Sie sind auf Seite 1von 4

19:13, 02/12/2021 Chinas Wirtschaft schwächelt, Alternativen sind gefragt - WELT

EXPORT NEUE MÄRKTE

China allein ist nicht mehr genug


Veröffentlicht am 12.10.2015 | Lesedauer: 5 Minuten

Von Leila Hadar

Durch das Platzen der Aktienblase und extrem fallende Kurse verloren viele Anleger in China ihr Vermögen. Das hat
negative Folgen auf den Konsum

Quelle: picture alliance / dpa

Das rückläufige China-Geschäft zwingt die Unternehmen, neue Strategien zu entwickeln.


Auch andere Länder werden nun für den Export oder die Produktion ins Auge gefasst.

A uch für Sprichwörter gilt, dass sie nicht für alle Ewigkeit Bestand haben müssen. Wenn in
China beispielsweise im übertragenen Sinne ein Sack Reis umfällt, kann das für die
weltweite Konjunktur gravierende Folgen haben. Denn „China war Eldorado“, sagt Karl
Haeusgen. Bis 2012 konnte Hawe Hydraulik (https://www.hawe.com/de-de/) nach Angaben des

Sprechers des Vorstands allein durch das China-Geschäft in Deutschland mehrere hundert
Mitarbeiter zusätzlich einstellen. Das Münchner Maschinenbauunternehmen eröffnete
beispielsweise 2014 ein hochmodernes Werk in Kaufbeuren im Allgäu, in dem heute 360
Mitarbeiter beschäftigt sind.

https://www.welt.de/sonderthemen/mittelstand/export/article147425909/China-allein-ist-nicht-mehr-genug.html 1/4
19:13, 02/12/2021 Chinas Wirtschaft schwächelt, Alternativen sind gefragt - WELT

Doch die wirtschaftlichen Probleme Chinas haben auch in der Hawe-Gruppe mit ihren
insgesamt fast 2200 Angestellten Spuren hinterlassen. In den vergangenen drei Jahren
verzeichnete der Spezialist für hydraulische Batterien in der Volksrepublik einen
Umsatzrückgang von 45 Prozent. Denn Hawe fertigt und entwickelt Komponenten, die vor allem
in Baumaschinen im chinesischen Markt zum Einsatz kommen.

Der Exportanteil des Unternehmens beträgt 90 Prozent. Deswegen trifft es den bayerischen
Mittelständler auch härter als andere Firmen, wenn China Importquoten festlegt und die
Kaufkraft sinkt. „Es sind einige Blasen geplatzt, im Moment beherrscht die Regierung in Peking
das System aber noch gut“, ergänzt der 49-Jährige. Denn Haeusgens neue Strategie ist
Risikostreuung. „Wir arbeiten daran, unser Risiko anders zu verteilen und Marktanteile in
anderen Teilen der Welt aufzubauen“, so der Manager.

China bleibe trotz eingebrochener Absatzzahlen ein wichtiger Markt. Von den 294 Millionen
Euro Umsatz erwirtschaftet das mittelständische Unternehmen knapp 60 Prozent in Europa,
dem Nahen Osten und Afrika. Ein knappes Drittel entfiel 2014 auf Asien und 13 Prozent Umsatz
machte man in Amerika. „In der neuen Normalität ist China ein emanzipierter, anspruchsvoller
Markt mit einem sehr spezifischen Chancen- und Risiko-Profil.“

Risiken streuen

In den vergangenen Jahren habe der Export nach China Umsatzrückgänge in anderen Märkten
kompensiert, „jetzt müssen eben andere Märkte das ausgleichen, was in Fernost fehlt“. Nach
Angaben des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (http://www.vdma.org/)

(VDMA) war China bisher das wichtigste Exportland für den mittelständisch geprägten
deutschen Maschinenbau. Alle Branchen zusammen genommen, rangierte das Land der Mitte
noch an vierter Stelle der wichtigsten Exportnationen.

Waren im Wert von 17 Milliarden Euro verließen im vergangenen Jahr die Bundesrepublik, um in
der Volksrepublik verarbeitet oder eingesetzt zu werden. Doch die wirtschaftliche Abhängigkeit,
die dabei entstanden ist, rächt sich nun. Denn sinken Wirtschaftswachstum und lässt die
Konjunktur nach, haben Chinas Bürger weniger Geld zur Verfügung. Die Kaufkraft lässt nach. So
gingen die Gewinne in der chinesischen Industrie im August 2015 im Vergleich zum
https://www.welt.de/sonderthemen/mittelstand/export/article147425909/China-allein-ist-nicht-mehr-genug.html 2/4
19:13, 02/12/2021 Chinas Wirtschaft schwächelt, Alternativen sind gefragt - WELT

Vorjahreszeitraum um fast neun Prozent zurück, was nicht nur den deutschen Mittelstand
verunsichert und ihn auch hierzulande noch vorsichtiger bei Investitionen agieren lässt.

Nach wie vor positive Erfahrungen mit seinem China-Geschäft macht derweil Ingo Bretthauer.
Seine Firma LPKF Laser & Electronics entwickelt und produziert Anlagen zur
Materialbearbeitung. Eingesetzt werden die Spezialmaschinen vor allem in der Fertigung von
Elektronikteilen. Trotz einer Exportquote von 90 Prozent, zwei Drittel davon gehen nach China,
spürt der Geschäftsführer die Auswirkungen der Marktschwankungen in Fernost nicht. „Auf
unseren Maschinen werden Teile für Smartphones, Notebooks und deren Zubehör gefertigt.

Diese werden zwar in China verkauft, aber auch in Europa sowie den USA und in Brasilien“, so
Bretthauer. „Letztlich hängen unsere Erfolge also mehr vom Elektronik-Weltmarkt, der sich
gerade gut entwickelt, als von einer Nation ab.“ Hinzu kommt, dass die Firmen, die LPKF
beliefert, oft keine chinesischen sind. Es handelt sich meist um Niederlassungen europäischer
oder amerikanischer Produktionsfirmen. Ein weiterer Grund, warum zumindest für Bretthauer
„das Bruttoinlandsprodukt von China zweitrangig“ ist.

Alternative Vietnam

Im Jahr 2013 verzeichnete der Mittelständler sogar einen Rekordumsatz von rund 130 Millionen
Euro. Dieser hing mit dem sich explosionsartig entwickelnden Smartphone-Markt zusammen.
„Inzwischen gehen unsere Umsätze in China etwas zurück, sind aber immer noch gut“, sagt
Bretthauer. Die Märkte seien zunehmend gesättigt. Dadurch machte seine Firma im
vergangenen Jahr nur 120 Millionen Euro Umsatz.

Angst vor größeren Umsatzeinbrüchen im Reich der Mitte hat der Maschinenbau-Ingenieur
Bretthauer nicht: „Wir sind heute mit Tochtergesellschaften und Vertretern schon überall da
vertreten, wo sich die Elektronikindustrie befindet: in Taiwan, Japan, Korea, Singapur, Malaysia
und Vietnam.“ Deshalb gebe es keine Pläne und Gründe, etwas zu ändern“. Trotz der womöglich
nachlassenden Kaufkraft im Land sieht Bretthauer China immer noch als einen Markt, in dem
sich Konjunktur und Wachstum auf einem hohen Niveau befinden.

https://www.welt.de/sonderthemen/mittelstand/export/article147425909/China-allein-ist-nicht-mehr-genug.html 3/4
19:13, 02/12/2021 Chinas Wirtschaft schwächelt, Alternativen sind gefragt - WELT

Dem stimmt auch Aleksandar Duric zu. Der Geschäftsführer des Fitness-Modelabels Gym
Aesthetics lässt mehr als 90 Prozent seiner Kleidungsstücke in China fertigen. „Gerade in der
Bekleidungsindustrie ist China trotz wirtschaftlicher Probleme immer noch die Nummer eins“,
so Duric. Zwar seien die Preise in den letzten beiden Jahren stark gestiegen. Aber auch die
Qualität der hergestellten Produkte steige. „Von den Konjunktur-Schwankungen in Fernost ist
das Label nur indirekt durch den steigenden Dollarkurs betroffen“, meint der Ingenieur.

Rund 65.000 Pullover, Shirts und Leggins ließ Duric für die Frühjahrskollektion in China
produzieren, um die Artikel exklusiv über seinen Online-Shop zu vertreiben. Vor Wochen traf
die Herbstkollektion ein. „China ist zwar nach wie vor für den Bereich Textilien sehr wichtig.
Wir beobachten den Markt und halten uns offen, in anderen Ländern zu produzieren“, so Duric.
Für ihn ist wichtig, immer lieferfähig zu sein. Das bedeute auch, Risiken auf verschiedene
Hersteller, Textillieferanten und Länder zu verteilen. Und das ist zur Zeit wichtiger denn je,
denn Chinas Regierung will das Land eher als High-Tech-Standort aufstellen denn als
Billigproduzent. „Wir sehen für uns gute Chancen in Bangladesch und Vietnam“, so Duric.

Die WELT als ePaper: Die vollständige Ausgabe steht Ihnen bereits am Vorabend zur Verfügung – so sind Sie
immer hochaktuell informiert. Weitere Informationen: http://epaper.welt.de

Der Kurz-Link dieses Artikels lautet: https://www.welt.de/147425909

https://www.welt.de/sonderthemen/mittelstand/export/article147425909/China-allein-ist-nicht-mehr-genug.html 4/4

Das könnte Ihnen auch gefallen