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Zwang - verringerte Zwangsbeanspruchungen 1

Zwang - verringerte Zwangsbeanspruchungen


Allgemeines
Die in diesem Abschnitt behandelten Berechnungsverfahren zur Ermittlung der Zwangsschnittgrößen in Sohlplatten
und Wänden gelten als Empfehlung, die im „Lohmeyer Stahlbetonbau“ [1] gegeben wird und stellen eine Ergänzung
zu der in der DIN EN 1992-1-1 [2] angegebenen Ermittlung der rissbreitenbegrenzenden Bewehrung dar.

verminderter Zwang in Sohlplatten


Kann eine Beanspruchung aus spätem Zwang, z.B. während der Bauphase oder des Nutzungszeitraumes,
ausgeschlossen werden, darf der Nachweis für den frühen Zwang aus dem Abfließen der Hydratationswärme geführt
werden. Zusätzlich dazu kann die Zwangsspannung vermindert werden, wenn in der Sohlplatte keine anderen
Zwangsbeanspruchungen wirken und die Sohlplattenbewegungen nicht durch Festpunkte behindert werden. Die
rechnerische Zugspannung in der Sohlplatte σct,d ist abhängig vom Reibungsbeiwert μd, der Spannung σ0 und der
Länge L der verschiebbaren Sohlplatte.

Bemessungswert der wirksamen Betonzugspannung, die durch die Reibung auf dem Untergrund entsteht, wenn sich die Sohlplatte verkürzt

Sicherheitsbeiwert im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit

γct = 1,0 wenn die Zwangsspannung durch das Abfließen der Hydratationswärme hervorgerufen wird

Bemessungswert des Reibungsbeiwertes

Reibungslänge der Sohlplatte

halbe Sohlplattenlänge, da der Verformungsnullpunkt in Plattenmitte angenommen wird

Betonquerschnittsfläche, die auf Zug beansprucht ist

Reibungsbeiwerte für unterschiedliche Untergründe sind in der folgenden Tabelle aufgelistet. Ein Reibungsbeiwert
darf nur bei Sohlplatten mit ebener Unterseite angesetzt werden, die sich auf dem Untergrund frei bewegen können
und deren Verformungen nicht durch Fundamentvertiefungen, wie z.B. bei Aufzugschächten behindert werden.

Reibungsbeiwerte [3] [4]


1 2 3

Trennlage Reibungsbeiwert μ0 für die


Unterkonstruktion a)
erste Verschiebung

1 grobkörniger Baugrund ohne Sandbettung keine 1,4 … 2,1 e)

2 Kies-Sand-Bodenaustausch (nicht bindig) bei Dicke der Bodenplatte h = 0,2m > 1,4

3 bei Dicke der Bodenplatte h = 0,8m ≈ 0,9

4 sandiger Baugrund oder grobkörniger Baugrund keine 0,9 … 1,1 e)


mit Sandbettung unter der Sohlplatte
5 Noppenbahn (d ≈ 0,6mm) 0,8 … 1,0 d), e)

6 1 Lage PE-Folie b) 0,5 … 0,7 d), e)


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7 Sandbett (Dicke 6 … 10cm, mittlere Korngröße keine (Direktauflagerung auf nicht feinkörnigem, 0,7
0,35mm) bindigem Boden)

8 Perimeterdämmung auf Unterbeton bei beliebigem bei Dicke der Bodenplatte h ≤ 0,3m ≈ 0,8 d)
Baugrund
9 bei Dicke der Bodenplatte h ≥ 0,8m ≈ 0,5 d)

10 Unterbeton abgezogen (makrorau) 2 Lagen PE-Folie b) je 0,2mm:

11 bei Dicke der Bodenplatte h = 0,3m ≤ 2,0

12 bei Dicke der Bodenplatte h = 1,5m ≤ 1,3

13 Bitumenschweißbahn c) 0,35 … 0,7 d), e)

14 Dickbitumen c) 0,03 … 0,2 d), e)

15 ≈ 0,8
Trennschicht aus 2 Lagen dicker PE-Folie b) mit
zwischenliegender Schicht aus Silikonfett als
Schmiermittel

16 Unterbeton mit Flügelglättung 1 Lage PE-Folie b) 0,8 … 1,4 d), e)

17 ≤ 0,8
2 Lagen PE- Folie b)

18 mit PTFE b) beschichtete Folie 0,2 … 0,5 e)

19 ≈ 0,3
Trennschicht aus 2 Lagen dicker PE-Folie b) mit
zwischenliegender Schicht aus Silikonfett als
Schmiermittel

20 1- bis 2-lagige Bitumenschweißbahn c), stumpf gestoßen:

21 bei Dicke der Bodenplatte h = 0,3m ≈ 0,45

22 bei Dicke der Bodenplatte h > 1,0m ≈ 0,2

23 Sicherheitsbeiwert für Reibung h) γR = 1,35 f)

24 γR =1,25 g)

25 Bemessungswert der Reibung

a)
Die Oberfläche der Unterkonstruktion muss den Anforderungen der Ebenheit nach DIN 18202 entsprechen.
b)
PE = Polyethylen, PTFE = Polytetrafluor- Ethylen
c)
Bituminöse Trennschichten sind nur bei ausreichender Schichtdicke und Temperaturen in der Trennschicht >10°C wirksam.
d)
Vorschlag der Autoren der Fachliteraturquellen
e)
Bewegt sich der Reibungsbeiwert in einer Spannbreite empfehlen die Autoren der Fachliteraturquellen die Annahme des höheren Wertes, wenn
kein Einfluss auf die Ausführung besteht.
f)
nach "Lohmeyer Stahlbetonbau" und "Weiße Wannen einfach und sicher - 9.Auflage"
g)
nach "Weiße Wannen einfach und sicher - 11.Auflage"
h)
Die Autoren der Fachliteraturen empfehlen mit den angegebenen Sicherheitsbeiwerten zu rechnen, da die Auswahl des Reibungsbeiwertes mit
einiger Unsicherheit behaftet ist.

verminderter Zwang in Wänden


Durch das nachträgliche Betonieren einer Wand auf eine Sohlplatte entstehen in der Wand Zwangsspannungen
infolge der Verformungsbehinderung durch den Verbund beider Bauteile. Die ersten wesentlichen
Zwangsbeanspruchungen treten in der Wand beim Abfließen der Hydratationswärme auf.
Wenn der späte Zwang z.B. Temperaturänderungen im Tages- oder Jahreswechsel mit Sicherheit ausgeschlossen
werden kann, darf die in der Wand entstehende Zwangsspannung wie folgt abgeschätzt werden.
Zwang - verringerte Zwangsbeanspruchungen 3

Rechenwert der Betonzugspannung, die infolge Zwangsspannungen durch das Abfließen der Hydratationswärme entsteht

Beiwert für die Behinderung der Verformungsmöglichkeit eines Bauteils

k = 1,0 für Wände, die auf ein anderes Bauteil, z.B. eine Sohlplatte betoniert werden

Temperaturausdehnungskoeffizient des Betons

αT = 10 ∙ 10-6 1/K

wirksamer Elastizitätsmodul des Betons zum Zeitpunkt tmaxT der Entstehung der Betonzugspannungen

Ec,t = αE ∙ Ecm

tmaxT = 1 + 0,8 ∙ h h in m

Temperaturdifferenz zwischen der mittleren Bauteiltemperatur der Wand und der Sohlplatte

Anhand der folgenden Tabelle lässt sich der Verhältniswert αE der Elastizitätsmoduln in Abhängigkeit des
Bauteilalters tmaxT bei Entstehung der Betonzugspannungen ablesen.

Verhältniswert αE
1 2

Betonalter Verhältniswert αE = Ec,t/Ecm

1 12 Stunden 0,25

2 16 Stunden 0,45

3 24 Stunden 0,65

4 48 Stunden 0,85

5 14 Tage 1

Die Temperaturdifferenz zwischen der mittleren Bauteiltemperatur der Wand und der Bauteiltemperatur der
Sohlplatte bzw. des Fundamentes lässt sich wie folgt ermitteln.

mittlere Bauteiltemperatur der Wand

Bauteiltemperatur des Fundamentes bzw. der Sohlplatte

Beiwert zur Berücksichtigung des Temperaturverlaufs in der Wand

für h < 0,5m

für h = 0,5 ... 3,0m

für h > 0,5m

Frischbetontemperatur der Wand

Temperaturdifferenz, um die sich die Frischbetontemperatur bei der Hydratation erhöht


Zwang - verringerte Zwangsbeanspruchungen 4

Beiwert zur Berücksichtigung des Verhältnisses zwischen der tatsächlichen Temperaturerhöhung im Bauteil und der theoretischen
Temperaturerhöhung der Wanddicke

Zementgehalt

Hydratationswärme des Zementes

Wärmekapazität des Betons

Cc0 ≈ 2.500 kJ/(m3 ∙ K)

Anhand der folgenden Tabelle lässt sich der Beiwert αb zur Berücksichtigung des Verhältnisses zwischen der
tatsächlichen Temperaturerhöhung im Bauteil und der theoretischen Temperaturerhöhung der Wanddicke ablesen.

Verhältniswert αb
1 2

Bauteildicke h [m] Verhältniswert αb = ΔTb,H/ΔTth

1 0,25 0,65

2 0,40 0,75

3 0,60 0,80

4 0,80 0,85

5 1,00 0,90

6 2,00 1,00

Eine weitere Reduzierung der entstehenden


Spannungen erfolgt durch die Relaxation
(Verformung konstant, Abbau der
Spannungen) und das Kriechen
(Spannungen konstant, Abbau der
Verformungen). Der Nachweis hierfür ist
jedoch sehr aufwendig und wird an dieser
Stelle nicht aufgeführt, was zu Ergebnissen
auf der sicheren Seite liegend, führt.
Die Größe der Zwangsbeanspruchungen ist
unter anderem vom Verhältnis der
Wandlänge L zur Wandhöhe H abhängig.
Nach den Untersuchungsergebnissen von H. Spannungsverteilung in einer Wand
Falkner nehmen die Zwangsspannungen bei
zunehmendem Verhältnis L/H zu und streben bei L/H ≈ 10 ihren Größtwert an.
Der Maximalwert der in der Wand entstehenden Zwangsspannung stellt sich am Wandfuß ein. Da der Verbund mit
der Sohlplatte jedoch bis in eine Wandhöhe von 1/4 ∙ H bzw. ca. 80 cm über Oberkante Sohlplatte
rissbreitenbegrenzend wirkt, wird die Bemessung mit dieser Spannung empfohlen (siehe dazu das nebenstehende
Bild). Da sich die Sohlplatte beim Temperaturanstieg in der Wand kurz nach dem Betonieren erwärmt und somit die
Verteilung der Zwangsspannungen im Bereich der Fuge allmählich erfolgt, darf die in der Spannungsverteilung
entstehende spitze Ecke ausgerundet werden. Die empfohlene Anpassung des Spannungsverlaufes in der Wand an
die Realität bzgl. der Spannungsordinate und der Ausrundung dieser werden mit dem Beiwert kct,d wie folgt
berücksichtigt.
Zwang - verringerte Zwangsbeanspruchungen 5

Bemessungswert der Betonzugspannungen in ca. 1/4 ∙ H

Beiwert zur Anpassung des Spannungsverlaufes in Abhängigkeit vom Verhältnis der Wandlänge L zur Wandhöhe H

Rechenwert der Betonzugspannung, die infolge Zwangsspannungen durch das Abfließen der Hydratationswärme entsteht

In der nachfolgenden Tabelle werden die Beiwerte kct,d in Abhängigkeit des Verhältnisses L/H angegeben.

Beiwert kct,d
1 2

Beiwert kct,d
Verhältnis L/H a)

1 ≤1 ≈ 0,35

2 ≤2 ≈ 0,50

3 ≤3 ≈ 0,60

4 ≤4 ≈ 0,70

5 ≤6 ≈ 0,85

6 ≤8 ≈ 0,95

7 ≤ 10 ≈ 1,00

8 > 10 = 1,00

a)
Verhältnis der Wandlänge L (Abstand zwischen zwei Fugen) zur Wandhöhe H

Quellen
Fachliteratur / Normen
[1] Baar, S.; Ebeling, K.: Lohmeyer Stahlbetonbau. Bemessung-Konstruktion-Ausführung. 10.Auflage. Wiesbaden 2017
[2] DIN EN 1992-1-1 Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken. Teil 1-1: Allgemeine Bemessungsregeln und
Regeln für den Hochbau mit Nationalem Anhang. Beuth Verlag GmbH 2016
[3] Lohmeyer, G.; Ebeling, K.: Weiße Wannen - einfach und sicher. Konstruktion und Ausführung wasserundurchlässiger Bauwerke aus Beton.
9. überarbeitete und erweiterte Auflage. Düsseldorf 2009
[4] Lohmeyer, G.; Ebeling, K.: Weiße Wannen - einfach und sicher. Konstruktion und Ausführung wasserundurchlässiger Bauwerke aus Beton.
11. überarbeitete Auflage. Düsseldorf 2018

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