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VOM WIRKEN AUS DEM GEISTE

"Es sind mancherlei Gaben, aber es ist ein Geist. Und es sind mancherlei Kräfte,
aber es ist ein
Gott, der da wirkt alles in allen." 1. Kor. 12; 4, 6
Paulus spricht in seiner Epistel von den mancherlei Gaben und von dem einen Geiste,
der sich in
ihnen offenbart. Einem jeden unter uns sind bestimmte Gaben und Kräfte zu seinem
Nutz und
Frommen und zu seiner Vollendung gegeben; alles aber wirkt ein und derselbe Geist.
Es ist innen so, wie wir es schon außen wahrnehmen: es ist ein Leib, aber er hat
viele Sinne, Organe
und Glieder, und jedes von diesen hat seine besonderen Gaben und Aufgaben, wie etwa
Augen und
Ohren, Mund, Hand oder Fuß. Keines maßt sich an, das andere zu sein oder etwas
anderes zu
wirken, als ihm obliegt.
Gleichermaßen sind wir alle Organe und Glieder eines geistigen Leibes, und dieses
Leibes Haupt ist
Christus. Und jeder von uns hat seine besonderen Gaben und Aufgaben: der eine ist
Ohr, der andere
Hand oder Fuß. Und da gilt es zu erkennen, welches unsere Aufgabe und unser Werk
ist, zu dem wir
berufen sind, und welche Gaben uns eignen. Denn jedes Vermögen und jede Kunst, mag
sie noch so
klein und unentfaltet sein, ist Gabe und Aufgabe, und in allen will sich derselbe
Geist auswirken zu
unser aller Nutz und Frommen.
Nimm das einfachste Werk: Der eine kann bauen, der andere Schuhe machen, und manche
sind so
begabt, daß sie ganz in ihrem Werk aufgehen. Und so weist eines jeden Gabe auf
seine Aufgabe: die
soll er aufs beste vollbringen und so das wirken, was ein anderer vielleicht nicht
tun kann. Und
genau so soll auch unter den Frauen jede ihre besondere Aufgabe erfüllen.
Gott, sagt Augustinus, "ist ein einfaltiges göttliches Wesen und wirkt doch alle
Mannigfaltigkeit in
allen Wesen und Dingen; einer in allen und alle in einem." Da ist kein Werk zu
klein, keine Kunst
zu gering; jede kommt als Gabe von Gott und soll für den Nächsten wirken, was
dieser nicht so gut
kann, und jeder soll sich dabei hingeben.
Denn wer nicht wirkt und gibt, wer nicht zum Segen anderer tätig ist, der wird Gott
Rechenschaft
ablegen müssen vom Haushalten mit seinen Gaben. Was er von Gott empfangen hat, das
soll er
andern weitergeben, so gut er es vermag und so viel Gott ihm gegeben hat.
Wie kommt es dann aber, daß so viele über ihr Amt klagen, daß es eine Last sei und
ein Hindernis?
Was diesen Zwiespalt und Unfrieden bewirkt, sind nicht die Gaben und Werke, sondern
es ist die
Unordnung, die in unserem Denken und Wirken herrscht.
Würden wir unsere Aufgaben, wie wir es von Rechts wegen tun sollten, willig
erfüllen und aus dem
Geiste wirken, hätten wir dabei Gott und sein Wollen im Sinn und nicht unser
eigenes Ich und sein
Gieren und Wollen, und würden wir bei unserem Werk weder Gefallen suchen noch
Mißfallen
türmten, weder Lust noch Nutzen, sondern allein, daß der Geist durch uns wirkt,
dann wäre es
unmöglich, daß Mißvergnügen und Selbstquälerei daraus entstehen.
Vor allem aber ein geistiger Mensch sollte sich schämen, wenn er seine Werke so
unwillig,
unordentlich und lieblos verrichtet, daß sie ihm eine Last sind. Denn dann bekundet
er ja, daß sein
Werk nicht aus dem Geiste gewirkt, nicht aus Liebe zu Gott und im Dienste des
Nächsten getan ist.
Eben daran, wie weit Du bei Deinem Werke zufrieden bist, kannst Du ermessen, wie
weit Dein Tun
auf Gott gerichtet ist.
Der Mensch soll seine Gaben und Kräfte nützen, aber das Sorgen soll er Gott
überlassen, und er soll
im Stillen wirken und bei sich selbst bleiben, soll Gott in sein Werk hineinziehen,
oft mit einwärts
gewendetem Gemüt prüfen, was ihn zu diesem Werke treibt, und soll immer bewußter
den Geist
Gottes durch sich wirken lassen.
Und er soll innerlich acht geben, wann ihn der Geist Gottes zum Wirken oder zum
Lassen mahnt,
damit alles nach dem Willen des Geistes geschehe: das Schaffen wie das Rasten, und
er jederzeit in
Liebe und Freude wirke.
Und wo ein alter, kranker oder hilfloser Mensch ist, da soll er ihm zu Diensten
sein und Werke der
Liebe tun. So "trage jeder des andern Last". Tust Du dies nicht, so sei gewiß, daß
Gott Dir Deine
Gaben nimmt und sie einem anderen gibt, der sie besser und segenbringender
verwendet.
Und fühlst Du Dich bei Deinem Wirken vom Geist berührt, so achte wohl darauf und
lerne, immer
williger Gott durch Dich wirken zu lassen.
Um das zu können, muß man es üben. Erwarte nicht, daß Gott Dir seine Gaben ohne
Dein eigenes
Mühen gibt. Du mußt Dich zu allem, was Dir gegeben werden soll, zuerst durch
rechtes Streben
und Handeln bereitet haben. Die höheren Gaben und Erkenntnisse wachsen Dir dann von
selbst zu
– wie dem edlen Manne, der in der Scheune stand und sein Korn drosch: während er so
völlig an
sein Werk hingegeben war, ward er vom Lichte Gottes erfüllt und über alles Werk
hinausgehoben.
Du möchtest auch gern vom Wirken frei sein. Prüfe Dich aber, ob dieser Wunsch nicht
nur der
Trägheit entspringt oder dem Verlangen, nur noch Auge zu sein und zu schauen, statt
zu wirken, wie
es Deine Aufgabe ist.
Wir sind auf dieser Welt, um zu wirken; aber wir sollen uns auch täglich Zeit
nehmen, uns zu
besinnen und uns in den Seelengrund einzusenken – jeder auf seine Weise.
Die Vorangeschrittenen, die sich gänzlich lassen und ohne Formen und Bilder in Gott
einsenken
können, die sollen dies auf ihre Weise tun. Und die anderen sollen auf ihre Weise
in die Stille gehen
und sich Gott in Liebe und Freudigkeit zuwenden.
Wer so Gott auf seine Weise dient nach Gottes Willen, dem wird Gott nach des
Menschen Willen
antworten. Wer aber Gott nach seinem eigenen Willen dient, dem wird Gott nicht
antworten nach
des Menschen Willen, sondern nach Gottes Willen.
Vom Lassen des eigenen Willens und der gelassenen Hingabe an Gottes Willen geht der
Friede aus,
der von innen kommt und den niemand nehmen kann. Es ist der Friede derer, die aus
dem Geiste
leben und aus dem Geiste wirken.
Daß dieser Friede sich in uns ausbreite und wir in allem aus dem Geiste leben und
Gott durch uns
wirken lassen, dazu leite und helfe uns Gott!

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