Präzision

durch Beton

1 Rund 14 Tonnen Gewicht bringt das Maschinen-

bett auf die Waage. Es wird bei der MDC Max
Daetwyler AG auf der Heyligenstaedt-Portalfräsma-
schine bearbeitet.
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Sonderdruck aus maschine+werkzeug März 2014

TECHNIK  MASCHINEN

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MASCHINENELEMENTE – Durcrete ist ein Spezialist für die

Herstellung von Maschinenbetten aus dem Spezialbeton
›Nanodur‹. Für die Endbearbeitung eines 14-Tonnen-Bettes
für einen Zahnrad-Prüfstand des Sondermaschinenbauers 3 Maschinenbediener Hans-Peter Mohr (links) und Fertigungsleiter Andreas
Strama-MPS hat Durcrete die MDC Max Daetwyler AG im Käsermann vor dem Betonbett.
Schweizer Ursenbach gewählt, denn kaum ein Lohnfertiger 4 Kernlöcher werden bei Daetwyler vor der Bearbeitung per Hand mit Schneidöl
benetzt.
erreicht eine so hohe Präzision.

M
aschinen benötigen für eine ho-
he Genauigkeit bei der Bearbei-
tung ein stabiles Maschinen-
bett – gerade wenn schnelle
Bewegungen präzise ausgeführt werden müs-
sen. Aufgrund ihrer guten Dämpfung sind Grau-
guss, Mineralguss (Polymerbeton) und Granit
die bevorzugten Materialien für hochwertige
Fräs-, Dreh-, Schleif- und Prüfmaschinen.
Durch die Entwicklung neuer Hightech-Be-
tone mit optimierten Bindemitteln im Nanobe-
reich ist es in den vergangenen Jahren jedoch
möglich geworden, Maschinenbetten aus zem-
entgebundenem Beton herzustellen, ähnlich
wie er auch beim Bau von Hochhäusern oder
Brücken zum Einsatz kommt. Der Vorteil: Be-
ton mit Zement als Bindemittel übertrifft die
Dämpfungseigenschaften von Grauguss deut-
lich, ist im Gegensatz zum Mineralguss nicht
anfällig für Hitzeeinwirkung und kostet nur ein
Bruchteil eines Natursteins wie Granit.
Der Anbieter Durcrete aus Limburg an der
Lahn ist ein Experte für die Herstellung solcher
Spezialbeton-Maschinenbetten auf Zementba-
sis und übernimmt dabei die komplette Ab-
wicklung und Koordination vom Guss des Roh-
körpers bis hin zur Endbearbeitung aus einer
Hand. Das Unternehmen setzt für die Herstel-
lung der Maschinenbetten auf das Hightech-
Bindemittel ›Nanodur‹ von Dyckerhoff. »Beton
mit Nanodur hat eine viel höhere Festigkeit,
die fünf- bis zehnmal stärker als bei normalem
Beton auf dem Bau ist«, erklärt Dr. Bernhard
Sagmeister, Geschäftsführer der Durcrete
GmbH. Die Druckfestigkeit von Nanodur-Beton
liegt bei über 125 N/mm², die Zugfestigkeit
erreicht 10 bis 25 N/mm² – was ungefähr auch
den Eigenschaften von Polymerbeton ent-
spricht. Im Vergleich zu diesem kostet Nano-
dur jedoch nur die Hälfte. Dieser ›Ultra-High-
Performance-Concrete‹ (UHPC) ist dar­über
­ inaus selbstverdichtend, die Luftporen stei-
h Durchmesser. Der Zement wird dann in einem
gen ohne zusätzliches Rütteln auf, sodass ein bestimmten Verhältnis gemischt, damit es eine
homogenes Gefüge entsteht. möglichst dicke Packung ergibt.
Die Betonbetten von Durcrete werden bei
Möglichst dicht gepackt der Sudholt-Wasemann GmbH in Herzebrock-
Der Porendurchmesser liegt nur zwischen zehn Clarholz gegossen. Das 16 Mann starke Unter-
und hundert Nanometer, was die Eigenschaf- nehmen ist Experte für die Herstellung von
ten des Zements in Sachen Dichtigkeit und Maschinenbetten aus UHPC und stellt inzwi-
Festigkeit maßgeblich beeinflusst. Das ermög- schen ausschließlich solche Teile her. Das Un-
licht mehrere Meter lange Maschinenbetten ternehmen kann die Schalungen aus Holz oder
mit einer Genauigkeit von fünf Mikrometern. aus Kunststoff direkt von der Zeichnung des
Nanodur bietet auch eine sehr hohe Stabilität Maschinenbettes bauen.
und Beständigkeit der Form, weil er nicht zum Nachdem das Maschinenbett fertig gegos-
Kriechen neigt. Die Eigenschaften des Betons sen ist, fängt die Arbeit daran erst richtig an:
werden dadurch erreicht, dass die Zementkör- »Nur ein Drittel des Endpreises bei einem Ma-
schinenbett entfällt auf den Rohkörper, rund
2 zwei Drittel werden für die Bearbeitung fällig«,
erklärt Dr. Sagmeister. Oft müssen Gewinde
oder Führungsleisten aus Stahl in das Beton-
bett eingebracht werden, die entweder aufge-
klebt oder in das Bett mit eingegossen werden.
Diese Metallteile können nachträglich wie her-
kömmliche Metallteile bearbeitet werden. Beim
Beton ist ebenfalls Schleifen und Fräsen mög-
lich, um die vorgeschriebenen Genauigkeiten
zu erreichen. Das gestaltet sich jedoch recht
schwierig, denn bei der Bearbeitung entstehen
Schleifschlämme und Stäube, die aus dem
Kühlschmierstoff gefiltert werden müssen. »Es
gibt nur sehr wenige Unternehmen, die Mine-
2 Strama-MPS fertigt Zahnrad-Prüfstände in ralguss bearbeiten, und noch weniger, die Ze-
verschiedenen Ausführungen. Entscheidend für die
Genauigkeit ist immer ein stabiles Maschinebett. mentbeton bearbeiten«, sagt Dr. Sagmeister.
Jüngst bekam Durcrete wieder einen Auf-
trag für eine Maschinenbett: Der Maschinen-
ner sehr eng zusammen liegen. Die korrekte bauer Strama-MPS aus Straubing benötigte für
Mischung von kleinen und großen Zementkör- einen Zahnrad-Prüfstand ein Maschinenbett.
nern ist ebenfalls entscheidend: Ein typisches Die Strama-MPS Maschinenbau GmbH & Co.
Zementkorn hat eine Größe von rund 30 Mikro- KG ist ein Sondermaschinenbauer mit 70-jäh-
meter. Bei Dyckerhoff werden die Zement­ riger Geschichte. Mit rund 800 Mitarbeitern
körner nach unterschiedlicher Größe sortiert, bedient das Unternehmen Kunden aus dem
beispielsweise mit 30, 8 oder 3 Mikrometer Automotive-Bereich, der Getrieb- und Zahn-
radherstellung sowie der Minaralölindus­trie.
Eine hohe Genauigkeit ist bei einem Zahnrad-
Prüfstand essenziell, denn die Materialkennda-
ten von Übertragungselementen wie Zahnrä-
dern, Schneckenrädern sowie Kegel- und Tel-
lerrädern müssen bei hohen Drehzahlen ermit-
telt werden. Während des Prüfablaufs werden
Drehzahl, Drehmoment, Temperatur und der
Verschleiß am Prüfteil kontinuierlich über-
wacht. »Für ein Maschinenbett aus Beton spre-
chen die kostengünstige Herstellung und die
sehr guten Dämpfungseigenschaften«, erklärt
Christoph Wolf, Produktmanager bei der Stra-
ma-MPS in Straubing. Gerade bei hohen Dreh-
zahlen lassen sich Maschinenschwingungen so
gut reduzieren. Aufgrund der hohen Biegezug-
festigkeit des Betons kann die Maschine in ei-
nem Stück transportiert werden.
Schweizer Qualität
Wichtig war für den Maschinenhersteller auch,
dass das Maschinenbett resistent gegen heiße
Flüssigkeiten mit einer Temperatur von über
140 Grad ist, die permanent über das Bett flie-
ßen. »Das wäre ein Problem für Mineralguss,
da er weich wird. Der Binder in Form von Ep-
oxidharz verträgt nur kurzfristig Temperaturen
von 70 bis 80 Grad«, erklärt Dr. Sagmeister.
Ein Stahlbett schied bei Strama-MPS aufgrund
der schlechteren Dämpfungseigenschaften
aus, was Durcrete mit seinem zementgebunde-
nen Beton zur ersten Wahl machte.
Zunächst wurde das komplette Maschinen-
bett mit den vorgegebenen Materialeigenschaf-
ten des Nanodur-Betons berechnet. »Die Kup-
pelform haben wir beispielsweise geplant, um
Material und Gewicht zu sparen«, erklärt Dr.
Sagmeister. Anschließend wurde diskutiert,
wie sich die Einbauteile herstellen und am bes-
ten befestigen ließen. Strama-MPS entschied
sich Edelstahl zu verwenden und diesen in den
Beton einzugießen. Nachdem Sudholt-Wase-
mann das Betonbett gegossen hatte, wurde es
zur Bearbeitung von Herzebrock-Clarholz in die
Schweiz zur MDC Max Daetwyler AG in Ursen-
bach transportiert. »Nicht mehr viele Firmen
können bei dieser Größe die geforderten Ge-
nauigkeiten bearbeiten. Das Unternehmen Da-
etwyler hat uns hier am meisten überzeugt«,
sagt Dr. Sagmeister.
Das Schweizer Unternehmen spezialisierte
sich nach seiner Gründung 1943 zunächst auf
die Wartung und Überholung von Flugzeugen
– noch heute am Logo mit dem Flugzeugmotor
erkennbar. Inden folgenden Jahren wurden
auch Teile für die zivile und militärische Luft-
fahrt hergestellt und auch die Entwicklung des
eigenen Trainingsflugzeugs ›Swiss Trainer‹ be-
gonnen. Neben der Flugzeugentwicklung kon-
zentrierte sich Daetwyler bereits auf die Pro-
duktion von Maschinen, die für die Aufberei-
tung von Tiefdruckzylindern in der grafischen
Industrie zum Einsatz kommen.
Die inzwischen 900 Mitarbeiter starke Fir-
mengruppe Daetwyler Industries ist auf fünf
Produktionswerke angewachsen und hat ihr
Produktspektrum stetig erweitert. »Daetwyler
baut inzwischen für seine Kunden neben Ein-
zelteilen im Großmaschinenbau ganze Bau-
gruppen und Anlagen für den Werkzeug- und
allgemeinen Maschinenbau«, erklärt Erich Wil-
li, Geschäftsführer und Mitglied des Verwal-
tungsrates der MDC Max Daetwyler AG in Ur-
senbach. Auch die Fertigung von Wasserstrahl-
schneidanlagen gehört zum Portfolio.
Am 30-Mann-Standort in Ursenbach bear-
beitet das Unternehmen zudem Maschinen-
betten. Das Besondere: Daetwyler kann sowohl
Maschinenbetten aus Grauguss und Stahl als
auch aus epoxidharzgebundenem Polymerbe-
ton und auch Zementbeton bearbeiten. Die
Kunden von Daetwyler sind weltweit verstreut,
der Schwerpunkt liegt jedoch auf der Maschi-
nenindustrie aus Europa. Maschinenbetten aus
Stahl werden im eigenen Werk in Estland ge-
schweißt, geglüht, sandgestrahlt und lackiert
nach Ursenbach zur Bearbeitung geschickt.
Optimale Dämpfung
In Ursenbach kann Daetwyler Großteile mit ei-
nem Gewicht von über 60 Tonnen bearbeiten.
In der Halle stehen vier Maschinen, davon zwei
Horizontal-Fräsmaschinen zum Bohren und
Fräsen für die Gesamtbearbeitung sowie zwei
Führungsbahn-Schleifmaschinen. Die Maschi-
nen stammen von Waldrich Coburg, Kolb, und
Heyligenstaedt. Auch modernste Messeinrich-
tungen sind in der Halle zu finden. »Die Ma-
schinen sind bei uns im Dreischicht-Betrieb an
fünf Tagen der Woche im Einsatz«, erklärt An-
dreas Käsermann, Leiter Fertigungstechnik bei
der MDC Max Daetwyler AG in Ursenbach. Die
Stückzahlen sind dabei nicht besonders groß:
Im Durchschnitt werden in 24 Stunden drei bis
vier Großteile fertig. Es können rund 10 bis 12
Meter lange Werkstücke mit zweieinhalb bis
drei Meter im Portaldurchlass bearbeitet wer-
den.
Die hohe Genauigkeit von bis zu drei Mikro-
meter wird durch die Betonfundamente der
Maschinen ermöglicht, die bei der Konstruk­
tion der Halle vier Meter tief in den Felsen ein-
gegraben und schwimmend gelagert wurden.
Die Fundamente sind rund 30 Meter lang, an
der breitesten Stelle rund sechs Meter breit
und wiegen rund 1 350 Tonnen. In Kombinati-
on mit den hochpräzisen Maschinen können
sehr hohe Genauigkeiten erzielt werden, ohne
dass von Hand nachbearbeitet werden muss –
beispielsweise entfällt das Läppen und Scha-
ben. Das Fabrikgebäude ist zudem so konstru-
iert, dass keine direkte Sonneneinstrahlung
auf die Maschinen fallen kann. »Die ge- 

Sonderdruck aus maschine+werkzeug März 2014 Sonderdruck aus maschine+werkzeug März 2014
TECHNIK MASCHINEN
samte Halle ist mit 20 Grad klimatisiert, damit
die Teile die gleiche Temperatur behalten und
die geforderten Genauigkeiten erreicht werden.
Die Teile werden nach der Bearbeitung mit ei-
nem externen Messgerät direkt auf der Ma-
schine gemessen«, erklärt Käsermann.
Fräs- und Schleifbearbeitungen
Nach dem Transport zu Daetwyler muss das
Betonbett von Durcrete auch erst einmal meh-
rere Tage gelagert werden, damit die Tempera-
turunterschiede ausgeglichen werden. »Wenn
die Oberseite eines Maschinenbettes ein Grad
wärmer ist als die Unterseite, dann würde das
eine Ungenauigkeit im Bereich von einem Hun-
dertstelmillimeter erzeugen. Gerade im Winter
ist das ein Problem«, weiß Dr. Sagmeister zu
berichten.
Das Betonbett für den neuen Zahnradprüf-
stand hat Abmessungen von 3,5 x 3,5 Meter,
wiegt rund 14 Tonnen und hat eine sehr kom-
plizierte Geometrie. Mit Daetwyler wurde eine
Bearbeitungsgenauigkeit von drei Hundertstel
vereinbart. Es werden nur die Einlegeteile aus
Sonderdruck aus maschine+werkzeug März 2014
Edelstahl bearbeitet, diese werden gefräst und
gebohrt. Die Stahlteile sind im Beton bereits
eingegossen und haben einen Anker für siche-
ren Halt. Gewinde lassen sich nicht in Beton
schneiden: Sie müssten vorher an der richtigen
Stelle mit Hilfe einer Buchse einbetoniert wer-
den oder man betoniert Vollstopfen ein, in die
wiederum Gewinde gebohrt werden.
Bevor das Betonbett bearbeitet wird, erstellt
Daetwyler zunächst ein passendes NC-Pro-
gramm in ›Top Solid‹ und ein Prüfprotokoll.
Dann spannen die Schweizer das Maschinen-
bett auf die Heyligenstaedt-Portalfräsmaschine
und beginnen mit dem Fräsen. Zum Einsatz
kommen Fräser mit maximal 160 oder 200
Millimeter Durchmesser. Die Bearbeitung er-
folgt mit Wendeplattenfräser und Kühlschmier-
stoffemulsion.
Zunächst wird geschruppt und anschließend
geschlichtet. Danach werden die Schraubge-
winde gebohrt. »Unsere Maschinen sind nicht
für hohe Geschwindigkeiten ausgelegt, die
Drehzahl ist deutlich niedriger als bei kleinen
Bearbeitungszentren, was Gewindefräsen nur
bei großen Durchmessern möglich macht«, er-
klärt Käsermann.Die Bearbeitung des Maschi-
nenbettes dauert alles in allem rund neun bis
zwölf Stunden. Nach der Bearbeitung wird das
Messprotokoll in Absprache mit dem Kunden
erstellt. Die Prozess-Sicherheit ist bei der Be-
arbeitung hoch. »Es gibt dennoch Reparatur-
möglichkeiten, falls etwas schiefgehen sollte«,
sagt Dr. Sagmeister.
Anschließend wird das Betonbett wieder auf
den LKW verladen und zu Strama-MPS ge-
bracht. Dort wird dann der Zahnradprüfstand
endmontiert und zum Kunden transportiert.
»Die Herstellung des Maschinenbettes ist kein
Serienauftrag, sondern eine sehr interessante
Sonderlösung, allein schon durch die Dimensi-
on«, erklärt Dr. Sagmeister. Ob noch weitere
Zahnradprüfstände bei Strama-MPS gefertigt
werden, hängt davon ab, wie zufrieden der
Endkunde damit ist und noch weiterer Bedarf
besteht. Dank der hochpräzisen Bearbeitung
bei der MDC Max Daetwyler AG stehen die
Chancen jedoch gut.
www.maschinewerkzeug.de/9000591