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VON DER DREIEINIGKEIT DES MENSCHEN

"Seid fleißig, zu halten die Einigkeit im Geiste durch das Band des Friedens: ein
Leib und ein
Geist, ein Gott und Vater aller, der da ist über euch allen und durch euch alle und
in euch allen.
Eph.4,'4
Der Mensch ist ein dreifaches Wesen: das erste ist der äußere Mensch, das, was am
Menschen mit
den Sinnen wahrnehmbar ist; das zweite ist der innere Mensch und das dritte ist der
aller-innerste
gottförmige verborgene Mensch oder Christus in uns. Und doch ist alles ein Mensch.
In seinem innersten Seelengrund ist der Mensch die Wohnstatt Gottes; und wer sich
ganz nach
innen wendet und in sein Innerstes einsenkt, der wird im innersten Grunde so
unbeweglich und so
vollkommen in den göttlichen Frieden versetzt, daß ihn weder Lust noch Leid, weder
Tod noch
Leben bewegen kann.
Diesen Frieden gilt es zu erlangen, zu halten und zu hüten, damit Gottes Stätte in
uns bleibe. Ruhe
und vertraue, kehre in Dich selbst ein, bleibe bei Dir selbst und wende Dich nicht
viel nach außen.
Überlaß das Außen denen, die dessen noch bedürfen, und richte Dein Sinne und
Trachten auf Gott
im Grunde Deiner Seele, damit Dein Geist mit dem Seinen durch das Band des Frieden
geeint sei.
Wenn Du in diesem Frieden stehst, wird Deine Seele in einem Blick vom Licht Gottes
erleuchtet,
daß der Grund entflammt und daß es Dir ist, als ob Du selbst verbrennen würdest und
alle
Menschen mit zur Entflammung brächtest.
Dies geschieht im allerinnersten Grunde des erleuchteten Menschen; es strahlt aber
auch durch den
inneren Menschen und bis in den äußeren, so daß der ganze Mensch so durchgottet und
durchlichtet, erneuert und friedevoll wird, daß alles, was er alsdann wirkt, Gottes
Werk ist.
Alle Weisen und Übungen der Religion weisen den äußeren Menschen auf den inneren,
in dem eine
wahre Erneuerung ohne Unterlaß statthaben soll, damit der aller innerste Mensch,
der göttliche
Grund, offenbar werde.
Wo diese Erneuerung geschehen soll, muß der äußere Mensch sich völlig einwärts
wenden in den
inneren und in ihm allem Haften und Hängen an äußeren Dingen, Wesen und Gütern wie
auch sich
selber entwerden, bis der innere Mensch ganz Herr ist über den äußeren.
Das ist am Anfang nicht leicht, sondern schmerzlich, wenn man allen äußeren Lüsten
in Gedanken,
Worten und Werken absterben will. Aber Gott blickt auf unseren allerinnersten
Menschen, Christus,
und hilft uns: wenn wir uns lassen und uns ihm überlassen, nimmt er in uns Wohnung
– im
verborgenen allerinnersten gottförmigen Grund unseres Wesens. Dann kehrt der
Seelengrund
zurück in seinen Ursprung, in seine Ungeschaffenheit, und wird da Licht im Lichte
Gottes.
In diesem Licht erlischt und entwird alles natürliche und geistige Licht, das je
außer ihm und in ihm
leuchtete, wie das Licht der Sterne verblaßt und erlischt, wenn die Sonne
aufsteigt. So verdunkelt
das göttliche Licht, das nun im Seelengrund aufstrahlt, alle geschaffenen Lichter,
die je schienen,
und erfüllt das ganze Wesen mit seiner vor Oberlichtheit fast dunklen Lichtheit –
so wie die Sonne,
wenn das Auge ungeschützt hineinschaut, es blendet und als Finsternis erscheint.
Ich sagte, daß alle Weisungen und Übungen der Religion den äußeren Menschen auf den
inneren
weisen, in dem eine wahre Erneuerung ohne Unterlaß statthaben soll, damit der
allerinnerste
Mensch – der göttliche Grund – offenbar werde. Und ich wiederhole, daß sie nur dem
frommen und
nützen, der dabei nicht sich und sein irdisches oder ewiges Wohl im Auge hat,
sondern allein, den
Willen Gottes zu tun, sich zu lassen und Gott in sich wohnen und wirken zu lassen.
Das meinte Paulus mit seiner Mahnung, uns darin zu üben, daß wir die Einigkeit im
Geist, die
Einheit von Leib, Seele und Geist, durch das Band des Friedens in Gott erhalten.
Wir sollen, in der
Einwärtswendung, auf unseren Seelengrund achten und uns dem allerinnersten Menschen
einen,
damit wir in die Einheit des Geistes, d. h. zur Einigung unseres Geistes mit dem
Geiste Gottes
gelangen.
Wie aus gutem Holz ein großes Feuer entsteht und die Flamme hindurchdringt und in
die Höhe
steigt, so soll die geistige Übung das Gemüt entzünden. Doch soll man auch über
dieses Bild
hinwegschreiten und mit flammender Liebe durch den inneren Menschen zum
allerinnersten
durchstoßen, denn der allerinnerste Mensch kennt kein Eigenwirken, sondern nur das
Lassen: er
hält sich im Stande des NichtTuns, damit Gott in ihm sein Werk vollbringe.
Wenn er dazu gelangt, erhebt sich der Geist Gottes, blickt in sich selbst hinein
und zieht das zum
Lassen gelangte Gemüt nach sich und in sich selbst. Das geht in einem Augenblick –
je schneller,
desto vollkommener. Hier wird der allerinnerste Mensch ein Geist mit Gott.
Hier wird der wahre Friede Gottes geboren. Um den zu erlangen und zu halten, muß
man sich
ständig im Lassen und Hingeben üben, und man muß dabei bleiben, bis das Licht der
Wahrheit
aufstrahlt.
Denn wo etwas von Gott aufstrahlt, da ist Gott ganz gegenwärtig.
Daß wir zu dieser Einheit und zum Frieden Gottes gelangen, dazu verhelfe uns Gott.

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