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und Tunnel
der Bundesfernstraßen 2023
3
Vorwort
Die Brücken und Tunnel im Zuge von Bundes- vor diesem Hintergrund Priorität bei der Erhal-
fernstraßen in Deutschland tragen maßgeblich tung unserer Straßeninfrastruktur.
zur Vernetzung unserer Verkehrswege bei, über-
winden natürliche Hindernisse oder stellen kreu- Unsere umfassende Strategie zur Brückenmoder-
zungsfreie Querungen sicher und führen so die nisierung mit einem beschleunigten Verfahren
Menschen und Güter in unserem Land zusam- für Planung, Genehmigung und Bau dringlicher
men. Sie leisten dadurch einen zentralen Beitrag Projekte sowie einem Milliarden-Programm zur
zu Wachstum, Wohlstand und Arbeit in Deutsch- Finanzierung dieser wichtigen Aufgabe hilft uns,
land. Denn leistungsfähige Infrastruktur und dieses Ziel umzusetzen. Zur erfolgreichen Reali-
Mobilität für alle bilden das Fundament unserer sierung dieser Aufgabe sind Teamplayer gefragt.
wirtschaftlichen Stärke. Nur in enger Partnerschaft von Politik, Verwal-
tung, Wirtschaft und Öffentlichkeit können wir
Den Ingenieurbauwerken kommt damit eine bei der Umsetzung dieses Bauvolumens erfolg-
herausragende Bedeutung zu. Umso wichtiger ist reich sein und gleichzeitig dabei unsere hohen
es daher, nicht nur heute die Bauwerke in ihrer Anforderungen an die Bauwerksqualitäten beibe-
Substanz zu erhalten, sondern sie für „morgen“ halten – eine Gemeinschaftsaufgabe, die enorm
zukunftsfähig zu machen. Viele ältere Bauwerke wichtig ist.
leisten ein Mehrfaches dessen, was bei der Pla-
nung der Bauwerke vorstellbar war. Investitionen Obgleich die Modernisierung des Bundesfern-
in die Brückenmodernisierung, um Bauwerke straßennetzes uns noch einige Jahre fordern
für das heutige und das prognostizierte, weitere wird, können sich unsere bisherigen Erfolge und
Verkehrswachstum zu ertüchtigen oder - sofern das Erreichte sehen lassen. In diesem Jahr er-
erforderlich und wirtschaftlich geboten - durch scheint der Informationsband „Brücken und
leistungsfähige Neubauten zu ersetzen, haben Tunnel der Bundesfernstraßen“ in seiner
Vorwort
4
30. Auflage und dokumentiert erneut eindrucks- Leistungsfähigkeit dem Verkehrsnetz und Ihnen
voll, was moderne Ingenieurbaukunst bedeutet. allen als Verkehrsteilnehmer (wieder) zur Verfü-
Im Bereich der Bundesfernstraßen leisten wir je- gung stehen.
des Jahr nicht nur einen erheblichen Beitrag zur
Baukultur unseres Landes, sondern tragen auch Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre!
maßgeblich zur Weiterentwicklung und Digita-
lisierung von Planungs- und Bauprozessen bei.
Zehn ausgewählte Bauwerke aus ganz Deutsch-
land stehen dabei repräsentativ für die Vielzahl Dr. Volker Wissing, MdB
an Ingenieurbauwerken, die jedes Jahr mit ihrer Bundesminister für Digitales und Verkehr
Vorwort
5
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
6
7
1. Ersatzneubau
Brücke über die
DB-Strecke bei
Hockeroda (B 85)
wodurch die Trägerhöhen von 1,40 m in Trag- Nach der Umverlegung des Verkehrs auf die Be-
werksmitte auf 2,00 m an der Einspannstelle an- helfsumfahrung begann der Abbruch des Be-
steigen. Stahllaschen mit Kopfbolzendübeln ge- standsbauwerkes innerhalb einer zweiten Sperr-
währleisten die Einspannung der Trägerenden in pause. Mit dem Rückbau der Ausrüstungen,
die Widerlager. Etwa im Abstand von 4,00 m stei- Fahrbahnbeläge und Kappen wurde die Brücke
fen trapezförmige Querrippen die geschweißten zunächst geleichtert. Durch Sägeschnitte erfolg-
Hohlkästen aus. Der Verbundquerschnitt wird te eine Teilung des Überbaus in 18 einzelne Seg-
durch 0,12 m bis 0,15 m dicke Stahlbetonfertig- mente mit einem Gewicht von ca. 37,00 t, die mit
teilplatten und eine 0,20 m bis 0,23 m dicke Ort- Hilfe eines Kranes ausgehoben werden konnten.
betonschicht ergänzt. Die gesamte Überbauplat- Danach wurden die Pendelstützen entfernt. Un-
te besteht aus Stahlbeton der Festigkeitsklasse ter Sperrung des jeweils angrenzenden Gleises
C 35/45. konnten anschließend die Widerlager zurück-
gebaut werden. Eine weitere Vollsperrung der
Aufgrund der integralen Tragwerkslösung sind Bahnstrecke wurde für den Rückbau der Stützen-
für das Bauwerk keine Lager und konventionel- fundamente in Achse 20 und den teilweisen Neu-
len Fahrbahnübergangskonstruktionen notwen- bau der Gleisanlage notwendig.
dig. Lediglich bituminöse Fahrbahnübergänge
wurden zwischen den Überbauenden und den Nachdem das Bestandsbauwerk vollständig zu-
Schleppplatten eingebaut. rückgebaut war, konnte mit der Errichtung des
Ersatzneubaus begonnen werden. Parallel zur
Da die Brücke über eine elektrifizierte Strecke Herstellung der Unterbauten erfolgte die Herstel-
führt, erhielt das Bauwerk einen 1,80 m hohen lung der Stahlhohlkästen im Werk. Die Längsträ-
Berührungsschutz, bestehend aus Stahlpfosten ger wurden zunächst ohne die oberen Flansche
und transparenten Wandausfachungen mit inte- gefertigt. Erst nach dem Einschweißen der unte-
grierter Fangkonstruktion und Vogelschutz. ren Flansche und Stege der Querträger konnten
die oberen Flansche der Längsträger ergänzt wer-
den. Aufgrund der begrenzten Transportbreiten
3 Bauausführung wurden die inneren und äußeren Kragarme der
Querträger erst auf der Baustelle angeschweißt.
Die Bauarbeiten begannen am 04.11.2019. Der Einhub der Hohlkästen und der Fertigteil-
platten erfolgte in einer weiteren Sperrpause. An-
Für die bauzeitliche Umfahrung wurde zunächst schließend konnte die Verbundplatte abschnitts-
unmittelbar südlich des Bestandsbauwerkes eine weise betoniert und die Abdichtung aufgebracht
Behelfsbrücke errichtet. Die Verkehrsführung werden. Nach Komplettierung der neuen Brücke
erfolgte einspurig mit Lichtsignalanlage. Als Un- mit Kappen, Geländern und Schutzeinrichtun-
terbauten wurden für die Behelfsbrücke Stahl- gen und Fertigstellung der Straßenanschlüsse
betonauflagerbalken auf einem bewehrten Erd- konnte das neue Bauwerk am 19.11.2021 für den
körper gewählt. Die Herstellung der Erdkörper Verkehr freigegeben werden.
erfolgte gemeinsam mit der Herstellung der Fun-
damente und Masten der Oberleitungsanlage in In einer letzten Sperrpause wurde die Behelfs-
Sperrpausen. Unter kurzzeitiger Vollsperrung der brücke einschließlich der Unterbauten vollstän-
Bahnstrecke konnte der Überbau der Behelfsbrü- dig zurückgebaut.
cke mit einem Kran eingehoben werden.
4 Allgemeine Angaben
Bauherr: Bundesrepublik Deutschland, Baugrund IBH-Herold & Partner
vertreten durch das gutachter: Ingenieure Part mbH,
Bundesministerium für Weimar
Digitales und Verkehr
Bauoberleitung: Straßen-, Tief- und
Auftrags Freistaat Thüringen, Hochbauprojektierung GmbH
verwaltung: vertreten durch das (sthp), Suhl
Thüringer Landesamt für
Örtliche Bau Emch+Berger GmbH,
Bau und Verkehr,
überwachung: Weimar
Regionalbereich Mitte
Bauausführung: ARGE
Entwurfs Thüringer Landesamt für
Bickhardt Bau AG, Kirchheim
aufsteller: Bau und Verkehr,
Bickhardt Bau Thüringen
Regionalbereich Mitte
GmbH, Schwabhausen
Entwurfs IGS Ingenieure Meiningen Bauunion GmbH
bearbeiter: GmbH, Meiningen Wandersleben, Drei Gleichen
5 Technische Angaben
Stützweite: 51,55 m Baustoffmengen
Unterbauten
Breite zwischen 11,60 m
Bohrpfähle: 373 m
den Geländern:
Beton: 3.508 m3
Brückenfläche: 598 m2 Betonstahl: 470 t
6 Technische Zeichnungen
7 Abbildungen
Bild 1: Behelfsbrücke auf Widerlagern mit bewehrten Erdkörpern, im Foto: Thüringer Landesamt für Bau und Verkehr
Hintergrund Bestandsbauwerk
Bild 2: Blick vom Widerlager auf den Überbau mit Stahllängsträgern und Foto: Thüringer Landesamt für Bau und Verkehr
Fertigteilplatten
Bild 3: Luftbild der neuen Brücke von Westen Foto: René Legrand
Bild 4: Luftbild der neuen Brücke von Süden Foto: René Legrand
Bild 11: Detail Berührungsschutzwand mit transparenter Wandausfachung Foto: René Legrand
2. Ersatzneubau
7
Brücke über die
Abbildungen
Münsterstraße
in Kamen (A 2)
Die besondere Ausführung der Gesimse als Hy- als tragend angesehen, die 0,18 m dicken Halbfer-
bridkappe mit einer auch im Bauzustand selbst- tigteile der verlorenen Schalung werden für den
tragenden Stahlschalung bildet neben den Lastabtrag im Endzustand nicht berücksichtigt.
beidseitig angeordneten, 6,00 m hohen Lärm-
schutzwänden ein markantes Gestaltungsmerk- Sämtliche Unterbauten bestehen aus Stahlbeton
mal in der Bauwerksansicht. Die Segmente der der Festigkeitsklasse C 35/45.
Lärmschutzwände bestehen aus Stahlpfosten
und Ausfachungen aus Aluminiumelementen. 2.2 Überbau
Ihre dreifach abgestufte Farbgebung in Blautö-
nen ist an die Gestaltung der Lärmschutzwände Die Überbauten beider Richtungsfahrbahnen
der Strecke angelehnt. besitzen Plattenbalkenquerschnitte, bestehend
aus Spannbetonfertigteilen mit Ortbetonergän-
Unter den gegebenen örtlichen Randbedingun- zung. Zur Sicherstellung eines schnellen Baufort-
gen stellte die gewählte Bauart im Hinblick auf schritts wurden die Fertigteillängsträger werksei-
die Gestaltung und die Baukosten die wirtschaft- tig mit sofortigem Verbund vorgespannt, bauseits
lichste Lösung dar. auf vorbetonierte, 0,35 m dicke Endquerträger-
platten aufgestellt und anschließend zusammen
mit den Endquerträgern mit Beton ausgegossen.
2 Bauwerksentwurf Diese Platten lagerten währenddessen zunächst
provisorisch auf Pressen auf, bevor anschließend
2.1 Unterbauten die endgültigen Lager eingebaut wurden.
Am Bauwerksstandort findet sich bereits 2,00 m Die Konstruktionshöhe der im Abstand von
unter Geländeoberkante der Festgesteinsho- 2,075 m angeordneten Fertigteillängsträger be-
rizont. Auf dem hoch tragfähigen, gering ver- trägt 0,95 m, die Dicke des Aufbetons 0,23 m. Die
formbaren Mergelstein konnte die bestehen- Stegbreite der Träger variiert zwischen 0,40 m
de Flachgründung für die Abtragung der neuen an der Unterseite und 0,45 m am Übergang zum
Bauwerkslasten genutzt werden. Die Höhendif- Gurt.
ferenz zwischen neuer Gründungsebene und den
verschiedenen im Boden verbliebenen Bestands- Eine Besonderheit der Brücke stellt die Kon
gründungen wurde mit Magerbeton ausgegli- struktion der Hybridkappen dar. Die Kappen be-
chen. stehen aus einer vorab an den Kragarmen der
äußeren Längsträger montierten, selbsttragen-
Die Unterbauten bestehen aus Kastenwiderla- den Stahlschalung, die mitsamt der Querträger
gern und Parallelflügeln aus Vollfertigteilele- eingehoben und im Nachgang bewehrt und aus-
menten. 1,50 m lange, bewehrte Betonplomben betoniert wurde. Der Korrosionsschutz an den
sichern die Kraftübertragung im oberen Bereich Kappenblechen wurde mit Feuerverzinkung und
der Fugen zwischen den einzelnen Fertigteilen dreilagiger Beschichtung nach Norm hergestellt,
der Flügelsegmente. Zur Verkürzung der Bauzeit wobei die Deckbeschichtung den Farbton „an
kamen für die Widerlager- und Kammerwände thrazitgrau“ erhielt.
vorgefertigte Stahlbeton-Vorsatzschalen als ver-
lorene Schalung zum Einsatz, die mit Ortbeton Im Rahmen eines Pilotprojektes kam für die
verfüllt wurden. Nur die Ortbetonfüllung wird Fertigteile, nicht zuletzt wegen der hohen Dich-
tigkeit gegenüber einer Chloridbelastung aus mieden werden. Eine Stauwarnanlage mit CB-
Taumitteln, hochfester Beton der Güte C 80/95 Funk sowie mehrere Webcam-Standorte wurden
zum Einsatz. Die Fertigteile sind mit Spannstahl nach Rücksprache mit den zuständigen Ret-
St 1680/1880 vorgespannt. Die Ortbetonergän- tungsdiensten eingerichtet.
zung besteht aus Stahlbeton C 40/50. Weil die
Verwendung von hochfestem Beton im Brücken- Auch im Bereich der unterführten Bundesstraße
bau in Deutschland nicht geregelt ist, war eine kam es zu bauzeitlichen Verkehrseinschränkun-
Zustimmung im Einzelfall auf Basis verschiede- gen. In der Regel wurde der Verkehr zweispurig
ner Gutachten zu den Betoneigenschaften und geführt. Für kurzzeitige wechselseitige einspurige
der zielsicheren Herstellung notwendig. Außer- Verkehrsführungen stand eine Lichtsignalanlage
dem waren Maßnahmen zur Qualitätssicherung zur Verfügung. Während der insgesamt vier Voll-
auszuarbeiten und Vorschläge für eine Einfüh- sperrungen wurde der Verkehr über die nahege-
rung des Werkstoffs hochfester Beton im Brü- legene Landesstraße umgeleitet.
ckenbau für eine Fortschreibung der Regelwerke
zu unterbreiten. Zu Beginn der Baumaßnahme musste der Über-
bau der Fahrtrichtung Hannover für die Aufnah-
Mittig unter jedem zweiten Längsträger wurden me des bauzeitlichen Verkehrs ertüchtigt wer-
bewehrte Elastomer-Verformungslager angeord- den. Parallel konnte die Überbauherstellung des
net. Die längsfesten Lager befinden sich am Wi- 1. Bauabschnittes (Fahrtrichtung Oberhausen)
derlager Achse 10. Jeweils die mittleren Lager ei- auf der seitlich gelegenen Vormontagefläche er-
ner Lagerreihe realisieren die Querfesthaltung. folgen. Während die Fertigteile der Längs- und
Querträger im Werk vorgefertigt wurden, erfolg-
Auf beiden Kappen sind 6,00 m hohe Lärm- te auf der Baustelle der Aufbau der Traggerüste.
schutzwände verankert. Nach der Montage der Fertigteile und der Hy
bridkappen konnte die Überbauergänzung ein-
geschalt und betoniert werden. Anschließend
3 Bauausführung wurde der Überbau mit Abdichtung, Fahrbahn-
übergang, Kappenbeton und Gussasphalt kom-
Die Bauarbeiten begannen am 14.03.2022 mit plettiert.
den vorbereitenden Arbeiten zur Einrichtung der
Verkehrsführung auf der Autobahn. Die Forde- Nach Abschluss der Verstärkung des Überbaus
rung zur Aufrechterhaltung des Verkehrs wäh- der Fahrtrichtung Hannover wurde der gesam-
rend der gesamten Bauzeit bestimmte die Bau- te Verkehr als 5+0-Verkehrsführung auf diesen
ausführung. In den Hauptbauphasen wurde eine Überbau verlegt. Anschließend konnte das Teil-
5+0-Verkehrsführung eingerichtet. Die Zustim- bauwerk der Fahrtrichtung Oberhausen abgebro-
mung zur Spurreduzierung erfolgte unter der Be- chen und neu errichtet werden.
dingung, dass je Fahrtrichtung zwei LKW-Fahr-
streifen mit Breiten von 3,50 m und 3,25 m zur Der Überbau und der obere Teil der Widerlager
Verfügung gestellt werden konnten. Die Anzahl und Flügel wurden konventionell abgebrochen.
der Fahrspuren wurde in der weniger stark be- Nach Trennung der aufgehenden Unterbauten
fahrenen Fahrtrichtung Hannover reduziert. von den Fundamenten mit Hilfe von Seilsägen
Dadurch konnte auch eine negative Beeinträch- konnten auch die restlichen Teile der Widerlager
tigung des Knotenpunktes Kamener Kreuz ver- und Flügel abgetragen werden. Auf den verblie-
benen Fundamentplatten und Ausgleichsschich- den neuen Überbau verlegt werden konnte. Da-
ten aus Magerbeton entstanden anschließend die nach wurde das Teilbauwerk der Fahrtrichtung
neuen Unterbauten. Der in Seitenlage hergestell- Hannover ebenfalls abgebrochen und erneuert.
te neue Überbau konnte nachfolgend mit eigen- Durch die bauzeitliche 5+0-Verkehrsführung
angetriebenen Mobilfahrzeugen („Self-Propelled auf dem neu erstellten Teilbauwerk Oberhausen
Modular Transporter“ - SPMT) eingefahren und konnte die Mittelkappe hier erst nach Auflösung
auf den neuen Widerlagern abgesetzt werden. dieser 5+0-Verkehrsführung erstellt werden.
Nach dem Verguss der Lager und Fahrbahnüber-
gänge war der Ersatzneubau der Fahrtrichtung Am 27.10.2022 wurde der Ersatzneubau für den
Oberhausen fertiggestellt, sodass der Verkehr Verkehr freigegeben.
– wiederum in einer 5+0-Verkehrsführung – auf
4 Allgemeine Angaben
Bauherr: Bundesrepublik Deutschland, Prüfingenieur: Prof. Dr.-Ing. Josef Hegger,
vertreten durch das Aachen
Bundesministerium für
Baugrund HINZ Ingenieure GmbH,
Digitales und Verkehr
gutachter: Münster
Auftrags Die Autobahn GmbH des
Bauoberleitung: Die Autobahn GmbH des
verwaltung: Bundes, Niederlassung
Bundes, Niederlassung
Westfalen (Hamm)
Westfalen (Hamm)
Entwurfs Die Autobahn GmbH des
Örtliche Bau Die Autobahn GmbH des
aufsteller: Bundes, Niederlassung
überwachung: Bundes, Niederlassung
Westfalen (Hamm)
Westfalen (Hamm)
Entwurfs König und Heunisch
Bauausführung: Bauunternehmung Gebr.
bearbeiter: Planungsgesellschaft mbH,
Echterhoff GmbH & Co.KG,
Dortmund,
Westerkappeln
Bauunternehmung Gebr.
Echterhoff GmbH & Co.KG, Bauzeit: März 2022–November 2022
Westerkappeln
Baukosten: 11,64 Mio. €
Aufsteller der König und Heunisch
Ausführungs Planungsgesellschaft mbH,
unterlagen: Dortmund
5 Technische Angaben
Stützweite: 16,26 m Baustoffmengen
Unterbauten
Breite zwischen 38,10 m
Beton: 1.995 m3
den Geländern:
Betonstahl: 295 t
Brückenfläche: 619,51 m2
Überbauten
Brückenklasse: LM1 nach DIN EN 1991-2 Beton: 485 m3
inkl. NA Betonstahl: 120 t
Spannstahl: 7t
6 Technische Zeichnungen
7 Abbildungen
Bild 1: Luftbild der Baustelle, Einbau der Flügelfertigteile im Foto: Bauunternehmung Gebr. Echterhoff GmbH & Co.KG
1. Bauabschnitt
Bild 2: Transport des Überbaus im 1. Bauabschnitt vom Foto: Bauunternehmung Gebr. Echterhoff GmbH & Co.KG
Vormontageplatz zur Einbaustelle
Bild 7: Blick auf das Widerlager Achse 10 mit Flügel SW Foto: René Legrand
Bild 8: Detail Auflagerbank mit Lager und Kammerwand Achse 20 (SO) Foto: René Legrand
Bild 9: Detail Hybridkappe mit Stahlblechgesims und Verankerung Lärmschutzwand Foto: René Legrand
3. Ersatzneubau
Talbrücke
Rothof in
Rottendorf (A 7)
Das Bestandsbauwerk wurde im Jahr 1965 als Aufgrund der baulichen und altersbedingten De-
Brücke über acht Felder mit einer Gesamtlän- fizite und der schlechten Zustandsnote war eine
ge von 410,00 m errichtet. Ein einzelliger Stahl- Grundinstandsetzung des Bestandsbauwerkes
verbundquerschnitt mit Stahlhauptträgern und wirtschaftlich und technisch nicht vertretbar. Die
längs- und quervorgespannter Fahrbahnplatte Stahlkonstruktion hätte an einer Vielzahl von
bildete den Überbau. Im Rahmen der Brücken- Stellen verstärkt werden müssen, was bei den ge-
hauptprüfung im Jahr 2013 wurden zahlreiche nieteten Lamellenkonstruktionen äußerst auf-
Schäden festgestellt, die zu einer Bewertung mit wändig gewesen wäre. Eine Instandsetzung der
der Zustandsnote 3,0 führten. Mit der Nachrech- vorgespannten Fahrbahnplatte schied aus sta-
nung des ursprünglich für die Brückenklasse 60 tisch-konstruktiver Sicht aus. Eine gutachterliche
ausgelegten Tragwerkes konnte das Ziellast- Einschätzung gewährte die Weiternutzung des
niveau des Lastmodells 1 nicht nachgewiesen Bauwerkes bis 2018, parallel sollte das Bestands-
werden. Bei der Stahlkonstruktion ergaben sich bauwerk durch einen Neubau ersetzt werden.
rechnerische Spannungsüberschreitungen von
bis zu 20,00 %. Zudem waren die Beulnachwei- 1.2 Straßenplanung
se stellenweise nicht eingehalten. Aufgrund der
bestehenden Blechdickenabstufungen an den Das neue Brückenbauwerk wurde bestandsnah
Hauptträgern gab es kaum Systemreserven. Die trassiert. Im Bauwerksbereich folgt die Achse ei-
Spannbetonfahrbahnplatte zeigte rechnerische nem Kreisbogen mit dem Radius 3.000,00 m. Die
Defizite hinsichtlich ihrer Querkrafttragfähigkeit. Gradiente liegt in einer Wannenausrundung mit
Die vergleichsweise dünne Fahrbahnplatte war dem Halbmesser 25.000,00 m. Der Wannentief-
zudem mit spannungsrisskorrosionsgefährdeten punkt befindet sich in der Nähe der Pfeilerach-
Spannstählen vorgespannt worden. Im Rahmen se 20. Die Längsneigung variiert zwischen 0,20 %
von Instandsetzungsmaßnahmen wurden an und 1,50 %. Im Zuge der Vorplanung wurden
mehreren Stellen gebrochene Drähte der Längs- mehrere Gradientenvarianten zur Verbesserung
spannglieder vorgefunden. der Entwässerungssituation für das Bauwerk
den. Die Fahrbahnübergänge sind für Dehnwege Die Überbauten wurden im Taktschiebeverfah-
von 450 mm in Achse 10 und für 480 mm in Ach- ren ohne zusätzliche Hilfsstützen hergestellt. Die
se 90 ausgelegt. Taktkeller befanden sich jeweils hinter dem Wi-
derlager Achse 10. Der Ersatzneubau erfolgte im
Um trotz des geringen Längsgefälles eine siche- Wesentlichen in zwei Bauabschnitten. Im ers-
re Ableitung des Regenwassers zu gewährleisten, ten Schritt wurde östlich des Bestandsbauwerkes
sind auf jedem Teilbauwerk 37 Brückenabläufe der neue Überbau der Fahrtrichtung Fulda auf
vorhanden. Zusätzlich wurden im Bereich der provisorischen Unterbauten errichtet. Anschlie-
Tiefpunkte entlang der tieferliegenden Fahr- ßend konnte der Verkehr auf dieses Provisorium
bahnränder Pendelrinnen ausgebildet. verlegt und das Bestandsbauwerk zurückgebaut
werden.
Als Absturzsicherung dienen Fahrzeugrückhalte-
systeme mit der Aufhaltestufe H4b auf den Au- Das Abbruchkonzept sah nach der Leichterung
ßenkappen und H2 auf den Mittelkappen. Auf des Überbaus den abschnittsweisen Rückbau der
den Außenkappen befinden sich 1,20 m hohe Fahrbahnplatte und den sukzessiven Ausbau der
Holmgeländer. Zusätzliche Sicherheit bieten der Stahlquer- und -längsträger vor. Zum Schutz der
Berührungsschutz im Bereich der unterführten unterführten Verkehrswege erfolgte der Abbruch
Bahnlinien und Schneeschutzgitter oberhalb un- unter Schutzgerüsten. Lediglich für das Aushe-
terführter Verkehrswege. ben der Längsträger mussten die unterführten
Verkehrswege kurzzeitig voll gesperrt werden.
Der nachfolgende Abbruch der Bestandsunter-
3 Bauausführung bauten erfolgte konventionell ohne Sprengung.
Die Bauarbeiten begannen im März 2017. Im zweiten Bauabschnitt wurden zunächst die
Unterbauten für die neue Brücke errichtet. Nach
Vorgaben für die bauzeitliche Verkehrsführung der Herstellung des Überbaus der Fahrtrichtung
bestimmten das Baugeschehen. Für die gesam- Würzburg in Endlage konnte der Verkehr im
te Bauzeit war der Verkehr auf der A 7 aufrecht Herbst 2020 auf dieses neue Teilbauwerk verlegt
zuerhalten. Hierfür wurden mehrere bauzeitliche werden. Anschließend erfolgte der Querverschub
4+0-Verkehrsführungen mit einer Fahrbahn- des Überbaus der Fahrtrichtung Fulda von der
breite von 12,00 m notwendig. Der Schienenver- seitlichen Behelfslage in die Endlage. Nach dem
kehr auf den unterführten Gleisen der DB durfte Rückbau aller Behelfsunterbauten und dem Ab-
ebenfalls nicht beeinträchtigt werden. Auch die schluss der ergänzenden Erd- und Straßenbau-
Gemeindeverbindungsstraße musste während arbeiten war die neue Talbrücke Rothof im Sep-
der gesamten Bauzeit uneingeschränkt nutzbar tember 2022 fertiggestellt.
bleiben. Lediglich die Sperrung der unterführten
Wirtschaftswege war gestattet.
4 Allgemeine Angaben
Bauherr: Bundesrepublik Deutschland, Baugrund Baugrundinstitut Dr. Spotka
vertreten durch das gutachter: und Partner GmbH,
Bundesministerium für Postbauer-Heng
Digitales und Verkehr
Bauoberleitung: Autobahndirektion
Auftrags Freistaat Bayern, Nordbayern, Dienststelle
verwaltung: vertreten durch die Würzburg,
Autobahndirektion Prof. Dr.-Ing. H. Bechert +
Nordbayern, Nürnberg Partner – Ingenieurbüro für
Bauwesen, Schleiz
Entwurfs Autobahndirektion
aufsteller: Nordbayern, Nürnberg Örtliche Bau Prof. Dr.-Ing. H. Bechert +
überwachung: Partner – Ingenieurbüro für
Entwurfs Leonhard, Andrä & Partner
Bauwesen, Schleiz
bearbeiter: beratende Ingenieure VBI AG,
Nürnberg Bauausführung: Porr GmbH & Co. KGaA,
Berlin
Aufsteller der Stähler + Knoppik
Ausführungs Ingenieurgesellschaft mbH,
unterlagen: Neu-Isenburg Bauzeit: März 2017–September 2022
5 Technische Angaben
Stützweiten: 35,00 m-50,00 m-4x60,00 m- Baustoffmengen
50,00 m-35,00 m Unterbauten
Beton: 3.950 m3
Gesamtlänge: 410,00 m
Betonstahl: 372 t
Breite zwischen 36,10 m
Überbauten
den Geländern:
Beton: 12.826 m3
Brückenfläche: 14.801 m2 Betonstahl: 2.535 t
6 Technische Zeichnungen
7 Abbildungen
Bild 2: Blick auf die Verschubbahnen auf den Pfeilerköpfen für den Querverschub des östlichen Überbaus Foto: Jan R. Schäfer
Bild 3: Luftbild der neuen Brücke, Blick von Nordwesten Foto: René Legrand
Bild 5: Schrägansicht des Bauwerkes vom Wirtschaftsweg am Widerlager Achse 10 Foto: René Legrand
Bild 6: Bauwerksansicht von Osten mit Blick auf die unterführten Gleise der DB AG Foto: René Legrand
Bild 8: Blick vom Widerlager Achse 90 nach Norden mit Pfeilerreihung Foto: René Legrand
Bild 10: Ansicht Pfeiler mit zurückgesetztem Spiegel und Anzug am Pfeilerschaft Foto: René Legrand
4. Ersatzneubau
Gumpenbachbrücke
Kornwestheim (B 27)
te. Um auf einem der bestehenden Teilbauwerke des neuen Dreifeldbauwerkes von je 29,90 m in
den bauzeitlichen 1+1-Verkehr aufnehmen zu den Randfeldern und 40,00 m im Mittelfeld er-
können, wären zudem vorab umfangreiche Er- gibt sich eine robuste maximale Schlankheit von
tüchtigungsmaßnahmen notwendig gewesen. L/15.
Mit dem Bau einer Behelfsbrücke hätte während Als besondere Gestaltungselemente beeinflus-
der Bauzeit die Anzahl der vorhandenen Fahr- sen die beiden 2,70 m und 4,50 m hohen Lärm-
streifen beibehalten werden können. Im vorlie- schutzwände die Brückenansicht signifikant. Ein
genden Projekt erwies sich jedoch eine Lösung goldener Stahlrohrbogen auf dem westlichen
mit dem Bau des östlichen Teilbauwerks in Sei- Teilbauwerk symbolisiert die verbindende Wir-
tenlage und anschließendem Querverschub als kung einer Brücke. Auf dem östlichen Teilbau-
wirtschaftlicher, ressourcenschonender und werk findet sich die goldene Farbe in der Stahl-
nachhaltiger. blechkappe wieder, die die Wand nach oben
begrenzt. Als Material für die Füllungen kamen
Um den Überbau einschließlich der Mittelunter- im Brückenbereich hochabsorbierende, farbig
stützungen und Fundamentteile quer verschie- beschichtete Aluminiumkassetten zum Einsatz.
ben zu können, wurde eine Ausführung als se- Die Übergänge zu den Betonlärmschutzwänden
mi-integrales Bauwerk favorisiert. Als mögliche der Strecke wurden durch zwischengeschaltete,
Überbauvarianten kamen ein längs vorgespann- transparente Acrylglaselemente akzentuiert.
ter Stahlbetonplattenbalken und eine Stahlver-
bundkonstruktion mit luftdicht geschweißtem
Stahlhohlkasten in Betracht. Trotz des vorteil- 2 Bauwerksentwurf
haften geringeren Gewichtes wurde die Stahlver-
bundlösung nicht weiter verfolgt, da die Prüf- 2.1 Unterbauten
barkeit der innen liegenden Bauteile bei einem
nicht begehbaren Hohlkasten nicht gegeben ist. Aufgrund der tiefen Lage der tragfähigen Bau-
Zudem erwies sich die Spannbetonvariante un- grundschichten kamen in allen Auflagerachsen
ter Berücksichtigung der Herstellbarkeit unter Bohrpfahlgründungen zur Ausführung. Die
Aufrechterhaltung des laufenden Verkehrs, der Pfähle weisen einen Durchmesser von 1,20 m
Gestaltung, der Dauerhaftigkeit und der Wirt- auf und sind 15,00-25,00 m lang. Das Konstruk-
schaftlichkeit als Vorzugslösung. Der statischen tionsprinzip der integralen Bauweise erfordert
Beanspruchung folgend sind die 1,90 m hohen schlanke, verformbare Unterbauten. Die horizon-
Plattenbalken über den Mittelpfeilern auf 2,60 m tale Nachgiebigkeit der Mittelunterstützungen
angevoutet. Damit gelingen die ästhetische Vi- wurde durch die Anordnung der Bohrpfähle in
sualisierung des Lastabtrages in der Bauwerks- jeweils einer Pfahlreihe je Auflagerachse erreicht.
ansicht und eine harmonische Einbettung in die Aufgrund der oberflächennahen weichen Bau-
innerörtliche Parklandschaft. grundschichten können sich horizontale Bauteil-
verformungen in Brückenlängsrichtung zwän-
In der Bauwerksansicht wurde gegenüber dem gungsarm einstellen.
Vorgängerbauwerk die Anzahl der Felder von
vier auf drei reduziert. Dadurch konnten die Infolge des Bauverfahrens unterscheiden sich
neuen Pfeiler ungestört außerhalb der Ramm- die Pfeilergründungen der beiden Teilbauwerke
pfahlgründungen des Bestandsbauwerkes ge- signifikant. Die Pfeiler des westlichen Teilbau-
gründet werden. Mit den gewählten Stützweiten werkes stehen auf einer konventionellen Bohr-
pfahlgründung und sind in die Pfahlkopfplatte Als Material für die längs vorgespannten Über-
eingespannt. Für den Querverschub des östlichen bauten kamen Stahlbeton C 35/45 und Spann-
Teilbauwerkes einschließlich seiner Mittelpfeiler stahl St 1570/1770 zum Einsatz.
und Teilen der Gründung mussten die Pfeiler-
fundamente von den Pfahlkopfbalken separiert In den Widerlagerachsen ruhen die Überbauten
werden. Die Pfahlkopfbalken wurden als U-för- auf Kalottenlagern, wobei jeweils die westliche
mige Verschubbahnen ausgebildet. Im Inneren Lagerreihe querfest ausgebildet ist. Lärmgemin-
des nach oben offenen U-Profiles fanden die derte Gleitfinger-Übergangskonstruktionen mit
technischen Einrichtungen für den Querver- einem Gesamtdehnweg von 120 mm befinden
schub Platz. Über bzw. in den U-förmigen Ele- sich an den Überbauenden.
menten wurden die eigentlichen Fundamente als
1,00 m hohe und 3,00 m breite Verschubbalken
angeordnet. Ein hohlraumfreier Fugenverguss 3 Bauausführung
zwischen Edelstahlplatten auf den Oberseiten
der U-Elemente und den Unterseiten der Ver- Die Bauarbeiten begannen am 09.03.2020.
schubbalken in Endlage gewährleistet die sichere
Kraftübertragung zwischen den beiden Bauteilen Da der Verkehr auf der Bundesstraße während
im Endzustand. der gesamten Bauzeit aufrechterhalten werden
sollte, waren zahlreiche komplexe Bau- und Ver-
Die Widerlager sind als schiefwinklige Kasten- kehrsphasen zu planen, abzustimmen und um-
widerlager mit Parallelflügeln und Wartungsgän- zusetzen.
gen ausgeführt. Die beiden Pfeilerreihen an den
Innenstützen bilden die Festpunkte der semi-in- Sämtliche vorbereitenden Arbeiten des Straßen-,
tegralen Brücke. Die Pfeiler sind in den Überbau Tief- und Kanalbaus im Brückenbereich wurden
eingespannt. Mit einer Höhe von ca. 8,00 m und als Vorabmaßnahmen durchgeführt. Umfangrei-
einem Durchmesser von 1,60 m wirken die vier che Verbauarbeiten waren in den verschiedenen
Pfeiler sehr gedrungen. Ihre vergleichsweise mas- Bauphasen erforderlich, wobei je nach Erforder-
sive Dimensionierung war für die Aufnahme der nis die Rückverankerungen umgeankert werden
großen Einspannmomente aus dem Überbau er- mussten.
forderlich.
In der ersten Bauphase erfolgte die Herstellung
Für die Herstellung der Pfeiler wurde Stahlbeton des östlichen Teilbauwerkes in Seitenlage auf ei-
der Festigkeitsklasse C 35/45 verwendet. Alle an- nem bodengestützten Traggerüst und behelfsmä-
deren Unterbauten bestehen aus C 30/37. ßigen Widerlagern. In diesem Zeitraum blieb die
bestehende Verkehrsführung unverändert.
2.2 Überbau
Zu Beginn der Bauphase 2 wurde der Verkehr
Die Überbauten sind als semi-integrale, dreifeld- auf das neue Teilbauwerk verlegt. Anschließend
rige Durchlaufträger mit zweistegigem Platten- konnte das Bestandsteilbauwerk West vollstän-
balkenquerschnitt ausgeführt. Die mittlere Breite dig abgebrochen werden. Statt des ursprünglich
der Plattenbalkenstege beträgt 2,15 m. Die Dicke vorgesehenen konventionellen Rückbaus erfolg-
der Betonplatten variiert zwischen 0,35 m in te der Abbruch des Überbaus durch Sprengen.
Feldmitte, 0,25 m am Überbaurand und 0,50 m Hauptgrund für die Änderung des Abbruchver-
am Kragarmanschnitt. fahrens war die wesentlich geringere Beein-
trächtigung der Anwohner durch eine kürzere Um den hohlraumfreien Fugenverguss zwischen
Rückbauzeit und die deutliche Reduzierung der der Verschubbahn und den Verschubbalken, der
Lärm- und Staubbelastung. Der Abbruch der Wi- die sichere Übertragung der horizontalen Las-
derlager erfolgte konventionell mit Hydraulik- ten im Endzustand durch Reibung gewährleisten
meißeln und Abbruchzangen. muss, testen zu können, wurde im Vorfeld des
Verschubes ein Testkörper in Originalgröße unter
Anschließend wurde das neue Teilbauwerk West Baustellenbedingungen hergestellt.
in seiner endgültigen Lage errichtet.
Zur Verhinderung außerplanmäßiger Verschie-
In der dritten Bauphase wurde der Richtungsver- bungen an den gelenkigen Stützenfüßen wäh-
kehr Stuttgart auf den neuen westlichen Überbau rend des Verschubes wurden die beiden Stützen-
verlegt, während der Verkehr in Richtung Lud- reihen am Fuß mit Hilfe eines Stahlfachwerkes
wigsburg weiter auf dem in Seitenlage befindli- zug- und druckfest miteinander verbunden.
chen östlichen Überbau rollte. Das zwischen den Nach dem Einbau der temporären Aussteifungen
beiden neuen Teilbauwerken in „Insellage“ ver- in Quer- und Längsrichtung wurde die Brücke in
bliebene östliche Bestandsbauwerk konnte nun allen vier Achsen gleichzeitig um wenige Zenti-
ebenfalls durch Sprengung abgebrochen werden. meter angehoben. Mit Hilfe von Elastomereinla-
Anschließend wurden die endgültigen Widerla- gen zwischen Verschubbahn und Verschubbalken
ger für das neue Teilbauwerk Ost errichtet. erfolgte der parallele, kontinuierliche Querver-
schub über synchron geschaltete hydraulische
Nachdem in Bauphase 4 der gesamte Verkehr in Verschubvorrichtungen an allen Achsen um
einer 4+0-Verkehrsführung auf das neue westli- 10,55 m bis in die Endlage. Die effektive Ver-
che Teilbauwerk verlegt worden war, wurde mit schubgeschwindigkeit betrug etwa 1,00 m/min,
dem Verschub des östlichen Teilbauwerkes in sodass der gesamte Querverschub einschließlich
Endlage der erste Querverschub einer semi-inte- aller Nebenarbeiten nur etwa eineinhalb Stun-
gralen Talbrücke in Deutschland realisiert. den dauerte.
Der Querverschub fand am 09.03.2022 statt, exakt Nach dem Ausbau der Elastomereinlage und dem
zwei Jahre nach Baubeginn. Definierte Mindest- Einbau der Kalottenlager in den Widerlagerach-
anforderungen an das Verschubsystem sollten sen konnte das Teilbauwerk auf seine planmä-
einen sicheren Verschub gewährleisten. So war ßige Höhe abgesenkt und die Fugen zwischen
ein kontinuierlicher Verschub mit geringem Verschubbahnen und Verschubbalken konnten
Reibbeiwert (maximal 1,00 %) durch die hydrau- vergossen werden. Die U-förmigen Verschubbah-
lische Verschubanlage zu garantieren, wobei so- nen wurden am Ende mit Beton verfüllt, nach-
wohl Zug- als auch Druckkräfte übertragbar sein dem die Verschubeinrichtungen ausgebaut wor-
sollten. Die Lasteinleitung in das Verschubsystem den waren.
musste zentrisch erfolgen, um schädliche Ver-
drehungen zu vermeiden. Zur Verhinderung von Am 29.07.2022 wurde die neue Brücke für den
inneren Zwängungen war es notwendig, dass Set- Verkehr freigegeben. Die Umsetzung der Bau-
zungen während des Verschubes unmittelbar hy- maßnahme unter den äußerst komplexen Rand-
draulisch ausgeglichen werden konnten. bedingungen gelang durch eine fortschrittliche,
innovative Planung und eine ingenieurtechnisch
optimierte Bauausführung.
4 Allgemeine Angaben
5 Technische Angaben
6 Literatur
[1] Gehring, M.; Bayer, D.: Semi-integrale Gum- [2] Ingenieurbaukunst 2023: Querverschub neben
penbachbrücke in Kornwestheim – Querver- laufendem Verkehr – Der Ersatzneubau der
schub einer Brücke einschließlich Stützen und Gumpenbachbrücke auf der B 27, S. 36–43
Fundamente. Bautechnik 97, H. 7/2020,
S. 517–523.
https://doi.org/10.1002/bate.202000008
7 Technische Zeichnungen
8 Abbildungen
Bild 1: Querverschub des Teilbauwerkes Ost in Endlage mit Verschubbahnen Foto: Regierungspräsidium Stuttgart
und Aussteifungskonstruktion
Bild 3: Luftbild der neuen Brücke mit Blick nach Westen Foto: René Legrand
Bild 4: Schrägansicht der Brücke mit Einbindung in die Landschaft Foto: René Legrand
Bild 6: Ansicht Lärmschutzwand mit goldenem Stahlrohrbogen als gestaltendes Element Foto: René Legrand
Bild 8: Schrägansicht Widerlager Achse A1 mit Anschluss der Lärmschutzwand zwischen Brücke und Strecke Foto: René Legrand
Bild 9: Detail Einspannung des Pfeilerkopfes in den Plattenbalkensteg des Überbaus Foto: René Legrand
5. Ersatzneubau
Brücke über
die DB bei
Oberstaufen (B 308)
1.1 Notwendigkeit der Baumaßnahme Die sehr anspruchsvolle Topografie der Quer-
alpenstraße um den Berg Staufen und die sehr
Im Bereich der Bundesstraße 308, die als Quer- nahe gelegene Bebauung bedingten eine weit-
alpenstraße die Orte Oberstaufen und Immen- gehend bestandsnahe Trassierung. Die Straßen-
stadt im Allgäu verbindet, befinden sich mehrere achse verläuft in einem sehr engen Radius von
Brückenbauwerke. Beim Bau der drei Großbrü- 140,00 m und kreuzt die Bahntrasse schiefwink-
cken „Anschlussstelle Oberstaufen“, „Bahnbrücke lig mit 48,31 gon. Die Gradiente fällt mit 0,70 %
Oberstaufen“ und „Bahnbrücke Hinterstaufen“ in Richtung Westen. Überführt wird die Bundes-
zu Beginn der 1960er Jahre wurde Spannstahl in straße mit einem Regelquerschnitt RQ11B. Auf-
den Überbauten verwendet, bei dem die Gefahr grund der für den engen Achsradius notwendi-
der Spannungsrisskorrosion besteht. Um das Ri- gen Kurvenaufweitung von 0,71 m beträgt die
siko des Versagens der Tragwerke auszuschließen, Fahrbahnbreite zwischen den Schrammborden
wurden auch unter Berücksichtigung des Alters 8,71 m. Die Fahrbahn ist mit 6,00 % in Querrich-
und des Zustandes der Brücken Ersatzneubauten tung zur Kurveninnenseite geneigt.
geplant. Im Zuge der Erneuerung der Dreifeld-
brücken war die Instandsetzung von drei weite- In Abstimmung mit der DB musste die Brücke
ren kleineren Rahmenbauwerken vorgesehen. für eine künftige Elektrifizierung der Strecke aus-
Die Brücken wurden zu einem Großprojekt zu- gelegt werden. Für den Endzustand war daher
sammengefasst, da alle sechs Bauwerke im sel- eine lichte Höhe über der Gleisoberkante von
ben Abschnitt der Bundesstraße zwischen den 6,00 m erforderlich, für den Bauzustand genügte
Anschlussstellen Oberstaufen und Hinterstau- eine lichte Höhe von 4,90 m. Als seitlicher Sicher-
fen/Hündle liegen. Die Baumaßnahmen an allen heitsabstand der Unterbauten zu den Gleisen wa-
Brücken sollten im Rahmen einer gemeinsamen ren im Bauzustand 2,50 m und im Endzustand
Umleitungsführung von möglichst kurzer Dauer mindestens 3,00 m, gemessen von der jeweiligen
umgesetzt werden. In diesem Zusammenhang Gleisachse, einzuhalten.
wurde im Anschluss an die Brückenbauarbeiten
auch der gesamte Streckenabschnitt auf einer 1.3 Bauwerksgestaltung
Länge von 2,53 km erneuert. Zur Verbesserung
der Oberflächenentwässerung entstanden zudem Die im Zuge der Vorplanung durchgeführte Va-
fünf neue Regenrückhaltebecken. riantenuntersuchung fokussierte sich vor allem
auf eine zeitlich und wirtschaftlich optimierte
Die folgenden Ausführungen beschreiben die Herstellungstechnologie mit dem geringstmög-
Erneuerung der Brücke über Gleisanlagen der lichen Eingriff in den Straßen- und Bahnver-
Deutschen Bahn AG (DB) bei Oberstaufen. Die kehr. Verkehrstechnisch günstige Varianten mit
Bundesstraße führt in diesem Bereich über die Bau in Seitenlage und anschließendem Querver-
zweigleisige Bahnstrecke Buchloe – Lindau und schub oder dem Bau einer seitlichen Behelfsbrü-
eine Gemeindeverbindungsstraße zur Erschlie- cke mussten aufgrund der örtlichen Topografie
ßung der Orte Bad Rain und Hinterstaufen. verworfen werden. Da das Bauwerk bestands-
nah wiederhergestellt werden sollte, wurde die
Erneuerung des Überbaus auf den bestehenden
Widerlagern und Pfeilerfundamenten favorisiert.
Unter Berücksichtigung der sehr kurzen Sperr- men notwendig, die aus ergänzenden, tangieren-
und Bauzeiten stellte die Fertigteilbauweise die den Großbohrpfählen (d = 0,88 m) und 1,50 m
Vorzugslösung dar. Um umfangreiche Ertüchti- dicken Lastverteilungsbalken je Pfeilerachse be-
gungen an den Unterbauten zu vermeiden, kam stehen. Ursprünglich sah die Entwurfsplanung
die im Vergleich zu Massivbaulösungen leichtere eine Brunnengründung vor. Im Zuge der Bauaus-
Stahlverbundbauweise mit Verbund-Fertigteil- führung wurden im Pfeilerbereich jedoch vom
Trägern (VFT) zum Einsatz. Im Ergebnis der stati- Baugrundgutachten abweichende Fels- bzw. Bo-
schen Voruntersuchungen zeigte sich allerdings, denverhältnisse festgestellt. Aus diesem Grund
dass die bestehenden Pfeiler die Torsionskräfte wurde die Brunnengründung verworfen und auf
aus dem Überbau nicht mehr aufnehmen konn- Bohrpfähle umgestellt. Durch die sehr gute Zu-
ten, weshalb der Neubau der Pfeiler mit Verstär- sammenarbeit zwischen den einzelnen Projekt-
kung ihrer Gründung notwendig wurde. beteiligten konnten die aus der Umplanung re-
sultierende Bauzeitverzögerung auf weniger als
Die Bauwerksgestaltung wird im Wesentlichen vier Wochen und die Mehrkosten auf ein Mini-
durch die Form der einzelnen Bauteile und de- mum beschränkt werden.
ren Proportionen untereinander bestimmt. Eine
starke Überbaukrümmung und die bewegte Auf der Kurveninnenseite der Gleise wirkt der
Topografie der Umgebung dominieren das Er- Lastverteilungsbalken in Achse 20 gleichzeitig als
scheinungsbild. Aus der Optimierung des Licht- Anprallschutz für den dortigen Pfeiler. Die stati-
raumprofils resultierte eine markante und scha- sche Untersuchung der Kombination aus Flach-
lungstechnisch sehr anspruchsvolle Aufvoutung gründung des Bestandes, Bohrpfahlgründung
der Rundpfeiler in Richtung der Pfeilerköpfe. und Lastverteilungsbalken erfolgte an einem
dreidimensionalen Modell unter Berücksichti-
Das Bauwerk weist eine Gesamtstützweite von gung der unterschiedlichen Baugrundverhält-
57,96 m auf. Sie setzt sich aus den Einzelstützwei- nisse.
ten 17,71 m, 22,49 m und 17,76 m zusammen. Bei
der konstanten Konstruktionshöhe von 1,37 m Die Bestandswiderlager wurden erschütterungs-
resultiert daraus eine maximale Schlankheit von arm so weit abgebrochen, dass die neuen 2,70 m
16,42. dicken Auflagerbänke, die Kammerwände, War-
tungsgänge und Flügel ergänzt werden konnten.
Eine Lochblechverkleidung dient zukünftig als
2 Bauwerksentwurf Vogeleinflugschutz.
Der neue Überbau ist als Dreifeldträger in Stahl- Um die ehrgeizige Vorgabe, Baubeginn und Ver-
verbundbauweise ausgeführt. Die Herstellung kehrsfreigabe in einer Bausaison verwirklichen
mit sechs VFT-Trägern wurde gewählt, um auf zu können, mussten die drei Großbrücken zeit-
Traggerüste verzichten zu können und damit gleich erstellt werden. Zur Erschließung des
den Eingriff in den Bahn- und Straßenverkehr Streckenabschnittes zwischen den beiden Bahn-
zu minimieren. Der Überbau setzt sich aus den brücken wurde hierfür im Herbst 2020 in der
1,00 m hohen Trägern aus WT-Stahl S 355J2W, Böschung eine Baustellenzufahrt mit 15,00 %
den 0,12 m dicken Stahlbeton-Fertigteilplatten Steigung hergestellt. Alle weiteren Arbeiten vor,
und der 0,25 m dicken Ortbetonergänzung zu- zwischen und nach den drei Mehrfeldbrücken
sammen. Wetterfester Stahl bildet auf der Ober- erfolgten zur Aufrechterhaltung des Baustellen-
fläche durch Bewitterung eine rostfarbene, dich- verkehrs halbseitig.
te Patinaschicht aus festhaftenden Sulfaten oder
Phosphaten, die das Stahlteil vor weiterer Kor- Die Bauarbeiten begannen am 15.03.2021, wobei
rosion schützt. Dadurch entfällt ein gesonderter die Bundesstraße erst nach Ostern am 06.04.2021
Korrosionsschutz, der aus unterhaltungstech- voll gesperrt wurde. Die größten Herausforde-
nischer Sicht im Bahnbereich aufwändig wäre. rungen resultierten während der Bauzeit aus den
Für die Betonbauteile wurde die Festigkeitsklasse verkehrlichen Randbedingungen. Daneben wa-
C 35/45 verwendet. Kopfbolzendübel realisieren ren aber auch naturschutzfachliche Restriktio-
den Verbund zwischen den Fertigteilen und dem nen durch unmittelbar am Bauwerk befindliche
Ortbeton. Die Trägeranordnung folgt in Quer- Tabuzonen aufgrund von Eidechsenhabitaten zu
richtung der Querneigung der Fahrbahn, sodass beachten.
die Verbundplatte mit konstanter Konstruktions-
dicke hergestellt werden konnte. Die Fertigteile Sämtliche Bauarbeiten an allen sechs Brücken-
liegen in einem Achsabstand von 2,02 m. In je- teilbauwerken sowie die Fahrbahnerneuerung
der Lagerachse befinden sich 1,20 m hohe Stahl- sollten in einer Gesamtbauzeit von nur sieben
querträger, die auf jeweils zwei Kalottenlagern Monaten unter Vollsperrung der Bundesstraße
aufliegen. Die Längsfesthaltung befindet sich am umgesetzt werden. Normalerweise ist schon der
Widerlager Oberstaufen. In Querrichtung sind Ersatzneubau einer Brücke innerhalb dieser kur-
in jeder Auflagerachse die nördlichen Lager fest- zen Bauzeit eine Herausforderung. Für den PKW-
gehalten. An beiden Überbauenden wurden ein- und LKW-Verkehr waren umfangreiche Umfah-
profilige, lärmgeminderte Fahrbahnübergänge rungen einzurichten. Die unter dem Bauwerk
eingebaut. querende Gemeindestraße wurde je nach Bau-
fortschritt zeitweilig voll gesperrt.
In Abstimmung mit der DB ist die Brücke bereits
für eine künftige Elektrifizierung ausgelegt. Der Des Weiteren waren die zeitlichen Abhängigkei-
dafür erforderliche Berührungsschutz wurde zu- ten von den Sperrpausen der DB zu beachten.
nächst nicht eingebaut. Er kann aber im Zuge der So musste für die Abbrucharbeiten die Bahn-
Elektrifizierung nachgerüstet werden, da die not- strecke Buchloe – Lindau voll gesperrt werden.
wendige Gesimsverbreiterung über dem Gleisbe- Hierfür stand Mitte April 2021 eine Gleissper-
reich bereits hergestellt wurde. rung mit Schienenersatzverkehr von 54 Stunden
zur Verfügung. Diese Sperrung war bereits mit
einem Vorlauf von drei Jahren beantragt worden. die Verlegung der Haupt- und Querträger des
Alle weiteren Arbeiten, wie z. B. die Zu- und Ab- Mittelfeldes auf die südliche Vormontagefläche.
fahrt des Bohrgerätes zur Achse 20, der Ein- und Dort wurden die Träger auf Montagestapeln bzw.
Ausbau der Pfeilerschalung und der Einhub der Rüsttürmen überhöht aufgelegt und zu zwei
Stahlverbundfertigteile mussten während nächt- Hubelementen verschweißt. Ein Hubelement
licher Gleissperrungen durchgeführt werden. bestand dabei aus drei Längs- und zwei halben
Querträgern. Die beiden Hubelemente des Mit-
Die Instandsetzungsarbeiten an den drei klei- telfeldes konnten anschließend mittels Groß-
neren Rahmenbauwerken fanden in halbseiti- kran in Endlage gehoben und miteinander ver-
ger Bauweise statt, um den Baustellenverkehr schweißt werden. Die Stahlbauteile der Endfelder
zwischen den Bahnbrücken aufrechterhalten zu wurden im Einkranhub eingebaut. Bedingt durch
können. den kleinen Achsradius und die große Quernei-
gung waren umfangreiche temporäre Abstüt-
Nach dem Einrichten der bauzeitlichen Umlei- zungen, Kippsicherungen und Aussteifungen
tungsstrecken wurden zunächst sämtliche vor- notwendig. Nach dem finalen Verschweißen der
bereitenden Arbeiten für den Brückenabbruch 18 Längsträger und der vier Querträger, dem Ein-
vorgenommen. Im Rahmen der dreitägigen bau von acht Lagern und der beiden Übergangs-
Gleissperrung waren beide Bahnbrücken nach konstruktionen konnte die Ortbetonplatte beto-
Aufbringen eines Gleisschutzes zurückzubauen niert werden. Dabei erfolgte zuerst die Betonage
und im Bereich der Bahnbrücke Oberstaufen ein der Feldbereiche. Nach weitgehendem Abklingen
Gleislängsverbau mit Spundwänden herzustel- des Kriechens wurden die Stützbereiche ergänzt.
len. Anschließend wurde die Bestandsgründung
freigelegt und instandgesetzt, damit die Grün- Nachdem der Überbau fertiggestellt war, er-
dungsergänzungen hergestellt werden konnten. folgte die Komplettierung mit Abdichtung,
Brückenkappen, Geländern und Fahrzeug-
Parallel zu den Arbeiten auf der Baustelle wurden rückhaltesystemen. Abschließend wurden die
im Fertigteilwerk die VFT-Träger aus WT-Stahl Gussasphaltschutzschicht und der lärmgemin-
mit Aufbetonplatte hergestellt. Durch mehrere derte Belag (DSH-V) aufgebracht.
coronabedingte Ausfälle und Quarantänerege-
lungen verzögerte sich die Fertigteilproduktion Nachdem auch die weiteren Bauarbeiten auf der
um ca. acht Wochen, von denen vier Wochen pa- Bundesstraße rechtzeitig abgeschlossen werden
rallel zu den Gründungsänderungen anfielen. konnten, stand der Verkehrsfreigabe des gesam-
Die Verzögerungen konnten durch Optimierung ten Streckenabschnitts trotz widriger Witte-
des Terminplans und entsprechende Beschleuni- rungsverhältnisse am 10.12.2021, ca. drei
gungsmaßnahmen weitestgehend kompensiert Wochen nach dem geplanten Termin, nichts
werden. mehr im Wege.
Nach der Betonage der neuen Auflagerbalken an Die zum Teil sehr umfangreichen Restarbeiten
den Widerlagern und der Errichtung der neu- seitlich bzw. unter den Brücken wurden nach der
en Pfeiler wurden die Stahlquerträger und VFT- Winterpause Mitte April wieder aufgenommen
Träger auf höhenjustierbaren Montagegerüsten und Ende August 2022 abgeschlossen.
verlegt. Mittels Tandemhub erfolgte zunächst
4 Allgemeine Angaben
Bauherr: Bundesrepublik Deutschland, Prüfingenieur: Dr.-Ing. Walter Schmitt,
vertreten durch das Gräfelfing,
Bundesministerium für Dipl.-Ing. Florian Willkomm,
Digitales und Verkehr München (Prüfingenieur
Eisenbahnbau)
Auftrags Freistaat Bayern,
verwaltung: vertreten durch das Staatliche Baugrund Dr. Ebel & Co. Ingenieur
Bauamt Kempten gutachter: gesellschaft für Geotechnik
und Wasserwirtschaft mbH,
Entwurfs Staatliches Bauamt Kempten
Bad Wurzach
aufsteller:
Bauoberleitung: Staatliches Bauamt Kempten
Entwurfs Staatliches Bauamt Kempten
bearbeiter: Örtliche Bau Staatliches Bauamt Kempten
überwachung:
Gestalterische Dr. Schütz Ingenieure
Beratung: Beratende Ingenieure im Gesamtprojekt LCP Bauconsult GmbH,
Bauwesen PartG mbH, steuerung: Aichach
Kempten
Aufsteller der Dr. Schütz Ingenieure Bauausführung: Max Bögl Stiftung & Co. KG,
Ausführungs Beratende Ingenieure im Sengenthal
unterlagen: Bauwesen PartG mbH,
Kempten Bauzeit: März 2021–Dezember 2021
5 Technische Angaben
Stützweiten: 17,71 m-22,495 m-17,755 m Baustoffmengen
Unterbauten
Gesamtlänge: 57,96 m
Beton: 410 m3
Breite zwischen 12,31 m Betonstahl: 70 t
den Geländern:
Überbauten
Brückenfläche: 714 m2 Beton: 430 m3
Betonstahl: 91 t
Brückenklasse: LM1 nach DIN EN 1991-2
Baustahl: 120 t
inkl. NA
6 Technische Zeichnungen
7 Abbildungen
Bild 2: Einhub Mittelfeld in nächtlicher Sperrpause der Bahnstrecke Foto: LCP Bauconsult GmbH
Bild 5: Draufsicht auf den Überbau mit Detail Geländerabschluss Foto: René Legrand
Bild 9: Bauwerksuntersicht mit Blick auf Pfeiler Achse 20 Foto: René Legrand
Bild 10: Bauwerksuntersicht mit Ansicht Widerlager Achse 0 Foto: René Legrand
6. Ersatzneubau Oder
brücke zwischen
Gieboldehausen
und Herzberg (B 27)
• Verwendung von selbstverdichtendem Beton Schleppplatte an, die auf einer zwischen den
für die Fertigteilfahrbahnplatten einer Brücke Scheibenenden spannenden, hinteren Kammer-
in Segmentbauweise, wand aufliegt.
• Korrosionsschutz an den Litzenenden der Für die Herstellung der Widerlager und Flügel-
Quervorspannung für die Segmentbrücken wände wurde Stahlbeton der Festigkeitsklasse
fertigteile, C 35/45 verwendet. Alle anderen Unterbauten
bestehen aus C 30/37.
• Vorspannkonzept, Fugenausbildung und
Linienlagerung der Segmentbrückenfertigteile 2.2 Überbau
auf den VFT-Längsträgern,
Ermittlung des Reibkoeffizienten, Bestimmung Der Überbau gliedert sich in zwei getrennte Trag-
von Reibbeiwerten einer Gleitebene, systeme. Der Riegel des integralen Einfeldrah-
mens besteht aus zwei VFT-Trägern mit Stahl-
• Verwendung von Beton der Güte C 60/75 für hohlkästen, die über Kopfbolzendübel mit dem
den VFT-Obergurt. Fertigteilflansch schubsteif verbunden sind. Auf
den Betonobergurten liegen die direkt befahre-
Mit Erteilung der allgemeinen Bauartengeneh- nen, vorgespannten Module der Fahrbahnplat-
migung mit Gegenstand der direkt befahrenen te linienförmig auf. Die Fahrbahnmodule stehen
Fahrbahnplatte aus zusammengespannten Fer- statisch nicht im Verbund mit den Hauptträgern
tigteilplatten für Modulbrücken vom 06.07.2022 und beteiligen sich daher nicht an der Rahmen-
war eine Erteilung der Zustimmungen im Einzel- tragwirkung.
fall für die Fahrbahnplattenelemente nicht wei-
ter erforderlich. Die VFT-Träger liegen in einem Achsabstand von
7,70 m. Die luftdicht verschweißten Stahlhohl-
kästen der Güte S 355 weisen einen Stegabstand
2 Bauwerksentwurf von je 1,20 m auf. Den Lastabtrag visualisierend
steigt die Konstruktionshöhe der Träger von
2.1 Unterbauten 0,80 m in Feldmitte auf 1,70 m im Einspannbe-
reich an den Widerlagern an. Im Abstand von
Das Bauwerk wurde auf sechs Großbohrpfählen 4,00 m befinden sich Schottbleche in den Trä-
(d = 1,20 m) je Widerlager tief gegründet. gern. Kopfbolzendübel an den Stirnplatten der
Hohlkästen sichern die Übertragung der Quer-
Die Widerlager sind in zwei 1,90 m breite Schei- kräfte in die Widerlagerscheiben.
ben aufgelöst, in die die Hauptträger einbinden.
Diese Konstruktion ermöglicht eine sehr effi- An den Rahmenecken werden die Druckkräfte
ziente Einleitung der Einspannmomente in die aus dem Einspannmoment mit einer Druckplat-
Gründung. te in den Beton eingetragen. Die Einleitung der
Zugkräfte erfolgt über schlaffe Bewehrung im
Die Fahrbahnplatte erstreckt sich bis zum Ende Fertigteilgurt direkt in die Widerlagerscheiben.
der Widerlagerscheiben, wodurch die Widerla- Zur Anordnung dieser Bewehrung musste die Di-
gerstirnwand entfallen konnte. Am Bauwerks- cke des hoch bewehrten Betongurtes der Festig-
ende schließt eine 0,40 m dicke, 9,60 m lange keitsklasse C 60/75 vergrößert werden. Ober- und
Unterseite des Betongurtes sind geneigt ausge- der Fahrbahnplatte auf den Hauptträgern. Vier
führt, um stehendes Wasser zu vermeiden. winkelförmige Anschläge, die für eine Anpralllast
von 500 kN bemessen wurden, sichern die Quer-
Die in Modulbauweise hergestellte Fahrbahn- festhaltung der Platte an den Widerlagern.
platte ist 13,80 m breit und 42,66 m lang, da sie
bis zu den Flügelenden reicht. Sie besteht aus Den Übergang zwischen der Modulfahrbahn-
16 Plattenmodulen der Betonfestigkeitsklasse platte und dem Asphalt auf dem anschließenden
C 60/75 mit den Abmessungen 13,80 m x 2,66 m, Straßendamm bildet ein bituminöser Fugenver-
die längs und quer vorgespannt sind. An den Au- guss.
ßenrändern sind die Kappen bereits anmoduliert
und Teil der Fertigteile. Die Modulbreite resul- Unterschiede in den Temperaturdehnungen be-
tiert aus der Pfosteneinteilung der Schutzein- wirken Verschiebungen der Fertigteilplatte auf
richtungen. Die Mindestdicke der Module beträgt den VFT-Trägern. Konstruktiv wird die Ver-
0,35 m, sie erhöht sich infolge der integrierten schieblichkeit durch Edelstahlbleche auf den
Querneigungen bis auf 0,56 m an der oberstrom- Hauptträgern und Gleitkufen aus Beton mit ei-
seitigen Kappenstirn. nem speziellen Graphitanstrich in den Modulen
ermöglicht.
In Plattenlängsrichtung (entspricht der Quer-
richtung des Bauwerkes) sind die Module mit so- Die Fahrbahnmodule aus selbstverdichtendem
fortigem Verbund mit Spannlitzen (d = 12,5 mm) Beton werden – analog zu Betonfahrbahnen der
der Güte St 1660/1860 vorgespannt. Zusätzlich Autobahnen – direkt befahren. Auf die übliche
erhielten sie eine Robustheitsbewehrung, die für Abdichtung, den Fahrbahnbelag und die An-
den Grenzfall einer vollständig ausgefallenen ordnung von Ortbetonkappen wurde verzich-
Vorspannung bemessen wurde. tet. Um die notwendige Griffigkeit herzustellen,
wurde die Oberseite der Module mit einem Vor-
Die verbundlose Vorspannung in Brückenlängs- haltemaß von 0,005 m betoniert und um diesen
richtung (quer zu den Plattenmodulen) erfolg- Betrag anschließend wieder abgeschliffen und
te mit Hilfe von zentrischen Spanngliedern des kugelgestrahlt. Die hohe Abriebfestigkeit des er-
Typs BBV Lo7 150 mm² aus St 1660/1860 gleich- härteten Betons garantiert eine geringe Abnut-
mäßig über den Querschnitt. zung (Abrasion) durch den Verkehr. Durch die
hohe Qualität und Dichtigkeit des verwendeten
Zwischen den Modulen werden die Querkräfte Betons ist ein hoher Frost-Tausalz-Widerstand
über Reibung (Reibkoeffizient 0,5) in den eben gegeben. Die biaxiale Vorspannung verhindert
geschliffenen Modullängsseiten übertragen. Die zudem die Bildung von Rissen im Beton. Für die
Ausführung eines solchen Kontaktstoßes hat sich Module wird eine Nutzungsdauer von mehr als
bereits bei Windkrafttürmen auch unter hohen 70 Jahren prognostiziert.
zyklischen Belastungen bewährt.
Da keine Abdichtung vorhanden ist, müssen die
Die Endmodule und das Mittelmodul erhiel- Stoßfugen zwischen den Modulen vor Wasser-
ten zusätzliche Einbauteile zur Vorspannung in eintritt geschützt werden. Dazu wurden EPDM-
Längsrichtung und für die Horizontalhalterung Dichtprofile werkseitig in stirnseitige Aussparun-
der Fahrbahnplatte. Über eine Knaggenkonstruk- gen der Fahrbahnmodule eingeklebt. Die hohe
tion in Feldmitte erfolgt die längsfeste Halterung Dichtigkeit in den Fugenspalten, die beim Zu-
sammenpressen dieser Profile durch die Längs- Nach Herstellung der Gründungen konnten die
vorspannung der Fahrbahnplatte entsteht, ist aus VFT-Träger zur Baustelle transportiert und ver-
dem Tunnelbau mit Tübbingen bekannt und hat legt werden. Die Stahlhohlkästen der VFT-Trä-
sich bewährt. ger wogen jeweils etwa 25 t, die vollständigen
VFT-Träger ca. 61 t. Mit einer Trägerlänge von
Durch die Verwendung verbundloser Längsvor- etwa 30 m und einer Trägerhöhe von weniger als
spannung der Fahrbahnplatte und der konstruk- 3,00 m war der Transport der VFT-Träger über
tiven Trennung der Fahrbahnplatte vom Längs- das Straßennetz möglich.
tragsystem können einzelne Fahrbahnmodule
bei Bedarf relativ leicht ausgetauscht werden. Anschließend erfolgte die Betonage der Widerla-
Dazu ist der Ausbau der Längsspannglieder not- gerscheiben, der Kammerwand und der Schlepp-
wendig. platten. Nach einer ausreichenden Erhärtungs-
zeit wurden die Fahrbahnmodule (Gewicht ca.
38 t) verlegt, die Längsspannglieder in die Hüll-
3 Bauausführung rohre eingeschossen, an der Festankerseite ein-
betoniert und auf der gegenüberliegenden Seite
Die Bauarbeiten begannen am 13.06.2022. angespannt.
Parallel startete die Fertigung der Stahlträger und Da der Überbau keine Abdichtung und keinen
der Betonmodule im Werk. Belag erhielt, war die Ausbildung einer Aus-
gleichsgradiente nach der Montage der Beton-
Nach Einrichtung der Vollsperrung der B 27 am module nicht mehr möglich. Durch ein kon-
28.06.2022 erfolgte der Abbruch des Bestands- sequentes Qualitätssicherungssystem und die
bauwerkes konventionell mit Abbruchbaggern Ausgleichsmöglichkeiten in der Konstruktion
innerhalb von 14 Tagen. konnte die Gradiente im Endzustand dennoch
zielgerichtet eingestellt werden.
Die im Stahlbaubetrieb hergestellten Stahlhohl-
kästen wurden im Fertigteilwerk mit den Beton- Abschließend erhielt das neue Bauwerk die Ent-
gurten versehen. Nach einer definierten Liegezeit wässerungseinrichtungen und Absturzsicherun-
im spannungsfreien Zustand waren die VFT-Trä- gen. Nach Herstellung des Straßenanschlusses
ger entsprechend der Einbausituation am Bau- konnte die Vollsperrung am 16.12.2022 aufge-
werk zu lagern und zu vermessen. Noch im Werk hoben und nach einer außergewöhnlich kurzen
erfolgte der Einbau der Edelstahlkufen auf den Bauzeit von nur sechs Monaten die neue Brücke
Trägerobergurten. Auch die Betonmodule wur- für den Verkehr freigegeben werden.
den im Werk vorgefertigt. Die Fahrbahnoberflä-
chen wurden abgeschliffen und kugelgestrahlt,
die längsseitigen Kontaktflächen zwischen den
einzelnen Modulelementen plan ausgearbeitet.
4 Allgemeine Angaben
Bauherr: Bundesrepublik Deutschland, Aufsteller der SSF Ingenieure AG,
vertreten durch das Ausführungs München
Bundesministerium für unterlagen:
Digitales und Verkehr
Prüfingenieur: Prof. Dr.-Ing. K. Geißler,
Auftrags Land Niedersachsen, Berlin
verwaltung: vertreten durch die
Baugrund Schnack Ingenieurgesell-
Niedersächsische
gutachter: schaft mbH & Co. KG,
Landesbehörde für
Hannover
Straßenbau und Verkehr,
Geschäftsbereich Goslar Bauoberleitung: IGS Ingenieure GmbH &
Co. KG, Wernigerode
Entwurfs Niedersächsische
aufsteller: Landesbehörde für Örtliche Bau Hensel Ingenieur GmbH,
Straßenbau und Verkehr, überwachung: Kassel
Dezernat 32
Bauausführung: Max Bögl Stiftung & Co. KG,
Entwurfs SSF Ingenieure AG, Neumarkt
bearbeiter: München
Bauzeit: Juni 2022–Dezember 2022
Gestalterische Niedersächsische
Beratung: Landesbehörde für Baukosten: ca. 4,85 Mio. €
Straßenbau und Verkehr,
Dezernat 32
5 Technische Angaben
Stützweite: 30,00 m Baustoffmengen
Unterbauten
Breite zwischen 13,30 m
Beton: 566 m3
den Geländern:
Betonstahl: 98 t
Brückenfläche: 567 m2
Überbauten
Brückenklasse: LM1 nach DIN EN 1991-2 Beton: 260 m3
inkl. NA Betonstahl: 45 t
Baustahl: 44 t
6 Technische Zeichnungen
7 Abbildungen
Bild 1: Einhub der Fahrbahnmodule Foto: Firmengruppe Max Bögl / Marius Herzog
Bild 2: Luftbild mit Blick von Südwesten auf die neue Fahrbahn Foto: René Legrand
Bild 4: Schrägansicht des Bauwerks vom südwestlichen Ufer Foto: René Legrand
Bild 5: Draufsicht auf die Module der Fahrbahnplatte Foto: René Legrand
Bild 6: Detail Fugenausbildung und Oberflächenrauigkeit der Fahrbahnmodule Foto: René Legrand
Bild 8: Bauwerksuntersicht mit Stahlknaggen zur Längsfesthalterung der Fahrbahnplatte Foto: René Legrand
Bild 10: Detail Einspannung eines VFT-Längsträgers in die Widerlagerscheibe und Querfesthaltung Foto: René Legrand
Überbau am Widerlager
Bild 11: Detail Geländerabschluss mit Viertelkreis und Lochblechfüllung Foto: René Legrand
7. Neubau
Talbrücke
Ilksbach (B 83n)
schattungseffekt, der sich durch die 2,08 m lan- den Stegen so gewählt, dass auf eine Quervor-
gen Kragarme ergibt, verstärkt die filigrane Wir- spannung verzichtet werden konnte.
kung des schlanken Überbaus. Zudem erzeugt die
dreifache Abstufung der Gesimse je nach Son- Für den Überbau kam Beton C 35/45 und Spann-
neneinstrahlung unterschiedliche Farbnuancen stahl St 1570/1770 zum Einsatz.
in der Bauwerksansicht. Diese besondere Gestal-
tung der Kappen setzt sich in den Fundamenten Zur Lagerung des Überbaus wurden auf allen Un-
der an die Brücke anschließenden Irritations- terbauten je zwei Kalottenlager mit beweglichen
schutzwände fort. Gleitteilen angeordnet. Lediglich am Festpunkt
der Brücke in Längsrichtung, der sich auf dem
Widerlager Achse 60 befindet, sind Elastomerla-
2 Bauwerksentwurf ger vorhanden. Die Lagerung erfolgte anstatt der
im Entwurf vorgesehenen Polstrahllagerung auf
2.1 Unterbauten Vorschlag der ausführenden Baufirma als Tan-
gentiallagerung.
Am Bauwerksstandort stehen oberflächennah bis
zu 7,00 m mächtige Schluffschichten mit hoher Eine wasserdichte Fahrbahnübergangskonstruk-
Setzungstendenz an. Daher wurden alle Grün- tion ermöglicht am südlichen Überbauende in
dungen als Tiefgründungen mit Großbohrpfäh- Achse 10 die horizontale und vertikale Verschieb-
len (d = 1,50 m) ausgeführt. Die zwischen 15,00 m lichkeit. Die aufzunehmende Gesamtdilatation
und 25,00 m variierenden Pfahllängen resultie- beträgt 293 mm.
ren aus den stark differierenden Baugrundver-
hältnissen in den einzelnen Gründungsachsen. Auf den Kappen sind Fahrzeugrückhaltesyste-
me der Aufhaltestufe H2 und des Wirkbereiches
Die Widerlager sind als Kastenwiderlager ausge- W4 mit der Anprallheftigkeitsstufe B angeordnet.
führt. Um die Kontrolle der Lager und des Fahr- Auf beiden Gesimsen stehen 2,00 m hohe Irrita-
bahnüberganges zu ermöglichen, erhielt das süd- tionsschutzwände mit einer Füllung aus Alumi-
liche Widerlager (Achse 10) einen Wartungsgang. niumkassetten-Elementen. Die Schutzwände set-
Die Pfeiler bestehen aus jeweils zwei Stützen mit zen sich hinter dem Widerlager Achse 60 auf der
Rechteckgrundriss von 2,60 m Länge und 1,50 m Nordseite und hinter dem Widerlager Achse 10
Breite, ihre Ecken sind mit 0,35 m x 0,35 m auf- auf der Südseite fort.
fallend gefast.
Das Baugeschehen wurde von der vorhandenen denkmals wurde archäologisch begleitet. Zum
Geländetopographie, den anstehenden witte- Schutz des Ilksbaches und der nahe gelegenen
rungsempfindlichen Böden und dem Grundwas- Fischteiche wurde das aus den umspundeten
ser bestimmt. Um eine Konsistenzverschlechte- Pfeilergründungen abgepumpte Grundwasser
rung der wasserempfindlichen Baugrubensohle über Absetzmulden und die bauzeitlichen Ent-
unter den schweren Bohrgeräten zu vermeiden, wässerungsgräben vor Einleitung in die Vorflut
erfolgte die Pfahlherstellung von der Gelände- gereinigt.
oberkante aus mit Leerbohrungen. An den Pfei-
lern Achse 30 und 40 waren wasserdichte Spund- Im Rahmen der Baumaßnahme wurden insge-
wandverbauten erforderlich, um die Baugruben samt 260.000 m³ Erdmassen bewegt. Zusätzlich
vor seitlichem Grundwasserzutritt und nachströ- waren umfangreiche landschaftspflegerische Be-
mendem Oberflächenwasser aus dem Ilksbach zu gleitmaßnahmen auszuführen. So wurden Stau-
schützen. Nach Herstellung der Bohrpfähle und den, Sträucher und Hochstämme entlang der
der Pfahlkopfplatten wurden die Widerlager und neuen Trasse als Baumreihen angepflanzt sowie
Pfeiler errichtet. Für die bis zu 18,10 m hohen arten- und blütenreiche Biotope und Wildkräu-
Pfeiler kam dabei eine Kletterschalung zum Ein- terflächen angelegt.
satz.
Am 08.12.2021 waren die Baumaßnahmen an der
Die Herstellung des Überbaus erfolgte in zwei neuen Talbrücke Ilksbach abgeschlossen. Restar-
Bauabschnitten konventionell auf Traggerüst. beiten unter dem Bauwerk wie diverse Erdarbei-
ten und der Rückbau der Baustraßen und Zäune
Neben den baugrundtechnischen Randbedin- wurden bis zur Jahresmitte 2022 fertiggestellt.
gungen waren die Auflagen der Planfeststellung Die feierliche Verkehrsfreigabe der neuen Orts-
zum Naturschutz und zum Schutz des Boden- umgehung erfolgte am 12.05.2023. Die termin-
denkmals „Landwehrverlauf“ bei der Bauausfüh- gerechte Umsetzung der Gesamtbaumaßnah-
rung zu beachten. So musste das Baufeld durch me gelang durch die gute länderübergreifende
ortsfeste Zäune abgegrenzt und im Bereich des Zusammenarbeit der Straßenbaubehörden von
Bodendenkmals durch einen Verbau gesichert Hessen und Nordrhein-Westfalen.
werden. Der Erdaushub im Bereich des Boden-
4 Allgemeine Angaben
Bauherr: Bundesrepublik Deutschland, Aufsteller der Ingenieurbüro für Baustatik
vertreten durch das Ausführungs Dipl-Ing. Berthold Janßen,
Bundesministerium für unterlagen: Oldenburg (Brücke),
Digitales und Verkehr AWK GmbH, Sinzing
(Irritationsschutzwand)
Auftrags Land Nordrhein-Westfalen,
verwaltung: vertreten durch den Prüfingenieur: Dipl.-Ing. Ulrich Ponzel,
Landesbetrieb Straßenbau Paderborn
Nordrhein-Westfalen,
Regionalniederlassung Baugrund Grundbauinstitut Biedebach,
Sauerland Hochstift gutachter: Dortmund
Entwurfs Landesbetrieb Straßenbau Bauoberleitung: Fritz Spieker GmbH & Co. KG,
aufsteller: Nordrhein-Westfalen, Oldenburg
Regionalniederlassung
Sauerland Hochstift, Örtliche Bau Hessen Mobil, Kassel
Außenstelle Paderborn überwachung:
Entwurfs Landesbetrieb Straßenbau Bauausführung: Fritz Spieker GmbH & Co. KG,
bearbeiter: Nordrhein-Westfalen, Oldenburg (Brücke),
Regionalniederlassung AWK GmbH, Sinzing
Sauerland Hochstift, (Irritationsschutzwand)
Außenstelle Paderborn
Bauzeit: Januar 2020–Dezember 2021
Gestalterische Hessen Mobil, Standort Bad (nur Brücke)
Beratung: Arolsen, KC Bauwerksentwurf
Baukosten: 7,51 Mio. € (Brücke)
0,26 Mio. €
(Irritationsschutzwand)
5 Technische Angaben
Stützweiten: 30,00 m-41,25 m-41,25 m- Baustoffmengen
37,50 m-30,00 m Bohrpfähle
Beton: 2.260 m3
Gesamtlänge: 180,00 m Betonstahl: 101 t
6 Technische Zeichnungen
7 Abbildungen
Bild 1: Herstellung der Schalung für den neuen Überbau Foto: Fritz Spieker GmbH & Co. KG
Bild 2: Einbau der Entwässerungsleitung zwischen den Plattenbalkenstegen des Überbaus Foto: Fritz Spieker GmbH & Co. KG
Bild 3: Luftbild der neuen Brücke aus östlicher Richtung Foto: René Legrand
Bild 5: Schrägansicht des Bauwerkes aus nordwestlicher Richtung Foto: René Legrand
Bild 7: Blick auf den Überbau mit Detail Irritationsschutzwand Foto: René Legrand
8. Ersatzneubau
Ahrbrücke
Sinzig (B 9)
In der funktionalen Leistungsbeschreibung wur- lisenen mit einer Breite von 0,30 m ermöglichen
de der Einsatz von Verbundfertigteilträgern (VFT) die Anordnung der neuen Lager in den verscho-
zur Wiederherstellung des Überbaus festgelegt. benen Achsen. Die Lisenen stehen auf den luft-
Durch die Vorfertigung dieser Träger im Werk seitigen Widerlagerspornen und sind über ein-
war eine signifikante Verkürzung der Gesamt- geklebte Bewehrung mit den Widerlagerwänden
bauzeit zu erwarten. Weitere projektbezogene verbunden.
Vorteile ergaben sich für dieses Tragwerk durch
die kurzen Einbauzeiten vor Ort und das ver- Die neuen Pfeiler mit hydraulisch angepasster
gleichsweise geringe Eigengewicht der Träger, Form wurden hochwasserresilient und kolk-
wodurch die vorhandenen Widerlager weiter ge- sicher auf 0,90 m dicken Großbohrpfählen ge-
nutzt werden konnten. Durch Kranmontage der gründet, die bis zu 15,00 m in den Baugrund
Fertigteilträger sollte gleichzeitig auf die Errich- einbinden. Aufgrund der veränderten Überbau-
tung von Lehrgerüsten und den damit verbun- geometrie mussten die neuen Pfeiler auf 9,60 m
denen Eingriff in den Abflussquerschnitt der Ahr verbreitert werden. Analog zum Bestand sind die
verzichtet werden. Pfeilerscheiben im Flussbereich mit einer Dicke
von 0,70 m ausgeführt. Am Pfeilerkopf ermög-
licht eine Aufweitung auf 1,40 m die Aufnahme
2 Bauwerksentwurf der neuen Lager.
C 35/45. Die Plattendicke der Fertigteile variiert Pfeiler einschließlich Gründung und die west-
zwischen 0,10 m und 0,12 m, die Dicke der Ort- lichen Flügelwände abgebrochen. Mit Hilfe von
betonschicht beträgt 0,23 m. Die Bauhöhe des zwei Rampen, die vom Vorland der Ahr auf den
Überbaus variiert zwischen 1,45 m im Feld und Damm der B 9 führten, konnte das Baufeld opti-
an den Endauflagern und 1,85 m an den Pfeilern. mal erschlossen werden. Zusätzlich wurde eine
Behelfsbrücke für das Baustellenpersonal errich-
In den Auflagerachsen binden die Längsträger tet, die bei höheren Wasserständen die Querung
über Kopfbolzendübel und Anschlussbeweh- der Ahr ermöglichte.
rung in die Querträger aus Stahlbeton ein. Um
die konstruktive Durchbildung an den Auflagern Infolge des stark gestörten Baugrundes muss-
zu erleichtern, wurden die Querträgerbreiten im ten die Tiefbauarbeiten zur Herstellung der neu-
Vergleich zum Bestand auf 1,10 m an den Wider- en Pfeiler sorgfältig überwacht werden, um die
lagern und auf 1,40 m über den Pfeilern erhöht. Sicherheit der Verkehrsteilnehmer auf dem be-
fahrenen Nachbarbauwerk zu gewährleisten.
In jeder Pfeilerachse sind jeweils unter den Während der Gründungsarbeiten wurden Nei-
Längsträgern zwei Elastomerlager angeordnet. gungsänderungen am benachbarten Teilbauwerk
Auf den Widerlagern durfte die Position der La- mit Hilfe von Inklinometern in Echtzeit elektro-
gerachsen nicht verändert werden, um deren Be- nisch überwacht.
anspruchung nicht maßgeblich zu verändern.
Daher wurden nur jeweils zwei Elastomerlager Parallel zur Herstellung der neuen Pfeiler und zu
über den Aussteifungsrippen der Widerlager ein- den Anpassungsarbeiten an den Widerlagern auf
gebaut. Der Festpunkt der Brücke in Längsrich- der Baustelle erfolgte die Herstellung der Stahl-
tung befindet sich weiterhin auf dem nördlichen verbundträger im Werk.
Widerlager. Somit war am südlichen Widerlager
der Einbau einer Fahrbahnübergangskonstrukti- Bei einer maximalen Breite von 2,43 m konnten
on mit einem Dehnweg von 105 mm notwendig. die Verbundfertigteile ohne besondere Auflagen
auf der Straße zur Baustelle transportiert werden.
Die Arbeiten mussten unter weitgehender Auf- Exakt 428 Tage nach der verheerenden Flutka-
rechterhaltung des Verkehrs auf der Bundesstra- tastrophe im Ahrtal konnte die neue Brücke am
ße ausgeführt werden. Lediglich für die Montage 16.09.2022 feierlich eingeweiht werden.
der neuen Fertigteile war eine Vollsperrung zu-
lässig, um den Einhub von dem bestehenden öst- Die Hochwasserkatastrophe im Jahr 2021 und
lichen Überbau aus zu ermöglichen. die Schäden an der Ahrbrücke demonstrierten
die Verletzlichkeit der Infrastruktur gegenüber
Unmittelbar nach dem Hochwasserereignis fand Naturkatastrophen. Im Hinblick auf zukünftige
bereits der Abbruch des westlichen Teilbauwer- Hochwasserereignisse ist es von entscheidender
kes statt. Im ersten Bauabschnitt wurden der ge- Bedeutung, die Widerstandsfähigkeit der Brü-
schädigte westliche Überbau sowie die beiden cken als Teil der Infrastruktur zu verbessern.
4 Allgemeine Angaben
Bauherr: Bundesrepublik Deutschland, Prüfingenieur: Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Kurz,
vertreten durch das Kaiserslautern
Bundesministerium für
Baugrund Kriechbaum Ingenieurbüro
Digitales und Verkehr
gutachter: Geotechnik, Emmelshausen
Auftrags Land Rheinland-Pfalz,
Bauoberleitung: Max Bögl Stiftung & Co. KG,
verwaltung: vertreten durch den
Neumarkt
Landesbetrieb Mobilität
Rheinland-Pfalz, Koblenz Örtliche Bau Landesbetrieb Mobilität
überwachung: Rheinland-Pfalz,
Entwurfs k. A. (Leistungsbeschreibung
Cochem-Koblenz
aufsteller: mit Leistungsprogramm)
Bauausführung: Max Bögl Stiftung & Co. KG,
Entwurfs SSF Ingenieure AG,
Neumarkt
bearbeiter: München,
BORAPA Bauzeit: September 2021–
Ingenieurgesellschaft mbH, September 2022
Kaiserslautern (inkl. Planung)
Aufsteller der SSF Ingenieure AG, Baukosten: 7,2 Mio. € (ohne Abbruch)
Ausführungs München
unterlagen:
5 Technische Angaben
Stützweiten: 31,06 m-38,80 m-31,04 m Baustoffmengen
Unterbauten
Gesamtlänge: 100,90 m
Beton: 1.022 m3
Breite zwischen 10,05 m Betonstahl: 69 t
den Geländern:
Überbauten
Brückenfläche: 1.014 m 2 Beton: 410 m3
Betonstahl: 140 t
Brückenklasse: LM1 nach DIN EN 1991-2
Baustahl: 224 t
inkl. NA
6 Technische Zeichnungen
7 Abbildungen
Bild 1: Kollabierter Überbau infolge Pfeilerunterspülung während Foto: Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz
der Jahrhundertflut an der Ahr
Bild 2: Stahlverbundträger des Überbaus vor der Montage Foto: Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz
Bild 3: Einhub der Stahlverbundträger des Überbaus Foto: Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz
Bild 4: Luftbild des fertiggestellten Bauwerkes mit Flutgelände der Ahr Foto: René Legrand
Bild 6: Schrägansicht des Bauwerkes mit erneuertem Teilbauwerk West im Vordergrund Foto: René Legrand
Bild 7: Bauwerksuntersicht mit Blick auf den provisorischen Kolkschutz am Pfeiler Achse 30 Foto: René Legrand
Bild 8: Detail Einbindung der Verbundlängsträger in den Überbauquerträger am Pfeiler Foto: René Legrand
Bild 10: Schrägansicht Widerlager Achse 40 mit Flügel Foto: René Legrand
9. Ersatzneubau
Brücke über
die Eider bei
Rendsburg (B 77)
Die Bundesstraße 77 stellt eine wichtige Verbin- Bei der Festlegung der Gradiente und der Di-
dung der Orte Itzehoe und Schleswig dar. Sie ist mensionierung des Überbaus mussten die er-
bereichsweise vierspurig ausgebaut und dient als forderlichen lichten Höhen der unterführten
Bedarfsumleitung der Bundesautobahn 7. Ver- Verkehrswege berücksichtigt werden. Für die
kehrszählungen aus dem Jahr 2010 ergaben eine Bundeswasserstraße wurde eine lichte Höhe von
Verkehrsbelastung von 24.700 Kfz/d mit einem mindestens 3,35 m über dem Bezugswasserspie-
Schwerlastanteil von 7,00 %. gel realisiert. Über den beiden unterführten We-
gen beträgt die lichte Höhe 4,24 m bzw. 4,26 m.
In der Nähe von Rendsburg führt die B 77 über Die dem Bestand entsprechende, geringfügige
die Bundeswasserstraße Eider sowie über einen Unterschreitung der eigentlich erforderlichen
Wirtschaftsweg und einen Geh-/Radweg. 4,50 m stellt eine Kompromisslösung dar, um auf
die Absenkung der unterführten Wege im Bau-
Das Überführungsbauwerk wurde im Jahr 1958 werksbereich verzichten zu können.
als dreifeldrige Spannbetonbrücke errichtet. Der
Überbau bestand aus einem Hohlkastenquer- Die Bundesstraße wird auf dem neuen Brücken-
schnitt mit zwei getrennten Zellen, der mittels bauwerk mit einem Regelquerschnitt RQ21B
Spannblockverfahren in Längsrichtung vor- überführt. Je Fahrtrichtung stehen zwei 3,25 m
gespannt war. Ursprünglich für die Brücken- breite Fahrspuren zur Verfügung. Das Quergefäl-
klasse 30/30 ausgelegt, zeigten sich bei einer le beträgt konstant 3,50 % in Richtung Kurvenin-
Nachrechnung im Jahr 2012 trotz Abstufung in nenseite.
die Brückenklasse 30 erhebliche Defizite in der
Querkrafttragfähigkeit. Deshalb erhielten die 1.3 Bauwerksgestaltung
Längsträger des Bauwerkes noch im selben Jahr
eine Schubverstärkung, bestehend aus vorge- Im Vorfeld der Entwurfsplanung erfolgte eine
spannten Gewindestangen, verankert über stäh- Machbarkeitsuntersuchung, die zunächst die
lerne U-Profile am Brückenkörper. Durch diese grundsätzlich möglichen Varianten der Verkehrs-
Maßnahme konnte eine begrenzte Restnut- führung betrachtete. Aufgrund der hohen ver-
zungsdauer bis 2022 erreicht werden, ohne dass kehrlichen Bedeutung der Bundesstraße war die
verkehrliche Kompensationsmaßnahmen mit Aufrechterhaltung des Verkehrs während der
Sperrungen von Fahrstreifen notwendig wurden. Bauzeit oberstes Ziel. Ein Teilabbruch des Be-
standsbauwerkes mit einer zweispurigen Ver-
Aufgrund des Bauwerksalters und des schlechten kehrsführung für beide Richtungsfahrbahnen
Erhaltungszustandes wurde der Ersatzneubau auf der verbleibenden Bauwerkshälfte konnte
der Brücke beschlossen. aufgrund des schlechten Bauzustandes nicht rea-
lisiert werden. Daher wurde entschieden, eine
1.2 Straßenplanung vierspurige Behelfsbrücke zu errichten. Aufgrund
der geforderten Vierstreifigkeit kam der Einsatz
Im Bauwerksbereich ist die Achse der B 77 mit des Bedarfsbrückengerätes des Bundes nicht in
einem Kreisbogen (R = 1.000,00 m) trassiert, der Betracht. Die Behelfsbrücke war somit als indivi-
kurz vor der Auflagerachse 20 in eine Klothoide duelles Tragwerk zu planen und umzusetzen.
platte. Aufgrund der Anvoutung der Längsträger wurde bei der neuen Eiderbrücke gemäß den
variiert die Konstruktionshöhe zwischen 1,15 m geltenden Regelungen mit einer „Zustimmung
in Feldmitte und 1,65 m über den Pfeilern. Damit im Einzelfall“ durch das BMDV eine Innenbe-
beträgt die maximale Schlankheit L/h im Mittel- schichtung nach Blatt 50 als Pilotanwendung ge-
feld 26 und im Übergang zu den Stützen etwa 18. testet. Ziel der innovativen Neuentwicklung ist
Bei konstanter Obergurtbreite von 1,15 m bleibt sowohl die Steigerung der Ausführungsqualität
auch die Neigung der Stegbleche über die Län- und Wirtschaftlichkeit von luftdicht verschweiß-
ge der Träger konstant, sodass keine Verwindung ten Hohlkästen als auch eine bessere Risserken-
entsteht. Die Untergurtbreite variiert infolgedes- nung, falls die Brücke im Bedarfsfall von innen
sen, sie beträgt maximal 1,50 m an den Stützen. begangen werden sollte. So soll auch nach vielen
Kragkonsolen in Form geschweißter T-Profile Jahren die Detektion von Ermüdungsrissen oder
ermöglichten bereits während der Montage die anderer innerer Schäden sowie Undichtigkei-
Auflagerung der Betonfertigteile im Kragarm- ten der Konstruktion zusätzlich zur Endoskopie-
bereich. In den Pfeilerachsen 20 und 30 steifen Untersuchung erleichtert werden. Die Beschich-
stählerne Querträger die Hohlkästen aus. Über tung erfolgte nach Blatt 50 des Entwurfes der
den Widerlagern befinden sich Stahlbetonend- ZTV-ING 4-3 und der zugehörigen Technischen
querträger. Lieferbedingungen für Beschichtungsstoffe für
den Korrosionsschutz von Stahlbauten (TL KOR –
Die Fahrbahnplatte besteht aus Stahlbeton der Stahlbauten) als 2-Schichtsystem, bestehend aus
Festigkeitsklasse C 35/45. Für die Stahlbauele- zwei 100 μm dicken Epoxidharzbeschichtungen
mente wurde ein Stahl der Güte S 355 verwendet. mit Oberflächenvorbereitungsgrad 2. Die sorgfäl-
tige Applikation des Beschichtungssystems un-
Die Überbauten ruhen in jeder Auflagerachse terlag bei der Pilotanwendung einer besonderen
auf je zwei Kalottenlagern. Alle vier Lager in der Überwachung. Zur Beurteilung des Korrosions-
Achse 10 sind längsfest ausgebildet, um eine ex- verhaltens von Baustellenschweißstößen wur-
zentrische Einleitung der horizontalen Lasten in den im Inneren eines Hohlkastens zusätzliche
die Widerlagergründung zu vermeiden. Da sie Probekörper ausgelagert. Diese Probekörper er-
alle für die volle Längsbelastung ausgelegt sind, hielten das neue Beschichtungssystem, wobei die
ist ein späterer Lagerwechsel in Achse 10 leich- Baustellenschweißstöße unbeschichtet blieben.
ter ausführbar. Die Festhaltung in Querrichtung In einigen Bereichen der intakten Beschichtung
erfolgt in jeder Auflagerachse an den innenlie- wurden Ritzverletzungen angebracht. Die gesam-
genden Lagern. Zur Aufnahme der Überbaudi- te Maßnahme wird durch die Bundesanstalt für
latationen wurden in Achse 40 zweilamellige, Straßenwesen wissenschaftlich begleitet.
wasserdichte, lärmgeminderte Fahrbahnüber-
gangskonstruktionen eingebaut. Für Bauwerksprüfungen aus besonderem Anlass
sind in den luftdicht verschweißten Hohlkästen
Die Hohlkästen der Überbauten gelten aufgrund jeweils zwei Noteinstiegsöffnungen vorhanden.
ihrer geringen lichten Höhe (0,80 m bis 1,30 m) Die Öffnungen befinden sich im Bereich der Tief-
nur als bedingt begehbar, was eine Öffnung der punkte der gevouteten Stahlhohlkästen an den
Kästen und eine Innenraumbegehung grundsätz- Stützenachsen 20 und 30, da sich hier ggf. auftre-
lich ermöglicht. Wegen der geringen Korrosivität tende Leckagewässer sammeln, die größten vor-
im Kasteninneren bräuchten die Innenflächen handenen Trägerhöhen den Einstieg erleichtern
von luftdicht verschweißten Hohlkästen auch bei und eine gute Erreichbarkeit von den unterführ-
bedingter Begehbarkeit aus Korrosionsschutz- ten Wegen aus gegeben ist. Die Noteinstiege sind
gründen nicht beschichtet zu werden. Dennoch umlaufend dicht verschweißt. Sollte eine Bege-
hung notwendig werden, müssen die Schweiß- Der anschließende Rückbau des Bestandsbau-
nähte geöffnet werden. werkes erfolgte konventionell unter Einsatz von
Traggerüsten.
In den Querschotten mit ausreichender Höhe
sind kreisrunde Mannlöcher mit einem Durch- Nach der Herstellung der Unterbauten der neu-
messer von 0,50 m vorhanden. Kleinere Öff- en Brücke konnte der Überbau weitgehend ohne
nungen der Querschotte in den Feldbereichen aufwendige Traggerüste errichtet werden. Dazu
ermöglichen eine Inspektion des Hohlkastenin- wurden die Stahlhohlkästen in einzelnen Schüs-
neren mit technischen Hilfsmitteln (Endoskop, sen mit Kränen, die auf beiden Eiderufern stan-
Drohne, Teleskopkamera), da dort große Quer- den, eingehoben. Zuerst erfolgte der Einhub der
schnittsschwächungen statisch nicht vertretbar Elemente in den Randfeldern. Das Mittelteil
sind. Zur Kontrolle der Innenbereiche der Stahl- konnte anschließend über Knaggen auf die be-
hohlkästen von außen sind im Bereich der Tief- reits vorhandenen Randelemente aufgelagert
punkte des Überbaus Endoskopieöffnungen werden. Nach dem Ausrichten der Hohlkästen
vorhanden, die mit einer Schraube M20 und und der Querträger wurden die Baustellenstöße
Dichtungsscheiben luftdicht verschlossen und verschweißt und der Korrosionsschutz in die-
planmäßig bei Bauwerksprüfungen zu öffnen sen Bereichen ergänzt. Die Stahlbetonfertigtei-
sind. le der Verbundplatte wurden ebenfalls mit Hilfe
der Kräne eingehoben und auf den Längsträgern
2.3 Behelfsbrücke und Kragkonsolen gelagert. Um das Abheben der
Stahlkonstruktion an den Widerlagern zu ver-
Als Behelfsbrücke kam eine zweifeldrige System- meiden, begann man auch hier mit der Montage
brücke aus Stahl zum Einsatz. Die Stützweiten in den Randfeldern. Die nachfolgende Ergänzung
betrugen 13,00 m zur Überbrückung des Geh- des Ortbetons erfolgte im Pilgerschrittverfahren.
und Radweges und 40,50 m über der Eider. Rück- Zuerst wurden die Randfeldbereiche, danach das
verankerte Spundwände bildeten die Widerlager. Mittelfeld und abschließend die Stützbereiche
Die aus Stahlpfählen hergestellten Mittelstützen betoniert.
wurden zur Knickstabilisierung mit Verbänden
ausgekreuzt und erhielten stählerne Auflagerjo- Nach dem Einbau der Fahrbahnübergänge, der
che. Aufgrund der großen Brückenlänge muss- Abdichtung, der Kappen, des Fahrbahnaufbaus
ten die Längsträger des Überbaus in mehreren und der Schutzeinrichtungen waren die Arbeiten
Segmenten angeliefert und mit zwei Kränen im an der neuen Brücke abgeschlossen.
Tandemhub eingehoben werden. Mit der Nut-
zung der Systembrückenelemente für die Errich- Die erste Richtungsfahrbahn der neuen Brücke
tung der Behelfsbrücke konnten eine aufwändige wurde am 12.07.2022 für den Verkehr freigege-
Traggerüstkonstruktion und Sperrungen der B 77 ben. Die Verkehrsfreigabe des anderen Teilbau-
vermieden werden. werkes erfolgte nach dem Rückbau der Behelfs-
brücke und -umfahrung am 24.11.2022.
3 Bauausführung
Die Bauarbeiten begannen am 14.04.2020 mit der
Errichtung der Behelfsbrücke und der Einrich-
tung der Behelfsumfahrung.
4 Allgemeine Angaben
5 Technische Angaben
6 Technische Zeichnungen
7 Abbildungen
Bild 1: Einhub der Stahlhohlkästen mit zwei Kränen Foto: Fritz Spieker GmbH & Co. KG
Bild 2: Blick auf das neue Bauwerk von Südwesten Foto: René Legrand
Bild 8: Detail Trägerauflager auf Pfeilerkopf, im Vordergrund luftdicht verschweißte Noteinstiegsöffnung im Bodenblech Foto: René Legrand
Bild 9: Ansicht Pfeiler mit Kolkschutz und Widerlager mit Böschungstreppe Foto: René Legrand
besitzt eine Dicke von ca. 0,25 m bis 0,40 m. Die In Brand- bzw. Notfällen ermöglichen zwei be-
Innenschale wurde aus bewehrtem Ortbeton der gehbare Querschläge in einem Abstand von etwa
Betongüte C 35/45 mit Dicken von 0,50 m bis 200,00 m die Flucht in die jeweils andere Tunnel-
0,60 m hergestellt. Zur Abdichtung des Tunnel- röhre. Bei der vorliegenden Bauwerkslänge von
bauwerks wurde zwischen der Außen- und In- ca. 597,00 m wären die Anforderungen der RABT
nenschale ein 3,00 cm starker Abdichtungsraum auch mit nur einem Querstollen erfüllt gewesen.
ausgebildet, in dem sich eine umlaufende 3 mm Durch die Anlage des zweiten Querstollens konn-
starke Kunststoffdichtbahn befindet. te trotz des großen Längsgefälles auf eine mecha-
nische Tunnellüftung verzichtet werden.
Die Tunnelröhren wurden in der Regel in
10,00 m langen Blockabschnitten hergestellt. Die In jeder Röhre sind begehbare, barrierefreie Not-
Blockfugen sind als Pressfugen mit innenliegen- rufstationen in einem Abstand von ca. 150,00 m
den Fugenbändern und Stahllaschen sowie In- vorhanden, in denen zwei Handfeuerlöscher zur
jektionsmöglichkeit ausgeführt. Weiterhin wurde Brandbekämpfung zur Verfügung stehen. Über-
in den Blockfugen des bergmännischen Tunnels flurhydranten befinden sich in beiden Tunnel-
ein außenliegendes umlaufendes Schottfugen- röhren auf der gegenüberliegenden Seite der
band angebracht. Notrufkabinen sowie in den Vorportalbereichen.
Versorgt durch ein unterirdisches Löschwasser-
Die dem Beton der Innenschalen zugegebenen becken sowie eine Druckerhöhungsanlage im
Polypropylenfasern (PP-Fasern) sorgen für eine Betriebsgebäude am Westportal sichern die Hy-
erhöhte bauliche Widerstandsfähigkeit gegen dranten die kontinuierliche Brandbekämpfung
Brandlasten, da die Fasern bei Brandbelastung mit einer Durchflussmenge von 1.200 l/min für
aufschmelzen, Porenraum schaffen und das Ab- eine Löschzeit von etwa einer Stunde.
platzen des Betons verhindern.
Zur Beleuchtung der Tunnelröhren sind eine
Zur Aufnahme der anfallenden Fahrbahnwässer Gegenstrahlbeleuchtung für die Einfahrt sowie
dienen am tieferen Fahrbahnrand angeordne- eine symmetrische Durchfahrtsbeleuchtung in-
te Schlitzrinnen, die für eine Abflussmenge von stalliert. Eine aufgehellte Fahrbahndecke und
mindestens 100 l/s ausgelegt sind. Über Revi- Tunnellaibung bis 3,00 m über der Oberkante der
sionsschächte in regelmäßigen Abständen von Notgehwege gewährleisten verbesserte Sichtver-
maximal 50,00 m erfolgt die Ableitung der anfal- hältnisse im Tunnel. Zur besseren Orientierung
lenden Flüssigkeiten in die Längsentwässerung. und Sichtbarkeit sind über den Fluchtwegzei-
Von dort werden die Wässer in das am Ostportal chen bei den Notausgängen weiße Blitzleuchten
errichtete Schadstoffbecken geleitet, welches an angeordnet.
das weiter östlich gelegene Regenrückhaltebe-
cken der AS Eschwege angeschlossen ist. Die sowohl innerhalb als auch außerhalb des
Tunnels vorhandene Notrufanlage, Brandmelde-
2.3 Technische Ausstattung anlage, Luftgütemessung und Verkehrsdatener-
fassung ermöglichen die automatische Tunnel-
Die betriebs- und sicherheitstechnischen Ein- sperrung. Eine im Betriebsgebäude aufgestellte
richtungen für den Tunnel wurden nach den Vor- USV-Anlage garantiert die unterbrechungslose
gaben der RABT 2006 und den „Empfehlungen Stromversorgung.
für die Ausstattung und den Betrieb von Straßen-
tunneln (EABT-80/100, Ausgabe 2019)“ geplant.
4 Allgemeine Angaben
5 Technische Angaben
6 Technische Zeichnungen
7 Abbildungen
Bild 3: Luftbild der Verkehrssituation vor dem Ostportal Foto: René Legrand
Bild 4: Blick auf die drei Tunnelportale auf der Ostseite Foto: René Legrand
Bild 9: Blick in den Tunnel entgegen der Fahrtrichtung mit Notrufstation (links) und Querschlag (rechts) Foto: René Legrand
Bild 10: Tunnelausfahrt auf der Ostseite in Fahrtrichtung Herleshausen (links) und Göttingen (rechts) Foto: René Legrand
Bild 12: Beleuchtung, Kabelkanäle und Lautsprecheranlagen an der Tunneldecke Foto: René Legrand
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Bearbeitung
Setzpfandt Beratende Ingenieure GmbH & Co. KG
Buttelstedter Straße 90, 99427 Weimar
Fotografische Bearbeitung
© René Legrand, Rhün
Redaktion
Bundesministerium für Digitales und Verkehr
Referat StB 24
Kartenausschnitte
© MairDumont, D-73760 Ostfildern
Gestaltung | Druck
Bundesministerium für Digitales und Verkehr
Druckvorstufe | Hausdruckerei
Bildnachweis
Titelfoto: © René Legrand, Rhün
Seite 3: © Bundesregierung - Jesco Denzel
Stand
November 2023
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