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Mandelbrot verbrachte die meiste Zeit seiner Karriere an IBMs Thomas J. Watson
Research Center, wo er die Position eines IBM Fellows innehatte. Später wurde er
Sterling Professor für Mathematik (Mathematical Sciences) an der Yale University. Er
war ferner wissenschaftlicher Mitarbeiter am Pacific Northwest National Laboratory, der
Universität Lille I, dem Institute for Advanced Study und dem Centre national de la
recherche scientifique. Mandelbrot lebte bis zu seinem Tode in den Vereinigten Staaten.
Inhaltsverzeichnis
1 Frühes Leben
2 Wissenschaftliche Karriere
3 Fraktale und Rauheit in der Natur
4 Tod
5 Auswahl der Ehrungen
6 Literatur
7 Schriften
8 Weblinks
9 Einzelnachweise
Frühes Leben
Mandelbrot wurde in Polen in einer
litauisch-jüdischen Familie[3] mit akademischer
Tradition geboren. Seine Mutter war Ärztin, sein
Vater Kleiderhändler.[4] Als Junge wurde
Mandelbrot von zwei Onkeln in die Mathematik
eingeführt, von denen einer, Szolem Mandelbrojt,
am Collège de France Mathematik lehrte. Im Jahr
1936 übersiedelte die Familie nach Paris, um der
sich ankündigenden Bedrohung durch die
Nationalsozialisten zu entgehen.[5] Die nach Mandelbrot benannte Menge
mit eingefärbter Umgebung
Mandelbrot besuchte bis zum Ausbruch des
Zweiten Weltkriegs das Lycée Rolin in Paris. Er
erwarb den Ruf einer mathematischen Hochbegabung durch seine Fähigkeit Aufgaben
als geometrische Probleme zu visualisieren. Bei einem nationalen Test löste er als
einziger Schüler in Frankreich eine Rechenaufgabe. Nach eigener Angabe versuchte er
dazu gar nicht erst, das komplizierte Integral zu berechnen, sondern erkannte, dass der
Aufgabe eine Kreisformel zugrunde lag und transformierte die Koordinaten, um den
Kreis in der Lösung einzusetzen.[6] Seine Familie flüchtete vor der deutschen Besatzung
ins Vichy-Frankreich, nach Tulle, wo ihn der Rabbiner von Brive-la-Gaillarde bei seiner
Schulausbildung unterstützte. Von 1945 bis 1947 studierte er Ingenieurwissenschaften
an der École Polytechnique bei Gaston Julia und Paul Lévy.[7] Anschließend absolvierte
er ein Studium der Aeronautik am California Institute of Technology, das er 1949 mit
einem Master abschloss.[8]
Nach seinem Studium kehrte Mandelbrot nach Frankreich zurück und promovierte 1952
an der Universität von Paris im Fach Mathematik.[4] Von 1949 bis 1957 war er
wissenschaftlicher Mitarbeiter am Centre national de la recherche scientifique. Während
dieser Zeit verbrachte Mandelbrot ein Jahr am Institute for Advanced Study in Princeton
(New Jersey), wo er von John von Neumann unterstützt wurde. 1955 heiratete
Mandelbrot Aliette Kagan, zog mit ihr nach Genf und anschließend zurück nach
Frankreich. Nach einem Jahr an Université Lille Nord de France[9] trat Mandelbrot 1958
in die Forschungsabteilung im Thomas J. Watson Research Center bei IBM ein[9] und
wurde dort 1975 zum IBM-Fellow ernannt, eine Auszeichnung, die ihm weitgehende
Freiheiten für seine Forschungen ermöglichte.[4]
Wissenschaftliche Karriere
Ab 1951 veröffentlichte Mandelbrot Arbeiten über Probleme der Mathematik, aber auch
über Probleme angewandter Gebiete wie der Informationstheorie,
Wirtschaftswissenschaften und
Strömungsmechanik. Er war zunehmend davon
überzeugt, dass eine Vielzahl von Problemen in
diesen Gebieten von zwei zentralen Themen
bestimmt seien, nämlich „fat tail“-
Wahrscheinlichkeitsverteilungen und
selbstähnlichen Strukturen.
Mandelbrot wandte diese Ideen auch im Bereich der Kosmologie an. 1974 schlug er eine
neue Erklärung für das Olberssche Paradoxon des dunklen Nachthimmels vor. Er zeigte,
dass sich das Paradoxon auch ohne Rückgriff auf die Urknall-Theorie vermeiden lässt,
wenn man eine fraktale Verteilung der Sterne im Universum annimmt, in Analogie zum
sogenannten Cantor-Staub.
Während seiner Anstellung als Gastprofessor für Mathematik an der Harvard University
1979 begann Mandelbrot mit dem Studium der fraktalen Julia-Mengen, die gegenüber
bestimmten Transformationen in der komplexen Ebene invariant sind und die zuvor von
Gaston Julia und Pierre Fatou untersucht wurden. Diese Mengen werden durch die
iterative Formel erzeugt. Mandelbrot benutze Computerplots dieser Menge, um
ihre Topologie in Abhängigkeit von dem komplexen Parameter zu untersuchen. Dabei
entdeckte er die Mandelbrot-Menge, die nach ihm benannt ist.
1982 erweitere Mandelbrot seine Ideen und publizierte sie in seinem wohl bekanntesten
Buch The Fractal Geometry of Nature[14] (die
deutsche Übersetzung erschien 1987 unter dem
Titel Die fraktale Geometrie der Natur[15]). Dieses
einflussreiche Buch machte Fraktale einer
breiteren Öffentlichkeit bekannt und brachte auch
viele der Kritiker zum Schweigen, die Fraktale bis
dahin als Programmier-Artefakt abgetan hatten.
„Wolken sind keine Kugeln, Berge keine Kegel, Küstenlinien keine Kreise.
Die Rinde ist nicht glatt – und auch der Blitz bahnt sich seinen Weg nicht
gerade.“
– MANDELBROT: The Fractal Geometry of Nature[20]
Mandelbrot wurde als Visionär[21] und als unabhängiger Geist (engl. „Maverick“)
bezeichnet.[22] Sein allgemeinverständlicher und leidenschaftlicher Schreibstil und seine
Betonung bildlicher geometrischer Anschauung machten insbesondere sein Buch The
Fractal Geometry of Nature auch für Nichtwissenschaftler zugänglich. Das Buch löste
ein breites öffentliches Interesse an Fraktalen und Chaostheorie aus.
Tod
Mandelbrot starb im Alter von 85 Jahren an Bauchspeicheldrüsenkrebs.[2] Der
Mathematiker Heinz-Otto Peitgen bezeichnete Mandelbrot anlässlich seines Todes als
eine der wichtigsten Persönlichkeiten der letzten 50 Jahre für die Mathematik und deren
Anwendung in der Naturwissenschaft.[23] Der französische Staatspräsident Nicolas
Sarkozy würdigte Mandelbrot als einen großen und originellen Geist, dessen Arbeit
vollständig jenseits des wissenschaftlichen Mainstreams verlief.[24] Die Zeitschrift The
Economist wies zudem auf seine Berühmtheit jenseits der Wissenschaft hin und nannte
ihn den Vater der fraktalen Geometrie.[25]
1990 wurde Mandelbrot als Ritter in die französische Ehrenlegion aufgenommen und
2006 zum Offizier befördert.[26] 2000 wurde der kleine Asteroid (27500) Mandelbrot
nach ihm benannt. Im Mai 2010 bekam Mandelbrot die Ehrendoktorwürde der Johns
Hopkins University verliehen.[27]
Literatur
Donald J. Albers, G. L. Alexanderson Mathematical People - Profiles and
Interviews. Birkhäuser 1985
Schriften
mit Richard Hudson Fraktale und Finanzen: Märkte zwischen Risiko, Rendite und
Ruin, Piper 2007 (englisches Original: The (mis)behavior of markets: a fractal
view of risk, ruin and reward, Basic Books 2004)
The fractalist: memoir of a geometer, Pantheon Books 2012
Selecta, mehrere Bände, Springer Verlag, ab 1997
Die fraktale Geometrie der Natur, Birkhäuser 1987, 2001
Fractals: Form, Chance and Dimensioin, Freeman, San Francisco 1977
The fractal geometry of nature, Freeman 1983
Schönes Chaos: Mein wundersames Leben [Autobiografie]. Piper Verlag, 2013.
ISBN 978-3-492-96162-2
Weblinks
Commons: Benoît Mandelbrot
(//commons.wikimedia.org/wiki/Beno%C3%AEt_Mandelbrot?uselang=de) – Album
mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wikiquote: Benoît Mandelbrot – Zitate
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