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Bernhgrd Johannes Blume

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Sind die Form en d e r G e g e n stâ n d e d ie G renzen m e n t durch M o b e l ersetzt, d ie s o w o h l G e g e n sta n d
unserer E rfahrung? A n den vie r Kanten d ie ser Frage w ie M o tiv a tio n (Triebm om ent) sind, g e lin g t ihm eîn
e n tw ick e lt d ie M a le re i u n a blâ ssig ihren Diskurs. O b S prung nach v o m : e r m a lt von d e r U n a b h â n g ig k e it
a u f d e r Seite des G e g e n sta n d e s o d e r d e r G renze, des Subjekts. Blum es G e g e n sta n d sb e zie hu n g e n , o b
o b fig u ra tiv o d e r a b stra k t, o b fo to m e ch a n isch o d e r m it dem Pinsel o d e r fo to g ra p h is c h inszeniert, sind
g e p in se lt, selten g e lin g t es ihr, diesen D iskurs zu a ls o eine M a le rè i vo n o n to lo g is ch a n d e re r A rt. -
übe rschre ite n . O ffe n sich tlich nur als b e w uô te Frage A n d e rs als d ie A b s tra k te n , a n ders auch als blofô
n a ch Form, G e g e n s ta n d , G ren ze und E rfahrung im a b b ild e n d e Kunst, w e lc h e d a s Bild unserer E rfah­
Z entrum des B ilderm achens. rung ve re n g t, ze ig t und b e sc h w ô rt Blum es w a h rh a ft
D e n n nichts, w a s rau m -ze itlich a n g e s ch a u t w ird , ist g e g e n s tâ n a lîch e Kunst tra n sze nd e n te und transzen-
>Ding an sich<. D ie E rscheinungsform en d e r D in g e a e n ta le B e d in gu n g e n d e rM ô g lic h k e itv o n Freiheit.
w e rd e n vo m S ubjekt b e stim m t, d a s anschaut. D ie D enn in se in er » ld e o g ra p h ie « w e rd e n d e r G ra p h is-
>Dinge an sich< liefern hierzu a lle rd in g s den Stoff. D ie m us selbst them atisch und so m it d ie irra tio n a le n
Em pirie b ra u ch t >Material<. T rie b m o m e nte im Diskurs d e r Ratio. So s ch a fft Blum e
W e g e n d ie s e r u r-sâ ch lich e n V erkn ü p fun g vo n D ing M yth o g ra m m e in ein e r industriellen  sth e tik, w e lc h e
u n d S ubjekt kann Blum e übe rze u g e nd b e h a u p te n : Felszeichnung und Bildschirm versôhnt. Seine Foto-
» Ich sehe d ie G e g e n s tâ n d e im m e r v o r m ir.« Sein G rap h îsm e n und Ze ich n un g e n ha b en den n o m a d i-
n o to ris ch e r S atz b e s a g t ebe n diese a lte Erkenntnis in schen C h a ra kte r eines e lektronischen P alâolithî-
d e n konstitutiven Z u sa m m e n h a n g vo n S ubjekt und kums.
O b je k t. A n den Form en d e r G e g e n s tâ n d e und ihren Bezîe-
D ie sch e in b a r S u b je k t-u n a b h â n g ig e G e g e n sta n d s- hungen re ib t sich seine Erfahrungssehnsucht
w e lt ist a lso d u rch d ie >Dinge an sich< und durchs schm erzvoll. Kein A u fs ta n d d e r A bstra kte n , sondern
w a h rn e h m e n d e u n d tâ tig e S ubjekt zugleich ve ru r- ein A u f-sta n d des Subjekts g e g e n den G e g e n -sta n d .
sa ch t. D a m it sind a b e r in je g liche r G e g e n stâ n d lich - D a es sich um unser a lle r b ü rgerliches S ubjekt h a n -
ke it als M o m e n te d e r Psyché des Subjekts seine d e lt, sch ru m p ft a lso d ie G e g e n sta n d sw e lt zum b ü r-
M o tiv a tio n e n , A ffe k te , seine T rie b m o to rik u r-sâ ch - g e rlich e n und kleîn bü rg e rlich en W o hnzim m er.
lich. D ie G e g e n -s tâ n d e fo rm en sich eben nach d e r O n to lo g ie und M e ta p h y s ik des a b e n d lâ n d isch e n
M o rp h o lo g ie unseres Begehrens und W illens. Sie G rofô- und K le in b ü rg e rs w e rd e n fo lg e rich tîg im
w a te n g le ich sa m in G e fü h l. W o h n zim m e r a b g e h a n d e lt: M ô b e l-M o ra l, M ô b e l-
So w irke n unsere Bedürfnisse innen und a uften: als m eta p h ysik. D e r leere Sessel als das >Selbst<, d e r
A ffe k t- und W ille n sg ru n d und als D in g , G e g e n sta n d . Tisch als O p fe rb a h re , d ie T a p e te als W e lta n sch a u -
D a s S ubjekt als S um m e d e r Bedürfnisse ist also u n g , sie zeigen d ie e m b ryo n a le b ü rg e rlich e Reise
zu g leich G e fa n g e n e r d e r G e g e n sta n d sw e lt w ie vo m S ch w a n g e rsch ra n k d e r M u tte r ü b e r den W o h n -
a u ch deren V erursa ch e r und B ew eger, so transzen- zîm m er- zum S argsch ra n k. In dîesem W o h n zim m e r
d ie rt es seine V e rg e g e n stâ n d lich u n g e n . S om it ist die d e r M e ta p h ys ik w e rd e n d ie M o b e l zu D ra p e rie n
S um m e d e r B edürfnisse nicht gleich d e r S um m e d e r eines Psycho- und S ozio d ra m a s. Ersehnte Ü berein-
G e g e n stâ n d e . Es b le ib e n a p rio ri Raum und Z e itfü r stim m ung m it N a tu r w ird zur K arikatu r durch Ü ber-
Fluchten, P hantasien, V orste llu n ge n , Ideen, U topien. ein stim m u n g m it den M ô b e ln . Im m o b ilitâ t!
Blum e e n tfa lte t sie in fo to g ra p h ie rte n H a n d lu n g e n . So stürzen M ô b e l, w e il M o ra l im m er M o ra l einer
Im Spiel zw ischen H a n d lu n g und G e g e n sta n d hifit stürzenden, a b s te rb e n d e n Klasse ist. D e r K an a p é e -
Blum e d ie Fahne d e r S ubjektivitât. F otographisch b ezug ersetzt den S innbezug. D ie kleinkarierte
und auch zeichnerisch. D ie â u fie re , visuelle Referenz M ô b e lw e lt w ird sch icksa lh aft, und die Kredenz w ird
se in er Fotos, ih rg e g e n s tâ n d lic h e r A n h a lt, w ird - w i e zum A lta r, a u f dem Existenz und unbegrenzte Erfah­
schon in d e r a b stra k te n M a le re i - nach innen ve r- ru n g dem A n p a s su n g s zw a n g , d e r N o rm a litâ t g e o p -
sch o be n . V on den G e g e n stâ n d e n zu den T rie b m o - fe rt w e rd e n .
m enten. Im Sinne S ch o p en h a u e rs: »D ie M o tiv a tio n So triu m p h ie rt d ie K om ik, w e n n d ie M ô b e l ve r-rü ckt
ist d ie K au sa litâ t, vo n innen gesehen«. Indem d e r w e rd e n , w e n n d e r ve rrü ckte Blum e d ie Im m obilien
M a le r und Z e ic h n e r B lum e als F o to g ra p h das Pig- re -m o b ilisie rt.

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*i ternes
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Bernhard Johannes Blume
Bernhard Johannes Blume

W ie D a lis S ch u b la d e n sind auch Blumes M ô b e l-


in szenierungen Phantasien d e r P artialtriebe als
M o m e n te d e r E m anzipation g egen d a s G esetz des
V aters, g e g e n g é n ita le P hallokratie als d e r Ursache
» ô d ip a le r K om p lïka tio n e n« und so zia ler Katastro-
phen.
D ie so h â u fig e A nsp ie lun g a u f o ra le A ktivitâ te n , ver-
g e g e n s tâ n d lic h te K opulatio n en und a u f d ie Flugm e-
ta p h o rik b e le g e n dies.
L évitation als Flucht, Flug, E fhebung s p ie lta b e rn ic h t
n u r w e g e n d e r sexuellen K onnotationen in Blumes
W o h n zim m e r-P icfo ria ls. Zum O m p h a lo s, um den
d e r H im m el kreist, w îrd d ie Lévitation d e sw e g e n ,w e il
sie als Extasetechnik zw ischen m obil und îm m obil
e ine Brücke sch la g e n kann. Lévitation ist die Licht-
seite des Im m eublem ents. M ô b e l, vom franzôsi-
schen >meuble<, b e d e u te t ursprünglich d a s b e w eg li-
che H a b und G u tim G e g e n sa tzz u den res im m o b i­
les, dem u n b e w e g lich e n V erm ôgen d e r Liegenschaf-
te n , G ru n d s tü c ke usw. DaB uns heute auch M ôb e l,
u rsp rün g lich M o b ile , als Im m obilien erschelnen, als
d a s U n b e w e g lich e , h a t d a m itzu tun, d a fi das W o h n -
zim m e r zu r M e ta p h e r g e m ü tliche r und geistiger
A n g s tv o rd e rV e râ n d e ru n g w u rd e , M e ta p h e rfü rd e n
S tatus q u o , d a s S tatische, V erengte, Begrenzte.
In d ie s e rS p a n n e z w is ch e n M o b ilia r (Bewegung) und
Im m o b ilie (U n b e w e g u n g ) b e w e g t sich motivus
(b e w e g e n d , m otivierend) das sp â tb ü rg e rlich -ve r-
kleinltchte S ubjekt. D as T riebm om ent als kritischer
M o m e n t. A u s d ru ck d ie ser m otiva (Erhebung), frz.
>meute<, A u s d ru ck d ie ser M eu te re i g egen M ô b e l als
Im m o b ilie n ist d ie Lévitation. Blumes Subjekt rebel-
lie rt g e g en E in-R îchtungs-G egenstânde, w e il d e r
m enschliche G eist, d ie m enschlichen Bedürfnisse ein
Aus >Wahnzimmen. 1984 (Kat. 1)
Recht und ein Potentîal a u f eine m ehr-richtungs- und
m eh r-d im e n sio n a le W e lt haben.

P e te r W e ib e l

< Aus >lmmobilienserîe<. 1984 (Kat. 2)

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