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Rafik Schami (* 23. Juni 1946 in Damaskus; arabisch رفيق شامي, DMG Rafīq Šāmī)
ist ein syrisch-deutscher Schriftsteller und promovierter Chemiker. Das Pseudonym
„Rafik Schami“ bedeutet Damaszener Freund, der bürgerliche Name des Autors ist
Suheil Fadél (سهيل فاضل, DMG Suheil Fāḍel).
Inhaltsverzeichnis
1 Leben
2 Literarische Bedeutung
3 Auszeichnungen
4 Werke
5 Literatur
6 Weblinks
7 Einzelnachweise
Leben
Rafik Schami stammt aus einer christlich-aramäischen Minderheit in Damaskus,
besuchte ein jesuitisches Kloster-Internat im Norden Libanons und studierte in
Damaskus Chemie, Mathematik und Physik. Schon mit 19 Jahren hatte er sich der
Literatur verschrieben und gründete und leitete 1966 in der Altstadt von Damaskus
die Wandzeitung Al-Muntalak (dt. ‚Ausgangspunkt‘), die 1969 verboten wurde.
1970 floh Rafik Schami aus seinem Heimatland Syrien zunächst in den Libanon, zum
einen, um dem Militärdienst zu entgehen, zum anderen, weil er wegen der Zensur
nach eigenen Angaben „zu ersticken“ drohte. 1971 wanderte er in die Bundesrepublik
Deutschland aus. Er setzte sein Chemiestudium in Heidelberg fort und schloss es
1979 mit der Promotion ab. Neben seinem Studium nahm er verschiedene
Aushilfsjobs in Fabriken in Kaufhäusern, Restaurants und auf Baustellen an. Er
veröffentlichte zahlreiche Texte in Zeitschriften und Anthologien, zunächst in
arabischer, seit 1977 auch in deutscher Sprache. 1978 erschien mit Andere Märchen
sein erstes Buch in deutscher Sprache. 1980 war er Mitbegründer der Literaturgruppe
„Südwind“ und des PoLiKunst-Vereins (= Polynationaler Literatur- und Kunstverein).
Seit 1982 lebt er als freier Schriftsteller in der Pfalz. Von 1980 bis 1985 war Rafik
Schami Mitherausgeber und Autor der Reihe „Südwind-Gastarbeiterdeutsch“ und der
Reihe „Südwind-Literatur“ (insgesamt 13 Bände).
Rafik Schami engagiert sich seit vielen Jahren für die Aussöhnung zwischen
Palästinensern und Israelis und versucht bei vielen Gelegenheiten, für diese Aufgabe
zu werben, so z. B. auf Kongressen, in seinem umfangreichen essayistischen Werk
und nicht zuletzt als Herausgeber der Aufsatzsammlung Angst im eigenen Land
(2001), in der Araber wie Israelis zu Wort kommen und zum Israel-Palästina-Konflikt
Stellung nehmen. Schami wurde während der Frankfurter Buchmesse 2004 von
staatlich loyalen Autoren aus der arabischen Welt scharf kritisiert. Anlass dazu waren
Schamis Aussagen über die Situation von Autoren in den arabischen Ländern in
einem stern-Interview.[1]
Schami hat die Staatsbürgerschaften von Syrien und Deutschland. 1990 lernte er die
Zeichnerin und Autorin Root Leeb kennen, mit der er seit 1991 verheiratet ist und
einen Sohn hat. Root Leeb illustrierte eine große Anzahl seiner Bücher, gestaltete die
Titelbilder aller bei dtv erschienenen Bücher Schamis und gab ihnen so ein
unverwechselbares Gesicht. Der Sohn, Emil Fadel (* 1992), wurde mit dem Gewinn
des Martha-Saalfeld-Förderpreises 2014 erstmals als Schriftsteller einer größeren
Öffentlichkeit bekannt.[2]
Literarische Bedeutung
In der ersten Phase seines deutschsprachigen Schreibens widmete sich Schami sowohl
der Märchenwelt Arabiens als auch dem Leben Fremder in Deutschland. Seine
Bücher bieten damit einerseits einen faszinierenden Einblick in die manchmal sehr
fremd wirkenden orientalischen Lebens- und Gedankenwelten und zeigen andererseits
den aufmerksamen Blick des Fremden auf die Eigenheiten Deutschlands, das ihm zur
zweiten Heimat wurde. Dabei ist es Schamis Ziel, den deutschen Lesern die Vielfalt
der arabischen Welt nahezubringen und so zur Vermittlung zwischen Orient und
Okzident beizutragen. Zudem wird er zu einem Initiator der sogenannten
Gastarbeiterliteratur. Allerdings ist es ihm relativ schnell gelungen, sich aus den
Gattungsgrenzen der ‚Gastarbeiterliteratur’ zu lösen und seinen eigenen Stil zu
finden. Dabei ist zu beobachten, dass am Anfang seines literarischen Schaffens in der
Wahl der Handlungsorte eine strenge Trennung zwischen Orient, der Verarbeitung
von Kindheits- und Jugenderfahrungen, und Okzident, der Darstellung des Lebens
eines Fremden im anderen Land, gezogen wird. Erst mit dem Roman Reise zwischen
Nacht und Morgen (1995) wird diese Trennung aufgegeben, und Schami beginnt, das
‚Hin und Her’ zwischen den Welten zu thematisieren (Die Sehnsucht der Schwalbe,
2000). In zahlreichen Essays und literarischen Texten begibt er sich in die Rolle eines
Vermittlers zwischen Orient und Okzident. Höhepunkt dieser Vermittlerrolle ist die
poetische Auseinandersetzung mit Goethe in Der geheime Bericht über den Dichter
Goethe, der eine Prüfung auf einer arabischen Insel bestand (1999)[3], der erste ins
Arabische übersetzte Text Schamis. Schamis Literatur spiegelt so den Prozess eines
allmählichen Heimischwerdens im neuen Land.
Rafik Schami spricht mit seiner Literatur Leser jeglichen Alters an. Seine
Veröffentlichungen verwenden dabei viele verschiedene Genres, sie erstrecken sich
vom Bilderbuch etwa mit Wie ich Papa die Angst vor Fremden nahm (2003) über das
Kinderbuch, zum Beispiel Luki. Die Abenteuer eines kleinen Vogels (1993), den
gesellschaftskritischen Roman für jugendliche und erwachsene Leser, z. B. Der
ehrliche Lügner (1992) oder Milad (1997), bis zum politischen Essay und der
politischen Buchveröffentlichung wie Mit fremden Augen (2002), vom Märchen, vgl.
z. B. die Sammlung Malula. Märchen und Märchenhaftes aus meinem Dorf (1987),
bis zur Satire, so z. B. die Sammlung Der Fliegenmelker (1985), vom
autobiographischen Jugendroman Eine Hand voller Sterne (1987) bis zum
autobiographisch geprägten satirischen Roman für Erwachsene, Sieben Doppelgänger
(1999). Rafik Schami hat eine für die deutsche Literaturlandschaft neue Form des
orientalisch-okzidentalen Schreibens entwickelt – der bisherige Höhepunkt seines
literarischen Schaffens ist der umfangreiche Roman Die dunkle Seite der Liebe
(2004), der auch von der Literaturkritik beachtet und hochgelobt wurde. Dieser
Roman ist vor allem eine autobiographisch gefärbte Auseinandersetzung mit der
Geschichte Syriens von 1870 bis zum Jahr 1970, der Ausreise des Autors aus
Damaskus.
Im 2008 erschienenen Buch Das Geheimnis des Kalligraphen erzählt Rafik Schami
ornamental von Kunst und Eheleben in Damaskus: Die Geschichte spielt im
Damaskus der 1950er-Jahre und besteht aus zwei großen Erzählungen: eine
verborgene, geheime Liebesgeschichte und die Geschichte des Kalligraphen, die
zugleich eine Geschichte der Reformierung der arabischen Schrift und zum
Mittelpunkt einer politischen Verschwörung wird.