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DOI: 10.1002 / bate.

201600094

BERICHT  REPORT
Martin Romberg BERICHT

Neue Queensferry Brücke in Schottland


Herausforderungen bei der Planung und Montage
Die neue Queensferry Brücke in Schottland in der Nähe von New Queensferry Crossing in Scotland – challenges in design
Edinburgh ist eine insgesamt 2 640 m lange Schrägkabelbrücke and construction
mit drei bis zu 210 m hohen Pylonen. Die beiden seilüberspann- The new Queensferry Crossing near Edinburgh in Scotland is a
ten Haupttragweiten sind 650 m, die beiden Seitenfelder 223 m cable-stayed bridge with a total length of 2 640 m and three
und die Spannweiten der Vorlandbrücken sind bis zu 104 m towers up to 210 m high. The two cable supported main spans
lang. Die zwei Seilebenen sind mittig zwischen den beiden are 650 m, the two back spans are 223 m and there are ap-
Fahrbahnen angeordnet und überlappen sich in der Mitte der proach viaducts at each end of variable spans up to 104 m. The
Hauptöffnungen. Diese Besonderheit ist notwendig, um den two cable planes are arranged centrally between both car-
Verbundüberbau und insbesondere den mittleren Pylon zu sta- riageways and overlap in the centre of the main spans. This
bilisieren. Sowohl die Planung mit den damit verbundenen special feature is necessary in order to stabilize the deck and
Nachweisen der außergewöhnlichen Bauzustände, wie z. B. especially the Centre Tower. Unique design features such as
dem mit zwei 322 m langen Kragarmen frei stehenden mittleren having the World’s longest pair of free-standing cantilevers
Pylon, als auch die Montage bei zum Teil äußerst widrigen with an overall length of 644 m and constructing the works in
Wetterbedingungen verlangten den beteiligten Ingenieuren an exposed location experiencing adverse weather conditions,
und Arbeitern einiges ab. Aber nicht nur die Dimensionen und put very high demands on the engineers and workers involved.
die Komplexität des Bauwerks machen diese Brücke auch für It is not only the scale and complexity of the new structure that
erfahrene Brückenbauer zu einer Besonderheit, sondern auch makes it special for even experienced bridge engineers, but
die Nähe zu den beiden bestehenden Brücken über den Firth of also its proximity to the two existing bridges over the Firth of
Forth. Dies sind zum einen die im Jahre 1890 eröffnete Forth Forth. The Forth Rail Bridge, which opened in 1890 and was
Rail Bridge, die im Sommer 2015 in die UNESCO-Weltkultur­ awarded World Heritage Site status in summer 2015, lies along-
erbeliste aufgenommen wurde, als auch die Forth Road Bridge, side the Forth Road Bridge, a large Suspension Bridge opened
eine im Jahre 1964 eröffnete Hängebrücke. Die drei Brücken in 1964. On completion of the Queensferry Crossing these
aus drei verschiedenen Jahrhunderten werden nach Fertigstel- bridges, representing engineering expertise from three differ-
lung der Schrägseilbrücke eine einmalige Brückenkollektion ent centuries, will form a unique collection of iconic structures.
bilden. Die Veröffentlichung fasst die Herausforderungen bei The paper summarizes the challenges in design and construc-
der Planung und Montage dieser einzigartigen Brücke zusam- tion of this outstanding bridge.
men. Einige Teile des Beitrags sind [4] entnommen, wo vor
allem Aspekte der Bauausführung vertieft werden.

Keywords  Queensferry Brücke; Planung; Montage Keywords  Queensferry Crossing; design; construction

1 Einführung schäden von ca. 10 % herausstellte [1]. Verschiedene Stu-


dien führten in der Folge zu der Entscheidung und Verga-
Der Firth of Forth ist eine Flussmündung, welche die be eines Neubaus in Parallellage zur vorhandenen Brücke.
schottische Hauptstadt Edinburgh von der nördlich gele-
genen Grafschaft Fife trennt. Die ersten Querungen über
den Meeresarm befinden sich ca. 10 km westlich von 2 Bauwerksbeschreibung
Edinburgh und bestehen aus der historischen Eisenbahn-
brücke aus dem Jahr 1890 und einer im Jahr 1964 fertigge- 2.1 Allgemeines
stellten Hängebrücke (Bild 1) [1]. Die Hängebrücke ist ein
Nadelöhr für den Straßenverkehr in den gesamten Nor- Im Rahmen einer Machbarkeitsstudie wurden verschie-
den Schottlands. Ihr Zustand hat sich im Laufe der Jahre dene Trassenverläufe untersucht, welche zu der gewähl-
vor allem durch den stetigen Zuwachs des Verkehrs ten Variante etwas westlich der vorhandenen Forth Road
immer weiter verschlechtert. Passierten nach der Fertig- Bridge führten [1]. Es wurden ebenfalls verschiedene Va-
stellung noch 4 Mio. Fahrzeuge im Jahr die Brücke, so rianten von Pylon- und Überbauformen untersucht [2],
waren es in der jüngsten Vergangenheit ca. 24 Mio. [1]. die zunächst davon ausgingen, dass die vorhandene Hän-
Das größte Problem sind ihre Haupttragseile, bei welchen gebrücke nicht in das weitere Verkehrskonzept eingebun-
sich während einer Inspektion im Jahre 2004 eine Ver- den werden sollte. Diese konzentrierten sich auf eine
minderung der Tragfähigkeit aufgrund von Korrosions- Drei-Korridorvariante, bestehend aus zwei getrennten

© Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin. Bautechnik 94 (2017), Heft 293
M. Romberg: Neue Queensferry Brücke in Schottland

Quelle: FCBC
Bild 1 Die drei Brücken über den Firth of Forth zwischen North und South Queensferry
The three bridges across the Firth of Forth between North and South Queensferry

Quelle: Forth Crossing DJV


Bild 2 Längsansicht
Elevation

Richtungsfahrbahnen und einem Korridor für den öffent- lons. Im Gegensatz zu Schrägseilbrücken mit einem oder
lichen Nahverkehr wie Busse, Taxis und eine zukünftige zwei Pylonen wird der mittlere Pylon nicht durch Rück-
Straßenbahn. Nachdem feststand, dass der öffentliche halteseile stabilisiert, die in einem durch Pfeiler versteif-
Nahverkehr auch in Zukunft auf der vorhandenen Brü- ten Seitenfeld verankert sind. Dieses Problem ist bekannt
cke verbleiben soll, wurden verschiedenste Doppeldeck- und wurde von Virlogeux [3] ausführlich beschrieben.
varianten verworfen. Es gibt eine Anzahl von Konfigurationen, die zur Stabili-
sierung des mittleren Pylons verwendet werden können.
Aufgrund der vorhandenen Topografie mit dem in der Die einfachste ist ein sehr steifes Deck oder sehr steife
Mitte des Firth of Forth gelegenen Felsen Beamer Rock Pylone. Andere Konfigurationen sind in Bild 3 in folgen-
lag eine Drei-Pylon-Schrägseilbrücke auf der Hand. Der der Reihenfolge dargestellt:
von der Jacobs Arup Joint Venture erarbeitete Entwurf –– Ankerpfeiler vorsehen
geht mit den beiden Hauptspannweiten von je 650 m auf –– Verbinden der Pylone am oberen Ende mit horizonta-
die beiden erforderlichen Schifffahrtsöffnungen ein. Die len Seilen
Gesamtlänge der neuen Brücke inklusive der Vorlandbe- –– geneigte Stabilisierungsseile von der Spitze der Pylone
reiche beträgt ca. 2 640 m (Bild 2). zum Knotenpunkt des Überbaus mit dem benachbar-
ten Pylon
Zur Ausführung wurde das Design-and-Build-Verfahren –– sich in der Mitte der Öffnung überlappende Seile
gewählt. Die Auftragsvergabe erfolgte im April 2011 an das
Joint Venture Forth Crossing Bridge Constructors (FCBC), Um im Vergleich zu den vorhandenen Brücken nicht zu
bestehend aus den Baufirmen Hochtief, American Bridge, dominant zu wirken, wurde entschieden, den mittleren
Dragados und Morrison Construction. Die Planung wurde Pylon mit sich auf einer Länge von einem Viertel der Haupt-
vom Forth Crossing Design Joint Venture (Forth Crossing felder überlappenden Schrägseilen zu stabilisieren. So konn-
DJV), welches sich aus Leonhardt, Andrä und Partner, te sichergestellt werden, dass sowohl die Pylone als auch der
Rambøll und Sweco zusammensetzt, erarbeitet. Überbau relativ schlank ausgebildet werden konnten.

2.2 Versteifungskonzept 2.3 Lagerungskonzept

Eine große Herausforderung bei mehrfeldrigen Schräg- Der Überbau ist mit dem mittleren Pylon monolithisch
seilbrücken ist immer die Stabilisierung des mittleren Py- verbunden. An den beiden seitlichen Pylonen ist der

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Quelle: Forth Crossing DJV
Bild 3 Versteifungskonzepte einer mehrfeldrigen Schrägseilbrücke
Stabilizing concepts for multi span cable stayed bridges

Überbau, um zu große Zwangsbeanspruchungen aus 2.4 Überbau


Temperatur zu vermeiden, nur in Querrichtung mit La-
gern auf beiden Seiten der Pylone gelagert. Diese Lager Der Überbau im seilverspannten Bereich ist ein dreizelli-
sind mit speziellen Tellerfedern ausgestattet, die ein Klaf- ger Verbundquerschnitt. Bei einer Gesamtbreite von
fen des jeweils nicht belasteten Lagers verhindern und 39,80 m und einer max. Breite der Stahlbox von 29 m er-
somit einer Verschmutzung der Gleitfläche vorbeugen. geben sich auf beiden Seiten ca. 5 m lange Kragarme der
Fahrbahnplatte. Die 250 mm dicke, quer vorgespannte
In allen Pfeilerachsen sind ein querfestes und ein frei be- Betonplatte ist im Anschnitt des Kragarms auf 460 mm
wegliches Lager vorgesehen. Besondere Bedeutung verstärkt. Die Quervorspannung wurde in erster Line er-
kommt dabei den beiden von der Mitte der Brücke aus forderlich, um die sich aus der Mittelaufhängung ergeben-
gesehenen ersten Verankerungspfeilern S1 und N1 zu. de Zugspannung im Beton zu überdrücken. Diese Forde-
Da der Überbau an den seitlichen Pylonen nur schwim- rung beruhte weniger auf den Nachweisen der Platte
mend gelagert ist, hat dieser jegliche Torsion, die sich aus selbst, als darauf, dass sich ansonsten aufgrund des geris-
exzentrischen Verkehrslaststellungen bzw. Wind vom senen Betons die Torsionssteifigkeit des Überbaus erheb-
mittleren Pylon bis hin zu den Verankerungspfeilern er- lich reduziert hätte. Diese Steifigkeit ist aber erforderlich,
gibt, abzutragen. Aufgrund dieser abzutragenden Torsi- um die Verdrehungen um die Überbauachse aus exzentri-
onsmomente würden sich hier große abhebende Lager- schem Verkehr zu begrenzen.
kräfte ergeben. Um ein Klaffen dieser Lager zu verhin-
dern, ist der Überbau mit insgesamt sechs Rückhaltekabeln Die Fahrbahnplatte und die Stahlbox sind alle 4,05 m
mit einer Vorspannkraft von je 102 MN in den Pfeiler durch Querrahmen unterstützt. Diese tragen die Lasten
runtergespannt. Die 40 m langen Seile mit je 124 Litzen zu den beiden außen liegenden und zu den durch die
sind am oberen Ende im Überbau und am unteren im Seile gestützten inneren Stegen ab. Während die Seilver-
Pfeiler verankert. ankerungen des mittleren Pylons auf der Innenseite die-
ser Stege liegen, sind die Seile der beiden seitlichen Pylo-
Im nicht seilverspannten Bereich, in welchem der Über- ne auf der Außenseite der Stege verankert. Diese versetz-
bau mit zwei getrennten Boxen weitergeführt wird, sind te Anordnung ist aufgrund der sich überlappenden Seile
ebenfalls ein querfestes und allseits bewegliches Lager erforderlich. Der knapp 10 m breite Bereich zwischen
pro Überbau und Pfeilerachse angeordnet. den beiden Fahrbahnen ist neben den Seilverankerungen
auch für die Verschneidung des Überbaus mit den Pylo-
Dehnfugen sind nur an den beiden Widerlagern vorgese- nen vorgesehen.
hen, sodass es am südlichen Widerlager, welches 1 560 m
vom Festpunkt entfernt liegt, zu einem Gesamtverschie- Der einteilige Überbau geht im nicht seilverspannten
beweg von 2 270 mm kommt. Bereich in zwei separate einzellige Querschnitte über
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Quelle: Forth Crossing DJV


Bild 4 Überbauquerschnitte
Deck sections

(Bild 4). Die Querschnitte wurden so gestaltet, dass die 1,50 m und 2,40 m unterhalb des Decks und zwischen
von außen sichtbare Form genau gleich ist, um einen 1,50 m und 0,85 m oberhalb der Fahrbahn.
möglichst harmonischen Übergang zu erhalten.
Im oberen Bereich ist ein über Kopfbolzendübel im Ver-
Als weitere Besonderheit ist zu erwähnen, dass die Stöße bund liegender Stahlhohlkasten zur Verankerung der
der Trapezsteifen nicht, wie ansonsten in Zentraleuropa Seile angeordnet. Als Besonderheit ist hier, wie im Über-
üblich, geschweißt wurden, sondern mit vorgespannten bau, der durch Entfeuchtung garantierte Korrosions-
Laschenverbindungen verschraubt. schutz zu erwähnen.

Eine besondere Herausforderung sowohl bei der Planung


2.5 Pylone als auch bei der Ausführung war der monolithische An-
schluss des mittleren Pylons an den Überbau. Die Rah-
Die drei Pylone variieren in ihrer äußeren Geometrie le- menecke musste für ein vom Überbau in den Pylon über-
diglich unterhalb des Überbaus, um der unterschiedli- tragenes Moment in Brückenebene von 1  430 MNm
chen Höhenlage der Fahrbahn Rechnung zu tragen. Das ­ausgelegt werden. Zusätzlich waren ein Überbautorsions-
heißt, ihr Stahlbetonquerschnitt verjüngt sich von moment von 1 000 MNm und ein Moment aus der Brü-
14,00 m × 16,00 m an der Oberkante der Gründung auf ckenebene von 450 MNm einzuleiten. Dies führte zu
7,50 m × 5,00 m an der 210 m bzw. 202 m hohen Pylon- einer extrem hohen Konzentration von Bewehrung und
spitze (Bild 5). Die Wandstärken variieren zwischen zusätzlicher Vorspannung. Nicht nur die Beanspruchun-

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Quelle: Forth Crossing DJV
Bild 5 Ansichten und Pylonquerschnitte
Tower elevations and sections

gen im Endzustand, sondern auch die Bauzustände wur- ethylenummantelung der Litzen und die Verpressung der
den in fast jedem Bemessungsschnitt der Pylone maßge- darin befindlichen Hohlräume mit Wachs sichergestellt.
bend. So waren die max. Biegemomente an der Pylon- Die Litzen sind zudem mit weißen Hüllrohren mit einem
gründung in Brückenebene mit 6 000 MNm im Bau- und Durchmesser zwischen 200 mm und 315 mm vor äuße-
Endzustand in etwa gleich groß. Sind im Endzustand je- ren Wettereinflüssen geschützt. Eine außen liegende
doch durch die sich übergreifenden Seile Umlagerungs- Wendel in Helixform minimiert das Risiko von Regen-
möglichkeiten innerhalb des Systems vorhanden, so Wind-induzierten Schwingungen. Zusätzlich sind Dämp-
waren diese für das statisch bestimmte System im Bauzu- fer oberhalb der Fahrbahn angeordnet, für deren Dimen-
stand nicht gegeben. sionierung harmonische Schwingungen des Überbaus in-
folge von Wirbelablösungen relevant sind (Bild 6). Bei
der Dimensionierung der Dämpfer mussten die verhält-
2.6 Seile nismäßig großen Verformungen der Seile relativ zum
Überbau berücksichtigt werden, welche bei den sich
Die 288 Schrägseile werden, wie heutzutage im Großbrü- überlappenden Seilen zu entsprechend großen Abmes-
ckenbau üblich, als siebendrahtige Parallellitzenbündel sungen führten.
ausgeführt. Die geringste Litzenanzahl von 45 ergibt sich
für die kurzen Seile am mittleren Pylon. Bei den beiden
seitlichen Pylonen ergibt sich bei genau diesen Seilen die 2.7 Pfeiler
größte Litzenanzahl mit 109, da der Überbau hier nicht
am Pylon vertikal gelagert ist. Der Korrosionsschutz der Für die Pfeiler wurde die V-Form mit einer oberen
Seile wird durch eine Verzinkung der Drähte, eine Poly- Zugstrebe gewählt. Im Bereich des einteiligen Überbaus

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Zur Herstellung der Gründungen waren umfangreiche


Unterwasserbetonagen erforderlich. Für den südlichen
Pylon wurden in einer kontinuierlichen Betonage über
einen Zeitraum von 15 d insgesamt 16 900 m3 Unterwas-
serbeton eingebracht. Jeglicher Materialtransport erfolgte
mithilfe von Pontons vom ca. 3 km entfernten Hafen in
Rosyth zu den im Wasser gelegenen Pylonen und Pfei-

Quelle: Forth Crossing DJV


lern. Zur Versorgung der Baustelle wurde ein eigenes Be-
tonmischwerk aufgebaut.

Bild 6 Visualisierung der Seildämpfer 3.2 Pylone


Visualisation of the stay cable dampers
Die Pylone wurden unter Verwendung einer inneren und
einer äußeren Kletterschalung in je 54 Schüssen von bis
zu 4 m Höhe hergestellt. Es kam eine für dieses Projekt
konstruierte Schalung zur Ausführung. Diese war flexib-
ler und kostengünstiger als eine Systemschalung. Im obe-
ren Bereich wurde die innere Kletterschalung durch die
innen liegenden permanenten Ankerboxen ersetzt (Bild
8). Ein Großteil der Bewehrung wurde bereits im Hafen
von Rosyth vorgefertigt und, wie die Ankerboxen, mit
dem Turmdrehkran eingehoben. Die Vormontage der
Bewehrung im Hafen erwies sich als sehr effizient, da
hier unabhängig vom kritischen Pfad unter optimalen
Bedingungen eine hervorragende Qualität erzielt wurde.
Der Beton wurde mittels einer im Pylon befindlichen
Steigleitung mit einem Druck von bis zu 200 bar in 200 m
Höhe gepumpt. Es wurde ein sowohl farblich als auch
qualitativ hervorragender Beton hergestellt, welcher sich
auch im Bereich sehr konzentrierter Bewehrung noch
leicht verdichten ließ und somit Kiesnester an der Ober-
Quelle: Forth Crossing DJV

fläche nicht auftraten.

3.3 Überbau
Bild 7 Schnitt durch einen Verankerungspfeiler
Section of hold-down pier 3.3.1 Startersegmente

Die Montage des Überbaus startete mit temporären Ar-


ist auf jedem der beiden Stiele ein Lager angeordnet. Im beitsplattformen an den Pylonen, welche mit einem
Bereich der Vorlandbrücken sind dort jeweils zwei Lager Schwimmkran eingehoben wurden. Nach der Installation
mit einem Abstand von lediglich 2,75 m angeordnet. Die der Plattformen wurden die ersten vier Startersegmente
Spreizung ist gerade groß genug, um ein Abheben der an jedem Pylon mit demselben Schwimmkran eingebaut
Lager zu verhindern. Wie schon erwähnt, sind in den bei- (Bild 9). Die beiden mittleren Segmente waren U-förmig,
den Verankerungspfeilern schräg verlaufende Spannglie- um die Pylone zu umschließen. Die zur Montage der wei-
der angeordnet (Bild 7). teren Segmente erforderlichen Derricks wurden ebenfalls
direkt mit eingehoben. Nachdem die Segmente in ihrer
korrekten Werkstattform miteinander verschweißt bzw.
3 Bauausführung verschraubt waren, wurde die Schalung zur Herstellung
der Fahrbahnplatten errichtet.
3.1 Gründungen
Am mittleren Pylon, dem Längsfestpunkt des Überbaus,
Alle Gründungen sind auf Felsen gegründete Flachgrün- wurden die Stahlsegmente mittels Betonverguss der
dungen. Für die beiden seitlichen Pylone und den ersten Lücke monolithisch mit dem Pylon verbunden und vorge-
südlichen Verankerungspfeiler wurden dazu Absenkkäs- spannt. Anschließend wurden an allen drei Pylonen die
ten mit einem Durchmesser von bis zu 30 m verwendet, Fahrbahnplatten in vier Abschnitten betoniert. Nach Ein-
da hier der tragfähige Fels erst in einer Tiefe von bis zu bringen der Quervorspannung an der Fahrbahnplatte
40 m anstand. Alle anderen Gründungen wurden mit wurden die Startersegmente mit den ersten Seilen von
zum Teil teilvorgefertigten Spundwandkästen ausgeführt. der Arbeitsplattform gehoben. Durch die monolithische

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Quelle: FCBC

Quelle: FCBC
Bild 8 Herstellung der Pylone mit Kletterschalung Bild 9 Einheben eines der Startersegmente
Construction of the towers with climbing formwork Lifting of a starter segment

Verbindung am mittleren Pylon und den daraus resultie- Es wurden jeweils nur die Laschenverbindungen an zwei
renden geringen Verformungen des Überbaus mussten benachbarten Stößen geöffnet, um zum einen die Geome-
dort die Lagerpunkte auf der Arbeitsplattform zusätzlich trie des Stoßes zu wahren und zum anderen die eingefro-
durch Pressen freigesetzt werden. Bei den beiden äußeren renen Spannungen aus der parallel durchgeführten Seil-
Pylonen konnten die Segmente um bis zu 1,50 m mit den montage gering zu belassen. Da die Seilmontage im Bau-
Seilen angehoben werden, um sie in die richtige Längs- fortschritt auf dem kritischen Pfad lag, wurden die
neigung zu rotieren und entsprechend genügend Licht- Hüllrohre mit den beiden ersten Litzen bereits vor der
raum zur Arbeitsplattform zu erhalten. Betonage der Fuge eingebaut. Um die eingefrorenen
Spannungen gering zu halten, durften weitere Litzen je-
doch erst eingebaut werden, nachdem der Beton eine ge-
3.3.2 Freivorbau wisse Steifigkeit bzw. Festigkeit entwickelt hatte. Die
Kräfte im Derrick mussten dann während der Seilmonta-
Nachdem die ca. 4 000 t schweren Startersegmente durch ge zu einer vorher definierten Seilkraft abgelassen wer-
die Seile gestützt waren, wurden die bereits eingehobe- den, damit die Spannungen im Montagestoß gering blie-
nen Derricks freigesetzt, um mit der typischen Überbau- ben. Für jeden Schritt wurde zuvor festgelegt, wie viel
montage zu beginnen. Die ca. 720 t schweren Überbau- Prozent des Schweiß- und Schraubstoßes fertiggestellt zu
segmente mit einer Breite von 39,80 m und einer Länge sein hatte.
von 16,20 m wurden im Hafen von Rosyth auf Pontons
verfahren, von dort an ihre vorgesehene Position ver- Nach Installation aller Litzen wurden die Seile auf ihre
schifft und die Pontons dann an vier Stellen im Meeres- Ziellänge bzw. Kraft nachgespannt. Parallel dazu wurde
grund verankert. Nach der genauen Positionierung der der Montagederrick zum Heben des nächsten Segments
Pontons wurden die Segmente mit zwei Litzenhebern auf vorgefahren.
ihre erforderliche Höhe von bis zu 62 m gehoben. Um
ausreichend Platz für die sich übergreifende Schlaufenbe-
wehrung zu schaffen, wurden die Segmente erst in ihrer 3.3.3 Kritische Bauzustände
endgültigen Höhe um ca. 80 cm längs verschoben und in
ihre richtige Neigung rotiert. Während der Montage wurden einige Zustände bemes-
sungsrelevant für Pylone, Seile und Überbau. Nach dem
Nach dem Ausrichten der Segmente und der Fixierung Anheben der insgesamt 60 m langen Startersegmente
der Geometrie mittels Laschenverbindungen der Steifen durch die ersten Seilpaare wurde die darauffolgende
wurde mit dem Schweißen der Obergurte begonnen. Montage der ersten Freivorbausegmente bemessungsrele-
Nach gelungener Schweißnahtprüfung wurde dann die vant für die bis zu 109 Litzen starken Seile. Da diese be-
Fuge der Betonfahrbahn ausbetoniert. Parallel dazu er- reits mit der max. möglichen Litzenanzahl ausgestattet
folgte das Verschweißen der Stege und Bodenbleche in waren, mussten die zweiten Seilpaare in einer bestimm-
bis zu 2 m langen Streifen. In diesen Streifen wurden die ten Sequenz eingebaut werden, um die ersten Seile nicht
zuvor temporär verschraubten Steifenverbindungen wie- überzubeanspruchen. Durch die Installation nur eines
der geöffnet, um nach der Schweißnahtprüfung die end- der beiden zweiten Seilpaare wäre die Kraft im ersten
gültige Vorspannung auf die Laschenstöße aufzubringen. Seilpaar auf der anderen Pylonseite weiter angewachsen.

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Quelle: Forth Crossing DJV


Quelle: FCBC
Bild 10 Mittlerer Pylon mit max. Kragarmen Bild 11 Kritischer Bauzustand im Windkanal
Centre Tower with maximum deck cantilever Critical construction stage in wind tunnel

Die folgenden Segmente waren für die Seile und den Da die Biegemomente in der Brückenebene im Pylon von
Überbau, wie bei Schrägseilbrücken generell üblich, nicht der Gründung bis zur Höhe des Überbaus fast konstant
bemessungsrelevant, da das Eigengewicht und die Ver- sind, der Querschnitt sich aber auf ca. 60 % verjüngt,
kehrsbelastungen im Bauzustand deutlich geringer als im waren vor allem die Querschnitte auf Höhe des Überbaus
Endzustand sind. bemessungsrelevant. Um die Momente im Bauzustand an
dieser Stelle zu reduzieren, wurden schräge Hilfsabspan-
Das Gewicht der zehn mittleren Segmente im Hauptfeld nungen zwischen der Gründung und dem Überbau ange-
wird im Endzustand sowohl von den während des Frei­ ordnet. Da die Windlasten im balancierten Zustand vom
vor­baus installierten Seilen als auch von den nach dem Pylon auch ohne Hilfsabspannung aufgenommen werden
Lückenschluss installierten, sich überlappenden Seilen konnten, wurden die Hilfsabspannungen nur auf einer
abgetragen. Da jedoch im Bauzustand zunächst das Ge- Seite zur Aufnahme der Zusatzmomente aus einer unglei-
wicht nur von einem Seilpaar aufgenommen werden chen Segmentanzahl der beiden Kragarme erforderlich.
kann, war es erforderlich, die fünf längsten Seile eines Die Hilfsabspannungen übernehmen dabei in Kombinati-
jeden Kragarms auf eine wesentlich höhere Kraft als für on mit den normalen Seilen eine Art externe Vorspan-
den Endzustand erforderlich zu spannen. nung des Pylons (Bild 12).

Da ein Ablassen der individuellen Litzen aufgrund des Diese Vorspannung sorgte dafür, dass die Biegespannun-
Keilbisses im Ankerbereich nicht möglich ist, wurden die gen im Pylon auf einem Niveau verblieben, die ein Reißen
Ankerköpfe zunächst auf bis zu 600 mm dicke Stapel aus des Betons auch bei max. Kragarm verhinderten. Den-
Futterblechen aufgesetzt, die dann zu einem späteren noch verformte sich die Pylonspitze durch das Anheben
Zeitpunkt wieder entfernt wurden. Die Bemessung der des letzten, ca. 700 t schweren Überbausegments am mitt-
Seile und Anordnung der Futterbleche musste so erfol- leren Pylon um ca. 1,50 m und der Überbaukragarm um
gen, dass die Bauzustände nicht zu wesentlich größeren ca. 3,50 m. Im Extremfall, unter faktorisierten Lasten,
Spannungen im Überbau als im Endzustand führten. Berücksichtigung des Reißens des Betons und von Effek-
Hierfür waren mehrere Iterationsschritte zur Optimie- ten nach Theorie II. Ordnung, hätte sogar mit Verfor-
rung erforderlich. mungen bis zu 14 m an der Kragarmspitze gerechnet
werden müssen.
Auch bei der Bemessung der Pylone musste ein besonde-
res Augenmerk auf die Bauzustände gerichtet werden. Der mittlere Pylon mit seinen beiden 322 m langen Krag-
Sowohl beim mittleren Pylon als auch bei den beiden armen wurde durch Guinness World Records zertifiziert.
seitlichen Pylonen führten die Bauzustände mit den max.
frei stehenden Kragarmen zu annähernd gleichen Bean-
spruchungen wie im Endzustand (Bild 10). 3.3.4 Lückenschlüsse

Zur Abschätzung der Windlasten in diesem Bauzustand Insgesamt waren bei der Überbaumontage sechs Lücken-
wurden Gesamtmodelle im Windkanal getestet (Bild 11). schlüsse vorzunehmen. Neben den beiden Schlusslücken
Da die Eigenschwingzeiten des mittleren Pylons mit sei- im Hauptfeld und dem Anschließen der Hauptbrücke an
nen beidseitigen Kragarmen von 322  m sowohl für die beiden eingeschobenen Vorlandbrücken mussten auf
Schwingungen in der Brückenebene als auch für Torsi- der Südseite auch die Lücken zu den ersten beiden Pfei-
onsbelastungen des Pylons mit jeweils über 11 s berech- lern geschlossen werden.
net worden waren, war hier mit extremen Resonanz-
schwingungen zu rechnen. Durch die Windkanalversu- Um den Überbau im Freivorbau über die beiden Pfeiler
che gestützte Berechnungen ergaben max. Verformungen hinweg zu montieren, wurde zunächst jeweils ein Seg-
am Ende des Überbaus von 0,9 m in horizontaler Rich- ment mit dem Derrick auf dem Pfeiler abgesetzt. Dieses
tung und 2,0 m in vertikaler Richtung mit dazugehörigen Segment konnte dann auf einer auf dem Pfeilerkopf ange-
Biegemomenten von 1 920 MNm und Torsionsmomenten brachten Hilfskonstruktion in Längsrichtung verfahren
von 680 MNm im unteren Teil des Pylons. werden, um den notwendigen Platz für ein danach geho-

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Quelle: Forth Crossing DJV
Bild 12 Kraftverlauf bei ungleichen Lasten im Freivorbau
Force flow for unbalanced loads during free cantilever erection

Quelle: FCBC
benes Lückensegment zu schaffen (Bild 13). Nachdem
dieses Segment wie ein gewöhnliches Segment an den
Kragarm angeschlossen wurde, konnte das Segment auf Bild 13 Lückenschluss am Pfeiler S1
dem Pfeilerkopf verschoben werden, um es mit dem Lü- Deck closure at pier S1
ckensegment zu verschweißen. Beim ersten Pfeiler konn-
te die korrekte Höhenlage des Überbaus sehr einfach
über Ballast auf dem vorhandenen, frei auskragenden Installation eines jeden Seils während des Freivorbaus
Überbau erreicht werden. Beim zweiten Pfeiler musste wurden die Geometrien der Pylone und des Überbaus
der Überbau mittels hydraulischer Pressen um ca. 300 mm vermessen und die Kraft des neuen Seils mittels hydrauli-
angehoben werden. Ein einfaches Ballastieren war hier scher Pressen gemessen. Da die beiden Überbaukragarme
aufgrund der Verbindung zum ersten Pfeiler nicht mehr immer um einen halben Zyklus versetzt waren, diente
möglich. dieselbe Vermessung am gegenüberliegenden Kragarm
der Kontrolle der Geometrie vor dem Seileinbau. Durch
Zum Schließen der Lücke in den Hauptfeldern war diesen Rhythmus wurden die Pylone immer abwechselnd
neben der bereits erwähnten Überspannung der Seile ein im balancierten und unbalancierten Zustand überwacht.
Ballastieren des Überbaus erforderlich. Um die beiden
Kragarmenden in die richtige Höhenlage zu bringen, Die Gewichte der Überbausegmente wurden mittels der
waren bis zu 700 t Ballast erforderlich. Dieser Ballast hydraulischen Pressen auf den Montagederricken kon­
wurde aus den Litzen der noch zu installierenden Seile trolliert. Die gemessenen Gewichte variierten im Ver-
gebildet. Zur temporären Verschlosserung der beiden gleich zu den theoretisch ermittelten Gewichten um we-
Überbauten im Mittelfeld wurden 38 bis zu 75 mm niger als 1 %.
Durchmesser starke Gewindestangen verwendet. Die er-
zielte Vorspannkraft von 8 000 t war erforderlich, um Die Werkstattform des Überbaus wurde durch eine Pro-
auch bei starkem Wind den Stoß so zu überdrücken, dass bemontage von bis zu zehn aneinandergereihten Segmen-
keine Verformungen zwischen den beiden Überbauten ten bereits bei der Fabrikation der Segmente im chinesi-
auftreten konnten, welche eine Schädigung der Schweiß- schen Werk kontrolliert. Die dort vormontierte Geomet-
nähte zur Folge gehabt hätten. Nach erfolgtem Lücken- rie konnte aufgrund der geschraubten Steifenverbindungen
schluss in den Mittelfeldern wurden dann parallel zur und zusätzlichen Marken auf dem Ober- und Untergurt
Montage der überlappenden Seile die zuvor installierten des Stahlquerschnitts nach dem Hub des Segments leicht
Seile wieder abgelassen. Hierzu war eine Presse mit einer reproduziert werden. Zusätzlich wurde der Knickwinkel
Kapazität von 1 600 t erforderlich, die auf die Pressen- zum vorherigen Segment mittels einer Höhenvermessung
stühle zur Entfernung der Futterbleche aufgebracht wer- kontrolliert.
den musste. Diese Operation erwies sich aufgrund des
begrenzten Platzes im Pylon und der zu hebenden Ge- Trotz der genauen Kontrolle der Geometrie, Gewichte
wichte als äußerst schwierig. und Seilkräfte stellte sich nach der Montage der ersten
Segmente nicht die gewünschte Geometrie ein, da die
Betonplatte nach dem Hub des dritten bzw. vierten Seg-
3.4 Montage- und Geometriekontrolle ments an allen sechs Kragarmen über eine Länge von ca.
50 m gerissen war. Zwar war schon bei der Montagebe-
Die Geometriekontrolle erfolgte in erster Linie durch den rechnung ein mögliches Reißen der Betonfahrbahnplatte
Einbau der Seile auf ihre Solllänge. Die Vor- und Nach- im Zustand eines auskragenden Segments untersucht und
teile dieser Methode im Vergleich zu der Methode, bei dieser Einfluss auch mit einer zusätzlichen Vertikalver-
der in erster Line die Seile auf ihre Sollkräfte eingebaut formung von bis zu 200 mm quantifiziert worden, doch
werden, ist detailliert in [4] beschrieben. hatte man damit gerechnet, dass sich die Risse nach der
Montage des entsprechenden Seils wieder schließen wür-
Sämtliche Montagezustände wurden durch eine fortlau- den und der gewünschte Verformungszustand sich damit
fende Vermessung der Überbau- und Pylongeometrien wieder einstellt. Dieses Verhalten stellte sich jedoch nicht
sowie der Messung der Seilkräfte überwacht. Nach der ein: die Kräfte der auf Länge eingebauten Seile waren um

Bautechnik 94 (2017), Heft 2101


M. Romberg: Neue Queensferry Brücke in Schottland

bis zu 10 % höher als zuvor berechnet und der Überbau


weiterhin um bis zu 250 mm tiefer. Es wurde beobachtet,
dass die Risse nach dem Einbau der Seile nicht vollstän-
dig verschlossen waren, obwohl die Betonplatte in die-
sem Zustand rechnerisch unter leichtem Druck stand. Es
wurden zudem weitere Berechnungen durchgeführt, die
den genauen zeitlichen Ablauf der Montage und die
damit verbundenen Kriecheffekte im Beton berücksich-

Quelle: L. Kohler
tigten. Da der Zeitraum von der Montage eines Segments
bis zum Einbau des zugehörigen Seils wesentlich länger
dauerte als in den ursprünglichen Berechnungen ange-
nommen, ergaben sich in diesen Zusatzbetrachtungen Bild 14 Geometrie vor dem Schließen des Hauptfelds
Geometry before closure of the main span
ebenfalls um bis zu 80 mm größere Verformungen.

Es zeigte sich, dass mit dem weiteren Baufortschritt zwar


die Verformung der vordersten fünf Segmente deutlich gen in der umgekehrten Richtung eingeprägt. So konnten
von den Sollwerten abwich, die gewünschte Höhenlage die Lückenschlüsse mit einer minimalen Korrektur der
sich in den nachfolgenden Segmenten aber annähernd Überbauverdrehungen durchgeführt werden.
einstellte. Die Kontrolle der Seilkräfte am Ende des Frei-
vorbaus zeigte ebenfalls, dass die Kräfte der kürzeren Zur Einhaltung der horizontalen Geometrie wurden an
Seile innerhalb einer Montagetoleranz von 5 % lagen. ein paar ausgewählten Segmenten kleine Knicke im
Lediglich vereinzelte Seile, bei denen vermutlich die Ver- Grundriss vorgenommen. Dadurch konnte die max. Ab-
messung der Ankerpunkte oder Seillängen nicht inner- weichung von 60 mm am Ende der Kragarme einfach
halb der vorgegebenen Toleranzen lag, mussten noch korrigiert werden.
einmal nachjustiert werden. Um die gewünschte Geome­
trie für die Lückenschlüsse des Überbaus zu erreichen, Insgesamt konnte durch diese detaillierte und voraus-
mussten die längsten Seile jedoch nachgespannt werden, schauende Geometrie- und Montagekontrolle die Brücke
mit der Folge, dass die Kräfte deutlich über den Sollwer- innerhalb der vorgegebenen Toleranzen fertiggestellt wer-
ten lagen. Da für diese Seile aufgrund der Überlappung den.
der Seile in der Mitte der Brücke der Bauzustand maßge-
bend war, konnte eine Erhöhung der Kräfte für den End-
zustand in Kauf genommen werden. Auf die im Überbau 4 Sonstige Herausforderungen
bemessungsrelevanten Druckspannungen im Bodenblech
hatte dies zudem einen positiven Effekt. So konnte der 4.1 Wettereinflüsse
Überbau in der Mitte der Hauptöffnungen mit der ge-
wünschten Geometrie geschlossen werden. Die überlap- Als eine besondere Herausforderung stellten sich die
penden Seile wurden nach dem Lückenschluss auf die Wetterbedingungen am Firth of Forth heraus. Nicht die
erforderlichen Kräfte installiert. besonders starken Winde, sondern die Kontinuität des
Winds machte den geplanten Baufortschritt das eine oder
Durch die Anordnung der Seile in der Mitte der Brücke andere Mal zunichte.
war es klar, dass mögliche Verdrehungen des Überbaus
um die Längsachse während des Freivorbaus so gut wie Insbesondere die Installation der Seile stellte sich als kri-
gar nicht zu korrigieren waren. Hierfür wurde eine Kor- tisch heraus, da zur im Mittel viertägigen Montage eines
rekturmöglichkeit bei den Lückenschlüssen des Überbaus Seils der Zugang zu den Seilöffnungen auf der Außensei-
vorgesehen. Es stellte sich jedoch nach der Montage der te der Pylone in bis zu 200 m Höhe mittels an Seilen auf-
ersten Segmente heraus, dass an fünf der sechs Kragarme gehängten Körben erforderlich war (Bild 15). Im Bauzei-
diese Verdrehungen mit jedem Segment anwuchsen. Es tenplan war davon ausgegangen worden, dass im Mittel
wurde klar, dass, wenn dieser Trend anhalten würde, ein an jedem vierten d keine Seile montiert werden könnten.
Schließen der Brücke innerhalb der Toleranzen unmög- Tatsächlich betrug die Ausfallzeit in einigen Monaten je-
lich sein würde. Nach genauen Recherchen stellte sich doch mehr als 40 %, an denen die kritischen mittleren
heraus, dass die Segmente vor dem Betonieren der Fahr- Windgeschwindigkeiten von 14 m/s überschritten wur-
bahnplatte nicht mit der erforderlichen Präzision positio- den.
niert worden waren. Da ein Verwölben des Stahltrogs vor
der Betonage der Fahrbahnplatte ohne große Kräfte mög- Als weniger kritisch erwies sich das Einheben der Über-
lich, der Querschnitt nach dem Betonieren aber sehr steif bausegmente, obwohl für das Anheben der Segmente von
ist, wurde hier eine Verwindung von bis zu 10 mm über den Pontons eine Begrenzung der Windgeschwindigkeit
die Länge eines Segments eingeprägt. Da zu diesem Zeit- von nur 11 m/s galt. Da der ca. 60 m hohe Hub allerdings
punkt schon zum Teil über die Hälfte der 18 Freivorbau- lediglich max. 4 h dauerte und während des Hubvorgangs
segmente eines Kragarms betoniert waren, wurden für die ein Limit von 14 m/s galt, war immer ein Wetterfenster
restlichen noch zu betonierenden Segmente Verwindun- zu finden, um allzu große Verzögerungen zu vermeiden.

102 Bautechnik 94 (2017), Heft 2


M. Romberg: New Queensferry Crossing in Scotland – challenges in design and construction

BERICHT  REPORT
Quelle: FCBC

Quelle: FCBC
Bild 15 Montage der Seile Bild 16 Team-Foto bei der Fertigstellung des letzten Pylons
Installation of the stay cables Team picture after finishing the last tower

4.2 Teamwork 5 Aussicht

Eine große Aufgabe bei der Umsetzung war, neben den Es ist geplant, die Brücke im Mai 2017 dem Verkehr zu
bereits erwähnten technischen Anforderungen, die Bil- übergeben. Nach Fertigstellung wird die atemberaubende
dung eines Teams. Da sowohl die vier beteiligten Baufir- Brückenkollektion aus drei verschiedenen Jahrhunderten
men als auch die drei Planungsbüros aus unterschiedli- mit so unterschiedlichen Tragsystemen einmalig auf der
chen Ländern stammten, musste die erforderliche gute gesamten Welt sein.
Kommunikation zunächst etabliert werden. Da zum Bei-
spiel die Montage der ersten Überbausegmente bereits Projektbeteiligte
Bauherr Transport Scotland, Glasgow, Schottland
begann, als der Pylon erst kurz oberhalb des Decks war,
Entwurf Jacobs Arup Joint Venture, Edinburgh, Schottland
war eine gute Koordination zwischen dem Team, welches Ausführung Forth Crossing Bridge Constructors
die Pylone herzustellen hatte, und dem unterhalb arbei- Hochtief Solutions AG, Essen, Deutschland
tenden Team des Überbaus erforderlich. American Bridge International, Coraopolis, USA
Dragados S. A., London, England
Morrison Construction, Edinburgh, Schottland
In Spitzenzeiten waren auf der Baustelle, zu welcher Tragwerksplanung Forth Crossing Design Joint Venture
auch umfangreiche Arbeiten an den Zugangsstraßen ge- Leonhardt, Andrä und Partner, Beratende Ingenieure
hörten, bis zu 1 200 Personen gleichzeitig beschäftigt. VBI AG, Stuttgart, Deutschland
Diese Personen zu koordinieren und davon fast die Hälf- Rambøll Group A/S, Kopenhagen, Daenemark
Rambøll UK Limited, Southampton, England
te auf dem Wasserweg zu ihrem Arbeitsplatz zu beför- Sweco UK, Leeds, England
dern, erwies sich auch als große logistische Aufgabe (Bild Prüfung URS, Aecom, London, England
16).

Literatur

[1] Climie, D.; Shackman, L.; Minto, B.: Forth Replacement [4] Romberg, M.: Von der Ausführungsplanung bis zur Monta-
Crossing – Project Background and Feasibility. IABSE Sym- ge – Forth Replacement Crossing in Schottland. Brücken-
posium London 2011: Taller, Longer, Lighter, September bau (2016), H. 1/2, S. 6–13.
2011.
Autor
[2] Hussain, N.; Carter, M.; Kite, S.; Minto, B.: Forth Re-
Dipl.-Ing. Martin Romberg
placement Crossing – Concept Design. IABSE Symposium Leonhardt, Andrä und Partner
London 2011: Taller, Longer, Lighter, September 2011. Beratende Ingenieure VBI AG
[3] Virlogeux, M.: Bridges with Multiple Cable-Stayed Spans. Heilbronner Straße 362
Structural Engineering International 11 (2001), No. 1, pp. 70469 Stuttgart
61–82. martin.romberg@lap-consult.com

Bautechnik 94 (2017), Heft 2103

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