain b/Reichenhall 85. Hallthurm b/Reichenhall 68,
Erding i/Obbay. 63. Gmunden a/Gmundener See 69.
Erdinger Moos 68. 63. Halserspitze b/Kreuth 40, 78.
Ering a/Inn 59, 61. Gmundener See 58. Halten, Drei i/Kaisergebirge
Eulenbach b/Feilnbach 58. Göll, s. Hoher Göll. 19.
Golling a/Salzach 34,45,85,89. Harras a/Chiemsee 56.
Gösau b/Hallstadt 21, 46, 87. Harrein b/Miesbach 56.
F. Goslerwand (Yenediger- Hart (Wald) b/Mattighofen 61.
Falkenberg b/Inzell 41. gruppe) 6. Haunsberg b/Laufen 57.
Falkenstein (Bg.) b/Ruhpol- Götzreuth b/Teisendorf 52. Hausham b/Miesbach 54, 55,
ding 66. Götzen aim b/Berchtesgaden 71, 92.
Faulkopf (Bg.) b/Radstadt 8. 96. Hausruck i/österr. 2, 56, 59,
Feichteck (Bg.) b/Nußdorf 40. Grabenau i/Leitzachtal 65. 60, 61, 70, 92.
Feilnbach b/Brannenburg 55, Grabenstedt b/Traunstein 69. Heigermoos b/Tittmoning 61.
96. Granatspitz (Glockner- Heiligenstatt b/Mattighofen
Feldkirchen b/Mattighofen 66. gruppe) 5. 61.
Fellhorn (Bg.) b/Reit i. W. 27. Greiner (Bg.) (Zillertaler Berge) Hellbrunn b/Salzburg 64.
Fischbachau a/Leitzach 96. 8. Henhart b/Mauerkirchen 58,
Flintsbach b/Brannenburg 19. Gresten (Niederösterreich) 37. 59, 60.
Fonsjoch (Bg.) b/Achensee 38, Griesbach i/Rottal 58. Herrnchiemsee 58.
78. Gröbming i/Ennstal 1. Heuberg b/Nußdorf 15, 20, 40,
Fockenstein (Bg.) b/Lenggries Großache (Fl.) b/Chiemsee 66. 41, 76.
75. Großglockner (Bg.) 1, 3, 7. Hierlatzberg (-Alpe) am Hall-
Frasdorf b/Prien 73. Großgmain b/Reichenhall 93. stätter iSee 36.
Frauneisloch a/Jägersteig 96. Großkarolinenfeld b/Rosen- Hinteres Sonnwendjoch s.
Frauscheck b/Mattighofen 61. heim 94. Sonn wendj och.
Freilassing b/Salzburg 73. Großvenediger (Bg) 1. Hintersee b/Berchtesgaden 69.
Frillensee b/Teisendorf 66. Großwald b/Teisendorf 66. Hirschberg a/Tegernsee 1, 27,
Froschsee b/Inzell 66. Grub a/Mangfall 66. 77.
Funtensee b/Berchtesgaden Grubereck b/Tegernsee 32. Hirschbichlpaß b/Lofer 83.
68. Gruber-Horn b/Hallein 42, 86. Hirschgröhrkopf b/Schliersee
Fuschlsee b/Thalgau 19, 45. Grünau i/Almtal 45. 75.

98
Hochalm (Bg.) b/Gastein 1, 5, I, J- Kampenwand b/Aschau 15,16,
7, 45. 20, 23, 40, 42, 46, 73, 76, 96
Jägerkamp b/Schliersee 77.
Hocbalmspitze b/Gastein 3. Jägersteig b/Berchtesgaden96. Karlspitze b/Kufstein 19.
Hochberggraben b/Burg- Jenbach (Fl.) a/Wendelstein Karlstein b/Reichenhall 49.
hausen 56. 49. Karwendelgebirge 15, 78, 80.
Hochebene, schwäbisch-baye- Jettenberg (Ort) b/Reichen- Katergebirge b/Ischl 86.
rische 2, 11. Kegelhörndl b/Kufstein 19.
hall 26, 84.
Hocheck (Bg.) b/Feilnbach 66. Kiefersfelden b/Kufstein 78.
Iiier (Fl.) 52.
Hochfeiler (Bg.) (Zillertaler Kienberg b/Ruhpolding 19,66,
Immersberg i/Niederösterr. 57.
Berge) 3. 77, 82, 84.
Inn und Inntal 3, 4, 5, 6, 13,
Hochfeind (Bg.) b/Radstadt 8. Kienbergl b/Inzell 66.
15, 19, 27, 40, 41, 42, 45,
Hochfelln (Bg.) b/Bergen 27, Kindibach i/Rottal 59.
50, 52-60, 61-69, 71, 72, 75,
40, 42, 76, 79, 82, 93, 96. Kirchberg b / St. Johann i. T. 15.
76, 78-81, 89, 91, 92, 94.
Hochgern (Bg.) b/Marquart- Kirchloibersdorf b/Trostbg. 66.
Innleite b/Wasserburg 67.
stein 40, 65, 73, 79. Kirchseeon b/Ebersberg 66.
Innviertel b/Passau 61.
Hochkalter (Bg.) b/Berchtes- Kirchstätt b/Schnaitsee 66.
Inzell b/Traunstein 41, 66, 68,
gaden 21, 29, 38, 69, 83. Kitzbühl i/Tirol 1, 2, 6, 7, 11,
75, 79, 82, 83, 84, 92, 96.
Hochkönig (Bg.) b/Bischofs- 13, 65, 92.
Irdning i/Ennstal
hofen 29, 83, 87, Klausalpe b/Hallstatt 40.
Juifen (Bg.) b/Achenkirchen
Hochnarr (Bg.) (Zillertaler Klausenberg b/Aschau 42.
78.
Berge) 3. Kobernauser Wald b/Mattig-
Julbach b/Braunau 57.
Hochplatte (Bg.) b/Marquart- hofen 56, 59, 61.
Isar 27, 78,
stein 27. Königsberger Alpe b/Berchtes-
Ischl i/Salzkammergut 21, 34,
Hochries (Bg.) b/Aschau 20, gaden 92, 96.
42, 45, 87, 93
27, 40. Königsee b/Berchtesgaden 40,
Isen b/Dorfen 63.
Hochsaalwand b/Bayrischzell 68, 69, 83.
' 19. Königsee-Ache 83.
K.
Hochscharten (Bg.) b/Reit Kossen i/Tirol 19,30,53,77,81.
i. Winkel 19. Kärnten 96. Kolbermoor b/Rosenheim
Höglberg b/Teisendorf 73, 74, Kaiserbach (Fl.) b/Kufstein 19. 94, 96.
94. Kaisergebirge 3, 15, 16, 19, Kolbermoos b/Rosenheim 69.
Hohenberg b/Burghausen 63. 20, 23, 45, 78-81, 87. Kranzhorn i/Inntal 27, 69.
Höllengebirge b/Ischl 19, 21, Kaiserhaus b/Brandenberg 80. Kraxenkogel (Bg.)b/Radstadt8.
45, 87, 88. Kaisertal b/Kufstein 19, 81. Kressenberg (Bg.)b/Teisendorf
Höllental i/Wettersteingebirge Kalkalpen, nördliche 1-4, 8, 3, 48, 49, 72, 74, 92, 96.
96. 9-96. Kreuth b/Tegernsee 95.
Hohenbrunn b/München 1. Kalkalpen, östliche 11, 43, 46, Krimml i/Tirol 6.
Hohenpeißenberg b/Weil- 49, 53. Kuchl b/Hallein 85.
heim 2. Kalkalpen, südliche 11. Kufstein i/Tirol 53, 54, 89, 94.
Hohenwaldeck, Ruine, am Kalkalpen, westliche 43.
Schliersee 24. Kalkhochalpen 3,31,77,78, 79. L.
Hoher Göll (Bg.) b/Berchtes Kalkspitz b/Radstadt 8. Lachforst b/Braunau 61.
gaden 20, 29, 34, 38, 83, Kalkstein b/St. Johann i.T. 15. Lackenkogel(Bg.) b/Radstadt8.
84, 85. Kalkvoralpen 26, 27. Lähnenkopf b/Schliersee 75.
Hoher Nock (Bg.) b/Branden- Kaltenbach (Fl.) b/Miesbach58. Lammer(Fl.)b/Golling21,34,86.
berg 19. Kaltenbrunn b/Tegernsee 65. Landl i/Tirol 22, 78, 80.
Hohe Tauern 1, 3. Kaumalpe a/Hochfelln 93,96. Landsberg a/Lech 58.
Holzkirchen 1. Kammerker-Alpe b/Lofer 38. Langsee b/Penzberg 71.
Hundsalmjoch (Bg.) b/Kuf- Kammerker-Gruppe (Geb.) 24, Larcheck b/Brandenberg 19.
stein 19. 40, 41, 42, 45, 81. Laßberg b/Tannberg 61.
Kammersee = Attersee 19, Lattengebirge b/Berchtes-
66, 87. gaden 20, 21, 24, 26, 29, 38,
Kampen (Bg.) b/Tegernsee 27. 47, 49, 53, 83, 85.

99
Laubenstein (Bg) b/Aschau 41, Miesing (Bg.) b/Bayrischzell Oftermieting b/Tittmoning 61.
46, 76. 27, 77. Ohlsdorfer Graben a/Traun 58.
Laufen a/Salzach 57, 60, 72. Mittelamerika 10. Oichtental b/Laufen 57.
Lebenau i/Oberösterr. 57. Mittelmeergebiet 10. Ortenburg b/Vilshofen 56.
Lechtal 47. Mittenwald (Ort) 96. Osing i/österreich 57, 64.
Leitzach und Leitzachtal 40, Mitterberg b/Bischofshofen92. Ostalpen 1,11, 34, 44, 49, 50,
46, 49, 55, 65, 66, 71, 72, 75. Mitterndorf b/Aussee 34, 38. 62.
Leoganger Berge b/Saalfelden Mönchsberg b/Salzburg 64. Ostasien 52.
82. Mondsee b/Salzburg 19, 86,87. Osterhörn (-Gebirge) a/Wolf-
Leopoldstal b/Reichenhall 53. Moosach (Ort) b/St. Pantaleon gangsee 41, 42, 86, 87.
Lettensau i/Oberösterr. 57. 61. Ostin b/Tegernsee 65.
Lielon i/Oberösterr. 57. Moosach (Fl.) b/Rosenheim 63. Ottenberg i/Rottal 58.
Liezen i/Ennstal 21, 34. Moosdorf b/St. Pantaleon 61. Ottnang b/Wolfsegg 58.
Listsee b/Reichenhall 68. Mooser Mandl (Bg.) b/Rad-
Löffelspitze, große (Zillertaler stadt 8.
P.
Berge) 3. Mühldorf a/Inn 60, 64. Palling b/Altenmarkt 63.
Lofer i/Tirol 15, 24, 38, 69, Mühlthal a/Mangfall 93. Parsberg a/Leitzach 66.
75, 82, 83. Mühlthal a/Prien 56. Partenkirchen 16.
Loferer Steinberge 15, 24, 82. Müllner Horn 83, 84. Partnachtal 16.
Lueger Horn i/Lattengeb. 26. München 67, 93. Parz b/Braunau 61.
Lunz i/Niederösterreich 22. Munderfing b/Mattighofen 61. Pattenau b/Siegsdorf 48.
Lußgraben b/Teisendorf 56. Mur und Murtal b/Tamsweg Pendling (Bg.) b/Kufstein 19,
1, 3, 8. 77, 80.
M. Penzberg b/Kochel 71.
Mähren 58, 59. N. Peterskirchen b/Trostberg 63.
Mangfall (Fl.) 55, 59, 63-67, Neubeuern b/Rosenheim 4,49, Pfänder (Bg.) b/Bregenz 58.
69, 93. 89, 94. Pfarrkirchen a/Rott 58.
Mangfall-Knie b/Holzkirchen Neuhaus b/Schärding 58. Pframmern b/Kirchseeon 66.
63. Neukirchen a/Alz 63, 66. Pierstingtal i/Niederösterreich
Mariaeck b/Adelholzen 66. Neuötting a/Inn 58. 31.
Marienstein b/Tegernsee 49. Niederbayern 58. Pinzgau i/Tirol 1, 3, 6, 7, 65.
Marktl a/Inn 58. Niederösterreich 33, 35, 58. Plassen (Bg.) b/Hallstatt 42,
Mkt. Oberdorf b/Kaufbeuren Niedere Tauern 1. 87.
2. Niedertrum b/Mattsee 66. Pleinfeld b/Salzburg 66.
Maroldschneid b/Bayrischzell Niedertrumer See 70. Pleislingkeil (Bg.) b/Radstadt 8.
77. Nonnenwald b/Penzberg 71. Pram (Fl.) i/Oberösterreich 58.
Marquartsteinb/Traunstein94. Nordafrika 52. Pramet (Ort) b/Ried 61.
Mattig (Fl.) b/Mattighofen 56, Noricum (röm. Prov.) 24. Prien a/Chiemsee 73.
63, 64, 66. Nunreuth a/Salzach 66. Priental 20, 41, 55, 58, 64, 66,
Mattighofen i/Oberösterr. 59, 71.
61. O. Q, R.
Mattigtal 60. Oberalm b/Hallein 41. Radegund (Ort) b/Burghausen
Mattsee a/Trumersee 49, 53, Oberaudorf a/Inn 53. 60.
72, 73. Oberdorf = Mkt. Oberdorf 2. Radstadt i/Ennstal 7, 8.
Mauerkirchen a/Mattig Oberösterreich 58. RadstädterTauern s. u. Tauern,
58, 63. Obersee b/Berchtesgaden 69. Radstädter
Mauterndorf b/Tamsweg 7. Obersiegsdorf bi Traunstein 48. Raibl-Bleiberg i/Kärnten 96.
Mauthäusl b/Inzell 68. Oberweißbach a/Saalach 83. Rainberg b/Salzburg 64.
Mayrhofen i/Zillertal 6. ölinger Graben b/Laufen 60. Ramsau b/Berchtesgaden 14,
Mehring b/Teisendorf 56. ölkofen b/Grafing 69. 38, 40, 64, 69, 83, 94.
Menkenberg b/Ruhpolding 41. östliche Kalkalpen, s. u. Kalk- Ranshofen b/Mattighofen 61.
Mettmach b/Ried 56. alpen, östliche. Rappoltstein b/Berchtesgaden
Miesbach 2, 54, 55, 56, 58, 71. Offling a/Alz 66. 24.

100
Rastkogel i/Zillertal 1. Rott (Fl.) b/Pfarrkirchen 58. Schnaitsee b/Wasserburg 63,
Kattenberg (Ort) a/Inn 53, 54, Rottach a/Tegernsee 15, 75. 66, 69.
81. Rottal b/Pfarrkirchen 56, 58, Schönfeldspitze b/Berchtes-
Ratzinger Berg b/Prien 58. 59, 61. gaden 7.
Rauschenberg b/Inzell 4, 13, Ruchenköpfe b/Bayrischzell Schreyeralm b/Hallstatt 14.
15, 19, 40, 77, 79, 82, 92, 32. 77. Schrofen(Bg.)b/Brannenbg.69.
96. Rudersburg b/Kössen 79. Schwaben, bayerisches 58, 63.
Reckner (Bg.) (Tarntaler Berge) Ruhpolding b/Traunstein 4, Schwäbisch-bayerische Hoch-
6. 13, 41, 42, 45, 46, 66, 76, 77, ebene 2.
Reding i/Innviertel 58. 82, 94. Schwaighof b/Tegernsee 95.
Reichenhall 4, 13, 21, 34, 47, Schwarzache i/Hochfellnge-
48, 49, 64, 84, 85, 89, 95, 96. S. biet 66.
Reichenhaller Becken 3, 13, Saalach 19, 21, 23, 26, 27, 28, Schwarzbachtal b/Reichen-
21, 27, 52, 53, 93. 40, 41, 45, 66, 68, 81, 82, 83, hall 26.
Reichenspitze (Bg.) (Zillertaler 85. Schwarzbach wacht b/Reichen-
Berge) 3. Sachrang a/Prien 40,42,68,79. hall 68.
Reingraben i/Niederösterreich Salzach 3, 6, 11, 15, 21, 27, Schwarzenberg (Bg.) b/Hund-
22. 40, 42, 45, 57-60, 60-69, 72, ham 65.
Reiter Alpe und Reiteralp-Ge- 73, 84, 86, 89. Schwarzenstein (Bg) (Ziller-
birge b/Reichenhall 20, 21, Salzachvorland 63. , taler Berge) 3.
24, 29, 38, 83. Salzberg b/Berchtesgaden Schwaz a/Inn 1, 4, 5, 6, 92.
Reit i/Winkel b/Marquartstein 13, 68. Schweiz 49, 50.
3, 19, 52, 53, 54, 77, 79, 81. Salzburg 50, 64, 66, 74, 80, 86, Schweizer Alpen 52.
Rhätien (röm. Prov.) 29. 89, 93, 94, Schwillach (Fl.) b/Schwaben
Ried i/Oberösterreich 56. Salzburger Alpen 1, 44, 45, 85. 63, 68.
Riederstein a/Tegernsee 24. Salzburger Becken 21, 83. Seeon b/Traunstein 66, 69.
Riesenalpe b/Aschau 40. Salzkammergut 1, 12, 13, 14, Seiboldsdorf a/Traun 56.
Riesenkopf b/Aschau 40, 42, 20, 21, 24, 25, 28. 29, 38, Sempt (Fl.) b/Schwaben 63,68.
46. 46, 49, 66, 67, 79, 86. Setzberg (Bg.) b/Tegernsee
Rimsting b/Prien 69. Schärding a/Inn 56, 58. 41, 77.
Ringspitz b/Tegernsee 75. Schafberg b/St. Wolfgang 19, Siegsdorf b/Traunstein 55.
Rinnkogel b/Ischl 86. 21, 38, 40, 41, 86, 87. Sill (Fl.) b/Berchtesgaden 6.
Risserkogel b/Tegernsee 32, Scharitzkehl-Alpe b/Berchtes- Simbach a'Inn 59, 61.
77. gaden 85. Simsee b/Rosenheim 56, 58.
Röthenstein (Bg.) b/Tegernsee Scharlinger Böden i/Kaiser- Sinning b/Rosenheim 53, 94.
40. gebirge 19. Sonnblick (Bg.)b/Gastein 1,3,5.
RöthensteinerSeeb/Tegernsee Schellenberg b/Hallein 61, Sonneck (Bg.) b/Kufstein 19.
32. 84, 85. Sonntagshorn b/Unken 27, 28
Rofan (Bg.) b/Achensee 80. Schildenstein (Bg.) b/Kreuth 82.
Rohrdorf b/Rosenheim 53, 94. 27, 40, 78. Sonnwendgebirge i/Inntal
Roitham b/Tittmoning 61. Schindeltal a/Hochfelln 96. 33, 80.
Ropanzen (Bg.) b/Kufstein 19, Schinder (Bg.) b/Kreuth 27) Sonnwendjoch, hinteres, 3,27,
81. Schladming i/Ennstal 6, 7, 8. 40, 41, 78, 81.
Rosenheim 66, 68, 69, 71, 93, Schlechtenberger Alm Sonnwendjoch, vorderes 40.
94, 96. b/Aschau 23. Soyen b/Wasserburg 69.
Roßkopf (Bg.) b/Brandenberg Schlichtener Graben b/Titt- Sparberhorn (Bg.) b/Ischl 86.
19. moning 60. Spitzingsee b/Schliersee 77.
Roßstein (Bg.) b/Kreuth 77. Schlierach (Fl.)b/Schliersee 63. Spitzstein (Bg.) b/Sachrang 79.
Rote Valepp (Fl.) b/Schliersee Schliersee 16, 24, 48, 49, 50, Stanzer Joch b/Jenbach 81.
65. 62, 65, 72, 75, 77, 89, 91, Starhemberg (Ort) i'Nieder-
Rote Wand b/Bayrischzell 32, 94, 96. österreich 31.
40, 77. Schlierseer Berge 20. Staudach b/Marquartstein
Rothkopf b/Schliersee 41. Schmelz b/Inzell 66. 37, 94.

101
Staufen b/Reichenhall 13, 15, Teisendorf b/Traunstein 3, 48, Unken b/Lofer 83.
19, 40, 41, 64, 66, 77, 79, .49, 51, 52, 55, 56, 64, 66, Unnütz (Bg.) b/Achenkirchen
82, 84, 86, 87, 92. 70-74, 92, 94, 96, 19, 78, 80.
Staufeneck b/Reichenhall 41. Tempelberg (Bg.) b/Reit i. W. Unterberger Horn b/Reit i. W.
Stein b/Tittmoning 61. 19. 27, 81.
Steinberg b/Moosdorf 61. •Tennengebirge b/Werfen 29, Untemeukirchen a/Alz 63.
Steindorf b/Salzburg 66. 34, 83, 86, 87. Untersberg b/Berchtesgaden
Steinernes Meer (Bg.) b/Berch-Teufelsgraben b/Holzkirchen 21, 29, 38, 47, 49, 53, 83,
tesgaden 7, 21, 29, 40, 83, 64. 84, 94.
87. Tettenham i/Innviertel 58. Untersteinbach (Ort) b/Titt-
Steinmaßl b/Salzburg 64. Tettenhausen b/Waging 56. moning 61.
Stephanskirchenb/Rosenheim Thalberggraben b/Siegsdorf55. Unterwössen b/Marquart-
68. Thalgau b/Salzburg 66. stein 94.
St. Georgen b/Laufen 60. Thannsau b/Rosenheim 94. Urschalling b/Prien 56.
Stolzenberg (Bg.) b/SchlierseeThiersee b/Kufstein 68, 74, Urschlau b/Ruhpolding 42.
41, 77. 77-81. Urschlauer Achental 42.
St. Pantaleon b/Tittmoning 61.Thomasreuth(-roith)b/Ottnang Urschlauer Tal 45.
St. Quirin a/Tegernsee 68. 60, 61, 92. Ursprungtal b/Bayrischzell 77.
Straßwalchen i/Oberösterr. 63.Thum b/Inzell 66. Uttendorf b/Mauerkirchen 63.
Stripsenjoch b/Kufstein 19,81.TinningerSee b/Rosenheim56.
Stripsenkopf b/Kufstein 19. Tittmoning b/Burghausen 60. V.
Strobl b/Ischl 48, 86. Töging a/Inn 60. Venediger (Groß-Y.) 5—8.
Stilmpfling (Bg.) b/SchlierseeTorrener Joch b/Berchtes- Vils (Fl.) b/Füssen a. Lech 40,
41, 77. gaden 83, 85. 41.
Südeuropa 52. Totengebirge b/Ischl 1, 29,40, Vöckla (Fl.) b/Yöcklabruck 58.
Südliche Kalkalpen s. u. Kalk- 41, 42, 88. VöCklabruck i/Niederösterr.
alpen, südliche Totenkirchl b/Kufstein 19. 58, 63.
Südtirol 16. Trainsjoch b/Bayrischzell 27. Yogelspitze b./Reichenhall 26:
Sulzbach b/Pfarrkirchen 58. Traithen (Bg.) b/Bayrischzell Vorarlberg 49.
Sulzberg (Bg.) b/Siegsdorf 27, 77. Vorderes Sonnwendjoch s. u.
66, 94. Traun (bayr.) 19, 55, 56, 59, Sonnwendjoch, vorderes
Surtal b/Teisendorf 56. 64, 66, 67, 71, 73. Vorderthier^ee b/Kufstein 64.
Traun, rote b/Ruhpolding 66, Vorland, alpines 1, 9, 58, 65,
T. 75, 84. 70, 89, 91, 92.
Talmühle b/Teisendorf 56. Traun, weiße 40, 42, 66, 82.
Tamsweg a/Mur 1. Traun (österr.) 3, 50, 56,58, 62. W.
Tannberg b/Mattsee 61, 72. Traungebiet 63. Wagneröd b/Teisendorf 56.
Tarntaler Berge b/Innsbruck Traunseeb/Gmunden 19,66,88, Waginger See b/Traunstein
6. Traunstein (Bg.) b/Gmunden 56, 69.
Taubenberg b/Miesbach 2, 55, 19, 88. Walchsee b/Kufstein 68, 79.
63, 64, 67, 70. Traunstein (Stadt) 55, 58, 66, Walchsee-Tal 45. ,
Taubensee b/Ruhpolding 41. 93, 94, 95. Wall b/Rosenheim 56.
Tauern, hohe 1, 3, 6, 8. Trausnitzberg b/Kreuth 78. Wallberg b/Tegernsee 27, 77.
Tauern, niedere 1, 7, 8. Trettach (Fl.) i/Allgäu 58. Wang b/Gars 66.
Tauern, Radstädter 7, 8. TuxerKamm b/Innsbruck 5,8. Wankham b/Vöcklabruck 58:
Tauern, westliche 5, 8. Tuxertal b/Innsbruck 5. Wartenberg a/VQckla 58.
Tauerntal b/Radstadt 8. Wasserburg a/Inn 67, 69.
Tegernsee 15, 16, 32, 40, 41, U. Watzmann b/Berchtesgaden 3,
48, 49, 50, 63, 65, 68, 72, Überfilzen (Ort) b/Nußdorf 20. 21, 29, 85.
74, 75, 77, 89, 92, 94, 95. Überhängende Wand Weildorf b/Salzburg 64.
Tegernseer Berge 20. b/Aschau 20. Weilhartsforst b/Burghausen
Teisenberg b/Teisendorf 73, Übersee (Ort) a/Chiemsee 55. 61.
74, 94. Ulm a/D. 58. Weißach b/Tegernsee 75.

102
Weißache (Fl.) a/Hochfelln 66. Wiessee b/Tegernsee 95. Wörgl a/Inn 81, 94.
Weißachtal b/Tegernsee 40. WildbadEmpfingb/Traun8tein Wössen b/Marquartstein 45.
Weißbachquelle b/Inzell 68. 95.
Weißeck (Bg.) b/Radstadt 8. Wildbad Kreuth b/Tegernsee Z.
Weißenbach-Tal b/Inzell 66. 95. Zahmer Kaiser b/Kufstein 19,
Weißlofer-Tal b/Kössen 30. Wildenwarth, Schloß, b/Prien 27, 77, 81.
Weitseetal b/Ruhpolding 79. 55. Zell am See 7, 66, 92.
Wels a/Traun 1, 56, 57, 58. Wilder Kaiser b/Kufstein 19, Zemmgrund (Zillertal) 1.
Wendelstein (Bg.) b/Bayrisch- 27, 81. Zentralalpen 2,4-8,33, 65, 92.
zell 15, 19, 40, 42, 49, 75, Wildmoos b/Inzell 66. Zill b/Berchtesgaden 5, 6.
76, 77. Wildshut b/Tittmoning 60, 61. Zillertal i/Tirol 5, 6.
Werfen a/Salzach 11. Wimbachtal b/Ramsau 21. Zillertaler Kamm 1, 8.
Westalpen 11, 34. Wimmern b/Laufen 56, 57. Zinnenberg b/Aschau 27.
Westliche Kalkalpen s.u. Kalk- Wolfersberg b/Zorneding 63. Zlambach a/Hallstätter See 31.
alpen, westliche Wolfgangsee = Abersee 40,47, Zorneding b/Kirchseeon 63.
Wettersteingebirge 17, 18. 86, 87. Zwiesel (Bg.) b/Reichenhall
Wien 50. Wolfsegg b/Ottnang 58-61, 92. 84 87.

Universit&ts-Bnchdruckerel von Dr. C. Woll & Sohn in München.


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Maßstab 7:700000
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Wa/fberg R/sserkoge/
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de u.d. f/ysc/? es BajuvariscñenZone Bajuvan\

c
'uvium u Âf/uvium M/ozän-Mo/asse 0//go2än-Mo/asse f/ysc/i

lische Querschnitte durch d/e Nörd//chen Ka/ka/pen


Deckscho/ten der Berchtesgadener l/berscfì/ebung

Kienberg Gerhardsfein
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TiroJ¡señe Zone

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Ha/ser Spitze Guffert

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Osta/pine Kreide Westa/pine Kre/de dura

und das Vor/and. (Zusammengestellt von Dr. Jos. K


Brandhorn
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Tonschiefer Gebirge

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Trias Verwerfungen,
Überscft/ebungen

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