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Volker Rödel

Die Kunstbauten der Eisenbahn - Tunnel

«Raum und Zeil sind ü b e r s p a n n t . . . gewaltig und ungeahnt ist


eigentlich erst durch die Eisenbahn zu einer eigenständigen
der Aufschwung, den Handel und Gewerbe durch d i e . . . Eisen-
Baugattung entwickelte. Sicher kannte der antike Bergbau
bahnen genommen haben. Sie erschließen die abseits gelegenen
bereits den Stollenvortrieb. Auch aus dem Wasserbau, vor
Gegenden, wecken Gewerbethätigkeit in ihnen, führen deren
allem bei Wasserleitungen, sind Tunnel überliefen. Doch Ver-
Städten und Ortschaften neues Leben, neue Triebkraft zu, brin-
kehrs- und ingenieurtechnische Bedeutung erhielt der Tunnel
gen sie zur Entwicklung und zur Blüte. Sie verbilligen und ver-
erst durch die Eisenbahn.
bessern die wirtschaftlichen Güter, vermehren die Annehmlich-
Die frühesten Eisenbahntunnei entstanden bereits im Zuge
keiten des Lebens und erhöhen somit den Lebensgenuß. Und
der ersten Eisenbahnstrecke von Manchester nach Liverpool,
welcher Art sind dabei die Wege, die das Dampfroß wählt! Bald eröffnet 1830. die nach traditionellen Bergbaumethoden von
durcheilt es mit großen Lasten die sonnendurchglänzten Fluren Bergleuten aufgefahren wurden. Gleiches galt auch für den
des Flachlandes, bald klettert es schwer beladen an den Berg- ersten deutschen, 515.3 m langen Tunnel bei Oberau in der
lehnen entlang hoch in die Alpenwelt, in die Region der Lawi- Bahn Leipzig-Dresden, der 1839 in Betrieb genommen
nen hinauf, der Gebirge breiten Rücken in langem Tunnel wurde. 500 Freiberger Bergleute fuhren von vier Schächten
durchziehend. Bald rasselt es über kühn geschwungene Viaduk- sowie von beiden Enden einen Sohlstollen auf mit anschlie-
te und Brücken, tiefe Thäler. Ströme und Schluchten über- ßendem Vollausbruch, zum Schluß wurde die Röhre mit Natur-
schreitend, oder es rollt auf langer Hochbahn über den Straßen- stein ausgemauert.
verkehr unserer Großstädte hin. Es steigt hinab in der Erde Eine spezielle Tunnelbautechnologie entwickelte sich mit
Schoß und fährt unter Straßen. Kirchen. Häusern, Docks und dem Bau der Großtunnel in den Alpen, deren erster, der Sem-
Flüssen her, oder erklimmt endlich der Berge Gipfel, um der meringtunnel mit 1.428.7 m Länge, am I. August 1848 noch
wanderlustigen Menschheit den mühelosen Anblick erhabenster traditionell mit Handbohrer. Schwarzpulver, Schlägel und
Naturschönheiten zu gewähren.» 1 Eisen begonnen wurde. 1853-58 folgten der Haucnstcintun-
Wege zur Verkürzung der Entfernungen zwischen menschli- nel I nach gleicher Baumethode, deren geringe Leistung im
chen Ansiedlungen existieren bereits lange vor der Erfindung Tunnelvortrieb beim Bau des 12.233.5 m langen Frcjus- oder
der Eisenbahn. Doch während sich Land- und Wasserstraßen Mont-Cenis-Tunnels (1857-1870) die Entwicklung neuer
vorrangig an den natürlichen Gegebenheiten orientierten, stell- Arbeitsgeräte förderte. Zum Bohren der Sprenglöcher kamen
te das neue spurgebundene Verkehrsmittel und seine Antriebs- hier erstmals druckluftbetriebene Stoßbohrmaschinen zur
technik völlig andere Bedingungen an die Ausgestaltung der Anwendung, nochmals bessere Ergebnisse erbrachte beim Bau
Linienführung bei grundsätzlich gleicher Forderung nach mög- des Arlbergtunnels 1880-1884 die von dem Ing. Alfred Brandt
lichst geringen Anlage-, Unterhaltungs- und Betriebskosten. entwickelte hydraulische Drehbohrmaschine zum Setzen der
Die speziellen Parameter der Eisenbahntechnik ermöglichen Sprenglöcher.
'ediglich im Sonderfall den Bau einer Geraden als die ideale, Neben der notwendigen Weiterentwicklung der Vortriebs-
kürzeste Verbindung von zwei Orten. werkzeuge stellten Baustelleneinrichlung und Bewetterung,
Im Regelfall funktioniert die Eisenbahn nach dem Prinzip besonders bei langen Tunnelröhren im Hochgebirge, ständig
der Adhäsion, woraus sich Maximalwerte für Steigungen, Nei- neue Anforderungen an die Erfindungsgabe der Ingenieure. So
gungen und K r ü m m u n g s r a d i e n aus physikalischen und mußte beim Bau des Simplontunncls (1898-1906). bei dem
betriebswirtschaftlichen Gesetzmäßigkeiten ergeben, die bei Lufttemperaturen bis über 50°C und einbrechendes Wasser von
er Trassenlührung einer Bahn berücksichtigt werden müssen. über 45°C die Arbeiten erschwerten, der Richtstollen für eine
Der möglichst gleichmäßige Verlauf der Bahnlinie läßt sich bei zweite Röhre als Bcwetterungs- und Versorgungsstollen
den vorgegebenen Parametern zumeist nur durch künstliche gleichzeitig mit dem Haupltunnel aufgefahren werden. Der
Veränderung der Landschaft - durch Einschnitte, Dämme, Ver- und Entsorgung in dem fast 20 km langen Bauwerk diente
rücken und Tunnel - erreichen, wodurch den sog. «Kunst- eine, gerade durch den Tunnelbau in ihrer Entwicklung geför-
auten» eine primäre Bedeutung im Eisenbahnbau zukommt, derte, durchdachte Drucklufttechnik.
d'e jedoch bei der Beurteilung einer Bahn aus der Sicht des Neben der Maschinentechnik gehört zur Beurteilung eines
Laien durch die leicht zugängliche Architektur der Empfangs- Tunnels die Kenntnis der angewendeten Bauvcrfahren. grob
gebaude überschattet wird. Auf letztere lassen sich problemlos unterschieden in «offene» bzw. «geschlossene Bauweise». Die
•e erprobten Beurteilungskriterien aus Kunst- und Bauge- offene «cut and over» Methode als Tunnelbau von der Ober-
fehichte anwenden, die hingegen bei den Kunstbauten gegenü- fläche her. entwickelt für die Metrotunnel Londons ab 1860. ist
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den anzulegenden technischen Maßstäben zurücktreten bis heute eine verbreitete, vor allem bei innerstädtischen Tun-
müssen. nelbauten angewandte Bauweise geblieben, erlangle jedoch nie
Bedeutung beim Eisenbahntunnelbau, wo die geschlossene
Unter den Kunstbauten n i m m t der Tunnel eine besondere
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u n g ein, nicht allein deshalb, weil mit der Einfahrt in die Bauweise dominierte.
unkelheit der Tunnelröhre menschliche Grundängste in das Abhängig von den geologischen Verhältnissen erfolgt bei der
ewußtsein drängen - «Nichts beweist, daß am Tunnel etwas geschlossenen Bauweise der Vortrieb im festen Gestein nach
""•hl in O r d n u n g ist außer, d a ß er nicht aufhört», schrieb bergmännischen Verfahren, die sich vorrangig auf Sprengun-
nedrich Dürrenmatt dazu - . sondern weil der Tunnelbau sich gen stützen, bei weicheren Bodenformationen werden vorwie-

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Abb. 98. Schcmatischc Darstellungen zur Technik des Tunnelbaus: Englisches System
(nach W. Schlcifenbaum).

gend mechanisierte Abbauverfahren mil Vortrieb- und Aus- nach ca. 4 , 0 m Vonrieb eines Firststollcns sofort in seinem
bruchmaschinen angewandt. Seit d e m ersten Einsatz eines vollen Querschnitt, zur Beschleunigung in mehreren Etagen
Schilds beim Bau d e s ersten Unterwassertunnels 1825-1841 stufenweise von oben nach unten, ausgebrochen, anschließend
unter der Themse durch Marc Isamban Brunei veränderte sich werden die Widerlager und d a s Gewölbe aufgemauert
zwar die Technik von der einfachen dreigeschossigen gedeck- (Abb. 98). Das Gebirge stützt eine reine Längenkonstruktion
ten Arbeitsbühne zu komplizierten Maschinenverbänden, nicht aus sog. Wandruten, die einerseits auf dem fertigen Tunnelge-
jedoch das Prinzip, nach dem hauptsächlich städtische Tunnel- wölbe, andererseits auf d e r Ortvcrzimmcrung aufliegen, vor-
bauten entstehen. ausgesetzt, d a ß die Ausmauerung in gleichem Abstand dem
Beim bergmännischen Vortrieb im Rhythmus Bohren - Ausbruch folgt. Die wegen der Holzersparnis kostengünstige
Sprengen - Schuttern beeinflussen die geologischen Verhält- Baumethode eignet sich jedoch nur für festes, druckloses
nisse die Art des Ausbruchs des Tunnelquerschnitts. der oft nur Gestein, bei d e m zur Abstützung auf eine Getriebezimmerung
in Abschnitten, als Teilausbruch, erfolgen kann. Nach der Art verzichtet werden kann.
des Ausbruchs klassifizierte der bekannte Tunnelbauingenieur Etwas ungewöhnlich nimmt sich die belgische Bauweise
Franz Ritter von Rziha 1858 die Herstellung des Tunnelquer- aus. die mit d e m Gewölbeausbruch und dessen Ausmauerung
schnitts in die englische, belgische, deutsche und österreichi- beginnt, so als wollte man bei einem Haus vor den Mauern d a s
sche Bauweise. Dach ausführen (Abb. 9 9 . Fig. 1-6). Nach d e m Vortrieb eines
Für diese vier im Detail unterschiedlichen Ausbruchsmetho- Richtstollens am First, d e r mit seiner Sohle bis zur Höhe des
den gilt einheitlich die Sprache des Bergmanns: Gewölbewiderlagers herabreicht, mit seiner Kappe über den
Unter Stollen versteht man einen gangartigen Grubenbau, Rücken d e s fertigen Gewölbes hinausgeht, werden nach und
welcher in söhliger, d.h. horizontaler Richtung verläuft, sein nach die Bogenorte ausgebrochen und verzimmert, darauf folgt
Anfang heißt Mundloch, das Ende des Stollen das Ort oder der die Ausmauerung der Tunnelkalotte, abgesetzt auf provisori-
Ortstoß. An letzterem wird noch zwischen der Brust, dem obe- sche Widerlager. Anschließend wird d a s untere Profil durch
ren Teil, und dem Kern, dem unteren Teil, sowie dem Ein- oder Abteufen kleiner Schächte und Unterfangen der Gewölbeaus-
Vorbruch. der eigentlichen Abbruchstelle unterschieden. Die mauerung gewonnen. D e m Vorteil d e s geringeren Holzver-
Seitenwände bezeichnet man als Ulmen, die Decke als Firste brauches steht als gewichtiger Nachteil die unvermeidliche
und den Boden als Sohle. Der Ausbau d e s Stollens durch sog. Absenkung d e s Gewölbes unter d e m Druck d e s Gebirges
Gevierte - Vierpässe. Türstöcke - entsprach ebenfalls d e m gegenüber.
gleichzeitig im Bergbau üblichen Ausbau. Eine rationellere, der belgischen Bauweise beim Ausbruch
Als ältestes aller modernen Tunnelbausystemc zuerst in Eng- jedoch sehr ähnliche Methode, stellt d a s Kernbau- oder deut-
land angewandt, wird bei der englischen Methode der Tunnel sche Tunnelsystem dar (Abb. 99, Fig. 7-8). Nach d e m Vortrieb

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Abb. 99. Schemalischc Darstellungen zur Technik des Tunnelbaus. Fig. 1-6: Belgisches System: Fig. 7-8: Deutsches System; Fig. 9-15: Österreichisches
System (nach W. Schleifcnbaum).

des Rieht- oder Firststollens wird das Tunnelprofil bis zur für alle geologischen Gegebenheiten, besonders für Tone.
Kämpferhöhe des G e w ö l b e s ausgebrochen und verzimmert, Sande und schwimmende Gebirge, am besten geeignete durch
danach auf beiden Seiten durch Sprengarbeit bis zur Tunnel- (Abb. 99. Fig. 9-15. und Abb. 100). Wie bei der englischen
sohle niedergegangen, wobei in der Mitte ein Kern stehen Bauweise wird das ganze Tunnelprofil hereingewonnen, im
bleibt, auf den sich die Verzimmerung abstützt. Sodann werden Unterschied zu diesem aber das Gebirge durch Sprengwerke
die Widerlager aufgeführt und das Gewölbe gemauert bei abgestützt. Der Ausbruch kann vom First- oder Sohlstollen
gleichzeitigen Abbau der Verzimmerung. Erst nach Fertigstel- bzw. von beiden gleichzeitig aus beginnen.
lung der Ausmauerung erfolgt die Aussprengung des Kems. Die Verzimmerung eines Tunnelprofils stellte nicht nur
Auch hier stehen einer Holzerspamis die Nachteile einer einen gewichtigen Kostenfaktor dar. sondern behinderte auch
erschwerten Baustellenorganisation durch Überschneidungen den reibungslosen Baufortschritt nicht unerheblich durch die
der Arbeitswege für Förderung und Ausbau gegenüber. Auch zwangsläufige Verengung des freien Profils. Wieder war es
dieses Bausystem rentiert sich nur bei nichtdrückendem, Franz Rziha. der durch Einführung des eisernen Ausbaues
lestem Gebirge, das keine Getriebezimmerung erfordert. unter Verwendung gebrauchter Eisenbahnschienen dem Tun-
Trotz dieser Nachteile war die Kernbaumelhode bis in die nelbau nach 1860 neue Impulse gab. Die vollständigen Ge-
1860er Jahre die in Deutschland übliche, jedoch nicht ohne auf spärre, wie sie auch bei den Tunnelbauten von Naensen und
Kritik zu stoßen: «Das starre und lange Festhalten an der Kern- Ippensen auf der Braunschweig-Holzmindener Eisenbahn
baumelhode liefert zwar einen hervorragenden Beweis deut- (Teilstrecke Kreiensen-Höxter eröffnet am 10. Oktober 1865)
scher Zähigkeit, kann aber nicht mehr gerechtfertigt erschei- verwendet wurden, bestanden im wesentlichen aus einem dem
nen. Wenn man von der belgischen Methode (welche das Tunnelumriß folgenden Bogen aus Doppel-T-förmigen Gußei-
Gebäude im buchstäblichsten Wortsinne mit dem Dache senprofilen. Auf diese Bögen stützten sich annähernd rektan-
beginnt und so der dem Deutschen eigenen Vorsicht geradezu guläre Rahmen aus alten Eisenbahnschienen als Auflager der
entgegenläuft) absieht, so ist in der That die Kernbaumethode das Gebirge absteifenden Bohlen. Den Längsverband bildeten
die schlechteste aller Bauweisen. Sie versperrt den Platz, wel- ebenfalls Eisenbahnschienen, die gußeisernen Bögen dienten
chen man bei einem gedeihlichen Entwickeln des Baues so gleichzeitig als Lehrgerüst für die Ausmauerung.
nöthig hat und beruht es nur auf einem Irrthume. wenn man Durch die Übertragung kontinentalen Holzausbaues auf das
glaubt, d a ß der Kern oder Mittelkörper einen zuverlässigen Material Eisen gelangte Rziha zu einem Erfolg, der Brunei
Träger der Gebirgslast abgibt.»-' beim Bau des ersten Themsetunnels wegen der nur mit Längs-
In den 1860er Jahren setzte sich das österreichische Tunnel- verband arbeitenden englischen Verzimmerung noch verwehrt
bausystem, erfolgreich erprobt und verbessert durch Franz blieb. Eine Weiterentwicklung des eisernen Ausbaues bei wei-
Rziha beim Ausbau des österreichischen Bahnnetzes, als das chem oder schwimmendem Gebirge bildete dann das von Peter

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Abb. I(X). Schcmalische Darslellungcn zur Technik des Tunnelbaus: Österreichisches System (nach W. Schleifcnbaum)

Barlow beim Bau des zweiten, am 2. August 1870 eingeweih- tunnel». Ein besonders eindrucksvolles Beispiel d a f ü r bietet
ten Themsetunnels erprobte Verfahren, die Ausmauerung die von Robert Gerwig geplante und 1873 eröffnete Teilstrecke
durch verflanschte gußeiserne Segmente, durch Tübbings, zu Hausach-Villingen der Schwarzwaldbahn, auf der die Bahn auf
ersetzen. der 28,7 k m langen Strecke zwischen Hornberg und St. Geor-
Ein weiteres technisches Bestimmungs- bzw. Unterschei- gen nicht weniger als 34 Tunnel bei zum Teil dreifach überein-
dungsmerkmal der Tunnel ergibt sich aus der Strecke selbst, anderliegender Trassierung durchfährt. Wegen seiner bei der
die im Gebirge, wenn irgend möglich, den Flußtälem folgt, Schwarzwaldbahn gewonnenen Erfahrung erhielt Gerwig
diese jedoch durch Verkürzungen oder Verlängerungen der anschließend von der Gotthardbahn-Gesellschaft einen Ruf als
Trasse den bahnspezifischen Bedingungen definierter Radien bauleitender Ingenieur für die ähnlich komplizierte Nordrampe
und Steigungen anpassen muß. Am häufigsten geschieht der zum Gotthardtunnel.
Ausgleich durch sog. «Sporntunncl». die mit unterschiedlicher, Von geringerer Bedeutung für den Bahnbau in Mittelgebirgen
von den natürlichen Gegebenheiten bestimmter Länge durch sind die bei steilansteigenden Seeuferzonen notwendigen Wand-
Bergnasen in zu engen Talkrümmungen führen. tunnel unmittelbar hinter der Felswand. Nach der Höhenlage
Reicht die Länge eines Tales nicht aus. um die nötige Höhe werden noch unterschieden die Scheiteltunnel am Hochpunkt
zu erreichen, bleibt neben dem Zahnstangenbetrieb nur noch einer Strecke sowie die heute durch den Bau von Hochgeschwin-
die Möglichkeit, die Streckenführung künstlich zu verlängern. digkeits-Strecken an Bedeutung gewinnenden Basistunnel.
Stehen keine Seitentäler zur Streckenverlängerung zur Verfü- An den Tunnelendcn vermitteln die Portale als imponierende
gung, muß die Bahn im Haupttal wenden, um nach ausreichen- Architektur im Geschmack der Bauzeit zwischen der bedrohli-
dem Höhengewinn wieder in die ursprüngliche Fahrtrichtung chen Irrationalität des dunklen Gebirgsinneren und der realen
zurückzukehren. Dies geschieht fast ausschließlich durch die Welt der Erdoberfläche als einzig sichtbarer Beweis f ü r eine,
Anlage gekrümmter Tunnel in der Talwand, durch «Kehr- oder sonst nur durch Bauakten und Beschreibungen nachzuvollzie-
Wendetunnel» bzw. durch volle 360° ausfahrende «Schrauben- hende außergewöhnliche Leistung der Ingenieurbaukunst.

Literatur Anmerkungen

Zeitschrift für Bauhandwerker 1862/1864;


1 Das Buch der Erfindungen Gewerbe und Industrie. Bd. IX. Leipzig 1901.
DerCivilingcnicurN.F.X. 1864; S.75.
Hermann H. Saitz. Tunnel der Welt - Welt der Tunnel. Berlin 1988. 2 Zeitschrift für Bauhandwerker. 12. 1862. S. 196.

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