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Juli 2016

Themenmagazin für Zimmermeister

Kooperation

PLANUNG
IM HOLZBAU
Neue Vergabemodelle
Planungsprozess optimieren
leanWOOD-Projekte
im Vergleich
Kooperation // Planung im Holzbau

I N H A LT
Grundlagen

Einführung: Planung im Holzbau2


Kontrolle + Überarbeitung:
Fünf Projektbeispiele6 Ergebnis-Kosten-Termine
Projektvergleich19
Programm

Ort

Anforderungen

Planungsanfrage
Kooperation
Budget/Zeitrahmen

Planung im Planungsteam

Holzbau
Das Projekt leanWOOD stellt Lösungsmodelle ▸▸Darstellung der
zur Optimierung von Planungs- Planungsphasen von
der Anfrage
und Fertigungsprozessen im Holzbau vor. bis zur Vorfertigung

Trennung von Planung und Ausführung

D ie standardisierte Produktion von Bauelementen mit


einem hohen Vorfertigungsgrad und hoher Qualität
zeichnen den Holzbau aus. In der Praxis erhöht das
den Planungsaufwand, da die Fertigung der Bauelemente,
deren Transportlogistik und Montage berücksichtigt wer-
Das klassische Kooperations- und Vergabemo-
dell in Deutschland sieht eine klare Trennung
zwischen der Planung und der Ausführung vor:
Das Planungsteam, bestehend aus jeweils ein-
zeln beauftragtem Architekt und Fachplanern,
den muss. Die bestehende Hierarchie der verantwortlichen erstellt in kontinuierlicher Abstimmung mit
Akteure und die etablierten Prozesse, die aus den Rah- dem Bauherren in aufeinander aufbauenden
menbedingungen des konventionellen Bauens hervorge- Planungsphasen von Vorentwurf, Entwurf und
gangen sind, stellen ein großes Hemmnis für den Holzbau Ausführungsplanung eine sich stetig konkre-
dar. Idealerweise würde ein Bauprojekt produktionsgerecht tisierende und zuletzt bis ins Detail klar defi-
von einem Team aus Architekten, Ingenieuren und Holz- nierte und für die Firmen umsetzbare Planung.
bauplanern von Anfang an gemeinsam geplant und rea- Die Aufgabe der Firma beschränkt sich da-
lisiert werden, um das Produktions-Know-how möglichst rauf, diese Vorgaben in ihrer Werk- und Mon-
früh einbinden zu können. Hier setzt das Forschungspro- tageplanung zu organisieren und die Arbeiten
jekt „leanWOOD“ unter der Koordination der Technischen vor Ort umzusetzen. Zumindest derzeit ist die-
Universität München (TUM) an. Das Hauptziel ist die Ent- ses Bild jedoch ein hehrer Wunsch und ent-
wicklung neuer Organisations- und Prozessmodelle für den spricht kaum dem Praxisgeschehen im mehr-
vorgefertigten Holzbau vor dem Hintergrund innovativer geschossigen Holzbau.
Planungsprozesse und Kooperationsmodelle. lean zielt da- Der Erstkontakt zwischen dem Architekten
bei auf die schlanke Abwicklung von Prozessen und die und der ausführenden Firma geschieht nach
erfolgreiche Koordination der Akteure. konventionellem, von der Honorarordnung für

2 mikado plus  Juli 2016


Vorplanung Entwurf Ausführungsplanung Produktionsplanung

Kontrolle + Überarbeitung: Kontrolle + Überarbeitung: Kontrolle + Überarbeitung:


Ergebnis-Kosten-Termine Ergebnis-Kosten-Termine Ergebnis-Kosten-Termine

Definierte Aufgabe

Raum
Synthese

Elementproduktion
Tragwerk Raum Entwurf

Vorfertigung Tragwerk Tragwerk

Synthese
Brandschutz Vorfertigung Vorfertigung Werkplanung

Bauphysik Brandschutz Brandschutz Aufbereitung CNC

Energie/Technik Bauphysik Bauphysik Kapazitäten

Energie/Technik Energie/Technik Ablauf

Materialbestellung
Rahmenbedingungen Konzepte Detaillierung

Einfluss der Firmenspezifika

Architekten und Ingenieure (HOAI Die Standardisierung im Holzbau inwieweit eine firmenunabhängi-
2013) geprägtem Verlauf in der steht derzeit im Anfangsstadium. ge Planung überhaupt möglich ist.
siebten von neun Leistungspha- Ein laufendes Vorhaben lässt auf Von Experten wird das Thema un-
sen. Zu diesem Zeitpunkt sind be- eine Verbesserung hoffen: Die terschiedlich eingeschätzt. Der Ar-
reits 62 Prozent des Architekten- Übersetzung der österreichischen chitekturprofessor Florian Nagler
honorars umgesetzt. Holzbau-Datenplattform dataholz. sagt dazu in einem Interview: „Der
Ohne die spezialisierte Holz- com auf deutsche Rahmenbedin- Einfluss der Firmenspezifik auf die
bau-Kompetenz in der Planungs- gungen unter Leitung der TUM und Planung ist je nach Art und vor al-
phase sind nur wenige Architekten, mit dem Titel dataholz.de läuft. lem Größe der Firmen unterschied-
Tragwerksplaner, Haustechnik- Die Branche hat die Möglichkei- lich. Große Firmen können sich
und Brandschutzbüros in der Lage, ten der Standardisierung mittler- eher an eine Planung anpassen als
die Belange der Baukonstruktion, weile verstanden und sucht ihrer- kleine Unternehmen.“ Der Vorarl-
Ökonomie und des Fertigungspro- seits selbst nach Lösungen. Doch berger Tragwerksplaner Konrad
zesses so gut einzuschätzen, dass aktuell sind viele Aspekte der Pla- Merz sieht das Thema Firmenspe-
eine optimierte Planung entstehen nung auch von den Spezifika der zifik zentraler: „Aus meiner Sicht
könnte. Der Normalfall ist viel- Holzbauunternehmen abhängig: gibt es schon große Unterschiede.
mehr eine ‚Re-Design‘-Phase nach Unter diesen Gesichtspunkt fallen Alle Firmen haben ihre Vorlieben
erfolgter Vergabe und eine Opti- die eigenen Produktionsmöglich- und versuchen, diese ins Projekt
mierung der bereits erstellten Pla- keiten, der Erfahrungsschatz, die zu bringen. Natürlich versuchen
nung infolge des späten Inputs des Planungskompetenz und auch das alle Unternehmen, eine möglichst
Ausführenden. Zuliefernetzwerk. Es ist die Frage, große Wertschöpfung zu erzielen.“

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Kooperation // Planung im Holzbau

Termin Übergabe
VERGABE PLANUNG
Vertrag Holzbau-Unternehmer
KONVENT IONELL ARCHITEKT + INGENIEURE
(T HEORIE)
WERKSTATT-PLANUNG
HOLZBAU-UNTERNEHMER

VORFERTIGUNG

MONTAGE

VERGABE Re-Design
KONVENT IONELL PLANUNG INPUT
ARCHITEKT + INGENIEURE = Verzögerung
(PR A XIS)
Verzug
WERKSTATT-PLANUNG
HOLZBAU-UNTERNEHMER
Verzug
VORFERTIGUNG

MONTAGE

KOOPER AT IVES
PL ANUNGS-T E AM PLANUNG
ARCHITEKT + INGENIEURE
WERKSTATT-PLANUNG
HOLZBAU-UNTERNEHMER

VORFERTIGUNG

MONTAGE ZEITERSPARNIS

▴▴Eine frühzeitige Kooperation mit dem Holzbauunternehmer verschlankt den Gesamtprozess

Wachsender Koordinationsaufwand Wer macht was wann? 

Der Anteil der Planungskosten an für Einsteiger undurchsichtig. Zulas- Die Schnittstellen der Planung zwi-
den Gesamtkosten eines Bauwerks sungen sind vielfach an firmenspe- schen Architekt, Tragwerksplaner,
hat in den letzten Jahren aufgrund zifischen Produkten fixiert. Für das Haustechnikplaner und Brandschutz-
steigender Anforderungen in allen eigentlich identische Konkurrenzpro- planer sind derzeit nicht klar genug
Konstruktionsarten stetig zugenom- dukt sind diese mitunter nicht vor- definiert. Wo immer diese Disziplinen
men. Die Koordination der wachsen- handen. Kurzum, die Planung eines zusammentreffen, wo also beispiels-
den Anzahl von Fachplanern wird Holzbaus ist aufwendiger als die eines weise Haustechnikschächte die Kons-
zunehmend komplexer. Speziell im Massivbaus. Interviews mit Architek- truktion durchdringen, kommt es oft-
Holzbau verschärft sich diese Si- ten, Ingenieuren und Holzbauunter- mals zu Irritationen hinsichtlich der
tuation zusätzlich: Die Anzahl der nehmen bestätigen diese Annahme. Kompetenzen und nicht selten zu Pla-
zur Verfügung stehenden Lösungen Daher muss der Planungsprozess nungslücken oder -fehlern. Oftmals
ist sehr hoch, Aufbau und Fügung selbst schlanker werden, sodass in lo- spielen die ausführenden Holzbau-
der vielschichtigen Elemente kom- gischer Folge der Planungsaufwand unternehmen oder die Hersteller von
plexer als beim relativ schichtenar- sinkt. Dafür braucht es neue Denk- Produkten in den Diskussionen um
men Massivbau. Die Regelung der ansätze in der Organisation der Pla- diese Punkte eine eigene Rolle, ohne
bauaufsichtlichen Verwendbarkeit nung und der Zusammensetzung des dass jedoch deren Verantwortlichkeit
der Produkte und Konstruktionen ist Planungsteams. ausreichend definiert wäre.

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Lösungsansätze

Das grundlegende Dilemma ist, onalen Leistungsbeschreibungen, reren Gewerken als logische Folge des Vor-
dass die Teilung von Planung die Raum für firmenoptimierte Lö- fertigung, die Auftragserteilung von Planung
und Ausführung als Prämisse der sungen der Anbieter lassen. Sicher und Ausführung in einem Auftrag etwa in
Vergaberichtlinien die frühe in- gibt es nicht die eine Standard-Lö- Form eines Totalunternehmer-Modells sind
tegrale Planung und damit die sung für jedes Bauprojekt. Die je- auch unter derzeitigen Vergabebedingungen
Einbindung aller notwendigen weiligen Rahmenbedingungen des argumentierbar und werden auch umgesetzt.
Kompetenzen verhindert. Projektes erfordern differenzierte Für die öffentliche Hand wird der ökologische
Logisch betrachtet gibt es zwei Lösungen. Aspekt des Holzbaus zunehmend wichtiger.
grundlegende Strategien, mit die- Grundlegend unterscheiden Das Wachstum der Städte wie auch die aktu-
sem Problem umzugehen: Es kann muss man Projekte mit öffentli- ellen Migrationsbewegungen erzeugen aku-
entweder die Holzbaukompetenz chen und solche mit nicht öffent- ten Bedarf an Wohnraum und Schulen, der in
in das Planungsteam integriert lichen Auftraggebern. Denn wäh- möglichst kurzen Projektlaufzeiten umgesetzt
werden oder die Vergabe des Holz- rend der private Bauherr frei die werden soll. Die Qualitäten des Holzbaus wer-
baus in einem frühen Planungs- für seine Belange optimierte und den zunehmend von den öffentlichen Auftrag-
stadium erfolgen, um integrati- wirtschaftliche Lösung suchen gebern erkannt, ein Umdenken in Richtung in-
ve Planung zusammen mit dem kann, ist der öffentliche Auftrag- novativer und holzbaugerechter Kooperations-
ausführenden Unternehmen be- geber an die Prinzipien Wirtschaft- modelle zeichnet sich ab.
treiben zu können. Während bei- lichkeit, Transparenz, Wettbewerb Die Komplexität eines Gebäudes hat eben-
spielsweise in der Schweiz mit der und Gleichbehandlung gebunden falls einen großen Einfluss auf die Wahl des
Einführung eines unabhängigen und kann nur innerhalb der beste- adäquaten Vergabe- und Kooperationsmodells.
Holzbau-Ingenieurs zunehmend henden Vergaberegularien agie- Es liegt sicher ein großer Unterschied darin, ob
der erstgenannte Weg beschrit- ren. Dass diese durchaus Hand- ein Gebäude mit einem hohen Maß an Indivi-
ten wird, gibt es auch Ansätze für lungsspielräume beinhalten, ist dualität und Innovation gefragt ist oder aber
die letztgenannte Strategie: das eine bislang wahrscheinlich wenig eher ein ‚Standard-Gebäude‘ umgesetzt werden
Totalunternehmer-Modell, Bau- verbreitete Erkenntnis. Denn funk- soll, bei dessen Planung auf bekannte Strick-
team-Lösungen oder auch die Ver- tionale Leistungsbeschreibungen, muster in Entwurf, Konstruktion und Fertigung
gabe auf Grundlage von funkti- die Zusammenfassung von meh- zurückgegriffen werden kann. ▪

STAT US QUO ST R AT EGIE 1 ST R AT EGIE 2


Trennung Planung – Ausführung Wissenstransfer Verschiebung der Ausschreibung
+ Vergabe in früher Projektphase
HOLZBAU-
SPEZIFISCHES
FACHWISSEN

Architekt Holzbau-Unternehmer
Input Weitere Ausführende
AUSSCHREIBUNG + VERGABE

AUSSCHREIBUNG + VERGABE

AUSSCHREIBUNG + VERGABE

Koordination/Synthese
KOOPERATIVES PLANEN

TUM, PROFESSUR FÜR ENTWERFEN UND HOLZBAU


Brandschutzplaner
Haustechnikplaner

ÜBERLAPPUNG =
Bauphysikplaner
Tragwerksplaner

PLANUNG AUSFÜHRUNG PLANUNG AUSFÜHRUNG


Weitere Planer

PLANUNG AUSFÜHRUNG

UMSETZBARE
PLANUNG

▴▴Prinzipielle Strategien zur Überwindung der „Kommunikationshürde“ Vergabe

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Kooperation // Planung im Holzbau

Projektbeispiele

Fünf Positionen im Vergleich


Im Folgenden werden anhand von gebauten Projekten, die im
Forschungsvorhaben „leanWOOD“ untersucht werden,
beispielhafte Lösungsansätze im Prozess von Planung, Vergabe
und Umsetzung aufgezeigt. Die Studie zeigt unterschied-
liche Herangehensweisen, die Auftraggeber, Planer und Unter-
nehmen erfolgreich zu einem Ergebnis führen.

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Hohe bauliche Komplexität: Gymnasium Diedorf

Rahmenbedingungen ein Büro mit hoher Expertise für


Die Rahmenbedingungen für das komplexe Lüftungsanlagen und
Leuchtturm-Projekt waren klar mit dem Ingenieurbüro Herbert
vorgegeben: Das Planungsteam Mayr ein regionales Büro mit der
war zum Planungsstart, also bereits Elektroplanung betraut. Die Zie-
vor dem Beginn der Vorentwurfs- le waren zum Zeitpunkt der Be-
planung im Februar 2012, kom- auftragung der Planer weitge-
plett in Einzelverträgen beauftragt. hend klar. Die Umsetzung eines
Für die Architektur, Tragwerks- neuen pädagogischen Konzepts,
planung und Brandschutzplanung der sogenannten „Lernlandschaf-
wurden Büros mit außergewöhnli- ten“, der energetische Standard als
cher Holzbau-Kompetenz gewählt, Plusenergie-Haus, die vorgefertig-
die teilweise schon erfolgreich ko- te Holzbauweise und eine schad-
operiert hatten. Mit der Architek- stoffarme Konstruktion waren de-
tenleistung wurden die Architek- finiert. Ebenso waren Budget und
ten Hermann Kaufmann ZT GmbH Termine festgelegt. Aufgrund der
und Florian Nagler Architekten politischen Rahmenbedingun-
GmbH beauftrag. Merz Kley Part- gen war die Gesamtplanungs-
ner war für die Tragwerksplanung, und Bauzeit für das Projekt mit
bauart Konstruktions GmbH & Co. etwa 3,5  Jahren sehr knapp be-
KG (Prof. Dr.-Ing. Stefan Winter) messen. Der Umstand war nicht
für den Brandschutz, Müller-BBM verhandelbar, auch wenn er von
GmbH für die Bau- und Raum- Beginn an von den Architekten
STEFAN MÜLLER-NAUMANN

akustik und thermische Bauphy- als sehr kritisch benannt wurde.


sik verantwortlich. Auf der Seite Im Projektverlauf sollte sich das
der Haustechnikplanung war mit als die Hauptursache aufgetretener
Wimmer Ingenieuren aus Neusäß Probleme erweisen.
▴▴Der Eingang und die
Sporthalle des
Gymnasiums in Diedorf

▸▸Baufortschritt:
Montage der Schräg-
dachelemente

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Kooperation // Planung im Holzbau

Beauftragung und Vergabemodell Prozess


Die Planung des innovativen Projektes wurde durch ein Schon in der Entwurfsphase wurden die genannten Fach-
begleitendes Forschungsvorhaben der Deutschen Bundes- planer in den Prozess miteinbezogen, was entscheiden-
stiftung Umwelt (DBU) gefördert. Die Architekten konn- de Weichenstellungen in einer frühen Phase ermöglichte.
ten aufgrund der sehr speziellen Anforderungen vom öf- Beispielsweise war die Ausrichtung der Klassenräume ein
fentlichen Auftraggeber direkt beauftragt werden. Ihnen Resultat der Vorgaben des Energiefachmanns, auf dessen
wurde bei der Bildung des Planungsteams ein Mitsprache- Empfehlung eine Nord- oder Südorientierung der Klassen
recht eingeräumt. umgesetzt wurde, da damit die Problematik der Überhit-
Ein Holzbauunternehmen beriet planungsbegleitend ins- zung in der warmen Jahreszeit besser zu lösen ist.
besondere zu den Themen Vorfertigung und Elementierung In der Entwurfsphase war nach einer ersten Kostengrob-
und wurde dafür gesondert vergütet. Für die Vergabe der schätzung eine essenzielle Umplanung erforderlich: Statt
Holzbauleistungen wurde ein Präqualifikationsverfahren sechs zweigeschossiger wurden vier dreigeschossige Bau-
durchgeführt, in dem die Bewerber Referenzen nachzu- körper vorgesehen, was durch höhere Kompaktheit, also
weisen hatten. Die Vergabe der Holzbauleistungen erfolg- die Einsparung von Gebäudehüllflache, wirtschaftlich und
te auf Grundlage einer detaillierten Leistungsbeschreibung energetisch günstiger war, womit der Plusenergiestandard
und von sehr detaillierten Planungen. und auch das Kostenziel leichter erreichbar wurden. Trotz
Aufgrund des Projektumfangs wurden die Leistungen dieser Umplanung waren nach den Stundenaufstellungen
so ausgeschrieben, dass die Vergabe in zwei Losen mög- der Architekten die Entwurfsphasen (LPH 1-4 HOAI) wirt-
lich war. Die Merk Timber GmbH wurde mit der Ausfüh- schaftlich darstellbar. Im weiteren Verlauf wurde der Ent-
rung der Turnhalle beauftragt, Kaufmann Bausysteme aus wurf nur unwesentlich angepasst.
Vorarlberg mit den Klassenhäusern und dem Aulagebäu- Die Planung war zum Zeitpunkt der Vergabe sehr detail-
de. Der Leistungsumfang umfasste den gesamten Holzbau liert. Materialisierung, Schichtenaufbauten und die Elemen-
mit dichter Hülle, also die vollständige Außenwand inklu- tierung der Vorfertigung waren exakt bestimmt und Inhalt
sive Fenstern und das Dach inklusive Dampfbremse, die der Ausschreibung. Was aufgrund der fehlenden Zeit noch
gleichzeitig Notdach war. nicht in genügender Tiefe eingearbeitet werden konnte,
war die Haustechnik. Damit waren trotzdem umfangreiche
Adaptierungen in der Werkplanung notwendig. An diesem
Punkt wurde das ohne Zweifel professionelle Änderungs-
management, insbesondere zwischen Architekt und den
Holzbauunternehmen, extrem aufwendig. Der hohe Zeit-
druck beeinflusste die Effizienz der Planungsabläufe. Die
Arbeit musste auf wesentlich mehr Personen als geplant
aufgeteilt werden, parallele Arbeiten waren nicht zu ver-
„Wir wollten dieses meiden. Die schiere Anzahl Hunderter Werk- und Detail-
pläne war schwer zu bewältigen.

Projekt bis zum letzten Die Kommunikation innerhalb des Planungsteams wird
dabei von den Beteiligten als gut organisiert beschrieben.

Detail durchentwickeln.“ Das Vorgehen, auf Grundlage einer sehr detaillierten Aus-
schreibung zu vergeben, stellt Professor Hermann Kauf-
mann auch aufgrund seines Qualitätsanspruchs nicht in-
frage: „Wir wollten dieses Projekt bis zur letzten Teilung
und bis zum letzten Detail im Büro durchentwickeln, um
bei den Ausschreibungen keine Überraschungen zu erle-
ben. Häufig bieten Firmen Alternativen an – und damit ist

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„Der Eindruck war, dass
man auf den Architektenplänen
1 : 1 aufbauen kann.“

die Detailplanung des Architekten für den Papierkorb. Das ▸▸ Der hohe Haustechnikanteil bedingte außergewöhn-
führt dann zu einem regelrechten Chaos in der Planung, lich hohen Abstimmungsbedarf besonders hinsichtlich
weil unter hohem Zeitdruck Ausführungspläne vom Archi- der Vorfertigung. Die Haustechnikplanung ist teilwei-
tekten mit viel Aufwand geändert werden müssen, wäh- se nicht eingeübt in den Themen der Vorfertigung, das
rend parallel dazu die Werk- und Montageplanung der heißt exakte Angaben rechtzeitig zu liefern.
Firmen erfolgt. In dieser Phase, in der meist die Baustelle
läuft, existieren keine gültigen Pläne und die Haustechnik Die Fachplaner Tragwerk und Haustechnik dagegen ge-
kommt ebenfalls unter enormen Zeitdruck. ben an, dass das Projekt wirtschaftlich abzuwickeln war.
Deshalb haben wir die Details so fixiert, dass keine Spiel- Der Holzbauunternehmer gibt an, dass der Aufwand in
räume für Varianten und Angebotsspekulationen vorhan- der Planung weit über dem erwarteten Maß lag. Projekt-
den waren und wir damit sichergehen konnten, dass die leiter Mathias Simma von Kaufmann Bausysteme formu-
gestalterischen Vorstellungen auch umgesetzt werden. Das liert es so:
hat gut funktioniert: „Bei diesem Projekt waren die Ausführungspläne der Ar-
Bei den Angeboten zeigten sich keine preislichen Aus- chitekten schon so weit ausgeführt, dass man in der Kal-
reißer, auch in der Ausführung wurden die Festlegungen kulationsphase den Spekulationsaufschlag eigentlich kom-
prinzipiell nicht hinterfragt, sondern wie geplant auch um- plett reduzieren konnte. Es waren bereits alle Elementdetails
gesetzt –bis hin zur Elementierung. Die detaillierte Aus- vorgegeben. Der Eindruck war, dass man 1:1 auf den Ar-
schreibung ist der beste Weg, um gut vergleichbare An- chitektenplänen aufbauen kann. Es kam bei dem Projekt
gebote zu erhalten, das Ergebnis zu kontrollieren und den trotzdem zu einigen Änderungen in der Bauphysik und
Aufwand für die Kalkulation der Firmen einigermaßen im Haustechnik etc., sodass wir dann zum Teil gleichzeitig ge-
Rahmen zu halten.“ zeichnet haben. Das war sehr kosten- und zeitintensiv und
eigentlich unnötiger Planungsaufwand.“
Ergebnis Die Bauherren bewerten das Projekt sehr positiv: Sowohl
Die Architekten hatten einen erheblichen Mehraufwand Terminplan als auch Kostenrahmen konnten im Wesent-
in den Leistungsphasen der Ausführungsplanung und der lichen eingehalten werden, die Qualität des Projektes ist
Objektüberwachung gegenüber der geltenden Honorarord- nach Aussage des Bauherren sehr hoch. Dazu der Projekt-
nung. Der Hauptgrund dafür war neben der geschilderten leiter auf Bauherrenseite, Frank Schwindling vom Land-
Zeitknappheit die Komplexität. Einige Beispiele: ratsamt Augsburg:
„Das Ergebnis ist höchst positiv. Das größte Problem im
▸▸ In die Trennwände zwischen Klassenräumen und Mit- Planungsprozess – das ist jetzt eine Rückbetrachtung –
telzonen mussten alle Installationen verschiedener war, dass man bei diesem großen und komplexen Bauvor-
Haustechniksparten und diverse Innenausbauelemente haben im konstruktiven vorgefertigten Holzbau viel mehr
unter Berücksichtigung hoher Brandschutzanforderun- Planungszeit gebraucht hätte. Eigentlich hätten wir ein
gen und gestalterischer Ansprüche integriert werden. Jahr länger planen sollen, vor allem um die Forschungs-
Dies stellte übermäßige Anforderungen an die Koordi- schwerpunkte noch intensiver im Planungsteam abstim-
nation der zahlreichen Beteiligten in der Planung wie men zu können. Diese Möglichkeit bestand aber aufgrund
auch in der Ausführung. der zeitlichen Rahmenbedingungen nicht.“
▸▸ Die Planung der Brandabschottungen der Schächte
und Haustechniktrassen war sehr aufwendig.
▸▸ Der hohe gestalterische Anspruch, etwa die sichtbare
Holzkonstruktion, bedingte intensive Abstimmungs-
aufwände insbesondere mit der Haustechnik.
▸▸ Der hohe Innovationsgrad bei dem Projekt bedingte
viele Sonderlösungen.

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THOMAS MAYER / THOMASMAYERARCHIVE.DE
▴▴Europäische Schule: Zu sehen ist der Haupteingang des Erweiterungsgebäudes

Öffentliche Hand innovativ – Europäische Schule in Frankfurt

Rahmenbedingungen Harald Heusser, Fachbereichslei- Beauftragung und Vergabemodell


Die Umstrukturierung und Vergrö- ter vom Hochbauamt Frankfurt, Das Architekturbüro NKBAK erstellte im
ßerung der Europäischen Zentral- konnte auf Bauherrenseite auf eine Dezember 2013 eine Machbarkeitsstudie.
bank in Frankfurt war der Auslöser große Erfahrung mit alternativen Das positive Ergebnis führte zu einem Di-
für eine kurzfristige Erweiterung Vergabemodellen zurückgreifen: rektauftrag. Die Beauftragung entsprach
der bestehenden Schule. 400 Schü- „Das Verfahren mit der funktio- etwa 50 Prozent des Leistungsbildes der
ler im Alter von drei bis acht Jah- nalen Ausschreibung habe ich seit HOAI, nicht beinhaltet waren die Werk-
ren sollten räumlich getrennt in 1998 eingesetzt und stetig wei- planung und Objektüberwachung, somit
Vor- und Primarschule unterrich- terentwickelt. Auslöser waren da- war die Einhaltung des Schwellenwertes
tet werden. Das neue Gebäude in mals Projekte mit sehr namhaften für die direkte Vergabe gewährleistet.
Frankfurt war nur als temporä- Architekten, die zu sehr schönen Die Architekten erarbeiteten auf Grund-
rer Bau genehmigungsfähig und Ergebnissen geführt haben, aus lage einer Vorlage der Stadt Frankfurt
musste innerhalb von 17 Mona- Kostensicht jedoch nicht mehr ver- die Eingabeplanung, Leitdetails und die
ten – von Beginn einer Machbar- mittelbar waren. funktionale Leistungsbeschreibung für
keitsstudie bis zur Aufnahme der So waren wir auf der Suche die Holzbauarbeiten und für alle von
Nutzung – umgesetzt werden. nach einem Verfahren, das gute der Vorfertigung betroffenen Gewerke.
Als temporärer Bau gedacht, Architektur zu überzeugenden Architekt Andreas Krawcyzk beschreibt
weist dieses Holzbau-Projekt eine Preisen gewährleistet. Der Holz- seine Strategie bei der Ausschreibung:
weitaus geringere Komplexität als bau kann aus meiner Erfahrung „Im Grundsatz haben wir die Punkte
das Schmuttertal-Gymnasium in vor allem dann sinnvoll einge- sehr präzise und detailliert beschrieben,
Diedorf auf. Das Hochbauamt in setzt werden, wenn den Unterneh- die uns gestalterisch wichtig waren. Bei
Frankfurt legte fest, das Projekt men die Freiheit gegeben wird, aus den baukonstruktiven Entscheidungen
in einem funktionalen Ausschrei- der enormen Vielfalt der sich ste- wollten wir für die anbietenden Holzbau-
bungsverfahren zu vergeben. Das tig entwickelnden Konstruktionen unternehmer jedoch Raum für eigene Op-
Ergebnis überzeugt hinsichtlich die für sie beste Ausführungsart timierungen und Vorschläge lassen: Wir
Projektzeit, Kosten und Qualität. auszuwählen.“ haben etwa die Fassade mit Zeichnun-

10 mikado plus  Juli 2016


Kooperation // Planung im Holzbau

DE TAILVERGLEICH: LEIT DE TAIL ARCHIT EK T – AUSFÜHRUNGSDE TAIL HOL ZBAUUNT ERNEHMER (1:20)

KAUFMANN BAUSYSTEME
NKBAK ARCHITEKTEN

gen und Beschreibungen sehr weit Ergebnis eines bearbeitet. Das Verfahren wird
definiert und alle Oberflächen im Ge- Die Raumzellen-Bauweise machte die von allen Seiten durchweg positiv
bäude präzise beschrieben. Die Kons- Einhaltung des sehr engagierten Termin- bewertet.“ Harald Heusser ist eben-
truktion der Raummodule und deren plans möglich und erfüllte nebenbei die falls zufrieden und überlegt sich im
Fügung ließen wir dagegen weitge- Anforderung an eine spätere Wiederver- Interview bereits neue Strategien für
hend offen. Es gab lediglich eine Ent- wendung. Die tatsächlich abgerechneten kommende Projekte: „Das Verfahren
wurfsstatik als Anlage zu der etwa Baukosten waren mit ca.1500  Euro/m² macht durchaus Schule. Wir berei-
80 Seiten umfassenden Bauteil- und BGF (Kostengruppen nach DIN 277 300- ten derzeit mehrere demontierbare
Funktionsbeschreibung. Daneben ha- 400 netto) deutlich unter der Kostenbe- Gymnasien mit einer geplanten Nut-
ben wir die Eingabeplanung, einen rechnung der Architekten. Für die Qua- zungsdauer von bis zu 15 Jahren vor,
Plan mit Leitdetails und eine Mate- lität des Projekts sprechen zahlreiche die nach einem ähnlichen Prozede-
rialstudie beigelegt.“ In einer euro- Veröffentlichungen und Auszeichnun- re ablaufen werden. In diesem Fall
paweiten Ausschreibung wurde ein gen, darunter der Holzbaupreis Hessen. müssen wir eine europaweite Aus-
Holzbauunternehmen gesucht, das als schreibung für die Auswahl des Ar-
Generalunternehmer auftreten und Das Fazit der Architekten chitekten ausloben. Dafür führen wir
zudem auch die Planungsleistungen „Wir haben die Zusammenarbeit als sehr derzeit VOF-Verfahren durch. Total-
erbringen sollte, mit denen der Archi- positiv empfunden. Das lag auch dar- unternehmermodelle sind eventuell
tekt nicht beauftragt war. Unter den an, dass die Firma unseren Vorgaben interessant, mich persönlich würde
Bewerbern konnte sich Kaufmann mit Respekt und Verständnis begegnet aber stärker eine mit dem öffentlichen
Bausysteme aus Reuthe in Vorarlberg ist und stets nach passenden Umset- Vergaberecht konforme Umsetzung
im reinen Preiswettbewerb durchset- zungsvorschlägen gesucht hat. Für uns des Bauteam-Modells interessieren,
zen, ein Unternehmen, das viel Erfah- war das Projekt wirtschaftlich gut dar- wie es in den Niederlanden gemacht
rung in der Raumzellenbauweise und stellbar, sicher auch aufgrund der kur- wird. Hier kämen Entwurf und Aus-
bei öffentlichen Aufträgen hat. Die zen Projektlaufzeit. Die Stadt Frankfurt führungs-Know-how ganz früh zu-
Firma genießt einen exzellenten Ruf hat zwischenzeitlich drei ähnliche Pro- sammen, was eine Optimierung sig-
in der Kooperation mit Architekten. jekte aufgesetzt, von denen unser Büro nifikant fördern würde.“

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KO N V E N T I O N E L L E V E RG A B E V S . P RO G R E S S I V E V E RG A B E
Vorteile Nachteile Entscheidungskriterien

▸▸ Angebote mehrerer Firmen ▸▸ Risiko: Verzögerung bei zu ▸▸ Preis / günstigstes Angebot


Konventionelle

▸▸ Vergleichbarkeit der Leistungen hohen Angeboten ▸▸ Referenzen


▸▸ Nachtrag bei vergessenen
Vergabe

▸▸ Wettbewerbssituation
Leistungen

▸▸ Einbindung von Ausführungs- ▸▸ Kein vergleichbarer ▸▸ Kompetenz


kompetenz in die Planung Wettbewerb ▸▸ Vertrauen
▸▸ Entwicklung des Projekts nach
Progressive

▸▸ Erfüllung der
Budget („design to cost“) Budgeterwartung
Vergabe

▸▸ Frühe Kalkulation mit


Steuerungsoptionen

12 mikado plus  Juli 2016


Kooperation // Planung im Holzbau

Direktauftrag + Planung im Bauteam – Bürogebäude Augsburg

Rahmenbedingungen Ausführungsplanung aufbauenden Aus-


Für den Firmensitz eines schwäbischen schreibung nach Einzelgewerken und
Unternehmens, das Software für den eine progressive Vergabe auf Basis ei-
Pflegebereich entwickelt, schlug das ner Kalkulation nach bisher bestehen-
Architekturbüro lattkearchitekten aus der Planung. Die Gegenüberstellung der
Augsburg einen ungewöhnlichen Weg Vor- und Nachteile hat zur Entscheidung
vor, der von dem privaten Bauherren der Direktvergabe geführt.
aufgenommen wurde und für alle Betei- Der Bauherr ließ sich von den Vortei-
ligten zum Projekterfolg führte. Die Ent- len überzeugen, vor allem davon, dass
wurfsplanung von Raum, Struktur und die Qualität und Vollständigkeit der Aus-
Gebäudetechnik efolgte im Planungs- führungsplanung und der Kalkulation,
team von Architekten, Tragwerkspla- die in enger Absprache mit dem Holz-
nern und Gebäudetechnikingenieuren. bauunternehmen erarbeitet wird, letzten
Auf Basis der Entwurfsplanung wur- Endes einen Vorteil für den Bauherren
den Bauteilaufbauten und Baustoffe fest- darstellt. Bauherr, Planer und Unterneh-
gelegt und eine detaillierte Kostenschät- mer verständigten sich von Anfang an
zung erarbeitet. Zu diesem Zeitpunkt auf eine Exit-Strategie für den Fall, dass
kam das Holzbauunternehmen Gumpp das Holzbauunternehmen in der Pla-
& Maier GmbH ins Spiel, das durch sei- nungs- und Kalkulationsphase die Ver-
ne Referenzen den Bauherren überzeu- sprechen nicht erfüllen würde.
gen konnte, den Weg einer Direktbeauf-
tragung zu gehen. Voraussetzung dafür Ergebnis
war auch, dass das Architekturbüro be- Das Angebot mit der transparent ge-
reits Projekte mit dem Holzbauunterneh- führten Kalkulation des Holzbauunter-
men realisiert hatte und auf eine vertrau- nehmens konnte in der Bauphase gehal-
ensvolle und belastbare Zusammenarbeit ten werden. Es kam in der Ausführung
bauen konnte. lediglich zu Nachträgen, die auf Bau-
ECKHART MATTHÄUS

herrenwunsch entstanden. Diese hielten


Beauftragung und Vergabemodell sich jedoch in Grenzen und waren im
Die vielfältigen Vorgaben des Bauherrn Wesentlichen Arbeiten, die individuelle
▴▴Das Bürogebäude zur ökologischen Materialwahl, Funkti- Wünsche des Mieters des obersten Ge-
euregon in on und Flexibilität der Grundrisse über- schosses betrafen, der schon während
Augsburg besitzt setzten die Architekten in den Entwurf der Bauphase feststand.
eine luftige
Eingangssituation
eines dreigeschossigen Bürogebäudes Die Herangehensweise hat gezeigt,
mit einer tragenden Skelettstruktur. Die dass in einer sehr frühen Phase des Pro-
Entscheidung der Anwendung von Bu- jektes eine Kostensicherheit für einen
chenfurnierschichtholz statt Brettschicht- großen Anteil der Konstruktionskosten
holz in Fichte für Tragwerk, Fassade erreicht wurde. Die Leistungen des Holz-
und Ausbau wurde aufgrund der sta- bauunternehmens umfassten neben der
tischen Vorteile des Materials getrof- reinen Tragkonstruktion in zum Teil vor-
fen. Der Unterschied der Dimension und gefertigter Holztafelbauweise die Fas-
des Materialverbrauchs wurde statisch sade mit Anstrich, Dachdämmung und
bestimmt und floss in eine detaillierte -abdichtung und Spenglerarbeiten, also
Kostenschätzung des Architekten ein. die komplett dichte und fertige Gebäu-
Diese bildete in der Folge den Rahmen dehülle. Diese hatten einen Anteil von
für die weiteren Entscheidungen und 55 Prozent der gesamten Baukosten für
wurde Bestandteil des späteren Kosten- die Konstruktion (KG 300). In der Pla-
vergleichs aus Auftragssumme und tat- nungs- und Kalkulationsphase wurden
sächlichen Baukosten. Mit dem Bauherrn die Kosten aktiv gesteuert und mit Ent-
wurden zwei Vergabemodelle diskutiert: scheidungen zu Materialwahl und De-
das konventionelle System einer auf der tailausführung positiv beeinflusst.

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SEBASTIAN SCHELS
▴▴Die Kosten spielten hier eine große Rolle. Der Kostenrahmen musste mit brutto 1600 Euro/m² Wohnfläche eingehalten werden

e %: Energieeffizienter Wohnungsbau – Wohnanlage Ansbach

Rahmenbedingungen Beauftragung und Vergabemodell Holzbau und Fenster zusammen


Die Wohnanlage ist das Ergebnis eines Archi- Aufgrund der Konstellation aus auszuschreiben. Dies setzte eine
tektenwettbewerbs, den das Freisinger Büro dem gewonnenen Wettbewerb Abstimmung mit der VOB-Stelle
Deppisch Architekten im Jahr 2009 gewinnen stand das daran beteiligte Pla- und deren Freigabe voraus. Dem
konnte. Der Wettbewerb wurde ausgelobt, weil nungsteam bereits zu Beginn der Bestreben wurde zugestimmt. Der
die vorhandene Bebauung aus den 1960er-Jah- weiteren Projektplanung fest. Das Umfang der Leistung des Holzbau-
ren nicht wirtschaftlich zu renovieren war. Die Team bestand neben Deppisch Ar- unternehmers umfasste damit die
Oberste Baubehörde förderte die Wohnanlage chitekten aus dem Tragwerkspla- komplette, dichte Gebäudehülle,
im Rahmen ihres Projekts „e % – energieeffi- nungsbüro Dittrich aus München, also Konstruktion mit Außenwand
zienter Wohnungsbau“. Damit war die Zielvor- das auch das Brandschutzkonzept und Dach sowie Fassadenbeklei-
gabe hinsichtlich des Energiestandards gesetzt. erstellte, und dem Ingenieurbüro dung, Fenster und die Notabdich-
Obwohl die Bauweise in Holz im Wettbewerb Vogt aus Freising für die tech- tung des Daches. Als Besonderheit
von den Architekten vorgeschlagen wurde, nische Gebäudeausrüstung und wurde die Qualität der Sichtober-
sah der Bauherr für die Realisierung daraus die Energieplanung. Die Beauf- flächen der Decken vor der Beauf-
keine Verpflichtung. Nach längerem Entschei- tragung erfolgte aufgrund des tragung des Holzbauunternehmers
dungsprozess fiel die Wahl dennoch auf die ur- Votums des Preisgerichts. Für die nach Besichtigung eines Referenz-
sprüngliche Holzkonstruktion, lediglich das für Vergabe der Bauleistungen wur- projektes festgelegt – und Teil des
die Fassade vorgesehene Weidengeflecht wurde de das konventionelle VOB-Ver- Vertrages. Die Vergabe der Leis-
zugunsten einer Holzverschalung geopfert. Das fahren mit Ausschreibung nach tung erfolgte aufgrund einer sehr
Raumprogramm war ebenfalls über den Wett- Gewerken durchgeführt. Um den detaillierten Planung und Aus-
bewerb definiert, es wurden 37  Wohnungen Grad der Vorfertigung zu erhöhen, schreibung des im Holzbau erfah-
und ca. 2500 m² Wohnfläche gebaut. wurde angestrebt, die Gewerke renen Architekturbüros.

14 mikado plus  Juli 2016


Kooperation // Planung im Holzbau

Prozess
Aufgrund des vorgeschalteten Wett- „Die Erfahrung des Architek-
bewerbs ermöglichte die frühzeitige
Einbeziehung der notwendigen Fach- turbüros ist für den Erfolg
des Projektes sehr wichtig.“
planer einen Planungsansatz im Sinn
der integrativen Planung. Nach Ab-
klärung der konstruktiven Ausfüh-
rung mit dem Bauherren konnte das
Vorplanungskonzept auf Basis des
Wettbewerbs vertieft werden. Da das mit dem knappen Zeitbudget, das ausführenden Unternehmen hatten
Projekt durch die OBB im Rahmen pro Geschoss nur eine Woche Bau- keine Erfahrung mit dem Holzbau.
des Modellvorhabens e % Energie- zeit zuließ. Die Erfahrung des Ar- Die zunächst unvermeidbaren Ab-
effizienter Wohnungsbau gefördert chitekturbüros findet Müller für stimmungsprobleme wurden durch
wurde, waren turnusmäßige Bespre- den Erfolg des Projektes beson- einen erhöhten Koordinations-
chungen mit der OBB und den wis- ders wichtig, denn bei öffentli- aufwand vor Ort durch die baulei-
senschaftlich begleitenden Universi- chen Aufträgen kommt es zur tenden Architekten kompensiert.
täten und Hochschulen erforderlich, Begegnung mit dem Holzbau-
um das Einsparziel des Bauherrn von betrieb erst dann, wenn die we- Ergebnis
60  Prozent unter dem EnEV-2009- sentlichen Details in der Werk- Es entstand ein innovativer Woh-
Standard zu gewährleisten. planung und die Ausschreibung nungsbau. Das Gebäude hat-
Ein wesentliches Thema in der Ent- bereits gemacht sind. Sind dann te zum einen durch die energeti-
wurfsplanung war, das Brandschutz- Details nicht durchdacht, kommt schen Vorgaben bereits zum Ziel,
konzept so zu erfüllen, dass das Aus- es zu aufwendigen Nachplanun- ein Leuchtturmprojekt zu werden,
sehen der beiden Baukörper, trotz gen. Die Kosten spielten bei diesem zum anderen wirkte die gesetz-
unterschiedlicher Anforderungen an Projekt jedoch eine zentrale Rolle. te Kostenobergrenze dahingehend
den Brandschutz aufgrund unter- Förderbedingt musste der Kosten- in die Planung hinein, dass bei
schiedlicher Gebäudeklassen, an der rahmen mit brutto 1600 Euro/m² der Detailentwicklung auf keine
Fassade gleich blieb. Für den Planer Wohnfläche eingehalten werden. Standards zurückgegriffen werden
bedeutete das einen erhöhten Zeit- Daher war der Abstimmungspro- konnte. Aus diesem Grund ist der
aufwand. Auf einen wirtschaftlichen zess im Entwurf bei Material und Innovationsgrad des Projekts als
Abschluss des Projekts wirkte sich die Konstruktion stets mit dem Ab- sehr hoch anzusetzen. Zwar kann
Planung jedoch nicht negativ aus. Die gleich der Kosten gekoppelt. Am das Architekturbüro dadurch sei-
Vorfertigung und die Montage der Ende konnte der Kostenrahmen ne Expertise auf dem Gebiet des
Holzbauelemente mussten zeitwei- eingehalten werden. Der ausführ- mehrgeschossigen Wohnungsbaus
se parallel erfolgen. Reinhold Mül- liche Planungsprozess von 2,5 erweitern, allerdings wird sich die
ler, der Geschäftsführer der Müller- Jahren bewirkte eine knappe Bau- Wirtschaftlichkeit erst in einem
blaustein Holzbauwerke, erklärt dies zeit von 15 Monaten. Die meisten Folgeprojekt abzeichnen.

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Kooperation // Planung im Holzbau

FOTOGRAF: MARTIN STOLLENWERK, ZÜRICH


MÜLLER SIGRIST ARCHITEKTEN,
▴▴Die Genossenschaft hat die Stadt Zürich in einem Bauträgerwettbewerb von der Überbauung eines innerstädtischen Grundes überzeugt

Schweizer Holzbauingenieure als Vorbild? – Wohn- und Gewerbebau Kalkbreite Zürich

Rahmenbedingungen Beauftragung und Vergabemodell durch die Bauherrschaft beauftragt.


Der Grundstein für den Wohn- und Ge- Die Genossenschaft konnte die Stadt Für die Koordination und den Infor-
werbebau Kalkbreite wurde 2006 mit Zürich in einem Bauträgerwettbewerb mationsaustausch zwischen den Fach-
der Formulierung der Vision der Ge- zur Überbauung des Grundstücks, auf planerInnen hatte das Architekturbüro
nossenschaft Kalkbreite gelegt: neue dem sich die Abstellanlagen für die Müller Sigrist die Fäden in der Hand.
Formen des gemeinschaftlichen Woh- Straßenbahnen der Verkehrsbetriebe Aber auch die Bauherrschaft trug
nens mitten in der Stadt, die zur Um- befanden, überzeugen und erhielt das wesentlich zur erfolgreichen Planung
setzung der Vision der 2000-W-Ge- Baurecht zur Umsetzung. Aus dem an- bei. Diese Schlüsselfaktoren wurden
sellschaft beitragen. Damit waren schließenden Architektenwettbewerb in den Interviews identifiziert: Die
ökologische, wirtschaftliche und auch ging das Büro Müller Sigrist Archi- Genossenschaft beauftragte eine pro-
soziale Ziele die Grundlage für die Pla- tekten mit der Idee der Gebäudeform fessionelle Moderatorin für die Ent-
nung und Realisierung. in Blockrandbebauung und einer »Rue scheidungsfindung. Notwendige Ent-
2014 wurde die Vision Wirklich- Intérieure« als Sieger hervor. scheidungen der Baukommission der
keit – in der achtgeschossigen, block- Die Idee der Genossenschaft über- Genossenschaft als Bauherrin wurden
randartigen Überbauung ist ein le- trug sich auch auf den Planungspro- rechtzeitig vorbereitet, intern disku-
bendiges neues Quartier über den zess. Zukünftige NutzerInnen wurden tiert und an das Planungsteam kom-
Schienen der Straßenbahn und mit- durch partizipative Prozesse bewusst muniziert. Es wurde ein zweiköpfiges
ten in einem stark frequentierten Ver- integriert. Die Planung wurde einem professionelles Projektleitungsteam
kehrsknoten entstanden, das höchs- Team mit vielfältigen fachlichen Kom- eingesetzt, das das Projekt aus Bau-
ten ökologischen Standards entspricht petenzen unter der Koordination des herrensicht administrativ koordiniert
und die Idee der Kooperation in einem Architekturbüros Müller Sigrist über- und gesteuert hat. Oftmals haben Ge-
visionären Raumprogramm abbildet. tragen. Alle Planenden wurden direkt nossenschaften nicht die Ressourcen

16 mikado plus  Juli 2016


Kooperation // Planung im Holzbau

und beauftragen einen General- oder Aufgabe eines Holzbauingen- Holzbauunternehmern. Er unter-
Totalunternehmer, der ihnen diese Tä- ieurbüros. Die Erfahrung dazu scheidet sich aber in vielen Berei-
tigkeiten abnimmt. In der Kalkbrei- wird über die Jahre aufgebaut und chen von den anderen Fachpla-
te wurde bewusst die Verantwortung man weiß, was möglich ist. Wir nern. Stefan Schlegel von Makiol
als Entscheidungsträger übernommen hatten in der Kalkbreite den An- Wiederkehr: „Ein Holzbauingeni-
und konsequent wahrgenommen spruch, eine Konstruktion zu ent- eur muss viele Gewerke bei seiner
wickeln, die möglichst `offen` ist. Konzeption und Planung berück-
Ergebnis Das heißt nicht, dass sie we- sichtigen. Wenn er plant, ist er auf
Der Vision der 2000-W-Gesellschaft nig detailliert ist. Im Gegenteil – die Inputs der anderen Fachplaner
zu folgen, bedeutete fast unabding- im Holzbau müssen die Details und Gewerke angewiesen.
bar eine Verpflichtung zum Gebäu- für die Ausschreibung beinahe Somit ist er aber auch gezwun-
destandard Minergie-P Eco. Mit dem schon Ausführungsstandard ha- gen, die Informationen und An-
freiwilligen Standard wird eine hohe ben. Unser Anspruch war es, dass gaben der anderen Fachplaner
Energieeffizienz verlangt und gleich- eine möglichst große Bandbreite oftmals aktiv einzufordern und
zeitig wird auch die graue Energie zu an Unternehmern die Konstruk- diese Informationen für seine Pla-
einem Entscheidungskriterium. tion anbieten und auch ausfüh- nung zusammenzuführen. Er ist
Im Projekt Kalkbreite wurde daher ren kann.“ permanent gefordert, vernetzt zu
in der Vorprojektphase eine Gegen- Rolf Wagner, Projektleiter von denken. Mit dem Holzbauingeni-
überstellung zwischen unterschied- Baltensperger Holzbau, bestätigt, eur steigt die Qualität in der Pla-
lichen Außenwandkonstruktionen dass dies auch gelungen ist. „Die nung und letztendlich auch in der
durchgeführt. Obwohl auch die Op- Ausschreibung war so gut vor- Ausführung.“
tion einer Massivbauweise auf den bereitet, dass man keine Opti- Und dennoch sind auch die
ersten Blick ebenfalls sehr geeig- mierungsvorschläge im Zuge der Holzbauingenieure überzeugt,
net erschien, war bereits das Holz- Vergabe einbringen wollte oder dass der Holzbauunternehmer frü-
bauingenieurbüro Makiol Wiederkehr musste.“ her eingebunden werden soll. Ste-
in diesen Entscheidungsprozess in- fan Zöllig, Holzbauingenieur von
volviert. Mit der Berücksichtigung Fazit aus Sicht der Schweiz Timbatec: „Der Holzbauingenieur
der grauen Energie fiel auch die Ent- In der Schweiz ist der Holz- ist in der Lage, Unternehmen ver-
scheidung zur Ausführung der Au- bauingenieur ein etablierter Fach- gleichbar zu machen.
ßenwand in Holz. Dass nicht die ge- planer, der die Holzbau-Kompe- Trotzdem braucht es den Unter-
samte Konstruktion in Holz gebaut tenz in das Planungsteam, wie in nehmer in einer frühen Phase. Er
werden konnte, lag an der damaligen der Kalkbreite erfolgreich aufge- leistet mit seinem Fachwissen über
Brandschutzverordnung. zeigt, integriert. Produkte der zuliefernden Betrie-
Vor der Änderung der Schweizer Der Holzbauingenieur bildet be, Produktion, Logistik, Monta-
Brandschutzvorschriften am 1. Janu- mittlerweile ein nahezu selbst- ge und Hilfskonstruktionen einen
ar 2015 war Holz als Tragkonstrukti- verständliches Bindeglied zwi- wertvollen Beitrag zum Gelingen
on auf Gebäude mit sechs Geschossen schen den Architekten und den eines Projekts.“
und für nichttragende Außenwän-
de bzw. Fassaden auf acht Geschos-
se begrenzt.
Eine achtgeschossige Holzaußen-

„In der Schweiz integriert der


wand war zu diesem Zeitpunkt trotz-
dem eine Herausforderung. Stefan
Schlegel, Holzbauingenieur vom Büro
Makiol Wiederkehr, kann sich nicht
erinnern, dass es ein solches Projekt
Holzbauingenieur als Fach-
zuvor schon gegeben hat. Die Kon-
struktion und der Aufbau der ver- planer die Holzbau-Kompe-
putzten Außenwand war gewisser-
maßen ein Prototyp.
Stefan Schlegel von Makiol
tenz in das Planungsteam.“
Wiederkehr beantwortet die Fra-
ge nach der Entwicklung einer der-
artigen Konstruktion: „Das ist die

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Kooperation // Planung im Holzbau

Fazit – Ein Blick in die Zukunft

Die großen Holzbau-Unternehmen und Ingenieurabteilungen. Auf die Der technische Fortschritt in der digitalen Da-
äußern den Wunsch, eine zentra- Breite aller Holzbau-Unternehmen tenübergabe wird die Holzbau-Planung we-
lere Rolle innerhalb des Projekt- betrachtet ist das jedoch nicht der sentlich beeinflussen. Die Methode BIM ist in
geschehens einzunehmen. Der typische Fall. Und auch bei großen angelsächsischen und skandinavischen Län-
Schweizer Holzbau-Unterneh- Betrieben ist die Werkstattplanung dern heute weitgehend Standard, während sie
mer Enrico Uffer reflektiert das häufig ein unrentabler Bereich. Es sich in Zentraleuropa bislang nicht durchset-
so: „Sosehr man auch Kritik an wäre eine denkbare Schnittstelle, zen kann. Die Holzbau-Branche wäre jedoch
den GU- und TU-Verfahren üben dass die komplette Planung in- dafür gut gerüstet: Der Ansatz, in einer rela-
kann, stellen Sie doch eine Chance klusive Abbund-Zeichnungen fer- tiv frühen Projektphase Festlegungen zu tref-
insbesondere für innovative Holz- tig an den Holzbauer übergeben fen, ist dem Holzbau und der Idee BIM gemein-
bau-Unternehmer dar (…) Betrach- würde, sodass sich der auf seine sam. Eine hohe Komplexität von 3D-Daten zu
tet man den Planungsprozess, (…) Kernkompetenz, die wirtschaftli- verwalten ist schon heute Standard im Holz-
ist der Holzbau-Unternehmer der che Fertigung und Montage der bau. Insofern kann die Branche dieser Ent-
Austauschpartner, der sich der Elemente, konzentrieren könnte.“ wicklung gelassen, ja positiv gegenüberste-
Ausschreibung stellen muss. Da- Die Planungskompetenz im hen und sie noch selbst formen. Jedoch ist die
her streben wir eine wichtige Rol- Holzbau könnte sich also durch- Rolle der Architekten und Fachplanern dabei
le im Projekt und ein frühes Her- aus von der Ausführungskompe- noch unklar. Dass Technik den Architekten-
angehen an den Bauherren an (…) tenz der größeren Betriebe lösen und Ingenieursverstand ersetzen wird, ist we-
Die Auswirkungen auf die Baukul- und je nach Auftrag modulartig der realistisch noch wünschenswert. Der Ar-
tur sind hier zu bedenken.“ an das Planungsteam andocken chitekt Johannes Kaufmann appelliert an die
Alexander Gumpp, Holz- oder auch beim Holzbau-Unter- primären Qualitäten von Planern: „Das Motto
bau-Unternehmer aus Binswan- nehmen verbleiben. Es gäbe in muss lauten: Zuerst denken, dann zeichnen.
gen, denkt über eine fast konträre Weiterentwicklung des Schweizer Vor 20 Jahren bedingte es der händische Pla-
Schnittstelle nach und formu- Holzbauingenieurs die Möglich- nungsprozess, dass zuerst über Probleme nach-
liert diesen Ansatz in einem lean- keit, die holzbauspezifischen Pro- gedacht und dann Lösungen in der richtigen
WOOD Experten-Workshop: „Leis- bleme ohne die Hürde der Verga- Tiefenschärfe gezeichnet wurden. Heute wä-
tungsfähige Holzbaubetriebe haben be innerhalb des Planungsteams ren viele Prozessprobleme obsolet, wenn man
heute häufig größere Planungs- zu lösen. zu dieser Tradition zurückfinden würde.“ ▪

D I E AU T O R E N
Alle Autoren arbeiten derzeit am internationalen For- schule Luzern. Frank Lattke ist Initiator und Praxispartner
schungsprojekt leanWOOD unter der Federführung von im Projekt und betreibt ein auf Holzbau spezialisiertes Ar-
Professor Hermann Kaufmann. Wolfgang Huß und Manfred chitekturbüro in Augsburg. Hermann Kaufmann bekleidet
Stieglmeier sind Wissenschaftler an der Technischen Uni- die Professur für Entwerfen und Holzbau an der TUM und
versität München und freie Architekten in München. Sonja leitet ein Architekturbüro in Vorarlberg. Homepage des
Geier ist Architektin und Wissenschaftlerin an der Hoch- Forschungsprojekts: www.leanwood.eu

▴▴Wolfgang Huß ▴▴Manfred Stieglmeier ▴▴Sonja Geier ▴▴Frank Lattke ▴▴Hermann Kaufmann

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Kooperation // Planung im Holzbau

P ROJ E K T V E RG L E I C H L E A N W O O D
Schmuttertal- Europäische Schule Bürogebäude Wohnbau Wohn- und Gewerbe-
Gymnasium Diedorf Frankfurt euregon Augsburg Ansbach bau Kalkbreite Zürich

Bruttogrundfläche 16 045 3750 1318 3667 22 900


BGF in m²

Holzkonstruktion ▸▸ Skelett Nadelholz ▸▸ Raumzellen ▸▸ Skelett + Balken­ ▸▸ Tragende Wände ▸▸ Skelett + Decken
decken Buchen­ und Decken Stahlbeton
▸▸ Innovative ▸▸ Brettsperrholz
furnierschichtholz Brettsperrholz
HBV-Decken ▸▸ Unterzüge
▸▸ Außenwände
▸▸ Außenwände ▸▸ Außenwände Element-Rahmen-
▸▸ Außenwände Buchenfurnier-
bau
schichtholz ▸▸ Rahmenbau ▸▸ Rahmenbau
▸▸ Rahmenbau

Gesamtprojekt- 44 17 20 45 31 (ohne Tramhalle)


Laufzeit in Monaten

Planungszeit 41 8 9 30 64 (ab Überarbeitung


Architekt gesamt in Wettbewerb)
Monaten

Bauzeit gesamt in 28 8 10 14 31 (ohne Tramhalle)


Monaten

Montage Holzbau in 7 1,5 2 4 6


Monaten

Auftraggeber Öffentlich Öffentlich Unternehmen Stiftung Genossenschaft

Vergabeverfahren Direktauftrag Direktauftrag Direktauftrag Architektur­ Architektur­


Architektenleistung wettbewerb wettbewerb

Vergabeverfahren EU-weite öffentliche EU-weite öffentliche Direktauftrag EU-weite öffentliche Öffentliche


Holzbau- Ausschreibung Ausschreibung Ausschreibung nach Ausschreibung ohne
Unternehmer mit Präqualifikation mit Präqualifikation VOB Präqualifikation

Vergabeunterlagen Detaillierte Planung Eingabeplanung, Leit- Entwurf Ausfüh- Detaillierte Planung Detaillierte Planung
Holzbau- + detaillierter Leis- details + funktionaler rungsplanung (ca. + detaillierter + detaillierter
Unter­nehmen tungsbeschrieb Leistungsbeschrieb 80 % abgeschlossen) Leistungsbeschrieb Leistungsbeschrieb

Kooperationsmodell ▸▸ Konventionell ▸▸ Entwurfsplanung ▸▸ Bauteam-Modell ▸▸ Konventionell ▸▸ Konventionell


durch Architekt unter Koordination
▸▸ Planung unter ▸▸ Planung unter ▸▸ Planung unter
Koordination ▸▸ Werkplanung durch Architekt mit Holz- Koordination Koordination
bau-Unternehmer
Architekt Unternehmer in Architekt Architekt
in der Werkpla-
Abstimmung mit ▸▸ Beteiligung Holz-
nung
Architekt bau-Ingenieur ab
Vorprojekt

Anzahl Fachplaner 21 5 4 6 12

Baukosten netto 1600 1500 1700 950 1800


300/400 pro m² BGF
in € gerundet

Planungskosten 17 13 13 14 24
inkl. Nebenkosten
anteilig an Gesamt-
kosten in Prozent

Leistungsumfang Dichte Hülle inkl. Gesamtgebäude Dichte Hülle inkl. Holzbau + Fenster Außenwand inklusive
Holzbau-Unter- Fenster + Dachdecker ab Bodenplatte inkl. Fenster + Dachdecker Fenster + Putz
nehmer + Anteil an Haustechnik
Gesamtkosten 21 % 63 % 31 % 38 % 6 %

Anteil Haustechnik 22 % 11 % 24 % 17 % 17 %


an Gesamtkosten

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