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Nr. 2722/2023
IDG-Status: öffentlich
bildet. Nach über 60 Jahren sind Globusprovisorium und Sockelbauwerk stark sanierungsbe-
dürftig und erfordern eine tiefgreifende Instandsetzung. Das Globusprovisorium ist gemäss
Bau- und Zonenordnung der Kernzone City zugewiesen (Art. 50 und 51 BZO, AS 700.100).
Bauliche Massnahmen werden deshalb durch die Bauberatung Denkmalpflege des Amts für
Städtebau begleitet.
2.1 Denkmal- und Gewässerschutz
Das Gebäude ist nicht im Inventar der Denkmalpflege aufgeführt. Für die Stadt als Eigentü-
merin gilt die Selbstbindung gemäss § 204 Abs. 1 Planungs- und Baugesetz (PBG, LS 700.1)
und entsprechend der Pflicht, im Rahmen ihrer Tätigkeit dafür zu sorgen, dass Schutzobjekte
geschont und – wo das öffentliche Interesse an diesen überwiegt – ungeschmälert erhalten
bleiben. Mit einer Dienstanweisung (STRB Nr. 621/ 2015) hat sich der Stadtrat verpflichtet, bei
allen stadteigenen Bauten vor einem Abbruch eine Schutzabklärung durchzuführen. Die Denk-
malpflegekommission der Stadt Zürich beurteilte das Globusprovisorium in ihrer Sitzung vom
29. August 2016 als Schutzobjekt i. S. v. § 203 Abs. 1 lit. c PBG. Begründet wird diese Ein-
schätzung mit dem Umstand, dass der von Karl Egender entworfene Bau als Zeuge des ge-
sellschaftlichen Aufbruchs der 1960er-Jahre («Globus-Krawalle») und als hybrides Bauwerk
an prominenter Lage eine bedeutende städtebauliche Scharnier- und Gelenkfunktion hat und
den provisorischen Charakter in der Formensprache der Nachkriegsmoderne demonstrativ
zum Ausdruck bringt. Darüber hinaus weckt das über die Limmat auskragende Globusprovi-
sorium mit den starken Hell-Dunkel-Kontrasten und der vorgesetzten Raumschicht aus hori-
zontalen Holzlamellen Assoziationen in Richtung Schiffs- und Seebäderarchitektur.
Aufgrund seiner Nähe zur Limmat und der baulichen Auskragung über den Fluss steht das
Globusprovisorium im Konflikt mit der Gewässerschutzgesetzgebung. Für die Auskragung
über die Limmat ist zudem eine wasserrechtliche Konzession erforderlich. Seit dem Erlass des
Gewässerschutzgesetzes im Jahr 1991 dürfen Fliessgewässer grundsätzlich nicht mehr über-
deckt oder eingedolt werden. Aus diesem Grund hat das Amt für Abfall, Wasser, Energie und
Luft des Kantons Zürich (AWEL) in der Konzession vom 10. Februar 2021 darauf hingewiesen,
dass eine neue Konzession nicht mehr in Aussicht gestellt werden kann – die heutige Konzes-
sion ist bis 31. Dezember 2030 befristet. Weil das Globusprovisorium aus Sicht der städtischen
Denkmalpflege und der Denkmalpflegekommission der Stadt Zürich erhalten werden soll und
sich das Schutzziel u. a. an der Volumetrie, am provisorischen Charakter und an der Schiffs-
metapher ausrichten soll, besteht ein Interessenskonflikt zwischen Gewässer- und Denkmal-
schutz.
2.2 Abstimmung mit Masterplan HB/Central
Das Papierwerd-Areal befindet sich in unmittelbarer Nähe zur Verkehrsdrehscheibe des
Hauptbahnhofs Zürich. Aufgrund der Entwicklungen im Hochschulgebiet und im Personennah-
verkehr wird in Zukunft mit einer weiteren Steigerung der Personenfrequenzen gerechnet. Mit
dem «Masterplan HB/Central» erarbeitet die Stadt unter der Leitung des Tiefbauamts aktuell
ein Zukunftsbild für verkehrliche und stadträumliche Planungen im Gebiet um den Hauptbahn-
hof und das Central. Die beiden parallelen Planungsprozesse «Masterplan HB/Central» und
«Papierwerd-Areal» haben unterschiedliche planerische Ebenen und Perimeter. Im «Master-
plan HB/Central» wird ein Zukunftsbild mit Zielhorizont 2050 erarbeitet, das etappiert umge-
setzt werden soll. Beim «Papierwerd-Areal» besteht aufgrund der befristeten Konzession und
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auch vor Ort teilnehmen. Die Ergebnisse der Workshops und Veranstaltungen wurden umfas-
send dokumentiert und können auf der Website (stadt-zuerich.ch/papierwerdareal) eingese-
hen und heruntergeladen werden wie auch die «Grundlagen und Rahmenbedingungen für das
Dialogverfahren Forum Papierwerd» sowie der Bericht «Forum Papierwerd: Erkenntnisse». Im
Weiteren sind auf der Website auch Videomitschnitte und Interviews aufgeschaltet.
Die Diskussion an den Veranstaltungen orientierte sich an folgenden Themen:
− Bedeutung, Charakter, Ausstrahlung des Orts
− Funktionen und Nutzungen
− Räumliche und bauliche Ausprägungen
Aus der Diskussion wurden die Anforderungen für die Szenarien formuliert. Anschliessend
wurden diese räumlich umgesetzt, die verschiedenen Stossrichtungen bewertet und die Her-
ausforderungen benannt.
3.2 Zentrale Aussagen
Die Ergebnisse des «Forums Papierwerd» wurden in elf zentrale Aussagen zusammenge-
fasst. Die elf zentralen Aussagen sind übergeordnete Erkenntnisse, die in den Gruppenarbei-
ten des Forums über die verschiedenen Szenarien hinweg eine breite Zustimmung erfahren
haben und stellen somit eine wichtige Grundlage für die Strategie zur Zukunft des Papierwerd-
Areals dar. Die 11 zentralen Aussagen sind:
− Öffentlichen Ort für alle mit starkem Bezug zur Lage und Geschichte schaffen
− Charakter als Insel und als Teil des Stadtraums am Fluss stärken
− Nutzungen mischen und provisorisch sowie wandelbar ausgestalten
− Entwicklung, Nutzung und Betrieb kuratieren und Mitwirkung ermöglichen
− Bestand transformieren
− Freiraum vergrössern und als Park gestalten
− Bei Neubau/Transformation Erhöhen der Geschossigkeit prüfen
− Stadtebene durchlässig gestalten
− Untergeschosse bleiben erhalten
− Dachflächen zugänglich machen
− Bausubstanz weiterverwenden
Das Papierwerd-Areal soll in Zukunft ein einzigartiger öffentlicher Ort sein. Sein Charakter als
«Insel» und seine Bedeutung als Teil des Stadtraums entlang der Limmat vom Bürkliplatz bis
zum Platzspitz werden gestärkt. Die jüngere Geschichte als Provisorium ist ein wesentliches
Merkmal und wird als programmatische Chance für die Zukunft verstanden. Das neue Areal
soll sich modular und flexibel entwickeln können. Wichtig sind künftig verschiedene und viel-
fältige, auch provisorische und wandelbare Nutzungen. Dabei ist das Spannungsverhältnis
zwischen nicht-kommerziellen und kommerziellen Nutzungen auszuloten. Entwicklung, Nut-
zung und Betrieb des Areals sollen durch eine geschickte Programmierung oder Kuratierung
erfolgen. Wichtig ist in jedem Schritt die Mitwirkung der Bevölkerung und der Nutzenden. Der
integrale Erhalt des Globusprovisoriums erscheint nicht sinnvoll. Bleibt die Gebäudesubstanz
bestehen, ist eine Transformation des Bestands erwünscht. Dabei soll das Gebäude oder Teile
davon weiterverwendet und neu interpretiert werden. Bei einem Neubau oder einer Transfor-
mation des Bestands ist die Erhöhung der Geschossigkeit zu prüfen und die Dachflächen sind
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zugänglich zu machen. Eine Vergrösserung des Freiraums sowie eine parkartige Neugestal-
tung mit Bäumen, grünbetonten und unversiegelten Flächen sowie direktem Bezug zum Was-
ser werden in allen Entwicklungsrichtungen erwartet, ebenso eine durchlässige Gestaltung der
Stadtebene. Die in Massivbauweise erstellten Untergeschosse sollen erhalten bleiben.
Um die breitere Öffentlichkeit in den Prozess einzubinden, wurde im Nachgang ans «Forum
Papierwerd» vom 21. November bis am 21. Dezember 2022 eine Online-Umfrage durchge-
führt. Die Online-Umfrage gab der interessierten Öffentlichkeit die Möglichkeit, die wichtigsten
Erkenntnisse des Forums zu beurteilen und zu kommentieren. Über 600 Personen haben die
Umfrage ausgefüllt. Im Grundsatz wurden die Erkenntnisse des «Forums Papierwerd» unter-
stützt. Insbesondere Erkenntnisse zur Schaffung eines öffentlichen, vielfältig nutzbaren Frei-
raums mit starkem Bezug zum Wasser, eines höheren Grünanteils, zugänglicher Dachflächen
sowie der Bezug zur Geschichte wurden deutlich begrüsst. Bei Aussagen im Zusammenhang
mit der baulichen Entwicklung waren in der Umfrage keine eindeutigen Einschätzungen ables-
bar. Die Ergebnisse der Online-Umfrage bilden eine Ergänzung zu den Erkenntnissen des
Forums und fliessen nach Möglichkeit in die weitere Arbeit ein.
4. Entwicklungsrichtung für das Papierwerd-Areal
Im «Forum Papierwerd» hat sich gezeigt, dass auch Entwicklungen, die vom Bestand ausge-
hen, eine Chance darstellen, um die Bedeutung des Orts in die Zukunft zu führen. Gleichzeitig
wird der integrale Erhalt des Globusprovisoriums nicht als zielführend erachtet, substanzielle
Veränderungen sollen möglich sein. Darüber hinaus hat sich in der Vergangenheit gezeigt,
dass sich das Globusprovisorium an wandelnde Bedürfnisse und Nutzungsansprüche anpas-
sen kann. Diese Flexibilität macht es zu einem äusserst resilienten und nachhaltigen Gebäude.
Dabei spielt auch der industrielle Konstruktionsaufbau mit einer hohen Flexibilität und Adap-
tierbarkeit eine wichtige Rolle. Gleichzeitig ist der Bedarf an mehr öffentlich nutzbarem Frei-
raum in der Innenstadt sehr gross, wie auch Online-Umfrage und Planungsprozess «Master-
plan HB/Central» bestätigt haben. Darüber hinaus ist im Forum auch das Thema des
Provisorischen und Wandelbaren in Verbindung mit der jüngeren Geschichte des Areals auf
grosses Interesse gestossen.
Unter Berücksichtigung der Ergebnisse des «Forums Papierwerd» sowie wichtiger Grundla-
gen und Rahmenbedingungen (z. B. Schutzwürdigkeit Globusprovisorium, Netto-Null) wird
deshalb eine sorgfältige Transformation des Papierwerd-Areals als Entwicklungsrichtung für
die Zukunft des Areals initiiert. Entsprechend dem Kurzbericht «Entwicklungsrichtung für das
Papierwerd-Areal» sind dabei insbesondere eine Aufwertung dieses zentralen Orts sowie eine
Vergrösserung des Freiraumangebots anzustreben. Das Papierwerd-Areal soll ein öffentlicher
Ort werden, der gut an den angrenzenden Stadtraum angebunden ist und zu Aufenthalt und
Begegnung sowie zum Austausch einlädt. Im Dialogverfahren ist klargeworden, dass bauliche
und nutzungsbezogene Veränderungen notwendig sind, um das Papierwerd-Areal zum Leben
zu erwecken und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Zudem besteht der
Wunsch nach einer fortwährenden Wandelbarkeit und flexiblen Nutzung.
Wie weit die Transformation des Papierwerd-Areals gehen kann und was diese im Detail be-
inhaltet, ist noch offen. Als Orientierung dienen die Ergebnisse des Dialogverfahrens, die in
den elf zentralen Aussagen zusammengefasst sind. Die Arbeiten zum Papierwerd-Areal sollen
weiterhin transparent und im Dialog mit verschiedenen Beteiligten erfolgen. Es ist in der wei-
teren Arbeit zu bestimmen, wie dies gut gelingen kann und welche Formate sich dafür eignen.
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Für das Papierwerd-Areal wird eine Transformation angestossen, um das Gebäude und den Ort im Sinne des Dialogverfahrens
«Forum Papierwerd» zu verändern, zu öffnen und aufzuwerten .
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