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Nora Chelaru

(Jassy)

Die Czernowitzer Allgemeine Zeitung, die langlebigste


Tageszeitung der Bukowina (1903-1940)

1. Entstehung, Programm und Erscheinungsverlauf


Die Czernowitzer Allgemeine Zeitung wurde am 29. Dezember 1903 vom
jüdischen Czernowitzer Anwalt und bereits vormaligen Zeitungseigentümer und
-herausgeber 1 Philipp Menczel gegründet. Nach 1918 wurde die Zeitung von
Abraham Mendel übernommen, der die Firma "Eminescu" repräsentierte. 2 Ihr
Programm wurde in der ersten Nummer der Zeitung unter dem Titel „Unser
Blatt“ veröffentlicht. Die neue Zeitung sollte als unabhängige, überparteiliche
Tageszeitung fungieren. Sie war besonders „den Intellektuellen und den
fortschrittlichen Österreichern, den Gebildeten aller Volksstämme als Vertreterin
ihrer Kulturinteressen“ gewidmet. Ihre Redaktore sahen sich als „uneigennützige
Anwälte der deutschen Vermittlungssprache (...) und der nationalen Entwicklung
aller Volksstämme“. Ein eigener Nachrichtendienst sollte Berichte über
Czernowitz, die Bukowina, Galizien, Rumänien und Südrußland bringen, mit
dem Ziel, „Ost und West einander näher zu bringen und der Kulturmission
unseres Vaterlandes seine bescheidenen Kräfte [zu] leihen“. 3 Teile des
Programmes wurden anlässlich von Jubiläen wiederholt, 4 wobei sich die
Redaktion verpflichtete, die Qualität des Nachrichtendienstes aufrecht zu halten
und unparteilich zu bleiben. 5 Die Haltung der Redaktion war politisch und

1 Philipp MENCZEL hat im Januar 1903 zusammen mit Leon KOENIG und Josef HOROWITZ die

Zeitung Czernowitzer Tagblatt gegründet.


2 Philipp MENCZEL: Trügerische Lösungen, Erlebnisse und Betrachtungen eines

Österreichers, Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart/Berlin 1932.


3
29. Dezember 1903, S. 1: Unser Blatt.
4 29. Dezember 1904, S. 1: Ein Jahr; 30. Dezember 1923, S. 25: Aus unserer Werkstatt.

Zwanzig Jahre „Czernowitzer Allgemeine Zeitung“; 30. Dezember 1923, S. 26: Einige Daten über
die „Czernowitzer Allgemeine Zeitung“; 11. November 1931, (Nr. 8000), S. 1: Die 8000te
„Allgemeine“. Journalismus im Interesse des Einzelnen und der Allgemeinheit“; 11. November
1931, S. 3: 8000 Tage Zeitungsgeschichte. 8000 Tage Zeitgeschichte; 27. März 1932, S. 4: Unsere
Propagandanummer; 24. Dezember 1933, Jubiläums-Ausgabe, S. 1-2: 30. Jahre „Allgemeine“.
Den Blick nach vorne. Von Dr. Adolf Niederhoffer; S. 2: 30 Jahre Publizistik. Von Minister Ion I.
Nistor; S. 2: Der Gruß unseres Gründers. Von Dr. Philipp Menczel.
5 30. Dezember 1913, S. 1: Zehn Jahre.
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wirtschaftlich liberal. Dies schloss jedoch nicht aus, dass Artikel über
linksgerichtete, vor allem zionistische Bewegungen publiziert und soziale
Themen behandelt wurden. 6 Philipp Menczel, der Eigentümer und Herausgeber
der Czernowitzer Allgemeinen Zeitung, war überzeugt, dass seine Zeitung das
wichtigste Organ der Bukowina sei. In einer Verteidigungsrede bezeichnete er
sich als "ersten Publizisten des Landes". 7
Vom 29. Dezember 1903 bis zum 7. Dezember 1913 erschien die Czernowitzer
Allgemeine Zeitung eigenständig unter diesem Titel. Am 14. September 1912
kündigte die Redaktion an, dass die Zeitung ab dem gleichen Tag in zwei
Tagesausgaben erscheinen würde 8 und erinnerte ihre Leser wiederholt in den
weiteren Tagen daran. Ende 1913 wurde sie zusammen mit dem Czernowitzer
Tagblatt und der Bukowinaer Post als Gemeinsame Ausgabe gedruckt (12.
Dezember 1913 – 28. Dezember 1913). Vom 30. Dezember 1913 an erschien sie
wieder alleine als Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Am 30. August 1914 wurde
Czernowitz von den Russen besetzt und die Zeitung musste ihr Erscheinen
einstellen. Sie wurde 1915 wieder gedruckt. Im Jahr 1916 bildete sie zusammen
mit dem Czernowitzer Tagblatt kurzzeitig die Bukowinaer Kriegs-Zeitung. 9 Am
25. August 1917 erschien die Czernowitzer Allgemeine Zeitung wieder unter
ihrem ursprünglichen Titel, aber mit einer neuen Nummerierung. Ab dem 9.
Oktober 1917 war sie zusammen mit dem Czernowitzer Tagblatt Teil einer
Notausgabe, die bis zum 24. November 1918 den Titel Gemeinsame Kriegs-
Ausgabe trug und vom 26. November 1918 bis (wahrscheinlich) zum 27.
September 1919 Gemeinsame Ausgabe betitelt war. In der Zwischenkriegszeit
erschien sie ununterbrochen als Czernowitzer Allgemeine Zeitung bis Nichifor
Robu, der national-christliche Präfekt des Kreises Czernowitz, am 1. Januar
1938 ihr Erscheinen sowie das des Czernowitzer Morgenblatts einstellen ließ. 10
Nachdem die national-christliche Regierung am 10. Februar 1938 gestürzt war,
erschien die Czernowitzer Allgemeine Zeitung ab dem 24. Februar 1938 wieder
mit ihrem deutschen Titel. Vom 13. bis zum 25. März 1938 wurde die Zeitung
nicht herausgegeben, da die Redaktion die zweisprachige rumänisch-deutsche
Ausgabe vorbereitete. Im Folgenden trug die Zeitung rumänisierte Titel: Ziarul
Allgemeine. Cotidian independent (26. März 1938 – 28. März 1938); Ziarul
Allgemeine Zeitung. Cotidian independent (29. März 1938 – 1. April 1938);

6Z. B.: 20. Dezember 1931, S. 9: Mich hungert´s, mich friert´s! Czernowitzer Elendsbilder.
71. Oktober 1908, S. 1: Herr Aurel von Onciul als Kläger.
8 14 September 1912: "An unsere geehrten Abonnenten und Leser!"
9 Markus WINKLER: Jüdische Identitäten im kommunikativen Raum. Presse, Sprache und

Theater in Czernowitz bis 1923. Bremen 2007, S. 56-57, 291.


10 Glasul Bucovinei, 12. Januar 1938, S. 2.
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Allgemeine Zeitung – –
28. Juni 1940). Die letzte Nummer erschien am 28. Juni 1940, dem Tag des
Einmarschs der Roten Armee.
Die Czernowitzer Allgemeine Zeitung behielt in Großrumänien ihre
Unabhängigkeit und Überparteilichkeit bei, bis sie sich infolge des Thronantritts
von König Carol II. und verstärkt mit dem Verfassungswechsel 1938 dem
Regime anpassen musste.
Zeitweilig erschienen weitere Tagesausgaben: "Extrablatt" (1930-1937),
"Allgemeine –
-1940).

2. Informationsquellen
Die Redaktion erhielt ihre Informationen von Nachrichtendiensten oder
übernahm sie aus ausländischen und inländischen Zeitungen und Zeitschriften.
Während des Ersten Weltkrieges übernahm sie die Nachrichten von dem k.uk.
Telegraphenkorrespondenzbüro. 11 Ihre wichtigsten Informationsquellen waren
die hauptstädtischen Zeitungen, vor allem, bis Kriegsende, das Regierungsblatt
Wiener Zeitung und, nach dem Anschluss der Bukowina an Rumänien, das
Organ der rumänischen liberalen Partei Viitorul. Die Artikel aus anderen
Zeitungen wurden kommentiert oder kopiert, wobei die Herkunftsangabe
generell entfiel. Bei der Gründung wurde die Einrichtung eines
Nachrichtendiensts angekündigt, 12 es ist jedoch nicht klar, ob dieser Plan
verwirklicht wurde. Der Beisatz "Orig.-Korr." könnte darauf hindeuten. In jedem
Fall entsandte die Redaktion in außergewöhnlichen Fällen Korrespondenten und
warb ab und zu in ihren Anzeigen für solche. Verschiedene Beiträge erschienen
als "Briefe aus...", was auf Gelegenheitskorrespondenten hinweisen könnte. Die
Zeitung forderte auch ab und zu ihre Leser auf, sich als Provinzkorrespondenten
an der Redaktion zu beteiligen. 13

3. Leser
Sowohl dem redaktionellen Inhalt der Czernowitzer Allgemeinen Zeitung als
auch den Inseraten, die in ihr erschienen, kann man das Profil ihrer Leser
entnehmen. Beide richteten sich vornehmlich an ein Czernowitzer Publikum, das
sich an der lokalen, nationalen und internationalen Politik interessierte, das
11 28. September 1917, S. 2: An unsere Leser.
12 29. Dezember 1903, S. 1: Unser Blatt.
13 6. Februar 1907, S. 4.
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jedoch auch an populären Inhalten Geschmack fand, so an Trivialliteratur und an


Skandalgeschichten, 14 das sich am mittelständischen Wirtschaftsleben beteiligen
und sich eine Reihe Luxusgüter leisten konnte, aber auch teils nicht
Wohnungsbesitzer, sondern -mieter war. Somit ist die Leserschaft der
Czernowitzer Allgemeinen Zeitung klar der städtischen Mittelschicht
zuzurechnen.
Die Redaktion war bemüht, neue Leser anzuwerben und die Treue der alten zu
bewahren. Einerseits wurden die Leser mit Fortsetzungsromanen dazu bewegt,
sich auf die Zeitung zu abonnieren oder abonniert zu bleiben. In der
Zwischenkriegszeit erschienen meistens bis zu drei Auszüge gleichzeitig aus
Werken der Unterhaltungsliteratur deutscher Sprache oder in deutscher
Übersetzung. Bereits ab 1904 wurden neuen Lesern bei Abonnierung die ersten
Fortsetzungen der schon angefangenen Romane als Lockmittel angeboten.15
Andererseits wurde die Leserschaft über interne technische und organisatorische
Probleme informiert, damit sie sich nicht verunsichert fühlte. Im Dezember
1913, als das technische Personal streikte, bat die Redaktion das Publikum um
Verständnis und Geduld. 16 Im Mai 1919, als die Zeitung wegen Papiermangel in
einem kleineren Format erschien, versicherte die Redaktion, dass man in
wenigen Tagen zum Normalformat zurückkehren werde. 17 Am 6. Januar 1920
wurden die Leser informiert, dass infolge einer Entscheidung der Czernowitzer
Buchdruckerorganisation die Journalisten zum orthodoxen Weihnachten frei
haben würden und nicht zum katholischen, so dass die nächste Nummer der
Czernowitzer Allgemeinen Zeitung erst nach zwei Tagen erscheinen würde. Am
26. März 1938 erklärte die Redaktion, dass die Zeitung die vorherigen zwei
Wochen ihr Erscheinen eingestellt habe, weil man die zweisprachige (deutsch-
rumänische) Ausgabe vorbereitet habe.
Die Informationen über Leserzahl und Auflagenhöhe der Czernowitzer
Allgemeinen Zeitung sind lückenhaft. Laut Berichte über Handel und Industrie
für das Jahr 1914 erschien die Czernowitzer Allgemeine Zeitung in 20000
Exemplaren. 18 Im dritten Quartal des Jahres 1915 betrug die Auflage laut der
Polizeidirektion nur 2000 Stück. 19 Als die Czernowitzer Allgemeine Zeitung am

14Siehe 8.
151. Oktober 1904, S. 2.
16 20. Dezember 1913: Die Notwehr der Buchdruckereibesitzer im Tarifstreit. An die

Bevölkerung; 30. Dezember 1913, S. 1: An die geehrten Abonnenten und Leser der Czernowitzer
Allgemeine Zeitung.
17 27. Mai 1919.
18 Reichsamt des Inneren: Berichte über Handel und Industrie. Berlin 1914, S. 257
19 Markus WINKLER: Jüdische Identitäten im kommunikativen Raum. Presse, Sprache und
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1. Januar 1938 verboten wurde, wechselten 500 Leser zur deutschnationalen


Czernowitzer Deutschen Tagespost. 20 Im Folgejahr 1939 hatten die
wiedererschienene Czernowitzer Allgemeine Zeitung und das Czernowitzer
Morgenblatt (zusammen oder einzeln?) eine Auflage von 11000 Exemplaren. 21
Die Czernowitzer Allgemeine Zeitung wurde auch in anderen Städten Rumäniens
vertrieben: So berichtete die Polizeiquästur Ia i im März 1938, dass 10

hätte man 20 Stück erhalten und 6 verkauft. 22

4. Beziehung zu den verschiedenen Volksgruppen und politische Einstellung


Die jüdische Redaktion der Czernowitzer Allgemeinen Zeitung veröffentlichte
Nachrichten über sämtliche Volksgruppen nicht nur der Bukowina, sondern auch
der angrenzenden Kronländer, beziehungsweise Staaten. 23 Sie berichtete über
das jüdische, deutsche, rumänische, ruthenische/ukrainische und polnische
kulturelle und politische Leben. Die Redaktion pflegte gute persönliche
Beziehungen zu Mitgliedern aller dieser Volksgruppen, von denen mehrere in
der Zeitung publizierten.
Mit dem Anschwellen der verschiedenen Nationalismen im Habsburgerreich
verteidigte die Redaktion weniger wie angekündigt die nationalen Interessen der
verschiedenen Volksgruppen der Bukowina als eine alle Bevölkerungen
verbindende deutsche Kultur. Nach dem Anschluss der Bukowina an Rumänien
hielt sie diese Haltung bei, nahm aber zusätzlich für die verschiedenen
Volksgruppen gegen die Rumänisierungspolitik Stellung.

4.1. Beziehung zur jüdischen Bevölkerung und Politik


Die jüdische Redaktion der Czernowitzer Allgemeinen Zeitung befasste sich
häufig mit den Belangen der jüdischen Bevölkerung und dem Judentum.
Einerseits berichtete sie über das kulturelle und religiöse Leben der jüdischen
Gemeinschaft, brachte Gottesdienstprogramme und Todesanzeigen. Da sie
jedoch laizistisch eingestellt war, beachtete die Redaktion jüdische Festtage

Theater in Czernowitz bis 1923. Bremen 2007, S. 57.


20 Politisches Archiv des Auswärtigen Amts, Konsulat Czernowitz, Paket 7/4.
21

22 -
23 31. Dezember 1911, S. 1: Neujahr 1912; 21. Februar 1912, S. 1 Ruthenen und Polen.
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weniger als die christlichen Weihnachten, Ostern oder Pfingsten, die von der
Bevölkerung im Allgemeinen als Feiertage begangen wurden. Im September
1908 berichtete die Czernowitzer Allgemeine Zeitung ausführlich über die erste
jüdische Sprachkonferenz, die in Czernowitz stattfand und an der Nathan
Birnbaum und Jizchok Leib Perez teilnahmen. 24 Andererseits nahm die
Redaktion regelmäßig für das Judentum in der Bukowina Stellung, wie weiter
unten gezeigt wird. Vor und im Ersten Weltkrieg brachte die Czernowitzer
Allgemeine Zeitung auch Nachrichten und Beiträge über die Situation der Juden
in Russland und Rumänien, namentlich über die Pogrome gegen sie. 25 Nach dem
Zweiten Weltkrieg berichtete die Czernowitzer Allgemeine Zeitung wiederholt
über die Rechtsfragen, welche die jüdische Bevölkerung betrafen und trat für die
Rechte der jüdischen Bewohner Großrumäniens ein, so in der Frage der
Einbürgerung und der darauffolgenden Überprüfungen der Staatsbürgerschaften
im Jahre 1938. 26
Infolge der zahlreichen Maßnahmen gegen die Juden ab 1937 begann die
Redaktion, Auswanderungsmöglichkeiten vorzuschlagen. Obwohl manche
Autoren der Meinung waren, dass nur Palästina als Wahl in Frage käme,
erschien ab Dezember 1938 alle drei oder vier Tage ein Artikel über ein
mögliches Auswanderungsland. Auf der Liste standen Argentinien, Australien
sowie weitere britische Dominions, Belgisch-Kongo, Bolivien, die
Dominikanische Republik, Guyana, Kenia, Kolumbien, Kuba, Süd-Rhodesien,
Nicaragua, Paraguay, Peru, die Philippinen, Trinidad, Uruguay, die Vereinigten
Staaten, und verschiedene portugiesische Kolonien in Afrika.

24 1. September, S. 5 u. 3. September, S. 4 u. 6. September 1908, S. 5: Die jüdische


Sprachkonferenz.
25 4. Juli 1905, S. 1: Die Juden und Armenier in Rußland; 24. Juni 1906, S. 2: Die Judenfrage

in den Delegationen; 15. April 1913, S. 1: Ein Beitrag zur rumänischen Judenfrage, von Dr.
Siegmund Dische; 4. Dezember 1918, S. 1: Entsendung einer Ententenkomission nach Lemberg.
Zur Feststellung der Schuldigen des Pogroms; 12. Dezember 1918, S. 1: Englische Offiziere in
Lemberg; S. 2: Gegen die blutigen Judenpogrome und für die endliche, wahre Emanzipation der
Juden. Eine Denkschrift Dr. Strauchers an die Präsidenten Wilson und an die Ententeregierungen;
5. Juli 1919, S. 2: Die Juden von Kolomea und Rumänien. Unterredung mit Dr. Marek Laks,
gewesener Präsident des jüdischen Nationalrats in Kolomea.
26 6. Mai 1924, S. 1: Bist du Staatsbürger? 15. Oktober 1924, S. 1: Die Staatsbürgerschaft.

Die Aktion Dr. Straucher; 21. Oktober 1924, S. 2: Staatsbürgerschaft und Schulfrage. Eine
Massenversammlung im Rathaussaale; 16. Januar 1925, S. 1: Die Staatsbürgerschaft. Eine
entscheidende Phase; 24. Dezember 1939, S. 11: Die Staatsbürgerschaftsrevision in der Bucovina.
Von Salomon Kassner.
DIE CZERNOWITZER ALLGEMEINE ZEITUNG, DIE LANGLEBIGSTE TAGESZEITUNG… 177

4.2. Haltung zum Zionismus


Ohne eine zionistische Zeitung zu sein, brachte die Redaktion auch Nachrichten
über die Fortschritte der zionistischen Bewegung, zum Beispiel 1905 über die
Mission des Zionistenkongresses in Britisch-Ostafrika und über die zionistische
Abordnung in Konstantinopel oder 1913 über den elften Zionistenkongress in
Wien. 27 Als Theodor Herzl im Juli 1904 starb, widmete ihm die Redaktion eine
Reihe Nachrufe. 28 Dreißig Jahre später publizierte die Czernowitzer Allgemeine
Zeitung einen zweiteiligen Beitrag zu seinem Gedenken. 29
Das Interesse an der zionistischen Bewegung blieb auch nach dem Ersten
Weltkrieg und dem Anschluss der Bukowina an Rumänien bestehen. Es wurden
Artikel und Interviews von zentralen Figuren wie Wladimir Jabotinsky oder
Nahum Goldmann veröffentlicht und die Führer der zionistischen Bewegung
wurden bei Besuchen in Czernowitz von der Redaktion herzlich willkommen
geheißen. 30 Die meisten Artikel der Czernowitzer Allgemeinen Zeitung über
Figuren des Zionismus waren Wladimir Jabotinsky gewidmet, der sich öfter in
Czernowitz aufhielt. 31 Die Redaktion veröffentlichte zudem zahlreiche Artikel

27 1. Januar 1905, S. 2: Von der zionistischen Bewegung; 5. September 1913, S. 1: Der


Wiener Zionistenkongreß.
28 5. Juli 1904, S. 3: Theodor Herzl, von Philipp MENCZEL; 6. Juli 1904, S. 2: Dr. Theodor

Herzl; S. 4: Trauerkundgebung für Dr. Theodor Herzl; 7. Juli 1904, S. 2: Der Tod Theodor Herzls;
10. Juli 1904, S. 3: Herzls letzte Fahrt, von Julius HIRSCH.
29 7. Juli 1934, S. 9 u. 8. Juli 1934, S. 10: Aus dem Leben Theodor Herzls, von Josef

FRÄNKEL.
30 13. Juni 1924, S. 2: Der Zionistenführer Ussischkin in Czernowitz. Ein grandioser

Empfang durch die Bukowinaer Judenschaft; 7. November 1924, S. 2: Die zionistische Bewegung

grandiose Empfang des Präsidenten der Exekutive der zionistischen Weltorganisation durch die
jüdische Bevölkerung der Bukowina.; 17. Januar 1925, S. 2: Das Sokolowbankett; 17. August
1930, S. 2: Die jüdische Legion. Der „Jüdische Masaryk“ – Balfours Zionsgelübbe, das beste, was
vom Krieg zurückgeblieben ist. Wie die jüdische Legion gebildet wurde (...) Von Wladimir
Jabotinsky; 29. August 1935, S. 5: Der XIX Zionistenkongreß. Beginn der Generaldebatte. – Die
Parteiführer am Rednerpult. Für die „Allgemeine Zeitung“ von Dr. Leon Schmelzer; 11. Juli 1936,
S 8: Wie es um Palästina eigentlich steht. Erklärungen der Palästinensischen Mitglieder des
Aktions-Komitees; 14. August 1936, S. 8: Der jüdische Weltkongress. Interview mit Dr. Nahum
Goldmann für die „Czernowitzer Allgemeine Zeitung“; 16. September 1938, S. 4: Palästina von

7: Martin Buber; 13. April 1939, S. 8: Vortrag Martin Buber; 14. April 1939, S. 2: Nationale
Erziehung. Der Vortrag Professor Dr. Martin Buber – ein intellektuelles Ereignis – Die Sendung
des Judentums.
31 11. Januar 1930, S. 3: Wladimir Jabotinsky in Czernowitz. Empfang am Hauptbahnhof.

Festsitzung des Kulturrates; Die Rede Jabotinskys; 11. Januar 1930, S. 7: Jabotinsky; 18. Mai
1933, S. 5: Wladimir Jabotinsky in Czernowitz. Presseempfang im Hotel „Schwarzer Adler“. Der
Revisionistenführer über zionistische Probleme. Die Revisionisten fordern Vertretung in der
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des Direktors der zionistischen Ostjüdischen Zeitung, Mayer Ebner. Nach dem
Verbot dieser Zeitung im Jahr 1937 übernahm die Czernowitzer Allgemeine
Zeitung zusätzlich die Rolle des deutschsprachigen Organs für den Zionismus in
der Bukowina.

4.3. Einstellung zu Benno Straucher


Der Eigentümer und Herausgeber der Czernowitzer Allgemeinen Zeitung
benutzte anfangs seine Zeitung, um Benno Straucher, den bekannten jüdischen
Gemeindepolitiker und langjährigen Czernowitzer Abgeordneten (sowohl im
Bukowiner Landtag von 1900 bis 1918, als später im rumänischen Parlament
nach dem Krieg) zu kritisieren. Menczel warf 1907 Straucher vor, dass er durch
sein Wahlbündnis mit den Jungruthenen in den Gemeinderatswahlen dem
Judentum geschadet habe. 32 Auf Menczels langen, mehrteiligen Artikel erschien
eine Antwort von Julius Walz, der Straucher verteidigte. Diese Antwort wurde
ohne Anmerkung der Redaktion in der Zeitung publiziert. 33 Im Jahr 1910
erschien ein anonymer Leitartikel, in dem Straucher im Zusammenhang mit dem
Bukowiner Kadaster angegriffen wurde. 34 Im Jahr 1922 teilte die Redaktion die
Wiederwahl von Benno Straucher zum Abgeordneten des rumänischen
Parlaments mit. 35

4.4. Beziehung zur rumänischen und ruthenischen Bevölkerung und Politik


Die Redaktion der Czernowitzer Allgemeinen Zeitung verteidigte regelmäßig die
jüdische (Stadt-)Bevölkerung und die übernationale deutsche Kultur Österreichs,
wenn die national eingestellten rumänischen und ruthenischen Politiker diese

zionistischen Welt-Exekutive. Der bevorstehende Zionistenkongreß; 29. August 1935, S. 4:


Wladimir Jabotinsky spricht. Der Vortrag im „Scala“ Saale. Warum die Revisionisten die neue
zionistische Organisation schufen. Der bevorstehende Wiener Kongreß. Das Kolonisationsproblem
in Palästina; 20. Oktober 1938: Jabotinsky-Vortrag; 21. Oktober 1938, S. 5: Jabotinsky-Besuch;

Oktober 1938: Zionistenkonvent in Warschau. Zum Vortrag von Wladimir Jabotinsky hatten sich
ein nach vielen tausenden zählendes Publikum eingefunden; 29. Oktober 1938, S. 6: Die Einheit
kommt – wenn die Wahrheit siegt. Der Schluß des Jabotinsky-Vortrages. 5000 Palästinaeinwohner
– die Avantgarde der Masseneinwanderung. Die Vorbereitung für den Kampf um das heilige Land.

– Vortragstournee durch Rumänien; 31. Mai 1939, S. 4: Zum Besuche Wladimir Jabotinskys.
32 5. Januar 1907, S. 1: Die Gemeinderatswahlen; 13. u. 17. u. 20. u. 27. Januar u. 17. u. 24.

Februar 1907: Jüdische Politik. Zeitgemäße Betrachtungen von Dr. Philipp Menczel.
33 26. Februar u. 27. Februar 1907: Zur Judenfrage, von Julius WALZ.
34 5. Mai 1910, S. 1: Die vertraulichen Briefe.
35 8. März 1922, S. 1: Dr. Benno Straucher zum Deputierten gewählt. Dr. Straucher hat eine

Majorität von 7 Stimmen. Die Wahl Kippers annulliert.


DIE CZERNOWITZER ALLGEMEINE ZEITUNG, DIE LANGLEBIGSTE TAGESZEITUNG… 179

angriffen. Im Rahmen der Frage, ob ein vierter städtischer Wahlkreis errichtet


werden sollte, hielt die Redaktion im Juni 1906 den Rumänen und Ruthenen, die
behaupteten, dass dies den Juden nutzen und sie selbst benachteiligten würde,
entgegen, dass die nationalen Bewegungen sich nur in den Städten entwickelten,
während die Landbevölkerung die Basis des Agrarsozialismus bilde. Sie
unterstrich zudem, dass die jüdischen Bürgermeister auf Deutsch amtierten, also
nicht in einer Nationalsprache, und dass die Rumänen und Ruthenen in deren
Städten "bloß den Vorteil [genossen], daß sie neben ihrer Muttersprache eine
Weltsprache erlernten, die ihnen in ihrem weiteren Fortkommen wahrlich nicht
hinderlich [würde]". 36 Die Redaktion war der Meinung, dass man die bäuerliche
Landbevölkerung bilden sollte, um ihre Lebensqualität zu heben und die
Kriminalität zu senken, anstelle den Nationalhass zu fördern: "Man sollte sich
weniger um die Nationalität des Bauern als um seine wirtschaftliche Wohlfahrt
bekümmern und ihn lieber über bessere Bewirtschaftungsmethoden aufklären,
als ihm die Lehre einprägen, daß er den Nächsten, der eine andere Sprache
spricht, deshalb zu hassen habe, weil er sein Feind sei." 37
Aus den gleichen Gründen wurden verschiedene rumänische und ruthenische
Politiker kritisiert, so Iancu von Flondor, Aurel von Onciul und Nikolai von
Wassilko. 38 Dem demokratischen rumänischen Politiker Onciul warf die
Czernowitzer Allgemeine Zeitung 1908 vor, dass er die deutschen Parallelklassen
am Gymnasium von Kimpolung mit dem Argument abschaffen wolle, dass sie
auch von jüdischen Schülern besucht werden konnten. Die Redaktion
beschuldigte den Politiker, "das allerdümmste antisemitische Schlagwort" zu
gebrauchen. Als ihn Onciul wegen eines Artikels vor Gericht zog, nahm der
Herausgeber Philipp Menczel vor dem Richter und in seiner Zeitung nicht nur
gegen Onciul und seine Partei, sondern auch gegen die Jungruthenen Stellung,
deren Politik er nicht billige. 39 Im Juni 1910 entrüstete sich die Redaktion, dass
der ruthenische Politiker Wassilko politisch bedingt die Rumänen zur
"Hauptnation" erklärt hatte. 40
Die Redaktion hob auch den Populismus der christlichsozialen Partei des Wiener
Bürgermeisters Karl Lueger hervor, die der rumänischen Bevölkerung des
Habsburgerreichs leere Versprechen mache. In einem Beitrag über die

36 24. Juni 1906, S. 1: Stadt und Land.


37 17. Juli 1910, S. 1: Kulturzeichen.
38 6. Januar 1910, S. 1: Quo vadis?; 23. Januar 1910, S. 1: Taktik; 10. Februar 1910, S. 1: Der

Jammer dieser Stadt.


39 5. April 1908, S. 1: Das nationale Besitztum; 1. Oktober 1908, S. 1: Herr Aurel von Onciul

als Kläger.
40 29. Juni 1910, S. 1: Die "Hauptnationen".
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Grabesrede, die der ungarische Staatsbürger und rumänische Politiker Aurel


Popovici nicht am Grabe des verstorbenen Lueger hatte halten können, beschrieb
1910 die Czernowitzer Allgemeine Zeitung die Versprechen der
christlichsozialen Partei an die Rumänen Ungarns als unumsetzbar und
unterstrich, dass die gleiche Partei nichts für die Bukowiner Rumänen getan
habe. 41

4.5. Beziehung zur deutschen Bevölkerung und Politik


Die jüdische Redaktion der Czernowitzer Allgemeinen Zeitung und die deutsche
Bevölkerung verband die deutsche Sprache und Kultur. Die Redaktion wandte
sich jedoch wiederholt gegen deutsche Politiker, die diese Sprache und Kultur
nicht als verbindend empfanden, sondern sie nur für sich beanspruchten und der
jüdischen Bevölkerung feindselig gegenüberstanden. Im Januar 1904 reagierte
die Czernowitzer Allgemeine Zeitung auf einen antisemitischen Artikel, der im
Deutschen Tagblatt (vielleicht ein Deckname für die Bukowiner Nachrichten?)
erschienen war, indem sie einen Leserbrief teilveröffentlichte und selbst Stellung
nahm. Unter anderem stellte sie die rhetorische Frage: "Wenn die «Deutschen
Deutschen» ihre natürlichen politischen Bundesgenossen, die Stütze der
deutschen Sprache in Schule und Amt, mit so viel Haß und Brodneid verfolgen,
wie beschaffen muß ihre Liebe zu Slaven und Rumänen sein, die ihrer eigenen
Sprache mit allen Mitteln zum Durchbruche verhelfen wollen?" 42 Im November
1906, als das deutsche Landgemeindemandat neu vergeben werden sollte,
publizierte die Czernowitzer Allgemeine Zeitung einen Artikel "von einem
Deutschen", der die Absurdität der deutschnationalen Bewegung in der kleinen
deutschen Gemeinschaft der Bukowina darstellte. In seiner Schlussfolgerung
schrieb der unbekannte Autor: "Wohl, die Deutschen können mit vollem Recht
auf ihre Kultur pochen, der die Bukowina alles verdankt, aber kraft ihrer
kulturellen Potenz können sie ihre Vorherrschaft hier in diesem Lande nur dann
und nur insolange festhalten, als sie ihre Landesgenossen anderer Nationalität an
ihren kulturellen Errungenschaften teilnehmen lassen, sich nicht auf sich selbst
zurückziehen." 43 Im April 1907, zum zehnten Jubiläum des Vereins der
christlichen Deutschen in der Bukowina, erschien ein Leitartikel in der
Czernowitzer Allgemeinen Zeitung, der diesem Verein jegliche Erfolge abstritt.
Nach außen hätten die Deutschen die Unterstützung der jüdischen Bevölkerung

41 17. März 1910, S. 1: Die unterbliebene Rede; 18. März 1910, S. 2: Die unterbliebene

Gedenkrede Aurel Popovicis.


42 17. Januar 1904, S. 1: Die neue Richtung.
43 18. November 1906, S. 1: Der Zwist im deutschen Lager.
DIE CZERNOWITZER ALLGEMEINE ZEITUNG, DIE LANGLEBIGSTE TAGESZEITUNG… 181

verloren, nach innen seien sie immer mehr zerstritten. Die Redaktion fasste
zusammen: "Sie wollten die Deutschen retten und gaben das Deutschtum
preis." 44 Anlässlich der Vollendung des Deutschen Hauses publizierte die
Czernowitzer Allgemeine Zeitung im Juni 1910 einen weiteren Leitartikel, in
dem sie erneut unterstrich, "daß die deutsche Sprache und das Deutschtum
gerade zu einer Zeit an Einfluß zu verlieren begannen, in welcher die
konfessionelle und nationale Hetze unter den Deutschen Adepten gewann". 45
Der deutsche Nationalismus der Jahre nach 1933 führte zum offenen Konflikt
zwischen der Czernowitzer Allgemeinen Zeitung und der deutschen Presse der
Bukowina.

4.6. Kampf gegen Antisemitismus


Als jüdische und liberale Redaktion bekämpfte die Schriftleitung der
Czernowitzer Allgemeinen Zeitung fortwährend die antisemitischen
Bewegungen. Im Juni 1908, anlässlich des dreißigsten Jubiläums der Gründung
des rumänischen Studentenvereins "Junimea" in der Bukowina, zeigte die
Redaktion auf den aufkommenden Antisemitismus im Verein hin, den sie
Nicolae Iorga und Alexandru C. Cuza zuschrieb und den sie mit jenem "aus den
Werdezeiten [Karl] Luegers" verglich. Die Redaktion glaubte zu dem Moment,
dass dieser Antisemitismus nur vorübergehend sei. 46 Trotz ihrer Einstellung
verfolgte die Czernowitzer Allgemeine Zeitung im Frühling 1910 besorgt den
Gesundheitszustand des Wiener Bürgermeister Lueger und widmete ihm nach
seinem Ableben einen monumentalen Nachruf. 47
In der Zwischenkriegszeit beobachtete die Redaktion die Entwicklung des
Faschismus in Europa und besonders in Rumänien mit großer Beunruhigung und
Entrüstung. Als 1922 die antisemitischen Studentenbewegungen begannen,
berichtete die Czernowitzer Allgemeine Zeitung ausführlich darüber. 48 Im
September 1923 befasste sich die Redaktion mit der nationalistischen Bewegung
in Rumänien und dem italienischen Faschismus. 49 Ab den Jahren 1924
berichtete die Czernowitzer Allgemeine Zeitung regelmäßig über die Hitler-

44
3. April 1907, S. 1: Ein Jubiläum.
45 5. Juni 1910, S. 1: Das deutsche Haus.
46 14. Juni 1908, S. 1: Ein Jubiläum.
47 11. März 1910, S. 1-4, 6-7: Dr. Karl Lueger †.
48 14. Dezember 1922, S. 1: Die antisemitischen Ausschreitungen: Minister Banu über die

Judenfrage. Was die Studentenschaft fordert. Die Erklärung der jüdischen Studenten; 2. April
1924, S. 1: Die Studenten; 3. April 1924, S. 2: Der Überfall auf Aristide Blank. Ein Schreiben
Aristide Blanks an die Studenten.
49 13. September 1923, S. 1: Die Faszistenbewegung in Rumänien; Der gehäutete Faszismus.

(sic)
182 NORA CHELARU

begeisterten antisemitischen Führer Alexandru C. Cuza und Corneliu Zelea


Codreanu, empörte sich über die Ausschreitungen und Attentate, welche die von
Cuza und Codreanu gegründeten Gruppen begingen, besonders über die Morde
und die darauffolgenden Freisprüche, und verteidigte die jüdische
Studentenschaft. 50

50 28. Oktober 1924, S. 1: Politisches Verbrechen in Jassy. Der Student Zelea Codreanu

erschießt den Polizeipräfekten Manciu. Noch zwei Polizeibeamte verwundet. Verhaftung des
Studenten Popescu in Czernowitz; 7. Mai 1930, S. 1: Cuza beginnt seine parlamentarische
Tätigkeit. Antisemitische Exzesse in Târgu-Frumos. Zusammenstöße zwischen Juden und
Studenten; 18. Juni 1930, S. 1: Antisemitische Vorfälle; 23. Juli 1930, S. 1: Es war ein Attentat auf
Maniu geplant. Die Attentäter gehören zur Garde Codreanus. Man fand bei Beza Manifeste der
„Eisernen Garde“. Auch Stere sollte erschossen werden. Von r.r.; 27. Juli 1930, S. 1: Endlich!
Zelea Codreanu verhaftet. Im Zusammenhang mit dem Attentat; 10. August 1930, S. 4: Die
Stellung der Juden in Rumänien. Vaida über seine „Antisemitenpolitik“. – Petre And
Popp über die Juden als Minderheit; 15. August 1930, S. 1: Zelea Codreanu freigesprochen. Appel
der Staatsanwaltschaft. Er bleibt vorläufig im Haft; 11. Dezember 1930, S. 1: Gegen die blutigen
Studentenexzesse. Die Juden, der Staat und die Regierung. Heftige Angriffe Dr. Mayer Ebner
wegen der laxen Behandlung der exzendierenden Studentenschaft; 24. Januar 1931, S. 9: Der
Wucher und die Juden. Die Quelle des Judenhasses; 5. Januar 1932, S. 3: Cuza, Hitler und die
Interessen Rumäniens. Die Hitlerdiskussion in Rumänien. Aus Haß gegen die Juden übersehen die
rumänischen „Nationalisten“ die wichtigsten nationalen Interessen Rumäniens; 25. März 1932, S.
1: Zusammenstöße in Jassy und Bukarest. Studenten mit Revolvern gegen das Militär. Der
Staatsanwalt, der Polizeipräfekt, Offiziere und Soldaten schwer verletzt; 26. März 1932, S. 1: Die
Studenten beim König. Handgranate gegen das Militär. 4 verletzte Gendarmen. Tumultszenen in
der Kammer. Zwischenfall Singer - Robu; 1. April 1932, S. 1: Die Eiserne Garde. „Die Regierung
hat die Auflösung der Banden der Eisernen Garde verfügt.“ 19. Juli 1932, S. 1: Regierung 40%
erreicht. Liberale, Georgisten, Cuzisten, Eiserne Garde - grössere Mandatenzahl. Zwei Prozent
haben erreicht: Lupu, jüdische Reichspartei, Sozialdemokraten; 28. September 1932, S. 1:
Cuzisten misshandeln jüdische Deputierten. Unerhörter Vorfall in der Kammer. Robu und Adam
überfallen den Deputierten Landau. Die beiden Cuzisten vor die Disziplinkommission gestellt; 17.
März 1933, S. 1: Jamandi gegen Cuza. „Alle Juden sind Kommunisten“, sagt Cuza. Jamandis
Abfuhr für die Antisemitenführer; 22. April 1933, S. 1: Gegen das Cuza-Hitlertum. Bukarester
Presse verlangt: Die moralischen Urheber sollen zur Verantwortung gezogen werden. „Die
Behörden sollen nicht sagen, daß sie überrascht worden sind.“ Die Hetze der Bukowinaer
Hitlerpresse hat den Boden für die Exzesse bereitet. Warum wurden keine Verkehrungsmaßregeln
getroffen? 31. Dezember 1933, S. 1: Duca ermordet. Der Ministerpräsident vom Handelsschüler
Nicu Constantinescu, einem Mitglied der „Eisernen Garde‘, erschossen; 3. Januar 1934, S. 1: Der
Brief des Generals Cantacuzino: Auflösung der Eisernen Garde - ist der Totenschein Ducas. Das
Geständnis der Mörder. - Auflage erhoben; 16. März 1934, S. 1: Zelea Codreanu verhaftet. Der

Verbindungen mit den Häftlingen in Jilava. Er wollte sich dem Kriegsgericht stellen. Was die
Anklage über die Mordverschwörung erzählt; 19. April 1934, S. 1: Nächste Woche Prozeß gegen
die jugendlichen Mörder. Die Verhaftungen gegen Dinescu, Rascanu und Grigoriu. Interview mit
dem Vater Dinescus; 22. April 1934, S. 1: Vor der Urteilsfällung. Weiter Einzelheiten der
Verschwörung. Juliu Maniu als Zeuge. Andere subalterne Militärs belastet; 23. Mai 1935, S. 8:
Der Protest der rumänischen Judenschaft gegen die antisemitischen Verhetzung in Presse, Schule
DIE CZERNOWITZER ALLGEMEINE ZEITUNG, DIE LANGLEBIGSTE TAGESZEITUNG… 183

Die Redaktion verfolgte den politischen Aufstieg Hitlers genau. Im Oktober


1930 schrieb sie über Hitlers Pläne in der Außenpolitik 51 und im April 1932
meldete sie den Wahlsieg von Hitlers NSDAP in Deutschland und Österreich. 52
Als Hitler am 30. Januar 1933 zum Reichskanzler ernannt wurde, schlussfolgerte
die Czernowitzer Allgemeine Zeitung, dass er nun die Gelegenheit habe, zu
halten, was er versprochen habe. 53 Schon zwei Tage später berichtete die
Redaktion jedoch schon, dass in Deutschland eine Diktatur herrsche und sprach
von "Terror" und "Vernichtung aller bürgerlichen und politischen Freiheit". Von
nun an brachte die Czernowitzer Allgemeine Zeitung jeden zweiten Tag
beunruhigende Nachrichten aus Deutschland, die sie apokalyptisch betitelte.54
Die Beiträge, die die Titel "Vorgänge in Deutschland" oder "Was geht in
Deutschland vor" trugen, häuften sich dermaßen, dass sie bald eine separate
Rubrik bildeten.

4.7. Beziehung zu anderen Zeitungen


Wie schon dargestellt, war die Redaktion der Czernowitzer Allgemeinen Zeitung
im Konflikt mit anderen Presseorganen der Bukowina, weil sie sich deren
politischen Ansichten widersetzte, darunter die Bukowiner Nachrichten, Glasul
Bucovinei und die Czernowitzer Deutsche Tagespost. Andere
Auseinandersetzungen waren vornehmlich persönlicher Natur, so die zwischen
dem Eigentümer und Herausgeber Philipp Menczel und dem Chefredaktor des
Czernowitzer Tagblatts Karl Klüger. Infolge von Anschuldigungen, die letzterer
in seiner Zeitung gegen Menczel erhoben hatte, reagierte dieser, indem er in
voller Länge beschrieb, wie er, als er noch Eigentümer des Czernowitzer
Tagblatts war, sich Klügers trotz sehr ungünstiger Antworten erbarmt, ihn
eingestellt und ihm finanziell mehrfach geholfen habe. Menczel kündigte an, er
habe auf eine Pressklage verzichtet und zudem Selbstanzeige erstattet, damit das
Gericht die Anschuldigungen Klügers überprüfe. 55
Demgegenüber widmete die Redaktion Journalisten anderer Zeitungen Beiträge
zu Jubiläen und Geburtstagen, sowie Nachrufe. In den Jahren 1919 und 1924

und Wirtschaft; 2. Dezember 1935, S. 3: Hitler macht Schule.


51 1. Oktober 1930, S. 1: Hitlers „Außenpolitik“.
52 26. April 1932, S. 1: Gewaltiger Hitler-Erfolg in Deutschland und Österreich. In Preußen

allein 7 einhalb Millionen Stimmenzuwachs. In Österreich 29 Mandate (früher keines).


53 1. Februar 1933, S. 1: Das Kabinett Hitler. Harzburger Front wieder hergestellt. Papen,

Stahlhelm und Deutschnationale im Kabinett. Verhandlungen mit dem Zentrum.


54 17. März 1933, S. 1: Die Hitlerisierung Deutschlands; 8. Juni 1933, S. 3: Aus dem Hitler-

Paradies; 10. August 1933, S. 3: Aus der braunen Hitler-Hölle.


55 3. Januar 1905, S. 3: In eigener Sache, von Philipp MENCZEL, Landes- u. Gerichtsadvokat,

Herausgeber der "Czernowitzer Allgemeine Zeitung".


184 NORA CHELARU

publizierte die Czernowitzer Allgemeine Zeitung jeweils einen Artikel zum


Geburtstag von Adolf Wallstein, ehemaligem Journalist der Bukowiner
Nachrichten, Literat und Politiker. 56 Im August 1930 wurde auf der Titelseite in
einem schwarzen Rahmen der Tod des sozialistischen Journalisten und Politikers
Jakob Pistiner mitgeteilt. Er wurde als großer Intellektueller und Vorkämpfer des
Sozialismus und der Toleranz dargestellt. 57

5. Lokale und nationale Nachrichten


Auch wenn die Czernowitzer Allgemeine Zeitung laut anfänglichem Programm
für die Bevölkerung des gesamten Kaiserreichs gedacht war, so brachte sie
hauptsächlich nationale Nachrichten und Neuigkeiten aus dem östlichen Teil der
Monarchie. Nach dem Anschluss der Bukowina an Rumänien befasste sich die
Redaktion fast ausschließlich mit der Bukowina und mit Bukarest und übte
somit die Rolle einer Provinzzeitung aus.

5.1. Fin de siècle, Kriegsausbruch, Krieg und Kriegsende


Die Czernowitzer Allgemeine Zeitung brachte Nachrichten über die großen
nationalen Ereignisse, wie die Krise in Ungarn 1905 und die Bosnische
Annexionskrise 1908. 58
Am 29. Juni 1914 gab die Redaktion die Nachricht des Mordes von Erzherzog
Franz Ferdinand und von Herzogin Sophie von Hohenberg durch.59 Die
darauffolgende Kriegserklärung wurde laut der Redaktion von Czernowitz und
dem ganzen Reich mit einer Begeisterung empfangen, die jene vor dem
Deutsch-Französischen Krieg übertraf. 60
Den ganzen Monat August 1914 hielt die Redaktion ihre Leser über die
Mobilisierungen und Kriegserklärungen und über das Kriegsglück des
Habsburgerreichs auf dem Laufenden. Am 30. August 1914 verkündete die
Redaktion voll Vertrauen auf dem Titelblatt: „Die Kämpfe in Galizien verlaufen

56 27. März 1919, S. 2: Siebziger Geburtstag Adolf Wallsteins; 26. März 1924, S. 1:

Wallstein (75. Geburtstag).


57 26. August 1930, S. 1: Dr. Jakob Pistiner.
58 2. Oktober 1908, S. 1: Die Annexion Bosniens.
59 29. Juni 1914, S. 1: Erzherzog Franz Ferdinand †. Herzogin Sophie Hohenberg †.
60 28. Juli 1914, S. 1: Der Krieg zwischen Österreich-Ungarn und Serbien. Der Jubel im

deutschen Reich. Italien steht treu zu uns. Eine Erklärung der italienischen Regierung. S. 2:
Enthusiasmus in Sarajewo. Die Gärung in Russland; 29. Juli 1914, S. 1: Der Krieg zwischen
Österreich-Ungarn und Serbien S. 1: Die Stimmung in Belgrad. – Hoffnung auf Vermeidung des
Krieges; 30. Juli 1914, S. 1: Der Kaiser hat gesprochen. Der Krieg und die Mächte. Das
Kriegsmanifest.
DIE CZERNOWITZER ALLGEMEINE ZEITUNG, DIE LANGLEBIGSTE TAGESZEITUNG… 185

für uns gut“. Am gleichen Tag wurde Czernowitz von den Russen besetzt und
die Czernowitzer Allgemeine Zeitung musste ihr Erscheinen einstellen. In den
Jahren 1915 und 1916 wurde sie wieder gedruckt, 1916 zusammen mit dem
Czernowitzer Tagblatt als Bukowinaer Kriegs-Zeitung. 61 Am 25. August 1917
erschien sie wieder unter dem eigenen Namen. Ab dem 9. Oktober 1917 wurde
der Kriegsverlauf in einer Notausgabe behandelt, die Gemeinsame Kriegs-
Ausgabe betitelt war. Die Vereinigung der Bukowina mit dem Königreich
Rumänien, mit der Zustimmung der Bukowiner Polen und Deutschen, wurde am
26. November 1918 in einer weiteren Notausgabe mit dem Titel Gemeinsame
Ausgabe bekannt gegeben.

5.2. Die Bukowina im Königreich Rumänien


Nach dem Anschluss der Bukowina an Rumänien widersetzte sich die Redaktion
regelmäßig der Zentralisierungs- und Rumänisierungspolitik, die von Bukarest
betrieben wurde. Bereits 1918 stellte sie dem zentralistischen Staatsgedanken
der Regierung, der unter anderem in der 1918 gegründeten rumänischen Zeitung
Glasul Bucovinei wiedergegeben wurde, die Idee einer autonomen Bukowina im
Königreich Rumänien entgegen. In ihrem Leitartikel vom 6. Dezember 1918
erklärte die Redaktion, dass es der Wunsch aller Bukowiner sei, dass die
Bukowina autonom bleibe. Der „homo Bukovinniensis“ solle weiterhin bestehen
und die Bukowina „eine kleine Schweiz“ werden dürfen. Nur die Autonomie
könne die Minderheiten zufrieden stellen. Laut der Redaktion war die
Czernowitzer Allgemeine Zeitung das einzige Organ, das für diese Auffassung
eintrat. 62 Auf die bald einsetzende Rumänisierungspolitik konnte die Redaktion
wegen der Zensur anfangs nichts erwidern. Am 28. Februar 1919 veröffentlichte
die Redaktion die offizielle Mitteilung des Ministers und Regierungspräsidenten
Iancu von Flondor, dass die Beamten eine rumänische Sprachprüfung bestehen
mussten, um weiter im Amt bleiben zu können. 63 Der Leitartikel der nächsten
Nummer, der wahrscheinlich zu dieser Mitteilung Stellung nahm, wurde
zensuriert. 64
In einem Interview im März 1919 wurde Minister Ion Nistor gefragt, warum
man die Bukowiner als Feinde Rumäniens betrachte. Nistor antwortete, dass
viele Bewohner der Bukowina aus anderen Ländern gekommen seien und man
erstmal eine Volkszählung organisieren müsse, um in Erfahrung zu bringen, ob

61 Markus WINKLER: Jüdische Identitäten im kommunikativen Raum. Presse, Sprache und


Theater in Czernowitz bis 1923. Bremen 2007, S. 56-57, 291.
62 6. Dezember 1918, S. 1: Das Schicksal von Bukowina.
63 28. Februar 1919, S. 1: Die romänische Sprache im Amtsgebrauche.
64 1. März 1919, S. 1: leere Kolumne.
186 NORA CHELARU

diese aus freundlichen Ländern kämen. 65 Am 16. April 1919 wurde verkündet,
dass Ion Nistor zum Minister für die Bukowina ernannt worden sei. Während
eines neuen Interviews versicherte Nistor, dass man den Minderheiten ihre
nationale, kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung zugestehen würde. 66
Einige Tage später teilte die Redaktion mit, dass Regierungspräsident Flondor
gekündigt habe, weil er mit Minister Nistor nicht zusammen arbeiten könne. 67
Im Februar 1920 verlangte die Redaktion wiederum im Namen der Bukowiner
Bevölkerung, dass die Bukowina im Königreich Rumänien autonom bleibe. Die
Bukowiner seien unzufrieden, da in der Bukowina wichtige Amtsstellen mit
rumänischen Beamten aus dem Altreich besetzt worden seien, was zu
Misswirtschaft führte. Die Redaktion wehrte sich gegen die "Balkanisierung" der
Bukowina, unter der auch die Bukowiner Rumänen, die kultivierter seien als
jene des Altreichs, zu leiden hätten. Der Redaktion zufolge wäre es Pflicht der
Bukowiner Rumänen, für ihre Interessen einzutreten und sich nicht als „force
négligeable” ansehen und behandeln zu lassen. Sogar die rumänische Zeitung
Glasul Bucovinei unterstütze diese Forderungen. 68 In der Folge widersetzte sich
die Redaktion wiederholt der Rumänisierungspolitik. 69 Im Januar 1924 brachte
die Redaktion ihre Empörung gegenüber der Erwartung zum Ausdruck, dass nur
die rumänische Sprache benutzt würde. Laut ihrer Meinung brauchten solche
Veränderungen Zeit. 70 Im Oktober 1924 verteidigte die Redaktion ebenfalls das
Recht der Minderheiten auf den Unterricht in der Muttersprache. 71 Sie musste
jedoch im Laufe der Zeit einsehen, dass sich die Lage der Schulfreiheit ständig
verschlechterte. 72 Die Czernowitzer Allgemeine Zeitung berichtete auch über die
kulturellen Forderungen der deutschen und der ukrainischen Minderheiten. 73 Im

65 9. März 1919, S. 1: Interview mit Minister Dr. Nistor.


66 16. April 1919, S. 1: Ernennung Dr. Nistors zum delegierten Minister der Bukowina; S. 1:
Der neue Kurs. Interview mit Minister Dr. Nistor.
67 25. April 1919, S. 8: Die Ursachen der Demission Dr. Flondors.
68 22. Februar 1920, S. 1 u. 26. Februar 1920, S. 1: Bukowina den Bukowinern!
69 27. Juni 1922, S. 2: Vollkommene Romanisierung der Gerichtsbehörden.
70 18. Januar 1924, S. 1: „Es wird nur Rumänisch gesprochen.“
71
10. Oktober 1924, S. 1: Der neue Kurs. In der Schulfrage.
72 20. Dezember 1931, S. 1: Juden und Deutsche protestieren schärfstens. Gegen die

Auflösung ihrer Mittelschulen. Kulturfeindlichkeit.


73 28. November 1922, S. 1: Die Forderungen der Deutschen Großrumäniens. Die politische,

wirtschaftliche und kulturelle Situation der Bukowinaer Deutschen. Die Deutschen und der Staat.
Ihr Verhältnis zur rumänischen Bevölkerung. Für eine verfassungsrechtliche Festlegung der
Minoritätenrechte. Der deutsche Volkstag in Czernowitz; 2. März 1930, S. 17: Der Kampf der
Ukrainer um ihre Sprache. Die Bukowinaer vor dem Völkerbund. Im Jahre 1914 und jetzt.
Erfolglose Beschwerden an die rumänische Regierung. Die Aufgabe des Völkerbundes. Von Dr.
Basil Dutzal; 4. März 1930, S. 3: Der Kampf der Ukrainer um ihre Sprache.
DIE CZERNOWITZER ALLGEMEINE ZEITUNG, DIE LANGLEBIGSTE TAGESZEITUNG… 187

Oktober 1931 schrieb die Redaktion zustimmend über eine Bürgerversammlung


in Czernowitz, die sich gegen die "Verregatisierung" (Regat = Rumänisches
Altreich) und Balkanisierung der Bukowina gestellt, die Bukowina für die
Bukowiner beansprucht, Hilfe für die Arbeitslosen verlangt und den
Wiederaufschwung der Landwirtschaft, des Handels, der Industrie und des
Gewerbes gefordert habe. 74
Der Widerstand der Redaktion gegen die Zentralisierungs- und
Rumänisierungspolitik verhinderte jedoch nicht ihre positive Einstellung zum
rumänischen Königshaus.

5.3. Beziehung zur Monarchie


Die Redaktion der Czernowitzer Allgemeinen Zeitung stand den
aufeinanderfolgenden Dynastien sehr wohlwollend gegenüber. Während der
Habsburgerzeit widmete sie jedes Jahr am 19. August dem Kaiser anlässlich
seines Geburtstages einen oder mehrere Beiträge. Als Franz Joseph I. im Jahr
1910 seinen 80. Geburtstag feierte, druckte die Redaktion das Bild des Kaisers
auf der ersten Seite. In einer zwanzig Seiten langen Spezialausgabe wurden
mehrere Lobreden auf den Kaiser veröffentlicht, die aus der Feder von Wiener
oder ausländischen Beamten stammten. 75 In den folgenden Ausgaben wurden
weitere Nachrichten über den Ablauf der Feierlichkeiten publiziert.
Die Czernowitzer Allgemeine Zeitung befasste sich auch ausführlich mit dem
Denkmal, das die Stadt Czernowitz für die verstorbene Kaiserin Elisabeth
errichten ließ. Ein Denkmalkomitee hatte sich in Audienz zum Kaiser begeben,
um ihm das vollendete Projekt vorzustellen. Die Redaktion berichtete mit
Zufriedenheit, dass sowohl die Miniatur als auch die Photographie des Denkmals
dem Kaiser gefallen hätten. Am 15. Oktober 1911 wurde das Denkmal in
Anwesenheit des Erzherzogs Leopold Salvator von Österreich-Toskana
enthüllt. 76

74 6. Oktober 1931, S. 1: Zur Rettung der Bukowina. In einer massenhaften Versammlung

protestieren die Bürger von Czernowitz gegen die Verregatisierung unserer Stadt und verlangen
schleunigst Massnahmen gegen Arbeitslosigkeit und Not. Die Bürgerversammlung.
75 18. August 1910, S. 1: Achtzig Jahre; S. 2, 3: Unser Kaiser. Von Dr. Hans Schlitter; S. 3,

4: Der Kaiser und das Bildungswesen; S. 4: Der Allerhöchste Kriegsherr. Von F. Z. M. Zeno
Grafen Welser v. Welfersheumb, k. k. Minister für Landesverteidigung; S. 4: Der Friedenskaiser.
Von Vicomte Gaston de Voisdeffre, erstem Sekretär der internationalen Friedensbureau in Bern;
S. 4: Unseres Kaisers Lebensführung.
76 13. Oktober 1911, S. 4: Audienz des Kaiserin Elisabeth-Denkmalkomitees bei Seiner

Majestät dem Kaiser; 14. Oktober, S. 3, 15. Oktober, S. 4, 17. Oktober 1911, S. 2, 3, 4, 5: Zur
Enthüllung des Elisabeth-Denkmals.
188 NORA CHELARU

Nach 1918 trug die Redaktion die Verehrung der Dynastie auf die rumänische
Königsfamilie über, insbesondere aus Anlass der Krönung in Alba-Iulia und der
Besuche des Königshauses in Czernowitz, aber auch des Todes von Ferdinand
I. 77 Ein peinliches Kapitel war der Thronverzicht von Kronprinz Carol im Jahr
1926. Nach dem Tod von König Ferdinand I. im Jahr 1927 und der
Thronbesteigung von Mihai I., dessen Prärogative während seiner
Minderjährigkeit von einem Regentschaftsrat übernommen wurden, hatte man
keine Erwartungen mehr an Carol und seine Rückkehr wurde als unmöglich und
unnötig dargestellt. Über das Scheitern seines Staatsstreichs 1928 wurde mit
Genugtuung berichtet. 78 Als Carol trotz aller Erwartungen nach Rumänien
zurückkehrte und den Thron bestieg, zeigte sich die Redaktion seinen
Machtmissbräuchen gegenüber anfangs kritisch. 79 Zum Königsgeburtstag 1931
ermahnte die Redaktion den Herrscher, dem Land "endlich" eine Regierung zu
geben und die richtigen Menschen in diese zu nennen. 80
Ab 1933, wahrscheinlich infolge einer stärkeren Pressekontrolle, wurden in der
Czernowitzer Allgemeinen Zeitung nur noch Huldigungen des Königs und des
Thronfolgers publiziert, vor allem anlässlich ihrer Geburtstage und Besuche in
Czernowitz. 81 Zum ersten Besuch von König Carol II. in Czernowitz im Mai

77 18. Mai 1920, S. 1: Das Königspaar in der Bukowina; 5. September 1920, S. 1: Der
Kronprinz in Czernowitz. Feierlicher Empfang; 15. Oktober 1922, S. 1: Die Krönung. Dynastie,
Staat und Volk.
78 6. Mai 1928, S. 1: Alba Iulia. Es wird mit einem Massenbesuch von 200.000 Teilnehmern

gerechnet. Die Opposition erhofft vom heutigen Tage den Sturz der Regierung. Optimismus bei
den Liberalen; 8. Mai 1928, S. 1: Ruhiger Verlauf von Alba-Iulia. Falsche Gerüchte über einen
Marsch der Bauernmassen nach Bukarest. Die Versammlungsteilnehmer sind in Ruhe von Alba-
Iulia in die Heimatsorte abgezogen. Ruhiger Verlauf der Versammlungen in Bukarest und
Czernowitz; 10. Mai 1928, S. 1: Neue Carol-Affäre. Misslungener Putschversuch des
Exkronprinzen. Er wollte von London nach Alba-Iulia fliegen. England weist Carol aus; 13. Mai
1928, S. 1: Kein Staat will Carol mehr aufnehmen. Er beabsichtigt, nach Amerika auszuwandern.
Alba-Iulia und Carol.
79 8. Juni 1930, S. 1: Carol zurückgekehrt. Gestern traf der Prinz in Bukarest ein und stieg im

Königspalais ab. - Von Prinz Nicolae und zwei Regimenten begrüßt; 18. Juni 1930, S. 1: Die
Krönung des Königs Carol; 28. Juni 1930, S. 1: König Carol greift in Verwaltung ein. Ein
Ministerrat unter Vorsitz des Königs. Von nun an allwöchentlich ein solcher Ministerrat; 6.
Oktober 1931, S. 1: Zur Rettung der Bukowina. In einer massenhaften Versammlung protestieren
die Bürger von Czernowitz gegen die Verregatisierung unserer Stadt und verlangen schleunigst
Maßnahmen gegen Arbeitslosigkeit und Not. Die Bürgerversammlung.
80 17. Oktober 1931, S. 1: Königs Geburtstag.
81 25. Mai 1933, S. 1: Es lebe König Carol II! Es lebe Großwojewode Mihai! 13. Oktober

1935, S. 1: Allerhöchster Besuch; 17. Oktober 1935, S. 1: Heute Königs Geburtstag; S. 3: Nach
dem Königsbesuch; 17. Oktober 1936, S. 3: Königs Geburtstag; 2. Juli 1937, S. 1: Die Bukowina
heisst S.M. König Carol II. willkommen. S. M. der König und der Großvoevode betreten heute
Bucovinaer Boden. Der Ministerpräsident und Regierungsmitgliede – die
DIE CZERNOWITZER ALLGEMEINE ZEITUNG, DIE LANGLEBIGSTE TAGESZEITUNG… 189

1933 veröffentlichte die Redaktion ein Gedicht auf Rumänisch, das die
Bukowiner Pfadfinder dem König gewidmet hatten und das von Orest Horia

Königs und des Grosswojewoden Mihai die Eröffnung des Czernowitzer


Flughafens statt, welche die Redaktion als „ein Werk des Fortschritts und der
Zivilisation” beschrieb. 82 Ab 1934 begingen das Land und die Zeitung jährlich
den Jahrestag der Rückkehr Carols nach Rumänien. 83

5.4. Beziehung zur Regierung und zur Verwaltung


Unter den Habsburgern erfreuten sich verschiedene hohe Würdenträger einer
ähnlich positiven Darstellung wie das Kaiserhaus selbst. So begrüßte die
Redaktion 1906 die Ernennung des Landespräsidenten der Bukowina Konrad zu
Hohenlohe-Schillingsfürst zum Ministerpräsidenten. 84 Als Minister Alois Lexa
von Aehrentahl im Jahr 1912 starb, publizierte die Redaktion einen Nachruf, in
dem sie seine Tätigkeit als Minister seinen früheren Kritikern gegenüber
verteidigte. 85 Ministerbesuchen in Czernowitz gab die Redaktion große
Bedeutung. Im September 1904 berichtete sie über den Aufenthalt des
Ministerpräsidenten Ernest von Koerber und im September 1906 über den

Königsfeierlichkeiten in Bucsoaia; 16. Oktober 1938, S. 1-


-
-

1: Aniversarea Marelui Voevod de Alba-

ade

82 25. Mai 1933, S. 4: Czernowitz am Vorabend des Königsbesuches; 26. Mai 1933, S. 1: Die

Czernowitzer Königstage. Grandiose Empfangsfeierlichkeiten – Enthusiastische Ovationen der


Czernowitzer Bürgerschaft für den König; 28. Mai 1933, S. 1: Nach dem Königsbesuch, S. 12: Ein
Werk des Fortschrittes und der Zivilisation. Die Eröffnung des Flughafens.
83 8. Juni 1934, S. 1: Für König und Reich! Ein Tag herzlicher Huldigung; 8. Juni 1934 S. 3:

Heute vor vier Jahren: Als König Carol ins Land zurückkam... Reminiszenzen an die
denkwürdigen Junitage des Jahres 1930. Von n.; Zur Feier des 8. Juni. Von Vizebürgermeister Dr.

und Dynastie.
84 3. Mai 1906, S. 1: Der neue Mann; 6. Mai 1906, S. 1: Die Reihenfolge.
85 20. Februar 1912, S. 1: Minister Graf Aerenthal †; 21. Februar 1912, S. 1: Zum Tode Graf

Aehrenthal.
190 NORA CHELARU

Besuch des Eisenbahnministers Julius Derschatta von Standhalt, der den


Grundstein des Czernowitzer Bahnhofes legen sollte. 86
Beiträge von verschiedenen Beamten, denen man anscheinend eine größere
Wichtigkeit anmaß, wurden auf den zwei ersten Seiten der Zeitung gedruckt. 87
Nach 1918 wechselte die Haltung der Redaktion gegenüber der Regierung und
der Verwaltung. Die neue rumänische Obrigkeit wurde vor allem wegen ihrer
Maßnahmen gegen die Minderheiten und ihrer Amtsmissbräuche oft kritisiert.88
Im Jahr 1931 wurde sogar eine Art Rubrik eingeführt, in der sich die
Czernowitzer über die Zustände in ihrer Stadt beschweren konnten. 89

5.5. Persönlichkeiten
Die Redaktion der Czernowitzer Allgemeinen Zeitung berichtete regelmäßig über
die Besuche anerkannter Persönlichkeiten in Czernowitz, so über die des
jüdischen Politikers Wladimir Jabotinsky. 90 Andere Besucher, die bemerkt
wurden, waren der britische Viceadmiral Cecil Vivian Usborne und der britische
Historiker Robert William Seton-Watson. 91

6.1. Internationale Nachrichten bis zum Ersten Weltkrieg


Was internationale Ereignisse anbelangte, so galt das Interesse der Redaktion
vor allem den benachbarten Reichen Deutschland und Russland, dem
Königreich Rumänien und den Balkanstaaten Bulgarien und Serbien.
Zwischen 1904 und 1905 berichtete die Redaktion täglich über den russisch-
japanischen Krieg. Teilweise erschienen auch Kriegskarten zu den Berichten.
Die Nachrichten gaben der Redaktion einen Anlass, über das kulturelle, soziale
und religiöse Leben in den kriegsführenden Staaten zu schreiben. Da Österreich-

86 3. September 1904, S. 1: Der Zug nach dem Osten; 4. September 1904, S. 1-4 u. 6.

September 1904, S. 1-3: Der Ministerpräsident in Czernowitz; 16. September 1906, S. 1:


Ministerbesuch.
87 1. November 1904, S. 1–2: Die Landtagswahlreform und die Stadt Czernowitz. Von

Gemeinderat Dr. Friedrich Billig; 1. Dezember 1904, S. 1–2: Industrieförderung und


Industriepolitik in Oesterreich. Von Sektionsrat Dr. Karminski (Wien); 25. Dezember 1907, S. 2:
Das Jubiläum der Stadt Czernowitz. Von Bürgermeister Felix Freiherr von Fürth; 20. September
1908, S. 2: Die Fünfhundertjahrfeier der Landeshauptstadt Czernowitz. Vom Vizebürgermeister
Dr. S. Weißelberger.
88 Siehe 5.2.
89 22. November 1931, S. 16: Was bemängeln Sie an Czernowitz?
90 Siehe 4.2.
91
DIE CZERNOWITZER ALLGEMEINE ZEITUNG, DIE LANGLEBIGSTE TAGESZEITUNG… 191

Ungarn nicht am Krieg beteiligt war, konnte sich die Redaktion erlauben, ihre
Leser zu fragen, zu welchem Land sie hielten.
Mit der russischen Revolution von 1905 trat das benachbarte Zarenreich wieder
in den Vordergrund. Die Beiträge, die "Die Vorgänge in Russland" betitelt
waren, bildeten eine Art Rubrik. Im Laufe der Unruhen kamen russische
Flüchtlinge nach Czernowitz, worüber berichtet wurde. 92
Im Jahr 1907 stand Rumänien wegen der Bauernaufstände im Vordergrund. Die
Czernowitzer Allgemeine Zeitung
um die Reaktion der Behörden zu dokumentieren. Die Redaktion war besorgt
wegen des Antisemitismus, der sich während der Unruhen in der Moldau breit
machte, verstand jedoch, dass es sich eigentlich nicht um einen religiösen
Konflikt handelte, sondern dass die Aufständischen sich an den Juden vergriffen,
weil sie sich gegen die Verwalter der Großgrundbesitze auflehnten. So wurden
aus dem gleichen Grunde in der Walachei, wo die jüdische Bevölkerung
bedeutend weniger zahlreich war, Bulgaren oder Griechen attackiert, die die
gleichen Stellen innehatten. 93
Im Februar 1908 wurde über den Mord des Königs von Portugal und seines
Sohnes berichtet. 94 Anfang 1910 wurde darauf hingewiesen, dass die
balkanischen Staaten dabei waren, aufzurüsten. 95 Im Jahr 1911 machte der
italienisch-türkische Krieg in Libyen Schlagzeilen. 96
Die Ausrufung der Republik China 1912 bot der Redaktion erneut die
Möglichkeit, sowohl über die Politik als auch über die Kultur des entfernten
Landes zu informieren. 97
In Europa folgte der erste, dann der zweite Balkankrieg auf den italienisch-
türkischen Krieg. In diesem Kontext stellte sich die Redaktion die Frage der
Auswirkungen des Konfliktes auf Österreich-Ungarn. 98 Während der
Balkankriege erschien die Czernowitzer Allgemeine Zeitung zweimal täglich.

92 8. November 1905, S. 4: Russische Flüchtlinge in Czernowitz.


93 24. März 1907, S. 1: Die Agrarunruhen; 26. März 1907, S. 1: Ein Ausflug in das
rumänische Aufstandsgebiet; 27. März 1907, S. 1: Der Bauernkrieg in Rumänien; 28. März 1907,
S. 1: Die Agrarunruhen.
94 4. Februar 1908, S. 1: Der Königsmord in Lissabon.
95 2. Februar 1910, S. 1: Vom Balkan.
96 4. Oktober 1911, S. 1: Der Krieg um Tripolis; 4. Oktober 1911 u. 18. November 1911:

Österreich-Ungarn und der italienisch-türkische Krieg.


97 3. Januar 1912, S. 1: Das zerfallene China; 10. Januar 1912, S. 1: Die Fortschritte der

Republik in China; 16. Februar 1912: „Aus dem Reiche der Mitte.” Von Eugen Meller; 17.
Februar 1912, S. 1: Der Militäraufstand in Peking.
98 10. Oktober 1912, S. 1-2: Der Balkan, wir und Russland; S. 1-2: Der bulgarische

Volkscharakter; 11. Oktober 1912, S. 1: Der Balkankrieg; 10. August 1913, S. 1: Im Zeichen des
192 NORA CHELARU

Am 21. Oktober 1913, nach Abschluss des zweiten Balkankriegs, publizierte die
Redaktion einen vom 18. Oktober datierten heftigen verbalen Angriff auf
Serbien und Aufruf für das Eingreifen Österreich-Ungarns. Am nächsten Tag
erschien ein unsignierter Beitrag, in dem angekündigt wurde, dass Serbien die
Forderung Österreich-Ungarns angenommen habe, sich aus Albanien
zurückzuziehen und in dem die Donaumonarchie für ihren diplomatischen Sieg
gelobt wurde. 99
Im Februar 1914 warnte die Redaktion noch vor der panslawischen Bewegung,
ehe am 28. Juli der Erste Weltkrieg ausbrach. 100

6.2. Internationale Nachrichten nach dem Ersten Weltkrieg


Nach dem Anschluss der Bukowina an Rumänien berichtete die Redaktion vor
allem über die Nationalstaaten, die aus den österreichischen Kronländern
hervorgegangen waren: Österreich, Polen, die Tschechoslowakei, Jugoslawien,
sowie über Deutschland und Bulgarien. Aber auch die großen Ereignisse der
Zeit, die andere Länder betrafen, wurden auf ihren Seiten reflektiert.
Zu Kriegsende gab die Czernowitzer Allgemeine Zeitung die Abdankung von
Kaiser Wilhelm bekannt, sowie den Plan der Entente, ihn vor Gericht zu
stellen. 101
Im März 1919 kündigte die Redaktion an, dass Deutschland die Bedingungen
des Friedensvertrages von Versailles akzeptiert habe. 102
Zwischen 1919 und 1920 waren die internationalen Nachrichten von der
Besorgnis dominiert, die der Fortschritt des Bolschewismus in den
Nachbarländern Rumäniens bereitete. 103
Im Jahr 1932 machte die Mandschurei-Krise Schlagzeilen. 104

Friedens.
99 21. Oktober 1913, S. 1: Quousque tandem...? Von Alexander SALKIND; 22. Oktober 1913,

S. 1: Unser Sieg!
100 8. Februar 1914, S. 1: Panslavismus.
101 1. Dezember 1918, S. 1: Die Entente will Kaiser Wilhelm unter Anklage stellen; 6.

Dezember 1918, S. 3: Das Verzichtmanifest Kaiser Wilhelms.


102 20. März 1919, S. 1: Deutschland nimmt die neuen Waffenstillstandbedingungen an.
103 28. März 1919, S. 1: Die Revolution in Ungarn; 29. März 1919, S. 1: Neue Maßnahmen

der Allierten gegen Ungarn; 16. Januar 1920, S. 1: Fortschritte des Bolschewismus; 23. Januar
1920, S. 1: Wiederaufnahme der Beziehung mit Sowjetrussland; 30. Januar 1920, S. 1: Die Gefahr
des Bolschewismus.
104 2. Februar 1932, S. 1: Russland und der chinesisch-japanische Krieg. Englische,

amerikanische und französische Kriegsschiffe nach Shanghai abgegangen. Heftige Kämpfe. 4000
Tote bei der Beschließung von Shanghai. Der Völkerbund ohnmächtig; S. 2: China hat Japan den
Krieg erklärt.
DIE CZERNOWITZER ALLGEMEINE ZEITUNG, DIE LANGLEBIGSTE TAGESZEITUNG… 193

Ab 1938 wuchs die Besorgnis, dass ein Krieg mit Deutschland bevorstand. Die
Czernowitzer Allgemeine Zeitung brachte Nachrichten über die verschiedenen
Friedensbemühungen und -versprechen. Infolge des Überfalls auf Polen und der
Kriegserklärung Frankreichs und Großbritannien druckte die Redaktion ab dem
6. September 1939 die verschiedenen Heeresberichte in einer Morgenausgabe,
die rumänisch "Edi
zwischen der Sowjetunion und Finnland dokumentierte die Czernowitzer
Allgemeine Zeitung mit Berichten und Karten. Im neuen Weltkonflikt nahm die
Redaktion zwischen den Zeilen für Frankreich und England Stellung.

7. Wirtschaftsnachrichten
Der Mitarbeiter der Czernowitzer Allgemeinen Zeitung für wirtschaftliche
Fragen war Mathias Roll, der eine eigene Rubrik hatte. War er identisch mit dem
gleichnamigen Leiter der Hypothekenbank in Czernowitz? 105 Die Rubrik wandte
sich vor allem an die städtischen Unternehmer und Kleinbürger. Es wurden
regionale Wirtschaftsmöglichkeiten besprochen, wobei ein großes Interesse der
lokalen Holzindustrie galt. Die Czernowitzer Allgemeine Zeitung publizierte
Wechsel- und Börsenkurse und kommentierte die Preisschwankungen der
Handelswaren. Daneben ging sie auf alltägliche wirtschaftliche Fragen ein, wie
die Verteuerung der Lebensmittel, der Verbrauchsgüter und der Mietsätze.
Infolge des Anschlusses der Bukowina an Rumänien erschienen 1920 eine Reihe
Artikel über "Die Einlösung der Krone", da der Wechselkurs der
Österreichischen Krone zum Rumänischen Lei von den rumänischen Behörden
viel zu niedrig festgelegt worden war.
Zwischen 1930 und 1931 waren die wirtschaftlichen Nachrichten von der
Weltwirtschaftskrise und ihren Auswirkungen auf Rumänien dominiert. 106

8. Rechtsfragen
Die Czernowitzer Allgemeine Zeitung bot ihren Lesern auch juristische
Unterstützung bei alltäglichen Problemen, wie Miete, Eigentumsschutz und
Scheidung. Der Spezialist für Scheidungsrecht war Salomon Kassner. 107 Als der

105 Eric ROLL: Crowded Hours, Faber and Faber, Boston 1985.
106 28. Juni 1930, S. 1: Wie kann die Wirtschaftskrise gemildert werden? 27. September
1931, S. 9-10: Wie kommen Sie mit Ihrem Einkommen aus? Ihre Taktik gegen den Hunger.
Vertreter der Berufs- und Erwerbsschichten schildern, wie sie mit ihrem Einkommen haushalten
und auskommen.
107 6. November 1938 u. 13. November 1938, S. 10: Das Ehescheidungsrecht in der
194 NORA CHELARU

rumänische Staat die Staatsbürgerschaft der Juden in Frage stellte,


veröffentlichte die Redaktion Gerichtsentscheidungen, um Präzedenzfälle
bekannt zu machen. In diesem Rahmen erschienen auch Artikel von Kassner. 108
Die Redaktion verfolgte die Tätigkeit der Tribunale jedoch hauptsächlich für
Skandalartikel, die einen wichtigen Bestandteil der Zeitung darstellten. Sie
berichtete mit vielen Details über Diebstähle, häusliche Gewalt, Morde und
Menschenhandel. Auch polizeiliche Meldungen über Selbstmorde wurden oft
übernommen. Sogar in den Retrospektiven an den Jahresenden kam die
Redaktion auf die Morde und Selbstmorde zurück. 109

9. Kultur
Das kulturelle Leben der Stadt Czernowitz, aber auch anderer Großstädte aus
dem deutschsprachigen Raum spiegelte sich in Spalten wie "Feuilleton",
"Kleines Feuilleton", "Theater und Kunst", "Literatur", sowie in verschiedenen
Beilagen. Die Rubrik "Feuilleton" bestand ab der ersten Nummer und die erste
"Literarisch-belletristische Beilage der «Czernowitzer Allgemeine Zeitung»"
(sic) erschien schon ab dem 10. Januar 1904. Auf der letzten Seite der Zeitung
wurden nach und nach die Programme des Stadttheaters, des Deutschen Hauses,
der Bar "Roumain", des Restaurants "Colosseum" und der Kinos gedruckt. Die
Redaktion brachte regelmäßig Nachrichten über Schauspiele, Opern und
Kunstausstellungen aus Czernowitz oder anderwärts aus Europa, ab 1910 auch
über Kinofilme und kurzzeitig, 1930, 1931 und 1938, über Radiosendungen.

9.1. Literatur
Die Redaktion der Czernowitzer Allgemeinen Zeitung publizierte Empfehlungen
und Rezensionen von Büchern, die im deutschsprachigen Raum erschienen, dies
oft in kürzester Zeit nach der Herausgabe. Zudem veröffentlichte die
Schriftleitung fast täglich literarische Texte unterschiedlicher Gattungen, vor
allem Unterhaltungs- und Gebrauchsliteratur von zeitgenössischen
Erfolgsautoren. Verschiedene Texte wurden im Zusammenhang mit lokalen oder
Weltereignissen gedruckt. So erschien ein Tag nach dem sowjetischen Angriff
auf Finnland eine Kurzgeschichte von Leo Tolstoj. 110 Ungefähr die Hälfte der

Bukowina. Nach der Ausdehnung der Gesetzgebung des Altreiches, von S. KASSNER; 18. August
KASSNER.
108 24. Dezember 1939, S. 11: Die Staatsbürgerschaftsrevision in der Bucovina, von Salomon

KASSNER.
109 1. Januar 1930, S. 7: Jahres-Chronik 1929.
110 2. Dezember 1939, S. 8 u. 3. Dezember 1939, S. 6: Iljas, von Leo TOLSTOJ.
DIE CZERNOWITZER ALLGEMEINE ZEITUNG, DIE LANGLEBIGSTE TAGESZEITUNG… 195

publizierten Autoren waren original deutschsprachig, die anderen waren aus


Fremdsprachen wie Französisch, Russisch oder Ungarisch übersetzt. Es
erschienen auch mehrere rumänische Autoren in der Übersetzung. Die
Redaktion gedachte der klassischen Schriftsteller Friedrich Schiller, Gotthold
Ephraim Lessing, Heinrich Heine und Johann Wolfgang von Goethe in den
Jahren 1905, 1924, 1929, 1931 und 1932.

9.2. Neues Theater und Schillerdenkmal


Am 4. Oktober 1905, im Rahmen der Eröffnung des neuen Theaters, erschienen
eine Reihe Artikel über die Geschichte des Theaters in Czernowitz. Die
Redaktion war in der Folge weiter am wechselnden Los des neuen Theaters
interessiert, das um die Jahreswende 1921-1922 rumänisiert wurde. Dies
verhinderte die Redaktion jedoch nicht, einen Artikel von Wilhelmine Mohr zu
veröffentlichen, die dem Direktoren der rumänischen Operettentruppe, (Nae?)
Leonard, schmeichelte und ihn beschrieb als "ganz dazu geeignet, eine Brücke
zwischen manchen nationalen Heißspornen und den in den Traditionen der
letzten 150 Jahre auf dem Boden der Bukowina Erzogenen zu bilden". Im
gleichen Artikel berichtete Mohr, dass Leonard "die Zukunft des deutschen
Theaters hierzulande am besten im alternativen Spiel etwa von Monat zu Monat"
sehe. 111 Ähnlich schrieb die Redaktion sowohl im November 1907 freudig über
die Enthüllung des Schillerdenkmals vor dem Czernowitzer Theater als auch im
September 1922 darüber, dass sie nun im Beisein einer großen Menschenmenge
entfernt und ins Deutsche Haus transferiert worden war. 112

9.3. Kino
Im Oktober 1910 erschien das erste Programm des "Kinotheaters mit
Cinephon". 113 Am 6. Dezember 1912 wurde die Eröffnung des Kinos "Modern"
in der "Dom Polski" angekündigt. 114 Im Laufe der Zeit stieg die Zahl der Kinos
in Czernowitz von 3 im Jahr 1923 auf 6 im Jahr 1939 und vervielfachten sich die
Kinoprogramme und -reklamen. Für die Kinoprogramme wurde 1925 eine
eigene Rubrik auf der letzten Seite eingerichtet. Die Kinoreklamen waren durch

111 4. Oktober 1905, S. 1: Das neue Stadttheater; S. 1-2: Zur Geschichte der Erbauung des

neuen Stadttheaters in Czernowitz; S. 2-6: Czernowitzer Theater bis 1877; S. 3-5: Die
Theaterzensur der Schule, von Josef WEIßBERG; 20. Februar 1912, S. 4: Die Verbesserung des
Stadttheaters; 25. Oktober 1922, S. 2: Das rumänische Nationaltheater, von Wilhelmine MOHR.
112 10. November 1907, S. 3: Czernowitzer Angelegenheiten: Die Enthüllung des

Schillerdenkmals; 16. September 1922, S. 2: Schillers letzte Fahrt.


113 23. Oktober 1910, S. 8: Kinotheater mit Cinephon im grossen Saale des alten

Stadttheaters.
114 6. Dezember 1912, S. 4: Kino "Modern".
196 NORA CHELARU

die Zeitung verstreut. Die Redaktion veröffentlichte zusätzlich Interviews und


Nachrichten mit und über berühmte Schauspieler und Schauspielerinnen ihrer
Zeit und publizierte Bilder von ihnen. 115

9.4. Universitätsnachrichten
Die Redaktion der Czernowitzer Allgemeinen Zeitung berichtete unregelmäßig
über die Aktualität der 1875 gegründeten Czernowitzer Universität. Sie setzte
sich 1904 und wiederholt 1906 für die Einrichtung einer medizinischen Fakultät
an der Universität ein. Allein eine solche könne der Universität einen
internationalen Charakter verleihen und zu einem internationalen Ruhm
verhelfen. Im Jahr 1906 räumte sie jedoch ein, dass die Universität trotzdem
"sehr erfreuliche Fortschritte" mache. 116
Im Juli 1905 äußerte sich die Redaktion zu einem Beschluss von zwanzig
deutschen Professoren der Universität, die forderten, dass der Rektor
"studentische Veranstaltungen nur dann besuche, wenn ihm im einzelnen Fall
genügende Gewähr dafür geboten wird, daß die Rede auf die Alma mater
ausschließlich in deutscher Sprache gehalten werde". Die Redaktion unterstellte
den Professoren, dass sie den gewählten jüdischen Rektoren in Verlegenheit
bringen wollten, da zwei Jahre früher ein deutschnationaler Rektor eine
rumänische Ansprache angehört hatte, ohne dass dieser oder der Senat der
Universität darauf reagiert hätten. Während die Redaktion den Beschluss
missbilligte, unterstrich sie, dass die rumänischen und ruthenischen Studenten
einsehen müssten, dass es in der Bukowina weder eine rumänische, noch eine
ruthenische, sondern nur eine deutsche Universität geben könne, dass sie dieser
dankbar sein müssten für ihre "Selbstemanzipation" und "ein kleines Opfer
darbringen" könnten, indem sie dem Gastrecht gemäß den Rektoren in der
Sprache begrüßten, die dieser verstand. 117
Nachdem im April 1910 Alexandru C. Cuza von der Jassyer Universität an der
Czernowitzer Alma Mater eine Rede gehalten hatte, hob die Redaktion hervor,
dass der bekannte Antisemit, der gerne gegen die "Fremde" hetzte, anerkennend
von der deutschen Wissenschaft geredet, die österreichischen Rumänen zur
"unbedingten Loyalität" aufgerufen, den deutschen Charakter der Universität in
Czernowitz als "ein Glück für sein Volk" dargestellt und sich für den Erhalt
dieses Charakters ausgedrückt habe. Die Redaktion hoffte, dass Cuza auch in

115 9. November 1939, S. 5: Bette Davis die intelligenteste Schauspielerin Amerikas.


116 15. Januar 1904, S. 1: Die medizinische Fakultät; 4. Februar 1906, S. 1: Kulturfragen II.
117 2. Juli 1905, S. 1: Eine Universitäts-Affäre.
DIE CZERNOWITZER ALLGEMEINE ZEITUNG, DIE LANGLEBIGSTE TAGESZEITUNG… 197

niemals intolerant und fremdenfeindlich sind und daß die nationale Kultur eines
Volkes umso intensiver ist, je weniger sie sich von der fremden abschließt". Sie
schloss ihren Artikel mit den Worten: "Wenn sie die richtigen
Schlußfolgerungen ziehen wollen, werden sie zuhause erzählen, daß der
«Fremde», wenn er nicht mißhandelt wird, eigentlich ein ganz netter Mensch ist
und daß der deutsche Drang nach dem Osten kein brutaler Vorstoß, sondern ein
natürlicher Werdegang ist, den abzukürzen gar nicht im Interesse der Völker des
Ostens gelegen ist." 118
Nach dem Ersten Weltkrieg stellte sich die Frage der Rumänisierung der
Universität in Czernowitz, die schließlich durchgesetzt wurde. 119

10. Werbung

10.1. Allgemeine Werbung


Die letzten Seiten der Zeitung waren der Werbung vorbehalten. Kleine Anzeigen
erschienen in "Kleiner Anzeiger" und, nach dem Krieg, in "Kleine Anzeigen".
Im Jahr 1904 galten folgende Insertionspreise: "12 h die 6mal gespaltene
Petitzeile bei einmaliger, 9 h bei mehrmaliger Einschaltung, für Reklame 40 h
die Petitzeile" und "im «Kleinen Anzeiger» kostet das Wort 2 Heller (fett 4
Heller)". Schriftgröße und Schriftart variierten, verschiedene Inserate waren
umrahmt und/oder illustriert. Die Werbung in der Czernowitzer Allgemeinen
Zeitung wandte sich vor allem an bürgerliche Kunden. Gepriesen wurden
Damen-, Herren- und Kinderkleidung, Haushaltsgeräte und -artikel, Möbel,
Teppiche, Werkzeuge, Musikinstrumente, Grammophone, Schmuck und Uhren.
Modesalons boten Pariser oder Wiener Mode an. Werkstätten, Ateliers, Hotels,
Fotostudios, Friseurssalons, Restaurants, Konditoreien, Bierstuben,
Anwaltkanzleien, Buchdruckereien, Apotheken kündigten ihre Eröffnung an und
publizierten ihre Angebote. Laden und Restaurants verkauften importierte
alkoholische Getränke wie polnische Liköre, rumänische Weine oder
französische Champagner. Im Jahr 1905 erschien sogar die Reklame eines
Bestattungsdiensts.
In den kleinen Anzeigen fand man Häuser oder Wohnungen zum Verkauf oder
zur Miete, Stellenangebote und weitere Inserate. Die meisten Stellenangebote

11824. April 1910, S. 1: Der Jassyer Besuch.


119 26. November 1918, S 2: Die rumänischen Studenten fordern die Umwandlung der
Czernowitzer Universität in eine rumänische; 27. Juli 1919, S. 4: Abschied von den deutschen
Universitätsprofessoren.
198 NORA CHELARU

wandten sich an Männer, aber es wurden auch Frauen angeworben, als


Hauslehrerinnen, Sekretärinnen, Näherinnen oder Begleitdamen.
In den Jahren 1907-1908 bot auch "The Berlitz School of Languages" Kurse für
Englisch, Französisch, Deutsch, Russisch, Italienisch, Spanisch, Rumänisch und
Ruthenisch an.
In den ersten Jahren der Czernowitzer Allgemeinen Zeitung wurde nur Werbung
für lokale und regionale Unternehmen gemacht, die ihren Sitz in Czernowitz,
Sadagóra, Storozynetz, Gurahumora, Itzkani, usw. hatten. Ab 1905 erschienen
Anzeigen von Banken und Versicherungen, die ihren Hauptsitz in anderen
Ländern des Reiches oder im Ausland hatten: Assicurazioni Generali in Triest
(1905), Newyorker Germania (1908), Zentralbank der böhmischen Sparkasse
(1909-1911), Krakauer wechselseitige Versicherungs-Gesellschaft (1912). Ab
dem gleichen Jahr wurde in der Czernowitzer Allgemeinen Zeitung auch für
Reedereien Werbung gemacht, die Überreisen nach Amerika anboten.
Während des Krieges erschienen ebenfalls Inserate, wenn auch in viel geringerer
Zahl. In den Jahren 1918 und 1919 publizierte die Gemeinsame Ausgabe
Anzeigen von verschiedenen Fachärzten. Diese Reklamen erschienen auch in
der Zwischenkriegszeit. Im Jahr 1924 tauchten erstmals die Namen zweier
Ärztinnen auf: Dr. Eugenie Goldenfeld und Dr. Adele Tannenzopf.
Die Czernowitzer Allgemeine Zeitung veröffentlichte auch nach dem Krieg
Werbung für Mode, Esswaren, Getränke usw., sowie Dienstleistungen, die jetzt
jedoch von Unternehmen aus Bukarest, Bra
wurden. Anstelle der österreichischen Banken traten nun rumänische
- Aktiengesellschaft aus Jassy (1919), Bank

Industrie S.A. (1925). In den zwanziger Jahren erschienen viele Inserate von
Schifffahrtsgesellschaften, die die Überreise nach Nord- und Südamerika, sowie
Kanada, und später nach Afrika oder Ostasien organisierten: Reisebüro R.
Grünberg, White Star Line - Weisse Stern Linie, United States Ltd., Fabre Line -
Compagnie Française de Navigation à Vapeur, Cosulich Line, United Amerika
Lines, American Line Hamburg (Weisse Stern Line, Rote Stern Line). Das
Reisebüro R. Grünberg versprach, den Kunden ein Visum zu besorgen, Fabre
Line listete die für die Reise notwendigen Dokumente auf. Die Czernowitzer
Allgemeine Zeitung warb auch um Kunden für die rumänische Reisegesellschaft
"Europa", die 1940 ihren Namen in "România" umänderte, wobei die Reisen bei
der Czernowitzer Allgemeinen Zeitung gekauft werden konnten. 120

120 25. Oktober 1932: Jeder einmal nach Bukarest; 29. Oktober u. 30. Oktober 1932: Mit der

„Cz. Allg. Ztg.“ nach Wien!; 1. Januar 1936: Sonntag, 5. Jänner, billig u. bequem mit der
DIE CZERNOWITZER ALLGEMEINE ZEITUNG, DIE LANGLEBIGSTE TAGESZEITUNG… 199

In der Zwischenkriegszeit wuchs auch die Zahl der Inserate für Medikamente
und Schönheitsprodukte. Die nun "Kleine Anzeigen" betitelte Rubrik enthielt
jetzt Unterkategorien, wie "Korrespondenz", "Kauf u. Verkauf", "Freie Stellen",
"Unterricht und Stellensuche".
Einige Werbungen waren skurril. So wurde 1919 angekündigt, dass der von der
Redaktion so bekämpfte Iancu von Flondor vierjährige Fichten aus eigener
Anpflanzung in Flondoreni/Storozynetz verkaufe. 121

10.2. Werbung für Bücher und Buchhandlungen


In der Czernowitzer Allgemeinen Zeitung war viel Werbung von lokalen
Buchhandlungen zu finden. Anbieter waren die Buch- und Papierhandlung der
Brüder Gottlieb, die Buchhandlung Emil Gutherz und die Buchhandlung
"Eminescu", die nach 1924 dem gleichen Verlag wie die Czernowitzer
Allgemeine Zeitung gehörte. Besonders vor Weihnachten und Ostern wurde
Werbung für Bücher publiziert, die als die besten Geschenke gepriesen wurden.
Die Redaktion veröffentlichte öfters Ausschnitte aus Werken mit dem Vermerk,
dass sie in der Buchhandlung "Eminescu" zu finden seien.
In der Czernowitzer Allgemeinen Zeitung wurde auch auf die Erscheinung neuer
Zeitungen und die Eröffnung neuer Buchverlage aufmerksam gemacht, unter
anderem der Zeitungen Tân (Politisch-literarische Zeitschrift zum
Studium der romänischen Sprache) 122 und (Siebenbürgisch-)Deutsche
Tagespost, 123 124

11. Weitere Informationen


Titel: Czernowitzer Allgemeine Zeitung (29. Dezember 1903 - 31. Dezember
1937, mit Unterbrechungen); Ziarul Allgemeine (ab 26. März 1938); Ziarul
Allgemeine Zeitung (ab 29. März 1938); Allgemeine Zeitung –
(2. April 1938 - 28. Juni 1940).
Untertitel: Unabhängiges Tagesblatt (ab 1920); Cotidian independent (ab 26.
März 1938).

„Czernowitzer Allgemeinen Zeitung“ nach Wien.


121 15. April 1919, S. 4.
122 17. April/18. April 1919, S. 4.
123 8. August 1919, S. 4.
124 31. Oktober 1939, S. 5: Ein Fest des Buchdruckgewerbes. Die Eröffnung der neuen

rumänischen Buchdruckerei Eremia Oprisanu. Vom Lehrling zum Buchdruckereibesitzer.


200 NORA CHELARU

Eigentümer: Philipp Menczel (1903–?); Josef Kaufmann (1903–1909); Verlag


„Eminescu“ (1924?- -
1940).
Herausgeber: Philipp Menczel (1903–1920); Josef Kaufmann (1903–1909);
Moritz Ebner (1913); Arnold Schwarz (1923); Verlag „Eminescu“ (ab 1924).
Verantwortliche Redaktore: Alois Munk (1903–1906); Arnold Schwarz
(1906–1909, 1917–1922); Philipp Menczel (1909–1910, 1914); Oskar Slawik
(1910–1912); Ferdinand Matras (1912–1914); Adolf Niederhoffer (1923-1934,
1938-1940); Fritz Albricht (1934-1937); Jacob Brettschneider (1939).
Mitarbeiter/Autoren: Fritz Albrich, Wilhelmine Baltinester, Gusta Baß,
Charlotte Berg, Franz Bittner, Klara Blum, -
Kalergi, Emma Deutsch, Ch. Diamant, Josephine Diamant-Schechner, Max
Diamant, Georg Drozdowski, Emanuel Ebner, Mayer Ebner, Wilhelm Eichel,
Sonja Elsholz, Dolly Engel, Franz Farga, Josef Fränkel, Mathias Friedwagner,
Berthold Frucht, Rudolf Gassauer, Max Goldberg, Bernhard Goldfrucht,
Heinrich Goldmann, Helios Hecht, Raimund Friedrich Kaindl, Camilla Kaul,
Leon Kellner, Martha Kern, Erich Kipper, Kuby Klein, Karl Klinger, Karl
Klüger, Alfred Klug, Erich Korn, Josephine Leiblinger, Caroline Leiter, Ariadne
-Sperber (1940),
Ferdinand Matras, Philipp Menczel, Herman Menkes, Salomon Menkes,
Hermann Mittelmann, Wilhelmine Mohr, Renato Mondo, Leca Morariu, Victor
Morariu, Alois Munk, Claudia Nastasi, Claire Patek, Conrad Pekelmann, Eduard
Perlstein, Raphael Pinjola, Bernhard Pistiner, Franz Porubsky, Adrienne von
Prunkul, Bally Reh, Manfred Reifer, Minna Reiß-Feller, Bernhard Rippel,
Mathias Roll, Pepi Rosenfeld, Hans Schermer, Arnold Schwarz, Eugenie
Schwarzwald, Paul Sir, Paul Sireteanu, Pepi Steinmetz, Benno Straucher, Josef
Thau, Leopold Wallach, Adolf Wallstein, Zoe von Wassilko-Sirecki, Martin
Weissmann, Theodor Weisselberger, Neumann Wender, Josef Weißberg, Victor
Wittner, Michael Wurmbrand, Wladimir Zaloziecki.
Druckerei: Jakob Riemer (1904); Buchdruckerei „Gutenberg“ (1905–1910);
Allgemeine Druckerei (1912–1914, 1918–1920, ab 1920 eigene Druckerei);
Druck Moritz Ebner (1913); Bukowinaer Vereinsdruckerei (1917); Czernowitzer
Buchdruckerei-Gesellschaft (1918); Druckerei „Eminescu“ (1923?-1940, ab
1938 Tipografia „Eminescu“).
Adresse: Czernowitz: Herrengasse 9, 1. Stock (1903–1904); Rathausstraße 16
(die Redaktion) und Tempelgasse 8 (die Administration) (1904–1905);
Rathausstraße 16 (Redaktion und Administration) (1905–1909); Ringplatz 4, 2.
Stock (1909–1914); Suczawa und Dorna Watra (während der russischen
DIE CZERNOWITZER ALLGEMEINE ZEITUNG, DIE LANGLEBIGSTE TAGESZEITUNG… 201

Besetzungen Czernowitz´ im Ersten Weltkrieg); Czernowitz: Herrengasse/


Strada Iancu Flondor 11 (1917–1939); Strada Iancu Flondor 19 (ab 01.05.1939).
Erscheinungsweise: täglich (außer montags); außergewöhnlicherweise auch am
Montag oder zweimal am Tag.
Umfang: 8 Seiten (sonntags auch 12, 16 oder mehr) davon 5 (sonntags 6 oder 7)
redaktioneller Inhalt (1903–1914, 1923–1940); 4 Seiten, davon 3 redaktioneller
Inhalt (1918–1923).
Format/Schriftart: Normalformat, dreispaltig, Frakturschrift (1903–1914,
1920–1934); Kleinformat, dreispaltig, Frakturschrift (1917); verschiedene
Formate, Frakturschrift (1918–1919); Normalformat, dreispaltig, überwiegend
lateinische Schrift (1935–1939); Kleinformat, dreispaltig, überwiegend
lateinische Schrift (1940).
Preis für Einzelausgabe: 7 hl (1903-1904); 8 hl (1904-1905); 10 hl (1906-1914);
20 hl (1917); 40 hl (1918); 60 hl (1919); 70 hl oder 35 Bani (1920); 1 Leu
(1921-1923); 2 Lei (1923-1924); 3 Lei (1925-1926, 1932-1939); 4 Lei für 8
Seiten, 5 Lei für mehr als 8 Seiten (1928-1931); 4 Lei (1940).
Auflagehöhe: 20000 (1914); 2000 (1915); 5500 oder 11000 (1939). Vertrieb in
Bukarest: 20 (1938); Vertrieb in Ia i: 10 (1938).
Rubriken: Übersicht; Vom Tage; Feuilleton; Kleines Feuilleton; Allgemeine
Zeitungsschau; Bunte Chronik; Czernowitzer Angelegenheiten; Theater, Kunst
und Literatur; Theater und Kunst; Rechtspflege; Gerichtssaal; Ökonomisches;
Letzte Telegramme; Korrespondenzen; Gemeinderat (durchgehend 1903-1940);
Ballchronik (saisonbedingt, 1904); Fasching (saisonbedingt, 1905);
Fremdenliste von Czernowitz (1903-1904); Der Reichsrat (vor 1918); Nach
Schluß des Blattes; Neue Bücher; Bücherschau; Wovon man spricht (1904);
Telegraphische Kurse vom [...] (1905); Amtlicher Kurs und Markt-Bericht
(1905); Valuten- und Effektenkurse in Czernowitz (1905); Wetterprognose
(1906); Effekten- und Wechsel-Kurse (1907); Telegraphischer Handelsbericht
(1907); Die Vorgänge in Rumänien (1907); Die Balkankrise (1908-1909);
Ankunft der Züge in Czernowitz aus der Richtung von [...] (1912); Abfahrtszeit
der Züge von Czernowitz in der Richtung gegen [...] (1912); Frauenwelt (1912-
1914); Mode (1913-1914); Galizische Chronik (1913-1914); Bukowinaer
Landtag; Touristik (1913); Reise und Touristik (1914); Sport (ab 1914);
Heimatkunde (1914); Vom Büchertisch (1914); Unser Heeresbericht (1917); Der
deutsche Heeresbericht (1917); Innere Politik (1923); Volkswirtschaft;
Börsenberichte; Von Nah und Fern (1923); Filmschau (1924, 1930-1934); Film-
Revue (1924); Der Zolltarif (1924); Eingesendet (1924); Esperanto-Ecke (1924);
Offener Sprechsaal (1923); Kino-Repertoire von heute (1925-1931); Kleiner
Anzeiger; Für unsere Jugend; Schach; Schach-Allgemeine; Graphologische Ecke
202 NORA CHELARU

der „Czernowitzer Allgemeinen Zeitung“ (1925-1927); Modebericht der


„Czernowitzer Allgemeinen Zeitung“ (1925-1927); Telegramme; Sport-
Allgemeine (1925-1940); Der neue Fahrplan (1926); Bilder vom Tage (1926);
Rätsel-Ecke (1927); Kreuzwort-Rätsel (1927); Der praktische Arzt (1927); Für
den Sonntag (1927); Technik im Bilde (1927); Bäder und Kurorte (1928); Auto:
Spezial Rubrik der Czern. Allg. Zeitung für Auto, Motor und Fahrradsport
(1929-1930); Unterhaltung (1929-1932); Mode- und Pelzneuheiten (1929); Aus
unserer Modemappe (1929-1930); Das wichtigste Tagesereignis im Bilde
(1930); Das aktuelle Tagesereignis im Bilde (1930); Das aktuelle Ereignis im
Bilde (1936); Radio-Ecke (1930); Radio (1930); Literatur; Das Buch von heute
(1930-32); Radioprogramm (1931, 1938); Eingesendet; Provinznachrichten;
Unterhaltung-Wissen-Kunst (1932); Nützliche Bücher; Die Frau und ihre Welt
(1933); Die Frau von heute: Das Reich der Mode (1933, 1936); Die Seite der
Frau (1933); Die Seite der Dame (1935); Die lustige Welt (1933); Die Seite des
Films (1934); Aus aller Welt (1934); Die neue Reportage der Czern. Allg. Ztg.
(1934-35); Kino-Programme (1935); Kino-Repertoire (1936-1938); Kleine

Rumänisch – in kürzester Zeit. Rumänisch – in leichtester Form; 1000 Worte –


Rumänisch. Leicht und praktisch für Jedermann (1938-39); Beratungsecke der
„Allgemeinen Zeitung“: Wir fragen und Sie antworten (1939); Synagogales
(1939-1940); Mica enciclopedie (1939-1940); Horoskop (1940); Wann ist Ihr
glücklichster Tag im Monat [...] (1940); Wie erobert man die verschiedenen
Frauentypen? (1940); Din ziarul „Scara” Bucure
Beilagen:
Weihnachts-, Oster-, Pfingst-Beilage der „Czernowitzer Allgemeinen Zeitung“;
Literarisch-belletristische Beilage der „Czernowitzer Allgemeine Zeitung“
(1904, 1905, 1913); Unterhaltungs-Beilage der „Czernowitzer Allgemeine
Zeitung“ (1904–1905, anfangs mittwochs und samstags, dann unregelmäßig);
Beilage der „Czernowitzer Allgemeinen Zeitung“ (zweimonatig ab Weihnachten
1912, den verschiedenen Literaturen der Bukowina gewidmet); Die
„Allgemeine“ der Frau (1924-1925, enthält die Rubrik „Für unsere Jugend“);
Der Philatelist (ab 1924); Schach-Allgemeine (ab 1924); Sport-Allgemeine
(1923-1940); Literaturbeilage der „Allgemeinen Zeitung“ (1927); Radio-
Allgemeine: Größte Radiozeitschrift Rumäniens in deutscher Sprache (1929-
19 -Courier (1929-1934); Modebeilage
der Czernowitzer Allgemeinen Zeitung (1930, 1936); Film-Beilage der
„Czernowitzer Allgemeinen Zeitung“ (1931); Musik-Beilage (1931-1932);
Auto-Allgemeine (1931); Mode-Allgemeine (1931, 1936); Film-Allgemeine
DIE CZERNOWITZER ALLGEMEINE ZEITUNG, DIE LANGLEBIGSTE TAGESZEITUNG… 203

(1932); Frauen-Beilage (1934-1935); Frauen-„Allgemeine“ (1934); Neujahrs-


Beilage (1936).
Standorte:
B.A.R : 1920-1940
B.C.U. -1939 (Lücken)
B.C.U. Cluj: 1923-31.05.1940 (P II 937; P IV 1920; P 1478)
D.A. .O.: 1903-28.06.1940
Ö.N.B.: 26.11.1918–04.09.1919 (430227-D.1918,400)
Ö.N.B.-ANNO: 29.12.1903–24.12.1918:
http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=cer
IKGS: 1923-1938 (= BCU Cluj)
Institut für Auslandsbeziehungen, Stuttgart: 1920-1932

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