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Projektwettbewerb

Erweiterung Bahnhof
Zürich Stadelhofen
Jurybericht

19. November 2019


Inhaltsverzeichnis

Einleitung4

Aufgabenstellung5

Informationen zum Verfahren 6

Vorprüfung9

Beurteilung10

Gesamtwürdigung und Dank 12

Genehmigung13

Projektverfasser14

Projektbeschriebe17

Elysion18
VIA26
Vorhang auf! 32
Alice im Wunderland 38
KOHÄRENZ44
hin und weg 50
KINTSUGI56
Track No.4 62
Einleitung

4 Ausgangslage dert, den zwischen 1986 und 1990 neu erstellten Publi-
Der Bahnhof Zürich Stadelhofen ist Teil der zweigleisigen kumsanlagen samt Ladenpassage, geplant von der
Stammlinie der S-Bahn Zürich. Während die Bahnhöfe Arbeitsgemeinschaft ACR (Arnold Amsler, Santiago Calat-
Zürich Hardbrücke und Zürich Museumstrasse viergleisig rava, Werner Rüeger), und dem städtebaulich bedeuten-
ausgebaut sind, weist der Bahnhof Zürich Stadelhofen den Stadelhoferplatz bei.
heute nur drei Gleise auf. Zudem ist die anschliessende
Strecke in Richtung Tiefenbrunnen mit dem Riesbachtun-
Zielsetzung des Wettbewerbes
nel nur eingleisig ausgebaut. Damit stellt der Bahnhof
Die SBB suchte mit dem Wettbewerb ein Projekt und
Zürich Stadelhofen einen massgebenden Engpass im Zür-
gleichzeitig ein Planerteam, welches die komplexe Aufga-
cher S-Bahn-Netz dar. Heute verkehren im Bahnhof Zürich
benstellung zum Ausbau des Bahnhofs Zürich Stadel-
Stadelhofen bereits ca. 770 Züge täglich. Mit den zum
hofen lösen soll. Das Planerteam soll eine städtebaulich-
Fahrplanwechsel im Dezember 2018 eingeführten Ange-
und architektonisch hochwertige, technisch umsetzbare
botsverbesserungen der S-Bahn Zürich hat der Bahnhof
und wirtschaftliche Gesamtlösung erarbeiten, welche dem
seine definitive Kapazitätsgrenze erreicht. Die Prognosen
Anspruch des öffentlichen Verkehrs gerecht wird. Da sich
gehen davon aus, dass die Passagierzahlen in Zürich Sta-
die Rahmenbedingungen für dieses Vorhaben in den
delhofen von heute ca. 80’000 Reisenden pro Tag bis zum
folgenden Jahren ständig weiterentwickeln und konkreti-
Jahr 2050 auf 130’000 steigen werden. In den Planungen
sieren werden, ist es der SBB ein grosses Anliegen, dass
des Bundes zum Ausbauschritt 2035 im Rahmen des
die gesuchten Lösungen Spielräume für Anpassungen
Strategischen Entwicklungsprogramms Eisenbahninfra-
ermöglichen. Ein eingespieltes Team aus Architekten,
struktur STEP ist daher die Erhöhung der Kapazitäten des
Ingenieuren und weiteren Fachplanern ist unabdingbare
Bahnhofs Stadelhofen ein wichtiges Ziel. Damit wird die
Voraussetzung für die Erarbeitung sowohl architektoni-
Grundlage für die Entwicklung sowohl der S-Bahn Zürich
scher als auch ingenieurbautechnischer Lösungen und
als auch des Bahnhofs Stadelhofen selbst geschaffen. Mit
deren Zusammenspiel. Ferner sind Erfahrungen im Um-
der Erweiterung des Bahnhofs um ein viertes Gleis inklu-
gang mit hochwertigen, historisch bedeutenden Bauten
sive der hierfür notwendigen Ausbauten der Zugänge und
und Landschaftselementen, einem stadträumlich gewach-
Infrastrukturen sowie den entsprechenden Anschlüssen
senen Umfeld und komplexer Infrastruktur erforderlich.
an die bestehenden unterirdischen Strecken soll dieses
Das Siegerteam soll die SBB zudem im weiteren Pla-
Ziel erreicht werden. Die Erweiterung des Bahnhofs Zürich
nungs- und Umsetzungsprozess entsprechend den Anfor-
Stadelhofen wurde 2017 vom Bundesamt für Verkehr
derungen fach- und sachkundig unterstützen.
(BAV) in seine Planung aufgenommen und die SBB mit
der Umsetzung beauftragt. Als wesentlicher Bestandteil
dieser Umsetzung wurde der vorliegende Projektwettbe-
werb ausgeschrieben, wobei der Sieger mit der Weiterbe-
arbeitung beauftragt werden soll. Die Zeitplanung des
BAV sieht die Umsetzung des Projekts bis spätestens
2035 vor.

Der Bahnhof Zürich Stadelhofen ist ein für die Stadt Zürich
bedeutender Identifikations- und Umsteigepunkt. Der
Bahnhof ist der Kopf der Gesamtanlage Stadelhoferplatz
und liegt an der Hangkante zur Hohen Promenade mit der
Villa Hohenbühl und ihrem berühmten historischen Gar-
ten. Ferner machen ihn auch die direkte Erreichbarkeit von
See und historischer Altstadt zu einem wichtigen Ver-
kehrs-, Treff- und Orientierungspunkt. Dazu trägt nicht
zuletzt das Zusammenspiel zwischen dem historisch
bedeutenden Aufnahmegebäude aus dem 19. Jahrhun-
Aufgabenstellung

Um die Bahn im Raum Zürich ab 2035 weiterzuentwi- die Ebene des eigentlichen Bahnhofsplatzes zur Prome- 5

ckeln, ist der Engpass am Bahnhof Zürich Stadelhofen nade bis zu deren Anbindung an die Schanzengasse. Eine
zwingend durch den Ausbau um ein 4. Gleis zu beheben. besondere Herausforderung stellt der Umgang mit den
Diese sowohl technisch als auch infrastrukturell herausfor- denkmalpflegerischen Anforderungen dar, die sowohl das
dernde Aufgabe umfasst Eingriffe in Bauten und Aussen- Aufnahmegebäude, die Erweiterungen aus den 80er Jah-
anlagen unterschiedlicher Jahrzehnte von denkmalpflege- ren, die Freiflächen am Stadelhoferplatz und die Kantons-
risch, landschaftsarchitektonisch und städtebaulich- schule Stadelhofen betreffen.
architektonisch hohem Wert. Deren Umsetzung unter lau-
fendem Betrieb stellt sowohl ingenieur-bautechnisch als
auch in der Abfolge von sinnvollen Etappen hohe Anforde-
rungen an das zu erarbeitende Gesamtkonzept und
bedingt eine interdisziplinäre Arbeitsweise über den
gesamten Entwurfsprozess hindurch. Die Lage des neuen
4. Gleises ist durch die SBB vorgegeben und bestimmt
die Ausgangslage für den Projektwettbewerb. Die Aufga-
benstellung fokussiert auf die Erarbeitung eines räumli-
chen und funktionalen Gesamtkonzepts für die Erweite-
rung und Verbesserung der Bahninfrastruktur inklusive
des bestehenden Aufnahmegebäudes, der Optimierung
der Zugänge und Verbindungen zur Bahninfrastruktur,
dem Ausbau der kundenrelevanten Flächen sowie Anpas-
sungen im Bereich der Logistik / Warenströme und Lage-
rung. Das zusätzliche 4. Gleis bedingt massgebliche Ver-
änderungen in der bestehenden Bausubstanz,
insbesondere durch die neuen Verbindungen vom 4. Gleis
zur Ladenpassage. Sicht- und erlebbare bauliche Verän-
derungen im Stadtraum und in der Architektur sollen sich
gemeinsam mit dem Bestand in das sensible städtebauli-
che Umfeld integrieren und dieses ergänzen. Neue Weg-
verbindungen sollen die funktionalen Bezüge zur beste-
henden Infrastruktur aufnehmen und diese möglichst
direkt fortführen.

Insgesamt sollen die Attraktivität und die Aufenthaltsquali-


tät im und um den Bahnhof für die Kunden verbessert
werden. Dies bedingt das Verweben eines neuen «Layers»
mit den bestehenden Strukturen des Bahnhofs. Dabei gilt
es, den Blick für das Ganze als auch fürs Detail zu bewah-
ren. Dies erfordert Respekt und Mut im Umgang mit dem
Bestand und gleichzeitig den Weitblick für die Einbettung
in das grössere städtische Umfeld.

Die Erweiterung des Bahnhofs erfordert Eingriffe auf den


verschiedenen Ebenen der Bahninfrastruktur: vom neuen
vierten Gleis ausgehend, über die heutige Ladenpassage,
der Ebene mit den bestehenden drei Gleisen und den Per-
rons, dem neuen Zugang Mühlebachstrasse weiter über
Informationen zum Verfahren

6 Auftraggeberin Ablauf und Termine


Die SBB, vertreten durch die Division Infrastruktur, ist Auf- Publikation Präqualifikation auf simap.ch 30. Okt 2018
traggeberin und veranstaltete den selektiven Projektwett-
bewerb. Schlusstermin für Einreichung der
Teilnahmeanträge (Bewerbungsfrist) 11. Dez 2018
Schweizerische Bundesbahnen SBB
Infrastruktur, Projekte, Multiprojekte, Zürich Stadelhofen Bekanntgabe der Teilnehmerauswahl 15. Feb 2019
Vulkanplatz 11 / Postfach
8048 Zürich Start Projektwettbewerb /
Abgabe Unterlagen 12. März 2
019

Organisation und Betreuung


Eingabe der Unterlagen zum Wettbewerb 25. Juli 2019
Bei der Vorbereitung und Begleitung sowie bei der Vorprü-
fung der Projekteingaben wurde die Auftraggeberin unter-
Jurierung 30. Sept – 4. Okt 2019
stützt durch:

Bekanntgabe der Ergebnisse /


KEEAS AG
Beginn öffentliche Ausstellung 19. Nov 2019
Sihlstrasse 59
8001 Zürich

Verfahren
Zur Weiterentwicklung des Bahnhofs Zürich Stadelhofen
wurde ein einstufiger Projektwettbewerb im selektiven
Verfahren durchgeführt. Im Rahmen einer öffentlich aus-
geschriebenen Präqualifikation wurden acht Projektteams
für die Teilnahme am Projektwettbewerb selektioniert.

Das Verfahren untersteht den Vorschriften über das öffent-


liche Beschaffungswesen (BöB und VöB) und erfolgt in
Anlehnung an die Ordnung für Architektur- und Ingenieur-
wettbewerbe SIA 142 (Ausgabe 2009), sofern sich nichts
Abweichendes aus dem Programm ergab.
Preisgericht Experten 7

Zur Beurteilung der eingereichten Arbeiten setzte die SBB Die folgenden Fachexperten und Vertreter wurden bera-
folgendes Preisgericht ein: tend hinzugezogen. Sie nahmen themenbezogen an den
Beurteilungen teil, besassen jedoch kein Stimmrecht.
Fachpreisgericht unabhängig
• Lisa Ehrensperger, Dipl. Architektin ETH BSA (Vorsitz) • Daniel Tschudy, Geschäfstführer SLG (Lichtplanung)
• Prof. Ir. Wiel Arets, Architekt (Ersatz Vorsitz) • Stefan Rotzler, Landschaftsarchitekt BSLA
• Prof. Dr. Aurelio Muttoni, Dipl. Bauing. ETH • Rudolf Vogt, Dipl. Bauingenieur ETH SIA,
• Katrin Gügler, Dipl. Architektin ETH, Direktorin Amt für ACS Partner AG
Städtebau, Zürich • Christian Sohm, Haerter & Partner AG (HLKS)
• Roger Strub, Stv. Kant. Denkmalpfleger Kanton Zürich • Kurt Anderegg, Anderegg Ingenieure AG (Baukosten /
Honorare)
Ersatz Fachpreisgericht unabhängig • Andreas Meyer, Meyer Partner Architekten (Baukosten
• Prof.in Barbara Holzer, Dipl. Architektin ETH / Honorare)
• Dr. Miguel Fernández Ruiz, Bauingenieur UPM • Michael Neumeister, Stadt Zürich Tiefbauamt
• Giovanni Menghini, SBB Denkmalpflege
Fachpreisgericht SBB • Manuela Koller, SBB Immobilien Development
• Roland Meier, Architekt HTL, SBB Infrastruktur, • Antun Balog, SBB Infrastruktur Beschaffung
Projektleiter Architektur • Michel Clerc, SBB Konzern Rechtsdienst
• Marc Weber-Lenkel, SBB Infrastruktur
Sachpreisgericht SBB • Sabine Friedrich und Seraina Schwizer, KEEAS AG
• Andreas Brunner, SBB Infrastruktur, Leiter Projekte, (Begleitung Projektwettbewerb)
Mitglied Geschäftsleitung Infrastruktur
• Alexander Binder, SBB Infrastruktur, Projektleiter Die folgenden Experten hatten die Vorprüfung der jeweili-
Abschnitt Bahnhof gen Fachbereiche übernommen und nahmen nur punktu-
• Philipp Mader, SBB Infrastruktur, Bestellervertreter ell (ohne Stimmrecht) oder nicht an den Sitzungen des
• Andreas Steiger, SBB Immobilien Development Preisgerichts teil.

Ersatz Fach- und Sachpreisgericht SBB • Patrik Bischof und Thomas Glauser, SBB Infrastruktur
• Stefan Frehner, Architekt HTL, SBB Infrastruktur, Architektur (Bahnzugang)
Projektleiter Architektur • Matthias Rutz, SBB Infrastruktur Ingenieurbau
• Roberto Compagnino, SBB Infrastruktur TA Elektro
• Mario Nikolic, SBB Infrastruktur TA HLKS
• Svavar Sigthorsson, SBB Infrastruktur Anlagen und
Technologie
• Harry Wurster, Drees & Sommer Schweiz AG
• Annette Schmitt und Jelka Ruesch, SBB Immobilien
Bewirtschaftung
• Annett Fack, SBB Immobilien Logistik
• Lukas Knörr, Kantonale Denkmalpflege Zürich
• Claudia Neun, Stadt Zürich Amt für Städtebau
• Barbara Burger, Stadt Zürich Tiefbauamt
• Karl Stammnitz, Grün Stadt Zürich Freiraumberatung
• Silvia Steeb, Grün Stadt Zürich Gartendenkmalpflege
• Meike Rausch und Raphael Wick, Gähler und Partner
AG, IG GGPlus (Tunnelbau)
• Nicolas Meystre und Markus Dettwiler, Gruner AG, IG
GGPlus (Tunnelbau)
8 Teilnehmende Preise und Entschädigung
Im Rahmen der Präqualifikation wurden folgende acht Die gesamte Preissumme für den Wettbewerb beträgt
Projektteams aus insgesamt 13 Bewerbungen selektio- CHF 400’000.- exkl. MwSt. Hiervon erhält jedes Team,
niert und zur Teilnahme am Wettbewerb eingeladen. Die das ein vollständiges, anonymes und termingerechtes An-
Projektteams weisen jeweils die Fachkompetenzen Archi- gebot einreicht, eine feste Entschädigung von
tektur / Städtebau, Tragwerksplanung, Grund- / Spezial- CHF 25’000.- exkl. MwSt. Das übrige Preisgeld steht dem
tiefbau, Gebäudetechnik HLKKSE-GA, Landschaftsarchi- Preisgericht für die Erteilung von Preisen zu Verfügung.
tektur und Lichtplanung auf.

• Planergemeinschaft Stadelhofen, Zürich

• DPA / Dominique Perrault Architecture SA,


Genève

• Projektgruppe Calatrava / Calatrava Valls SA,


Zürich

• INGE Team SAMBA, Zürich

• Planerteam 5+, Luzern

• Theo Hotz Partner Architekten AG, Zürich

• Planergemeinschaft EBP Schweiz AG /


Itten+Brechbühl AG, Zürich

• ARGE giuliani.hönger ag dipl.architekten eth-sia-bsa /


Caretta+Weidmann Generalplaner AG, Zürich
Vorprüfung

Ablauf Ergebnis inhaltliche Vorprüfung 9

Die formelle Vorprüfung erfolgte durch die KEEAS AG in Das Gesamtbild zeigt, dass keines der Projekte die
Zusammenarbeit mit SBB AG, Einkauf Infrastruktur. Die gestellten Anforderungen vollumfänglich umgesetzt hat.
inhaltliche Vorprüfung erfolgte durch die Fachexperten, Dieses Resultat deutet auf die Komplexität der Anforde-
unterstützt und koordiniert durch die KEEAS AG. Das Er- rungen und Rahmenbedingungen hin. Die Abweichungen
gebnis wurde in einem Vorprüfungsbericht zuhanden des zum Bearbeitungsperimeter, sowie Verstösse gegen die
Preisgerichts zusammengefasst. Programmbestimmungen, unplausible Angaben und Auf-
fälligkeiten wurden dem Preisgericht erläutert.

Eingereichte Angebote
Nach der vertieften Auseinandersetzung mit allen Beiträ-
Die folgenden acht Projekte wurden eingereicht:
gen hat das Preisgericht entschieden, dass die Abwei-
chungen zum Bearbeitungsperimeter, sowie Verstösse
• Vorhang auf!
gegen die Programmbestimmungen, unplausible Anga-
• VIA
ben und Auffälligkeiten, als unwesentlich eingestuft wer-
• Alice im Wunderland
den. Die Abweichungen werden, sofern sie Einfluss auf die
• KOHÄRENZ
Erfüllung der Aufgabenstellung haben, im Rahmen der
• hin und weg
Beurteilung bewertet.
• KINTSUGI
• TRACK No 4
Die Beiträge aller acht Projektteams sind somit zur Preis-
• Elysion
erteilung zugelassen.

Ergebnis formelle Vorprüfung


Die Beiträge aller Projektteams wurden rechtzeitig sowie
vollständig abgegeben und wahren die Anonymität. Die
Beiträge aller acht Projektteams sind zur Beurteilung zu-
gelassen und sind für die feste Entschädigung berechtigt.
Beurteilung

10 Beurteilungskriterien Ablauf der Beurteilung


Die eingereichten Beiträge wurden gemäss den folgenden Das beschlussfähige Preisgericht tagte am 30. Septem-
Beurteilungskriterien und Gewichtungen beurteilt: ber, 3. und 4. Oktober 2019. Wiel Arets war am 4. Okto-
ber 2019 entschuldigt, worauf Barbara Holzer die Ersatz-
stimme übernahm.
Städtebau, Architektur, Freiraumplanung und
Denkmalpflege (40 %)
Alle Beiträge wurden in vier Gruppen studiert und an-
• Städtebauliches Gesamtkonzept und Einordnung in
schliessend dem Plenum vorgestellt und diskutiert. Zwei
das Stadtgefüge, identitätsstiftende Wirkung
Gruppen konzentrierten sich jeweils pro vier Beiträge auf
• Räumliche Umsetzung des Gesamtkonzeptes, Sicht-
die Thematik Funktionalität und Wirtschaftlichkeit und die
bezüge und Orientierung, Zweckmässigkeit der einge-
anderen zwei Gruppen jeweils pro vier Beiträge auf die
setzten Gestaltungselemente
Themen Städtebau, Architektur, Freiraum und Denkmal-
• Gestaltungs-, Aufenthaltsqualität und Dauerhaftigkeit
pflege.
der Publikumsflächen
• Umgang mit den gewachsenen Gebäude-, Platz- und
Im 1. Rundgang wurden aufgrund von wesentlichen
Vegetationsstrukturen, Schutzobjekten und schützens-
Schwächen bezüglich mehrerer Kriterien folgende Bei-
wertem Bestand
träge ausgeschieden:

Funktionalität (25 %)
• KINTSUGI
• Effizienz und Zweckmässigkeit der betrieblichen
• TRACK No4
Abläufe, des Unterhalts, der Ver- und Entsorgung
und der Anlieferung
• Führung der Personenströme, Behindertengerechtig-
Im 2. Rundgang wurden die Beiträge nochmals vertieft
keit
diskutiert und folgende Beiträge ausgeschieden:
• Flexibilität in der Nutzbarkeit der Kommerzflächen
• Technische Machbarkeit (Tragwerk, Bauprozess,
• Vorhang auf!
HLKSE)
• Alice im Wunderlang
• Ausführung unter Betrieb
• KOHÄRENZ
• Etappierbarkeit des Wettbewerbsprojekts und
• hin und weg
Weiterentwicklungspotenzial

Wirtschaftlichkeit (20 %)
Die Beiträge der engeren Wahl wurden danach vertieft
• Baukosten
studiert, diskutiert und die Rangierung wie folgt festgelegt:
• Life Cycle Cost, Auswirkungen auf Betriebs- und
Unterhaltskosten
1. Rang Elysion
• Nachhaltigkeit in Bezug auf Energiekonzept und
2. Rang VIA
Materialisierung
• Qualität und Angebot Kundenflächen
• Auswirkungen auf die Betriebs- und Unterhaltskosten
• Bauablauf und Etappierbarkeit

Honorar (15 %)
Rangierung, Preiserteilung Empfehlung für die Weiterbearbeitung 11

Alle acht Beiträge erhalten eine feste Entschädigung von Das Preisgericht empfiehlt der Auftraggeberin die Verfas-
CHF 25‘000.- exkl. MwSt. ser des erstrangierten Projektes ‘Elysion’ mit der Weiter-
bearbeitung zu beauftragen.
Das Preisgericht beschloss einstimmig folgende Rangie-
rung und Preiszuteilung (exkl. MwSt.): Für die Weiterbearbeitung des Siegerbeitrages ist der
Projektbeschrieb zu berücksichtigen.
1. Rang / 1. Preis Elysion CHF 50‘000.-

2. Rang / 2. Preis VIA CHF 30‘000.-

alle weiteren Beiträge je CHF 20‘000.-


Gesamtwürdigung und Dank

12 Das Preisgericht bedankt sich – auch im Namen der Auf- ven Dialog zwischen Neu und Alt, bei dem die bestehen-
traggeberin – herzlich bei allen Projektteams für die Bereit- den Teile des Ensembles ebenso stark und eigenständig
schaft zur Teilnahme am Verfahren und das durchwegs zur Geltung kommen wie die neue Erweiterung. Der Bahn-
grosse Engagement. hof wird um eine qualitätsvolle Schicht ergänzt und so zu
einem neuen Ganzen. Daran ist auch im weiteren Prozess
Das Preisgericht ist sich bewusst, dass die Aufgabenstel- festzuhalten.
lung für die Erweiterung des Bahnhofs Stadelhofen auf-
grund der zahlreichen, komplexen Rahmenbedingungen Der unter Ortsbildschutz stehende Hügel Hohe Prome-
und Anforderungen äusserst anspruchsvoll war – und ist. nade ist geprägt durch grosszügige Gartenanlagen mit
Umso erfreulicher ist die beeindruckende Bandbreite an wertvollem Baumbestand und ist zentraler Bestandteil des
Projektvorschlägen, die mit facettenreichen, unterschiedli- Stadtraums um den Bahnhof Stadelhofen. Auch im Hin-
chen Herangehensweisen eine vertiefte Auseinanderset- blick auf den aktuellen Diskurs um Stadtklima, Umwelt
zung mit der Aufgabe auf sämtlichen Ebenen und damit etc. wird der Erhalt der markanten Platane im Garten der
eine fundierte Wahl ermöglichten. Kantonsschule dringend empfohlen.

Der Abschluss des Projektwettbewerbs ist ein wichtiger Das Verfahren hat einmal mehr deutlich gemacht, dass die
Meilenstein der Erweiterung des Bahnhofs Zürich Stadel- Anlieferung und Entsorgung der Bahnhofsinfrastruktur
hofen. Folgende Erkenntnisse sind aus Sicht des Preisge- herausfordernd ist. Die im Bereich der Schanzenstrasse
richts im weiteren Prozess zu berücksichtigen: zusätzlich vorgeschlagene Anlieferung bietet aktuell eine
Entspannung. Längerfristig wird aber auch für die beste-
Neben der funktionalen Anordnung und Dimensionierung hende Anlieferung eine Lösung gefunden werden müssen.
der Zugänge spielt die räumlich und gestalterisch gute
Einbettung des Bahnhofs in den sensiblen Stadtraum eine
zentrale Rolle. Stärker als bereits heute wird er seine
Wirkung im stadträumlichen Kontext vom See über den
Opernhaus- und Stadelhoferplatz bis hinauf zum Grün-
raum der Hohen Promenade entfalten. Heute vor allem auf
den Stadelhoferplatz ausgerichtet, wird die Verbindung
zum Kunsthaus und Hochschulquartier zukünftig an
Bedeutung gewinnen. Im Hinblick darauf waren im
Rahmen dieses Verfahrens Vorschläge ausserhalb des
Bearbeitungsperimeters willkommen, wurden jedoch nicht
bewertet; die Erfüllung der Aufgabenstellung musste
innerhalb des Perimeters gewährleistet sein. Mehrere
Projektteams nutzten diese Möglichkeit im Bereich des
Stadelhoferplatzes, unter anderem das Team des erstran-
gierten Projektes. Für die weitere Bearbeitung des
Projekts ist die Zusammenarbeit mit den städtischen und
kantonalen Behörden zwingend. Dies betrifft nicht nur den
Anschluss an den Stadelhoferplatz und das Kunsthaus/
Hochschulquartier, sondern an den städtischen Kontext
allgemein.

Gegenüber dem schützenswerten Baubestand, Aufnah-


megebäude ebenso wie Erweiterung der 80er Jahre,
zeigte sich, dass ein rücksichtsvoller Umgang möglich ist.
Das erstrangierte Projekt beweist dies mit einem intensi-
Genehmigung

Der vorliegende Jurybericht wurde vom Preisgericht genehmigt: 13

Zürich, 04. Oktober 2019

Lisa Ehrensperger (Vorsitz) ……………………………………………

Prof. Ir. Wiel Arets ……………………………………………

Prof. Dr. Aurelio Muttoni ……………………………………………

Katrin Gügler ……………………………………………

Roger Strub ……………………………………………

Prof.In Barbara Holzer (Ersatz) ……………………………………………

Dr. Miguel Fernández Ruiz (Ersatz) ……………………………………………

Roland Meier ……………………………………………

Andreas Brunner ……………………………………………

Alexander Binder ……………………………………………

Philipp Mader ……………………………………………

Andreas Steiger ……………………………………………

Stefan Frehner (Ersatz) ……………………………………………


Projektverfasser

14 Mit der Unterzeichnung der Genehmigung wurden die


beschlossene Rangierung, die Festsetzung der Preis-
summe sowie die Empfehlung und Hinweise zur Weiterbe-
arbeitung durch das Preisgericht gutgeheissen. Bei der
anschliessenden Öffnung der verschlossenen und anony-
misierten Verfassercouverts wurden die folgenden
Projektteams ermittelt:

1. Rang / 1. Preis
(Empfehlung zur Weiterbearbeitung)
Elysion
Planerteam: ARGE giuliani.hönger ag dipl. architekten
eth-sia-bsa / Caretta+Weidmann Generalplaner AG

giuliani.hönger ag dipl. architekten eth-sia-bsa,


Zürich
Schnetzer Puskas Ingenieure AG, Zürich
ADZ, Aicher De Martin Zweng AG, Luzern
TIB, Technik im Bau AG, Luzern
enerpeak AG, Dübendorf
Antòn LAndscape GmbH, Zürich
Caretta+Weidmann Generalplaner AG, Zürich
Caretta+Weidmann Baumanagement AG, Zürich
Königslicht GmbH, Zürich
RAPP Industrieplaner AG, Basel
Bakus Bauphysik und Akustik im Bau GmbH, Zürich
Makiol Wiederkehr AG, Beinwil am See
GKP Fassadentechnik AG, Aadorf

2.Rang / 2. Preis
VIA
Planerteam: INGE Team SAMBA

SAM Architekten und Partner AG, Zürich


F. Preisig AG, Zürich
Lombardi AG - Beratende Ingenieure, Luzern / Minusio
Binatec Ingenieure AG, Altdorf
Bähler AG, Küssnacht am Rigi
bbz bern gmbh, landschaftsarchitekten BSLA, Bern
Mati AG, Adliswil
Im 2. Rundgang ausgeschieden
Vorhang auf! 15

Planerteam: Planergemeinschaft EBP Schweiz AG / Itten


+ Brechbühl AG

Itten+Brechbühl AG, Zürich


KCAP Architects&Planners GmbH, Zürich
EBP Schweiz AG, Zürich
Walt Galmarini AG, Zürich
vetschpartner Landschaftsarchitekten AG, Zürich
d-lite lichtdesign, Zürich

Alice im Wunderland
Planerteam: Planergemeinschaft Stadelhofen

DÜRIG AG, Zürich


Amstein + Walthert AG, Zürich
dsp Ingenieure + Planer AG, Uster
ILF Beratende Ingenieure AG, Zürich
Studio Vulkan Landschaftsarchitektur, Zürich
Reflexion AG, Zürich

KOHÄRENZ
Planerteam: Projektgruppe Calatrava / Calatrava Valls SA

Calatrava Valls SA, Zürich


B+S AG, Zürich
Pöyry Schweiz AG, Zürich
Dr. Vollenweider AG, Zürich
eicher+pauli Luzern AG, Kriens
ga-solution AG, Zürich
Hefti Hess Martignoni AG, Zürich
Stauffer Rösch AG, Basel
Kardorff Ingenieure Lichtplanung GmbH, Berlin D
Mint Architecture AG. Zürich

hin und weg


Planerteam: Theo Hotz Partner Architekten AG

Theo Hotz Partner Architekten AG, Zürich


Basler & Hofmann AG, Zürich
extra Landschaftsarchitekten AG, Bern
mosersidler.AG für Lichtplanung, Zürich
Ziörjen Baumanagement GmbH, Zürich
Im 1. Rundgang ausgeschieden
16 KINTSUGI
Planerteam: DPA / Dominique Perrault Architecture SA

DPA SA - Dominique Perrault Architecture, Genf


Werner Sobek AG, Stuttgart D
HL-Technik AG, Zürich
PWP Landscape Architecture, Berkeley CA, USA
Bahn - Support GmbH, Glattbrugg
Lamoureux Acoustics, Paris F

Track No4
Planerteam: Planerteam 5+

Cometti Truffer Architekten AG, Luzern


Locher Ingenieure AG, Zürich
HDZ Ingenieure AG, Urdorf
Meierhans + Partner AG, Schwerzenbach
Hager Partner AG, Zürich
vogtpartner, Winterthur
Projektbeschriebe

17
Elysion

18 1. Rang / 1. Preis Die städtebauliche Situation am Stadelhoferplatz wird auf


(Empfehlung zur Weiterbearbeitung) bestechende Weise geklärt, indem das Aufnahmege-
Planerteam: ARGE giuliani.hönger ag dipl. architekten bäude eine neue, starke Präsenz im Stadtraum erhält. Der
eth-sia-bsa / Caretta+Weidmann Generalplaner AG Eingang im Mittelrisalit wird wieder zum Hauptzugang des
Bahnhofs Stadelhofen, indem das Niveau des Erdge-
giuliani.hönger ag dipl. architekten eth-sia-bsa, schosses abgesenkt und die Öffnungen des Mittelrisalits
Zürich (Federführung) ebenerdig zum Vorplatz verlängert werden. Mit diesem
Lorenzo Giuliani, Christian Hönger, Patric Barben, Eingriff kann das Gebäude seine ursprüngliche Funktion
Christian Senn, Arben Murtezi, Yin Li im Stadt- und Bahnhofsgefüge wieder erfüllen und
reagiert durch die Vergrösserung der Zugänge und den
Schnetzer Puskas Ingenieure AG, Zürich Aufbauten der Seitenflügel auf die heute deutlich urbanere
Stefan Bänziger Umgebung. Die Aufbauten zeigen Respekt vor dem
Bestand, in dem sie leicht zurückspringen und in ihren
ADZ, Aicher De Martin Zweng AG, Luzern Proportionen fein abgestimmt sind. Gleichzeitig setzen sie
Michael Wagner in ihrer Ausbildung als feste Baukörper mit einer vertikal
gegliederten Glasfassade leuchtende Akzente. Im Innern
TIB, Technik im Bau AG, Luzern sorgt die klare Anordnung der Funktionen – Erschliessung
Markus Achermann im Erdgeschoss, Gastronomie im Obergeschoss – für
Grosszügigkeit.
enerpeak AG, Dübendorf
Andreas Krieg, Reuben Nzoyi Die Personenströme werden von den drei oberirdischen
Hauptzugängen sehr logisch und mit einem guten Sicht-
Antòn LAndscape GmbH, Zürich bezug in die bestehende Ladenpassage im Unterge-
Carola Antòn, Orianne Spinnler schoss und von dort zum Gleis 4 geleitet. Die heute beste-
hende Ladenpassage der 80er Jahre behält ihre Struktur
Caretta+Weidmann Generalplaner AG, Zürich und Funktion und wird lediglich durch unaufdringlich
Caretta+Weidmann Baumanagement AG, 8047 Zürich eingefügte Schaufensterfronten ergänzt. Zwischen der
Ladenpassage und dem neuem Gleis 4 wird eine Raum-
Königslicht GmbH, Zürich struktur aus Tunnelröhren aufgespannt, in der die Verbin-
Oliver Königs dungen zum Gleis 4, neue Ladenflächen sowie Bereiche
für Technik und Logistik angeordnet werden. Durch ihre
RAPP Industrieplaner AG, Basel Setzung und Lage auf dem Niveau des Gleises 4 werden
Danny Riedel, Heinz Lüthi die oberirdischen Stadträume des Promenadenhanges
möglichst wenig tangiert. Neben den Verbindungsröhren
Bakus Bauphysik und Akustik im Bau GmbH, Zürich zwischen der Ladenpassage und dem Gleis 4 liegen in
Michael Herrmann separaten Röhren die offenen Foodbereiche und sonsti-
gen Ladenflächen sowie die nicht öffentlich zugänglichen
Makiol Wiederkehr AG, Beinwil am See Bereiche. Sie können flexibel umgesetzt und erweitert
Beat Bart, Julia Passfall werden und bilden damit eine Raumreserve für spätere
Flächenbedürfnisse. Dabei muss sich noch zeigen,
GKP Fassadentechnik AG, Aadorf welche statischen Elemente benötigt werden, um die zu-
sätzlichen Erweiterungsflächen zu ermöglichen und wie
sich diese auf die Flexibilität der gesamten Flächen im
Ladengeschoss auswirken.

Die sogenannte ‘Gewölbehalle’ zieht ihre räumliche Quali-


tät und architektonischen Ausdruck aus der Konstruktion
19
20 als Tunnelröhren mit ihren Oberflächen aus Sichtbeton zweier Rolltreppenabgänge sinnvoll erweitert und gestal-
und transluzenten Abschlüssen aus Glasbausteinen, die terisch kontrolliert verändert.
sich an der Seitenwand des neuen Perrons abzeichnen
und bereits hier den besonderen Ausdruck des Bahnhofs In der Ladenpassage gelingt die Anbindung der Abgänge
Stadelhofen prägen. Die neue Raumstruktur hat wie die an die «Vierungen» mit grosser Selbstverständlichkeit; der
Erweiterung der 80er Jahre eine organische Struktur, Beibehalt der Position der Ladenfronten sichert den Cha-
entwickelt aber dennoch eine ganz eigene Identität und rakter der im Bestand zentralen Konzeption der Laden-
gestalterische Qualität. Durch die verwendeten Materialien passage als dem gebogenen Gleisverlauf folgendes Rück-
werden beide Strukturen ganz selbstverständlich mitein- grat der Anlage. Mit der Möglichkeit des Substanzerhalts
ander verbunden. Der respektvolle Umgang des Projekts der bestehenden Fronten bietet sich ein Potenzial zur
mit dem Bestand zeigt sich auch darin, dass ein grosser Schärfung des eingeschlagenen Wegs eines respektvol-
Teil der für die Bahnhofserweiterung der 80er Jahre so len Weiterbauens. Die Dynamik des Ortes emphatisie-
charakteristischen Zugänge und Treppen weitgehend rende Architektur des Bestandes wird durch das Projekt-
erhalten bleibt. Der Projektvorschlag führt einen intensiven team in den Anschlüssen zu den Durchstichen und im
Dialog zwischen Neu und Alt, bei dem die bestehenden neuen Perronbereich Gleis 4 in gekonnter Abstufung auf-
Teile des Ensembles ebenso stark und eigenständig zur genommen und in ruhigerem Ausdruck weitergeführt.
Geltung kommen wie die neue Erweiterung. Der Bahnhof
wird damit um eine qualitätsvolle Schicht ergänzt und im Die Aufstockung der Seitenflügel des Aufnahmegebäudes
Stadtraum wieder fest verankert. bietet kompensatorische Nutzflächen. Sie bedient sich
einem adäquaten formalen Ausdruck und ist im Sinne der
Sowohl Materialisierung wie auch Beleuchtungskonzept Stärkung der Präsenz des Bahnhofs am Stadelhoferplatz
sind zurückhaltend, aber stark in ihren Aussagen. Der wie gleichermassen im Hinblick auf die künftige Nachbar-
Anschluss an die Bestandsbauten der 80er Jahre gelingt schaft zum Neubau «Haus zum Falken» plausibel, auch
mit der gleichen Materialität auf überzeugende Weise. Der wenn sie die stadträumliche Durchlässigkeit zur Schan-
Übergang von der Ladenpassage in die Verbindungsbau- zengasse und Olgastrasse mindert. Im Innern des Aufnah-
ten zum Gleis 4 ist grosszügig und dekorativ ausgeleuch- megebäudes ist das Flächenangebot insbesondere im
tet, was zu einer stimmungsvollen Atmosphäre beiträgt. zweiten Obergeschoss zu überprüfen.
Die durchgehende Betonstruktur ohne Verzierung wirkt
als selbstverständliche Ergänzung zum bestehenden Bau In der Freiraumgestaltung werden mit gekonnten, kleine-
der 80er Jahre. Die Beleuchtung insgesamt ist stimmig ren Eingriffen stadträumliche Bezüge geklärt und die
und sehr gut ausführbar. Es unterstützt das starke einfa- Benutzbarkeit der Bahnhofanlage sowie der angrenzen-
che Gesamtkonzept. Die Verbindung von der Ladenpas- den Stadträume verbessert. Durch das Absenken des
sage zum Gleis 4 wird bewusst als Adaptationsstrecke Aufnahmegebäudes auf das Platzniveau und die seitlichen
genutzt. Aufstockungen erhält der Stadelhoferplatz einen klaren
und entschiedenen Abschluss. Die Neuinterpretation des
Die Anordnung des Hauptabgangs im Mitteltrakt des Platzes bis zum Aufnahmegebäude hin ist eine im Rah-
schutzwürdigen Aufnahmegebäudes und die Unterdrü- men des Projektes verständliche Idee, muss jedoch zwin-
ckung des Hochparterres in den Seitentrakten bringt zwar gend mit den denkmalpflegerischen Vorgaben des histori-
die Aufgabe des Sockels mit sich. Die markante Dreiteilig- schen Stadelhoferplatzes abgestimmt werden. Der
keit des Gebäudes wird aber im Innern wieder verstärkt zusätzliche Baum vor dem Aufnahmegebäude bringt kei-
und die Gestaltung der Türflügel sichert die erhabene nen Mehrwert. Die weitere Umgestaltung des Stadelhofer-
Wirkung des Aufnahmegebäudes bestmöglich. platzes liegt ausserhalb des Bearbeitungsperimeters und
wurde nicht bewertet, sie ist für das Funktionieren des
Mit den gleisparallelen Abgängen, dem Abgang Stadelho- neuen Bahnhofes aber auch nicht relevant.
ferpassage und dem benachbarten, skulptural ausgebil-
deten Liftkörper bleiben emblematische Elemente des Be- Im Bereich Hohe Promenade fokussiert das Projekt auf
stands erhalten; der Falkensteg wird durch die Anordnung einen minimalen oberirdischen Eingriff. Das bergmänni-
21
22 sche Vorgehen zeigt, dass die Unterbauung des Prome- ner Präsenz im Stadtraum gestärkt, reagiert selbstbe-
nadenhügels und damit der Erhalt der Platane im Park der wusst und dennoch angemessen auf die baulichen Verän-
Kantonsschule auf selbstverständliche Weise möglich ist. derungen im unmittelbaren Kontext und adressiert den
neuen Bahnhof mit grosser Selbstverständlichkeit. Das
Eine neue unterirdische Gewölbehalle, bestehend aus Projektteam respektiert die charakteristische Architektur
Stollenbauwerken orthogonal zum neuen Gleis 4, wird der Bahnhofserweiterung aus den 80er Jahren, einerseits
bergmännisch erstellt. Die Konstruktion geht vom neuen indem es die baulichen Eingriffe auf das notwendige Mini-
Haupttunnel aus und hat minimale Auswirkungen auf den mum reduziert, andererseits mit dem architektonischen
laufenden Bahnbetrieb und auf die städtische Umgebung. Ausdruck und der Materialisierung der neuen Erweiterung.
Dieses Grundkonzept ist bestechend. Es ist jedoch noch Mit einer klaren und eigenständigen, nicht weniger kräfti-
nachzuweisen, wieweit dies ohne äussere Installationen gen Formensprache gelingt ein Gleichgewicht, das die
und Materialumschlag aus der Schanzengasse und ohne Bauteile aus den unterschiedlichen Epochen zu einem
eine Bauverzögerung tatsächlich möglich ist. Für die Auf- neuen Ganzen verschmelzen lässt. Die vorgeschlagene
nahme des Hangdruckes unter Berücksichtigung der Baustruktur hat zudem das Potenzial, die Eingriffe im sen-
etappenweisen Herstellung der Gewölbe mit zahlreichen siblen Bereich der Hohen Promenade zu minimieren und
Längsfugen muss das Projekt weiter optimiert werden. damit den wertvollen Grünraum glaubhaft zu stärken.
Die Entwässerung oberhalb der Gewölbe und die Proble-
matik der Bildung von Wassersäcken scheint noch unge-
löst zu sein.

Die vom Projektteam geschätzten Baukosten liegen etwa


bei den Kosten des Referenzprojektes. Die Überprüfung
zeigt, dass die zu erwartenden Baukosten wohl deutlich
höher liegen werden.

Die Lebenszykluskosten werden aufgrund der höheren


Anzahl an erforderlichen Ankern höher als beim Referenz-
projekt eingeschätzt. Spezielle Kostentreiber sind nicht zu
erkennen.

Im Betrieb und Unterhalt sind ebenfalls keine Kostentrei-


ber zu erwarten. Die Kostenfolgen eines geplanten Ver-
zichts der Netzersatzanlage ist zu prüfen. Die kompakte
Raum- und Fassadengestaltung ist energetisch günstig.
Es wird die Wärmerückgewinnung aus Kälte genutzt.

Die bestehenden Ladenflächen in der Ladenpassage blei-


ben weitgehend bestehen. Die neuen Ladenflächen fallen
gross aus und können optimiert werden, dies allerdings
unter Berücksichtigung eines potenziell höheren Mieter-
trags. Die technische Machbarkeit der Gebäudetechnik in
den Boden- und Deckenhohlräumen ist zu überprüfen.

Fazit
‘Elysion’ ist ein bemerkenswert stimmiger und kohärenter
Beitrag, der auf ganz verschiedenen Ebenen überzeugt.
Das Aufnahmegebäude wird durch die Erweiterung in sei-
23
24
25
VIA

26 2. Rang / 2. Preis Die Einordnung der städtebaulichen Lage und die denk-
Planerteam: INGE Team SAMBA malpflegerische Relevanz des Bahnhofs Stadelhofen
werden durch die Illustration des Bahnhofs um 1915, gut
SAM Architekten und Partner AG, Zürich (Federführung) zwanzig Jahre nach Inbetriebnahme, als Ausgangspunkt
René Antoniol, Andrea Gubler, Sacha Menz, Christoph für das Projekt VIA überzeugend dargestellt.
Schneider, Elisa Romoldi, Andrea Calzolaro, Elena
Lozano, Nerea Nuin, Fabio Compagno Das Aufnahmegebäude fungiert damals und auch heute
als Eingangstor zur Stadt; die seitlichen Durchblicke zum
F. Preisig AG, Zürich Hang und zum Zürichsee sind eine prägende räumliche
Markus Schneider, Daniela Raupp Qualität und werden als räumlich befreiend dargestellt.
Diese räumliche Transparenz zu wahren, wiederherzustel-
Lombardi AG - Beratende Ingenieure, Luzern / Minusio len und zu verstärken wird durch das Preisgericht positiv
Giovanni Como, Fabiana Carrera-Henke, Alessandro bewertet. Es wird eine gute räumliche Einbindung der
Damiani, Andrea Guglielmi, Paolo Pollicini, Leandro Infrastruktur in den öffentlichen Raum erreicht. Auch die
Kaehr, Alfred Holenstein, Julian Maier Integration der Ladenpassage und die Anbindung des
neuen Gleises 4 wirken schlüssig. Insgesamt gelingt eine
Binatec Ingenieure AG, Altdorf grosszügige und überzeugende städtebauliche Einbet-
Gian A. Bisatz, Phillipp Walker tung des Bahnhofs.

Bähler AG, Küssnacht am Rigi Das Aufnahmegebäude erhält die ihm zustehende Hierar-
Christian Bähler, Dario Marinelli, Dean Iten chie und Funktion. Ein selbständig tragendes Vordach in
Baubronze und der Ersatz der anfangs des zwanzigsten
bbz bern gmbh, landschaftsarchitekten BSLA, Bern Jahrhunderts ergänzten Seitenflügel durch bronzene
Vinzenz Gurtner, Clara Burkhardt offene Loggien geben den seitlichen Zugängen Raum,
Luft und Transparenz und markieren in einer prägnanten
Mati AG, Adliswil Klarheit die Zugänge zum Bahngeschehen. Der Stadelho-
Hanspeter Keller, Meta Romanens, Paula Galarce ferplatz wird in diese neu geschaffene Gesamtsituation
Schröder sehr gelungen eingebunden.

Die Haupttreppe erschliesst überzeugend die unterirdi-


sche bestehende Ladenpassage vom Platz her und die
Neugestaltung der Seitenflügel schafft den erforderlichen
Raum für die angemessene Positionierung der Rolltrep-
pen, einen Lift und offene, einsehbare Flächen für den
Verkauf.

Die Leere des Zentrums des Aufnahmegebäudes (einer


städtischen Loggia) schafft eine neue Transparenz. Die
radikale Haltung wird im Preisgericht intensiv diskutiert.
Die Verbindung von Bahnhof und Stadtraum sowie die
Führung der Personenströme wird als angemessen beur-
teilt. Auch der Einbezug der Ladenpassage wirkt schlüs-
sig wobei die Visualisierungen als zu idealisierend emp-
funden werden.

Das Lichtkonzept ist solide und plakativ. Die Qualitäten in


der Eingangspartie werden durch den Tageslichteinfall
27
28 verstärkt. Durch die Lichthalle wird das Portal präzise Seine Vorteile entwickelt der Entwurf hingegen im logi-
zelebriert. Der gewaltige Auftritt wird durch ein eher einfa- schen Anschluss aller Abgänge an die «Vierungen» der
ches und nicht von einer kohärenten Idee getragenem Ladenpassage, wo mit dem Beibehalt der Ladenfronten
Lichtkonzept geschwächt. Verschiedene Zwischenzonen ein räumlich ruhiges, mit der bestehenden Ladenpassage
wie die Adaptationsstrecke zum Gleis 4 sind nicht darge- respektvoll verfahrendes Weiterbauen erkennbar wird.
stellt. Sie wirken jedoch aufgrund des ungünstigen Ver-
hältnisses von Durchmesser und Länge unproportioniert. Bezüglich Freiraumgestaltung besteht die grosse Qualität
des Projektes in der überzeugenden Art und Weise, wie
Aus denkmalpflegerischer Sicht führt die radikal gedachte, der Übergang vom öffentlichen Raum hinab in die unterir-
konzentrierte Anordnung leistungsfähiger Abgänge im dische Welt des Bahnhofes erfolgt. Die Gestaltung des
Bereich des schutzwürdigen Aufnahmegebäudes zu des- Stadelhoferplatzes bleibt richtigerweise unverändert – die
sen kompletter Transformation. Durch das gleichzeitige Platzverhältnisse zwischen zentralem Abgang und Tram-
Kürzen der Seitenflügel um je zwei Achsen und der Auf- geleisen sind allerdings zu eng.
gabe des Hochparterres und damit des Sockels verliert
das Gebäude wichtige Funktionen und als Platzfassade Leider kann die mächtige Platane im Park der Kantons-
an städtebaulicher Präsenz. schule mit dem in den Hügel geschobenen, unterirdischen
Technikgebäude voraussichtlich nicht erhalten werden.
Im Umgang mit den Gebäudeteilen der Bauwerke der
80er Jahre vermag die dezidierte Haltung indes zu keiner Für das Technikgebäude wird prinzipiell das Konzept des
Entlastung führen. Sämtliche Auf- und Abgänge des Be- Referenzprojektes übernommen. Der detailliert beschrie-
standes werden verändert oder vollumfänglich ersetzt: der bene Bauprozess ist klassisch, wobei die Tragkonstruk-
Falkensteig wird durch die Zufügung einer Rolltreppe um- tion einem Zweckbau entspricht. Es ist nicht klar, wie der
gestaltet, die gleisparallelen Abgänge ebenso abgebro- Hangdruck im Technikgebäude im Endzustand aufge-
chen wie der Abgang Stadelhoferpassage; auch sämtli- nommen wird. Das Aufnahmegebäude wird komplett ent-
che Aufgänge zu den Mittelperrons werden ersetzt. leert und wichtige, tragende Wände werden im Erdge-
29
30 schoss entfernt. Obwohl ein solcher Eingriff technisch Mit der Idee einer zentralen Haupterschliessung durch das
durchaus machbar ist, wird die Ausführung nicht klar be- Aufnahmegebäude verbleiben auf Stadtebene nur noch
schrieben und die teilweise verschiedenen Darstellungen geringe Flächen für kommerzielle Nutzungen. Zusätzlich
zeigen eine gewisse Unentschlossenheit. entfallen durch die «Entleerung» des Aufnahmegebäudes
sämtliche Nutzungen in den Obergeschossen, ohne dass
Auf Grund der minimalen Kostenangaben ist nur eine reine dafür attraktive Kompensationsmöglichkeiten geschaffen
Plausibilitätsbetrachtung der Baukosten möglich. Das werden.
Projekt entspricht in wesentlichen Punkten dem Referenz-
projekt. Entsprechend plausibel ist die geringe Abwei-
Fazit
chung der Baukosten.
Das Projekt besticht durch seine klare Haltung, die sehr
stark auf die komfortable Bewältigung der in den nächsten
Die Lebenszykluskosten dürften mit dem Referenzprojekt
Jahrzehnten zu erwartenden wachsenden Personen-
vergleichbar sein. Aus betrieblicher Sicht ist die Anord-
ströme fokussiert, wobei das Gleis 4 in den Hang positio-
nung des Warenaufzugs direkt am zentralen Verbin-
niert als wichtiger Katalysator fungiert. Mit seiner städte-
dungstunnel von Ladenpassage zu Gleis 4 wenig sinnvoll
baulichen Einbindung leistet das Projekt einen
und aus kommerzieller Sicht negativ zu beurteilen. Eine
überzeugenden Beitrag, allerdings bleiben in der architek-
einfache Zugänglichkeit zu den Ankerköpfen ist mit der
tonischen Umsetzung und insbesondere im Umgang mit
vorgeschlagenen Verkleidungswand aus Faserbeton nicht
der schutzwürdigen Substanz Fragen offen. Darüber hin-
gegeben.
aus ist die funktionale und bautechnische Umsetzung nur
lückenhaft erfüllt.
Das Energiekonzept sieht ein Anergienetz mit Erdsonden
für Abwärmenutzung und erneuerbare Energie vor.
31
Vorhang auf!

32 ausgeschieden im 2. Rundgang Die klare Präsentation der städtebaulichen Analyse, der


Planerteam: Planergemeinschaft EBP Schweiz AG / entwerferischen Strategien und des Projekts mit Zeich-
Itten + Brechbühl AG nungen, Diagrammen und Visualisierungen wird durch
das Preisgericht gelobt. Die Transformation des Aufnah-
Itten+Brechbühl AG, Zürich (Federführung) megebäudes mit einer laternenartig aufgesetzten Brasse-
Alexandro Bühl, Anna Chong, Beatrice Dornseifer, Lidorf rie im Obergeschoss, die Aussicht auf den Platz ermög-
Gilad, Lucia del Piñal, Roberto Ros licht, wird ausführlich diskutiert. Einerseits verändern sich
damit die Proportionen des Gebäudes sehr stark, ande-
KCAP Architects&Planners GmbH, Zürich rerseits wird gerade hierdurch der öffentliche Charakter
Anouk Knuitenbrouwer, Andraz Intihar, Reinis Salins des Bahnhofs erhöht und seine Präsenz im städtischen
Raum - zwischen Hang und Zürichsee - gestärkt. Zudem
EBP Schweiz AG, Zürich erhält das Aufnahmegebäude wieder eine zentrale Funk-
Rudolf Leemann, Thomas Espinosa, Jürg Portner, tion.
Christoph Haas, Julia Dolder, Heinz Richter, Mirco
Stillhart, Rolf Wettstein, Christoph Lippuner Ob jedoch die neuen Zugänge in den beiden Seitenflü-
geln, die diagonale Bewegungen in der Ladenpassage
Walt Galmarini AG, Zürich generieren, eine gute Lösung darstellen, wird aus betrieb-
Andreas Galmarini, Wolfram Kübler lichen Gründen, nicht zuletzt hinsichtlich optimaler Pas-
santenströme, bezweifelt. Auch in der architektonischen
vetschpartner Landschaftsarchitekten AG, Zürich Umsetzung wirkt der Vorschlag eher undifferenziert.
Carina Habel, Nils Lüpke
Aus Sicht des Projektteams verlangt die Erweiterung des
d-lite lichtdesign, Zürich Bahnhofs mit einem vierten Gleis, die aufgrund der
Guido Grünhage, Pia Ziegler grösseren Passantenströme zu einer Intensivierung der
Bahnhofsinfrastruktur und einer Erhöhung der Anforde-
rungen an den gesamten städtischen Raum führen, eine
neue Vision für die Ladenpassage. Die Verbreiterung der
Ladenpassage hinter der markanten Tragstruktur ist zwar
sicherlich ein interessanter Ansatz, trägt in der vorgeschla-
genen Art allerdings wenig zu einer räumlichen Qualität
bei und schwächt die architektonische Qualität des Be-
standes. Zudem wirft die freigespielte Tragkonstruktion
gestalterisch Fragen auf.

Die infrastrukturellen Lösungen auf und unter der Oberflä-


che überzeugen insgesamt nicht und stehen teilweise in
Konflikt mit dem Programm.

Positiv wird das Logistikkonzept gesehen, das vorsieht,


die bestehende Anlieferung um einen weiteren Versor-
gungsstützpunkt in der Schanzenterrasse zu ergänzen.

Das Beleuchtungskonzept knüpft nicht an das vorhan-


dene Konzept an, wirkt damit nicht integrierend, sondern
beliebig. Der Anschluss an die Bestandsbauten der 80er
Jahre wird durch die dunkle Materialität der Erweiterung
erschwert. Dramaturgisch wird die Perronhalle 4 so
33
34 beleuchtet, dass das Licht von unten kommt. Diese Insze- bäude und Gleis 1. Die Aufgabe der Ladenfronten in der
nierung zusammen mit der dunklen Materialisierung ist Ladenpassage stellt einen starken Eingriff in die Konzep-
problematisch, vor allem für ältere und fehlsichtige tion und die Substanz des Bestandes dar. Die Aufgänge
Menschen. Das Ankommen wirkt nicht sehr freundlich. zu den Mittelperrons werden vollumfänglich durch neue
Zudem wird das Verhältnis von Perronlänge des Gleis 4 Erschliessungen in unterschiedlicher Ausprägung ersetzt,
zur Adaptionsstrecke als schwierig beurteilt. deren Gestaltung und Ausrichtung in Bezug auf den
Bestand nicht nachvollziehbar ist. Unberührt bleiben hin-
Die verschiedenen Eingriffe am schutzwürdigen Aufnah- gegen der Aufstieg zum Falkensteg und der Abgang im
megebäude führen in ihrer Summe zu einer Schwächung Bereich der Stadelhoferpassage.
dessen klarer Typologie und einer Zergliederung seiner
Teile. Die Aufstockung ist volumetrisch und architekto- In der Freiraumgestaltung wird ein starker Fokus auf die
nisch typologiefremd und die Begründung der Wiederher- Neugestaltung des Stadelhoferplatzes, ausserhalb des
stellung der Proportion vermag nicht zu überzeugen. Die Bearbeitungsperimeters, gelegt. Dies war grundsätzlich
Öffnung der Bogenstellungen in den Seitenflügeln und die erlaubt, Vorschläge dazu wurden aber nicht beurteilt.
damit verbundene Aufgabe des Hochparterre-Niveaus ist
funktional zwar plausibel, die asymmetrische Behandlung Eine neue Baumreihe zeichnet die Schanzenterrasse
der beiden Seitenflügel widerspricht der Gestalt des klas- nach. Der Vorschlag ist problematisch für das Schutzen-
sizistischen Gebäudes jedoch stark. semble Schanzengasse 10 und Villa Hohenbühl. Der Er-
halt der Platane auf dem Promenadenhügel wird durch die
Eine anderweitige Entlastung des Baubestandes kann mit Unterbauung infrage gestellt.
den Massnahmen dabei nicht erzielt werden: Direkte Kon-
sequenz der Neuorganisation der Abgänge ist der Verlust Der Ingenieurbau wird gegenüber dem Referenzprojekt
der Abgänge zur Ladenpassagen zwischen Aufnahmege- optimiert und die Eingriffe für das Technikgebäude werden
35
36 sorgfältig minimiert. Die Baugrube wird im Grundriss redu- Das Energiekonzept sieht ein Anergienetz mit Erdsonden
ziert, wobei ein zusätzliches Untergeschoss für Lager- und für Abwärmenutzung und erneuerbare Energie vor.
Technikfläche kreiert wird und bautechnische Massnah-
men vorgesehen werden, um die Erddrücke zu minimie- Die Verkehrsflächen werden insgesamt zu Lasten beste-
ren. Somit wird die Ausführung vereinfacht und die Auf- hender Ladenflächen deutlich vergrössert. Das Rückver-
nahme des Hangdruckes im Endzustand verbessert. Die schieben der Fronten beidseits der bestehenden Laden-
klaren Tragwerkskonzepte sind überzeugend. passage führt zu Ertragsausfällen. Durch die Platzierung
der zentralen Erschliessung im Erdgeschoss des Aufnah-
Die Kostenangaben sind nachvollziehbar hergeleitet. Das megebäudes verbleibt nur noch eine Restfläche für
Projekt entspricht in wesentlichen Punkten dem Referenz- Ladenfunktionen.
projekt. Die geschätzten Baukosten liegen wesentlich
über den Kosten des Referenzprojektes. In der Kosten-
Fazit
überprüfung werden die Kosten – insbesondere für den
Das Projekt leistet mit interessanten Ansätzen, insbeson-
Rohbau - geringfügig höher als eingegeben eingeschätzt.
dere zur Integration des Bahnhofs in seinem stadträumli-
chen Kontext aber auch zu einem optimierten Ingenieur-
Die Lebenszykluskosten dürften mit dem Referenzprojekt
bau und klaren Tragwerkskonzepten, einen wertvollen
vergleichbar sein. Es sind keine speziellen Kostentreiber
Diskussionsbeitrag. Leider bleiben letztlich aber zu viele
zu erkennen. Im Betrieb, Unterhalt und bezüglich Begeh-
Fragen offen.
barkeit wirken sich die diversen gewölbten Wand- und
Deckenflächen tendenziell negativ aus.
37
Alice im Wunderland

38 ausgeschieden im 2. Rundgang Mit dem Gleis 4 und der neuen, unterirdischen Situation
Planerteam: Planergemeinschaft Stadelhofen verwandelt sich der Bahnhof Stadelhofen zum Tiefbahn-
hof. Diese Prämisse bestimmt den Entwurfsansatz des
DÜRIG AG, Zürich (Federführung) Projektteams von ‘Alice im Wunderland’. Entsprechend
manifestiert sich der zur Metrostation erweiterte Bahnhof
Amstein + Walthert AG, Zürich mit diversen, in den Stadtraum eingestreuten Kleinbauten
für die Zugänge, Lifte und Fluchtwege. Diese verweisen
dsp Ingenieure + Planer AG, Uster auf das Geschehen im Untergrund und spielen insbeson-
dere in der Nacht mit Massstabssprüngen und Verwand-
ILF Beratende Ingenieure AG, Zürich lungen. Bei Tageslicht sollen die minimalistisch gestalteten
Kleinbauten dagegen kaum in Erscheinung treten. Der
Studio Vulkan Landschaftsarchitektur, Zürich interessante Ansatz mit reduzierten, ‘mikroinvasiven’ Ein-
griffen weist hohes Potential für einen schonenden Um-
Reflexion AG, Zürich gang mit der sensiblen städtebaulichen und landschaftli-
chen Situation und eine hohe Flexibilität für zukünftige
Anpassungen und Erweiterungen auf. In der konkreten
Umsetzung bleiben allerdings nicht zuletzt beim Vorplatz
vor dem Aufnahmegebäude viele Fragen offen. Die trans-
parente Darstellung der hier platzierten Aufgänge kann
nicht darüber hinwegtäuschen, dass die notwendige
Dimensionierung und die Platzierung die Präsenz des Auf-
nahmegebäudes am Stadelhoferplatz beeinträchtigen und
die Funktionalität des Platzes einschränken. Der mitten im
Stadelhoferplatz angeordnete Abgang mit Rolltreppen
liegt ausserhalb des Bearbeitungsperimeters und wird
deshalb nicht bewertet. Obwohl er als optional bezeichnet
wird, ist er aus Sicht des Preisgerichts für das gute Funk-
tionieren der unterirdischen Infrastruktur wohl unabding-
bar und erfüllt damit die Vorgabe für allfällige Eingriffe
ausserhalb des Perimeters nur bedingt.

Durch die konzept-immanente Aufteilung des Angriffs-


schachts und die bergmännische Bauweise der Bahnhofs-
erweiterung kann die prägnante Platane auf dem Prome-
nadenhügel mit grosser Wahrscheinlichkeit erhalten
werden.

Leider kann der schonende Umgang mit dem Stadtraum,


der die Faszination des Entwurfsansatzes ausmacht, nicht
auf den Umgang mit der baulichen Substanz übertragen
werden. Mit grossem Aufwand wird die bestehende
Ladenpassage mit einer zweischiffigen Halle bergseits
erweitert. Sämtliche Zugänge zu den Gleisen 2 und 3
werden ersetzt, dazwischen werden Aufenthaltsbereiche
angeboten, deren räumliche Qualitäten jedoch nicht über-
zeugen. Der expressiven Formensprache der bestehen-
den Ladenpassage begegnet die neue Halle mit einem
einfachen, zurückhaltenden architektonischen Ausdruck.
39
40 Dies ist an sich eine mögliche Haltung im Umgang mit Aus denkmalpflegerischer Sicht entlastet die Anordnung
bestehender Substanz, allerdings gelingt es nicht, die der Rolltreppen auf dem nordwestlichen Vorplatzbereich
beiden Bauteile zu einem neuen Ganzen zusammenzufüh- das Aufnahmegebäude und bietet einen unmittelbaren
ren, was letztlich die heute bestehende Ladenpassage in Abgang zur Ladenpassage. Die angedachte, nicht unbe-
ihrer architektonischen Kraft empfindlich schwächt. Die dingt zwingende Überdachung derselben und die Platzie-
Bespielung der drei Verbindungsgänge zum Gleis 4 mit rung eines Lifts vor dem südlichen Seitenflügel verstellt je-
kommerzieller Nutzung (Gastro, Verkauf) wertet diese Be- doch auch bei beabsichtigt transparenter Gestaltung den
reiche auf und trägt damit zu einem besseren Sicherheits- Blick auf die Platzfassade des Aufnahmegebäudes.
empfinden bei. Dennoch stellt sich zusammen mit dem
grossen Eingriff in die Ladenpassage die Frage nach Auf- Die Konzeption verteilter Abgänge ermöglicht den Erhalt
wand der Mittel und Ertrag. der prägenden Ab- respektive Aufgänge am Gleis, des
Falkensteigs und der Stadelhoferpassage, während sämt-
Wenn mit der Beleuchtung der diversen, im Stadtraum liche Aufgänge auf das Mittelperron ersetzt werden. Die
eingestreuten Kleinbauten zwar ein spannender Verweis Aufgabe der bergseitigen Ladenfronten in der Laden-
auf die unterirdische Welt hergestellt wird, ist jedoch ins- passage wird abgesehen vom Substanzverlust räumlich
gesamt kein übergreifendes Beleuchtungskonzept kritisch beurteilt. Die fehlende Umdeutung der Bestands-
erkennbar. Vielmehr reagiert die Beleuchtung situativ auf pfeiler zu freistehenden Stützen, die räumliche Situation
die jeweiligen Raumbereiche. der Erweiterung und deren architektonische Ausformulie-
rung als Reaktion auf den Bestand vermögen in der
dargestellten Form nicht zu überzeugen.
41
42 Das unterirdische Technikgebäude wird mit zwei getrenn- Die im Bereich der heutigen Ladenpassage reduzierten
ten Baugruben sowie mit einem komplizierten und auf- Ladenflächen werden in den Erweiterungsflächen über-
wändigen bergmännischen Verfahren erstellt. Es resultiert kompensiert. Dies führt insgesamt zu einem ungünstigen
ein grosser Materialumschlag bei der Schanzengasse, Kosten-Nutzen-Verhältnis und einer schlechten Flächenef-
eine längere Beeinflussung der Umgebung und ein ver- fizienz.
gleichsweise langwieriger Bauprozess. Das Kosten/Nut-
zen Verhältnis ist ungünstig und die Begründung ist nur
Fazit
teilweise nachvollziehbar.
Der Ansatz der Transformation des Bahnhofs Stadelhofen
in eine ‘Metrostation’ interessiert nicht zuletzt wegen des
Auf Grund der minimalen Kostenangaben ist nur eine reine
Potenzials für einen schonenden Umgang mit dem sen-
Plausibilitätsbetrachtung der Kosten möglich. Die abgege-
siblen städtebaulichen Kontext und der landschaftlichen
benen Baukosten liegen mehr als doppelt so hoch wie
Situation, sondern auch aufgrund seiner hohen Flexibilität
beim Referenzprojekt. Die vorhandenen Angaben werden
für zukünftige Erweiterungen und Anpassungen. Die Um-
auf Grund der aufwändigen Bauweise als plausibel erach-
setzung der Zugänge, der gestalterische Umgang mit dem
tet.
Bestandesbahnhof sowie das vorgeschlagene Bauverfah-
ren überzeugen dagegen nicht.
Bezüglich Lebenszykluskosten werden keine Auffälligkei-
ten festgestellt. Die Anzahl der permanenten Anker ist
identisch mit dem Referenzprojekt. Die vorgeschlagenen
Lichtpunktdecken erweisen sich bezüglich Unterhalt und
Integration von weiteren Elementen (Signaletik usw.) als
ungünstig.

Die Angaben zur Nachhaltigkeit in Bezug auf Energiekon-


zept und Materialisierung ergeben kein vollständiges Bild
für die Bewertung.
43
KOHÄRENZ

44 ausgeschieden im 2. Rundgang Mit dem Kennwort ‘Kohärenz’ – Zusammenhang – ver-


Planerteam: Projektgruppe Calatrava / Calatrava Valls SA weist das Projektteam in gleich mehrfacher Hinsicht auf
seinen konzeptuellen Ansatz.
Calatrava Valls SA, Zürich (Federführung)
Die zusammenhängende Bespielung des fliessenden
B+S AG, Zürich Hangfusses über den parkartigen Hügel der Hohen Pro-
menade bis hinunter zum Stadelhoferplatz soll den Grün-
Pöyry Schweiz AG, Zürich raum stärken und damit den Bahnhof Stadelhofen besser
in das Stadtgefüge einbinden. Der Vorschlag für zusätzli-
Dr. Vollenweider AG, Zürich ches Grün über der Promenade, auf den Terrassen und
vor dem Aufnahmegebäude ist in diesem Sinn nachvoll-
eicher+pauli Luzern AG, Kriens ziehbar und schlüssig. Die aufgezeigte Massnahme zum
Erhalt der mächtigen und nicht zuletzt auch konzeptuell
ga-solution AG, Zürich wichtigen Platane im Park der Kantonsschule wird für den
tiefwurzelnden Baum als zu schmächtig dimensioniert und
Hefti Hess Martignoni AG, Zürich letztlich ungenügend eingestuft. Vorschläge ausserhalb
des eigentlichen Bearbeitungsperimeters, wie die Neuge-
Stauffer Rösch AG, Basel staltung des Stadelhofersplatzes, waren grundsätzlich
erlaubt, wurden aber nicht bewertet. Die Vorgabe, dass
Kardorff Ingenieure Lichtplanung GmbH, Berlin D das Projekt innerhalb des Bearbeitungsperimeters die
volle Funktionstüchtigkeit aufzeigen müsse, wird mit der
Mint Architecture AG, Zürich Kapazität der im Perimeter liegenden Aufgänge und der
ausgelagerten WC-Anlage nur beschränkt eingelöst.

Architektonisch ist die bauliche Erweiterung durch die


Haltung des kohärenten Weiterbauens am Bestand ge-
prägt. So wird etwa beim Ausbau des vierten Gleistunnels
und dessen Anschlüssen an die bestehende Bahnhofs-
anlage die vorhandene Formensprache modifiziert weiter-
geführt. Dieser grundsätzlich möglichen Haltung stehen
die Eingriffe in der charakteristischen Ladenpassage
diametral entgegen. Das Versetzen der Ladenfronten
spielt die Stützen frei und schafft eine dreischiffige Halle,
die weder räumlich noch mit der gestalterischen Kraft der
neuen raumbildenden Elemente überzeugen kann. Im Re-
sultat wird damit ein zentraler Bestandteil der bestehen-
den Bahnhofsarchitektur empfindlich geschwächt. Der
Entscheid zu Gunsten von vier Verbindungen zwischen
Gleis 4 und der Ladenpassage wird als wenig zielführend
bewertet.

Die an sich gute Idee eines stärkeren Zusammenhangs


zwischen Bahnhofsnutzung und Stadtraum kann nicht
zufriedenstellend umgesetzt werden. So werden einzelne
Zugänge durch Gebäude vorgeschlagen, die den An-
spruch an einen öffentlichen Bahnzugang kaum erfüllen,
und sie sind - auch hier – nur zulasten bestehender
45
46 Ladennutzung möglich, ganz abgesehen davon, dass sie Die Aufgabe der Ladenfronten in der Ladenpassage wird
ausserhalb des Bearbeitungsperimeters liegen und damit abgesehen vom Substanzverlust auch räumlich kritisch
die Vorgaben nicht erfüllen. beurteilt: die Aufweitung derselben zu einer dreischiffigen
Stützenhalle beeinträchtigt die ursprüngliche Konzeption
Die Beleuchtung knüpft am Bestand an. Ein eigentliches als dem gebogenen Gleisverlauf folgendes Rückgrat der
Konzept betreffend Orientierung ist nicht ersichtlich. Die Anlage, deren Umdeutung trotz bewusster Umgestaltung
Beleuchtung des Perrons Gleis 4 zeigt interessante An- der nun frei stehenden Stützen nicht überzeugend gelingt.
sätze, weist jedoch situativ Konflikte mit den technischen Wenn die Fortführung der vorhandenen Formensprache
Anforderungen auf. im Umgang mit notwendigen Modifikationen des Be-
stands überzeugt (zum Beispiel der Aufgänge zum Mittel-
Aus denkmalpflegerischer Sicht entlastet die Anordnung perron oder zum Falkensteg), so schmälert sie in der
der Rolltreppen ausserhalb des Bearbeitungsperimeters übergeordneten Absicht, eine neue, ununterscheidbare
auf dem Stadelhoferplatz das Aufnahmegebäude. Die Einheit zu schaffen, den Wert als bedeutendes Zeitzeugnis
Wirkung des Aufnahmegebäudes als Platzabschluss wird in denkmalpflegerischem Sinn empfindlich.
durch den Beibehalt des Sockels, die Vergrösserung des
hindernisfrei erschlossenen Treppenpodestes und die Für die Tragwerksplanung werden die Elemente der Kons-
Wiederaufnahme des historischen Elementes der Begrü- truktion der 80er Jahre übernommen und wiederholt. Die
nung betont. Die Dreiteiligkeit des Gebäudes wird auch im additive Betrachtung der Tragwerkselemente erscheint
Innern bewahrt, baulich konzentriert sich der Eingriff auf wenig innovativ und wird über die simple Wiederholung als
die deutliche Vergrösserung des Abgangs in die Laden- Schwächung des Bestandes empfunden.
passage. Die architektonische Ausformulierung wirkt im
Verhältnis zur funktionalen Bedeutung dieses Abgangs Die Tragwerkselemente sind ingenieurtechnisch sorgfältig
und als Unterbau zum klassizistischen Bau allerdings geplant. Die Bauprozesse sind sehr detailliert ausgearbei-
überinszeniert. tet und dargestellt, sowie stets überzeugend.
47
48 Die Kosten sind detailliert und nachvollziehbar hergeleitet. Ladenflächen im Bestand. Die Qualität und Wirtschaftlich-
Sie liegen deutlich über den Referenzkosten. Die Über- keit einzelner Erweiterungsflächen ist nur bei einer Reali-
prüfung zeigt, dass die zu erwartenden Baukosten sierung der neuen Zugänge ausserhalb des Perimeters
tendenziell etwas höher liegen werden. gegeben, die jedoch aufgrund ihrer Lage nicht in die
Bewertung einfliessen.
Die gegenüber dem Referenzprojekt geringere Anzahl
permanenter Anker wirkt sich positiv auf die zu erwarten-
Fazit
den Lebenszykluskosten aus. Die vorgeschlagenen Insze-
Das Projekt ‘Kohärenz’ beeindruckt mit einer sorgfältigen
nierungen mit Lichtbändern im Bereich der Perrons wer-
Bearbeitung der diversen Aufgabenstellungen. Eine gros-
den bezüglich Betrieb und Unterhalt aufwändig sein,
se Qualität wird im Ansatz gesehen, die Einbindung in den
ebenso die teilweise grossflächigen Abwicklungen mit
städtebaulichen Kontext über eine Stärkung des Grün-
weissen Verkleidungskonstruktionen an Decken und Wän-
raums zu suchen. Wenig nachvollziehbar ist aus Sicht des
den.
Preisgerichts dagegen der Umgang mit dem Bestand, ein
klares, übergeordnetes Konzept ist nicht erkennbar. Die
Das Energiekonzept sieht ein Anergienetz mit Erdsonden
gesuchte Durchlässigkeit zwischen Bahnhof und Stadt-
für Abwärmenutzung und erneuerbare Energie vor.
raum führt zu einer Vielzahl von – teilweise aufwändigen –
Eingriffen, die nicht nur die bestehende Bahnhofsarchitek-
Das Rückverschieben der Fronten beidseits der bestehen-
tur empfindlich schwächen, sondern teilweise auch
den Ladenpassage zu Gunsten von Verkehrsflächen führt
ausserhalb des Bearbeitungsperimeters liegen.
trotz zusätzlichen Verkaufsinseln zu einer Verringerung der
49
hin und weg

50 ausgeschieden im 2. Rundgang Der Entwurf «hin und weg» schafft eine neue zentrale Ein-
Planerteam: Theo Hotz Partner Architekten AG gangssituation im bestehenden Aufnahmegebäude des
Bahnhofs Stadelhofen. Zur Erschliessung des unterirdi-
Theo Hotz Partner Architekten AG, Zürich (Federführung) schen Bahnhofs werden in den beiden Seitenflügeln neue
Peter Berger, Robert Surbeck, Stefan Adler, Marc Zick- Treppenanlagen und zusätzliche seitliche Eingänge
lam, Tim Häberlin, Yad Hama, Fabian Dörr, Anthony geschaffen. Grossformatige Oberlichter in den Dachflä-
Cerasoli, Benedikt Samson chen der beiden Seitenflügel schaffen räumliche Qualitä-
ten und leiten das Tageslicht über die Treppen bis ins
Basler & Hofmann AG, Zürich Untergeschoss weiter. Im Mittelbau sind gastronomische
Felix Gisler, Mathias Kuhn, Dominik Schenk, Philip Glanz- Nutzungen geplant, die die beiden seitlich angrenzenden
mann, Phillip Anghern, Marcel Burren, Mom Hubert, Dachflächen als Aussenterrassen nutzen. Ein zentraler
Martin Herren, Thomas Schmutz, Markus Schellenberg, Aufzug verbindet alle Geschosse miteinander.
Fabiana Kappeler
Eine hinterleuchtete und flexibel bespielbare Schicht bildet
extra Landschaftsarchitekten AG, Bern einen neuen räumlichen Abschluss entlang vom Gleis 3.
Simon Schöni, Daniela Rosati Sie dient gemäss dem Projektteam der optischen Aufwer-
tung der existierenden Stützwand und bildet einen neuen
mosersidler.AG für Lichtplanung, Zürich stadträumlichen Abschluss auf Stadtniveau.
Uli Sidler
Aus Sicht des Preisgerichts sind die Eingriffe in die Laden-
Ziörjen Baumanagement GmbH, Zürich passage aus den 80er Jahren schwer nachvollziehbar.
Ralf Ziörjen Das Versetzen der Ladenfronten bewirkt eine räumliche
Verunklärung, erschwert die Orientierung und schwächt
den architektonisch prägnanten Ausdruck des Bestandes
empfindlich. Die als Ersatz für die aufgehobenen Ladenflä-
chen vorgeschlagene Unterkellerung im Bereich des
Aufnahmegebäudes überzeugt weder aus betrieblichen
noch wirtschaftlichen Überlegungen.

Drei Verbindungen erschliessen das neue Perron Gleis 4


(die vierte Passage ist als optional eingezeichnet), dabei
öffnet sich die mittlere Verbindung zum Stadelhoferplatz
hin trompetenförmig und wird somit räumlich akzentuiert.
Diese Geste unterstreicht die vom Projektteam als «zent-
rale Magistrale» bezeichnete mittlere Achse vom Stadel-
hoferplatz über das Aufnahmegebäude bis hin zum Perron
Gleis 4.

Die architektonische Gewichtung der zentralen Erschlie-


ssungsachse überzeugt jedoch im Zusammenhang mit
den zu erwartenden und bezüglich der Passantenströme
optimierten Wegeführungen nicht. Trotz wertvoller An-
sätze und einiger räumlicher Qualitäten bleibt der gestalte-
rische Eindruck des Gesamtprojektes heterogen und lässt
eine gesamtheitliche, architektonische Haltung vermissen.
51
52 Das Beleuchtungskonzept bleibt hinsichtlich des Einsat- Die Gestaltung des Freiraums um das Aufnahmegebäude
zes von Kunst- und Tageslicht unklar. Die Pendelleuchten beschränkt sich auf die Bearbeitung der Asphaltoberflä-
mit dem darüberliegenden Tageslicht sind konzeptionell che. Die vorgeschlagenen Intarsien tragen nicht dazu bei,
nicht verständlich und überzeugen auch gestalterisch den aufgrund der Parzellengrenzen zufällig entstandenen
nicht. Atmosphärisch und auch konzeptuell ist das Material- Platzbereich zu stärken. Der breite Treppenabgang vom
konzept mit Fragezeichen behaftet. Nachvollziehbarkeit Stadelhoferplatz hinunter in die unterirdische Welt des
und Orientierung sind schwierig. Bahnhofs liegt ausserhalb des Bearbeitungsperimeters
und wird deshalb nicht bewertet. Er ist als Option bezeich-
Die Anordnung der Rolltreppen in den Seitenflügeln des net, wird aus Sicht des Preisgerichts als für das Funktio-
schutzwürdigen Aufnahmegebäudes ist mit der funktional nieren der stark auf die Mittelachse fokussierten Gesamt-
plausiblen Aufgabe des Sockels respektive des Hochpar- anlage unumgänglich eingeschätzt und erfüllt damit die
terreniveaus verbunden, was zu einer Schwächung des Vorgabe für einen Vorschlag ausserhalb des Perimeters
Charakters und der städtebaulichen Präsenz des Bahn- nicht.
hofs als Platzabschluss führt. Dass dies auch im Bereich
des mittleren Baukörpers geschieht und in der zentralen Der Promenadenhügel wird mit raumbildenden Zierobst-
Achse zudem ein Lift, respektive eine im Kontext fremde bäumen in Trögen akzentuiert und erhält so die Anmutung
Wendeltreppe angeordnet wird, ist nicht verständlich. Im einer barocken Gartenanlage. Die Erdüberdeckungen sind
Gegenzug gelingt mit der gewählten Anordnung der Erhalt teilweise kritisch. Dank des kleinen Fussabdrucks der
der gleisparallelen Treppen; der Aufgang zum Falkensteg Technikgebäude kann der Bestand der Platane im Park
bleibt unverändert. der Kantonsschule voraussichtlich gesichert werden.

Die räumliche Auflösung der Ladenfronten durch eine Das Aufnahmegebäude wird ausgekernt und unterkellert,
informelle Bespielung schwächt neben dem Substanzver- wodurch unter dem Bahnhofvorplatz neue Flächen kreiert
lust die Wirkung der Ladenpassage als strukturgebendes werden. Entsprechend kann der Eingriff des unterirdi-
Rückgrat der Anlage. Der Neubau des (nördlichen) Ab- schen Technikgebäudes reduziert werden, was in diesem
gangs von der Stadelhoferpassage scheint im Verhältnis Bereich zu einer Reduktion der Baukosten führt. Hierbei
zur gewonnen Mehrbreite unverhältnismässig. wird für die Realisierung das Prinzip des Referenzprojekts
53
54 übernommen. Im Übrigen bleiben die Aussagen zu Trag- halten, die Vorgaben nach 100% erneuerbarer Heizener-
werksplanung und Ingenieurwesen vergleichsweise sche- gie werden demnach nicht eingehalten.
matisch und unverbindlich.
Die bestehenden Ladenflächen in der Ladenpassage
Die geschätzten Baukosten liegen nur wenig über den werden weitgehend erhalten, während sie im Aufnahme-
Referenzkosten. Die Kostenangaben sind nachvollziehbar gebäude entfallen. Das Potenzial der Flächen auf Ebene
hergeleitet und werden in der Überprüfung nur minimal Ladenpassage unter dem Technikgebäude wird nicht aus-
anders eingeschätzt. geschöpft, dafür werden im Bereich unter dem Aufnahme-
gebäude neue Flächen geschaffen. Insgesamt ist jedoch
Die Lebenszykluskosten liegen aufgrund der höheren An- mit weniger Ertrag als heute zu rechnen.
zahl an erforderlichen Ankern etwas höher als die Kosten
des Referenzprojektes. Ansonsten sind keine speziellen
Fazit
Kostentreiber zu erkennen. Im Betrieb, Unterhalt und be-
Das Projektteam des Projekts ‘hin und weg’ zeigt in sei-
züglich Begehbarkeit wird die Beleuchtung am Gleis 4 als
nem Entwurf für die verschiedenen Aufgabenstellungen
ungünstig beurteilt, da sie nur vom Gleis 4 aus zugänglich
teilweise interessante Ansätze auf. Letztlich bleibt aber der
ist.
gestalterische Eindruck heterogen und lässt eine gesamt-
heitliche architektonische Haltung vermissen. Die funktio-
Das Energiekonzept sieht ein Anergienetz mit Erdsonden
nalen und betrieblichen Anforderungen werden erfüllt.
für Abwärmenutzung und erneuerbarer Energie vor. Der
Anschluss an die bestehende Gasheizzentrale wird beibe-
55
KINTSUGI

56 ausgeschieden im 1. Rundgang Das Projektteam bezieht sich mit seinem Entwurf auf die
Planerteam: DPA / Dominique Perrault Architecture SA japanische Reparaturtechnik «Kintsugi», welche mit Hilfe
des Werkstoffs Gold die einzelnen Teile eines Ganzen zu
DPA SA - Dominique Perrault Architecture, Genf (Feder- einem neuen Ganzen zusammenfügt. Entsprechend kann
führung) die gestalterische Haltung des Projektteams als ein Hinzu-
Dominique Perrault, Gaëlle Lauriot-Prévost, Anaïs Fernon, fügen von Neuem zum Bestehenden interpretiert werden.
Mathieu Furlan, Claire Marrache, Richard Nguyen,
Michael Schaupp Der Entwurf sieht im denkmalgeschützten Aufnahme-
gebäude einen neuen, zentralen Eingang für den Bahnhof
Werner Sobek AG, Stuttgart D Stadelhofen vor. Der Mittelbau des Gebäudes wird auf das
Roland Bechmann, Torsten Noack angrenzende Stadtniveau gesetzt und eine grosse, skulp-
turale Treppenanlage mit Aufzug wird zum vertikalen Ver-
HL-Technik AG, Zürich bindungselement. Sie erschliesst ebenso die oberen
Dr. Klaus G. Peter, Matias Garcia, Pietro Basile, Thomas Ebenen des Aufnahmegebäudes, wo gastronomische
Wetter Nutzungen vorgesehen sind. Die Dachflächen der beiden
Seitenflügel des Gebäudes werden mit einer pergola-
PWP Landscape Architecture, Berkeley CA, USA ähnlichen Struktur bespielt und dienen als Terrassen für
Michael Dellis, Cornelia Roppel, Jay Swaintek die Gastronomie.

Bahn - Support GmbH, Glattbrugg Die Aussenflächen des Perimeters auf Stadtniveau werden
Markus Hochuli mit einem einheitlichen Belag in Fischgrät-Muster gestal-
tet. Dieser Belag wird auch in den unterirdischen Flächen
Lamoureux Acoustics, Paris F weitergeführt und soll zu einem verbindenden, gestalteri-
Jean-Paul Lamoureux schen Element und zur Orientierungshilfe für Passanten
und Nutzenden des Bahnhofs werden.

In die architektonische Struktur der Bestandesbauten der


80er Jahre werden auf Ebene Ladenpassage neue, auf
Halbkreisen aufbauende Ladenfronten eingefügt. Eine
Platzfolge, ebenfalls auf Kreisformen aufbauend, bildet die
Hauptachse vom Abgang des Aufnahmegebäudes über
den sogenannten «Rundhof» bis zum Gleis 4.

Der Entwurf «Kintsugi» kann in seiner gestalterischen


Haltung nicht überzeugen. Die dominante, neue Formen-
sprache des Entwurfs überlagert die schutzwürdige Archi-
tektur (sowohl die des Aufnahmegebäudes als auch die
der Bauten der 80er Jahre) und schwächt diese, anstatt
sie zu stärken. Einen ähnlichen Effekt erzeugt auch die
Pflasterung in Fischgrät-Muster, die sowohl die vorhan-
dene Bausubstanz als auch den Stadtraum überformt, an-
statt zu verbinden.

Die gestalterische Haltung kann, trotz stellenweiser guten


Lösungen beispielsweise bezüglich der Nutzbarkeit der
Ladenfläche, weder in Bezug auf die Formgebung noch
auf die Materialwahl überzeugen und schafft aus Sicht des
57
58 Preisgerichts auch für die denkmalgeschützten Bauwerke Formensprache, die jedoch in ihrer umfassenden Anwen-
kein neues Ganzes. Der mit dem Kennwort formulierte dung dominant wird und die Lesbarkeit des Baudenkmals
Anspruch wird leider nicht eingelöst. räumlich und architektonisch stark beeinträchtigt oder so-
gar verunmöglicht. Der Bestand wird zudem durch die
Das Lichtkonzept ist unklar und unterstützt die Orientie- Eingriffe an fast sämtlichen Auf- respektive Abgangsbau-
rung nicht. Goldene Stehleuchten stehen im Bereich von werken in der Substanz stark reduziert.
grossen Publikumsströmen. Jeder Bereich erhält eine
andere Lichtanordnung mit eigenen Leuchten, wodurch Auffälligstes Merkmal der Freiraumgestaltung ist der ein-
das Ganze beliebig wirkt. Die Bodenbeläge beziehungs- prägsame Bodenbelag mit Fischgrätmuster. Dieses bricht
weise die Gestaltung der Beläge erschweren die Orientie- – was die Besitzstandsgrenze betrifft zwar korrekt, stadt-
rung besonders für Fehl- und Alterssichtige. räumlich aber willkürlich – an der Grenze des Bearbei-
tungsperimeters ab.
Die Anordnung des Hauptabgangs im Mitteltrakt des
schützenswerten Aufnahmegebäudes und die Unterdrü- Mit der angedachten Säulenbaumreihe auf der Promena-
ckung des Hochparterres in den Seitentrakten bringt die denterrasse wird ein raumprägender Baumfilter vorge-
Aufgabe des Sockels mit sich; zudem wird die markante schlagen, welcher für die Situation als aufgesetzt und für
Dreiteiligkeit des Gebäudes im Innern auf dem Platzniveau das Schutzensemble Schanzengasse 10 und Villa Hohen-
aufgegeben. Die Gestaltung der Türflügel sichert die erha- bühl problematisch ist.
bene Wirkung des Aufnahmegebäudes bestmöglich.
Der Umgang mit der stadtbildprägenden Platane auf dem
Auf Ebene Ladenpassage setzt das Projekt im Umgang Promenadenhügel ist nicht weiter spezifiziert.
mit dem emblematischen Bestand auf eine starke neue
59
60 Das Aufnahmegebäude wird mit einem massiven Träger- Das aufwändige und mit vielen verschiedenen Leuchten-
rost abgefangen und unterkellert. Rund herum werden typen arbeitende Lichtkonzept führt zu hohen Wartungs-
neue unterirdische Flächen kreiert. Für diese Zonen sind kosten durch Ersatzteilhaltung. Die Wand- und Decken-
gewölbeartige Tragwerke mit einem starken Gestaltungs- verkleidungen sind ebenfalls wartungsintensiv für den
willen vorgesehen. Der Dialog dieser neuen, dominanten Elektrounterhalt.
Tragkonstruktion mit den bestehenden Bauten der 80er
Jahre ist unsensibel und nicht nachvollziehbar. Das Energiekonzept sieht ein Anergienetz mit Erdsonden
für die Abwärmenutzung und erneuerbarer Energie vor.
Die geschätzten Baukosten liegen wesentlich über den
Referenzkosten. Die Kostenangaben sind plausibel und Die Qualität und das Angebot der Ladenfläche wird grund-
werden in der Überprüfung nur wenig nach oben korri- sätzlich als gut beurteilt.
giert.

Fazit
Die Lebenszykluskosten sind vergleichbar mit denen des
Die an sich sympathische Haltung, mit dem Hinzufügen
Referenzprojektes. Das Materialkonzept ist plausibel und
von Neuem ein neues Ganzes zu schaffen, kann trotz
lässt eine hohe Lebenserwartung zu. Im Betrieb und
grossen Aufwands nicht überzeugend umgesetzt werden.
Unterhalt ist die Inspektion der Tragkonstruktion aufgrund
Die teilweise schmerzhaften Eingriffe in den schutzwürdi-
der schweren Verkleidung aufwändig. Die Ausbaugewerke
gen Bestand mit einzelnen Massnahmen und der gestalte-
lassen mit den Glasliften, den gewellten Auskleidungen
rischen Überformung wird als nicht adäquat beurteilt.
der Tunnelzugänge und dem Perron Gleis 4, den gewell-
ten Fassaden und den runden Drehflügeltüren ebenfalls
einen höheren Unterhaltsaufwand erwarten.
61
Track No.4

62 ausgeschieden im 1. Rundgang Das Projekt konzentriert die Haupterschliessung des


Planerteam: Planerteam 5+ Bahnhofs auf das historische Aufnahmegebäude, das nun
von den seitlichen, später erweiterten Fensterachsen der
Cometti Truffer Architekten AG, Luzern (Federführung Gebäudeflügel betreten wird. Dadurch bleibt zwar die
Wettbewerb) Fassade des Mittelrisalits und der drei ursprünglichen
Norbert Truffer, Hans Cometti, Luc Vonach, Shehrie Fensterachsen unangetastet, der Haupteingang des Auf-
Islamaj, Leandra Furrer, Céline Oberholzer nahmegebäudes wird aber zur Kulisse. Der Bewegungs-
fluss knickt rechtwinklig zur stadträumlichen Hauptachse
Locher Ingenieure AG, Zürich (Federführung Planung) zwischen See und Stadelhoferplatz ab und wird über
Daniel Littaru, Christoph Schlatter, Janique Kälin, Treppenanlagen in den Seitenflügeln ins Untergeschoss
Andreas Näsbom, Elizabeth Desintaputri, Marcel geführt. Das Innere des Aufnahmegebäudes erhält eine
Rogenmoser, Christoph Weiler, Angela Schläppi, fast mediterran anmutende Raumwirkung, bei der sich die
Dario Dagrosa Frage nach dem Bezug zur vorhandenen Architektur und
Typologie des Aufnahmegebäudes stellt. Die Treppenan-
HDZ Ingenieure AG, Urdorf lagen hinter dem Aufnahmegebäude entfallen, was die-
Christoph Lehmann sem zwar mehr Raum zum Perron gibt, aber auch die
Frequenz auf den Treppenanlagen erhöht. Die pergolaarti-
Meierhans + Partner AG, Schwerzenbach gen Aufbauten auf den Seitenflügeln wirken im Verhältnis
Michael Kriegers zum Gebäude und seinem urbanen Kontext zu schmäch-
tig.
Hager Partner AG, Zürich
Pascal Posset, Andreas Albrecht, Kruk Karol Im Untergeschoss ändert der Personenstrom nun wiede-
rum seine Richtung, um zur erweiterten Ladenpassage
vogtpartner, Winterthur und zum neuen Gleis 4 zu gelangen. Der Lift in der Haupt-
Christian Vogt, Marc Übersax, Anita Rosenberger, verbindungsachse entfällt, wodurch die Sichtbeziehung
Alessandra Syz, Dafne Gikis verbessert wird. Das Projekt erweitert die bestehende
Ladenpassage zu einer dreischiffigen Halle, die zwar viel
Zirkulationsfläche bietet, in ihrer architektonischen Gestal-
tung aber keinen Bezug zur bestehenden Anlage findet
und somit die architektonische Qualität des Bestandes
massgeblich schwächt. Die markanten Stützen der
Ladenpassage stehen nun frei im Raum und bilden zu den
Erweiterungen eine Rückseite aus, für die sie nicht
konzipiert wurden. Die hier angeordneten neuen Lift-
anlagen sind schwer auffindbar und werden vermutlich
leicht von Möblierung verstellt. Das Gleis 4 wird über vier
neue Verbindungen erschlossen, deren Tageslichtbezug
über Lichttrichter sehr aufwendig inszeniert wird. Der neue
Perron ist als technische und glatte Infrastrukturwelt ge-
staltet.

Im Umgang mit dem Bestand und dem Verbinden mit den


neuen Elementen entwickelt das Projekt eine Abfolge von
verschiedenen Architektursprachen und -welten, die nicht
angemessen auf die vorhandenen Qualitäten reagieren
und kein stimmiges Ganzes bilden.
63
64 Das bestehende gleichmässig strukturierte Lichtkonzept entschieden und ist dem Habitus des klassizistischen
im Bestand wird durch wolkenartig angeordnete Leuchten Gebäudes nicht angemessen.
ergänzt. Sowohl Anordnung und Wahl der Leuchten wie
auch die beabsichtigte Lichtstimmung überzeugen wenig. Eine Aussage zur Gestaltung des Freiraums um das Auf-
nahmegebäude oder gegenüber dem Stadelhoferplatz
Die Anordnung der Abgänge in den Seitenflügeln in Quer- wird vermisst. Offenbar beschränkt sich hier der Eingriff
richtung des schutzwürdigen Aufnahmegebäudes ist mit auf die notwendigen Anpassungen des Asphaltbelags.
der dort zwingenden Aufgabe des Sockels respektive des Dagegen macht das Projekt bezüglich der Platane im Park
Hochparterreniveaus verbunden, was jedoch an der Fas- der Kantonsschule ein ehrliches, wenn auch fatales State-
sade differenziert und in der geschichtlichen Logik des ment: sie kann aus bautechnischen Gründen nicht erhal-
Gebäudes passiert. Die Nobilität des Bahnhofs und die ten werden und wird gefällt. Stattdessen entsteht die neu-
Präsenz seiner Fassade als Platzabschluss bleiben durch angelegte Kantonsschulterrasse mit weitem Ausblick.
die Erhabenheit des Mittelrisalits gewährleistet. Abgese- Auch die Blutbuche bei der Villa Falkenbühl kann mit den
hen vom Rückbau der gleisparallelen Abgänge kann das vorgeschlagenen Raumerweiterungen voraussichtlich
Projekt viele Elemente der Gleiszugänge im Bestand er- nicht gehalten werden und würde dem unterirdischen
halten. Das Aufheben der Ladenfronten in der Laden- Bauvorhaben zum Opfer fallen. Dies schwächt den präg-
passage und die Aufweitung derselben zu einer dreischif- nanten Grünraum der Hohen Promenade empfindlich und
figen Markthalle scheint angesichts der nicht klar ersicht- ist auch unter dem Aspekt der aktuellen Diskussionen um
lichen Mehrwerte unverhältnismässig. Sie beeinträchtigt Stadtklima, Umwelt etc. schwer verständlich.
die ursprüngliche Konzeption als einem dem gebogenen
Gleisverlauf folgenden Rückgrat der Anlage. Deren Um- Die Baugrube zur Herstellung des Technikgebäudes und
deutung vermag trotz bewusster Umgestaltung der nun der Zugänge zum neuen Gleis 4 ist noch grösser als im
freistehenden Stützen letztlich nicht zu überzeugen. Referenzprojekt. Somit ist auch der Eingriff in den Bestand
an der Oberfläche umfassender. Darüber hinaus ist die
Der architektonische Ausdruck der Aufbauten auf den Sei- technische Prüfung der Machbarkeit weder vollständig
tenflügeln wirkt auch aus Sicht der Denkmalpflege wenig noch überzeugend.
65
66 Die vom Projektteam geschätzten Baukosten liegen Das Energiekonzept sieht ein Anergienetz mit Erdsonden
wesentlich über den Kosten des Referenzprojektes. Die für Abwärmenutzung und erneuerbarer Energie vor. Der
Kostenangaben werden in der Überprüfung als deutlich zu Anschluss an die bestehende Gasheizzentrale wird beibe-
tief eingeschätzt. Dies betrifft vor allem die Rohbau-, halten, die Vorgabe nach 100% erneuerbarer Heizenergie
sowie die Ausbaukosten. Zu den Lebenszykluskosten demnach nicht eingehalten.
können aufgrund des knappen Beschriebs und der feh-
lenden Materialisierung keine abschliessenden Aussagen Im Aufnahmegebäude entfallen die vorhandenen Laden-
getroffen werden. Die geringere Anzahl an Ankern fällt flächen im Erdgeschoss zugunsten der Verkehrsflächen.
positiv ins Gewicht. Das geplante Bauverfahren ist sehr Das 2. Obergeschoss wird wenig effizient, vor allem als
aufwändig, der Abtransport mit Förderbändern ist fraglich Küche, genutzt. Die bestehenden Ladenflächen der
und führt zu zusätzlichen Kosten. Ladenpassage entfallen und die neuen Erweiterungs-
flächen sind nicht von den Durchgängen her erschlossen,
Im Betrieb und Unterhalt wird die Reinigung der Verklei- was sich negativ auf den Ertrag auswirkt.
dung im Publikumsbereich Gleis 4, den Verbindungsgän-
gen und am Gleis 3 als aufwändig eingeschätzt. Die Glas-
Fazit
lifte, die gewellte Auskleidung der Tunnelzugänge und des
Die konzeptionelle Absicht, mittels einfacher Eingriffe die
Perron Gleis 4 sowie die runden Drehflügeltüren lassen
bestehende Anlage zu einem neuen Ganzen zu erweitern,
zudem einen hohen Unterhaltsaufwand erwarten. Die
ist zwar erkennbar, allerdings gelingt die Umsetzung zu
Wartung der dichroitischen Gläser und der Hinterleuch-
wenig überzeugend. Dies betrifft sowohl die Einbettung
tung von Decken und Wände mit vielen verschiedenen
der neuen Bahnhofsanlage in den stadträumlichen Kon-
Leuchttypen ist kostenintensiv und die Konstruktionen
text, den Umgang mit der bestehenden Substanz als auch
sind schlecht zugänglich.
die Funktionalität und Wirtschaftlichkeit.
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SBB AG
Infrastruktur Projekte, Multiprojekte, Zürich Stadelhofen
Vulkanplatz 11 / Postfach
8048 Zürich

Redaktion:
KEEAS AG
Sihlstrasse 59
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