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Westfälische Wilhelms-Universität Münster

Centrum für religiöse Studien


Wintersemester 2007 -2008
280058 Lektüre: Texte zur Vorlesung - Einführung in das islamische Recht
Dozent: Prof. Dr. Muhammad Kalisch

Hintergründe des Îadd al-Ridda (Apostasiestrafe) im


islamischen Recht und die heutige Diskussion über das
Todesurteil

Hausarbeit

Vorgelegt von

Mohammed Abdel Fadeel A. Abdel Rahem


(Promotionsstudent, Matrikel-Nr. 338683)
Anschrift: Roxeler Str. 559 – 48161 Münster
E-Mail: abdelfadeel2000@ yahoo.com

Münster, Januar 2008


1

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung …………………………………………………………….................. 2

1.1. Forschungsgegenstand …………………………………………………………... 2


1.2. Methodik ………………………………………………………………………… 2
1.3. Begriff "Ridda" im Sprachgebrauch und im islamischen Recht ………………… 4

2. Hintergründe des Îadd al-Ridda in der islamischen Geschichte……….. 6


2.1. al-Ridda-Kriege nach dem Tode des Propheten Muhammad (zusammengefasste
historische Darlegung) ……………………………………………………………….. 6
2.2. Apostasie im Koran und im Hadith-Korpus …………………………………….. 9
2.3. Apostasieurteil in der früheren Literatur des islamischen Rechts (Überblick bei
den vier sunnitischen Rechtsschulen in al-fiqh ÝalÁ al-maÆÁhib al-ÝarbaÝa von al-
ÉazÐrÐ) ………………………………………………………………………………... 13

3. Die Todesstrafe des Murtadd in der Diskussion zwischen den


Befürwortern und den Gegnern in der modernen Zeit ………………..……. 16
3.1. Gegner der Apostasiestrafe (am Beispiel von al-ÝAwwÁ und AdlabÐ) …………... 16
3.2. Befürworter der klassischen Auffassung (am Beispiel von al-MaÔÝanÐ und al-
Ahdal)…………………………………………………………………………………. 21

4. Schlusswort …………………………………………………………………...… 25

5. Literaturverzeichnis…………………..……………………………………...… 26
2

1. Einleitung
Seitdem der iranische Staatschef Khomeini am 14. Februar 1989 den britisch-indischen
Schriftsteller SalmÁn Rušdy mittels einer Fatwa zum Tode verurteilte, gibt es im
islamischen Raum eine heftige Diskussion über die islamische Einstellung zur Frage der
Apostasie. Man ist in großem Maße darüber uneins, ob das Todesurteil die richtige
islamische Bestimmung für den Apostat ist. Während einige Intellektuelle die im Koran
explizit betonte Glaubensfreiheit hervorheben und die damit mehr oder weniger in
Widerspruch stehenden Vorgehensweisen in der islamischen traditionellen Praxis in Frage
stellen, versucht eine große Zahl der heutigen Theologen die fraglichen Überlieferungen
des Propheten und die Praxen seiner Kalifen als mit der koranischen Auffassung
übereinstimmend darzustellen. Deswegen wird dem Islam in der westlichen Literatur auch
weiterhin Intoleranz vorgeworfen. Sogar noch nach der Geschichte mit Salman Ruschdy
wurden vereinzelt Hinrichtungen an anderen Beschuldigten durchgeführt, so etwa im Jahre
2000 bei einem somalischen Staatsbürger. Der Gelehrte MaÎmÙd Muhammad ÓÁha wurde
im Sudan am 18. Januar 1985 offiziell wegen „erwiesener Apostasie“ hingerichtet. Wegen
angeblichen Abfalls vom Glauben wurde die Ehe zwischen dem ägyptischen Gelehrten
NaÒr ÍÁmid AbÙ Zaid und seiner Frau im Jahre 1996 nach einem langen Gerichtsverfahren
aufgelöst.

1.1. Forschungsgegenstand

Gegenstand der Arbeit ist die Frage nach dem Apostasieurteil im islamischen Recht - seine
Hintergründe und die heutige Diskussion darüber. Es soll gefragt werden, mit welchen
Argumenten einige der modernen Intellektuellen gegen die Todesstrafe von Apostaten
Einwendungen erheben, und wie sich die heutigen Befürworter eines solchen Urteils mit
den Neuinterpretationen der Gegner auseinandersetzen. Dafür war es noch wichtig, die
Hintergründe des Apostasieurteils im Koran, der prophetischen Tradition und der
islamischen Geschichte darzustellen. Für die Seite der Gegner werden die Einstellungen
zweier Intellektueller, nämlich des Ägypters al-ÝAwwÁ und des Syrers AdlabÐ, behandelt.
Für die Seite der Befürworter werden die Auffassungen von al-MaÔÝanÐ aus Ägypten und
von al-Ahdal aus Jemen als Beispiel erörtert.

1.2. Methodik
In der Untersuchung wird die analytisch-kritische Methode angewandt. Die Arbeit besteht
aus zwei Teilen. Im ersten Teil werden die Hintergründe des Apostasieurteils in der
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islamischen Geschichte behandelt. Dabei muss man drei wichtige Punkte darstellen: (1) die
Einstellung des Koran und des Propheten Muhammad zur Frage des Abfalls vom Glauben,
wobei die Frage gestellt wird, ob und was für eine Strafe gegen den Abtrünnigen im Koran
und in den Prophetenüberlieferungen genannt wird, (2) die zur Zeit des Kalifen AbÙ Bakr
gegen Apostaten geführten Kriege, wobei man die unterschiedlichen Meinungen einiger
Historiker darüber darstellt, ob diese Kriege überhaupt und wenn, ob sie dann nur wegen
der Apostasie einiger muslimischer Sippen geführt wurden, und (3) die Meinung der
islamischen Rechtsschulen über das Apostasieurteil, die neben der Anerkennung der
Todesstrafe ihrerseits noch uneins über bestimmte Einzelheiten waren. Der zweite Punkt
soll dabei zuerst behandelt werden, denn die von AbÙ Bakr geführten Kriege stellen das
erste Ereignis in der islamischen Geschichte dar, in dem das Wort Ridda als islamisch-
juristischer Begriff erstmals benutzt wurde.
Der zweite Teil befasst sich mit den Auffassungen der modernen Intellektuellen und
Gelehrten zum Todesurteil. Am Anfang werden die von al-ÝAwwÁ und AdlabÐ geäußerten
Argumente für eine Ablehnung der Todesstrafe bei Apostasie analysiert. Dann werden die
Antworten bzw. die Gegenargumente der heutigen Befürworter der Strafe erörtert, vor
allem am Beispiel von al-MaÔÝanÐ und al-Ahdal. Dabei werden die vorgebrachten Beweise
analysiert und geprüft, ob sie überhaupt stichhaltig oder aber vielleicht zweifelhaft sind.
4

1.3. Der Begriff "Ridda" im Sprachgebrauch und im islamischen Recht

Das Wort ‫"ردة‬ridda" ist im Arabischen ein maÒdar-haiÞa (etwa Zustandsinfinitiv) vom
Nomen ‫" إرﺗ ﺪاد‬irtidÁd" (Zurückkehren), beide leiten sich vom Verbstamm ‫" ر ّد‬radda"
(zurückgeben, -schicken, -bringen; jmdn. von etw. abhalten) und ‫" إرﺗ ّﺪ‬irtadda"
(zurückkehren, -gehen) ab.
Für beide letzterwähnte Grundformen zählen die verschiedenen Lexika eine Reihe von
Bedeutungen bzw. Synonymen auf, mit denen im Allgemeinen "irÊÁÝ" (das Zurückgeben),
"ruÊÙÝ" (Das Zurückkehren) gemeint ist. (Ibn ManÛÙr o.J: Bd. 3 S. 172; Ar-RÁzÐ 1995, Bd.
1 S. 267).
Nur wenige Lexikologen erwähnen für ‫" إرﺗ ّﺪ‬irtadda" die Bedeutung von ‫" ﺗﺤ ﻮّل‬taÎawwul"
(das Umkehren) (az-Zubaidi o.J.: S. 1982). Das heißt, das arabische Wort kann nicht nur
bedeuten, dass man zu jenem Ort zurückkehrt, von dem man herkam, sondern ebenso, dass
man sich irgendwo hinwendet, sich neu orientiert. Wenn der Begriff sich nun auf die
Religion bezieht, bedeutet er somit, dass der Gläubige sich von seiner Religion zu
irgendeiner anderen bekehrt, und nicht unbedingt, dass er wieder zu der anfänglich
praktizierten zurückgeht, - also mehr im Sinne von "taÎawwul" als von "ruÊÙÝ". Alle
Lexikographen stimmen jedenfalls darin überein, dass der Begriff "ridda" ein terminus
technicus für den Abfall vom Islam ist. Mit dieser Bedeutung kommt der Begriff in
verschiedenen Ableitungen im Koran vor. Im Zusammenhang der islamischen Geschichte
wurde er erstmals während des Krieges, den der erste Kalif, AbÙ Bakr, nach dem Tode des
Propheten Muhammad gegen die Abtrünnigen auf der Halbinsel führte, verwandt.
In der klassischen Literatur des islamischen Rechts fiqh wird meistens ein Kapitel mit dem
Titel KitÁb al-Ridda (Kapitel der Apostasie) bzw. KitÁb al-Murtadd (Kapitel des Apostats)
genannt. Mit al-Murtadd ist im islamischen Recht derjenige Gläubige gemeint, der dem
Islam freiwillig abschwört, sowohl durch Worte als auch durch Handlungen (Salem 1984:
S. 109). Die Abschwörung kann vollständig oder partiell sein. Mit partiell ist hier jeder
ausdrückliche Verstoß gegen eine oder mehrere Vorschriften gemeint, die explizit im
Koran und nach dem Konsensus der Rechtsgelehrten als solche betont werden. Der
Verstoß kann verschiedener Form sein: während einige Gelehrte ihn auf das ausdrückliche
Äußern einschränken, erweitern ihn andere Gelehrte auf andere Formen wie das Tun, die
Absicht, das Bedenken…u ä. Im Folgenden werden Beispielzitate angeführt:
- Der hanafitische Gelehrte al-KÐsÁnÐ (gest. 587 H.) ist der Meinung, dass al-Ridda nur
"‫"ﺇﺟﺮﺍﺀ ﻛﻠﻤﺔ ﺍﻟﻜﻔﺮ ﻋﻠﻰ ﺍﻟﻠﺴﺎﻥ‬
"das Äußern des Wortes des Unglaubens ist" (al-KasÁnÐ 2003: Bd. 1, S. 143).
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D. h., al-Ridda ist nur dann gegeben, wenn ein Muslim durch eine Äußerung seinen Abfall
vom Islam bzw. seine Entscheidung für eine andere Religion eindeutig erklärt.
- Der malikitische Scheich ad-DardÐr betont, dass al-Ridda
‫)ﺃﻭ ﻓﻌـﻞ ﻳﺘﻀـﻤﻨﻪ( ﺃﻱ ﻳﻘﺘﻀـﻲ ﺍﻟﻜﻔـﺮ ﻭﻳﺴـﺘﻠﺰﻣﻪ ﺍﺳـﺘﻠﺰﺍﻣﺎ ﺑﻴﻨـﺎ‬... ‫)ﺃﻭ ﻟﻔﻆ( ﺃﻱ ﻗـﻮﻝ )ﻳﻘﺘﻀـﻴﻪ( ﻛﻘﻮﻟـﻪ ﺍﻪﻠﻟ ﺟﺴـﻢ ﻣﺘﺤﻴـﺰ‬... ‫"ﺑﺄﺣﺪ ﺃﻣﻮﺭ ﺛﻼﺛﺔ )ﺑﺼﺮﻳﺢ( ﻣﻦ ﺍﻟﻘﻮﻝ ﻛﻘﻮﻟﻪ ﺃﺷﺮﻙ‬

" (‫)ﻛﺈﻟﻘﺎﺀ ﻣﺼﺤﻒ ﺑﻘﺬﺭ‬


"durch eine von drei Formen festzustellen ist: Entweder durch eine ausdrückliche Aussage wie z. B. wenn
einer sagt: ich bin ein Ungläubiger, oder durch eine implizite Aussage, mit der der Unglaube gemeint ist, wie
z. B. wenn einer sagt: Allah hat einen Körper, oder durch eine Tat, die den Unglauben zeigt, wie z. B. wenn
einer den Mushaf (den Koran) in eine dreckige Stelle wirft." (ad-DardÐr o. J.: B. 4, S. 301)

- Der schafiitische Gelehrte aš-ŠirbÐnÐ (gest. 977 H.) meint,


"‫"ﺍﻟﺮﺩﺓ ﻫﻲ ﻗﻄﻊ ﺍﻹﺳﻼﻡ ﺑﻨﻴﺔ ﺃﻭﻓﻌﻞ‬
"al-Ridda ist die Abwendung vom Islam mit der Absicht oder mit der Tat" (aš-ŠirbÐnÐ 2000: Bd. 4, S. 144)

- Nach Meinung des hanbalitischen Gelehrten al-BahtawÐ (gest. 1050 H.) ist der murtadd
(Apostat)
"‫ ﺃﻭﻓﻌﻼﹰ‬،ً‫ ﺃﻭﺷﻜﺎ‬،ً‫ ﺃﻭﺍﻋﺘﻘﺎﺩﺍ‬،ً‫"ﺍﻟﺬﻱ ﻳﻜﻔﺮ ﺑﻌﺪ ﺇﺳﻼﻣﻪ نﻄﻘﺎ‬
"derjenige, der nachdem er Muslim gewesen war, durch das Äußern, die Überzeugung, den Zweifel oder das
Handeln ungläubig wurde" (al-BahtawÐ 1997: Bd. 6, S. 136)

Die Eindeutigkeit der Taten und Äußerungen ist eine notwendige Voraussetzung für das
Apostasieurteil. Zu solchen Äußerungen gehören beispielsweise die Lästerung Gottes, das
Beschimpfen des Propheten Muhammad, die Leugnung unbestrittener religiöser Pflichten.
Zu den Taten, die als eindeutige Zeichen des Abfalls vom Islam betrachtet werden, zählen
die Anbetung von Götzen, die verächtliche Behandlung des Koran, das absichtliche
Unterlassen der vorgeschriebenen Gebete, das Sich-Anschließen an die Kriegsfeinde der
Muslime (Vgl. Forstner 1991: S. 113). Darüber hinaus müssen einige Bedingungen in der
Person selbst vorhanden sein: Der Apostat muss nämlich erwachsen, rechtsfähig,
geistesgesund sein, darf nicht betrunken gewesen und auch nicht gezwungen worden sein
(Vgl. an-NawawÐ o. J.: Bd. 19 S. 221). Das Nichtvorhandensein dieser Bedingungen
bedeutet, dass der Tatbestand der Apostasie rechtlich nicht festgestellt werden kann.
Auf jeden Fall muss der Abfall eindeutig und zweifelsfrei festgestellt werden, so dass der
Murtadd seine Ridda im Endeffekt gesteht. Khoury zitiert bei seiner Rede über die
Eindeutigkeit der Apostasie die Aussage Maliks: Wenn jemand etwas sagt oder tut, was
auf 99 Weisen als Unglaube und nur auf eine Weise als Glaube verstanden werden kann,
so ist die Sache als Glaube zu deuten. (Khoury 1991: S. 22)
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2. Hintergründe des Îadd al-Ridda in der islamischen Geschichte


2.1. al-Ridda-Kriege nach dem Tode des Propheten Muhammad (zusammengefasste
historische Darlegung)

Als Ridda-Kriege wurden nach den islamischen Historikern die Kriege bezeichnet, die AbÙ
Bakr gegen jene führte, von denen berichtet wird, sie seien unmittelbar nach dem Tode des
Propheten Muhammad (s.) vom Islam abgefallen. Der Anlass war die Weigerung
verschiedener arabischer Stämme 632-33 (Jahre 11 H.), die Zakat durch die Hand der
ihnen von Muhammad beigegebenen Zakat-Verwalter an AbÙ Bakr zu entrichten (Vgl.
Hoenerbach 1951: S. 209). AbÙ Bakr verwies darauf, dass die Zahlung der Zakat eine
fundamentale religiöse Verpflichtung und ein Gebot sei und definierte die Weigerung als
Abtrünnigkeit vom Glauben. In den Hadithwerken und Biographiebüchern wird meistens
die folgende bekannte Überlieferung nach AbÙ Huraira berichtet:

‫ ﻛﻴـﻒ ﺗﻘﺎﺗـﻞ ﺍﻟﻨـﺎﺱ‬،‫ ﻳﺎ ﺃﺑـﺎ ﺑﻜـﺮ‬:‫ ﻗﺎﻝ ﻋﻤﺮ‬،‫ ﻭﻛﻔﺮ ﻣﻦ ﻛﻔﺮ ﻣﻦ ﺍﻟﻌﺮﺏ‬،‫ "ﳌﺎ ﺗﻮﰲ ﺍﻟﻨﱯ ﺻﻠﻰ ﺍﻪﻠﻟ ﻋﻠﻴﻪ ﻭﺳﻠﻢ ﻭﺍﺳﺘﺨﻠﻒ ﺃﺑﻮ ﺑﻜﺮ‬:‫"ﻋﻦ ﺃﺑﻲ ﻫﺮﻳﺮﺓ ﺭﺿﻲ ﺍﻪﻠﻟ ﻋﻨﻪ ﻗﺎﻝ‬

‫ ﻭﺣﺴـﺎﺑﻪ ﻋﻠـﻰ‬،‫ ﻓﻤﻦ ﻗﺎﻝ ﻻ ﺇﻟﻪ ﺇﻻ ﺍﻪﻠﻟ ﻋﺼﻢ ﻣﲏ ﻣﺎﻟﻪ ﻭنﻔﺴـﻪ ﺇﻻ ﲝﻘـﻪ‬،‫ ﺃﻣﺮﺕ ﺃﻥ ﺃﻗﺎﺗﻞ ﺍﻟﻨﺎﺱ ﺣﺘﻰ ﻳﻘﻮﻟﻮﺍ ﻻ ﺇﻟﻪ ﺇﻻ ﺍﻪﻠﻟ‬:‫ﻭﻗﺪ ﻗﺎﻝ ﺭﺳﻮﻝ ﺍﻪﻠﻟ ﺻﻠﻰ ﺍﻪﻠﻟ ﻋﻠﻴﻪ ﻭﺳﻠﻢ‬

‫ ﻭﺍﻪﻠﻟ ﻟﻮ ﻣﻨﻌﻮنﻲ ﻋﻨﺎﻗﺎً ﻛﺎنﻮﺍ ﻳﺆﺩﻭﳖﺎ ﺇﱃ ﺭﺳﻮﻝ ﺍﻪﻠﻟ ﺻﻠﻰ ﺍﻪﻠﻟ ﻋﻠﻴـﻪ ﻭﺳـﻠﻢ ﻟﻘﺎﺗﻠﺘـﻬﻢ‬،‫ ﻓﺈﻥ ﺍﻟﺰﻛﺎﺓ ﺣﻖ ﺍﳌﺎﻝ‬،‫ ﻭﺍﻪﻠﻟ ﻷﻗﺎﺗﻠﻦ ﻣﻦ ﻓﺮﱠﻕ ﺑﲔ ﺍﻟﺼﻼﺓ ﻭﺍﻟﺰﻛﺎﺓ‬:‫ﺍﻪﻠﻟ؛ ﻗﺎﻝ ﺃﺑﻮ ﺑﻜﺮ‬

"‫ ﻓﻮﺍﻪﻠﻟ ﻣﺎ ﻫﻮ ﺇﻻ ﺃﻥ ﺭﺃﻳﺖﹸ ﺃﻥ ﻗﺪ ﺷﺮﺡ ﺍﻪﻠﻟ ﺻﺪﺭ ﺃﺑﻲ ﺑﻜﺮ ﻟﻠﻘﺘﺎﻝ ﻓﻌﺮﻓﺖﹸ ﺃنﻪ ﺍﳊﻖ‬:‫ﻋﻠﻰ ﻣﻨﻌﻬﺎ؛ ﻗﺎﻝ ﻋﻤﺮ‬
Abu Huraira, Allahs Wohlgefallen auf ihm, berichtete: „Als der Gesandte Allahs, Allahs Segen und Friede
auf ihm, starb, und AbÙ Bakr zu seinem Nachfolger wurde, und es geschah, dass einige unter den Arabern
durch den Abfall vom Islam ungläubig wurden, sagte ÝUmar, Allahs Wohlgefallen auf ihm, zu AbÙ Bakr:
„Wie kannst du gegen Menschen kämpfen, wo doch der Prophet, Allahs Segen und Friede auf ihm, sagte:
‚Mir wurde der Befehl erteilt, dass ich die Menschen solange bekämpfe, bis sie die Worte sprechen: la ilaha
illa-llah (kein Gott ist da außer Allah). Wer dies ausspricht, der nimmt sein Vermögen und sich selbst in
Schutz vor mir - es sei denn, es läge ein Verstoß gegen das Recht vor - und die Abrechnung mit ihm ist Allah
überlassen!’ “ AbÙ Bakr erwiderte: „Bei Allah, ich werde jeden bekämpfen, der einen Unterschied zwischen
Gebet und Zakat (Almosensteuer) macht, denn die Zakat ist das Recht (der Armen) auf Güter. Bei Allah,
wenn sie die Abgabe einer kleinen Ziege verweigern würden, welche sie an den Gesandten Allahs, Allahs
Segen und Friede auf ihm, geleistet haben, so werde ich gegen sie wegen dieser Weigerung kämpfen.“
ÝUmar, Allahs Wohlgefallen auf ihm, sagte: „Ich schwöre dann bei Allah, dass Allah das Herz des AbÙ Bakr,
Allahs Wohlgefallen auf ihm, (mit der richtigen Entscheidung) erleuchte, und dadurch habe ich es erkannt,
dass dies das Wahre ist.“ (al-BuÌÁrÐ 1987: Bd. 2, S. 507, Íadi× Nr. 1335)

Obwohl die meisten Autoren in der islamischen Literatur hervorheben, dass Zakat
(Almosensteuer) der Hauptgegenstand des Streits zwischen den abgefallenen Stämmen und
dem Kalifen in Medina war, üben einige nichtmuslimische Historiker der jüngeren Zeit,
wie Wellhausen, doch Kritik an dieser Geschichte mit der Zakat. Wellhausen ist der
Meinung, dass der Prophet Muhammad keinen vollständigen Erfolg auf der gesamten
Halbinsel hatte, wie die späteren muslimischen Generationen glaubten. Für Wellhausen
ging es nicht nur um muslimische Personen oder Stämme, die damals die Zahlung von
Zakat verweigerten, sondern auch um Stämme, die den Islam im Grunde nicht
angenommen hatten (Wellhausen 1899: S. 7-37). Der Widerstand einiger arabischer
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Stämme war daher der Widerstand eines Landes, das erstmalig erobert, und nicht
zurückerobert wurde (Vgl. Hoenerbach 1951: S. 210).
Dass es einige arabische Stämme gab, bei denen es sich nicht um die Bezahlung von Zakat
handelte, erzählen auch nicht wenige muslimische Autoren. Ibn Íazm spricht seinerseits
von drei verschiedenen Gruppen, die zur Zeit AbÙ Bakrs als Apostaten bezeichnet wurden:
Eine Gruppe erklärte offenbar ihren Abfall vom Islam, eine andere Gruppe verweigerte
AbÙ Bakr die Bezahlung von Zakat und eine dritte Gruppe verhielt sich abwartend. (Ibn
Íazm o. J.: Bd. 2 S. 67). Wenn Ibn Íazm inhaltlich mit seiner Einteilung unterstreicht,
dass eine Gruppe sich definitiv als nichtmuslimisch definierte und über die Frage von
Zakat nicht mehr mit sich reden ließ, bedeutet das konsequenterweise, dass diese Gruppe
den Islam vor dem Tode des Propheten Muhammad angenommen hatte, oder zumindest
der islamischen Herrschaft in Medina irgendwie unterworfen worden war.
Andere muslimische Autoren sprechen allerdings von unvollständiger Verbreitung des
Islam unter den Stämmen um Medina herum, ohne dieser Tatsache eine große Bedeutung
für die Entwicklung der Ridda-Frage zur Zeit AbÙ Bakrs beizumessen. Farouk erwähnt,
dass es drei Personen zur Lebzeit des Propheten Muhammad auf der Halbinsel gab, die
ihm und der islamischen Religion Widerstand entgegensetzen: al-Aswad al-Ýansiyy in
Jemen, Musailama in YamÁma (heute Teilgebiet von Riad) und ÓulaiÎa im Westen von
Medina. Nur al-Ýansiyy wurde kurz vor dem Tode des Propheten Muhammad getötet.
Musailama und TulaiÎa waren Häupter ihrer Stämme, nämlich der BanÙ ÍanÐfa und der
Asad, und ihnen schlossen sich kurz nach der Huldigung Abu Bakrs in Medina andere
Stämme an, die die Zakat nicht mehr zahlen wollten (Farouk 1961: S. 4)
Dass es bis zum Tode des Propheten Muhammads ungläubige, sich noch gegnerisch
verhaltende Männer wie Musailama und ÓulaiÎa gab, die gleichzeitig Häupter ihrer
Stämme waren, verschweigt auch die klassische Geschichtsliteratur des 8.Jh. nicht (vgl. aÔ-
TabarÐ 1407 H.: Bd. 2 S. 254), an der sich feststellen lässt, dass ein Aufstand seitens dieser
Stämme "nichts Überraschendes mehr" war (Hoenerbach 1951: S. 211).
Die Stämme, die sich beiden Männern anschlossen, waren mehr als zwölf Stämme, die
hauptsächlich in Gebieten nördlich und östlich von Medina lebten. Dazu gehörten z. B. die
ÓaiÞ, ÇaÔfÁn, ÅubiÁn und ÝAbs. Diese rebellierenden Sippen teilten sich in zwei große
Gruppen: eine Gruppe in Æul-qiÒÒa (nordöstlich von Medina) und eine andere in abriq al-
rabÆa (nördlich von Medina). Damals führte UsÁma ibn Zaid die muslimische Armee in
einer Schlacht im Norden der Halbinsel (genau, im Osten des heutigen Jordanien) an.
Gegen die Rebellen führte AbÙ Bakr selbst die in Medina zurückgebliebenen Muslime an.
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Nach Farouk wandte sich AbÙ Bakr zunächst nach abriq al-rabÆa, wo er die Stämme
Murra, ÕaÝlaba, ÝAbs und ÅubiÁn schlug. Die zwei letzteren flohen und schlossen sich den
anderen Gruppen in Æul-qiÒÒa an, wo sich auch die ÓaiÞ und die ÇaÔfÁn mit den Asad unter
dem Kommando ÓulaiÎas` verbündeten. All diese Stämme sollen auch von AbÙ Bakr
besiegt worden sein (Farouk 1961: S. 6). Eine große Zahl der Verbündeten konnte jedoch
fliehen und im Ort al-bazaÌa lagern. AbÙ Bakr übergab Ëalid ibn al-WalÐd die Führung der
Armee, der dann nach al-bazaÌa marschierte und die Rebellen dort endgültig schlug.
Darauf machte er sich auf den Weg zum großen Stamm BanÐ TamÐm. Dort bekämpfte er
MÁlik ibn Nuwaira, den er gefangen nahm und hinrichtete. In YamÁma lagerte der Stamm
BanÙ ÍanÐfa unter der Führung Musailamas, der für sich schon zu Lebzeiten des Propheten
Muhammad beansprucht hatte, Prophet zu sein. In den islamischen Quellen wird
Musailama als Nachahmer des Propheten Mohammed beschrieben und als Musailamat-al-
KaÆÆÁb (Musailama, der Lügner) bezeichnet. Nach Ibn IsÎÁq soll er kurz vor dem Tode
des Propheten Muhammad einen Brief an diesen geschickt haben, in dem er sich selbst als
Propheten erklärt und vorschlägt, sich die Herrschaft über das Land zu teilen (Ibn IsÎÁq
1999: S. 248). Nach mehrtägigem Kampf gegen Ëalid ibn al-WalÐd ergriffen Musailamas
Männer die Flucht. Am Ende fiel der Mann aber dem Schwert von WaΚšiy ibn Íarb zum
Opfer. Ëalid marschierte dann nach Bahrain, um ÝAlaÞ ibn al-ÍaÃramiyy, der auf Befehl
des Kalifen AbÙ Bakr dort gegen die Apostaten kämpfte, Beistand zu leisten. Die Sippen in
Bahrain, die vor dem Tode des Propheten Muhammad den Islam angenommen haben
sollen, erklärten ihre Abwendung vom Islam und begaben sich unter dem Kommando von
al-ÍuÔam1 in kriegerische Auseinandersetzungen mit den Muslimen. Obwohl al-ÍuÔam in
einem überraschenden Angriff besiegt wurde, dauerte es etwa zwei Jahre, bis die Muslime
ihre Herrschaft über das ganze Bahrain ausweiten konnten (ŠÙfÁnÐ 1995: S. 18).
Während des Streits im Osten bekämpften noch andere Heerführer auf Befehl des Kalifen
andere Apostaten an anderen Fronten: al-MuhÁÊir ibn Umaiyya wurde nach Jemen
geschickt, um gegen die Apostaten in Sanaa und ÍaÃara mawt zu kämpfen. Es gelang ihm,
die Häupter der Rebellen gefangen zu nehmen und sie dem Kalifen in Medina zu schicken:
aus Sanaa Qais ibn makšÙÎ, ÝAmr ibn maÝd ibn Yakrib und Qays ibn ÝAbd YaÈÙ×, und aus
ÍaÃara mawt al-AšÝa× ibn Qais al-Kindiy.
Dies waren die wichtigsten Aktionen, die in der islamischen Geschichtsliteratur als al-
Ridda-Kriege bekannt sind. Danach wurden bis Ende des islamischen Kalifats keine
weiteren Kriege geführt, die damit bezeichnet wurden.
1
In manchen Literaturen wird der Mann mit dem Namen al-ÍuÔam ibn ŠuraiÎ, in anderen wird er al-ÍuÔam
ibn ÂubaiÝah genannt (Vgl. Farouk 1961: S. 138)
9

2.2. Apostasie im Koran und im Hadith-Korpus

Ausdrücklich kommen beide Wörter ridda und irtidÁd im Koran an etwa 26 Stellen mit
verschiedenen Bedeutungen und in unterschiedlichen Zusammenhängen vor. Nur zweimal
benutzt der Koran das Verb irtadda in seiner späteren juristischen Bedeutung, und zwar als
Hinweis auf den vom Islam Abgefallenen.
‫"ﻭﹶﻻَ ﻳﹶﺰﹶﺍﻟُﻮﻥﹶ ﻳﹸﻘَﺎﺗِﻠُﻮنَﻜُﻢﹾ ﺣﹶﺘﱠﻰﹶ ﻳﹶﺮﹸﺩﱡﻭﻛُﻢﹾ ﻋﹶﻦ ﺩِﻳﻨِﻜُﻢﹾ ﺇِﻥِ ﺍﺳﹾﺘَﻄَﺎﻋﹸﻮﺍْ ﻭﹶﻣﹶﻦ ﻳﹶﺮﹾﺗَﺪِﺩﹾ ﻣِﻨﻜُﻢﹾ ﻋﹶﻦ ﺩِﻳﻨِﻪِ ﻓَﻴﹶﻤﹸﺖﹾ ﻭﹶﻫﹸﻮﹶ ﻛَﺎﻓِﺮﹲ ﻓَﺄُﻭﹾﻟَـﺌِﻚﹶ ﺣﹶﺒِﻄَﺖﹾ ﺃَﻋﹾﻤﹶﺎﻟُﻬﹸﻢﹾ ﻓِﻲ ﺍﻟﺪﱡنْﻴﹶﺎ ﻭﹶﺍﻵﺧِﺮﹶﺓِ ﻭﹶﺃُﻭﹾﻟَـﺌِﻚﹶ ﺃَﺻﹾﺤﹶﺎﺏﹸ ﺍﻟﻨﱠﺎﺭِ ﻫﹸﻢﹾ‬

{217 ‫ﻓِﻴﻬﹶﺎ ﺧﹶﺎﻟِﺪﹸﻭﻥﹶ "}ﺍﻟﺒﻘﺮﺓ‬


"Und sie werden nicht aufhören, gegen euch zu kämpfen, bis sie euch von eurer Religion abbringen - wenn
sie (es) können. Und diejenigen von euch, die sich (etwa) von ihrer Religion abbringen lassen und (ohne sich
wieder bekehrt zu haben) als Ungläubige sterben, deren Werke sind im Diesseits und im Jenseits hinfällig.
Sie werden Insassen des Höllenfeuers sein und (ewig) darin weilen." (Paret 1989: Sure 2,217 )

ُ‫"ﻳﹶﺎ ﺃَﻳﱡﻬﹶﺎ ﺍﻟﱠﺬِﻳﻦﹶ ﺁﻣﹶﻨﹸﻮﺍْ ﻣﹶﻦ ﻳﹶﺮﹾﺗَﺪﱠ ﻣِﻨﻜُﻢﹾ ﻋﹶﻦ ﺩِﻳﻨِﻪِ ﻓَﺴﹶﻮﹾﻑﹶ ﻳﹶﺄْﺗِﻲ ﺍﻟﻠّﻪﹸ ﺑِﻘَﻮﹾﻡٍ ﻳﹸﺤِﺒﱡﻬﹸﻢﹾ ﻭﹶﻳﹸﺤِﺒﱡﻮنَﻪﹸ ﺃَﺫِﻟﱠﺔٍ ﻋﹶﻠَﻰ ﺍﻟْﻤﹸﺆﹾﻣِﻨِﲔﹶ ﺃَﻋِﺰﱠﺓٍ ﻋﹶﻠَﻰ ﺍﻟْﻜَﺎﻓِﺮِﻳﻦﹶ ﻳﹸﺠﹶﺎﻫِﺪﹸﻭﻥﹶ ﻓِﻲ ﺳﹶﺒِﻴﻞِ ﺍﻟﻠّﻪِ ﻭﹶﻻَ ﻳﹶﺨَﺎﻓُﻮﻥﹶ ﻟَﻮﹾﻣﹶﺔَ ﻵﺋِﻢٍ ﺫَﻟِﻚﹶ ﻓَﻀْﻞ‬

{54 ‫ﺍﻟﻠّﻪِ ﻳﹸﺆﹾﺗِﻴﻪِ ﻣﹶﻦ ﻳﹶﺸﹶﺎﺀ ﻭﹶﺍﻟﻠّﻪﹸ ﻭﹶﺍﺳِﻊﹲ ﻋﹶﻠِﻴﻢﹲ "}ﺍﳌﺎﺋﺪﺓ‬


"Ihr Gläubigen! Wenn sich jemand von euch von seiner Religion abbringen läßt (und ungläubig wird, hat das
nichts zu sagen). Allah wird (zum Ersatz dafür) Leute (auf eure Seite) bringen, die er liebt, und die ihn
lieben, (Leute) die den Gläubigen gegenüber bescheiden sind, jedoch die Ungläubigen ihre Macht fühlen
lassen, und die um Allahs willen kämpfen und sich (dabei) vor keinem Tadel fürchten. Das ist die Huld
Allahs. Er gibt sie, wem er will. Allah umfaßt (alles) und weiß Bescheid." (Paret 1989:Sure 5,54)

Die in den zwei Versen vorkommende Wendung "man yartadda (yartadid) minkum Ýan
dÐnihi" (sich von seiner Religion abbringen lassen) wird im nachkoranischen
Sprachgebrauch aktivisch im Sinne von sich von seiner Religion abwenden bzw. Apostat
werden verstanden (Vgl. Griffel 2000: S. 25). Nach aÔ-ÓabarÐ bezieht sich der erste Vers
(2,217) auf den Überfall einiger Muslime unter Führung von ÝAbdullah ibn ÉaΚ auf eine
mekkanische Karawane und das Töten eines Mekkaners während des geheiligten Monats
RaÊab (aÔ-ÓabarÐ 2000: Bd. 4, S. 315). Der Vers macht die Muslime darauf aufmerksam,
dass die Mekkaner - auch während der heiligen Monate - nicht aufhören werden, die
Muslime zu bekämpfen, bis sich diese von ihrer Religion abwenden. Dann warnt der
Koran die Muslime davor, sich von den Mekkanern vom Glauben abbringen zu lassen.
Wer ungläubig werde und als solcher sterbe, dessen Werke seien hinfällig, und dessen
Schicksal im Jenseits sei das ewige Höllenfeuer. Im zweiten Vers handelt es sich nach aÔ-
ÓabarÐ um die himmlische Prophezeiung über das Verhalten einiger Gläubiger nach dem
Tode des Propheten Muhammad (aÔ-ÓabarÐ 2000: Bd. 10, S. 410). Im Vers wird die
muslimische Gemeinde über den Abfall einiger Mitglieder hinweggetröstet: Gott wird
andere zum Islam rechtleiten, die mit den Gläubigen kämpfen werden. Nach vielen
prophetischen Überlieferungen sind mit den neuen Muslimen diejenigen aus dem Stamm
des Gefährten Abu MÙsÁ al-AšÝarÐy gemeint, die sich später zum Islam bekehrten (vgl. ibn
Ka×Ðr 1999: Bd. 3, S. 136). Bezüglich des Satzteils in 2,217 "fayamut wa huwa kÁfir" (als
10

Ungläubige sterben) erwähnt Griffel zwei auffällige Interpretationen bei den


Kommentatoren: Auf der einen Seite wird der Vers als Beleg für die Todesstrafe
angesehen,2 wohingegen eine andere Seite den Schluss zieht, dass der Abfall vom Glauben
wie eine Krankheit sei, die das Herz und den Verstand befalle und deshalb letztlich zum
Tod als Ungläubiger führe (Griffel 2000: S. 26). Es ist allerdings möglich, dass in 2,217
(auch in 5,54) keine Todesstrafe impliziert wird. Der Vers enthält nur die Voraussicht auf
Höllenstrafe für den Murtadd, der stirbt, ohne zum Islam zurückgekehrt zu sein. Zwemer
betont, dass einige Übersetzungen in fremde Sprachen ein falsches Verständnis des
fraglichen Satzteils aufweisen. Als Beispiel erwähnt er die Übersetzung von Pfander in
seinem "Mizan al-Haqq3“ (The Balance of Truth), London 1910: Wer von seiner Religion
abfällt, lass ihn dafür sterben (Zwemer 1926: S.25).
Ohne es mit Worten wie Ridda, Irtidad oder Murtadd explizit zu auszudrücken, behandeln
auch die folgenden Verse, die neben 2,217 und 5,54 als weitere Belege in der islamischen
Diskussion über den Ridda-Urteil benutzt werden, die Frage der Apostasie vom Islam und
die göttliche Bestrafung:
‫"ﻛَﻴﹾﻒﹶ ﻳﹶﻬﹾﺪِﻱ ﺍﻟﻠّﻪﹸ ﻗَﻮﹾﻣﹰﺎ ﻛَﻔَﺮﹸﻭﺍْ ﺑﹶﻌﹾﺪﹶ ﺇِﳝﹶﺎنِﻬِﻢﹾ ﻭﹶﺷﹶﻬِﺪﹸﻭﺍْ ﺃَﻥﱠ ﺍﻟﺮﱠﺳﹸﻮﻝَ ﺣﹶﻖﱞ ﻭﹶﺟﹶﺎﺀﻫﹸﻢﹸ ﺍﻟْﺒﹶﻴﱢﻨﹶﺎﺕﹸ ﻭﹶﺍﻟﻠّﻪﹸ ﻻَ ﻳﹶﻬﹾﺪِﻱ ﺍﻟْﻘَﻮﹾﻡﹶ ﺍﻟﻈﱠﺎﻟِﻤِﲔﹶ ﺃُﻭﹾﻟَـﺌِﻚﹶ ﺟﹶﺰﹶﺁﺅﹸﻫﹸﻢﹾ ﺃَﻥﱠ ﻋﹶﻠَﻴﹾﻬِﻢﹾ ﻟَﻌﹾﻨﹶﺔَ ﺍﻟﻠّﻪِ ﻭﹶﺍﻟْﻤﹶﻶﺋِﻜَﺔِ ﻭﹶﺍﻟﻨﱠﺎﺱِ ﺃَﺟﹾﻤﹶﻌِﲔﹶ‬

{89-86 ‫ﺧﹶﺎﻟِﺪِﻳﻦﹶ ﻓِﻴﻬﹶﺎ ﻻَ ﻳﹸﺨَﻔﱠﻒﹸ ﻋﹶﻨﹾﻬﹸﻢﹸ ﺍﻟْﻌﹶﺬَﺍﺏﹸ ﻭﹶﻻَ ﻫﹸﻢﹾ ﻳﹸﻨﻈَﺮﹸﻭﻥﹶ ِﻻﱠ ﺍﻟﱠﺬِﻳﻦﹶ ﺗَﺎﺑﹸﻮﺍْ ﻣِﻦ ﺑﹶﻌﹾﺪِ ﺫَﻟِﻚﹶ ﻭﹶﺃَﺻﹾﻠَﺤﹸﻮﺍْ ﻓَﺈِﻥﱠ ﺍﻪﻠﻟ ﻏَﻔُﻮﺭﹲ ﺭﱠﺣِﻴﻢﹲ "}ﺁﻝ ﻋﻤﺮﺍﻥ‬
"Wie sollte Allah Leute rechtleiten, die ungläubig geworden sind, nachdem sie gläubig waren, und (nachdem
sie) bezeugt haben, daß der Gesandte (Allahs und seine Botschaft) wahr ist, und (nachdem sie) die klaren
Beweise (baiyinaat) erhalten haben! Allah leitet das Volk der Frevler nicht recht. Ihr Lohn besteht darin, daß
der Fluch Allahs und der Engel und der Menschen insgesamt auf ihnen liegt. (Sie werden zum Höllenfeuer
verdammt) um (ewig) darin zu weilen, ohne daß ihnen Straferleichterung oder Aufschub gewährt wird,
ausgenommen diejenigen, die danach umkehren und sich bessern. Allah ist barmherzig und bereit zu
vergeben. " (Paret 1989: Sure 3,86-89)
{90 ‫"ﺇِﻥﱠ ﺍﻟﱠﺬِﻳﻦﹶ ﻛَﻔَﺮﹸﻭﺍْ ﺑﹶﻌﹾﺪﹶ ﺇِﳝﹶﺎنِﻬِﻢﹾ ﺛُﻢﱠ ﺍﺯْﺩﹶﺍﺩﹸﻭﺍْ ﻛُﻔْﺮﹰﺍ ﻟﱠﻦ ﺗُﻘْﺒﹶﻞَ ﺗَﻮﹾﺑﹶﺘُﻬﹸﻢﹾ ﻭﹶﺃُﻭﹾﻟَـﺌِﻚﹶ ﻫﹸﻢﹸ ﺍﻟﻀﱠﺂﻟﱡﻮﻥﹶ" }ﺁﻝ ﻋﻤﺮﺍﻥ‬
"Diejenigen (aber), die ungläubig geworden sind, nachdem sie gläubig waren, und hierauf dem Unglauben
immer mehr verfallen, deren (verspätete) Buße wird nicht angenommen werden. Das sind die, die (endgültig)
irregehen." (Paret 1989: Sure 3,90)
{137 ‫"ﺇِﻥﱠ ﺍﻟﱠﺬِﻳﻦﹶ ﺁﻣﹶﻨﹸﻮﺍْ ﺛُﻢﱠ ﻛَﻔَﺮﹸﻭﺍْ ﺛُﻢﱠ ﺁﻣﹶﻨﹸﻮﺍْ ﺛُﻢﱠ ﻛَﻔَﺮﹸﻭﺍْ ﺛُﻢﱠ ﺍﺯْﺩﹶﺍﺩﹸﻭﺍْ ﻛُﻔْﺮﹰﺍ ﻟﱠﻢﹾ ﻳﹶﻜُﻦِ ﺍﻟﻠّﻪﹸ ﻟِﻴﹶﻐْﻔِﺮﹶ ﻟَﻬﹸﻢﹾ ﻭﹶﻻَ ﻟِﻴﹶﻬﹾﺪِﻳﹶﻬﹸﻢﹾ ﺳﹶﺒِﻴﻼﹰ "}ﺍﻟﻨﺴﺎﺀ‬
"Diejenigen, die (zuerst) gläubig, hierauf ungläubig und hierauf (wieder) gläubig waren und hierauf (wieder)
ungläubig geworden sind und hierauf dem Unglauben (immer mehr) verfallen, denen kann Allah unmöglich
vergeben, und er kann sie unmöglich einen rechten Weg führen." (Paret, Sure 4,137)
{72 ‫"ﻭﹶﻗَﺎﻟَﺖ ﻃﱠﺂﺋِﻔَﺔٌ ﻣﱢﻦﹾ ﺃَﻫﹾﻞِ ﺍﻟْﻜِﺘَﺎﺏِ ﺁﻣِﻨﹸﻮﺍْ ﺑِﺎﻟﱠﺬِﻱﹶ ﺃُنﺰِﻝَ ﻋﹶﻠَﻰ ﺍﻟﱠﺬِﻳﻦﹶ ﺁﻣﹶﻨﹸﻮﺍْ ﻭﹶﺟﹾﻪﹶ ﺍﻟﻨﱠﻬﹶﺎﺭِ ﻭﹶﺍﻛْﻔُﺮﹸﻭﺍْ ﺁﺧِﺮﹶﻩﹸ ﻟَﻌﹶﻠﱠﻬﹸﻢﹾ ﻳﹶﺮﹾﺟِﻌﹸﻮﻥﹶ "}ﺁﻝ ﻋﻤﺮﺍﻥ‬
"Und eine Gruppe von den Leuten der Schrift sagt: ""Glaubt am Anfang (wadschh) des Tages an das, was auf
die Gläubigen (als Offenbarung) herabgesandt worden ist, und glaubt (wieder) nicht daran, wenn er (abends)
zu Ende geht! Vielleicht kehren sie dann um." (Paret 1989: Sure 3,72)
Mit denjenigen, die ungläubig wurden, nachdem sie gläubig waren, sind nach
unterschiedlichen Berichten entweder die Heuchler oder die Leute der Schrift (Juden und

2
Griffel nennt als Fußnote den Korankommentator al-BaiÃÁwÐ (gest. 675 H/ 1286) als Beispiel für diese
Meinung, wobei ich bei genauerer Nachprüfung des Originaltextes bei al-BaiÃÁwÐ zum Schluss gekommen
bin, dass er die von Griffel erwähnte Ansicht nicht mehr vertrat.
3
In Zwemer als Mizan ul- Hagg.
11

Christen) gemeint. Einige meinen, dass die Heuchler, die die Anweisungen des Propheten
Muhammad missachteten und nicht in den Kampf gegen die Polytheisten zogen, in 4,137
als Ungläubige bezeichnet werden (aÔ-ÓabarÐ 2000: Bd. 9, S. 315). Andere berichten von
Überlieferungen, die besagen, dass die Leute der Schrift, insofern sie die Annahme des
Islam abgelehnt haben, ungläubig wurden, nachdem sie an die früheren Propheten glaubten
(aÔ-ÓabarÐ 2000: Bd. 6, S.579). Allein in Zusammenhang mit Sure 3,86-89 sind einige
Überlieferungen zu sehen, die nach Ibn ÝAbbÁs über al-ÍÁri× ibn Suwaid al-AnÒÁrÐ
berichten, der vom Islam abfiel und aus Medina floh. Er soll dann die reumütige Umkehr
erklärt und den Propheten Muhammad gefragt haben, ob seine Reue angenommen werden
könne (aÔ-ÓabarÐ 2000: Bd. 6, S. 573). Sure 3,72 erzählt von einer Gruppe von 12 Juden,
die vereinbarten, den Islam am Anfang des Tages anzunehmen und sich am Abend wieder
als Juden zu erklären, um bei den Muslimen Zweifel an der Wahrhaftigkeit des Propheten
aufkommen zu lassen (an-NaisabÙrÐ 1968: S. 71). Mit diesem Überblick kann man
feststellen, dass unter den vier letzten Koranstellen nur die Stelle in Sure 3,68-89 direkt mit
der Frage der Apostasie zu tun haben kann, da sie sich eigentlich auf die Geschichte von
al-ÍÁri× bezieht. Denn al-Ridda kann nur von einem Gläubigen, der sich zum Islam ohne
Zwang und ohne Vortäuschung bekehrt hat, erfolgen.
Im Textkorpus des ÍadÐ×4 wird von einer Vielzahl von Überlieferungen berichtet, die für
die Entwicklung des Apostasieurteils bedeutend waren und in der heutigen Diskussion
über die Apostasiestrafe als Belege zitiert werden. Bestimmte Überlieferungen werden im
Folgenden angeführt, weil sie als Grundlage und Ausgangspunkt bei allen Autoren dienen.
Stets werden in der Rechtsliteratur u. a. die folgenden ÍadÐ×e zitiert: (1) ÝIkrima, ein in
Mekka 105 H. gestorbener Schüler des früheren Rechtsgelehrten und Vetters des
Propheten Muhammad Ibn ÝAbbÁs, überliefert von Ibn ÝAbbÁs, dass der Prophet sagte:
"Wer seine Religion wechselt, den tötet!" (al-BuÌÁrÐ 1987: Bd. 3, S. 1098, ÍadÐ× Nr. 6922) " ‫" ﻣﹶﻦﹾ ﺑﹶﺪﱠﻝَ ﺩِﻳﻨﹶﻪﹸ ﻓَﺎﻗْﺘُﻠُﻮﻩﹸ‬

Zwar hat der Prophet in diesem ÍadÐ× nicht genau bestimmt, um welche Religion es sich
handeln sollte, alle Gelehrten verschiedener Rechtsschulen sind sich jedoch darüber einig,
dass damit der Islam gemeint ist. Somit mündet der ÍadÐ× in die Bedeutung, dass der
Muslim, der seine Religion wechselt, getötet werden soll. (2) Als Beweis dafür zitieren sie
noch den von Ibn MasÝÙd überlieferten Ausspruch des Propheten:
"‫"ﻻ ﳛﻞ ﺩﻡ ﺍﻣﺮﺉ ﻣﺴﻠﻢ ﺇﻻ ﺑﺜﻼﺙ ﺍﻟﺜﻴﺐ ﺍﻟﺰﺍﱐ ﻭﺍﻟﻨﻔﺲ ﺑﺎﻟﻨﻔﺲ ﻭﺍﻟﺘﺎﺭﻙ ﻟﺪﻳﻨﻪ ﺍﳌﻔﺎﺭﻕ ﻟﻠﺠﻤﺎﻋﺔ‬

4
Die Gesamtheit der Nachrichten über Taten und Aussprüche des Propheten und seiner Gefährten. Der
Oberbegriff Sunna (Tradition des Propheten Muhammad) hat für die Muslime sakralen und für das
islamische Recht legislativen Charakter gewonnen.
12

"Das Blut eines Muslims [zu vergießen] ist nicht erlaubt, außer in einem dieser drei Fälle: der
verheiratete Ehebrecher, Leben um Leben, und derjenige, der von seinem Glauben abfällt, und sich
von der Gemeinschaft trennt" (Muslim5 o. J.: Bd. 3, S. 1302, ÍadÐ× Nr. 1676)

(3) Von einem langen Bericht, wo AbÙ MÙsÁ al-AšÝarÐ erzählt, dass der Gesandte Gottes
zuerst ihn und später MuÝÁÆ ibn Éabal nach Jemen schickte, wird der folgende Teil im
Zusammenhang mit der Ridda-Frage zitiert:

‫ ﹶﻓﹶﺄ َﻣ َﺮ‬،ٍ‫ﺙ َﻣﺮﱠﺍﺕ‬


‫ﻼ ﹶ‬
‫ ﹶﺛ ﹶ‬.‫ ﹶﻗﻀَﺎ ُﺀ ﺍﻟﻠﱠ ِﻪ َﻭ َﺭﺳُﻮِﻟ ِﻪ‬.‫ ﻗﹶﺎ ﹶﻝ ﹶﻻ ﹶﺃ ْﺟِﻠﺲُ َﺣﺘﱠﻰ ﻳُ ﹾﻘَﺘ ﹶﻞ‬. ‫ﺲ‬
ْ ‫ ﻗﹶﺎ ﹶﻝ ﺍ ْﺟِﻠ‬. ‫ﺎ ﹶﻓﹶﺄ ْﺳﹶﻠ َﻢ ﹸﺛﻢﱠ َﺗ َﻬ ﱠﻮ َﺩ‬‫ ﻗﹶﺎ ﹶﻝ ﻣَﺎ َﻫﺬﹶﺍ ﻗﹶﺎ ﹶﻝ ﻛﹶﺎ ﹶﻥ َﻳﻬُﻮ ِﺩﻳ‬. ‫[ َﻭِﺇﺫﹶﺍ َﺭ ُﺟ ﹲﻞ ِﻋْﻨ َﺪﻩُ ﻣُﻮﹶﺛ ٌﻖ‬...] ‫"ﹶﻓﹶﻠﻤﱠﺎ ﹶﻗ ِﺪ َﻡ َﻋﹶﻠْﻴ ِﻪ‬
"‫ِﺑ ِﻪ ﹶﻓﻘﹸِﺘ ﹶﻞ‬
"Als er (MuÝÁÆ) zu ihm (AbÙ MÙsÁ) kam [...] , war bei ihm ein Mann, dessen Hände gebunden wurden. Er
fragte: ´´Was soll das sein?´´ Er (AbÙ MÙsÁ) antwortete: ´´Dieser war ein Jude, der sich zum Islam bekehrt
hatte und dann wieder zum Juden wurde. Setz dich doch!´´ Er erwiderte: ´´Ich setze mich nicht, bis der Mann
getötet wird. Das ist die Entscheidung Gottes und dessen Gesandten.´´ Er wiederholte das dreimal. Da wurde
der Befehl gegeben, den Mann zu töten." (al-BuÌÁrÐ 1987: Bd. 6, S. 2537, ÍadÐ× Nr. 6525)

(4) Éabir ibn ÝAbdellÁh berichtet:


‫ ﻳﺎ ﺭﺳﻮﻝ ﺍﷲ ﺃﻗﻠـﲏ‬:‫ ﻓﺠﺎﺀ ﺍﻷﻋﺮﺍﰊ ﺇﱃ ﺭﺳﻮﻝ ﺍﷲ ﺻﻠﻰ ﺍﷲ ﻋﻠﻴﻪ ﻭﺳﻠﻢ ﻓﻘﺎﻝ‬،‫"ﺃﻥ ﺃﻋﺮﺍﺑﻴﺎ ﺑﺎﻳﻊ ﺭﺳﻮﻝ ﺍﷲ ﺻﻠﻰ ﺍﷲ ﻋﻠﻴﻪ ﻭﺳﻠﻢ ﻋﻠﻰ ﺍﻹﺳﻼﻡ ﻓﺄﺻﺎﺏ ﺍﻷﻋﺮﺍﰊ ﻭﻋﻚ ﺑﺎﳌﺪﻳﻨﺔ‬
"‫ ﻭﺗﻨﺼﻊ ﻃﻴﺒﻬﺎ‬،‫ ﺇﳕﺎ ﺍﳌﺪﻳﻨﺔ ﻛﺎﻟﻜﲑ ﺗﻨﻔﻲ ﺧﺒﺜﻬﺎ‬:‫ ﻓﻘﺎﻝ ﺭﺳﻮﻝ ﺍﷲ ﺻﻠﻰ ﺍﷲ ﻋﻠﻴﻪ ﻭﺳﻠﻢ‬،‫ ﻓﺨﺮﺝ ﺍﻷﻋﺮﺍﰊ‬،‫ﺑﻴﻌﱵ ﻓﺄﰉ‬
" Ein Beduine kam zum Gesandten Gottes, Gottes Segen und Frieden seien über ihm, und erklärte sein
Treuebekenntnis zum Islam. Dann wurde er während seines Aufenthalts in Medina krank. Da kam er zum
Gesandten Gottes, Gottes Segen und Frieden seien über ihm, und sagte: O, Gesandter Gottes! Ich bitte dich
um Befreiung von meinem Treuebekenntnis, was der Prophet ablehnte. Daher ging der Beduine (aus der
Medina) heraus. Der Gesandte Gottes, Gottes Segen und Frieden seien über ihm, sagte: Medina ist wie ein
Blasebalg; sie bläst den Abfall aus ihr aus und lässt die guten Dinge in ihr bleiben" (al-BuÌÁrÐ 1987: Bd. 6, S.
2636 ÍadÐ× Nr. 6785)

(5) Schließlich gibt es für die Auseinandersetzung mit dem fraglichen Thema noch die
folgende Überlieferung von Anas Ibn MÁlik.
‫ ﻓﹶﺎ ْﺭَﺗﺪﱡﻭﺍ‬، ‫ﺼﺤﱡﻮﺍ‬
َ ‫ ﹶﻓ ﹶﻔ َﻌﻠﹸﻮﺍ ﹶﻓ‬، ‫ﺸ َﺮﺑُﻮﺍ ِﻣ ْﻦ ﹶﺃْﺑﻮَﺍِﻟﻬَﺎ َﻭﹶﺃﹾﻟﺒَﺎِﻧﻬَﺎ‬
ْ ‫ ﹶﻓَﻴ‬، ‫ﺼ َﺪﹶﻗ ِﺔ‬
‫ ﹶﻓﹶﺄ َﻣ َﺮﻫُ ْﻢ ﹶﺃ ﹾﻥ َﻳ ﹾﺄﺗُﻮﺍ ِﺇِﺑ ﹶﻞ ﺍﻟ ﱠ‬، ‫ ﹶﻓﹶﺄ ْﺳﹶﻠﻤُﻮﺍ ﻓﹶﺎ ْﺟَﺘ َﻮﻭُﺍ ﺍﹾﻟ َﻤﺪِﻳَﻨ ﹶﺔ‬، ‫ َﻧ ﹶﻔ ٌﺮ ِﻣ ْﻦ ﻋُ ﹾﻜ ٍﻞ‬- ‫ ﺻﻠﻰ ﺍﷲ ﻋﻠﻴﻪ ﻭﺳﻠﻢ‬- ‫"ﹶﻗ ِﺪ َﻡ َﻋﻠﹶﻰ ﺍﻟﱠﻨِﺒ ﱢﻰ‬
". ‫ﺴ ْﻤ ُﻬ ْﻢ َﺣﺘﱠﻰ ﻣَﺎﺗُﻮﺍ‬ ِ‫ﺤ‬ ْ ‫ ﹸﺛﻢﱠ ﹶﻟ ْﻢ َﻳ‬، ‫ ﹶﻓ ﹶﻘ ﹶﻄ َﻊ ﹶﺃْﻳ ِﺪَﻳﻬُ ْﻢ َﻭﹶﺃ ْﺭﺟُﹶﻠﻬُ ْﻢ َﻭ َﺳ َﻤ ﹶﻞ ﹶﺃ ْﻋﻴَُﻨﻬُ ْﻢ‬، ‫ﺚ ﻓِﻰ ﺁﺛﹶﺎ ِﺭ ِﻫ ْﻢ ﹶﻓﺄﹸِﺗ َﻰ ِﺑ ِﻬ ْﻢ‬
‫ ﹶﻓَﺒ َﻌ ﹶ‬، ‫َﻭﹶﻗَﺘﻠﹸﻮﺍ ُﺭﻋَﺎَﺗﻬَﺎ ﻭَﺍ ْﺳﺘَﺎﻗﹸﻮﺍ‬
"Eine Gruppe Leute vom ÝUkl-Stamm kamen zum Propheten Muhammad, Gottes Segen und Frieden seien
über ihm, und nahmen den Islam an. Sie wurden in Medina krank. Der Prophet befahl ihnen zu den ihnen als
Almosen gegebenen Kamelen zu gehen und deren Urin und Milch zu trinken. Sie taten das und wurden
wieder gesund. Dann fielen sie vom Islam ab, töteten die Kamelhüter und trieben die Kamele fort. Da sandte
der Prophet Boten hinter ihnen her, und sie wurden zurückgebracht. Da hieb er ihre Hände und Füße ab und
stach ihre Augen aus. Dann stillte er ihr Blut nicht, bis sie starben." (al-BuÌÁrÐ 1987: Bd. 6, S. 2495, ÍadÐ×
Nr. 6417)

Sowohl die Befürworter als auch die Gegner der Todesstrafe des Murtadd benutzen in ihrer
Auseinandersetzung mit der Ridda-Frage die oben angeführten Koranverse und
Überlieferungen. Diese werden ohne Wiederholung des Zitatenwortlauts im dritten Kapitel
näher und genauer erörtert. Davor muss man noch einen kurzen Blick auf die klassische
Meinung der vier Sunnitischen Rechtsschulen bezüglich der Ridda-Frage werfen, und
zwar als letzten Schritt in der Darlegung des ganzen Hintergrunds, von dem die heutigen
Autoren in ihrer Diskussion meistens ausgehen.

5
"Muslim" ist der Vorname des Verfassers. Im Literaturverzeichnis wird der Familiennamen AbÙ al-HusaÐn
angegeben.
13

2.3. Apostasieurteil in der früheren Literatur des islamischen Rechts (Überblick bei den
vier sunnitischen Rechtsschulen6 in al-fiqh ÝalÁ al-maÆÁhib al-ÞarbaÝa von al-ÉazÐrÐ)

Unter diesem Punkt werden die verschiedenen Meinungen der vier sunnitischen
Rechtsschulen nur kurz dargestellt und nicht kritisch analysiert. Die Darstellung stützt sich
auf das Buch al-fiqh ÝalÁ al-maÆÁhib al-ÞarbaÝa (Das islamische Recht nach den vier
Schulen) von Ýabd Alrahman al-ÉazÐrÐ, Beirut 1998. Fast in allen Werken der vier
Rechtsschulen wird ein Kapitel für Murtadd spezialisiert. Am Beginn des Kapitels und
bevor eine Reihe von rechtlichen Einzelheiten behandelt werden, gehen alle
Rechtsgelehrten von der Überlieferung Ibn ÝAbbÁs` (s. S. 11) aus und betonen die
Todesstrafe des Murtadd, dessen Ridda schon feststeht. Für die Feststellung der Ridda
führen sie eine Vielzahl von Voraussetzungen an, die in den Aussagen, Taten oder
Überzeugungen des Murtadd vorhanden sein müssen. Beispielsweise kann der Abfall
durch die eindeutige Aussage anÁ Þušriku billÁhi (Ich geselle Allah andere Götter bei)
erfolgen, oder durch eine Behauptung, die den Unglauben ausdrückt, wie allahu Êismun
kalÞaÊsÁm (Allah ist eine Substanz wie die anderen Substanzen) oder alÞÁlamu qadÐm (die
Welt existiert von Ewigkeit her) oder alÞÁlamu bÁqin Ýal a-d-dawÁm (die Welt besteht für
immer, ohne ein Ende zu nehmen). Der Abfall erfolgt auch durch eine Tat, die eindeutig
dem Unglauben gleichkommt, wie das Verbrennen oder das leichtfertige Wegwerfen des
Koran aus Verachtung. Dies gilt auch, wenn der Muslim sich vor Idolen niederwirft oder
die Zauberei lernt und praktiziert, weil man bei der Zauberei einen anderen Namen außer
dem Namen Gottes verherrlicht und die Vorherbestimmung nicht allein auf Gott
zurückführt. Der Muslim wird als Ungläubiger beurteilt, wenn er die Existenz Gottes,
seiner Engel oder das Prophetentum Muhammads leugnet. Nach Aufzählung solcher
Beispiele hebt al-ÉazÐrÐ den Konsensus aller Rechtsgelehrten darüber hervor, dass der
Abfall durch das Zeugnis zweier gerechter Zeugen festgestellt werden muss. Die Zeugen
müssen darin übereinstimmen, mit welcher Aussage oder Tat genau der Betroffene vom
Islam abgefallen ist. In diesem Falle muss der Murtadd zur Todesstrafe verurteilt werden.
Was al-ÉazÐrÐ an dieser Stelle außer Betracht gelassen hat, ist die strenge Haltung aller
Gelehrten bei der Feststellung der Ridda, indem sie das Nicht-Vorhandensein des
geringsten Zweifels im vorliegenden Ridda-Fall voraussetzen. Neben der von Khoury
zitierten Aussage des Imam MÁlik (s. S. 5) zitiere ich hier noch die des hanafitischen
Gelehrten ibn ÝAbdÐn:

6
Die vier bekanntesten sunnitischen Rechtsschulen sind die ÍanafÐten, die MÁlikÐten, die ŠÁfiÝÐten und die
ÍanbÁlÐten, die der Reihenfolge nach von AbÙ ÍanÐfa (gest. 150 H.), MÁlik ibn Anas (gest. 179 H.), Aš-
ŠafiÝÐy (gest. 204 H.) und AÎmad ibn Íanbal (gest. 241 H.) gegründet wurden.
14

"‫ ﺃﻭ ﻛﺎﻥ ﰲ ﻛﻔﺮﻩ ﺍﺧﺘﻼﻑ‬،‫"ﻭﺍﻟﺬﻱ ﲢﺮﺭ ﺃﻧﻪ ﻻ ﻳﻔﱵ ﺑﻜﻔﺮ ﻣﺴﻠﻢ ﺃﻣﻜﻦ ﲪﻞ ﻛﻼﻣﻪ ﻋﻠﻰ ﳏﻤﻞ ﺣﺴﻦ‬
"Es steht bei mir fest, dass kein Muslim zum Unglauben verurteilt werden darf, wenn von seiner Rede das
Gute (und die Unschuldigkeit) verstanden werden kann, oder wenn über seinen Unglauben keine Einigkeit
besteht." (ibn ÝAbdÐn 1994: Bd. 6, S. 367)

Die Rechtsgelehrten behandeln im Kapitel des Murtadd noch eine Reihe von rechtlichen
Fragen, die u. ä. von der Person des Murtadd, seinem Vermögen, seiner Ehefrau, seinen
Verfügungen abhängen. Davon werde ich im Folgenden nur auf zwei für den weiteren
Verlauf der Untersuchung relevante Fragen eingehen, nämlich die Aufforderung des
Murtadd zur Buße und den Fall einer Murtadda (weiblichen Abtrünnigen):

- istitabat al-Murtadd Aufforderung des Murtadd zur Buße (al-ÉazÐrÐ 1998: S. 640)
Die ÍanafÐten: Wenn ein Muslim vom Islam abfällt, wird ihm zuerst die Annahme des
Islam angeboten. Wenn er Zweifel oder Fragen hinsichtlich der Religion hat, dann muss
man ihm helfen, die Zweifel auszuräumen, und muss die Fragen beantworten. Verlangt er
eine Bedenkzeit, so ist es mustaÎab (wünschenswert), dass der Richter ihm eine dreitätige
Frist gewährt, während derer er in Gewahrsam bleibt. Wenn er den Islam danach nicht
annimmt, wird er ohne Verzögerung getötet, weil der Abtrünnige zweifelsohne ein
feindlicher Ungläubiger ist. Die ÍanafÐten machen im Falle des Abtrünnigen keinen
Unterschied zwischen einer freien Person und einem Sklaven.
Die ŠafiÝÐten: Wenn der Muslim vom Islam abfällt, yaÊibu ÝalÁ l-ÞimÁmi Þan yuÞaÊÊilahu
×alÁ×ata ÞayyÁm (soll der Imam ihm eine dreitätige Frist gewähren). Er darf ihn vor Ablauf
dieser Frist nicht töten. Auch wenn der Murtadd sie nicht verlangt, ist die Frist eine Pflicht,
damit er nachdenken kann und ihm die Wahrheit wieder sichtbar wird. Man stützt sich
hierbei auf die Überlieferung, in der ein Mann aus dem Jemen dem zweiten Kalifen ÝUmar
ibn al-ËaÔÔÁb berichtete, dass ein Muslim dort vom Islam abfiel und getötet wurde. ÝUmar
sagte:
"‫"ﺃﻓﻼ ﺣﺒﺴﺘﻤﻮﻩ ﺛﻼﺛﺎ ﻭﺃﻃﻌﻤﺘﻤﻮﻩ ﻛﻞ ﻳﻮﻡ ﺭﻏﻴﻔﺎ ﻭﺍﺳﺘﺘﺒﺘﻤﻮﻩ ﻟﻌﻠﻪ ﻳﺘﻮﺏ ﻭﻳﺮﺍﺟﻊ ﺃﻣﺮ ﺍﷲ ﰒ ﻗﺎﻝ ﻋﻤﺮ ﺍﻟﻠﻬﻢ ﺍﱐ ﱂ ﺍﺣﻀﺮ ﻭﱂ ﺁﻣﺮ ﻭﱂ ﺃﺭﺽ ﺇﺫ ﺑﻠﻐﲏ‬
"Hättet ihr ihn für drei Tage ins Gefängnis gebracht, ihm jeden Tag Brot gegeben und von ihm die Umkehr
gefordert! Vielleicht hätte er bereut und wäre zum Gehorsam gegen Gott zurückgekehrt. O. Gott! (Ich mache
Dich zum Zeugen, dass) ich nicht dabei war, dies nicht befohlen habe und dem nicht zustimme; Mir wurde es
nur so berichtet" (al-ÞAÒbuÎiy 1994, Kapitel al-Murtadd, S. 283, ÍadÐ× Nr. 869)

Die MÁlikÐten: Der Imam soll dem Murtadd drei Tage und Nächte gewähren, und zwar ab
dem Tag, an dem sein Abfall vom Islam festgelegt wird und nicht ab dem Tag, an dem
man gegen ihn den Prozess angestrengt hat. Man gibt ihm während der Haft zu Essen und
zu Trinken, was aus seinem Vermögen bezahlt wird. Wenn er kein Vermögen besitzt, wird
er vom bait ul-mÁl (der Staatskasse) versorgt. Er darf im Gefängnis nicht geschlagen
werden, selbst wenn er auf dem Abfall beharren sollte. Wenn der Richter die Tötung des
15

Murtadd vor Ablauf der Frist beschließt, so ist sein Urteil rechtsgültig, weil es sich bei der
Frist im Grunde um eine umstrittene Frage handelt. Bei der Beharrung auf dem Abfall wird
der Murtadd am dritten Tag bei Sonnenuntergang getötet.
Die ÍanbalÐten: Hier gibt es hinsichtlich der Aufforderung zur Buße zwei Gruppen: Die
eine ist der Meinung, dass dem Murtadd eine dreitätige Frist zur Buße eingeräumt werden
muss. Die andere ist der Auffassung, dass ihm, ohne ihm eine Bedenkzeit zu gewähren, die
Annahme des Islam angeboten werden soll. Wenn er den Islam wieder annimmt, wird er
freigelassen, sonst wird er sofort getötet.

- Îukmu l-marÞati l-murtadda Der Fall der weiblichen Abtrünnigen (al-ÉazÐrÐ 1998: S. 642)
Die MÁlikÐten, die ŠafiÝÐten und die ÍanbalÐten sind der Auffassung, dass das Urteil über
die murtadda (die weibliche Abtrünnige) dasselbe sein soll wie über den Murtadd. Die
Murtadda muss nämlich vor ihrer Tötung drei Tage lang aufgefordert werden, wieder zum
Islam zurückzukehren. Sie stützen sich auf die Überlieferung von Ibn ÝAbbÁs (s. S. 11), in
der der Prophet keinen Unterschied macht. Ein weiterer Beleg für sie ist der Bericht von
ÉÁbir Ibn ÝAbdellÁh,7 dass eine Frau namens Ummu MarawÁn vom Islam abgefallen war.
Der Prophet befahl,
"‫"ﺃﻥ ﻳﻌﺮﺽ ﻋﻠﻴﻬﺎ ﺍﻹﺳﻼﻡ ﻓﺈﻥ ﺗﺎﺑﺖ ﻭﺇﻻ ﻗﹸﺘﻠﹶﺖ‬
"dass ihr der Islam angeboten wird. Entweder tut sie Buße, oder wird getötet." (ad-DÁra QaÔniy 1983: Bd. 3
S. 119, ÍadÐ× Nr. 122)

Nach den MÁlikÐten muss die Tötung einer stillenden Frau verschoben werden, bis ihre
Stillzeit vollendet ist, wenn man keine Amme findet, oder wenn das Kind die Amme nicht
akzeptiert. Die Murtadda darf auch während ihrer Periode nicht getötet werden. Wenn sie
wegen einer Schwäche oder Krankheit keine Periode bekommt, lässt man sie drei Monate
in Ruhe, falls von ihr die Schwangerschaft erwartet wird.
Die ÍanafÐten: Die Murtadda soll nicht getötet werden, weil der Prophet verboten hat,
Frauen zu töten. Was die oben erwähnte Überlieferung anbelangt, wonach der Prophet eine
Murtadda töten ließ, so hat er sie nicht nur wegen des Abfalls getötet, sondern v.a. deshalb,
weil sie eine Zauberin und Dichterin war, die den Prophet verspottete und ihre Söhne
gegen ihn aufhetzte. In der Argumentation stützt man sich außerdem auf einige Berichte,
wonach Ibn ÝAbbÁs und ÝAlÐ ibn Abi ÓÁlib die Tötung der Murtadda verboten haben sollen.
Sie wird aber mit Gefängnis bestraft, bis sie wieder zum Islam zurückkehrt oder stirbt.

7
Mit identischem Wortlaut wird die Überlieferung bei ad-DÁra QaÔniy in seinem Sunan-Werk auch nach
ÝÀÞiša, einer der Ehefrauen des Propheten Muhammad, berichtet. (ad-DÁra QaÔniy 1983, Bd. 3 S. 118 ÍadÐ×
Nr. 121)
16

3. Die Todesstrafe des Murtadd in der Diskussion zwischen den Befürwortern und
den Gegnern in der modernen Zeit

In der jüngeren Zeit wurde die Diskussion über die Todesstrafe heftig. Während einige
Intellektuelle die Todesstrafe des Murtadd in Frage stellen und alle oben angeführten
Belege neu interpretieren, vertreten andere, besonders unter den Theologen, die klassische
Meinung der Rechtsgelehrten. Im Folgenden wird zunächst die Auffassung der Gegner,
dann die der Befürworter dargestellt, denn die letzteren kommentieren auch die Neu-
Interpretationen der Gegner. Der Ägypter Muhammad SalÐm al-ÝAwwÁ und der Syrer
Muhammad MunÐr AdlabÐ sind zwei heutige Intellektuelle, die in ihren Werken die
Berechtigung für ein Todesurteil bei Apostasie heftig bestreiten. So werden ihre Ansichten
und Anhaltspunkte im Folgenden als Beispiele der Gegner dargestellt. Danach werden die
Einstellungen von ÝAbdel ÝAÛÐm al-MaÔÝanÐ, einem Professor an der Al-Azhar Universität
in Ägypten, und ÝAbdullah QÁdiry al-Ahdal, einem Professor an der Islamischen
Universität in Medina, dargestellt.

3.1. Gegner der Apostasiestrafe ( am Beispiel von al-ÝAwwÁ und AdlabÐ)8

al-ÝAwwÁ und AdlabÐ gehen zunächst mal wie alle anderen Gegner der Todesstrafe davon
aus, dass aus dem heiligen Text des Koran keine weltliche Strafe für die Apostasie
abzuleiten ist. Beide Autoren führen alle Koranverse an, in denen der Koran bestimmte
Fälle von Glaubensabfall beschreibt, und bestätigen, dass für jene, die ungläubig werden,
nachdem sie gläubig waren, keine Todesstrafe gefordert wird. Vielmehr berufen sie sich
auf den in Sure 3,72 berichteten Fall, dass einige Juden sich als Muslime erklärten und
bald wieder zum Judentum zurückkehrten, und zwar mit dem Ziel, Unruhe unter den
Muslimen zu stiften. Beide Autoren stellen hinsichtlich dieses Sachverhalts zwei Fragen:
(1)Wäre das vom Propheten Muhammad damals vollstreckte Urteil gegen den Murtadd die
Todesstrafe gewesen, hätten die Juden ganz sicher nicht gewagt, auf diese Art und Weise
zu denken und ihr Leben zu riskieren (AdlabÐ, 1993, S. 97). (2)Warum hat der Prophet
diese Gruppe von Juden nicht getötet (al-ÝAwwÁ, 2003, S 70)? Mit Hinweis auf die vielen
koranischen Stellen, die eine Zwangsbekehrung zum Islam deutlich verbieten, und die als
eine ausdrückliche Erklärung der Glaubensfreiheit hervorgehoben werden, stellen sie fest,
dass dieses Prinzip sowohl auf die Gläubigen als auch auf die Ungläubigen verallgemeinert

8
Vor allem wird für al-ÝAwwa sein Buch al-Îaqq fi t-TaÝbÐr (Ausdrucksrecht), und für AdlabÐ sein Buch qatl
ul-Murtadd - al-ÉarÐma allatÐ Îarramaha al-islam (Die Tötung des Apostats – Das Verbrechen, das der
Islam verbietet) zitiert.
17

werden muss. Neben vielen Suren, die Ähnliches ausdrücken, wie z. B. 10,99-100; 11,118;
18,29, unterstreichen sie 2,256, wo es heißt:
"In der Religion gibt es keinen Zwang" (Paret 1989: Sure 2, 256) "ِ‫"ﻻَ ﺇِﻛْﺮﹶﺍﻩﹶ ﻓِﻲ ﺍﻟﺪﱢﻳﻦ‬

AdlabÐ zitiert seinerseits den Satzteil in 2,217 "fayamut wa huwa kÁfir" (als Ungläubige
sterben) und kommentiert, dass Gott die jenseitige Höllenstrafe für den Murtadd an die
Bedingung knüpft, dass dieser bis ans Ende seines Lebens keine Buße tut. Das bedeutet für
ihn, dass der Abtrünnige nach dem koranischen Urteil lebenslang die Chance hat, über
seine Entscheidung nachzudenken und wieder zum Islam zurückzukehren.
Was die prophetischen Überlieferungen, nach denen der Prophet das Todesurteil befohlen
bzw. angewandt habe, betrifft, haben die modernen Intellektuellen gewisse Vorbehalte. Al-
ÝAwwÁ ist der Meinung, dass die Strafe des Murtadd ÝuqÙba taÝzÐriyya (eine eingeschätzte
Strafe) ist. Demzufolge hat für ihn der ËadÐ× von Ibn ÝAbbÁs (s. S. 11) die Bedeutung, dass
derjenige, der seine Religion wechselt, getötet werden kann, nicht muss. al-ÝAwwÁ
unterscheidet noch zwischen al-ridda al-ÊamaÝiyya (der kollektiven Apostasie) und al-
ridda al-fardiyya (der individuellen Apostasie). Die erste Art gilt als eine Kriegserklärung
gegen die Ordnung des Staates und gleicht dem im Westen als Hochverrat bezeichneten
Verbrechen. Al-ridda al-fardiyya ist jeweils nach dem Verhalten der abtrünnigen Person zu
beurteilen: Nur wenn der Murtadd versucht, seine persönlichen Ansichten unter den
Mitgliedern der Gesellschaft durchzusetzen, und dadurch Unruhe und Verwirrungen in der
öffentlichen bzw. staatlichen Ordnung anrichtet, wird er als Kriegsfeind betrachtet, und nur
durch das Staatsgericht kann er dann mit dem Tode bestraft werden. Nach al-ÝAwwÁ kann
man bei der Überlieferung von Ibn MasÝÙd (s. S. 11) von so einem Fall ausgehen, wo der
Prophet voraussetzt, dass der mit dem Tode zu bestrafende Murtadd auch mufÁriq lil-
ÊamÁÝa (gegen den Willen der Gemeinschaft angegangen) ist. al-ÝAwwÁ zitiert an dieser
Stelle den ehemaligen Al-Azhar-Großscheich ŠaltÙt (gest. 1963), der meint, dass
‫ ﻭﺃﻥ ﻇﻮﺍﻫﺮ ﺍﻟﻘﺮﺁﻥ ﺍﻟﻜﺮﱘ ﰲ ﻛﺜﲑ ﻣﻦ ﺍﻵﻳﺎﺕ ﺗﺄﰉ ﺍﻹﻛﺮﺍﻩ‬،‫ ﻭﳏﺎﻭﻟﺔ ﻓﺘﻨﺘﻬﻢ ﻋﻦ ﺩﻳﻨﻬﻢ‬،‫ ﻭﺍﻟﻌﺪﻭﺍﻥ ﻋﻠﻴﻬﻢ‬،‫ ﻭﺇﳕﺎ ﺍﳌﺒﻴﺢ ﻟﻠﺪﻡ ﻫﻮ ﳏﺎﺭﺑﺔ ﺍﳌﺴﻠﻤﲔ‬،‫"ﺍﻟﻜﻔﺮ ﻧﻔﺴﻪ ﻟﻴﺲ ﻣﺒﻴﺤﺎ ﻟﻠﺪﻡ‬
"‫ﻋﻠﻰ ﺍﻟﺪﻳﻦ‬
"nicht der Unglaube selbst das Vollziehen der Todesstrafe (im islamischen Recht) veranlasst, sondern die
Kampfführung oder der Angriff gegen die Muslime sowie der Versuch, diese von ihrer Religion abzubringen.
Denn das Wortlaut vieler Koranverse lehnt jedes Zwingen zur Bekehrung zur Religion (des Islam) ab."
(ŠaltÙt 1991: S. 281)

In diesem Zusammenhang ist es erwähnenswert, dass die Interpretation vieler Gelehrter im


7. und 8. Jh. eine gleiche Auffassung erkennen lässt. Die ÍanafÐten und andere Gelehrte,
die gegen die Tötung der Konvertitin waren, begründeten ihre Ansicht damit, dass die
Frau nicht in der Lage sei, Unruhe in der Gesellschaft zu stiften oder Angriffe gegen die
18

Muslime zu führen.9 Daraus lässt sich schlussfolgern, dass auch diese Gruppe die
Vollstreckung der Todesstrafe nur unter der Bedingung vertritt, dass der Murtadd seine
Ansichten in der muslimischen Gesellschaft durchzusetzen versucht, und dadurch die
Leute gegen die herrschende Staatsmacht aufhetzt. Der Hanafite Ibn al-HumÁm (gest. 861
H.) fasst das im Folgenden zusammen:
"‫[ ﻓﺼﺎﺭﺕ ﺍﳌﺮﺗﺪﺓ ﻛﺎﻷﺻﻠﻴﺔ‬...] ‫ ﻭﻻ ﻳﺘﻮﺟﻪ ﺫﻟﻚ ﻣﻦ ﺍﻟﻨﺴﺎﺀ ﻟﻌﺪﻡ ﺻﻼﺣﻴﺔ ﺍﻟﺒﻨﻴﺔ‬،‫[ ﻭﺇﳕﺎ ﻋﺪﻝ ﻋﻨﻪ ﻟﺸﺮ ﻧﺎﺟﺰ ﻭﻫﻮ ﺍﳊﺮﺍﺏ‬...] ‫"ﻷﻥ ﺍﻷﺻﻞ ﺗﺄﺧﲑ ﺍﻷﺟﺰﻳﺔ ﺇﱃ ﺩﺍﺭ ﺍﻵﺧﺮﺓ‬
"Das Grundprinzip (in der Frage der Bestrafung) ist das Aufschieben der Strafen bis zum Jenseits [...] Darauf
wird hier aber verzichtet, weil eine aufdringende Gefahr besteht, nämlich die Kriegsführung. Diese kommt
von den Frauen - wegen ihrer körperlichen Unfähigkeit - nicht vor. Daraufhin gilt die Konvertitin wie eine
Nicht-Konvertitin" (Ibn al-HumÁm o.J.: Bd. 6, S. 72)

Es zeigt sich hier, dass die Todesstrafe nur dann vollzogen werden musste, wenn der
Übertretende sich kriegerisch gegen die Muslime betätigen wollte. Da die Frau zur Zeit
Ibn al-HumÁms` nicht in der Lage war, dies zu tun, wurde sie grundsätzlich davon
ausgenommen. Bekräftigt wird diese Ansicht auch von einigen ÍadÐ×-Wissenschaftlern,
wie z. B. al-ZaÐlacÐ, der nach dem Zitieren des fraglichen ÍadÐ× von Ibn cAbbÁs betont:
"‫[ ﻭﺍﻟﺬﻱ ﻳﺪﻝ ﻋﻠﻴﻪ ﺃﻥ ﻫﺬﺍ ﺍﳊﺪﻳﺚ ﻳﺮﻭﻳﻪ ﺍﺑﻦ ﻋﺒﺎﺱ ﺭﺿﻲ ﺍﷲ ﻋﻨﻬﻤﺎ ﻭﻣﺬﻫﺒﻪ ﺃﻥ ﺍﳌﺮﺗﺪﺓ ﻻ ﺗﻘﺘﻞ‬...] ‫"ﺍﳌﺮﺍﺩ ﺑﺎﳊﺪﻳﺚ ﺍﶈﺎﺭﺏ ﻟﻨﺎ‬
"Mit dem ÍadÐ× ist der gegen uns Kriegsführende gemeint [...] Dies ist damit zu beweisen, dass der ÍadÐ× von
Ibn cAbbÁs überliefert ist, der meint, dass die Frau nicht getötet werden darf." (al-ZailaÝÐ o.J.: Bd. 3, S. 285)

Al-ÝAwwÁ erwähnt noch, dass diese Überlieferung ein aÎÁd-ÍadÐ×10 ist, nach dem die
Strafen nach Meinung vieler Gelehrter nicht festgelegt werden sollen. Auch AdlabÐ
unterstreicht diese Einstufung der Überlieferung und meint dazu, dass der absolute Befehl
im ÍadÐ×, den Murtadd zu töten, durch andere Überlieferungen eingeschränkt werden
muss, nach denen der Prophet und seine Gefährten Apostaten nicht nur wegen der Ridda
getötet haben, sondern weil der Apostat Kriegsfeind wurde. AdlabÐ beruft sich auf den
ÍadÐ×-Wissenschaftler Ibn ÍaÊar, der in seinem Werk fatÎ al-bÁrÐ erwähnt, dass nach Ibn
c
AbbÁs zwei Arten von Überlieferungen berichtet wurden, nämlich muÔlaqah
(Überlieferungen mit absoluten Urteilen) und muqaiyadah (Überlieferungen mit bedingten
Urteilen). Ibn ÍaÊar ist der Meinung, dass die muÔlaqah durch die muqaiyadah verstanden
werden müssen. Als Beispiel für frühere Gelehrte, die der gleichen Auffassung waren,
führt AdlabÐ die Meinung von Ibn al-HumÁm in seinem Werk fatÎ al-qadÐr an, wonach der
Murtadd nach dem Bericht von Ibn cAbbÁs getötet werden muss, weil er kÁfirun Îarbiyy
(ein Kriegsfeind) ist. Zusätzlich zitiert AdlabÐ noch arabische Lexikographen wie Ibn
ManÛÙr und Az-Zubaidiy, die für das im ÍadÐ× benutzte Verb qatala andere Bedeutungen

9
Zu dieser Gruppe gehören z. B. cAli ibn abi ÕÁleb (gest. 40 H./661), ibn cAbbÁs (gest. 68 H./687), al-
Íassan al-BaÒÒrÐ (110 H./728), SufÐÁn al-ÕawrÐy (gest. 161 H./778), abu ÍanÐfa (150 H./767), cA×ÁÞ (114
H./732) und ibn cikrimah (144 H./761): (s. cImÁra, 1998: S. 126)
10
Ein aÎÁd-ÍadÐ× ist jener Bericht, dessen Überlieferungskette in den ersten Generationen aus jeweils nur
einem oder wenigen Berichterstattern besteht (Mansour 2003: S. 51).
19

anführen als "töten", nämlich "verfluchen" und "als Feinde behandeln". Als Beispiel aus
dem Koran werden die Suren 63,4 und 80,17 angeführt, in denen das Verb etwas Anderes
bedeutet als "das Töten". Aus der Tradition erwähnt AdlabÐ, wie ÝUmar einmal den
Gefährten wortwörtlich befohlen habe, denjenigen, der dem ersten Kalifen AbÙ Bakr nicht
huldige, zu töten. ÝUmar meinte aber, dass sie ihre Beziehung zu ihm abbrechen sollten. In
diesem Sinne haben auch alle Gefährten den Befehl ÝUmars` verstanden; keiner von ihnen
hat versucht, den betroffenen Mann zu töten.
AdlabÐ zählt darüber hinaus einige Berichte über den Propheten Muhammad auf, nach
denen dieser den Murtadd nicht getötet hat. Besonders kommentiert er den von Éabir ibn
ÝAbdellÁh überlieferten Bericht (s. S. 12), nach dem ein Beduine sein Treuebekenntnis
gebrochen haben soll. AdlabÐ betont, dass dieser Beduine nicht gewagt hätte, seine
Rückkehr zu erklären, falls der Tod damals als Strafe des Murtadd gegolten hätte. Auch
der Prophet, wie aus dem Inhalt des Berichts zu verstehen, hat ihn gehen lassen, ohne ihn
bestrafen zu lassen.
Dass es unter allen Gelehrten iÊmaÝ (einen Konsens) über die Vollstreckung der
Todesstrafe gegen den Murtadd gibt, verneinen die Gegner dieser Strafe. Al-ÝAwwÁ und
AdlabÐ betonen, dass der Kalif ÝUmar Ibn al-ËaÔÔÁb (gest. 23 H./644), IbrahÐm al-NaÌcÐy
(gest. 96 H./715) und SufÐÁn al-ÕawrÐy (gest. 161 H./778) gegen die Todesstrafe waren.
Wie kann dann ein Konsens feststehen? AdlabÐ erwähnt seinerseits die Überlieferung, die
al-Baihaqiy in seinem Werk Sunan nach Anas Ibn MÁlik berichtet. Dieser soll erzählt
haben, der Kalif ÝUmar habe ihn nach 6 Männern aus dem Stamm Bakr Ibn WÁÞi gefragt,
die vom Islam abgefallen seien und sich den Ungläubigen angeschlossen hätten. Anas
antwortete, dass sie im Krieg getötet worden seien. Da gab der Kalif Zeichen der
Unzufriedenheit von sich. Anas fragte erstaunt, ob sie bei ihm anders bestraft worden
wären. Der Kalif ÝUmar erwiderte:
"‫"ﻧﻌﻢ ﻛﻨﺖ ﺃﹶﻋﺮﺽ ﻋﻠﻴﻬﻢ ﺃﹶﻥ ﻳﺪﺧﻠﻮﺍ ﺍﻹِﺳﻼﻡ ﻓﹶﺈﻥ ﺃﹶﺑﻮُﺍ ﺍﺳﺘﻮﺩﻋﺘﻬﻢ ﺍﻟﺴﺠﻦ‬
"Ja, ich hätte ihnen den Islam angeboten. Hätten sie ihn abgelehnt, hätte ich sie ins Gefängnis gebracht" (al-
Baihaqiy 1994: Bd. 8, S. 207, ÍadÐ× Nr. 16665)

Was die al-Ridda-Kriege anbelangt, so meint AdlabÐ, dass der Kalif AbÙ Bakr den Krieg
gegen die Apostaten nicht nur führte, weil die Stämme vom Islam abfielen, sondern auch,
weil sie sich gegen ihn auflehnten, indem sie ihm die Zahlung von Zakat verweigerten,
sich miteinander verbündeten und eine Armee zum Zweck der Kriegsführung gegen die
Muslime aufstellten. Die nach AbÙ Huraira berichtete Überlieferung (s. S. 6) ist ein klarer
Beweis dafür, dass diejenigen, mit denen AbÙ Bakr kriegerisch zu tun hatte, ihrerseits
keinen ausdrücklichen Abfall erklärten, sondern das Entrichten der Zakat ablehnten. Sie
20

schlossen sich dann zu einem militärischen Bündnis mit anderen Stämmen zusammen, die
im Grunde nicht Muslime waren. Die Geschichtswerke erzählen auch, dass die Rebellen
mit dem Angriff gegen die Muslime anfingen:
"‫ ﻋﺎﺟﻠﻮﻩ ﻓﻘﺎﺗﻠﻬﻢ ﻗﺒﻞ ﺭﺟﻮﻉ ﺃﺳﺎﻣﺔ‬،‫"ﻭﻛﺎﻥ ﺃﻭﻝ ﻣﻦ ﺻﺎﺩﻡ ﻋﺒﺲ ﻭﺫﺑﻴﺎﻥ‬
"ÝAbs und ÅubiÁn waren die ersten Stämme, denen er im Krieg begegnete, denn sie fingen (mit dem
Angreifen) an. Da bekämpfte er sie, bevor UsÁma zurückkehrte" (aÔ-ÓabarÐ 1407 H.: Bd. 2, S. 254)

Dem Zitat entnimmt AdlabÐ, dass AbÙ Bakr den Krieg gegen diejenigen erklärte, die in
einem Aufstand die Muslime angriffen, und nicht nur aus dem Grunde, weil sie vom
Glauben abtrünnig wurden.
al-ÝAwwa und AdlabÐ kommen am Ende zur Schlussfolgerung, dass die Todesstrafe des
Murtadd durch keinen einzigen Vers im Koran festgelegt ist. Auch in der islamischen
Tradition wurden nur diejenigen getötet, die als muÎÁribÙn (Kriegsfeinde) galten. Da auch
noch Gelehrte, die zu ihrer Zeit als religiöse Autoritäten angesehen wurden, gegen diese
Strafe waren, kann man nicht behaupten, dass es einen absoluten Konsensus unter allen
islamischen Rechtsgelehrten über die Todesstrafe gibt.
Beide Autoren sind schließlich der Auffassung, dass nur die zuständigen islamischen
Rechtsgelehrten über die Abtrünnigkeit einer Person entscheiden können. Es gibt in der
prophetischen Tradition zahlreiche Warnungen davor, dass ein Muslim einen anderen des
Unglaubens beschuldigt. Nur die Gelehrten haben die Aufgabe, mit den Abtrünnigen über
seine Zweifel bzw. seine Entscheidung zu diskutieren und ihn am Ende zur Umkehr zu
treiben. Auch wenn ein Apostasiefall festgestellt und das Todesurteil gefällt ist, darf
niemand außer den staatlich berechtigten Behörden die Strafe vollziehen.
21

3.2. Befürworter der klassischen Auffassung (am Beispiel von al-MaÔÝanÐ und al-Ahdal)11

al-MaÔÝanÐ und al-Ahdal bestätigen das Todesurteil für den Murtadd als die anerkannte
Strafe im islamischen Recht. Am Anfang streiten sie zwar die Tatsache nicht ab, dass diese
Strafe im koranischen Text nicht belegt ist. Doch betonen sie eine der wichtigen Regeln
des Islam, dass der Koran nicht die einzige Quelle des islamischen Rechts, sondern seine
erste ist. Neben ihm steht die Sunna des Propheten Muhammad; beide gelten zusammen als
die primären Quellen, aus denen die rechtlichen Urteile abgeleitet werden. Wenn der
Koran für den Murtadd keine zeitliche Strafe nennt, heißt das nicht, dass es überhaupt
keine Strafe geben soll. Nach al-Ahdal ist al-Ridda jedenfalls ein Verbrechen, für das der
Koran das Höllenfeuer als eine jenseitige Strafe bestimmt, und die Sunna den Tod als eine
weltliche Strafe festsetzt. al-MaÔÝanÐ meint, dass das Todesurteil dem koranischen Text
jedenfalls nicht widerspricht. Es gibt nämlich keinen Vers im Koran, der gegen die
Todesstrafe des Murtadd ist. Was die Sure 3,72 betrifft, so handelt es sich hier nicht um
einen richtigen Apostasiefall. Denn die Juden nahmen in der Tat den Islam nicht an; mit
anderen Worten, sie traten nicht zum Islam über, sondern täuschten das nur vor. Auch
wenn die Korankommentare bezugnehmend auf Sure 3,86-89 erläutern, dass al-ÍÁri× ibn
Suwaid al-AnÒÁrÐ vom Islam abgefallen sei, bildet dies keinen Beweis dafür, dass zur Zeit
des Propheten keine Strafe gegen die Apostaten vollzogen wurde. Der Prophet konnte in
der Tat den Mann nicht bestrafen, weil dieser gemäß den Kommentaren aus Medina floh,
bevor er wieder zum Islam zurückgekehrte. Was den in der Sure 2,256 ausdrücklich
verbotenen Zwang zum Glauben betrifft, bildet das für die Befürworter des Todesurteils
kein Paradox zu einer Bestrafung des Murtadd. al-MaÔÝanÐ betont, dass der Vers ein
allgemeines Urteil fällt, das durch die Sunna eingeschränkt werden kann. Es gehört zu den
Hauptaufgaben der Sunna, dass sie die allgemeinen und verabsolutierten Urteile im Koran
erklärt, präzisiert und einschränkt. al-Ahdal erläutert das genauer: Von der in Sure 2,256
erklärten absoluten Freiheit zum Glauben wird gemäß der prophetischen Tradition die
Freiheit zum Unglauben ausgenommen. Das bedeutet, dass der Ungläubige frei ist
bezüglich der Bekehrung zum Islam; hingegen ist der Muslim in Bezug auf eine Abkehr
vom Islam nicht frei. Meiner Meinung nach ist diese Argumentation deswegen schwach,
weil beide Autoren von einer Tatsache ausgehen, die die Gegner der Todesstrafe völlig

11
Für al-MatÝanÐ wird sein Buch ÝuqÙbat al-IrtidÁd Ýan erl-DÐn bayna al-Adillah aš-ŠarÝiyya wa ŠubuhÁt al-
MunkirÐn (Die Strafe für Apostasie zwischen den rechtlichen Beweisen und den falschen Behauptungen der
Gegner) behandelt, Für al-Ahdal seine Forschung qatlu l-Murtaddi iÆÁ lam yatub (die Tötung des Murtadd,
wenn er keine Buße tut), in: al-ŠaÎÙd, ÝAli Ibn Nayef: al-MufaÒÒal fÐ ŠarÎ ÞÀyat la ikrÁha fi d-DÐn
(Ausgeführte Erläuterung für den Vers "Kein Zwang im Glauben"), im Internet veröffentlicher Beitrag,
unter: http://saaid.net/book/open.php?cat=84&book=3835 . Zugang am: 02.12.2007
22

abstreiten, nämlich von der, dass das Todesurteil des Murtadd durch die Sunna ohnehin
festgelegt sei.
al-MaÔÝanÐ und al-Ahdal weisen dann alle Auffassungen der Gegner hinsichtlich der
prophetischen Überlieferungen über die Todesstrafe des Murtadd zurück. al-MaÔÝanÐ
diskutiert die Behauptung bezüglich des Berichts von Ibn ÝAbbÁs, dass mit einem aÎÁd-
ÍadÐ× im islamischen Strafrecht nicht argumentiert wird. Er betont, dass diese Regel nur für
die Fragen des Dogmas und nicht für die Strafen gilt. Darüber hinaus wurden die
Bedingungen, die die Gelehrten für das Akzeptieren des aÎÁd-ÍadÐ× stellten, im betroffenen
Bericht erfüllt. Zum Beispiel schreibt der Imam AbÙ ËanÐfa vor, dass die Handlungen der
Überlieferer selbst dem von ihnen überlieferten Bericht nicht zuwiderlaufen dürfen. Der
Imam MÁlik nahm den aÎÁd-ÍadÐ× unter der Voraussetzung an, dass er mit Ýamal ahl al-
medÐna (den Bräuchen der Einwohner Medinas)12 übereinstimmt. al-Ahdal ist der
Meinung, dass man mit dem aÎÁd-ÍadÐ× nicht argumentieren kann, falls dieser mit einem
stärkeren Bericht oder mit einem Koranvers in Widerspruch steht, was mit der betroffenen
Überlieferung von Ibn ÝAbbÁs nicht der Fall ist. Hätte der Prophet noch gemeint, dass der
Murtadd nur im Falle der Kriegsführung gegen die Muslime getötet wird, hätte er das
genau ausgedrückt, besonders weil es um das Lebensende einer Person geht. In Bezug auf
den Bericht von Ibn MasÝÙd (s. S. 11) meint al-Ahdal, dass der Satzteil mufÁriq lil-ÊamÁÝa
(der gegen den Willen der Gemeinschaft angeht) eine Erklärung der vorhergehenden
Beschreibung ist, nämlich at-tÁriku li-dÐnih (der von seinem Glauben abfällt). Der Prophet
soll nach al-Ahdal gemeint haben: Tötet denjenigen, der von seinem Glauben abfällt und
somit gegen den Willen der Gemeinschaft angeht! Das heißt, der Murtadd muss nicht
gegen die muslimische Gesellschaft rebellieren, damit er mit dem Tode bestraft wird.
al-MaÔÝanÐ erwähnt zwar, dass der bekannte hanbalitische Gelehrte Ibn Taymiya (gest. 782
H./1328) auch der Auffassung war, dass mit dem Bericht von Ibn MasÝÙd der sich
gegnerisch verhaltende Murtadd gemeint sei, doch versichert er, dass
"‫"ﻫﺬﺍ ﺭﺃﻱ ﺍنﻔﺮﺩ ﺑﻪ ﺍﺑﻦ ﺗﻴﻤﻴﺔ ﻭﱂ ﻳﻘﻞ ﺑﻪ ﺃﺣﺪ ﻣﻦ ﻗﺒﻠﻪ ﻭﻻ ﻣﻦ ﺑﻌﺪﻩ ﻓﻴﻤﺎ نﻌﻠﻢ‬
"diese Meinung nur von Ibn Taymiya vertreten wurde. Kein anderer vor ihm oder nach ihm, soweit ich weiß,
ist derselben Meinung" (al-MaÔÝanÐ 1993: S. 40)

Diese Annahme trifft jedoch nicht zu, weil es viele Gelehrte derselben Meinung wie Ibn
c
Taymiya gab, wie z. B. ja Ibn al-HumÁm und al-ZaÐla Ð (s. S. 18). Erwähnenswert ist noch,
dass die heutigen Befürworter des Todesurteils die Einstellung der Hanafiten nicht
vertreten, dass die Murtadda nicht getötet werden soll. Da einige hanafitische Gelehrte

12
Ýamal ahl al-medÐna zählt bei Imam MÁlik, Gründer der malikÐtischen Rechtsschule, nach dem Koran und
der Sunna zu den Rechtsquellen, aus denen Rechtsurteile abgleitet werden können.
23

diese Auffassung damit begründeten, dass die Frau nicht in der Lage sei, Waffen zu tragen,
schließen sich diejenigen heutigen Theologen, die ihrer Auffassung Ausdruck geben
wollen, dass es beim Töten eines Murtadd nicht um die Frage einer eventuellen
Bekriegung geht, den anderen drei Rechtsschulen an, die keinen Unterschied zwischen
dem Murtadd und der Murtadda machen.
Die Überlieferung von Éabir ibn ÝAbdellÁh (s. S. 12), auf die sich die Gegner des
Todesurteils stützen, verstehen al-MaÔÝanÐ und al-Ahdal nicht als einen Ridda-Fall. Sie
meinen, der Beduine wollte nicht vom Islam abfallen, sondern nur Medina verlassen. Denn
baiÝah (Huldigung/Treuebekenntnis), die in jener Zeit von den Muslimen erklärt wurde,
hatte die Bedingung, dass Medina nicht verlassen werden durfte. Als Beweis dafür erwähnt
der Bericht, dass der Beduine in Medina - anscheinend wegen des Wetters - krank wurde.
Deshalb wollte er die Erlaubnis haben zurückzukehren. al-MaÔÝanÐ führt seinerseits noch
zwei Argumente dafür an, dass der Mann nicht vom Glauben abfiel: Erstens rief der
Beduine laut dem Bericht den Propheten Muhammad mit ya rasÙl allah (O, Gesandter
Gottes!), was man von einem Abtrünniger überhaupt nicht erwartet. Zweitens ist es nicht
logisch, dass jemand um eine Erlaubnis zum Abfall von der Religion bittet. al-Ahdal findet
die Überlieferung deswegen problematisch, weil eine große Anzahl der Prophetengefährten
damals Medina verließ und sich in anderen Städten aufhielt; doch kam er zum Schluss,
dass die Auswanderung der Gefährten aus Medina guten religiösen Zwecken diente, wie
dem Aufruf zum Islam, der Verbreitung des religiösen Wissens oder der Teilnahme an den
Eroberungen usw.… Der Mann in diesem Bericht hatte hingegen nur eine Abneigung
gegen das Leben in Medina. Mit seiner Schlussfolgerung macht al-Ahdal meiner Meinung
nach das Problem noch größer. Denn der Prophet hätte - im Falle, dass es sich wirklich nur
um das Verlassen von Medina handelte - die Bitte eines Mannes abgelehnt, der eigentlich
nur einen guten Gesundheitszustand zu erreichen suchte. Deswegen sind die ÍadÐ×-
Wissenschaftler auch uneins darüber, ob es bei der Frage des Mannes um das Verlassen
des Islam oder um das Verlassen der Stadt ging. Ibn ÍaÊar betont das bei der Erläuterung
der Überlieferung:
"‫ ﻭﺇﻻ ﻟﻜﺎﻥ ﻗﺘﻠﻪ ﻋﻠﻰ ﺍﻟﺮﺩﺓ‬،‫ ﺇﳕﺎ ﺍﺳﺘﻘﺎﻟﻪ ﻣﻦ ﺍﳍﺠﺮﺓ‬:‫ ﻭﻗﺎﻝ ﻏﲑﻩ‬،‫ ﻭﺑﻪ ﺟﺰﻡ ﻋﻴﺎﺽ‬،‫"ﻇﺎﻫﺮﻩ ﺃنﻪ ﺳﺄﻝ ﺍﻹﻗﺎﻟﺔ ﻣﻦ ﺍﻹﺳﻼﻡ‬
"dem äußeren Sinn nach bat der Mann um Erlaubnis zum Verlassen des Islam. (Der Gelehrte) ÝAyyÁÃ war
sich dieser Sinndeutung voll sicher. Andere meinen hingegen, dass der Mann um die Auswanderung bat,
sonst hätte ihn der Prophet wegen des Abfalls vom Glauben getötet." (Ibn ÍaÊar 1379 H.: Bd. 4 S. 97)

In Bezug auf die Ridda-Kriege verdeutlicht al-MaÔÝanÐ wiederum, dass die von AbÙ Bakr

bekämpften Leute aus zwei Gruppen bestanden, nämlich diejenigen, die das Entrichten der
Zakat ablehnten, und diejenigen, die vom Islam abfielen. Beide Gruppen hielt der Kalif,
24

und mit ihm die anderen Gefährten, für Murtadd. Dass die Apostaten um Medina herum
sich als erste verbündeten und den Krieg erklärten, hält al-MaÔÝanÐ für zutreffend, meint
jedoch, dass der Krieg nur wegen der Ridda gegen die Abtrünnigen geführt wurde und
nicht hauptsächlich aus dem Grunde, dass diese gegen den Kalifen rebellierten. Denn die
Abtrünnigen vereinigten sich und griffen einige muslimische Stämme an, nachdem AbÙ
Bakr den Krieg gegen sie erklärt hatte. Er argumentiert damit, dass der Prophet sich vor
seinem Tode entschloss, Musailama, den Herrn der BanÙ ÍanÐfa, wegen seines Abfalls
vom Islam zu töten. Wie im ersten Teil der Arbeit erläutert wurde, hat eine große Zahl der
Historiker Zweifel daran, ob Musailama und andere überhaupt den Islam annahmen und
demzufolge als Murtadd angesehen werden können.
Zur Frage des IÊmÁÝ unterstreichen al-MaÔÝanÐ und Al-Ahdal, dass es schon eine
Übereinstimmung unter den Gelehrten über das Todesurteil gegen den Murtadd gegeben
habe. Nur eine einzige Überlieferung berichte, dass Imam IbrahÐm al-NaÌcÐy der Meinung
gewesen sei, dass der Murtadd für immer und nicht nur für drei Tage die Chance haben
solle, reumütig umzukehren. Al-Ahdal zitiert Ibn ÍaÊar, nach dem zwei gegensätzliche
Überlieferungen von IbrahÐm al-NaÌcÐy berichtet wurden; die eine bestätigt die
Vollstreckung der Todesstrafe nach einer dreitägigen Aufforderung zur Umkehr und die
andere betont, dass der Murtadd yuatatÁbu abadan (für immer zur Umkehr aufgefordert
werden muss). Ibn ÍaÊar erwähnt, dass die zweite Überlieferung deswegen schwach ist,
weil sie von ÝUbaida berichtet wurde, der nach manchen Gelehrten unzuverlässig ist. Al-
Ahdal ist noch der Meinung, dass al-NaÌcÐy mit dem Wort abadan (für immer/ewig) in der
zweiten Überlieferung - vorausgesetzt diese ist überhaupt richtig - die zeitlich unbegrenzte
Aufforderung zur Umkehr nicht meint, sondern vielmehr, dass der Murtadd jedes Mal,
wenn er in seinem Leben vom Glauben abfällt, zur Reue aufgefordert werden soll, und
nicht nur beim ersten Male.
25

4. Schlusswort

Der Islam ist, wie alle andere Religionen, im Grunde dagegen, dass ein seiner
Anhänger zum anderen Glauben übertritt. Das kann man von den Koranversen verstehen,
die den Abtrünniger mit Höllenfeuer bedrohen. Über eine weltliche Strafe gegen den
Murtadd gehen die Geister auseinander. Während die Befürworter der Todesstrafe sich
meistens auf den äußeren Sinn der Überlieferungen stützen, gehen die Gegner damit zum
großen Ausmaß rational um. Die heutige Diskussion über das Ridda-Urteil berücksichtigt
aber die Tatsachen relativ nicht, dass die islamische Theorie auf jeden Fall von der
islamische Geschichte nicht isoliert behandelt werden kann. Alle Berichte, die vom
Propheten, seinen Kalifen und den Gelehrten der ersten islamischen Jahrhunderte
überliefert wurden, waren natürlich durch die umgebenden Lebensverhältnisse beeinflusst.
Die Tatsache, dass die Muslimen von den ersten Jahren des Islam bis Ende des islamischen
Kalifates um 1924 in kriegerischer Auseinandersetzung mit anderer Kulturen bzw.
Andersgläubigen gelebt haben, ließ meiner Meinung nach die Muslimen die Apostaten
kaum tolerieren. Das begreift man klar von der Diskussion der Hanafiten, der älteste
Rechtsschule in der islamischen Geschichte, über die Ridda einer Frau. Die Diskussion
ging von der Bereitschaft zur Kriegsführung aus, deren die Frau damals nicht gewachsen
war. Das haben die anderen späteren Rechtsschulen völlig abgelehnt, die sich ihrerseits –
im Gegensatz zu den Hanafiten, die als ahl al-raÞÐ (Leute des rationalen Denkens) bekannt
waren – zum großen Teil auf die äußeren Bedeutung des überlieferten Texts orientierten.
Die einzige prophetische Überlieferung, die ausdrücklich die Todesstrafe befiehlt, hörte
allein Ibn ÝAbbas, der auch gegen die Tötung der Frau war. Nur ÝIkrima hörte von Ibn
ÝAbbas die Überlieferung. Erwähnenswert gehörte ÝIkrima zu den al-ËawÁriÊ, eine
politische Gruppierung, die die Anhänger des vierten Kalifen ÝAlÐ Ibn AbÐ ÓÁlib für
Apostaten hielten, und gegen viele von ihnen die Todesstrafe vollzogen. Das muss man
auch bei der Diskussion über das Ridda-Urteil nicht außer Acht lassen. All dies lässt
Zweifel daran bestehen, ob der Prophet bei seinem Urteil über den Murtadd keine anderen
Ursachen berücksichtigte als die bloße Apostasie.
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5. Literaturverzeichnis
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