Sie sind auf Seite 1von 2

FEST DES EWIGEN LEBENS

"Da spricht Jesus zu ihnen: Gehet ihr hinauf zum Fest, ich gehe noch nicht hinauf,
denn meine Zeit
ist noch nicht gekommen; eure Zeit aber ist allewege." Joh. 7; 8, 6
Was für ein Fest meint Jesus, das wahrzunehmen er die Jünger auffordert, deren Zeit
allewege ist?
Es ist das höchste und wahrhafte Fest des Ewigen Lebens, des Einzugs in das Reich
Gottes, darin
Gott allezeit gegenwärtig ist.
Alle Feste, die wir auf Erden feiern, sind nur ein Vorgeschmack dieses ewigen
Festes, ein Fühlen
der Gegenwart Gottes in unserem Geiste und ein inneres Genießen dieses beseligenden
Bewußtseins.
Das ist die Zeit, die allewege und jederzeit unser ist: daß wir Gott suchen und
seine Gegenwart in
uns im Sinne haben in all unserem Wirken und Leben, Wollen und Lieben. So sollen
wir allezeit
,hinaufgehen zum Fest', d. h. hinausschreiten über uns selbst, über unser Ich und
alles, was nicht
Gott ist, ihn allein minnend und meinend.
Diese unsere Zeit ist allezeit.
Nun tragen zwar alle Menschen Verlangen nach dieser Festzeit des Ewigen Lebens von
Natur in
sich, denn alle wollen glücklich sein. Aber dieses Begehren genügt nicht. Wir
müssen Gott an sich
im Sinne haben und suchen.
Auch den Vorgeschmack der ewigen Festzeit hätten viele gern, und sie klagen, daß er
ihnen nicht
zuteil werde. Wenn sie beim Beten und Meditieren keine Festzeit und Feststimmung in
ihrem
Seelengrund empfinden noch Gottes Gegenwart fühlen, verdrießt sie das, und sie tun
es dann
unlieber und sagen, sie fühlten Gott nicht, wozu also beten und meditieren.
Nun sollen wir aber kein Werk deshalb weniger eifrig tun; denn wenn wir ihn auch
nicht in uns
fühlen, so ist Gott dabei doch gegenwärtig und mit seinem Wollen und Leben und
seinem Reich in
uns.
Und wo Gott ist, da ist wahrlich Festzeit. Er muß da sein, wo man ihn im Sinne hat
und ihn allein
sucht. Er ist vielleicht heimlich und verborgen da; aber er ist da!
Daß wir ihn allezeit im Sinne haben in all unserem Denken und Tun und uns oft nach
innen wenden
und ,hinaufgehen', über uns selbst hinaus und hinauf in sein Reich, das meint Jesu
Wort: "Eure Zeit,
hinaufzugehen, ist allewege."
Seine Zeit aber, daß er sich offenbare und entdeckt werde, ist nicht allezeit.
Diese Zeit sollen wir
ihm überlassen. Er ist aber ohne Zweifel verborgen da, wo wir ihn suchen und im
Sinne haben.
Darum sollen wir keine Übung unwillig tun; denn zuletzt finden wir ihn und wissen
dann: er war
immer da, nur war er bis dahin verborgen.
Hierauf zielen und dieser Offenbarwerdung dienen alle Gebete und Meditationen, alle
geistigen
Übungen und guten Werke: daß wir Gott allein im Sinn haben und daß in uns das Fest
des Ewigen
Lebens anhebe und wir mit Gott einen Grund haben, in dem nichts ist als Gott
allein. Soweit alle
unsere Weisen und Werke hierzu dienen, sind sie gut und nützlich; wo nicht, bleiben
alle äußeren
Übungen wertlos und fruchtlos, weil sie nicht zum Fest des Ewigen Lebens leiten.
Und was ist das Kennzeichen des rechten Lebens, das den Menschen allezeit am Fest
des Ewigen
Lebens, am Reiche Gottes teilhaben läßt?
Es ist die wahre göttliche Liebe und völlige Hingabe an Gott, die ,Armut an Geist
und Gut', d. h.
das Freisein vom eigenen Meinen und Besitzenwollen. Wir leben recht und sind
allezeit bereit,
wenn wir nur dieses eine im Sinne haben: Gott über alles zu lieben und ihm mit
unserem ganzen
Sein und Wesen zu dienen und uns untereinander zu lieben wie uns selbst.
,Arm' sollen wir sein an uns selbst und an allem, was nicht Gott ist, an allem
Eigenbesitz und
Eigenwillen, und frei von allen Kreaturen, allen Bindungen und dem, was uns vom
innersten
Seelengrund wegzieht, den Gott allein besitzen und erfüllen soll. Dann sind wir der
Teilhabe am
Fest des Ewigen Lebens jederzeit würdig.
Nur dazu sind alle religiösen Gebräuche und geistigen Übungen und alle Weisen
gottzugewandten
Lebens da, und soweit sie dazu dienen, sind sie gut und nützlich und helfen uns,
als Kinder Gottes
am Reiche Gottes teilzuhaben.
Tun wir all dies darum allezeit gern und mit festlichem Gemüt, und achten wir
darauf, daß wir Gott
unseren Seelengrund von allem Irdischen frei und lauter darbieten, dann werden wir
seiner
lebendigen Gegenwart in uns gewiß.
Das allein ist die wahre Andacht und Versenkung, daß uns nach nichts verlangt, als
Gott im Sinn zu
haben und seiner immerwährenden Gegenwart in uns jederzeit gewiß zu sein.
Das meint der Ruf, daß unsere Zeit allezeit ist. Und dafür sollten wir Gott
allezeit danken, daß er
uns als seine Kinder gerufen und berufen hat, jederzeit am Fest des Ewigen Lebens
teilzunehmen,
und eingeladen, immerfort in seinem ewigen Reiche zu bleiben.
Wenden wir darum allen Fleiß darauf, uns zu bereiten und stets bereit zu halten,
daß Gott sich in
uns offenbare und wir mit unserem ganzen Wesen am Fest des Ewigen Lebens teil haben
in unseren
Gebeten wie in unseren Werken, die wir nun einmal auf Erden tun müssen.
Dann empfinden und erfahren wir in Wahrheit die ewige Festzeit Gottes allezeit als
gegenwärtig,
fühlen uns ganz Gott zu eigen und niemandem sonst, und wissen uns als Kinder Gottes
im Reich
des Ewigen Lebens.
Dann ist Gott jederzeit mit uns und in uns: wir sind in ihm und er ist in uns –
hier in der Zeit und
dort in der Ewigkeit und nimmer endenden Seligkeit!
Daß uns allen dies zuteil werde, dazu verhelfe uns Gott!

Das könnte Ihnen auch gefallen