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5.1 Aufbau und Übersicht Die Hornhaut weist eine hohe Transparenz auf. Sie
wird ständig von der Tränenflüssigkeit benetzt, die
wiederum von einem Lipidfilm bedeckt ist. Dadurch
5.1.1 Anatomie bleibt die Oberfläche glatt (von guter optischer Qua-
lität) und Verunreinigungen werden entfernt.
Optische Wahrnehmungen spielen für den Menschen
eine besonders wichtige Rolle; man schätzt, dass der Einfallendes Licht wird durch die Hornhaut gebro-
größte Teil unserer Informationen über den Sehsinn chen; ihre Krümmung liefert den wichtigsten Bei-
aufgenommen werden. Der Sehsinn besteht neben trag zur Linsenwirkung des Auges. Die Linse ist
dem Auge aus einem Teil des Gehirns; das Auge (über einen gewissen Bereich) flexibel und dient da-
erstellt ein Bild und wandelt das auftreffende Licht zu, die Brechkraft so anzupassen, dass eine bestimm-
in Nervenimpulse um. Diese werden im Gehirn zu te Objektebene scharf abgebildet wird. Die Iris lie-
nutzbaren Informationen verarbeitet. fert einen Beitrag zur Helligkeitsadaptation, indem
sie eine Variation der Blende ermöglicht. Das Bild
wird auf der Retina erzeugt und durch die Sehzellen
in elektrische Nervenimpulse umgewandelt.
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In der Netzhaut eingelagert sind die Sinneszellen, Die beiden Typen von Sinneszellen sind nicht gleich
welche das einfallende Licht in Nervenimpulse um- häufig und nicht gleichmäßig auf der Reinta verteilt.
wandeln. In der Netzhaut des menschlichen Auges Es gibt deutlich mehr Stäbchen als Zapfen, und diese
unterscheidet man zwei Typen von Fotorezeptoren, sind im äußeren Bereich der Retina sehr viel stärker
welche als Stäbchen und Zapfen bezeichnet wer- konzentriert als im inneren Bereich. Bei den Zapfen
den. Die Stäbchen dienen der Hell-Dunkel Wahrneh- sind nicht alle drei Farbtypen gleich häufig; im zen-
mung. Die Netzhaut enthält davon etwa 110 Millio- tralen Teil (im gelben Fleck) sind mehr Zapfen vor-
nen. Dei Zapfen dienen der Farbwahrnehmung. Die handen, vor allem rote und grüne.
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-6.0
optische Achse
wobei λ die Wellenlänge und A den Blendendurch-
messer darstellt.
Abstand vom
Hornhautscheitel [mm] 0 0.5 5.6 7.2 24.4
Der Blendendurchmesser des Auges beträgt im Dun-
keln bis zu 7 mm. Allerdings führen in diesem Be-
Abbildung 5.10: Das schematische Auge. [5] reich Linsenfehler dazu, dass die Abbildung nicht
beugungsbegrenzt ist. Außerdem steht in diesem Be-
reich nicht genügend Licht für die optimale Auf-
reduziertes Auge bezeichnet. Die wichtigsten Para- lösung zur Verfügung. Bei Tageslicht beträgt der
meter des reduzierten Auges sind Durchmesser der Pupille rund 2 mm. Für diesen
- vordere Brennweite 17 mm Blendendurchmesser und eine Wellenlänge von λ =
0.5 µm erhalten wir eine Winkelauflösung von
- hintere Brennweite 22 mm αmin = 0.3 mrad. Dies entspricht 0.3 mm auf eine
- Krümmungsradius 5.5 mm. Distanz von 1 m oder 30 cm auf eine Distanz von 1
km.
Das System Luft - Hornhaut - Kammerwasser er-
gibt eine Brechkraft von 49 dpt. Dies entspricht einer Auf der Netzhaut entspricht dies 3 · 10−4 · 22 mm
Brennweite von 31.6 mm, also mehr als die Länge ≈ 6.6 µm. Dies ist vergleichbar mit dem Abstand
des Auges von 24 mm. Der Rest wird von der Linse zwischen den einzelnen Sehzellen. Offenbar setzt
erzeugt. Diese besitzt einen variablen Brechungsin- auch hier der Organismus die Resourcen optimal ein.
dex (maximal in der Mitte) und eine Brechkraft, wel- Größere Sehzellen würden weniger Auflösung erge-
che durch die Akkommodation zwischen 19 und 31 ben, kleinere schlechtere Empfindlichkeit.
dpt variiert werden kann. Damit erreicht die gesamte
Brechkraft etwa 59 dpt.
5.2.4 Abbildungsfehler
5.2.3 Auflösung
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5.3.2 Lichtsinneszellen
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wird ein Teil der aufgenommenen optischen Energie Rhodopsine Cyanopsin, Iodopsin und Porphyrop-
in der Form von Fluoreszenzlicht wieder abgestrahlt. sin. Die sogenannten Grundspektralwertkurven ge-
Da dieses Fluoreszenzlicht als diffuser Hintergrund ben die spektralen Empfindlichkeiten der zapfen-
wahrgenommen wird, stört es die übrige Wahrneh- förmigen Sehzellen wieder. Insgesamt reicht unser
mung. sichtbares Spektrum etwa von 400 bis 700 nm. Bei
den Tieren ist das Farbsehen teilweise etwas anders
Das restliche Licht wird fast zur Hälfte gestreut und verteilt, bei einigen Fischen existiert ein viertes Zap-
geht dadurch verloren. Derjenige Teil, der die Sin- fensystem.
neszellen erreicht, wird nur zu einem kleinen Teil
absorbiert, wobei das Absorptionsmaximum bei et-
wa 500 nm liegt. Auch bei größeren Wellenlängen 5.3.6 Farbblindheit
absorbieren Wasser und Proteine, so dass das Licht
die Sinneszellen nicht mehr erreicht. Farbblindheit tritt auf wenn ein Zapfensystem völ-
lig fehlt oder ein Zapfensystem eine reduzierte
Empfindlichkeit besitzt. Die Rot-Grün-Sehschwäche
5.3.5 Farbsehen (oder -Blindheit) macht mehr als 99% der Farb-
fehlsichtigkeiten aus, die umgangssprachlich als
Die Tatsache dass wir unterschiedliche Gegenstän-
Farbblindheit bezeichnet werden. Diese Sehschwä-
den unterschiedliche Faarben zuordnen können be-
che ist angeboren, 9% aller Männer und 0.8% aller
ruht einerseits auf der Wellenlängenabhängigkeit bei
Frauen haben sie.
Absorption, Streuung und Reflexion von Licht durch
Materie, andererseits an der Fähigkeit des Auges, Der Grund für die Geschlechterspezifizität liegt dar-
unterschiedliche Wellenlängen des Lichtes in spezi- in, dass die Gene für die Opsine der Rot- und
ellen Sinneszellen (den Zapfen) selektiv zu detektie- Grünzapfen auf dem X-Chromosm lokalisiert ist,
ren. Je nach relativer Erregung der 3 verschiedenen von denen Männer nur eines besitzen.
Zapfentypen (kurz-, mittel-, langwelliger Rezeptor)
entsteht in unserem Gehirn ein Farbeindruck.
5.3.7 Adaptation
Die Stäbchen der menschlichen Retina enthalten
Sehpurpur (Rhodopsin), die Zapfen 3 Farbstof- Die Leuchtdichte der natürlichen Umwelt des Men-
fe mit unterschiedlichem Absorptionsspektrum: die schen variiert über etwa 8 Größenordnungen: 10−4
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5.4 Signalverarbeitung
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zellen hilft, Objekte gegenüber einem Hintergrund tektieren, d.h. auf Änderungen der Information rea-
zu erkennen, der sich in Farbe, aber nicht in Hel- gieren. Diese Neuronen sind vor allem in der Peri-
ligkeit vom Objekt unterscheidet. Bewegt sich ein pherie der Netzhaut vorhanden. Solche Signale die-
Objetk vor einem farbigen Hintergrund ändern sich nen dann z.B. dazu das Auge in die Richtung der
auch die verschiedenen Signale unterschiedlich. Bewegung zu drehen.
Die Größe des rezeptiven Feldes hängt u.a. von der
Helligkeit ab: bei niedriger Lichtstärke wird über
einen größeren Bereich gemittelt, um mehr Licht
einzusammeln; dies geht natürlich auf Kosten der
Auflösung.
5.4.4 Bewegungsanalyse
Abbildung 5.33: Die wichtigsten Verschaltungsty-
pen In der Netzhaut findet auch eine Analyse von Be-
wegungsprozessen statt. Aus der unterschiedlichen
Es kommen unterschiedliche Kombinationen von Ankunftszeit von Signalen benachbarter Neuronen
on- und off verschalteten Neuronen vor. Die wich- werden Bewegungsrichtungen extrahiert. Die zeitli-
tigsten sind die Rot-Grünen Kombinationen; Blau ist che Auflösung der Retina beträgt bei guten Beleuch-
seltener (besonders die off-Version) und wird dann tungsverhältnissen etwa 60 Lichtreize pro Sekunde,
meist gegen die Kombination von Rot und Grün ver- bei schwachem Licht etwa 20. In der Peripherie der
schaltet. Kombinationen ohne Farb-Diskriminierung Retina gibt es spezielle Bewegungssensoren, welche
kommen ebenfalls vor. Die farbkodierenden und auch die 100 Hz einer Leuchtstofflampe noch als
nicht-farbkodierenden (d.h. helligkeitskodierenden) Flimmern erkennen können. Die Verarbeitung dieser
Neuronen sind morphologisch unterschiedlich und Informationen zu einer Bewegungswahrnehmung er-
zeigen eine unterschiedliche Verteilung über die folgt jedoch im Gehirn.
Netzhaut.
Die Analyse von Bewegungsprozessen kann auch
dafür verwendet werden, um Bewegungsunschär-
fe zu vermeiden. Die relevante Integrationszeit der
Photorezeptoren beträgt etwa 1/50 - 1/10 Sekunde.
Separate Bilder werden bei der Wahrnehmung zu
einer einheitlichen Bewegung verschmolzen (Film).
Man bezeichnet dies als raum-zeitliche Interpolati-
on.
Diese differenzielle Wahrnehmung führt zu den be- Die weitere Verarbeitung der visuellen Information
kannten optischen Täuschungen: die farbigen Punk- geschieht im Gehirn.
te auf der linken Seite sind oben und unten die glei-
Dabei laufen die Nervenfasern aus unterschiedlichen
chen, erscheinen aber wegen des unterschiedlichen
Teilen der Retina zu unterschiedlichen Teilen des
Hintergrundes anders. Das gleiche gilt für die grau-
Gehirns. Die Nerven aus der rechten Seite beider
en Punkte auf der rechten Seite.
Augen (auf die die linke Seite des Gesichtsfeldes ab-
Neben der Farb- und Ortskodierung gibt es auch gebildet wird) laufen zur rechten Hirnhälfte und um-
Neuronen, welche speziell Bewegungsprozesse de- gekehrt. Kreuzungspunkt ist der chiasma opticum.
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nerven kommen.
Das Gehirn steuert auch die Ausrichtung des Auges
und sorgt z.B. dafür, dass der zentrale Teil des Bildes
auf den gelben Fleck abgebildet wird, wo die Seh-
schärfe maximal ist.
Das Sehzentrum liegt im hinteren Bereich des Ge- Abbildung 5.37: Künstliche Retina
hirns. Unterwegs zweigen einige Nerven ab, vor al-
lem zum Bewegungszentrum. Es ist inzwischen auch möglich, die Sehzellen teil-
weise zu ersetzen. Ein als ”künstliche Retina” be-
zeichnetes System besteht aus einer Kamera und
einem elektronischen Bauteil, der ins Auge einge-
pflanzt wird und anhand der Videoaufnahmen direkt
die Sehnerven stimuliert.
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