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!)at Ja1gdjoJogit ßtr Ja1tuöongmitot im ~in6Jht
auf öit l!.ittratur öt~ Urdjriptntum~
Uon Jlro'. Bußeri' ~orm
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j)ermann 2Derner ~acf>f., @üfers[ol)
Printed in Germany
~ortuort.
canbem id) bie IDodelungen, bie id) auf bet etften %agung ber
J l!ut~et::: mfabemie au 6onbets~aufen ge1)alten 1)abe, vet,;
öffentlid)e, möd)te td) ben Wunfd) auslpred)en, bab lie anbere
G)eIe~de au einet neuen (frforfd)ung ber bis~et au wenig er:::
ödeden unb aud) ~iet in au grober .RÜt3e be~anbelten ~rage
nad) ber ~lt)d)ologie ber pfeubont)men 6d)riftfteller anregen mögen .
.R 0 p e n 1) a gen, Dftober 1932.
~reberif %orm
~ir müHen bamit anfangen, genau feft3uftellen, in meldJem
.w6inne wir l)ier bas Woti ~feubont)mität uerftel)en wollen.
'!>enn bas Woti ift meI)rbeutig. ~n jebem 3eitalter unb überall
in ber Welt fommt es uor, ban ein 6dJriftfteller fein Wetf untet
einem erbid)teten 9l:amen l)erausgibt. ~ud) bann fprid)t man uon
'~feubont)mität. !>ie ~emeggrünbe, auf biefe Weife llfeubont)m
auf3utreten, finb gewöl)nlid) leid)t etfennbar; man münfd)t 3U
erfal)ren, wie bie 9te3enfenten bas Wetf beutieilen werben, wenn fie
uon bem mitflid)en metfaHer überl)aullt nid)ts miHenj man fann '
einen jold)en Wunfd) l)egen, fomol)l als junger ~nfänger, bet fid)
jd)eut, feinen bürgetlid)en 9l:amen einet möglid)en merutieilung
burd) bie .Rritif aus3ufet1en, abet aud) als fd)on betül)mter metfaHer,
bet über bie in fold)em ~alle mal)rfd)einlid) jel)r jd)wanfenben
Utieile ber 9te3enjenten jid) amüjieren mil!. man fann jid) fetner
ber ~feubont)mität bebienen gan3 ol)ne bie ~bfid)t, gel)eimnisuoll
auftteten ober irreleiten 3U wollen, uielmel)t um ben Eefern bas
tual)te merftänbnis 3U etleid)tern. Wir fönnen 3.~. an 6ören
.Rietfegaarb benfen, ber butd) bie uerfd)iebenen, oon il)m gebraud)ten
erbid)teten 9l:amen beutlid) mad)en mill, ban bie unter bem be",
ireffenben 9l:amen bargelegten ffiebanfen nid)t als ~usbrud feiner
eigenen innerften meinung auf3ufaHen finb.
Wäl)renb bieje ~orm ber ~jeubont)ntität 3u jeber 3eit uor==
iommen fann unb bem merftel)en feine bejonberen 6d)wietigfeiten
bereitet, uerl)ält es fid) gan3 anbers mit ber l)ier 3U erötiernben ~orm
ber ~jeubont)mität. Wenn ein 6d)tiftfteller jein eigenes Wetf
nid)t mit jeinem 9l:amen, aud) nid)t mit einem erbid)teten 9l:qmen,
jonbern mit bem 9l:amen einer jd)on berül)mten ~erfönlid)feit ber
ffiegenwati ober ber mergangenl)eit betitelt, ftel)en wir einer un==
gewöl)nlid)en ~anblungsweije gegenüber, bie in unferen ~agen
nur ausnal)msweife, in ber antifen 3eit bagegen red)t l)äufig
1)otfommt. Unb wenn es um bas merftänbnis ber merfaHerllerfönlid)==
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baran lag, ob bieje ~riefe wirfIicg pjeubonlJme ~riefe waren ober nicgt, jonbern
nielmel)r, bab ber nerbreitete gottesbienftIicge OJebraucg biefer ~riefe il)m bie ge"
jcgicgtIicgen 3weifel lenten (fnbes als bebeutungslos erjcgeinen lieb.
1) ~n mannigfacger Weife erfal)ren wir, bab man bie ~jeubonlJmität, wenn fie
entr cgl ei er! wurb e, nerurt'eilte. f!inius eroäl)It, wie bie bem 91uma 3ugejcgriebenen
~ücger rofort nerbrannt wurben, als bie O:älfcgung aufgebecU war (mn. 40, 29). -
X>iog. f!aertes V.6 er3äl)It non ~eraflibes ~ontifos, einem 6cgüler bes mriftoteIes,
baf} er ~ragöbien unter bem 91amen bes 60pl)ofIes uerfaf}te. Um ben ~eraflibes
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gaben abfd)reden IaHen, mub man fid) biefes merl)äItnis burd) bie
anberen fd)on l)erange30genen (fjefid)tspunfte pft)d)oIogifd) ner",
ftänblid) mad)en. 1)urd) bas UberwäItigtfein non ben religiöfen
<f>ebanfen unb im f>aIbbunfeI bes Unterbewubtfeins wirb bas (fje",
wiffen 3um 6d)weigen gebrad)t.
Wenn wir uns je~t an bie Eiteratur bes 6pätjubentums
menben, befinben wir uns auf einem (fjebiet, auf weId)em bie
'-ßflid)t ber Wal)rl)aftigfeit mit minbeftens ebenfo grobem (fifer als
in ber gtied)ifd)en WeIt eingefd)ärft wurbe. ~n ben jiibifd)en
'9{abbinenfd)uIen war peinlid)e (fjenauigfeit in ber Uberlieferung
bas immer nor ~ugen fd)webenbe ~beaI. Unb 3war follte man aud),
lUO möglid), genau überliefern, wer non ben groben Eel)rern biefes
uber jenes Wort gefagt l)atte. ~rgenbeinem 6d)tiftgeIel)rten ein
)IDort, bas er nid)t gefagt l)atte, 3U unterfd)ieben, märe fd)Ied)ter'"
bings ein merbred)en gewefen. Was aber wunbernel)men mub, ift,
bab wir gIeid)3eitig innerl)aIb ber bamungen jübifd)en Eiteratur
einen fiil)nen unb ausgebel)nten (fjebraud) ber ~feubont)mität vor",
finben. 1)ie ~eeinfIuHung burd) bie l)eIleniftifd)e Umgebung fann
3ur <ftfIärung biefes merl)äItniHes l)erange30gen werben; wir
bürfen uns aber mit biefer <fdIärung nid)t 3ufrieben geben. 1)as
märe eine 5Berfd)Ieierung bes ~robIems. Wir müHen bie pft)d)o",
Iogifd)en 6d)wietigfeiten genauer ins ~uge faffen.
au täufdjen, gab ein anberer 6djriftfteIIer fofort .eine 6djrift unter bem 91amen bes
6o:pgofIes geraus; unb ba er feinen 3wecf erreidjte unb .seraflibes Me beireffenbe
6djrift als edjt benunt gatte, eroägIte er ben wagten 6adjvergalt unb madjte fidj
über bie IDerfaHerfdjaft unb bie ßeidjtgläubigfeit bes .seraflibes luftig. - IDgI. audj
bie von m. moecfI): G;nalJfIo:päbie unb ID1etgobologie ber :pgiIolog. WiHenfdjaften,
1877, 6. 232ff. genannten ~äIIe. - G;. 6tem:pIinger: :nas ~Iagiat in ber griedjifdjen
ßiteratur, 1912, aeigt, bab man awar in ber antifen Welt ein grobes ID1abvon f"{fA''Y/UtS
geftattete, aber baB bie antUe mftgetif bas ~Iagiat, bie xÄon~ im eigentlidjen 6inn,
b. g. wo bie mbfidjt, 3U täufdjen, vorganben war, entfdjieben verurteilte. ßieraus
ergibt fidj, baB man audj bie ~feubonl)mität, wenn biefelbe mbfidjt vorlag, als
moraIifdj verwerfIidj anfegen mubte. :nab es fidj fo vergieIt, wäre man wogl übrigens
fdjon aus ber gogen 6djänung ber WaI)rgaftigfeit unter ben ffiriedjen 3U ent"
negmen beredjtigt (fiege 3. m. ß. 6djmibt: :nie G;tgU ber alten ffiriedjen, 1882, H,
6.403-414). IDgI. audj .s. ßagen: tiber Iiterarifdje ~älrdjungen, 1889.
6tubien ber 2utger-lllfabemie. -fleft 2. 2
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aller Weisf)eit, unb (fjott f)ätte iid) auel) ben gronen ~ropf)eten
unter ben ~eiben offenbart. %ronbem wirb man, wenn f)ier ~ieub:::
ont)mität vorliegt, feititeUen müHen, ban bieie 6d)riftiteIler3weifeIlos
fiel) if)rer ~anblungsweiie noll bewunt waren unb nor if)rem 6)e:::
wiHen nur baburel) f)aben red)tfertigen fönnen, ban bas IDUttel
burd) ben 3wed gef)eiIigt wurbe. Wenn iie bieiem bebenflid)en
(fjrunbfan in weitem man ~olge Ieiiteten, bürfen wir aber nid)t
vergeHen, ban niele non biefen merfaHern nid)t religiöfe, ionbern
vielmef)r nationale ~ropaganba trieben. mationalismus unb reli:::
giöfer (fjlaube finb befanntIiel) im ,Jubentum innig miteinanber ver:::
bunben. !)af)er f)aben bieie merfaHer oft, was if)nen vieIIeid)t
nur teilweiie bewunt war, mef)r für bie (ff)re ber mation als für ben
(fjlauben gefämpft. ~m ~inblid f)ierauf wirb es Ieiel)ter veritänblid),
baä if)nen ber feite (fjIaube an bie ber Waf)rf)eit innewof)nenbe wer:::
benbe straft fef)Ite, unb baä iie baf)er iid) nid)t id)euten, bie ~ieub:::
ont)mität frei unb offen an3uwenben. ~lIIe (fjewiHensbebenfen
wurben überwunben, wenn es if)nen nur gelingen fonnte, bas
~nfef)en if)rer mation 3U förbern. 6ie, f)aben 3weifeUos auel) feIbit
if)re pfeubonl)lnen (fr3eugniHe unb anbere (fjefd)id)tsfäIfd)ungen in
Umlauf geient unb für if)re 5Berbreitung gearbeitet.
~ud) bas ~n:::UmIauf:::6enen wirb uns alfo in foId)en ~äIIen
etflärlid). (fs muä aber, ef)e wir auf bie Eiteratur bes Urd)riftentums
eingef)en, nod) fuq auf bie pil)d)ologifd)e 6d)wietigfeit aufmetffam
gemad)t werben, bie in bem periönlid)en ~erausgeben ober ~n:::
Umlauf::: ienen ber pieubonl)men 6d)riften eingeid)IoHen iit, wenn
es um bie apofaIl)ptifd)e Eiteratur gef)t. UnwiIIfürlid) fragt man fid),
ob biefe 6d)riftfteller überf)aupt if)re Werfe perjönIid) f)eraus:::
gegeben f)aben. 6ef)r oft wirb bieie ~rage von ben ~orfd)ern
unferer 3eit gar nid)t geitellt, weil iie fid) nid)t bie müf)e geben,
fiel) in alle (fin3elf)eiten bes praftiid)en metIaufs ber pjeubonl)men
6el)riftjtellerei f)inein3ubenfen. Unb bod) Iäät es fiel) faum be:::
jtreiten, baä ber merfaHer burel) bas eigene ~erausgeben ber 6el)tift
uns jd)werer veritänbIid) wirb, wenn wir if)n uns gIeid)3eitig als
einen waf)rf)eitsIiebenben IDlenid)en noritellen iollen. !)enn es
fonnte bem merfaHer bei ber ~erausgabe unmögliel) verborgen
bleiben, baä jeine ~ieubonl)mität bie Eeier notwenbigerweije
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m10rl bei Xerlullian, unb es läat fid) aud) feine ~ärefie in ben Acta
Pauli nad)weifen. 1 ) !)ie 6d)tift ift von ber vulgären G:~tiftentums~
auffaHung bes 3weiten nad)d)riftIid)en 3a~r~unberls burd)tränft.
:Der merfaHer ~at 3war eine befonbere morIiebe für bie msfefe;
bas Wort ffiottes ift i~m "bas Wort von ber G;nt~aItfamfett unb ber
m:uferjte~ung". mber eine 91eigung 3ur msfefe fann nid)t als ~ärefie
gejtem:peIt werben; unb eines bogmatifd)en ~rrtums fann ber
merfaHer nid)t ge3iel)en werben. Xertullian berid)tet, baa ber
~resblJter, als i~m bas ffieftänbnis abgerungen wurbe, bel)au:ptete,
aus Eiebe 3U ~aulus (amore Pauli) gel)anbeIt 3U l)aben; unb
Xerlullian beutet mit feinem Wort an, baa man il)m bas nid)t
geglaubt l)ätte. Unb aud) wir müHen, wenn wir bie Acta Pauli
lefen, bem ~resblJter red)t geben. ~ier ift von ~feubonlJmität
in einer l)erausforbernben ~orm gar nid)t bie iRebe; eine ben ~aulus
ver~errlid)enbe, red)t unfd)ulbige legenbatifd)e !)id)tung liegt vor.
mber trotlbem wurbe ber ~resblJter feines mmtes entfetlt; bie
d)rijilid)e ffiemeinbe bes 3weiten 3al)rl)unberts l)ätte unmöglid)
i~re merurteilung jeber literatijd)en ~äljd)ung beutlid)er an ben
Xag legen fönnen. WUt iRed)t l)at jd)on ~arnad folgenbe, nid)t
immer genügenb bead)tete Worte ausgef:prod)en: ,,:Der .3uftanb
ber äIteften G:~rijtenl)eit bis 3um mnfang bes 3weiten 3al)rl)unberts
war fein fold)er, baa fid) tenben3iöje Unterfd)iebungen unb literatijd)e
~älfd)ungen leid)t einjtellen fonnten." 2 ) 91ur mua im~inblid auf
ben vorgefül)rten ~alI l)in3ugefügt werben, baa man aud) in ber
WUtte bes 3weiten 3al)rl)unberts nod) auf feiner ~ut war. Unb
fd)on ber Umftanb, baa man auf ber ~ut war, be3eugt beutlid), wie
man eine literatifd)e ~älfd)ung moralifd) beurteilte.
:Diefe meurteilung ber ~feubonlJmität von feiten ber ffiemeinbe
bürfen wir niemals aus ben mugen verlieren, wenn wir jetlt ein
:PllJd)ologifd)es merftänbnis ber d)rijtIid)en :pfeubonlJmen 6d)tift~
fteUer er3ieIen wollen. mJir müHen uns immer barüber im flaren fein,
bab ein merfaHer, ber ein :pfeubonlJmes mud) in bie WeIt l)inaus~
1) XertuIIian: De baptismo 17, vgl. <t. 6d)mibt: Acta Pauli,2 1915, 6. 174:
,,91ad) feiner 6eite gin fann bem merfaHer eine ~ärefie nad)gewiefen werben; beren
ift er fid)erIid) aud) von feiten bes geiftIid)en (fjerid)ts nid)t geaiel)en worben."
2) ~amad: !>ogmengefd)id)te', I, 6.373 A.
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fel)idte, eine$ merfa~ren$ fiel) fel)ulbig mael)te, ba$ uon feiner Unl'"
gebung al$ moralij el) 3weifemaft - um einen milben ~u$brud
3U benu~en - beurteilt wurbe, unb ferner, baß er jiel) beffen bewuBt
gewefen jein mUß. (t$ mUß un$ aljo uiel baran liegen, mrünbe
auf3ubeden, Me e$ un$ erflären fönnen, baß ber merfaHer trot}
allem bie ~jeubont)mität beuor3ugte, - um fo me~t, al$ auf bem
mebiet ber el)tfftliel)en Eiteratur uiele Eiteraturgattungen uor'"
fommen, Me bem merfaffer bie Wa~l ber ~jeubont)mität niel)t in
bemjeIben IDlaß na~eIegen fonnten, wie Me ~pofalt)ptif e$ tat.
(fin ~inwei$ barauf, baß ein menjel) unter Umftänben bewubt
gegen bie moral jeiner .3eit ~anbelt, ~at in biejem .3ujammen~ang
felbftuerjtänbIiel) feine ~ebeutung. !'lenn bie$ gefel)ie~t nut, wenn
eine neue moraIijel)e ~uffaffung jiel) 3um Stampf gegen eine alte
er~ebt. :Dauon fann ja in biejer ~rage niel)t bie 9lebe fein. Wer
~at fiel) jemal$ ~eruorgewagt, um für bie moralifel)e ~ered)tigung
be$ pjeubont)men morge~en$ offen ein3utreten? mir ift feine
6timme aU$ ber alten Stirel)e befannt, bie e$ 3U entid)ulbigen übet:::
~aupt blOß ueriuel)t ~at. (t$ wäre nid)t ber gejel)id)tliel)en Witflid):::
feit entjpreel)enb, wenn wir jemal$ uergeHen wollten, bab eine
~eriönIiel)feit uon religiöfem unb moralifel)em Wert einer 9led)t:::
fertigung be$ pjeubont)men morge~en$ uor bem eigenen mewiffen
ilnmer btfngenb beburfte.
Wir wollen ie~t erften$ bie uerfel)iebenen Eiteraturgattungen
in$ ~uge faffen, unb wir werben etfennen, baß e$ bei einigen
bieier ffiattungen leid)ter, bei anberen fd)wieriger fein fann, bie
~ft)d)ologie ber ~feubont)mität 3u enträtjeln. Unb 3weiten$ woUen
wir ein3elne Iiterarifd)e Werfe ~eran3ie~en, beren ~ieubont)mität
nid)t flar am l:age liegt, jonbern umittftten iit. (f$ iit 3U erwarten,
baß bie 6el)wietfgfeiten beim merite~en ber merfaHerperfönlid)feit
gerabe in ben le~tgenannten ~äUen jid) ~äufen werben.
Wä~renb uniere ffiebanfen auf ben ffiebieten be$ ffitfed)entum$
unb be$ ~ubentum$ bei ber a:pofalt):ptifd)en ßiteraturgattung fel)r
lange uerweilen mUßten, braud)en wit, wenn e$ um bie Eiteratur
be$ Urel)tfitentum$ ge~t, nid)t uiele Worte auf bieie ffiattung 3U
uerlieren . .3war blüf)t auel) ~ier ein apofalt):ptifd)e$ 6el)tfftiteUertum.
~ber mit einer ein3igen ~u$na~me finb bie d)riftlid)en ~:pofalt):Pfen
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1) mnbers beurteilt bas 5Berl)äItnis f>. ~eter: ::Der ~rief in ber römifcf)en
~iteratur, 1901, 6.176: "mIs rl)etorifcf)e (fraeugniffe ber 6cf)ule gefenn3eicf)net
fd)on burcf) ben gIeicf)en Umfang ber ~tiefe eines ~aares, ein .ftunftrtüd ber 6cf)ule."
- 30 -
1) ~atnacf: :Die ~tieffammlung bes ~rpofteIs ~au(us unb bie anbeten nOt"
fonftantintfdjen d)riftIid)en ~tieHammlungen, 1926.
39 -
merfaHers uns aud) nid)t burd)fid)tig wirb, wenn wir bie ~reub:::
ont)mität bes ~tiefes anne~men. l)ie (frbid)tung eines pfeubont)men
merfaHers wirb gewö~nlid), wenn es möglid) ift, an vor~anbene
ed)te ~iteratur eng angefnüpft. (fs bleibt ba~er rätfemaft, baä ber
merfaHer 3, 1 ff. auf einen frü~eren ~tief ~inweift, o~ne baä biefer
~inweis mit unfrem erften ~etrusbtief ftimmt. (fs muä uns aud)
wunbeme~men, baä ber merfaHer 3, 15 auf eine ~uäerung bes
~aulus ~inbeutet, bie aus ben uns et~altenen ~auIinifd)en ~tiefen
nid)t nU belegen ift. Wenn et ~iet einen vetlorengegangenen mtief
von ~aulus VOt mugen ~at, wäre es entid)ieben leid)tet, fid) nU ben:::
fen, baä bet ~tief aus einet ftü~en 3eit ~ettü~tte, weil bie nid)t
er~altenen ~aulinird)en ~tiefe bod) wo~l niemlid) fd)nell vetloten:::
gegangen fein müHen. ~ietnU fommt, baä eine ftad ~etvotttetenbe
%enbenn, bie ben metfaHet nUt mnwenbung bet ~ieubont)mität
treiben fönnte, nid)t nad)weisbar ift. l)od) fd)eint bem metfaHet
viel baran nU liegen, ben ~efetn bie metnögetung bet Wiebetfunft
bes ~ettn vetftänblid) nU mad)en. ,3ebenfalls ift wo~l bie mnna~me
bet ~ieubont)mität am wa~rid)einlid)ften, beionbets im ~inblid auf
bie wiebet~oIte ~etvot~ebung bet ~etfönlid)feit bes mpojtels,
nid)t nur im (fingang, fonbetn aud) jpäter im ~tiefe. mbet wit
müHen gejte~en, baä wir webet untet motausienung ber (fd)t~eit,
nod) unter mOtausjenung bet Uned)t~eit bes ~tiefes nU einem
beftiebigenben metftänbnis bet metfaHetpetfönlid)feit votQubtingen
vermögen.
l)agegen witb bie ~it)d)ologie bes metfaHets, wenn es um ben
erften ~ettusbtief ge~t, bei bet mnna~me ber (fd)t~eit bes ~tiefes
viel leid)tet vetftänblid). l)aä viele ernfte 6d)wietigfeiten mit bieiet
mnna~me vednüpft finb, joll nid)t geleugnet wetben. Wir fönnen
aber nie ganne ~tage nad) bet (fd)t~eit ~iet nid)t aufrollen. Wir
müHen uns auf bie pjlJd)ologifd)en ffieiid)tspunfte bejd)tänfen, unb
bie ~ilJd)ologie bes metfaHets witb beina~e unvetitänblid), wenn er
als ein pfeubonlJmet 6d)tiftftellet vorgejtellt wetben foll. (fs ift
gann unmöglid), einen 3wed nad)nuweijen, bet ben metfaHet itgenb:::
wie banu vetanlaHen fonnte, fid) bet ~feubont)mität nU bebienen.
~n bem nweiten ~ettusbtief fann bod), wie jd)on erw~nt, ein
3ti?ed gea~nt wetben; abet in bem erften ~tief ift es unmöglid),
- 42 -
eine Xenben3 aud) nur 3U af)nen. 1)er ~tief entf)ält ja eine 9teif)e
uon fd)'önen unb tiefen ~rmaf)nungen, bie fid) alle um ben f!ett,;
gebanfen fammeln, Me f!efer folIen fid) in if)ren f!eiben an G:f)tifti
f!eiben unb an ber ben G:f)riften gefd)enften f)enlid)en ~offnung
jtätfen. Unb 3mar ift es feine ~rebigt über bas f!eibensproblem
im allgemeinen. 1)as eigentlid)e 9J1artt)tium mirb gar nid)t betüd"
fid)tigt. Xro~ ber Unbeftimmtf)eit ber mbreHe merben beutlid) be,;
jtimmte IDerf)ältniHe uorausgeje~t. 1)er IDerfaHer mun 9an3
fonfrete f!eibensuerf)äItniHe uor mugen f)aben unb 3ielt barauf f)in,
bie mit biejen bejtimmten f!eiben fäntPfenben f!ejer 3U tröften.
IDJarum in aU er Welt f)ätte er fold)e Xroftreben unter ben 91amen
bes ~etrus ftellen foUen? muf apoftolijd)e mutotität fam es ja f)ier
gar nid)t an. 1)ie Witfungsmöglid)feit einer jold)en 9J1af)nungs,;
unb Xrofttebe munte ja uielmef)r f)auptjäd)lid) auf ben perjönlid)en
~e3ief)ungen 3mijd)en bem IDerfaHer unb ben Eejern beruf)en.
Unb menn tro~bem ein IDerfaffer jid) ba3u entfd)loHen f)ätte, jold)e
gan3 tenben310jen praftijd)en ~rmaf)nungen bent ~ettus 3U unter,;
fd)ieben, matllm jollte er bann ben ~ettus an fleinajiatijd)e f!ejer
fd)reiben IaHen? 91ad) allem, mas man jonft uon ~etrus munte,
märe bi es bod) gan3 jonberbar. Unb marum f)ätte er eine ~e3ief)ung
3mijd)en ~etrus unb 6i1as unb 9J1atfus erbid)ten jollen? ~eut3u,;
tage mirb bod) mof)1 niemanb bef)aupten, ban f)inter ben fur3en
beiläufigen ~unerungen über 9J1atfus unb 6i1as eine jd)laue ~e,;
red)nung uorliege, nämlid) bie mbjid)t, einen (fjegenja~ 3mifd)en
~aulus unb ~ettus aus3ugleid)en. 1)as uon ber Xübinger 6d)ule
fonjtruierte (fjejd)id)tsbilb mar biejem IDerfaHer mof)I nid)t befannt!
6d)on ~arnad f)at bie Unmöglid)feit ber mnnaf)me ber ~feub,;
ont)mität in bem uorliegenben ~alle etfannt. Unglaublid) fommt
es if)m uor, ban ein IDerfaHer uon jold)er geiftigen .Rraft, ~ülle unb
Xiefe feine fd)lid)ten ~rmaf)nungen unter einem falfd)en 91amen
f)ätte l)erausgeben mollen. 910d) unglaublid)er ijt es if)m, bab
ber IDerfaHer fold)e Unmaf)rf)aftigfeiten mie "id) fd)reibe butd)
6i1uanus" unb ,,9J1atfus, mein 60f)n" f)ätte f)ineinfled)ten mollen.
~arnad betont bas Wort: " Unm af)rf) aftigfeit en" , benn, fagt er,
"in bem ~nfemble, in meld)em biefe Worte jtef)en, in einem fimplen
Q3tief, faum ein 9J1enfd)enalter nad) bem Xobe bes uermeintUcljen
-. 43 -
1) fiber bie enge me3iel)ung bes ,3afobusbtiefes 3U ben Worten ,3efu in unfren
(fuangelien fagt 6cl)Iatter: ,,(f)robe ~artien bes ,3afobusbriefes fönnten ol)ne Wanb==
Iung im 6tH bei IDlattl)äus ob er Eufas ftel)en unb 6prüci) e ,3e fu fein." - ~öm. 2, 17ff·
beweift, bab auci) ~aulus ,3uben fannte, bie auf einen (f)Iauben ol)ne Wede fici) ver.,
lieben. - fiber bas ~roblem ,,(f)Iaube - Werfe" innerl)alb bes 6pätjubentums
fiel)e 6trQ(f.,miIIerbed: stommentar 3um 91euen Xeft. IIT, 6. 187-201; ~. mol3:
,3übifci)e (fsci)atologie, 1903, 6. 317f.; ,3. stöbetle: 6ünbe unb (f)nabe im teligiöfen
Eeben bes molfes ~fraeI, 1905, 6.659f. - mrnolb IDlet)er l)at bas merbienft, mit
einet ausfül)dici)en megrünbung für bie IDlöglici)feit eingetreten 3U fein, bab ber
merfafier bes ,3afobusbtiefes in stap.2 ben ~aulus gar ntci)t vor mugen l)abe,
jonbern aus einer jübifci)en ~roblemfteIIung l)eraus 3U verftel)en fei (!las ~dtieI
bes ,3afobusbtiefes, 6.86-108 unb 123ff.).
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werben, tuenn bie ~nna~me, ban eine Sd)rift eine pfeubonl)me fei,
nid)t fid)er ift, ba man fonft leid)t ber merfud)ung erliegt, nor::
fd)nell bet ~nna~me bet ~feubonl)mität bei3uftimmen. menn
es fid) um eine metfaHerpetfönlid)feit mit einem tiefen unb reid)en
Seelenleben ~anbelt, tuitb es immet 3U empfe~len fein, ben gtonen
<fntwidlungsmöglid)feiten einet fold)en ~erfönlid)feit unb i~rer
~ä~igfeit 3ut matiation unb 91uandetung einen gtOnen Spielraum
ein3uräumen, anftatt pfeubonl)me metfaHetpetfönlid)feiten 3U fd)af::
fen, bie gtönete m:~nnd)feit mit %tugbilbetn als mit lebenbigen
IDlenfd)en ~aben.
tytül)et erjef)ien non hemjeIben metfaifet: