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Wahlprogramm zur

Bürgerschaftswahl in Bremen
am 14. Mai 2023
DAMIT
BREMEN WEITER
AUF SOZIAL-
ÖKOLOGISCHEM
KURS BLEIBT –
MIT LINKS.
Wahlprogramm zur
Bürgerschaftswahl in Bremen
am 14. Mai 2023
DAMIT BREMEN WEITER AUF SOZIAL-ÖKOLOGISCHEM KURS BLEIBT
06 Vorwort

SOZIALER ZUSAMMENHALT IN DER VERÄNDERUNG


09 Soziales
13 Klimaschutz
17 Gesundheit
21 Sozial-ökologische ­Stadtentwicklung
22 Verkehr
26 Wohnen
27 Sport

ARBEIT, KAPITAL, ­GESCHLECHTERVERHÄLTNISSE


29 Wirtschaft
33 Arbeit
36 Ausbildung
37 Häfen und maritime Wirtschaft
38 Frauen und Gleichstellung
41 Queerpolitik

FÜR EINE SOLIDARISCHE UND OFFENE GESELLSCHAFT


42 Kita, Kinder und Familie
44 Jugendliche
45 Bildung und Schule
48 Hochschule und ­Wissenschaft
50 Senior*innen
51 Inklusion und B
­ ehindertenpolitik
52 Partizipation und A
­ ntirassismus
53 Drogenpolitik
55 Flucht und Zuwanderung

GLOBAL DENKEN, VOR ORT HANDELN


56 Frieden und Internationales
57 Antifaschismus und E ­ rinnerungspolitik
59 Kultur und Medien
60 Netzpolitik und ­Digitalisierung
61 Umwelt- und Naturschutz
63 Tierschutz

FÜR EINEN HANDLUNGSFÄHIGEN, VERANTWORTLICHEN STAAT


64 Haushalt und Finanzen
66 Rekommunalisierung und Eigentumspolitik
67 Verwaltung und Personal
68 Inneres
69 Recht und Justiz
70 Verbraucher*innenschutz, Konsum und Lebensweise

BETEILIGUNG STÄRKEN, ­BESONDERHEITEN ACHTEN


72 ­Bürger*innenbeteiligung, Demokratie und ­Kommunalpolitik
73 Bremen-Nord
74 Bremerhaven

GLOSSAR
76 Glossar
6

DAMIT BREMEN WEITER AUF


SOZIAL-ÖKOLOGISCHEM KURS BLEIBT

Die Zeiten ändern sich schnell. Es scheint, als würde auf eine Umgang mit Cannabis soll großzügiger gehandhabt werden.
Krise die nächste folgen. Die Corona-Pandemie hat nicht Kulturprojekte wie das Irgendwo oder der Güterbahnhof wur-
nur schlimme gesundheitliche Folgen gehabt. Sie hat auch den vor der Verdrängung geschützt. Um auf die Corona-Krise
Jobs gekostet, Einkommen, Lebensperspektiven. Die Krise reagieren zu können, wurde ein 1,2 Milliarden Euro schwerer
der Energiepreise hat bereits 2021 begonnen, sich durch den Hilfsfonds eingerichtet, aus dem auch langfristige Investitio-
russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine enorm zugespitzt nen in den wirtschaftlichen Neustart finanziert wurden. Dass
und kommt seit Sommer 2022 immer stärker bei den Ver- darin auch ein eigenes Programm zur Stärkung der Kranken-
braucher*innen an. Die Globalisierung hat sich verlangsamt häuser und des öffentlichen Gesundheitswesens Platz fand,
und wird sich verändern, mit ungewissen Folgen für das jet- geht auf das Konto der LINKEN. Wir können Krise, das haben
zige Wirtschaftsmodell, für Preise, Löhne und Arbeitsplätze. wir bewiesen. Aber wir treiben auch langfristige Weichenstel-
Und wir alle wissen: Die unvermeidliche Einstellung auf die lungen voran.
Klimakrise, der notwendige Umbau von Wirtschaften und
Leben, wird nicht nur viel Geld kosten. Sie wird auch viele vor Die rot-grün-rote Koalition hat beschlossen, mit dem Nach-
große persönliche Herausforderungen stellen. tragshaushalt 2023 die Schuldenbremse erneut auszusetzen.
Mit einem Sonderfonds von 3 Milliarden Euro sollen die Emp-
Bremen und Bremerhaven sind besser als andere durch die fehlungen der Klima-Enquete umgesetzt und die Auswirkun-
Corona-Krise gekommen. Das hat auch damit zu tun, dass gen der aktuellen Krise bekämpft werden, die durch den Ukra-
DIE LINKE an der Landesregierung beteiligt ist und dass zwei ine-Krieg und den Anstieg der Energiepreise verursacht wird.
linke Senatorinnen für entscheidende Bereiche zuständig
sind: Kristina Vogt für Wirtschaft, Arbeit und Europa sowie Das wird nicht einfach. Weitermachen genügt nicht. Wir
Claudia Bernhard für Gesundheit, Frauen und Verbraucher- brauchen eine entschlossene, aktive Landespolitik, um end-
schutz. In keinem anderen Bundesland wurde so viel geimpft lich bei den strukturellen Problemen des Bundeslandes wei-
und die Gesundheitsvorsorge so nahe in die Stadtteile ge- terzukommen und um in unsicheren Zeiten dafür zu sorgen,
tragen. In keinem anderen Bundesland wurde so viel für dass soziale Gerechtigkeit und sozialer Zusammenhalt im
gefährdete Branchen wie die Kultur- und Veranstaltungswirt- Mittelpunkt aller Bemühungen stehen.
schaft oder die Gastronomie getan. Das Land Bremen hat
es geschafft, einerseits die Zahl der Todesfälle und schweren Was wir vorschlagen
Erkrankungen niedrig zu halten und andererseits starke Ein-
brüche auf dem Arbeitsmarkt zu vermeiden. Die Abwägung Das fängt mit entschlossenen Maßnahmen gegen die
war nicht immer leicht, aber sie war erfolgreich. Energie­preiskrise an. Wir wollen durch eigene Landespro-
gramme diejenigen Haushalte entlasten, die besonders hart
Die Regierungskoalition unter Einschluss der LINKEN war von den Krisenfolgen getroffen sind: Zum Beispiel indem der
2019 angetreten, die langen Jahre des Sparkurses und der Preis für das StadtTicket gesenkt wird, das StadtTicket endlich
Stagnation zu beenden, wieder mehr politische Gestaltung auf Bremerhaven ausgedehnt wird oder durch die Einführung
zu wagen und Bremen und Bremerhaven auf die Herausfor- eines Sozialtarifs für Strom. Wo nötig, wollen wir Kleinunter-
derungen der Zukunft einzustellen. Soziale Gerechtigkeit und nehmen mit Zuschüssen helfen, damit sie die Krise überste-
sozialer Zusammenhalt waren dabei unser Kernanliegen als hen. Das Personal in der Wohngeldstelle wollen wir dauer-
LINKE. haft mindestens verdoppeln und eine Überbrückungshilfe
einführen, damit das Geld auch zügig bei denen ankommt,
Wir konnten zwar nicht alle unsere Forderungen durchsetzen, die es brauchen.
trotzdem kann sich die Bilanz der jetzigen Koalition durch-
aus sehen lassen. Der Landesmindestlohn wurde erhöht und Wir wollen, dass Bremen und Bremerhaven bis 2038 klima-
fest an die Tarifentwicklung des öffentlichen Dienstes ge- neutral werden. Die von der Klima-Enquetekommission
koppelt. Der Preis für das StadtTicket, mit dem alle im Sozial- erarbeiteten Ziele und Empfehlungen wollen wir umsetzen.
leistungsbezug günstiger ÖPNV fahren können, wurde von Das ist auch notwendig, um Industrie und Arbeitsplätze zu
fast 40 Euro auf 25 Euro gesenkt und für Kinder und Jugend- erhalten und zukunftsfähig zu gestalten. Dazu gehören Inves-
liche ganz kostenlos gemacht. Es gibt einen Härtefallfonds titionen in die Transformation der Produktion, insbesondere
für Haushalte, die von Strom-, Gas- oder Wassersperren die Wasserstoffstrategie; eine Landeswärmestrategie; ein
bedroht sind, eine zentrale Antidiskriminierungsstelle, eine deutlich schnellerer Ausbau von Windkraft und Solarenergie;
unabhängige Beschwerdestelle bei der Polizei, einen beauf- energetische Gebäudesanierung im Bestand; die Verkehrs-
sichtigten Drogenkonsumraum. Ein neues Handlungsfeld wende hin zu Bus, Bahn und Rad. Die erforderlichen öffent-
Klimaschutz finanziert ressortübergreifend Maßnahmen zur lichen Mittel wollen wir auch über 2027 hinaus durch einen
CO₂-Reduzierung. Die Dekarbonisierung der Stahlwerke be- Klimafonds aufbringen, für den die Ausnahmeregel von der
ginnt und wird vom Land massiv finanziell unterstützt. Ausbil- Schuldenbremse gezogen wird – und dabei insbesondere auf
dungsplätze werden verstärkt gefördert und unterstützt. Der Maßnahmen zum sozialen Ausgleich achten. Damit die bei-
Vorwort 7

den Stadtgemeinden, unabhängig von der Klima-Notlage, Die Krankenhäuser wollen wir stärken, indem die Landes-
wieder kommunale Investitionen in Schul- und Kita-Bau und förderung für Krankenhausinvestitionen dauerhaft auf
andere Infrastrukturprojekte tätigen können, wollen wir die dem jetzigen, gegenüber 2019 verdoppelten Niveau fort-
Landesverfassung so ändern, dass die Stadtgemeinden wie- geschrieben wird. An kommunalen Kliniken muss gelten: ein
der kommunale Kredite aufnehmen können. Wir wissen aber Klinikverbund, ein Tarif. Das heißt: Wiedereingliederung der
auch: Wenn die Bereitstellung öffentlicher Mittel gesellschaft- für Reinigung und Catering zuständigen Servicegesellschaft.
liche Akzeptanz finden will, muss es Bedingungen geben. Die stadtteilorientierte Gesundheitspolitik wollen wir stärken
Gelten muss deswegen: Wo öffentliches Geld fließt, muss durch den Ausbau von Gesundheitszentren, Hebammenzen-
öffentliches Eigentum entstehen und öffentliche, demokrati- tren und Pflegestützpunkten, insbesondere in Stadtteilen mit
sche Einflussnahme erfolgen. Eine Inspiration dafür kann die hoher Armutsquote. Kein Kind ohne Kita-Platz! Wir werden
Salzgitter AG sein, in der das Land Niedersachsen eine Sperr- uns der Herausforderung stellen, dies ortsteilbezogen zu rea-
minorität hält. Eine von vielen Möglichkeiten dieser Einfluss- lisieren und Lern- und Arbeitsbedingungen zu verbessern.
nahme sind starke Transformationsräte, in denen Betriebs-
räte, Kammern und Kommunen den Transformationsprozess Die Schulen mit den größten Herausforderungen brauchen
gestalten. Wenn öffentliche Gelder genutzt werden, müssen die stärksten Ressourcen und attraktivsten Arbeitsbedingun-
ökologische Standards und Vorgaben definiert werden. Einer- gen. Dieses Prinzip muss konsequent zur Geltung gebracht
seits für die Produktionsverfahren und Produkte, aber auch werden. Den „Schulkonsens“, der Reformen verhindert und
mit Blick auf den gesamten ökologischen Fußabdruck (z.B.) Probleme auf die lange Bank geschoben hat, wollen wir nicht
der Stahlproduktion. Zudem sind belastbare Zusagen mit noch einmal verlängern. Die kommende Legislaturperiode
Blick auf Beschäftigung, Arbeitnehmer*innenrechte und Löh- wollen wir daher für eine Enquetekommission Bildungs-
ne unverzichtbar, wenn Steuergelder fließen. gerechtigkeit nutzen. Sie soll ein ambitioniertes, aber rea-
listisches Ziel erarbeiten, bis wann Bremen seine überstarke
Der ticketfreie ÖPNV ist für uns ein Schlüsselprojekt. Das Kopplung von Bildungserfolg und sozialer Herkunft überwin-
9-Euro-Ticket hat gezeigt, wie stark Menschen die öffentli- den kann und welche Maßnahmen und Schulstrukturen wir
chen Verkehrsmittel nutzen, wenn der Preis stimmt. Einfach dafür brauchen. Wir wollen, dass die Hochschulen im Land
Einsteigen ist auch ein Stück Freiheitsgewinn für alle – vor Bremen einen stärkenden Beitrag zur Bewältigung von ge-
allem für diejenigen, die sich Mobilität jetzt schon kaum noch sellschaftlichen Herausforderungen wie der Klimakrise leisten
leisten können. Finanzieren wollen wir das über die Anhebung und in allen Fächern gute Studienbedingungen gewährleisten.
der Grundsteuer auf Wohnen und der Gewerbesteuer. Das ist
das sozial gerechteste Modell, weil die Belastung gestaffelt Die Integration von Geflüchteten wollen wir dem Standard
ist nach Lebensstandard bzw. nach Gewinn. Der ÖPNV muss annähern, der für die Aufnahme ukrainischer Geflüchteter
aber auch ein leistungsfähiges, schnelles Angebot sein. Dafür angewendet wurde. Mit unbürokratischen Zugängen zu
brauchen wir insbesondere ein System von Expresslinien, das Wohnraum, Arbeit, Bildung und Gesundheit, mit dezentralen
die Orte verbindet, wo viele Menschen wohnen bzw. arbeiten. Aufnahmeeinrichtungen und der vollen Ausschöpfung von
rechtlichen Spielräumen für Duldungen und Aufenthaltstitel.
Den großen Fachkräftemangel in verschiedenen öffentlichen Das gehört für uns dazu, um Bremen und Bremerhaven zu
Bereichen (u. a. Lehrkräfte, Erzieher*innen und Pflegekräfte) solidarischen Städten zu machen, die für eine weltoffene Hal-
wollen wir dadurch angehen, dass Ausbildung bzw. Weiter- tung stehen.
qualifizierung und Berufspraxis gleichzeitig stattfinden – in
Teilzeit und bezahlt. Dieses Modell der „praxisintegrierten Mehr Entgeltgleichheit und eine höhere Frauenerwerbsquo-
Ausbildung“ hat sich bereits exemplarisch bewährt und te wollen wir vor allem dadurch erreichen, dass die Erwerbs-
ist der Schlüssel für alle Bereiche, wo sich die Katze in den arbeit von Frauen nicht durch fehlende Kinderbetreuung be-
Schwanz beißt: Zu wenig Personal führt zu unattraktiven einträchtigt wird. Die Landesstrategie zu Gendergerechtigkeit
Arbeitsbedingungen, die wiederum verhindern, dass mehr und Entgeltgleichheit soll konsequent umgesetzt werden.
Personal gewonnen werden kann. Parallel dazu müssen Die Betreuungslücke im kritischen Bereich zwischen 16 und
Arbeitsbedingungen dauerhaft attraktiver gemacht werden, 18 Uhr muss endlich geschlossen werden. Gegen die Diskri-
z. B. durch Entlastungs-Tarifverträge, mehr eigene Kontrolle minierung von Menschen mit Migrationshintergrund und von
über Arbeitszeiten, mehr Entscheidungskompetenzen und Menschen mit diversem Geschlecht auf dem Arbeitsmarkt
­Zuschläge für besondere Anforderungen. wollen wir eigene, spezifische Gleichstellungsstrategien des
Senats erarbeiten und umsetzen.
Gutes und bezahlbares Wohnen für alle: Das wollen wir vor
allem durch den Ausbau des kommunalen und genossen- Stadtentwicklung beginnt in den Quartieren. Das gilt für die
schaftlichen Wohnbestands erreichen. Mit einem Ankauf- Verkehrswende genauso wie für soziokulturelle Infrastruktur
programm für die kommunalen Wohnungsgesellschaften und sozial gemischtes Wohnen. Gerade in den Quartieren,
und einer auf 50 Prozent erhöhten Sozialquote im Neubau. wo die PKW-Dichte aus sozialen Gründen niedriger ist, wollen
Kommunal muss auch wirklich kommunal heißen: Wir wollen wir autoarme Quartiersblocks schaffen und den Nachbar-
die GEWOBA wieder zu 100 Prozent in städtischen Besitz schaften Stadtraum zurückgeben. Die Zukunft der Innenstadt
überführen und auf eine konsequent sozial orientierte Mie- hängt vor allem davon ab, dass dort auch studiert und sozial
tenstrategie verpflichten. Brach gefallene Flächen sollen zu- durchmischt gewohnt wird und dass so kleinräumig und be-
erst an die Stadt verkauft werden, bevor es neues Baurecht standsorientiert wie möglich gebaut wird.
gibt – so stärken wir den öffentlichen Einfluss auf die Stadt-
entwicklung. Als ersten Schritt sollen städtebauliche Verträge Zum Recht auf Arbeit gehört, dass Arbeit nicht für alle das-
künftig die Abtretung von Teilflächen an die Stadt enthalten. selbe bedeutet und es Angebote für alle gibt. Neben allen
Maßnahmen zur Qualifizierung und Weiterbildung, damit
zukünftige Fachkräftestellen so weit wie möglich auch den
8 Vorwort

Menschen in Bremen und Bremerhaven zugutekommen, Gutes Krisenmanagement und langfristige Perspektiven sind
brauchen wir auch ein hinreichendes Angebot an Arbeitsplät- keine Gegensätze. Man muss wissen, wo man hinwill. Wir ste-
zen, die nur eine geringe Qualifizierung voraussetzen. Ge- hen ein für das Ziel einer solidarischen, offenen, fürsorgenden
rade in diesen Bereichen wollen wir Tarifbindung, Mindest- Gesellschaft. Wir stehen für soziale Gerechtigkeit und dafür,
lohn, Arbeitsstandards und Arbeitnehmer*innenrechte Zukunft für alle zu sichern, gerade in einer Zeit von Verände-
sicher gewährleisten und ihre Einhaltung stärker kontrollieren. rung und Übergang. Das geht nur, wenn die öffentliche Hand
Und wir brauchen auch ein Angebot für diejenigen, die mit eine starke, aktive Rolle spielt und die Steuerung nicht allein
den Anforderungen des heutigen ersten Arbeitsmarkts nicht, dem Markt und dem Profit überlässt. Wir stehen für eine Ge-
nicht mehr oder noch nicht zurechtkommen – durch einen sellschaft, in der die individuellen Startbedingungen nicht
starken Sektor öffentlich geförderter Beschäftigung, der nicht definieren, wie der Rest des Lebens verläuft – in der allen alle
vorrangig auf die schnelle Überführung in den ersten Arbeits- Wege offenstehen, wenn sie wollen. Wir stehen dafür, dass
markt ausgerichtet ist, aber sinnvolle und existenzsichernde öffentliche Infrastruktur allen frei zur Verfügung steht, dass
Arbeit schafft. Arbeit mit Leben vereinbar ist, dass soziale Sicherheit ohne
Bevormundung auskommt. Wir wollen die Herausforderung
Abwasserentsorgung, Straßenreinigung, Müllabfuhr und der Veränderungen annehmen und so gestalten, dass mehr
Fernwärmenetze wollen wir zurück in die öffentliche Hand soziale Sicherheit, Gerechtigkeit und Selbstbestimmung für
holen und vollständig rekommunalisieren. Die Energie- und alle dabei herauskommen.
Wärmewende wollen wir auch durch die Gründung eines
kommunalen Energieversorgungs-Unternehmens voran- Unsere Vision für eine solidarische, offene und fürsorgende
treiben. Unabhängig davon halten wir daran fest, dass wir Gesellschaft ist angetrieben von der Überzeugung, dass die
die swb rekommunalisieren wollen, zur Durchsetzung und bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse und die heutige
Sicherung fairer Löhne, fairer Gebühren und günstiger Tarife Wirtschaftsordnung nicht alternativlos sind. Kapitalismus
sowie einer langfristigen Klimaschutzstrategie in öffentlicher führt zur ungleichen und ungerechten Verteilung von Wohl-
Verantwortung. stand und Lebenschancen, in Deutschland, in Europa und
zwischen globalem Norden und globalem Süden, immer. Wir
Ohne DIE LINKE läuft es nicht gerecht haben angesichts der kurzen Spanne, in der wir Überlebens-
fragen der Menschheit wie die Klimafrage lösen müssen,
Viele Vorhaben, die in der jetzigen Legislaturperiode be- auch keine Zeit mehr, notwendige Weichenstellungen an
gonnen wurden, werden nur Bestand haben, wenn sie mit Markt, Profit, Kapital und Patriarchat scheitern zu lassen.
dem nötigen Engagement fortgesetzt und zu Ende geführt Wir wollen in einer Gesellschaft leben, in der Geschlecht,
werden. Das gilt vom umlagefinanzierten Ausbildungsfonds Herkunft und ethnische Zuschreibung nicht mehr darüber
bis zur kooperativen Krankenhausplanung, vom Gewerbe­ entscheiden, wer was hat und wer was zu sagen hat. Das
entwicklungsprogramm bis zur Zentralisierung der GeNo- kostet die einen Privilegien, ist aber die Bedingung von Frei-
Ausbildung am Hulsberg. Gerade unter den Bedingungen heit und Aufatmen für alle. Wir stehen dafür ein, dass alle
von Umbrüchen und schwer abschätzbaren Veränderungen gleichberechtigt und selbstbestimmt teilhaben können, und
brauchen Bremen und Bremerhaven weiterhin eine aktive positionieren uns klar gegen Rassismus, Sexismus und andere
Landespolitik, die das tut, was der Bund nicht leistet. Das Formen der Diskriminierung. Das ist unser Kompass. Nach
Bundesland braucht eigene Strategien, um sozialen Zusam- dem machen wir konkrete und pragmatische Politik für das
menhalt und wirtschaftliche Stabilität zu verteidigen und Bundesland Bremen.
auszubauen.
Parlamentsmehrheiten und Regierungen sind nicht alles.
Wir glauben, dass dafür eine starke linke Handschrift wich- Opposition ist wichtig, und ohne eine aufgeklärte, aktive Zivil-
tig ist. Eine zielorientierte Politik, die die soziale Frage immer gesellschaft geht sowieso nichts. Aber es macht schon einen
zentral mitdenkt und die einen Plan hat. Die Raum lässt für Unterschied, wem man seine Stimme gibt und was dabei
Kooperation und Eigeninitiative, aber die bereit ist, den Rah- herauskommt. Wie wir als Bremer LINKE handeln, haben wir
men zu setzen und sich auch mit starken Interessengruppen in den letzten Jahren gezeigt. Was wir vorschlagen und vor-
anzulegen, wenn es sein muss. Verwaltung ist wichtig, aber haben, steht in diesem Programm.
verwalten alleine reicht nicht. Wenn wir so wie an die Corona-
Krise auch an andere Bereiche herangehen, können wir den
nötigen Schub entwickeln, soziale Probleme zu lösen und als
Bundesland aufzuholen.

In den letzten vier Jahren waren wir als LINKE auf der Landes-
ebene und in der Stadt Bremen an der Regierung beteiligt,
aber nicht in der Stadt Bremerhaven. So konnte Bremer-
haven zwar von wichtigen neuen Maßnahmen auf Landes-
ebene profitieren – vom erhöhten Landesmindestlohn und
der stark gesteigerten Krankenhausförderung, von der Coro-
na-Politik und vom Bremen-Fonds, der Ausbildungsförderung
und dem Härtefallfonds gegen Wasser- und Energiesperren.
Aber ein günstiges Sozialticket für Bus und Bahn oder ein Plan
für die Verkehrswende – das ist eben mit der Bremerhavener
Koalition aus SPD, CDU und FDP nicht zu machen.
Sozialer Zusammenhalt in der Veränderung 9

SOZIALER ZUSAMMENHALT IN
DER VERÄNDERUNG

Soziales
gegenseitige Unterstützung und Zukunftsinvestition statt-
findet. Aber wir sehen mit Sorge, dass viele Familien das nicht
mehr leisten können, was heute oft nötig ist, um das eigene
Die soziale Situation hat sich seit 2020 auf eine Weise ver- Lebensmodell zu sichern und sozialen Aufstieg für ihre Kinder
schärft, die zunehmend Existenzen gefährdet, Zukunftsauf- zu ermöglichen. Daher reichen die bestehenden sozialen
gaben lähmt und deshalb politisch aufgefangen werden Unterstützungssysteme nicht mehr aus. Und daher muss sich
muss. Die Folgen der Corona-Pandemie und des Ukraine- soziale Politik durch alle Politikbereiche durchziehen: von
Kriegs haben die Einkommenssituation, Kaufkraft und Re- Wirtschaft bis Verkehr, von Bildung bis Wohnen.
serven vieler Menschen drastisch verschlechtert. Inflation und
Preiserhöhungen bei Lebensmitteln, Kraftstoffen, Strom und Für eine menschenwürdige
Gas zwingen viele finanziell in die Knie, während die explo- Mindestsicherung für alle
dierenden Profite der beteiligten Konzerne von der Bundes-
regierung nicht angegangen werden. Die soziale Spaltung in Deutschland und der Welt nimmt
jährlich zu, an ausgleichenden Konzepten der Umverteilung
Nicht nur Menschen, die mit geringen ALG-II-Regelsätzen, und Steuergerechtigkeit fehlt es auf Bundesebene trotz allem
kleinen Renten oder Bezügen nach Asylbewerberleistungs- weiterhin. Für DIE LINKE ist das inakzeptabel, die Bekämpfung
gesetz leben müssen, sind mit ihrer Kaufkraft am Limit. Die von Armut sowie die gerechte Verteilung überbordenden
Tafeln kommen nicht mehr hinterher, Beratungsstellen berich- Reichtums bleibt eine unserer wichtigsten Aufgaben – gerade
ten von dramatischen Fällen. Die Notlagen reichen weit und in Bremen, denn Bremen ist das Bundesland mit der höchsten
werden deutlicher. Als LINKE setzen wir uns mit Nachdruck Armutsquote.
dafür ein, dass höhere Ausgaben umfassend kompensiert
werden: mit dauerhaft höheren Sozialleistungen, frühzeitigen Erwerbslosigkeit ist die häufigste Armutsursache. Hartz IV
und wirksamen Gas- und Energiepreisdeckeln, einem sozial war Armut per Gesetz und das Bürgergeld bleibt es. Die Re-
gerechten Energiegeld, Mietendeckeln und armutsfesten gelsätze bleiben viel zu niedrig, um ein Existenzminimum zu
Löhnen. Bremen muss eigene Maßnahmen auflegen, weil der gewährleisten, und es kann weiterhin vom ersten Tag durch
Bund zu wenig unternimmt, um die Bevölkerung vor den Preis- Sanktionen gekürzt werden. Wir kämpfen deshalb weiterhin
erhöhungen zu schützen. für eine existenzsichernde, sanktionsfreie Grundsicherung!

Soziale Politik für alle Darüber hinaus sind gerade auch Bremen und Bremerhaven
zwei Städte, in denen viele Menschen nicht von ihrer Arbeit
Wir halten es für ein zentrales Ziel, dass niemand weniger hat leben können und gezwungen sind, ihre geringen Einkommen
als zwei Drittel vom allgemeinen Durchschnittseinkommen, durch staatliche Leistungen aufzustocken. Die Anhebung des
gewichtet nach Haushaltsgröße – also niemand mehr arm ist. Landesmindestlohns, der Einsatz für mehr allgemeinverbind-
Das erfordert vor allem Änderungen auf Bundesebene, aber liche Tarifverträge und eine verbesserte Arbeitsmarktpolitik
genauso Anstrengungen auf Landes- und kommunaler Ebene. in Bremen konnten Erfolge erzielen, die allerdings von den
jüngsten Krisen erheblich gedämpft werden.
Soziale Politik handelt aber nicht nur davon, Armut zu ver-
hindern, zu verringern und in den Folgen weniger schlimm Hartz IV hat im Laufe seiner langjährigen Geschichte einen
zu machen. Soziale Politik meint generell, dass persönliches beispiellosen Flurschaden der Entsolidarisierung und Verar-
Einkommen, Vermögen und die Zufälle der Geburt nicht dar- mung hinterlassen. Dass Hartz IV nun durch das Bürgergeld
über bestimmen sollen, ob man anständig wohnen kann oder ersetzt und entschärft wird, ist nicht zuletzt dem ständigen
nicht; ob man gesund oder krank ist; ob man Krisen des All- Gegendruck seitens der LINKEN zu verdanken, aber ein
tags bewältigen kann oder nicht; ob man unabhängig für sich Schritt nach vorne ist noch nicht das Ende dieser Auseinan-
entscheiden kann; welche Bildung und welcher Beruf einem dersetzung.
zur Verfügung stehen; was aus den eigenen Kindern wird.
Keine Sanktionen für Menschen
Dafür braucht es eine starke, möglichst kostenlose öffentliche im Leistungsbezug!
Infrastruktur für Bildung, Gesundheit, Kinderbetreuung, Kultur
und Mobilität. Dafür braucht es Umverteilung von oben nach Wir setzen uns deshalb für ein sofortiges Ende der Sank-
unten und besondere Maßnahmen zum Chancenausgleich: tionspraxis gegenüber Menschen im Leistungsbezug ein.
vom Elterngeld bis zu Sprachkursen, vom Wohnberechti- Oberstes Ziel muss die Vermeidung von Sanktionen gegen
gungsschein bis zu Schulen, die auch für die funktionieren, Bedürftige sein. Die Gespräche zwischen Mitarbeiter*innen
die nicht aus bildungsnahen Elternhäusern kommen, von der der Sozialbehörden und Leistungsberechtigten sind auf
Frauenquote bis zur bezahlten Weiterbildung. Familien – jeg- Augenhöhe und unter Einbeziehung der Vorstellungen und
licher Art – sind einer der wichtigsten Orte, wo Solidarität, Grenzen der jeweiligen Leistungsbeziehenden zu führen. Da-
10 Sozialer Zusammenhalt in der Veränderung

bei sind insbesondere medizinische Dokumente wie Rezepte, für Wohngebäude einen entsprechenden energetischen
Atteste und Arztbriefe zu berücksichtigen, aber auch die per- Standard nachweist. Darüber hinaus fordern wir ein Maßnah-
sönliche Situation wie z. B. Kinderbetreuung oder Pflege von menpaket, das Leistungsbezieher*innen ermöglicht, ener-
Angehörigen. gieeffiziente sogenannte weiße Ware, also Kühlgeräte und
Waschmaschinen, oder auch Balkonsolaranlagen anzuschaf-
Wir setzen uns für eine Existenzsicherung ein, die tatsächlich fen. Diese Maßnahmen sollen schnell umgesetzt werden.
armutsfest und sanktionsfrei ist. Die Regelsätze müssen dafür
deutlich erhöht werden und immer die vollen Preissteigerun- Kein Mensch soll darben und frieren müssen!
gen abbilden, also fair berechnet werden.
Um dem entgegenzuwirken, werden wir eine öffentliche
Wohnen und gutes Leben im Leistungsbezug mehrsprachige Aufklärungskampagne starten und in der
trotz Energiekrise ermöglichen öffentlichen Lokalpresse sowie in Hausfluren der Wohnungs-
baugesellschaften über den Härtefallfonds für Energie- und
Von Anfang 2021 bis Ende 2022 haben sich die Preise, die Wassersperren informieren. Strom, Gas und Wasser sind je-
Haushalte für Gas oder Heizöl bezahlen müssen, im Schnitt doch soziale Grundrechte, die allen Menschen dauerhaft zur
verdoppelt. Das bedeutet durchschnittliche monatliche Mehr- Verfügung stehen müssen. Energiesperren müssen deshalb
kosten von 50 bis 100 Euro pro Haushalt. Im Einzelfall kann es verboten werden, und bis dahin muss der Bremer Härtefall-
auch erheblich mehr sein. Und ein Ende ist nicht abzusehen. fonds Energie- und Wassersperren stärker ausgeschöpft wer-
den und tatsächlich zur Vermeidung von Sperren führen.
Wohn- und Energiekosten (Strom, Wasser, Heizung) müssen
Leistungsbeziehenden in angemessener Höhe anerkannt und Soziale Einrichtungen und Anlaufstellen wie Rechts- und
ausgeglichen werden. Das bedeutet auch, dass S ­ tromkosten Sozialberatungen sowie Beratungsvereine für Schuldner*in-
über die Kosten der Unterkunft und nicht wie bisher über die nen und Mieter*innen müssen strukturell gestärkt, finanziell
Regelsätze gezahlt werden sollen. Besonders seit den Preis- abgesichert und ausgebaut werden. Die Mitgliedschaft im
steigerungen der vergangenen Monate wird deutlich, dass ­Mieterverein für Menschen mit geringem Einkommen soll
die Berechnungsgrundlagen für den Anteil für Strom in den auch über 2023 hinaus übernommen werden.
Regelsätzen ein Witz sind.
Armut und sozialräumliche Spaltung
Kein Mensch soll hungern müssen! koordiniert bekämpfen

Um Hunger zu vermeiden, setzen wir uns für einen Preisdeckel Armutsbekämpfung ist komplex; die Möglichkeiten, Armut
auf Lebensmittel ein. Darüber hinaus treten wir für eine Ver- auf Landes- oder Kommunalebene entgegenzuwirken, sind
pflichtung von Supermärkten und Discountern ein, verwert- begrenzt, aber ebenso wichtig wie auf Bundesebene. Wir
und genießbare Lebensmittel kurz vor dem Ablaufdatum vor- wollen eine ressortübergreifende Strategie schaffen und
mittags in abgetrennten Räumlichkeiten mit Kühlmöglichkeit setzen uns für die Schaffung einer Senatskommission Armuts-
an Bedürftige kostenlos abzugeben. bekämpfung ein, an der auch Betroffenenverbände, Sozial-
beratungsstellen, Trägerlandschaft und Verbraucherzentrale
Zwangsumzüge durch Kostensenkungsverfahren müssen mitwirken. Die Senatskommission muss fachlich und wissen-
ausgeschlossen werden. Aber auch das Wohngeld muss an- schaftlich begleitet werden. Alle politischen Entscheidungen
gepasst und schneller ausgezahlt werden, ansonsten erzeu- im Land Bremen sollen darauf abgeprüft werden, wie sie sich
gen wir unverantwortbare Belastungen bei Wohngeldbezie- auf die Armutsentwicklung auswirken.
her*innen und Anspruchsberechtigten. Dafür muss die Zahl
der Beschäftigten in der Wohngeldstelle kurzfristig verdrei- Der starken sozialen Spaltung der Stadtteile in Bremen
facht werden. Darüber hinaus setzen wir uns für eine weitere und Bremerhaven muss entgegengewirkt werden. In den be-
Erhöhung der Einkommensgrenzen beim Zugang zu Wohn- nachteiligten Stadtteilen braucht es die beste Ausstattung
geld ein, da durch die Preissteigerungen jetzt auch Menschen der ­Bildungseinrichtungen, der Gesundheitsangebote und
mit Einkommen, mit dem sie gerade nicht mehr wohngeld- der sozialen Infrastruktur, um Chancenungerechtigkeit abzu-
berechtigt sind, an die Grenzen des Leistbaren kommen. Nur federn. Öffentliche Angebote allein können soziale Benach-
ein geringer Teil derer, die Anspruch auf Wohngeld hätten, teiligung aber nicht ausgleichen. Eine inklusive Gesellschaft
nehmen ihn auch wahr, und die, die Wohngeld beantragen, muss deshalb auch kleinräumig, in den Nachbarschaften,
müssen viel zu lang auf einen Bescheid warten. Das wollen Quartieren und Stadtteilen inklusiv aufgestellt sein. Soziale
wir ändern: Mit mehr Personal, vereinfachten Anträgen und Vielfalt in allen Stadtteilen ist unser Ziel. Dafür wollen wir die
einer Informations-, Aufklärungs- und Beratungskampagne Stadtteilzuschläge bei den Kosten der Unterkunft erhalten,
wollen wir dafür sorgen, dass auch alle Antragsberechtigten die soziale Infrastruktur in den Quartieren ausbauen und ge-
von ihrem Anspruch erfahren und diesen geltend machen nug bezahlbaren Wohnraum in allen Stadtteilen.
können. Insbesondere Wohngeldscouts sollen, ähnlich wie
die Impfscouts in der Corona-Pandemie, die Informationen Die von uns vorangetriebenen Gesundheitszentren wollen
rund um das Wohngeld in die Stadtteile tragen. wir zu Gesundheits- und Sorgezentren weiterentwickeln. Sie
sollen präventiv wirken und die besondere Lebenssituation
Die rot-grün-rote Regierungskoalition hat sich auf die Ein- von Menschen mit Sorgeverantwortung sowie soziale Be-
führung eines warmmietenneutralen „Klimabonus“ bei den lange berücksichtigen. Krankheit sollte nicht als persönliches
Kosten der Unterkunft für Transferleistungsempfänger*innen Schicksal begriffen werden, sondern auch als Ausdruck einer
geeinigt. Mit diesem soll die Bemessungsgrundlage für die sozialen Lebenssituation. Die integrierten Gesundheits- und
Kosten der Unterkunft erhöht werden, wenn eine energeti- Sorgezentren adressieren auch die Unterstützung sowie
sche Gebäudesanierung vorliegt bzw. der Energieausweis die faire und gleichberechtigte Verteilung von Care-Arbeit.
Sozialer Zusammenhalt in der Veränderung 11

Nur so kann die Spirale aus Armut, Krankheit, Einsamkeit, Die sogenannten Leistungen für Bildung und Teilhabe kom-
­Gewalt etc. durchbrochen und Veränderung auch hinsichtlich men zu schlecht bei den leistungsberechtigten Kindern in Bre-
Geschlechtergerechtigkeit und Selbstbestimmung erreicht men und in Bremerhaven an und sind zudem mit unnötigen
werden. Ein solcher Ort dient gleichzeitig als Treffpunkt und bürokratischen und entwürdigenden Prozeduren verbunden.
stärkt den Zusammenhalt in der Nachbarschaft. Die gesamten Familienleistungen sind ungerecht gestaltet.
Heute werden wohlhabendere Familien durch den (steuer-
Gleiche Chancen und gute Möglichkeiten lichen) Kinderfreibetrag stärker entlastet als Familien mit
für alle von Anfang an geringem oder gar keinem Einkommen – diese bekommen
das Kindergeld, wenn sie im Leistungsbezug sind, auch noch
In einem Bundesland, in dem 28 Prozent der Menschen abgezogen. Einkommensarme Familien müssen endlich am
von Armut betroffen sind, ist gerade auch Kinderarmut stärksten unterstützt werden, und die staatlichen Leistun-
ein m
­ assives Problem. Im Land Bremen sind 42 Prozent der gen müssen mit zunehmendem Familieneinkommen sinken.
Kinder armutsgefährdet. Gleichzeitig leben in Bremen rund ­Daher setzen wir uns für eine sanktionsfreie Kindergrundsi-
10.000 Millionär*innen, die ihre Vermögen noch steigern cherung auf Bundesebene ein, die derzeit 695 Euro betragen
konnten. Bremen belegt im Bundesvergleich Platz drei bei der muss und allen Kindern aus ärmeren Familien voll zustehen
Quote einkommensreicher Bewohner*innen. Nicht nur die Ar- soll.
mutsquote, auch die Reichtumsquote im Land Bremen steigt.
Die Zahl der Spitzenverdienenden (mehr als 250.000 Euro Auf Landesebene sind kostenlose Angebote für Kinder und
Jahreseinkommen) hat sich zwischen 2010 und 2016 um Familien ein wichtiger Handlungsansatz, um Kinderarmut
34 Prozent vergrößert. Die soziale Spaltung, die Schere zwi- zu bekämpfen. Durch unsere Initiative können Kinder und
schen Arm und Reich, klafft immer weiter auseinander. Jugendliche, die Regelleistungen beziehen, für nur 1 Euro die
städtischen Freibäder besuchen. Wir wollen diese Möglichkeit
Diese Ungleichheit hat viele Facetten und Folgen: Kinder aus auf die Hallenbäder ausweiten und darüber hinaus Kindern
strukturell benachteiligten Stadtteilen haben eine kürzere und Jugendlichen im Grundsicherungsbezug einen kosten-
Lebenserwartung, geringere Chancen auf einen Bildungs- freien Eintritt in Frei- und Hallenbädern ermöglichen, ebenso
abschluss und gute Berufsausbildung, finden seltener den Zu- wie den freien Eintritt in Stadtbibliotheken und Kulturein-
gang zu einem Studium oder eine erfüllende Berufstätigkeit richtungen. Wir setzen uns auch für ein öffentlich finanziertes
mit existenzsicherndem Einkommen und Perspektive. kostenloses Frühstück für Kitas in benachteiligten Stadtteilen
ein.
Wir haben bereits viele Maßnahmen auf den Weg gebracht,
wie die besondere Ausstattung von Kitas und kleinere Klassen Familienpolitisch haben wir uns auf Bundesebene auch für
sowie den Einstieg in die Doppelbesetzung an Grundschulen mehr Kinderkrankentage engagiert. Während der Corona-
in den strukturell benachteiligten Stadtteilen. All diese Maß- Pandemie wurden entsprechende Regelungen eingeführt.
nahmen sind eine wichtige Verbesserung, aber sie reichen Wir setzen uns dafür ein, dass diese verstetigt werden.
noch nicht aus.
Räume für Kinder – Platz zum Spielen
Wir müssen Armutsbekämpfung systematischer und um-
fassender angehen. Städtebau, Verteilung von günstigem Wir möchten nicht nur mehr, sondern auch bessere Spielflä-
Wohnraum, Verhinderung von Segregation sind absolut chen. Kinder müssen bei der Stadtentwicklung im Sinne einer
entscheidend, denn in einem heterogenen und vielfältigen „bespielbaren“ Stadt mitgedacht werden. Dafür müssen Bre-
Quartier ist es für Kinder einfacher, Sprach- und Berufsvorbil- mer und Bremerhavener Spielplätze weiterentwickelt werden,
der zu finden. Solange die soziale Segregation zwischen den und zwar mit einer Spielleitplanung, die Kinder aus der Nach-
Stadtteilen in Bremen hoch ist, stehen die benachteiligten barschaft einbezieht. Wer Wohnungen baut, ist gesetzlich
Stadtteile besonders im Fokus unserer Politik. verpflichtet, Kinderspielflächen einzuplanen. Im Land Bremen
erlaubt die Landesbauordnung, eine Ablösesumme an die
Wir sind uns sicher, dass in Bremen auf kommunaler und Stadt zu zahlen, wenn es bauliche Schwierigkeiten gibt oder
Landesebene Armut am besten bekämpft werden kann, in- in der Nähe öffentliche Spielflächen geschaffen werden. Wir
dem die soziale Spaltung unserer Städte bekämpft wird. Wir wollen, dass die Stadt sie zweckgebunden für öffentliche
müssen eine dezidiert sozial gerechte und nachhaltige Stadt- Spielflächen in der Nähe verwenden muss.
entwicklungspolitik vorantreiben, bei der Bildungspolitik eng
mit Stadtentwicklungspolitik verzahnt wird. Alle Spielplätze müssen zudem in einen guten Zustand ver-
setzt, regelmäßig gewartet und instand gehalten werden. Sie
Alleinerziehende und Familien sollen Angebote für Kinder allen Alters bieten. Dafür wollen
wir die städtischen Investitionen hier um 50 Prozent steigern.
Besondere Herausforderungen meistern die rund 17.000
Alleinerziehenden mit Kindern unter 18 Jahren. Familien mit Kinder- und Jugendhilfe ausbauen
einem alleinerziehenden Elternteil (zu 90 Prozent Frauen) sind
besonders oft im Sozialleistungsbezug, auch weil Erwerbstä- Die Kinder- und Jugendhilfe hat die Aufgabe, die Kinder und
tigkeit und Kindererziehung oft viel zu schlecht vereinbar sind. Familien in Bremen und Bremerhaven zu unterstützen. Der
öffentliche Jugendhilfeträger hat das staatliche Wächter-
Für Familien, die Transferleistungen beziehen (bzw. „auf- amt über das Kindeswohl, die engagierten Jugendamtsmit-
stocken“ müssen), sind ganz normale Dinge des alltäglichen arbeiter*innen tragen somit eine enorme Mitverantwortung
Lebens kaum bis gar nicht finanzierbar oder schierer Luxus: für das Wohlergehen und den Schutz von Kindern und die
ein Schwimmbadbesuch, Kindergeburtstage, Kita-Ausflüge optimale Förderung von Familien. Angesichts der wichtigen
oder Ferienfahrten. Aufgaben, die die Mitarbeiter*innen für Kinder, Jugendliche
12 Sozialer Zusammenhalt in der Veränderung

und ihre Familien leisten, muss sich die Anerkennung für ihre Regelangebot in der bremischen Obdachlosenhilfe wird. Wir
verantwortungsvolle und oftmals belastende Arbeit auch wollen Wohnungslosigkeit bis zum Jahr 2030 abschaffen,
in der Attraktivierung der Arbeitsbedingungen ausdrücken. wie es Finnland bereits erreicht hat. Jede*r soll das Recht auf
Denn auch im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe kämpfen einen warmen, sicheren Schlafplatz in unserer Stadt haben.
wir gegen den Fachkräftemangel an.
Wir setzen uns für eine deutliche Erhöhung des Wohnungs­
Wir unterstützen das System der Personalbemessung und bestandes für Wohnungslose und die Ausweitung des An-
dessen dauerhafte Fortschreibung, die personelle Stärkung kaufsprogramms für Belegrechte ein, auf die die Zentrale
des Jugendamtes insgesamt und das Ziel, wieder mehr so- Fachstelle Wohnen direkt zugreifen kann. Für kranke Obdach-
zialarbeiterische Tätigkeiten im Jugendamt zu verorten. lose sind entsprechend dem Bedarf Krankenzimmer vorzuhal-
ten. Der Verein zur medizinischen Versorgung Obdachloser
Stationäre Jugendhilfe (MVO e. V.) und die bedarfsgerechte regionale medizini-
sche Versorgung obdachloser Menschen müssen finanziell
Die stationäre Jugendhilfe steht vor großen Herausforderun- unterstützt werden. Solange Housing First noch nicht das
gen. Für viele Kinder und Jugendliche mit und ohne Fluchthin- Regel­angebot ist, muss es auch Notunterkünfte geben, in die
tergrund, die in Bremen in Obhut genommen werden, stehen Hunde mitgebracht werden können. Es braucht Toleranz-
hier keine bedarfsgerechten Jugendhilfeplätze zur Verfü- und Aufenthaltsflächen, einen gut ausgestatteten Szene-
gung. Es braucht deshalb eine langfristige Planung für den treff, weitere öffentliche Toiletten und Trinkwasserbrunnen.
weiteren Ausbau und die Ausdifferenzierung der Jugendhilfe- Zwangsräumungen wollen wir verhindern und mindestens
angebote. Es braucht mehr Eltern-Kind-Wohneinrichtungen, ­erreichen, dass Zwangsräumungen „auf die Straße“, d. h.
eine Jugendentgiftung, Notschlafstellen für von Obdach- ohne eine Anschluss-Unterbringung, verboten werden.
losigkeit bedrohte Jugendliche. Wir wollen die ambulanten
Hilfen in der Verselbstständigungsphase evaluieren und die Obdachlose Menschen vor Kälte und Hitze schützen!
Straßensozialarbeit stärken. Freie Träger sind in Bremen und
Bremerhaven unerlässlich für die Erfüllung der Rechtsansprü- Niemand soll draußen im Winter unmenschlicher Kälte und
che auf individuelle Jugendhilfeleistungen. Die Stadt muss im Sommer unmenschlicher Hitze ausgesetzt sein. Wir wer-
den Trägern einerseits Freiheit in der pädagogischen Ausge- den veranlassen und umsetzen, dass Menschen in Obdach-
staltung geben; gleichzeitig braucht es eine bedarfsgerechte und Wohnungslosigkeit im Winter vor Kälte und im Sommer
Finanzierung, die sowohl die Qualität sichert als auch eine vor Hitze geschützt sind, indem wir ihnen im Winter und
Bezahlung entsprechend des Tarifvertrags ermöglicht. Ge- Sommer klimatisierte Räume zur Verfügung stellen. Auch hier
werbliche Jugendhilfeträger lehnen wir ab. werden sie von den Träger*innen der Obdachlosenarbeit be-
treut, und ihre Versorgung wird gewährleistet.
Kinder und Jugendliche, die in stationären geschlossenen
Jugend„hilfe“einrichtungen physische und psychische Gewalt Menschen im Alter – für ein Leben in Selbstbestimmung
erfahren haben, haben ein Recht auf Unterstützung und An- und Selbstständigkeit
erkennung. Wir setzen uns dafür ein, dass ihnen Opferent-
schädigung zusteht, etwa durch einen Entschädigungsfonds. Selbstbestimmung und Selbstständigkeit bis ins hohe Alter
machen für uns eine solidarische Gesellschaft aus. Dazu ge-
Wohnungslosigkeit verhindern und überwinden hört für viele Menschen der Wunsch, so lange wie möglich im
vertrauten Stadtteil und in den eigenen vier Wänden leben
Obdach- und Wohnungslosigkeit ist ein zunehmendes Prob- zu können. Hierfür hat die rot-grün-rote Koalition in Bremen
lem. Schätzungen von Hilfsorganisationen gehen für die Stadt in der letzten Legislaturperiode einen Paradigmenwechsel
Bremen von 500 bis 600 Wohnungslosen aus. Wir haben als in der Pflege eingeläutet mit dem Ziel, Pflegestrukturen im
Teil der Regierung in den letzten Jahren viel geschafft, um die Quartier und die Unterstützung für ein Leben in der eige-
Situation von Obdachlosen zu verbessern: vom kostenlosen nen Wohnung im Alter auszubauen. Diese Ziele müssen nun
Personalausweis über eine bessere medizinische Versorgung mit Leben gefüllt werden. Damit dies gelingen kann, ist ein
bis hin zur Schaffung von Housing First in Bremen. Trotzdem Netz aus wohnortnahen Strukturen und Angeboten nötig.
liegt noch ein langer Weg vor uns, um Wohnungslosigkeit und Dazu zählen neue und bezahlbare Wohnkonzepte wie bei-
Wohnungsnot in unserem Bundesland zu überwinden. spielsweise Alten-WGs, Mehrgenerationenhäuser oder auch
Wohngruppen, aber auch alters- und behindertengerechtes
Wir wollen Angebote schaffen, die speziell auf die Bedürfnis- Wohnen, um in der eigenen Wohnung weiter leben zu können.
se weiblicher Obdachlosigkeit ausgerichtet sind. Dafür setzen
wir uns für einen Tagestreff sowie für Notunterkünfte nur für Dazu müssen aber auch sorgende Strukturen aufgebaut
Frauen ein, die dabei in räumlicher Entfernung von anderen werden, die ältere Menschen unterstützen, etwa durch prä-
Notunterkünften liegen. ventive Hausbesuche und Pflegeberatung zu Hause, durch
Einkaufshilfe, durch niedrigschwellige und wohnortnahe
Housing First als Regelangebot Unterstützung für pflegende Angehörige. Wir fordern daher,
zunächst in einkommensarmen Stadtteilen, den gezielten
Mit der Einführung des Pilotprojekts Housing First haben wir Aufbau einer öffentlichen ambulanten Pflege- und Gesund-
einen Paradigmenwechsel in der Obdachlosenhilfe vollzo- heitsversorgung. Um pflegenden Angehörigen Zeit für eine
gen, der auf unsere Initiative zurückgeht. Durch Housing First menschliche, nahe und gute Pflege zu ermöglichen, wollen
erhalten obdachlose Menschen zunächst eine eigene Woh- wir uns im Bund für ein Pflegegeld äquivalent zum Elterngeld
nung und begleitende sozialarbeiterische Unterstützung. Die- einsetzen. Pflegende Angehörige bekämen so für 12 Monate
ser Ansatz hat sich in Bremen und international bewährt. Wir (Basis-Pflegegeld) oder 24 Monate (Pflegegeld-Plus) eine
setzen uns dafür ein, dass Housing First ausgebaut und zum prozentuale Lohnersatzleistung ausgezahlt, die finanzielle
Sozialer Zusammenhalt in der Veränderung 13

Härten während der Pflegezeit abfedert. Hierdurch kann bes- der Versorgung und einer Überlastung der Beschäftigten
tenfalls auch eine bessere und fairere Lastenverteilung von bei steigenden Kosten führt. Wo sonst sollen hohe Renditen
Care-Arbeit erzielt werden. herkommen? Als LINKE setzen wir uns dafür ein, Wege zu
finden, um gemeinwohlorientierten Anbietern Vorrang zu ge-
Auch ehrenamtliche und nachbarschaftliche Hilfen, um Se- ben. Perspektivisch ist unser Ziel, Alten- und Pflegeheime, die
nior*innen weiter in die Angebote in ihrem Quartier einzubin- Finanzinvestoren gehören, zu rekommunalisieren. Daseins-
den, müssen gestärkt und finanziell unterstützt werden. Sie vorsorge und insbesondere die Versorgung älterer Menschen
sollen in den kommunalen Gesundheits- und Sorgezentren sollen kein Anlageobjekt sein, sondern gehören in gemein-
angebunden werden. nützige oder öffentliche Hand.

Immer mehr Menschen leben allein. Um einer Vereinsamung Zur Fachkräftesicherung im Bereich der Pflege wurden bereits
im Alter entgegenzuwirken, ist dringend ein breites Angebot verschiedene Maßnahmen zur Ausbildungsförderung, wie
an sozialer Infrastruktur auszubauen, das Gesundheits- und z. B. eine neue einjährige generalistisch ausgerichtete Aus-
Sorgezentren, Stadtteilzentren, Beratungsstellen, Senior*in- bildung als Nachfolge der Altenpflegehilfeausbildung, ent-
nenbegegnungsstätten und Mobilitätsdienste zu einem wickelt. Wir wollen weiterhin in Kooperation mit der Agentur
niedrigschwelligen und wohnortnahen Angebot verbindet. für Arbeit die Qualifizierung von angelernten Beschäftigten in
Unabdingbar ist es auch, für eine senior*innengerechte der Altenpflegehilfe fördern, was auch für die Nachfolgeaus-
Infra- und Dienstleistungsstruktur Vorkehrungen wie aus- bildung in der Pflegefachhilfe möglich sein wird. Wir wollen
reichende Wegebeleuchtung und öffentliche Toiletten, bar- die Umsetzung einer Kommunikations- und Werbekampagne
rierefreie Zugänge zu öffentlichen Einrichtungen und einen im Bereich der Pflege fortsetzen.
barrierefreien und kostenfreien öffentlichen Nahverkehr zu
treffen. Auch Angebote zur Unterstützung digitaler Kompe- Der Großteil der Kosten für stationäre Pflege muss von den
tenz sollten im Quartier stattfinden. Wir wollen 1.000 neue Pflegebedürftigen selbst getragen werden, die Pflegever-
Bänke bis 2025 schaffen, die alle Menschen als Ruheinseln sicherung zahlt nur einen begrenzten Teil. Für alle, die nicht
dienen. Aufenthalts- und Sitzmöglichkeiten gehören auch in über mindestens 2.500 Euro Rente verfügen, ist damit klar:
den „Bremer Standard“ für alle Neubauvorhaben. Wer stationäre Pflege braucht, beendet sein Leben in der
Grundsicherung und muss vorher sein gesamtes Erspartes
Altenpflege aufbrauchen. Das ist unwürdig und ungerecht. Und es be-
deutet, dass für immer mehr Menschen bei stationärer Pflege
Zur Unterstützung für pflegende Familienangehörige werden die Sozialämter einspringen müssen und entsprechend große
Pflegeheime mit Leistungen wie Tagespflege, Kurzzeit- und Summen aus Steuergeldern finanziert werden. Wir setzen uns
Verhinderungspflege benötigt. Für Menschen, die nicht in daher auf Bundesebene für den Umbau der Pflegeversiche-
der eigenen Wohnung gepflegt werden können oder wollen, rung zu einer Vollversicherung ein.
braucht es Angebote stationärer Altenpflege, die größtmög-
liche Autonomie bei gleichzeitig guter Versorgung gewähr- Die Einhaltung der neuen Tarifpflicht für Beschäftigte bei
leisten. Leider ist dies bundesweit und in Bremen nicht immer ambulanten Pflegediensten und in Pflegeheimen muss ent-
der Fall – eher ist die Stationäre Altenpflege zu einem neuen sprechend kontrolliert werden. Das Ziel bleibt weiterhin ein
Feld von Finanzspekulation geworden. allgemeinverbindlicher Tarif für alle Pflegebeschäftigten –
wenn schon nicht bundesweit, dann wenigstens in Bremen
Mit der Einführung der Pflegeversicherung 1995 wurde der und Bremerhaven.
Pflegemarkt, der bis dahin vor allem von Wohlfahrtsverbän-

Klimaschutz
den, kirchlichen, kommunalen und gemeinwohlorientierten
Trägern dominiert war, für private Akteure geöffnet. Damit
konnte zwar der Mangel an Heimen schneller überwunden
werden, jedoch auf Kosten der Bewohner*innen und der Die kapitalistische Wachstumslogik zerstört unsere Lebens-
Beschäftigten. Waren es zunächst kleine regionale Unterneh- grundlagen auf diesem Planeten. Umwelt- und Klimapolitik
men, kam es im Laufe der Jahre zu enormen Konzentrations- sind deshalb für DIE LINKE zentrale Bestandteile der sozial-
prozessen und einer Transnationalisierung der dort tätigen ökologischen Wende unserer Gesellschaft. Nur mit dem Er-
Konzerne. Inzwischen sind die meisten großen Pflegekonzer- halt gesunder Ökosysteme können wir das Klima und damit
ne börsennotiert, z. B. beim französischen Marktführer Orpea uns schützen.
hat sich der Aktienkurs seit 2015 verdoppelt. Seit etwa fünf
Jahren erschließen außerdem Private-Equity-Fonds das Feld. Wir wollen, dass Bremen und Bremerhaven bis 2038 klima-
Etwa 40 Prozent der Heime in Bremen gehören solchen Kon- neutral sind. Das heißt: Im Jahr 2038 soll das Bundesland
zernen, die ihren Investoren teils zweistellige Renditen ermög- nur noch in minimalem Umfang CO₂ und andere schädliche
lichen. Die Folge sind schlechte Arbeitsbedingungen mit teils Treibhausgase freisetzen. Das Land Bremen hat als erstes
nicht legalen Vertragskonstruktionen, schlechte Löhne, Union Bundesland eine Klima-Enquetekommission eingesetzt, um
Busting und häufig miserable Versorgungssituationen. Für herauszufinden, wie das Land Bremen klimaneutral werden
bessere Kontrollen braucht es eine personelle Verdoppelung kann. Die Ergebnisse der Enquete wollen wir umsetzen: den
der Wohn- und Betreuungsaufsicht. In den konzernbetriebe- beschriebenen Pfad, die Zwischenziele für einzelne Jahre, die
nen Einrichtungen werden überdurchschnittliche Gewinne Ziele für einzelne Sektoren (Energie/Abfall, Industrie, Gebäu-
erzielt. Hier muss regulierend eingegriffen werden, wofür wir de/Wohnen, Verkehr/Mobilität) und die vorgeschlagenen
uns als LINKE starkmachen. Maßnahmen. Damit leisten Bremen und Bremerhaven ihren
Beitrag zum Pariser Klimaziel, die Erderwärmung möglichst
Es ist klar, dass kapitalistische Gewinnorientierung im Be- auf 1,5 Grad zu begrenzen.
reich sozialer Daseinsvorsorge zu einer Verschlechterung
14 Sozialer Zusammenhalt in der Veränderung

Die rot-grün-rote Landesregierung hat einen Klimaschutzplan maligen Bremer Kohlekraftwerke werden für die Herstellung,
erarbeitet, der die wirkungsstärksten Maßnahmen besonders Lagerung und Verteilung von Wasserstoff benötigt, auch um
intensiv vorantreiben soll („Fastlane“). Die erforderlichen In- die Versiegelung weiterer Flächen zu vermeiden. Bremen
vestitionen wollen wir aus einem Klimafonds finanzieren, für muss auf Bundesebene den Druck für die Förderung und die
den das Land Sonderkredite aufnimmt (weil die Klimakrise weitere Erforschung von grünem Wasserstoff erhöhen. Beim
eine außerordentliche Notlage ist). Der Klimafonds muss Ankauf von grünem Wasserstoff aus anderen Ländern müs-
auch die erheblichen Maßnahmen finanzieren, die zum sen dringend soziale und ökologische Standards eingehalten
sozialen und wirtschaftlichen Ausgleich erforderlich sind – werden.
damit der Weg zur Klimaneutralität für alle sozial gerecht und
fair abläuft. Stromwende

Der Plan der Klima-Enquete ist keine Checkbox, die man nur Ein wichtiger Faktor der Klimawende ist Strom: für grüne
abhaken muss. Er zeigt auf, was realistisch möglich ist, wenn Stahlproduktion, Wärmepumpen, E-Mobilität und vieles
entsprechende Anstrengungen unternommen werden. Die andere. Das bringt alles nichts, wenn der Strom selbst nicht
Ergebnisse der Enquetekommission müssen auch zukünftig klimaneutral aus erneuerbaren Energien erzeugt wird.
an neue wissenschaftliche Erkenntnisse angepasst und mit
neuen Themenfeldern wie der Überschreitung anderer pla- Die Enquete hat dafür ambitionierte Ausbauziele errechnet
netarer Grenzen in einem stetigen Prozess erweitert werden. für Onshore-Windkraft und Solarenergie. Im Bereich der
Dafür müssen Stadt und Land die notwendigen technischen, Windkraft ist dafür die Ausweisung neuer Vorrangflächen
rechtlichen, finanziellen und wirtschaftlichen Rahmenbe- erforderlich, die überwiegend nur auf landwirtschaftlichen
dingungen schaffen. Ein wichtiger Umsetzungsfaktor sind oder Naturschutzflächen liegen können. Die Gewerbege-
öffentliche Unternehmen und Einrichtungen, auch neu zu biete müssen ihren Beitrag leisten, können aber nur einen
schaffende, wie z. B. ein kommunales Energieversorgungs- kleinen Teil stellen.
unternehmen. Denn private Unternehmen kann man nicht
auf politische Ziele verpflichten. Teilweise werden langfristige Mit dem Programm Solar Cities und dem neuen Gewerbe-
Aufträge ausgesprochen werden müssen, deren Details erst entwicklungsplan wurden wichtige Grundsteine gelegt, um
zu späteren Zeitpunkten verhandelt werden können. Das den Ausbau von Windkraft und Solarenergie zu fördern. Die
ist mit privatwirtschaftlichen Unternehmen keine gute Idee. Umsetzung beider Programme beinhaltet einen massiven
Das Vergaberecht muss so angepasst werden, dass private Ausbau von Solaranlagen auf allen Flächen Bremens (sowohl
Unternehmen entsprechend ihrer Kompetenz, Verlässlichkeit Dächer als auch Fassaden), wo dies technisch möglich ist. Für
und Kooperationsbereitschaft eingebunden werden – und Fälle, wo sich z. B. die Statik nicht eignet, muss nachgerüstet
nicht der, der sich das billigste Angebot ausdenkt und später werden. Hierfür bedarf es gezielter Förderung. Außerdem
vielleicht gar nicht liefern kann. Für den Weg zur Klimaneut- müssen auch die Regeln des Denkmalschutzes überprüft
ralität haben wir nur einen Schuss – die bisherigen kapitalisti- werden, damit auch denkmalgeschützte Häuser mit Solar­
schen Marktmethoden sind dafür nicht geeignet. anlagen ausgestattet werden können.

Produktionswende Wir wollen für kommunale Wohnungsgesellschaften eine


Solarpflicht einführen. Außerdem müssen auch (private)
Lange Zeit waren wir als LINKE die einzigen, die forderten, Parkplätze, Autobahnen und Lärmschutzwände mit Solar-
das Stahlwerk (das etwa die Hälfte der CO₂-Emissionen anlagen überdacht bzw. bestückt werden. Alle Bremer*innen
des Landes Bremen verursacht) in die Klimabilanz und die sollten sich an der Energiewende beteiligen können, Bal-
Klimastrategie des Bundeslandes einzubeziehen. Mit der En- konsolaranlagen müssen dauerhaft gefördert werden, die
quete-Kommission ist das jetzt zur Grundlage geworden. Der technischen Anpassungen in den Wohnungen dafür müssen
Umbau zu einer klimaneutralen Stahlproduktion ist einer kostenlos von Wesernetz übernommen werden. Für die Um-
der wichtigsten Beiträge Bremens zur Klimapolitik und muss setzung der Energiewende wollen wir die Ausbildung von
vom Land mit aller Kraft unterstützt werden. Dies ist möglich, Techniker*innen für Solarenergie verstärkt vorantreiben.
wenn der Hochofen 2 durch eine Direktreduktionsanlage mit
grünem Wasserstoff ersetzt wird. Auf dem Weg dorthin wird Alte Windkraftanlagen müssen durch neue leistungsstärkere
ein Elektrolyseur eingerichtet, und die hohen Strombedarfe Anlagen ausgetauscht (repowered) werden. Außerdem muss
müssen durch eine Trasse gedeckt werden, die die Verbin- noch stärker in Offshore-Anlagen investiert werden. Anlagen
dung zur Stromproduktion aus Offshore-Windkraft herstellt. auf See produzieren viel gleichmäßiger Strom als Anlagen
Für all das muss das Land vor allem die Kofinanzierung der an Land, dadurch werden weniger Speicher benötigt. Hier
Fördergelder des Bundes und der EU sicherstellen. Ebenso sollte sich Bremen direkt an den Anlagen beteiligen. Geprüft
müssen weitere Projekte zur Entwicklung der „Wasserstoff- werden müssen auch Beteiligungen an Windparks in Nieder-
region“ Bremen und Bremerhaven finanziert werden, um bei sachsen.
der Vergabe von Fördermitteln vorne mit dabei zu sein.
Für beide Energiearten gilt aber auch, dass das Stromnetz
Parallele Anstrengungen zur Produktionswende in der Indust- angepasst werden muss und Speicher ausgebaut werden
rie betreffen vor allem die Nahrungsmittelindustrie, die Kera- müssen. Zudem müssen kleinteilige quartiersbezogene
mikproduktion und die Kfz-Herstellung. und partizipative Energienetze geplant, ausgebaut und
gefördert werden. Hierzu gehören Mieterstrommodelle und
Bremen ist mit seiner Wasserstoffstrategie auf dem richtigen Energiegenossenschaften. Für die Erarbeitung von Konzep-
Weg. Allerdings müssen Windparks auf See unter Bremer ten fordern wir Klimaschutzmanager*innen in den einzelnen
Beteiligung schnellstmöglich realisiert werden und die nöti- Quartieren. Da die Energiewende sowohl kostenintensiv ist
gen Stromtrassen ausgebaut werden. Die Flächen der ehe- als auch einen hohen Grad an Planung, Organisation und
Sozialer Zusammenhalt in der Veränderung 15

Vernetzung bedeutet, ist es sinnvoll, ein eigenes kommunales Daneben braucht es eine direkte Beratung: Stromsparbera-
Energieunternehmen für die dezentrale Versorgung Bremens tungen müssen überall in Bremen kostenlos und dezentral
aufzubauen. Natürlich muss dieses kommunale Energieunter- erfolgen, Beratung und Planung von Sanierungsmaßnahmen
nehmen wirtschaftlich arbeiten. Die heutige perverse Logik, müssen aus einer Hand erfolgen, hierzu muss die Bremer
dass Wirtschaftlichkeit immer mit dem Erzielen von Rendite Energieberatungsagentur energiekonsens zu einem Kom-
verknüpft ist, wollen wir durchbrechen, indem sich das kom- petenzzentrum ausgebaut werden. Außerdem brauchen wir
munale Energieunternehmen verpflichtet, nicht renditeorien- ähnlich der erfolgreichen Bremer Corona-Impfkampagne
tiert zu agieren. eine Kampagne mit einer klaren Kommunikationsstrategie
und der Vermittlung von Informationsflüssen zu den Themen
Wärmewende energetische Sanierung und Energiesparen.

Knapp ein Drittel des CO₂-Ausstoßes in Deutschland, auch Ein weiterer Faktor ist die Rohstoffgewinnung. Für die Umset-
in Bremen, kommt aus dem Gebäudesektor. Hier muss in zung der Energiewende werden wichtige Ressourcen benötigt,
den nächsten Jahren besonders viel besonders schnell getan sowohl für die Herstellung von Windkraftanlagen, Solarpanels
werden. Die Maßnahmen wollen wir in einem Landeswärme- und Wasserstoffkatalysatoren als auch für die Speicherbatte-
gesetz absichern und einen Landeswärmeplan erstellen. rien. Der Abbau der meisten Ressourcen ist hinsichtlich öko-
logischer und sozialer Aspekte kritisch, es kommt zu Raubbau
Zum einen muss die Sanierungsquote in Bremen dringend an der Natur und zu schweren Menschenrechtsverletzungen,
erhöht werden: laut Enquete-Bericht von momentan 1,35 auf zudem sind einige der Rohstoffe bereits jetzt knapp. Daher
3,2 Prozent pro Jahr. Bei der Sanierung von Wohngebäuden spielt auch für das Gelingen der Energiewende der Ausbau
stehen für uns die Gebäude im Vordergrund, bei denen die einer echten Kreislaufwirtschaft eine wichtige Rolle. Zukünf-
Energiebilanz besonders schlecht aussieht. Zum anderen tig sollten über 99 Prozent der Rohstoffe wiederaufbereitet
muss bei Neubauten der Passivhaus-Bau zum Standard wer- und wiederverwendet werden. Hierfür muss in Bremen die
den und die Energie-Infrastruktur entsprechend aus- und um- Infrastruktur geschaffen und müssen auf Bundes- und Europa-
gebaut werden. ebene die Rahmenbedingungen verschärft werden.

Für die Wärmewende braucht es: Verkehrswende


• Einen intelligenten Ausbau der Fernwärme. Darunter
verstehen wir den zielgerichteten Ausbau in Quartieren, Bis 2030 muss der PKW-Verkehr mindestens um 30 Prozent
in denen Wärmeversorgung ohne fossile Energieträger reduziert werden. Was übrig bleibt, muss mindestens zu
zurzeit nicht möglich ist, z. B. die Innenstadt. 50 Prozent aus E-Mobilität bestehen. Für die Reduzierung
des PKW-Verkehrs wollen wir das gesamte Land in den Blick
• Individuelle, möglichst bald standardisierte Lösungen wie nehmen, nicht nur die Innenstadt oder die innenstadtnahen
Wärmepumpen und PV-Thermie. Gebiete.

• Stadtteilbezogene Konzepte für Anergie- und Nah- Dreh- und Angelpunkte sind:
wärmenetze. Anergienetze sehen wir als hervorragende • Das Angebot eines preisgünstigen und leistungsfähigen
Alternative für eine dezentral organisierte Wärmever- ÖPNV, der eine echte Alternative für die meisten Fahrten
sorgung. Anergienetze bieten die Möglichkeit, in bebauten darstellt und dem gegenüber der PKW nur wenig oder gar
Quartieren Geothermie als Wärmequelle zu nutzen. keine Zeitersparnis bringt. Wir wollen die Einführung des
ticketfreien ÖPNV und eine beschleunigte Ausbauplanung.
• Saisonwärmespeicher und Wärmepumpen in der Weser
sowie vermehrt Abwärme aus der Industrie. • Eine Untersuchung, wie in Bremen ein Verbindungsnetz
aufgebaut werden kann, das ähnlich schnell und leistungs-
Die Kommune muss beim Aus- und Umbau der Energie-Infra- fähig ist wie eine Metro.
struktur eine Schlüsselrolle spielen. Rekommunalisierungen
und/oder Neugründungen von Energieversorgern sind zu • Smarte Carsharing-Angebote, die es u. a. Pendler*innen
prüfen, etwa in Form von Genossenschaften oder von kom- ermöglichen, kostenneutral solche Angebote anzunehmen.
munalen Unternehmen, die den Aufbau und den Betrieb von Bremen muss, laut einer Studie der Universität Kassel,
Wärme- und Kühlnetzen übernehmen. 176 Millionen Euro jährlich aufbringen, um den jetzigen
PKW-Verkehr zu gewährleisten. Es ist denkbar, dass das
Damit die Wärmewende nicht zulasten von Mieter*innen Land Bremen, zeitlich begrenzt, Carsharing-Unternehmen
geht, sind Warmmietenneutralität und eine Fortführung der finanziell unterstützt, um entsprechende Angebote zu
Sozialbindung Bedingungen für staatliche Fördermittel bei entwickeln.
der Sanierung. Mieter*innenstrommodelle wollen wir bes-
ser fördern und uns auf Bundesebene dafür einsetzen, dass • Die Universität Bremen wollen wir auffordern, eine App zu
rechtliche Hürden gesenkt werden. Außerdem braucht es entwickeln, die es ermöglicht, unterschiedliche Verkehrs-
spezielle Förderprogramme insbesondere für ältere und/oder mittel, ob ÖPNV, Carsharing, Bikesharing etc., zu buchen,
einkommensschwache Gebäudebesitzer*innen durch geför- um von A nach B zu kommen. Damit wird eine schnelle und
derte Kredite (gegen Grundbucheintrag). Insgesamt muss die einfache Nutzung des Umweltverbundes erzielt.
Förderstruktur komplett zugunsten von einkommensschwa-
chen Menschen geändert werden und schädliche Subventio- Wesentliche Ausbauziele für ÖPNV, Carsharing, Rad- und
nen abgeschafft werden, hierzu muss Bremen den Druck auf Fußverkehr sowie Festlegungen zur Umverteilung von Inves-
Bundesebene erhöhen. titionen zugunsten des Umweltverbunds wollen wir in einem
Mobilitätsgesetz festhalten.
16 Sozialer Zusammenhalt in der Veränderung

Gerechtigkeitswende werden, klimaresiliente Pflanzen gepflanzt sowie Regenwasser


aufgefangen und möglichst verdunstet oder versickert werden.
Die Umstellung auf klimaneutrales Produzieren, Arbeiten, Wissen über das richtige Verhalten im Katastrophenfall muss
Wohnen und Mobilsein stellt alle vor große Herausforderun- durch Informationskampagnen besser verbreitet werden.
gen. Der Umbau muss so gestaltet werden, dass er gerecht
verläuft: Menschen und Haushalte mit schmalerem Budget Auch wissen wir spätestens seit dem letzten IPCC-Bericht,
dürfen keine Einkommensverluste dadurch erleiden; Be- dass Menschen unterschiedlich vulnerabel gegenüber den
schäftigte müssen ihre Arbeit behalten (auch wenn sie sich Folgen der Klimakrise sind. Dies kann sich ebenfalls im Stadt-
vielleicht ändert); kleine und mittlere Betriebe müssen bei der bild ausdrücken. Es sind nämlich die unsanierten Wohnungen
Umstellung unterstützt werden. Die Umstellung zur Klima- in Stadtteilen mit hoher Versiegelung und ohne viel Grün-
neutralität muss sozial erfolgen, das ist eine eigenständige fläche, wo der Hitzestau am größten ist und Starkregen nicht
Aufgabe, die für uns LINKE einen zentralen Platz in allen versickern kann. Würden diese Flächen nun entsiegelt werden
­Klimaschutzstrategien haben muss. und die Wohnungen saniert, muss sichergestellt werden, dass
es nicht zu Vertreibungseffekten kommt.
Fakt ist: Menschen mit geringem Einkommen haben schon
jetzt den niedrigsten CO₂-Fußabdruck in Deutschland. Die DIE LINKE will sich daher dafür einsetzen, dass für die Städte
PKW-Dichte ist in Gröpelingen am niedrigsten, weil sich viele Bremen und Bremerhaven einheitliche Aktionspläne für Kli-
Einwohner*innen dort gar kein Auto mehr leisten können – maresilienz geschrieben und in der nächsten Wahlperiode
aber der ÖPNV wird nicht besser. Es wird am Heizen und am auch umgesetzt werden. Hierbei sollen auch die sozialen
Stromverbrauch gespart, nicht mit besseren Geräten und smar- Verhältnisse in den Fokus genommen werden. Dazu zählen
ter Steuerung, sondern indem es zu kalt und zu dunkel ist – bis die Anpassung des Gesundheitswesens an die Klimakrise und
hin zur Energiesperre. Solchen Formen einer „Klimawende“ ihre gesundheitlichen Folgen, die Förderung von regionalen
widersetzen wir uns aufs Schärfste. Steuerung über den Preis und städtischen Anbaumethoden zur Lebensmittelversor-
ist nur akzeptabel, wenn es für diejenigen, die ohnehin schon gung, Entsiegelung und Schaffung von Naherholungsge-
rechnen müssen, preiswerte und leistbare Alternativen gibt. bieten, die Erhöhung der Anzahl an Trinkwasserbrunnen im
Zuallererst gilt: Wer durch seinen Lebensstil besonders viel Stadtgebiet sowie die Förderung von öffentlichen gekühlten
CO₂ verursacht, muss dementsprechend auch einen höheren Orten und Gemeinschaftsgärten. Hierbei ist es auch wichtig,
Beitrag zur Klimawende leisten. Es gibt einen deutlichen Zu- Synergien mit dem Klimaschutz herauszustellen und zu nut-
sammenhang zwischen CO₂-Ausstoß und Reichtum. zen, wie beispielsweise den Ausbau der Fernwärmeleitung
und gleichzeitigem Kühlnetz für gesellschaftlich wichtige Orte
Daher fordern wir, dass die Auswirkungen auf Menschen der Versorgung und Infrastruktur. Eine klimaresiliente Stadt
und Haushalte mit geringen Einkommen bei klimapolitischen bedeutet für DIE LINKE, eine Stadt zu schaffen, die allen Teil-
Beschlussvorlagen in Senat, Ausschüssen und Deputationen habe ermöglicht und somit lebenswert ist!
geprüft und dargestellt wird.
Alle mitnehmen beim Klimaschutz!
Eine sozial-ökologisch gestaltete Klimawende ermöglicht
uns ein besseres Leben. Ein Leben mit weniger Arbeit, mehr Damit der Umbau zur Klimaneutralität gelingt, müssen wir
Freizeit, weniger Druck, weniger Stress, weniger Lärm, mehr die gesamte Stadtgesellschaft mitnehmen. Energetische
Zeit für Freund*innen und Familie, für Care- und Beziehungs- Sanierungen, der Fern- und Nahwärmenetzeausbau für die
arbeit, mit einer saubereren Umwelt und Umgebung und der Wärmewende, Straßenumbauten für die Mobilitätswende,
Gewissheit, dass die Generationen nach uns ein gutes Leben die Anpassung der Stadt an den Klimawandel: All das wird
haben werden. Wir leben nicht „alle über unsere Verhältnis- umfassende und für die Bremer*innen zeitweise auch ner-
se“, wir leben kollektiv falsch. Wohlstand muss neu definiert vige Baumaßnahmen mit sich bringen. Nach Vorbild der
werden. Produktionswende, Energiewende, Wärmewende Corona-Kampagne wollen wir alle Bürger*innen für die Not-
und Verkehrswende sind möglich, wenn sie politisch gewollt wendigkeit des Klimaumbaus sensibilisieren und sie mit ziel-
sind. Wir wollen genau das. gruppengerechten und aktivierenden Beteiligungsformaten
frühzeitig ins Boot holen.
Auch Klimaanpassung muss sozial gerecht sein
Wir wollen den Umbau zur Klimaneutralität und die Demo-
Während Klimaschutz alle Maßnahmen beschreibt, die da- kratisierung des städtischen Raums miteinander verbinden.
rauf abzielen, den Anstieg der Erderwärmung zu begrenzen Dazu gehört auch, dass die Stadt Platz für das „gute Leben
und die CO₂-Freisetzung zu verringern, handelt Klimaan- für alle“ bietet, unabhängig vom Geldbeutel. Wir wollen mehr
passung von Maßnahmen, mit denen wir uns auf die bereits konsumfreie Zonen, Spiel- und Treffplätze und Freiflächen,
unvermeidlichen Auswirkungen der Klimakrise einstellen. die Bürger*innen gemeinsam entwickeln können. Wir wollen
Klimaanpassung ist kein Ersatz für Klimaschutz, aber ein Poli- fest institutionalisierte und dauerhaft kommunal finanzierte
tikfeld, das immer drängender wird. Repair Cafés und Materialtauschbörsen in allen Stadtteilen.

Viele Folgen der Klimakrise sind bereits jetzt schon spürbar Sozial- und jugendpädagogische Angebote aus dem Bereich
und klar ist, wir werden mit mehr Extremwettereignissen wie Klimaschutz wollen wir fördern und ausbauen. (Klimabe-
Hitzewellen, Starkregenereignissen, Flutkatastrophen, Was- wusstes) Kochen und Basiskompetenzen im Reparieren von
serknappheit und auch Bränden in Bremen und Bremerhaven Alltagsgegenständen sollen Teil der schulischen Curricula
leben müssen. werden. Für mehr Verständnis für die Zusammenhänge von
Umwelt, Landwirtschaft und Ernährung wollen wir schulische
Schneller müssen im Land Bremen die Deiche erhöht werden, und/oder kinder- und jugendpädagogische Angebote des
Flächen entsiegelt, Kühlräume und Schattenplätze geschaffen Stadt-Land-Austausches ins Leben rufen.
Sozialer Zusammenhalt in der Veränderung 17

Gesundheit
Die seit letztem Jahr vor Ort eingesetzten Gesundheitsfach-
kräfte in den Quartieren haben sich sehr bewährt, stützen
die Gesundheitsprävention und -versorgung und sind auszu-
Gesundheit und Krankheit sind auch im 21. Jahrhundert nicht bauen sowie über 2023 hinaus zu verstetigen!
allein persönliches Schicksal, sondern Ausdruck unserer sozia-
len Lebenssituationen. Wohnen, Arbeit, Familie, Geschlecht, Hebammen und Hebammenzentren
Herkunft, Armut, Lärm und Gewalt – all diese Faktoren be-
stimmen über unsere Gesundheit und auch über unsere Ge- Die Versorgung von Schwangeren und Frauen nach der Ge-
sundheitsversorgung. Menschen in Armut sterben weiterhin burt durch Hebammen muss wohnortnah gesichert sein.
früher und sind häufiger schwer krank. Trotzdem gibt es in Aufgrund unzureichender Bezahlung und hohen Summen für
den Bremer Stadtteilen, wo mehr ärmere Menschen wohnen, Haftpflichtversicherungen von Hebammen ist diese wichtige
häufig weniger Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen als Versorgung gefährdet. Fast drei Viertel der Hebammen im
in wohlhabenden Stadtbezirken. Diese gesundheitliche Un- Land Bremen geben an, mindestens einmal pro Woche eine
gleichheit wollen wir mit allen uns zur Verfügung stehenden Betreuungsanfrage einer schwangeren Frau abzulehnen.
Mitteln bekämpfen. Im Mittelpunkt einer ganzheitlichen
Gesundheitspolitik stehen, neben den großen strukturellen Wir wollen Hebammenzentren als Teil der Gesundheits- und
Herausforderungen im Gesundheitssektor, somit all jene, die Sorgezentren in den jeweiligen Stadtteilen auf- bzw. aus-
aufgrund ihres Geschlechts, ihrer Hautfarbe, ihrer Herkunft bauen, um eine gute Versorgung zu sichern. Das inzwischen
oder ihres Sozialstatus von der gesundheitlichen Ungleich- eingerichtete Hebammenzentrum in Osterholz ist ein erster
heit besonders betroffen sind: Frauen, Menschen in Armut, wichtiger Meilenstein, andere Hebammenzentren müssen
Menschen mit Behinderungen und Menschen mit Migrations- folgen.
hintergrund.
Über Bundesratsinitiativen setzen wir uns für eine grund-
Mit Gesundheits- und Sorgezentren zu einer guten legende, bundesweite Lösung der wirtschaftlich nicht dar-
Versorgung in allen Lebenslagen stellbaren Haftpflichtversicherung für Hebammen ein. Das
System der Beleghebammen muss wieder eingeführt wer-
Als zentralen Baustein zur Verbesserung der gesundheitlichen den. Sie sichern eine Eins-zu-eins-Betreuung der Gebärenden
Chancengleichheit fordern wir die Schaffung von wohnort- und können so zu einer stressfreien, guten Geburt beitragen.
nah, integrativ, barrierefrei und partizipativ organisierten Das von vielen Frauen genutzte Angebot des hebammenge-
Gesundheits- und Sorgezentren in öffentlicher Hand. In die- leiteten Kreißsaals am Klinikum Bremerhaven-Reinkenheide
sen sollen die Bürger*innen ein Angebot von Allgemein- und wollen wir auf andere Kliniken im Land Bremen ausweiten.
Fachärzt*innen, Pflegepersonal, Sozialarbeiter*innen, Heb- Wir wollen damit natürliche Geburten fördern und die hohe
ammen sowie vielfältigem Beratungs- und Betreuungsperso- Kaiserschnittrate senken. Die Ergebnisse des Runden Tisches
nal vorfinden, die mit ihnen auf Augenhöhe arbeiten. Neben „Natürliche Geburt“ sollen verpflichtend für die Geburtsklini-
der Behandlung von Erkrankungen sind die Zentren auch ken verankert werden.
dafür da, gesundheitsfördernde und belastende Faktoren in
den jeweiligen Stadtteilen zu erfassen und geeignete Maß- Das Angebot der Familienhebammen und Frühen Hilfen für
nahmen anzubieten, um die Gesundheit der Bevölkerung vor Frauen, Alleinerziehende und Familien in schwierigen sozia-
Ort zu verbessern und zu fördern. len und finanziellen Situationen muss ausgebaut werden und
sollte perspektivisch über die aufzubauenden Gesundheits-
Zudem soll neben der Sicherung der gesundheitlichen, inter- und Sorgezentren organisiert werden.
disziplinären Versorgung auch Sorgearbeit in den Vorder-
grund rücken: Es sollen z. B. für pflegende Angehörige und Bei aktuell leergefegtem Arbeitsmarkt brauchen wir eine
Eltern, aber auch für Senior*innen und andere Menschen, die Ausbildungsoffensive. Nachdem die berufsschulische Heb-
für sich selbst Unterstützung brauchen, Angebote der Selbsthil- ammenausbildung ihre letzten Kurse zum 31. Dezember 2022
fe und Interessenvertretung sowie Vernetzungsorte und Bera- starten darf, bedeutet das die Notwendigkeit eines erhebli-
tungsangebote geschaffen werden. Sorgearbeit ist für uns die chen Ausbaus der Hebammenstudienplätze im Land Bremen.
Arbeit, sich um sich selbst und um andere zu kümmern, sie im
Alltag und in besonderen Lebenssituationen zu unterstützen. Gesundheit und Frauen

Unser Ziel ist es, in besonders von Armut betroffenen Stadt- Neben dem erhöhten Armuts- und Gesundheitsrisiko von
teilen im Bremer Norden, Osten, Süden und Westen Ge- Frauen in bestimmten Lebenslagen (Altersarmut, Alleinerzie-
sundheits- und Sorgezentren zu etablieren. Dabei müssen die hende etc.) lassen sich in Bremen die Themen Schwanger-
Gesundheits- und Sorgezentren an die jeweiligen Stadtteile schaft, Schwangerschaftsabbruch und Hebammenversor-
angepasst sein und die dort vorhandenen Angebote unter- gung als besondere Barrieren einer guten Frauengesundheit
stützen und ausweiten, um den Bedarfen der Bewohner*in- nennen. Insbesondere in armutsbetroffenen Stadtteilen gibt
nen gerecht zu werden. Erfahrungen aus vergleichbaren es eine sich zunehmend verschlechternde Versorgungslage
Projekten wie „LIGA“ in Gröpelingen wollen wir bei der Ent- mit gynäkologischen Fachärzt*innen und Hebammen.
wicklung der Zentren berücksichtigen. Für die Umsetzung sind
ressortübergreifende Strukturen und eine interdisziplinäre Darüber hinaus besteht weltweit ein Nachholbedarf bei der
Zusammenarbeit notwendig. Mit einer wissenschaftlichen Erforschung von Erkrankungen, die vorrangig Frauen be-
Begleitung und Evaluation möchten wir die Grundlage für die treffen, sowie deren korrekter Behandlung. Durch die vorherr-
(Weiter-)Entwicklung neuer und bestehender Gesundheits- schenden Strukturen in Forschung und Wissenschaft galt lan-
und Sorgezentren schaffen und diese sukzessive auf alle ge Zeit der männliche Körper als Norm bei der Erforschung
Stadtteile ausweiten. von Krankheiten und deren medikamentöser Therapie (Gen-
18 Sozialer Zusammenhalt in der Veränderung

der-Data-Gap). Diese Forschungslücken wollen wir durch die Gesundheit und Migration
Förderung von entsprechenden Forschungsvorhaben auch im
Bundesland Bremen verringern. Mittels einer Informations- Das Menschenrecht auf Gesundheit wird für Menschen mit
offensive zu frauenspezifischen Krankheiten und Symptomen Migrationserfahrung auch in Bremen durch hohe Hürden teil-
wollen wir zudem das medizinische Personal und die Bevölke- weise unmöglich gemacht. Diese durch Barrieren erzeugte
rung für diese Themen sensibilisieren. gesundheitliche Ungleichheit gilt es konsequent abzubauen.
Das Pilotprojekt des anonymen Krankenscheines für Men-
Schwangerschaftsabbrüche schen ohne legalen Aufenthaltsstatus wollen wir verstetigen.
Weiterhin müssen Sprachbarrieren in der Gesundheitsversor-
Die Lage für Frauen in Bremen, die einen Schwangerschafts- gung durch die Hinzuziehung und die Kostenübernahme von
abbruch vornehmen lassen (wollen), ist besorgniserregend. Dolmetscher*innen überwunden werden. Darüber hinaus
Oft müssen die Frauen lange Wartezeiten hinnehmen oder braucht das Gesundheitswesen eine interkulturelle Öffnung
in andere (Bundes-)Länder ausweichen, um einen Abbruch durch fortlaufende kulturelle Schulungen des Personals.
vornehmen zu lassen. Dies ist nicht hinnehmbar. Das Land
Bremen muss eine Beratung zu und die Durchführung von Wir brauchen zudem ausreichende und niedrigschwellige
Schwangerschaftsabbrüchen sicherstellen. Dafür wollen wir psychotherapeutische Angebote, um Menschen mit oft
zukünftig mit allen uns verfügbaren Möglichkeiten sorgen traumatischen Fluchterfahrungen behandeln zu können,
und auch rechtlich prüfen, wie die bestehende Unterver- sowie eine Sensibilisierung der Tätigen im Gesundheitssektor
sorgung beseitigt werden kann. Den Sicherstellungsauftrag für die Bedarfe dieser Menschen.
des Landes für ein ausreichendes Angebot an Einrichtungen
zum Schwangerschaftsabbruch wollen wir in einem Sicher- Neben spezifischen Angeboten muss das Thema Migration
stellungsgesetz konkretisieren und umsetzen. Zentraler systematische und strukturelle Berücksichtigung in der Ge-
Bestandteil der Versorgung in Bremen ist pro familia, die mit staltung von Gesundheitsversorgung, -prävention und -förde-
etwa 85 Prozent den Großteil der in Bremen durchgeführten rung erfahren.
Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Ihre Arbeit gilt es
mit einer ausreichenden finanziellen Unterstützung durch das Gesundheit und Menschen mit Behinderung
Land auch weiter sicherzustellen.
Menschen mit Behinderung sind in besonderem Maße von
Die Bremer Krankenhäuser übernehmen nur einen geringen Barrieren im Gesundheitssystem betroffen. Diese lauern nicht
Anteil an Schwangerschaftsabbrüchen. Aktuell gibt es zu nur in Form räumlicher Gegebenheiten und inadäquater
wenig Ärzt*innen, welche Schwangerschaftsabbrüche an- Untersuchungstechnik, sondern auch in Form einer schlecht
bieten und durchführen. Wir wollen daher für Ärzt*innen zugänglichen Aufbereitung von Informationen. Hindernisse
mehr Schulungen/Weiterbildungen sowohl zu medikamen- beim Zugang zu ärztlichen Praxen, Krankenhäusern und
tösen als auch zu operativen Schwangerschaftsabbrüchen Gesundheitseinrichtungen müssen beseitigt werden, Unter-
und zum sensiblen Umgang mit Schwangeren anbieten. Wir suchungstechniken und Kommunikation den besonderen
setzen uns dafür ein, dass Schwangerschaftsabbruch Teil der Bedürfnissen von Menschen mit Behinderung angepasst wer-
allgemeinen Mediziner*innen-Ausbildung ist und die Weiter- den. Leichte Sprache, lesbare und verständliche Patient*in-
bildungsordnung der Frauenheilkunde und Geburtshilfe da- neninformationen sowie entsprechende Beratungsleistungen
hingehend erweitert wird. müssen selbstverständlich werden. Um medizinischem und
pflegerischem Fachpersonal mehr Sicherheit im diskriminie-
Medikamentöse Abbrüche wurden bislang nur selten durch- rungsfreien Umgang mit Menschen mit Behinderungen zu
geführt. Eine Initiative des Gesundheitsressorts gemeinsam vermitteln, setzen wir uns für die Implementierung spezieller
mit der Kassenärztlichen Vereinigung hat hier zu ersten Ver- Module in Aus-, Fort- und Weiterbildung ein. Sie sollen von
besserungen geführt. Wir setzen uns für eine weitere Auswei- fachkundigen Peerkräften durchgeführt werden.
tung dieses Angebots und eine entsprechende Vergütung für
die Praxen ein. Die Selbstbestimmungsrechte von Menschen mit Behinde-
rung in der Pflege und in (teil-)stationären Einrichtungen
Wir wollen uns für eine Ausweitung des Angebots einsetzen, müssen garantiert werden. Das schließt auch die Mitnahme
indem eine Pauschale über die Gebührenordnungspositio- persönlicher Assistenz zu medizinischen Untersuchungen,
nen eingeführt wird und damit eine angemessene und büro- stationären Krankenhausaufenthalten und zum Besuch von
kratieärmere Abrechnung für Ärzt*innen möglich ist. Dies ist Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen ein, auch wenn
bereits in neun Bundesländern gängige Praxis. Um Ärzt*in- sie nicht über das Arbeitgebermodell organisiert wird.
nen dabei zu unterstützen, Schwangerschaftsabbrüche anzu-
bieten, wollen wir außerdem ein bei der Gesundheitsbehörde Ambulante und stationäre Strukturen zusammenden-
angesiedeltes Beratungsangebot für rechtliche Fragen von ken für eine gute Gesundheitsversorgung
Ärzt*innen sowie ein Investitionsförderungsprogramm auf- Die historisch gewachsenen Strukturen im deutschen Ge-
setzen, mit dem die Ausstattung von OP-Sälen in gynäkologi- sundheitswesen sehen stark getrennte Sektoren für die
schen Praxen unterstützt wird. ambulante und die stationäre Gesundheitsversorgung vor.
Durch eine mangelhafte Vernetzung kommt es hierdurch
Auf Bundesebene fordern wir die Abschaffung des § 218, zu Informationsverlusten, Doppeluntersuchungen und einer
um Schwangerschaftsabbrüche grundsätzlich zu legalisieren beeinträchtigten Behandlungsqualität. Die strikte Trennung
und eine eindeutig juristisch straffreie Situation für die durch- der Sektoren und der jeweiligen Bedarfsplanungen müssen
führenden Ärzt*innen zu schaffen. Wir wollen eine entspre- wir hinter uns lassen. Eine gute Gesundheitsversorgung und
chende Bundesratsinitiative einbringen, um auf Bundesebene ­-planung muss beide Bereiche zusammendenken.
dahingehend Druck auszuüben.
Sozialer Zusammenhalt in der Veränderung 19

Die Einzugsbereiche bremischer Gesundheitseinrichtungen Kommunalen Klinikverbund sichern und stärken


reichen häufig weit nach Niedersachsen hinein. Im Idealfall
wäre eine Gesundheitsversorgungsplanung gemeinsam mit Von den ungenügenden Zuweisungen für Krankenhaus-In-
Niedersachsen durchzuführen. vestitionen waren in der Vergangenheit alle Kliniken im Land
Bremen betroffen. In dem Zusammenhang gibt es bei der
Zentrale Bedingung für die Neustrukturierung der Kranken- GeNo spezifischen Finanzierungsbedarf. Wir fordern, dass
hauslandschaft sowie der ambulanten Versorgung ist: Neu- alle restlichen Kredite, die von der GeNo für den Bau des
strukturierungen rechtfertigen weder Personalabbau noch Teilersatzneubaus (TEN) aufgenommen werden, von der
Outsourcing von Beschäftigten. Stadtgemeinde übernommen werden. Das gilt auch für den
Teil des Betriebsmittelkredits, der nicht zur Vorfinanzierung
Krankenhäuser finanziell absichern dient, sondern in dem sich Defizite aus der Vergangenheit
fortschleppen und den Spielraum verengen. Jedwede Pla-
Mit der aktuellen Krankenhausfinanzierung über das Fallpau- nung, die Namensschuldverschreibung von 100 Millionen
schalensystem ist eine gute und solidarische Gesundheits- Euro aus den laufenden Einnahmen der GeNo ablösen zu
versorgung nicht möglich. Sie ist ein neoliberales Instrument, wollen („Ansparen“), lehnen wir strikt ab.
das Gewinne in Privatkliniken ermöglicht und Verluste über
kommunale Krankenhäuser sozialisiert. Der hierdurch erzeug- Die neu zu erstellende Krankenhausplanung muss die beste-
te Rationalisierungsdruck führt einerseits zu einer massiven hende Über-, Unter- und Fehlversorgung reformieren. Um eine
Verschlechterung von Arbeitsbedingungen (= Personalein- bedarfsgerechte stationäre Versorgung zu garantieren, fordern
sparung bei erhöhtem Arbeitsaufwand) und andererseits zu wir eine umfassende Analyse der derzeitigen Versorgungs-
einer Verschlechterung der Behandlungsqualität durch Über-, strukturen und der Bedarfe in Bremen, Bremerhaven und dem
Unter- und Fehlversorgung. Gleichzeitig kann beobachtet Umland. Dies soll eine Grundlage für die Anpassung der sta-
werden, dass unrentable, aber gesellschaftlich wichtige Ver- tionären Versorgungsstruktur in und um Bremen herum bieten.
sorgungsangebote wie Kinder- oder Frauenheilkunde abge-
baut wurden. Ausgliederungen verhindern, GND auflösen

Wir setzen uns für die Abschaffung der derzeitigen Fallpau­ Eine primär auf Kostendämpfung und Gewinnorientierung
schalenfinanzierung und für die Einführung einer solidari- ausgerichtete Krankenhauspolitik hat in der Vergangenheit
schen, bedarfsdeckenden und qualitätssichernden Finan- tiefe Spuren bei der Beschäftigungssituation vieler Kolleg*in-
zierung der stationären Versorgung ein. Wir kämpfen für nen der kommunalen Kliniken hinterlassen. Mit der Ausglie-
ein Krankenhaussystem in öffentlicher Hand und befreit von derung von Dienstleistungen wie Reinigungs- und Catering-
Profitorientierung. Hierfür wollen wir mit einer Bundesrats- personal in das GeNo-Tochterunternehmen „Gesundheit
initiative Druck machen, da sich das derzeitige Finanzierungs- Nord Dienstleistungen“ (GND) im Jahr 2009 haben sich die
system nur auf der Bundesebene ändern lässt. Als nächster Einkommens- und Arbeitsbedingungen dieser Beschäfti-
Schritt sind Vorsorgepauschalen als Grundfinanzierung ein- gungsgruppen verschlechtert. Eine solche Praxis des Lohn-
zurichten, insbesondere für Notfallaufnahmen, Geburtshilfe dumpings lehnen wir ab.
und Pädiatrie.
Gemeinsam kämpfen wir gegen weitere Ausgliederungs-
Nichtsdestotrotz gibt es auch auf Landesebene genug zu tun. maßnahmen, für die Auflösung der GND und für die
Durch eine in der Vergangenheit vollkommen ungenügende ­(Wieder-)Eingliederung der Beschäftigten in die GeNo
Investitionskostenfinanzierung (Finanzierung von Gebäude- und in die Beschäftigung nach TVöD.
kosten, Strom etc.) wurde der Spardruck für die Kliniken noch
verstärkt. Wir haben in dieser Legislaturperiode die Landes- Notfallversorgung
förderung für Krankenhausinvestitionen gegenüber 2019
verdoppelt, aber nur durch den Einsatz temporärer Mittel. Die Notfallversorgung in Bremen erfolgt aktuell an acht Kran-
Wir fordern deshalb eine dauerhafte Verstetigung der Lan- kenhäusern, welche über die Stadtteile ungleich verteilt sind
deskrankenhaus-Investitionsförderung auf dem derzeitigen und teils sehr nah beieinanderliegen. Trotz der hohen Anzahl
Niveau. an Notaufnahmen ist es bisher nicht gelungen, eine qualitativ
gute Notfallversorgung in Bremen zu gewährleisten. Das liegt
Die von uns eingeführte Einzelförderung bei der Kranken- zum einen am Personalmangel in allen Bereichen (Pflege,
haus-Investitionsförderung hat es z. B. ermöglicht, dass das Ärzt*innen, Reinigung), aber auch daran, dass die einzelnen
Klinikum Reinkenheide endlich die nötigen Mittel für den Notaufnahmen ungenügend ausgerüstet sind.
Neubau der Pädiatrie erhalten hat. Wir werden dieses Instru-
ment weiter einsetzen, um gezielt Vorhaben zu unterstützen, Wir fordern daher eine durchdachte Versorgung mit Schwer-
die für die stationäre Gesundheitsversorgung besonders punktkliniken und zentralen, hoch qualifizierten Notauf-
wichtig sind und um mehr Einfluss auf die Krankenhauspla- nahmen. Durch Abbau von Doppelstrukturen und unnötigen
nung zu nehmen. Das von uns im Bremen-Fonds verankerte Transporten können die ohnehin knappen Personalressour-
Sonderprogramm „Krankenhäuser und öffentliches Ge- cen besser eingesetzt werden, ohne dass eine Verschlechte-
sundheitswesen“ muss eine Fortsetzung im regulären Haus- rung der Versorgungsqualität zu befürchten ist.
halt finden. Der Umbau der Krankenhauslandschaft und des
Gesundheitswesens für zukünftige Aufgaben (Pandemiefes- Um weiterhin eine wohnortnahe Notfallversorgung sicherzu-
tigkeit, Vorbereitung auf mögliche gesundheitliche Notlagen, stellen, wollen wir neben wenigen zentralen Notaufnahmen
Hitzeaktionsplan, Klimaneutralität) wird weiterhin erhebliche mit Maximalversorgung ambulante Notfallstrukturen vor-
Mittel benötigen, zu denen das Land einen substanziellen halten. Diese Strukturen sollen gleichmäßig über das Land
Beitrag leisten muss. Bremen verteilte Anlaufstellen für nicht lebensbedrohliche
20 Sozialer Zusammenhalt in der Veränderung

Notfälle (Infektionen, Wundversorgung, Infusionen, Anti- der Sicherstellung der ambulanten medizinischen Versorgung
biotikagabe) außerhalb der Geschäftszeiten durch Notfall- ein, mit der die Kompetenzen der Länder gestärkt werden
praxen oder an die Kliniken angegliederte Notfallportale und der Entscheidungsspielraum der Selbstverwaltungs-
schaffen. Durch eine bessere Patient*innenselektion kann so organe durch klare Bindung an öffentliche Versorgungsziele
eine Überinanspruchnahme der Notaufnahmen verhindert eingeengt wird.
und Verzögerungen bei der Versorgung kritisch kranker Pa-
tient*innen vermieden werden. Bis zu einer grundlegenden Neuordnung der ärztlichen Be-
darfsplanung schlagen wir ein Verfahren zur gerechteren
Zwingend erforderlich ist darüber hinaus eine ausreichende Verteilung von Ärzt*innen nach dem Vorbild Berlins vor. Dort
Finanzierung der aktuell stark defizitären Notfallversorgung werden Praxissitze aus Stadtteilen mit überdurchschnittlicher
durch die Krankenkassen. Hierfür wollen wir uns im Bund ein- Versorgung nach dem Freiwerden schrittweise in Gebiete
setzen. mit unterdurchschnittlicher Versorgung verlegt. Stadtteile mit
hoher Armutsquote sollten zusätzlich einen Zuschlag bei der
Gute Pflege Zahl der haus- und kinderärztlichen Praxissitze erhalten.

Die Pflegekräfte im Krankenhaus brauchen dringend Entlas- Dem schleichenden Einfluss von Investor*innen in der
tung. Trotz leichten Verbesserungen auf Bundesebene (Kos- ambulanten Versorgung, besonders in der Form von Priva-
ten für Pflege aus den DRGs ausgeklammert, Personalunter- te-Equity-Gesellschaften, treten wir entschlossen entgegen.
grenzen für einige Bereich und Absicht einer verbindlichen Gesundheit ist keine Ware – das Land Bremen muss sich auf
Personalbemessung) ist der Pflegeberuf aufgrund teils ka- Bundesebene starkmachen, dem Betrieb von durch Privat-
tastrophaler Arbeitsbedingungen bei schlechter Entlohnung investor*innen geführten Praxen die Rechtsgrundlage zu
immer noch sehr unattraktiv. Viele Stellen bleiben unbesetzt entziehen. Auf Landesebene ist zur Erfassung der Eigentums-
und eine Besserung der Situation ist nicht in Sicht. verhältnisse insbesondere für medizinische und pflegerische
Einrichtungen ein Landestransparenzregister einzuführen.
Daher setzen wir uns mit hohem Nachdruck für verbesserte
Arbeitsbedingungen im Bereich der Pflege in Bremer Kran- Psychische Gesundheit
kenhäusern ein. Wir wollen nicht auf die verbindliche Perso-
nalbemessung im Sinne eines PPR 2.0 warten und schlagen Wir wollen eine menschenwürdige und gewaltfreie Psych-
vor, im Bereich der GeNo einen Belastungsausgleich einzu- iatrie. Die Personalausstattung und die räumlichen Bedin-
führen, der sich im Ergebnis daran orientiert, eine 35-Stun- gungen müssen eine qualitativ hochwertige Behandlung
den-Woche bei vollem Lohnausgleich zu realisieren. Dies ohne Zwang und Gewalt ermöglichen. Wir wollen eine Ver-
bedeutet eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, stetigung der ambulanten Modellprojekte für Menschen mit
eine indirekte Lohnerhöhung und insgesamt eine Verbesse- psychischen Problemen, einen Ausbau der ambulanten Ver-
rung der Arbeitsbedingungen durch eine reduzierte Wochen- sorgung und Unterstützung bei der Wiedereingliederung in
arbeitsstundenzeit. Angesichts des leergefegten Arbeits- den Alltag nach längeren Klinikaufenthalten, damit weniger
markts für Pflegekräfte gehen wir davon aus, dass andere stationäre Behandlungen notwendig sind. Dazu gehört ein
Bremer Kliniken und ggf. auch Kliniken des niedersächsischen 24-stündiger Krisendienst mit der Möglichkeit einer aufsu-
Umlands nachziehen werden und so eine breite Wirkung der chenden Intervention und einer rund um die Uhr erreichbaren
Maßnahmen über die GeNo hinaus entfaltet werden kann. Hotline. Darüber hinaus braucht es ausreichende, zeitnah
Damit die verringerte Wochenarbeitszeit nicht zu einer höhe- verfügbare, am tatsächlichen Bedarf orientierte ambulante
ren Arbeitszeitverdichtung für die Pflegekräfte führt, ist eine Psychotherapieangebote.
konzentrierte Beschäftigungsoffensive notwendig.
Der Vorrang von „ambulant vor stationär“ darf nicht zu einer
Wir unterstützen den Ausbau der Pflegeausbildung bei der Absenkung der Versorgungsqualität in der stationären Be-
GeNo und die geplante Zentralisierung der Ausbildung am handlung führen. Klar ist aber: Ohne verbindlichen Betten-
Standort Mitte in den Gebäuden Akademie und Bettenhaus. abbau in der stationären Psychiatrie wird die Ambulantisie-
Sie trägt auch dazu bei, das Neue Hulsberg-Viertel weiterhin rung nicht vorankommen. Menschen in geschlossenen oder
als Gesundheitsquartier zu prägen, und darf nicht an fehlen- forensischen Abteilungen der Psychiatrie muss durch ausrei-
den Investitionsmitteln oder fehlender Beweglichkeit der GEG chendes fachärztliches Personal eine menschenwürdige Be-
scheitern. handlung ohne Zwang und Gewalt ermöglicht werden.

Ambulante Versorgung Das PsychKG des Landes wollen wir daraufhin überprüfen,
wie der Schutz vor Zwangsbehandlung konsequenter ge-
Besonders in armutsgeprägten Stadtteilen fehlt es an All- stärkt werden kann. Die Genesungsbegleiter*innen sind
gemein- und Fachärzt*innen. Ein Grund für diese Situation nachhaltig abzusichern und deren Arbeit ist konsequent zu
ist die derzeitige ambulante Bedarfsplanung in Bremen, die integrieren und zu unterstützen. Der Krisendienst muss in den
von der Kassenärztlichen Vereinigung vorgenommen wird. Stadtteilen 24/7 zur Verfügung stehen und muss durch den
Beide Städte werden aktuell jeweils als ein Planungsbereich entsprechend ausgestatteten sozialpsychiatrischen Dienst
betrachtet ohne Berücksichtigung der unterschiedlichen abgesichert werden.
Bedarfslagen in den einzelnen Stadtteilen. Das wollen wir
ändern. Wir fordern eine ärztliche Bedarfsplanung auf Arbeit und Beschäftigung tragen zu einer Stabilisierung bei.
Stadtteilebene. Die Planung soll sich zusätzlich an weiteren Die bestehenden Angebote sind zu verstetigen und auszu-
Faktoren wie Einkommensarmut, Arbeitslosigkeit, Pflegebe- bauen. Dabei darf das Ziel des Verbleibs bzw. der Vermitt-
darf und den räumlichen Gegebenheiten orientieren. Zusätz- lung in den sogenannten ersten Arbeitsmarkt nicht aus den
lich setzen wir uns auf Bundesebene für eine Neuordnung bei Augen verloren werden.
Sozialer Zusammenhalt in der Veränderung 21

Gesundheitsförderung und Prävention werden, etwa durch die Nutzung öffentlicher Vorkaufsrechte.
Öffentliche Flächen dürfen nicht länger verkauft, sondern
Jene Bevölkerungsgruppen, die durch einen schlechteren nur noch im Erbbaurecht vergeben werden. Das bestehende
Gesundheitszustand am meisten von Prävention und gesund- Wohnraumschutzgesetz gegen Leerstand und Überbelegung
heitsfördernden Maßnahmen profitieren würden, werden ist konsequent anzuwenden und um den Sachverhalt „Leer-
durch diese am wenigsten erreicht. Um das zu verändern, stand von potenziellem Wohnraum“ zu erweitern. Für Gebäu-
legen wir einen besonderen Fokus auf aufsuchende, quar- de, die ohne triftigen Grund länger als sechs Monate leer ste-
tiersbezogene und partizipative Ansätze, die die Menschen hen, müssen Wohnnutzungsgebote ausgesprochen und bei
in ihren Lebenswelten erreichen. In diesem Sinne bereits be- Nichtbefolgung muss das Instrument der treuhänderischen
stehende Projekte, wie beispielsweise die Gesundheitsfach- Verwaltung angewendet werden.
kräfte in den Quartieren, wollen wir erhalten und ausbauen
und ggf. in die zu schaffenden Gesundheits- und Sorgezen- Die Stadtentwicklung muss vor allem darauf ausgelegt sein,
tren integrieren. benachteiligte Quartiere zu fördern und Segregation abzu-
bauen. Dazu müssen weiterhin „Integrierte Entwicklungs-
Bestehende Angebote zur Gesundheitsförderung und Prä- konzepte“ (IEK) als Grundlage der Städtebauförderung auf-
vention sollen stärker aufeinander abgestimmt werden, gelegt werden. Milieuschutzsatzungen müssen stärker zum
sodass in den verschiedenen Lebensphasen die Gesundheit Schutz gegen Verdrängung eingesetzt werden.
der Bürger*innen erhalten und gefördert wird. Hierfür wollen
wir einen Gesundheitsplan für Bremen erstellen. Um den Unser Ziel sind sozial und funktional gemischte Quartiere, wir
vielschichtigen Einflüssen auf unsere Gesundheit präventiv wollen eine Stadt der kurzen Wege, in der zu Fuß alle Wege
gerecht zu werden, setzen wir uns weiterhin für den Aufbau des Alltags begehbar sind. Dies reduziert Verkehrswege und
einer gesundheitsfördernden und ressortübergreifenden Ge- erhöht Lebensqualität. Bremen ist eine Stadt der Q­ uartiere:
samtstrategie in Bremen ein. Jeder Mensch soll in jedem Quartier wohnen können. Reine
Wohnquartiere („Schlafstädte“) lehnen wir ebenso ab wie
Für einen starken öffentlichen Gesundheitsdienst reine Büroquartiere. Es braucht eine gute Mischung aus
Wohnen, Gastronomie, Nahversorgung und Einzelhandel,
In der Corona-Pandemie hat sich gezeigt, wie wichtig ein gut Dienstleistungen, Kultur, Bildung, sozialen und medizinischen
funktionierender Öffentlicher Gesundheitsdienst (ÖGD) für Einrichtungen. Anliegen des täglichen Bedarfs müssen in
die Gesellschaft ist. Der ÖGD wurde von uns in dieser Legis- höchstens 10 Minuten zu Fuß erreichbar sein. Toiletten und
laturperiode erheblich ausgebaut und der Personalbestand öffentliche Trinkwasserangebote gehören dazu; wir wollen
erhöht. Trotzdem ist ein weiterer Ausbau erforderlich, um 100 öffentliche Trinkwasserbrunnen bis 2025. Lebenswerte
bisherige und zukünftige Aufgaben angemessen erfüllen zu Quartiere brauchen Begegnungsräume mit Aufenthalts-
können. qualität und ohne Konsumzwang. Für lebendige Straßen ist
eine Gewerbenutzung der Erdgeschosszonen notwendig. In-
Mit dem Pakt für den ÖGD hat der Bund umfangreiche finan- habergeführte Außengastronomie werden wir fördern, indem
zielle Mittel zur Verfügung gestellt, um diesen zu reformieren. wir weiterhin die Gebühren für die Nutzung öffentlicher Flä-
Wir wollen diese nutzen, um einen modernen, nachhaltigen chen erlassen. Die in der Pandemie umgewidmeten Flächen
und bevölkerungsnahen ÖGD in Bremen aufzubauen. Zu- sollen dauerhaft genehmigt werden. Auch für gemeinnützige
künftig soll ein Schwerpunkt des ÖGD auf den Themen der Organisationen, Vereine und Flohmärkte sind die Gebühren
Gesundheitsförderung und Prävention liegen, aber auch zu erlassen.
­Themen, die bislang nicht im ÖGD verankert sind wie z. B.
„Klima und Gesundheit“, müssen stärker in den Fokus ge- Bremen und Bremerhaven müssen so schnell wie möglich
nommen werden. Hierfür werden unterschiedliche Qualifika- an die Herausforderungen des Klimawandels angepasst
tionen benötigt, neben Ärzt*innen brauchen wir auch Sozial- werden. Dazu gehört neben einem Ausbau des Hochwas-
arbeiter*innen und Gesundheitswissenschaftler*innen. serschutzes auch der Schutz vor Hitzewellen. Jede Straße,
bei der das möglich ist, muss zur Allee entwickelt werden.
Einen besonderen Fokus wollen wir auch auf den Ausbau von Fassaden und Dächer sind verpflichtend zu begrünen, auch
Stellen für Präventions- bzw. Pflegefachkräfte legen. Einer in Gewerbegebieten. Versiegelte Flächen und Schottergärten
Präventions- bzw. Pflegekraft soll eine bestimmte Anzahl an müssen entsiegelt werden. Alle öffentlichen Grünflächen und
Bürger*innen zugeteilt werden, für die sie die feste Ansprech- Gewässer sind zu erhalten; Neubepflanzung muss klimaan-
und Begleitperson bei gesundheitlichen Fragestellungen und gepasst erfolgen. Zur Förderung der Biodiversität wollen wir
-problemen ist. Um das notwendige Personal zu gewinnen, den Grünschnitt auf das absolut notwendige Minimum be-
setzten wir uns für attraktive Arbeitsbedingungen im ÖGD grenzen. Alle Wohnungen brauchen nach Möglichkeit einen
ein (bspw. Tarifbindung, unbefristete Verträge, Weiterbil- Balkon oder eine Loggia.
dungsmöglichkeiten).
DIE LINKE unterstützt die Forderung der Durchführung eines

Sozial-ökologische
Volksentscheides zum Erhalt der Platanen am Neustadtsufer
der Kleinen Weser zusammen mit der Bürgerschaftswahl

­Stadtentwicklung
2023. Es darf keine Bebauung im geschützten Außenbereich
mit zusätzlicher Flächenversiegelung geben. Stattdessen
muss eine Strategie der doppelten Innenentwicklung (= Be-
Stadtentwicklung gehört zur öffentlichen Daseinsvorsorge bauung und „blau-grüne Infrastruktur“) verfolgt werden.
und darf deswegen nicht Profitinteressen überlassen werden. Das bedeutet, dass Bremen als wachsende Stadt baulich
Wo immer es geht, müssen Gebäude und Flächen in öffent- verdichtet werden muss – aber möglichst nicht dort, wo die
liches oder gemeinwohlorientiertes Eigentum übertragen bauliche Dichte ohnehin schon sehr hoch ist. Dabei sollte be-
22 Sozialer Zusammenhalt in der Veränderung

achtet werden, dass eine Blockrandbebauung mit moderater zielte Ausgleichsmaßnahmen für stark belastete Stadtteile
Gebäudehöhe und kleineren Wohnungsgrößen vielfach eine wie Oslebshausen geben. Für die geplante Bahnwerkstatt
höhere Bevölkerungsdichte bewirkt als eine Solitärbauweise. halten wir Flächen, die näher am Hauptbahnhof liegen, für
Zur Akzeptanz von städtebaulicher Verdichtung müssen die die bessere Lösung und bestehen auf einer ergebnisoffenen
Beiräte beteiligt werden. Dabei muss es sich um echte Beteili- Alternativenprüfung.
gung mit relevanten Einflussmöglichkeiten auf die jeweiligen
Entscheidungen handeln. Stadtteile wie Gröpelingen oder Blumenthal erbringen eine
hohe Integrationsleistung für die Stadt. Viele Zuwandernde
Eine lebenswerte Stadt muss auch architektonisch ansprechend und Geflüchtete finden hier ihre erste Wohnung und Arbeit,
sein. Viele der neu gebauten Gebäude erfüllen dies nicht, gestützt auch auf vorhandene soziale Netzwerke. Im Gegen-
sondern wirken einfallslos und monoton. Stattdessen braucht satz zu Quartieren wie Tenever ziehen hier Menschen häu-
es bei der Entwicklung von neuen Quartieren eine kleinteilige figer um, was Strukturen zur sozialen Quartiersentwicklung
Parzellierung mit abwechslungsreichen Gebäuden, viel- erschwert. Damit Stadtteile diese Integrationsleistung als
fältigen Fassadenelementen und Farben. Um die Ressourcen „Ankunftsquartier“ weiter erbringen können, brauchen sie
bestmöglich zu schonen, sollte verstärkt modular und mit gezielte Unterstützung und Bevorzugung: bei der Stadtent-
Holz gebaut werden. Wir wollen schrittweise den Einsatz von wicklung, der Wohnraumaufsicht, der Sicherheitspolitik, der
Materialien erhöhen, die recycelt, wiederverwertbar und Wohnraum-, Kultur- und Kleingewerbeförderung, nicht zuletzt
ökologisch nachhaltig sind. bei der Schul- und Kita-Ausstattung. Gleichzeitig dürfen sich
andere Stadtteile dieser Integrationsleistung nicht immer ent-
Die Innenstadt muss von einer Konsumwüste zu einem le- ledigen, denn Integration funktioniert nur, wenn die soziale
benswerten Wohn- und Arbeitsquartier für alle Einkommens- Mischung nicht kippt. Für entsprechende Stadtteilstrategien
gruppen entwickelt werden. Bezahlbares Wohnen, Studieren werden wir uns einsetzen.
in der Innenstadt und eine Architektur, die sich in die be-

Verkehr
stehende Gebäudestruktur einfügt, sind die entscheidenden
Faktoren für eine gute Innenstadtentwicklung. Dazu ist es
notwendig, dass die Stadt genügend Flächen und Gebäude
in der Innenstadt in öffentlichem Eigentum behält oder Egal ob alt, jung, arm, reich, mit Kinderwagen, Behinde-
sie ankauft. Die Abhängigkeit von Investoren wie Zech und rung(en) oder Einkaufstrolley – alle Bremer*innen sollen
­Jacobs muss ein Ende haben. Stattdessen muss Bremen über mobil sein können. Und das so günstig wie möglich und
die kommunalen Unternehmen GEWOBA und BREBAU selbst CO₂-neutral. Dafür braucht Bremen einen starken, ausge-
tätig werden. Das Parkhaus Mitte muss in öffentlichem Eigen- bauten und ticketlosen ÖPNV. Über den ÖPNV hinaus gilt
tum bleiben und kommt auch als möglicher Uni-Standort in es, Mobilität in der Stadt neu zu denken. Sich in der Stadt be-
Betracht. wegen zu können, ist eine entscheidende soziale Frage: Das
Weltkulturerbe rund um den Marktplatz, die Badeseen oder
Stadtteile mit guter Innenstadt-Anbindung sind attraktiv. Wir der Bürgerpark sind ebenso für alle Bremer*innen da wie
wollen nicht, dass das zu explodierenden Mieten und Boden- die Stadtbibliothek, soziale Einrichtungen oder die Gesund-
preisen, zu Verdrängung, Entmischung und Verödung führt heitsversorgung. Doch wenn nicht alle Menschen in Bremen
(„Gentrifizierung“). Die Antwort muss heißen: Mieter*innen- diese Orte auch erreichen können, entsteht und verstärkt sich
Schutz durch Milieuschutzsatzungen, Umwandlungsverbote soziale Spaltung.
(in Eigentumswohnungen), starke Auflagen bei Neubau-
projekten, mehr Wohn- und Gewerbeimmobilien in der Hand Verkehr ist derzeitig der einzige Sektor, in dem die Emissionen
von GEWOBA und BREBAU, Einsatz von Vorkaufsrecht und nicht sinken. Dies ist auch auf die „autogerechte“ (autozent-
sektoralen Bebauungsplänen (mit Vorrangflächen für sozia- rierte) Stadtplanung der vergangenen Jahrzehnte zurückzu-
len Wohnungsbau). Das gilt z. B. für Viertel und die Neustadt, führen, durch den Infrastrukturausbau wurde mehr PKW-Ver-
aber auch für das Umfeld neuer Entwicklungsflächen (wie kehr begünstigt. Zukunftsfähige Mobilität sieht anders aus.
Könecke/Coca-Cola in Hemelingen, das Tabakquartier in Wie die Enquetekommission „Klimaschutzstrategie“ unterstri-
Woltmershausen oder das Werftquartier in Bremerhaven). chen hat, brauchen wir aus ökologischen und sozialen Grün-
Die Überseestadt braucht einen neuen Masterplan, der sich den dringend eine Mobilitätswende, weg vom motorisierten
an den Themen Familienfreundlichkeit, Verkehrsanbindung Individualverkehr, hin zu klimaneutralen Verkehrsmitteln für
und Quartiersentwicklung orientiert, anstatt ein neues Inves- alle.
torenprojekt an das nächste zu reihen.
Seit der Verabschiedung des Verkehrsentwicklungsplans
„Störendes Gewerbe“ (Lärm- und Geruchsemissionen) rückt 2025 im Jahr 2014 ist nur für einen Bruchteil der darin be-
zunehmend in die Stadtteile, wo die Flächen günstig sind und schriebenen neuen Ausbauschritte überhaupt mit der Pla-
der Autobahnring nah ist. Der kommende Ringschluss der nung begonnen worden. Diese Umsetzungsgeschwindigkeit
A 281 verstärkt diese Dynamik vor allem im Bremer Westen. ist angesichts der Dringlichkeit des menschengemachten
Daher darf der Bremer Westen ansiedlungspolitisch kein Klimawandels eine Katastrophe. Wir wollen eine systemati-
Wilder Westen sein. Da die Art der gewerblichen Nutzung sche Neuaufstellung der Prozesse beim Amt für Straßen und
auf Hafenflächen baurechtlich kaum kontrolliert und mit Auf- Verkehr (ASV) zur Verbesserung der Planungsverläufe und
lagen versehen werden kann, wollen wir Flächen im Industrie- -zeiten, der Baustellenplanung und -führung.
hafen (und genauso im Hemelinger Hafen), die keine echte
Hafennutzung mehr aufweisen, ab einem gewissen Abstand Ziel der LINKEN ist eine ambitionierte, transformative Ver-
von der Wasserkante zu Gewerbegebieten erklären, nach kehrswende mit weniger motorisiertem Individualverkehr und
Möglichkeit kommunal ankaufen und in Erbpacht vergeben. mehr ÖPNV, Fuß- und Radverkehr. Nur so erreichen wir mehr
Gleichzeitig muss es endlich echte Kompensation durch ge- soziale Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit, Sicherheit, Effizienz,
Sozialer Zusammenhalt in der Veränderung 23

Energieunabhängigkeit, Gesundheit und kommen dem Ziel Im Vergleich zu anderen Städten fällt auf: Bremen fehlt ein
einer entspannten, ruhigen Stadt näher. Die Verkehrswende zentrales Hochleistungs-Verkehrsmittel im ÖPNV, z. B. eine
wird zu einer höheren Lebensqualität für alle führen. Neben U-Bahn. Traditionelle Bus- und Straßenbahnlinien sind zu
der Verbesserung der Alternativen zum Auto für einen ein- langsam, um den ÖPNV im gesamten Stadtgebiet zu einer
fachen Umstieg wollen wir den öffentlichen Raum wieder gleichwertigen Alternative zum Auto zu machen. Denn am
für alle Bremerinnen und Bremer zugänglich und sicherer Ende des Tages wird die Wahl des Verkehrsmittels vor allem
machen. Zur Absicherung dieser Verkehrswende-Maßnah- aufgrund des Zeitaufwands gefällt. Nur den Autoverkehr
men wollen wir ein Mobilitätsgesetz nach Berliner Vorbild langsamer zu machen, ist keine Lösung.
einführen, ein Ausschuss der Bürgerschaft soll die Umsetzung
kontrollieren. Wir wollen keine rein ordnungspolitischen Maß- Der Bau eines U-Bahn-Netzes ist allerdings in 15 Jahren
nahmen zur Durchsetzung der Verkehrswende, sondern eine nicht zu schaffen (Zeithorizont der Klima-Enquete) und wäre
demokratische Umgestaltung der Städte, um die Mobilität für gigantisch teuer. Daher braucht Bremen ein „Metro-Netz
alle zu Fuß, mit dem Rad und mit öffentlichen Verkehrsmitteln ohne Metro“, das vorhandene Ansatzpunkte (wie die Regio-
zu ermöglichen. S-Bahn) mit neuen Elementen kombiniert, um eine schnelle
Verbindung zwischen den Orten zu gewährleisten, wo viele
Im Einklang mit den hier stehenden Forderungen steht auch Menschen wohnen oder arbeiten. Solche Elemente können
unser „Fahrplan Verkehrswende Neustadt 2033“. Für die Schnelllinien sein, die weniger Haltestellen bedienen und
nötigen Investitionen muss die Schuldenbremse ausgesetzt weitgehend unbehindert vom sonstigen Verkehr verlaufen,
werden. Die Enquete-Kommission Klimaschutz beziffert den oder spezielle Fahrzeuge (z. B. Gummibereifung, fahrerloser
Finanzbedarf allein im Sektor Verkehr auf rund 2,3 Milliarden Betrieb). Für derartige Lösungen muss genügend Platz freige-
Euro. halten und gegebenenfalls geschaffen werden. Wir wollen in
der nächsten Legislaturperiode zügig einen entsprechenden
Für einen kostenlosen und leistungsfähigen professionellen Auftrag ausschreiben, wie ein „Metro-Netz
öffentlichen Nahverkehr ohne Metro“ für Bremen aussehen kann, und auf dieser
Grundlage zu einer politischen Entscheidung kommen, die
Weil Mobilität auch eine wichtige soziale Frage ist, muss der Modell, Zeitplan und Investitionsplanung beinhaltet. Andere
ÖPNV so günstig wie möglich sein und so schnell wie mög- Kommunen in Europa (z. B. Lille) sind bereits so vorgegangen.
lich kostenlos werden. Es war richtig, dass Bremen seit 2021
die Ticketpreise nicht wie zuvor jedes Jahr erhöht, den Preis Es gibt noch viele Quartiere, die mit dem ÖPNV nur schlecht
des StadtTickets für Erwachsene gesenkt und das StadtTicket angebunden sind. Das darf nicht so bleiben. Die Verkehrs-
für Kinder kostenlos gemacht hat. Auch das 365-Euro-Ticket wende erfordert einen Ausbau des ÖPNV-Netzes. Es braucht
für Azubis und die Abschaffung des Nachtzuschlags waren neue Straßenbahnlinien hinein in die Überseestadt, eine
wichtige Fortschritte. Hierfür hat sich DIE LINKE immer einge- Verlängerung der Linien nach Osterholz und Oslebshausen,
setzt. Im von SPD, CDU und FDP regierten Bremerhaven gibt nach Woltmershausen und Findorff.
es trotz einer der höchsten Armutsquoten Deutschlands nicht
einmal ein vergünstigtes kommunales Sozialticket. Das wollen Der geplante Ausbau des Schienenpersonennahverkehrs
wir ändern. Wir streiten in der Stadtverordnetenversammlung (Regio-S-Bahn) mit sieben neuen Haltepunkten und einer
und Bremerhavener Stadtgesellschaft für ein Sozialticket für deutlich engeren Taktung muss erheblich beschleunigt wer-
Bremerhaven. den, weil diese S-Bahnen weder im Stau noch vor Ampeln
stehen. Wir setzen uns für die Anschaffung der entsprechen-
Wir fordern den „kostenlosen“ ÖPNV, der Mobilität dauer- den zusätzlichen Bahnen durch den Verkehrsträger ein.
haft als gesellschaftliches Gut zur Verfügung stellt, für dessen
Nutzung dann nicht mehr einzeln bezahlt werden muss. Zur DIE LINKE fordert mehr Abdeckung durch den ÖPNV über
Finanzierung wollen wir die Grundsteuer auf Wohnen und das ganze Stadtgebiet, vor allem durch mehr Querverbin-
die Gewerbesteuer entsprechend erhöhen (und natürlich dungen, die nicht über den Hauptbahnhof führen. Hierdurch
Bundesmittel nutzen). Bei diesem Modell tragen diejenigen ergeben sich deutlich mehr Umstiegsmöglichkeiten, mehr
stärker bei, die finanziell mehr leisten können, während Emp- Wegeoptionen und direktere Verbindungen. Bis die neuen
fänger*innen von Sozialleistungen freigestellt sind, denn Straßenbahnlinien und S-Bahn-Haltepunkte errichtet sind,
die Grundsteuer ist meist Teil der Mietnebenkosten und wird sollen zusätzliche Buslinien verkehren. Innenstadtferne
über die Kosten der Unterkunft bezahlt. Bei den Betrieben Quartiere und Gewerbegebiete sollen beim ÖPNV-Aus-
zahlen die mehr, die höhere Gewinne machen, während bau bevorzugt werden. Wir fordern eine Barrierefreiheit in
Vereine und gemeinnützige Einrichtungen ausgenommen Bus und Bahn von 100 Prozent bis 2030. Die Busse der BSAG
sind. Der Zusatzbetrag über Grund- und Gewerbesteuer soll müssen schnellstmöglich emissionsfrei werden.
so kalkuliert sein, dass genügend zusätzliche Mittel für den
Infrastrukturausbau, die Anschaffung neuer Fahrzeuge und Mit schnellen Weserfähren im Längs- und Querverkehr
für mehr Personal übrig bleiben. Wir wollen den ÖPNV in verkürzen wir Fahrtwege und verbinden bisher schlechter an-
Bremen bis zum 1. Juni 2024 ticketfrei machen. Für den bun- gebundene Stadtteile etwa in Bremen-Nord besser. Durch die
desweiten Regionalverkehr fordern wir die Wiedereinführung Einbindung in den ÖPNV wird der „Weserbus“ zudem auch
des 9-Euro-Tickets statt des vergleichsweise teuren 49-Euro- für Alltagswege bezahlbar. Viel befahrene Straßen würden
Tickets. Das 49-Euro-Ticket stellt zwar für Pendler*innen eine entlastet, Stau vermieden und ein Beitrag zum Klima- und
begrüßenswerte Verbesserung dar, bleibt aber für Menschen Umweltschutz geleistet. Zur weiteren Attraktivitätssteigerung
mit niedrigem Einkommen kaum bezahlbar. Wir setzen uns fordern wir ÖPNV-Beschleunigung durch erheblich mehr Ex-
für einen höheren Bundesanteil an den Kosten ein und dafür, presslinien, die mindestens im Halbstundentakt fahren, mehr
dass die Regionalisierungsmittel des Bundes erheblich auf- dedizierte Fahrspuren für Bus und Bahn sowie eine konse-
gestockt werden. quente Vorrangschaltung des ÖPNV an Ampeln. Wir wollen
24 Sozialer Zusammenhalt in der Veränderung

eine bessere Taktung des ÖPNV, vor allem in Randzeiten, was Wir wollen deutlich mehr Kreisverkehre, da sie die Sicherheit
zu mehr Flexibilität und kürzeren Umsteigezeiten führt. Dies für alle Verkehrsteilnehmenden steigern und für einen bes-
kommt vor allem Beschäftigten im Schichtdienst sowie jun- seren Verkehrsfluss sorgen. Wo keine Kreisverkehre möglich
gen Menschen zugute. Regio-S-Bahnen müssen mindestens sind, sollen Kreuzungen nach neuestem technischem Stand
halbstündig fahren, nach Bremen-Nord zehnminütig. und niederländischem Vorbild umgebaut werden.

Viele Menschen pendeln beruflich von und nach Bremen. Wir Fahrradpremiumrouten, regionale Radwege und Fahrrad-
wollen den Ausbau von gut mit dem öffentlichen Nahver- straßen wollen wir konsequent ausbauen, hier müssen auch
kehr angebundenen Park-and-Ride-Angeboten (P+R), ins- die Planungsverfahren schneller werden. Wir fordern echte,
besondere für Menschen aus der Region, die auf ihren PKW abgegrenzte und breite Radinfrastrukturen mit einer Spur
angewiesen sind. Die P+R-Angebote sollen für die ersten pro Fahrtrichtung und sinnvoller Routenführung. Hilfreich ist
sieben Tage pro Einfahrt kostenlos sein, denn sie sind nicht eine grüne Welle für Radfahrer*innen auf den priorisierten
als Dauerparkplätze gedacht. Lademöglichkeiten für Elektro- Routen und Fahrradstraßen. Das Radwegenetz sollte weiter
autos müssen vorhanden sein. ausgebaut und saniert werden, damit auch lange Strecken
durch die Stadt, etwa aus Huchting, Osterholz und Gröpelin-
Dort, wo Busse und Straßenbahnen nicht an regulären Hal- gen, angenehmer werden. Bei der Ausbauplanung der Fahr-
testellen halten, kommt es verstärkt zu Gefährdungen und radpremiumrouten wollen wir innenstadtferne Stadtteile
Wartezeiten. Wir fordern hochgepflasterte Zebrastreifen an stärker berücksichtigen. Die geplante Rad- und Fußbrücke
jeder Haltestelle, die nicht am Straßenrand liegt. bei Hemelingen muss priorisiert werden, da sie voraussicht-
lich den größten positiven Einfluss auf die CO₂-Emissionen im
Wir wollen mehr Schienenpersonenverkehr, Güterverkehr Verkehr haben wird. Damit das GVZ besser erreichbar wird,
und Fernverkehr. Damit das möglich ist, wollen wir das Gleis- muss die geplante Brücke zwischen Walle und Woltmershau-
netz nach Bremerhaven und nach Bremen-Nord viergleisig sen zügig gebaut werden. DIE LINKE fordert eine verbesserte
ausbauen. Dadurch wird die Strecke weniger anfällig für Zug- Integration von Radverkehr und ÖPNV. Hierzu soll die Fahr-
ausfälle und Verspätungen. Ebenfalls fordern wir einen zeit- radmitnahme vereinfacht und es müssen mehr sichere Fahr-
gemäßen technischen Ausbau der Trasse Bremerhaven–Cux- radstellplätze an Bahnhöfen geschaffen werden.
haven. Stand jetzt ist sie eingleisig, nicht elektrifiziert und hat
nicht beschrankte Bahnübergänge. Die Trasse Bremen–Bas- Wir wollen Bikesharing und Carsharing ausweiten, vor allem
sum–Sulingen–Wagenfeld–Rahden muss revitalisiert werden. in innenstadtfernen Stadtteilen. Lastenräder sind in die Ange-
Ob es auch nötig ist, die Trasse Bremen–Osterholz–Worpswe- bote zu integrieren. Bei der Förderung der Anschaffung von
de–Bremervörde–Stade wieder aufzunehmen, muss geprüft Lastenrädern sollen soziale Kriterien stärker berücksichtigt
werden. Wir wollen wieder mehr Güterverkehr vom LKW auf werden. Wir wollen die Trennwirkung von Hauptverkehrsstra-
die Schiene und aufs Wasser verlegen. Dazu wollen wir u. a. ßen reduzieren, indem bis 2033 mindestens alle 150 Meter
die Reaktivierung von stillgelegten Gleisanlagen und die Rea- eine sichere Querungsmöglichkeit (Kreuzung, Zebrastreifen)
lisierung von Alpha-E, der vom Dialogforum Schiene-Nord entsteht.
klar priorisierten Vorzugsvariante für einen bedarfsgerechten
Ausbau von Bestandsstrecken im Dreieck Bremen–Hamburg– Die Priorisierung des Autoverkehrs führt zu langen Warte-
Hannover. Den Lärmschutz für die Anwohner*innen an zeiten an Ampeln für andere Verkehrsteilnehmende, dies
den Güterschienennetzen gilt es auszubauen. Für all diese zeigt sich besonders Am Dobben, Am Brill oder Am Neu­
Maßnahmen braucht es zusätzliches Personal, für das bei stadtsbahnhof. DIE LINKE fordert eine generelle Verkürzung
den Verkehrsunternehmen durch attraktive Ausbildungs- und der Ampelphasen: Wir wollen, dass keine Rotphase für Fuß
Arbeitsbedingungen geworben werden muss. und Rad länger als 30 Sekunden dauert. Wo möglich, soll es
den „grünen Pfeil“ zum freien Rechtsabbiegen für Fahrräder
Neben dem generellen Ausbau der Bahn wollen wir einen geben. Wir fordern außerdem die grüne Welle für den Rad-
konkreten Plan zur vollständigen Elektrifizierung und Umrüs- verkehr, was mit Tempo 30 für den Autoverkehr harmoniert.
tung der Schieneninfrastruktur in der Region auf den Stan- Zudem wollen wir intelligente Ampelschaltungen, die nach
dard ETCS Level 3, um die Leistungsfähigkeit, Verläss­lichkeit, Bedarf schalten, nicht nach Zeit. ÖPNV, Fuß- und Radverkehr
Nachhaltigkeit und Zukunftssicherheit des Bahnverkehrs zu sollen hierbei bevorzugt werden. Dies wird die Wartezeiten
erhöhen. für alle verringern.

Rad- und Fußverkehr-Verbesserungen Die Wege in Parks und Grünanlagen sind wichtige Verkehrs-
flächen für den Fuß- und Radverkehr. Verkehrsrelevante Park-
DIE LINKE will Barrierefreiheit und Verkehrssicherheit, wege sind daher zu befestigen.
dazu gehört zentral mehr Raum für Fuß- und Radverkehr.
Das oberste Ziel muss sein: keine Verkehrstoten mehr Zur weiteren Steigerung der Verkehrswegequalität und
­(„Vision Zero“). Barrierefreiheit, vor allem für den Radverkehr, sind Kopf-
steinpflaster an geeigneten Straßen in Abstimmung mit den
Wir fordern geschützte Radwege, wo immer realisierbar, was Anwohner*innen zu entfernen. Wir wollen eine permanente
auch die Barrierefreiheit steigert. Wenn möglich, soll auch der Ermittlungsgruppe gegen Fahrraddiebstahl bei der Polizei.
Radverkehr z. B. durch Poller vom Fußverkehr getrennt wer-
den. DIE LINKE fordert zudem durchgehende Fuß- und Rad- Maßnahmen zur Reduzierung des Autoverkehrs
wege bei allen Kreuzungen von Haupt- zu Seitenstraßen, was
verkehrsberuhigend wirkt und die Sicherheit beim Abbiegen Es gibt zu viele PKW in Bremen: Ihre Zahl ist in den vergange-
von PKW stark erhöht. Die Mittel für den Fußverkehr im städ- nen zehn Jahren um 10 Prozent gestiegen. Individualisierter
tischen Haushalt sollen verdoppelt werden. Auto-Verkehr (inklusive E-Autos) in der Stadt bedeutet Gift
Sozialer Zusammenhalt in der Veränderung 25

fürs Klima und eine ungerechte Verteilung des öffentlichen Wir sehen die temporäre Sperrung für den motorisierten Ver-
Raumes. Deshalb ist es notwendig, den Anteil von PKW im kehr am Ostertorsteinweg als Erfolg an und wollen die Straße
Verkehr zu senken. Wir wollen möglichst vielen Autofahrer*in- zur weiteren Steigerung der Aufenthaltsqualität permanent
nen den Umstieg auf den Umweltverbund (ÖPNV, Fuß- und autofrei haben.
Radverkehr) ermöglichen. Gleichzeitig ermöglicht ein Rück-
bau der PKW-fokussierten Infrastruktur die Umwandlung von Die Kontrollgruppe „Autoposer“ soll aufgestockt werden.
öffentlichem Raum zu z. B. Grünflächen, Wohnraum oder Autos mit illegalen Einbauten wie etwa Klappauspuffsyste-
breiteren Fußwegen. men, die willentlich unnötigen Lärm erzeugen, sollen im Falle
von Autoposing beschlagnahmt und möglichst zeitnah ver-
Wir fordern Tempo 30, gekoppelt an verkehrsberuhigende schrottet werden.
Maßnahmen wie Fahrbahnverengungen, Hindernisse durch
z. B. Blumenkübel, Bremsschwellen, Einbahnstraßen. Feste Wir wollen in geeigneten Wohngebieten sogenannte Kiez-
Geschwindigkeitsprüfungen sind mindestens in der Nähe von blocks bzw. Superblocks einrichten, ähnlich denen in Barce-
Schulen, Haltestellen und großen Kreuzungen einzurichten. lona. Diese sind innen für PKW-Durchgangsverkehr gesperrt,
Ein positiver Nebeneffekt dieser Maßnahmen ist die starke der Verkehr wird umgeleitet, nur Anliegerverkehre sind zuläs-
Verringerung von Raserei. Tempo 50 gilt weiterhin für vierspu- sig. Der gewonnene Straßenraum wird der Nachbarschaft
rige Straßen und Kraftfahrstraßen. Wir fordern ein bundes- zurückgegeben – als öffentlicher Frei- und Aufenthaltsraum.
weites Tempolimit von maximal 120 km/h auf Autobahnen.
Wir fordern flächendeckend Anwohnerparken. Wenn Park-
Wir wollen die Hochstraße beim Hauptbahnhof perspekti- raum knapper wird, muss er Anwohner*innen vorbehalten
visch für den Autoverkehr stilllegen und zur Grün- und Frei- sein. Der Grundbetrag für eine Parkberechtigung muss dabei
zeitfläche umnutzen. Die verbleibende Straße am Boden ist sozial verträglich sein. Für besonders große und schwere
mit breiten Fuß- und Radwegen und einem Grünstreifen zu Fahrzeuge sollen die Gebühren verdoppelt werden. Die Ein-
gestalten. Wir fordern den Rückbau von vierspurigen Straßen nahmen aus der Parkraumbewirtschaftung können für den
auf zwei Spuren. Wir wollen eine stufenweise Parkraum- Ausbau von Rad-, Fußverkehr und ÖPNV genutzt werden.
reduzierung von insgesamt 25 Prozent. Der frei werdende Für Menschen aus der Region ohne Zugang zu Bus und Bahn
Raum muss umgewandelt werden zu breiteren Fußwegen, werden Park-and-Ride-Angebote ausgebaut. P+R ist Quar-
Grünflächen, Außengastronomie, Wohnraum und Spielplät- tiersgaragen vorzuziehen, insbesondere, solange die vorhan-
zen. Wir wollen, dass auf Supermarktparkplätzen und auf denen Quartiersgaragen nicht ausgelastet sind.
Parkplätzen vor kommunalen Gebäuden außerhalb der
Öffnungszeiten geparkt werden kann. Darüber hinaus wollen Aufgesetztes Parken ist ein Problem, vor allem in den Wohn-
wir die Bereitstellung von E-Ladestationen auf Supermarkt- quartieren mit schmalen Nebenstraßen. Zulasten von
parkplätzen fördern. Fußgänger*innen, der Barrierefreiheit und Verkehrssicher-
heit wird sich im gesamten Stadtgebiet Raum zum Parken
Viele Menschen, gerade im fortgeschrittenen Alter, haben angeeignet, der dafür nicht vorgesehen ist. Dabei werden
noch ein Auto, obwohl sie es kaum nutzen. Trotzdem ist es für Gehwege, Grünflächen und Bäume beschädigt. Polizei, Ord-
sie wichtig, um beispielweise wöchentliche Einkäufe zu tätigen nungsamt und Verkehrsbehörde haben viel zu lange nichts
oder Wege zur medizinischen Versorgung zu bestreiten, wenn dagegen unternommen. Aufgrund der großen Anzahl an
Zugänge zum ÖPNV nicht nah genug oder gesundheitlich Autos, die aufgesetzt parken, ist es aber realistisch betrach-
nicht zumutbar sind. Wir wollen allen Menschen ab 60 das tet nicht möglich oder angemessen, dieses Problem überall
Angebot machen, ihr Auto abzumelden, um im Gegenzug ein sofort mit ordnungspolitischen Maßnahmen zu lösen. Wir for-
lebenslanges Freiticket für den ÖPNV und ein monatliches Kon- dern deshalb einen Runden Tisch, bestehend aus den zustän-
tingent von Freifahrten mit dem Taxi zu erhalten. Hierfür ist die digen Behörden, dem Landesbehindertenbeauftragten und
Einrichtung eines kommunalen Taxiunternehmens zu prüfen. den Beiräten, um zeitnah Stellen im Stadtgebiet zu ermitteln,
bei denen aufgrund von Verkehrssicherheit, Barrierefreiheit
DIE LINKE lehnt neue Autobahnen sowie den Ausbau von und Flächenschutz dringlicher Handlungsbedarf besteht. An
Autobahnen im Land Bremen nach Fertigstellung der A 281 diesen Stellen muss das aufgesetzte Parken prioritär unter-
ab. Bei den Bauarbeiten an der A 281 muss die Neustadt von bunden werden. Die Verkehrsbehörde muss darüber hinaus
Ausweichverkehren entlastet werden. Die B6n darf nur in der ein Konzept entwickeln, wie das Problem des aufgesetzten
Tunnel-Variante unterhalb des Flughafens geplant werden. ­Parkens flächendeckend gelöst werden kann. Darüber hin-
Wir sind gegen den Weiterbau der A 20. Die A 20 würde die aus wollen wir einen kommunalen Abschleppdienst, damit
Versiegelung wichtiger Moore bedeuten, die bedeutsame dieser im Sinne der verkehrspolitischen Steuerung ohne kom-
C02-Senken sind und Biodiversität erhalten. merzielle Anreize eigenständig tätig werden kann.

Straßen in der Stadt versiegeln wichtige Flächen, die wir etwa Wir wollen den weiteren Ausbau öffentlicher E-Bike- und
für die „Schwammstadt“ (hohe Speicherkapazität von Regen- E-Auto-Ladestationen. Die öffentliche Automobilflotte
wasser) brauchen. Wir fordern einen besseren Lärmschutz Bremens soll bis 2030 voll batterieelektrisch sein. Wir wollen
an Bundesstraßen und Autobahnen. LKW-Ausweichverkehre Dienstfahrräder statt Dienstwagen fördern. Wir unterstützen
durch städtische Quartiere wollen wir durch verkehrslenkende den Neuzulassungsstopp von nicht klimaneutralen PKW in
und bauliche Maßnahmen reduzieren und vermeiden. der EU ab 2035, die Förderung von Hybridfahrzeugen ist ab-
zuschaffen. Wir lehnen zudem die Förderung von E-Fuel- und
DIE LINKE steht hinter den Plänen für eine autofreie Innen- wasserstoffbetriebenen PKW aufgrund von zu geringer Ener-
stadt. Daher müssen auch Zufahrtsstraßen zur Innenstadt gieeffizienz und Energieunabhängigkeit ab.
wie die Georg-Elser-Allee (Langemarckstraße) und Friedrich-
Ebert-Straße zweispurig zurückgebaut werden.
26 Sozialer Zusammenhalt in der Veränderung

Wohnen
gehört dazu, dass die kommunalen Wohnungsgesellschaf-
ten gezielt Bestände ankaufen, wenn sie auf den Markt
kommen. Zur Unterstützung soll das Förderprogramm „Sta-
Gutes und bezahlbares Wohnen für alle bilisierung von Sozialstrukturen im Mietwohnungsbestand“
wieder aufgelegt werden, das einmalig beim Ankauf von
Wie man wohnt, hängt vor allem von der Eigentumsstruktur Wohnungen in der Lüssumer Heide zum Einsatz kam. Ein
ab. Wer seine Wohnung selbst besitzt, hat mit Renovierungs- Teil der Finanzierung kann aus der Gewinnausschüttung von
und Nebenkosten, Kreditzinsen und Abgaben zu kämpfen, ist GEWOBA und BREBAU bestritten werden. Noch besser ist es,
aber sicher vor Mietsteigerungen und hat die Qualität selbst wenn die Überschüsse gar nicht erst ausgeschüttet, sondern
in der Hand. Wer zur Miete bei einem gemeinwohlorientier- gleich für solche Ziele verwendet werden. Darum wollen wir
ten Eigentümer wohnt – also bei einem kommunalen Woh- die Gewinnausschüttung der GEWOBA auf 4 Prozent vom
nungsunternehmen oder einer Wohnungsgenossenschaft –, Eigenkapital senken (von derzeit 18 Prozent).
ist in relativ guten Händen und die Stadt hat die Möglichkeit,
auf die Mietpreisentwicklung Einfluss zu nehmen. Wer zur Zum anderen soll die Sozialwohnungsquote im Neubau auf
Miete bei privaten Eigentümern wohnt – also in einer Woh- 50 Prozent erhöht werden. Neue Sozialwohnungen sollen
nung, die einem profitorientierten Wohnungsunternehmen grundsätzlich von den kommunalen Wohnungsgesellschaf-
oder einer Privatperson gehört –, ist vor starken Mietsteige- ten erworben werden. Parallel dazu soll die Förderung von
rungen am wenigsten geschützt. Oder davor, dass der Eigen- Baugenossenschaften ausgebaut werden und bei größeren
tümer sich nicht um die Wohnung kümmert, notwendige Re- Neubauvorhaben ein fester Anteil dafür reserviert werden.
paraturen nicht vornimmt, überhöhte Umlagen erhebt oder Durch Rahmenbebauungspläne, die jetzt bundesgesetzlich
versucht, eine*n Mieter*in loszuwerden. Das muss nicht so möglich sind, sollen Flächen definiert werden, die nur für den
sein, aber es kann, und es passiert. Wer genug zahlen kann, sozialen Wohnungsbau vorbehalten sind. Ziel soll insgesamt
kommt auf dem privaten Wohnungsmarkt klar – aber wer sein, den gemeinwohlorientierten Anteil an allen Mietwoh­
kann das schon! nungen jedes Jahr um etwa 1 Prozent zu steigern. Auf Bun-
desebene setzen wir uns weiter für das Modell der Neuen
Der Schlüssel für gutes und bezahlbares Wohnen für alle Wohngemeinnützigkeit ein, dass die zeitlich befristete Förde-
liegt daher darin, den gemeinwohlorientierten Anteil am rung von Sozialwohnungen durch eine dauerhafte Förderung
Mietwohnraum hochzuhalten – idealerweise die Hälfte al- sozial orientierter Wohnbauträger ersetzt.
ler Mietwohnungen sollte das umfassen. Dann kann davon
ein preisdämpfender Effekt ausgehen und dann reicht der Ausnahmen von der Sozialwohnungsquote lehnen wir ab,
gemeinwohlorientierte Wohnraum, um alle die zu versor- weil diese nur durchsetzbar ist, wenn sie ohne Wenn und
gen, die auf bezahlbaren Wohnraum dringend angewiesen Aber vorausgesetzt wird. Wir wollen aber, dass für die ver-
sind – in Bremen etwa 40 Prozent aller Haushalte. Die Stadt schiedenen Stadtteile eigene Ziele erarbeitet werden für den
Wien macht es vor. Hier sind 56 Prozent aller Mietwohnungen Anteil an kommunalen oder genossenschaftlichen Wohnun-
entweder Gemeindewohnungen oder genossenschaftliche gen und für den Anteil an Sozialwohnungen. Daraus kann
Wohnungen. Der Effekt: Wohnen ist in Wien so günstig wie in sich ergeben, dass in Stadtteilen mit hohem Mietniveau eine
keiner anderen Metropole Europas. Ähnliche Anteile waren ­höhere Sozialwohnungsquote zu fordern ist oder dass dort
früher auch in deutschen Großstädten nichts Ungewöhn- mit Rahmenbebauungsplänen mehr Vorrangflächen für so-
liches – bevor die alte Wohnraumförderung beendet wurde, zialen Wohnungsbau ausgewiesen werden.
große kommunale Bestände verkauft wurden und der Woh-
nungsmarkt für börsennotierte Investoren geöffnet wurde. Mieten bremsen, Entwicklung steuern

In der Stadt Bremen kommen die beiden kommunalen Woh- Natürlich wollen wir ebenso alle Instrumente nutzen, die zur
nungsgesellschaften, GEWOBA und BREBAU, zusammen Verfügung stehen, um die Mieten im privaten Vermietungs-
mit den Wohnungsgenossenschaften auf einen Anteil von sektor zu begrenzen. Die Begrenzung der Mietsteigerung
27 Prozent aller Mietwohnungen. Das reicht nicht. In Bremer- auf 15 Prozent in drei Jahren und auf 10 Prozent bei Neu-
haven ist die Situation besser: STÄWOG, GEWOBA und die vermietung muss erhalten werden. Wir wollen die staatliche
Genossenschaften besitzen zusammen etwa 43 Prozent aller Wohnungsaufsicht stärken. Sanierungen in Quartieren, wo
Mietwohnungen. Da fehlt deutlich weniger bis zur Hälfte. dann hohe Mietsteigerungen und Verdrängung an der Tages-
ordnung sind, wollen wir genehmigungspflichtig machen, an
Auch im privaten Mietsektor sind Maßnahmen zur Mietbe- Zusagen bei der Mietpreisbegrenzung binden und die Um-
grenzung wichtig. Aber das bleibt immer ein Kampf gegen wandlung von Miet- in Eigentumswohnungen unterbinden
Windmühlen. Fast alle Maßnahmen, die zur Verfügung ste- (d. h. Milieuschutzsatzungen erlassen). Beim Wohnraum-
hen, sind zeitlich begrenzt, haben Schlupflöcher, sind schwer schutzgesetz wollen wir die Definition von unzulässigem „Leer-
zu kontrollieren. Der Berliner Mietendeckel hatte hier ein neu- stand“ so erweitern, dass damit nicht nur unmittelbar nutzba-
es Kapitel aufgeschlagen, ist aber an der bundesrechtlichen rer Wohnraum gemeint ist, sondern genauso leer stehende
Lage gescheitert, an der die Ampelregierung im Bund nichts Gebäudeeinheiten auf Wohnbauflächen, die mit begrenzten
ändern wird. Maßnahmen zu nutzbarem Wohnraum gemacht werden
können. Baugenehmigungen sollen bei Untätigkeit nicht mehr
Mehr kommunales und genossenschaftliches verlängert werden. Gleichzeitig sind die Prozesse in den Bau-
Wohnen ämtern dringend so umzugestalten, dass Bauherr*innen nicht
unzumutbar lange auf eine Genehmigung warten müssen.
Entscheidend ist daher, den gemeinwohlorientierten Sektor
auszubauen. Das war in Bremen und Bremerhaven bisher Bei allen Wohnbauprojekten, wo neues Baurecht geschaffen
kein erklärtes Ziel, und das muss sich ändern. Zum einen wird, sollen städtebauliche Verträge sich an einem „Bremer
Sozialer Zusammenhalt in der Veränderung 27

Standard“ orientieren, der die grundsätzlichen Vorgaben liches Unternehmen) und wiederum Verkaufs-, Miet- oder
enthält. Anders als jetzt sollen das nicht überwiegend öko- Pachtverträge mit kommunalen Nutzer*innen schließt. Auf
logische und klimapolitische Vorgaben sein, sondern gleich- diese Weise wird gewährleistet, dass Flächenankauf oder Teil-
gewichtig soziale und städtebauliche Vorgaben: 50 Prozent abtretungen nicht daran scheitern, dass das Geld für Schulen,
Sozialwohnungsquote (oder 40 Prozent Sozialwohnungen Kitas, soziokulturelle Einrichtungen oder Start-up-Spaces erst
und 20 Prozent preisgedämpfte Wohnungen) sowie ein für einen späteren Zeitpunkt im Haushalt eingestellt ist.
fester Anteil für genossenschaftliche Wohnungen; eine Flä-
chenquote für gemeinschaftlich nutzbaren Freiraum; keine Grundsätzlich wollen wir städtische Flächen möglichst nicht
Hochhäuser; Geschosswohnungsbau nur mit Balkon; keine mehr verkaufen, sondern in Erbbaurecht vergeben. Bei kom-
maßlose Verdichtung; maximal 20 Prozent des Wohnraums munalen Wohnungsbauunternehmen und bei Baugenossen-
sollen innerhalb der nächsten zehn Jahre in Eigentumswoh- schaften spricht allerdings nichts dagegen, dass diese ihre
nungen umgewandelt werden. In urbanen Gebieten soll eine Flächen kaufen, denn es sind keine langfristigen Entwicklun-
Mischquote von 50 Prozent Wohnen, 30 Prozent gewerbliche gen zu befürchten, die durch Weiterverkauf oder Nutzungs-
und 20 Prozent öffentliche Nutzung vorgegeben und die veränderung die städtebaulichen und wohnungspolitischen
öffentliche Nutzung durch Teilabtretung gesichert werden. Ziele der Stadt gefährden. Bei Vergaben in Erbbaurecht soll
Die Beteiligung der zuständigen Beiräte soll erfolgen, bevor der kommunale Flächenfonds (bzw. die kommunale Flächen-
Zusicherungen gegeben und städtebauliche Verträge ge- gesellschaft) als Erbbaugeber fungieren.
schlossen werden – nur dann ist tatsächlich Einfluss auf den
Entwicklungsprozess möglich. Egal ob in Erbbaurecht oder Verkauf: Wir wollen nach dem
Vorbild anderer Kommunen das Instrument der sozial orien-
GEWOBA: Mietenstrategie ändern, tierten Flächenvergabe einführen. Für Baugenossenschaften
vollständig rekommunalisieren oder kommunale Wohnungsunternehmen, die sich auf ent-
sprechende, mieter*innenfreundliche Kooperationsverein-
GEWOBA und BREBAU können die ihnen zugedachte Rolle barungen verpflichten und günstige Mieten anbieten, für
nur ausfüllen, wenn sie im Einklang mit den wohnungs- und soziokulturelle Projekte, Gründer*innen-Spaces oder sozial
städtebaulichen Zielen der Stadt geführt werden. Das ist bis- orientierte Start-ups soll eine Vermarktung unterhalb der fest-
lang nur unzureichend der Fall. Erforderlich ist eine Strategie gestellten Verkehrswerte erfolgen. Unabhängig davon wollen
der Bestandserweiterung, mit Gesamtzielen und stadtteil- wir die Mechanismen der Bodenwertfeststellung daraufhin
bezogenen Zielen. Die kommunalen Wohnungsgesellschaf- überprüfen, ob Spielräume bestehen, sie weniger preistrei-
ten sollen sich an einer Mietenstrategie orientieren, die real bend zu gestalten.
preisdämpfend wirkt: keine oder nur geringe Mietsteigerungen,
maßvolle und langfristige Umlegung von Sanierungsinvestitio- Perspektivisch wollen wir auch in Bremen die gute Praxis ein-
nen, gezielter Erhalt von Mietwohnraum auch deutlich unter führen, die bereits in vielen anderen Kommunen angewendet
der Sozialwohnungsgrenze. Der Nutzen von „Mieterhöhungs- wird: Wenn eine Fläche brach fällt und neues Baurecht be-
potenzialen“ darf kein Automatismus der Geschäftspolitik nötigt wird, um sie zu entwickeln, dann soll diese Fläche zu-
sein. Diskriminierungsfreie Vergabe von Wohnraum muss eine erst an die Stadt verkauft werden – vorher gibt es kein neues
Selbstverständlichkeit sein, GEWOBA und BREBAU sollen sich Baurecht. Auf diese Weise geht der Planwertgewinn durch
am Grundsatz der allgemeinen Gleichbehandlung orientie- die veränderte Nutzung auf die Stadt über, und die Stadt
ren, ohne die gesetzlichen Ausnahmen für den Wohnungs- hat sehr viel weitergehende Möglichkeiten, die künftige Ent-
bau zu nutzen. Innovativer Neubau zu niedrigen Preisen muss wicklung und Bebauung festzulegen, als mit städtebaulichen
wieder ein zentrales Aufgabengebiet werden. Verträgen.

Die GEWOBA wollen wir deshalb zu 100 Prozent in städ- Die soziale Förderung von Wohnungseigentum wollen wir in
tischen Besitz überführen, die Anteile der privaten Mit- der bestehenden Form fortsetzen. Familien mit Kindern er-
eigentümer aufkaufen und die GEWOBA in eine GmbH halten einen festen Zuschuss, wenn sie in Bremen ein Haus
umwandeln – so wie es bei der BREBAU auch der Fall ist. Die oder eine Wohnung kaufen. Das gilt für alle Stadtteile, aber
mieterfreundlichen Regelungen der kommunalen Wohnungs- nur bis zu einem bestimmten Kaufpreis. Auf diese Weise be-
gesellschaften sollen nach dem Vorbild Berlins entweder in kommen den Zuschuss diejenigen, die ihn wirklich brauchen.
Kooperationsvereinbarungen oder in einem Wohnungsver- Wir wollen diese Förderung insbesondere Alleinerziehenden
sorgungsgesetz verankert werden. zugänglich machen.

Das Eindringen börsennotierter Wohnbaukonzerne wie der Wir setzen uns ein für eine großzügige Praxis im Umgang mit
Vonovia in den Bremer Wohnungsmarkt wollen wir umkehren ungewöhnlichen Wohnformen, von Bauwagenkolonien bis zu
und zurückdrängen. Wir begrüßen den Erfolg des Volksent- Kaisenhäusern. Die rechtlichen Möglichkeiten von temporärer
scheids „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ in Berlin. Wir Duldung, Einzelfallgenehmigung etc. sollen ausgeschöpft und
wollen auch im Land Bremen profitorientierte Immobilienkon- möglichst angepasste, kreative Lösungen gefunden werden.
zerne vergesellschaften.

Für eine soziale und vorausschauende Sport


Flächen- und Eigentumspolitik
Sportmöglichkeiten für alle:
Um eine nachhaltige Flächen- und Eigentumspolitik zu be- Barrierefrei, leistbar und zugänglich
treiben, die vorausschauend orientiert ist, ist ein städtischer
Flächenfonds das geeignete Instrument. Er kann so gestaltet Breitensport und Teilhabe sind die Zielsetzung unserer Sport-
werden, dass er eigenständig kreditfähig ist (d. h. als öffent- politik. Deswegen wollen wir einerseits dem Sport ohne feste
28 Sozialer Zusammenhalt in der Veränderung

Mitgliedschaft in einem Sportverein stärkere Beachtung Sportliche Betätigung muss in einem sicheren Umfeld statt-
schenken. Das heißt, den Ausbau von frei nutzbaren Sport- finden. Sexismus und Rassismus dürfen in unserer Gesell-
geräten im öffentlichen Raum wie z. B. Fitnessgeräten, Calis­ schaft keinen Platz haben. Gegen Belästigung, Missbrauch
thenics-Parks und Tischtennisplatten zu verstärken, Flächen und Gewalt setzen wir Prävention und entschiedenes Ein-
in öffentlichen Grünanlagen für sportliche Betätigungen greifen. Die Vereine und Verbände müssen hierbei die volle
stärker nutzbar zu machen und insgesamt niedrigschwellige Unterstützung erfahren. Wir wollen gemeinsam mit den Ver-
Sport- und Bewegungsangebote auszubauen. Andererseits einen und Verbänden ein Konzept zum Schutz von Kindern
heißt das für uns aber auch, Sportanlagen zu erhalten und und Jugendlichen erarbeiten. Außerdem bedarf es eines
auszubauen. Es bedarf weiterhin, auch um den Schulsport zu übergreifenden Konzepts gegen Gewalt beim (Jugend-)
stärken, der Sanierung von Hallen und Bezirksportanlagen, Fußball.
insbesondere der Kunstrasenplätze. Hierfür muss ein Sanie-
rungsprogramm aufgelegt werden, um den Investitionsstau Zugleich wollen wir Spaß am Sport und auch die Befähigung
abzubauen. Die Schließzeiten von Bezirkssportanlagen und zu sportlicher Betätigung schon früh vermitteln, denn nur so
Hallen etwa in den Sommerferien sollen vermieden werden. können wirklich alle am Sport teilhaben. Der Sportunterricht
Außerdem brauchen wir eine Bedarfsanalyse für den Neu- an den Schulen muss sichergestellt werden und sollte pers-
bzw. Umbau von Sportheimen und Kabinen an Fußballplätzen. pektivisch wieder zu einem höheren Anteil durch Fachlehr-
kräfte erteilt werden. Die Bedingungen in der sportbetonten
Sport kann die Lebensqualität einzelner, aber auch ganzer Oberschule an der Ronzelenstraße wollen wir optimieren.
gesellschaftlicher Gruppen erhöhen: Er fördert die Gesund- Zudem müssen die aufgrund der Corona-Pandemie ausge-
heit und wirkt inklusiv und integrativ. Aber nur, wenn alle auch fallenen Schwimmkurse in den Schulen nachgeholt werden.
die Möglichkeit haben, sich sportlich zu betätigen. Insbeson- Der Schwimmunterricht sollte von der dritten auf die zweite
dere Menschen mit niedrigem Einkommen wird der Zugang Klasse vorgezogen werden und durch Intensivschwimmkurse
zur sportlichen Betätigung aber immer noch erschwert. Des- nach Bremerhavener Vorbild gezielt unterstützt werden.
wegen wollen wir Zugangsmöglichkeiten zu Sportvereinen
durch die Übernahme der Vereinsbeiträge erleichtern und
möchten ein Sportförderprogramm für Transferleistungs-
beziehende einrichten. Die bestehenden Förderprogramme
„Kids in die Clubs“ und „Kids in die Bäder“ müssen auch zu-
künftig abgesichert werden. Wir wollen den Eintrittspreis von
1 Euro für Kinder und Jugendliche in den Bremer Freibädern
erhalten und auch für die Hallenbäder einführen. Außerdem
dürfen die momentane Energiekrise und die Preissteigerun-
gen im Energiebereich nicht zulasten des Breitensports und
der Sportvereine und Schulen gehen. Hier bedarf es der fi-
nanziellen Absicherung durch das Land.

Sport für alle bedeutet für uns, dass die Vielfalt unserer Ge-
sellschaft in den Vereinen und Verbänden abgebildet wird.
Diese integrative und inklusive Arbeit funktioniert nur dank
der Arbeit und des Engagements vieler Ehrenamtlicher. Wir
wollen diese Arbeit noch stärker als bisher unterstützen. Hier
bedarf es zum einen der Förderung der Integrations- und
Inklusionsarbeit in den Vereinen, zum anderen der Förde-
rung der Diversität in den Verbänden und Vereinen selbst,
auch in den Vorständen. Die Übungsleiter*innenpauschale
wollen wir weiter erhöhen. Mit der Einrichtung eines Förder-
programms für die Übernahme der Ausbildungskosten für
Übungsleiter*innen und Schiedsrichter*innen wollen wir
Menschen mit niedrigem Einkommen und Menschen, die
Transferleistungen beziehen, in der Vereinsarbeit stärken.
Außerdem wollen wir queere Sportvereine stärker unterstüt-
zen und fördern.
29

ARBEIT, KAPITAL,
­GESCHLECHTERVERHÄLTNISSE

Wirtschaft
sind angesagt. Von all dem hängt das Wohl und Wehe von Be-
schäftigten, Städten und Regionen ab. Entwicklungschancen
hängen davon ab, vorne mit dabei zu sein und rechtzeitig Ver-
Wirtschaftspolitik in stürmischen Zeiten änderungen voranzutreiben. Wer zu spät kommt, den bestraft
das Leben. Darum ist Innovation so wichtig.
Die Wirtschaftslandschaft wird sich in den nächsten Jahren
tiefgreifend verändern. Die Transformation zur klimaneut- Wirtschaft als Stadtentwicklung
ralen Produktion und zur klimaneutralen Gesellschaft wird
kommen. Die Digitalisierung wird letztlich alle Wirtschaftsbe- Unser Ziel ist: Die Bremen und Bremerhaven prägenden
reiche erfassen und verändern. Innovation wird noch stärker industriellen Kerne gut in die klimaneutrale Zukunft zu brin-
zum bestimmenden Faktor, der über Standorte, Absatzmärk- gen. Wir wollen auch weiterhin Hardware für die Transforma-
te und Arbeitsplätze entscheidet. Der demografische Wandel tion produzieren. So vermeiden wir einen Strukturwandel, bei
führt weltweit zu einem Fachkräftemangel, Innovation wird dem Großbetriebe, Zulieferer und Branchen verschwinden
es ohne Qualifizierung nicht geben. Qualifizierung, die Ge- und Beschäftigte massenweise ihre Jobs verlieren. Aber das
schlechterstereotype überwindet, ist der Schlüssel zu einer geht nur, wenn wir die großen technischen Umstellungen –
krisenfesteren Zukunft für alle. Fach- und Arbeitskräfte lassen klimaneutraler Stahl durch Wasserstoff, „grünes“ Fliegen, kli-
sich nur über attraktive Arbeitsbedingungen binden. maneutrale Mobilität – mit aller Kraft unterstützen, begleiten
und fördern.
Dies alles vollzieht sich vor dem Hintergrund von Verände-
rungen der globalen Arbeitsteilung und weltweiten Han- Dies reicht aber nicht aus. Die Zeiten, in denen Städte als
delsbeziehungen, deren mögliche Tendenzen noch nicht „Autostadt“ oder „Chemiestadt“ überleben konnten, sind
wirklich absehbar sind. Die diskutierte Re-Regionalisierung vorbei. Attraktive Wirtschaftsstandorte müssen heute viel-
von ­Lieferketten und kritischen Produktionsbereichen steht gestaltige, diversifizierte Wirtschafts- und Innovationsland-
­neben vertieftem Wettbewerb, wessen Produkte die welt- schaften sein, wo technische Innovationen sich branchen-
weiten Standards setzen, und einer Globalisierung und übergreifend entwickeln. Wo Produktionsbetriebe mit hoher
Digitalisierung von Dienstleistungen. Nach der Phase der eigener Entwicklungsleistung koexistieren und vernetzt sind
Hyper­globalisierung erleben wir weltweite Verschiebungen, mit einer aktiven Gründer*innen-Szene und einer innovativen
die EU und vor allem Deutschland haben darauf noch keine Kreativ- und Kulturwirtschaft. Wo man Fachkräfte finden und
Antwort. Viele deutsche Unternehmen haben sich aus lang- gewinnen kann, weil es attraktive Lebens- und Arbeitsbedin-
fristigen Innovations- und Investitionsentscheidungen zurück- gungen gibt und der soziale Zusammenhalt stimmt. Wo die
gezogen und haben nicht mehr die Marktführerschaft inne, Handwerkerin kommt, anspruchsvolle Dienstleistungen am
die sie so gerne für sich in Anspruch nehmen. Ort vorhanden sind und wo es wohnortnah gute Kitas und
Schulen gibt.
All das vollzieht sich ebenso vor dem Hintergrund, dass eine
Steuerung durch Markt, Profit und private Eigentümer*innen- Bei den industriellen Leitunternehmen und in vielen Produk-
Entscheidung (die immer noch der Kern einer kapitalistischen tionsbranchen kämpfen wir darum, die Beschäftigung zu er-
Wirtschaftsordnung sind) immer stärker durch staatliche halten. Tätigkeiten, die in naher Zukunft nicht mehr benötigt
Rahmensetzungen, Zielvorgaben, Anreiz- und Kooperations- werden, werden durch andere ersetzt. Uns ist wichtig, dass
strukturen ergänzt, überformt, in Teilen sogar ersetzt wird. Das nicht die Beschäftigten ersetzt werden. Dies wird nur durch
Datum für den Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor muss einen Wissenstransfer und Qualifizierung gelingen. Für das
politisch gesetzt werden, damit sich alle daran orientieren kön- notwendige Beschäftigungswachstum sorgen inzwischen
nen. Stahlproduktion muss sich am Weltmarkt ebenso orien- auch andere Sektoren, wie die wissenschaftsintensiven
tieren wie am CO₂-Preis; klimaneutrale Stahlproduktion wird es Dienstleistungen oder die Gesundheitswirtschaft, aber auch
nur geben, wenn die enormen Investitionskosten teilweise so- die Kreativwirtschaft, die Nahrungs- und Genussmittelindust-
zialisiert werden. Wir merken alle: Die staatliche Kriseninter­ rie und die Logistik. Wir wollen diese Branchen aufwerten und
vention, mit stärkeren Eingriffen und Lenkungsfunktionen, haben sie in der vergangenen Legislaturperiode bereits ver-
wird ein Stück weit neue Normalität. Der Bremer Senat hat sich stärkt zum Gegenstand von Wirtschaftsförderung gemacht.
zur anteiligen Investitionsförderung der großen Dekarbonisie- Diesen Weg wollen wir konsequent weitergehen.
rungsprojekte bekannt, dennoch müssen Unternehmen sich
darauf einstellen, dass die Nachfrage nach nachhaltig herge- Wirtschaft geht nicht isoliert. Flächen, Ressourcen und Fach-
stellten Produkten schnell wächst. In absehbarer Zeit wird kein kräfte sind begrenzt. An Flächen- und Ressourceneffizienz
Autobauer mehr PKWs mit „dreckigem“ Stahl produzieren. Ge- sowie umfassenden Fachkräftestrategien führt kein Weg
rade die transnationalen Unternehmen müssen diesen Wett- vorbei. Wirtschaft muss sich in Stadt und Region einfügen,
bewerb auch annehmen. Neoliberales Laufenlassen funktio- sich zusammen mit ihnen entwickeln und Zielkonflikte aus-
niert nicht mehr. Zielorientierte Steuerung und Kooperation halten – um Flächen, Auflagen und eine faire Arbeitsteilung
30 Arbeit, Kapital, Geschlechterverhältnisse

zwischen Staat und Betrieben bei Aus- und Weiterbildung. Daher ist es entscheidend, bei allen Programmen, die sich
Wirtschaft muss aber umgekehrt in ihren Bedarfen gesehen mit der wirtschaftlichen Transformation beschäftigen, Aus-,
und anerkannt werden. Die Zukunft wird nicht so aussehen, Fort- und Weiterbildung konsequent mitzudenken und
dass wir alle in fassadenbegrünten Gebäuden nur noch iso- eigenständige Maßnahmen sowie Ressourcen dafür vorzuse-
lierte Bürotätigkeiten ausführen oder mit dem Fahrrad die hen. Das haben wir mit dem Bremen-Fonds so gemacht, und
Pizza liefern. Es geht nicht ohne große Produktion, schwere das erwarten wir auch von einem zukünftigen Klima-Fonds
Verkehre, teure Maschinen und zentrale Arbeitsorte. Transfor- sowie von allen anderen Paketen zur Krisenbewältigung oder
mation braucht Platz, Gewerbe braucht Schutz vor Verdrän- Innovationsförderung. Wir erwarten, dass Unternehmen die
gung, Betriebe brauchen Verlässlichkeit und Unterstützung Qualifizierung von Beschäftigten und die Ausbildung von
bei ihrer Entwicklung: Auch das muss gewährleistet sein. Nachwuchs als ihre elementare Aufgabe ansehen, und stär-
ken kooperative Ansätze in Zusammenarbeit mit Betrieben,
Weil Wirtschaft, Stadt und Region sich nur zusammen ent- mit Wissenschaft und Bildung, der öffentlichen Hand.
wickeln können, weil das mehr Planung braucht und weil Ziel-
konflikte immer wieder neu gelöst werden müssen, haben wir Wir haben mit der neuen Innovationsstrategie die richtigen
das neue Gewerbeentwicklungsprogramm „Stadtentwick- Weichen gestellt. Innovative Maritime Technologien, CO₂-
lungsplan Wirtschaft“ genannt. neutrales Fliegen, Projekte im Bereich der Erneuerbaren Ener-
gien zeigen den Weg in eine klimaneutrale Zukunft. Flankiert
Gegen den verengten Blick wird dies durch die Schlüsseltechnologien im Bereich von Di-
gitalisierung oder Künstlicher Intelligenz (KI). Wir werden die
In traditionellen Betrachtungen wird der Blick verengt auf Programme zur Innovationsförderung in Industrie, Logistik,
Warenexport und Warenproduktion, um Mehrwert zu ge- Handwerk, Einzelhandel überarbeiten und an die Bedürfnisse
nerieren. Viel wichtiger ist es, Werte zu schaffen, die ein der Unternehmen und Beschäftigten anpassen. Wir sorgen
„gutes Leben“ für alle ermöglichen. Das ständige Streben für die Umsetzung der Regionalen Innovationsstrategie durch
nach Profitmaximierung beinhaltet ständigen Wachstums- Förderung von Digitalisierung, KI, Leichtbau- und Wasser-
druck – bei begrenzten Ressourcen schlichtweg ein Ding der stofftechnologien oder sozialen Innovationen wie neuen
Unmöglichkeit. Wir suchen nach Wegen und Möglichkeiten, ­Arbeits- und Organisationsformen.
um ein Umdenken insbesondere in der Wirtschaft zu errei-
chen. Kooperatives Wirtschaften statt Konkurrenzkampf Mit dem KI-Transferzentrum und dem neuen Digital Hub
ist einer der Wege. Dazu gehört ebenfalls, dass alle Branchen Industry (DHI) im Technologiepark kann Bremen an seine
für ihren wirtschaftlichen Beitrag Beachtung finden und nicht Stärken anknüpfen: die enge Verbindung von Industrie und
nur die, die bis heute als privilegiert gesehen werden. Das ist Dienstleistung und die anwendungsorientierte Forschung. Mit
auch eine Frage der Geschlechtergerechtigkeit, der Mig- dem vom LINKEN Wirtschaftsressort entwickelten Food Hub
rationsgerechtigkeit und der Qualifikationsgerechtigkeit. HANSE KITCHEN schaffen wir ­Perspektiven für viele junge
Typischerweise sind Branchen mit einem hohen Frauenanteil, Start-ups in der Nahrungs- und Genussmittelbranche.
einem hohen Anteil an migrantischer Beschäftigung und
einem hohen Anteil an Jobs auch für Geringqualifizierte die- Wir werden ein Kompetenzzentrum Smart Services schaf-
jenigen, deren Beitrag heruntergespielt und deren Potenziale fen, zur Förderung wissenschaftsintensiver Dienstleistungen
nicht gefördert werden. Das wollen wir ändern. Wir wollen und digitaler Dienstleistungen im Handwerk. Wir wollen den
Branchen öffnen für Frauen, migrantische Beschäftigung und Dienstleistungsbereich mit seinem hohen Frauenanteil stär-
Chancen für Geringqualifizierte, bei denen hier Nachholbe- ken und Förderprogramme so gestalten, dass die größtenteils
darf besteht. Aber wir wollen gleichzeitig die Branchen weiter kleinen Unternehmen und Solo-Selbständige davon profitie-
aufwerten und auf Augenhöhe behandeln, in denen heute ren können.
viele Frauen arbeiten, in denen Beschäftigte mit Migrations-
hintergrund bereits gute Chancen haben oder die heute in Wir werden einen Masterplan „Kreislaufwirtschaft – Repa-
großem Umfang Beschäftigungsmöglichkeiten für Gering- rierbarkeit – Entsorgung“ erarbeiten, der Innovationsorien-
qualifizierte bieten. tierung, Beschäftigungswachstum und Klimaziele zusammen-
bringt. Wir werden die Gesundheitswirtschaft verstärkt zum
Am Ende geht es um ein anderes Wirtschaften und nicht um Ziel von Innovationsförderung machen.
den viel proklamierten „Green New Deal“. Dieser bedient
die Logik des Kapitalismus: Immer mehr für immer weniger Die WFB (Wirtschaftsförderung Bremen) werden wir stärker
Menschen. Wir verstehen unter anders Wirtschaften eine Ge- aufstellen. Bremen braucht eine schlagkräftige Wirtschafts­
meinwohlökonomie, die sich an den 17 Nachhaltigkeitszielen förderung, die neben den eigentlichen Dienstleistungen die
der Vereinten Nationen orientiert und auf den Schutz von sozial-ökologische Wende begleitet, nachhaltiges Gewer-
Mensch, Zusammenhalt, Umwelt und Klima orientiert statt begebietsmanagement betreibt, Cross-Cluster-Projekte
auf Profit und Kapitalbildung für die Vermögendsten. entwickelt und neue Formate zum interdisziplinären Wissens-
austausch über Zukunftstrends bereitstellt. Die in der letzten
Innovation fördern Legislaturperiode geschaffenen Projekte wie das Digital Hub
Industry (DHI), das Food Hub HANSE KITCHEN und das Mittel-
Die Bedeutung von Innovation als Standortfaktor nimmt in stand 4.0-Kompetenzzentrum müssen durch entsprechende
Zeiten der Transformation weiter zu. Wissensintensive Prozes- Förderprogramme begleitet werden.
se werden entscheidend für die Wertschöpfung. Beschäftigte
werden in höherem Maß kreative, soziale, kommunikative und Wasserstoff-Strategie und Energiewende
kooperative Arbeitsleistungen erbringen müssen. Qualifika-
tionsprofile, Arbeitsprozesse und Geschäftsmodelle werden In der letzten Legislaturperiode konnte Bremen sich erfolg-
sich schneller verändern. reich bei den Wasserstoff-Förderprogrammen der EU und
Arbeit, Kapital, Geschlechterverhältnisse 31

des Bundes aufstellen. Das ist eine wichtige Weichenstellung wäre auf lange Sicht auch für diese Betriebe ein Risiko, der
für die Zukunft. Zur Kofinanzierung dieser erheblichen In- lange andauernde Kampf um den Erhalt des Airbus-Stand-
vestitionsmittel wird die Schuldenbremse aufgehoben. Mit ortes und die Weiterentwicklung hin zum klimaneutralen
den sogenannten IPCEI-Projekten („Important Project of Fliegen würde dadurch konterkariert werden.
Common European Interest“; strategische Förderprojekte der
Europäischen Kommission) werden in zentralen Bereichen Kleine und mittlere Unternehmen stützen
wie dem Flugzeugbau, der maritimen Wirtschaft und der
Stahlindustrie langfristig bedeutende Vorhaben möglich. Nur eine Handvoll Unternehmen im Land Bremen hat mehr
Neben wasserstoffbetriebenen Verkehren wird vor allem als 3.000 Beschäftigte: Mercedes-Benz, Airbus, die GeNo,
die CO₂-neutrale Stahlproduktion durch neue Verfahren die BLG, das Stahlwerk, Nordsee und DMK. Wenn es bei den
ermöglicht. Die Dekarbonisierung der Stahlwerke bleibt Großen kriselt, hat das schwere Folgen für alle. Aber Beschäf-
das wichtigste Projekt, um Bremen klimaneutral zu machen. tigung für alle gibt es nur, wenn wir den Bereich der kleinen
Die grenzüberschreitenden Infrastrukturprojekte sowie eine und mittleren Unternehmen (KMU) stützen und fördern.
eigene Wasserstoffproduktion bieten in Zukunft Potenzial für Tendenziell nimmt ihr Anteil an der Zahl der Betriebe und der
neue industrielle Ansiedlungen. Beschäftigung immer weiter zu.

In der kommenden Legislaturperiode müssen nicht nur diese Die Anforderungen der Transformation sind für KMU eine be-
Projekte ausfinanziert werden, sondern auch die Koopera- sondere Herausforderung. Wir werden die Förderprogramme
tionen mit norddeutschen Ländern zum Offshore-Ausbau Digitalisierung für Kleinst- und Kleinbetriebe, inklusive Hand-
(ggf. auch in Form staatlicher Windparks) verstärkt werden. werk und Einzelhandel, fortsetzen und in einem Mix aus In-
Für die Herstellung von grünem Wasserstoff brauchen wir formation, Beratung und Finanzierung begleiten. Wir werden
große Mengen an grünem Strom – die gibt es nur, wenn wir KMU verstärkt dabei unterstützen, Fachkräfte-Marketing zu
den Offshore-Bereich massiv ausbauen. Bremen und Bremer- betreiben, Organisationsentwicklung zu modernisieren, Gute
haven verfügen hier über die geografischen Möglichkeiten Arbeit zu ermöglichen. Wir wissen um den Stellenwert, den
und über das dafür notwendige Know-how. Wir werden uns ein ausgewogenes Verhältnis von Beruf und Familie bei (nicht
für die konsequente Umsetzung der Bremer Wasserstoff- nur) der jungen Generation zunehmend einnimmt.
strategie einsetzen. Im bereits beschlossenen Klimapakt
des Senats müssen die dort skizzierten Projekte konsequent Aktive Interessenvertretung für Bremen
umgesetzt werden. Gleichzeitig bieten die bremischen Häfen
auch die Chance, Wasserstoff zu importieren. Die Großen können manches mit eigenen Ressourcen stem-
men, was Kleinere nicht können. Sie sind aber besonders
Im Baubereich werden wir die energetische Gebäudesa- abhängig von Entscheidungen, die anderswo fallen: in Kon-
nierung nach vorne treiben und entsprechende Förderpro- zernzentralen, seitens der Bundesregierung oder in der EU.
gramme auf den Weg bringen. Wir wollen Photovoltaik und Wirtschaftsressort und Senat sind daher gefordert, eine akti-
regenerative Energien bei gewerblichen Investitionen kon- ve Interessenvertretung der Bremer Wirtschaftsregion auf
sequent berücksichtigen. Neue Gebäude wird es nicht mehr überregionaler Ebene zu betreiben, insbesondere gegenüber
ohne Photovoltaik auf den Dächern geben. Wir setzen uns der Bundesregierung und den Bundesministerien.
für bessere gesetzliche Rahmenbedingungen ein, damit die
Stromerzeugung aus Solarenergie auch wirtschaftlich wird. Das ist uns bei den Wasserstoffprojekten gelungen. Wir un-
terstützen die Forderungen des Stahlwerks nach einer fairen
Bremen ist ein bedeutender Luft- und Raumfahrt-Standort, Importpolitik der EU. Wir setzen uns dafür ein, dass die deut-
den wir stärken wollen. Mit dem ESA BIC (Gründungszentrum sche Seite bei Airbus ihre Beteiligung am Gesamtkonzern
der Europäischen Raumfahrtagentur) haben wir Bremen besser organisiert und zielgerichteter einsetzt, um Einfluss auf
zu einem Gründungsstandort im Bereich Luft- und Raum- die Standortstrategie des Konzerns zu nehmen.
fahrt entwickeln können. Wir setzen uns dafür ein, dass die
Bundesregierung sowohl bei den ESA-Programmen wie auch Ebenso brauchen kleine und mittlere Unternehmen eine
mit dem nationalen Programm eine führende Rolle spielt. Mit ­aktive Vertretung ihrer Interessen in der Energiepreiskrise
Innovationsprojekten im Bereich des CO₂-neutralen Fliegens und in der anstehenden klimapolitischen Transformation. Wir
verringern wir nicht nur perspektivisch die Emissionen der zivi- werden weiterhin auf Bundesebene die notwendige Unter-
len Luftfahrt, sondern können auch den Airbus-Standort lang- stützung für sie fordern, konkrete Vorschläge einbringen
fristig absichern und die Arbeitsplätze erhalten. Wir werden und für gemeinsame Initiativen mit anderen Bundesländern
das ECOMAT (Forschungszentrum für ökoeffiziente Materia- werben. Parteipolitische Stillhalteabkommen mit der Bundes-
lien und Technologien) deshalb weiterentwickeln. Grünen An- regierung dürfen da nicht im Weg stehen.
triebstechnologien gehört die Zukunft. Das gilt ebenso für die
maritime Wirtschaft. Für alternative Antriebe mit Wasserstoff Eine attraktive Gründungslandschaft
bieten wir mit den Innovations- und Technologiezentren Was-
serstoff (ITZ) eine gute Basis für Anwendungsforschung. Das LINKE Wirtschaftsressort hat mit dem Programm ­­
„SHE STARTS NOW!“ im Starthaus erreicht, dass deutlich
Eine Schließung des Passagierbereichs des Flughafens mehr Frauen von den Angeboten zur Gründungsberatung
lehnen wir ab. Der Passagierbereich wird nicht nur privat, profitieren konnten. Das Ziel für die kommende Legislatur-
sondern auch aus beruflichen Zwecken und für internationale periode ist es, dieses Potenzial in nachhaltig erfolgreiche
Logistikketten gebraucht. Eine Privatisierung des öffentlichen Gründungen zu überführen.
Flughafens, also ein Verkauf kritischer Infrastruktur, kommt für
uns nicht infrage. Das Modell eines aus öffentlichen Mitteln Einen weiteren Schwerpunkt bilden für uns gemeinwohlorien-
betriebenen „Werkflughafens“ für die Luft- und Raumfahrt tierte soziale Unternehmen (Social Entrepreneurship), die
32 Arbeit, Kapital, Geschlechterverhältnisse

einen Schwerpunkt der Gründungsaktivitäten in den vergan- Die Ansätze, Flächen in Bremerhaven explizit für die Green
genen Jahren eingenommen haben. Dieser Bereich wächst Economy zu entwickeln, werden wir konsequent fortführen.
stark und zeichnet sich durch einen überdurchschnittlichen
Frauenanteil aus. Tourismus-Strategie und Stadtmarketing

Alternative Unternehmensformen wollen wir fördern und Der Tourismus-Sektor ist in besonderer Weise darauf an-
unterstützen. Wir werden ein Förderprogramm für die gewiesen, dass er von der Stadt- und Landesregierung
Gründung von gewerblichen Genossenschaften auflegen. strategisch unterstützt wird. Denn er ist keine eigenständige
Genossenschaften, Social Entrepreneurship, belegschafts- Branche, sondern ein Geflecht von Angeboten und Dienstleis-
geführte Betriebe, gemeinwohlorientierte Unternehmen und tungen, das wiederum aufs Engste mit dem Stadtmarketing
Kooperationsformen von Kleinbetrieben erhöhen die Resi- und der städtischen Imagepflege verbunden ist.
lienz der Wirtschaftsstruktur und können wichtige Beiträge
zu Innovation und Transformation leisten. Ihre Förderung und Mit der neuen Marketingstrategie der WFB haben wir die
Unterstützung müssen daher ein bewusster Teil der zukunfts- Weichen für ein erfolgreiches Tourismus-Marketing gestellt.
orientierten Strukturpolitik sein. Die Tourismus-Strategie wollen wir konsequent umsetzen und
weiterentwickeln.
Wir erkennen Migrationshintergrund als zu fördernde Chance
und wollen einseitig nachteils- und defizitorientierte Ansätze Wir werden die durch die Pandemie stark geforderte Messe
überwinden – zugunsten einer Förderung der spezifischen in Bremen weiter stärken, um den Messestandort Bremen
Potenziale. Wir werden mit gezielten Angeboten den Anteil in der begonnenen Richtung weiterzuentwickeln. Wir wollen
migrantischer Gründungen deutlich erhöhen und regionale das Messe- und Kongresswesen durch Ertüchtigung der Ver-
Informationszentren aufbauen, damit die Ansprache poten- anstaltungsinfrastruktur (ÖVB-Arena, Glocke, CCB – Congress
zieller Gründer*innen direkt im Quartier erfolgen kann. Darü- Centrum Bremen) in die Lage versetzen, gerade in schwieri-
ber hinaus wollen wir die erfolgreiche aufsuchende Beratung gen Zeiten wettbewerbsfähig zu bleiben.
gezielt auch auf migrantische Gründungen übertragen.
In der Pandemie hat das Wirtschaftsressort das Überleben
Nach wie vor ist die Bereitstellung von notwendigem Start- der Veranstaltungsbranche in Bremen durch finanzielle
kapital neben der Beratung der zentrale Erfolgsfaktor für den Unterstützung und Projekte wie den Club 100 gesichert. Wir
Gründungsstandort Bremen. Es bedarf daher neuer Formen wollen dafür sorgen, dass die Branche vielfältig bleibt und
der Finanzierung und auch der direkten Zuschussförderung die Unternehmen in Bremen und Bremerhaven weiterhin ein
für Start-ups. Insbesondere werden wir auch Investitions- attraktives Angebot an Konzerten, Events und Kongressen
mittel in kleineren Größenordnungen verstärkt anbieten. Wir anbieten kann.
werden die Beteiligungsprogramme ausbauen und stärken
sowie mehr Beteiligungskapital für den Gründungsbereich Wir werden das Fachkräftemarketing der Stadt durch die
bereitstellen. WFB in enger Kooperation mit der Wirtschaftslandschaft
weiterentwickeln und mit Angeboten wie dem Dual Career
Gewerbeflächen Service sowie neuen Projekten dafür sorgen, dass Bremen für
Fachkräfte ein attraktiver Standort bleibt. Fach- und Arbeits-
Eine erfolgreiche Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik kräftemarketing bleibt ein zentraler Punkt der Fachkräfte-
braucht Ansiedlungen und Betriebserweiterungen. Industrie, strategie des Landes.
Handwerk, Dienstleistung müssen auch weiterhin Raum da-
für in Bremen und Bremerhaven finden. Nachverdichtung Die Innenstadt lebenswert gestalten
schafft mehr Möglichkeiten auf begrenztem Raum. Wir
wollen Gewerbeimmobilien weiterhin nach ökologischen Kri- Die Innenstadt braucht Experimentierräume. Wir wollen
terien erschließen und nach den Konzepten der produktiven Trends aufgreifen und Geschäftsräume für neue Ideen öff-
Stadt für eine gute Durchmischung von Gewerbe und Woh- nen. So können wir Gründer*innen die Möglichkeit geben,
nen, sozialer und kultureller Nutzung sorgen. Grundstücke sich auszuprobieren, und gleichzeitig innovative Angebote
wollen wir konsequent in Erbpacht vergeben, damit das Land und Vielfalt erzeugen. Sogenannte B- und C-Lagen wollen wir
auch in späteren Jahren noch die Hand auf kostbaren Flä- aufwerten, um auch diese Gebiete wirtschaftlich und kulturell
chen hat und für eine vernünftige Nutzung sorgen kann. Um zu stärken.
ein intelligentes und nachhaltiges Flächenmanagement, die
Entwicklung von modernen Modellprojekten und Orten der Um neuen Konzepten für Einzelhandel und Gastronomie eine
produktiven Stadt sicherzustellen, braucht die Wirtschafts- Chance zu geben, ist es zwingend erforderlich, die Mieten
förderung Bremen eine erweiterte agile Umsetzungsstruktur. der Gewerbeimmobilien zu deckeln. Wir werden uns auf
Bundesebene dafür einsetzen, dass den Kommunen entspre-
Wir werden uns auch weiterhin dafür einsetzen, dass ein an- chende Instrumente an die Hand gegeben und Regelungen
gemessener Anteil der Flächen auch für kulturelle Nutzung wie die Mietpreisbremse für Wohnimmobilien auch auf Ge-
zur Verfügung steht. Mit starker Eigeninitiative getragene werbeimmobilien übertragen werden.
Projekte wie das Irgendwo und der Güterbahnhof wurden
vom Senat langfristig abgesichert. Auch in Zukunft benötigen Wir werden uns dafür einsetzen, Immobilien durch das Land
wir attraktive Flächen für derartige soziokulturelle Nutzung anzukaufen und zu vermieten, damit wir mehr Einfluss auf die
und neue Gestaltungs- und Freiräume. Das schafft nicht nur Gestaltung der Innenstadt nehmen können. Nur so lässt sich
Gestaltungsräume für junge Menschen in Bremen, sondern eine Vielfalt an Einzelhandel herstellen, der auch für das
erhöht auch die Attraktivität des Standorts für Studierende, Umland höhere Anziehungskraft entfalten kann.
Familien und Fachkräfte.
Arbeit, Kapital, Geschlechterverhältnisse 33

Das in der vergangenen Legislaturperiode gestartete Innen- Gesellschaftliche Teilhabe muss auch für diejenigen ge-
stadtprogramm wollen wir nachhaltig fortführen und für währleistet werden, die ihren Arbeitsplatz verlieren oder
die Quartiere erweitern. Projekte wie der Open Space und aufgrund von Flucht oder sozialem Hintergrund schlechtere
die verschiedenen Kulturangebote sollen evaluiert und ver- Chancen haben.
stetigt werden. Den Domshof werden wir neu gestalten. Die
Innenstadt wird durch einen neuen Mix aus Gewerbe, Kultur, Tarifbindung erhöhen –
Wohnen und öffentlicher Nutzung ein anderes Gesicht be- Arbeitsbedingungen verbessern
kommen. Die Rahmenbedingungen müssen dafür gleich zu
Beginn der Legislaturperiode gesetzt werden. Der sozial-ökologische Umbau wird nur gelingen, wenn er
von einer Mitbestimmungs- und Mitgestaltungsoffensive

Arbeit
begleitet wird. Veränderungsprozesse müssen von Beschäf-
tigten, Unternehmen, Mitbestimmungsgremien und Politik
gemeinsam gestaltet werden. Die Landespolitik muss diesen
Transformation sozial gestalten Prozess aktiv unterstützen. Dazu gehören Branchendialoge
und Zukunftsforen. Wir werden uns auf Bundesebene dafür
Unter den Bedingungen kapitalistischer Konkurrenz entschei- einsetzen, die Rechte von Beschäftigten und Gewerkschaften
det gerade die Phase der wirtschaftlichen Erholung darüber, zu stärken, wenn es um neue Arbeitsformen, Digitalisierung,
ob Unternehmen, Regionen und Beschäftigte profitieren Strukturwandel und Qualifizierung geht.
oder abgehängt werden. Wie dieser Prozess sich gestaltet
und wem er zugutekommt, wird von der Politik entscheidend Auf Bundesebene werden wir uns weiterhin dafür einsetzen,
beeinflusst. Wir wollen daher als LINKE aktiv die Weichen für dass Minijobs in sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze
eine wirtschaftliche Erholung in Bremen stellen, die nachhal- umgewandelt werden. Nur so schaffen wir Arbeitsplätze, die
tig und sozial gerecht ist. gute Lebensverhältnisse ermöglichen und Altersarmut vor-
beugen.
Arbeitsleben und Wirtschaft verändern sich in einer nie da-
gewesenen Geschwindigkeit durch die Digitalisierung und Mit dem in der letzten Legislaturperiode verbesserten
den sozial-ökologischen-Umbau von Gesellschaft, Wirtschaft Landes­mindestlohngesetz und der Kopplung an den TV-L
und Arbeitswelt. DIE LINKE steht an der Seite der Arbeit- (Tarifvertrag der Länder) sowie der Neufassung des Tarif-
nehmer*innen und will dafür sorgen, dass in diesen Zeiten treue- und Vergabegesetzes hat DIE LINKE in der Regierung
des Umbruchs niemand auf der Strecke bleibt. wichtige Voraussetzungen für eine bessere Entlohnung der
Beschäftigten geschaffen. Diese gilt es nun konsequent fort-
Aufgabe ist, allen Bürger*innen im Land Bremen eine Option zusetzen. DIE LINKE will den Landesmindestlohn bis zur Ren-
auf Arbeit zu sichern. Die Zukunft wird noch digitaler, als sie tenfestigkeit weiter ausbauen. Dafür ist die bereits erfolgte
jetzt schon ist. Bestimmte Branchen werden durch den globa- Kopplung an den TV-L ein erster Schritt. Mittelfristig wollen
len Wettbewerb unter starken Druck geraten, andere werden wir einen rentenfesten Landesmindestlohn von mindestens
neu entstehen. Hier gilt es, Stellenabbau zu verhindern. Dort, 15 Euro. Mit dem in der letzten Legislaturperiode geschaffe-
wo geringer qualifizierte Arbeitsplätze wegfallen und die nen neuen Tariftreue- und Vergabegesetz wurden die Rech-
Möglichkeiten zur Höherqualifizierung nicht gegeben sind, te der Arbeitnehmer*innen bei öffentlichen Aufträgen ge-
muss staatlich geholfen werden. stärkt. Diesen Weg wollen wir konsequent weitergehen und
weitere Kriterien zur Voraussetzung von Aufträgen machen,
Die unternehmerische Landschaft wird sich massiv verändern. wie z. B. die Gendergerechtigkeit und Entgeltgleichheit.
Berufsbilder werden sich ändern und es wird mitunter nötig
werden, von der einen in die andere Branche zu wechseln. Wir wollen noch mehr Tarifverträge für allgemeinverbind-
Transformation kann nur gelingen, wenn Wohlstand gesichert lich erklären. Das haben wir auf Landesebene in der letzten
und sozialer Ausgleich hergestellt wird. Das gibt es aber nicht Legislaturperiode im Bereich der Sicherheitsbranche erreicht.
von alleine, sondern muss politisch erstritten werden. Wir wollen solche Erklärungen auch im Gastrobereich und in
anderen Branchen herstellen. Wir werden uns bei der Bun-
Erfolgreiche Betriebe und gesicherte Arbeitsplätze sind eine desregierung weiterhin dafür einsetzen, die Allgemeinver-
wichtige Voraussetzung für gelingenden Klimaschutz und bindlichkeitserklärung zu erleichtern.
eine soziale Gesellschaft. Ökologische und soziale Transfor-
mation gehören für uns zusammen. Gute Arbeit durchsetzen

Mit einer optimierten Jugendberufsagentur, den Ausbildungs- Gemeinsam mit den Gewerkschaften setzen wir uns dafür
verbünden und den Grundlagen für einen Ausbildungs- ein, dass alle Menschen einen sicheren Arbeitsplatz haben
unterstützungsfonds, mit der Installation der Landesagentur und von ihrem Einkommen gut leben können. Wir wollen den
für berufliche Weiterbildung wie auch der Landesstrategie exzessiven Einsatz von Leiharbeit bekämpfen und diese in
„Gendergerechtigkeit und Entgeltgleichheit“ stärken wir gute reguläre Beschäftigung umwandeln. Auf Bundesebene wer-
Arbeitsverhältnisse. Mit der Allgemeinverbindlichkeitserklä- den wir uns für die weitgehende Abschaffung der Leiharbeit
rung für Tarife, einem neuen Auszubildenden-Wohnheim, einsetzen.
mit der Erhöhung des Landesmindestlohns und dem neuen
Tariftreue- und Vergabegesetz sowie den Programmen für Faire Arbeitsbedingungen lassen sich oft nur durchsetzen,
Frauen in der IT und Arbeitsmarktprogrammen für Menschen wenn die Einhaltung von Mindestlöhnen und Tariftreue
mit Migrationshintergrund haben wir die richtigen Weichen auch kontrolliert werden. Wir fordern eine Stabsstelle „Fai-
gestellt. Diesen Weg wollen wir fortsetzen, um noch mehr re Arbeitsbedingungen“ im Arbeitsressort, die sich um die
Menschen mehr Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt zu bieten. ­Umsetzung und Kontrolle der Vorgaben kümmert.
34 Arbeit, Kapital, Geschlechterverhältnisse

Bei landeseigenen Unternehmen und überall dort, wo das legendes Ziel der Landesagentur ist es, dass alle Menschen in
Land und die Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven Bremen sich beruflich weiterqualifizieren können.
die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten direkt beein-
flussen können, setzen wir uns weiter für sichere und tariflich Wir wollen diese Strukturen verstetigen und folgende Projek-
bezahlte Beschäftigung ein. Wir wollen, dass alle Tochter- te umsetzen:
firmen aller öffentlichen Unternehmen tarifgebunden sind.
Wir wollen Tarifbindung für alle Landesbeteiligungen und Anerkennung von im Ausland erworbenen Abschlüssen:
eine zumindest schrittweise Angleichung des Tarifniveaus von Auch in Bremen gibt es viele Menschen ohne anerkannten
Tochterunternehmen landeseigener Unternehmen oder an- Abschluss, die nicht in dem Beruf arbeiten können, in dem
derer Landesbeteiligungen an das Tarifniveau ihrer jeweiligen sie bereits viele Jahre tätig waren. Es spricht alles dafür, die
Mutterunternehmen. Anerkennung von im Ausland erworbenen Abschlüssen zu er-
leichtern, die Beratungsangebote auszuweiten und weiterhin
Eine verlässliche soziale Infrastruktur ist für die Gesellschaft entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen für die am häu-
und unsere Städte unverzichtbar. Doch die Arbeitsbedin- figsten fehlenden Zusatzqualifikationen anzubieten.
gungen sind in den entsprechenden Bereichen häufig noch
schlecht. Wir wollen darauf hinwirken, dass die Beschäftigten Qualifizierungsbonus: Bislang konzentrieren sich die Förde-
der Träger nach den Tarifverträgen der öffentlichen Hand rungen auf Menschen ohne Abschluss. Das reicht nicht mehr
bezahlt werden. Bei der Refinanzierung der Arbeit der freien aus. Wir wollen Anreize für Weiterbildung schaffen. Qualifi-
Träger sind auch jene Kosten zu berücksichtigen, die durch zierung von Beschäftigten darf nicht daran scheitern, dass der
die Arbeit von Betriebsräten entstehen. Betrieb diese Möglichkeiten nicht eröffnet. Die Teilnahme an
einer Weiterbildung auch ohne Berufsabschluss soll zukünftig
Wir setzen uns dafür ein, dass die Mitarbeiter*innen im Job- mit einem monatlichen Qualifizierungsgeld von 200 Euro flan-
center gleich bezahlt werden, unabhängig davon, ob sie bei kiert werden.
der Bundesagentur oder bei der Kommune angestellt sind.
Nachqualifizierung stärken: Wir wollen die etablierten An-
Fachkräftegewinnung und Qualifizierung als zentrales gebote für die Nachqualifizierung weiter ausbauen und ver-
Instrument zur Beschäftigungssicherung stetigen. Nur so stellen wir Durchlässigkeit her und schaffen
Perspektiven, das Qualifikationsniveau kontinuierlich weiter-
Innovation ohne Qualifizierung ist nicht denkbar, Digitalisie- zuentwickeln. Das ist ein Gewinn für die Menschen im Land
rung nicht ohne neue Arbeitsformen. Die Ausrichtung auf ebenso wie für die Unternehmen, die ihren Arbeitskräftebe-
klimaneutrale Produktion erfordert Innovationen in den Be- darf decken müssen.
trieben und neue Qualifikationen der Beschäftigten. Gleich-
zeitig sind die vorhandenen Mitarbeiter*innen das wichtigste Förderprogramme des Bundes modifizieren: Die bestehen­
Potenzial an Know-how und müssen deshalb in der Transfor- den Programme des Bundes für die Qualifizierung von Fach-
mation im Mittelpunkt stehen. Das Handwerk spielt eine zen- kräften und die berufsbegleitende Weiterbildung passen
trale Rolle bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen, nicht zu jeder Situation. Daher wollen wir uns im Land für
wir wollen es bei den Herausforderungen von Ausbildung, eine Flexibilisierung der Förderung einsetzen, damit mehr
Qualifizierung und Fachkräftesicherung unterstützen. All das Menschen die Programme nutzen können. Hierbei geht es vor
stellt die Sozialpartner*innen vor neue Herausforderungen, allem um Beschäftigte, die die Branche wechseln wollen.
Veränderungsprozesse gemeinsam zu gestalten, und erfor-
dert starke betriebliche und überbetriebliche Interessenver- Recht auf Weiterbildung durch ein Landesunterhaltsgeld:
tretungen der Beschäftigten. Für Geringqualifizierte, die unabhängig vom Arbeitgeber
auf Fachkräfteniveau kommen wollen, gibt es keine Unter-
Nur wer neue Qualifikationen erwerben kann, kann von den stützung. Die Förderlücke soll durch ein Landesunterhaltsgeld
Chancen profitieren und dem Risiko entgehen, dass die bishe- geschlossen, das Recht auf Weiterbildung vorangetrieben
rige Berufsbiografie entwertet wird. Sich zu qualifizieren kos- werden. Das Landesunterhaltsgeld übernimmt die Weiter-
tet Geld und Zeit. Bislang hängt die Möglichkeit, sich in der bildungskosten, auch die Leistungen zum Lebensunterhalt
Phase des Erwerbslebens weiterzubilden, überwiegend von werden für diesen befristeten Zeitraum übernommen.
privaten Ressourcen ab. Wer es sich nicht leisten kann, Ar-
beitszeit zu reduzieren und begleitend neue oder zusätzliche Berufliche Umstiege durch Transitionsgesellschaft ermög-
Fähigkeiten zu erwerben, hat das Nachsehen. Das betrifft lichen: In der Transformation werden Beschäftigte die Bran-
diejenigen, deren Einkommen geringer ist und die stärker che oder den Beruf wechseln müssen. Bei diesen Umstiegen
durch unbezahlte Care-Arbeit belastet sind – vielfach Frauen, brauchen sie Unterstützung über das Regelinstrumentarium
queere Menschen, Menschen mit Migrationshintergrund. Hier hinaus. Daher soll eine Transitionsgesellschaft – wie sie auch
setzen wir mit unseren Programmen an. von der Bremer Klima-Enquete vorgeschlagen wird – ge-
gründet werden, die Arbeitnehmer*innen in der Phase des
Wir müssen die Qualifikationsmöglichkeiten für Beschäftigte Übergangs berät, begleitet, unterstützt und nach der Weiter-
erweitern. Dazu gehört auch die tarifliche Absicherung für bildung in andere Betriebe vermittelt. Anders als eine Trans-
Teilzeitausbildungen und Weiterbildung bei vollem Lohnaus- formationsgesellschaft wird eine Transitionsgesellschaft nicht
gleich. erst gegründet, wenn ein Betrieb aufgelöst wird, sondern wird
früher als betriebsübergreifendes Angebot geschaffen.
Mit der Einrichtung der Landesagentur für berufliche Weiter-
bildung haben wir eine zentrale Anlaufstelle geschaffen, die
die zahlreichen Akteure vernetzt, die Angebote im Bereich
der Weiterbildung sichtbar macht und dazu berät. Grund-
Arbeit, Kapital, Geschlechterverhältnisse 35

Gute Arbeit mit öffentlich geförderter Beschäftigung hören in modernen Unternehmen zum Standard. Um die
Generation Z für sich zu gewinnen, müssen die Unternehmen
DIE LINKE Bremen setzt einen klaren Schwerpunkt auf aktive sich verändern. Auf diesem Weg wollen wir die Unternehmen
Arbeitsmarktpolitik, insbesondere im Hinblick auf Menschen, begleiten. Remote Work und die Nutzung von Plattformen
die von Beschäftigungsverlusten durch Transformations- müssen neu gestaltet werden, auch und vor allem, um einer
prozesse bedroht sind. Wir brauchen in Bremen innovative Entgrenzung von Arbeit vorzubeugen.
Arbeitsmarktprogramme, die geförderte Teilzeitbeschäf-
tigung mit Weiterbildung und Ausbildungsvergütung in Teil- Wir müssen das Arbeitsrecht reformieren, indem wir auf
zeit verbinden, damit alle sich Qualifizierung leisten können. der einen Seite mehr Flexibilität ermöglichen und auf der
Darüber hinaus müssen wir den sozialen Arbeitsmarkt anderen Seite die Beschäftigten vor Selbstausbeutung schüt-
ausbauen, gerade in den Quartieren, um auffangende Be- zen. Für die Organisationsentwicklung in den Unternehmen
schäftigungsmöglichkeiten zu schaffen und soziale Desta- braucht es entsprechende Initiativen im Bund und Förderpro-
bilisierung und die Zunahme individueller Problemlagen zu gramme auf Landesebene.
verhindern.
Mehr als jede*r zehnte Erwerbstätige ist inzwischen als Solo-
Der Bund hat sich leider weiter aus der Arbeitsmarktförde- Selbstständige*r tätig, besonders in der Kreativwirtschaft,
rung für erwerbslose Menschen zurückgezogen und Mittel dem Bildungssektor und in neuen digitalen Beschäftigungs-
für Langzeitarbeitslose gekürzt. Bremen hat eine hohe Zahl formen. Häufig gelingt es Solo-Selbstständigen nicht, mit
Langzeitarbeitsloser. Wir wollen die vorhandenen Program- ihren Einnahmen den Lebensunterhalt zu decken, Kranken-
me entfristen und die Dauer der Beschäftigung verlängern. oder Arbeitslosenversicherung zu bezahlen oder gar für das
Für die Menschen, die nicht auf dem ersten Arbeitsmarkt Alter vorzusorgen.
Platz finden können, wollen wir dauerhaft öffentlich geför-
derte Arbeitsmöglichkeiten vorhalten. Daher werden wir in Wir setzen uns dafür ein, auch in diesem Bereich unsichere
den Quartieren überwiegend sozialversicherungspflichtige, Arbeit, Ausbeutung und Scheinselbstständigkeit zurückzu-
mindestens nach Landesmindestlohn bezahlte Arbeitsstellen drängen. Wir unterstützen die Entwicklung und Festschrei-
schaffen, die gesellschaftlich gewinnbringend sind und den bung von branchenspezifischen Mindesthonoraren sowie
Beschäftigten neue berufliche Perspektiven eröffnen. von Musterverträgen mit Standardregelungen, um die Inter-
essen der Auftragnehmer*innen bei Fragen wie Materialkos-
Mit uns ist klar, dass der Senat sich im Bund dafür einsetzt, die ten, Ausfallhonoraren oder Versicherung wahrzunehmen.
Zuverdienstmöglichkeiten beim Leistungsbezug zu verbes-
sern. Wir wollen, dass insbesondere Jugendliche auch Anreize Eine besondere Herausforderung stellt das sogenannte
zur Arbeitsaufnahme haben, ohne dass die oft geringen Ver- Gig-Working dar: Solo-Selbstständige erbringen dabei über
dienste auf die Bedarfsgemeinschaft angerechnet werden. digitale Plattformen vermittelte Dienstleistungen, wie etwa
Essenslieferdienste. Wir wollen Interessenvertretungen für
Die unabhängigen Beratungsstellen für Erwerbslose wollen die Gig-Worker*innen der unterschiedlichen Plattformen
wir stärken und auskömmlich finanzieren. Es soll künftig alle fördern. Außerdem soll geprüft werden, ob öffentliche oder
zwei Jahre ein Bericht zur Lage der Erwerbslosen im Land selbstorganisierte Vermittlungsplattformen geschaffen wer-
Bremen erstellt werden. Ebenso soll eine vom Jobcenter un- den können, die unseriöse private Anbieter ersetzen und die
abhängige öffentliche Beschwerdestelle eingerichtet werden. Einhaltung von guten Mindeststandards sicherstellen.

Vereinbarkeit von Leben und Beruf, Schutz vor Diskriminierung, Realisierung von
neue Arbeitsformen Gleichstellung im Erwerbsleben

Die Menschen wollen zunehmend ein ausgewogenes Verhält- Viele Frauen gehen zwar bereits einer Erwerbstätigkeit nach,
nis von Beruf und Familie. Das geht nur mit flexiblen Arbeits- allerdings häufig zu reduzierter Arbeitszeit und oftmals in
zeitmodellen und mit Verkürzung der Wochenarbeitszeit. Wir Branchen mit geringerer Entlohnung. Wir setzen uns für die
wollen gemeinsam mit den Sozialpartnern ein Modellprojekt Aufwertung vermeintlicher Frauenberufe ein. Darüber
Vier-Tage-Woche (32-Stunden-Woche) in ausgewählten Be- hinaus gilt es, das Rollenverständnis zwischen Frauen und
trieben umsetzen und wissenschaftlich evaluieren. Männern in den Fokus zu rücken und die Rahmenbedingun-
gen zu stärken, die die geschlechtergerechte Verteilung von
Die Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf und der Ausbau Erwerbstätigkeit erleichtern. Dazu gehört im Wesentlichen
bedarfsgerechter Kinderbetreuungsangebote sind essen- die Sicherstellung einer flexiblen Kinderbetreuung.
zielle Bestandteile einer geschlechtergerechten Arbeitswelt.
Hier müssen die Kapazitäten weiter ausgebaut werden. Auch Es ist notwendig, Frauen zu ermöglichen, in besser bezahlten
eine unterjährige Anmeldung muss ermöglicht werden. Die Arbeitsmarktsegmenten Fuß zu fassen und berufliche Nach-
bereits geschaffenen Angebote zur Vereinbarkeit, wie z. B. teile, die durch die Familienphase entstehen, auszugleichen,
das Siegel „Ausgezeichnet familienfreundlich“ des Bremer um ggf. den Wiedereinstieg zu erleichtern. Im Zuge der Trans-
RKW (Plattform für den Wissenstransfer zwischen Wirtschaft, formationsprozesse ist es wichtig, frühzeitig für MINT-Berufe
Wissenschaft und Verwaltung) sollen weiterentwickelt und zu sensibilisieren und die traditionellen Rollenbilder bereits
finanziell abgesichert werden. bei der Berufswahl aufzubrechen.

Die Arbeitswelt verändert sich massiv und vor allem junge Projekte wie „F.IT – Frauen in IT“ sollen verstetigt werden,
Menschen entwickeln ein neues Verhältnis zur Arbeit. Die um in enger Kooperation mit der Bundesagentur für Arbeit
Vereinbarkeit von Beruf und Familie bekommt einen immer und der Digitalbranche Frauen für IT-Berufe zu gewinnen und
größeren Stellenwert. Flexible Arbeitszeiten und Teilzeit ge- zu qualifizieren. Gleiches gilt für die Vernetzungsplattform
36 Arbeit, Kapital, Geschlechterverhältnisse

Avanja, die digitale Plattform zur Gewinnung von Frauen als Viele Bremer Unternehmen entziehen sich ihrer Verantwor-
Fachkräfte für die IT-Branche. tung auszubilden. Weniger als die Hälfte aller ausbildungs-
berechtigten Betriebe bildet aus. Die Jugendarbeitslosigkeit
Für Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund, die ihre in Bremen ist mit 9 Prozent doppelt so hoch wie im Bundes-
Beschäftigung in einer von der Corona-Pandemie direkt oder durchschnitt. Höchste Zeit zu handeln! Wir wollen, dass jeder
indirekt betroffenen Branche verloren haben, hat das LINKE Ar- Jugendliche eine Chance auf einen Ausbildungsplatz erhält.
beitsressort die Programme PAM (Perspektive für Menschen mit
Migrationshintergrund) und PAF (Perspektive Arbeit für Frauen) Wir wollen Unterstützungsangebote ausbauen und den
entwickelt und umgesetzt, um Berufswege in zukunftsfähigen jungen Menschen helfen, erfolgreich durch die Ausbildung
Arbeitsgebieten, wie z. B. in Schulen und Kitas zu eröffnen. Diese zu gehen. Es müssen mehr Jugendliche ausgebildet werden,
Programme sollen verstetigt und ausgeweitet werden. auch die, die bisher keine Chance bekommen haben. Dafür
braucht es vorbereitende und begleitende Maßnahmen, da-
Die im Rahmen der vom Arbeitsressort entwickelten Landes- mit die duale Ausbildung unter den gegebenen gesellschaft-
strategie „Gendergerechtigkeit und Entgeltgleichheit“ lichen Rahmenbedingungen erfolgreich sein kann.
beschriebenen Maßnahmen sollen umgesetzt werden. Dazu
gehören Pilotprojekte zur Verbesserung der Situation von Große Betriebe müssen ihrer gesellschaftlichen Verantwor-
Frauen ebenso wie die Aufstockung der EFRE-Mittel (Europäi- tung zur Ausbildung gerecht werden und kleine Betriebe be-
scher Fonds für regionale Entwicklung) für diesen Bereich. Auf nötigen Unterstützung, vor allem wenn sie auch Auszubilden-
Bundesebene werden wir uns für die Weiterentwicklung des den mit größeren Herausforderungen eine Chance geben.
Gleichstellungsgesetzes einsetzen.
Darum wollen wir den vom LINKEN Arbeitsressort entworfe-
Wir werden die bereits in der letzten Legislaturperiode ge- nen, bundesweit ersten umlagefinanzierten Ausbildungs-
schaffenen Projekte zur Unterstützung von Alleinerziehenden fonds in die Realität umsetzen. Der Fonds, in den alle Betriebe
stärken. Dazu gehören die flexible Kinderbetreuung sowie einzahlen, dient der Unterstützung und der Qualität der Aus-
Beratungsangebote zur Orientierung und Vorbereitung auf bildung und damit allen Betrieben. In einem solidarischen
Maßnahmen. Wir wollen mehr Projekte zur Vereinbarkeit von System zahlen die Großen mehr als die Kleinen – und jene,
Arbeitsvermittlung und Kinderbetreuung und Angebote wie die nicht ausbilden, für die ausbildenden Unternehmen. Dazu
VIA (Alleinerziehende in Arbeit) und MoKi (Mobile und flexib- soll ein Unterstützungsangebot aus Sprachkursen, fachspezi-
le Kinderbetreuung) ausbauen. In diesem Kontext werden wir fischen Angeboten, sozialpädagogischer Betreuung und über-
die Angebote für alleinerziehende Frauen aus afrikanischen betrieblichen Ausbildungskooperationen aufgebaut werden.
Ländern evaluieren und ausweiten.
Jugendliche besser unterstützen
Auf dem Arbeitsmarkt erfahren Menschen mit Migrations-
hintergrund immer noch viel Diskriminierung. Um allen Wir wollen sicherstellen, dass alle Schüler*innen ab der achten
Menschen in Bremen die gleichen Perspektiven zu ermög- Klasse Angebote zur Berufsorientierung und Praktika erhal-
lichen, muss die Förderung der spezifischen Potenziale von ten. Hierbei wollen wir neben den Angeboten der Agentur für
Menschen und Gruppen mit Migrationshintergrund, z. B. bei Arbeit auch vermehrt Träger*innen einsetzen und innovative
Unternehmensgründungen, Netzwerken, Bildungsressourcen Formate ausprobieren.
und kulturellem Kapital gestärkt werden. Zugangshindernisse
und Diskriminierungen müssen angegangen und überwun- Die in der letzten Legislaturperiode in Kooperation mit der
den werden. Der Erwerb von erforderlichen Sprachkom- Wirtschaft entwickelten Berufsparcours sollen verstetigt und
petenzen soll bei allen Förderprogrammen von Anfang an auf alle Bremer Schulen ausgeweitet werden.
mitgedacht werden. Um alle Menschen zu erreichen, werden
wir die Zahl der bereits in vielen Projekten erfolgreich einge- Wir wollen die Qualität der Schulbildung kontinuierlich ver-
setzten Sprachmittler*innen erhöhen. bessern, aber mit den klassischen Mitteln der Berufsorientie-
rung erreichen wir nicht alle Jugendlichen. Ob noch in oder
Beschäftigte, die ihren Wohnsitz in einem anderen EU-Land auch nach der Schule. Wir wollen die sehr erfolgreiche auf-
haben und im Rahmen der Arbeitnehmerfreizügigkeit hier suchende Beratung ausbauen und stärker mit Partner*innen
arbeiten, haben es besonders schwer, ihre Arbeitsrechte und in den migrantischen und stadtteilbezogenen Communities
die ihnen zustehende Bezahlung durchzusetzen und einzukla- zusammenarbeiten. Durch die muttersprachliche Ansprache
gen. Die „Bremer und Bremerhavener Beratungsstelle für mo- in migrantischen Communities können wir ein zusätzliches
bile Beschäftigte und Opfer von Arbeitsausbeutung“ (MoBA) Potenzial an jungen Menschen für die Ausbildung gewinnen
ist eine wichtige Errungenschaft, um hier zu unterstützen. Wir und so neue Perspektiven schaffen.
wollen sie ebenso wie die unabhängige Beratungsstelle „Anti-
diskriminierung in der Arbeitsplatz“ (ADA) verstetigen und In Bremen gibt es eine zunehmende Zahl Jugendlicher, die
dauerhaft finanziell absichern. in ihrer Ausbildung erfolgreich sind und von den Betrieben
gerne als feste Mitarbeiter*innen eingestellt werden wollen.

Ausbildung
Oft scheitern diese Jugendlichen aber in der theoretischen
Prüfung aufgrund der nicht ausreichenden Sprachkenntnisse.
Wir wollen durch sprachsensiblere Prüfungen dafür sorgen,
Ausbildungskrise beenden: Für ein Recht auf Ausbildung dass talentierte Azubis auch einen Abschluss bekommen und
nicht an ein paar umständlichen Formulierungen scheitern.
Die Ausbildungsplatzlücke in Bremen wächst seit Jahren. Nur
etwa ein Drittel der Schulabgänger*innen im Land Bremen In der vorangegangenen Legislaturperiode haben wir die
tritt eine duale Ausbildung an. Jugendberufsagentur verbessert und den Bereich der Kom-
Arbeit, Kapital, Geschlechterverhältnisse 37

munikation durch Social-Media-Maßnahmen gestärkt. Die- Wir wollen, dass das Land Bremen in der deutschen Logistik-
sen Weg werden wir fortsetzen, um die Ausbildungsquote zu branche weiterhin eine herausgehobene und führende Rolle
erhöhen und enger mit den außerbetrieblichen Ausbildungs- spielt. Das Ziel, Logistikketten schnellstmöglich sozial und kli-
verbünden zu verzahnen. Wir wollen auch das Projekt „Kom- maneutral zu gestalten, ist dabei nur mit einem Zusammen-
petenzlotsen“, das in Bremen-Nord junge Menschen auf dem spiel der norddeutschen Seehäfen zu erreichen. Die Stadt
Weg zur Ausbildung unterstützt, dauerhaft absichern. Bremen ist dabei zentraler Logistikstandort für die drei wich-
tigsten norddeutschen Seehäfen: Bremerhaven, Hamburg
Wir haben das erste Auszubildenden-Wohnheim auf den und Wilhelmshaven.
Weg gebracht. Außerdem können Azubis nun für 30 Euro im
Monat mit Bus und Bahn fahren. Um die Situation für Auszu- Mit der konsequenten Fortführung der „Greenports-Strategie“,
bildende zu verbessern, wollen wir mehr bezahlbaren Wohn- den festgelegten Zielen zur Dekarbonisierung der BLG Logis-
raum für Azubis schaffen. tics Group, dem hohen schienengebundenen Verkehrsanteil
der bremischen Häfen, den anwendungsbezogenen Wasser-
Duale Ausbildung stärken und weiterentwickeln stoffprojekten in Bremerhaven, den Kompetenzen im Off-
shore-Windanlagenbereich und dem Beschluss zur Gründung
In der letzten Legislaturperiode haben wir über fünfhundert eines Kompetenzzentrums „Faire und nachhaltige Logistik“
zusätzliche Ausbildungsplätze im Rahmen der außerbe- haben wir gute Voraussetzungen für eine nachhaltige Hafen-
trieblichen Ausbildungsverbünde in Bremen und Bremer- politik geschaffen.
haven geschaffen. Dadurch konnte in der Pandemie vielen
Jugendlichen eine Perspektive geboten werden. Wir wollen Auf diesem Weg müssen in den kommenden Jahren aber
das erfolgreiche System weiterentwickeln, damit noch mehr auch schwierige Entscheidungen mit grundlegenden Zielkon-
Auszubildende aus den Verbünden in Betriebe wechseln. flikten getroffen werden:

Wir wollen den Frauenanteil in der dualen Ausbildung ver- Wir lehnen die Weservertiefung bis nach Brake aus klima-
bessern. Projekte zur Stärkung der geschlechteruntypischen und umweltpolitischen Gründen klar ab. Die Planfeststellung
Ausbildung bestärken junge Menschen, eine geschlechterun- auf Grundlage des „Maßnahmengesetzvorbereitungsgeset-
typische Ausbildung zu beginnen. Diese Aktivitäten wollen zes“ untergräbt die Hoheit der zuständigen Länder, wir wollen
wir ausbauen. Darüber hinaus setzen wir uns dafür ein, dass sie verfassungsrechtlich hinterfragen.
mehr Angebote für Teilzeitausbildungen geschaffen wer-
den. Damit können mehr Menschen (überdurchschnittlich oft Die geplante und beantragte Vertiefung der Außenweser auf
Frauen), die Kinder betreuen oder Angehörige pflegen, für 13,5 Meter Fahrrinnentiefe hat erhebliche ökologische Aus-
die duale Ausbildung gewonnen werden. wirkungen und wird bereits dazu führen, dass sich Sturmfluten
stärker bis nach Bremen auswirken. Eine weitere Vertiefung
Insbesondere für die Bereiche Pflege und Erziehung benötigen über diese Maßnahme hinaus kommt daher nicht infrage.
wir in den nächsten Jahren viele neue Fachkräfte. Die fach-
schulische Ausbildung soll gebührenfrei und vergütet sein. Um Wir verstehen die norddeutschen Häfen als strategische
die Attraktivität zu erhöhen und die Anwärter*innen mit ande- Partner, die nicht in Konkurrenz zueinander stehen sollten.
ren Berufsausbildungen gleichzustellen, sollen fachschulische Wir fordern eine enge norddeutsche Hafenkooperation mit
Ausbildungen teilweise in duale Ausbildung überführt werden. folgenden Zielen: Die gesamten Logistikketten vom Herstel-
ler über die Seehäfen bis zu den Endkund*innen müssen

Häfen und
schnellstmöglich klimaneutral gestaltet werden. Die Häfen
sollen als ein gemeinsames System verstanden werden. Sie

maritime Wirtschaft
sollen synergetisch im Rahmen ihrer jeweiligen Stärken, Spe-
zialisierungen und geografischen Gegebenheiten genutzt
werden. Hierdurch wird eine natur- und ressourcenschonende
Häfen und maritime Wirtschaft nachhaltig Hafenwirtschaft möglich. Ein „Weiter so“ im Sinne immer grö-
und gerecht gestalten ßer, schneller, tiefer können wir uns nicht mehr leisten.

Die Logistikwirtschaft ist nicht zuletzt durch den Hafen ein Wir setzen uns für eine schnellstmögliche Umsetzung der
zentraler Wirtschaftsfaktor für Bremen. Tausende von Men- Landstrompflicht für große Schiffe ein.
schen arbeiten hier in allen Qualifikationsniveaus. Durch die
Krisen der vergangenen Jahre ist auch diese Branche stark Trimodale Wirtschaftsstandorte, die LKW-, Zug- und Schiffs-
gefordert gewesen. Die Logistikbranche steht im starken verkehre optimal miteinander verbinden, wollen wir stärken,
nationalen und internationalen Wettbewerb und wird sich sanieren und ausbauen. Dies gilt insbesondere für den Holz-
zunehmend digitalisieren und auf Veränderungen reagieren und Fabrikenhafen und die Verzahnung des Gewerbegebiets
müssen. Daher werden wir die Modernisierung vorantreiben GVZ in Strom mit dem Neustädter Hafen.
und Möglichkeiten der Kooperation mit Häfen wie Hamburg
fördern. Die teilweise in die Jahre gekommenen Infrastruktu- Nach dem vernünftigen Ende der OTB-Planungen (Offshore-
ren der Häfen wie z. B. die Kajen müssen an die Erfordernisse Terminal-Bremerhaven) in Bremerhaven müssen die weiteren
angepasst und erneuert werden, um weiterhin wettbewerbs- Entscheidungen für ergänzende wasserseitige Verkehrsan-
fähig zu bleiben und so Beschäftigung zu sichern. Die Sanie- bindungen und zukünftige ökologisch ausgerichtete Gewer-
rung der Bremer und Bremerhavener Hafenkajen, die Moder- begebiete schnell getroffen werden.
nisierung der Hafenumschlagsinfrastruktur und der Ausbau
der schienengebundenen Verkehrsanteile sind deshalb zent- Die städtische BLG muss als weltweiter Konzern eine Vor-
rale Aufgaben, die dringend angegangen werden müssen. reiterrolle bei sozialen und klimaneutralen Lieferketten ein-
38 Arbeit, Kapital, Geschlechterverhältnisse

nehmen. Dabei legen wir einen besonderen Schwerpunkt auf schen Pandemie und anderen Krisen wieder zugenommen:
gute, faire und tariflich abgesicherte Arbeit im gesamten Einkommen und Vermögen, Jobs, Freizeit, Zugänge und Mög-
Bereich des Konzerns. Die qualifizierten Arbeitsplätze in lichkeiten wie auch Lasten und gesellschaftlich notwendige
den Hafenbetrieben müssen sicher sein und dürfen nicht Arbeit sind zwischen den Geschlechtern massiv ungleich ver-
gefährdet werden. Überstunden dürfen nicht die Regel sein teilt. Das wollen wir ändern.
und müssen durch ausreichendes Personal ausgeglichen
werden. Tarife müssen den Lebenshaltungskosten angepasst Wir setzen uns für die Umsetzung einer ressortübergreifen-
werden. Sicherheitsstandards in den Häfen zeugen von den Strategie gegen Entgeltungleichheit im Land Bremen
Qualität und sind gleichermaßen eine Qualitätsgarantie für ein. So sehr es für Lohngerechtigkeit andere Bundesgesetze
die Umschlagbetriebe. Wir unterstützen die Betriebsräte in braucht, so sehr treiben wir in Bremen und Bremerhaven die
den Hafenbetrieben bei ihrem Einsatz für die Sicherheit der nötigen Weichenstellungen voran: ausreichende und gute
Hafenarbeiter*innen. Kita-Plätze, verstärkte Tarifbindung, Lohn- und Steuerge-
rechtigkeit, partnerschaftliche Familienpolitik, lebenslange
Die Lieferketten der Zukunft müssen auf die komplette Kreis- Ansprüche auf zeitgemäße Qualifikation und Weiterbildung
laufwirtschaft ausgerichtet werden. Um diesen Prozess zu für alle.
unterstützen, wollen wir das „Kompetenzzentrum Faire und
nachhaltige Logistik“ schnellstmöglich auf- und ausbauen. Die Erwerbsquote von Frauen in Bremen und Bremerha-
ven liegt mit rund 70 Prozent bundesweit hinten und deut-
Wir wollen die Schifffahrt fair und klimaneutral ausrichten. lich unter der Erwerbsquote von Männern. Dahinter steht
Dafür fördern wir am Werftenstandort klimaneutrale Antrie- eine Rollenverteilung, die in Bundesländern mit klassischer
be und schaffen die notwendigen Versorgungsinfrastrukturen Industriestruktur gewachsen ist, aber nicht mehr den Trans-
in unseren Häfen. Internationale Seeleute dürfen nicht wei- formationen dieser Zeit entspricht, hier müssen wir ran: mit
ter ausgebeutet werden, Sozialstandards müssen für alle dem Aufbau neuer Jobs in Zukunftssektoren und der Unter-
gelten. Deshalb setzen wir uns auf Bundesebene dafür ein, stützung von Erwerbsbiografien, in denen ausreichend Raum
dass Reeder nur noch staatliche Unterstützungen bekommen, für Familie und Privates, für bezahlte Qualifizierung, Aus-
wenn sie tatsächlich unter deutscher Flagge fahren. Ebenso zeiten und Neuorientierung vorhanden ist. Es braucht eine
setzen wir uns für ein internationales Regierungsabkommen höhere Beschäftigungs- und Qualifizierungsquote von Frauen
ein, das eine echte Verbindung zwischen der Flagge, unter in sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung, in Fach- und
der ein Schiff fährt, und dem staatlichen Sitz seiner Eigentü- Führungspositionen, die Förderung der Vereinbarkeit von
mer bzw. wirtschaftlichen Nutznießer verlangt. Damit würde Privatleben und Beruf, geschlechtergerechte und inklusive
das Billigflaggensystem vollständig abgeschafft. Unternehmenskulturen.

Frauen und Gleichstellung


Branchen und Berufsfelder mit überdurchschnittlichem Frau-
enanteil wie z. B. die Pflege wollen wir umfassend aufwerten.
Die Arbeitsbedingungen wurden über Jahrzehnte vielfach
Feminismus heißt: Gesellschaftlicher Zusammenhalt kaputtgespart und sind ein wesentlicher Grund für unfreiwilli-
ge Teilzeit oder „Flucht aus der Pflege“. Dieses Missverhältnis
Für die Befreiung aller muss Geschlechtergerechtigkeit müssen wir aufbrechen und bessere Arbeitsbedingungen
überall stattfinden. Feministische Politik zielt jedoch nicht nur dort schaffen, wo zunehmend Unterbezahlung und Über-
auf Gleichstellung in einzelnen Bereichen und Aspekten ab, lastung herrschen, oft sind das Branchen mit hohem Frauen-
sondern auf die Auflösung der Machtstrukturen, die Frauen anteil. Es braucht eine bedarfsgerechte Personalbemessung,
gleiche Teilhabe und eine freie Wahl von Lebensentwürfen eine angemessene Entlohnung in der Pflege, in Reinigungs-
verwehren. Dazu gehört ebenso die Erkenntnis, dass rassifi- diensten, den Sozial- und Erziehungsberufen, für Hebammen,
zierte, behinderte oder arme Frauen und queere Menschen in Gastronomie und Einzelhandel.
mehrfacher Diskriminierung ausgesetzt sind.
Um die Gleichstellung in Betrieben weiter voranzubringen,
Die Corona-Pandemie hat für viele Menschen, die Reproduk- ist die Stärkung von Frauen in Betriebsräten (z. B. durch
tions- bzw. Sorgearbeit leisten, zu massiven Doppelbelas- Bildungs- bzw. Mitbestimmungsprogramme) und die Einrich-
tungen geführt. Bei der Kinderbetreuung tragen nicht nur Al- tung von Gleichstellungsausschüssen wichtig. Auf Bundes-
leinerziehende, welche zu über 90 Prozent Frauen sind, diese ebene wollen wir uns dafür einsetzen, das Betriebsverfas-
Last, sondern auch in Zwei-Eltern-Familien wird diese Last vor sungsgesetz dahingehend zu ändern, dass die Einrichtung
allem von Frauen getragen. Das hat viele Errungenschaften von Gleichstellungsausschüssen verpflichtend wird.
der Gleichstellung umgekehrt, also dazu beigetragen, dass
Frauen vermehrt für unentgeltliche Arbeit im Bereich der Re- Die derzeitige Ausgestaltung des Steuersystems für Ehepaare
produktions- und Sorgearbeit zuständig sind. DIE LINKE tritt und eingetragene Lebenspartnerschaften verfestigt über die
dafür ein, dass alle Menschen mehr Entscheidungsspielraum Fehlanreize des Ehegattensplittings traditionelle Rollen-
darüber bekommen, wie sie ihre Lebenszeit verbringen. Die bilder und „Alleinernährer“-Modelle, mehrheitlich zulasten
Umverteilung von Zeit ist eine Antwort auf Fremdbestimmung der Erwerbsquote von Frauen mit Folgen bis hin zur Rente.
und ungleiche Arbeitsteilung. Wir wollen das Ehegattensplitting durch ein Realsplitting
ersetzen, bei dem beide Ehepartner*innen individuell mit
Feminismus heißt: Gleicher guter Lohn, übertragbarem Grundfreibetrag veranlagt werden. Gleich-
selbstbestimmte Zeit, gleiche Rechte und Chancen zeitig setzen wir uns weiter für die Umwandlung von Minijobs
in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse
Ungerechtigkeiten zwischen den Geschlechtern sind leider mit ansteigenden Sozialversicherungsbeitragssätzen bis zur
kein Auslaufmodell, sondern haben in den letzten Jahren zwi- Höhe von 1.800 Euro brutto monatlich ein.
Arbeit, Kapital, Geschlechterverhältnisse 39

Feminismus heißt: Unbezahlte Arbeit vergesellschaften wollen wir Kurzzeitpflegeplätze in Bremen und Bremerhaven
ausbauen, um pflegende Angehörige zu entlasten.
Unbezahlte Arbeit ist zwischen den Geschlechtern extrem
ungleich verteilt. Ohne Reproduktions- bzw. Sorgearbeit, ob Feminismus heißt: Sorgende Städte Bremen und
hauptverantwortliche Tätigkeiten in Familie und Haushalt, Bremerhaven – eine Infrastruktur für alle
in Nachbarschaft und Beziehungen, bei der Betreuung von
Kindern oder Pflegebedürftigen, geht nichts. Dennoch fehlen Die Reproduktions- und Sorgearbeit, also beispielsweise
die entsprechende Anerkennung und die politische Unterstüt- Pflege, Kinderbetreuung oder Assistenz, muss zwischen den
zung. Die Organisation unseres privaten und familiären Zu- Geschlechtern gerechter verteilt sein. Um eine öffentliche
sammenlebens, die Reproduktion unseres Daseins und „Funk- und demokratische Versorgung zu gewährleisten, muss die
tionierens“, wird nachweislich überwiegend – traditionell Reproduktions- bzw. Sorgearbeit im Zentrum des politi-
selbstverständlich und unsichtbar – von Frauen erbracht. Wer schen Handelns stehen. Reproduktions- und Sorgearbeit
Verantwortung für Sorge- und Care-Arbeit übernimmt, also soll sich durch gemeinschaftliche Organisierung und gezielte
pflegt, erzieht und aufräumt, Familiäres regelt, ansprechbar kommunale Angebote auszeichnen, um Geschlechterunge-
für die Aufgaben des sozialen Zusammenhalts ist, „bezahlt“ rechtigkeit zu bekämpfen. Es braucht eine Verschiebung aus
dafür mit beruflichen Nachteilen, der Abwertung von Kompe- dem privaten, traditionell feminisierten Bereich.
tenzen und Fähigkeiten, Zeit- und Vereinbarkeitsdruck, dem
ständigen Gefühl, doppelte Anforderungen oder Dauerauf- Städte müssen gute Sorgearbeit in den Fokus nehmen: Quar-
gaben alleine zu tragen. Wir akzeptieren diese Abwertung tiersnahe Gesundheit muss sich in kommunalen Gesundheits-
sorgender, unbezahlter Arbeit nicht. und Sorgezentren zeigen. Dort sollen neben der Sicherung
der gesundheitlichen interdisziplinären Versorgung Angebote
Neben besserer Vereinbarkeit von Familie und Beruf, glei- der Selbsthilfe und Interessenvertretung sowie Vernetzungs-
chen Löhnen für gleichwertige Arbeit und die Aufwertung der orte und Beratungsangebote geschaffen werden. Die dort
Berufe und Arbeitsbereiche, in denen überwiegend Frauen tä- angestellten Sorgearbeitenden brauchen gute Arbeitsbedin-
tig sind, möchte DIE LINKE dafür sorgen, dass Reproduktions- gungen, die flexibel und familiengerecht sind. In sogenannten
bzw. Sorgearbeit aufgewertet und gerechter verteilt wird. Pflegestützpunkten soll die Beratung von Menschen mit
Pflegebedarf und deren Angehörigen ausgebaut werden. Teil
Für ein gutes Leben braucht es nicht nur Geld, sondern auch dessen muss auch die arbeitsrechtliche Beratung von Men-
Zeit, weswegen wir perspektivisch eine 30-Stunden-Woche schen sein, die in haushaltsnahen Dienstleistungen tätig sind.
mit einem Lohnausgleich fordern, der ein gutes Leben si-
chert und vor Armut bis zur Rente schützt. Es braucht ein neu- Die Stadtplanung in Deutschland beruht in erster Linie auf
es „Normalarbeitsverhältnis“. Eine Abkehr von der 40-plus- einer überholten, patriarchalen Norm. Dies wollen wir än-
Stunden-Woche, wie beispielsweise die 35-Stunden-Woche dern. Zum Beispiel finden wir es wichtig, breitere Fußwege für
für Pflegekräfte in Krankenhäusern der GeNo, wäre auch ein Kinderwagen oder körperbehinderte Menschen zu bauen,
Beitrag gegen Fachkräftemangel, Burn-out-Erkrankungen kurze Wege zum Kindergarten oder in die Tagespflegeein-
und Arbeitslosigkeit. Umfragen bestätigen, dass sich viele richtung zu ermöglichen, flächendeckende öffentliche Toi-
Erwerbstätige im Land Bremen eine Arbeitszeitverkürzung letten zu etablieren und ein Stadtbild zu stärken, das frei von
wünschen, während andere in geringer Teilzeit mehr bezahlte sexistischer Werbung ist.
Stunden benötigen – eine 30- bis 35-Stunden-Woche wäre
hier die Lösung. Alleinerziehende stärken

Pflegende Angehörige Besonders häufig ist die wachsende Gruppe der Alleinerzie-
henden von prekären Arbeitsbedingungen und schlechter
Für diejenigen, die besonders viel Sorge und Verantwortung Bezahlung betroffen. Über 90 Prozent der Alleinerziehenden
für andere übernehmen, muss es besondere Unterstützung in Bremen sind Frauen. Mehr als jede vierte Familie mit Kin-
geben. Fast 70 Prozent der pflegenden Angehörigen sind dern unter 18 Jahren ist alleinerziehend. Deutlich über die
Frauen. Sie helfen aus, wenn sich Pflegebedürftige profes- Hälfte aller Alleinerziehenden bezog 2020 Leistungen nach
sionelle Pflegekräfte nicht leisten können oder es zu wenige SGB II. Diese Schieflage hat gravierende Auswirkungen auf
Angebote gibt. Sie reduzieren ihre berufliche Arbeitszeit oder Bildungserfolg, Teilhabe und Lebenschancen und häufig ne-
geben ihre Jobs ganz auf, mangelnde gesellschaftliche Teil- gative gesundheitliche Folgen.
habe und weibliche Altersarmut sind vorprogrammiert.
In der Corona-Pandemie standen Alleinerziehende durch den
Wir fordern deshalb als Entlastung für pflegende Angehörige Wegfall von Kinderbetreuungsangeboten unter besonders
eine Stärkung und den Ausbau der professionellen Pflege so- hohem Druck. Alleinerziehende geflüchtete Frauen stehen zu-
wie einen Ausbau wohnortnaher und professioneller Beratung sätzlich vor der Herausforderung, sich in einem fremden Land
und Betreuung in Form von Gesundheits- und Sorgezentren. ohne Unterstützungsnetzwerk zu orientieren, die Sprache zu
lernen, mit der Unsicherheit des Aufenthalts umzugehen und
Insbesondere durch die Umsetzung eines Konzepts „Pflege sich gleichzeitig um ihre Kinder zu kümmern und ihnen Halt
im Quartier“ soll diese Entlastung wohnortnah sein und sich zu geben. DIE LINKE will bestehende Landesprogramme
flexibel an tatsächliche Lebensverhältnisse anpassen lassen. für Alleinerziehende fortsetzen sowie erweitern und so das
„Pflege im Quartier“ soll u. a. die Unterstützung Pflegebe- Nachholen von Schul- und Berufsabschlüssen ermöglichen,
dürftiger und pflegender Angehöriger und Nachbar*innen noch mehr Teilzeitausbildungen ermöglichen und langfristige
im Quartier, die Einführung flächendeckender präventiver Begleitung und Beratung gewährleisten. Die Aufnahme von
Hausbesuche als Angebot für Senior*innen und die Auswei- Erwerbsarbeit wollen wir durch Kinderbetreuung über die üb-
tung des Angebots der Pflegestützpunkte beinhalten. Zudem lichen Betreuungszeiten hinaus sowie durch die unterjährige
40 Arbeit, Kapital, Geschlechterverhältnisse

Aufnahme von Kindern in die Kinderbetreuung absichern. Klinikum Bremen-Mitte wird nun auch auf andere Gewaltstraf-
Für geflüchtete Alleinerziehende wollen wir bestehende ziel- taten ausgeweitet und sollte noch bekannter gemacht werden.
gruppenorientierte Angebote ausbauen und neue schaffen,
um Spracherwerb und berufliche Qualifizierung möglichst Bei Sexualdelikten soll bei Polizei und Justiz besondere Sen-
niedrigschwellig zu unterstützen. sibilität im Sinne der Betroffenen geschult und umgesetzt
werden. Hier sind u. a. die lokalen Projekte von Schattenriss e. V.
Um diejenigen zu unterstützen, die besonders viel unbezahlte wichtig. Wir wollen sie ebenso wie Angebote der präventiven
Arbeit leisten, wollen wir eine Care-Karte einführen, mit der Täterarbeit verstetigen und ausbauen. GBL und andere so-
diese Personen bevorzugte oder vergünstigte Zugänge zu so- genannte K.o.-Tropfen müssen konsequent als Betäubungs-
zialen und kulturellen Angeboten bekommen sollen – wie z. B. mittel eingestuft und verboten werden.
Beispiel ein Vorrecht auf wohnortnahe Kita-Betreuung, aber
auch Vergünstigungen für soziale und kulturelle Einrichtungen. Das Land Bremen braucht mehr Frauenhausplätze und
auch die Berücksichtigung spezieller Bedarfe: Für Frauen mit
Feminismus heißt: Gegen Gewalt, für sexuelle und minderjährigen Söhnen braucht es genauso Angebote wie
körperliche Selbstbestimmung für Betroffene von Zwangsprostitution und Menschenhan-
del. Wir wollen eine zentrale Vergabestelle für Frauenhaus-
Gewalt, Sexismus und sexuelle Belästigung sind für Frauen plätze schaffen, um Betroffenen einen niedrigschwelligen
und queere Menschen viel zu oft alltägliche Realität. Gerade und unkomplizierten Zugang zu ermöglichen. Wir wollen die
im häuslichen Bereich, wo eigentlich Vertrauen, Schutz und Schaffung von Schutzräumen, Beratungsangeboten und Not-
Geborgenheit herrschen sollten, ist die Zahl der von Gewalt schlafstellen für wohnungslose, suchtkranke und sich prosti-
betroffenen Frauen am höchsten – Tendenz steigend. Aber tuierende Frauen weiter vorantreiben. Es braucht auch eine
auch am Arbeitsplatz sind sexuelle Übergriffe weitverbrei- akzeptierende Anlaufstelle für wohnungslose suchtkranke
tet. Prävention von Sexismus und Gewalt beginnt in Kitas Frauen, die im bisherigen Hilfesystem nicht aufgefangen wer-
und Schulen. Dazu gehören eine stärkere Aufklärungsarbeit den. Diese Hilfsangebote müssen so finanziert sein, dass die-
und die regelmäßige Auseinandersetzung mit Sexismus und se Frauen professionell unterstützt werden können. Für diese
Rollenklischees. Dazu gehört eine gezielte Verbesserung von Angebote bauen wir auf eine Trägerstruktur aus bestehenden
Bundesgesetzen zum Schutz gegen digitale Gewalt sowie die und neuen Organisationen. Um diese Personengruppe vor
Steigerung von Medienkompetenz. Dazu gehört auch eine ge- Gewalt im Alltag zu schützen, braucht es einen kostenlosen
schlechtersensible Ausbildung, insbesondere in den sozialpäd- Zugang zu Toiletten und Duschen. Zur besseren Beratung
agogischen Berufen und als verpflichtender Bestandteil für alle und Unterstützung von Sexarbeiter*innen setzen wir uns
Lehrberufe. Diese Bildungsinhalte müssen eine kritische Refle- für eine dauerhafte Ausfinanzierung von Nitribitt e. V. und der
xion traditioneller Rollenverständnisse ebenso einschließen wie Beratungsstelle „Marie“ in Bremerhaven ein.
eine Sexualaufklärung, die geschlechtliche Vielfalt umfasst.
Für geflüchtete Frauen mit Gewalterfahrungen wollen wir
Wir wollen mehr Mittel für Prävention, Aufklärung und bedarfsgerechte Schutzeinrichtungen gewährleisten und
die Vermittlung von Hilfsangeboten, um gegen häusliche angemessene medizinische und psychologische Versorgung
­Gewalt – körperlich sowie psychisch – stärker vorzugehen. absichern. Wir kämpfen weiterhin für ein uneingeschränktes
Ebenso wollen wir eine Sensibilisierung von Polizei und Bleiberecht dieser Frauen. Wir fordern Schulungen beim Job-
Staatsanwaltschaft. Betroffene dürfen nicht allein gelassen center und dem Amt für Soziale Dienste zum Umgang mit
werden und sie sollen die Möglichkeit haben, Hilfe zu bekom- Gewaltbetroffenen.
men, um aus gewaltsamen Beziehungen zu entkommen.
Zum Schutz von Frauen und queeren Menschen in der Öf-
Istanbul-Konvention fentlichkeit setzen wir uns für die verlässliche Finanzierung
der Awareness-Arbeit im Viertel, auf dem Freimarkt und dar-
Das Land Bremen soll Femizide, also frauenfeindliche Tötun­ über hinaus ein. Auch in Bremerhaven braucht es Strukturen,
gen durch Männer (diese werden vor dem Hintergrund die hilfesuchenden Personen auf Veranstaltungen und im
hierarchischer Geschlechterverhältnisse und männlicher Do- Nachtleben die Möglichkeit geben, eine Anlaufstelle zu fin-
minanzansprüche verübt), auch als solche benennen und sich den, die unabhängig von der Polizei und anderen staatlichen
auf Bundesebene für eine unabhängige Beobachtungsstelle Institutionen Unterstützung im Fall von Grenzüberschreitung,
einsetzen. Wir werden uns daher weiterhin für eine schnelle Diskriminierung und Gewalt da ist.
Umsetzung der im Landesaktionsplan zur Umsetzung der
Istanbul-Konvention vorgeschlagenen Maßnahmen stark- Unterstützung von politischem Engagement sowie
machen. Dazu gehören das Schaffen verpflichtender Schu- Angeboten für Mädchen, Frauen und queere Menschen
lungen für die betroffenen Institutionen wie auch der Ausbau
von Frauenhausplätzen und das Einsetzen eines wirksamen Feministische Politik zielt nicht nur auf Gleichstellung in einzel-
Risikomanagementsystems. nen Bereichen und Aspekten, sondern auf die Auflösung von
Machtstrukturen, die Frauen gleiche Teilhabe und eine freie
„Nein heißt Nein“ Wahl von Lebensentwürfen verwehren. Dazu gehört ebenso
die Erkenntnis, dass rassifizierte, behinderte oder arme Frau-
Um Vergewaltigungen und andere Sexualstraftaten besser en und queere Menschen mehrfacher Diskriminierung aus-
verfolgen zu können, hat die Landesregierung unter unserer gesetzt sind.
Federführung die Möglichkeit der anonymen Spurensiche-
rung ausgebaut, bei der Betroffene Beweise sichern können, Es braucht Freiräume für Frauen und queere Personen und
bevor sie sich für eine Anzeige gegen den oder die Täter ent- Vernetzungsangebote für politisches Engagement. Für be-
scheiden. Dieses Angebot einer Gewaltschutzambulanz am stehende Freiräume braucht es eine Finanzierung, die über
Arbeit, Kapital, Geschlechterverhältnisse 41

befristete Lösungen hinausgeht. In Bremen und Bremerhaven intersexuelle Menschen aus. Mittelfristig wäre eine Bünde-
zählen hierzu Mädchen- und Frauentreffs und Beratungs- lung sämtlicher medizinischer Behandlungen im Rahmen der
institutionen (wie Mädchen*treff Lilas Pause, das Mädchen- Transition an einem der öffentlichen Krankenhäuser in Bre-
haus Bremen e. V. oder das Mädchenkulturhaus des BDP). men und Bremerhaven wünschenswert.
Dazu gehört auch die Erhaltung wichtiger Strukturen, die die
Sichtbarkeit von Frauen fördern (wie belladonna e. V. oder das Familien und die Konstellationen, aus denen sie entstehen
Bremer Frauenmuseum e. V.). Die Zuwendungen müssen so und in denen sie gelebt werden, sind vielfältig.
gestaltet sein, dass die Beschäftigten tarif- und qualifikations-
gerecht vergütet werden können. Für projektbezogene Arbeit Leider sind vor allem Regenbogenfamilien oft von Diskri-
werden flexible Finanzierungsstrukturen benötigt, die auch minierung betroffen und heterosexuellen Familienmodellen
außerhalb der Haushaltsverhandlungen erlauben, auf verän- rechtlich nicht gleichgestellt. Für uns ist klar: Es ist egal, welche
derte Bedarfe einzugehen. Die ZGF (Bremische Zentralstelle Sexualität oder Geschlechtsidentität Menschen haben, um als
für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau) soll Bezugsperson für ein Kind Verantwortung zu übernehmen. In
zusätzliche Mittel und der Landesfrauenrat Bremen–Bremer Bremen braucht es besser ausgestattete Beratungsangebote
Frauenausschuss e. V. eine institutionelle Förderung erhalten. für queere Familien und queere Menschen mit Kinderwunsch.

Ohne das politische Engagement von Frauen würde einiges Fachkräfte mit Bezug zu Kindern und Familien wollen wir
stillstehen und vieles nicht benannt, ohne die gleiche Teilhabe durch Qualifizierungsangebote für die Lebensrealität und
der Geschlechter mangelt es an Demokratie und Gerechtig- Bedarfe queerer Familien sensibilisieren. DIE LINKE will, dass
keit. Frauen sind in politischen Zusammenhängen nicht nur sich Bremen im Bundesrat weiterhin dafür einsetzt, die recht-
zahlenmäßig unterrepräsentiert, sondern übernehmen auch liche Diskriminierung von lesbischen und transidenten Eltern
häufiger „politische Care-Arbeit“ und verantwortliche Rollen, im Abstammungsrecht abzuschaffen und die Übernahme
die notwendig, aber wenig anerkannt sind: Termine planen, der Kosten für Kinderwunschbehandlung als Krankenkas-
Protokolle schreiben, Moderation etc. Damit wir mehr Frauen senleistung auch für lesbische und andere queere Familien-
für die Politik gewinnen und sie dort halten, braucht es eine konstellationen anzuerkennen.
Unterstützung politischer Kulturen, die für Fragen der Verein-
barkeit, unsichtbare Aufgaben, feministische Themen und Queere Geflüchtete brauchen besonderen Schutz. Menschen,
Schutzbedürfnisse sensibel sind und diese stärken. Dafür set- die ihre Heimatländer aufgrund von Verfolgung wegen ihres
zen wir uns in der eigenen Organisation, in der Verwaltung, Geschlechts oder ihrer sexuellen Orientierung verlassen
politischen Bildung sowie auf den verschiedenen parlamen- mussten, müssen einen dauerhaften Aufenthaltsstatus er-
tarischen Ebenen Bremens und Bremerhavens ein. halten. Zudem sind sichere, eigenständige Unterkünfte und
Freizügigkeit bei der Wahl des Wohnorts nötig, um queeren
Frauen sind in Parlamenten nach wie vor unterrepräsentiert, Geflüchteten ein sicheres Leben zu ermöglichen.
insbesondere in Kommunalparlamenten, aber auch im Bun-
destag und im Bremischen Landtag. DIE LINKE hält am Ziel In Behörden und Verwaltung braucht es Ansprechpersonen,
eines Paritätsgesetzes fest, um eine mindestens gleiche die für den Umgang mit migrantischen LGBTIQ*-Personen
Repräsentanz von Frauen in Bürgerschaft, Stadtverordneten- ausgebildet sind. Wir wollen die queer-migrantische Bera-
versammlung und Beiräten zu erreichen. tung und Selbsthilfe am Rat&Tat-Zentrum dauerhaft finan-
ziell absichern. Auch die Ansprechperson für LGBTIQ* bei der
Wir wollen den 8. März (Internationaler Frauenkampftag) Bremer Polizei muss langfristig finanziell abgesichert werden,
zum gesetzlichen Feiertag machen. und wir fordern die Ausweitung auf eine zweite Stelle. Wir
wollen die Schulaufklärung durch das Rat&Tat-Zentrum dau-

Queerpolitik
erhaft finanzieren und ausbauen. Träger der offenen Jugend-
arbeit sollen bei der Entwicklung von Angeboten zur besseren
Sensibilisierung für geschlechtliche und sexuelle Vielfalt finan-
DIE LINKE steht für eine Politik, die die freie Selbstbestim- ziell unterstützt werden.
mung von geschlechtlicher Identität und sexueller Orientie-
rung respektiert und aktiv fördert. Sie setzt sich für die Über- DIE LINKE möchte das Budget für queere Kulturprojekte erhö-
windung bestehender geschlechtlicher Rollenzuschreibungen hen und spricht sich für die Etablierung eines queeren Kultur-
sowie für die vollständige rechtliche Gleichstellung queerer orts in Bremen aus.
Menschen ein. DIE LINKE in Bremen und Bremerhaven steht
für eine Verknüpfung sozialer, antirassistischer und queer-fe- Im Landessportbund und den Vereinen sollen Queer-An-
ministischer Kämpfe. sprechpersonen benannt werden. Der Umgang mit und die
Prävention von Homophobie und Trans*feindlichkeit sollen
Alle Menschen unserer Gesellschaft haben Anspruch auf fester Bestandteil bei der Ausbildung von Übungsleiter*innen
eine gleichberechtigte Teilhabe. Ein Landesantidiskriminie- und Trainer*innen werden. Dies soll sich auch im Sportunter-
rungsgesetz soll diese Teilhabe im Rahmen öffentlich-recht- richt an Schulen widerspiegeln. Besonders großer Nachholbe-
lichen Handelns herstellen und durchsetzen. Der Schutz vor darf besteht bei Einrichtungen für Menschen mit Behinderun-
Diskriminierung aufgrund der geschlechtlichen Identität und gen. Ansprechpersonen für LGBTIQ*-Personen in Werkstätten
der sexuellen Orientierung muss deshalb Bestandteil eines für behinderte Menschen beispielsweise sind genauso über-
solchen Gesetzes sein. fällig wie spürbare Fortschritte in der Selbsthilfeförderung.

Im medizinischen Bereich spricht sich DIE LINKE für ein ver- Bremerhaven braucht neben Beratungsangeboten und Schul-
bessertes Angebot in der Psychotherapie, der Hormonver- aufklärung in Bezug auf geschlechtliche und sexuelle Vielfalt
gabe und anderer medizinischer Leistungen für trans*- und dringend einen Treffpunkt für queere Jugendliche.
42

FÜR EINE SOLIDARISCHE UND


OFFENE GESELLSCHAFT

Alle Kinder und Familien haben das Recht


Kita, Kinder und Familie auf einen Kita-Platz

Mit Kitas mehr Bildungsgerechtigkeit In Bremen ist – wie in der gesamten Bundesrepublik – der
ermöglichen und Armut verhindern schulische Erfolg stark abhängig von der sozialen Herkunft
eines Kindes. Deshalb kommt bereits der Kita für die Bekämp-
Frühkindliche Bildung für alle ist das Fundament für Bildungs- fung von Armutsfolgen eine besondere Bedeutung zu.
gerechtigkeit und spätere Bildungswege. In den Kitas wird
Vielfalt gelebt, sie wirken Benachteiligungen und Diskriminie- Ein Kita-Platz ist auch zentral dafür, ob und in welchem Um-
rungen früh entgegen. Für jedes Kind braucht es hier deshalb fang Eltern berufstätig sein können. Kinder mit unterschied-
einen guten Platz. Dafür müssen Bund, Länder und Kom- lichsten Herkunftssprachen und Biografien brauchen in der
munen endlich mehr investieren. Ein individueller Rechts- Kita auch die sprachliche Förderung, die unerlässlich für ihren
anspruch auf gute frühkindliche Bildung ist eine Frage der weiteren Bildungsweg ist.
Bildungsgerechtigkeit, der Geschlechtergerechtigkeit und
der Armutsbekämpfung. Ausreichende und gute Kita-Plätze Doch ausgerechnet in den Stadtteilen, in denen die Armut
entscheiden über Lebenswege, der Ausbau frühkindlicher am größten ist, fehlen die meisten Kita-Plätze. Dieses Prob-
Bildung darf an der Schuldenbremse nicht scheitern. Statt der lem muss mit höchster Priorität bearbeitet werden.
vorherrschenden Kita-Notlage wollen wir eine Landschaft
frühkindlicher Bildungsangebote, die Kinder angemessen Wir wollen deshalb bis zum Jahr 2025 für unter Dreijährige eine
fördert und zusammenbringt, Eltern entlastet, Beschäftigten Versorgung von 60 Prozent und für über Dreijährige bis zum
gute Bedingungen bietet. Schuleintritt von 100 Prozent in allen Stadtteilen erreichen.

Aber aufgrund fehlender Kita-Plätze und aufgrund des Fach- In Zukunft investieren – Kita-Qualität verbessern
kräftemangels werden die Qualitätsstandards frühkindlicher und Fachkräfte gewinnen
Bildung nicht überall durchgängig gehalten werden können,
während der notwendige Platzausbau umgesetzt wird. Hier Dieser Kita-Ausbau darf nicht am Geld scheitern. Notwen-
wollen wir in enger Abstimmung mit Trägern und Interessen- dige qualitative Verbesserungen, auch wenn sie aufgrund
vertretungen handeln und gemeinsame Lösungen temporär des Fachkräftemangels nicht unmittelbar umgesetzt werden
für die Zeit des akuten Kita-Platz-Mangels entwickeln. Dies können, müssen planerisch einbezogen werden. Dies gilt für
setzt Kompromisse auf allen Seiten und eine Strategie zur Größe und Ausstattung der Kitas, Ausbau der Digitalisierung,
langfristigen Behebung des Fachkräftemangels voraus. Differenzierungs- wie Sozialräume. Die Familienplanung
richtet sich nicht nach dem Kita-Jahr, deshalb muss auch die
Kitas als Teil einer sorgenden Stadt unterjährige Aufnahme von Kindern ermöglicht werden.

Wir wollen Kinder- und Familienzentren als Mittelpunkte Das Ziel, eine bedarfsdeckende Versorgungsquote mit Kita-
einer sorgenden Stadt und sorgender Quartiere, die den Plätzen in allen Stadtteilen zu erreichen, hängt maßgeblich
Menschen für Begegnungen, Austausch und ein solidarisches von der Gewinnung neuer Fachkräfte ab. Trotz eines erhebli-
Leben offenstehen. Wir schaffen damit einen Platz für Diffe- chen Ausbaus der Kita-Plätze ist die Lage noch immer prekär.
renzierung und Bewegungsangebote, mit Ruheräumen, mit Aktuell sind nicht die räumlichen Bedarfe die größte Heraus-
Eltern- und Familien-Cafés, für Väter- und Müttergruppen, forderung – die größte Ausbaubremse ist der eklatante Fach-
Beratungsangebote und Selbsthilfestrukturen. Wir wollen kräftemangel. 2022 gab es fast 600 Kita-Plätze, die räumlich
Einrichtungen schaffen, in denen eine durchgängige Bildung fertiggestellt und nutzbar gewesen wären, wenn es entspre-
und Betreuung vom ersten Lebensjahr bis zur Einschulung an- chend sozialpädagogische Fachkräfte gegeben hätte.
geboten wird. Kinder- und Familienzentren können solche
Anlaufstellen in den Stadtteilen sein, die kostenlose Angebo- Ausbildung attraktiver machen, Plätze ausweiten
te für Kinder und ihre Familien in den Bereichen Gesundheit,
Erziehung und frühkindliche Bildung bereithalten. Es braucht Um den Fachkräftemangel aufzulösen, müssen die Ausbil-
auch mehr Familienhebammen, insbesondere in benachtei- dungsformate attraktiver und die Zugänge flexibler werden.
ligten Stadtteilen. Gerade in Zeiten, in denen Menschen vor Die Einführung der „Integrierten Regelausbildung“ ermög-
Krieg fliehen oder andere Krisen durchleben, steigt auch der licht zwar endlich eine Ausbildungsvergütung, u. a. über
Bedarf an frühen Hilfen. Familienhebammen sind hier eine das Aufstiegs-BAföG. Für die „praxisintegrierte Ausbildung“
große Unterstützung und sollen in den Kinder- und Familien- (PiA) mit tariflicher Ausbildungsvergütung mussten Absagen
zentren sowie Häusern für Familie für die Eltern in den ersten erteilt werden, weil es nicht genügend Plätze gibt. Gleich-
Lebensjahren eines Kindes da sein können. zeitig blieben rund 200 Ausbildungsplätze in den öffentlichen
Fachschulen unbesetzt, auch weil den Auszubildenden dort
Für eine solidarische und offene Gesellschaft 43

weniger Geld gezahlt wird. Wir fordern die Ausweitung und Gesundheitsschutz und Entlastung verbessern
Verstetigung der bezahlten Ausbildung auch an den öffent-
lichen Schulen. Die praxisintegrierte Ausbildung zur*zum Ausreichende Pausenräume, Lärmschutz und ergonomisches
Erzieher*in soll perspektivisch zur Regelausbildung für alle Mobiliar sind notwendige Faktoren für einen verbesserten
Erzieher*innen im Land Bremen werden, sie muss auch als Gesundheitsschutz. Für Krankheits- und Urlaubsvertretungen
Teilzeitausbildung möglich sein. sowie für Fortbildungen wollen wir einen bedarfsgerechten
Ausbau von Vertretungspools, wirksame Maßnahmen
Zudem sollte bereits die Ausbildung zur*zum Sozialpäda­ zur Altersentlastung, die sich nicht nachteilig auf die Rente
gogischen Assistent*in vergütet werden, nicht erst die auswirken dürfen, müssen eingeführt werden. Erfahrene
Weiterbildung zur*zum Erzieher*in. So können mehr junge Kolleg*innen könnten z. B. für die Anleitung und Begleitung
Menschen gewonnen und die Finanzierungslücken in der von Quereinsteiger*innen mit attraktiven Zulagen und einer
­Ausbildungszeit geschlossen werden. Reduzierung ihrer Gruppenstunden gewonnen werden.

Vor dem Hintergrund des Ganztagsschulausbaus müssen Die verbindliche Einführung einer „mittelbaren Arbeitszeit“
insbesondere Grundschulen hier auch als Ausbildungsorte für Vorbereitung, Nachbereitung, Elterngespräche etc. ist un-
für sozialpädagogische Fachkräfte entwickelt werden. Da- erlässlich, ebenso die Erhöhung der Leitungsstunden vor dem
neben befürworten wir die zeitnahe Einrichtung eines dualen Hintergrund ständig erweiterter Aufgaben. Die Digitalisie-
Bachelorstudiengangs Elementarpädagogik, vergleichbar rung in den Kitas muss konsequent vorangetrieben werden.
dem dualen Studiengang Soziale Arbeit. Dieser muss ein zu-
sätzliches universitäres Angebot sein. Kleinere Gruppen für bessere Arbeit mit und für Kinder

In Kindertageseinrichtungen wollen wir verstärkt multipro- Gruppengrößen müssen verkleinert und die personelle
fessionelle Teams einsetzen. Auf der einen Seite müssen Grundausstattung verbessert werden (Fachkraft-Kind-Schlüs-
bereits jetzt aufgrund des Fachkräftemangels „helfende sel), zunächst in Kitas in Indexquartieren und mit heilpäda-
Hände“ ohne pädagogische Qualifikation eingesetzt werden, gogisch-therapeutischem Profil, dann flächendeckend. Wir
um kurzfristig Entlastung zu schaffen. Gleichzeitig fehlen für setzen uns für kleinere Elementargruppen von 15 Kindern
Fachkräfte mit akademischen Abschlüssen in Pädagogik, ein. Kleinere Gruppen verbessern nicht nur in benachtei-
Psychologie etc. attraktive Stellen in Kindertagesstätten. Das ligten Stadtteilen die Möglichkeiten der Sprachförderung,
wollen wir ändern. Lernprozesse können stärker auf die Bedarfslage einzelner
Kinder ausgerichtet werden. Die von der Ampelregierung be-
Um Fachkräfte zu gewinnen, müssen auch Quereinstiege und schlossene Einstellung des Bundesprogramms Sprach-Kitas
die Anerkennung pädagogischer Abschlüsse, die in EU- oder muss zurückgenommen werden, stattdessen fordern wir eine
Nicht-EU-Ländern erworben wurden, verbessert und er- Ausweitung des Programms. Wenn Bundesmittel fehlen oder
leichtert werden. Die Qualifikationen sind jedoch bisher aus- gestrichen werden, müssen entsprechende Landesmittel zur
schließlich auf das deutsche Ausbildungssystem ausgelegt, Verfügung gestellt werden. Bildungschancen dürfen aber
angrenzende Qualifikationen aus dem Ausland sind nicht nicht von der Finanzsituation einzelner Bundesländer und
vorgesehen. Das Quereinstiegsprogramm sollte daher auch Kommunen abhängen!
für ausländische Abschlüsse und Qualifikationen geöffnet
werden, flankiert durch Sprachkurse. Kleinere Gruppen in den Kitas sind auch für das richtige Ge-
bot der inklusiven Ausrichtung aller Kitas unerlässlich. In-
Dabei muss bei allen Ausbildungs- und Quereinstiegsforma- klusion muss zur Regel werden, separate Schwerpunkteinrich-
ten eine hochwertige Praxisbegleitung strukturell abgesichert tungen für heilpädagogisch-therapeutische Förderung von
sein. Hierfür muss es zusätzliche Verfügungszeiten geben. Kindern sind in der Regel der schlechtere Weg. Wir teilen den
Wunsch von Eltern nach wohnortnaher Betreuung und Förde-
Arbeitsbedingungen verbessern, Qualität erhöhen rung. Kitas brauchen eine entsprechende Ausstattung: Kleine
Gruppen mit einem guten Fachkraft-Kind-Schlüssel, multi-
Die Arbeitsbedingungen von Erzieher*innen brauchen professionelle Teams auch mit der Möglichkeit des Poolings
einen Attraktivitätsschub. Ein Ausdruck für die überbordende von Assistenzen in inklusionsgerechten Räumlichkeiten. Wir
Belastung und schwierigen Arbeitsbedingungen ist, dass wollen eine inklusive Kita, in der alle Kinder, ausgehend von
bundesweit mehr als 20 Prozent der Berufseinsteiger*innen ihrer aktuellen Entwicklung, gezielt gefördert werden. Zu den
binnen der ersten fünf Jahre den Erzieher*innenberuf wieder multiprofessionellen Teams gehören neben sozialpädagogi-
verlassen. schen auch psychologische, heil- und sonderpädagogische
sowie therapeutische Fachkräfte.
Insbesondere hohe Arbeitsbelastung, wenig Aufstiegsmög-
lichkeiten und unzureichende Rahmenbedingungen für gute Betreuungsangebote für herausfordernde
Arbeit machen den Beruf nicht attraktiv genug, um mehr Lebenssituationen
Menschen dafür zu begeistern und sie zu halten.
Ein-Eltern-Familien verdienen Unterstützung in ihrer familiären
Wir wollen eine umfassende Aufwertung des Erzieher*in- Situation. Dafür haben wir unsere Regierungsbeteiligung ge-
nenberufes. Dazu gehört eine grundsätzliche Höhergrup- nutzt und erreicht, dass Alleinerziehende bei der Kita-Platz-
pierung durch Neubewertung der Tätigkeit und zusätzliche vergabe besonders berücksichtigt werden. Damit Alleinerzie-
Zuschläge für Erzieher*innen bei besonderen Herausforde- hende mehr Zeit- und Planungskapazitäten haben, müssen
rungen. Dies muss auch für Beschäftigte in Elternvereinen Betreuungsangebote in Randzeiten vorgehalten werden.
gelten. Wir setzen uns für eine Ankereinrichtung pro Stadtteil ein, die
bedarfsgerechte Betreuungsplätze speziell für Alleinerziehen-
44 Für eine solidarische und offene Gesellschaft

de und Eltern, die irreguläre Arbeitszeiten haben, anbietet. Kinderbetreuung außerhalb von
Für Schichtarbeiter*innen wollen wir außerdem die Kinder- Kindertageseinrichtungen
tagespflege im Haushalt der Sorgeberechtigten so ausgestal-
ten, dass sie bereits ab einem Kind existenzsichernd für die Die Kindertagespflege ist ein Baustein zur Wahrung des
Tagespflegeperson ist, und insbesondere alleinerziehenden Wunsch- und Wahlrechts von Eltern, die z. B. eine familien-
Schichtarbeiter*innen damit eine passgenauere Unterstüt- ähnliche Betreuungssituation wünschen oder besondere
zung gewähren. Betreuungszeiten benötigen. Das betrifft insbesondere die-
jenigen, die höchst flexibilisierte Arbeitszeiten haben oder in
Mobile Kindertagesbetreuung (MoKi) als flexibles, ergän- Schichtarbeit tätig sind, z. B. im Einzelhandel oder in der Pfle-
zendes Angebot für Menschen in geförderter Beschäftigung ge. Hier können Tagesmütter und -väter eine wichtige Ergän-
verbessert die Betreuungslage im Stadtteil, schafft geförderte zung sein. Wo Tagespflege als notwendige Unterstützung im
Arbeitsplätze für Erwerbslose und hat sich sehr bewährt. Wir Haushalt der Sorgeberechtigten stattfindet (z. B. bei Schicht-
setzen uns für weitere MoKi-Standorte und die langfristige arbeit), muss sie unabhängig von der Kinderzahl existenz-
Sicherung der MoKi-Standorte ein. sichernd sein. Die Sachmittel und Betriebskostenerstattungen
müssen, auch angesichts steigender Energiepreise, deutlich
Kinder- und Familienzentren als Mittelpunkte erhöht werden. Außerdem fordern wir weitere Standorte der
einer sorgenden Stadt „angestellten Kindertagespflege“, die auf unsere Initiative hin
entstanden ist. Es müssen ausreichend kostenfreie berufs-
In Bremen werden bereits viele niedrigschwellige, sozialräum- begleitende Fort- und Weiterbildungen zur Verfügung stehen,
liche und offene Angebote mit Leben gefüllt. Dazu gehören um allen in diesem Berufsfeld tätigen Personen die Qualifika-
die Häuser der Familie, das Zentrum für Alleinerziehende, tion zur sozialpädagogischen Fachkraft zu ermöglichen.
Kinder- und Jugendfarmen, Mütterzentren, Bürgerhäuser und

Jugendliche
Spielhäuser. Diese Angebote müssen erhalten und bedarfs-
gerecht von der Stadt refinanziert werden.

In Bremen gibt es auf einigen Spielplätzen „Spielhäuser“, in Jugendliche Mitbestimmung und Teilhabe
denen Elterncafés, Sprach- und weitere Kurse für Eltern an- gezielt fördern
geboten werden. Sie werden von Pädagog*innen geleitet,
Spielangebote, Kinderbackstuben etc. werden vorgehalten. Jugendliche brauchen sichere Orte, an denen sie sich auf-
Diese Angebote sind optimal niedrigschwellig – es reicht, mit gehoben und geschützt fühlen vor Diskriminierung und Aus-
dem eigenen Kind auf den Spielplatz zu gehen, um damit in grenzung. Sie brauchen Orte, wo sie sie selbst sein dürfen
Berührung zu kommen. Wir wollen die Spielhäuser personell und sich ausprobieren können. Und sie brauchen Erwachse-
stärken und streben an, dass noch weitere Spielplätze, ins- ne, die sie in ihrer Vielfalt wahrnehmen, begleiten und ihre
besondere in benachteiligten Stadtteilen, mit Spielhäusern individuellen Kompetenzen stärken. Unser Anspruch und Ziel
ausgestattet werden. ist es, allen Jugendlichen gleiche Chancen auf Entwicklung
einer eigenständigen Persönlichkeit, auf Teilhabe und ein
Baulicher und personeller Ausbau glückliches Leben zu garantieren.

Wir wollen ein Bau- und Sanierungsprogramm für die Be- Dafür wollen wir auf der einen Seite gut ausgestattete und
standsgebäude und Neubauten, auch durch die öffentliche finanziell abgesicherte offene Jugendarbeit mit gut ausge-
Hand. In Bremen wurde der Ausbau zuletzt verstärkt privaten statteten Jugendfreizeitheimen, Angeboten zu Ferienreisen,
Investoren überlassen. Das reicht bis hin zur Trägervergabe interkulturellen Begegnungen und kulturellen und sportlichen
an Kita-Ketten, die zu Aktienkonzernen gehören, und zum Freizeitangeboten dezentral in allen Stadtteilen. Es ist wich-
Flächenverkauf an Bauinvestoren, die auch große Kaufhaus- tig, dass Angebote der offenen Jugendarbeit auch für queere
ketten besitzen. Einer solchen Kommerzialisierung der Kita- Jugendliche, geflüchtete Jugendliche oder Jugendliche mit
Landschaft in Bremen stellen wir uns entschieden entgegen! Behinderung zugänglich sind oder bei Bedarf zielgruppen-
Die Trägervergabe soll in einem Dreiklang kommunaler spezifische Angebote geschaffen werden. Zudem müssen
Träger, lokaler gemeinnütziger Träger und Elternvereine statt- Einrichtungen und Träger, die mit jungen Menschen arbeiten,
finden. Wir unterstützen Trägervielfalt und begrüßen Vielfalt sich darauf verlassen können, dass ihre Arbeit gewürdigt
auch im Hinblick auf unterschiedliche Konzepte. Profite aus und finanziell gesichert ist. Hierzu gehören die Stärkung und
der Einrichtung von Kinderbetreuungseinrichtungen zu schla- finanzielle Absicherung der Offenen Jugendarbeit und ihre
gen, lehnen wir als LINKE kategorisch ab. qualitative Weiterentwicklung. Als LINKE setzen wir uns für
die Absicherung guter und zuverlässiger Arbeitsbedingun-
Freie Träger und Elternvereine sollen bedarfsdeckend finan- gen bei den Trägern und Initiativen der Offenen Jugend-
ziert werden. Wir wollen die ehrenamtliche Vorstandsarbeit in arbeit ein.
Elternvereinen von administrativen Aufgaben entlasten und
das TräGA-Projekt (Trägerstrukturen Gemeinsam Aufbauen) Auf der anderen Seite muss den Jugendlichen aber auch der
dahingehend ausbauen. Für einen angemessenen Anteil der Raum gegeben werden, sich selbst zu organisieren. Hierfür
Stadt am Kita-Ausbau wollen wir eine Personalverstärkung wollen wir eine stärkere Unterstützung der Stadt für selbst-
bei Immobilien Bremen mit dem Ziel, dass mindestens jeder organisierte Jugendkultur und die Bereitstellung von öffent-
zweite Neubau-Kita in öffentlicher Hand gebaut wird. So lichem Raum zur Selbstorganisation und neue Formen der
behält die Stadt eigene Flächen und Gebäude und damit Gebühren- und Kostenfreiheit für Jugendliche im öffentlichen
verbundene Gestaltungsspielräume. Gerade in wachsenden Raum. Jugendprojekte müssen abgesichert und weiter ge-
Stadtteilen sind sehr intensiv „Campus-Lösungen“ zu prüfen, fördert werden, die Förderung der Jugendverbandsarbeit
also Krippe, Kita und Grundschule an einem Ort. muss finanziell ausgebaut werden. Das ehrenamtliche Enga-
Für eine solidarische und offene Gesellschaft 45

gement der Jugendlichen soll stärker anerkannt werden, die Problemlage sensibilisiert und weitergebildet werden. Auch
Jugendleiter*innencard (Juleica) wollen wir aufwerten. die Verbraucher*innenzentrale sollte hierzu Angebote bereit-
halten. Wir möchten prüfen, inwieweit es möglich ist, einen
Wir setzen uns dafür ein, dass die Mittel für die Jugend- Fonds zu errichten, der jungen Menschen bei der Finanzie-
beiräte in den Stadtteilen abgesichert und erhöht werden. rung einer Ersteinrichtung der ersten Wohnung hilft.
Zudem wollen wir die Einführung eines Jugendförder- und

Bildung und Schule


Beteiligungsgesetzes nach dem Vorbild Berlins prüfen. Darin
soll z. B. ein Anspruch auf Sonderurlaub für ehrenamtlich in
der Jugendarbeit tätige Personen verankert werden oder
ein Landesjugendförderplan eingeführt werden, welcher die Schulreform vorantreiben –
Fachplanung und -steuerung der Angebote der Jugendarbeit eine inklusive Schule für Alle!
erleichtert.
Freier Zugang zu Bildung ist als Menschenrecht ein Kern-
In Bremen und Bremerhaven engagieren sich jährlich unge- anliegen linker Politik. Bildung ermöglicht Teilhabe an der
fähr 800 –1.000 junge Menschen im Rahmen eines Freiwilli- Gesellschaft, dem demokratischen Prozess und auf dem
gen Sozialen, Kulturellen, Ökologischen oder Politischen Jah- Arbeitsmarkt. Dass in Bremen Menschen aufgrund von Armut
res (FSJ/FKJ/FÖJ/FPJ) oder eines Bundesfreiwilligendienstes oder ihrer Migrationsgeschichte von Bildung ausgeschlossen
und erwerben dabei wichtige Kompetenzen für ihre persön- werden, lässt uns keine Ruhe. Infolge der Corona-Pandemie
liche und berufliche Weiterentwicklung. Wir sprechen uns hat sich dieser Prozess nochmals verschärft. Schulschließun-
gegen einen Pflichtdienst aus und unterstützen Maßnahmen, gen haben die Kinder und Jugendlichen besonders hart ge-
die eine Flexibilisierung, attraktivere Gestaltung und stärkere troffen, die vorher schon schlechtere Chancen hatten.
Sichtbarmachung der Freiwilligendienste fördern, um ­allen
Jugendlichen und jungen Erwachsenen Zugang zu solch Der seit 2008 in Bremen bestehende Schulkonsens zwischen
einem Entwicklungsjahr zu ermöglichen. Zudem plädieren wir Regierungs- und Oppositionsparteien erweist sich zuneh-
für eine Fortsetzung der Förderung der trägerübergreifenden mend als Innovationshemmnis für die Schullandschaft. Mo-
psychosozialen Beratungsstelle für Freiwilligendienstler*innen dellschulen werden verhindert, Schulentwicklung denkt nur in
der Landesarbeitsgemeinschaft Freiwilligendienste im Land den engen, vom Konsens vorgegebenen Bahnen. Gleichzeitig
Bremen und unterstützen Ansätze wie das Service Learning, in hat der Konsens den Druck von den Gymnasien genommen,
denen Schüler*innen bereits in der Schule freiwilliges Engage- sich weiterzuentwickeln, inklusiv zu arbeiten und Unterricht
ment integriert in den Unterricht erproben können, um allen zu individualisieren. DIE LINKE plädiert deswegen dafür, den
Jugendlichen Zugänge ins Engagement zu ermöglichen. Konsens 2028 auslaufen zu lassen. Wir wollen kein Schul-
system, das die soziale Spaltung zementiert. Die Zeit des
Wir wollen den Ausbau und Erhalt von Bewegungsflächen Gymnasiums ist vorbei, sie sollen in inklusive Schulen für alle
für Jugendliche und junge Erwachsene fördern. In Bremen umgewandelt werden.
soll es flächendeckend Spielflächen für Ballsportarten geben.
In dicht besiedelten Gebieten möchten wir ihre Anzahl er- Dieser Systemwechsel muss ab der kommenden Legislatur-
höhen. Dabei möchten wir auch den Fokus auf neue „junge“ periode vorbereitet werden. Wir schlagen dazu die Einset-
Sportarten, wie Skateboarding und BMX, legen. Diese sind zung einer Enquetekommission „Entkopplung von sozialer
zum Erhalt ihrer Anlagen in einem hohen Maße auf Spenden Herkunft und Bildungserfolg“ vor. Nach dem Vorbild der
oder Investitionen der öffentlichen Hand angewiesen. Wir Klima-Enquete soll eine solche, paritätisch aus Wissenschaft
möchten, dass der Anteil öffentlicher Zuwendungen für Or- und Politik besetzte Kommission Vorschläge erarbeiten für
ganisationen wie den „Sportgarten e. V.“ erhöht wird. Außer- eine realistische Zielsetzung und konkrete Maßnahmen im
dem soll Bremen sich dafür einsetzen, dass der Skatepark Land Bremen.
im P5 erhalten wird. Die BMX-Anlage am Schlachthof soll in
einem Projekt mit Freiwilligen aus der Szene erneuert werden. Zur Vorbereitung des Systemwechsels gehört auch das
vermehrte Ausprobieren neuer pädagogischer Ansätze in
Wir möchten, dass sich Nachtschwärmer*innen in Bremen Versuchsschulen. Die Gründung einer Jugendschule zur Fort-
wohlfühlen können. Die Aufenthaltsqualität auf den Grün- führung der Kinderschule unterstützen wir und halten hier
flächen, die im Sommer von Jugendlichen und jungen die Ansiedlung in einem benachteiligten Stadtteil für wichtig.
Erwachsenen zum Feiern genutzt werden (z. B. Osterdeich, Auch ermutigen wir weitere Schulen, sich mit moderner Lern-
Werdersee, Neustadtswallanlagen), möchten wir erhöhen. kultur zu profilieren. Unser Ziel ist dabei, die besten und inno-
Dazu gehören auch genug sanitäre Einrichtungen. Überall vativsten Schulen in den ärmsten Quartieren zu etablieren.
wo Menschen feiern und viel Alkohol trinken, möchten wir Es muss einen systematischen Wissenstransfer von den Mo-
flächendeckend Awareness-Teams in Kooperation oder nach dellschulen ins allgemeine Schulsystem geben. Wo möglich
dem Vorbild des Awareness-Konzepts im Viertel einsetzen, sollen Grund- und Oberschulen Verbünde auf einem gemein-
um übergriffiges Verhalten zu unterbinden und Betroffene vor samen Campus bilden. Das Institut zur Qualitätsentwicklung
Gewalt zu schützen. (IQHB) soll die Schulen auf dem Weg zu einem besseren
Unterricht unterstützen. Wir erwarten, dass es vermehrt auf
Ein großes Problem für Jugendliche und junge Menschen in Grundlage der Datenanalysen Fortbildungsangebote für
Bremen ist der Mangel an günstigem Wohnraum nach dem Schulen und Lehrkräfte unterbreitet.
Auszug aus dem Elternhaus oder ihren WGs. Hierzu bedarf es
dringend Unterstützungsstrukturen und gezielter ­Förderung Wir setzen uns dafür ein, verpflichtende Hausaufgaben, die
von bezahlbarem Wohnraum. Außerdem müssen Mitarbei- außerhalb der Zeit in der Schule zu erledigen sind, abzu-
ter*innen und Ehrenamtliche in der Offenen Jugendarbeit schaffen. Des Weiteren unterstützen wir Schulen dabei, über-
und bei den Jugendverbänden und Initiativen für diese kommene Instrumente wie Klassenarbeiten und Noten zu
46 Für eine solidarische und offene Gesellschaft

überwinden und durch moderne Methoden der Prüfung und Geldern und Stellen anhand der Sozialdaten der Quartiere
des Feedbacks zu ersetzen. Durch die Reform des Schulver- muss konsequent fortgesetzt werden:
waltungsgesetzes haben wir in der aktuellen Legislaturperio- • Die Doppelbesetzung mit einer zweiten Fachkraft muss auf
de die innerschulische Demokratie erheblich gestärkt. Das alle Schulen der Sozialstufen IV und V ausgeweitet werden.
Gesetz muss nun an den Schulen mit Leben gefüllt werden,
hierbei sind vom Land Unterstützungsangebote zu unterbrei- • Wir wollen Personal zukünftig wieder zentral den Schulen
ten. Wir wollen aber bei dem Erreichten nicht stehen bleiben. zuweisen, damit nicht die größten Personallücken bei den
schwächsten Schüler*innen bestehen.
Schüler*innen sollen noch intensiver in die Gestaltung des
Unterrichtes einbezogen werden. Zu diesem Zweck müssen • In den benachteiligten Stadtteilen wollen wir die Schulen
die Bildungspläne flexibler und moderner gestaltet werden. zuerst zu Ganztagsschulen ausbauen. Das Schulmittagessen
Wir möchten die Selbstverwaltung der Schulen stärken und im Ganztag muss für alle Schüler*innen kostenlos sein.
den demokratisch gewählten Schulgremien noch weitere Ent-
scheidungskompetenzen geben. • Die Sprach- und Matheförderung gehört an diesen
Grundschulen weiter ausgebaut, aber nicht auf Kosten so-
Schulen können aber bereits jetzt einiges selbst entscheiden genannter Nebenfächer, wie z. B. der ästhetischen Bildung.
und wir ermutigen Schulen, verstärkt von diesen Rechten
Gebrauch zu machen. Beispielsweise können Schulen den • Im aktuellen Haushalt haben wir die Sachmittel für die
Beginn ihrer Unterrichtszeit selbst gestalten. Die LINKE unter- Schulen der Sozialstufen IV und V erhöht, diese Erhöhung
stützt einen Schulbeginn um 9 Uhr für Jugendliche, da dies muss beibehalten und an regelmäßig steigende Preise und
nachweislich ihrem Schlafrhythmus besser entspricht. Das Honorare angepasst werden.
Raster eines Unterrichts in 45-Minuten-Einheiten ist nicht
mehr zeitgemäß und soll erheblich flexibler gestaltet werden. • Es sollen neue Quartiersbildungszentren (QBZ) gebaut
Wir unterstützen insbesondere Grundschulen, jahrgangs- werden, zuerst in Kattenturm, Blumenthal und Bremer­
übergreifendes Lernen einzuführen und eine offene Schul­ haven-Lehe. Diese Ortsteile bekommen eine*n Bildungs-
eingangsphase zu schaffen. manager*in für das Quartier, auch wenn das Gebäude
noch nicht fertig ist. Bestehende und neue QBZ werden
Digitales Lernen ist heute ein selbstverständlicher Teil des über eine institutionelle Förderung dauerhaft abgesichert.
Schulalltags. Das Land Bremen hat als erstes Bundesland
flächendeckend alle Schüler*innen und Lehrkräfte mit iPads • Wir setzen uns auch auf Bundesebene dafür ein, dass För-
ausgestattet, auch dies ist ein Erfolg der amtierenden Lan- dermittel anhand von Sozialkriterien an Bundesländer
desregierung. Dieses Programm muss nun ergänzt werden: verteilt werden und nicht nach dem Königsteiner Schlüssel,
Auch alle Sozialarbeiter*innen und Assistenzkräfte an Schu- der reiche Bundesländer belohnt und arme bestraft.
len müssen ein Tablet erhalten. Alle Klassenräume, für die
dies gewünscht ist, sollen ein Smartboard bekommen. Die Inklusion zum Erfolg verhelfen
Schulen müssen mit Servicestunden für IT-Kräfte ausgestat-
tet werden. Wie bei den Kosten für die Endgeräte erwarten Das Land Bremen entwickelt sein Schulsystem konsequent
wir auch hier, dass sich der Bund im Rahmen eines zweiten inklusiv weiter, fast alle Kinder lernen gemeinsam in einer
Digitalpakts Schule in erheblichem Maße an den Kosten be- inklusiven Schule. Unser Ziel ist, dass alle Kinder gemeinsam
teiligt. Wo die Bundesmittel nicht ausreichen, muss das Land lernen und unabhängig von ihrem Geschlecht, ihrer sozialen
Bremen einspringen. Der Zustand, dass Lehrkräfte IT-Geräte Herkunft, Migrationsgeschichte oder Behinderung bestmög-
administrieren, statt Unterricht zu gestalten, muss schnell be- lich gefördert werden. DIE LINKE versteht sich als Motor die-
endet werden. Den Anschluss aller Schulen an ausreichend ser Entwicklung hin zu einer Schule für Alle. Dafür benötigen
Bandbreite und die Ausstattung aller Räume mit WLAN soll die einzelnen Schulen aber erhebliche zusätzliche Unterstüt-
zeitnah abgeschlossen werden. Dazu gehört auch, den Schü- zung. Damit alle Einrichtungen sich zu einer Schule der Viel-
ler*innen die Fähigkeit zu vermitteln, sich kritisch mit den neu- falt mit moderner Lernkultur entwickeln und jedes Kind auf
en Möglichkeiten der digitalen Welt auseinanderzusetzen. seinem aktuellen Lernstand unterstützen können, wollen wir
folgende Schritte einleiten:
Schulen in benachteiligten Stadtteilen stärken,
Kindern eine echte Chance geben • Wir fordern temporäre Lerngruppen an allen Schulen der
Sozialstufen IV und V.
Unser Ziel ist es, allen Kindern gleiche Bildungschancen zu
ermöglichen. Deshalb müssen Kinder besonders unterstützt • Die Regionalen Beratungs- und Unterstützungszentren
werden, die aufgrund von Armut oder ihrer Migrationsge- (ReBUZ) sollen gestärkt werden. Bei steigenden Beratungs-
schichte bislang keinen fairen Zugang haben. Daher müssen fällen wird der Personalschlüssel automatisch angepasst.
vor allem die Schulen gestärkt werden, an denen besonders Außerdem werden die Bildungsangebote an allen ReBUZ
viele von der Gesellschaft benachteiligte Schüler*innen ler- im Rahmen einer eigenen Bildungsabteilung ausgebaut.
nen. Das Land Bremen hat schon erste Schritte in diese Rich- Auf dieser Grundlage können wir auch die Schule an der
tung unternommen, die Anzahl der Kinder pro Klasse in den Fritz-Gansberg-Straße zeitnah auflösen, da ein wohnort-
Quartieren mit hoher Armut abgesenkt und den Lehrkräften nahes Betreuungsangebot dann sichergestellt ist.
an diesen Schulen zusätzliche Arbeitszeit für Elternarbeit zur
Verfügung gestellt. Unter unserer Regierungsbeteiligung hat • Auch die drei verbleibenden Förderzentren wollen wir zu
Bremen angefangen, an Grundschulen in benachteiligten inklusiven Schulen weiterentwickeln, indem wir im Sinne
Stadtteilen die Doppelbesetzung mit einer zweiten Fachkraft einer „umgekehrten“ Inklusion auch Kinder ohne Förder-
im Unterricht einzuführen. Diese bewusste Umverteilung von bedarf an diesen aufnehmen.
Für eine solidarische und offene Gesellschaft 47

• Der Entwicklungsplan Inklusion 2.0 soll zeitnah beschlos- vent*innen an den Schulen als Vertretungskräfte benötigt.
sen und umgesetzt werden. Hierzu gehört auch, dass Diese wollen wir direkt bei der Stadt Bremen beschäftigen
die formale Statuierung von Kindern mit Förderbedarf und den Einsatz von Leiharbeit an Schulen über die Stadtteil-
aufgehoben wird und die Förderstunden auch den Ober- schule beenden.
schulen systemisch zugewiesen werden.
Den Ausbau der Ausbildungskapazitäten kann Bremen nicht
• Schulassistenzen sollen fest in einer Klasse arbeiten, allein stemmen, sondern nur in Absprache mit dem Bund und
statt nur für ein Kind zuständig zu sein. Falls das derzeit den anderen Bundesländern. Die Bundesländerkonkurrenz
laufende Pilotprojekt positiv evaluiert wird, wollen wir um Fachkräfte muss durch ein gemeinsames, solidarisches
diesen Systemwechsel schnell an allen Schulen in der Programm zur Fachkräftegewinnung ersetzt werden. Hierzu
Stadtgemeinde Bremen nachvollziehen. bedarf es eines Staatsvertrages zwischen dem Bund und den
Ländern, der mit einer stetigen Finanzhilfe des Bundes und
• Wir wollen den Ausbau der Schulsozialarbeit fortsetzen auf Grundlage realistischer Personalprognosen die Ausbil-
und statten alle Schulen im Land mit mindestens einer dungskapazitäten erhöht. Hierfür wollen wir uns im Bundes-
vollen Stelle aus. rat einsetzen.

• Multiprofessionelle Teams an den Schulen stärken wir Es bedarf aber auch kurzfristiger Lösungen, um dem schon
durch verbindliche Teamzeiten, die auf Arbeitszeit und heute eklatanten Fachkräftemangel zu begegnen. Beispiels-
Stundendeputat angerechnet werden. weise möchten wir vermehrt einen eng begleiteten Seiten-
einstieg in das Lehramt anbieten, der aber immer zu einem
• An den Grundschulen erhöhen wir die Zuweisung von vollwertigen Lehramtsabschluss führt. Auch die Anerkennung
Förderstunden anhand des in den letzten Jahren massiv ausländischer Lehramtsabschlüsse soll erleichtert werden.
gestiegenen Bedarfs. Außerdem muss es neben dem regulären Lehramtsstudium
weiterhin auch den Weiterbildungs-Master für Inklusive Päda-
• Im Sinne einer schnelleren Hilfe für die Kinder stärken wir gogik an der Universität Bremen geben.
die Zusammenarbeit zwischen den Ressorts für Bildung,
Gesundheit und Soziales durch feste Kooperationsstruktu- Wir erkennen an, dass insbesondere Lehrkräfte in den letzten
ren auf Arbeitsebene der Behörden. Jahren zunehmend neue Aufgaben übernehmen mussten,
sich ihre Arbeitszeit immer mehr verdichtet hat und eine
• Wir schaffen zusätzliche Angebote für herkunftssprach- permanente Überlastungssituation eingetreten ist. In den
lichen Unterricht und setzen uns dafür ein, dass die 1990er Jahren wurde zur Einsparung von Stellen das wö-
Herkunftssprache als eine Fremdsprache bei Abschluss- chentliche Stundendeputat erhöht, das aber heute mit den
prüfungen anerkannt wird. vielen zusätzlichen Aufgaben von Inklusion und Elternarbeit
nicht mehr zu leisten ist. Wir wollen eine grundsätzliche Neu-
• Wir wollen auch Geflüchtete weiterhin schnell in den berechnung der Arbeitszeit von Lehrkräften, die alle Tätig-
Schulalltag integrieren und zu diesem Ziel das bewährte keiten mit in den Blick nimmt. Die Entwicklung neuer Arbeits-
System der teilintegrativen Vorkurse ausbauen. Separierte zeitmodelle in Kooperation mit Personalvertretungen und
Willkommensklassen oder Willkommensschulen wollen wir Gewerkschaften muss im Laufe der nächsten Legislaturpe-
schnellstmöglich wieder schließen. riode erfolgen. Hierzu sind auch Modelle von Lebensarbeits-
zeitkonten mit in den Blick zu nehmen.
• Auf Bundesebene setzen wir uns dafür ein, Gebärdenspra-
che als Fremdsprache anzuerkennen. In einem ersten Schritt muss aber sofort die Arbeitsbelastung
von Lehrkräften reduziert werden, indem deutlich mehr Aufga-
Personalmangel bekämpfen ben für die Reduktion der Unterrichtsverpflichtung anerkannt
werden. Zu denken sind an vermehrte Elternarbeit an Schulen
Die größte Herausforderung für die Schulen ist der Fach- mit Sozialstufe IV oder V, Teamzeiten in den Inklusionsklassen
kräftemangel. Dieser betrifft alle Berufsgruppen: Lehrkräfte, oder auch die Übernahme von Klassenleitungen. Außerdem
Erzieher*innen, Sozialarbeiter*innen und persönliche As- wollen wir zusätzliches Personal in der Schulverwaltung ein-
sistenzen fehlen. Diesem Personalmangel kann mittelfristig stellen, um Lehrkräfte und Schulleitungen zu entlasten.
nur mit einer Ausbildungsoffensive abgeholfen werden. An
der Universität und im Referendariat müssen die Ausbil- Schulbau intensivieren
dungsplätze für das Lehramt ausgebaut werden. Hierbei
sind insbesondere die Mangelfächer zu berücksichtigen. Der Mit der Schulstandortplanung sowohl für die allgemeinbil-
Studieneinstieg in Inklusive Pädagogik muss deutlich erleich- denden als auch die beruflichen Schulen hat die Stadt Bre-
tert werden, z. B. durch eine Ausweitung der Fächerkombina- men zwei ambitionierte Ausbauprogramme geschaffen. Mit
tion oder vereinfachte Zulassung im Zweitfach. Es darf nicht diesen Programmen reagiert die Stadt auf die geburtenstar-
passieren, dass im Bereich Inklusive Pädagogik Studien- ken Jahrgänge, die bereits an die Schulen drängen. Trotzdem
plätze an der Universität Bremen unbesetzt bleiben. Auch befürchten wir, dass noch nicht genügend Plätze an den
die Studiengänge für Soziale Arbeit an den Hochschulen und Bremer Schulen geschaffen werden. Deswegen passen wir
die Fachschulen für Sozialpädagogik benötigen zusätzliche die Schulstandortplanung schnell an die aktuelle Geburten-
Kapazitäten. Es muss dabei den angehenden Erzieher*innen entwicklung an, um ausreichend Schulraum zu schaffen. Die
ermöglicht werden, auch Schulen als Ausbildungsstätten für Differenzierungs- und Fachräume an den einzelnen Schulen
Praxisphasen oder das Anerkennungsjahr zu wählen. Bis aus- werden dringend für den individualisierten Unterricht benö-
reichend Fachkräfte zur Verfügung stehen, werden weiterhin tigt und dürfen nicht in weitere Klassenräume umgewandelt
Studierende parallel zum Masterstudium oder Masterabsol- werden. Wir wollen zusätzliche Schulen gründen und bauen,
48 Für eine solidarische und offene Gesellschaft

statt die bestehenden bis an die Grenze der Belastbarkeit Fachkräften zu sichern. Nach jahrzehntelanger Unterfinan-
mit Klassen zu füllen. Moderne Lernorte für alle Kinder und zierung sind die beruflichen Schulen aber kaum noch in der
Jugendliche sowie zeitgemäße Arbeitsplätze für die Be- Lage, diese Aufgabe adäquat zu erfüllen. DIE LINKE fordert
schäftigten an Schulen sind das Ziel. deutlich mehr Investitionen in Bremens Berufsschulen von
mindestens 1.000 Euro zusätzlich pro Schüler*in pro Jahr, um
Für uns LINKE steht fest, dass Schulgebäude in öffentliche in Bremen gleichwertige Ausbildungsstandards wie in den
Hand gehören. Schulen in größerem Ausmaß anzumieten, anderen Stadtstaaten zu etablieren.
belastet mittelfristig den Bildungshaushalt unnötig und mas-
siv. Um öffentlichen Schulbau zu gewährleisten, reservieren Inzwischen liegt eine ambitionierte Schulstandortplanung
wir frühzeitig und ausreichend Platz für Schulbauten bei der vor, die einen Neubau oder die Sanierung aller Berufsschulen
Weiterentwicklung von Baugebieten. Wir wollen die Bauab- vorsieht. Geplant wird eine zeitgemäße Lernumgebung, die
teilungen in der Bildungsbehörde und bei Immobilien Bremen sowohl Veränderungen in der Arbeitswelt als auch in der
so ausstatten, dass sie die geplanten Bauvorhaben auch Pädagogik nachvollzieht und mit der Digitalisierung und
stemmen können. Wenn in Ausnahmefällen doch Schulbau- aktuelle Technik in den Werkstätten endlich flächende-
ten durch externe Partner realisiert werden, setzen wir auf Ko- ckend in den Schulen ankommt. Aufgabe in der kommenden
operationen mit GEWOBA oder BREBAU statt auf die private Legislaturperiode ist es nun, diese Planung auch umzusetzen.
Bauwirtschaft. Die vagen Zeit- und Finanzpläne sind schnell in eine konkrete
Bauplanung umzuwandeln und mit den entsprechenden
Politische Bildung fördern, Haushaltsmitteln zu hinterlegen.
Schulen diskriminierungsfrei gestalten
Zur Modernisierung der Berufsschulen gehört auch, dass die
Wir stärken die Schulen als Ort der politischen Bildung. Zu schulischen Ausbildungsgänge neu strukturiert werden. Dass
diesem Ziel werden wir die Bildungspläne überarbeiten und geflüchtete oder behinderte junge Erwachsene in separierten
konsequent Arbeit gegen Rassismus, Antisemitismus und Gruppen lernen, entspricht nicht mehr dem inklusiven Ver-
Diskriminierung aufgrund der geschlechtlichen Identität als ständnis unserer Stadt. Gemeinsamer Unterricht muss auch
Querschnittsaufgabe der Schule verankern. Neben der Er- an Berufsschulen das Leitbild werden. Für dieses Ziel müssen
innerung an den Nationalsozialismus werden wir auch die Er- die beruflichen Schulen nicht nur mit weiteren Lehrkräften,
innerung an die deutsche Kolonialherrschaft als wesentliches sondern auch mit mindestens einem*einer Sozialarbeiter*in
Thema im Curriculum verankern. pro Schule sowie weiteren pädagogischen Fachkräften aus-
gestattet werden.
Die Lehrkräfte sensibilisieren wir für Diskriminierung im Schul-
alltag. Über Fortbildungen geben wir ihnen das Handwerks- Um geflüchteten jungen Erwachsenen und Neuzugewander-
zeug an die Hand, um zum Schutz der Opfer intervenieren ten den Weg in die Ausbildung zu öffnen, muss das Recht auf
und die genannten Themengebiete im Unterricht aufgreifen Schulbesuch bis zur Altersgrenze 25 ausgeweitet werden.
zu können. Ein wichtiger Kooperationspartner hierzu sind Schüler*innen in den Berufsorientierungsklassen mit Sprach-
die Antidiskriminierungsstellen an den ReBUZ, die auf unsere erwerb müssen die Möglichkeit haben, die Klasse zu wie-
Initiative hin in der aktuellen Legislaturperiode aufgebaut derholen, wenn sie mehr Zeit zum Lernen brauchen. Nach
wurden. Wir unterstützen Netzwerke zwischen schulischen dem Abschluss muss es ausreichend qualifizierte Anschluss-
und außerschulischen Bildungsträgern, die sich um einen angebote geben.
­diskriminierungsfreien Schulalltag bemühen.

Zu diesen gehört auch das Projekt „Schule ohne Rassismus – Hochschule und
­Wissenschaft
Schule mit Courage“, das wichtige Impulse und Räume für
Auseinandersetzung mit Rassismus in die Schulen gibt. Es
entbindet die Schulen jedoch nicht von der Verantwortung,
sich tagtäglich mit diskriminierenden Strukturen innerhalb der Angesichts schwerer gesellschaftlicher und ökologischer
Schulgemeinschaft auseinanderzusetzen, diese zu reflektie- Krisen sind Hochschulen wichtiger denn je. Sie erforschen
ren und aktiv zu bekämpfen. Hierbei sind die Schulen selbst den Klimawandel und dessen Folgen, untersuchen soziale
gefragt. Die schulexternen Unterstützungsstrukturen wie die Ungleichheit und Armut sowie die Ursachen von innen- und
Antidiskriminierungsstellen, soliport oder die Landeszentrale außenpolitischen Konflikten und vieles mehr. Dabei stehen
für politische Bildung müssen weiter gestärkt werden. Die Grundlagenforschung und angewandte Wissenschaft
Landeszentrale für politische Bildung ist zu diesem Zweck mit gleichberechtigt nebeneinander. Die Hochschulen produzie-
zusätzlichen Personal- und Sachmitteln auszustatten. ren Wissen und vermitteln es in Gesellschaft und lokale Wirt-
schaft (Wissenstransfer). Sie bilden kritische Studierende und
Eine Kooperation von Schulen und Bundeswehr lehnen wir liefern dringend benötigte Fachkräfte in der Region (Fach-
weiterhin ab. Werbung für eine Karriere bei der Bundeswehr kräftemangel). So leisten die Hochschulen einen Beitrag zur
hat auf dem Schulhof nichts zu suchen. Jugendoffizier*in- Lösung der Krisen unserer Zeit.
nen sind keine neutralen Ansprechpartner*innen für politi-
sche Bildung. Aber nur finanziell gut ausgestattete Hochschulen können
diesen Beitrag tatsächlich leisten und ihrer gesellschaftlichen
Berufsschulen stärken Verantwortung gerecht werden. Wissenschaftsfreiheit und
gesellschaftliche Verantwortung ergänzen sich, weil eine
Moderne und gut ausgestattete Berufsschulen sind die Vo- nachhaltige Wissenschaftspolitik die Grundlage zukünftiger
raussetzung, um Jugendlichen einen guten Start in das Be- Lehre und Forschung bildet. Dafür müssen die Hochschulen
rufsleben zu ermöglichen und die regionale Versorgung mit eine nachhaltige Entwicklung garantieren, insbesondere aber
Für eine solidarische und offene Gesellschaft 49

die zentralen Anliegen der Klimagerechtigkeit, der sozial-öko- Unter den unsicheren Karrierewegen in der Wissenschaft
logischen Transformation und der Klimaneutralität fördern. leiden insbesondere junge Eltern – und hier zumeist die Müt-
Sie müssen gute Arbeitsverhältnisse mit langfristiger beruf- ter –, für die unsichere Berufsperspektive und Familienleben
licher Perspektive schaffen. Außerdem müssen sie den Hoch- nicht vereinbar sind. Wir wollen Förderrichtlinien und -zeiträu-
schulzugang sozial inklusiver gestalten. me konsequent so umgestalten, dass Betreuungs- und Pflege-
zeiten großzügig angerechnet werden können, und fordern
Die Hochschulen müssen sich an ihre gesetzlich verankerte dies auch von den Drittmittelgebern. Wenn diese hierzu nicht
Verpflichtung halten, ausschließlich zu friedlichen Zwecken bereit sind, schaffen wir einen Landesfonds, um Förderver-
zu lehren und zu forschen. DIE LINKE steht ohne Wenn und längerungen für Familienzeiten zu ermöglichen.
Aber hinter der Zivilklausel. Sie muss aber auch umgesetzt
werden. Deshalb erwarten wir von den Hochschulen, dass Lehraufträge haben das Ziel, das grundständige Lehran-
bestehende Kooperationen mit der Bundeswehr oder Rüs- gebot um Einblicke aus der Berufspraxis zu ergänzen. Vor
tungsbetrieben beendet werden. der Vergabe aller Lehraufträge ist aus Sicht der LINKEN zu
prüfen, ob sie diesem Ziel entsprechen. Wenn dies nicht der
Auch die Affenversuche an der Universität Bremen sind un- Fall ist, sollen sie nicht genehmigt werden und ist alternativ
verzüglich zu beenden, da das verursachte Leid der Tiere in die Ausschreibung einer zur Vertretung befristeten sozialver-
keinem Verhältnis zum Forschungsertrag steht. sicherungspflichtigen Stelle anzustreben. Wir lehnen Ketten-
lehraufträge über mehrere Semester ab. Die Vergütung muss
Ausfinanzierung der Hochschulen regelmäßig an die Gehaltsentwicklung der tariflich Beschäf-
tigten angepasst werden und zukünftig auch Vor- und Nach-
Aufgrund der erheblichen finanziellen Herausforderungen für bereitung der Lehrveranstaltungen beinhalten. Wir möchten
die Bewältigung der Corona-Pandemie ist es in der aktuellen eine Vertretung der Lehrbeauftragten durch die Personalräte
Legislaturperiode nicht gelungen, den Wissenschaftsplan an den Hochschulen und Wahlrecht für die Hochschulgre-
2025 aus dem Landeshaushalt vollständig auszufinanzieren. mien ermöglichen.
Eine finanzielle Gleichstellung der bremischen Hochschulen
mit den anderen Bundesländern hat deshalb nicht stattge- Wir unterstützen die studentischen Hilfskräfte, die für einen
funden. Es konnte zwar eine Anhebung der Grundetats der eigenen Tarifvertrag kämpfen, und erwarten, dass die Tarif-
Hochschulen erreicht werden. Gleichzeitig wurde jedoch der gemeinschaft der Länder endlich in entsprechende Verhand-
Investitionsstau beim Hochschulbau nicht aufgelöst und we- lungen eintritt.
sentliche Bau- und Sanierungsvorhaben wurden verschleppt.
Hochschulzugang
In den kommenden vier Jahren muss ein neuer Wissen-
schaftsplan vorgelegt werden. Mit diesem Plan müssen die Wir möchten den Zugang zu den Hochschulen erleichtern –
bremischen Hochschulen in der Grundfinanzierung min- gerade und gezielt vor allem für Kinder aus Familien, in
destens zum Bundesdurchschnitt aufschließen. Dieses Ziel denen die Eltern keine Akademiker*innen sind. Deswegen
ist verbindlich in die mittelfristige Finanzplanung des Landes werden wir den Zugang ohne Abitur entbürokratisieren.
Bremens aufzunehmen und darf nicht zur Disposition gestellt ­Zugangshürden wie einen Numerus clausus (NC) lehnen wir
werden. ab. Wo wir diesen nicht abschaffen können, setzen wir uns
für alternative Zulassungskriterien – wie beispielsweise eine
Gute Arbeitsbedingungen und sichere Karrierewege abgeschlossene Berufsausbildung – ein. Im NC-Verfahren
müssen Bewerber*innen, die über den zweiten Bildungsweg
DIE LINKE steht für gute Arbeitsbedingungen auch an den kommen, wieder bevorzugt werden.
Hochschulen. Nach der Promotion muss sich zeitnah eine
langfristige Berufsperspektive in der Wissenschaft anschlie- Eine Studienaufnahme ist aber nicht nur eine Frage des
ßen. Das Sonderbefristungsrecht der Hochschulen nach der Schulabschlusses, sondern auch der finanziellen Möglichkei-
Promotion lehnen wir ab und erstreben auf Bundesebene die ten. Wir verstetigen das Studienstartstipendium des Landes
Abschaffung des Wissenschaftszeitvertrages für die Postdoc- Bremen für Studienanfänger*innen aus Bedarfsgemein-
phase. schaften und öffnen es für weitere einkommensschwache
Sozialleistungsempfänger*innen.
Im Anschluss an eine Evaluation der Arbeitsverhältnisse an
den Bremer Hochschulen muss das Bremische Hochschul- Die Verwaltungsgebühren an den Bremer Hochschulen wur-
gesetz mit dem Ziel überarbeitet werden, dass eine unbe- den auf unsere Initiative bereits deutlich gesenkt, wir wollen
fristete Anstellung nach der Promotion die Regel wird. Mit sie komplett abschaffen.
der Novelle des Hochschulgesetzes muss auch die Lehrver-
pflichtungsverordnung fundamental überarbeitet werden, Auf Bundesebene kämpfen wir für eine echte BAföG-­Reform,
um Lehrende zu entlasten und zeitgemäße Lehrformate, wie in der es einen elternunabhängigen Vollzuschuss gibt, mit
beispielsweise Teamteaching, zu fördern. Drittmittel müssen dem man die steigenden Mieten in einer Großstadt wie
auch zur Finanzierung entfristeter Stellen eingesetzt werden ­Bremen finanzieren kann.
können. Zu diesem Zweck bilden wir für die Bremer Hoch-
schulen einen Überbrückungsfonds und setzen uns auf Bun- Auch für Geflüchtete muss die Studienaufnahme leichter
desebene dafür ein, dass die Förderrichtlinien entsprechend werden. Hierzu müssen ausländische Schulzeugnisse und Stu-
geändert werden. dienleistungen leichter anerkannt sowie zusätzliche Plätze in
Brücken- und Sprachkursen zur Studienaufnahme geschaffen
werden.
50 Für eine solidarische und offene Gesellschaft

Nachhaltige Entwicklung, Klimaneutralität einzurichtenden Studiengang Sport müssen schnellstmöglich


und Hochschulbau neue Sportanlagen hergerichtet werden. Wir setzen uns da-
für ein, dass der Approbationsmaster „Klinische Psychologie
DIE LINKE spricht sich mit Nachdruck für eine Umsetzung und Psychotherapie“ tatsächlich im Wintersemester 2024/25
der Handlungsempfehlungen aus, die im Abschlussbericht an den Start gehen kann.
der Enquetekommission „Klimaschutzstrategie für das Land
Bremen“ im Handlungsfeld „Klimabildung und Wissenschaft“ Wir sprechen uns dafür aus, dass Geschlechterforschung in den
formuliert worden sind. einzelnen Fachbereichen wieder gestärkt wird oder die Uni-
versität Bremen einen Studiengang Gender Studies aufbaut.
Ferner müssen nach unserer Auffassung die Hochschulen ihr
Klimaschutzmanagement zu einem umfassenden Nach- An der Hochschule Bremen werden die Gesundheitsberufe,
haltigkeitsmanagement weiterentwickeln, in dem sowohl insbesondere die Hebammenausbildung, gestärkt. Für Heb-
ökologische Rahmenbedingungen als auch soziale Aspekte ammen mit einer schulischen Berufsausbildung schaffen wir
ihre Berücksichtigung finden. Die Hochschulen müssen dafür eine deutlich erleichterte Möglichkeit, den Bachelorabschluss
eine verbindliche Nachhaltigkeitsstrategie entwickeln, in der über eine berufsbegleitende Fortbildung zu erlangen.
insbesondere konkrete Ziele, Maßnahmen, Verfahren und
Verantwortlichkeiten der Förderung von nachhaltiger Ent- Sowohl in Bremen als auch an der Hochschule Bremerhaven
wicklung, Klimagerechtigkeit und Klimaneutralität in den ge- benötigen wir zusätzliche Kapazitäten für den Studiengang
nannten Handlungsfeldern enthalten sind. Wir sehen gut aus- Soziale Arbeit.
gestattete Klimaschutzmanager*innen an den Hochschulen
dabei als eine Möglichkeit, diesen Prozess zu beschleunigen. Demokratische Mitbestimmung
Die Förderung von Biodiversität muss an allen Hochschulen
vorangebracht werden. Wo nicht bereits geschehen, müssen Die Hochschulen als Ort der demokratischen Mitbestimmung
Flächen entsiegelt und neue Grünflächen geschaffen werden. werden von uns gestärkt. In den Gremien der akademischen
Selbstverwaltung streben wir eine Viertelparität an und
Entsprechend der Solar-City-Strategie müssen auch die werden per juristischem Fachgutachten prüfen, wie sich diese
Hochschulen alle Dächer mit PV-Anlagen nachrüsten. Wo demokratische Erneuerung konsequent durchsetzen lässt. Die
das technisch nicht möglich ist, muss die Statik der Gebäude Studierendenvertretungen sollen über ein allgemeinpoliti-
nachträglich angepasst werden. DIE LINKE wird darauf ach- sches Mandat verfügen.
ten, dass bei allen Neubauten der Hochschulen dieses Prinzip
eingehalten wird. Teilumzug Uni Bremen

Der Hochschulbau muss einen Schwerpunkt im kommenden Wir sprechen uns für einen Teilumzug der Universität in die
Haushalt bilden. Die notwendigen energetischen Sanierun- Bremer Innenstadt aus. Hierbei sollten alle Gebäude- und
gen und der Ausbau von PV-Anlagen, um die Hochschulen Flächenoptionen geprüft werden, um eine für den Betrieb
klimaneutral zu gestalten, können aber nicht allein aus dem der Universität sinnvolle und langfristig finanzierbare Lösung
Wissenschaftshaushalt finanziert werden, sondern müssen zu finden. Dieser Teilumzug muss durch eine frühzeitige und
über Sonderprogramme gestemmt werden. intensive Einbeziehung der universitären Gremien gestaltet
werden.
Bei allen Neubauten und Sanierungen muss konsequent die
Barrierefreiheit der Gebäude erreicht werden. Wir setzen Neben einem Universitätsstandort wollen wir in der Innen-
uns auf Bundesebene dafür ein, dass der Hochschulbau stadt einen Gesundheitscampus etablieren, an dem Hoch-
wieder zu einer gemeinsamen Aufgabe des Bundes und der schulen, schulische Pflegeausbildung, Forschungseinrichtun-
Länder wird. gen und Gesundheitswirtschaft zusammenfinden.

Studierendenwerk Keine Subventionierung der ehemaligen


„Jacobs“-Privatuni
Das Studierendenwerk muss deutlich besser vom Land ge-
fördert werden. Aktuell gerade auch, um steigende Essens- Wir haben uns immer dafür starkgemacht, die öffentlichen
preise in der Mensa oder höhere Mieten in den Wohnheimen Gelder den Hochschulen und der Uni und gerade nicht der
zu verhindern. Dauerhaft, um ausreichend Wohnheimplätze privaten Jacobs University in Bremen-Grohn zu geben. In der
zu bauen, die Mensen klimaneutral umzugestalten und das auslaufenden Legislaturperiode wurde die Millionenförde-
Essensangebot so zu reformieren, dass vegetarische und ve- rung auch auf unseren Druck hin endlich komplett beendet
gane Speisen noch stärker im Mittelpunkt stehen. Wir wollen und die Einrichtung erarbeitet nun ein grundlegend anderes
1.000 zusätzliche Wohnheimplätze schaffen, die preisge- Geschäftsmodell. Wir LINKE halten daran fest, dass die sich
dämpft sind und so indirekt auch den allgemeinen Mietmarkt aus hohen Studiengebühren finanzierende Privathochschule
entlasten. keine weiteren Steuermittel erhalten darf.

Ausbau Lehrangebot
Senior*innen
Das Lehrangebot an den Hochschulen bauen wir gezielt aus.
An der Universität schaffen wir zusätzliche Studienplätze im In Bremen ist fast ein Drittel der Bevölkerung 60 Jahre oder
Bereich des Lehramtes, insbesondere für die Inklusive Päda- älter. Diese annähernd 200.000 Menschen leben in sehr
gogik. In Bremen gibt es bisher keinen Lehramtsstudiengang unterschiedlichen Lebenslagen und übernehmen wichtige
für Philosophie. Diesen wollen wir einrichten. Für den neu Funktionen im Erwerbsleben und Ehrenamt, in der Familien-
Für eine solidarische und offene Gesellschaft 51

arbeit und dem gesellschaftlichen Zusammenhang. Damit sie ist groß: gerade für Frauen, denen die Erziehung von Kindern
das können, müssen ihre Bedarfe – bei aller Unterschiedlich- oder Pflege von Angehörigen als Lücke im Lebenslauf zum
keit – stärker und konsequenter in allen Politikbereichen mit- Nachteil ausgelegt wird. Der Anteil von Menschen, die auf
gedacht werden. Vieles, was für Senior*innen wichtig ist, ist Grundsicherungsleistungen im Alter angewiesen sind, steigt,
für alle gut, aber für Senior*innen besonders dringlich. obwohl die meisten jahrzehntelang in die Rente eingezahlt
haben.
Es ist wichtig, die Lebensqualität und die gesellschaftliche
und politische Teilhabe von Menschen im Alter zu sichern Um die notwendige finanzielle Absicherung zu schaffen und
und zu stärken. Das fängt mit sehr unmittelbaren Voraus- Lebensstandards aufrechtzuerhalten, fordert DIE LINKE auf
setzungen an: Wege zu Einrichtungen, Verkaufsstellen und Bundesebene eine Mindestrente von 1.200 Euro sowie eine
wichtigen Bereichen der Versorgung müssen kurz sein und Rückkehr der Rentenniveaus auf 53 Prozent. Eine Teilprivatisie-
barrierefrei zugänglich gemacht werden. Hierzu gehört rung des Rentensystems über eine Aktienrente lehnen wir ab.
auch das Schließen von Mobilitätslücken durch einen aus-
gebauten Personennahverkehr. Für Senior*innen sind auch Den sozialen Zusammenhalt fördern
Maßnahmen der Klimaanpassung, wie sonnengeschützte
Plätze, Bänke und Trinkbrunnen, besonders wichtig. Für die Unterstützung des sozialen Zusammenhalts will
DIE LINKE generationsübergreifende Wohnformen und
Teilhabe für Senior*innen fördern Quartiere fördern. Zum Beispiel Mehrgenerationshäuser als
Begegnungsstätten für Jung und Alt. Einsamkeit und soziale
Selbstbestimmung und Teilhabe bedeuten aber auch, Zu- Isolation waren schon vor der Corona-Pandemie ein Problem
gang zu modernen Kommunikationsformen auf individueller im Alter und wurden durch diese lediglich noch verstärkt.
und gesellschaftlicher Ebene zu fördern und Berührungs- Um dem entgegenzuwirken, braucht es niedrigschwellige
ängste mit Technik abzubauen. Damit Digitalisierung als fort- Angebote, die ein Miteinander fördern. Dazu gehört die Ver-
schreitender Prozess sinnvoll fortgeführt werden kann, ist es stetigung von kulturellen und kreativen Treffs sowie Angebote
wichtig, niemanden zurückzulassen. Aus diesem Grund wol- im sportlichen Bereich. Auch ehrenamtliche und nachbar-
len wir die digitale Kompetenz älterer Menschen praxisnah schaftliche Hilfen, um Senior*innen weiter in die Angebote in
und vor Ort fördern, ohne analoge Zugänge zu Systemen ihrem Quartier einzubinden, müssen gestärkt und finanziell
und Institutionen einzuschränken. Digitalisierung darf nicht unterstützt werden. Sie sollen an die kommunalen Gesund-
bedeuten, Generationen abzuhängen. Das Nebeneinander heits- und Sorgezentren angebunden werden.
der technischen Nutzungsgewohnheiten erfordert, dass alle
die Möglichkeit bekommen, Dienstleistungen der Verwaltung Immer mehr Menschen leben allein. Einsamkeit im Alter ist
anderweitig – sei es persönlich oder telefonisch – ohne Ein- ein zunehmendes gesellschaftliches Problem. Um dem ent-
schränkung wahrnehmen zu können. gegenzuwirken, wollen wir ein breites Angebot an sozialer In-
frastruktur sicherstellen, das Gesundheits- und Sorgezentren,
In immer mehr Bundesländern wird das Seniorenmitwir- Stadtteilzentren, Beratungsstellen, Senior*innenbegegnungs-
kungsgesetz verankert, auch Bremen muss hier nachziehen! stätten und Mobilitätsdienste niedrigschwellig und wohnort-
DIE LINKE unterstützt die Rolle der Landesseniorenvertretung, nah verbindet.
um die Interessen von Senior*innen besser vertreten zu

Inklusion und
können. Wir wollen mehr Menschen für das ehrenamtliche
Engagement in der Seniorenvertretung motivieren.

Strukturen des Erwerbslebens an die ­Behindertenpolitik


alternde Gesellschaft anpassen
Echte Teilhabe für Alle bedeutet für uns, dass auch Menschen
Die Rente erst ab 67 ist für viele Berufe weit von der gesell- mit Behinderungen eine selbstständige Lebensführung in
schaftlichen Realität entfernt. Eine altersgerechte Gestaltung einer barrierefreien Stadt realisieren können. Dafür muss
der Erwerbsarbeit erfordert bessere Arbeitsbedingungen, der Landesaktionsplan zur Umsetzung der UN-Behinderten-
die Möglichkeit, auf andere Tätigkeiten und Anforderungs- rechtskonvention konsequent zusammen mit den Betroffenen
profile zu wechseln, Angebote zur Weiterbildung auch für weiterentwickelt und vom Land ausfinanziert werden.
­Menschen jenseits der 50.
Barrierefreiheit ist dabei für uns ein Querschnittsthema, das
Gleichzeitig darf es keinen Zwang geben, immer länger sowohl im Wohnungsbau, in der Bildung, im Verkehr als auch
Erwerbsarbeit zu leisten, um sich das Leben jenseits der Er- beim Gang zu Behörden zügiger als bislang erreicht werden
werbsarbeit leisten zu können. Wir setzen uns auf Bundes- soll. Alle öffentlichen Stellen müssen dafür verstärkt zu Infor-
ebene für die Rente mit 65 ein, für bessere Möglichkeiten der mationen in Leichter Sprache und barrierefreien Webseiten
Altersteilzeit und für ein auskömmliches Rentenniveau, um verpflichtet werden.
den Übergang möglichst selbstbestimmt gestalten und ent-
scheiden zu können. Die Behindertenvertretungen und -selbstorganisationen
ebenso wie das Behindertenparlament wollen wir stärker
Lebensleistung honorieren, Altersarmut bekämpfen fördern und ihre Anliegen im politischen Prozess abbilden.

Armut im Alter ist nach wie vor eine große Sorge vieler Ein zentrales Problem ist nach wie vor der exklusive Arbeits-
Menschen. Die durchschnittliche gesetzliche Altersrente im markt: Viele Menschen mit Behinderungen arbeiten in den
Rentenbestand in Bremen betrug im Jahr 2021 für Männer Werkstätten weit unterhalb des Mindestlohns, und zwar auch
1.240 Euro und für Frauen 782 Euro. Der Handlungsbedarf dann, wenn sie wichtige Produkte für große Firmen herstellen.
52 Für eine solidarische und offene Gesellschaft

Das wollen wir ändern: Der Mindestlohn muss auch in den ror ermöglichen, aufzulösen. Dazu gehört auch, rassistische
Werkstätten für behinderte Menschen gelten. Kontinuitäten staatlicher Institutionen zu beleuchten, zu dis-
kutieren und zu beenden.
Wir wollen bestehende Anlaufstellen finanziell absichern, die
Menschen mit Behinderungen bei der Integration in würdige Von Diskriminierung Betroffene brauchen rechtliche Bera­
Arbeitsverhältnisse unterstützen. tung, wo gesetzliche Grenzen überschritten werden: bei
Diskriminierung am Arbeitsplatz, bei der Ausbildungs- oder
Die Prozesse zur Feststellung des Schwerbehindertengrades Wohnungssuche, am Club-Eingang oder in der Schule. Das
beim Amt für Versorgung und Integration müssen verschlankt Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ist eine gute Grund-
und beschleunigt werden. Es darf nicht sein, dass Menschen, lage – es muss aber bekannter und gelebte Realität werden.
die schon eine festgestellte Schwerbehinderung haben, teil- Deshalb haben wir uns in der vergangenen Legislaturperiode
weise Monate auf die Fortschreibung ihres Status warten erfolgreich dafür eingesetzt, eine Landesantidiskriminie-
müssen. rungsstelle zu schaffen.

Für Menschen, die sich in einer psychiatrischen Behandlung Dass es einen hohen Bedarf gibt, etwas zu ändern, hat im
befunden haben, muss schon während des Aufenthaltes in Bereich Wohnen der BREBAU-Skandal gezeigt. Der soziale
der Klinik eine verzahnte Anschlussbetreuung eingerichtet Wohnungsbau sollte gesellschaftliche Nachteile ausgleichen,
und abgesichert werden. anstatt diese noch zu verstärken. Es braucht daher trans-
parente und diskriminierungssensible Wohnungsvergabe-
In Schulen und Kitas sollen Kinder mit Beeinträchtigungen standards für öffentliche Wohnungsgesellschaften.
von gut ausgebildeten und entsprechend bezahlten Assis-
tenzkräften begleitet werden. Die Absenkung von Standards In den Schulen arbeiten viele hoch engagierte Lehrkräfte.
in diesen Bereichen lehnen wir ab und wollen stattdessen be- Doch in seiner aktuellen Form ermöglicht das Bildungssystem
zahlte Ausbildungsangebote zur Erlangung von anerkannten nicht allen Kindern die gleichen Chancen. Herkunft spielt eine
Abschlüssen erreichen. Rolle und wirkt sich (nachteilig) aus. Auch kommt es vor, dass
einzelne Lehrer*innen (unbewusst) rassistische Vorurteile
Inklusion darf nicht mit dem Abschluss der zehnten Klasse wiedergeben. Die Schaffung von Antidiskriminierungsstellen
enden. Auch das bestehende duale Ausbildungssystem muss an den Regionalen Beratungszentren für Schüler*innen,
inklusiv gestaltet werden. Darum fordern wir die A­ bschaffung Lehrkräfte und Eltern sind eine LINKE Errungenschaft, die
der exklusiven Werkstufe und die Eingliederung aller Schü- dem begegnet. Wir wollen, dass für Lehrkräfte mehr Fort-
ler*innen in den regulären, dann inklusiven Berufsschulbetrieb. bildungsmöglichkeiten zur Sensibilisierung für Diskriminie-
rung und Rassismus angeboten werden. Ähnlich ist es bei
Wir wollen ein Schwerhörigengeld nach dem Vorbild anderer den Sicherheitsbehörden: Viele Polizist*innen arbeiten sehr
Bundesländer einführen. engagiert, couragiert und deeskalativ. Dennoch sind nicht-
weiße Bremer*innen von rassistischer Polizeigewalt betroffen

Partizipation und
und werden überdurchschnittlich oft von Polizist*innen kon-
trolliert. Der Feuerwehrskandal hat gezeigt, dass auch die

­Antirassismus
internen Strukturen bremischer Sicherheitsinfrastruktur nicht
frei von Diskriminierung und Mobbing sind. Wir haben uns
deshalb in der vergangenen Legislaturperiode für eine un-
Rassismus bekämpfen – abhängige Polizei- und Feuerwehrbeauftragte eingesetzt.
Antidiskriminierungsstrukturen stärken Dieses Angebot muss durch Öffentlichkeitsarbeit bekannter
werden. Racial Profiling ist nicht hinnehmbar, daher wollen wir
Wir, DIE LINKE, stehen für unsere plurale Gesellschaft ein. die polizeilichen Gefahrengebiete abschaffen, in denen ver-
Niemand darf aufgrund (zugeschriebener) Herkunft diskrimi- dachtsunabhängig kontrolliert wird. Die in der vergangenen
niert werden. Doch Rassismus und rassistische Ausgrenzung Legislaturperiode eingeführten Quittungen bei Polizeikont-
durchziehen die Gesellschaft auf allen Ebenen. Für Betrof- rollen sollen breiter bekannt werden. Ähnliche Angebote wie
fene von Rassismus bedeutet das, Grenzüberschreitungen, die Antidiskriminierungsstellen für Schulen braucht es auch im
abwertende Kommentare bis hin zu körperlicher Gewalt zu Gesundheitswesen.
erleben und mit Ausschlüssen, z. B. auf dem Wohnungs- oder
Arbeitsmarkt, konfrontiert zu sein. Akzeptanz und Anerken- Gute Zukunft und gute Arbeitsbedingungen
nung sind für rassifizierte Menschen schwerer erreichbar als unabhängig von der Herkunft
für weiß positionierte Menschen. Die rechten und rassisti-
schen Terroranschläge seit der Selbstenttarnung des NSU, Eine solidarische Gesellschaft muss allen Menschen Zukunfts-
von München 2016 über Halle 2019 und Hanau 2020 bis hin perspektiven bieten – unabhängig von Herkunft und Ein-
zu den Brandanschlägen in Bremen und im Bremer Umland kommen. Der Armuts- und Reichtumsbericht des Senats hat
in jüngster Zeit zeigen auf schreckliche Art und Weise, wie gezeigt, dass Kinder mit Migrationshintergrund seltener und
tödlich Rassismus ist. Gleichzeitig wird deutlich, wie blind viele später in die Kita gehen – z. B. aufgrund fehlender Kita-Plätze
Behörden für rechte Strukturen sind. Nicht selten existieren in migrantisch geprägten Stadtteilen. Da ein früher Kita-Be-
sogar Verbindungen zwischen rechtsradikalen Milieus und Si- such die späteren Bildungserfolge steigert, ist ein sozial ge-
cherheitsbehörden. Die Aufklärung der meisten rassistischen rechter Krippen- und Kita-Ausbau dringend und ­unerlässlich.
Taten wird verschleppt oder behindert. Wir stehen an der Sei-
te von Betroffenen von Rassismus, setzen uns für eine Politik Das Bildungssystem geht noch nicht ausreichend auf die Be-
ein, die zuhört und auf Forderungen von Betroffenen eingeht. darfe migrantischer Kinder ein. Die Quote der Jugendlichen
Es gilt, die Bedingungen, die rechte Gewalt und rechten Ter- mit Migrationshinweis, die die Schule ohne Abschluss oder
Für eine solidarische und offene Gesellschaft 53

mit Berufsbildungsreife verlassen, ist rund ein Drittel höher hier dauerhaft lebt, ist Teil der Gesellschaft. Wer von den hier
als im Gesamtdurchschnitt; bei den Abiturient*innen liegt sie geltenden Gesetzen betroffen ist, sollte die Gesetzgebung
ein Drittel unter dem Gesamtdurchschnitt. Diese Selektivität mitbestimmen dürfen. Wir wollen eine gleichberechtigte
wollen wir aufheben. Aus unserer Sicht ist Mehrsprachigkeit politische Teilhabe: Wer fünf Jahre hier lebt, soll das unein-
als Kompetenz mehr in die pädagogische Arbeit einzubinden. geschränkte Wahlrecht erhalten.

Wir wollen mehr Erzieher*innen und Lehrkräfte mit Migra- Politische Teilhabe bedeutet aber nicht nur, wählen zu
tionserfahrung. Sie können eine Vorbildfunktion einnehmen. können: Menschen sollen für sich selbst sprechen. Deshalb
Die Institutionen frühkindlicher und schulischer Bildung brau- werden wir migrantische Selbstorganisierung und politische
chen eine Personalausstattung, die migrationsspezifische Artikulation stärken. DIE LINKE strebt an, dass Menschen mit
Anforderungen in der Pädagogik, Bildung, Eltern- und Netz- Migrationsgeschichte in allen Organisationen und Institutio-
werkarbeit berücksichtigt. Die Schaffung von Sozialpäda- nen wie dem öffentlichen Dienst, den Parlamenten, Gewerk-
gog*innenstellen in Kitas und Schulsozialarbeit ist ein guter schaften, Parteien oder Vereinen auch in Leitungsfunktionen
Ansatz, der ausgeweitet werden muss. Kita-Anmeldungen entsprechend ihrem Bevölkerungsanteil vertreten sind.
müssen auch in anderen Sprachen als Deutsch möglich sein.
Außerdem wollen wir in einem Landesantidiskriminierungs-
Bei der Ausbildungsplatzsuche werden junge Menschen mit und Partizipationsgesetz Beteiligungsrechte migrantischer
Namen, die auf einen Migrationshintergrund verweisen, bei Selbstorganisationen wie des Bremer Rats für Integration
gleicher Qualifikation regelmäßig benachteiligt. Um dieser festschreiben. Mit dem Landesantidiskriminierungs- und
Diskriminierung entgegenzuwirken, setzen wir uns für die Partizipationsgesetz sollen Lücken im Diskriminierungsschutz
Ausweitung von anonymisierten Bewerbungsverfahren bei im Bereich Wohnen geschlossen und auf Landesebene ein
öffentlichen und privaten Arbeitgeber*innen ein. Mit der zu Verbandsklagerecht eingeführt werden. Außerdem soll durch
begrüßenden Ausbildungsduldung werden Geflüchtete ver- das Partizipationsgesetz die Mehrsprachigkeit und Einfache
letzbarer für Ausbeutung. Viele beginnen eine Ausbildung in Sprache in der Verwaltung ausgebaut sowie die Inanspruch-
Bereichen, die sie nicht interessieren oder in denen sie erhöh- nahme von Dolmetscher*innendiensten geregelt werden.
ter Diskriminierung und unzulässiger Arbeitsbelastung ausge-

Drogenpolitik
setzt sind. Aus Angst vor Abschiebung entscheiden sich viele,
solche Situationen auszuhalten, anstatt sich für ihre Rechte
als Arbeitnehmer*innen einzusetzen. Um dies zu vermeiden,
braucht es u. a. mehr Zeit und Angebote für Studien- und Be- Die Verbotspolitik und Kriminalisierung im Bereich des Can-
rufsorientierung. nabisbesitzes und -konsums ist gescheitert. Wir treten für
die vom Bund versprochene – aber bislang noch nicht umge-
Bremer*innen ohne deutschen Pass sind mehr als doppelt setzte – weitere Legalisierung und kontrollierte Abgabe von
so häufig von Armut betroffen. Sie werden oft in schlechten Cannabisprodukten unter Einhaltung hoher Jugendschutz-
Arbeitsverhältnissen beschäftigt oder ausgebeutet. Wir standards ein. Wir begrüßen die in Bremen erhöhten Grenz-
wollen ausbeuterische Strukturen auf dem Arbeitsmarkt werte, bis zu denen der Besitz von Cannabis als geringfügige
durch die Stärkung der bestehenden Beratungsstellen sowie Menge gilt und etwaige Strafverfolgung nicht eingeleitet
Arbeitgeberkontrollen unterbinden. EU-Bürger*innen und oder eingestellt wird. Je nach Ausgestaltung des Bundes-
Drittstaatsangehörige, die Opfer von Arbeitsausbeutung ge- gesetzes wollen wir für das Bundesland Bremen eine weitere
worden sind, sollen hier Schutz durch das humanitäre Bleibe- Entkriminalisierung erreichen. Unter anderem wollen wir die
recht erhalten. Praxis beenden, dass jedweder Besitz von Cannabis an die
Führerscheinstelle gemeldet wird. Auch die kontraproduktive
Die Biografien, die Bildungshintergründe und der soziale und ressourcenbindende „Nulltoleranzstrategie“ in der JVA,
Status der migrantischen Bremer*innen sind sehr unter- die selbst bei 0,1 Gramm Cannabis zwingend zu Ermittlungs-
schiedlich. Für viele ist Migration aber mit einem Statusver- verfahren führt, wollen wir beenden und durch höhere Grenz-
lust verbunden: Abschlüsse werden nicht anerkannt, erlernte werte ersetzen.
Berufe können nicht ausgeübt werden. Wir wollen eine ver-
mehrte Anerkennung ausländischer Abschlüsse durch die Konsument*innen sollen nicht wie Verbrecher*innen behan-
zuständigen Behörden, in Zusammenarbeit mit der Handels-, delt werden. Deshalb wollen wir die gängige Praxis, wonach
der Handwerkskammer und weiteren Berufsverbänden, errei- die Justiz Verfahren beim Besitz von beispielsweise Ecstasy
chen. Gute Arbeit ist die beste Prävention gegen Kinder- und in kleinen Mengen für den reinen Eigenverbrauch einstellt
Altersarmut und ein wichtiger Baustein gesellschaftlicher (geringe Menge), offiziell in einer Richtlinie festhalten. Eine
Teilhabe. Gleichzeitig muss die Sprachbildung erwachsener solche Richtlinie haben wir auch schon für den Besitz von
Migrant*innen ausgebaut werden: Derzeit müssen viele Cannabis beschlossen und damit zur Entkriminalisierung bei-
Migrant*innen unter Zeitdruck Sprachkurse absolvieren. Wir getragen.
fordern, dass Jobcenter und Sprachschulen besser zusam-
menarbeiten, um bedarfsgerechte Kurse anzubieten. Eine Drogenpolitik, die auf die Verbesserung der Lebenssitu-
ation von Menschen aus ist, begegnet Sucht nicht mit Repres-
Wahlrecht und politische Teilhabe sion und Verdrängung, sondern ermöglicht Menschen den
Zugang zu sozialen und gesundheitlichen Hilfestellungen
Von den 670.000 Bremer*innen haben rund 200.000 einen und beginnt früh mit Aufklärung sowie Prävention. Insbeson-
Migrationshintergrund. Über 100.000 von ihnen haben keine dere zur Verbesserung der eskalierenden Verhältnisse am
deutsche Staatsbürger*innenschaft. Sie dürfen Bürgerschaft Bremer Hauptbahnhof fordern wir einen integrierten, tolerie-
und Bundestag nicht wählen, obwohl sie im Durchschnitt renden, aufsuchenden und unterstützenden Ansatz, der den
bereits seit 15 Jahren hier leben. Das wollen wir ändern: Wer Aufbau von Konsum- und Ruheräumen sowie ausreichende
54 Für eine solidarische und offene Gesellschaft

Kapazitäten zum kurzfristigen Entzug und betreutem Woh-


nen vorsieht. Dabei sollen die Angebote möglichst dezentral
aufgebaut werden, um den Konsument*innen eine räumliche
Trennung zur Szene zu ermöglichen. Vervollständigt wird das
Ganze durch eine engmaschige Begleitung durch qualifizier-
te Sozialarbeiter*innen. Dies, flankiert von einer kontrollierten
Abgabe (siehe unten, Diamorphinambulanz), kann zu einer
erheblichen Entspannung am Hauptbahnhof und zur Verbes-
serung der gesundheitlichen Situation von Konsumierenden
beitragen.

Wo gesundheitspolitisch sinnvoll und möglich, sollen Subs-


titutionsprogramme ausgebaut werden. Bestehende Me-
thadonprogramme sollen bedarfsgerecht und mehrsprachig
erhalten und durch den Aufbau einer Diamorphinambulanz
ergänzt werden. Dies kann ein zusätzlicher Baustein sein, um
dem in Bremen zunehmenden Crackkonsum zu begegnen,
der häufig als Beikonsum zum Methadonsubstitut zur Gene-
rierung eines „Kicks“ und zur Aktivierung genutzt wird.

Wir wollen auch in Bremen ein Angebot für „Drug-Checking“


schaffen, um Konsumrisiken beispielsweise durch verunreinig-
te Stoffe zu reduzieren.

Insbesondere rund um den Bahnhof hat in der jüngeren Ver-


gangenheit die Problematik des Konsums von Crack stark zu-
genommen. Hierfür braucht es eine neue Strategie, weil diese
Konsument*innen von bestehenden Angeboten der Drogen-
hilfe schwieriger erreicht werden können. Wir wollen Modell-
projekte zur kontrollierten Abgabe von Crack entwickeln, wie
sie auch in anderen Kommunen diskutiert werden.

Außerdem braucht es Toleranzflächen und feste Ausruh- und


Konsumräume, wo sich die Drogenkonsument*innen auf-
halten können. Auch der bereits geschaffene mobile Drogen-
konsumraum in der Friedrich-Rauers-Straße ist hierfür wichtig.
Die Verdrängungspolitik am Bahnhof ohne gleichzeitige
Schaffung von Ausweichflächen führt nur zu einer Verlage-
rung der Szene und dazu, dass sie für die bestehenden Hilfs-
angebote und –strukturen schwerer erreichbar sind. Deshalb
setzen wir auf einen ganzheitlicheren Ansatz, der nicht dem
Motto folgt: „Aus den Augen aus dem Sinn.“ Die wichtige
Arbeit der Drogenhilfe muss weiter ausgebaut werden, insbe-
sondere auch zur fremdsprachlichen Ansprache. Die Substitu-
tionsangebote müssen bedarfsgerecht ausgebaut werden.

Wir wollen für Schwerstabhängige eine Reinstoffvergabe in


Form einer Diamorphinambulanz einrichten.
55

GLOBAL DENKEN,
VOR ORT HANDELN

Flucht und Zuwanderung


politisches Asyl für Whistleblower*innen ein. Betroffenen von
Zwangsprostitution, rechter Gewalt und Arbeitsausbeutung
wollen wir durch das humanitäre Bleiberecht ermöglichen,
Migration gehört in unsere Welt – sich aus Gewalt- und Abhängigkeitsverhältnissen zu lösen.
gute Ankommensstrukturen sind notwendig
Ankunftsinfrastrukturen schaffen –
DIE LINKE steht für ein solidarisches Bremen, das als siche- Wohn- und Unterbringungslandschaft neu gestalten
rer Hafen die gleiche Teilhabe aller hier lebenden Menschen
garantiert. An der Seite von Geflüchteten sowie antirassisti- Die Unterbringung Geflüchteter bleibt zukünftig eine
schen und zivilgesellschaftlichen Akteur*innen und Bewegun- Daueraufgabe. Sie ist Ausgangspunkt des Ankommens. Be-
gen stehen wir weiter für die Vision einer Welt ohne Grenzen, stehende Massenunterkünfte erfüllen das Recht auf Wohnen
für gute Lebensbedingungen und Perspektiven für geflüchte- aber nicht in angemessener Weise: Sie erzeugen Isolation,
te und migrierte Personen in Bremen und Bremerhaven. Denn verhindern Rechtsschutz und funktionieren als Abschiebe-
weltweit sind angesichts von Kriegen, Klimawandel, ökologi- lager. In Bremen wurde eine Struktur verfestigt, die immer
schen Katastrophen und wirtschaftlicher Not mehr Menschen wieder Notunterkünfte und teure Anmietungen nötig macht.
auf der Suche nach einer neuen, sicheren Perspektive als je Ankommende werden lange Zeit in Massenunterkünften
zuvor. Flucht vor Verfolgung aufgrund der ethnischen oder zentralisiert. Ziel einer LINKEN Unterbringungspolitik ist im
religiösen Zugehörigkeit, der politischen Überzeugung, des Gegensatz dazu, die Bereitstellung einer kleinteiligen, de-
Geschlechts und der sexuellen Orientierung, wegen Krieg zentralen Wohn- und Unterbringungslandschaft als Element
oder wegen existenzieller Not ist ein Menschenrecht. umfassender sozialer Wohnungspolitik.

Anstatt diese Menschen in ihrem Recht auf ein sicheres Leben Oberstes Ziel ist es, auf individuelle Bedarfe Geflüchteter ein-
zu unterstützen, schottet sich Europa ab, sortiert Geflüchtete zugehen und Selbstbestimmung zu fördern sowie der frühzei-
nach ökonomischer Nützlichkeit. DIE LINKE lehnt diese töd- tige Übergang in eigenen Wohnraum für alle Geflüchtete,
liche Migrationspolitik, die durch Kooperation mit Warlords unabhängig vom Aufenthaltsstatus. Darum braucht es mehr
und Folterregimen aufrechterhalten wird, ab. Die Aufnahme bezahlbaren Wohnraum in allen Stadtteilen und die engere
von ukrainischen Geflüchteten hat gezeigt: Es geht besser. Zusammenarbeit von Behörden, städtischen und privaten
Durch den Abbau von Bürokratie und die schnelle Ausstel- Wohnungsbaugesellschaften, den Wohlfahrtsträgern und
lung von Aufenthaltserlaubnissen konnten lange Zeiten der zivilgesellschaftlichen Initiativen. Kooperationsvereinbarun-
Ungewissheit vermieden werden. Dies sollten zukünftige Min- gen mit Wohnungsbaugesellschaften wie der GEWOBA sind
deststandards für die Aufnahme aller Fliehenden sein. ein auszubauendes Mittel, um rassistische Benachteiligungen
auszugleichen und ein Kontingent an Wohnungen zu sichern.
Wir stehen für bessere und legale Fluchtwege. In Bremen Es braucht mehr Gewährleistungswohnungen für Geflüchtete
wollen wir ein Landesaufnahmeprogramm für afghanische und andere wohnungslose Personen. Bestehende Beratungs-
Ortskräfte, zivilgesellschaftlich Engagierte und Familienange- und Vermittlungsangebote für Wohnraum müssen besser
hörige von Bremer*innen. Viele Afghan*innen sind nach dem ausgestattet werden.
Rückzug u. a. Deutschlands der Gewalt der Taliban ausge-
liefert und in akuter Lebensgefahr. Von der Bundesregierung Die Bereitstellung von Immobilien für die Unterbringung
werden bedrohte Menschen in Afghanistan im Stich gelassen. und das Wohnen Geflüchteter ist eine öffentliche Aufgabe,
Bremen soll sich weiter intensiv für die Umsetzung des vom die über die Anmietung auf dem privaten Markt teuer, prekär
Senat beschlossenen Landesaufnahmeprogramms für af- und unflexibel gelöst wird. Durch eine eigene Anstalt öffentli-
ghanische Familienangehörige einsetzen. Für die Aufnahme chen Rechts (AöR) oder die Aufgabenerweiterung bestehen-
von Familienangehörigen darf das Einkommen keine Rolle der städtischer Gesellschaften soll Bremen eine aktive Rolle
spielen: Das Recht auf Familie gilt für alle! Im Falle der Ukraine bei Neu- und Umbau von Immobilien für die Unterbringung
müssen Geflüchtete aus der Ukraine ohne ukrainischen Pass Geflüchteter spielen. Bei Zweckentfremdung von Wohnraum
Geflüchteten mit ukrainischem Pass gleichgestellt werden. kommt bei hohem Bedarf auch Vergesellschaftung in Be-
Dafür müssen auf Landesebene auch vorläufige Möglichkei- tracht, um bezahlbaren Wohnraum zu gewährleisten.
ten wie Fiktionsbescheinigungen genutzt und Strukturen z. B.
an Hochschulen und in Betrieben ausgebaut werden. Das Asylgesetz schreibt eine Zentrale Erstaufnahmestelle
(ZASt) vor. In der bestehenden Form lehnen wir die ZASt in
Rom*nja, die am meisten diskriminierte Minderheit Europas, der Lindenstraße aber ab. Auch wenn auf unsere Initiative hin
bekommen fast nie einen Schutzstatus, obwohl sie häufig eine unabhängige Asylverfahrensberatung geschaffen wird,
brutaler Marginalisierung und Verfolgung ausgesetzt sind. selbst wenn überzeugende Gewaltschutzkonzepte erarbeitet
Das muss sich ändern. Wir lehnen das Konzept der angeblich werden: Die Einrichtung ist und bleibt zu groß! Wir konnten in
sicheren Herkunftsstaaten ab. Wir setzen uns zudem für dieser Legislaturperiode eine Senkung der Belegungsgrenze
56 Global denken, vor Ort handeln

von 750 auf 500 Bewohner*innen durchsetzen, die auch über sellschaftliche Strukturen bekommen, ist stärker zu würdigen.
die Corona-Pandemie hinaus gilt, aber das reicht nicht. Wir Gleichzeitig dürfen Aufgaben von staatlichen Stellen und der
setzen uns weiter für die Verkleinerung und Dezentralisierung professionellen Wohlfahrt nicht systematisch auf Ehrenamt-
der ZASt ein. Für die Feststellung besonderer Schutzbedarfe liche ausgelagert werden. DIE LINKE setzt sich daher für eine
von unterzubringenden Personen ist ein frühzeitiges Clearing bessere Ausstattung mit den notwendigen finanziellen und
zu schaffen, das eine sichere Unterbringung vulnerabler Per- personellen Ressourcen ein. Die Budgets für Lots*innen und
sonengruppen von Anfang an gewährleistet. Mentor*innenprogramme, (Deutsch-)Lernorte und Über-
setzungshilfen müssen ausgebaut und leichter zugänglich
Beim Neu- und Umbau sind Appartement- und Wohnungs- werden.
strukturen zu schaffen. Eine Kombination mit Azubi- und
Studierendenwohnheimen streben wir an. Bei Neubauten Für Beratungsangebote in den Bereichen Wohnen, Aufent-
müssen je nach Bedarf des Stadtteils weitere Angebote wie haltsrecht und (psychische) Gesundheit sollen mehr Ressour-
Kitas, Sozial- und Kulturzentren, Ärztehäuser usw. integriert cen zur Verfügung gestellt werden. Wir wollen ausreichende
werden, um die häufig bereits baulich erzeugte Isolation Beratungsangebote für junge Geflüchtete dauerhaft absi-
durch integrative Strukturen zu beenden. Es braucht Förder- chern. Mehr schulische und außerschulische Nachhilfeange-
möglichkeiten für kreative Ansätze wie die Zusammenarbeit bote für Schüler*innen mit Fluchterfahrung sind notwendig.
mit Künstler*innen oder Privatunterbringung in WGs sowie Für junge Erwachsene muss es auch nach Erreichen der Voll-
Mischformen, die Hostels, Ferienwohnungen oder andere jährigkeit die Möglichkeit geben, Schulabschlüsse nachzu-
temporäre Nutzungen integrieren. holen, um Ausbildung oder Studium beginnen zu können.
Projekte von Menschen mit Fluchterfahrung für Menschen mit
Ausstattung und Mitbestimmung in Unterbringungen Fluchterfahrung sollten weiterhin gefördert werden. Hier ist
es besonders wichtig, niedrigschwellige Zugänge zu schaffen,
An die Erstaufnahme anschließende Wohnheime sind nur damit gute Ideen nicht an Bürokratie scheitern!
Übergangslösungen für den Fall, dass regulärer Wohnraum

Frieden und Internationales


nicht zur Verfügung steht. Wir wollen eine wohnungsartige
Unterbringung, die ausreichend Privatsphäre, eigene Sanitär-
anlagen sowie Kochmöglichkeiten bietet. Unterbringungen
müssen ihren Bewohner*innen Schutz bieten und dürfen Krieg und Frieden – Klimawandel –
nicht zu weiteren Traumatisierungen führen. Sie sind individu- soziale Gerechtigkeit sind eng miteinander verzahnt
elle Rückzugs- und Entfaltungsräume. Die im Grundgesetz
festgehaltene Unverletzlichkeit der Wohnung gilt auch für Krieg kostet unzählige Menschenleben, bedeutet Flucht und
Geflüchtete, auch gegenüber Betreuer*innen, Sicherheitsper- Vertreibung, trennt Familien und zerstört ihre Lebensbasis
sonal, Behördenmitarbeiter*innen und der Polizei. Sie muss in und das soziale Umfeld. Mit jedem Tag Krieg auf der Welt
allen Unterkünften z. B. über die Hausordnung sichergestellt beschleunigen wir den Klimawandel, die kontinuierliche
werden. Diese Rechte müssen den Bewohner*innen ver- Waffenproduktion und Waffennutzung erhöht massiv den
ständlich mitgeteilt werden. Jede Gemeinschaftsunterkunft CO₂-Ausstoß, vernichtet unwiederbringlich Ressourcen und
braucht ein Gewaltschutzkonzept. zerstört unsere Lebensgrundlagen.

Die Situation in Unterkünften muss durch bessere Personal- Wir sind gegen die massive Aufrüstung der Bundeswehr
schlüssel sowie finanziell abgesicherte Unterstützung (100-Milliarden-Paket), dem auf unsere Initiative der Bremer
durch entlastende Kräfte wie Sprachmittler*innen und pro- Senat im Bundesrat nicht zugestimmt hat.
fessionelle Dolmetscher*innen entlastet werden. Insgesamt
wird in der Bremer Aufnahmelandschaft die Situation von vul- Für Rüstungskonversion
nerablen Gruppen wie queeren Personen und Menschen mit
psychologischen Bedarfen und körperlichen Einschränkungen Rüstungsproduktion bindet wichtige und knappe Ressourcen
trotz Verbesserungen noch nicht ausreichend berücksichtigt. und Energie. Sie fördert die soziale Umverteilung zulasten der
Zielgruppenspezifische Angebote für geflüchtete Frauen Bevölkerung, der öffentlichen Daseinsvorsorge, wie z. B. der
braucht es weiterhin, sie sollen aber nicht nach Herkunfts- Gesundheit, Bildung, Kunst und Kultur, der Mobilität, Wohnen
regionen belegt werden, sondern Schutzbedarfe im Fokus und den notwendigen sozialen Infrastrukturen. Deswegen
haben. Weiterhin braucht es spezifische Angebote für junge auch unser NEIN zum Krieg, FÜR Waffenstillstand und Ver-
queere Geflüchtete. handlungen, GEGEN Waffenexporte, FÜR Rüstungskonver-
sion.
Das diese Legislatur endlich eingeführte unabhängige Be-
schwerdemanagement für Geflüchtete bewerten wir weiter Pro Jahr werden ca. 1.000 Container mit Munition von Bre-
und wollen es gegebenenfalls ausbauen. Für Wohnheime ist men aus verschifft. Wir fordern den Stopp der Rüstungs-
zudem das Recht auf demokratische Teilhabe der Bewoh- exporte per Landesgesetz und eine zeitnahe Umstellung
ner*innen durch finanzielle Mittel zu gewährleisten. (Konversion) auf zivile und ökologisch sinnvolle Produktion,
abgesichert durch einen Konversionsfonds unter Beteiligung
Beratungs-, Unterstützungs- und der Bremer Wirtschaftsförderung.
Selbstorganisationsstrukturen stärken
Keine nukleare Teilhabe –
Die Mehrheit der Bremer Stadtgesellschaft schätzt eine offe- Friedenslogik statt Kriegslogik
ne Willkommenskultur und beteiligt sich an ihr. Die entspre-
chende Unterstützung, die Geflüchtete bei ihrem Ankommen DIE LINKE ist gegen jegliche nukleare Teilhabe und fordert
in Bremen durch professionelle und ehrenamtliche zivilge- endlich die Umsetzung und den Abzug der Nuklearwaffen
Global denken, vor Ort handeln 57

Antifaschismus und
aus Büchel entsprechend dem Beschluss des Bundestages
vom März 2010. Bremen als Mitglied im internationalen

­Erinnerungspolitik
Zusammenschluss der „Mayors for Peace“, die sich der Frie-
densarbeit und insbesondere der atomaren Abrüstung ver-
schrieben haben, soll sich auf Bundesebene dafür einsetzen,
ebenso wie für die Unterzeichnung und Ratifizierung des UN- Antifaschismus und Kampf gegen jeden Antisemitismus
Atomwaffenverbotsvertrags durch die Bundesregierung und
den Bundestag. Antifaschismus und der Kampf gegen jeden Antisemitismus,
Antiziganismus und andere gruppenbezogene Menschen-
Gerade der völkerrechtswidrige Angriffskrieg vonseiten Russ- feindlichkeit beschränkt sich nicht alleine auf die Erinnerung
lands gegen die Ukraine – den wir alle verurteilen – verpflich- an die Gräuel des Nationalsozialismus und den europäischen
tet zu atomarer Deeskalation und Entspannung. Hochrüstung Faschismus. Als Sozialist*innen stehen wir stolz in einer lan-
und gegenseitig angeheizte Abschreckungsszenarien bergen gen Tradition des Antifaschismus, die erkennt, dass wir jeden
das Risiko des Overkills. Die europäische „Sicherheitsarchitek- Tag das Aufkeimen von faschistischer und antisemitischer
tur“ wird mittlerweile rein militärisch gedacht. Die Klimaziele Ideologie bekämpfen müssen. Die rechten Morde in Hanau,
und ein sozial-ökologischer und sozial gerechter Umbau sind Halle, München und des NSU, um nur wenige zu nennen,
mit Hochrüstung, Abschreckung und Krieg nicht zu erreichen, Anschläge auf Synagogen oder auf Geflüchtetenunterkünf-
im Gegenteil. Entspannung geht nicht mit Kriegslogik, d. h. te führen uns immer wieder vor Augen, wie wichtig dieser
gegenseitigem Vernichtungswillen, sondern nur mit Diplo- Kampf ist.
matie, Verhandlungen, Abkehr von sicherheits- und kriegslo-
gischem Denken und Handeln, gewaltloser Konfliktlösung. Die bürgerliche Brandmauer gegen Rechts, wie sie die „Par-
Dazu fordern wir einen erweiterten Forschungsbereich an teien der Mitte“ wie CDU oder FDP propagieren, hat nie exis-
den Bremer Hochschulen zur Friedensforschung und zivilen tiert, sie ist eine leere Worthülse. Die Vertuschung der Rolle
Konfliktlösung sowie zu Folgen von Rüstungsproduktion und des Verfassungsschutzes beim NSU, das Ignorieren rechter
-einsatz für die Klimaerwärmung. Netzwerke in Militär und Sicherheitsbehörden, die Übernah-
me rechter Programmatik aus wahltaktischen Gründen und
Keine Bundeswehr im Innern vieles mehr zeichnen ihre politische Praxis aus. Während die
Bedrohungen, denen Antifaschist*innen begegnen müssen,
Wir setzen uns ein für den Erhalt und die Einhaltung der Zi- vielfältig sind, glänzen Konservative auch in Bremen mit ihrer
vilklausel im Hochschulgesetz. Das Verbot der Werbung der Blindheit auf dem rechten Auge und lassen gleichzeitig keine
Bundeswehr durch Jugendoffizier*innen an Schulen halten Gelegenheit verstreichen, antifaschistische Strukturen,
wir für richtig. Die Bundeswehr muss verpflichtet werden, Räume und Projekte zu delegitimieren und als die eigent-
die Forderung „straight 18“ der UN-Kinderrechtskonvention liche Gefahr darzustellen.
(keine Minderjährigen in die Armee) einzuhalten. Der Einsatz
der Bundeswehr im Innern muss sich auf Katastrophenfälle Auch Bremen & Bremerhaven sind von rechter Gewalt nicht
beschränken. Einsätze für zivile Aufgaben, die zum originären unberührt. Der rechte Angriff auf das Jugendzentrum Friese
Aufgabenbereich von Staat und Kommunen gehören, wie sowie die Brandanschlagserie im niedersächsischen Um-
z. B. in Bereichen der öffentlichen Daseinsvorsorge (wie etwa land im Jahr 2020 haben gezeigt, dass die Bedrohung real
im Gesundheitswesen o. Ä.), wollen wir überflüssig machen, und akut ist. Der gesellschaftliche Aufschrei sowie konkrete
indem die entsprechenden zivilen Organisationen zur Krisen- politische Lösungen blieben jedoch, genau wie beim Angriff
intervention in der erforderlichen Weise ausgebaut werden, auf die Bremerhavener Synagoge, aus. Rechter und antisemi-
vom Technischen Hilfswerk bis zur medizinischen Kriseninter- tischer Gewalt gilt es auf vielfältiger Ebene zu begegnen, wir
vention. fordern die Etablierung einer ressortübergreifenden Landes-
strategie gegen rechte Gewalt.
Bremens Städtepartnerschaften sind eine erfolgreiche
Grundlage für internationalen zivilgesellschaftlichen Kontakt In den letzten Jahren hat die antisemitische Hetze im Zu-
und Austausch auf kultureller, sportlicher, bildungspolitischer sammenhang mit Verschwörungstheorien um die Corona-
und wissenschaftlicher Ebene. Pandemie aufgezeigt, dass es sich dabei um ein strukturelles
Problem handelt, welches in allen ideologischen Spektren
Kommunale und landespolitische Umsetzungsstrategien sind vertreten ist. Der Kampf gegen Antisemitismus muss sich
ein wichtiger Eckpfeiler der UN-Agenda 2030 für nachhalti- also gegen alle Erscheinungsformen des Antisemitismus
ge Entwicklung weltweit mit ihren 17 Nachhaltigkeitszielen. stellen. Ein solcher Kampf gegen rechte und antisemitische
Die Praxis eines Indikatorenberichts ist kein Ersatz für eine Gewalt, Ideologien und Strukturen ist zentraler Bestandteil
Nachhaltigkeitsstrategie des Landes. Wir wollen, dass auch unseres Wirkens, ob im Parlament, in den Betrieben oder auf
das Land Bremen, wie die große Mehrheit der Bundesländer, der Straße. Nicht zuletzt fordern wir außerdem eine zentrale
eine Nachhaltigkeitsstrategie formuliert und fortschreibt, Meldestelle und Schwerpunktstaatsanwaltschaft für die Be-
die sowohl die Umsetzung der SDGs (Sustainable Develop- troffenen von Hate Speech im Land Bremen.
ment Goals – Nachhaltigkeitsziele) im eigenen Bundesland
als auch den eigenen Beitrag zur globalen Nachhaltigkeits- Es ist notwendig, dass die Finanzierung politischer Bildungs-
entwicklung reflektiert und entsprechende Maßnahmen for- arbeit gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ge-
muliert. Das gilt auch für das Nachhaltigkeitsziel 16 „Frieden, stärkt und verstetigt wird. Insbesondere Projekte wie akriba
Gerechtigkeit und starke Institutionen“. (Antisemitismuskritische Bildungsarbeit) sowie die Melde-
stelle für Opfer rechter Gewalt soliport sind von Geldern im
Wir wollen den 8. Mai (Tag des Sieges über den Faschismus) Rahmen des Bundesprojekts „Demokratie Leben!“ abhängig
zum gesetzlichen Feiertag machen. und damit befristet. Wir wollen eine langfristige Absicherung
58 Global denken, vor Ort handeln

dieser Projekte aus Landesmitteln sowie uns auf Bundesebe- die Betreuung weiterer Erinnerungsorte gebündelt werden,
ne für eine Entfristung einsetzen. Gleiches gilt für die mobile darüber hinaus soll sie eine aktive Rolle in der Vermittlung
Beratung gegen Rechtsextremismus, die langfristig abgesi- des Wissens über die NS-Zeit übernehmen. Die neue Stiftung
chert gehört. muss von Anfang an mit ausreichend Personal und Sachmit-
teln ausgestattet werden.
In Ergänzung zu Betroffenenberatung und mobiler Beratung
gegen Rechtsextremismus ist der Aufbau einer zivilgesell- Den Denkort Bunker Valentin als zentrale Gedenkstätte des
schaftlichen Antidiskriminierungsberatung zielführend. Landes wollen wir weiter stärken und es muss nun evaluiert
werden, ob Personal- und Raumkonzept ausreichend für die
Zusätzlich muss die Finanzierung der Initiative „Partnerschaft dort stattfindende Arbeit sind oder ob die Ausstattung noch
für Demokratie“, die auf Landesebene demokratiefördernde verbessert werden muss. Der Denkort allein kann jedoch nicht
Initiativen unterstützt und vernetzt, auf Dauer institutionali- die vielfältige Erinnerungslandschaft in Bremen und Bremer-
siert, sichergestellt und ausgebaut werden. haven abbilden und muss dringend um weitere Orte und For-
mate ergänzt werden, die zivilgesellschaftliche Perspektiven
Wir als LINKE stehen Antifaschist*innen zur Seite und werden für eine pluralistische Erinnerungskultur ermöglichen. Dazu
bei aller Wertschätzung für die weltoffene Bremer Stadtge- gehört die Schaffung von Stellen in Wissenschaft, Bildung,
sellschaft nicht aus den Augen verlieren, dass der Antifaschis- Kultur und Verwaltung, die die Aufarbeitung und Vermittlung
mus nach wie vor nicht für alle selbstverständlich ist. von globalen Gewaltgeschichten und Nachfolgen des euro-
päischen Kolonialismus für die beiden Stadtgesellschaften
Bei aller Aktualität von rechter und antisemitischer Gefahr sicherstellen.
und Ideologie ist eine gelebte antifaschistische Erinnerungs-
kultur wichtig wie eh und je. Insbesondere in Zeiten von Gedenken an die Leidtragenden kolonialer Herrschaft
„Schlussstrichforderungen“ ist es uns als LINKE ein wichtiges in den Mittelpunkt stellen
Anliegen, in die deutsche Geschichte zu blicken und faschisti-
sche Kontinuitäten ins Auge zu fassen. Auch das Gedenken an die koloniale Herrschaft Deutsch-
lands, den Genozid an Herero und Nama in Namibia und die
Erinnerungspolitik Verantwortung Bremens als Hafenstadt für den kolonialen
Handel ist in den letzten Jahren zunehmend in den Blick ge-
Das Gedenken an die nationalsozialistische Herrschaft müs- langt. Wir unterstützen Initiativen zur Umbenennung von
sen wir weiterentwickeln. Das neue Mahnmal zur Erinnerung Straßennamen mit kolonialem Bezug, insbesondere wenn mit
an die wirtschaftliche Existenzvernichtung der Jüdinnen und diesen Kolonialverbrecher*innen geehrt werden. Wir setzen
Juden am Fuß der Wilhelm-Kaisen-Brücke ist ein wichtiger uns für Straßennamen ein, die ein Gedenken an die Leid-
Baustein einer neuen Erinnerungspolitik, die auch die Kompli- tragenden kolonialer Herrschaft in den Mittelpunkt stellen.
zenschaft von Wirtschaft und der nicht jüdischen deutschen Beiräte, die sich hier auf den Weg machen, müssen besser
Bevölkerung mit in den Blick nimmt. Dieses Mahnmal sollte unterstützt werden. Es muss eindeutig geregelt sein, dass die
mit politischer Bildungsarbeit zu den Themen Raub und Ari- individuellen Kosten, die durch die Umbenennung entstehen,
sierung regelmäßig begleitet werden. nicht von den Anwohner*innen getragen werden müssen.
Auch andere Spuren kolonialer Herrschaft in Bremen müssen
Die Erinnerung an die nationalsozialistische Herrschaft in sichtbar gemacht und kontextualisiert werden, zu denken
Bremen und Bremerhaven ist fragmentiert, wie auch die ver- ist beispielsweise an die Baumwollbörse oder das Relief im
schiedensten Orte, die an diese Zeit erinnern. Dazu gehören Bremer Hauptbahnhof. Insbesondere aber die Bismarck-Sta-
architektonische Zeugnisse, wie der Lichtbringer am Eingang tue auf dem Domshof sollte im Rahmen einer künstlerischen
der Böttcherstraße oder das Ehrenmal auf der Altmanns- Auseinandersetzung überformt werden, um auch symbolisch
höhe. Auch diese sollten durch künstlerische Auseinander- einen Bruch mit Militarismus, Autoritarismus und Kolonialis-
setzungen und Überformungen deutlich erkennbar gemacht mus herzustellen. Die Bremer Museen haben begonnen, die
und architektonisch gebrochen werden. Verschämte Hinweis- Herkunft ihrer Sammlungen zu erforschen, und bemühen
tafeln sind keine ausreichende Form der Auseinandersetzung. sich, geraubte oder anders unrechtmäßig erworbene Gegen-
Aber auch andere Orte, wie die Ostertorwache oder das stände zu identifizieren. DIE LINKE spricht sich für eine voll-
Gräberfeld an der Reitbrake sind (Tat-)Orte der NS-Herr- ständige Rückgabe dieser Gegenstände an die Herkunftsge-
schaft und müssen als solche einer breiten Bevölkerung be- sellschaften aus. Nur wenn dies nicht möglich oder erwünscht
kannt gemacht und erklärt werden. Dazu gehört, dass diese ist, ist in Absprache mit den Herkunftsländern eine andere
Orte nicht dem Profitstreben geopfert werden, sondern dass Lösung zu entwickeln. Vordringlich sind dabei menschliche
hier vor Ort auf Grundlage der Erkenntnisse einer unabhängi- Überreste in den Sammlungen zu identifizieren und zurückzu-
gen Expert*innenkommission gemeinsam mit Opferverbän- geben. Damit die Museen diese Aufgabe umsetzen können,
den und den betroffenen Nachfolgestaaten der Sowjetunion bedarf es weiterer finanzieller Mittel.
ein würdiges Gedenken entwickelt und ermöglicht wird. Wir
setzen uns für die Entwicklung eines Ortes zur Dokumenta- Die demokratischen Errungenschaften der Novemberre-
tion der Verfolgung queerer Menschen in der NS-Zeit ein. volution 1918, speziell die Ereignisse rund um die Bremer
Räte­republik, gilt es in besonderer Art und Weise zu würdi-
Dafür hat das Land Bremen bis heute kein angemessenes gen. Den Beschluss der Bremischen Bürgerschaft, mit einem
Konzept. Wir wollen eine Stiftung bremische Gedenkstätten Gedenktag den demokratischen Aufbruch zu würdigen, gilt
nach dem Vorbild anderer Bundesländer gründen und diese es konsequent umzusetzen. Dazu gehören konkrete Angebote
mit der konzeptuellen Weiterentwicklung des Gedenkens an an Schulen und Betriebe, die sich mit Ideen und Forderungen
den Nationalsozialismus beauftragen. Bei dieser Stiftung soll dieser Revolution auseinandersetzen.
die Verantwortung für den Denkort Bunker Valentin sowie
Global denken, vor Ort handeln 59

Formate des digitalen Erinnerns sollen dabei neu oder weiter- Die vergangene Legislaturperiode war besonders von den
entwickelt und besonders gefördert werden. Dazu benötigt Herausforderungen der Corona-Pandemie geprägt. Lock-
es feste Stellen in der Demokratie- und Gedenkstättenarbeit downs und Veranstaltungsabsagen haben die Kulturszene
und eine übergeordnete Institution, die lokale Expertise im mit voller Härte getroffen. Das Bundesland Bremen hat
Land Bremen bündelt und zugänglich macht. Wir unterstüt- schnell und vorbildlich reagiert und ein Stipendienprogramm
zen vor diesem Hintergrund auch die Position der freien Mit- für freischaffende Künstler*innen aufgelegt. So haben wir die
arbeitenden in der Gedenkstättenarbeit, die bessere Arbeits- wirtschaftliche Existenz von etwa 800 Kunstschaffenden im
bedingungen, Entlohnungen und das Schaffen unbefristeter Bundesland abgesichert.
Stellen fordern.
Diese erfolgreiche Kulturpolitik wollen wir als LINKE weiter

Kultur und Medien


fortsetzen und ausbauen!

Kultur für alle und zu guten Bedingungen


Bremen und Bremerhaven sind von einer vielfältigen, diversen
und lebendigen Kulturszene geprägt. Traditionelle und große Wir schaffen zugängliche Kultur für alle: Die bestehenden
Kultureinrichtungen stehen gleichberechtigt neben neuen, in- ermäßigten Preise in den Kultureinrichtungen sind wichtig,
novativen Angeboten aus der Subkultur und der Freien Szene. reichen aber nicht aus. Wir bauen durch regelmäßige ein-
DIE LINKE steht für eine Kulturpolitik, die alle diese Bereiche trittsfreie Tage in den Museen weitere Zugangshürden ab.
fördert und gleichzeitig Räume für neue Angebote schafft. Das muss mit neuen Formen der Ansprache und Vermittlung
Auch in der Kultur geben wir denen eine Stimme, die sonst ergänzt werden, um neue Zielgruppen für die Museen zu
nicht gehört würden und unter Ausgrenzung und Diskriminie- gewinnen. Dies geschieht schon jetzt mit dem 360-Grad-Pro-
rung leiden. Wir stehen dafür ein, dass Hürden beim Zugang gramm, wodurch sich verschiedene Kulturinstitutionen bereits
zu Kultur abgebaut werden. Der Besuch einer Veranstaltung auf den Weg machen, Diversität in ihren Angeboten fest zu
oder einer Ausstellung darf weder am zu hohen Eintritt noch verankern. Dieses Programm wollen wir ausbauen und ver-
an physischen Barrieren scheitern. Kultur muss dezentral in stetigen. Außerdem muss die Breminale als „umsonst und
den Stadtteilen stattfinden, um alle Menschen in unserer draußen“-Festival unbedingt erhalten bleiben.
Stadt zu erreichen.
Wir sorgen für Kultur in allen Stadtteilen: Bei der Erschlie-
Fortschritte in der Kulturpolitik ßung neuer Baugebiete werden wir eine kulturelle Nutzung
fest einplanen, denn wenn die Stadt wächst, müssen auch
Unter unserer Regierungsbeteiligung ist es in der aktuellen neue kulturelle Angebote geschaffen werden. Diese Flächen
Wahlperiode gelungen, die kulturelle Szene in Bremen deut- stehen dann dauerhaft für Kultur zur Verfügung. Dringend er-
lich zu stärken und auszubauen. Es wurden neue Orte für forderlich sind neue Proberäume für Bands, die in den nächs-
Kunst und Kultur eröffnet oder dauerhaft abgesichert. Eine ten Jahren geschaffen werden müssen. Nur so geben wir Bre-
lang bestehende Forderung aus der Freien Szene wurde mer Nachwuchsbands die Chance, sich auszuprobieren und
endlich verwirklicht: Das „Zentrum für Kunst“ (ZfK) im ent- ihr Talent zu entdecken. In der Bremer Innenstadt müssen die
stehenden Tabakquartier – ein Haus für die Freie Szene! Hier großen Einrichtungen wie beispielsweise die Glocke zukunfts-
existieren Proben- und Auftrittsmöglichkeiten für Tanz, Musik fähig gemacht werden. Bei der Weiterentwicklung des Zent-
und Theater, die von Ateliers für bildende Künstler*innen flan- rums ist uns neben der Etablierung eines neuen Großprojektes
kiert werden. Ergänzt wird das ZfK im Tabakquartier durch wie des Literaturhauses auch die Ansiedlung kleiner und sub-
neue und moderne Probenräume für die Bremer Philharmo- kultureller Angebote wichtig. Bundesweit ist Bremen Vorreiter
niker. Auch an anderen Stellen konnten Orte für die Subkul- mit seiner liberalen Regelung für Freiluftpartys. Diese wollen
tur dauerhaft erschlossen werden: So kann das „Irgendwo“ wir erhalten und auch in der praktischen Umsetzung darauf
nun langfristig die Außenfläche in der Nähe des Flughafens achten, dass Partys ermöglicht und nicht verhindert werden.
nutzen, auf dem ehemaligen Kaffee-Hag-Gelände in der Neue Orte für Graffiti-Kunst an öffentlichen Gebäuden und
Überseestadt entsteht ein neuer Ort für Subkultur und dem Brücken sollen geschaffen und kenntlich gemacht werden.
Zucker-Projekt wurde endlich der Bunker in Walle verkauft.
Wir bauen die Kulturfinanzierung weiter aus: Regelmäßig
Auch die finanzielle Ausstattung der Kultur wurde durch un- arbeitende Projekte wollen wir dauerhaft in die institutionelle
ser Mitwirken in den vergangenen vier Jahren erheblich ge- Förderung überführen, gleichzeitig aber auch die Projekt-
stärkt. Bisher nur befristet geförderte Projekte konnten in die förderung nochmals ausbauen. Dabei achten wir darauf,
unbefristete Förderung übernommen werden. Die temporäre dass Projekte von Frauen zumindest gleichberechtigt in der
Projektförderung wurde massiv ausgeweitet: Alle Fördertöpfe Förderung vertreten sind. Das Pop-Office Bremen werden wir
wurden deutlich ausgestattet, wie z. B. die Mittel für kulturelle verstetigen. Außerdem wollen wir noch mehr Kulturförderung
Bildung. Es wurden auch neue Förderprogramme geschaffen: von der Bundesebene nach Bremen holen. Das schaffen
Junge Künstler*innen am Beginn ihres Arbeitslebens und wir, indem wir Projekten die anteiligen Mittel zur Verfügung
Subkultur haben nun eigene Förderlinien und auch Queer- stellen, die zum Erhalt der Förderung nötig sind (sogenannte
kultur wird mit einem sehr gut angenommenen Fördertopf Matching Fonds). Die erfolgreich etablierte niedrigschwellige
eigens unterstützt. Mit dem Pop-Office wurde ein neuer An- Förderung von Junger Szene und Subkultur führen wir fort
laufpunkt für den Bereich der Popularmusik geschaffen, bei und sorgen dafür, dass mit unbürokratisch stellbaren An-
dem Musiker*innen Unterstützung für Konzerte, Aufnahmen trägen ein leichter Zugang zur Förderung möglich ist. Nach
oder auch ein Coaching für den Umgang mit der Musikindus- dem Erfolg in der Corona-Krise sollte ein öffentliches Stipen-
trie bekommen. dienprogramm für Kulturschaffende fortgeführt werden, um
regelmäßig Künstler*innen eine freie Produktionsphase im
Land Bremen zu ermöglichen.
60 Global denken, vor Ort handeln

Wir schaffen gute Arbeitsbedingungen in der Kultur: Für gute Arbeitsverhältnisse sichert und Pressevielfalt in den Re-
bildende Künstler*innen führen wir Ausstellungshonorare in gionen bundesweit stützt.
öffentlich geförderten Galerien und Museen ein. Wir achten
darauf, dass die vereinbarten Mindesthonorare in der Pro- Im Bereich Medienkompetenzförderung, Aufsicht über
jektförderung auskömmlich sind und eingehalten werden. private Rundfunkbetreiber und der wichtigen Plattform-Regu-
In der Volkshochschule (VHS) setzen wir uns dafür ein, dass lierung für Anbieter von Streamingdiensten und -portalen
die Honorare erhöht und die Vereinbarungen zwischen VHS macht die Bremische Landesmedienanstalt eine sehr wichti-
und Honorarkräften weiter umgesetzt werden. Durch eine ge Arbeit. Die Anstalt muss erhalten und auskömmlich finan-
Stärkung der Kunst am Bau schaffen wir neue öffentliche Auf- ziert werden. Für die zusätzlichen Aufgaben, die sich aus den
träge für die bildende Kunst. Medienstaatsverträgen und EU-Richtlinien ergeben haben,
braucht sie zusätzliche Stellen.
Bremen verfügt über ein großes Angebot im Bereich der
kulturellen Bildung: Dieses wollen wir über einen Rahmen- Der Bürgerrundfunk ist ein wichtiges Angebot für Menschen,
plan Kulturelle Bildung systematisch weiterentwickeln und die selbst Radioformate produzieren wollen. Wir wollen prü-
vor allem die Kooperationen von Kulturakteur*innen und fen, ob hier Modernisierungen sinnvoll sind.
Schulen stärken. Oft stehen die Projekte vor dem Problem,
bei zwei oder drei öffentlichen Stellen Anträge für ihre Arbeit Das Medienkompetenz-Netzwerk wollen wir durch bessere
stellen zu müssen. Hier muss die Verwaltung besser werden: Förderung stärken, hier werden Menschen jeden Alters für
Eine zentrale Anlaufstelle und ein Antrag müssen reichen. Die den sicheren Umgang mit Social Media und anderen Online-
Stadtbibliothek hat sich von einem Ort der Medienausleihe Formaten geschult.
hin zu einem Begegnungsort verändert. Diese Entwicklung

Netzpolitik und
stützen wir, indem wir die Bibliothek mit weiterem Personal
zu diesem Zweck ausstatten. Wir haben das Angebot der

­Digitalisierung
Bibliothek in der Fläche durch den Erwerb eines zweiten
­Bibliotheksbusses erheblich verbessert. Für die Busse muss
nun auch zeitnah das Magazin modernisiert werden.
Die Digitalisierung unseres Lebens schreitet in einem hohen
Insbesondere in Bremerhaven schaffen wir in Leerständen Maße voran, die Gestaltung der Digitalisierung ist deshalb
temporäre Räume für kulturelle Initiativen. Wir ermöglichen wichtiger denn je. Wir begreifen Digitalisierung nicht als
es Künstler*innen verstärkt, in beiden Kommunen unseres Selbstzweck, sondern als Werkzeug zur Bewältigung von
Bundeslandes aktiv zu sein und Angebote von der einen in sozialen und ökologischen Herausforderungen. Eine aktive
die andere Stadt zu transferieren. politische Gestaltung der Digitalisierung ist wichtig, um den
Gefahren der staatlichen Überwachung und der Übermäch-
Medien tigkeit einzelner Plattformkonzerne zu begegnen. Wir wollen
Digitalisierung in Bremen im Sinne von Nachhaltigkeit, so-
Unabhängige Berichterstattung und Pressefreiheit sind zialer Gerechtigkeit, Gemeinwohlorientierung, individueller
ein Eckpfeiler demokratischer Gesellschaften. Verstärkte Selbstbestimmung, Datensicherheit und digitaler Souverä-
Attacken gegen Pressevertreter*innen, aber auch Überwa- nität gestalten.
chungsinstrumente, die den Quellenschutz gefährden, und
ökonomischer Konzentrationsdruck und steigende Kosten Wir möchten das Internet als Grundrecht und frei öffentlich
bei Verlagen und Rundfunkbetreibern gefährden die Presse- zugängliches Gut begreifen. Wir wollen, dass im öffentlichen
vielfalt und damit die Möglichkeit, sich zu informieren. Raum frei zugängliches WLAN verfügbar ist. So können
Menschen unabhängig von ihrem Einkommen jederzeit auf
Deshalb ist es uns besonders wichtig, dass Radio Bremen in die wichtigen Inhalte und Dienstleistungen des Alltags auf
der ARD nicht geschwächt werden darf, sondern bedarfsge- ihren Endgeräten zugreifen. Langfristig wollen wir Ansätze
recht finanziert werden muss. Der Rundfunkbeitrag muss aus entwickeln, wie Bremen zu einer gemeinwohlorientierten
unserer Sicht sozialer ausgestaltet werden, die Finanzierung „Smart City“ werden kann. Diese Entwicklung wollen wir auf
des öffentlich-rechtlichen Rundfunks insgesamt muss aber er- keinen Fall großen Techkonzernen überlassen, sondern de-
halten werden, weil nur so unkommerzielle Berichterstattung mokratisch planen und öffentlich begleiten.
gesichert ist. Werbung soll es im öffentlich-rechtlichen Pro-
gramm dafür nicht mehr geben. Für die Nutzung des Internets ist oft die Geschwindigkeit ent-
scheidend. Wir wollen sowohl den Ausbau von 5G-Technolo-
In den Redaktionen müssen gute Arbeitsbedingungen und gien für das Mobilfunknetz als auch den Ausbau des Glasfa-
mehr feste Stellen geschaffen werden, die Situation soge- sernetzes für die Anschlüsse der Haushalte nach Möglichkeit
nannter fester Freier ist teilweise prekär und von großen Un- beschleunigen. Sozial benachteiligte Stadtteile dürfen dabei
sicherheiten geprägt. nicht vernachlässigt werden. Ein Augenmerk legen wir auf die
Modernisierung der Anschlüsse der Häuser zu den Verteiler-
Aber auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk braucht drin- kästen. Es ist zu prüfen, inwieweit Vermieter*innen zu einer
gende Reformen, was Transparenz, Aufsichtsstrukturen und Modernisierung verpflichtet werden können.
beispielsweise auch außertarifliche Vergütungen der Chef-
etagen angeht. Hierfür werden wir uns einsetzen. Neben dem WLAN-Versorgung in Zügen des Nahverkehrs muss Teil der
öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist das Zeitungswesen wichtig Ausschreibung der entsprechenden Verkehrsleistungen sein.
für die Pressevielfalt im Land Bremen und für eine unabhän- Wir machen Druck, damit auf der gesamten Bahnstrecke
gige Berichterstattung zur Meinungsbildung. Wir fordern ein nach Bremerhaven Mobilfunk und damit Internet im Zug ver-
Modell der Presseförderung, das staatsfern organisiert ist, fügbar wird.
Global denken, vor Ort handeln 61

Bei Infrastruktur aller Art, die privatwirtschaftlich betrieben Weil Datenschutz und Datensicherheit immer wichtiger
wird (z. B. Mobilfunk und unterirdische Leitungen), möchten werden, wollen wir die Behörde der Landesbeauftragten für
wir eine Monopolisierung des Angebots vermeiden. Dafür ist Datenschutz und Informationsfreiheit stärken.
die Vergabe von öffentlichen Aufträgen hierbei ein Kernele-

Umwelt- und Naturschutz


ment zur Steuerung.

Wir wollen durch die Bereitstellung eines Fonds Menschen


mit geringen Einkommen bei der Anschaffung digitaler End- Umweltschutz ist Lebensqualität. Eine Stadt mit vielen ge-
geräte unterstützen. Dieser Fonds soll über Stadtteilzentren, sunden Grünflächen, guter Luft und weniger Lärm ist eine
Hochschulen, Schulen und andere vergleichbare Einrichtun- lebenswerte Stadt. Das muss für alle Stadtteile und für alle
gen bekannt gemacht werden. Damit wollen wir die digitale Einkommensgruppen gelten. Wir akzeptieren nicht die herr-
Spaltung der Gesellschaft verringern und allen Menschen Zu- schende sozial-ökologische Spaltung, wonach Stadtteile und
gang zu Technologien verschaffen, die Voraussetzung für die Wohnlagen, die von geringeren Einkommen geprägt sind,
Teilhabe an vielen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens systematisch mit höherer Lärmbelastung, schlechterer Luft
darstellen. und weniger Grün in der Umgebung leben sollen. Umwelt-
standards müssen einheitlich gelten. Stadtteile mit höheren
Darüber hinaus wollen wir für digitale Teilhabe Bildungsan- Belastungen brauchen Kompensationsstrategien.
gebote fördern, die sowohl grundlegende Fähigkeiten für den
Umgang mit digitalen Technologien als auch darüber hinaus- Den Grüngürtel schützen,
gehendes Wissen über Datenverarbeitung und Datenschutz die blau-grüne Infrastruktur ausbauen
vermitteln und so die digitale Selbstbestimmung stärken. Lern-
und Innovationsorte wie das FabLab und das Digital Impact Wir wollen den weitgehend geschlossenen „Grüngürtel“, der
Lab, die einen niedrigschwelligen und kostenfreien Zugang zu die städtische Siedlungszone in Bremen umgibt, schützen und
digitalen Produktionsmitteln anbieten, wollen wir fördern. seine vielfältigen ökologischen Funktionen (Biotopfunktion,
Klima, Wasserkreislauf, Überschwemmungsflächen) erhalten.
Bremen hat einen großen Schritt nach vorn gemacht, indem Ein weiteres Ausgreifen von Entwicklung und Erschließung in
alle Schüler*innen mit Tablets ausgestattet wurden. Wir brau- den unbebauten Außenbereich soll es nicht mehr geben.
chen WLAN in allen Klassenräumen, um diesen Fortschritt Das in dieser Legislaturperiode beschlossene Gewerbeent-
umfassend nutzen zu können. wicklungsprogramm ist das erste, das sich zu diesem Ziel
bekennt. Daran halten wir fest. An den verkehrlichen Verbin-
Wir wollen die Digitalisierung der Verwaltung vorantreiben. dungen zu Niedersachsen wollen wir keine Siedlungsagglo-
Die Kommunikation mit Behörden wie dem Bürgeramt muss meration fördern, die den Grüngürtel gefährdet.
über E-Government-Angebote auch digital möglich sein. In
der Kommunikation von Behörden untereinander wollen wir Von hohem sozial-ökologischen Wert ist ebenso die blau-
das Faxgerät abschaffen und E-Mail zum Standard für schrift- grüne innerstädtische Infrastruktur mit ihren vielfältigen
liche Kommunikation machen. Durch E-Government-Ange- Leistungen (Erholung, Freiraum, Mikroklima, Wasserhaushalt,
bote wollen wir die bei Behörden abgespeicherten eigenen Luftschneisen). Diese Leistungen wollen wir ausbauen und
Daten einsehbar machen. entsprechende Planungsziele in einem städtischen Grünplan
bündeln. Das trägt dazu bei, die Stadt attraktiver und resilien-
Im öffentlichen Auftrag z. B. für die Verwaltung oder landes- ter gegen allgemeine Klima- und Umweltveränderungen zu
eigene Betriebe entwickelte Software muss nach dem Prinzip machen. Für uns ist es deshalb umso wichtiger, unsere Parks,
„Public Money, Public Code“ nach Open-Source-Standards Grünstreifen, Bäume und Kleingärten zu erhalten und aus-
öffentlich zugänglich gemacht werden. zuweiten, den Anbau essbarer Früchte zu fördern und Blüh-
streifen anzulegen. Insbesondere in Stadtteilen mit wenig öf-
Wir wollen prüfen, inwieweit die bremische Verwaltung nach fentlichem Grün, wie z. B. der Bahnhofsvorstadt, muss geprüft
dem Beispiel Schleswig-Holsteins unabhängiger von propri- werden, wo Flächen entsiegelt und Grünflächen angelegt
etärer Software, insbesondere von Microsoft-Anwendungen, werden können. Kleingärten müssen in ihrer Bedeutung für
werden kann. Durch die Förderung von Open-Source-Anwen- das Stadtklima, die Biodiversität und ihrer sozialen Bedeu-
dungen können öffentliche Mittel so in Allgemeingüter an- tung noch stärker geschützt und ausgeweitet werden. Um-
statt an kommerzielle Konzerne fließen und kann die digitale widmungen im Rahmen des Flächennutzungsplanes lehnen
Souveränität der öffentlichen Verwaltung gestärkt werden. wir genauso ab, wie die Bebauung von Kleingartengebieten
für gewerbliche Zwecke. Kleingartenvereine müssen in ihrer
In der Innovationsförderung wollen wir nicht nur Start-ups Arbeit besser unterstützt werden.
fördern, sondern die Förderung von Open-Source-Projekten,
kooperativen Unternehmensmodellen und sozialen Innova- Gleichzeitig ist es wichtig, die Pflege unseres öffentlichen
tionen mit Gemeinwohlfokus stärken. Grüns stärker unter den Aspekten der Biodiversität und der
Klimaanpassung zu betrachten. Unser Umweltbetrieb (UBB)
Wir wollen durch eine Bundesratsinitiative N ­ etzneutralität spielt hier eine zentrale Rolle und muss finanziell in die Lage
gesetzlich festschreiben lassen. Wir setzen uns auch für versetzt werden, die vielfältigen und wichtigen Aufgaben
ein neues Urheberrecht ein, das die Kreativität und Vielfalt auch leisten zu können. Wir setzen uns zudem dafür ein, dass
­digitaler Kultur würdigt und nicht bestraft. Hierfür muss die der UBB wieder für alle öffentlichen Grünflächen in Bremen,
öffentliche Hand stärker auf die Prinzipien Open Source und auch das Straßenbegleitgrün und die Schienenbegrünung,
Open Access setzen. DIE LINKE lehnt Uploadfilter, Vorrats­ hauptverantwortlich ist (so wie das Gartenbauamt in Bremer-
daten­speicherung und die geplante Chatkontrolle der EU haven) und möglichst wenig Arbeitsaufträge an Dritte fremd-
strikt ab. vergeben werden.
62 Global denken, vor Ort handeln

Biodiversität und Ökosysteme fördern Wir wollen, dass Bremen bis zum Jahr 2038 zu einer kreis-
lauforientierten Stadt wird. Dazu gehört die Vermeidung
Der Verlust von Artenvielfalt und Biodiversität ist neben der der Neuversiegelung von Flächen durch den vorrangigen
Klimakrise der Bereich, wo die planetaren Belastungsgrenzen Neubau auf Bestandsflächen.
bereits weit überschritten sind. Städten kommt hier eine zu-
nehmend wichtigere Funktion zu. Die Bremer Biodiversitäts- Für die nachhaltige Nutzung von Geräten und anderen Ge-
strategie muss ständig angepasst und konsequent umge- brauchsgegenständen wollen wir Reparaturwerkstätten wie
setzt werden. Auf den Einsatz von Pestiziden muss in Bremen die Klimawerkstatt unterstützen. Hier wird Nachhaltigkeit im
konsequent verzichtet werden. Wir setzen uns für ein Pestizid- Kleinen durch die Verlängerung der Lebensdauer von Gerä-
verbot auf Bundesebene ein. Das Verbot von Schottergärten, ten ermöglicht und Wissen über die Klimakrise und klimasen-
auch bestehenden, muss zwingend umgesetzt werden. Wir sibles Handeln zugänglich gemacht.
wollen Biodiversität auch stärken, indem wir „Natur auf Zeit“
fördern und ermöglichen, d. h. den Bewuchs von Flächen, die Agrarwende und Ernährungswende
derzeit nicht für Bebauung benötigt werden oder wo geplan-
te Entwicklungsmaßnahmen erst in vielen Jahren anstehen. Zu einem konsequenten Umwelt- und Klimaschutz gehört
auch eine konsequente Agrarwende hin zu ökologischer
Zudem wollen wir einen Entsiegelungsplan nach dem Vor- Landwirtschaft und flächenbasierter Tierhaltung. Für Bremen
bild Berlins: Einführung eines Katasters zur Ver- und Entsie- ist der Erhalt der typischen landwirtschaftlichen Nutzung von
gelung, breite Straßenzüge sollen Grünstreifen bekommen, hoher Bedeutung für den Landschaftsschutz, da es sich im
Parkplätze in Parks verwandelt werden, Rasengitter angelegt „Grüngürtel“ überwiegend um Kulturlandschaften handelt.
werden. Die Begrünung von Fassaden und Dächern bei öf- Ein Drittel der Landesfläche Bremens wird landwirtschaftlich
fentlichen und nicht öffentlichen Gebäuden und Hallen mit genutzt, hauptsächlich von kleineren und mittleren bäuer-
insektenfreundlichen Pflanzen muss weiter und stärker ge- lichen Familienbetrieben, von denen einige schon komplett
fördert werden. Die Forschung hierzu verstärkt werden. Ziel auf Ökolandbau umgestellt haben. Wir wollen die anderen
muss sein möglichst wenige neue Flächen zu versiegeln, wo Betriebe, die noch auf konventionelle Landwirtschaft setzen,
möglich zu entsiegeln und alle Flächen, die begrünt werden durch Förderung und Unterstützung von einem Umstieg über-
können, zu begrünen. Den Neubau von Autobahnen, ein- zeugen. Durch einen Wechsel von intensiver zu extensiver
schließlich der A20, lehnen wir ab. Landwirtschaft schützen wir das Klima und die Biodiversität.
Wir wollen insbesondere auch die Vermarktung regionaler
Umweltschutz und Klimaschutz ist immer auch Küstenschutz. Produkte und so die Einnahmen der Landwirt*innen fördern.
Die Vertiefung der Außen- und Unterweser ist eine massive Der Einsatz von jeglichen Pestiziden muss gestoppt werden,
ökologische Belastung, weil die Fließgeschwindigkeit durch das Ausbringen von Dünger stärker eingeschränkt werden.
Vertiefung und Begradigung immer weiter zugenommen hat Einige Bereiche der landwirtschaftlich genutzten Fläche Bre-
und den Lebensraum Fluss, gerade auch der Nebenflüsse mens sind (ehemalige) Moore, etwa 4.000 Hektar Fläche in
der Weser, massiv negativ beeinträchtigt. Wir lehnen die Bremen und 600 Hektar in Bremerhaven. Diese Moore müs-
Vertiefung der Unterweser ab. Die derzeit geplante und be- sen als natürliche CO₂-Senken und aus Gründen der Biodi-
antragte Vertiefung der Außenweser auf 13,5 Meter Fahr- versität wiedervernässt werden. Auch hier ist die Zusammen-
rinnentiefe ist die letzte mögliche Ausbaustufe, eine weitere arbeit mit den Landwirt*innen wichtig. Neue Straßen durch
Vertiefung kommt nicht infrage. Die Renaturierungsmaßnah- die Moorgebiete lehnen wir ab.
men für die Nebengewässer müssen ausgeweitet werden.
Die EU-Wasserrahmenrichtlinie muss zwingend umgesetzt Agrarwende bedeutet aber auch ein Umdenken bei den Ver-
werden. Der Nitrateintrag aus der Landwirtschaft muss kon- braucher*innen. Die Lebensmittelverschwendung muss ein
sequent minimiert werden. Ende haben. Deshalb wollen wir als LINKE das sogenannte
Containern entkriminalisieren. Auf Bundesebene setzen wir
Den Neubau des Deiches an der linken Weserseite werden uns für eine Senkung der Mehrwertsteuer auf nachhaltig pro-
wir weiterhin kritisch begleiten. Wichtig ist für uns hier ins- duzierte Lebensmittel ein und für ein Ende von nicht nachhal-
besondere die Beibehaltung des Deiches als grüne Oase in- tigen Subventionen. Stadtgärten und Urban Farming müssen
mitten der Stadt. stärker unterstützt werden, Hauswirtschaft und Gartenbau
als Teil der Umweltbildung gefördert werden. Die Verpflegung
Für ein gesundes und klimagerechtes Stadtleben von Gemeinschaftseinrichtungen wie Schulen, Kantinen,
Krankenhäusern etc. sollte auf die Planetary-­Health-Diät mit
Eine Aufweichung bestehender Grenzwerte z. B. beim Lärm- wenig tierischen Produkten umgestellt werden, wo möglich
schutz lehnen wir ab. Den Lärmaktionsplan wollen wir sollte auf regionale Lebensmittel zurückgegriffen werden.
daraufhin überprüfen, wie mehr verbindliche Handlungsmög-
lichkeiten geschaffen werden können, um Lärm allgemein Globale Verantwortung für Umwelt- und Naturschutz
und in den besonders betroffenen Wohnlagen nachhaltig zu
reduzieren. Wir wollen, dass sich das Land Bremen im Rahmen seiner Mög-
lichkeiten auch für den globalen Umwelt- und Naturschutz kon-
Wildes Ablagern von Müll ist in einigen Straßen, aber auch sequent einsetzt und sich für die Prinzipien globaler Gerechtig-
am Rand von Wohngebieten ein schlimmer werdendes keit, für faire Übergänge, für die Unterstützung von besonders
Problem. Wir wollen illegale Müllhalden konsequent unter- betroffenen Ländern („damages and losses“) starkmacht.
binden. Dafür muss gewährleistet sein, dass Die Bremer
Stadtreinigung illegal entsorgte Müllablagerungen schnell Wir begrüßen die Initiative der EU-Kommission für ein Mora-
beseitigt und zusätzliche „Mülldetektive“ nach Spuren der torium für Tiefseebergbau und wollen, dass sich Bremen auf
Verursacher*innen suchen. Bundesebene für diese Position einsetzt.
Global denken, vor Ort handeln 63

Tierschutz
Die meisten rechtlichen Bedingungen im Tierschutz werden
allerdings auf Bundesebene geregelt. Deswegen werden wir
uns als LINKE in Bremen auf Bundesebene für ein strengeres
Der Schutz von Tieren, sowohl von Haustieren als auch von Tierschutzrecht einsetzen, u. a. für ein Verbot des Internet-
Nutztieren, gehört für uns LINKE zum Selbstverständnis einer handels mit Tieren, ein Verbot des Imports von lebenden
sozial-ökologischen Partei. Tiere haben selbst nicht die Mög- Wildtieren, strengere Haltungs- und Transportbedingungen
lichkeit, sich zu schützen und ihre Rechte einzufordern. Umso und eine Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht für Heim-
wichtiger ist es, dass die Gesellschaft hier Verantwortung tiere. Auch die Vergabe von Fördergeldern muss stärker an
übernimmt und dass Tierschutzgesetze streng kontrolliert und Umwelt-, Sozial- und Tierschutzkriterien gekoppelt werden.
umgesetzt werden. Subventionen, die diesen Kriterien entgegenstehen, müssen
sofort abgeschafft werden.
In Bremen setzen wir uns für die Einstellung der Primaten-
versuche an der Universität Bremen ein. Bisher hinderte uns Außerdem setzen wir uns auf Landes- als auch auf Bundes-
geltendes Bundesrecht an einem Verbot der Versuche. Daher ebene für die Stärkung regionaler Schlachtung, Verarbeitung
werden wir uns auch zukünftig für ein strengeres Tierschutz- und Vermarktung ein und wollen die Konzernmacht einzelner
recht einsetzen, das Tierversuche sehr viel restriktiver hand- Schlachthof-, Molkerei- und Handelskonzerne stärker be-
habt, ebenso wie für eine Reform des Hochschulgesetzes. schränken.
Wir werden auf Landesebene nichts unversucht lassen, um
weitere Versuche an Makaken zu verhindern.

Aber auch im privaten Bereich werden Tierrechte verletzt.


Gerade während der Corona-Pandemie haben sich viele
Menschen alleine gefühlt und sich daher ein Haustier an-
geschafft. Oft wurde dabei erst zu spät bemerkt, dass ein
Hund oder eine Katze teuer und anspruchsvoll in der Haltung
sind. Die Folgen spürt auch das Tierheim Bremen, das an die
Grenzen seiner Kapazitäten stößt. Wir LINKEN setzen uns für
eine auskömmliche Finanzierung des Tierheims ein und unter-
stützen die Überlegungen zu einer baulichen Erweiterung.
Fördergelder müssen angehoben und verstetigt werden, da-
mit das Tierheim auch in außergewöhnlichen Situationen wie
der Pandemie reagieren kann.

Tierhalter*innen, insbesondere Hundehalter*innen, müssen


aber auch in die Pflicht genommen werden. Die Hauptursa-
che von Auffälligkeiten bei Hunden liegt in einer falschen Hal-
tung. Es ist daher wichtig, zu prüfen, ob ein*e Hundehalter*in
auch die richtigen Sachkenntnisse hat, um ein Tier zu halten.
Daher wollen wir als LINKE einen verpflichtenden Sachkun-
denachweis einschließlich Hundeschulung einführen. Dieser
schafft auch die Möglichkeit, die in der Kritik stehende Rasse-
liste abzuschaffen.

Wir wollen zusätzliche Hundeauslaufflächen schaffen, wo


sich Hunde ohne Leinenzwang bewegen können.

Die Überpopulation von Tauben in der Stadt sorgt für zahl-


reiche Probleme, die Voraussetzungen dafür haben aber die
Menschen geschaffen. Die Tiere selbst sind die Leidtragen-
den. Wir wollen in Bremen an den zentralen Orten öffentliche
Taubenschläge nach Augsburger Vorbild einführen. Nur so
kann dem Taubenproblem sinnvoll begegnet werden.
64

FÜR EINEN HANDLUNGSFÄHIGEN,


VERANTWORTLICHEN STAAT

Haushalt und Finanzen


Vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts ist die Erklärung der Notsituation
aufgrund des Klimawandels rechtlich möglich. Das bedeutet
Kredite für Klimaschutz und Armutsbekämpfung aber auch, dass Kredite für die Bewältigung der Klimakrise
ausschließlich für diesen Zweck ausgegeben werden dürfen.
Zur Bewältigung der aktuellen und kommenden Krisen müs-
sen Kredite aufgenommen werden können. Die Folgen des Für uns ist klar, dass ausreichend Mittel zur Verfügung ge-
Ukraine-Kriegs und die Energiepreisexplosion stellen vor stellt werden müssen, um Armut zu bekämpfen, Sanierungs-
allem diejenigen vor finanzielle Schwierigkeiten, die ohnehin stau und Fachkräftemangel zu beheben sowie genug Schulen
schon wenig haben. Der Staat muss hier eingreifen und ein- und Kitas zu bauen. Klima schützen, aber Armut in Kauf neh-
kommensschwache Haushalte deutlich unterstützen und vor men ist für DIE LINKE nicht akzeptabel.
Armut bewahren.
Alle Möglichkeiten nutzen
Unter normalen Bedingungen wäre es seit 2020 möglich, die
laufenden Ausgaben Bremens aus den laufenden Einnahmen Im Haushalt umverteilen: Wenn Klimaschutzmaßnahmen
zu bestreiten. Aber die Bedingungen sind nicht normal. Es durch Kredite finanziert werden können, dann werden ge-
gilt, die Folgen der Corona-Pandemie und des Ukraine- gebenenfalls im normalen Haushalt Mittel frei. Diese sind zur
Krieges zu bewältigen, den eklatanten Fachkräftemangel Behebung des Sanierungsstaus, zur Armutsbekämpfung etc.
zu beheben, Schulen und Kitas zu bauen, in Maßnahmen für einzusetzen.
den Klimaschutz zu investieren, die Armut und soziale Un-
gerechtigkeit zu bekämpfen und vor allem: den gewaltigen Öffentliche Unternehmen nutzen: Die Möglichkeiten von
Sanierungsstau zu beseitigen. Denn sonst kippen in Zukunft Unternehmen in öffentlicher Hand oder mit bremischer Be-
nicht nur Leuchttürme um. teiligung, Investitionen per Kredit zu finanzieren, sind rechtlich
neu zu bewerten. GEWOBA und BREBAU müssen verstärkt
Es wäre fatal, weiterhin an der Schuldenbremse und der so- zum Bau von Schulen und Kitas herangezogen werden.
genannten schwarzen Null im Haushalt festzuhalten. Denn
das alles kann nicht annähernd aus den laufenden Einnah- Die Anstalt für Versorgungsvorsorge nutzen: Die Anstalt für
men finanziert werden. Allein für Klimaschutzmaßnahmen Versorgungsvorsorge (AVV) sitzt immer noch auf mehreren
werden in den nächsten zehn Jahren ca. 1 Milliarde Euro pro hundert Millionen Euro, die für sinnvolle Investitionen, z. B. für
Jahr zusätzlich benötigt. bessere Schulausstattungen oder für die Energiewende ver-
wendet werden müssen.
Ausgaben durch Kreditaufnahme zu finanzieren, ist laut
Grundgesetz und Landesverfassung grundsätzlich verboten Die Finanzpolitik der Partei DIE LINKE wird sich in den kom-
(Schuldenbremse). Aus der Bremer Landesverfassung wollen menden Jahren an folgenden Leitlinien orientieren:
wir die Schuldenbremse streichen. Insbesondere das Kredit-
verbot für die Kommunen Bremen und Bremerhaven sowie Wir setzen uns weiterhin für die Streichung der sogenannten
die engen Regeln für Eigenbetriebe und Beteiligungen ver- Schuldenbremse aus dem Grundgesetz und der Landesver-
hindern sinnvolle Investitionen. Eine Regelung, deren Absur- fassung ein.
dität sich in den letzten Jahren deutlich erwiesen hat und die
DIE LINKE nach wie vor ablehnt. Die Erklärung der Notsituation vor dem Hintergrund der Kli-
makrise ist richtig, aber nicht hinreichend. Auch die Folgen
DIE LINKE hat im Rahmen eines Minderheitenvotums in der der Energiekrise und Preisexplosion stellen eine Notsitua-
Enquetekommission als Erstes vorgeschlagen, eine Not- tion für einen breiten Teil der Gesellschaft dar. Für diese Situ-
situation vor dem Hintergrund des Klimawandels und der ation müssen ebenfalls Kredite aufgenommen werden.
Energiepreiskrise zu erklären und die notwendigen Mittel für
den Klimaschutz und zur Abwendung der Energiepreiskrise Die Möglichkeiten öffentlicher Unternehmen und Beteili-
per Kredit zu finanzieren. Senat und Bürgerschaft sind diesen gungen sind neu zu bewerten und verstärkt zu nutzen. Die
Weg mittlerweile gegangen. Mittel der AVV sind in den sozialen Ausgleich zu investieren.

Denn das Parlament kann mit der Erklärung einer Notsitua- Klimaschutz nicht privatisieren
tion eine Ausnahme von der Schuldenbremse beschließen,
wie es in der Corona-Pandemie mit dem Bremen-Fonds ge- Wenn in Bremen in den nächsten Jahren eine halbe Milliar-
schehen ist. Dann ist es möglich, Ausgaben zur Bewältigung de Euro pro Jahr in den Klimaschutz investiert werden soll,
der Krisenfolgen über Kredite zu finanzieren. braucht es in Bremen das nötige Personal und Know-how in
der Verwaltung. Entscheidend ist, ob wir im Zuge der Investi-
Für einen handlungsfähigen, verantwortlichen Staat 65

tionen in den Klimaschutz nachhaltige öffentliche Strukturen die Folgen von zehn Jahren sogenannter Sanierungspolitik
schaffen, die in der Lage sind, faire Verträge auszuhandeln, als auch jene der Pandemie noch lange nicht bewältigt sind.
zügige und kostensichere Umsetzung der Projekte sicherzu-
stellen und überhöhte Preise abzuwenden. Dazu wird eine Das wird an der Gesundheit Nord (GeNo) deutlich sichtbar.
große Zahl von Fachkräften gebraucht. Deswegen sind Sie hat in den Pandemiejahren eine ausgezeichnete gesund-
neben investiven Mitteln auch Gelder für neue Fachkräfte heitliche Versorgung sichergestellt und stellt sie weiterhin. Die
vorzusehen. damit verbundenen finanziellen Belastungen für das Unter-
nehmen sind zum großen Teil vom Bund und der Rest vom
Wir wollen keine Privatisierung des Klimaschutzes. Es gilt, Land Bremen geschultert worden. Jetzt steht die finanzielle
windige PPP-Verträge (Public-private-Partnership-Verträge) Sanierung auf der Tagesordnung. Es geht um Gebäude-
mit nicht gerechtfertigten, langfristigen Haushaltsbelastun- sanierung und eine neue Medizinstrategie. Beides darf am
gen zu verhindern. Das Prinzip „Gewinne werden privatisiert Ende nicht zu einer Verschlechterung der medizinischen Ver-
und Verluste werden sozialisiert“ lehnen wir ab. Mit der Grün- sorgung oder zu einer Belastung für die Menschen, die in den
dung einer ressortübergreifenden kommunalen Planungs- Krankenhäusern arbeiten, führen. Für uns ist klar: Die GeNo
gesellschaft, in Form eines Eigenbetriebes oder einer Anstalt ist auch in Zukunft finanziell abzusichern.
öffentlichen Rechts, wollen wir dem entgegenwirken.
Deswegen fordert DIE LINKE:
Haushalt ohne und mit LINKS • Eine Initiative zur Gewinnung von Fachkräften für die
Verwaltung, von Personal für Schulen und Kitas, von
2010 standen in den bremischen Haushalten 5,25 Milliarden Pflegekräften etc.
Euro Ausgaben nur ca. 4 Milliarden Euro Einnahmen gegen-
über, das bedeutet ein Haushaltsdefizit von rund 1,25 Milliar- • Eine deutliche Erhöhung der Ausbildungskapazitäten
den Euro. Damals war die Schuldenbremse schon beschlossen und eine Steigerung der finanziellen Attraktivität des
und um 2020 einen Haushalt ohne Kreditaufnahme aufstellen öffentlichen Dienstes und des Pflegebereiches.
zu können, wurde in einer Vereinbarung mit dem Bund festge-
legt, dieses Defizit um 125 Millionen Euro jährlich abzubauen. • Einen zügigen und bedarfsgerechten Ausbau der Schul-
und Kita-Kapazitäten. Mobilbauten sind in der Regel ein
Das bedeutete: Investitionen für Neubau, Bauunterhalt und Übergang, aber keine Lösung.
Sanierung wurden reduziert bzw. eingefroren. Daraus ent-
stand ein Sanierungsstau, der im Jahr 2019 allein für die • Die Einrichtung einer ressortübergreifenden Planungsge-
bremischen Schulen auf ca. 750 Millionen Euro und für Bre- sellschaft, welche für alle Investitionsvorhaben genügend
men insgesamt auf ca. 1,5 Milliarden geschätzt wurde (ohne Planungs- und Umsetzungskapazitäten bereitstellt.
Ausgaben für die energetische Sanierung).
• Ankauf von Wohnungen aus den Beständen privater
Der Personalabbau der letzten Jahrzehnte hat die Bremer Wohnungsbauunternehmen.
Verwaltung vor erhebliche Probleme gestellt. Altersbedingt
frei werdende Stellen in der Verwaltung, im Schuldienst und • Gründung eines kommunalen Energieversorgungs-
bei der Polizei und Feuerwehr wurden nicht oder zumindest unternehmens. Private Energieversorger haben gezeigt,
nicht vollständig wiederbesetzt. Lange Wartezeiten bei den dass sie in erster Linie ihren Profiten verantwortlich sind.
Behörden, Überstunden bei der Polizei und Lehrkräfteman- Energieversorgung gehört wieder in öffentliche Hand.
gel, aber auch der Verlust von Kompetenzen in der Verwal-
tung waren die Folgen. • Finanzielle Absicherung der Gesundheit Nord.
Kommunale Krankenhäuser sollen nicht länger aus-
Diese falsche Kürzungspolitik konnte mit Beginn der Regie- schließlich betriebswirtschaftlich geleitet saniert werden.
rungspolitik der LINKEN beendet werden. Die Krankenhausfinanzierung muss durch den Bund neu
geregelt werden. Insbesondere die Pandemiefolgen
Die Haushalte, die unter der rot-grün-roten Landesregierung gehören komplett ausgeglichen. Pflegekräfte und andere
beschlossen wurden, unterscheiden sich deutlich von den in den Krankenhäusern beschäftigte Menschen gehören
Haushalten vergangener Jahre. Neben 400 Millionen Euro besser bezahlt. Krankenhausinvestitionen können nicht
Sanierungshilfen und höheren Steuereinnahmen wurden seit von Bremen allein geschultert werden. Das Prinzip der
der Regierungsbeteiligung der LINKEN 89,5 Millionen Euro Fallpauschalen (DRGs) hat sich als untauglich erwiesen.
aus dem Vermögen der Anstalt für Versorgungsvorsorge dem
Haushalt zugeführt. Der beschlossene Bremen-Fonds war im • Schrittweise Auflösung des Vermögens der AVV. Es ist
Vergleich zu den finanziellen Rettungspaketen anderer Bun- sinnlos, mehreren hundert Millionen Euro auf einem Konto
desländer eines der finanzstärksten. Es hat die bremische Wirt- zu haben und gleichzeitig kein Geld für die Sanierung der
schaft wieder in Fahrt gebracht und einen erheblichen Teil öffentlichen Infrastruktur.
zur Sicherung der Arbeitsplätze in Bremen und Bremerhaven
beigetragen. Das waren mutige und richtungsweisende Be- • Neues öffentliches Eigentum schaffen. Langfristige
schlüsse, die eine Vielzahl von Möglichkeiten eröffnet haben. Mietverträge für Büros und Ähnliches sind am Ende teurer
als selber bauen oder kaufen.
Mit diesen Haushalten konnte der Pfad der Zwangssanierung
verlassen werden. Durch unseren Einsatz konnte eine deutliche • Kommende Tarifabschlüsse übertragen. Kommende
Trendwende bei der Personalbeschaffung für die Verwaltung Tarifabschlüsse sind auf Beamt*innen zu übertragen. Unter
erzielt werden. Erstmals arbeiten mehr Menschen als im Jahr Umständen gilt es, Stellen im öffentlichen Dienst durch
2000 in der Kernverwaltung. Wahr ist aber auch, dass sowohl Zulagen attraktiver zu machen.
66 Für einen handlungsfähigen, verantwortlichen Staat

Die sogenannte Schuldenbremse gehört aus • Für einen schnellen und fairen Steuervollzug braucht es
der Landesverfassung gestrichen zusätzliches Personal im Finanzamt und der Steuerver-
waltung. Wir wollen mehr Betriebsprüfende und Personal
Insbesondere das Kreditverbot für die Kommunen Bremen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Schwarzarbeit.
und Bremerhaven sowie die engen Regeln für Eigenbetriebe

Rekommunalisierung und
und Beteiligungen verhindern sinnvolle Investitionen.

Eigentumspolitik
Vor allem aufgrund der wieder steigenden Zinsen wäre eine
Schuldenübernahme durch den Bund eine sowohl sinnvolle
als auch haushaltswirksame Lösung (Altschuldenregelung).
Derzeit bezahlt Bremen ca. 550 Millionen Euro pro Jahr für Faire Gebühren und faire Löhne
Zinsen.
Damit 2028 das Jahr der Rekommunalisierung werden kann,
Unsere Schuldenbremse heißt Vermögenssteuer müssen schon jetzt die Weichen gestellt werden. Energiever-
sorgung (swb), Abwasserentsorgung, Straßenreinigung, Müll-
Öffentliche Ausgaben durch Kredite zu finanzieren ist selbst- entsorgung und anderes mehr waren bis in die 1990er-Jahre
verständlich keine dauerhafte Lösung. Wird es steigende so- Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge und sind dann ver-
ziale Ungleichheit und fehlende Einnahmen der öffentlichen kauft worden. Diese Privatisierung war insbesondere für die
Hand geben, müssen wir dringend eine höhere Besteuerung Menschen, die auf diese Dinge angewiesen sind, ein teures
von Gewinnen und Vermögen nutzen. Vergnügen. Diese Unternehmen wirtschaften nun gewinn-
orientiert, obwohl sie aus Gebühren der öffentlichen Daseins-
Zusätzlich wollen wir kleinere und mittlere Einkommen end- vorsorge finanziert werden.
lich angemessen entlasten.
Im Jahr 2028 laufen diverse sogenannte Leistungsverträge
Deshalb fordert DIE LINKE: mit Unternehmen aus, die Ende der 1990er-Jahre Unterneh-
• Wir wollen eine Vermögenssteuer von 1 Prozent ab einem men der kommunalen Daseinsvorsorge gekauft haben. Nach
Vermögen von einer Million Euro, wie sie im Grundgesetz Ablauf dieser Verträge wollen wir, dass Bremen diese Dinge
vorgesehen ist. Der Senat soll prüfen, ob eine landesrecht- wieder selbst in die Hand nimmt!
liche Vermögenssteuer rechtlich umsetzbar ist.
Faire Gebühren in der Abwasserentsorgung
• Wir wollen außerdem eine Vermögensabgabe ab einem
privaten Geldvermögen von 2 Millionen Euro in Höhe von Das Unternehmen hanseWasser hat in den Geschäftsbe-
mindestens 10 Prozent. Angesichts der Pandemiefolgen, richten von 2006 bis 2021 ca. 287 Millionen Euro gebühren-
der Belastung durch den Krieg in der Ukraine und des Klima- finanzierte Gewinne ausgewiesen. Allein im vergangenen
wandels, ist es höchste Zeit, dass private Vermögen zum Jahr waren es 17 Millionen. Das war u. a. deswegen möglich,
Ausgleich der sozialen Ungleichheit herangezogen werden. weil vorangegangene Landesregierungen auf regelmäßige
Preisprüfungen verzichtet haben.
• Es ist fatal, dass die Gewinne von Unternehmen nicht
hinreichend besteuert werden. Die infolge des Ukraine- Diese Gewinne haben also die Menschen in Bremen über ihre
Kriegs erzielten Gewinnsprünge, die viele Unternehmen Gebühren bezahlt. Aus unserer Sicht sollte das unzulässig
ausweisen, wollen wir mit einer Übergewinnsteuer von sein: Gebühren dürfen nur in der Höhe erhoben werden, wie
50 Prozent besteuern. auch Kosten anfallen. Das wird durch die Leistungsverträge
umgangen, da zählen die im Vertrag vereinbarten Preise und
• Die Einkommensteuer gehört reformiert. Kleine und nicht die realen Kosten.
mittlere Einkommen müssen entlastet werden, sehr hohe
Einkommen müssen diese Entlastung finanzieren. Kurzfristig wollen wir eine Erhöhung der Abwassergebühren
auch trotz der Preissteigerungen verhindern, stattdessen
• Vor allem Superreiche können ihr Millionenvermögen in wollen wir die Leistungsverträge mit hanseWasser überprü-
Unternehmensanteilen steuerfrei vererben oder zu Leb- fen, um die Gebühren auf das Niveau der realen Kosten zu
zeiten verschenken. Wir fordern, dass diese Steuervorteile senken. In der kommenden Legislaturperiode wollen wir die
abgeschafft werden. Die Erbschaftssteuer muss an das Rekommunalisierung der Abwasserentsorgung 2028 vorbe-
wachsende Erbschaftsvolumen angepasst werden. Selbst- reiten und Auslagerungen, die diese erschweren, verhindern.
bewohntes Wohneigentum soll davon unberührt bleiben. Organisatorisch wollen wir in der Geschäftsleitung von han-
seWasser eine*n weitere*n Geschäftsführer*in einsetzen, um
• Wir wollen die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel die Interessen der öffentlichen Hand dort zu vertreten.
auf 0 Prozent und Produkte des alltäglichen Bedarfs auf
7 Prozent senken. Faire Löhne bei der Müllentsorgung
und Straßenreinigung
• Es ist ungerecht, dass Einkommen aus Gewinnen deutlich
niedriger versteuert werden als Einkommen aus Erwerbs- Im Jahr 2018 gab es die Chance, die Müllabfuhr und die
arbeit. Deshalb wollen wir die Kapitalertragssteuer ändern. Straßenreinigung vollständig in die öffentliche Hand zurück-
zuführen. Die damalige Regierung hat nur 49,9 Prozent der
• Wir fordern eine Digitalsteuer, damit Firmen wie Müllentsorgung und Straßenreinigung in öffentliche Hand
Facebook und Google ihre Umsätze dort versteuern, wo zurückgeführt. Die Mehrheit hält weiterhin das Unternehmen
sie anfallen. Nehlsen.
Für einen handlungsfähigen, verantwortlichen Staat 67

Das Problem an dieser Konstruktion: Für die gleiche Arbeit Ingenieurwesens mit Betrieben aus der Privatwirtschaft, die
werden Menschen unterschiedlich entlohnt. Vermeintlich teu- deutlich besser bezahlen. Um auch in Zukunft zusätzliches
re Beschäftigte werden durch schlechter bezahlte Beschäftig- und qualifiziertes Personal zu rekrutieren, müssen weiterhin
te ersetzt, indem ihre Aufgaben von einer GmbH ohne Tarif- Anreize, z. B. Zulagen für besondere Mangel-Berufe, geschaf-
bindung übernommen werden. Diesen Praktiken gilt es 2028 fen werden.
durch die vollständige Übernahme der Nehlsen-Anteile ein
Ende zu setzen. Wir wollen insourcen statt outsourcen: Ausgliederungen wie
die Gesundheit Nord Dienstleistungen GmbH und der Abfall-
Wir fordern, dass auch bei Die Bremer Stadtreinigung das wirtschaft sollen wieder in die Muttergesellschaft überführt
Prinzip gleicher Lohn für gleiche Arbeit gilt und alle Beschäf- werden. Die Zahl der Beschäftigten in den Ausgliederungen ist
tigten der Stadtreinigung-Tochterunternehmen nach TVöD in den vergangenen Jahrzehnten deutlich und stetig gestiegen,
oder gleichwertig bezahlt werden. Die Lieferung des Bremer vor allem Frauen sind hier beschäftigt und der Gender-Pay-
Bioabfalls nach Osnabrück wollen wir durch die Verwertung Gap liegt erheblich höher als in der Kernverwaltung. In einer
in einer städtischen Verwertungsanlage vermeiden. ganzen Reihe von Untergesellschaften findet so Tarifflucht
statt, die wir nicht akzeptabel finden.
Faire Gebühren bei der Trinkwasserversorgung
Wir setzen uns für die Schließung der Einkommenslücke zwi-
Was für die Abwasserentsorgung gilt, gilt auch für die Trink- schen Männern und Frauen ein. Denn auch im öffentlichen
wasserversorgung. Auch hier werden hohe, durch Gebühren Dienst sowie für die Unternehmen mit Landesbeteiligung
finanzierte Gewinne erzielt. Das kann sowohl in Bremen als muss selbstverständlich gelten: Gleicher Lohn für gleiche
auch in Bremerhaven durch Rekommunalisierung geändert Arbeit. Das Landesgleichstellungsgesetz ist in diese Richtung
werden, denn auch hier laufen die Leistungsverträge aus. Ne- weiterzuentwickeln.
ben der Vorbereitung der Rekommunalisierung 2028 wollen
wir unmittelbar die Leistungserträge und die aufgerufenen Bremen muss auch selbst mehr ausbilden: Über neue und
Preise der Trinkwasserversorgung durch die swb überprüfen, ausgebaute duale Studiengänge, die auch in Teilzeit absol-
um die Gebühren auf das Niveau der realen Kosten zu senken. viert werden können, wollen wir mehr junge Menschen für die
Arbeit in der Verwaltung gewinnen.
Energieversorgung
Die Ausbildung im öffentlichen Sektor, bei Eigenbetrieben
Fernwärme ist ein zentraler Energieträger für die Bewältigung und in den Ausgliederungen muss aktiv und angemessen ver-
der Energiewende. Für einen verstärkten Einsatz braucht es gütet werden (Praxisintegrierte Ausbildung bei KiTa), Pflicht-
erhebliche Anstrengungen beim Netzausbau. Bremen muss praktika müssen ebenfalls gemäß den Standards der DGB-
sich aktiv und konkret dafür einsetzen. Deshalb wollen wir die Jugend vergütet werden.
stille Beteiligung an Wesernetz in aktive Anteile umwandeln
und die Fernwärmenetze rekommunalisieren. Darüber hi- Das Bremische Personalvertretungsgesetz hat sich bewährt
naus ist es sinnvoll, die Gründung eines neuen kommunalen und sollte in Bezug auf die Freistellung von Personalrät*innen
Energieversorgungsunternehmens ins Auge zu fassen. an das Betriebsverfassungsgesetz angeglichen werden. Eine
Aufweichung der Allgemeinzuständigkeit der Personalräte

Verwaltung und Personal


werden wir nicht mittragen.

Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass die Tarif-


Der öffentliche Dienst ist das Rückgrat des Bundeslandes ergebnisse für Angestellte des öffentlichen Dienstes zeit- und
und zentral für die anstehenden Herausforderungen, etwa inhaltsgleich auf die Beamt*innen übertragen werden. In der
bei der Armutsbekämpfung und den nötigen Maßnahmen im Zeit unserer Regierungsbeteiligung wurde dies erstmals seit
Klimaschutz. Jahren wieder garantiert.

In den vergangenen vier Jahren konnte der seit 1993 an- Der öffentliche Dienst Bremens steht gleichzeitig auch in
dauernde Personalabbau gestoppt und umgekehrt werden: Konkurrenz zu anderen Ländern und Kommunen und dem
In Bremen arbeiten nun erstmals wieder mehr Menschen in Bund. Hier ist sehr darauf zu achten, dass die Stelle etwa im
der Kernverwaltung als im Jahr 2000. Dies ist auch dringend Bremer Jugendamt nicht schlechter vergütet wird als in Ham-
notwendig und bleibt eine zentrale Forderung der LINKEN: burg. Wir wollen eine Kommission einsetzen, die bis 2025
Ein handlungsfähiger Staat wird gebraucht: Für Dienstleis- eine grundlegende Überprüfung der Amtsangemessenheit
tungen und Hilfen aller Art, für Bildung und Gesundheit, für von Eingruppierungen und der Wettbewerbsfähigkeit von
soziale und öffentliche Sicherheit, für Planung und Organisa- Zulagen vornimmt, in der Schlechterstellungen von Einzelnen
tion. Der jahrelange Personalabbau der Vergangenheit hat oder Beschäftigtengruppen ausgeschlossen werden sollen.
zu erheblichen Kompetenzverlusten geführt, die die öffent- In dieser Kommission soll der Gesamtpersonalrat paritätisch
liche Hand dann durch (teure) Auftragsvergaben an private mitbestimmen.
Anbieter und Beratungsunternehmen kompensieren musste.
Der Senat soll zeitgemäße, praktikable und im Sinne des
Die Aufgaben und Chancen für die Bewältigung der Klimakri- Arbeitsschutzes sichere Regelungen für Homeoffice mit den
se, Digitalisierung und der allgemeine Fachkräftemangel füh- Personalvertretungen vereinbaren.
ren dazu, dass sich die Freie Hansestadt Bremen noch besser
als attraktiver Arbeitgeber und Dienstherrin positionieren
muss. Häufig konkurriert die öffentliche Hand als Arbeitge-
ber – etwa im Bereich der Stadtplanung, der Architektur, des
68 Für einen handlungsfähigen, verantwortlichen Staat

Inneres
Das Waffenrecht muss verschärft werden, damit es weniger
Waffen in Privathaushalten gibt.

Unser Ziel in der Innenpolitik ist die Wahrung der Grund- und Wir wollen ein Modellprojekt zur kontrollierten Verwendung
Menschenrechte vor zu tiefgreifenden staatlichen Befugnis- von Pyrotechnik im Weser-Stadion ermöglichen. Systema-
sen bei gleichzeitig guter Personalausstattung der entspre- tische Schikane von Polizei- und Ordnungsbehörden gegen
chenden Sicherheitsbehörden. In Bremen und Bremerhaven Fußballfans, wie es sie in der Vergangenheit bei zahlreichen
wurden in den vergangenen vier Jahren so viele Polizist*in- Spielen gab, lehnen wir ab.
nen ausgebildet und eingestellt, wie seit Jahrzehnten nicht.
Parallel dazu wurde ein Polizeigesetz verabschiedet, das die Wir sprechen uns für die Auflösung des Verfassungsschutzes
Bürgerrechte und den Datenschutz entscheidend verbessert. aus, weil Gefahrenabwehr, Strafverfolgung und Bekämpfung
Das Verbot von sogenanntem Racial Profiling (Kontrollen an- von Terrorismus klar definierte Aufgaben der Polizei sind und
hand von Äußerlichkeiten wie der Hautfarbe), die gesetzliche der Inlandsgeheimdienst immer wieder – insbesondere beim
Kennzeichnungspflicht und die Schaffung einer unabhän- NSU – den eigenen Quellenschutz vor die Sicherheit der
gigen Polizeibeauftragten gehören zu den Erfolgen LINKER Menschen stellt. Auch verdrängt die Arbeit des Verfassungs-
Regierungsbeteiligung. schutzes wissenschaftlich fundierte und zivilgesellschaftliche
Expertise zu Demokratie und menschenfeindlichen Gefahren.
Wir verfolgen einen breiter gefassten Sicherheitsbegriff, In den vergangenen vier Jahren konnte eine Ausweitung der
der auch auf Prävention und sozialer Gerechtigkeit fußt. Befugnisse des Landesamts für Verfassungsschutz und eine
Deshalb haben wir uns auch dagegen gewehrt, rein mit ord- weitere Vergrößerung der Behörde verhindert werden. Das
nungspolitischen Maßnahmen und Polizeikontrollen die so- Bremische Verfassungsschutzgesetz muss nach dem Urteil
zialen und drogenpolitischen Schieflagen am Hauptbahnhof des Bayrischen Verfassungsgerichtshofes grundlegend über-
zu bearbeiten. Verdrängungspolitik verschärft diese Proble- arbeitet werden, weil eine unabhängige Kontrolle der ein-
me durch Behinderung der Straßensozialarbeit, auch braucht griffsintensiven Überwachungsmaßnahmen und eine wirklich
es Ausweichmöglichkeiten in Form von Toleranzflächen. tragfähige parlamentarische Kontrolle bislang fehlt.

Innere Sicherheit darf keine Privatsache sein, die vom Geld- Die Angebote im Bereich Deradikalisierung und Prävention
beutel abhängt. Deshalb braucht eine bürger*innennahe im Spektrum des Islamismus müssen verstetigt und erweitert
Polizei gute und moderne Ausstattung (Wachen, Fuhrpark werden. Vor allem Lehrkräfte brauchen diese Unterstützung
usw.) und genügend Personal. Um die Zielzahl im Polizei- durch zivilgesellschaftliche Träger. Als LINKE stellen wir uns
dienst in Bremen und Bremerhaven zu erreichen, braucht unmissverständlich gegen den legalistischen Islamismus der
es eine kontinuierliche Ausbildungsplanung, die auch einen AKP (und der dazugehörigen Verbände) und wollen diesem
kritischen Umgang mit Rassismus und Menschenfeindlichkeit den Nährboden im Land Bremen entziehen. Der Iran mahnt
einschließt, und eine Stärkung der Hochschule für Öffentliche uns (wie auch Angriffe auf die Menschen in der kurdischen
Verwaltung (HfÖV). Kurzfristig müssen auch mehr Querein- Region Rojava in Syrien), nicht auf dem Auge der „religiösen
steiger*innen eingestellt werden. Wir wollen den Berg an Rechten“ blind zu sein. Islamistische Akteur*innen versuchen
Überstunden bei der Polizei zeitnah ausbezahlen und amts- oft, sich als einzig repräsentative Instanz muslimischer Com-
angemessene Besoldung in allen Bereichen realisieren. Ein munities zu inszenieren. Damit negieren sie bewusst die Viel-
wichtiger Schritt dahin war die Abschaffung des einheitlichen falt und Heterogenität der Communities.
Beförderungstermins. Auch tarifbeschäftigte Quereinstei-
ger*innen sind für den Polizeidienst nötig. Gleichzeitig stehen wir deutlich und unteilbar Seite an Seite
mit Muslim*innen, die Ziel rassistischer und anderweitig
Die Institution Polizei bedarf rechtsstaatlicher Einhegung, menschenfeindlicher Übergriffe sind – auch das muss eine
dafür bedarf es auch unabhängiger Ermittlungsstellen fortschrittliche und pluralistische Innenpolitik prägen.
statt des Prinzips „Kolleg*innen ermitteln gegen Kolleg*in-
nen“. Ablehnend stehen wir einer Ausweitung anlassloser Wenn wir von Deradikalisierung und Prävention sprechen, gilt
Videoüberwachung, staatlichem Einbruch in IT-Systeme das gleichermaßen für Evangelikale im Land Bremen, die ih-
(„Staatstrojaner“) und der Ausweitung von Tasern (Elektro- rer sexistischen, queerfeindlichen und antiaufklärerischen Ar-
schock-Waffen) gegenüber. Auch die Befugnis zur Telekom- beit oft ungestört nachgehen. Als pluralistische Partei lehnen
munikationsüberwachung im Gefahrenabwehrrecht muss wir alle Denkmuster und Ideologien ab, die die universellen
auf den eng begrenzten Rahmen des neuen Polizeigesetzes und unveräußerlichen Menschenrechte infrage stellen – und
beschränkt bleiben. Bestehende Videoüberwachungsanla- wollen dafür sorgen, dass Bildung, Prävention, das Ausblei-
gen sollen wissenschaftlich evaluiert und der Datenschutz bei ben öffentlicher Förderung und eine an den Grundsätzen
den Sicherheitsbehörden streng kontrolliert und verbessert antifaschistischer Bildung ausgerichtete Aufklärungsarbeit
werden. Der Einsatz der Bodycams muss technisch so ausge- diese Ideologien austrocknet.
richtet sein, dass sie auch der im Polizeieinsatz konfrontierten
Person für eine etwaige Beweismittelsicherung hilft. Bei Ein- Wir wollen ein Bremisches Versammlungsfreiheitsgesetz
sätzen mit Menschen in psychischen Krisen soll möglichst im- beschließen, mit dem die Rechte von Versammlungsteilneh-
mer geschultes Fachpersonal begleitend tätig sein, auch um mer*innen klar definiert und geschützt werden. Die Rechte
den Einsatz der Schusswaffe durch die Polizei zu vermeiden. der Versammlungsteilnehmer*innen und Versammlungs-
Wir wollen den Tod von Mohamed Idrissi nach Abschluss der leitung sollen weitreichend gestärkt und ein polizeiliches
strafrechtlichen Verfahren parlamentarisch aufarbeiten und Kooperationsgebot verankert werden. In diesem Zuge das
sicherstellen, dass die notwendigen Konsequenzen in Ausbil- Vermummungsverbot abgeschafft, mindestens aber auf eine
dung und Vorgehen der Polizei gezogen werden. Ordnungswidrigkeit herabgestuft werden.
Für einen handlungsfähigen, verantwortlichen Staat 69

Die Berufsfeuerwehr muss so aufgestellt werden, dass die Wir setzen uns dafür ein, dass das Strafgesetzbuch und die
vorgegebenen Zeitrahmen und Personalstärken im Rettungs- Strafprozessordnung auf weitere „Armutsstrafen“ und sozial
dienst und im Brandschutz eingehalten werden können. ungerechte Härten evaluiert werden. Im Bundesrat soll Bre-
Deshalb war der Neubau von zwei Wachen wichtig, der auch men für entsprechende Reformen eintreten. Auch aus der
mit zusätzlichem Personal hinterlegt werden muss. Wichtig Zeit gefallene Straftatbestände wie Gotteslästerung wollen
ist auch eine kritische Überprüfung der Ausbildungsinhalte wir abschaffen.
und -anforderungen und eine Höhergruppierung der Ein-
gangsbesoldung. Die strukturellen Probleme mit Rassismus, Das deutsche Strafrecht orientiert sich an den Täter*innen,
Frauen- und Queerfeindlichkeit haben aber auch deutlich ge- während die Bedürfnisse der Betroffenen im Strafverfahren
zeigt, dass die innere Führungs- und Betriebskultur unbedingt nur eine untergeordnete Rolle spielen. Diese einseitige Ge-
verändert werden muss, um eine diversere Belegschaft zu wichtung halten wir für problematisch. In Bremen wollen wir
ermöglichen. deswegen die Betreuung und Beratung für Opfer von Straf-
taten ausweiten und die psychosoziale Prozessbegleitung
Die Freiwilligen Feuerwehren leisten sehr wichtige ehren- insbesondere bei Sexual- und Gewaltdelikten dauerhaft in-
amtliche Arbeit, insbesondere im Jugendbereich. Auch sie stitutionell absichern und bei Bedarf ausweiten. Bestehende
brauchen eine zeitgemäße Ausstattung, es kann nicht sein, Programme zur Haftvermeidung sollen ausgebaut werden.
dass die Fahrzeuge teilweise älter als 30 Jahre sind oder Das Täter-Opfer-Ausgleichs-Programm muss ausfinanziert
­Wachen nur Männertoiletten haben. und ausgebaut werden.

In den Bereichen Stadtsauberkeit, bei der Kontrolle von par- Bei der Staatsanwaltschaft wollen wir ein Schwerpunktdezer-
kenden PKW und anderen gesetzlichen Bestimmungen ist der nat zur Verfolgung von Hasskriminalität und Queerfeind-
Ordnungsdienst zuständig. Der Ordnungsdienst soll zügig lichkeit einrichten. Die Berliner Staatsanwaltschaft verfügt
auf 100 Vollzeitstellen aufgestockt werden. bereits seit 2012 über eine solche Sonderzuständigkeit.

Der Katastrophenschutz muss für Notlagen besser ausge- Jugendliche Inhaftierte brauchen unsere besondere Auf-
stattet werden. merksamkeit. Dazu gehört, dass die Jugendhilfe im Strafver-
fahren gestärkt und die Möglichkeiten für Ausbildung und
Beim Stadt- und Standesamt sowie der Kfz-Zulassung sind Erlangung von Schulabschlüssen in den Gefängnissen massiv
die Wartezeiten zu lang. Wir setzen uns dafür ein, dass der ausgeweitet werden.
Bürgerservice reibungslos funktioniert und noch stärker auf
Online-Dienstleistungen orientiert wird. Gleichzeitig müssen Die meisten Strafgefangenen arbeiten. Die Löhne im Ge-
die Dienstleistungen für alle schnell erreichbar sein. fängnis wollen wir auf Mindestlohn-Niveau anheben. Inhaf-
tierte sollen für diese Beschäftigung Rentenanwartschaften
Beim Migrationsamt dauern die Verfahren aktuell zu lange. erhalten. Aus einer Zeit im Gefängnis entstehen immer
Deshalb muss hier im Sinne der Betroffenen dringend nach- wieder Überschuldungsproblematiken bei den Krankenver-
gesteuert werden. sicherungen. Dieses Problem kann durch unbürokratische
Beratung gelöst werden und leistet einen weiteren Beitrag zur

Recht und Justiz


Vermeidung von Rückfällen, denn wer verschuldet aus dem
Gefängnis kommt, hat ein höheres Risiko, wieder straffällig zu
werden.
Unsere Ziele sind Resozialisierung und Haftvermeidung.
Erfahrungen in Skandinavien zeigen, dass insgesamt weniger Einen besonderen Unterstützungsbedarf haben außerdem
Straftaten und kaum Rückfälle in die Kriminalität auch eine psychisch und suchtkranke Inhaftierte, hier sind weitere
Folge dieses Ansatzes sind. Dabei muss die Justiz selbstver- Substitutionsprogramme und psychotherapeutische Hilfe
ständlich in allen Bereichen arbeitsfähig sein. Lange Ver- wichtig.
fahrensdauern an den Gerichten sind auch ein Gerechtig-
keitsproblem (etwa beim Sozialgericht, Familiengericht oder Die Arbeit im Gefängnis ist ein verantwortungsvoller Beruf.
Verwaltungsgericht). An den Strafkammern muss die perso- Die Personalentwicklung und Zulagen für JVA-Beschäftigte
nelle Ausstattung so gewählt werden, dass Prozesse – auch müssen im Ländervergleich wettbewerbsfähig sein. In diesem
im Sinne der Opfer von Straftaten und Verbrechen – zügig Sinne haben wir uns erfolgreich für eine Höhergruppierung
vorangebracht werden. Die präventive Wirkung von Gerichts- der Einstiegsgehälter eingesetzt.
verfahren entfällt zudem häufig, wenn Täter*innen jahrelang
auf ein Urteil warten. In den vergangenen Jahren wurden Die Sanierung der JVA Oslebshausen soll zügig abgeschlos-
deshalb viele neue Stellen bei den Gerichten und der Staats- sen werden.
anwaltschaft geschaffen. Die bislang befristeten Personal-
aufstockungen im Zuge der sogenannten EncroChat-Prozes- Auch im Land Bremen soll es Bürger*innen möglich sein, eine
se wollen wir verstetigen. Landesverfassungsklage vor dem Staatsgerichtshof einzu-
reichen.
Einige bundesgesetzliche Vorgaben belasten die Justiz eher,
als dass sie zu mehr Gerechtigkeit beitragen: Ersatzfreiheits- Den Begriff „Rasse“ wollen wir aus der Landesverfassung
strafen in Fällen, wo Menschen Geldstrafen nicht zahlen streichen und mit dem Verbot von Diskriminierung aus „rassis-
können, sind unsozial und kosten die öffentliche Hand Un- tischen Gründen“ ersetzen.
summen. Sie müssen endlich abgeschafft werden! Bis dahin
fordern wir, dass die BSAG keine Strafanzeigen gegen Fahr-
gäste ohne gültigen Fahrschein erstattet.
70 Für einen handlungsfähigen, verantwortlichen Staat

Konsum stärker an sozialen und


Verbraucher*innenschutz, Nachhaltigkeitszielen ausrichten

Konsum und Lebensweise Der Abschlussbericht der Enquetekommission „Klimaschutz-


strategie für das Land Bremen“ hat sich dafür ausgesprochen,
Verbraucher*innen wirksam zu schützen, hat einen neuen Stel- nachhaltige Kreislaufwirtschaft auch im Land Bremen aus-
lenwert und erfordert den verstärkten Einsatz öffentlicher Mittel. zubauen. Projekte zirkulären Wirtschaftens, wie z. B. Repair
Wir wollen eine gute Infrastruktur praktischer Bürger*in- Cafés und Bauteilbörsen, werden wir weiter unterstützen.
nennähe, für Lebensqualität, Lebenshilfe, Transparenz und
gestärkte Verbraucher*innenrechte. Verbraucher*innenschutz Ankerstelle Verbraucherzentrale
heute bedeutet, über Konsumgüter und deren Lieferketten, In-
haltsstoffe, Preisgestaltung besser informiert zu sein. Er bedeu- Die Verbraucherzentrale wurde unter LINKER Regierungs-
tet Schutz vor missbräuchlichen Angeboten im Internet, mehr beteiligung gestärkt, das soll so bleiben. Die institutionelle
Medienkompetenz, verstärkte Beratungsangebote zu Fragen Förderung muss entsprechend der Preissteigerungen der
von Energieverbrauch und Digitalisierung, Regulierungen von letzten Jahre erhöht werden, es braucht mehr Personal für
Finanzprodukten und Preisexplosionen bei Gütern des täglichen neue Aufgaben: für Klimaschutz, um das Wissen und die
Bedarfs. Wir wollen gute Beratungsangebote für Mieter*innen Handlungsbereitschaft der Verbraucher*innen nachhaltig
und Menschen, die gesetzliche Entwicklungen bei der Rente zu erhöhen; speziell im Bereich der Elektromobilität zeigen
oder im Leistungsbezug nachvollziehen oder ihre finanzielle sich Bedarfe, sich hier unabhängig über Tarife, Ladesäulen,
Situation im Rahmen der Möglichkeiten verbessern wollen. Finanzierungen, bauliche Vorkehrungen etc. informieren zu
können.
Verbraucher*innenschutz bedeutet nicht nur mehr digitale
Service-Strukturen, Regulierung und Vermittlung von Online- Hochwertige Ernährung für alle:
Angeboten, sondern auch den Ausbau von dezentralen An- regional, saisonal und ökologisch
laufstellen, die niedrigschwellig und wohnortnah für Fragen
und Erledigungen des Alltags aufgesucht werden können: ob Wir als LINKE engagieren uns für eine gesunde Ernährung,
für Mobilität, ob als Post- oder Bankschalter, ob als breit auf- die sich alle leisten können. Dabei setzen wir auf regionale,
gestellte Verbraucherzentrale oder erreichbare Recyclingsta- saisonale und ökologisch produzierte Lebensmittel.
tionen und Reparatur Cafés. Er bedeutet Behördenschreiben,
die verständlich und mehrsprachig zu lesen sind, auch für Unsere Ernährung beeinflusst uns als Menschen sowohl kör-
Menschen mit Einschränkungen. Schutz von Verbraucher*in- perlich als auch psychisch. Gesunde und dabei nachhaltige
nen bedeutet in bestimmten Räumen auch den Ausschluss Ernährung darf dabei nicht vom Geldbeutel abhängig sein.
kommerzieller Werbung. Er bedeutet mehr denn je, dass
Preisentwicklungen wie im Strom- und Gassektor nicht zulas- Deswegen setzen wir uns auf Bundesebene für 0 Prozent für
ten der Menschen mit wenig Geld ausgestaltet werden, son- Grundnahrungsmitte für gesunde und nachhaltig produzier-
dern durch gerechte Verteilungsmechanismen kompensiert te Lebensmittel ein. In der Gemeinschaftsverpflegung von
werden, die untere und mittlere Einkommensgruppen sowie Kitas, Schulen, Mensen und Krankenhäusern, aber auch den
kleinere Betriebe entlasten. Kantinen setzen wir uns langfristig für die Planetary-Health-
Diät ein, mit der eine Reduzierung tierischer Nahrungsmittel
Verbraucher*innenschutz vor Ort einhergeht. Die regionale, saisonale und ökologische Ausrich-
tung der öffentlichen Gemeinschaftsverpflegung muss kon-
Wir haben mit dem Modellvorhaben zur unabhängigen sequent umgesetzt werden. Dafür müssen Kitas und Schulen
Rechtsberatung im Quartier wichtige Anlaufstellen in den angemessene staatliche Mittel für die Verpflegung der Kinder
Stadtteilen geschaffen, etwa in Gröpelingen und im Schwei- erhalten. Zudem möchten wir die Verpflegung in Kitas und
zer Viertel, die wir mit weiteren Standorten und mobilen An- Schulen kostenlos anbieten, bei gleichzeitig hoher Qualität.
geboten weiterentwickeln wollen.
Das Bewusstsein für eine gesunde und nachhaltige Ernäh-
Ein besonderes Anliegen ist uns, dass starke Budgets zur Ab- rung muss früh geschärft werden. Gemeinsames Kochen
federung von Prozesskostenrisiken bei Musterfeststellungs- und der eigene Anbau von Gemüse können hierzu beitragen.
klagen vor Gericht vorgehalten werden. Deswegen möchten wir Schul- und Kita-Gärten fördern,
Hauswirtschaftsunterricht und Gartenbau an den Schulen
Verbraucher*innenschutz von Anfang an stärken und Stadtgarten- und Urban-Gardening-Projekte
stärker unterstützen.
Verbraucher*innenschutz ist auch eine Frage der Bildung von
Anfang an. Für Kinder und Jugendliche muss es sowohl im Zur Ernährung gehört auch die Versorgung mit gesunden
schulischen wie im Freizeitbereich mehr Möglichkeiten geben, Getränken. Die meisten Getränke sind stark zuckerhaltig,
um sich altersgerecht über Datenschutz und informationelle das gesündeste Getränk ist in Deutschland mit seinen hohen
Selbstbestimmung, Ernährungsrisiken, Konsumverhalten so- Standards für Trinkwasser das Leitungswasser. Dieses wird
wie Schuldenfallen zu informieren. Wir halten es für geboten, aber leider immer noch zu selten kostenlos ausgegeben. Wir
dass Kitas, Schulen und außerschulische Lernorte ihre An- möchten eine flächendeckende Versorgung mit Trinkwasser-
gebote und Räume nicht an kommerzielle Partner knüpfen, brunnen sicherstellen. Zudem möchten wir die Gastronomie
sondern diese Orte werbefrei bleiben. Junge Erwachsene und den Einzelhandel dabei fördern, Leitungswasserspender
bzw. Auszubildende und Student*innen wünschen sich mehr aufzustellen.
Unterstützung bei der Suche nach eigenem Wohnraum, auch
hier wollen wir tätig werden.
Für einen handlungsfähigen, verantwortlichen Staat 71

Unser Ernährungsstil mit hoher Lebensmittelverschwendung


und einem zu hohen tierischen Anteil hat aber auch erheb-
liche Folgen für unsere Umwelt und unser Klima. Falsche Sub-
ventionen, der Export tierischer Lebensmittel und die damit
einhergehende Zerstörung regionaler und lokaler Strukturen
in Ländern des sogenannten globalen Südens, der massive
Import von Soja und anderen Agrarprodukten zum Erhalt un-
serer Massentierhaltung und die Marktmacht einiger weniger
(globaler) Großkonzerne können nicht durch Bremer Maß-
nahmen geändert werden und auch nicht durch individuelle
Entscheidungen. Um diese Fehlentwicklungen zu beenden,
sind starke rechtliche und wirtschaftspolitische Eingriffe auf
Bundes- und EU-Ebene erforderlich.

Wir setzen uns auf Bundesebene für die Entkriminalisierung


des Containerns ein. In Bremen wie auch im Bund setzen wir
uns für regionale Kreisläufe in der Lebensmittelproduktion
ein. Dazu gehört auch die regionale Schlachtung, Ver-
arbeitung und Vermarktung und der Einsatz für schärfere
Beschränkungen der Konzernmacht einzelner Schlachthöfe,
Molkereien und Handelskonzerne. Wir wollen den Ausstieg
aus der exportorientierten Agrarpolitik und eine schärfere
Regulierung des Imports von Agrarprodukten für die Tier-
nahrungsindustrie. Ohne eine Systemwende werden wir keine
Agrar- oder Ernährungswende schaffen können.

Die Situation von Tafeln und ähnlichen Organisationen hat


sich angesichts aktueller Krisen dramatisch verschlechtert.
Die Nahrungsmittel für Bedürftige sind zu knapp. Wir be-
grüßen, dass einige Supermärkte überschüssige Lebensmittel
gratis an die Tafel und ähnliche Organisationen abgeben.
Das reicht aber nicht! Immer mehr Menschen können ihren
Lebensmittelbedarf nicht mehr decken. Deshalb fordern wir,
dass alle Lebensmittelhändler*innen verpflichtet werden,
sämtliche Lebensmittel, die sie sonst entsorgen würden, an
die Tafel und ähnliche Organisationen abzugeben.

Die Lebensmittelüberwachung muss intensiviert und die


Kontrollergebnisse müssen transparent veröffentlicht werden.

Bei öffentlichen Veranstaltungen wie dem Freimarkt soll ver-


pflichtend auf Mehrweg statt auf Plastik gesetzt werden.
72

BETEILIGUNG STÄRKEN,
­BESONDERHEITEN ACHTEN

­Bürger*innenbeteiligung,
Bei Beiratssitzungen wollen wir Kinderbetreuung und hybride
Treffen ermöglichen.

Demokratie und In den Bremer Stadtteilen leben seit Jahren auch viele Men-

­Kommunalpolitik
schen, die weder die deutsche noch eine andere EU-Staats-
bürgerschaft haben. Obwohl sie sich im Quartier wohlfühlen
und dort bestens integriert sind, dürfen sie sich in die Politik
Die Stadtteile Bremens sind lebendige Orte, in denen die nicht in gleicher Weise einbringen wie alle anderen und sind
Menschen gemeinsam wohnen, arbeiten und sich treffen. deshalb nicht an politischen Entscheidungen und Prozes-
In den Quartieren stehen wie nirgends sonst politische Ent- sen beteiligt. Wir setzen uns dafür ein, dass alle Menschen,
scheidungen und deren Auswirkungen so dicht und direkt bei- die seit fünf Jahren ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik
einander. Dies kann man besonders in Ortsbeiratssitzungen Deutschland haben und aktuell in Bremen leben, auch das
erkennen, wo Bürger*innen das Recht haben, selbst zu spre- Wahlrecht für die Beiräte erhalten.
chen, eigene Ideen vorzutragen und Forderungen zu stellen.
Beiratspolitiker*innen stehen damit in der vordersten politi- Beiräte dürfen zwar zu vielen Belangen, die den Stadtteil
schen Reihe und sind jederzeit für Bürger*innen ansprechbar. betreffen, mitreden. Sie wollen aber selbst entscheiden über
Diese Stadtteil-Parlamente sind somit nicht nur bloße Ver- Themen, die Auswirkungen auf das Quartier haben. Wir
waltungsebene. Deshalb brauchen wir starke Beiräte, über schlagen vor, dass die bisherigen Beteiligungsrechte mög-
die die öffentliche Daseinsvorsorge und soziale Sicherheit auf lichst weitgehend in Entscheidungs- und Zustimmungs-
hohem Niveau gewährleistet werden können. rechte umgewandelt werden.

Wir fordern die Stärkung der Ortsteilbeiräte. Bremen muss Wir halten an der Forderung fest, dass alle Stadtteile ein
diskutieren, ob diese Gremien in Bezirksverordnetenver- eigenes Ortsamt erhalten und diese mit ausreichendem Per-
sammlung nach dem Hamburger oder Berliner Modell sonal ausgestattet werden. Die Wahlzeit der Leitungen dieser
umgewandelt werden. Für die Arbeit der Beiräte müssen Ortsämter soll von zehn auf acht Jahre reduziert werden, weil
Voraussetzungen geschaffen werden, damit die ehrenamt- die derzeitige Amtsdauer aus unserer Sicht zu lang ist.
lich Aktiven bereit sind sich zu engagieren: Dazu gehört eine
optimale Ausstattung der Stadtteil-Politiker*innen. Ohne Neben den sogenannten Globalmitteln haben die Stadtteile
elektronische Geräte ist es heute nahezu unmöglich, in den derzeit nur noch ein Stadtteilbudget für den Bereich Verkehr,
Beiräten gute Arbeit zu leisten. Wir fordern u. a. die kosten- über das sie verfügen können. Wir unterstützen die Beiräte in
freie Bereitstellung von Tablets für alle Mitglieder des Beirats. ihrem Wunsch, weitere Stadtteilbudgets zu erhalten.
Weiterhin schlagen wir für die Aufwandsentschädigung ein
Verfahren vor, mit dem nicht mehr die jeweilige Sitzung abge- Während der Corona-Pandemie konnten oftmals keine
rechnet wird. Die Sitzungsgelder könnten durch differenzierte Präsenzsitzungen der Beiräte stattfinden. Die Tagungen
Pauschalbeträge abgelöst werden, die jedoch nicht auf die wurden online über Videokonferenzen durchgeführt. Um
SGB-II-Bezüge angerechnet werden sollten. Die Höhe der die Öffentlichkeit trotzdem zu beteiligen, wurden diese
monatlichen Pauschalbeträge richtet sich nach der Stellung Gremiumssitzungen in die sozialen Medien gestreamt – mit
des jeweiligen Beiratsmitglieds. großem Erfolg. Die Beiräte sollten auch nach der Pandemie
die Möglichkeit erhalten, ihre dann wieder in Präsenz durch-
Analog zur Stadtbürgerschaft soll diese Aufwandsentschä- zuführenden Sitzungen zu streamen. Die Ortsämter müssen
digung an die jährliche Inflationsrate angepasst werden. rechtlich, technisch und finanziell in die Lage versetzt werden,
Beiratsmitglieder, die während ihrer Legislatur Kinder im die Online-Übertragungen selbst vorzunehmen.
eigenen Haushalt betreuen, erhalten monatlich zusätzlich
einen weiteren Pauschalbetrag, bis ihre Kinder in eine weiter- Stärkung der Freiwilligenarbeit im Land Bremen
führende Schule eintreten. Gleiches gilt für Beiratsmitglieder,
die pflegebedürftige Angehörige versorgen. Analog zur Rund 240.000 Freiwillige ab 14 Jahren engagieren sich im
Stadtbürgerschaft soll diese Aufwandsentschädigung an die Land Bremen, bringen kritisch ihre Stimme ein, gestalten das
jährliche Inflationsrate angepasst werden. kulturelle, politische, sportliche Treiben, setzen sich für ande-
re aktiv ein und machen das Leben an der Weser insgesamt
Wir wollen, dass alle, die dazu in der Lage und willens sind, lebenswerter. Dieses Engagement schätzen wir, wenn es un-
sich gesellschaftlich engagieren können. Ehrenamtliche Ar- abhängig und klar abgegrenzt von Erwerbsarbeit vollzogen
beit in Beiräten und Vereinen wollen wir weiblicher machen. wird.
Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass Beiräte und andere
ehrenamtlich Engagierte nicht durch äußere Bedingungen an Eine aufrichtige Wertschätzung der freiwilligen Arbeit zeigt
einem gesellschaftlichen Engagement gehindert werden. sich aber auch durch gute Rahmenbedingungen, wie es im
Beteiligung stärken, Besonderheiten achten 73

Prozess der Bremer Engagementstrategie bereits deutlich für eine öffentliche Planung aus, die Erholung, Kultur und
wird: So muss durch entsprechende Förderung von Projekten Sport zusammendenkt.
und Institutionen sichergestellt sein, dass Freiwillige haupt-
amtliche Ansprechpartner*innen vorfinden. Das Förderwe- Wir sprechen uns dafür aus, bei künftigen Bauvorhaben die
sen muss vereinfacht werden, um Vereine von Bürokratie zu Frage der Barrierefreiheit stärker mitzudenken.
entlasten und Förderzeiträume müssen über ein Jahr hinaus
ermöglicht werden, um Planungssicherheit in den ohnehin oft Die Ansiedlung von Lebensmittel- und anderen Märkten ist
prekär finanzierten sozialen Einrichtungen zu gewährleisten. gekennzeichnet durch eine Häufung an wenigen Standorten.
Zum Einkauf sind dadurch private oder öffentliche Verkehrs-
Zudem braucht es eine Unterstützung von kleinen Organisatio- mittel notwendig, weil wohnortnahe Geschäfte z. B. in Schö-
nen und Räume, die zur Verfügung stehen. Daher unterstützen nebeck und dem Alwin-Lonke-Quartier fehlen. Das bereitet
wir die Idee eines „Engagement-Hubs“ oder „Engagement- bei schlechtem ÖPNV-Netz besonders große Probleme. Es
Hauses“ für Freiwillige und Freiwilligenorganisationen in muss sichergestellt werden, dass die Abfahrtszeiten der Busse
Bremen mit Beratungs- und Qualifizierungsangeboten, Mög- auf eintreffende Bahnen aus dem Zentrum abgestimmt sind,
lichkeiten zum Know-how-Transfer und gemeinsam genutzter mit genügend Zeit auch für beeinträchtigte Menschen, zwi-
Fläche und Technik. schen den Haltestellen zu wechseln. Im Fall von Verspätungen
müssen Busse ihre Abfahrtszeiten entsprechend anpassen

Bremen-Nord
können, dies gilt gerade beim letzten Bus in der Nacht. Mit
dem Argument der S-Bahn-Linie ins Zentrum wurden Busver-
bindungen in der Fläche Bremen-Nords eingespart, zum Teil
Stadtentwicklung für Bremen-Nord – wie beim Wohngebiet Aumunder Wiesen – ganze Wohn-
gebiete von der Versorgung abgeschnitten. Auch in Rand-
Rund 100.000 Einwohner*innen machen Bremen-Nord zur lagen mit geringen Fahrgastzahlen muss der ÖPNV seiner
kleinen Großstadt, jedoch ohne entsprechende Strukturen. Versorgungspflicht nachkommen, und zwar mit Taktzeiten,
Der Mangel an Arbeitsplätzen, Einkaufs- und Kulturangebo- die einem städtischen Wohnen angemessen sind.
ten fördert eine Entwicklung hin zur reinen Schlafstadt. Rand-
ständige und vernachlässigte Wohngebiete mit relativ güns- DIE LINKE spricht sich für eine Fährverbindung zwischen
tigem Wohnraum beschleunigen die soziale Spaltung. Das Farge und der Waterfront aus, mit Anlegepunkten in Blumen-
möchten wir ändern. Der Niedergang vieler Großbetriebe bis thal, Vegesack und Burglesum. Diese Schnellfähre sollte ge-
in die jüngste Zeit führte einerseits zu hoher Arbeitslosigkeit, nauso Teil des ÖPNV sein wie die Fährverbindungen zwischen
andererseits zu großen brachliegenden Flächen. Gewerbliche Bremen und der Wesermarsch.
Nachnutzungen gelingen nur zu geringen Teilen, z. B. beim
Bremer Vulkan. Bremen-Nord gesundheitspolitisch,
sozial und kulturell aufwerten
Oft erfolgt eine Umwandlung in Wohngebiete, so im ehema-
ligen Steingut-Quartier oder am Rönnebecker Weserufer. Im Das Klinikum Bremen-Nord sollte zu einem Krankenhaus
letztgenannten Planungsgebiet soll auf die Sozialbindungs- mit medizinischer Vollversorgung weiterentwickelt werden.
quote mit dem Argument verzichtet werden, im Stadtteil DIE LINKE spricht sich in diesem Zusammenhang nach wie
befänden sich bereits ausreichend Sozialwohnungen. Das vor gegen den Abzug der Level-II-Frühchenversorgung aus.
halten wir für falsch, bedeutet es doch, die „Sahnestücke“ mit Zudem werden mehr Hebammen mit deutlich besseren
Weserblick nur für Vermögende vorzusehen, während sich Arbeitsbedingungen sowie Dolmetscher*innen in diesem Be-
andere mit Geschosswohnungen in Randlagen zufrieden- reich gebraucht. Bremen-Nord braucht eine deutlich bessere
geben müssen. Auch so wird die Spaltung der Gesellschaft kinder- und fachärztliche Versorgung. Die Kassenärztliche
in Reich und Arm weiterbefördert. Die Sozialbindungsquote Vereinigung (KV) sollte regional kleinteiliger geordnet wer-
(30 Prozent der neuen Wohnungen müssen für 30 Jahre den. Durch eine eigene KV Bremen-Nord wäre eine bedarfs-
verbilligt zur Miete angeboten werden, sofern mehr als gerechte ärztliche Versorgung möglich.
20 Wohneinheiten entstehen) reicht längst nicht aus, um
den Mangel an bezahlbarem Wohnraum zu beseitigen. DIE LINKE spricht sich für eine bessere Kita-Versorgung aus,
besonders im unterversorgten U3-Bereich in Bremen-Nord.
Vielmehr muss der Ausverkauf öffentlichen Grunds auch Wir lehnen jedoch die Ansiedlung privater, profitorientierter
in Bremen-Nord gestoppt werden – so z. B. rund um die Konzerne wie FRÖBEL kategorisch ab. Stattdessen fordern
Markthalle und das Finanzamt am Sedanplatz –, um mit ge- wir mehr öffentliche Einrichtungen unter dem Dach von KiTa
meinnützigen Wohnungsbaugesellschaften attraktive Woh- Bremen und halten Mini-Kitas bei mittelständischen und
nungen für Menschen mit geringem Einkommen zu schaffen. ­größeren Unternehmen für denkbar.
Dazu sind geeignete Gebäude und Baugrundstücke gezielt
aufzukaufen, der Trend des Ausverkaufs des „Tafelsilbers“ Besonders in sozial benachteiligten und stark migrantisch
Baugrund ist umzukehren. Öffentlicher Grund sollte höchs- geprägten Ortsteilen werden personell besser ausgestattete
tens langfristig verpachtet werden, um sich städtebauliche Grundschulen gebraucht. Auch zusätzliches sozialpädago-
Gestaltungsräume auch in Zukunft zu sichern. Wir sprechen gisches Personal ist dringend erforderlich, um dem Anspruch
uns für den Rückkauf weiterer Vonovia-Wohneinheiten durch der Inklusion flächendeckend gerecht zu werden. Wir befür­
BREBAU oder GEWOBA aus, etwa im Hegeweg oder in der worten die geplante Zentralisierung der Berufsschulen auf
Hakenwehrstraße. dem BWK-Gelände in Blumenthal und fordern verlässliche
Zeitfenster für den Umzug der Berufsschulstandorte. Auch
An der Schönebecker Aue mit der angrenzenden Gleisbra- 17 Jahre nach ihrer Gründung setzt die private Constructor
che und den nahe gelegenen Kleingärten sprechen wir uns University (früher Jacobs University) kaum positive Impulse
74 Beteiligung stärken, Besonderheiten achten

für die wirtschaftliche Entwicklung vor Ort. Der sogenannte Entscheidungen werden in der Bremischen Bürgerschaft ge-
Science Park ist endlich als Gewerbefläche zu entwickeln, die troffen. Bremerhaven ist als Hafenstandort insbesondere im
Sportflächen auf dem Oeversberg müssen langfristig gesi- Bereich Containerumschlag etabliert. Gleichzeitig stehen die
chert und bedarfsgerecht erneuert werden. DIE LINKE spricht Beschäf­tigten des Sektors so stark unter Druck wie nie zuvor.
sich für eine Eingliederung der Constructor University in die Leiharbeit, Minijobs, Flucht in die schlechter bezahlten Logis-
Strukturen der öffentlichen Hochschulen Bremens aus. Eine tiktarifverträge und nicht zuletzt die Digitalisierung der Häfen
weitere direkte oder indirekte öffentliche Förderung für eine bedrohen Arbeitsplätze und drücken das Lohnniveau. Die
private Constructor University lehnen wir ab. Kajen sind in Bremerhaven generell in einem sehr schlechten
Zustand und müssen saniert werden. Einige dieser Kajen ge-
Freizis und Jugendeinrichtungen wie das Mädchenpro- hören dem Land Bremen, das umgehend für eine Sanierung
jekt Lilas Pause leisten einen enorm wertvollen Beitrag zur sorgen muss.
Entwicklung und Stärkung junger Menschen. Sie müssen
dringend personell und finanziell deutlich bessergestellt Immer größere Schiffe erfordern, dass diese jederzeit – mög-
werden, um den Bedarfen gerecht zu werden und sich weiter lichst tideunabhängig den Hafen erreichen können. Dazu
entwickeln zu können. Kulturräume wie das NUNATAK in Blu- wird gefordert, die Außenweser und auch die Unterweser
menthal müssen langfristig gesichert werden. Bremen-Nord bis Brake zu vertiefen. Eine Vertiefung der Unterweser hat
braucht mehr davon, besonders für junge Menschen. Die Ein- negative Folgen für die Ökologie des Flusses sowie der an-
richtungen des Kulturbüros und hier besonders das Gustav- grenzenden Ländereien, die Landwirtschaft, den Tourismus,
Heinemann-Bürgerhaus brauchen wieder höhere finanzielle die Sportschifffahrt. Außerdem sind die anliegenden Gebiete
Zuwendungen, um einen guten Mix aus Begegnungsstätte – bis nach Bremen – durch den größeren Tidenhub gefährdet.
und Raum für anspruchsvolle kulturelle Events anbieten zu Es gibt keinen wirtschaftlichen Grund, um diese Risiken und
können. Dies schließt die zeitnahe Wiederaufnahme eines Nebenwirkungen zu tolerieren. Die Folgen einer möglichen
Mittagstischs ausdrücklich ein. Vertiefung der Außenweser sind scheinbar geringer. Die
Veränderung der Hydromorphologie kann zu höheren und

Bremerhaven
stärkeren Wellen führen, die sich auch auf die Deichsicherheit
auswirken können. Andererseits ist der Nutzen gering, da auf-
grund einer Engstelle Gegenverkehr auch bei einer Vertiefung
Die Stadtgemeinde Bremerhaven ist die kleinere der beiden nicht möglich wäre.
Kommunen im Land Bremen. Die kommunalen Angelegen-
heiten werden von der Stadt geregelt. Zuständig dafür ist Eine LINKE Hafenpolitik sieht eine verstärkte Kooperation
der Magistrat, der von der Stadtverordnetenversammlung der norddeutschen Häfen vor, bei der gemeinsame Stan-
kontrolliert wird. Zur Wahl der Stadtverordnetenversammlung dards im Arbeits- und Umweltsektor vereinbart werden.
gibt es ein eigenes Wahlprogramm. Insbesondere sind die Möglichkeiten des JadeWeserPorts
in Wilhelmshaven stärker einzubeziehen. Eine Kooperation
Es gibt aber einige Probleme, die speziell Bremerhaven be- verbessert die Position der deutschen Nordrange gegenüber
treffen und in der Landeshoheit liegen. Diese werden hier im Rotterdam und Antwerpen und vermeidet zusätzliche Um-
Folgenden angesprochen. weltprobleme.

Gesundheitspolitik und Ärzt*innenversorgung Über die Seehäfen werden Rüstungsgüter und große Men-
in Bremerhaven gen Munition verschifft, die weltweit eingesetzt werden und
Menschenleben kosten. Dieses Geschäft mit dem Tod gehört
In Bremerhaven gibt es derzeit nur ein Krankenhaus in öf- verboten. Aus Bremen können wir die Bundesregierung nicht
fentlicher oder gemeinnütziger Trägerschaft: das Klinikum davon abhalten, weiterhin den Verkauf von Rüstungsgütern in
Reinkenheide. Die anderen beiden Krankenhäuser sind 2014 alle Welt zu genehmigen und dabei auch Regime wie Saudi-
von der AMEOS Gruppe übernommen worden, die einen Arabien zu unterstützen, die brutale Angriffskriege führen.
Kampf um die lukrativen Versorgungsaufträge führt. Die Aber wir können als Drehscheibe dieses Handels der Ausfuhr
Existenz und der Ausbau des Klinikums Reinkenheide müssen von Rüstungsgütern einen Riegel vorschieben. Wir fordern, im
gesichert werden. Hafenbetriebsgesetz den Umschlag von Rüstungsgütern zu
verbieten.
DIE LINKE setzt sich für eine ausreichende ärztliche Versor-
gung aller Patient*innen ein, egal ob gesetzlich oder privat Förderung der Wirtschaft in Bremerhaven
versichert. Dem drohenden eklatanten Ärzt*innenmangel
muss dringend mit einem Rahmenkonzept zur medizinischen Die Nahrungsmittelindustrie ist einer der beschäftigungsin-
Versorgung entgegengewirkt werden. Dabei muss der tat- tensivsten Sektoren in Bremerhaven. Nachdem andere Wirt-
sächliche Bedarf an Ärzt*innen in Bremerhaven, nicht der schaftssektoren wie der Werftensektor oder auch der Sektor
theoretische Verteilungsschlüssel der Kassenärztlichen Verei- rund um erneuerbare Energien größtenteils weggebrochen
nigung als Grundlage dienen. Weitere Lösungskonzepte wie sind, muss abgesichert werden, dass die Standorte der Nah-
z. B. die Einführung von Polikliniken müssen endlich ernsthaft rungsmittelindustrie in Bremerhaven bestehen bleiben und
geprüft werden. zukunftsfähig sind. Die enge Verknüpfung mit der Hochschule
und eine Begleitung durch die Wirtschaftsförderung müssen
Hafen auch für die Zukunft gewährleistet sein.

Der Hafen ist eine von Bremerhavens Lebensadern. Der Inzwischen ist auch der Tourismus in Bremerhaven wirt-
Überseehafen gehört aber nicht zur Kommune Bremer- schaftlich relevant. Die Kommune Bremerhaven sollte auch
haven, sondern zur Kommune Bremen und die politischen zukünftig von Landesförderprogrammen profitieren.
Beteiligung stärken, Besonderheiten achten 75

Bildung und Forschung ten aber nach fachlicher Qualifikation ausgewählt werden
und nicht nach Koalitionsproporz. Des Weiteren fordern wir
Bremerhaven ist ein moderner Wissenschaftsstandort und die Direktwahl des*der Oberbürgermeister*in. Dieses ist
hat großes Potenzial. Ein Ausbau der Hochschule ist damit Standard in allen Städten Deutschlands, abgesehen von
nicht nur eine sinnvolle Arbeitsmarktmaßnahme, sondern den drei Städten Berlin, Hamburg und Bremen, wo der*die
vor allem eine Chance, die Stadt für mehr junge Menschen Bürgermeister*in gleichzeitig Ministerpräsident*in des ent-
attraktiv zu machen und ihnen einen Studienplatz zu ermög- sprechenden Bundeslandes ist. Eine Direktwahl stärkt die Be-
lichen. Auch der Ausbau und die intensivere Vernetzung des teiligungsrechte der Bürger*innen und es gibt keinen Grund
Alfred-Wegener-Instituts, des Fraunhofer-Instituts für Wind- für die Sonderrolle Bremerhavens.
energiesysteme und anderer Forschungsinstitute mit der
Hochschule muss politisch weiter gefördert werden. Die Bremische Bürgerschaft hat darauf zu achten, dass Än-
derungen der Beamtengesetze nicht zu einer Verfassung
Bremische Ämter in Bremerhaven führen, die die Beteiligungsrechte der Bürger*innen und der
Stadtverordnetenversammlung einschränkt.
Das Gewerbeaufsichtsamt und das Eichamt haben in Bre-
merhaven Zweigstellen, die derzeit stark unterbesetzt sind.
Zum Teil mussten Taxifahrer*innen nach Bremen fahren, um
ihre Taxameter eichen zu lassen. Nach dem Arbeitsschutzge-
setz sind mindestens 5 Prozent der Betriebe zu kontrollieren,
was wegen der Unterbesetzung nicht möglich ist. In jedem
Fall ist sicherzustellen, dass diese Ämter am Standort Bremer-
haven erhalten bleiben.

Des Weiteren ist das Landgericht, Abteilung Bremerhaven,


unterbesetzt. Verfahren müssen dann in Bremen verhandelt
werden. Dieses hat in der Vergangenheit zu Verjährungen
geführt.

Um die notwendigen Aufgaben im Sinne der Bremerhave-


ner*innen immer gut und zeitnah erfüllen zu können, ist eine
Aufstockung der Ämter mit Personal notwendig.

Mülldeponie Grauer Wall

Die Erweiterung der Deponie Grauer Wall ist von der Um-
weltbehörde in Bremen genehmigt worden, ohne die De-
ponieverordnung von 2009 ausreichend zu beachten. Der
Schutz der Bevölkerung ist nicht hinreichend berücksichtigt
worden. Die herrschende Politik in Bremerhaven hat sich
entschieden, gegen alle Sicherheitsbedenken in Bezug auf
Grundwasser, Staubbelastung der Anwohner*innen und des
Gesundheitsparks sowie die Bedrohung durch den Meeres-
spiegelanstieg an einem weiteren Betrieb der Deponie als
Sondermülldeponie festzuhalten. Die Schadstoffdurchbrüche
ins Grundwasser und in die Neue Aue und die mangelhaften
Kontrollen müssen ernsthaft untersucht werden. Da eine Auf-
stockung nicht zu verantworten ist, sind Planungen für einen
Ersatz der Deponie aufzunehmen. Die Deponie ist keinesfalls
geeignet als Ersatz für die Bremer Mülldeponie. Im Gegenteil:
Die Aufnahme von auswärtigem Müll muss unbedingt einge-
schränkt werden.

Magistratsreform

Die Magistratsverfassung hat in der Vergangenheit immer


zu Problemen geführt. Es gibt daher Bestrebungen, diese
zu ändern. Dabei schwebt einigen Personen der derzeitig
herrschenden Koalition aus SPD, CDU und FDP vor, dass die
hauptamtlichen Dezernent*innen zu politischen Beamt*in-
nen werden – quasi wie Landesminister*innen. Dieses Modell
ist aber nicht für eine Kommune geeignet.

Wir sind auch für die Änderung der Magistratsstrukturen.


Eine Abschaffung der ehrenamtlichen Dezernent*innen ist
überlegenswert. Die hauptamtlichen Dezernent*innen soll-
76

GLOSSAR

AKP Dekarbonisierung
Die Partei des türkischen Präsidenten Erdoğan. AKP steht Übergang zu einer Wirtschafts- und Lebensweise, bei der
für Adalet ve Kalkınma Partisi (türkisch) und bedeutet Partei weniger bzw. kein zusätzliches CO₂ („carbon“) in die Atmo-
für Gerechtigkeit und Aufschwung. sphäre freigesetzt wird.

Anergie DRG, Fallpauschale


Anergie, auch kalte Fernwärme, sind Wärmenetze mit rela- Abrechnungssatz für Behandlungen im Krankenhaus (von
tiv geringer Übertragungstemperatur, die sich zum Heizen Diagnosis Related Groups = diagnosebezogenen Fallgrup-
und Kühlen nutzen lassen, indem vor Ort Wärmepumpen pen). Die Zuordnung zur entsprechenden DRG ist praktisch
angeschlossen werden. Anergienetze eignen sich für eine das Preisschild einer Behandlung, die das Krankenhaus der
dezentrale Wärmeversorgung aus erneuerbaren Quellen, Krankenkasse in Rechnung stellt.
weil Energie sowohl entnommen als auch eingespeist wer-
den kann. E-Government
Electronic Government – elektronische Regierung. Verein-
Armutsquote fachung von Prozessen mit und zwischen staatlichen Institu-
Anteil der Bevölkerung, der weniger als 60 Prozent vom tionen durch Angebote im Internet.
durchschnittlichen Nettoeinkommen zur Verfügung hat.
EncroChat
Blau-grüne Infrastruktur Kommunikationsanbieter für abhörsichere Mobiltelefone
Städtebaulicher Ansatz, mehr auf Grünflächen zu setzen, und Ende-zu-Ende verschlüsselten Nachrichtenversand.
um das Regenwasser dort zu halten, wo es fällt, und es dort Dieses System wurde von Behörden in Frankreich geknackt.
verdunsten zu lassen. Betrifft oft Straßenbau und öffentli- Seitdem gibt es auch in Bremen zahlreiche Strafverfahren
che Plätze und hat das Ziel, eine Versickerung herzustellen. gegen Nutzer*innen solcher Handys auf Grundlage der
Dabei geht es auch um Entsiegelung und darum, die Städte sichergestellten Daten.
an klimatische Veränderungen anzupassen. In diesem Zu-
sammenhang spricht man oft von „Schwammstadt“. Bre- Enquetekommission
men hat ein eigenes Starkregenkataster. Ein vom Parlament eingesetzter Ausschuss, in dem Ab-
geordnete und externe Sachverständige sitzen und der ein
Bodycam konkretes Problem bearbeiten soll. Im Land Bremen wurde
Sichtbar getragene Videokamera, meistens bei Polizeiein- 2020 eine Enquetekommission „Klimaschutzstrategie für
satzkräften. das Land Bremen“ eingesetzt, die 2021 ihren Abschlussbe-
richt vorlegte. Darin wird ein Fahrplan vorgeschlagen, wie
Bremen-Fonds Bremen bis 2038 klimaneutral werden soll.
Kreditfinanzierter Sonderhaushalt, aus dem Maßnahmen
zur Bewältigung der Corona-Pandemie im Land Bremen Fastlane
finanziert wurden. Dafür wurde die Schuldenbremse außer Wörtlich Überholspur. Im Bericht der Enquetekommission
Kraft gesetzt. „Klimaschutzstrategie für das Land Bremen“ werden damit
herausgehobene Maßnahmen mit hoher Klimawirksamkeit
Bremer Standard bezeichnet, die vorrangig angegangen werden sollen.
Liste von Vorgaben, die für alle größeren Bauprojekte in
Bremen gelten. GEG
Grundstücksentwicklung Klinikum Bremen-Mitte GmbH &
Care-Arbeit Co. KG, entwickelt und vermarktet das Hulsbergquartier
Der Begriff umfasst Bereiche der Pflege, der Fürsorge so- rund um das Klinikum.
wie des Sich-Kümmerns und macht Arbeit sichtbar, die oft
schlecht oder unbezahlt, aber gesellschaftlich notwendig Gender Pay Gap
ist. Diese Arbeit wird besonders oft von Frauen geleistet. Beschreibt den geschlechtsspezifischen Lohnunterschied.

Containern Gewerbeentwicklungsplan
Sicherung von weggeworfenen, noch genießbaren Lebens- Plan für die weitere Entwicklung der Wirtschaft in der Stadt,
mitteln aus Abfallcontainern von Lebensmittelläden. mit Vorgaben zu Ansiedlungsflächen, Umweltauflagen,
Vorrangflächen für bestimmte Branchen oder Fördermaß-
Deckel, Preisdeckel nahmen.
Staatlich gesetzte Obergrenze für bestimmte Preise, z. B. für
Energie, bestimmte Grundnahrungsmittel oder für Mieten.
Glossar 77

Härtefallfonds PiA (Kita)


Öffentliches Budget, aus dem Hilfen bewilligt werden, um Praxisintegrierte Ausbildung als Ergänzung zur fachschuli-
besondere Härten zu vermeiden. In Bremen besteht z. B. ein schen Erzieher*innenausbildung. In dieser Ausbildungsform
Härtefallfonds zur Vermeidung von Wasser- und Energie- wird besser vergütet.
sperren.
PPP
IPCC Public-private-Partnership – vertraglich geregelte Zusam-
Intergovernmental Panel on Climate Change („Weltklima- menarbeit zwischen öffentlicher Hand und Privatwirtschaft
rat“). Ein Expert*innengremium der UN, das regelmäßig in gemeinsamen Unternehmen.
wissenschaftliche Berichte und Empfehlungen zum Klima-
wandel herausgibt. PsychKG
Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen
Klimaresilienz Krankheiten. Landesgesetz, das die Rechte psychisch Er-
Fähigkeit, Klimaveränderungen gut zu überstehen. krankter und die Arbeit von sozialpsychiatrischen Diensten
und psychiatrischen Krankenhäusern regelt.
Krankenhaus-Investitionsförderung
In Deutschland sind die Krankenkassen für den laufenden PV-Thermie, Solarthermie
Betrieb eines Krankenhauses zuständig und die Bundeslän- Nutzung von Sonnenlicht zur Erzeugung von Wärme, im
der für die Finanzierung der Investitionen. Typischerweise Unterschied zur Umwandlung von Sonnenenergie in Strom.
stellen die Länder dafür zu wenige Mittel zur Verfügung.
Quartiersblock
Kreislaufwirtschaft Zusammenhängende Fläche von mehreren Straßen und
Modell für Produktion und Verbrauch, bei dem eingesetzte Häuserzügen in einem Stadtteil (Quartier).
Ressourcen so lange wie möglich aufgearbeitet und wie-
derverwendet werden. Racial Profiling
Auf Stereotypen und äußerlichen Merkmalen basierender
Legalistischer Islamismus Umgang von Beamt*innen mit Personen, die sie aufgrund
Extremistische Positionen werden ohne Gewalt, sondern ihres Aussehens verdächtigen und deshalb z. B. häufiger
im Rahmen der Gesetzesordnung mit politischen Mitteln kontrollieren.
verfolgt.
Rekommunalisierung
Netzneutralität Umkehrung einer Privatisierung in eine kommunale Träger-
Gleichberechtigte und neutrale Übertragung von Daten im schaft. Die Straßenreinigung wurde etwa an eine private
Internet. Firma verkauft und später wieder anteilig vom Staat über-
nommen.
LGBTIQ*
Abkürzung für lesbian (lesbisch), gay (schwul), bisexual Repair Café
(bisexuell), trans*, inter* und queer, das * steht für weitere Reparaturcafé, Reparaturtreff. Selbsthilfewerkstatt, in der
sexuelle und geschlechtliche Identitäten. man unter fachlicher Beratung und Hilfestellung eigene
­Alltagsgegenstände reparieren kann.
Öffentliche Daseinsvorsorge
Aufgabe des Staates, für Menschen notwendige Leistun- Schuldenbremse
gen und Güter bereitzustellen. Seit 2011 gültige Bestimmung im Grundgesetz und in der
Landesverfassung, dass der Haushalt nicht durch Kredite
Ökologischer Fußabdruck ausgeglichen werden darf. Wird von der LINKEN abge-
Auswirkungen auf die Umwelt. Der ökologische Fußabdruck lehnt, weil sie Investitionen blockiert und Privatisierung
drückt aus, welche Fläche auf der Erde ein Land, ein Wirt- fördert.
schaftszweig, ein Individuum oder ein Produkt „verbraucht“,
wenn alle direkten und indirekten Umweltbeanspruchun- Schulkonsens
gen berücksichtigt werden (z. B. Rohstoffabbau, Transport, Einigung zwischen Parteien über die längerfristige Entwick-
Wasserverbrauch, Entsorgung, CO₂-Ausgleich). Industrie- lung der Schulstruktur, um häufiges Hin und Her bei Regie-
länder „verbrauchen“ typischerweise das Mehrfache ihrer rungswechseln zu vermeiden. In Bremen wurde der 2008
eigenen Landesfläche. geschlossene Schulkonsens 2018 noch einmal um 10 Jahre
verlängert (bis 2028). Er legt fest, dass sich an der Zahl der
Pandemie Gymnasien nichts ändert.
Weltweite Ausbreitung einer neuen Infektionskrankheit,
gegen die in der Bevölkerung kein Immunschutz vorliegt, an Scouts
der viele erkranken und die zu schweren Erkrankungen führt. Wörtlich: Kundschafter*innen, Beobachter*innen, z. B. Ta-
lentscout. Allgemein: Person, die sich in einem bestimmten
Paris, Klimaabkommen von Paris, Pariser Klimaziel Gebiet auskennt und dort bestimmte Aufgaben ausführen
Auf der UN-Klimakonferenz 2015 zwischen 195 Staaten ge- soll; häufig auch für Personen mit schnell angelernter, auf-
schlossener Vertrag. Die Unterzeichnerstaaten verpflichten gabenbezogener Qualifikation. In Bremen z. B. die Impf-
sich, ihre CO₂-Emissionen zu verringern, um den globalen scouts, die in den Stadtteilen Aufklärungsarbeit während
Temperaturanstieg auf deutlich unter 2 Grad, möglichst auf der Corona-Pandemie übernahmen.
1,5 Grad zu begrenzen.
78 Glossar

SDGs Transformation
Sustainable Development Goals. 17 Ziele der Vereinten Veränderung, Umbau, Anpassung an neue Gegebenheiten.
Nationen für eine nachhaltige Entwicklung. Im engeren Sinne: Veränderung der Wirtschaft und der
Infrastruktur im Zuge von Klimaschutz, Digitalisierung oder
Servicegesellschaft Globalisierung.
Tochtergesellschaft eines Unternehmens, die bestimmte
Aufgaben übernimmt, häufig zu schlechteren tariflichen TVöD
­Bedingungen. Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst, für Beschäftigte
des Bundes und der Kommunen.
Smart City
Sammelbegriff für Konzepte und Projekte, die dazu TV-L
beitragen sollen, Städte technologisch fortschrittlicher Tarifvertrag der Länder für Beschäftigte der Länder.
zu machen.
Urban Farming
Sozialquote, Sozialwohnungsquote Landwirtschaftliche Produktion von Lebensmitteln in der
Bei größeren Wohnungsbauprojekten muss ein bestimmter Stadt.
Anteil (Quote) der Wohnungen als Sozialwohnungen ver-
mietet werden (in Bremen sind das seit 2020 30 Prozent). Urban Gardening
Gilt aber nur, wenn städtischer Grund verkauft wird oder Gartenbauliche Arbeiten in Selbstverwaltung in der Stadt.
neues Baurecht geschaffen wird und erst ab 20 Wohnun-
gen. Vulnerabel
Verletzlich. Häufig in der Formulierung „vulnerable
Städtebaulicher Vertrag ­Gruppen“, d. h. soziale Gruppen, die aufgrund bestimm-
Vertrag zwischen der Stadt und einem Investor über ein ter Eigenschaften und in bestimmter Hinsicht besonders
konkretes Bauprojekt. Wichtig, weil man darin mehr und ­gefährdet sind.
genauere Auflagen machen kann als in einem Bebauungs-
plan. Warmmietenneutralität
Wenn die Kosten energetischer Sanierung nur in der Höhe
StadtTicket auf die Miete umgelegt werden (dürfen), wie gleichzeitig
Das Sozialticket in Bremen. Vergünstigte Monatskarte für an Nebenkosten eingespart wird, spricht man von Warm-
Menschen, die Sozialleistungen bekommen. mietenneutralität (weil die Warmmiete gleich bleibt).

Ticketfreier ÖPNV, kostenloser ÖPNV Wohnberechtigungsschein


Öffentlicher Personennahverkehr, bei dem man keine Mit dem Wohnberechtigungsschein kann man eine Sozial-
Fahrttickets mehr bezahlt, sondern wo alle nach Belieben wohnung mieten. Voraussetzung ist, dass man nicht zu
mitfahren können. viel verdient. Der Antrag kann beim Bauressort oder beim
Bürgerservice-Center abgegeben werden.
Impressum

DIE LINKE. Landesverband Bremen


Bürgerschaftswahlprogramm 2023,
beschlossen vom Landesparteitag
DIE LINKE. Bremen
am 27. November 2022 in Bremen

Herausgeber

Landesvorstand
DIE LINKE. Bremen
Faulenstraße 75
28195 Bremen
Telefon 0421/32 06 66
info@dielinke-bremen.de

V. i. S. d. P.: Andreas Hein-Foge


dasneuerot.de

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