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Marc Helmold

Leadership
Agile, virtuelle und globale
Führungskonzepte in Zeiten von neuen
Megatrends
Leadership
Marc Helmold

Leadership
Agile, virtuelle und globale
Führungskonzepte in Zeiten von neuen
Megatrends
Marc Helmold  
Berlin, Deutschland

ISBN 978-3-658-36363-5 ISBN 978-3-658-36364-2  (eBook)


https://doi.org/10.1007/978-3-658-36364-2
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Vorwort

Demographischer Wandel, neue Arbeitsformen, fehlender Fachkräftenachwuchs, techno-


logische Innovationen, die zunehmende virtuelle Vernetzung, der unbegrenzte Austausch
von Informationen und die COVID-19 Pandemie stellen die Arbeitswelt vor einen signi-
fikanten Umbruch. Damit verändern sich auch die Anforderungen an professionelle
und innovative Führungskräfte. Dies führt zu der Frage, wie Unternehmen einen lang-
fristigen und nachhaltigen Wettbewerbsvorteil erzielen können. Moderne und innovative
Leadershipfähigkeiten sind in der für das 21. Jahrhundert erwarteten neuen Wettbewerbs-
landschaft erforderlich. Als Folge gibt es heutzutage einen Paradigmenwechsel zum New
Leadership, um Unternehmen, Mitarbeiter und Organisation erfolgreich und nachhaltig
zu steuern.
Das Ziel von New Leadership ist nichts weniger als die Transformation der
Organisation zu einer positiven und zukunftsgerichteten Unternehmenskultur. Dieser
Fokus auf die Zukunft bedingt auch eine offene Fehlerkultur. Führungspersönlich-
keiten des New Leaderansatzes schaffen es, sich selbstorganisierende, virtuelle und
agile Teams authentisch und selbstsicher zu motivieren. Führungskräfte erschaffen eine
Vertrauenskultur, in der Mitarbeiter ihr volles Potenzial einbringen, Spaß an der Arbeit
haben, perspektivisch mitdenken und extrinsisch wie intrinsisch motiviert sind. Jeder
einzelne Mitarbeiter ist heutzutage wichtig geworden. Jede einzelne Perspektive zählt.
Man spricht innerhalb des New Leadershipansatzes von notwendiger Mehrperspektivität
und einem Willen-Wollen (Volution) der Mitarbeiter. Dies bedeutet, dass jeder Einzelne
seine Perspektive einbringen muss und dies auch wollen soll, der Mitarbeiter muss mit-
denken, mitbewirken, mitgestalten und Verantwortung übernehmen wollen. Es reicht
heute nicht mehr, als Unternehmen einfach nur gut zu sein. Wer erfolgreich sein möchte,
muss sich diesem Wandel und der permanenten Veränderung stellen und diese aktiv mit
seinem Team gemeinsam mitgestalten. Und zwar so, dass alle echten Spaß daran haben,
mitmachen zu dürfen. Der Wandel zu diesem von Autonomie bestimmten Prozess ist
notwendig, um als Unternehmen langfristig erfolgreich zu sein. Dieses Konzept ist das
Modell New Leadership.
Dieses Buch zeigt anhand innovativer, digitaler und strategischer Beispiele, wie ein
erfolgreiches Leadershipmodell gestaltet werden kann. Das Buch kombiniert Theorie

V
VI Vorwort

und Praxis ideal mit Fallstudien und Praxisbeispielen. Neben Grundbegriffen und
praktischen Beispielen wird aufgezeigt, wie eine Transformation zu New Leadership
vollzogen werden kann.
Prof. Helmold war als Führungskraft in führenden Unternehmen der Automobil- und
Bahnindustrie in Deutschland, der Tschechischen Republik, Japan und China tätig. Der-
zeit unterrichtet er Leadership, Performance Management, Supply Chain Management
und Verhandlungen im internationalen Kontext an der IU Internationale Hochschule in
Berlin und anderen Universitäten in Großbritannien und China. Er unterstützt Unter-
nehmen auch in den Bereichen Leadershipentwicklung, Lean Management, Performance
oder Projektmanagement. Das Buch wäre ohne die Unterstützung von Führungskräften,
Praktikern, Akademikern und Studenten auf Doktor- und Masterebene nicht möglich
gewesen. Für die praktische Relevanz dankt der Autor für die Beiträge von Fachleuten
aus vielen Branchen und von öffentlichen Organisationen. Darüber hinaus kommen viele
der Impulse von Studierenden des IU-Universitätscampus in Berlin. Aufgrund seiner
Erfahrung als Führungskraft konnten zahlreiche Beispiele aus Industrie und öffentlichem
Leben in das Buch integriert werden.
Der Autor hofft, dass das Buch auch dazu beiträgt, dass neben Vielfalt und inter-
kulturellen Erfahrungen das New Leadershipkonzept nachhaltig vermittelt werden kann.
Das Buch ist meiner Frau Takako und meinen Töchtern Manami und Ayumi
gewidmet.

Berlin Marc Helmold


Januar 2022
Inhaltsverzeichnis

1 Leadership: Gegenstand und Definition. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1


1.1 Definition Leadership, Führung und Management. . . . . . . . . . . . . . . . . 1
1.2 Führungsverständnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
1.3 Charakterisierung einer Führungsbeziehung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
1.4 Führung in Organisationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
1.4.1 Begriff der Organisation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
1.4.2 Organisation als Instrument der Betriebsführung . . . . . . . . . 4
1.4.3 Organisationen sind zielgerichtet. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
1.4.4 Organisationen sind soziale Systeme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
1.4.5 Organisationen haben eine formale Struktur. . . . . . . . . . . . . 7
1.4.6 Beständige Grenzen der Organisationen. . . . . . . . . . . . . . . . 7
1.5 New Leadership versus traditionelle Führung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
1.5.1 New Leadership als Wettbewerbsvorteil . . . . . . . . . . . . . . . . 7
1.5.2 Bedeutung des New Leadership. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
1.5.3 Vorteile des New Leadership. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
1.5.4 Transformation zum New Leadership. . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
1.6 Personalmanagement als Unterstützungsfunktion des Leadership . . . . 10
1.6.1 Begriff und des Personalmanagements . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
1.6.2 Personalmanagement als Unterstützungsfunktion in der
Wertekette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
1.7 Fallstudie: Leadership Exzellenz bei SAP mit strategischem
Partner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
2 Leadershipansätze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
2.1 Führung, Führungsstile und Trends. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
2.1.1 Führung und Führungsstile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
2.1.2 Demographische, techno-ökonomische
und soziale Trends. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

VII
VIII Inhaltsverzeichnis

2.2 Eindimensionale Führungsstile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19


2.2.1 Modell nach Kurt Lewin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
2.2.2 Modell nach Tannenbaum und Schmidt. . . . . . . . . . . . . . . . . 20
2.3 Mehrdimensionale Führungsstile. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
2.3.1 Verhaltenstheoretisches Führungskonzept nach Blake
und Mouton . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
2.3.2 Situativer Führungsmodell von Hersey und Blanchard. . . . . 23
2.4 Transaktionale und transformationale Führungsstile. . . . . . . . . . . . . . . 24
2.4.1 Transaktionaler Führungsstil. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
2.4.2 Transformationaler Führungsstil. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
2.5 Ethischer Führungsstil. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
2.6 Agiler Führungsstil. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
2.7 Fallstudie: Transformationale Führung bei der Deutschen
Bahn (DB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
3 Motivationsansätze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
3.1 Grundbegriffe: Bedürfnisse, Motive und Motivation. . . . . . . . . . . . . . . 33
3.1.1 Bedürfnisse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
3.1.2 Motive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
3.1.3 Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
3.1.4 Intrinsische Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
3.1.5 Extrinsische Motivation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
3.2 3 K-Modell nach Kehr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
3.2.1 Beschreibung des 3 K-Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
3.2.2 Strategien zur Vermeidung oder Verringerung einer
Motivdiskrepanz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
3.3 ERG-Theorie nach Clayton Alderfer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
3.4 Die Pyramide nach Maslow. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
3.5 2-Faktoren Theorie Herzberg. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
3.6 VIE-Theorie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
3.7 Myers-Briggs Type Indicator (MBTI). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
3.7.1 MBTI: Begriff und Definition. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
3.7.2 Motivation und Antrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
3.7.3 Aufmerksamkeit und Sensitivität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
3.7.4 Entscheidung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
3.7.5 Lebensstil. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
3.8 Fallstudie: 80 % der Fortune-100-Unternehmen
verwenden den MBTI. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
3.8.1 Teams zusammenstellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
3.8.2 Kommunikation erleichtern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
3.8.3 Weniger Konflikte, mehr Effizienz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
Inhaltsverzeichnis IX

3.8.4 Führungskräfteentwicklung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
4 Transformation und kultureller Wandel zum modernen
Leadershipansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
4.1 Leadership als Leitbild der Unternehmenskultur. . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
4.1.1 Kulturelles Netz (Cultural Web) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
4.1.2 Stories und Geschichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
4.1.3 Symbole und Zeichen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
4.1.4 Machtstrukturen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
4.1.5 Organisationsstrukturen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
4.1.6 Kontrollsysteme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
4.1.7 Rituale und Routinen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
4.2 Notwendigkeit des kulturellen Wandels zum modernen Leadership. . . 56
4.3 Fallstudie: Unternehmenskultur von PepsiCo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
4.3.1 Mitarbeiterorientierte Unternehmenskultur bei PepsiCo. . . . 57
4.3.2 Performance und Leistung mit Sinn. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
4.3.3 Führung in der realen Welt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
4.3.4 Kollaboration und Zusammenarbeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
4.3.5 Die Unternehmenskultur von PepsiCo:
Vor- und Nachteile. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
5 Emotionale Intelligenz und Leadershipkompetenzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
5.1 Emotionale Intelligenz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
5.1.1 Begriffsdefinition: Emotionale Intelligenz. . . . . . . . . . . . . . . 61
5.1.2 Vorteile der emotionalen Intelligenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
5.2 Leadershipkompetenzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
5.2.1 Persönliche Kompetenzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
5.2.2 Soziale Kompetenzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
5.2.3 Fachliche Kompetenzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
5.2.4 Methoden Kompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
5.2.5 Weitere Kompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
5.3 Fallstudie: Führung in der Toyota Motor Corporation. . . . . . . . . . . . . . 66
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
6 Leadership als Teil der Unternehmensstrategie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
6.1 Leadership als strategischer Wettbewerbsvorteil
Unternehmensstrategie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
6.1.1 Strategische Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
6.1.2 Strategische Auswahl. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
6.1.3 Strategische Implementierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
X Inhaltsverzeichnis

6.1.4 Gestaltung der strategischen Ausrichtung: Strategische


Pyramide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
6.2 Balanced Score Card (BSC) als strategisches Leadershipwerkzeug. . . 75
6.3 EFQM-Exzellenz Modell als Leadershipwerkzeug. . . . . . . . . . . . . . . . 76
6.4 Internationalisierung des Leadership. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
6.5 Leadership als Schlüsselrolle in der COVID-19 Pandemie. . . . . . . . . . 81
6.6 Fallstudie: Erfolg durch innovative Führung in Apple. . . . . . . . . . . . . . 81
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
7 Personalplanung, Personalbeschaffung und Personalauswahl. . . . . . . . . . . 85
7.1 Personalplanung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
7.1.1 Gegenstand und Ziele der Personalplanung. . . . . . . . . . . . . . 85
7.1.2 Strategische Personalplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
7.1.3 Operative Personalbedarfsplanung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
7.2 Personalbeschaffung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
7.3 Personalauswahl. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
7.3.1 Gegenstand der Personalauswahl. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
7.3.2 Vorauswahl. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88
7.3.3 Endsauswahl. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
7.4 Interviews. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
7.4.1 Definition und Arten von Interviews. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
7.4.2 Kennenlerngespräch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90
7.4.3 Informationsgespräch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90
7.4.4 Strukturierte, semistrukturierte und vollstrukturierte
Interviews. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
7.4.5 Das situative Interview (SI). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
7.4.6 Multimodales Interview (MMI). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
7.4.7 Biographisches Interview. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
7.4.8 Das Behavior Description Interview (BDI). . . . . . . . . . . . . . 93
7.5 ERP-Systeme als Unterstützung im Personalmanagement . . . . . . . . . . 94
7.6 Fallstudie: ERP System von SAP. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96
7.6.1 SAP: Weltweiter Anbieter für ERP-Systeme. . . . . . . . . . . . . 96
7.6.2 Reduzieren Sie die Komplexität der Compliance . . . . . . . . . 97
7.6.3 Verbesserung der internen Kommunikation und
Zusammenarbeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98
8 Arbeitsrecht, Personalfreisetzung und Personalcontrolling. . . . . . . . . . . . . 99
8.1 Arbeitsrechtliche Aspekte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
8.1.1 Hierarchie im Arbeitsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
8.1.2 Arbeitnehmer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100
8.1.3 Arbeitgeber. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100
8.1.4 Betriebsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
Inhaltsverzeichnis XI

8.1.5 Arbeitgeberverbände. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102


8.1.6 Gewerkschaften. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
8.2 Personalfreisetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
8.3 Personalcontrolling. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
8.3.1 Begriffsbestimmung: Personalcontrolling. . . . . . . . . . . . . . . 103
8.3.2 Gegenstandsbereiche des Personalcontrolling. . . . . . . . . . . . 103
8.3.3 Personalcontrolling-Instrumente. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
8.4 Fallstudie: Personalcontroller bei Aldi als Change Manager. . . . . . . . . 105
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
9 Leadershipinstrumente und Anreizsysteme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
9.1 Performance Management Prozess und Anreizsysteme. . . . . . . . . . . . . 107
9.2 Materielle und immaterielle Anreizsysteme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
9.2.1 Gegenstand von Anreizsystemen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
9.2.2 Elemente eines umfassenden Anreizsystems. . . . . . . . . . . . . 109
9.2.3 Materielle Anreize. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
9.2.4 Immaterielle Anreize. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111
9.3 Kommunikation und Feedback. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111
9.4 Mitarbeitergespräche und -beurteilungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112
9.5 Management-by-Objectives (Zielvereinbarungen). . . . . . . . . . . . . . . . . 113
9.6 Management-by-Delegation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
9.7 Management-by-Exception . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
9.8 Management-by-Motivation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
9.9 Management-by-Participation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
9.10 Management-by-Results. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116
9.11 Management-by-Systems. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116
9.12 Fallstudie: Unternehmenskultur bei Bertelsmann . . . . . . . . . . . . . . . . . 116
9.12.1 Der Konzern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116
9.12.2 Führungsgrundsätze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
9.12.3 Corporate Social Responsibility (CSR). . . . . . . . . . . . . . . . . 117
9.12.4 Vielfalt und Verschiedenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
9.12.5 Gesundheitsmanagement. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118
10 Personalentwicklung, Coaching und Mentoring. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
10.1 Grundbegriffe der Personalentwicklung und
Kompetenzanforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
10.2 Personalentwicklung on the Job. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120
10.2.1 Job Enlargement. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120
10.2.2 Job Enrichment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
10.2.3 Job Rotation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
10.2.4 Autonome Arbeitsgruppen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122
XII Inhaltsverzeichnis

10.3 Personalentwicklung along the Job . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122


10.3.1 Coaching . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122
10.3.2 Mentoring. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122
10.3.3 Berufsbegleitender Entwicklungs- und Karriereplan. . . . . . . 124
10.4 Personalentwicklung near the Job . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124
10.4.1 Lernwerkstatt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124
10.4.2 Qualitätszirkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126
10.4.3 Projektunterricht und Projektarbeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126
10.5 Personalentwicklung off the Job . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126
10.5.1 Vorträge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126
10.5.2 Konferenzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126
10.5.3 Planspiel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126
10.5.4 Trainings und Schulungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
10.5.5 Fort- und Weiterbildungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
10.5.6 Mitarbeit in Verbänden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
10.5.7 Studium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128
10.6 Fallstudie: Entwicklungsmaßnahmen bei Adidas. . . . . . . . . . . . . . . . . . 128
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130
11 Führung von Gruppen und Teams . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131
11.1 Definition von Gruppe und Teams. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131
11.2 Besonderheiten von Gruppen und Teams. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132
11.3 Arten von Teams. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
11.3.1 Begriff des Teams. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
11.3.2 Teilautonome Arbeitsteams. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
11.3.3 Projektteams. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
11.3.4 Optimierungsteams . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
11.3.5 Aufgabenteams. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
11.3.6 Virtuelle Teams . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135
11.3.7 Leadershipteams oder Managementteams. . . . . . . . . . . . . . . 136
11.4 Herausforderungen an hybride und virtuelle Teams . . . . . . . . . . . . . . . 137
11.5 Konfliktmanagement in und zwischen Gruppen und Teams . . . . . . . . . 138
11.6 Fallstudie: Lernwerkstatt der Deutschen Bahn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140
12 Corporate, Employer Branding und Personalmarketing. . . . . . . . . . . . . . . 141
12.1 Corporate Branding . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141
12.2 Employer Branding . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142
12.3 Personalmarketing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143
12.3.1 Begriff und Gegenstand des Personalmarketings. . . . . . . . . . 143
12.3.2 Maßnahmen des Personalmarketings. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144
12.3.3 Vorteile des Personalmarketings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144
12.3.4 Plattformen des Personalmarketings. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145
Inhaltsverzeichnis XIII

12.4 Fallstudie: Personalmarketing am Beispiel der Mercedes-Benz AG. . . 145


Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146
13 Leadership im Projektmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147
13.1 Kriterien im Projektmanagement. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147
13.2 Kritische Erfolgsfaktoren in Projekten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149
13.2.1 Schlüsselkriterien in Projekten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149
13.2.2 Integrationsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150
13.2.3 Umfangs- und Leistungsmanagement. . . . . . . . . . . . . . . . . . 150
13.2.4 Zeit- und Terminmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150
13.2.5 Kostenmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150
13.2.6 Qualitätsmanagement. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150
13.2.7 Personalmanagement. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
13.2.8 Kommunikationsmanagement. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
13.2.9 Risikomanagement. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
13.2.10 Beschaffungsmanagement. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
13.3 Kompetenzanforderungen für Leader im Projektmanagement . . . . . . . 151
13.4 Fallstudie: Kollaboration von KB und Continental für
automatisierte Fahrsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
14 Corporate Social Responsibility (CSR) und Ethik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155
14.1 Begriffsdefinition: CSR und Ethik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155
14.1.1 4-Stufen CSR-Pyramide nach Caroll. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156
14.1.2 Zwei-Dimensionen-Modell nach Quazi & O’Brien. . . . . . . . 158
14.1.3 Kernbereiche-Modell nach Carroll und Schwartz. . . . . . . . . 159
14.1.4 Nachhaltigkeit und drei-Säulen-Modell. . . . . . . . . . . . . . . . . 160
14.1.5 Corporate Citizenship (CC). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162
14.2 Megatrends mit Auswirkungen auf das Leadership. . . . . . . . . . . . . . . . 165
14.3 Notwendigkeit von CSR im Leadership. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166
14.4 Reifegradanalysen von CSR im Leadership. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167
14.5 Lieferantenentwicklung im Bereich CSR. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167
14.6 Global Compact Prinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169
14.7 Fallstudie: Nachhaltigkeit bei Volkswagen (VW) . . . . . . . . . . . . . . . . . 170
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171
15 Leadership und Change Management . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175
15.1 Definition Change Management. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175
15.2 Veränderungsmanagement nach Lewin. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176
15.2.1 Antreiber vs. Widerstände. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177
15.2.2 Änderungsmanagement auf der Sachebene. . . . . . . . . . . . . . 177
15.2.3 Phase 1: Unfreezing. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178
15.2.4 Phase 2: Changing. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178
XIV Inhaltsverzeichnis

15.2.5 Phase 3: Refreezing. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178


15.2.6 Der Faktor Mensch ist entscheidend. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179
15.3 Veränderungsmanagementkurve nach Kübler-Ross. . . . . . . . . . . . . . . . 179
15.3.1 Schock. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180
15.3.2 Leugnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180
15.3.3 Ärger und Zorn. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180
15.3.4 Frustration und Konfusion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180
15.3.5 Frustration und Konfusion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180
15.3.6 Akzeptanz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
15.3.7 Neuorientierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
15.4 Veränderungsmanagement nach Kotter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
15.4.1 Veränderungen in 8 Schritten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
15.4.2 Schritt 1: Entwicklung eines Gefühls der Dringlichkeit . . . . 182
15.4.3 Schritt 2: Erstellung der Führungskoalition. . . . . . . . . . . . . . 182
15.4.4 Schritt 3: Eine Vision des Wandels entwickeln. . . . . . . . . . . 183
15.4.5 Schritt 4: Die Vision des Wandels kommunizieren. . . . . . . . 183
15.4.6 Schritt 5: Hindernisse aus dem Weg räumen. . . . . . . . . . . . . 184
15.4.7 Schritt 6: Kurzfristige Ziele festsetzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . 184
15.4.8 Schritt 7: Erfolge konsolidieren und weitere
Veränderungen ableiten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184
15.4.9 Schritt 8: Veränderungen in der Unternehmenskultur
verankern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184
15.5 Bereitschaft zum Wandel zum modernen Leadership . . . . . . . . . . . . . . 185
15.6 Persönlichkeiten im Change Management. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186
15.6.1 Visionäre und Missionare. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186
15.6.2 Pioniere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187
15.6.3 Aktive Unterstützer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187
15.6.4 Opportunisten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187
15.6.5 Untergrundkämpfer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187
15.6.6 Offene Widerständler. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188
15.6.7 Emigranten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189
15.7 Umgang mit Widerstand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189
15.7.1 Erste Strategie: Interne Stakeholdergruppen analysieren . . . 189
15.7.2 Zweite Strategie: Die Hintergründe des Projekts erklären. . . 189
15.7.3 Dritte Strategie: Mit Opponenten richtig umgehen. . . . . . . . 190
15.7.4 Vierte Strategie: Gutes bewahren und weiterentwickeln. . . . 190
15.7.5 Fünfte Strategie: Das „Tal der Tränen“ bewusstmachen. . . . 190
15.7.6 Sechste Strategie: Individuell informieren. . . . . . . . . . . . . . . 191
15.8 Fallstudie: Change und Innovationsmanagement bei Panasonic. . . . . . 191
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192
Inhaltsverzeichnis XV

16 Audits als erfolgreiche Methode im modernen Leadership . . . . . . . . . . . . . 193


16.1 Audits und Qualitätsmanagementsysteme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193
16.1.1 Begriff des Audits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193
16.1.2 Systemaudits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194
16.1.3 Prozessaudits. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195
16.1.4 Produktaudits. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196
16.1.5 Kontrollaudits. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197
16.1.6 Andere Audits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197
16.2 Fallstudie: 5 S Audits in der Berliner Kindl Schultheiss Brauerei. . . . . 197
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199
17 Diversity Management und Vielfalt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201
17.1 Begriffsdefinition: Diversität und von Vielfalt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201
17.2 Diversity Management als Teilaufgabe des Personalmanagements. . . . 202
17.2.1 Verankerung von Diversity in die Unternehmensmission
und -kultur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203
17.2.2 Diversity-Bedarfsanalyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204
17.2.3 Diversity-Trainingsprogramm. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205
17.2.4 Karriereorientierte Führung und Vielfalt. . . . . . . . . . . . . . . . 205
17.2.5 Ziele für Vielfalt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205
17.2.6 Regelmäßige Diversity-Reviews. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205
17.3 Verhaltens- und institutionell orientierte Diversität. . . . . . . . . . . . . . . . 206
17.4 Vielfalt und Inklusion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206
17.5 Entgeltgleichheit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207
17.6 Fallstudie: Reverse Mentoring bei BMW. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207
17.6.1 Digitalisierung und Reverse Mentoring. . . . . . . . . . . . . . . . . 207
17.6.2 Digital Natives als Change Agents. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208
18 New Work als moderner Leadershipansatz zur Transformation. . . . . . . . . 209
18.1 New Work als neues Arbeitskonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209
18.2 Arbeit, die der Mitarbeiter wirklich verrichten möchte. . . . . . . . . . . . . 211
18.3 Transformationale Veränderungen zu New Work. . . . . . . . . . . . . . . . . . 214
18.4 New Work und Digitalisierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214
18.5 New Leadership as Teil von New Work. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215
18.6 Agilität als Treiber von New Work. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216
18.7 Wissenstransfer und lebenslanges Lernen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217
18.8 Lehren aus der COVID-19 Pandemie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218
18.8.1 Neue Trends durch COVID-19 Pandemie. . . . . . . . . . . . . . . 218
18.8.2 Trend Nr. 1: Anstieg der Fernarbeit und Remote-Arbeit. . . . 219
18.8.3 Trend Nr. 2: Digitalisierung und erweitertes
Datenmanagement. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220
XVI Inhaltsverzeichnis

18.8.4 Trend Nr. 3: Ausweitung von Zeitarbeitern. . . . . . . . . . . . . . 220


18.8.5 Trend Nr. 4: Erweiterte Arbeitgeberrolle als soziales
Sicherheitsnetz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220
18.8.6 Trend Nr. 5: Trennung von kritischen Fähigkeiten und
Rollen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221
18.8.7 Trend Nr. 6: (De-)Humanisierung der Mitarbeiter. . . . . . . . . 221
18.8.8 Trend Nr. 7: Entstehung neuer Top-Arbeitgeber. . . . . . . . . . 222
18.8.9 Trend Nr. 8: Übergang von Designing for Efficiency zu
Designing for Resilienz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222
18.8.10 Trend Nr. 9: Zunahme der Organisationskomplexität. . . . . . 222
18.9 Kritische Standpunkte zu neuen Arbeitskonzepten . . . . . . . . . . . . . . . . 223
18.10 Fallstudie: Deutsche Telekom bietet virtuelle Avatare
für Messen an. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225
19 Leadershipziel: Kontinuierliche Verbesserungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227
19.1 Kaizen: Stetige Verbesserungen in kleinen Schritten. . . . . . . . . . . . . . . 227
19.2 Kaizen (改善) und Kaikaku (改革). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229
19.3 Kaizen versus Innovationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230
19.4 Visualisierung als Teil des Leadership. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231
19.5 Fallstudie: Schlanke Prozesse in einer Bäckerei in Tokio. . . . . . . . . . . 232
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233
20 Verhandlungen als Teil eines erfolgreichen Leadershipansatzes. . . . . . . . . 235
20.1 Verhandlungen: Definition und Abgrenzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235
20.2 Kompetenzen und Eigenschaften für Verhandlungen. . . . . . . . . . . . . . . 237
20.3 Verhandlungskonzept A-6 nach Dr. Marc Helmold. . . . . . . . . . . . . . . . 239
20.4 Fallstudie: Siemens und die Auswahl von Lieferanten
über SCM Star. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242
21 Interviews und Vorstellungsgespräche als Leadershipaufgabe . . . . . . . . . . 243
21.1 Vorstellungsgespräche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243
21.1.1 Schritt 1: Marktintelligenz und Recherche . . . . . . . . . . . . . . 243
21.1.2 Schritt 2: Begrüßung und Start der Verhandlungen. . . . . . . . 244
21.1.3 Schritt 3: Eigene Vorstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245
21.1.4 Schritt 4: Unternehmensvorstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246
21.1.5 Schritt 5: Kernverhandlung und Motivation. . . . . . . . . . . . . . 246
21.1.6 Schritt 6: Verhandlungen über materielle
und immaterielle Leistungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247
21.1.7 Schritt 7: Fragen und Beendigung der Verhandlungen . . . . . 248
21.1.8 Schritt 8: Verabschiedung und Entscheidung des
Verhandlungsergebnisses. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249
Inhaltsverzeichnis XVII

21.2 Leadershipverhandlungen in der Politik und mit


gemeinnützig orientierten Organisationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249
21.3 Fallstudie: Mehrstufiger Interviewprozess bei Tesla . . . . . . . . . . . . . . . 252
21.3.1 Mitarbeitersuche für Gigafactory in Berlin-Brandenburg. . . 252
21.3.2 Mehrstufiger Interviewprozess. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252
21.3.3 Begeisterung wichtiger als Noten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253
21.3.4 Arbeitsagentur hilft beim Recruiting. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253
22 Leadership und Empowerment im Lean Management. . . . . . . . . . . . . . . . . 255
22.1 Führung im Lean Management . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255
22.2 Mitbestimmung und Empowerment im Lean Management. . . . . . . . . . 258
22.3 Autonome Arbeitsgruppen und Job Rotation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259
22.4 Job Enrichment und Job Enlargement. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260
22.5 Lean Management am Ort des Geschehens: Gemba,
Genjitsu, Genchi, Gembutso . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260
22.6 Fokus auf wesentliche Elemente: Muda, Mura, Muri . . . . . . . . . . . . . . 261
22.7 Fehlervermeidung: Poka Yoke. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262
22.8 Umsetzung einer idealen Arbeitsumgebung: 3 K-Prinzip. . . . . . . . . . . 264
22.9 Lean Management als konsensbasierte Basis für rasante
Projektumsetzungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264
22.10 Fallstudie: BMW Job Rotation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266
23 Leadership in Verbindung mit Industrie 4.0 und
künstlicher Intelligenz (KI). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269
23.1 Leadership und Industrie 4.0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269
23.2 Wettbewerbsvorteile durch den Einsatz von Leadership KI. . . . . . . . . . 271
23.2.1 Notwendigkeit von KI im New Leadership. . . . . . . . . . . . . . 271
23.2.2 Trends in der KI. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271
23.2.3 Autonome Roboter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273
23.2.4 Virtuelle Produktions- und Lieferketten . . . . . . . . . . . . . . . . 273
23.2.5 Schlanke Simulationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273
23.2.6 Systemintegration. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273
23.2.7 Internet der Dinge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273
23.2.8 Cybersicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274
23.2.9 Cloud Computing. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274
23.2.10 Additive Fertigung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274
23.2.11 Augmented Reality . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274
23.2.12 Big Data. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275
23.3 Fallstudie: Selbstfahrende Autos von Google . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277
XVIII Inhaltsverzeichnis

24 Leadershipwerkzeuge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279
24.1 Sieben elementare Qualitätswerkzeuge (Q7). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279
24.1.1 Fehlersammelliste (Strichliste) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279
24.1.2 Histogramm. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280
24.1.3 Pareto-Analyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280
24.1.4 Korrelationsdiagramm. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281
24.1.5 Qualitätsregelkarte (QRK). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282
24.1.6 Ursachen-Wirkungs-Diagramm (Ishikawa-Diagramm). . . . . 282
24.1.7 Brainstorming. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283
24.2 Sieben Managementwerkzeuge (7M). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284
24.2.1 Affinitätsdiagramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284
24.2.2 Portfolio. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284
24.2.3 Baumdiagramm. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284
24.2.4 Matrixdiagramm. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285
24.2.5 Netzplan. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285
24.2.6 Problementscheidungsplan. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285
24.3 Weitere Leadershipwerkzeuge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286
24.3.1 W-Fragen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286
24.3.2 Why-Fragetechnik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286
24.3.3 Flussdiagramm. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286
24.3.4 Pro- und Kontralisten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287
24.3.5 Streifenliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287
24.3.6 Komponententausch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287
24.3.7 Lessons Learned Systematik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288
24.3.8 Fehlerbaumanalyse (FTA-Fault Tree Analysis). . . . . . . . . . . 288
24.3.9 Fehlermöglichkeits- und -einflussanalyse (FMEA). . . . . . . . 288
24.3.10 Statistische Prozesslenkung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290
24.4 Mindmapping. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292
24.5 Wandel zum offenen und kreativen Unternehmen (Chiiku). . . . . . . . . . 292
24.6 Mitarbeiterführung im Lean Management (Tokuiku) . . . . . . . . . . . . . . 292
24.7 Mentale und physische Stärke im Lean Management (Taiiku) . . . . . . . 293
24.8 Umsetzung von Ideen durch Einbindung der Mitarbeiter (Yattakoto). . . 293
24.9 Fallstudie: Anwendung der FMEA bei Bosch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294
25 Ausblick: New Leadership. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297
25.1 Leadershipeigenschaften der Zukunft: New Leadership. . . . . . . . . . . . 297
25.1.1 Transformation zu New Leadership. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297
25.1.2 Inspirierende Führung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298
25.1.3 Virtuelle oder mobile Führung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298
25.1.4 Integration und Diversity Management. . . . . . . . . . . . . . . . . 298
Inhaltsverzeichnis XIX

25.1.5 Fähigkeit zur professionellen Gestaltung


ergebnisoffener Prozesse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298
25.1.6 Förderung sich selbst organisierender Netzwerke. . . . . . . . . 299
25.1.7 Hierarchische Strukturen haben ausgedient. . . . . . . . . . . . . . 299
25.1.8 Kollaboration statt Konkurrenz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299
25.1.9 Persönliches Coaching. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299
25.1.10 Motivation durch Autonomie und Wertschätzung. . . . . . . . . 299
25.1.11 Soziale Verantwortung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300
25.1.12 Ganzheitlicher Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300
25.2 Vier Schritte zum modernen Leadership der Zukunft . . . . . . . . . . . . . . 300
25.2.1 Schritt 1: Aus Management wird Leadership. . . . . . . . . . . . . 300
25.2.2 Schritt 2: Neue Führungsaufgaben als Teil der neuen
Unternehmenstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301
25.2.3 Schritt 3: Umsetzung des werteorientierten
Leadershipansatzes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301
25.2.4 Schritt 4: Stetige Verbesserungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302
Über den Autor

Dr. Marc Helmold (M.B.A.)  ist Professor an der IU Inter-


nationalen Hochschule am Campus Berlin für Betriebswirt-
schaftslehre, Strategisches Management, Leadership und
Supply Chain Management (SCM). Vor seiner Berufung
zum Professor war er in unterschiedlichen Führungs-
positionen und als Geschäftsführer bei namhaften Unter-
nehmen in der Automobil- und Bahnindustrie tätig, davon
acht Jahre in Japan und China. Als Führungskraft hat er
Lean Workshops durchgeführt. Im Jahr 2016 ist er zum
Professor an der IU in Berlin berufen worden. Parallel hat er
seine eigene Beratungsfirma in der Prozessoptimierung
gegründet. Im Rahmen dieser Tätigkeit führt Prof. Helmold
Schulungen für Praktiker und Akademiker im Bereich des
Leaderships durch.

XXI
Abkürzungsverzeichnis

BDI Behaviour Description Interview


BKSB Berliner Kindl Schultheiss Brauerei
BME Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik
CSC Corporate Social Citizenship
CSR Corporate Social Responsibility
DfE Design für Efficiency
DfR Design für Resilienz
ERG ERG-Theorie
EUR EURO
GAE Gesamtanlageneffektivität
GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung
IPO International Procurement Organisation
IU IU international Hochschule
JIT Just in Time
JV Joint Venture
KI Künstliche Intelligenz
KMU Kleine und mittlere Unternehmen
MBTI Myers-Briggs Type Indicator
MMI Multimodales Interview
OEE Overall Equipment effectiveness
PDCA Plan, Do, Check, Act
P5F Porter’s Five Forces
QKL Qualität, Kosten, Logistik
QKLT Qualität, Kosten, Logistik, Technik
SCM Supply Chain Management
SWOT Stärken-Schwächen-Analyse
UEP Unique Employer Proposition
TIMWOOD Transport, Inventory, Motion, Waiting, Overproduction, Overprocessing,
Defects

XXIII
XXIV Abkürzungsverzeichnis

VIE Valenz-Instrumentalitäts-Erwartungs-Theorie
VMI Vendor Managed Inventory
VW Volkswagen
YWT Yatta Koto, Wakatta Koto, Tsugi Ni Yarukoto
3K 3K-Modell der Motivation
3Ks Kiken, Kitanai, Kitsui
5R Richtiges Produkt, richtige Qualität, richtige Zeit, richtiger Ort, richtige
Menge
5S Sortiere, Stelle hin, Säubere, Standardisier, Selbstdisziplin halten
7R Richtiges Produkt, richtige Qualität, richtige Zeit, richtiger Ort, richtige
Menge, richtige Mitarbeiter, richtige Kosten
Abbildungsverzeichnis

Abb. 1.1 Leadership Definition und Merkmale.


(Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
Abb. 1.2 Studie: Zehn wichtigsten Eigenschaften für Führungskräfte.
(Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
Abb. 1.3 Merkmale einer Organisation. (Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . 5
Abb. 1.4 Aufgaben und Elemente des Personalmanagements.
(Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
Abb. 1.5 Personalmanagement als Unterstützungsfunktion
in der Wertekette. (Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
Abb. 1.6 Geschäftsführer Dr. Marc Helmold in China mit
dem CPO von Bombardier. (Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . 12
Abb. 2.1 Trends mit Auswirkungen auf Führung und Führungsstile.
(Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
Abb. 2.2 Führungsstile nach Lewin. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . 19
Abb. 2.3 Führungsstile nach Tannenbaum und Schmidt.
(Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
Abb. 2.4 Führungsstile nach Blake & Mouton.
(Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
Abb. 2.5 Ethischer Führungssti. (Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . 27
Abb. 2.6 Gegenüberstellung agiler und traditioneller
Leadershipansatz. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
Abb. 2.7 Agile Unternehmen. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . 29
Abb. 3.1 Das 3-K-Modell der Motivation. (Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . 37
Abb. 3.2 ERG-Theorie. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
Abb. 3.3 Bedürfnispyramide nach Maslow. (Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . 41
Abb. 3.4 Hygienefaktoren und Motivatoren. (Quelle: Eigene Darstellung). . . . . 43
Abb. 3.5 2-Faktoren-Theorie von Herzberg. (Quelle: Eigene Darstellung). . . . . 44
Abb. 3.6 MBTI-Kategorien. (Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
Abb. 3.7 Beschreibung der 16 Optionen und Attribute im MBTI.
(Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

XXV
XXVI Abbildungsverzeichnis

Abb. 4.1 Elemente der Unternehmenskultur: Kulturelle Web.


(Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
Abb. 4.2 Leadership Workshop bei Victall in Qingdao.
(Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
Abb. 5.1 Kompetenzen für Leader. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . 64
Abb. 6.1 Phasenmodell im strategischen Management – Strategisches
Dreieck. (Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
Abb. 6.2 Eigen- und Fremdfertigung im internationalen Kontext.
(Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
Abb. 6.3 Strategische Pyramide. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . 73
Abb. 6.4 Balanced Score Card (BSC). (Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . 76
Abb. 6.5 EFQM-Exzellenzmodell. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . 77
Abb. 6.6 Die fünf wichtigsten Handelspartner für Deutschland von Exporten.
(Quelle: Eigene Darstellung, Statistisches Bundesamt, 2018). . . . . . . . 79
Abb. 6.7 Die fünf wichtigsten Handelspartner für Deutschland von Importen.
(Quelle: Eigene Darstellung, Statistisches Bundesamt, 2018). . . . . . . . 80
Abb. 6.8 Herstellung einer Jeans durch internationale Wertschöpfung.
(Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80
Abb. 6.9 Midas Geschäftsführer und Dr. Marc Helmold.
(Quelle: Eigene Darstellung, Helmold, 2021). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
Abb. 7.1 Elemente der Personalplanung. (Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . 86
Abb. 7.2 Strategische Personalplanung. (Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . 86
Abb. 7.3 Interne und externe Personalbeschaffung.
(Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88
Abb. 7.4 Interne und externe Personalauswahl.
(Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88
Abb. 7.5 Differenzierungskriterien von Interviews.
(Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90
Abb. 7.6 Erlaubte und nicht erlaubte Fragen in Interviews.
(Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94
Abb. 8.1 Normenpyramide im Arbeitsrecht. (Quelle: Eigene Darstellung). . . . . 100
Abb. 8.2 Qualitatives und quantitatives Personalcontrolling.
(Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
Abb. 9.1 Performance Management Prozess. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . 108
Abb. 9.2 Anreizsysteme. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110
Abb. 10.1 Personalentwicklungsmaßnahmen. (Quelle: Eigene Darstellung). . . . . 120
Abb. 10.2 Beispiel eines Entwicklungsplans. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . 125
Abb. 11.1 Virtuelle Teams. (Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136
Abb. 11.2 Reifegrade von virtuellen Teams. (Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . 137
Abb. 11.3 Indisches strategisches Einkaufsteam bei Bombardier.
(Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138
Abbildungsverzeichnis XXVII

Abb. 12.1 Corporate Branding, Employer Branding und


Personalmarketing. (Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . 142
Abb. 12.2 Internes und Externes Personalmarketing.
(Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143
Abb. 13.1 Projektphasen im Überblick. (Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . 148
Abb. 13.2 Projektorganisation. (Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . 149
Abb. 14.1 Die 4-Stufen CSR-Pyramide nach Caroll.
(Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157
Abb. 14.2 Zwei Dimensionen CSR-Modell nach Quazi & O’Brien.
(Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158
Abb. 14.3 Kernbereiche nach Carroll und Schwart.
(Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160
Abb. 14.4 Die Dimensionen der Nachhaltigkeit (Sustainability)
im drei-Säulen-Modell. (Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . 161
Abb. 14.5 Das Konzept Corporate Citizenship im weiteren Sinnen.
(Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165
Abb. 14.6 CSR im Leadership (Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . 167
Abb. 14.7 UN Global Compact Prinzipien. (Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . 169
Abb. 14.8 Nachhaltigkeit bei VW. (Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . 171
Abb. 15.1 Elemente im Änderungsmanagement.
(Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176
Abb. 15.2 Veränderungsmanagement nach Lewin.
(Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177
Abb. 15.3 Änderungsmanagementkurve nach Kübler-Ross.
(Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179
Abb. 15.4 Veränderungsphasen nach Kotter. (Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . 185
Abb. 15.5 Typen und Persönlichkeiten im Change Management.
(Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186
Abb. 16.1 Die Elemente der DIN EN ISO 9001:2015.
(Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195
Abb. 16.2 Prozessaudits. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196
Abb. 16.3 Audit bei Mitsubishi Heavy Industries.
(Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198
Abb. 16.4 5 S Audits in der BKSB. (Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . 199
Abb. 17.1 Elemente des Diversity Managements.
(Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203
Abb. 17.2 Diversity Programm. (Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . 204
Abb. 18.1 Elemente von New Work. (Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . 210
Abb. 18.2 Einführung von New Work. (Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . 213
Abb. 18.3 Erfolgreiche Kriterien für New Work.
(Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216
XXVIII Abbildungsverzeichnis

Abb. 18.4 Absichten der Unternehmensleitung in Bezug auf flexibles


Arbeiten nach COVID-19. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . 223
Abb. 18.5 Virtueller Avatar für Messen. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . 225
Abb. 19.1 PDCA-Zyklus im Leadership. (Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . 228
Abb. 19.2 Kaizen versus Innovation. (Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . 231
Abb. 19.3 Sinneswahrnehmungen durch Visualisierungen.
(Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232
Abb. 19.4 Schlanke Prozesse in einer Bäckerei in Tokio.
(Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233
Abb. 20.1 Kompetenzanforderungen in Verhandlungen.
(Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238
Abb. 20.2 A-6-Konzept von Dr. Marc Helmold.
(Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239
Abb. 20.3 Verhandlungsmanuskript. (Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . 241
Abb. 21.1 Ablauf eines Vorstellungsgesprächs in 8 Schritten.
(Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244
Abb. 21.2 Informationsgewinnung und -recherche vor Interviews.
(Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245
Abb. 21.3 Ziele in Vorstellungsgesprächen. (Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . 248
Abb. 21.4 Geschäftsführer Dr. Helmold und Dr. Lee.
(Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251
Abb. 22.1 New Leadership zielt auf Motivation der Mitarbeiter.
(Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256
Abb. 22.2 New Leadership als Führungsphilosophie
im Lean Management. (Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . 256
Abb. 22.3 Einbindung der Mitarbeiter im Lean Management.
(Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258
Abb. 22.4 Job Enrichment und Empowerment. (Quelle: Eigene Darstellung). . . . 260
Abb. 22.5 Gemba, Genjitsu, Genchi und Gembutsu.
(Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261
Abb. 22.6 Muda, Mura und Muri. (Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . 263
Abb. 22.7 Poka Yoke Beispiele. (Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . 265
Abb. 22.8 Job Rotation bei BMW Motorrad in Berlin.
(Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266
Abb. 23.1 Industrie 4.0. (Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270
Abb. 23.2 Element der Künstlichen Intelligenz (KI).
(Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272
Abb. 24.1 Fehlersammelliste. (Quelle: Eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . 280
Abb. 24.2 Histogramm. (Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281
Abb. 24.3 Pareto-Analyse. (Quelle: Eigene Darstellung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282
Tabellenverzeichnis

Tab. 1.1 Leadership im Vergleich zum traditionellen Konzept. . . . . . . . . . . . . . . 8


Tab. 2.1 Elemente des transaktionalen und transformationalen
Führungsstils. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
Tab. 10.1 Vor- und Nachteile von Job Rotation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
Tab. 13.1 Projektkriterien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148
Tab. 13.2 Leadershipkompetenzen in Projekten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152
Tab. 14.1 Auszug des Sustainability Statements von einigen Unternehmen . . . . . 163
Tab. 14.2 Reifegrade für Nachhaltigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168
Tab. 16.1 Auditarten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194
Tab. 17.1 Verhaltens- und institutionelle Diversität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206
Tab. 19.1 Unterschiede Kaizen und Kaikaku . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230
Tab. 20.1 Handlungsempfehlungen nach Dr. Helmold (A-6-Konzept). . . . . . . . . . 242
Tab. 21.1 Motive und Antworten in Vorstellungsgesprächen. . . . . . . . . . . . . . . . . 246
Tab. 21.2 Fragen und Antworten in Vorstellungsgesprächen . . . . . . . . . . . . . . . . . 247
Tab. 21.3 Beispiele für Verhandlungen in der Politik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250
Tab. 22.1 Vor- und Nachteile von Job Rotation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259

XXIX
Leadership: Gegenstand und Definition
1

1.1 Definition Leadership, Führung und Management

Leadership oder Führung bezeichnet in der Betriebswirtschafts- und Organisations-


lehre den Prozess einer planenden, koordinierenden und kontrollierenden Leitung
von Individuen und Gruppen in Organisationen oder Unternehmen (Helmold, 2021).
Leadership ist zielgerichtet und fokussiert auf die Erreichung der Unternehmensziele
im Spannungsfeld der Führungskräfte und Mitarbeiter durch prozessuale, systematische
und strukturierte Methoden und Verhaltensweisen. Der Begriff des Managements (Unter-
nehmensführung) zielt dagegen auf die Gestaltung, Lenkung und Entwicklung von
sozio-technischen Systemen bzw. Unternehmen (Franken, 2019). Abb. 1.1 zeigt, dass
Leadership besondere Merkmale hat. Leadership (Führung) ist ein prozessualer Ansatz
und zeitbezogen. Führungskonzepte sind immer ziel- und ergebnisorientiert, meist mit
den Unternehmenszielen verbunden und auf diese ausgerichtet. Die Leitung bezieht sich
auf Individuen (Mitarbeiter und Stelleninhaber) und Gruppen (Abteilung oder Teams).
Führung basiert auf formaler oder informaler Kommunikation und Macht. Führung
durch formale Macht wird der Führungskraft zugeschrieben, die durch die formale
Organisationsleitung legitimiert ist, die Arbeitsgruppe und Teams zu führen. Dagegen
gibt es auch außerhalb der formalen Entscheidungshierarchie persönliche Beziehungen,
Verbindungen und Einflusseinnahmen anderer Personen durch informelle Macht. Die
informelle Kommunikation beinhaltet alle Kommunikationsvorgänge, die außerhalb der
organisatorisch geregelten Abläufe stattfinden. Sie ist daher meist nicht direkt sichtbar
und unterliegt somit auch nicht der organisationalen Steuerung, sondern entzieht sich
dieser. Führung ist immer organisations- und situationsbezogen und hängt von dem
betriebswirtschaftlichen, sozio-kulturellen und technischen Zustand der Organisation ab.
In finanziell schwierigen Zeiten wird Führung situativ anders sein als in prosperierenden

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ein Teil von Springer Nature 2022
M. Helmold, Leadership, https://doi.org/10.1007/978-3-658-36364-2_1
2 1  Leadership: Gegenstand und Definition

Führung ist ein


Prozess

Führung ist ziel-


Führung ist nicht an
und
Posi on gebunden
ergebnisorien ert

Führung Führung bezieht


Führung ist
erlebnisbezogen (Leadership) sich auf Individuen
und Gruppen

Führung ist Führung basiert auf


organisa ons- (formaler und
bezogen informaler) Macht

Führung ist
situa onsbezogen

Abb. 1.1   Leadership Definition und Merkmale. (Quelle: Eigene Darstellung)

Zeiten. Führung ist immer erlebnisbezogen und nicht von der Person abhängig (Giles,
2015).

1.2 Führungsverständnis

Leadership wird als Weg definiert, eine Gruppe von Menschen zu motivieren und
zu führen, um gemeinsam an der Erreichung gemeinsamer Ziele zu arbeiten (Fatma,
2015; Helmold & Samara, 2019). Der Leiter ist die Person in der Gruppe, die die
Kombination aus Persönlichkeit und Führungsqualitäten hat, die andere dazu bringt,
seiner Anweisung zu folgen. Führung impliziert eine formelle und informelle Macht-
verteilung. Bei der Frage „Was macht eine effektive Führungskraft aus?“ sind einige
Eigenschaften zu berücksichtigen. Die Studie von S. Giles mit 195 Führungskräften in
15 Ländern und über 30 globalen Organisationen liefert in diesem Zusammenhang klare
Antworten (Giles, 2015). Die Teilnehmer wurden gebeten, die 15 wichtigsten Führungs-
kompetenzen aus einer Liste von 74 auszuwählen. Die 10 wichtigsten Eigenschaften
sind in Abb. 1.2 zusammengefasst. Dieses Thema vereint zwei der drei am höchsten
1.2 Führungsverständnis 3

Top 10 Leadership Eigenschaen –


Prozent der befragten Führungskräe
Sicherheit und Fehlerkultur
37%
Weiterentwicklung von Talenten
38%
Gefühl des gemeinsamen Erfolgs/gemeinsamer
38%
Fehlschläge
Offen für Ideen und Innovaonen
39%
Offene und faire Kommunikaon
42%
Stege Entwicklung
43%
Effizientes Lernen
52%
Transparente Kommunikaon der Erwartungen
56%
Selbstorganisaon
59%
Ethik und Sicherheit
67%

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80%

Abb. 1.2   Studie: Zehn wichtigsten Eigenschaften für Führungskräfte. (Quelle: Eigene Dar-
stellung)

bewerteten Attribute: „hohe ethische und moralische Standards“ (67 % wählten es als
eines der wichtigsten aus) und „klare Erwartungen kommunizieren“ (56 %). Zusammen-
genommen geht es bei diesen Attributen darum, eine sichere und vertrauensvolle
Umgebung als Führungskraft und Leader zu schaffen. Eine Führungskraft mit hohen
ethischen Standards vermittelt ein Engagement für Fairness und weckt das Vertrauen,
dass sowohl sie als auch ihre Mitarbeiter die Spielregeln einhalten. Wenn Führungskräfte
ihre Erwartungen klar kommunizieren, vermeiden sie es gleichermaßen, Menschen
blind zu machen und stellen sicher, dass alle auf dem gleichen Stand sind. In einer
sicheren Umgebung können sich die Mitarbeiter entspannen und die höhere Kapazi-
tät des Gehirns für soziales Engagement, Innovation, Kreativität und Ehrgeiz aufrufen.
Die Neurowissenschaft bestätigt diesen Punkt. Wenn Menschen eine Bedrohung für ihre
Sicherheit registrieren, verhärten und verdicken sich die Arterien, um einen erhöhten
Blutfluss zu unseren Gliedmaßen in Vorbereitung auf eine Kampf-oder-Flucht-Reaktion
zu bewältigen. In diesem Zustand verlieren wir den Zugang zum sozialen Engagement-
System des limbischen Gehirns und der exekutiven Funktion des präfrontalen Kortex,
was die Kreativität und das Streben nach Exzellenz hemmt. Neben ethischen und
moralischen Standards sind die Faktoren Selbstorganisation (59 %), Kommunikation
(57 %) und effizientes Lernen (52 %) als entscheidende Führungsattribute von den
Befragten genannt worden (Giles, 2015).
4 1  Leadership: Gegenstand und Definition

1.3 Charakterisierung einer Führungsbeziehung

Die Führungsbeziehung wird in Theorie und Praxis durch die Führer- und
Untergegebenenposition (Geführtenposition) konstituiert und als eine spezielle Form
der sozialen Interaktion aufgefasst. Ohne Geführte gibt es keine Führer und Führung
findet ohne Mitarbeiter oder Stelleninhaber nicht statt. Der Interaktionsbegriff drückt
aus, dass das Verhalten der Personen aufeinander bezogen ist und zwar reaktiv wie anti-
zipativ. Es handelt sich um eine wechselseitige, wenngleich asymmetrische, Einfluss-
beziehung durch die Führungskraft auf den Mitarbeiter (Pfeiffer, 2021). Dort, wo sich
eine Führungsbeziehung nicht entlang formaler Erwartungen herausbildet, spricht man
von informeller Führung.

1.4 Führung in Organisationen

1.4.1 Begriff der Organisation

In der BWL wird unter dem Begriff Organisation das formale Regelwerk eines arbeits-
teiligen Systems verstanden. D. h. von Organisation spricht man in diesem Zusammen-
hang, wenn mehrere Personen in einem arbeitsteiligen Prozess mit Kontinuität an einer
gemeinsamen Aufgabe infolge eines gemeinsamen Zieles arbeiten. Die auf Einzel-
personen verteilten Arbeitshandlungen sind dabei aufeinander abzustimmen und auf das
gemeinsame Ziel hin auszurichten. Es sind diese Merkmale, die Unternehmen, Vereine,
Verbände, etc. als Organisationen von anderen Menschenansammlungen, wie der Warte-
schlange an der Bushaltestelle unterscheiden. So ist ein Unternehmen eine Organisation,
da es über eine innere Organisation verfügt, die das gemeinsame Miteinander durch
eine möglichst funktionale Aufgabenverteilung regelt. Traditionell unterscheidet die
dt. Betriebswirtschaftslehre zwischen einer Aufbau- und einer Ablauforganisation. Die
Grenze zwischen beiden Begriffen verschwimmt allerdings durch neue Konzepte wie das
Business Process Reengineering, die Prozessorganisation oder die Netzwerkorganisation
zunehmend.

1.4.2 Organisation als Instrument der Betriebsführung

Organisation wird als ein Instrument der Betriebsführung verstanden, das den Leistungs-
prozess steuern hilft. Da das Ziel die Rationalisierung von Arbeitsabläufen ist, steht die
organisatorische Regelung im Vordergrund. Das Ergebnis des Gestaltungsprozesses,
nämlich des Organisierens, verfestigt sich somit in zur Struktur geronnenen Regel-
systemen (Schreyögg & Geiger, 2015). Damit tritt die Organisation als eine weitere
Funktion neben andere Funktionen wie z. B. Planung und Kontrolle. Der funktionale
1.4  Führung in Organisationen 5

Organisationsbegriff ist im deutschsprachigen Raum am profiliertesten von Erich Guten-


berg, einem der bekanntesten Vertreter der deutschsprachigen Betriebswirtschaftslehre
(BWL), vertreten worden. Gutenberg, beschreibt den betrieblichen Leistungserstellungs-
prozess als Kombinationsprozess der drei sogenannten Elementarfaktoren (Arbeits-
leistung, Betriebsmittel, z. B. Gebäude, Fuhrpark oder Maschinen, und Werkstoffe).
Die heutige Organisationstheorie versucht eine Integration aus institutionellem und
prozessualem Verständnis herzustellen. Wir werden weiter unten auf entsprechende
Ansätze näher eingehen. Zunächst sollen aber jene Grundelemente dargestellt werden,
die Organisationen ausmachen. Diese Charakteristika sind – unabhängig von der jeweils
eingenommenen Perspektive und vom Gegenstand der Leistungserstellung – die Ziel-
gerichtetheit der Organisation, die formalen Organisationsstrukturen, die Mitglied-
schaft in Organisationen, die Gestaltung der Aktivitäten der Organisationsmitglieder
und die Grenzen der Organisation. Abb. 1.3 zeigt die vier wichtigsten Elemente einer
Organisation.

Eine Organisaon besteht immer aus


mehreren Personen und
Organisaon als soziales Organisaonsmitgliedern. Die
Handlungssystem Personen führen Handlungen für die
Organisaon aus.

Eine Organisaon verfolgt immer


eigene Ziele. Die Ziele der
Organisaon ist zielgerichtet Organisaon werden formal
festgelegt.

Eine Organisaon nutzt zur


Organisaon hat eine Erreichung der Organisaonsziele
formale Struktur und agiert Prozesse und Strukturen. Diese sind
arbeitsteilig meist in Stellenbeschreibungen
festgelegt.

Eine Organisaon verfügt über


Organisaon hat beständige formale Mitgliedschaen (z.B.
Grenzen Arbeitsvertrag). Mitgliedschaen
sind auf besmmte Umfänge und 3

Handlungen (Arbeitsdienst) begrenzt.

Abb. 1.3   Merkmale einer Organisation. (Quelle: Eigene Darstellung)


6 1  Leadership: Gegenstand und Definition

1.4.3 Organisationen sind zielgerichtet

Organisationen sind zielgerichtet, d. h. Organisationen sind Instrumente, um angestrebte


Zustände zu erreichen. Organisationen haben „eigene“ Ziele die sie zu erreichen ver-
suchen. (Organisationsziele vs. Individualziele) Organisation ist auf Dauer angelegt
(Gegensatz zu Improvisation).
Wenn Individuen bestimmte Ziele verfolgen, die sie allein nicht realisieren können,
versuchen sie, diese in Kooperation mit anderen zu erreichen. Handelt es sich dabei
um dauerhafte Ziele, die von allen Beteiligten verfolgt werden, bezeichnet man
einen solchen Zusammenschluss als Organisation. Da mithilfe der Organisations-
struktur die Erreichung der Organisationsziele gewährleistet werden soll, ist die
Organisationsstruktur – im Gegensatz zur Sichtweise des instrumentellen Organisations-
begriffs – lediglich Mittel der Verhaltenssteuerung der Mitglieder im Hinblick auf die
Organisationsziele. Die Organisationsziele sind aber auf jeden Fall von den Individual-
zielen der Organisationsmitglieder zu unterscheiden. Zunächst einmal ist davon aus-
zugehen, dass Organisationsmitglieder persönliche Ziele im Hinblick darauf haben,
was sie durch die Organisation bzw. die Mitgliedschaft in ihr erreichen möchten: ein
hohes Einkommen, Prestige, einen sicheren Arbeitsplatz usw. Dies sind aber keine
Organisationsziele. Erst dann, wenn Zielvorstellungen von Mitgliedern der Organisation
in einem formal legitimierten Prozess von den dazu befugten Leitungspersonen oder
-gremien als Ziele der Organisation deklariert werden, spricht man von Organisations-
zielen. Solchermaßen artikulierte Ziele kann man in Protokollen von Vorstandssitzungen,
Presseerklärungen, Geschäftsberichten, Leitbildern usw. nachlesen. In der Regel ver-
folgt eine Organisation nicht nur ein Ziel, z. B. Gewinnmaximierung oder Sicherstellung
eines bestimmten Bildungsangebots, sondern mehrere Ziele parallel, z. B. Steigerung
des Marktanteils in Land X, Aufrechterhaltung einer einmal erreichten Angebots-
qualität Y, z-prozentige Steigerung der Quote jener Mitarbeiter, die an einer internen
Weiterbildungsmaßnahme teilgenommen haben usw. Daher ist es zutreffender von
einem Zielbündel zu sprechen. Dabei ist auch darauf zu achten, dass die Ziele, die eine
Organisation verfolgt, nicht notwendigerweise miteinander harmonieren müssen. So
ist es ohne weiteres denkbar, dass eine Bildungsorganisation die an sich widersprüch-
lichen Ziele Kostenreduktion und Einsatz von Referenten mit einem hohen Bekannt-
heitsgrad gleichermaßen verfolgen will. Eine der Aufgaben von Organisationsleitung ist
es dann, den Mitgliedern zu kommunizieren, welchen Zielen seitens der Organisation
welche Priorität gegeben wird. Es soll auch nicht unerwähnt bleiben, dass Ziele einer
Organisation bei aller Dauerhaftigkeit auch Veränderungen unterliegen. Dies ist allein
dadurch bedingt, dass sich die (natürliche, gesellschaftspolitische, wirtschaftliche und
soziale) Umwelt der Organisation selbst ständig verändert und entsprechende interne
Anpassungen erfordert.
1.5  New Leadership versus traditionelle Führung 7

1.4.4 Organisationen sind soziale Systeme

Organisationen sind soziale Systeme. Dieses System besteht aus Individuen, die in
Gruppen und Funktionseinheiten (Abteilungen) zusammengefasst werden. Menschen
haben eigenständige Ziele, Wertvorstellungen und Verhaltensweisen.

1.4.5 Organisationen haben eine formale Struktur

Organisationen weisen eine formale Struktur auf. Formale Struktur ist ein festes und
in Regeln formalisiertes Beziehungsgefüge. Organisationen sind ein Instrument zur
Steuerung des Verhaltens und der Leistung der Organisationsmitglieder im Hinblick auf
die Organisationsziele. Wichtig: Ohne Regeln ist eine zielgerichtete Zusammenarbeit der
Organisationsmitglieder nicht möglich.

1.4.6 Beständige Grenzen der Organisationen

Jede Organisation hat beständige Grenzen und Regeln. Regeln können Arbeitsverträge
der Organisationsmitglieder und Mitarbeiter, Organisationsbeschreibungen, Stellenbe-
schreibungen oder Ablaufbeschreibungen sein.

1.5 New Leadership versus traditionelle Führung

1.5.1 New Leadership als Wettbewerbsvorteil

Wer sich mit dem Begriff auseinandersetzt, merkt schnell, dass sich eine eindeutige
Definition von New Leadership schwierig gestaltet. Daran angelehnt existieren weitere
Bezeichnungen, die sich ebenso auf moderne Führung in der neuen Arbeitswelt
beziehen. Dazu gehören Begriffe wie Digital Leadership, Agile Leadership oder Shared
Leadership. Die dahinterstehenden Konzepte schließen sich jedoch gegenseitig nicht aus,
sondern ergänzen sich vielmehr. New Leadership ist eine moderne Art der Führung von
Personal. Statt Aufgaben an Mitarbeiter zu delegieren, arbeiten sie eigenverantwortlich.
Dazu benötigen die Führungskräfte in Unternehmen ein hohes Maß an Mut und Ver-
trauen. New Leadership zielt auf flache Hierarchien ab. Die traditionelle Führungskraft
verliert dabei den Status als Befehlsgeber und wandelt sich zum begleitenden Coach
(Dopheide, 2020). Eine moderne und erfolgreiche Führungskraft versteht es, das Team
und Mitarbeiter für die Arbeit zu motivieren. Die Führungskraft vermittelt den Zweck
und Sinn des Unternehmens und fördert so eine intrinsische Motivation bei Arbeit-
nehmern. Das bedeutet, dass sich Angestellte aus ihrer Arbeit heraus motivieren und
keine Anreize von außen, also keine extrinsische Motivation benötigen. Sie handeln und
8 1  Leadership: Gegenstand und Definition

entscheiden im Sinne des Unternehmens. Die Führungskraft gibt einen Teil der Macht ab
und minimiert damit auch ein gewisses Maß an Kontrolle. Führungsriege und Personal
begegnen sich immer auf Augenhöhe. Tab. 1.1 zeigt Merkmale von New Leadership und
dem traditionellen Führungskonzept.

1.5.2 Bedeutung des New Leadership

Märkte, Geschäftsbereiche und Unternehmen verändern sich durch die Effekte der
COVID-19 Pandemie, neue Technologien, Digitalisierung und Arbeitsformen wie Heim-
arbeit (Engl.: Home Office) oder kollaborative Zusammenarbeit. Darauf zu reagieren,
ist für Firmen immer wichtiger, damit sie wettbewerbsfähig bleiben. Zeitgeist und
Innovation bei Produkten oder Dienstleistungen gelten im Rahmen der Digitalisierung
als Alleinstellungsmerkmal. Die dafür notwendigen Abläufe im Unternehmen aufzu-
bauen, zu steuern und zu fördern, ist ein Kennzeichen für progressives Leadership.
Arbeitsplätze befinden sich heute nicht mehr ausschließlich im Büro. Viele Menschen
arbeiten remote von zu Hause oder sitzen mit ihrem Laptop am anderen Ende der Welt.

Tab. 1.1  Leadership im Vergleich zum traditionellen Konzept


New Leadership Traditionelles Konzept
New Leadership durch Empathie, Kreativität Kontrolle, die Organisation und Planung der
oder Inspiration alltäglichen Abläufe
New Leadership akzeptiert den Wandel und Traditionelle Führung hält an dem Status Quo
Veränderungen fest
Offene und transparente Kommunikation mit Kommunikation durch etablierte
dem New Leader als Vorbild Kommunikationswege
Ein Leader zeichnet sich durch die Über- Traditionelle Führungskräfte werden als
zeugung für die Unternehmensmission und nüchterne, analytische und bedachte Verwalter
-vision aus gesehen
Ein Leader kann seine Mitarbeiter motivieren, Motivation durch Nutzung von Anreizen und
inspirieren und mobilisieren Incentives (Materiell und immateriell)
Durch New Leadership wird die potentielle Traditionelle Führung basiert auf den Ein-
kollektive Intelligenz Ihres Unternehmens, satz von traditionellen Werkzeugen wie
Ihres Projektes oder Ihrer Abteilung zur Organisationsdiagrammen, Stellenbe-
Geltung gebracht. Kreative Ideen und Lösungs- schreibungen oder Ablaufdiagrammen
ansätze kann man am besten durch trans-
disziplinäre Herangehensweisen lösen
Dient als Moderator und Vorbild Dient als Macher und Entscheider
Hat Follower Hat Untergebene
Führung zielt auf Partizipation Führung zielt auf Autorität
Quelle: Eigene Darstellung
1.5  New Leadership versus traditionelle Führung 9

Damit dezentrale Teams weiter erfolgreich zusammenarbeiten, ist Digital Leadership


gefragt. Führungskräfte tragen Verantwortung, die Organisation von Mitarbeitern im
Büro und externe Mitarbeiter zu koordinieren, damit Arbeitsprozesse funktionieren.
Gerade die Vielfalt von Arbeitnehmern, die alle ihren individuellen Purpose in das Team
einbringen, erfordert eine agile Führung. Menschen, die gerne selbständig arbeiten,
benötigen Freiräume, während andere Kollegen nach wie vor auf strukturierte Vorgaben
angewiesen sind. Gleichzeitig gewinnt Work-Life-Balance an Bedeutung. Auch hier ist
ein nachhaltiges Veränderungsmanagement bei Geschäftsführern und Mitarbeitern aus
HR-Abteilungen unverzichtbar geworden.

1.5.3 Vorteile des New Leadership

Wer seine Mitarbeiter auch im Zeitalter technischen und digitalen Fortschreitens


produktiv halten möchte, muss vor allem motivieren können. Obwohl die Anzahl der
intelligenten Maschinen in der Wirtschaft zunimmt, besitzen Menschen einige Wesens-
züge, die auch Künstliche Intelligenz nicht bietet. Die Rede ist von Empathie, Kreativi-
tät oder Inspiration, um nur einige Attribute zu nennen. Wer mit seinem Führungsstil
seine Mitarbeiter über Motivation in ihrer Produktivität steigern will, muss sich auf ihre
Bedürfnisse einstellen. Dazu zählen Spaß an der Arbeit und eine positive Atmosphäre im
Team. Darüber hinaus stärkt auch Rückendeckung, wenn etwas schiefläuft, das betrieb-
liche Klima. Arbeitnehmer benötigen einen Sinn oder eine Vision für das, was sie tun:
ihren Purpose. Nur dann werden sie zu wertvollen Mitarbeitern, die ihr Unternehmen
weit nach vorne bringen. Eine interne Organisation zu verändern braucht einige Zeit
(Helmold, 2021). Gerade Betriebe mit gewachsenen traditionellen Strukturen lassen
sich nicht sofort transformieren. Hier ist es besser, schrittweise den Weg in neue Arbeits-
welten zu gehen.

1.5.4 Transformation zum New Leadership

Eine ermächtigende Führungskraft agiert in der Rolle eines Coaches und Vorbilds.
Sie gewährt einen hohen Grad an Autonomie und fördert die Selbstentwicklung der
Geführten. New Leadership zielt darauf ab, alle Organisationsmitglieder am Führungs-
prozess zu beteiligen und am Entscheidungsprozess zu beteiligen (Empowerment)
(Furtner, 2018). Möchten Organisationen und Teams ihre Kreativität, Innovationsfähig-
keit und Spitzenleistungen nachhaltig steigern, dann stellt New Leadership in Interaktion
mit den in Tab. 1.1 aufgelisteten Merkmalen das Führungsverhalten der Wahl dar.
Zunächst ist es wichtig, die Mitarbeiter mit Informationen zu versorgen und sie in
Entscheidungen auch mit einzubeziehen. Sie sind das Puzzlestück in einem komplexen
Prozess, weil sie Transformation in der Praxis umsetzen und diese mit Leben füllen.
Offen zu kommunizieren, führt zu Akzeptanz und hilft, dass sich alle bewusst werden,
10 1  Leadership: Gegenstand und Definition

ein relevanter Teil der Firma zu sein (Pendleton et al., 2021). Ein Kriterium für den
Erfolg des Wandels ist, gegenseitiges Vertrauen aufzubauen, denn auch Führungskräfte
sind auf Unterstützung des Personals angewiesen. Anfangs haben wir gefragt, was die
neue und moderne Arbeitswelt nun mit New York zu tun hat (Peters 2015). Um ehr-
lich zu sein, besteht keine relevante Beziehung zwischen Arbeitswelt und Big Apple.
Allerdings ist es so, dass die Metropole an der Ostküste von Amerika niemals schläft.
New York steht für grenzenlose Chancen, kreatives Schaffen, gelebten Workflow und
Dynamik. Diese Merkmale treffen auch auf New Work und New Leadership zu. Die
Welt verändert sich schnell, doch die menschliche Seele hängt manchmal hinterher. Des-
halb gilt das Modell einer neuen Führungskultur als Kunst, produktives Arbeiten und
Wertschätzung für Mitarbeiter zu verbinden.

1.6 Personalmanagement als Unterstützungsfunktion des


Leadership

1.6.1 Begriff und des Personalmanagements

Ein modernes Personalmanagement umfasst alle Funktionen, die das Ziel haben,
Humanressourcen für die betriebliche Aufgabenerfüllung bereitzustellen und effizient
einzusetzen. Das Personalmanagement unterstützt Führungskräfte bei ihren Auf-
gaben. Es ist daher ein aktiver und integrierter Teil des strategischen wie operativen
Managementprozesses sowie integraler Bestandteil der Arbeit aller Führungskräfte
primär zur organisatorischen Zielerreichung des Unternehmens. Zentrale Bestandteile in
Abb. 1.4 sind einerseits die Systemgestaltung und andererseits die Verhaltenssteuerung
(Huf, 2020). Verhaltensgesteuerte Aufgaben liegen auf der einen Seite in der klassischen
Mitarbeiterführung mit Aspekten wie Leadership, Motivation der Mitarbeiter und
Erreichung der Unternehmensziele. Weiterhin fallen unter die Kategorie des verhaltens-
gesteuerten Personalmanagements Personalbeschaffung, Personaleinsatz, Personalent-
wicklung, Arbeitsbedingungen und Personalfreisetzung.

1.6.2 Personalmanagement als Unterstützungsfunktion in der


Wertekette

Die Wertkette bzw. Wertschöpfungskette in Abb. 1.5 (Engl.: Value Chain) stellt die
Stufen der Produktion als eine geordnete Reihung von Tätigkeiten dar. Diese Tätig-
keiten schaffen Werte, verbrauchen Ressourcen und sind in Prozessen miteinander ver-
bunden. Das Konzept wurde erstmals 1985 von Michael E. Porter veröffentlicht. In
dieser Wertekette gibt es fünf Primäraktivitäten, die den eigentlichen Wertschöpfungs-
prozess beschreiben: Einkauf, Produktion, Logistik, Marketing & Verkauf und Service.
Außerdem gibt es mehrere Unterstützungsaktivitäten, die den Wertschöpfungsprozess
1.6  Personalmanagement als Unterstützungsfunktion des Leadership 11

Personalmanagement

Verhaltensteuerung Systemgestaltung

Planung, System zur Lenkung System zur


Mitarbeiterführung Entscheidung & der Verhaltensbelohnung
Kontrolle Verhaltenssteuerung und -kondionierung

• Leadership • Personalbeschaffung • Stellenbeschreibungen • Vergütung


• Motivation der Mitarbeiter • Personaleinsatz • Organisationsdiagramme • Anreizsysteme
• Erreichung der • Personalentwicklung • Ablaufbeschreibungen • Zielvorgaben
Unternehmensziele • Arbeitsbedingungen • Prozessdefinition • Trainingsmaßnahmen
• Personalfreisetzung

Abb. 1.4   Aufgaben und Elemente des Personalmanagements. (Quelle: Eigene Darstellung)

Wertekee des Unternehmens - New Leadership

Personalmanagement
funkonen
Sekundär-

Finanzen & Controlling


IT Management
Gewinn

Qualitätsmanagement
funkonen

En- Markeng Aer


Einkauf Produkon
Primär-

twicklung & Vertrieb Sales

Unternehmensfunkonen

Abb. 1.5   Personalmanagement als Unterstützungsfunktion in der Wertekette. (Quelle: Eigene


Darstellung)
12 1  Leadership: Gegenstand und Definition

ergänzen. Das Personalmanagement dient hier als sekundäre Funktion und unterstützt
alle anderen Abteilungen.
Abb. 1.6 zeigt den Geschäftsführer Dr. Marc Helmold mit dem Chief Procurement
Officer (CPO) in China. Regelmäßige Face to Face Treffen haben geholfen, die Ergeb-
nisse massiv zu verbessern.

1.7 Fallstudie: Leadership Exzellenz bei SAP mit


strategischem Partner

SAP ist ein Unternehmen mit 80.000 Mitarbeitern und 40 Jahren Geschichte im Soft-
warebereich. Da die Branche mit großen Umbrüchen und Veränderungen konfrontiert
war, musste SAP einen dramatischen Wandel vollziehen, um mit dem Innovationstempo
und der sich drastisch ändernden Form ihrer Branche und ihres Geschäfts Schritt zu
halten. Um ihre Organisation von einem traditionellen On-Premise-Softwareanbieter zu
einem Cloud-Unternehmen zu transformieren, das auf ihrer HANA-Plattform basiert,
hat SAP eine Partnerschaft mit BTS geschlossen (SAP, 2021). Führungskräfte bei SAP
erkannten, dass Führung der Schlüsselfaktor zur Erreichung dieses Ziels ist. Führungs-
kräfte auf allen Ebenen der Organisation mussten die Vision für ihre Teams festlegen,
Vertrauen und Begeisterung wecken und ihre Mitarbeiter für die Umsetzung ausrüsten
(Backovic, 2020). Ohne dies sah SAP voraus, Talente an Wettbewerber zu verlieren und
weniger attraktiv für die Anwerbung von Spitzentalenten zu werden. Sie wussten, dass

Abb. 1.6   Geschäftsführer Dr. Marc Helmold in China mit dem CPO von Bombardier. (Quelle:
Eigene Darstellung)
1.7  Fallstudie: Leadership Exzellenz … 13

große Führungskräfte der Schlüssel zum Erfolg ihrer Transformation waren – oder zum
Scheitern verurteilt. Vor Beginn dieser strategischen Transformation stellte SAP fest,
dass sein bisheriger Ansatz zur Entwicklung von Führungskräften nicht vollständig auf
die unterschiedlichen Ansätze in seinen globalen Aktivitäten abgestimmt war. Einige
Teile der Organisation investierten beträchtlich in die Entwicklung ihrer Mitarbeiter,
aber dies war nicht in der gesamten Organisation der Fall. Insgesamt war die Führungs-
kräfteentwicklung nicht sehr effektiv und die erfolgte Entwicklung war nicht an die
breitere strategische Agenda und die Prioritäten der SAP gebunden. Die vier Prinzipien
des neuen Ansatzes zur Führungskräfteentwicklung sind ein entscheidender Faktor bei
der Entwicklung von Führungskräften bei SAP. Nach sorgfältiger Bewertung erkannte
das Team, dass es einen besseren Weg geben musste, um Führungskräfte konsequent
zu entwickeln und die Transformation zu ermöglichen, die SAP bevorstand. Dieser
Ansatz stützte sich auf vier Schlüsselprinzipien. Zunächst entschied SAP, dass alle
Führungsebenen im Unternehmen mit einem abgestimmten Ansatz zur Führungskräfte-
entwicklung angesprochen werden mussten. Sie haben es sich zum Ziel gesetzt, klare
Botschaften, konsistente Führung und schnelle Ausführung zu fördern. Dies würde
die Konsistenz der Nachrichtenübermittlung im gesamten Unternehmen sicherstellen.
Zweitens erkannten sie, dass die Entwicklung von Führungskräften stark kontext-
bezogen sein muss mit dem SAP-Geschäft, den Kulturen, Werten, Kompetenzen, der
Transformationsagenda und dem Führungsrahmen. Drittens stellten sie fest, dass sie
schnell handeln mussten, was sich in kürzester Zeit auf die überwiegende Mehrheit der
rund 10.000 Führungskräfte der SAP auswirkte. SAP begann mit einem Top-Down-
und Ground-Up-Ansatz, der mit Top-Führungskräften und First-Level-Führungskräften
führte, um sicherzustellen, dass die Initiative die strategischen Fähigkeiten auf der
obersten Ebene beschleunigt und gleichzeitig die Umsetzung an vorderster Front voran-
treibt. Mit dieser Dynamik wechselte SAP dann in die mittlere und leitende Führungs-
ebene und schließlich in eine ausgewählte Gruppe von Führungskräften der nächsten
Generation namens Aspiring Leaders. Viertens wollten sie das Programm praxisnah
und real gestalten, damit sie entdecken und verbreiten können, was großartige Führung
bei SAP ausmacht. BTS wurde als Partner bei der Entwicklung und Umsetzung dieser
Initiative ausgewählt, da es die oben genannten Kriterien erfüllt und eine globale
Reichweite für die weltweiten Aktivitäten von SAP bietet. Die Ziele von SAP für das
Engagement waren:

• Steigern Sie das Vertrauen der Führungskräfte, das Engagement der Mitarbeiter und
das profitable Wachstum
• Beschleunigen Sie die Cloud-Performance
• Reduzieren Sie die Auswirkungen bedauerlicher Abnutzung
• Insgesamt vermittelte der Ansatz von oben nach unten die Botschaft, dass großartige
Führung ein entscheidender Faktor für den Unternehmenserfolg ist, während gleich-
zeitig die grundlegende Unterstützung entwickelt wurde, um Verhaltensänderungen
und geschäftliche Auswirkungen zu erzielen.
14 1  Leadership: Gegenstand und Definition

Das von SAP implementierte Programm war eine End-to-End-Lösung, die mit spezi-
fischen Entwicklungs-Roadmaps für alle Führungsebenen im gesamten Unternehmen
begann, die die Erfahrungen am Arbeitsplatz, die Leistungsunterstützung, die Ver-
bindungen und die formalen Lernerfahrungen skizzierten, die Führungskräfte benötigen
würden. Die formellen Lernkomponenten, die auf jede Führungsebene zugeschnitten
waren, bestanden aus Vorarbeit, einem persönlichen Vorzeigeprogramm und Folge-
aktivitäten, um neue Verhaltensweisen wieder in den Job zu bringen. Die Flaggschiffe
kombinierten Business Simulationen und Leadership Deep Dives, um die Führungs-
kompetenzen und -fähigkeiten zu verbessern, die funktions- und geschäftsbereichsüber-
greifende Zusammenarbeit zu fördern und die SAP-Strategie für die Teilnehmer erlebbar
zu machen und gleichzeitig eine konsistente Kultur mit den Führungsprinzipien von SAP
zu fördern. Die Flaggschiff-Programme wurden sowohl von SAP- als auch von BTS-
Moderatoren durchgeführt, und bis heute haben etwa 60 % der anvisierten Führungs-
kräfte eine der Erfahrungen gemacht. Die wichtigsten Indikatoren für die Effektivität der
Führung bei SAP sind Employee Engagement und Leadership Trust. Das Mitarbeiter-
engagement wird mit einer Umfrage unter allen Mitarbeitern gemessen, ähnlich wie bei
Umfragen zum Engagement in der gesamten Branche. Die Finanzabteilung der SAP hat
festgestellt, dass sich für jeden Punkt, der das Mitarbeiterengagement erhöht, die Aus-
wirkung auf das Nettobetriebsergebnis um 40 bis 50 Mio. Euro erhöht (aufgrund der
damit verbundenen Produktivitäts-, Innovations- und Kundenzufriedenheitssteigerung).
SAP hat festgestellt, dass Führungskräfte, die an den First Level Leader Flagship-
Programmen teilgenommen haben, einen um 3,4 % höheren Wert für das Mitarbeiter-
engagement erzielen als ihre Kollegen, die noch nicht teilgenommen haben. Im Zuge
dieser umfassenderen Führungsinitiative hat SAP das durchschnittliche Mitarbeiter-
engagement von 77 % auf 85 % gesteigert. Leadership Trust ist eine einzigartige SAP-
Kennzahl, die dem NPS (Net Promoter Score) nachempfunden ist und Mitarbeiter fragt:
„Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie Ihren direkten Vorgesetzten als Manager Ihres Ver-
trauens empfehlen?“ Im Zuge dieser umfassenderen Führungsinitiative hat SAP seinen
durchschnittlichen Leadership Trust-Wert von 28 auf 61 erhöht. SAP hat im Zuge seiner
Transformation profitables Wachstum vorangetrieben, und seine Cloud-Geschäfte
wachsen weiterhin von Quartal zu Quartal rasant. Zum Teil aufgrund des Erfolgs dieser
Führungsreise haben BTS und SAP eine weitere Partnerschaft geplant, um nicht nur ihre
Führungskräfte, sondern auch ihre Experten zu entwickeln, um das Unternehmen voll-
ständig zu transformieren.
Angetrieben von Führungskräften auf allen Ebenen des Unternehmens ist SAP auf
dem besten Weg, das Cloud-Unternehmen in einer Welt zu werden, in der die Cloud
König ist.
Literatur 15

Literatur

Backovic, L. (2020). Personalchef Cawa Younosi. SAP-Manager: Führungskräfte sollten niemals


alle Punkte in Stellenausschreibungen erfüllen. In der Krise lassen sich Bewerber von langen
Anforderungsprofilen einschüchtern. Der Personalchef von SAP Deutschland, Cawa Younosi,
warnt dabei vor einem großen Fehler. Handelsblatt. Das müssen Führungskräfte zu Stellenaus-
schreibungen wissen (handelsblatt.com). Zugegriffen: 1. Aug. 2021.
Dopheide, F. (2020). New leadership: Das Konzept für erfolgreiche Führungskräfte. New Leader-
ship als Strategie für Erfolg|human unlimited. Zugegriffen: 20. Juli 2021.
Fatma, P. (2015). The effect of organizational culture on implementing and sustaining lean pro-
cesses. Journal of Manufacturing Technology Management, 26(5), 725–743.
Franken, s. (2019). Verhaltensorientierte Führung. Handeln, Lernen und Diversity in Unter-
nehmen. Springer Wiesbaden.
Furtner, M. (2018). Empowering leadership. Mit selbstverantwortlichen Mitarbeitern zu
Innovation und Spitzenleistungen. Springer Wiesbaden.
Giles, S. (2015). Leadership. The most important leadership competencies, according to leaders
around the world. Harvard Business Review. https://hbr.org/2016/03/the-most-important-
leadership-competencies-according-to-leaders-around-the-world. Zugegriffen: 15. Juli 2021.
Gutenberg, E. (1983). Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre: Die Produktion: Bd. I. (Enzyklo-
pädie der Rechts- und Staatswissenschaft / Abteilung Staatswissenschaft). Springer Wiesbaden.
Helmold, M., & Samara, W. (2019). Progress in performance management. Industry insights and
case studies on principles, application tools, and practice. Springer Heidelberg.
Helmold, M. (2021). New Work, transformational and virtual leadership. Lessons from COVID-19
and other crises. Springer Cham.
Huf, S. (2020). Personalmanagement. Springer Wiesbaden.
Pendleton, D., Furnham, A., & Cowell, J. (2021). Leadership. No more Heroes. Palgrave
Macmillan Basingstoke.
Peters, T. (2015). Leadership. Traditionelle und moderne Konzepte Mit vielen Beispielen. Springer
Wiesbaden.
Pfeiffer, S. (2021). Führungskraft: Das große Leadership Buch – Erfolgreiche Mitarbeiterführung
durch praxisnahe Methoden und Techniken inkl. Eulogia Verlags GmbH Hamburg.
SAP. (2021). www.sap.com. SAP Homepage. https://news.sap.com/2015/12/sap-business-
transformation-services-advise-and-consult/.
Schreyögg, G., & Geiger, D. (2015). Organisation: Grundlagen modernen Organisations-
gestaltung. Mit Fallstudien (6. Aufl.). Springer Wiesbaden.
Leadershipansätze
2

2.1 Führung, Führungsstile und Trends

2.1.1 Führung und Führungsstile

Leadership (Führung) bedeutet, dass Menschen das Verhalten anderer beeinflussen


wollen, um die eigenen oder gemeinsame Ziele zu erreichen. Im Unternehmen führen
im Allgemeinen die Führungskräfte oder Vorgesetzte. Moderne oder innovative
Führung (Leadership) ist die Fähigkeit, zukunftsorientierte Merkmale und Qualitäten
zu verbinden. Diese umfassen Mitarbeitermanagement (Engl.: People Management),
Beziehungsmanagement, emotionale Intelligenz, wertebasiertes Auftreten, Vision und
Mission, Engagement, Motivation und Konsensbildung. Erfolgreiche Führung bedeutet,
dass Mitarbeiter sich mit den Zielen des Unternehmens identifizieren und sich engagiert
und motiviert für die Erreichung der Ziele einsetzen und hohe Leistung zeigen. Führen
ist ein integrativer, interdisziplinärer und ganzheitlicher Ansatz (Michalke, 2021).
Unter Führungsstil oder Leadership (Engl.: Leadership Behaviour oder Style)
bezeichnet man in Organisationen die Art und Weise, mit der eine Führungskraft ihre
Führungsaufgaben wahrnimmt und ihre Führungskompetenzen ausübt (Helmold, 2021).
Leadership ist in Zeiten des Wandels, der Unsicherheit und der Krise ein wichtiger
Erfolgsfaktor in Organisationen. Führungskräfte müssen daher strategische, operative
und zwischenmenschliche Aspekte ideal miteinander kombinieren (Pendleton, Furnham
& Cowell, 2021). Das Ziel von New Leadership als moderner Führungsstil konzentriert
sich auf den stetigen Wandel der Organisation zu einer zukunftsgerichteten Unter-
nehmens- und Fehlerkultur. Leader und Führungspersönlichkeiten des New Leader-
ship haben die Werkzeuge und Fähigkeiten, sich selbstorganisierende, virtuelle und
agile Teams authentisch und selbstsicher zu motivieren. Führungskräfte erschaffen eine

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, 17


ein Teil von Springer Nature 2022
M. Helmold, Leadership, https://doi.org/10.1007/978-3-658-36364-2_2
18 2 Leadershipansätze

Vertrauenskultur, in der Mitarbeiter ihr volles Potenzial einbringen, Spaß an der Arbeit
haben, perspektivisch mitdenken und extrinsisch wie intrinsisch motiviert sind.

2.1.2 Demographische, techno-ökonomische und soziale Trends

Abb. 2.1 zeigt Trends, die sich auf Führung und Führungsstile auswirken. Die Trends
sind in drei Hauptgruppen unterteilt, demographische, techno-ökonomische und soziale
Trends. Treiber für das Modell des New Leadershipansatzes sind hier insbesondere die
veränderten Arbeitsweisen durch die COVID-19 Pandemie, die zunehmende Globali-
sierung und demographische Faktoren. Die demographischen Trends beinhalten die
Alterung der Bevölkerung und damit auch der Belegschaft. Ebenso schrumpft die
Bevölkerung in entwickelten Ländern, sodass es eine Verknappung an Nachwuchs-
kräften gibt. Als Fachkräftemangel bezeichnet man den Mangelzustand einer Volks-
wirtschaft, in dem eine bedeutende Anzahl von Arbeitsplätzen für Arbeitnehmer mit
bestimmten Qualifikationen nicht besetzt werden kann, weil auf dem Arbeitsmarkt
keine entsprechend qualifizierten Fachkräfte zur Verfügung stehen. Neben den demo-
graphischen Trends wirken sich techno-ökonomische Trends wie Globalisierung,
Internationalisierung, Innovationen, Kostendruck, Wissensmanagement, Veränderungs-
management oder Wettbewerb oder auf Führung und Personal aus. Zur dritten Kate-
gorie zählen soziale Trends wie veränderte Arbeitsweisen durch COVID-19 (New Work),
Urbanisierung, Nachhaltigkeitsaspekte Work-Life-Balance, ein gestiegenes Umwelt-
bewusstsein oder die Individualisierung von Produkten (Engl.: Customization).

Demografische Technisch-ökonomische Soziale


Trends Trends Trends
Alterung der Gesellscha und Globalisierung und Veränderung der Arbeitsweisen
Belegschaen Internaonalisierung durch COVID-19
Schrumpfung der Gesellscha Digitalisierung und Nachhalgkeit
und Bevölkerungsanzahl Industrie 4.0
Verknappung von Technische Innovaonen und Individualisierung von
Nachwuchskräen Kostendruck Produkten
Verlängerung der Wissens- und Work-Life-Balance
Lebensarbeitszeit Innovaonsgesellscha
Veränderungsmanagement Urbanisierung
Steger Webewerb auf Steigendes Umweltbewußtsein
internaonaler Basis

Abb. 2.1   Trends mit Auswirkungen auf Führung und Führungsstile. (Quelle: Eigene Darstellung)
2.2  Eindimensionale Führungsstile 19

2.2 Eindimensionale Führungsstile

2.2.1 Modell nach Kurt Lewin

Als Grundstein der Forschungen Lewins gelten Studien, die an der Iowa-University
Elementary School durchgeführt worden sind. Hierbei wurde in Arbeitsgruppen unter-
sucht, wie das Führungsverhalten die Faktoren soziales Klima, Produktivität, Kreativi-
tät, das individuelle und das Gruppenverhalten beeinflusst. Durch die Beobachtungen
entstanden zwei idealtypische Führungsstile: der autokratische (autoritärer) Führungs-
stil und der demokratische (kooperativer) Führungsstil (Weibler, 2016). Diese beiden
Führungsstile wurden nach weiteren Studien durch den Laissez-faire-Stil ergänzt. Die
drei Führungsstile sind in Abb. 2.2 dargestellt.
Beim autoritären Führungsstil hat die Führungskraft Weisungsbefugnis und ent-
scheidet über die Aktivitäten der einzelnen Mitarbeiter und der Arbeitsgruppen. Auf-
gaben, Ziele, Vorgaben und die Richtung sind in diesem Führungsstil nicht transparent
für die Mitarbeitenden. Damit ist jedoch nicht impliziert, dass die Mitarbeitenden ihre
Aufgaben nicht selbständig umsetzen können und sollen. Jedoch werden die Aufgaben
und Ziele von der Führungskraft in kleinen Etappen diktiert bzw. gelenkt. Im Vorder-
grund steht dabei der Monolog, auf Diskussionen wird verzichtet und Gehorsam voraus-
gesetzt (Lewin, 1975). Die Führungskraft trägt somit die alleinige Verantwortung
(Helmold & Samara, 2019).
Beim demokratischen oder kooperativen Führungsstil steht die Gruppe der Mitarbeiter
im Mittelpunkt. Die Führungskraft bespricht Aufgaben und Ziele lediglich mit den Mit-
arbeitenden. Der Dialog wird dabei zur Kommunikationsform, wodurch auch laufend
Feedback eingeholt werden kann. Auch Arbeitsgruppen dürfen freiwillig nach eigenen
Vorstellungen gebildet werden und Aufgaben beliebig aufgeteilt werden. Somit sind Ziele
und Aufgaben sehr schnell transparent und die Führungskraft steht mit objektiver Kritik,
objektiven Lob und Ratschlägen zur Seite, jedoch nicht im arbeitenden Mittelpunkt
(Lewin, 1975). Die Verantwortung wird teilweise auf die Mitarbeitenden delegiert.
Der Laissez-faire-Führungsstil entstand aus einer Situation, in der eine Führungs-
kraft die Kontrolle gegenüber der Arbeitsgruppe verlor und die Verantwortung an die

Autoritär Demokrasch Laissez-Faire


(Autokrasch) (Parzipav) (Delegav)
Die Führungskra hat Die Führungskra bezieht Die Führungskra zieht
klare Erwartungen, was die Teammitglieder mit in sich fast gänzlich zurück.
wann und wie getan die Entscheidungsfindung Die Führungskra bietet
werden muss. Die ein. Die letzte wenig oder gar keine
Führungskra tri Entscheidungsgewalt liegt Anleitung und überlässt
Entscheidungen allein. aber bei der die Entscheidungsfindung
Führungskra. bei der Gruppe.

Abb. 2.2   Führungsstile nach Lewin. (Quelle: Eigene Darstellung)


20 2 Leadershipansätze

Arbeitsgruppe delegierte. Die daraus folgende Haltung: „Ich bleibe zwar freundlich aber
beteilige mich nur noch sehr passiv.“, ist Kern der Entwicklung dieses Führungsstils.
Dieser liberale Ansatz überträgt die Verantwortung auf die komplett freien Mitarbeiter.
Es gibt keine Kontrolle mehr durch die Führungskraft und keinerlei eigene Vorschläge.
Es wird kein Dialog mehr mit den Mitarbeitenden geführt und auch kein Feedback mehr
gegeben (Lewin, 1975). Dieser Stil wird jedoch eher als Anti-Führungsstil bzw. eine
Form des „nichtmehr Führens“ bezeichnet.

2.2.2 Modell nach Tannenbaum und Schmidt

Ein Führungsstil ist ein Verhaltensmuster einer Führungsperson gegenüber ihren Mit-
arbeitern. Es gibt viele verschiedene Muster, nach denen der Führungsstil eines Vor-
gesetzten bestimmt werden kann; das einfachste ist das 1958 von Robert Tannenbaum
veröffentlichte eindimensionale Führungsmodell in Abb. 2.3 (Tannenbaum & Schmidt,
2009). Dabei wird abgebildet, wie hoch der Entscheidungsspielraum von Vorgesetzten
und Untergebenen bei welchem Führungsstil ist.

• Autoritär: Der Vorgesetzte entscheidet alleine und setzt seine Befehle durch.
• Patriarchalisch: Der Vorgesetzte entscheidet, versucht aber vorher, die Mitarbeiter zu
überzeugen.
• Beratend: Der Vorgesetzte entscheidet, gestattet den Mitarbeitern jedoch Fragen
bezüglich dieser Entscheidungen, sodass er und seine Entscheidungen akzeptiert
werden.
• Kooperativ: Der Vorgesetzte informiert seine Mitarbeiter über die geplanten Ent-
scheidungen, sodass sie die Möglichkeit haben, sich vor deren Beschluss zu äußern.
Danach werden eventuell Änderungen an den Entscheidungen vorgenommen.

Autoritär Patriar- Infor- Beratend Koopera v Delega v Demo-


chalisch mierend Konsulta v kra sch
Die Die Die Das Team wird Das Team Das Team Das Team
Führungskra Führungskra Führungskra von der entwickelt entscheidet entscheidet.
entscheidet entscheidet, entscheidet Führungskra Lösungsvor- nachdem die Die
ohne versucht aber, alleine. Fragen über schläge. Die Führungskra Führungskra
Konsultaon die Mitarbeiter zur beabsichgte Führungskra Probleme und fungiert als
der Mitarbeiter. durch Entscheidung Entscheidungen entscheidet. Lösungen Koordinator.
Konsultaon, werden informiert. Das aufgezeigt hat.
von seinen gestaet aber Team darf seine
Entscheidungen nicht unbedingt Meinung
zu überzeugen. berücksichgt. abgeben.
Gruppenorien erte Führung und
Entscheidungen
Führungskraorien erte
Führung und Entscheidungen

Abb. 2.3   Führungsstile nach Tannenbaum und Schmidt. (Quelle: Eigene Darstellung)


2.2  Eindimensionale Führungsstile 21

• Partizipativ: Die Gruppe entwickelt Vorschläge, der Vorgesetzte entscheidet sich für
den Vorschlag, den er favorisiert.
• Demokratisch mitentscheidend: Die Gruppe entscheidet, nachdem der Vorgesetzte das
Problem aufgezeigt und den Handlungsspielraum der Gruppe festgelegt hat.
• Demokratisch autonom: Die Gruppe entscheidet autonom. Der Vorgesetzte fungiert
lediglich als Koordinator.

Das Tannenbaum-Schmidt-Führungskontinuum ist ein Modell, das den Zusammenhang


zwischen der Autorität, die Sie als Führungskraft nutzen, und der Freiheit, die dies Ihrem
Team gewährt, aufzeigt (Tannenbaum & Schmidt, 2009). Am Ende des Kontinuums
stehen Manager, die ihren Mitarbeitern einfach sagen, was sie tun sollen. Am anderen
Ende des Kontinuums stehen Manager, die völlig frei sind. Wenn Sie sich von einem
Ende des Kontinuums zum anderen bewegen, erhöht sich der Freiheitsgrad, den Sie
Ihrem Team geben, und der Einsatz von Autorität nimmt ab. Die meisten Manager und
Führungskräfte werden irgendwo zwischen diesen beiden Extremen liegen. Das Leader-
ship Continuum wurde von Robert Tannenbaum und Warren Schmidt in ihrem 1958
erschienenen Artikel über Harvard Business Review (HBR): „How to Choose a Leader-
ship Pattern“ entwickelt. Tannenbaum war Organisationspsychologe und Professor
an der UCLA Anderson School of Management. Schmidt war auch Psychologe und
lehrte an der UCLA Anderson School of Management. Die meisten Führungsmodelle
nehmen einen Führungsstil und analysieren ihn isoliert von anderen Führungsstilen. In
der Praxis ist ein einheitlicher Führungsstil jedoch nicht für alle Situationen geeignet.
Manchmal möchten Sie vielleicht Elemente eines anderen Führungsstils ausleihen, um
sie mit jemandem in Ihrem Team zu verwenden. In anderen Fällen können Sie Ihren
Stil vollständig ändern, wenn die Situation es erfordert. Tannenbaum und Schmidt
argumentierten, dass bei der Wahl eines Führungsstils bestimmte Fragen zu berück-
sichtigen sind:

• Was ist der bevorzugte Führungsstil?


• Welche Werte gibt es im Unternehmen?
• Wie ist die Beziehung zwischen dem Manager und seinem Team?

Die Vorteile des autoritären Entscheidungsstils sind vor allem die Geschwindigkeit der
Entschlüsse und die offen sichtbare Entscheidungsgewalt. Sie eignen sich besonders bei
Routinetätigkeiten. Wenn allerdings ein Vorgesetzter Entscheidungen für viele Unter-
gebene trifft, häufen sich allerdings Fehlentscheidungen, da der Vorgesetzte nicht alle
Gegebenheiten betrachtet. Überdies führt dieser Führungsstil zu einer Demotivation und
der Unselbstständigkeit der Mitarbeiter (Fatma, 2015).
Die Vorteile des kooperativen Führungsstils liegen in der hohen Mitarbeitermotivation
und der stark erhöhten Möglichkeit, fachgerechte Entscheidungen zu treffen. Diese
Methode fördert außerdem das Engagement und die Kreativität der Mitarbeiter. Überdies
22 2 Leadershipansätze

ist es lohnenswert, dass diese auch bei der Abwesenheit des Chefs eigenständig arbeiten
können (Helmold, 2021).

2.3 Mehrdimensionale Führungsstile

2.3.1 Verhaltenstheoretisches Führungskonzept nach Blake und


Mouton

Das Führungskonzept nach Blake und Mouton (1964) umfasst zwei Dimensionen, die
Aufgaben- und die Mitarbeiterorientierung (Beziehungsorientierung). Die Autoren unter-
scheiden fünf Verhaltensstile (siehe Abb. 2.4): Typ 1.1 oder das verarmte Management, Typ
9.1 oder Befehl und Gehorsam-Management, Typ 1.9 oder Country-Club-Management,
Typ. 5.5 Organisations-Management und den Typ 9.9 Teammanagement. Letzterer gilt
als idealtypisch. Führungskräfte, die diesen Stil verfolgen, legen gleichermaßen großen
Wert auf die zu erzielenden Ergebnisse, wie auf die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter. Die
Beziehungen sind vertrauens- und respektvoll und die Mitarbeiter arbeiten hochmotiviert.
Es besteht eine klare Orientierung hin zu übergeordneten Zielen, alles klassische Indizien
für eine „High-Performance-Culture“. Dieser Führungsstil zeichnet sich durch viele Para-
meter aus, u. a. offene Kommunikation, Verantwortung, Vertrauen, Macht- und Ent-
scheidungsdelegation, direkte Konfliktlösung, gemeinsame Problemlösung.

1.9 9.9
Hoch

Country Club Management Team Management


Minimales Interesse für Aufgaben Maximales Interesse für Aufgaben
Maximales Interesse für Menschen Maximales Interesse für Menschen
Mitarbeiterorientierung

Integration von Aufgaben und


Mitarbeitern auf hohem Niveau

5.5
Organisationsmanagement
Kompromiss

Verarmtes Management Befehl und Gehorsam


Niedrig

Minimales Interessen für Aufgaben Maximales Interesse für Aufgaben


Minimales Interesse für Menschen Minimales Interesse für Menschen

1.1 9.1
Niedrig Hoch
Aufgabenorientierung

Abb. 2.4   Führungsstile nach Blake & Mouton. (Quelle: Eigene Darstellung)


2.3  Mehrdimensionale Führungsstile 23

2.3.2 Situativer Führungsmodell von Hersey und Blanchard

Das situative Führungsmodell von Hersey und Blanchard unterscheidet die Führungs-
stile Unterweisen bzw. Anweisen ("Telling"), Verkaufen ("Selling"), Beteiligen
(„Participating“) und Delegieren („Delegating“). Als Situationsvariablen werden die
Fähigkeit der Mitarbeiter bezüglich der zu realisierenden Aufgabe, d. h. das Maß an
Fachwissen, Fertigkeiten und Erfahrung, sowie die Bereitschaft bzw. Motivation zur
Aufgabenrealisierung einbezogen. Ausgehend von dem so bestimmten Entwicklungs-
stand der Mitarbeiter wird der geeignete Führungsstil bestimmt. Der Reifegrad eines
Mitarbeiters wird aus der Kombination von Willigkeit und Fähigkeit bestimmt. Durch
die Ausprägung von niedrig bis sehr hoch ergeben sich vier Grundformen.

• Reifegrad 1: nicht fähig und nicht willig oder nicht fähig und unsicher
• Reifegrad 2: nicht fähig, aber willig oder nicht fähig, aber vertrauensvoll
• Reifegrad 3: fähig, aber nicht willig oder fähig, aber unsicher
• Reifegrad 4: fähig und willig oder fähig und vertrauensvoll

Daraus wiederum ergibt sich die Art der Führung:

Reifegrad 1: Diktieren: Gib genaue Anweisungen und überwache die Leistung!


Beim autoritären Führungsstil (Telling; niedrige Mitarbeiterorientierung, hohe Auf-
gabenorientierung, niedriger bis mittlerer Reifegrad) fixiert der Vorgesetzte eindeutig
die Tätigkeiten der Untergebenen und gibt Zeitpunkte für ihre Erfüllung vor (Es ist ein
geringer Reifegrad der Mitarbeiter (Motivation, Wissen, Fähigkeiten fehlen) gegeben
(Reifegrad M 1). Dem Mitarbeiter mangelt es sowohl an Antrieb als auch an Motivation
sowie an Qualifikation und Kompetenz, eine Aufgabe erfolgreich zu erfüllen.

Reifegrad 2: Argumentieren: Erkläre Entscheidungen und gib Gelegenheit für


Klärungsfragen!
Beim integrierenden Führungsstil (Selling: hohe Mitarbeiterorientierung, hohe Auf-
gabenorientierung, niedriger bis mittlerer Reifegrad) berücksichtigt der Vorgesetzte auch
die Meinung der Mitarbeiter, aber entscheidet selbst, er ist bemüht, seine Entscheidung
zu »verkaufen«. Es ist ein geringer bis mäßiger Reifegrad der Mitarbeiter (Motivation
vorhanden, aber fehlende Fähigkeiten) gegeben (Reifegrad M 2). Der Mitarbeiter hat
zwar den Willen, die Aufgabe zu erfüllen, es fehlen ihm aber die nötigen Fähigkeiten.

Reifegrad 3: Partizipieren: Teile Ideen mit und ermutige Entscheidungen zu treffen!


Beim partizipativen Führungsstil (Participating: hohe Mitarbeiterorientierung, niedrige
Aufgabenorientierung, mittlerer bis hoher Reifegrad) spielt der Mitarbeiter bei Ent-
scheidungsfindung und Durchführung eine wichtige Rolle, wer entscheidet ist nicht ein-
deutig festgelegt. Es ist ein mäßiger bis hoher Reifegrad der Mitarbeiter (Fähigkeiten
vorhanden, aber Motivation fehlt) gegeben (Reifegrad M 3). Der Mitarbeiter hat zwar
24 2 Leadershipansätze

die erforderlichen Fähigkeiten, es fehlt ihm jedoch am Willen, seine Arbeit konsequent
durchzuführen.

Reifegrad 4: Delegieren: Übergib die Verantwortung zur Entscheidungsfindung


und Durchführung!
Beim delegierenden Führungsstil (Delegating: niedrige Mitarbeiterorientierung,
niedrige Aufgabenorientierung, mittlerer bis hoher Reifegrad) kommt es zum Verzicht
auf Führung, da Mitarbeiter über Mittel und Wege selbst entscheiden. Es ist ein hoher
Reifegrad der Mitarbeiter (Motivation, Wissen und Fähigkeiten vorhanden) gegeben
(Reifegrad M 4). Der Mitarbeiter hat sowohl den Willen als auch die Fähigkeiten, seine
Aufgabe zu erfüllen.
Die Erfolgswirksamkeit des gewählten Führungsstils ist genau zu beobachten: Wird
die Aufgabe sehr gut bewältigt, so soll bei einer ähnlichen Aufgabe künftig ein Stil
gewählt werden, der den Mitarbeitern mehr Partizipation und Freiräume ermöglicht; bei
Misserfolgen oder unzureichenden Ergebnissen wird eine Rücknahme der Partizipation
und eine stärkere Kontrolle und Unterweisung für sinnvoll erachtet.

2.4 Transaktionale und transformationale Führungsstile

2.4.1 Transaktionaler Führungsstil

Ein transaktionaler Führungsstil bezeichnet ein Leadershipkonzept, das auf einem


Austauschverhältnis zwischen einer Führungskraft und ihrem Mitarbeiter beruht.
Ein Beispiel ist die Zielvereinbarung (Management by Objectives), in der geregelt ist,
welche Erwartungen an den Mitarbeiter gestellt werden, und welche finanziellen oder
immateriellen Vorteile (oder Nachteile) er zu erwarten hat, wenn er die Anforderungen
erfüllt (oder nicht erfüllt) (Peters, 2015). Die Transaktionale Führung wurde zuerst von
dem amerikanischen Soziologen James Downton im Jahr 1973 beschrieben und 1978
von James MacGregor Burns zu einem Modell weiterentwickelt.
Vorteile von transaktionaler Führung sind zum Beispiel, dass mithilfe von diesem
Führungsstil Ziele einer Organisation erreicht werden können. Dadurch, dass Ziele und
Regeln klar definiert sind, kommt es zu einer Handlungssicherheit. Das kann vor allem
bei Routinetätigkeiten sinnvoll und hilfreich sein. Die klare und offene Kommunikation
von Zielen und Anforderungen führt zu einem Gefühl von Transparenz und Gerechtig-
keit bei den Mitarbeitenden.
Nachteile von transaktionaler Führung sind, dass die Motivation der Mitarbeitenden
hauptsächlich extrinsisch ist. Extrinsische Motivation stößt irgendwann auf Grenzen.
Es ist nämlich nicht unbegrenzt möglich, das Gehalt zu erhöhen oder Aufstiegs-
möglichkeiten zu bieten. Zudem gewöhnen sich Mitarbeiter daran, belohnt oder
bestraft zu werden. Auf Dauer können Mitarbeiter so emotional abstumpfen und die
2.4  Transaktionale und transformationale Führungsstile 25

Motivation kann daher deutlich abnehmen. Durch einen transaktionalen Führungs-


stil wird Innovation und Kreativität erschwert, da die Mitarbeitenden wenig Autonomie
und Handlungsspielraum haben und sich nur an die Ziele halten, die sie vorgegeben
bekommen.

2.4.2 Transformationaler Führungsstil

Der transformationale Führungsstill ist ein Konzept, bei dem durch das Transformieren
(Lat.: transformare – umformen, umgestalten) von Werten und Einstellungen der
Geführten – hinweg von egoistischen, individuellen Zielen, in Richtung langfristiger,
übergeordneter Ziele – eine Leistungssteigerung stattfinden soll. Transformationale
Führungskräfte versuchen, ihre Mitarbeiter intrinsisch zu motivieren, indem sie bei-
spielsweise attraktive Visionen vermitteln, den gemeinsamen Weg zur Zielerreichung
kommunizieren, als Vorbild auftreten und die individuelle Entwicklung der Mitarbeiter
unterstützen. Die Theorie zur transformationalen Führung wird seit Mitte der 1990er
Jahre verstärkt in der Wissenschaft untersucht. Erstmals unterschied der Historiker
und Politikwissenschaftler James MacGregor Burns bei seiner Biographieanalyse von
Politikern und deren Führungsstilen zwischen einem transformierenden und einem
transaktionalen Führungsstil (Burns, 2010). Während sich transaktionale Politiker eher
an der Beibehaltung des Status quo orientieren, konnten transformationale Politiker
Veränderungen bewirken. Transaktionale und Transformationale Führung werden in
der Literatur häufig miteinander verglichen (Pfeiffer, 2021). Beide Führungsstile haben
gemeinsam, dass organisationale Ziele erreicht werden sollen. Der Unterschied liegt
bei der Umsetzung der Zielerreichung durch die Führungskraft. Bei der transaktionalen
Führung handelt es sich um einen sachlichen und rationalen Austauschprozess zwischen
Führungskraft und Mitarbeiter. Von der Führungskraft werden klare Ziele gesetzt. Bei
Nicht Erreichen der Ziele kommt es zur Bestrafung, während es bei Erfüllen der Ziele
zur Belohnung (z. B. in Form von Gehalt, Lob, Beförderung) kommt. Dadurch ist die
Motivation der Mitarbeiter primär extrinsisch. Bei der transformationalen Führung ist
die Motivation der Mitarbeiter hingegen eher intrinsisch. Dieser Führungsstil verfolgt
die Intention, dass sich die Mitarbeiter aus innerer Verbundenheit gegenüber dem Unter-
nehmen und der Führungskraft für diese und dessen Ziele einsetzen anstatt nur aufgrund
von externen Anreizen, wie beispielsweise das Gehalt. Transformationale Führungs-
kräfte erreichen dies mit den folgenden vier Ansatzpunkten: inspirierende Motivation,
idealisierter Einfluss, intellektuelle Stimulierung und individuelle Berücksichtigung.
Sowohl transaktionale als auch transformationale Führung können zum gewünschten
Führungserfolg führen. Häufig wird nicht nur einer der beiden Führungsstile verwendet,
sondern eine Kombination aus beiden. Sie können somit auch als sich gegenseitig
ergänzende Verhaltenseigenschaften einer Führungskraft gesehen werden. Deswegen
wird empfohlen, nicht nur einen einzigen Führungsstil anzuwenden, sondern beide zu
26 2 Leadershipansätze

Tab. 2.1  Elemente des transaktionalen und transformationalen Führungsstils


Transaktionale Führung Transformationale Führung
Interessenaustausch (Transaktion) Veränderte Einflussnahme (Transformation)
Klare und transparente Ziele Inspirierende Motivation
Transaktion und Interessenaustausch Idealisierter Einfluss
Klare und transparente Ziele Strukturierte Aufgaben
Attraktive Anreize Intellektuelle Stimulierung
Quelle: Eigene Darstellung

kombinieren, um die maximale Wirkung zu erzielen. Tab. 2.1 zeigt die Elemente des
transaktionalen und transformationalen Führungsstils.

2.5 Ethischer Führungsstil

Zahlreiche Autoren und Wissenschaftler betonen, dass zu einem modernen, mit-


arbeiterorientierten und innovativen Leadershipstil auch moralische und ethische
Aspekte zwingend gehören (Bachmann, 2017). Daraus hat sich der ethische Leader-
ship- oder Führungsstil entwickelt. Das Wort Moral bedeutet sittlich (lat: mos,
mores = Sitte, Sitten). Darunter kann die Gesamtheit von sittlichen Normen, Grund-
sätzen und Werten verstanden werden, die von einer Gesellschaft allgemein akzeptiert
werden und das zwischenmenschliche Verhalten regulieren (Duden, 2019). In der
praktischen Anwendung werden die Ausdrücke „moralisch“ und „ethisch“ oft gleich-
gesetzt. Der Ausdruck Ethik stammt vom Griechischen (griechisch ἔθος = Gewohnheit,
Sitte, Brauch; ἦθος = Charakter, Sinnesart, Brauch, Sitte, Gewohnheit) und steht für
die Gesamtheit sittlicher Normen und Maximen, die einer pflichtbewussten Einstellung
zugrunde liegen. Ethik ist auch die Bezeichnung einer philosophischen Disziplin, die
sich mit dem sittlichen Verhalten des Menschen befasst. Der römische Philosoph und
Politiker Cicero übersetzte seinerzeit êthikê als philosophia moralis (Moralphilosophie.
In anderen Worten, Ethik ist die Wissenschaft über die moralischen Ansichten. Dabei
sollen die ethischen Theorien nicht dem Selbstzweck dienen, sondern die moralischen
Auffassungen untersuchen, hinterfragen und bewerten, um somit dem Menschen bei
seinem Handeln wegweisend Hilfe zu leisten. Ethische Führung ist Führung, die sich an
der Achtung ethischer Überzeugungen und Werte sowie an der Würde und den Rechten
anderer orientiert. Es bezieht sich daher auf Konzepte wie Vertrauen, Ehrlichkeit, Rück-
sichtnahme, Charisma und Fairness (Helmold et al., 2020).
Je nach Umgang mit den ethischen Aussagen, ergeben sich die folgenden Teil-
disziplinen der Ethik:
Normative Ethik: untersucht und bewertet die Prinzipien und Kriterien der Moral als
Maßstab für das moralisch richtige Handeln.
2.5  Ethischer Führungsstil 27

Deskriptive Ethik: beschreibt empirisch die Anwendung von Normen- bzw. Werte-
systeme. In politischen Herausforderungen.
Metaethik: fokussiert auf die Methoden moralischer Argumentationen sowie die
Anwendbarkeit ethischer Theorien.
Auch die Rechtswissenschaft beschäftigt sich mit Normen, die das zwischenmenschliche
Verhalten regeln. Ein wesentlicher Unterschied zwischen den ethischen und den recht-
lichen Normen besteht darin, dass es sich bei den Rechtsnormen (Gesetzen) um vom
Staat festgelegte, rechtlich bindende Vorschriften handelt. Außerdem werden allgemein
bei den ethischen Normen höhere Maßstäbe angewendet (Helmold et al., 2020).
Ethische Führung ist Führung, bei der ein angemessenes Verhalten durch Respekt vor
Ethik und Werten sowie den Rechten und der Würde anderer im Mittelpunkt steht. Die
Konzepte von Ehrlichkeit, Integrität, Vertrauen und Fairness sind alle entscheidend für
ethische Führung. Ethische Führung kann Unternehmen einen Mehrwert bieten, indem
sie Mitarbeiter dazu anregt, motiviert zu sein und den Werten des Unternehmens gerecht
zu werden. Die Erfahrung zeigt, dass ethische Führung zu einer höheren Mitarbeiter-
zufriedenheit und geringeren Fluktuationsraten führt. Ethische Führungskräfte sollten
im Laufe der Zeit in jedem Aspekt ihres Lebens ethisches und angemessenes Verhalten
zeigen, auch wenn ihr Verhalten von ihren Mitarbeitern nicht unbedingt beobachtet
werden kann. Ethische Führung kann manchmal sogar unangenehm sein, beispielsweise
wenn es um die Kündigung eines Mitarbeiters geht, der Firmeneigentum für persönliche
Zwecke nutzt. Dennoch ist die Wahrung Ihrer Integrität von größter Bedeutung für die
Führung. Abb. 2.5 zeigt die Aspekte des ethischen Führungsstils mit Respekt, Dienst-
leistungsorientierung, Gerechtigkeit, Ehrlichkeit und Verantwortungsbewusstsein.

Abb. 2.5   Ethischer
Führungssti. (Quelle: Eigene Respekt für andere
Darstellung) Menschen

Verantwortung für die Dienstleistungs-


Gesellscha orienerung
Ethische
Führung
(Leadership)

Ehrlichkeit Gerechgkeit und Fairness


28 2 Leadershipansätze

2.6 Agiler Führungsstil

Agile Führung bedeutet, dass das Unternehmen sich an Veränderungen maximal schnell
anpassen kann. Sie unterstützt Mitarbeiter auf Augenhöhe dabei, gemeinsam die
besten Lösungen für Herausforderungen zu finden. Dabei finden die Bedürfnisse aller
Stakeholder Berücksichtigung. Zentrale Werte der agilen Führung sind Offenheit für
Neues, Kommunikation und flache Hierarchien. Abb. 2.6 zeigt die Unterschiede von
traditionellen und agilen Führungskräften auf.
Agile Unternehmen sind in der Lage ihre Organisation und ihr Geschäftsmodell in
kurzer Zeit auf neue Marktanforderungen auszurichten. Darüber hinaus sind agile
Organisationen proaktiv und initiativ im Ergreifen von sich bietenden Chancen. Das gilt
für alle Unternehmensbereiche. Agilität im Unternehmen ist die richtige Mischung aus
„doing agile“ (Methoden) und „being agile“ (Mindset). Im Zuge der digitalen Trans-
formation ist Agilität ein notwendiges Führungs- und Organisationsprinzip, um auch in
digitalen Märkten erfolgreich zu sein. Die agile Transformation wird zu einem wesent-
lichen Eckpfeiler einer erfolgreichen digitalen Transformation. Abb. 2.7 zeigt einen
Prototyp der agilen Organisation. Agile Unternehmen haben eine ganz eigene DNA.
Ihr Erfolg lässt sich nur schwer auf einzelne Maßnahmen oder Methoden zurückführen.
Vielmehr basiert ihr Erfolg auf sechs Säulen wie Mission, Kundenzentrierung, eine

Klassische Führung Agile Führung


Der Chef ist derjenige, der am besten fachliche und persönliche Die Welt verändert sich zu schnell und die Aufgaben sind zu
Orienerung geben kann. komplex als dass die Führungskräe noch die höchste Kompetenz
bezüglich anstehender Aufgaben haben können. Mitarbeiter wissen
daher o besser als die Vorgesetzten, was gerade dran ist.
Entscheidungen werden daher vom Vorgesetzten getroffen. Entscheidungen werden daher von den Mitarbeitern getroffen.

Der Vorgesetzte besmmt die Strategie, die Ziele und die Die Strategie, die Ziele und Vorgehensweisen werden gemeinsam
Vorgehensweise, denn er weiß am besten, was dran ist. im Team diskuert, damit alle Sichtweisen einfließen können.
Vorgaben sind detailliert, damit die Aufgabe so umgesetzt wird, wie Führungskräe definieren die grobe Richtung, also die Leitplanken,
der Vorgesetzte es will. innerhalb derer Mitarbeiter selbst entscheiden. Das ist schneller
und die Entscheidungen sind näher an der Realität.
Wichge Gespräche führt der Vorgesetzte, denn er hat auch die Bei wichgen Gesprächen sind Mitarbeiter zumindest dabei, wenn
Verantwortung und kann Entscheidungen treffen. sie sie nicht sogar allein führen.

Der Vorgesetze kontrolliert, was passiert. Das heißt, er achtet Der Vorgesetzte vertraut dem Team und lässt es machen. Er sorgt
darauf, dass Ziele erreicht, gewünschte Verhaltensweisen gezeigt aber dafür, dass das Team regelmäßig die Ergebnisse reviewt und
und Vorgaben eingehalten werden. gemeinsam entscheidet, was anzupassen ist.
Wenn es eine Abweichung des Verhaltens oder der Ergebnisse Eine Abweichung ist möglich, meist sogar notwendig und wird als
beim Mitarbeiter gibt, gibt es krisches Feedback, damit der wertvolle Lernerfahrung betrachtet. Try und Error ist ein wichges
Mitarbeiter das richge Verhalten lernt. Vorgehensprinzip.

Vorgehen: Das Ziel wird definiert, ein Plan entwickelt, abgearbeitet Das Vorgehen ist iterav, nur die nächsten Schrie werden geplant,
und kontrolliert. dann holt man sich Feedback, und passt gegebenenfalls den Kurs
an. Kursänderung ist jederzeit möglich.
Die Arbeitsqualität soll hoch sein und wird mit 100% angestrebt. Gemeinsam wird eine „Definion of done“ erarbeitet – welches
Ergebnis brauchen wir hier?
Kommunikaon ist sachlich, faktenorienert, nüchtern, seriös. Kommunikaon ist emoonal und begeisternd, „Spielen und
Spinnen“ hat einen Raum im Arbeitsleben.

Abb. 2.6   Gegenüberstellung agiler und traditioneller Leadershipansatz. (Quelle: Eigene Dar-


stellung)
2.6  Agiler Führungsstil 29

Einkauf

Externe
Produk on
Stakeholder

Geschäs- Marke ng &


führung Vertrieb
Agile
Unternehmen

Finanzen &
Personal
Controlling

Logis k

Abb. 2.7   Agile Unternehmen. (Quelle: Eigene Darstellung)

agile und (neu) gedachte Führung, agile Methoden, kontinuierliche Verbesserung und
eine agile Unternehmenskultur. In agilen Organisationen ist der Kunde Teil der Wert-
schöpfung und nicht einfach das letzte Glied in der Kette. Anforderungen werden in
Anwendergeschichten (Engl.: User Stories) formuliert, Wertschöpfung ausgehend vom
Kunden und entlang seiner Kundenreise gedacht statt von innen nach außen (Helmold,
2020). Eine ideale und eindrucksvolle Symbolik für die Stellung des Kunden ist ihm in
jedem Meeting einen freien Stuhl zu geben. Als stille jedoch permanente Erinnerung
daran, worum es eigentlich geht. Diese Form der Kundenzentrierung bedeutet auch,
dass der Kunde aktiv in die Entwicklung von Dienstleistungen und Produkten ein-
bezogen wird. In einem frühen Stadium bekommt der Kunde Prototypen und minimal
funktionsfähige Produkte, um darauf basierend sein Feedback zu geben. Basierend auf
diesem Feedback und seinen Bedürfnissen entwickeln agile Organisationen ihr Angebot
ständig weiter. Auf diesem Weg gewinnen agile Unternehmen in einem frühen Stadium
eine hohe Klarheit, was Kunden an ihrem Angebot wirklich schätzen und welche
Leistungsaspekte sie nicht weiterverfolgen müssen. Das Lieferantenmanagement über-
nimmt in der agilen Organisation eine Vorreiterrolle, in der sie Lieferanten und eigene
Abteilungen mit dem Kunden vernetzt. Produktion, Abläufe und Prozesse werden
synchronisiert und regelmäßig überprüft. Ein agiles Lieferantenmanagement muss so
30 2 Leadershipansätze

organisiert sein, dass sowohl Einheiten für das klassische Einkaufsgeschäft als auch für
die Unterstützung beim Erkunden in komplexen Situationen vorhanden sind (Kleemann,
2020). Agiles Arbeiten im Lieferantenmanagement funktioniert anders als konventionelle
Methoden. Statt hohem Detailgrad in der Planung werden viele Aufgaben und Heraus-
forderungen gleichzeitig angegangen. Agiles Arbeiten heißt nicht, dass überhaupt nicht
mehr geplant wird. Agiles Arbeiten bedeutet eher, möglichst viele Aufgaben in kleine
Teams mit Steuerung und Moderation des Lieferantenmanagements zu delegieren. Die
abteilungsübergreifenden Teams arbeiten dann gemeinsam, auch mit Lieferanten über
Unternehmensgrenzen hinweg, an Lösungen. Damit das gelingt, braucht es ein klar
definiertes Ziel und einen klaren Projektauftrag, die es zu erreichen gilt. Teams nähern
sich Lösungen in vielen kleinen Schritten an. Sie unterteilen ein großes Ziel in zahlreiche
Zwischenaufgaben (Pfannstiel et al., 2020). Das macht es leichter, auf sich ändernde
Bedingungen zu reagieren und ständig zu adaptieren. Unternehmen und Teams können
somit in einem schwer vorhersehbaren Umfeld besser bestehen, wenn sie auf agile
Methoden setzen als auf lineares Arbeiten.

2.7 Fallstudie: Transformationale Führung bei der Deutschen


Bahn (DB)

Das Führungsverständnis der Deutschen Bahn (DB) beruht auf der transformationalen
Führung. Partizipation und Mitbestimmung sind signifikante Elemente des stark
transformational geprägten DB Führungsverständnisses in allen Bereichen des Unter-
nehmens. Führungskräfte und Mitarbeiter arbeiten innerhalb der Unternehmens-
werte vernetzend, abteilungsübergreifend und interdisziplinär. Das bedeutet, dass
Entscheidungen getroffen werden können und müssen, wenn die Situation es erfordert
und die Grundlage dafür vorhanden ist. Partizipation ist kein Selbstzweck, sie ist
dann wichtig, wenn die Anforderungen sehr komplex und schwer zu überblicken sind.
Digitalisierung, dynamische Märkte, sich ständig wandelnde Rahmenbedingungen
erfordert innerhalb der DB ein hohes Maß an Anpassungsfähigkeit der Organisationen.
Verschiedene Faktoren bedingen Anpassungsfähigkeit. Die DB fördert eine Unter-
nehmenskultur, die Werte wie Eigenverantwortung und Partizipation stärkt. Führungs-
kräfte kommen also stärker in die Rolle eines Coaches und Rahmengebers, der berät,
Hindernisse beiseite räumt und hilft, dass Teams einen hohen Freiraum haben, um gute
Ergebnisse zu liefern. Das bedeutet für Führungskräfte aber auch einen ganz persön-
lichen Wandel: Weg vom Verwalter mit Einzelbüro, stattdessen hin zum Coach, der Teil
und Mitglied seines Teams ist (Mollenhauer & Sommerlatte, 2016). Weitere Heraus-
forderungen sind sicherlich auch veränderte Ansprüche von Mitarbeitern an Work-Life-
Balance, Mitbestimmung und Sinnhaftigkeit von Aufgaben. Da werden herkömmliche
Führungskonzepte nicht mehr ausreichen, auch die Führungskraft muss sich immer
wieder neu erfinden und ebenso wie Organisationen anpassungsfähig sein. Führungs-
kräfte der DB müssen drei wichtige Eigenschaften haben:
Literatur 31

1. Die DB ist ein Team, bestehend aus Mitarbeitern und Führungskräften. Alle haben
gleiche Rechte und Pflichten. Die Führungskraft agiert als Coach und Rahmengeber.
2. Führungskräfte der DB gehen offen mit Fehlern um. Mit solch einer Fehlerkultur ist
es erst möglich, agil zu arbeiten, in immer kürzeren Zyklen Services oder Produkte zu
entwickeln, die nicht hundertprozentig sind, aber ein schnelles Ausprobieren erlauben.
3. Führungskräfte gehen mit gutem Vorbild voran. Das ist keine neue Erkenntnis, aber
auf unbekanntem Terrain (also in einem dynamischen, unberechenbaren Markt-
umfeld) umso wichtiger.

Literatur

Bachmann, B. (2017). Ethical leadership in organizations. concepts and implementation. Springer


Cham.
Blake, R., & Mouton, J. (1964). The Managerial Grid: The Key to Leadership Excellence.
Houston, TX Gulf Publishing Company.
Burns, J. (2010). Leadership. Harper Torchbooks.
Fatma, P. (2015). The effect of organizational culture on implementing and sustaining lean pro-
cesses. Journal of Manufacturing Technology Management, 26(5), 725–743.
Helmold, M., & Samara, W. (2019). Progress in performance management. Industry insights and
case studies on principles, application tools, and practice. Springer Heidelberg.
Helmold, M., et al. (2020). Corporate social responsibility im internationalen Kontext. Wett-
bewerbsvorteile durch nachhaltige Wertschöpfung. Springer Wiesbaden.
Helmold, M. (2021). Kaizen, Lean Management und Digitalisierung. Mit den japanischen
Konzepten Wettbewerbsvorteile für das Unternehmen erzielen. Springer Wiesbaden.
Kleemann, F. (2020). Agiler Einkauf: Mit Scrum, design thinking & Co. die Beschaffung ver-
ändern. Springer Wiesbaden.
Lewin, K. (1975). Die Lösung sozialer Konflikte: ausgewählte Abhandlungen über Gruppen-
dynamik (4. Aufl.). Christian-Verlag Bad Nauheim.
Michalke, A. (2021). Mitarbeiterführung. Führen als integrative Tätigkeit. Springer Wiesbaden.
Mollenhauer, M., & Sommerlatte, T. (2016). Vertrauensbasierte Führung. Transformationale
Führung – vorleben und Inspirieren: Deutsche Bahn. Springer Wiesbaden.
Peters, T. (2015). Leadership. Traditionelle und moderne Konzepte Mit vielen Beispielen. Springer
Wiesbaden.
Pendleton, D., Furnham, A., & Cowell, J. (2021). Leadership. No mor Heroes. Palgrave Macmillan
Basingstoke.
Pfannstiel, M., Siedl, W., & Steinhoff, P. (2020). Agilität in Unternehmen. Eine praktische Ein-
führung in SAFe® und Co. Springer Wiesbaden.
Pfeiffer, S. (2021). Führungskraft: Das große Leadership Buch – Erfolgreiche Mitarbeiterführung
durch praxisnahe Methoden und Techniken inkl. Eulogia Verlags GmbH Hamburg.
Tannenbaum, W., & Schmidt, W. H. (2009). How to Choose a Leadership Pattern (Harvard
Business Review Classics) Taschenbuch – 25. August 2009.
Weibler, J. (2016). Personalführung (3. Aufl.). Verlag Franz Vahlen München.
Motivationsansätze
3

3.1 Grundbegriffe: Bedürfnisse, Motive und Motivation

3.1.1 Bedürfnisse

Die beiden Begriffe Motiv und Bedürfnis sind sich sehr ähnlich. Es ist jedoch für den
Themenbereich Motivation und dessen Verständnis wichtig, diese beiden Begriffe auch
getrennt voneinander zu betrachten, da sie einander abhängig sein können. Bedürfnisse
sind Mangelerscheinungen bei Menschen, die den Wunsch auslösen, diesen Mangel
zu beseitigen. Bedürfnisse schaffen Wünsche der Menschen nach Nahrung, Kleidung,
Wohnung usw. und werden damit zu Auslösern für wirtschaftliches Handeln. Bedürf-
nisse wie Trinken, Essen oder Schlafen sind für den Menschen lebensnotwendig. Sie
werden deshalb als Existenzbedürfnisse bezeichnet. Darüber hinaus hat jeder Mensch
weitere Wünsche wie z. B. Entspannung durch Fernsehen, Restaurant oder Sportclub. In
unserer Gesellschaft werden auch Autos, Telefon, Reisen usw. als weitgehend selbstver-
ständlich betrachtet. Sie gehören zu unserer Kultur und werden deshalb Kulturbedürf-
nisse genannt. Das Bedürfnis nach teurem Schmuck oder einem Sportwagen sowie auch
nach exklusiven Getränken wie Champagner usw., gehört zu den sogenannten Luxus-
bedürfnissen. Es handelt sich dabei um entbehrliche Annehmlichkeiten. Bedürfnisse
sind individuell verschieden. Sie können daher auch nur von einer einzelnen Person
individuell befriedigt werden. Deshalb werden diese Bedürfnisse auch Individual-
bedürfnisse genannt. Die Bedürfnisse einer Gruppe oder Gemeinschaft wie z. B. einer
Klasse, Gemeinde oder Stadt, werden als Kollektivbedürfnisse bezeichnet.

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, 33


ein Teil von Springer Nature 2022
M. Helmold, Leadership, https://doi.org/10.1007/978-3-658-36364-2_3
34 3 Motivationsansätze

3.1.2 Motive

Der Begriff „Motiv“ stammt aus dem Lateinischen = „motus“ und bedeutet Antrieb,
Bewegung. Motive sind Beweggründe des menschlichen Verhaltens und sie bestimmen
das Handeln und Denken des Menschen. Bei einem Motiv geht es also darum, wie
wichtig einer Person eine bestimmte Art von Zielen ist. Motive stellen Konstrukte dar,
die das Handeln von Personen verständlich machen sollen. Motive sind überdauernde
Vorlieben und damit zeitstabile Merkmale von Menschen, die nicht direkt beobacht-
bar sind. Motive stellen die Neigung dar, konkrete Situationen negativ oder positiv zu
beurteilen und sie dahingehend eher zu meiden bzw. aufzusuchen. Man unterscheidet
primäre und sekundäre Motive.

• Primäre Motive sind gleichzusetzen mit den biologischen, angeborenen Bedürfnissen


des Menschen. Bei Nichtbefriedigung primärer Motive, kommt es zu körperlichen
Mangelerscheinungen. Zu primären Motiven zählen z. B. Durst, Hunger, Schlaf-
bedürfnis, u.v.m.
• Sekundäre Motive sind gelernte, erworbene Motive. Die Entstehung sekundärer
Motive erfolgt im Laufe des Lebens durch Umwelteinflüsse wie Erfahrungen,
Erziehung, zwischenmenschliche Beziehungen. Sekundäre Motive sind z. B. Bedürf-
nis nach Leistung, Erfolg, Anerkennung, Macht, usw. Bei unzureichender Befriedigung
sekundärer Motive, kommt es zur Störung des psychischen Gleichgewichts.

Als Motiv werden in der Psychologie latente Bewertungsdispositionen für Ziele


bezeichnet. Motive lassen sich nach verschiedenen Kriterien sortieren, etwa biologisch
oder psychologisch, implizit oder explizit. Motive werden als Persönlichkeitseigenschaft
verstanden. Motive kann man von außen nicht sehen, sondern man muss sie erschließen.
Man darf jedoch davon ausgehen, dass Menschen eine große Schnittmenge bezüglich der
sie bewegenden Motive haben (Leistungsmotiv, Machtmotiv, Anschlussmotiv). Deren
Aktualisierungsdrang ist individuell jedoch sehr unterschiedlich, beispielsweise aufgrund
der genetischen Disposition, der Lebenssituation, der gemachten Erfahrung oder des
Alters. Motive der Menschen und Mitarbeiter sind wichtige Impulse für die Motivation.

3.1.3 Motivation

Der Begriff Motivation kommt von dem lateinischen Wort „movere“, welches mit
„bewegen“ zu übersetzten ist. Motivation weist also auf Bewegung, auf Antrieb hin.
Motivation stellt einen langanhaltenden Einsatz der Kräfte sicher und hilft, Erschöpfung
und Müdigkeit zu überwinden. Motivation ist grundsätzlich dafür verantwortlich, dass
Menschen auf dem Weg zum Ziel und beim Erreichen des Ziels Vorfreude, Erfüllung,
Unsicherheit, Anspannung, aber auch Enttäuschung oder Angst erleben können. Des
3.1  Grundbegriffe: Bedürfnisse, Motive und Motivation 35

Weiteren bezeichnet Motivation Prozesse, bei denen bestimmte Motive aktiviert und in
Handlungen umgesetzt werden. Die Motivation einer Person, ein bestimmtes Ziel zu
erreichen, hängt von situativen Anreizen, persönlichen Präferenzen und deren Wechsel-
wirkung ab. Motivation ist ein bestimmtes Verhalten, eine Aktivität oder ein Impuls
zu einem gewissen Zeitpunkt einzuleiten, fortzusetzen oder zu beenden. Motivation
umfasst die Gesamtheit aller Motive oder Beweggründe, die zur Handlungsbereitschaft
führen, und das auf emotionaler und neuronaler Aktivität zurückzuführende Streben des
Menschen nach Zielen oder wünschenswerten Zielobjekten. Motivation aufgrund von
zusätzlichen Anreizen von außen bezeichnet man in der Psychologie als extrinsische
Motivation. Dem gegenüber steht Motivation aus einer Tätigkeit selbst, die intrinsische
Motivation (Pfeiffer, 2021). Menschen verbinden die unterschiedlichsten Dinge mit
Motivation. Beispielsweise wird bei Mitarbeitern gerne von mangelnder Motivation
gesprochen, wenn schlechte Arbeitsergebnisse erzielt werden. Durch Einführung eines
Bonussystems, kann bzw. wird das Verhalten der Mitarbeiter dahingehend beeinflusst,
dass dadurch die Leistung gesteigert werden kann. Motivation wird auch sehr oft als
innere Energiequelle angesehen, die zu bestimmten Verhaltensweisen antreibt. Bei
all diesen genannten Beispielen wird deutlich, dass Motivation unter anderem immer
auf eine Art des Verhaltens zurückgeführt werden kann. Beim Beispiel der schlechten
Arbeitsleistung wird somit das Ergebnis auf das Verhalten der Mitarbeiter zurückgeführt.
Beim Bonussystem erfolgt die Leistungssteigerung dadurch, dass damit das Verhalten
der Mitarbeiter positiv beeinflusst wird. Eigenes zielgerichtetes Verhalten lässt sich auf
inneres Potential der jeweiligen Person zurückführen.

3.1.4 Intrinsische Motivation

Bei der intrinsischen Motivation werden u. a. Handlungen ausgeführt, weil sie Freude
bereiten, die persönlichen Interessen befriedigen oder eine zu bewältigende Heraus-
forderung darstellen. Es erfolgen Anreize von der jeweiligen Person von innen heraus.
Die jeweilige Person bzw. der Mitarbeiter zieht also seine Motivation zum Beispiel aus
der Zusammenarbeit mit Kollegen, der Arbeitsaufgabe oder dem Verhalten seines Vor-
gesetzten. Der Mitarbeiter handelt aus eigenem Antrieb, aus Interesse, Freude oder
dem Wunsch, eine Tätigkeit bzw. Aufgabe optimal lösen zu können. Herausfordernde
Tätigkeiten, Anerkennung oder Beliebtheitsgrad, sowie die Selbstverwirklichung sind
typische intrinsische Motive. Grundsätzlich sind innere Anreize bei jedem Menschen
vorhanden, jedoch in einer unterschiedlichen Ausprägung. Die Motive (Lernmotive,
Leistungsmotive, usw.) zum Handeln liegen also innerhalb der Person. Das Lernen sowie
das Erbringen von Leistung gehören zu den Bedürfnissen der Menschen. Die aus der
intrinsischen Motivation entstehende Handlung, dient der persönlichen Befriedigung
des Menschen. Die Identifikation mit dem Unternehmen sowie mit deren Aufgaben und
der Verfolgung gemeinsamer Ziele, sind weitere Faktoren intrinsischer Motivation. Der
36 3 Motivationsansätze

­ itarbeiter ist bestrebt, sein Bestes zu geben und seine Tätigkeiten bzw. Aufgaben voll
M
zu beherrschen.

3.1.5 Extrinsische Motivation

Die extrinsische Motivation wird durch Beeinflussung von außen hervorgerufen. Aus-
löser dafür sind also externe Anreize. Ein bestimmtes Verhalten wird ausschließlich erst
dann gezeigt, wenn gewisse Vorteile (Belohnung) oder auch das Vermeiden von Nach-
teilen (Bestrafung) damit verbunden sind. Im Gegensatz zur intrinsischen Motivation
hält der Wirkungseffekt bei der extrinsischen Motivation bedeutend kürzer an. Bei-
spiele für extrinsische Motivation sind u. a. Beförderung, Belobigung, Gehaltserhöhung,
Macht, Status. Im Vordergrund stehen äußere, nicht in der Aufgabe bzw. Tätigkeit selbst
liegende Anreize, wie die Belohnung für eine bestimmte Leistung. Man spricht also von
Tätigkeiten, die nicht zum Selbstzweck (z. B. Spaß) durch den Mitarbeiter ausgeübt
werden. Der Mitarbeiter handelt, um eine von der Handlung abhängigen Konsequenz zu
erlangen. Die Wirkung der extrinsischen Motivation wie z. B. einer Gehaltserhöhung ist
jedoch nicht von langer Dauer. Im Moment der Erhöhung des Gehalts ist es für den Mit-
arbeiter motivierend, jedoch nimmt die Motivation nach einer bestimmten Zeit ab und
der Mitarbeiter muss wieder neu motiviert werden.

3.2 3 K-Modell nach Kehr

3.2.1 Beschreibung des 3 K-Modells

Das 3-Komponenten-Modell der Motivation in Abb. 3.1, entwickelt von Hugo Kehr,


Professor an der TU München, ist dann ein idealer Zugang für unser Ausgangsproblem
(Leistungsverlust), sofern widerstreitende Motive infrage kommen. Konkret, wenn das
implizite (unbewusste) Motiv nicht mit dem expliziten (bewussten) Motiv überein-
stimmt. Beispielsweise möchte man jeden Wettbewerb gewinnen und sucht solche
Situation auf, fühlt sich eigentlich aber am wohlsten, wenn man seine Rolle im Team
ohne ständigen Vergleich ausfüllen kann. Ziel muss es danach sein, unnötige Energien
(Willenseinsatz bis zum Äußersten) für das, was uns motivational nicht authentisch
repräsentiert, weitestgehend zu vermeiden und uns auf das zu konzentrieren, was wir
wirklich wollen und auch gut können.

• Die impliziten Motive stehen für den emotionalen Bereich im Motivationsgeschehen


(Bauch). Spaß, Hoffnungen, aber auch Ängste und Sorgen sind hier zu Hause. Sie
beeinflussen unbewusst unsere Motivation und steuern darüber unser Verhalten mit.
Oftmals verleiten sie uns zu einer Spontanhandlung, damit wir dem nachgehen, was
3.2  3 K-Modell nach Kehr 37

Hand Verfügt der Mitarbeiter über die notwendigen Kenntnisse?


Sind die Erfahrungen des MA entsprechend?

Subjekve Fluss-Erlebnis (Flow)


Fähigkeit Optimale Motivation

Implizite Explizite
Move Move

Sind die Zielvorgaben transparent (SMART?)


Erledigt der MA das Projekt gerne? Bauch Kopf Sind Meilensteine klar definiert?
Entspricht die Tätigkeit seinen Neigungen?

Abb. 3.1   Das 3-K-Modell der Motivation. (Quelle: Eigene Darstellung)

uns gerade Freude bereitet. Sie sind die Energiespender des Verhaltens, sofern sie
aktiviert werden.
• Die expliziten Motive stehen für den kognitiven Bereich im Motivationsgeschehen
(Kopf). Hier sind die rationalen Absichten zu Hause, ebenso wie die bewusste Ziel-
setzung. Wenn Sie gefragt würden, was sie antreibt, beispielsweise in Auswahl-
gesprächen oder bei einer Führungskräftebefragung, greifen sie auf diese Motive
zurück. Sie beeinflussen die Entscheidung, sobald man über etwas nachdenkt,
formieren Auswahlprozesse und lenken das Verhalten auf das, was man (a) selbst
für wichtig hält, (b) gelernt hat, was man für wichtig halten sollte oder (c) in dem
Kontext, in dem man sich bewegt, als wichtig definiert ist (z. B. „Führungskräfte ab
Level 3 gehen ins Ausland“). Die externen Motive werden oftmals auch externe Ziele
genannt, weil sie in dieser Transformation das bewusste Streben danach, sowieso am
zieldurchsetzten Arbeitsplatz, besser zum Ausdruck bringen.
• Die subjektiven Fähigkeiten schließlich stehen für die Fähigkeiten, das Wissen und
die Erfahrungen im Motivationsgeschehen, die benötigt werden, um eine Handlung
effektiv und effizient ausführen zu können (Hand).

3.2.2 Strategien zur Vermeidung oder Verringerung einer


Motivdiskrepanz

Das von außen diagnostizierte Motivationsproblem der Minderleistung ist nur gesund
zu lösen, wenn es gelingt, Bauch und Kopf wieder zusammenzubringen. Dazu muss der
Mitarbeiter aber wissen, wie stark seine impliziten Motive ausgeprägt sind. Da wären
38 3 Motivationsansätze

wir im Übrigen auch bei der Grundfrage des New Work gelandet: Zu wissen, was einem
wirklich wichtig ist.
Nur, wie finde ich das heraus? Konkret: Welches meiner Ziele, die ich anstrebe und
wofür ich möglicherweise von Dritten große Anerkennung erhalte, entspricht meinen
impliziten Motiven im Besonderen? Es wird empfohlen, zwei Wege zu gehen, und einen
dritten ggf. anzuhängen.
Introspektion (Selbstschau). Stellen Sie sich typische Arbeitssituationen vor und ver-
suchen sie nachzufühlen, mit welchen Emotionen diese einhergehen. Woran hatte ich
Freude, und was genau war es, dass dieses Gefühl auslöste; wann war ich positiv über-
rascht, woran hatte ich mich festgebissen, ohne zu ermüden? Wofür benötige ich keine
Belohnung, es zu tun. Und wo fühlte ich mich unbehaglich, wäre dem am liebsten
aus dem Weg gegangen, hatte Befürchtungen, dass ich scheitere, oder spürte körper-
liche Symptome wie Bauchschmerzen oder Herzrasen? Warum war das so? Sind dies
dann nicht nur einzelne Vorfälle, die immer passieren können und daher unbedenklich
sind, sondern steckt dahinter eine Systematik bezüglich dessen, was mich bewegt oder
hemmt, dann bin ich dem Problem bereits sehr nahegekommen. Aber dazu zählt auch:
Wie sähen Situationen wohl aus, die mich anziehen oder abstoßen? Aufmerksamkeit im
Alltag (Achtsamkeit). Notieren Sie während der Arbeitszeit oder im Nachgang ihre mit
den Aufgaben einhergehenden Emotionen. Wie haben Sie sich beispielsweise bei dem
Mitarbeitergespräch gefühlt, das Sie durchführten? Wie empfanden Sie die Situation, als
Sie den Ergebnisbericht ihrem Vorgesetzten präsentierten? Wie verlaufen Ihre Kunden-
gespräche? Fühlen Sie sich grundsätzlich in Meetings wohl? Auch hier können Sie selbst
nach einem Muster suchen. Kommen Sie für sich zu keinem Muster, was Ereignisse/
Tätigkeiten/Situationen relativ eindeutig mit bestimmten Gefühlen/Emotionen in Ver-
bindung bringt, so können Sie zunächst auch Freunde und Vertraute um Unterstützung
bitten, oder sich professioneller Hilfe bedienen (Coach). Einschlägige Psychologen ver-
fügen über Testverfahren, die die Ausprägung impliziter Motive ermitteln. Die Idee ist
dann, den impliziten Motiven mehr Raum zu gewähren. Trickreich ist die Selbstanalyse
durchaus, deshalb ist Sorgfalt und/oder Anleitung geboten (Kehr, 2004, 2008).

3.3 ERG-Theorie nach Clayton Alderfer

Die ERG-Theorie von Clayton Alderfer ist eine Bedürfnistheorie im Hinblick auf die
Bedürfnisse von Mitarbeitern im Unternehmen (Alderfer, 1972). Die Theorie basiert
auf der Grundlage, dass Menschen und Mitarbeiter unterschiedliche Ausprägungen
von Bedürfnissen haben (Stahl, 2013). Sie ist eine Weiterentwicklung der Bedürfnis-
hierarchie von Abraham Maslow und unterscheidet statt fünf, wie Maslow, nur folgende
drei Klassen von Bedürfnissen:
3.3  ERG-Theorie nach Clayton Alderfer 39

• Existenzbedürfnisse (Existence needs) – die Grundbedürfnisse, die sowohl physio-


logische, finanzielle als auch nichtfinanzielle Be- und Entlohnungen, sowie die
Arbeitsbedingungen umfassen.
• Beziehungsbedürfnisse (Relatedness needs) – die sozialen Bedürfnisse, die sowohl
Maslows die Bedürfnisse der Zugehörigkeit und der Zuneigung als auch die Bedürf-
nisse der Achtung und Wertschätzung umfassen.
• Wachstumsbedürfnisse (Growth needs) – die Entfaltungs- oder Selbsterfüllungs-
bedürfnisse, die das Streben der Person nach Selbstverwirklichung und Produktivität
umfassen.

In der ERG-Theorie gelten die folgenden Dominanzprinzipien:

• Frustrations-Hypothese: Ein nicht befriedigtes Bedürfnis wird dominant.


• Frustrations-Regressions-Hypothese: Kann ein Bedürfnis nicht befriedigt werden, so
wird das hierarchisch niedrigere dominant.
• Befriedigungs-Progressions-Hypothese: Durch die Befriedigung eines Bedürfnisses
wird das hierarchisch höhere aktiviert.
• Frustrations-Progressions-Hypothese: Auch ein auf Dauer nicht befriedigtes Bedürf-
nis kann mit der Zeit zur Persönlichkeitsentwicklung beitragen und höhere Bedürf-
nisse aktivieren bzw. zu höheren Anspruchsniveaus führen.

Aus den Dominanzprinzipien ergeben sich sieben Grundaussagen zu den Bedürfniskate-


gorien:

• Je weniger die Existenzbedürfnisse befriedigt sind, desto stärker werden sie.


• Je weniger die Beziehungsbedürfnisse befriedigt sind, desto stärker werden sie.
• Je weniger die Beziehungsbedürfnisse befriedigt sind, desto stärker werden die
Existenzbedürfnisse.
• Je weniger die Wachstumsbedürfnisse befriedigt sind, desto stärker werden die
Beziehungsbedürfnisse.
• Je mehr die Existenzbedürfnisse befriedigt sind, desto stärker werden die Beziehungs-
bedürfnisse.
• Je mehr die Beziehungsbedürfnisse befriedigt sind, desto stärker werden die
Wachstumsbedürfnisse.
• Je mehr die Wachstumsbedürfnisse befriedigt sind, desto stärker werden sie
(Abb. 3.2).
40 3 Motivationsansätze

Befriedrigung Wachstumsbedürfnisse
Progression

Frustration
Regression
Befriedrigung
Progression
Beziehungsbedürfnisse

Frustration
Regression

Existenzsbedürfnisse

Abb. 3.2   ERG-Theorie. (Quelle: Eigene Darstellung)

3.4 Die Pyramide nach Maslow

Die Maslowsche Bedürfnishierarchie in Abb. 3.3, bekannt als Bedürfnispyramide,


ist ein sozialpsychologisches Modell des US-amerikanischen Psychologen Abraham
Maslow. Es beschreibt auf vereinfachende Art und Weise menschliche Bedürfnisse und
Motivationen und versucht, diese zu erklären. Er kategorisierte fünf Bedürfnisgruppen,
die hierarchisch aufeinander aufbauen. Die Basis des Modells bilden diverse Grund-
bedürfnisse, die den Menschen in erster Linie am Leben halten: Nahrung, Wasser,
Sexualität, Schlaf oder Kleidung. Darauf aufbauend entwickelt der Mensch das Bedürf-
nis nach Sicherheit. Er möchte die Dinge erhalten, die er erreicht hat: ein Dach über dem
Kopf, Arbeit, ein sicheres Einkommen und andere wichtige Aspekte. Als nächstes folgen
die sozialen Bedürfnisse, dazu zählen Partnerschaft, Freundschaften, die Zugehörigkeit
zu anderen Menschen. Diese ersten drei Stufen nennt Maslow Defizitbedürfnisse. Damit
meint er, dass ihre Nicht-Befriedigung zu physischen oder psychischen Erkrankungen
führen kann. Nun folgen zwei weitere Bedürfnisgruppen, die als Wachstumsbedürfnisse
bezeichnet werden. Im Gegensatz zu den vorher genannten Bedürfnissen können diese
nie vollständig erfüllt werden und sind grenzenlos. Dazu gehören. Individualbedürfnisse
wie Anerkennung, Ansehen, Macht, Erfolg und Freiheit. Die Spitze der Pyramide bildet
die Selbstverwirklichung. In dieser Stufe möchte der Mensch seine Kreativität ent-
falten, sich weiterentwickeln, die eigenen Potenziale ausschöpfen, den Sinn der eigenen
Existenz finden. Die Darstellung der Bedürfnisse in Form einer Pyramide macht deut-
lich, dass sie aufeinander aufbauen. Erst wenn die einen Bedürfnisse befriedigt sind, ent-
wickelt der Mensch neue Bedürfnisse. Ist also für das körperliche Wohlergehen gesorgt,
3.4  Die Pyramide nach Maslow 41

Abb. 3.3   Bedürfnispyramide nach Maslow. (Quelle: Eigene Darstellung)

möchte der Mensch Sicherheit. Ist Sicherheit gegeben, wächst der Wunsch nach der Ver-
bindung mit anderen Menschen usw. Anders herum gesagt: Ein Mensch, der täglich um
das Überleben kämpft, macht sich kaum Gedanken darüber, wie er seine Kreativität am
besten ausleben kann. Das eben dargestellte Modell mit den fünf Bedürfnisgruppen ist
weit verbreitet. Maslow entwickelte es jedoch kurz vor seinem Tod weiter und ergänzte
an der Spitze der Pyramide die Transzendenz. Also die Suche nach etwas Höherem, das
über das eigene Selbst hinausgeht.
Für Arbeitgeber und Führungskräfte gibt das Modell wichtige Impulse, wie Mit-
arbeiter motiviert werden können. Auf Ebene der physiologischen Bedürfnisse kann zur
Zufriedenheit ein Arbeitsplatz, an dem man sich wohlfühlt (Ruhe, gute Luft, Tageslicht,
ergonomische Möbel, …) beitragen. Das Gefühl von Sicherheit vermitteln beispielsweise
unbefristete Arbeitsverträge, eine gute Altersvorsorge und das Angebot von Versicherungs-
schutz. Ein gutes Betriebsklima, Abteilungsausflüge oder die Arbeit im Team ermöglichen
dem Mitarbeiter soziale Interaktion und fördern das Zugehörigkeitsgefühl (Comelli et al.,
2014). Der Selbstwert eines Mitarbeiters kann durch ein Bonussystem, öffentliches Lob
oder durch Statussymbole wie einen Dienstwagen gefördert werden. Auch das Streben
nach Selbstverwirklichung können Unternehmen unterstützen: durch Freiräume bei Ent-
scheidungen und bei der Umsetzung von Ideen oder durch das Bewilligen von Weiter-
bildungen. Über die Jahrzehnte hat eine intensive Auseinandersetzung mit dem Ansatz von
Maslow stattgefunden, der nicht nur Zustimmung findet, sondern auch Kritik hervorruft.
42 3 Motivationsansätze

• Aus wissenschaftlicher Sicht ist die größte Kritik, dass Maslows Modell keine
empirische Grundlage hat. Er entwickelte es aus seinen Erfahrungen heraus, ohne
fundierte Forschung dazu zu betreiben.
• Das Modell lässt sich nicht auf alle Kulturen oder Menschen übertragen, da Maslow
als Grundlage von der Gesellschaft ausging, in der er selbst lebte, also einer westlich
geprägten Wohlstandsgesellschaft.
• Es hat sich gezeigt, dass die Defizitbedürfnisse nicht dauerhaft gestillt werden
können. Der Mensch erreicht keinen Status Quo, an dem alle Bedürfnisse befriedigt
sind, sondern er befindet sich in einem lebenslangen Prozess.
• Das Modell gibt weiterhin keine konkreten Hinweise oder Hilfestellungen, wie die
Bedürfnisse im Einzelnen gestillt werden können.
• Die hierarchische Anordnung der Bedürfnisse lässt sich in der Realität in ver-
schiedenen Gesellschaften und in anderem kulturellen oder religiösen Rahmen wider-
legen wie auch in Extremsituationen.

Nichtsdestotrotz haben die Überlegungen Abraham Maslows einen wichtigen Bei-


trag dazu geleistet zu verstehen, aus welchen Motiven heraus Menschen handeln.
Sein Modell macht Laien verständlich, wie Menschen „ticken“ und liefert wichtige
Impulse für die Arbeitswelt. So macht es unter anderem deutlich, dass es eben nicht nur
finanzielle Anreize sind, die Mitarbeiter motivieren, sondern dass auch weiche Faktoren
wie Wertschätzung eine große Rolle spielen. In der Praxis dient die Bedürfnispyramide
als Leitfaden für Unternehmen dazu, Ideen zu entwickeln, wie die Bedürfnisse ihrer Mit-
arbeiter besser erfüllt werden können.

3.5 2-Faktoren Theorie Herzberg

Die Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg in Abb. 3.4 befasst sich mit Faktoren, die
Arbeitszufriedenheit und Arbeitsunzufriedenheit auslösen können. Dieser Theorie liegt
das Ergebnis einer Studie zugrunde. Durch umfangreiche Befragungen von Berufs-
tätigen belegte Herzberg, dass im Grunde zwei Faktoren für die Arbeitsmotivation ver-
antwortlich sind. Laut Herzberg sorgen für die Auslösung von Arbeitszufriedenheit
„Motivatoren“ und für die Beseitigung von Arbeitsunzufriedenheit „Hygienefaktor“
(Helmold, 2021).

• Hygienefaktoren: Laut Herzberg sind Hygienefaktoren jene Einflussfaktoren, die


zwar keine Zufriedenheit herstellen, jedoch Unzufriedenheit verhindern können. Im
Idealfall rufen sie „Nicht-Unzufriedenheit“ hervor. Von Mitarbeitern werden Hygiene-
faktoren als Grundvoraussetzung angenommen.
3.6 VIE-Theorie 43

Abb. 3.4   Hygienefaktoren und Motivatoren. (Quelle: Eigene Darstellung)

• Motivatoren: Herzberg sieht Motivatoren als jene Faktoren, durch die Zufrieden-
heit erzeugt werden kann. Das Fehlen von Motivatoren führt zwangsläufig nicht zu
Unzufriedenheit, sondern lediglich zu „Nicht-Zufriedenheit“. Diese Motivatoren sind
für die Arbeitszufriedenheit von entscheidender Bedeutung und sind dabei eng an die
Aufgaben eines Mitarbeiters geknüpft.

Wie auch beim Motivationsmodell von Maslow gibt es auch bei Herzberg einige Kritik-
punkte. Einer davon ist die Vernachlässigung situativer Einflüsse. Des Weiteren gibt
es keine eindeutige Trennung zwischen Hygienefaktoren und Motivatoren, wie dies
auch die Abb. 3.5 zeigt. Auch wurde die Befragung nur unter Ingenieure und Büroan-
gestellte durchgeführt, was ihre Aussage relativiert. Um nachhaltige Zufriedenheit bei
der Arbeit zu erreichen, sind den Mitarbeitern wirksame Motivatoren zu gewährleisten.
Des Weiteren dürfen aber auch die Hygienefaktoren dabei nicht vernachlässigt werden
(Helmold, 2021).

3.6 VIE-Theorie

Die Grundannahme der VIE-Theorie (Valenz-Instrumentalitäts-Erwartungs-Theorie) von


Vroom bildet die psychologisch orientierte ökonomische Entscheidungstheorie, wonach
Menschen die Alternativen bzw. Verhaltensweisen auswählen, von denen sie vermuten,
dass sie dadurch den maximalen Nutzen für sich erzielen. Die VIE-Theorie definiert also
menschliches Verhalten als eine Entscheidung, die die Wahl zwischen verschiedenen
Alternativen voraussetzt und dabei stets darauf gerichtet ist, den subjektiv erwarteten
Nutzen zu maximieren. Der Mitarbeiter wird also motiviert sein, d. h. hohe Leistungen
erbringen, wenn eine gute Arbeitsleistung zur erwünschten persönlichen Zielerreichung
führt, bzw. wenn er diese Ziele (z. B. Prämie) als attraktiv und positiv für sich empfindet.
Die VIE-Theorie von Vroom betrachtet die drei Faktoren Valenz, Instrumentalität und
Erwartung und deren Wirkung auf die Arbeitsmotivation:
44 3 Motivationsansätze

Abb. 3.5   2-Faktoren-Theorie von Herzberg. (Quelle: Eigene Darstellung)

• Valenz: Vroom versteht unter Valenz oder Wertigkeit die subjektiv empfundene
Bedeutung persönlicher Bedürfnisse für einen Menschen. Die persönlichen Bedürf-
nisse sind keineswegs personenunabhängig oder konstant, sondern variieren
individuell und im Zeitverlauf.
• Instrumentalität: Mit Instrumentalität umschreibt Vroom die Erwartung, dass die
vom Unternehmen gewährte Belohnung zur Befriedigung der persönlich als wichtig
erachteten Bedürfnisse beiträgt (Zweck- Mittel- Denken).
• Erwartung: Durch Vroom wird die Erwartung in die Ergebnis‐Folge‐Erwartung und
die Handlung‐Ergebnis‐Erwartung unterschieden. Die Ergebnis‐Folge-Erwartung
bezeichnet die subjektive Wahrscheinlichkeit, dass die mit der Aufgabenerfüllung
verbundene Belohnung von der Unternehmung auch tatsächlich gewährt wird. Die
Handlungs‐Ergebnis‐Erwartung ist die subjektive Wahrscheinlichkeit, dass mit einem
bestimmten Verhalten (Anstrengung) auch ein angestrebtes Ergebnis (Aufgabener-
füllung) erreicht werden kann.
3.7  Myers-Briggs Type Indicator (MBTI) 45

Die Hauptaussage der VIE-Theorie besteht darin, dass sich die Motivation zum
Handeln eines Mitarbeiters schließlich aus dem Produkt der drei Elemente der Valenz,
der Instrumentalität und der Erwartung ergibt. Somit kann keine Arbeitsmotivation
existieren, wenn einer dieser Faktoren nicht gegeben ist (Abb. 3.6).

3.7 Myers-Briggs Type Indicator (MBTI)

3.7.1 MBTI: Begriff und Definition

Der Myers-Briggs-Typenindikator ist ein Instrument, mit dessen Hilfe die von
Carl Gustav Jung entwickelten „psychologischen Typen“ erfasst werden sollen. Er
wurde 1944 veröffentlicht. Die MBTI-Typenlehre entspricht nicht heutigen psycho-
logischen Persönlichkeitsmodellen, die empirisch belegt wurden. Die Funktionen
mit den Attributen introvertiert und extravertiert bilden den Kern des MBTI-Modells.
Sie sollen erklären, wie die Persönlichkeit eines Typen aufgebaut ist. Jedoch gibt es
berechtigte Zweifel an ihrer Validität und einige Wissenschaftler haben sich komplett
von ihnen abgewandt. Abb. 2.6 zeigt die Beschreibungen der vier Kategorien, die es

In3.6
dikator Präferenz Beschreibung
Extraversion Beschreibt die Motivation zur Sinneserfahrung. Ein extrovertierter oder
(Extraversion, E) außenorientierter Mensch ist kontaktfreudiger und breiter interessiert.
Motivation, Antrieb
(Energizing Preference) Introversion Ein introvertierter oder innenorientierter Mensch konzentrierter und intensiver.
(Introversion, I) Man spricht auch von der Tendenz zur Weite (E) bis Tiefe (I) der Sinneserfahrung.

Beschreibt die Verarbeitung der Sinneseindrücke. Der sensorische


Sensorik Geist gewichtet die „Rohdaten“ bzw. unmittelbaren Eindrücke am höchsten. Er ist
(Sensing, S) detailorientiert und exakt im Verarbeiten von konkreter Information sowie im
Begreifen des Hier und Jetzt.
Aufmerksamkeit
(Attention Preference) Der intuitive Geist verlässt sich stärker auf seinen sechsten Sinn, also auf die
Interpretation und den Gesamtzusammenhang. Er achtet eher auf das Ganze als
Intuition
auf dessen Teile und ist eher zukunfts- und möglichkeitenorientiert. Er steht
(Intuition, N) außerdem mit Kreativität in Verbindung in Form einer besseren Fähigkeit zu
divergentem Denken.
Beschreibt die Art und Weise, wie Entscheidungen getroffen werden. Der Denker
(thinking) betrachtet die ihm vorliegenden Informationen eher von einem
Denken
rationalen Standpunkt und versucht, mittels objektiver Wertesysteme (z. B.
(Thinking, T) Gesetze) zu Entscheidungen zu gelangen. Er ist resultatorientiert im Sinne der
Entscheidung
(Deciding Preference) optimalen Lösung der Sache.
Der Fühlende (feeling) beachtet seine persönlichen Wertesysteme (Moral)
Fühlen
stärker. Er urteilt entsprechend dieser Systeme und ist bemüht, alle Parteien zu
(Feeling, F) einer Lösung der Sache mitzunehmen.
Der Urteilende (judging) entscheidet bereits, bevor ihm alle Informationen
vorliegen, und hält an einmal getroffenen Entscheidungen und eingeschlagenen
Judging Wegen auch unter widrigen Umständen fest. Bevorzugt handelt er systematisch
(Urteilen, J) und planmäßig. Falls erforderlich, werden Pläne angepasst, jedoch werden diese
Lebensstil ungern völlig verworfen. Der Urteilende hat außerdem eine stärkere Neigung zum
(Living Preference) Dominieren und Kontrollieren.

Wahrnehmung Beschreibt die Tendenz, die Eindrücke der Umwelt schnell zu strukturieren oder
noch länger weitere Eindrücke aufzunehmen. Der Wahrnehmer (perceiving) ist
(Perception, P) lange offen für neue Eindrücke und zeigt sich bereit, seine Entscheidungen und
Pläne zugunsten neuer Informationen zu überdenken.

Abb. 3.6   MBTI-Kategorien. (Quelle: Eigene Darstellung)


46 3 Motivationsansätze

im MBTI gibt. Der häufigste Myers-Briggs-Typ ist ISFJ, also die introvertierten, dem
gesunden Menschenverstand vertrauenden, gefühlsbasiert entscheidenden Freunde
fester Strukturen machen knapp 14 % der Bevölkerung aus. Abb. 3.7 zeigt 16 mögliche
Optionen und die Eigenschaften aus der Analyse.

3.7.2 Motivation und Antrieb

Die erste Kategorie des MBTB Beschreibt die Motivation zur Sinneserfahrung und den
Antrieb von Menschen oder Mitarbeitern. Ein außenorientierter oder extrovertierter
Mensch ist kontaktfreudiger und breiter interessiert, ein innenorientierter oder introver-
tierter Mensch konzentrierter und intensiver.

Abb. 3.7   Beschreibung der 16 Optionen und Attribute im MBTI. (Quelle: Eigene Darstellung)
3.7  Myers-Briggs Type Indicator (MBTI) 47

Man spricht auch von der Tendenz zur Weite (E) bis Tiefe (I) der Sinneserfahrung.
Extraversion (E = Extraversion) – Introversion (I = Introversion): Worauf richten Sie Ihre
Aufmerksamkeit, Energie, Motivation? Der E-Typ geht mehr nach außen, der I-Typ ist
zurückgezogener und konzentrierter.

3.7.3 Aufmerksamkeit und Sensitivität

Die zweite Kategorie beschreibt die Verarbeitung der Sinneseindrücke, Aufmerksamkeit


und Sensitivität. Der intuitive Geist verlässt sich stärker auf seinen sechsten Sinn, also
auf die Interpretation und den Gesamtzusammenhang. Er achtet eher auf das Ganze als
auf dessen Teile und ist eher zukunfts- und möglichkeiten-orientiert. Er steht außerdem
mit Kreativität in Verbindung in Form einer besseren Fähigkeit zu divergentem Denken.
Der sensorische Geist gewichtet die „Rohdaten“ bzw. unmittelbaren Eindrücke am
höchsten. Er ist detailorientiert und exakt im Verarbeiten von konkreter Information
sowie im Begreifen des Hier und Jetzt. Es wird davon ausgegangen, dass Sensoriker
etwa zwei Drittel bis drei Viertel der Bevölkerung ausmachen.
Sensitivität (S = Sensoring) – Intuition (N = INtuition): Wie nehmen Sie die Wirklich-
keit wahr? Der S-Typ ist stärker faktenbezogen, der N-Typ verlässt sich deutlich mehr
auf sein Bauchgefühl.

3.7.4 Entscheidung

Die dritte Kategorie beschreibt die Art und Weise, wie Entscheidungen getroffen werden.
Der Denker (thinking) betrachtet die ihm vorliegenden Informationen eher von einem
rationalen Standpunkt und versucht, mittels objektiver Wertesysteme (z. B. Gesetze) zu
Entscheidungen zu gelangen. Er ist resultatorientiert im Sinne der optimalen Lösung der
Sache. Der Fühlende (feeling) beachtet seine persönlichen Wertesysteme (Moral) stärker.
Er urteilt entsprechend dieser Systeme und ist bemüht, alle Parteien zu einer Lösung der
Sache mitzunehmen.
Denken (T = Thinking) – Fühlen (F = Feeling): Wie fällen Sie Entscheidungen?
Der D-Typ ist eher nüchtern und setzt vor allem auf Logik. Er orientiert sich bei Ent-
scheidungen an Fakten. Der F-Typ fällt Entscheidungen aufgrund von bestimmten
Emotionen. Er ist eher sensibel und empathisch.

3.7.5 Lebensstil

Beschreibt die Tendenz, die Eindrücke der Umwelt schnell zu strukturieren oder noch
länger weitere Eindrücke aufzunehmen. Der Wahrnehmer (perceiving) ist lange offen
für neue Eindrücke und zeigt sich bereit, seine Entscheidungen und Pläne zugunsten
48 3 Motivationsansätze

neuer Informationen zu überdenken. Der Urteilende (judging) entscheidet bereits, bevor


ihm alle Informationen vorliegen, und hält an einmal getroffenen Entscheidungen und
eingeschlagenen Wegen auch unter widrigen Umständen fest. Bevorzugt handelt er
systematisch und planmäßig. Falls erforderlich, werden Pläne angepasst, jedoch werden
diese ungern völlig verworfen. Der Urteilende hat außerdem eine stärkere Neigung zum
Dominieren und Kontrollieren.
Beurteilen (J = Judging) – Wahrnehmen (P = Perceiving): Wie organisieren Sie sich?
Der J-Typ trifft eher schnelle Entscheidungen, denkt in festen klaren Kategorien. Der
P-Typ hingegen ist flexibler und kann sich eher aufgrund neuer Informationen anpassen
(Abb. 3.6).

3.8 Fallstudie: 80 % der Fortune-100-Unternehmen


verwenden den MBTI

Geschäftsinhaber wissen, dass die größten Einzelpostenausgaben ihrer Organisation – und


das wertvollste Kapital – ihre Mitarbeiter sind. Selbst wenn Sie über ein ausgeklügeltes
System für die Rekrutierung und Einstellung verfügen, ist es für das Wachstum Ihres
Unternehmens von entscheidender Bedeutung, sicherzustellen, dass Ihr Team (oder Ihre
Teams) aufeinander abgestimmt sind und dass Sie die richtigen Leute in den richtigen
Positionen haben (Bajic, 2015). Hier kommt der MBTI ins Spiel. MBTI ist der Indikator
vom Typ Myers-Briggs; das am weitesten verbreitete Persönlichkeitsinventar der Welt
mit mehr als 3,5 Mio. durchgeführten Assessments pro Jahr. Persönlichkeit im Sinne
des Tests umfasst das Verhalten, die Eigenschaften und den Charakter eines Individuums
basierend auf den Theorien des Psychologen Carl Jung. Eines der Prinzipien von Jungs
Modell „Psychologische Typen“ ist, dass jeder von uns einen angeborenen Wachstums-
drang hat und ein Teil unseres Wachstums davon abhängt, wie wir individuell in der Welt
agieren. Etwa 80 % der Fortune-100-Unternehmen verlassen sich auf diese Art von Tests,
um stärkere, effektivere Teams und gesündere Organisationen aufzubauen. Informationen
aus Persönlichkeitstests helfen Unternehmen, die Stärken und Schwächen ihrer Mit-
arbeiter sowie deren Wahrnehmung und Verarbeitung von Informationen besser zu ver-
stehen. Es gibt 16 Myers Briggs-Persönlichkeitstypen und sobald dies festgelegt ist, hat
ein Mitarbeiter normalerweise ein besseres Verständnis dafür, wie er am besten an die
Arbeit herangeht, seine Zeit verwaltet, Probleme löst, Entscheidungen trifft und mit Stress
umgeht. So können Unternehmen MBTI-Daten nutzen, um stärkere und erfolgreichere
Organisationen aufzubauen:

3.8.1 Teams zusammenstellen

MBTI-Ergebnisse sagen viel darüber aus, wie jedes Mitglied Ihres Teams gerne arbeitet
und mit wem es am effektivsten und effizientesten zusammenarbeiten wird. Manager,
3.8  Fallstudie: 80 % der Fortune-100-Unternehmen verwenden den MBTI 49

die ein Team zusammenstellen, können MBTI-Informationen verwenden, um sicher-


zustellen, dass Persönlichkeitstypen nicht aufeinandertreffen und sich Stärken und
Schwächen ergänzen.

3.8.2 Kommunikation erleichtern

Jeder, der schon einmal Projektleiter war, weiß, dass seine größten Herausforderungen
nicht unbedingt technische oder budgetäre, sondern Persönlichkeiten sind. Wenn Ihre
Teammitglieder ihren eigenen Persönlichkeitstyp und den der anderen Teammitglieder
kennen, werden sie verstehen, wie sie am besten miteinander kommunizieren können.
Und als Manager wird es Ihnen leichter fallen, mit Teammitgliedern zu kommunizieren,
weil Sie verstehen, wie jede Person am besten funktioniert und was sie brauchen, um
ihre Arbeit gut zu machen.
Mitarbeiter motivieren: Erfahrene Manager wissen, dass Sie nicht alle Mitarbeiter
auf die gleiche Weise motivieren können – ein Ansatz, der mit einer Person funktioniert,
kann bei einer anderen genauso schnell nach hinten losgehen. Aber Informationen
über den Persönlichkeitstyp eines Mitarbeiters können darüber informieren, wie Sie
ihn führen und motivieren. Ein Teammitglied kann zum Beispiel eine Person sein, die
logische, einfache Gründe für das, was Sie von ihnen verlangen, braucht. Sie können
am besten alleine mit einem Minimum an Feedback arbeiten. Ein Mitarbeiter mit einem
anderen Persönlichkeitstyp muss möglicherweise häufig positives Feedback und Wert-
schätzung hören und viel mit anderen Teammitgliedern interagieren.

3.8.3 Weniger Konflikte, mehr Effizienz

Jeder von uns nimmt Informationen anders wahr und verarbeitet sie anders und diese
Unterschiede zeigen sich in unseren Arbeitsgewohnheiten. Als Unternehmer oder
Führungskraft möchten Sie Ihre Mitarbeiter in Rollen einteilen, die diese Unterschiede
berücksichtigen, die Stärken jedes Einzelnen ausspielen und die Auswirkungen von
Schwächen minimieren. Ein besseres Verständnis Ihrer Mitarbeiter hilft Ihnen, neue
Teammitglieder schnell zu integrieren und ihnen zu ermöglichen, starke Beziehungen –
und gute Kommunikationsgewohnheiten – mit anderen Teammitgliedern aufzubauen.

3.8.4 Führungskräfteentwicklung

Wenn Unternehmen ihre Führungskräfte entwickeln möchten, können Daten aus dem
MBTI ein wichtiges Instrument sein, das es ihnen ermöglicht, sich selbst zu verstehen – wo
sie ihre Aufmerksamkeit richten und Energie schöpfen, wie sie Informationen verarbeiten,
wie sie Entscheidungen treffen und mit Stress umgehen. Die Fluggesellschaft JetBlue
50 3 Motivationsansätze

beispielsweise hat im Rahmen ihres Führungskräfteentwicklungsprogramms vor einem


Jahrzehnt MBTI-Assessments eingeführt. Es erforderte von aktuellen und zukünftigen
Führungskräften, Selbstreflexion, Selbstverständnis und ein Erkennen und Verstehen der
Unterschiede anderer zu entwickeln und diese Fähigkeiten dann auf ihr Handeln und ihre
Kommunikation anzuwenden.
Gute Führung: Eine grundlegende Stärke jeder Führungskraft ist Selbstbewusstsein.
Daher ist es der Schlüssel zu guter Führung zu verstehen, wie Ihre individuellen Vor-
lieben die Kultur beeinflussen, in der jeder tätig ist.

Literatur

Alderfer, C. (1972). Existence, relatedness, and growth; human needs in organizational settings.
Free Press.
Bajic, E. (2015). How the MBTI can help you build a stronger company. Forbes. Zugegriffen: 21.
Juli .2021. How The MBTI Can Help You Build A Stronger Company (forbes.com).
Comelli, G., von Rosenstiel, L., & Nerdinger, F. (2014). Führung durch Motivation: Mitarbeiter
für die Ziele des Unternehmens gewinnen, 5 (überarbeitete). Verlag Franz Vahlen GmbH.
Helmold, M. (2021). New work, transformational and virtual leadership. Lessons from COVID-19
and other crises. Springer Cham.
Kehr, H. (2004). Motivation und Volition: Funktionsanalysen. Psychologischer Verlag Göttingen.
Kehr, H. (2008). Authentisches Selbstmanagement: Übungen zur Steigerung von Motivation und
Willensstärke. Beltz Weinheim.
Pfeiffer, S. (2021). Führungskraft: Das große Leadership Buch – Erfolgreiche Mitarbeiterführung
durch praxisnahe Methoden und Techniken inkl. Eulogia Verlags GmbH Hamburg.
Stahl, H.K. (2013). Heinz K. Stahl: Leistungsmotivation in Organisationen – ein interdisziplinärer
Leitfaden für die Führungspraxis (= Fokus Management und Führung. Band 5). 2., neu
bearbeitete Auflage. Erich Schmidt Verlag. Kapitel 1.3: Das ERG-Modell von Clayton Alderfer,
S. 10.
Transformation und kultureller Wandel
zum modernen Leadershipansatz 4

4.1 Leadership als Leitbild der Unternehmenskultur

4.1.1 Kulturelles Netz (Cultural Web)

Moderne Leadershipansätze, Empowerment und Mitarbeiterorientierung wirken


sich positiv auf die Leistung des Unternehmens in Bezug auf Profitabilität, Quali-
tät, Kosten, Logistik und anderen Zielen aus (Helmold, 2021). Es ist jedoch notwendig,
organisatorische Infrastrukturen und eine Kultur im Unternehmen zu verankern, die für
eine effektive und nachhaltige Implementierung des New Leadershipgedankens erforder-
lich sind. Die Umsetzung einer Strategie in Richtung Lean Management oder wichtiger
Veränderungsprogramme scheitert häufig nicht zuletzt an der ungenügenden Beachtung
der kulturellen Wurzeln eines Unternehmens. Gezielte Veränderungen der Unternehmens-
kultur sind stets ein kompliziertes Vorhaben. Denn gerade der Umgang mit kulturellen
wie „innenpolitischen“ Traditionen, Denk- und Handlungsweisen erfordert viel Finger-
spitzengefühl, da gerade diese über lange Jahre gewachsenen Grundlagen der Unter-
nehmenskultur nicht offensichtlich in Unternehmensbroschüren, Mission-Statements,
Handbüchern o. ä. manifestiert sind. Sie finden ihren Ausdruck vielmehr in der Art, wie
bestimmte Dinge angegangen werden sowie in den internen Umgangsformen und Sicht-
weisen. Das Kulturelle Netz oder Web (Engl.: Cultural Web) ist eine Darstellung dieser
grundlegenden Annahmen und Paradigmen, die eine Unternehmenskultur bestimmen,
sowie der physischen Auswirkungen der Kultur. Das Cultural Web, das 1992 von Gerry
Johnson und Kevan Scholes entwickelt wurde, bietet einen solchen Ansatz, um die Kultur
Ihres Unternehmens zu betrachten und zu verändern (Johnson & Scholes, 1997; Johnson
et al., 2018). Auf diese Weise können Unternehmen kulturelle Handlungsempfehlungen
identifizieren und sich daran machen, organisatorische und kulturelle Elemente mit der

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, 51


ein Teil von Springer Nature 2022
M. Helmold, Leadership, https://doi.org/10.1007/978-3-658-36364-2_4
52 4  Transformation und kultureller Wandel zum modernen …

Unternehmensstrategie in Einklang zu bringen (Helmold, 2021). (Abb. 4.1) Diese Infra-


strukturen müssen kulturelle Elemente integrieren, wie in Abb. 4.2 dargestellt.
Die äußeren Kreise stellen die einzelnen Annahmen dar, die die kulturellen Para-
digmen des Unternehmens prägen. Die Paradigmen sind die Grundannahmen der
Menschen über das Unternehmen dar. (z. B. Orientierung an Gesichtspunkten wie
Service, Nutzen für die Allgemeinheit, Gewinn und Profitabilität, Soziale Aspekte,
Umweltschutz, Wertschätzung des vorhandenen Know-How etc.). Routinen beschreiben
„wie wir die Dinge hier tun“. Sie bestimmen, wie die Menschen sich gegenüber anderen
Personen innerhalb und außerhalb des Unternehmens verhalten (kooperativ, partner-
schaftlich, hierarchisch, bürokratisch etc.). Solche Routinen können eine wichtige
Voraussetzung für das effektive Funktionieren von Unternehmensprozessen sein. Werden
jedoch bestimmte Handlungsweisen als selbstverständlich vorausgesetzt, können diese
zu Problemen bei Veränderungsvorhaben führen.

4.1.2 Stories und Geschichten

Stories und Geschichten beinhalten Erzählungen, Gerüchte und Geschichten, die es über
das Unternehmen gibt. In und über wohl jedes Unternehmen kursieren Stories, die bei
passender Gelegenheit, z. B. bei Eintritt eines neuen Mitarbeiters, häufig wiedererzählt
werden. Diese Geschichten reflektieren die Geschichte des Unternehmens, oft wichtige
Ereignisse oder besondere Persönlichkeiten. Sie stellen aber auch Episoden aus dem All-
tag und der Geschichte des Unternehmens dar, die Hinweise auf die Kultur im Umgang
miteinander geben. Dadurch bilden die Stories auch eine Art informelle Legitimation
für bestimmte unternehmenstypische Verhaltensweisen. Sie werden, bewusst oder
unbewusst, als Mittel benutzt, anderen zu beschreiben, was im Unternehmen wichtig ist.
Wichtige Fragen der Kategorie Stories sind:

• Welche Werte spiegeln sich in den Geschichten wider?


• Beziehen sich die Geschichten auf:
I. Stärken oder Schwächen?
II. Erfolge oder Misserfolge?
III. Konformität oder Abweichungen?
• Wer sind die Helden und Verlierer?
• Von welchen Normen weichen die Ausbrecher ab?

4.1.3 Symbole und Zeichen

Symbole repräsentieren charakteristische Eigenschaften des Unternehmens. Sie


umfassen u. a. Firmenlogos, Büros, Firmenwagen, Titel oder den firmeninternen
Sprachgebrauch einschließlich der typischen Terminologie. Beispielsweise sind in
4.1  Leadership als Leitbild der Unternehmenskultur 53

stark hierarchisch aufgebauten Unternehmen typischerweise Symbole zur Abgrenzung


der einzelnen Ebenen wie Titel, Kompetenzgrenzen, Bürogröße und -ausstattung
und Privilegien anzutreffen. In Unternehmen, die eine Vielzahl solcher Symbole auf-
weisen, dürfte bei der Umsetzung von Strategien, die eine Neuausrichtung auf flachere
Organisationsstrukturen und mehr Eigenverantwortung des Einzelnen abzielen, mit
besonderen Schwierigkeiten zu rechnen sein. Innerhalb des Lean Management ist es not-
wendig, Statussymbole zu eliminieren und zu zeigen, dass die Mitarbeiter die wichtigste
Ressource für das Unternehmen darstellen.

• Welche Sprache und Begriffe werden verwendet?


• Wie zugänglich sind diese sprachlichen Codes für Außenstehende?
• Welche Aspekte der Strategie werden öffentlich hervorgehoben?
• Welche Statussymbole (offizielle und informelle) gibt es?
• Gibt es besondere unternehmenstypische Symbole?

4.1.4 Machtstrukturen

Die internen Machtstrukturen geben ebenfalls Aufschlüsse über das Selbstverständ-


nis des Unternehmens. Die einflussreichsten Personen und Gruppen innerhalb des
Managements stehen häufig in engem Zusammenhang mit den Grundannahmen über
die Wurzeln des Unternehmenserfolges. Die großen Wirtschaftsprüfungs- und Unter-
nehmensberatungsgesellschaften sind dafür ein anschauliches Beispiel. Ihre Ursprünge
liegen i. d. R. in der Wirtschaftsprüfung. Obwohl sie aufgrund der Veränderungen im
Marktumfeld heute eine breite Palette ergänzender Beratungsleistungen anbieten, die in
hohem Maße zum Unternehmenswachstum und -erfolg beitragen, findet man auch heute
noch im Top-Management und unter den Partnern einen überproportional hohen Anteil
an Wirtschaftsprüfern. Folgende Aspekte sind für den Wandel zum Lean Management
von zentraler Bedeutung innerhalb der Kategorie Machtstrukturen:

• Welche Werte bestehen im Zusammenhang mit Führung und Leitung?


• Wie stark sind diese Werte?
• Wie ist die Macht innerhalb des Unternehmens verteilt?
• Welches sind die wichtigsten Blockaden für Veränderungen?

4.1.5 Organisationsstrukturen

Die Organisationsstrukturen umfassen die hierarchische Zusammensetzung der


Organisation und formale Beziehungen zwischen Personen aus diesen verschiedenen
Ebenen der Organisation. Die informellen und ungeschriebenen Machtstrukturen sind
ein wichtiger Faktor der Organisationsstruktur. Diese Machtstrukturen spiegeln sich auch
54 4  Transformation und kultureller Wandel zum modernen …

in den Organisationsstrukturen wider. Auch diese bilden tragende Beziehungen und die
Wurzeln des Unternehmenserfolges ab. Des Weiteren kann aus dem Grad der Macht-
strukturen, Komplexität, Formalität, Hierarchie und Zentralisierung der Unternehmens-
strukturen Rückschlüsse abgeleitet werden, auf welche Widerstände weitreichende
Veränderungsvorhaben stoßen dürften. Bei der Bewertung von Organisationsstrukturen
sind folgende Punkte wichtig:

• Wie flach oder hierarchisch sind die Strukturen?


• Wie formell oder informell sind die Strukturen?
• Fördern die Strukturen Zusammenarbeit oder internes Konkurrenzdenken?
• Welche Machtstrukturen werden durch die bestehenden Strukturen unterstützt?

4.1.6 Kontrollsysteme

Als Kontrollsysteme sind unter dem Gesichtspunkt der neuen Unternehmenskultur ins-
besondere Messgrößen und Entlohnungs- bzw. Bonussysteme von Bedeutung. Sie geben
Hinweise darauf, was im Unternehmen als wichtig angesehen wird (z. B. individuelle
Leistungsprämien vs. Teamboni, Orientierung von Prämien an Mengen vs. Qualitäts-
niveau vs. Kundenzufriedenheit etc.). Öffentliche Unternehmen stehen beispielsweise in
dem Ruf, mehr Augenmerk auf die Verwendung der zur Verfügung stehenden Mittel zu
legen, als auf die Qualität und Bedarfsgerechtigkeit ihrer Leistungen. Kontrollsysteme
sollten auf die folgenden Fragen hin untersucht werden:

• Was wird am genauesten überwacht und kontrolliert?


• Liegt der Schwerpunkt auf Belohnung oder Strafe?
• Ergeben sich die Kontrollsysteme historisch oder aus der aktuellen Strategie?
• Wie viel Kontrolle und Überwachung gibt es?
• Welche Autonomieebenen gibt es für Mitarbeiter?

4.1.7 Rituale und Routinen

Rituale umfassen weitere Aspekte des Lebens innerhalb des Unternehmens. Sie betreffen
relativ formelle Prozesse (z. B. Trainingsprogramme, Promotionsprozesse, Betriebsaus-
flüge, fest terminierte Teamkonferenzen) ebenso wie informelle Gewohnheiten (z. B. der
gemeinsame Kneipenbesuch nach Feierabend, die Plauderrunde in der Kaffeeküche).
Routinen und Rituale bieten die Menschen in Unternehmen Orientierungspunkte, nach
denen sie ihr Verhalten ausrichten und an die allgemein akzeptieren Normen anpassen
können. Beispiel für Routinen und Rituale sind:
4.2  Notwendigkeit des kulturellen Wandels zum modernen Leadership 55

• Welche Routinen werden besonders betont?


• Welche Verhaltensweisen werden durch diese Routinen gefördert?
• Was sind die wichtigsten Rituale und welche Werte repräsentieren sie?
• Welche Werte und Verhaltensweisen fördern die internen Trainingsprogramme?
• Wie schwer ist es Routinen und Rituale zu ändern?

Mit Hilfe des kulturellen Web können somit kulturell bedingte Blockaden und Trieb-
kräfte im Unternehmen identifiziert werden, die einer Transformation zum schlanken
Unternehmen (Lean Management) im Wege stehen. Dadurch wird dieses Modell zu
einem wichtigen Hilfsmittel bei der konkreten Umsetzungsplanung von Veränderungs-
vorhaben. Es zeigt sowohl, welche internen Hindernisse zu berücksichtigen sind, als
auch, welche Faktoren sich förderlich auswirken und daher entsprechend eingebunden
werden sollten.
Eine weitere Anwendung ist die Ermittlung notwendiger Veränderungen in der
herrschenden Unternehmenskultur. Dazu wird die aktuell bestehende Ausprägung des
kulturellen Web mit dem Idealzustand verglichen, den die Unternehmenskultur für das
Erreichen bestimmter strategischer Zielsetzungen aufweisen muss. Die Abweichungen
geben Aufschluss über Gebiete, auf denen mit mehr oder weniger hoher Priorität Ver-
änderungen herbeigeführt werden müssen. Abb. 4.2 zeigt einen Leadership-Workshop
von Dr. Marc Helmold in seiner Funktion als Geschäftsführer von Bombardier in China.

Abb. 4.1   Elemente der


Unternehmenskultur:
Stories und
Kulturelle Web. (Quelle: Geschichten
Eigene Darstellung)
Rituale und Symbole
Rou nen und Zeichen
Leitbild:
Kultureller Wandel
und Transforma on
zum modernen
Leadership
Kontroll- Macht-
systeme Strukturen

Organisato-
rische
Strukturen
56 4  Transformation und kultureller Wandel zum modernen …

Abb. 4.2   Leadership Workshop bei Victall in Qingdao. (Quelle: Eigene Darstellung)

4.2 Notwendigkeit des kulturellen Wandels zum modernen


Leadership

Globale Trends, Wettbewerbsdruck, der Klimawandel oder die COVID-19 Pandemie


haben die Rahmenbedingungen in zahlreichen Unternehmen deutlich verändert und
den Begriff Marktkonstanz neu definiert. Konventionelle Wettbewerbsfaktoren wie
Preis und Qualität verlören als Alleinstellungsmerkmale an Bedeutung. New Leader-
ship -Prinzipien sind für Hightech-Unternehmen genauso wie für Konsumgüter oder
Investitionsgüter-Spezialisten inzwischen von zentraler Bedeutung. Denn schlanke, am
Kundenbedarf flexibel ausgerichtete Prozesse und Wertschöpfungssysteme werden zum
Stellhebel für den langfristigen Erfolg von Unternehmen und deren Manager Hartnell
et al., 2011). Die zunehmend komplexe Anforderung für Unternehmensmanager gerade
in produzierenden Unternehmen lautet: möglichst maßgeschneiderte, individuelle
Produktvarianten und Serviceleistungen abbilden, die Lieferfähigkeit bei kurzen Durch-
laufzeiten sicherstellen und die Flexibilität gegenüber Kundenanforderungen bewahren.
Das bedeutet, dass Produktions- und Logistikprozesse nach diesen Anforderungen aus-
gestaltet sein müssen (Alvesson, 2012). Der Transformationsprozess und der kulturelle
Wandel sind daher zwingenden Determinanten für den erfolgreichen Marktauftritt. Teil
dieses Transformationsprozesses sind drei Komponenten: Für das Lean Transformation-
Management stellt er drei wesentliche Strategieansätze in den Mittelpunkt, die im
Rahmen der Prozessoptimierung eine Rolle spielen:
4.3  Fallstudie: Unternehmenskultur von PepsiCo 57

• Den kulturellen Wandel zu einem schlanken Unternehmen


• Den Radikalumbau (Transformation), ein meist abrupter, fundamentaler Prozess- und
Strategiewechsel unter starker Einbindung des Top-Managements
• Die Einbindung aller Mitarbeiter und Funktionen
• Den Prozessumbau oder die Optimierung von Prozessen
• Die Kontinuierliche Veränderung, bei der sequenziell viele Veränderungsstufen nach-
einander angestoßen warden

4.3 Fallstudie: Unternehmenskultur von PepsiCo

4.3.1 Mitarbeiterorientierte Unternehmenskultur bei PepsiCo

Die Unternehmenskultur von PepsiCo zeigt das Engagement des Unternehmens, die
Stärken seiner Humanressourcen zu maximieren (Kissinger, 2017). Die Unternehmens-
kultur eines Unternehmens definiert die Traditionen, Werte und Arbeitsweisen der Mit-
arbeiter (PepsiCo, 2015). Im Fall von PepsiCo werden die Mitarbeiter ermutigt, sich auf
kollaborative Weise auf Exzellenz zu konzentrieren. Als zweitgrößtes Lebensmittel- und
Getränkeunternehmen der Welt ist PepsiCo ständig bestrebt, seine Mitarbeiterzahl zu
verbessern. Um diese Marktposition zu behaupten, ist die Pflege einer Hochleistungs-
kultur unabdingbar. PepsiCo nutzt seine Unternehmenskultur als strategischen Ansatz,
um seine Leistung zu optimieren, indem es die Stärken seiner Mitarbeiter nutzt.
PepsiCo passt seine Organisationskultur im Laufe der Jahre an. Dieser Aspekt des
Geschäfts reagiert auf Veränderungen in der Führung sowie auf Geschäftssituationen.
Derzeit sind die folgenden Hauptmerkmale der Unternehmenskultur von PepsiCo:

• Performance und Leistung mit Sinn


• Führung in der realen Welt
• Kollaboration und Zusammenarbeit

4.3.2 Performance und Leistung mit Sinn

Die Mitarbeiter von PepsiCo arbeiten mit dem Ziel, Spitzenleistungen für das Unter-
nehmen, die Kunden, die Gemeinschaften und den Planeten zu erzielen. Dieses Merkmal
der Unternehmenskultur zeigt das Engagement von PepsiCo, seiner sozialen Ver-
antwortung gerecht zu werden. Im Wesentlichen werden die Mitarbeiter ermutigt, die
Bedenken der Stakeholder von PepsiCo anzusprechen. Die wichtigste Auswirkung dieses
Merkmals der Unternehmenskultur besteht darin, dass es die Mitarbeiter motiviert,
bessere Leistungen zu erbringen. Beispielsweise sind die Mitarbeiter von PepsiCo
motiviert, in dem, was sie tun, zu übertreffen und sicherzustellen, dass ihre Bemühungen
58 4  Transformation und kultureller Wandel zum modernen …

zur Verbesserung des Unternehmens und seiner Interessengruppen beitragen (PepsiCo,


2016).

4.3.3 Führung in der realen Welt

Die Unternehmenskultur von PepsiCo betont Führung basierend auf dem, was Mit-
arbeiter, Investoren, Kunden und Gemeinschaften wirklich brauchen. Das Unternehmen
nutzt das Wissen der Mitarbeiter, um seine Führung zu entwickeln. Genauer gesagt
befördert PepsiCo Mitarbeiter in Führungspositionen. Diese interne Führungskräfte-
entwicklung zeigt, dass die Unternehmenskultur von PepsiCo die Nutzung des arbeits-
basierten Erfahrungswissens der Mitarbeiter erleichtert, um die Unternehmensführung
und das Wachstum zu fördern. Infolgedessen wird der Prozess des organisatorischen
Lernens durch die Unternehmenskultur von PepsiCo aufrechterhalten.

4.3.4 Kollaboration und Zusammenarbeit

Teamwork ist ein wesentlicher Bestandteil der Unternehmenskultur von PepsiCo. Das
Unternehmen ist davon überzeugt, dass die Zusammenarbeit dem Unternehmen ermög-
licht, hervorragende Leistungen zu erzielen. Während PepsiCo die Stärken der einzelnen
Mitarbeiter anerkennt, unterstützt die Unternehmenskultur die Nutzung dieser Stärken
durch gemeinsame Anstrengungen (Martin & Frost, 2011). Zum Beispiel werden Teams
in der gesamten Organisation eingesetzt. Durch dieses Merkmal der Unternehmenskultur
unterstützt PepsiCo Synergien in seinen Personalressourcen, anstatt sich nur auf separate
Einzelleistungen zu verlassen.

4.3.5 Die Unternehmenskultur von PepsiCo: Vor- und Nachteile

Die Unternehmenskultur von PepsiCo hat den Vorteil, dass sie die Mitarbeiter motiviert.
Die Betonung des zielgerichteten Handelns und der internen Führungskräfteentwicklung
geben dem Beitrag der Mitarbeiter zum Unternehmen einen Sinn. Darüber hinaus
optimiert die Zusammenarbeit die Mitarbeitermoral, was die Mitarbeiterfluktuation bei
PepsiCo reduziert. Ein Nachteil der Unternehmenskultur von PepsiCo besteht jedoch
darin, dass sie eine begrenzte Unterstützung für Autonomie und individuelle Flexibili-
tät bietet, die teilweise die Moral, Motivation und Leistung der Mitarbeiter bestimmen.
Obwohl PepsiCo die Bedeutung der Aufgabendelegation anerkennt, beinhaltet seine
Unternehmenskultur weder Autonomie noch individuelle Flexibilität.
Literatur 59

Literatur

Alvesson, M. (2012). Understanding organizational culture. Sage.


Hartnell, C. A., Ou, A. Y., & Kinicki, A. (2011). Organizational culture and organizational
effectiveness: A meta-analytic investigation of the competing values framework’s theoretical
suppositions. Journal of Applied Psychology, 96(4), 677.
Helmold, M. (2021). New work, transformational and virtual leadership. Lessons from COVID-19
and other crises. Springer Cham.
Johnson, G. & Scholes, K. (1997). Exploring corporate strategy. Text and cases. 4th Ed. Prentice
Hall.
Johnson, G et al. (2018). Strategisches Management: Eine Einführung (Pearson Studium –
Economic BWL). Pearson London.
Kissinger, D. (2017). PepsiCo’s organizational culture characteristics: An analysis. Zugegriffen:
21. Juli 2021. PepsiCo’s Organizational Culture Characteristics: An Analysis - Panmore
Institute.
Martin, J., & Frost, P. (2011). The organizational culture war games. Sociology of organizations:
Structures and relationships, 315.
PepsiCo Inc. (2015). Diversity & Inclusion.
PepsiCo Inc. (2016). Why Work at PepsiCo.
Emotionale Intelligenz und
Leadershipkompetenzen 5

5.1 Emotionale Intelligenz

5.1.1 Begriffsdefinition: Emotionale Intelligenz

Unter Emotionaler Intelligenz (EI) wird die Fähigkeit verstanden, Gefühle (bei sich und
anderen) und menschliche Beziehungen richtig einschätzen und entsprechend handeln
zu können. Populär wurde der Begriff „Emotionale Intelligenz“ durch das gleichnamige
Buch des amerikanischen Journalisten und Psychologen David Goleman aus dem Jahr
1995. Goleman sieht in der Emotionalen Intelligenz eine wichtige Voraussetzung für die
berufliche Karriere und erfolgreiche Führung. Bereits 1920 hatte der berühmte Psycho-
loge und Intelligenzforscher Edward Thorndike den Begriff „Soziale Intelligenz“ für
die Fähigkeit verwendet, andere Menschen richtig einschätzen und anleiten zu können.
Goleman unterschied später vier Kompetenz-Bereiche der Emotionalen Intelligenz:

• Selbstwahrnehmung (self-awareness): Wahrnehmen und Verstehen der eigenen


Gefühle
• Selbstmanagement: Kontrolle der eigenen Gefühle und Handlungen
• Einfühlungsvermögen (social awareness, empathy): Wahrnehmen und Verstehen von
Gefühlen und Beziehungen anderer
• Beziehungsmanagement (relationship management): Verstehen und Beeinflussen von
zwischenmenschlichen Beziehungen

In der aktuellen Forschung werden drei Modelle der Emotionalen Intelligenz unter-
schieden:

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, 61


ein Teil von Springer Nature 2022
M. Helmold, Leadership, https://doi.org/10.1007/978-3-658-36364-2_5
62 5  Emotionale Intelligenz und Leadershipkompetenzen

• Emotionale Intelligenz als erlernbare Fähigkeit (Ability EI), z. B. Fähigkeit zur
richtigen Wahrnehmung von Gefühlen
• Emotionale Intelligenz als grundlegende Eigenschaft (Trait EI)
• Emotionale Intelligenz als Mischung von Motivation, Fähigkeiten und Persönlich-
keitseigenschaften (Mixed EI), wie im Ansatz von Goleman

5.1.2 Vorteile der emotionalen Intelligenz

Das besondere an der emotionalen Intelligenz ist, dass es dabei sowohl um den
Umgang mit sich selbst geht, als auch um den mit anderen Menschen. Emotionale
Intelligenz beschreibt also das Selbstmanagement und die Selbsterfahrung auf der
einen Seite und Kompetenzen und Fähigkeiten im Umgang mit anderen Menschen auf
der anderen (Helmold & Samara 2019). Für die emotionale Intelligenz sind vor allem
folgende Kompetenzen entscheidend:

• Selbstbewusstheit – Gemeint ist die realistische Einschätzung der eigenen Persönlich-


keit, also das Erkennen und Verstehen der eigenen Gefühle, Bedürfnisse, Motive und
Ziele, aber auch das Bewusstsein über die persönlichen Stärken und Schwächen. Es
geht darum, sich selbst gut zu kennen, um einschätzen zu können, wie man selbst in
bestimmten Situationen reagiert, was man braucht und wo man noch an sich selbst
arbeiten muss.
• Selbststeuerung – Als Selbststeuerung wird die Fähigkeit bezeichnet, die eigenen
Gefühle und Stimmungen durch einen inneren Dialog zu beeinflussen und zu steuern.
Mit dieser Fähigkeit sind wir unseren Gefühlen nicht mehr nur einfach ausgeliefert,
sondern können sie konstruktiv beeinflussen. Ein Beispiel: Wenn uns etwas wütend
macht, können wir uns durch unseren inneren Dialog selbst beruhigen und können
dann viel angemessener reagieren, als wenn wir nicht in Lage sind, uns selbst zu
steuern.
• Motivation – Sich selbst motivieren zu können heißt, immer wieder Leistungsbereit-
schaft und Begeisterungsfähigkeit aus sich selbst heraus entwickeln zu können.
Diese Fähigkeit ist besonders hilfreich in Phasen, in denen ein Projekt schwierig
wird oder wenn die Dinge anders laufen als geplant. Wer sich selbst motivieren kann,
findet immer wieder Kraft zum Weitermachen und verfügt auch über eine höhere
Frustrationstoleranz, also dem Vermögen, Frust auszuhalten und trotzdem weiterzu-
machen.
• Empathie – Empathie heißt Einfühlungsvermögen. Gemeint ist damit das Ver-
mögen, sich in die Gefühle und Sichtweisen anderer Menschen hineinversetzen zu
können und angemessen darauf zu reagieren. Es geht darum, Mitmenschen in ihrem
Sein wahrzunehmen und zu akzeptieren. Dabei heißt akzeptieren nicht automatisch
gutheißen. Andere Menschen zu akzeptieren, heißt ihnen mit Respekt entgegenzu-
treten und Verständnis für ihr Tun und Denken zu haben.
5.2 Leadershipkompetenzen 63

• Soziale Kompetenz – Unter sozialer Kompetenz versteht man z. B. die Fähig-
keit Kontakte und Beziehungen zu anderen Menschen zu knüpfen und solche
Beziehungen auch dauerhaft aufrecht erhalten zu können. Gemeint ist also ein gutes
Beziehungs- und Konfliktmanagement, aber auch Führungsqualitäten oder das Ver-
mögen, funktionierende Teams zu bilden und zu leiten.
• Kommunikationsfähigkeit – Eine gute Kommunikationsfähigkeit ist unerlässlich für
die emotionale Intelligenz. Gemeint sind damit zwei Dinge: einerseits die Fähig-
keit, sich klar und verständlich auszudrücken und somit sein Anliegen deutlich und
transparent zu übermitteln; andererseits ist damit die Fähigkeit gemeint, anderen
Menschen aktiv und aufmerksam zuhören zu können, und das, was sie sagen, zu ver-
stehen und einzuordnen.

Das EI-Konzept von Goleman wurde vielfach kritisiert, u. a. weil es erlernbare Fähig-
keiten mit grundlegenden Persönlichkeitseigenschaften vermischt. Zudem wird Goleman
vorgeworfen, lediglich bestehende ältere Konzepte unter einem neuen Namen verkauft
zu haben. Einige Forscher bestreiten, dass die Emotionale Intelligenz überhaupt ein
eigenständiges Konzept darstellt. Sie glauben, dass sich die Emotionale Intelligenz weit-
gehend aus der Ausprägung der fünf grundlegenden Persönlichkeitsdimensionen (Big
Five) ergibt. Trotz dieser Kritik hat sich das Konzept in der freien Wirtschaft durch-
gesetzt. Viele Unternehmen wählen Bewerber und Führungskräfte heute aufgrund von
EI-Eigenschaften wie Einfühlungsvermögen (Empathie) und Selbstmanagement aus.
Zahlreiche Studien geben ihnen recht, in denen sich immer wieder zeigt, dass nicht die
Ability EI entscheidend für den beruflichen Erfolg ist, sondern die Mixed EI im Sinne
Golemans. Emotionale Intelligenz ermöglicht es Führungskräften, z. B. ein besseres
Arbeitsklima zu schaffen und so die Produktivität um bis zu 20 % zu steigern (Goleman,
2008).

5.2 Leadershipkompetenzen

5.2.1 Persönliche Kompetenzen

Der Erfolg eines Unternehmens hängt maßgeblich von der Führungskompetenz seiner
Verantwortlichen ab. Wer an der Spitze eines Unternehmens steht und seine Mit-
arbeiter kompetent führen möchte, braucht Führungsqualitäten. Einige dieser Führungs-
kompetenzen lassen sich erlernen, andere sind Charakterzüge. Voraussetzung für
Führungsstärke ist, dass sie über eine natürliche Autorität verfügen und sich in ihrer
Rolle als Vorgesetzter wohlfühlen, denn nur so werden Ihre Mitarbeiter Ihnen vertrauen
und sich von Ihnen auch führen lassen. Unter Leadershipfähigkeiten und Kompetenzen
werden Managementkompetenzen verstanden, die Führungskräften dabei helfen Mit-
arbeiter/-innen so einzusetzen, dass Unternehmens-, Bereichs- oder Abteilungsziele
erreicht werden. Die Kompetenzanforderungen von Führungskräften sind facettenreich
64 5  Emotionale Intelligenz und Leadershipkompetenzen

und mehrdimensional (Jachtchenko, 2020). Führungskräfte und Leader müssen ihre Mit-
arbeiter optimal motivieren, um als Team die Unternehmensziele zu erreichen. Daher
benötigen Führungskräfte persönliche, soziale, fachliche, methodische und weiter
Kompetenzen wie Abb. 5.1 zeigt.

5.2.2 Soziale Kompetenzen

Erfolgreiche Führung erfordert die Fähigkeit, im Zusammenspiel und der Interaktion mit
anderen Menschen zu arbeiten und relevante Ziele zu erreichen. Diese Eigenschaften
werden auch als Sozialkompetenz definiert. Auch wenn Führungskräfte manchmal

Visionär und Vorbild


Weitere Inspirierende
Interkulturelle
Kompetenzen Kompetenzen Mo va on

Begeisterungs- Ergebnis-
fähigkeit Orien erung
Methoden-
Lösungs- Informa ons-
Orien erung Kompetenzen Beschaffung
Flexibilität Krea vität
Schlanke IT-Systeme &
Methoden PlaŠormen
Analyse- Fachliche
Agilität
methoden Finanz- Logis k- Sprachen Ausdauer
kennzahlen Kompetenzen kennzahlen
Kosten- Nach-
analyse Kommunika on hal gkeit
Führung Soziale Empathie Verträge
Qualität
Kompetenzen
Dialog-
Konfliktlösung
fähigkeit
Lernbereitscha Coaching
Mo va on
Mo va on Kontrolle

Persönliche
Kompetenzen
Sicherheit Mut

Leistungsbereitscha

Abb. 5.1   Kompetenzen für Leader. (Quelle: Eigene Darstellung)


5.2 Leadershipkompetenzen 65

Entscheidungen einsam treffen, müssen diese auch durchsetzbar sein, die Meinungen der
Stakeholder berücksichtigen und die Bedürfnisse des Umfelds berücksichtigen (Peters,
2015). Neben der Kommunikationsfähigkeitsfähigkeit spielen Empathie, Kompro-
missbereitschaft, Motivation, Führung oder Coaching-Fähigkeiten eine wichtige Rolle.
Soziale Fähigkeiten machen es überhaupt erst möglich, erfolgreich mit anderen zu
kommunizieren und zu führen.

5.2.3 Fachliche Kompetenzen

Fachliche Führungskompetenzen fokussieren auf die Auswahl, Festlegung und


Umsetzung der Unternehmensstrategien und -ziele, Koordinierung der betrieblichen
Teilbereiche (Funktionen) wie Beschaffung, Produktion, Forschung, Entwicklung
und Vertrieb sowie die Lösung außergewöhnlicher Probleme oder Krisen. Fachliche
Kompetenzen umfassen Fertigkeiten, Kenntnisse und Engagement fachlicher und vor
allem auch branchenrelevanter Natur. Fachliche Kompetenzen einer Führungskraft
sollten Finanzkennzahlen, Qualitätswerkzeuge, Problemlösungsmethoden, Kostenana-
lyse, Nachhaltigkeit und andere meist unternehmensspezifischen Bereiche beinhalten.

5.2.4 Methoden Kompetenzen

Methodenkompetenz beinhaltet die Fähigkeit, Informationen zu beschaffen, zu


strukturieren, zu analysieren, auszuwerten, wiederzuverwerten, darzustellen, Ergebnisse von
Verarbeitungsprozessen richtig zu interpretieren und sie geeignet zu präsentieren (Pfeiffer,
2021). Ferner umfassen Methodenkompetenzen die Fähigkeit, Konflikte zu erkennen und zu
lösen. Auch Sprachen zählen zu den methodischen Werkzeugen.

5.2.5 Weitere Kompetenzen

Zusätzlich zu den persönlichen, sozialen, fachlichen und methodischen Kompetenzen


benötigen Führungskräfte folgende Verhaltensweisen für erfolgreiche Führung:

• Interkulturelle Fähigkeiten, um internationale Teams zu führen (intercultural inter-


action)
• Kontinuierliche Vorbildfunktion, um Vertrauen aufbauen, um Loyalität zu gewinnen
(idealized influence)
• Inspirierende Motivation, um sinnvolle Ziele festzulegen und Mitarbeiter zu
motivieren und so die Leistungsbereitschaft steigern (inspirational motivation)
• Selbstständige Kreativität, um Problemlösungen anregen (intellectual stimulation)
66 5  Emotionale Intelligenz und Leadershipkompetenzen

• Mitarbeiter individuell fördern, damit sie ihre persönlichen Stärken weiter entwickeln
können (individualized consideration)
• Fairness in der zwischenmenschlichen Kommunikation
• Unternehmerisches Denken und Handeln, Agilität und Flexibilität

5.3 Fallstudie: Führung in der Toyota Motor Corporation

Die Organisations- und Führungskultur der Toyota Motor Corporation definiert die
Reaktionen der Mitarbeiter auf Herausforderungen, denen sich das Unternehmen
auf dem Markt gegenübersieht. Als weltweit führendes Unternehmen in der Auto-
mobilindustrie nutzt Toyota seine Organisationskultur, um die Humanressourcen bei
Innovationen zu maximieren. Das Unternehmen profitiert auch von seiner Organisations-
kultur in Bezug auf die Unterstützung bei der Problemlösung. Die unterschiedlichen
Merkmale oder Merkmale der Organisationskultur von Toyota weisen auf einen sorg-
fältigen Ansatz zur Erleichterung des organisatorischen Lernens hin. Das Unter-
nehmen erfährt von Zeit zu Zeit erhebliche Veränderungen, was sich in der Änderung
seiner Organisationsstruktur im Jahr 2013 widerspiegelt. Die Organisationskultur
von Toyota unterstreicht die Bedeutung der Entwicklung einer geeigneten Kultur zur
Unterstützung des globalen Geschäftserfolgs. Die Organisationskultur von Toyota
unterstützt effektiv die Bemühungen des Unternehmens um Innovation und kontinuier-
liche Verbesserung. Ein Verständnis dieser Unternehmenskultur ist hilfreich, um Über-
zeugungen und Prinzipien zu identifizieren, die zur Stärke des Geschäfts und der
Marken des Unternehmens beitragen. Nach der 2013 durchgeführten Umstrukturierung
hat sich die Organisationskultur von Toyota entsprechend geändert. Vor 2013 betonte
die Organisationskultur ein Gefühl von Hierarchie und Geheimhaltung, was sich in der
Wahrnehmung der Mitarbeiter niederschlug, dass alle Entscheidungen aus dem Hauptsitz
in Japan stammen müssen. Nach 2013 sind die Merkmale der Organisationskultur von
Toyota jedoch nach Bedeutung sortiert:

• Zusammenarbeit und Teamwork


• Kontinuierliche Verbesserung durch Lernen
• Qualitätsanspruch und Innovationen
• Geheimhaltung gegenüber Außenstehende

Toyota setzt in den meisten Geschäftsbereichen Teams ein. Eines der Prinzipien des Unter-
nehmens ist, dass die Synergie der Teamarbeit zu mehr Fähigkeiten und Erfolg führt. Dieser
Teil der Organisationskultur betont die Einbeziehung der Mitarbeiter in ihre jeweiligen
Teams. Um sicherzustellen, dass die Teamarbeit ordnungsgemäß in die Organisationskultur
integriert ist, durchläuft jeder Toyota-Mitarbeiter ein Teambuilding-Schulungsprogramm.
Die Organisationskultur von Toyota erleichtert die Entwicklung des Unternehmens als
lernende Organisation. Eine lernende Organisation nutzt Informationen, die durch die
Literatur 67

Aktivitäten einzelner Arbeitnehmer gewonnen wurden, um Richtlinien und Programme


für bessere Ergebnisse zu entwickeln. Die Organisationskultur von Toyota unterstreicht
das Lernen als einen Weg, um Lösungen für Probleme zu entwickeln. Auf diese Weise
kann das Unternehmen mit Unterstützung seiner Organisationskultur Prozesse und Out-
put kontinuierlich verbessern. Qualität ist das Herzstück der Organisationskultur von
Toyota. Der Erfolg des Unternehmens wird in der Regel auf seine Fähigkeit zurückgeführt,
qualitativ hochwertige Automobile anzubieten. Um Qualität effektiv in seine Organisations-
kultur zu integrieren, verwendet das Unternehmen das Prinzip Nr. 5 des Toyota Way, das
besagt: „Bauen Sie eine Kultur des Anhaltens auf, um Probleme zu beheben und die Quali-
tät beim ersten Mal richtig zu machen.“ Der Toyota Way ist eine Reihe von Grundsätzen,
die die Geschäftsansätze definieren, die in der Organisationskultur von Toyota verwendet
werden, und die ein beträchtliches Maß an Geheimhaltung aufweisen. In den letzten Jahren
hat sich die Geheimhaltung jedoch nach der Umstrukturierung des Unternehmens im Jahr
2013 verringert. Vor 2013 müssen Informationen über Probleme am Arbeitsplatz in der
Unternehmenszentrale in Toyota City, Japan, eingehen. Nach der Umstrukturierung wird
in der Organisationskultur des Unternehmens die Geheimhaltung jedoch weniger betont.
Beispielsweise werden Probleme in US-Werken jetzt in der nordamerikanischen Geschäfts-
einheit von Toyota verbreitet, analysiert und gelöst. Die Merkmale der Organisationskultur
von Toyota ermöglichen es dem Unternehmen, weiter zu wachsen. Innovation basiert auf
kontinuierlicher Verbesserung durch Lernen. Qualitätsverbesserung und Problemlösung
werden durch die Aktivitäten von Arbeitsteams erreicht. Das Geheimhaltungsmerkmal der
Organisationskultur von Toyota weist jedoch mögliche Nachteile auf, da es die Flexibilität
der Organisation bei der schnellen Problemlösung verringert.

Literatur

Goleman, D. (2008). Soziale Intelligenz. Knaur.


Helmold, M., and Samara, W. (2019). Progress in performance management. Industry insights and
case studies on principles, application Tools, and practice. Springer.
Jachtchenko, W. (2020). Die 5 Rollen einer Führungskraft Taschenbuch. Remote Verlag.
Peters, T. (2015). Leadership. Traditionelle und moderne Konzepte Mit vielen Beispielen. Springer.
Pfeiffer, S. (2021). Führungskraft: Das große Leadership Buch – Erfolgreiche Mitarbeiterführung
durch praxisnahe Methoden und Techniken inkl. Eulogia Verlags GmbH Hamburg.
Leadership als Teil der
Unternehmensstrategie 6

6.1 Leadership als strategischer Wettbewerbsvorteil


Unternehmensstrategie

Im Wettbewerb um Kunden und Märkte müssen Unternehmen täglich unzählige


strategische, operative und taktische Entscheidungen treffen, um sich Wettbewerbsvor-
teile und die eigene Marktposition zu sichern oder auszubauen (Johnson & Scholes,
1997; Porter, 1985). Das strategische Management und das strategische Leadership
stellen in diesem Kontext Methoden und Werkzeuge zur Verfügung, mit denen Unter-
nehmen nachhaltige und erfolgreiche Strategien entlang der gesamten Wertschöpfungs-
kette entwickeln und umsetzen können, um langfristig erfolgreich zu sein. Strategisches
Management und strategisches Leadership werden in diesem Kontext als bewusste,
logisch strukturierte Entscheidungen und Aktivitäten verstanden, welche die grundsätz-
liche Ausrichtung eines Unternehmens beeinflussen (Helmold, 2021). Sie dienen dem
Ziel, über die Generierung von Wettbewerbsvorteilen den langfristigen Unternehmens-
erfolg zu sichern (Mintzberg & Quinn, 1989). Strategisches Management muss die
gesamte Wertschöpfungskette mit all ihren Funktionen und Stakeholdern umfassen.
Mittel hierzu sind hier die Evaluierung von Lieferantenmärkten, Erschließung von
Absatzmärkten, die Positionierung im Markt, Internationalisierung, die Ausgestaltung
der Ressourcenbasis des Unternehmens und Entscheidungen, in welchem Grad Eigen-
oder Fremdfertigungsumfänge zur Erstellung von Produkten und Dienstleistungen
zu erstellen (Helmold & Terry, 2021). Strategische Entscheidungen eines Unter-
nehmens werden durch das höhere Management definiert und erfordern die taktische
und operative Umsetzung. Der idealtypische Prozess des strategischen Managements
besteht aus den Schritten strategische Analyse, strategische Auswahl und strategische
Implementierung wie Abb. 6.1 zeigt. Diese drei Phasen sind laut Johnson and Scholes
als strategisches Dreieck (Engl.: Strategic Triangle) bekannt (Johnson & Scholes, 1997).

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, 69


ein Teil von Springer Nature 2022
M. Helmold, Leadership, https://doi.org/10.1007/978-3-658-36364-2_6
70 6  Leadership als Teil der Unternehmensstrategie

Abb. 6.1   Phasenmodell im
strategischen Management – Strategische
Analyse
Strategisches Dreieck. (Quelle:
Eigene Darstellung) Mission Vision

Einführung eines
ganzheitlichen Einbindung der
Leadershipansatzes Mitarbeiter
Unternehmens-
strategie

Leadership
Strategische Strategische
Umsetzung Auswahl

Auswahl der geeigneten


Strategie

Nationale Internationale
Standorte Standorte
(z.B. Anlagen und Maschinen) (z.B. Anlagen und Maschinen)

Outsourcing Global Sourcing


Fremde Ressourcen

Naonale Internaonale
Fremdfergung Fremdfergung

Make oder Buy


Eigene Ressourcen

Offshoring
Naonale Internaonale
Eigenfergung Eigenfergung

Abb. 6.2   Eigen- und Fremdfertigung im internationalen Kontext. (Quelle: Eigene Darstellung)

Abb. 6.2 zeigt die Möglichkeiten der Internationalisierung durch eigene oder fremde
Ressourcen (Helmold & Terry, 2021). Ressourcen sind in diesem Sinne Gebäude,
Maschinen oder Anlagen. Entscheidet sich ein Unternehmen, im Rahmen eigener
Ressourcen außerhalb der Grenzen von Deutschland zu produzieren, so spricht man
von der internationalen Eigenfertigung (rote Umrandung). Bei einer Fremdvergabe und
dem Zukauf von Produkten oder Dienstleistungen von Lieferanten spricht man von dem
Global Sourcing oder dem internationalen Outsourcing.
Die strategischen Ziele des Leaderships befassen sich mit der langfristigen
Planung, Steuerung langfristigen Optimierung der externen und internen Lieferanten-
6.1  Leadership als strategischer Wettbewerbsvorteil Unternehmensstrategie 71

basis des Unternehmens. Ausgehend von kategorie- oder materialgruppenspezifischen


Beschaffungsstrategien gilt es, präzise Entwicklungsmaßnahmen zu definieren, die
eine kontinuierliche Erhöhung der Lieferqualität oder eine Senkung der Beschaffungs-
kosten ermöglichen. Das Versorgungsrisiko kann beispielsweise durch die kollaborative
Optimierung unternehmensübergreifender Prozesse nachhaltig reduziert werden. Der
frühzeitige Aufbau von möglichen Alternativlieferanten und die gezielte Steuerung der
Beschaffungsvolumen beugen Abhängigkeiten des Unternehmens vor. Zudem sollte die
Beziehung zu strategisch wichtigen und zu schwer substituierbaren Lieferanten durch
kooperative und integrative Maßnahmen gestärkt werden. Somit sichert man die Wett-
bewerbsfähigkeit des eigenen Unternehmens. Aufgrund der langfristigen Ausrichtung
sollten alle Maßnahmen zur Erreichung der strategischen Ziele im Rahmen eines
kontinuierlichen Prozesses regelmäßig überprüft und gegebenenfalls angepasst werden.

6.1.1 Strategische Analyse

Schritt eins beginnt mit der strategischen Analyse (Johnson et al., 2018). Diese dient der
umfassenden Informationssammlung als Basis für die Strategieformulierung. Sie besteht
vor allem aus der Analyse und Prognose der Unternehmens-Umwelt, d. h. der Makro-
Rahmenbedingungen, der Branche, der Kunden und des Wettbewerbs (externe Analyse),
sowie der Analyse und Prognose des Unternehmens selbst (interne Analyse) (Johnson
et al., 2018). Analysen innerhalb dieser Phase beinhalten die Umwelt, die Erwartungen,
die Fähigkeiten, die Kompetenzen und die Ressourcen. Die Umweltanalyse (Engl.:
PESTEL, Political, Economic, Social, Technological, Environmental und Legal) ist ein
geeignetes Werkzeug im internationalen Kontext. Auch eignen sich andere Werkzeuge
wie die Industrie- oder Stärken- Schwächen-Analyse als Mittel zur Verhandlungsvor-
bereitung.

6.1.2 Strategische Auswahl

Zur Formulierung der Strategie werden zunächst, basierend auf den Analysen in der
vorhergehenden Phase „strategische Analyse“, Strategiealternativen und -optionen ent-
wickelt, die zur Generierung von Wettbewerbsvorteilen geeignet erscheinen. Anhand
von Beurteilungskriterien werden diese Alternativen anschließend bewertet, wobei
Bewertungskriterien dabei die Unternehmensziele spiegeln müssen. Unter den Alter-
nativen wird nun diejenige ausgewählt, welche die bestmögliche Erreichung der Unter-
nehmensziele verspricht; sie stellt die zukünftige Unternehmensstrategie dar (Johnson
& Scholes, 1997). Porter empfiehlt entweder die Kostenführerschaft (Engl.: Cost-
Leader) oder die Leistungsführerschaft (englisch: Differentiator) als Strategieoption
auszuwählen (Porter, 1985). Diese generischen Strategien können branchenweit oder
72 6  Leadership als Teil der Unternehmensstrategie

nur in einer Branche fokussiert werden. Wogegen die Kostenführerschaft auf optimale
Kosten abzielt, konzentriert sich die Leistungsführerschaft auf Alleinstellungsmerkmale
in Qualität oder anderen Bereichen aus Sicht des Kunden (Helmold, 2021). Beide
strategische Ausrichtungen erfordern die langfristige Integration der Lieferantenseite
in die eigenen Prozesse. Neben den generischen Strategien gibt es zahlreiche weitere
Strategien wie Internationalisierungsstrategien, Segmentierungsstrategien, Zielgruppen-
strategien, Markterschließungsstrategien oder Positionierungsstrategien (Helmold, 2021).

6.1.3 Strategische Implementierung

Ist eine Strategie gewählt, so gilt es, diese erfolgreich umzusetzen, d. h. sie in konkrete
Handlungen zu überführen, welche das Unternehmen in Richtung der formulierten
Strategie lenken (Porter, 1985). Hierzu ist es zunächst erforderlich, die Strategie so
weit zu operationalisieren, dass das Management auf allen Ebenen damit Ziele ver-
bindet, die seinem jeweiligen Verantwortungsbereich entsprechen. Dieses hierarchische
Herunterbrechen von Zielen findet seinen Niederschlag häufig in einer strategischen
und operativen Planung, die der strategiekonformen Steuerung der Ressourcen
dient (Porter, 1985). Damit Strategie in einem Unternehmen gelebt wird, muss sie
mit den Strukturen und Systemen im Unternehmen harmonieren. Die strategische
Implementierung muss daher immer auch von einer entsprechenden Gestaltung von
Organisation, Prozessen, Management-Informationssystemen und -Anreizsystemen
begleitet werden wie Johnson and Scholes betonen (Johnson et al., 2018). Neben diesen
Voraussetzungen müssen die Mitarbeiter für die Umsetzung der Strategie gewonnen und
begeistert werden. Information, Motivation und Qualifikation der Mitarbeiter, also Ver-
änderungsmanagement, spielt hierbei eine wichtige Rolle. Das letzte wichtige Element
in der Strategie-Implementierung stellt die systematische Kontrolle dar. Diese bezieht
sich auf den Fortschritt der Umsetzung, die Wirksamkeit der Maßnahmen und den
Erfolg der Strategie für das Unternehmen. Ebenfalls eine Form der Kontrolle stellt das
kontinuierliche Überwachen der Prämissen der gewählten Strategie dar. Ändern sich
die Bedingungen im Umfeld des Unternehmens, so kann eine erneute Anpassung der
Strategie erforderlich werden. Die Prämissenkontrolle ist identisch mit der strategischen
Analyse, wodurch klar wird, dass es sich beim Strategischen Management um einen
kontinuierlichen Prozess handelt. Strategisches Management findet auf mehreren Ebenen
statt. Auf Unternehmensebene stehen vor allem Fragen der Steuerung des Portfolios
an Geschäftsfeldern im Vordergrund. Insbesondere muss die Unternehmensstrategie
(Engl.: Corporate Strategy) sicherstellen, dass das Gesamtunternehmen mehr wert ist als
die Summe der einzelnen Geschäfte (Johnson et al., 2018). Umfasst ein Unternehmen
mehrere Geschäftsfelder, so findet Strategisches Management darüber hinaus auch auf
Geschäftsfeldebene statt. Schwerpunkt der Geschäftsfeldstrategie (Engl.: Business
Strategy) stellt das Verhalten des Unternehmens im jeweiligen Markt- und Wettbewerbs-
umfeld dar. Man spricht daher häufig auch von der Wettbewerbsstrategie (Porter,
6.1  Leadership als strategischer Wettbewerbsvorteil Unternehmensstrategie 73

1985). Im Zusammenhang mit der Gesamtstrategie wird oft von den vorgeordneten
Konzepten der Mission, Vision und des Unternehmensleitbildes gesprochen, sowie vom
Strategischem Management. Als nachgeordnet werden Teilstrategien oder strategische
Zielsetzungen (Verkaufsstrategien, Beschaffungsstrategien, Eigen- oder Fremd-
fertigungsstrategien, Marketing-Strategien, Finanzstrategien etc.) definiert, die taktisch
(mittelfristig) umgesetzt werden müssen. In diesem Zusammenhang sind Leadership
mit internen oder externen Interessenvertretern und Anspruchsgruppen (englisch: Stake-
holders) notwendig. Als Anspruchsgruppen gelten alle Gruppen, die indirekt oder direkt
an der Leistungserstellung des Unternehmens involviert sind. Anspruchsgruppen sind
Kunden, Lieferanten, Banken, das Finanzamt oder andere Gruppen.

6.1.4 Gestaltung der strategischen Ausrichtung: Strategische


Pyramide

Ein hilfreiches Werkzeug für Leadership ist die strategische Pyramide (siehe Abb. 6.3)
nach Johnsons and Scholes (1997). Strategie ist in diesem Kontext die langfristige
Positionierung sowie die Entscheidung der Unternehmung, welche Geschäftsfelder mit
welchen Strategien erfolgreich erobert werden sollen. Strategie ist daher „die grund-
sätzliche, langfristige Ausrichtung und Ausgestaltung einer Unternehmung, um Wett-
bewerbsvorteile in einem sich verändernden Umfeld durch den Einsatz von Ressourcen
und Kompetenzen zu erzielen und die langfristigen Ziele der Anspruchsgruppen (Engl.:
Stakeholders) zu verwirklichen“. Diese Ausrichtung ist in der Mission beschrieben,
welche den langfristigen und übergeordneten Zweck der Unternehmung beschreibt.
Nach der Definition der Mission folgt die Vision, die den gewünschten zukünftigen

Mission

Vision

Generische Ziele

Wertvorstellungen

Spezifische Ziele

Kernkompetenzen

Strategische Umsetzung

Strategische Architektur

Stratgische Kontrolle und Ausführung

Abb. 6.3   Strategische Pyramide. (Quelle: Eigene Darstellung)


74 6  Leadership als Teil der Unternehmensstrategie

Status der Unternehmung manifestiert. Als Zeitraum kann man hier von drei bis fünf
Jahren ausgehen.

6.1.4.1 Mission und Vision


Mission und Vision umfassen den langfristigen Zweck der Unternehmung und die
strategische Absicht (Engl.: Strategic Intent) des Unternehmens (Johnson et al., 2018).
Die Mission und Mission stellen das strategische Gerüst einer Unternehmung dar und
sind Grundlage für die Definition von Unternehmenswerten und den strategischen
Zielen. Meist wird der Begriff der Mission als Mission-Statement mit Unternehmens-
leitbild übersetzt. Dabei ist es vielmehr so, dass das Vision-Statement das Leitbild
beschreibt, während sich aus der Mission die Philosophie eines Unternehmens ergibt.
Eine Vision ist die motivierende, positiv-formulierte Vorstellung des Zustandes, den Sie
mit Ihrem Unternehmen erreichen wollen. Mit einer Vision geben Sie die Richtung an,
in die sich Ihr Unternehmen entwickeln soll. Die Vision drückt aus, wo und wofür Sie in
der Zukunft stehen wollen. (Helmold, 2021).

6.1.4.2 Wertvorstellungen und Werte (Values)


Unternehmenswerte schaffen eine Entscheidungsgrundlage, Verhaltenskodex, Hand-
lungsorientierung und Verhaltensmaßstäbe. Unternehmenswerte schaffen Loyalität und
binden Mitarbeiter an das Unternehmen. Unternehmenswerte sind quasi die Charakter-
eigenschaften einer Organisation. Sie stiften Identität, erzeugen Wahrnehmbarkeit und
docken zielorientiert an den Bedürfnissen und/oder Befindlichkeiten der entscheidenden
Anspruchsgruppen an. Es entsteht eine selbstverpflichtende Haltung aller Führungskräfte
und Mitarbeiter. Im Idealfall identifizieren sich die Mitarbeiter mit diesen Werten und
agieren sodann authentisch.

6.1.4.3 Generische Ziele und spezifische Ziele (Goals and Objectives)


Auf die Mission und Vision folgen die generischen und spezifischen Ziele. Generische
Ziele (Engl.: Goals) sind nicht quantifiziert und allgemeiner, spezifische Ziele sind
dagegen (Engl.: Objectives) quantifiziert und spezifische. Im nächsten Schritt folgt die
Quantifizierung der generischen Ziele. Die Wissenschaftler Johnson und Scholes unter-
scheiden in längerfristige und generische (Engl.: Goals) sowie kürzere und quantifizierte
Zielsetzungen (Engl.: Objectives) für das Unternehmen (Johnson et al., 2018). Quanti-
fizierte Ziele können grundsätzlich Umsatz-, Finanz-, Qualitäts-, Logistik- Kosten-
und Alphaziele umfassen. Ziele müssen nach der SMART-Methodik (Engl.: specific,
measurable, achievable, realistic and timely) erstellt werden, d. h. Ziele müssen spezi-
fisch, messbar, erreichbar, realistisch und zeitbezogen definiert werden.

6.1.4.4 Kernkompetenzen
Zwingend notwendig für die Umsetzung sind die Kernkompetenzen. Diese beschreiben
die Ressourcen, die Fähigkeiten oder das Wissen, welche zu einem Wettbewerbsvorteil
6.2  Balanced Score Card (BSC) als strategisches Leadershipwerkzeug 75

führen. Als Teil der Ausrichtung müssen Unternehmungen eine detaillierte Analyse der
Kernkompetenzen durchführen. Johnson and Scholes definieren Kernkompetenzen als
einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den Wettbewerbern, durch den sich Unternehmen
abgrenzen und differenzieren können.

6.1.4.5 Strategische Umsetzung der Ziele


Nach der Bestimmung von Mission, Vision, Zielen und Kernkompetenzen folgt die
Übersetzung in strategische Ziele. Die langfristige Umsetzung dieser Elemente wird als
strategische Zielsetzung definiert. Bei der Umsetzung der strategischen Ziele kommen
die vorher genannten Strategien im Leadership zum Tragen.

6.1.4.6 Infrastruktur des Unternehmens


Die Infrastruktur im Sinne des strategischen Managements umfasst neben Gebäuden,
Maschinen, Anlagen, Büros, Ressourcen oder Mitarbeitern auch Wissen und
Innovationen des Unternehmens, die den langfristigen Erfolg sichern. Dafür werden Ein-
richtungen, Gebäude, Fabriken oder Büros benötigt, die die strategische Infrastruktur
darstellen. Daneben sind aber auch andere Erfolgskriterien wie Ressourcen, Wissen,
Experten, Bekanntheitsgrad, Netzwerk oder Innovationen von zentraler Bedeutung.

6.1.4.7 Erfolgskontrolle und Ausführung (Soll-Ist-Analyse)


Das letzte Element der strategischen Pyramide ist die Erfolgskontrolle (Kontrolle und
Ausführung) und ein Soll-Ist-Vergleich. Ein geeignetes Werkzeug ist für diesen Schritt
die Balance Score Card (BSC) oder ein Aktionsplan. Das Instrument der BSC ist bereits
1992 von den Professoren Norton and Kaplan entwickelt worden. Eine BSC ist ein
Instrument im strategischen Management und beinhaltet vier Kategorien (Johnson et al.,
2018):

6.2 Balanced Score Card (BSC) als strategisches


Leadershipwerkzeug

Die Balanced Scorecard („ausgewogener Berichtsbogen“) ist eine Methode, um


strategische Ziele und Kennzahlen eines Unternehmens zu visualisieren. Sie analysiert
und evaluiert Unternehmensaktivitäten und ihre Zusammenhänge.

• Kundenzufriedenheit
• Finanzkategorie
• Interne Prozesse und Verbesserungen
• Lernende Organisation

Abb. 6.4 zeigt die Balanced Score Card mit den vier zuvor genannten Kategorien. Die
Balanced Scorecard ist ein Verbindungsglied zwischen Strategiefindung und -umsetzung.
76 6  Leadership als Teil der Unternehmensstrategie

Finanz-perspekve

Maßnahmen
Zielvorgaben

Kennzahlen

Soll/Ist
Kunden- Interne Prozess-
perspekve perspekve
Mission
Zielvorgaben

Maßnahmen

Zielvorgaben

Maßnahmen
Kennzahlen

Kennzahlen
Soll/Ist

Soll/Ist
Vision

Strate- Strate-
gische Ziele gische
Planung

Organisaons-
perspekve
Zielvorgaben

Maßnahmen
Kennzahlen

Soll/Ist

Abb. 6.4   Balanced Score Card (BSC). (Quelle: Eigene Darstellung)

In ihrem Konzept werden die traditionellen finanziellen Kennzahlen durch eine Kunden-,
eine interne Prozess- und eine Lern- und Entwicklungsperspektive ergänzt. Voraus-
setzung für die Entwicklung einer Balanced Scorecard ist die strategische Unter-
nehmensplanung. Es ist wichtig, dass die Mission und die Vision, die strategische
Stoßrichtung und die Unternehmensziele klar sind. Die Geschäftsleitung muss diese vor-
geben (Helmold & Terry, 2021).

6.3 EFQM-Exzellenz Modell als Leadershipwerkzeug

Das EFQM-Modell ist ein Qualitätsmanagement-System des Total-Quality-Management


(Abb. 6.5). Es wurde 1988 von der European Foundation for Quality Management
(EFQM) entwickelt. Die aktuell gültige Version ist von November 2019. Durch die
permanente Beachtung aller Prozesse werden Informationen über den aktuellen Stand, die
kontinuierliche Verbesserung und künftige Trends erarbeitet (EFQM, 2021). Das EFQM-
Modell ist ein Werkzeug, das Hilfestellung für den Aufbau und die kontinuierliche Weiter-
entwicklung eines umfassenden Managementsystems gibt (Helmold & Dathe, 2018).
Es soll helfen, eigene Stärken, Schwächen und Verbesserungspotenziale zu erkennen
6.3  EFQM-Exzellenz Modell als Leadershipwerkzeug 77

Enablers Results

Mitarbeiter Mitarbeiter-
10% Ergebnisse
10%
Prozesse,
Produkte & Leistungs-
Leadership Strategie Kunden- Ergebnisse und
Dienst-
10% 10% Ergebnisse Kennzahlen
leistungen
10% 15% 15%

Partner- Gesellscha
s-
scha
en & Ergebnisse
Ressourcen 10%
10%
Innova­on und ständige Verbesserungen

Abb. 6.5   EFQM-Exzellenzmodell. (Quelle: Eigene Darstellung)

und die Unternehmensstrategie darauf auszurichten. Seit November 2019 gilt ein über-
arbeitetes EFQM-Modell. Es wandelt sich von einem einfachen Bewertungsinstrument
zu einem Instrument, das einen wichtigen Rahmen und eine Methodik bietet, um bei den
Veränderungen, Transformationen und Umbrüchen zu helfen, denen Einzelpersonen und
Organisationen tagtäglich ausgesetzt sind. Es basiert auf den drei Hauptkriterien:

• Ausrichtung
• Realisierung
• Ergebnisse

Bei dem EFQM-Modell handelt es sich um ein Selbstbewertungssystem, anhand dessen


sich Ihre Einrichtung nach vorgegebenen 9 Kriterien selbst einschätzen kann. Über eine
objektivierte Punktevergabe (maximal 100 %) werden die Ergebnisse dieser Selbst-
bewertung mit denen anderer Einrichtungen vergleichbar gemacht. Das EFQM-Modell
ist ein herausragendes Instrument der Organisationsführung. Sie erhalten wichtige
Impulse und Inputs, um die Weichen in Richtung Zukunft zu stellen und können ebenso
gut an der Leistungsfähigkeit im Hier und Jetzt arbeiten. Ihre Bedürfnisse sind hierbei
entscheidend: Die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit des Modells ermöglicht es Ihnen,
mit dem 360°-Blickwinkel auf Ihre Organisation schauen oder tief in einzelne strategisch
besonders wichtige Bereiche einzutauchen.
78 6  Leadership als Teil der Unternehmensstrategie

6.4 Internationalisierung des Leadership

Die Globalisierung und Internationalisierung der Arbeitswelt bringt neue Anforderungen


mit sich. Interkulturelle Management-Kompetenz ist heutzutage eine Schlüssel-
qualifikation, deren Wichtigkeit zunimmt (Sindi & Roe, 2017). Längst ist klargeworden,
dass interkulturelle Kompetenz nicht nur eine sogenannte „soft skill“ ist, sondern ganz
schnell zu einem harten Faktor im internationalen Management werden kann – dann
nämlich, wenn ein Projekt wegen mangelnder „cultural awareness“ scheitert (BME,
2018). Interkulturelle Management-Kompetenz ist die Fähigkeit, im internationalen
Umfeld angemessen zu agieren und zu führen. Denn: Viele Verhaltensweisen und Ent-
scheidungsmuster von Mitarbeitern, die in der Führungsverantwortung in Deutschland
erfolgreich eingesetzt werden, führen in anderen (kulturellen) Umfeldern nicht zum
gleichen Erfolg (Büsch, 2012). Durch unterschiedliche Werte, Normen und Verhaltens-
weisen entstehen auch unterschiedliche Erwartungen an Führungskräfte (Wunder,
2019). Ohne entsprechende und gezielte Vorbereitung kann es schnell zu Konflikten
und Frustrationen bis hin zum kostenintensiven Scheiterns von Auslandsentsendungen
oder sogar Firmenzusammenschlüssen kommen. Untersuchungen und Erfahrungs-
werte zeigen, dass mehr als 50 % der Mitarbeiter, die ins Ausland versetzt werden, ihre
neuen Aufgaben nicht bewältigen können. Viele stehen vor großen Schwierigkeiten,
sich an die neue Kultur anzupassen und dabei authentisch zu bleiben. Zwei Drittel der
Ursachen für gescheiterte internationale Joint Ventures werden dabei sogenannten „soft
factors“ wie zum Beispiel schlechter Kommunikation oder unzureichend kompatiblem
Führungs- und Konfliktverhalten zugeordnet. Der Auf- und Ausbau interkultureller
Management-Kompetenzen ist daher eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche
Zusammenarbeit. Erfahrungen von Führungskräften im internationalen Bereich werden
für Unternehmen wichtiger denn je, wenn man sich die Handelsbilanz in Deutschland
vor Augen führt (Statistisches Bundesamt, 2018). Betrachtet man Ein- und Ausfuhren
der Jahre 2016 und 2017 sieht man, dass Deutschland Exportweltmeister in beiden
Jahren war. Im Jahr 2017 wurden von Deutschland aus Waren und Güter im Wert von
mehr als 1279 Mrd. € in andere Länder ausgeführt (Statistisches Bundesamt, 2018). Die
wichtigsten Länder für den Export sind die Vereinigten Staaten von Amerika, Frank-
reich, die Volksrepublik China, die Niederlande und das Vereinigte Königreich. Dagegen
wurden Waren und Güter im Wert von 1034 Mrd. € eingeführt. Auch hier sind neben
Italien die Vereinigten Staaten von Amerika, Frankreich, die Volksrepublik China und die
Niederlande unter den ersten fünf Ländern. Wie das Statistische Bundesamt anhand vor-
läufiger Ergebnisse weiter mitteilt, waren damit die deutschen Exporte im Jahr 2017 um
6,3 % und die Importe um 8,3 % höher als im Jahr 2016. Die Exporte und Importe über-
trafen im Jahr 2017 die bisherigen Höchstwerte vom Jahr 2016. Damals wurden Waren
im Wert von 1.203,8 Mrd. € exportiert und Waren im Wert von 954,9 Mrd. € importiert.
Die Außenhandelsbilanz endete im Jahr 2017 mit einem Überschuss von mehr als
244,9 Mrd. €. Im Jahr 2016 hatte der Saldo in der Außenhandelsbilanz mit 248,9 Mrd. €
6.4  Internationalisierung des Leadership 79

den bisherigen Höchstwert in der Geschichte Deutschlands erreicht. Im Jahr 2016


hatte die deutsche Leistungsbilanz einen Aktivsaldo von 259,3 Mrd. € ausgewiesen.
Die Außenhandelsbilanz schloss im Monat Dezember 2017 mit einem Überschuss von
18,2 Mrd. € ab. Kalender- und saisonbereinigt lag der Außenhandelsbilanzüberschuss
im Dezember 2017 bei 21,4 Mrd. € (Statistisches Bundesamt, 2018). Abb. 6.6 zeigt die
wichtigsten Exportländer für Deutschland, Abb. 6.7 die wichtigsten Importländer.
Abb. 6.8 zeigt die Komplexität internationaler Wertschöpfungsketten für die Her-
stellung einer Jeanshose. Baumwolle wird als Rohstoff per LKW von Texas (U.S.A.)
nach Los Angeles (U.S.A.) transportiert. Nach der Verlagerung auf ein Containerschiff
erfolgt der weitere Transport dann per Schiff im Container nach Shanghai (VR China),
innerhalb Chinas per LKW zu den jeweiligen Fabriken. In den Fabriken wird das Roh-
material zu Stoff verarbeitet. Nach einer Konsolidierung wird der gefertigte Stoff nach

Abb. 6.6   Die fünf wichtigsten Handelspartner für Deutschland von Exporten. (Quelle: Eigene
Darstellung, Statistisches Bundesamt, 2018)
80 6  Leadership als Teil der Unternehmensstrategie

Die 5 wichgsten Handelspartner für Deutschland für Importe in


2017 in Millarden Euro

Italien

U.S.A.

Frankreich

Niederlande

VR China

0 20 40 60 80 100 120

Abb. 6.7   Die fünf wichtigsten Handelspartner für Deutschland von Importen. (Quelle: Eigene
Darstellung, Statistisches Bundesamt, 2018)

Stufe Material und Ort Internaonale Wertschöpfung und Logisk


1. Baumwolle aus Transport per LKW von Texas (U.S.A.) nach Los Angeles (U.S.A.). Per Schiff im
Texas (U.S.A.) Container nach Shanghai (VR China), innerhalb Chinas per LKW.

2. Stoff und Garn aus Konsolidierung durch Logisƒkdienstleister in China. Transport per Schiff nach
China Malaysia.
3. Reißverschlüsse aus Transport via Flugzeug von Japan nach Malaysia.
Japan
4. Jeans aus Malaysia Verpackung und Konsolidierung in Malaysia. Transport nach Hamburg.

5. Endprodukt Kommissionierung und bedarfsgerechte Distribuƒon in Deutschland.

Abb. 6.8   Herstellung einer Jeans durch internationale Wertschöpfung. (Quelle: Eigene Dar-
stellung)
6.6  Fallstudie: Erfolg durch innovative Führung in Apple 81

Malaysia verfrachtet. Reißverschlüsse kommen per Flugzeug aus Japan. Die fertigen
Produkte werden dann nach Hamburg geschifft und von dort aus über Verteilzentren an
die jeweiligen Einzelhändler ausgeliefert (Helmold & Terry, 2021).

6.5 Leadership als Schlüsselrolle in der COVID-19 Pandemie

Die Covid-19 Pandemie stellt Unternehmen aller Branchen vor bisher unbekannte
Herausforderungen, deren Ausmaße derzeit noch nicht abzuschätzen sind. Auf-
grund ihres plötzlichen Eintretens und der mangelnden Möglichkeit sich vorzu-
bereiten, bringt diese Pandemie Risiken für die Lieferkette der Unternehmen mit sich.
Nun gilt es für Unternehmen, auf diese zielgerichtet, zügig und effektiv zu reagieren.
Leadership bedeutet in diesem Sinne die proaktive und präventive Gestaltung aller
Lieferantenbeziehungen des Unternehmens über alle Bereiche mit dem Ziel, durch
bessere Zusammenarbeit mit direkten Lieferanten (aber auch Vorlieferanten) Produkte
oder Dienstleistungen besser, schneller und zu niedrigeren Kosten zu entwickeln, zu
beschaffen und herzustellen. Abb. 6.9 zeigt den Geschäftsführer der Firma Midas, Mr.
Li, und Dr. Marc Helmold vor dem Logo der Firma in China. Midas ist Produzent von
Aluminiumprofilen für die Bahn-, Bau- und Automobilindustrie, welche weltweit ver-
trieben werden. Midas hat durch eine sehr starke Internationalisierung und Ausweitung
des Geschäfts den Umsatz signifikant erhöhen können.
Abb. 6.9 zeigt den Geschäftsführer, Mr. Ling (Midas), und Geschäftsführer, Dr. Marc
Helmold, Bombardier Transportation. Midas ist einer der Marktführer für den Verkauf
von Aluminiumprofilen für den Bau von Zügen.

6.6 Fallstudie: Erfolg durch innovative Führung in Apple

Apple ist weltbekannt für seine Innovationen bei Hardware, Software und Kunden-
service. Mit ihrer Hilfe ist das Unternehmen von rund 8000 Mitarbeiterinnen und Mit-
arbeitern und sieben Milliarden Dollar Umsatz im Jahr 1997 auf 137.000 Beschäftigte
und einen Umsatz von 260 Mrd. $ im Jahr 2019 gewachsen (Podolny & Hansen, 2021).
Was jedoch kaum einer weiß: Für Apples Innovationserfolg sind maßgeblich auch
seine Organisationsstruktur und das damit verbundene Führungsmodell verantwort-
lich. Als Mitgründer Steve Jobs 1997 als CEO zu Apple zurückkehrte, war der Konzern
für ein Unternehmen dieser Größe eher konventionell organisiert: Apple war in ver-
schiedene Geschäftsbereiche unterteilt, die alle ihre eigene Ergebnisverantwortung
hatten. Geschäftsführer leiteten etwa die Macintosh-Produktgruppe, den Bereich für
Informationsanwendungen oder den für Serverprodukte. Wie so häufig in Unternehmen
mit dezentralisierten Geschäftsbereichen neigten die Managerinnen und Manager dazu,
miteinander zu streiten, vor allem über Verrechnungspreise. Steve Jobs war davon über-
zeugt, dass dieses herkömmliche Management Innovationen verhinderte. Deshalb entließ
82 6  Leadership als Teil der Unternehmensstrategie

Abb. 6.9   Midas
Geschäftsführer und Dr. Marc
Helmold. (Quelle: Eigene
Darstellung, Helmold, 2021)

er in seinem ersten Jahr als alter und neuer CEO innerhalb eines Tages alle Geschäfts-
bereichsleiter, stellte den Konzern unter eine einzige Gewinnverantwortung und führte
die verschiedenen Abteilungen der einzelnen Geschäftsbereiche in einer funktionalen
Organisation zusammen. Dies allein war für ein Unternehmen dieser Größenordnung
nicht wirklich überraschend. Doch es ist bemerkenswert, dass Apple diese Struktur bis
zum heutigen Tag beibehalten hat, obwohl es mittlerweile 40-mal so viel Umsatz erwirt-
schaftet und wesentlich komplexer ist als 1998. In diesem funktionalen Modell sind
Senior Vice Presidents für Funktionen verantwortlich, nicht für Produkte. Wie bereits
Steve Jobs vor ihm hat der amtierende CEO Tim Cook die einzige Position inne, in der
Design, Entwicklung, Produktion, Marketing und Vertrieb für die wichtigsten Apple-
Produkte zusammenlaufen. Mehr noch: Neben dem CEO gibt es keinen einzigen
klassischen Geschäftsführer und damit niemanden, der einen Prozess komplett von der
Produktentwicklung bis zum Vertrieb steuert und nach einer einzigen Gewinn-und-Ver-
lust-Rechnung beurteilt.
Literatur 83

Literatur

BME (2018). Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik. Mittelstandspreis geht an


Jokey. 10.11.2017. Zugegriffen: 18. Mai 2018. https://www.bme.de/jokey-group-gewinnt-den-
bme-innovationspreis-2017-2330/.
Büsch, M. (2012). Praxishandbuch Strategischer Einkauf: Methoden, Verfahren, Arbeitsblätter für
professionelles Beschaffungsmanagement (German Edition). 3. Aufl. Springer.
Dathe, T. & Helmold (2018). Erfolg im Chinageschäft. Handlungsempfehlungen für kleine und
mittlere Unternehmen (KMU). Springer.
EFQM (2021). eLearning zum EFQM-Modell. Einführung EFQM.
Helmold, M. (2021). New Work, transformational and virtual leadership. Lessons from COVID-19
and other crises. Springer Cham.
Helmold, M. & Terry, B. (2021). Operations and supply management 4.0. Industry insights, case
studies and best practices. Springer Cham.
Johnson, G. & Scholes, K. (1997). Exploring Corporate Strategy. Text and Cases. 4th Edition.
Prentice Hall London.
Johnson, G. et al. (2018). Strategisches Management: Eine Einführung (Pearson Studium -
Economic BWL). Pearson London.
Mintzberg, H. & Quinn, J.B. (1989). The Strategy Process. Prentice-Hall International Editions.
Englewood Cliffs NY.
Podolny, J.M., & Hansen, M.T. (2021). Wie Apple Innovationen fördert. In: Harvard Business
Manager 1/2021. Zugegriffen: 19. Juli 2021. Organisationskultur: Wie Apple Innovationen
fördert - manager magazin (manager-magazin.de).
Porter, M. E. (1985). Competitive advantage. Free Press.
Sindi, S.H., & Roe, M. (2017). Strategic supply chain management. The development of a
diagnostic model. Palgrave Macmillan.
Statistisches Bundesamt (2018). Pressemitteilung Nr. 039 vom 8. Febr. 2018: Deutsche Exporte
im Jahr 2017: +6,3% zum Jahr 2016. Exporte und Importe erreichen neue Rekordwerte.
Zugegriffen: 15. März 2018. https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemit-
teilungen/2018/02/PD18_039_51.html.
Wunder, T. (2019). Rethinking strategic management. Sustainable strategizing for positive impact.
Springer Cham.
Personalplanung, Personalbeschaffung
und Personalauswahl 7

7.1 Personalplanung

7.1.1 Gegenstand und Ziele der Personalplanung

Personalplanung ist ein Teil der Unternehmensplanung und des Personalmanagements


oder Personalwesens. Sie soll in die nahe, mittlere und ferne Zukunft vorausschauend
alle Maßnahmen berücksichtigen, die erforderlich sind, damit dem Unternehmen zur
Erreichung seiner Ziele die dazu erforderlichen Mitarbeiter zur Verfügung stehen.
Abb. 7.1 zeigt die Personalplanung als Teilaufgabe des Personalmanagements. Die
Personalplanung unterscheidet sich in die strategische und operative Personalplanung.

7.1.2 Strategische Personalplanung

Die Personalplanung unterscheidet sich in langfristigen Maßnahmen (strategische


Personalplanung) und kurzfristigen Maßnahmen (operative Personalplanung) zur
Sicherung der Unternehmensziele wie Abb. 7.2 zeigt. Die strategische Personalplanung
setzt bei der Personalbestandsplanung an und befasst sich mit der Fragestellung,
welche Personalressourcen in einem Unternehmen in der Zukunft benötigt werden. Die
strategische Personalplanung ist eine langfristige Planung, meist drei bis fünf Jahre. Die
strategische Personalplanung fokussiert auf das Ziel, dass immer genug Arbeitskräfte
und qualifizierte Mitarbeiter bereitstehen, um die Unternehmensziele gesamtheitlich zu
erreichen. Hier spiegeln sich ganz allgemeine Fragen wider:

• Wie viele Mitarbeitenden arbeiten insgesamt im Unternehmen?


• Wie viele Mitarbeitenden arbeiten in den einzelnen Abteilungen?
• Wie hoch ist der Altersdurchschnitt?

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, 85


ein Teil von Springer Nature 2022
M. Helmold, Leadership, https://doi.org/10.1007/978-3-658-36364-2_7
86 7  Personalplanung, Personalbeschaffung und Personalauswahl

Abb. 7.1   Elemente der


Personal-
Personalplanung. (Quelle:
Eigene Darstellung) planung

Personal- Personal-
freistellung markeng

Personalmanagement
(Unternehmensplanung)

Führung und Personal-


Movaon auswahl

Personal-
entwicklung

Personalplanung

Strategische Personalplanung Operave Personalplanung

• Langfristige Sicherstellung der • Kurzfristige Sicherstellung der


Personal Personalressourcen
Personalressourcen
• Normalerweise: 3 bis 5 Jahre planung • Normalerweise: 6 Monate bis 3 Jahre

Persona- Personal-
freisetzung bedarfsplanung

Strategische
Personalplanung

Personal- Personal-
beschaffung entwicklung

Abb. 7.2   Strategische Personalplanung. (Quelle: Eigene Darstellung)

• Wie sieht das Verhältnis von männlichen und weiblichen Mitarbeitern aus?
• Welche Beschäftigungsverhältnisse sind vertreten (z. B. Festanstellungen, Praktika,
Werkstudierendenstellen)?
• Wie viele Mitarbeiter werden benötigt?
• Welche Mitarbeiter werden benötigt?
• Wo werden die Mitarbeiter benötigt?
• Welche Qualifikationen werden benötigt?
7.3 Personalauswahl 87

Neben dem Ist-Zustand sind die strategische Ausrichtung und die Unternehmensziele ist
eine wichtige Grundlage, damit Unternehmen Personalbedarf ideal planen können.

7.1.3 Operative Personalbedarfsplanung

Die operative Personalplanung befasst sich mit allen kurzfristigen Maßnahmen, die dazu
nötig sind, dass der ideale personelle Zustand im Unternehmen besteht. Dazu gehört die
Personalbestandsplanung, die Personalbedarfsplanung, die Personalentwicklung, sowie
die Planung der Personalkosten. Die operative Personalbedarfsplanung befasst sich mit
der kurzfristigen Ressourcenauswahl in den nächsten sechs Monaten bis drei Jahren
in den einzelnen Abteilungen. Wie viele Mitarbeiter werden in sechs Monaten, einem
Jahr oder drei Jahren in den einzelnen Bereichen gebraucht. Operative Personalplanung
befasst sich auch mit den Fähigkeiten, die für die Erreichung der operativen Arbeiten
notwendig sind. Und welche Maßnahmen müssen kurzfristig getroffen werden, damit
immer genug Arbeitskräfte bereitstehen, um die Unternehmensziele zu erreichen.

7.2 Personalbeschaffung

Die Personalbeschaffung (Engl.: Recruitment, Recruiting) ist Teil der Personalwirtschaft und
befasst sich mit der Deckung eines zuvor definierten Personalbedarfs. Ihre grundsätzliche
Aufgabe besteht darin, das Unternehmen bedarfsgerecht und kostengünstig mit potenziell
qualitativen Arbeitskräften zu versorgen (Peters, 2015). Grundsätzlich werden zwei Arten
der Personalbeschaffung unterschieden, nämliche die interne und die externe. Unter der
internen Personalbeschaffung ist das Beschaffen von Personal innerhalb eines Unternehmens
zu verstehen (Pfeiffer, 2021). Im Rahmen der internen Neubesetzung einer freien Stelle,
greifen Unternehmen auf Mitarbeiter aus Ihrem eigenen Unternehmen zurück. Entscheiden
sich Unternehmen dagegen dafür, Ihr Personal extern zu beschaffen, so suchen diese
Bewerber auf dem Arbeitsmarkt. Für beide Varianten ist eine genaue Personaldiagnostik
wichtig. Abb. 7.3 zeigt Wege der internen und externen Beschaffung von Personal.

7.3 Personalauswahl

7.3.1 Gegenstand der Personalauswahl

Personalauswahl bezeichnet die Zuweisung von Stellenaspiranten zu Arbeitsplätzen


unter wirtschaftlichen, rechtlichen, sozialen und ideologischen Rahmenbedingungen
und mittels Rekrutierung und Auswahltechniken, die im Idealfall eignungsdiagnostisch
fundiert sind. Abb. 7.4 zeigt die Möglichkeiten für die interne und externe Personalaus-
wahl. Im Rahmen der Personalauswahl muss festgelegt werden, was für ein Mitarbeiter
88 7  Personalplanung, Personalbeschaffung und Personalauswahl

Personalbeschaffung

Interne Personalbeschaffung Externe Personalbeschaffung

Interne Beschaffungswege Externe Beschaffungswege

• Interne Ausschreibungen • Externe Ausschreibungen


• Ausbildungen, Prakka, • Arbeitsvermilungen
Werkstudenten • Zeitarbeitsdienstleister
• Personalentwicklung • Personaldienstleister
• Beförderungen • Personalvermiler
• Versetzungen • Headhunter
• Mehrarbeit und Überstunden • Personalleasing

Abb. 7.3   Interne und externe Personalbeschaffung. (Quelle: Eigene Darstellung)

Instrumente der Personalauswahl

Vorauswahl Endauswahl

Mitarbeiter- Bewerbungs- Weitere Vorstellungs- Weitere


Testverfahren
empfehlungen unterlagen Instrumente gespräche Instrumente

-Verwendung von -Analyse des -Auswertung -Kombina­on aus -Psychologische -Auswertung


Mitarbeiterempfehl Anschreibens Personalfragebogen freier, semi- Tests biografischer
ungen und -Lebenslaufanalyse -Auswertung strukturierter oder -Leistungstests Fragebögen
Erfahrungen -Zeugnisanalyse Telefoninterview strukturierter -Mo­va­onstests -Bewertung von
-Referenzanalyse -Bewertung von Gesprächsform -Assessment-Center erstellten
Arbeitsproben -Informa­ons- Arbeitsproben
-Online-Recherchen interviews -Probearbeiten
-Einzelinterviews -Bewertung der
-Gruppeninterviews Probezeit
-Jury-Interviews
-Situa­ve
interviews
-Biografische
Interviews

Abb. 7.4   Interne und externe Personalauswahl. (Quelle: Eigene Darstellung)

überhaupt gesucht wird. Hierfür wird ein Anforderungsprofil oder Stellenprofil erstellt,
das klar definiert, welche Qualifikationen und Fähigkeiten ein Kandidat mitbringen muss
und welche Erwartungen an die Position gestellt werden.

7.3.2 Vorauswahl

Bei Bewerbungen werden im Rahmen der Vorauswahl die eingereichten Bewerbungs-


unterlagen gesichtet und analysiert (Goth, 2009). In der Regel werden dabei stets
folgende Punkte geprüft:
7.4 Interviews 89

• Mitarbeiterempfehlungen
• Vollständigkeit der Bewerbungsunterlagen
• Fachliche Eignung des Bewerbers
• Motivation des Bewerbers
• Zeugnisse
• Lückenlosigkeit des Lebenslaufs

7.3.3 Endsauswahl

Der Prozess der Personalendauswahl ist die finale Aktivität der Entscheidungsfindung,
welcher Bewerber eingestellt wird. Das Vorstellungsgespräch ist das am häufigsten
genutzte Auswahlverfahren bei der Personalbeschaffung. Andere Verfahren sind zur
Bewerberauswahl sind Bewerbungsgespräch, Telefoninterview, Assessment-Center, Test-
verfahren oder Probearbeiten.

7.4 Interviews

7.4.1 Definition und Arten von Interviews

Das Interview oder Bewerbungsgesprächs ist ein persönliches Gespräch zwischen


einem Bewerber und einem oder mehreren Personalentscheidern, das im Rahmen eines
Personalauswahlverfahrens geführt wird. Die Anzahl der Vertreter des zukünftigen
Arbeitgebers kann zwischen einer und mehreren Personen variieren. Abb. 7.4 zeigt die
Interviewarten nach unterschiedlichen Differenzierungskriterien auf.
Die Anzahl der Vertreter des zukünftigen Arbeitgebers kann zwischen einer und
mehreren Personen variieren. Bei größeren Organisationen liegt die Anzahl der Teil-
nehmer meistens bei bis zu vier Personen, da nicht nur der künftige Vorgesetzte als
Vertreter der Fachabteilung anwesend ist, sondern auch ein Personalmitarbeiter (HR
Business Partner) und ein Vertreter des Betriebsrates bzw. Personalrates. Es kommt
dabei in der Regel zu mehreren Gesprächsrunden, in deren Verlauf die Zusammen-
setzung variiert. Der Aufwand steigt tendenziell mit der Wertigkeit der Stelle, d. h.
das Bewerbungsgespräch mit einem Praktikanten erfordert betrieblicherseits weniger
Ressourcen als das Bewerbungsgespräch mit einer Führungskraft (Schuler, 2018).
Ein Bewerbungsgespräch läuft in den meisten Fällen unstrukturiert ab. Lediglich bei
anspruchsvollen Stellen folgt das Bewerbungsgespräch in seltenen Fällen einer klaren
Linie. Übliche Gesprächsinhalte sind (s. Abb. 7.5):

• Begrüßung und Vorstellung der Gesprächspartner


• Vorstellung der Unternehmensstruktur, der Abteilung, der zu besetzenden Position
• Selbstpräsentation durch den Bewerber
90 7  Personalplanung, Personalbeschaffung und Personalauswahl

Differenzierungskriterien von Arten von


Interviews Interviews
• Nach Art und Weise der • Kennenlerngespräch
Befragungsausrichtung • Informationsgespräch
• Unstrukturiertes, teilstrukturiertes oder
vollstrukturiertes Interview
• Situatives Interview
• Biografisches interview
• Multimodales Interview
• Behaviour Description Interview (BDI)
• Nach Anzahl der Gesprächsführer und • Einzelgespräch
Interviewer • Gruppengespräch
• Hybridformen der Gesprächsführung
• Nach Anlass und Zeitpunkt des Einsatzes • Kennenlerninterview
• Telefonisches Interview
• Videokonferenzinterview
• Persönliches Kurzinterview
• Interviews zur Endauswahl
• Sonderformen • Stressinterview
• Tiefeninterview
• Speed Dating

Abb. 7.5   Differenzierungskriterien von Interviews. (Quelle: Eigene Darstellung)

• Eignungsdiagnostische Fragen an den Bewerber


• Fragemöglichkeit für den Bewerber an das Unternehmen
• Organisatorisches zum weiteren Vorgehen und Verabschiedung

An eignungsdiagnostischen Kriterien orientierte strukturierte Vorstellungsgespräche


können die Vorhersagegüte erheblich verbessern, finden aber wegen des Mehraufwandes
selten Anwendung. Ein Beispiel stellt das Multimodale Interview nach Heinz Schuler dar.
Seitens des Bewerbers gewährt das Bewerbungsgespräch die Möglichkeit, Fragen
zu Themen wie Karriereperspektive u. ä. zu stellen und anderweitig gewonnene Vor-
kenntnisse über den Arbeitgeber mit dem eigenen Eindruck abzugleichen. So kommt
der Bewerber seinerseits zu einer Entscheidung darüber, ob er ein Arbeitsverhältnis mit
diesem Arbeitgeber aufnehmen will.

7.4.2 Kennenlerngespräch

Ein Kennenlerngespräch zur Information ist unverbindlicher als ein „normales“ Vor-
stellungsgespräch. Es kann dann auch mit einem Fachvorgesetzten oder der Chefin
alleine stattfinden, ohne die Teilnahme von Mitarbeitern der Personalabteilung.

7.4.3 Informationsgespräch

Ein Beratungs- oder Informationsgespräch dient den Führungskräften dazu, sich selbst
über den oder die Bewerberin zu informieren und sich ein Bild von dem Kandidaten zu
machen. Sie können mit diesen Informationen besser entscheiden oder sich begründet
eine eigene Meinung bilden.
7.4 Interviews 91

7.4.4 Strukturierte, semistrukturierte und vollstrukturierte


Interviews

Die Verwendung strukturierter Einstellungsinterviews ist für diesen Zweck ein


geeignetes Instrument, um die speziellen Vorteile des persönlichen Gesprächs zu nutzen
und gleichzeitig eine methodisch zuverlässige Beurteilung zu erhalten. Allerdings
handelt es sich dabei keineswegs um eine homogene oder eindeutig definierte Kate-
gorie von Verfahren. Je nach Anwendungsbereich, Interviewer oder Zielsetzung
sind verschiedene inhaltliche oder formale Aspekte unterschiedlich stark strukturiert
(z. B. gleiche Fragen für alle Bewerber, Reihenfolge der Fragen, Gesprächssituation,
Bewertungsregeln, Urteilsprozess etc.). In strukturierten Bewerbungsgesprächen werden
Fragen im Voraus geplant und erstellt. Alle Kandidaten erhalten die gleichen Fragen in
der gleichen Reihenfolge. Da in strukturierten Bewerbungsgesprächen alle Kandidaten
die gleichen Fragen erhalten, können Antworten einfach verglichen und die richtigen
Bewerber für die Position eingestellt werden. Bewerber können auf objektive und faire
Weise bewertet werden, weshalb strukturierte Bewerbungsgespräche eine größere
rechtliche Absicherung bieten. Andererseits sind strukturierte Bewerbungsgespräche
schwieriger und komplizierter zu entwickeln. Sie müssen getestet werden und es muss
sichergestellt werden, dass Interviewer dem Verlauf exakt folgen. Außerdem riskieren
Sie, dass Fragen nach außen dringen und zukünftige Bewerber sich darauf vorbereiten
können. Schematische Interviews können zudem etwas kalt und unpersönlich wirken und
ein Kennenlernen des Bewerbers erschweren. In einem unstrukturierten Bewerbungs-
gespräch stellt der Interviewer Fragen, die nicht im Voraus geplant wurden. Stattdessen
ergeben sich Fragen spontan in einer frei fließenden Konversation, weshalb unterschied-
liche Bewerber mit unterschiedlichen Fragen konfrontiert werden. Der wesentliche Vor-
teil unstrukturierter Interviews ist die individuelle Vorgehensweise. Dies ist speziell für
Positionen im Technologiebereich nützlich, wo die Erfahrung der Kandidaten erheblich
variieren kann. Da unstrukturierte Interviews eine frei fließende Konversation ermög-
lichen, vermitteln sie eine ungezwungene Atmosphäre, was Kandidaten entspannt und
zu einem natürlicheren und ehrlicheren Interview führt. Da unterschiedliche Bewerber
jedoch unterschiedliche Fragen erhalten, ist ein Vergleich ihrer Antworten und eine faire
und objektive Bewertung der Kandidaten schwieriger. Wenn Sie einen Programmierer
für eine bestimmte Softwareintegration suchen, ist es hilfreich, Antworten auf die
gleichen Fragen zu ihrer Vorgehensweise zu vergleichen. In einem semistrukturierten
Interview stellt der Interviewer lediglich einige vorher festgelegte Fragen, während
der Rest der Fragen nicht im Voraus geplant wurde. Da semistrukturierte Interviews
strukturierte und unstrukturierte Gesprächstypen vereinen, vereinen sie die Vorteile
beider Alternativen. Sie ermöglichen einen objektiven Vergleich unterschiedlicher
Bewerber und bieten außerdem die Möglichkeit, spontan auf Themen zu wechseln, die
bei einem bestimmten Kandidaten wichtig erscheinen. Verglichen mit strukturierten
Interviews sind semistrukturierte Interviews jedoch weniger objektiv und bieten eine
geringere rechtliche Absicherung.
92 7  Personalplanung, Personalbeschaffung und Personalauswahl

7.4.5 Das situative Interview (SI)

Latham, Saari, Pursell & Campion schlugen 1980 den Typus der „situativen Frage“ vor.
Dieser Interviewansatz geht von der Grundidee aus, dass Verhaltensintentionen gute
Prädiktoren für reales Verhalten sind und bezieht sich explizit auf die Zielsetzungstheorie
von Locke & Latham (1990, Intention als unmittelbarer Vorläufer des Verhaltens). Die
Grundaussage der Zielsetzungstheorie besteht darin, dass Ziele Menschen motivieren
und unmittelbare Regulatoren des menschlichen Handelns sind. Es soll ein Spannungs-
zustand erzeugt werden, der Handlungen aktiviert. Die Ziele sollen dabei herausfordernd
und präzise gestaltet werden. Rückkopplungen über Zielfortschritte sollen regelmäßig
gegeben werden.

Vorbereitung
Wie beim BDI steht zu Beginn eine Anforderungsanalyse anhand des CIT und die
Sammlung der stellenbezogenen kritischen Ereignisse. Anhand dieser Ereignisse werden
konkrete Situationsvorgaben erarbeitet und für jede Situation eine verhaltensbezogene
Einstufungsskala konstruiert (mit je einem Verhaltens-Beispiel für die zwei Extrempole
und den Mittelwert sowie einer numerischen Kodierung). Diese dient jedoch eher als
Richtlinie (Scoring Guide) für die Einordnung späterer Antworten.

Durchführung
Dem Bewerber wird eine konkrete Problemsituation vorgegeben, diese situative Frage
soll sich dabei so eng wie möglich an die zuvor ermittelten kritischen Ereignisse

würde (zukunftsorientiert ≠ BDI). Es werden also Verhaltensintentionen oder kognitive


anlehnen. Dann soll der Bewerber schildern, wie er sich in dieser Situation verhalten

Verhaltensmöglichkeiten abgefragt. Dabei ist jedoch von zentraler Bedeutung, dass der
Bewerber weder die Anforderungsverankerungen (z. B. „kooperativ“ vs. „kompetitiv“)
noch die mit einer Frage erhobenen Anforderungsdimension mitgeteilt bekommt – er
soll also frei und unbeeinflusst antworten. Darüber hinaus werden jedem Bewerber die
gleichen Fragen gestellt.

7.4.6 Multimodales Interview (MMI)

Mit dem Multimodalen Interview (MMI) versucht Schuler 1992 die Defizite kon-
ventioneller Auswahlgespräche zu überwinden und vereint in diesem Verfahren sowohl
konstrukt- als auch simulationsorientierte und biographische Ansätze (Trimodaler
Ansatz). Kennzeichnend für das MMI ist die invariante Abfolge von acht Gesprächs-
komponenten oder Phasen, von denen nur fünf für die Urteilsbildung genutzt werden,
während die anderen drei dem natürlichen Gesprächsablauf und der Information des
Bewerbers dienen.
7.4 Interviews 93

7.4.7 Biographisches Interview

Das Biographische Interview (BEI) von Sarges (2021) nimmt, genau wie das BDI, die
Vergangenheit in den Blick, orientiert sich aber umfassender bzw. tiefergehend als das
BDI an der Biographie des Kandidaten. Die für die Anforderungen kritischen Situationen
in der Biographie werden nicht beim Kandidaten „abgefragt“, sondern vom Interviewer
„aufgespürt“, und zwar im Berichten des Kandidaten über seinen ausbildungs- und
berufsrelevanten Lebenslauf. Seine methodische Basis ist ein idiographischer Zugang bei
der Datenbeschaffung und die Evokation auch tieferliegender (sog. impliziter) Gedächt-
nisinhalte nach spontan berichteten biographischen Inhalten.

7.4.8 Das Behavior Description Interview (BDI)

Das Behavior Description Interview (BDI) wurde 1986 von Janz, Hellervik & Gilmore
entwickelt und orientiert sich stärker als andere Verfahren am Grundsatz der biographie-
orientierten Verfahren: „the best prophet of the future is the past“. Es wird also das Ver-
halten des Bewerbers in vergangenen Problem- und Konfliktsituationen abgefragt.

Vorbereitung
Zuerst werden im Rahmen einer Anforderungsanalyse reale, erfolgsrelevante Ereig-
nisse innerhalb der Stelle gesammelt. Dazu können Stelleninhaber, Vorgesetzte und
auch Kunden anhand der Critical Incident Technique (CIT) Fragen gestellt werden,
um sowohl positives als auch negatives Verhalten in typischen Problemsituationen
zu erheben. Diese kritischen Ereignisse werden dann 5–10 Leistungsdimensionen
zugeordnet. Diese Leistungsdimensionen und die zugehörigen Ereignisse (10–20 pro
Dimension) bilden die Grundlage für das Interview.

Durchführung
Das BDI läuft in 5 Phasen ab. Zuerst die Abfrage überprüfbarer Fakten (Phase 1),
dann von Fachkenntnissen und Fertigkeiten (Phase 2), danach die Schilderung eigener
Erfahrung und Beschreibung bisheriger Aktivitäten (Phase 3), Selbst-Bewertungen
und Selbsteinschätzung (Phase 4) und schließlich der zentrale Aspekt die Verhaltens-
beschreibung (Phase 5). Während des Interviews soll der Bewerber konkret nach
Situationen befragt werden, die jenen zuvor ermittelten kritischen Ereignissen ent-
sprechen (Abfrage nur von erfolgsrelevantem Verhalten). Dabei wird auf reale, tat-
sächlich eingetretene Situationen in der Biographie des Bewerbers abgezielt und das
tatsächliche Verhalten in diesen Situationen gründlich erfragt. Die Bewertung der
gegebenen Antworten erfolgt dabei nicht verhaltensverankert, sondern in Eigenschafts-
begriffen entsprechend den ermittelten Leistungsdimensionen.
94 7  Personalplanung, Personalbeschaffung und Personalauswahl

Offenbarungspflicht des Zulässige Fragen des Unzulässige Fragen und


Bewerbers Bewerbers und Erlaubnis, die Unwahrheit zu
wahrheitsgemäße sahgen (Lügerecht)
Antworten
Wettbewerbsverbot Ja Soweit es in Bezug zur Nein
avisierten Stelle Steht
Beruflicher Werdegang Nein Ja Fragen nach Wehr- oder
und Karriere Zivildienst
Schwangerschaft Nein Nein Ja
Vorstrafen In Abhängigkeit von der Stelle Soweit für Stelle von Ja (Ausnahme, wenn nicht
Bedeutung relevant für Unternehmen)
Vermögensverhältnisse Nein Zulässig bei leitenden Ja (Ausnahme, wenn nicht
Angestellten relevant für Unternehmen)
Religions- und Nein Ausnahmsweise bei Ja (Ausnahme, wenn nicht
Parteizugehörigkeit konfessionellen, relevant für Unternehmen)
parteigebundenen oder
öffentlichen Ämtern
Gewerkschas- Nur wegen Tariindung oder betrieblichem Bezug
zugehörigkeit
Heiratsabsichten Nein Nein Ja
Krankheiten oder Nur wenn der Bewerber Soweit für Stelle von Ja, wenn die Krankheit keinen

Abb. 7.6   Erlaubte und nicht erlaubte Fragen in Interviews. (Quelle: Eigene Darstellung)

Ziel
Ziel des BDI ist es, einen Eindruck zu erhalten, wie ein Bewerber sich in realen
Situationen verhalten hat. So soll die Abfrage von „Lehrbuchwissen“ oder von sozial
erwünschten Allgemeinplätzen vermieden werden.
Abb. 7.6 zeigt, welche Fragen in Vorstellungsgesprächen gestellt und welche nicht
gestellt werden dürfen. Die Abbildung zeigt nach Kategorien die Pflicht des Bewerbers,
wahrheitsgemäß zu antworten und die Fragen, wo ihm ein sog. Lügerecht zusteht. Das
Lügerecht bezieht sich auf nichterlaubte Fragen, bei denen der Bewerber die Unwahrheit
sagen kann.

7.5 ERP-Systeme als Unterstützung im Personalmanagement

In der heutigen Zeit sind die menschlichen Ressourcen aufgrund des demografischen und
strukturellen Wandels manchmal knapp. Dabei sind diese doch entscheidende Faktoren, die
ein Unternehmen erfolgreich machen. Wer möchte, dass das Personal möglichst zufrieden
und motiviert ist sowie lange Zeit in der Firma bleibt, kommt nicht umhin, sich mit
Personalmanagement zu beschäftigen. Dabei geht es um die Entwicklung, Führung und
Verwaltung von Mitarbeitern eines Unternehmens. Es stützt sich auf verschiedene Säulen:
7.5  ERP-Systeme als Unterstützung im Personalmanagement 95

• Personalplanung
• Personalbeschaffung
• Personaleinsatz und -verwaltung
• Personalentwicklung
• Controlling
• Entgeltmanagement

Um all diese Aufgabenbereiche kommen weder kleine noch große Unternehmen herum,
die langfristig Bestand haben möchten. Noch ein weiterer Punkt auf der meist bereits
sehr vollen Agenda einer Firma. Nun stellt man sich möglicherweise die Frage, wie man
Personalmanagement effizient in den Unternehmensalltag integrieren kann. Eine praktische
Lösung stellt in diesem Zusammenhang eine ERP-Software dar. ERP steht für „Enterprise
Resource Planning“ und zielt darauf ab, die vorhandenen Ressourcen eines Unternehmens
möglichst effizient zu planen. Dazu zählen zum Beispiel Waren, Kapital und Mitarbeiter.
Die Datenverwaltung verläuft zentral und zielt darauf ab, einen funktionierenden betrieb-
lichen Ablauf zu gewährleisten und die Unternehmensziele zu erreichen. Für diese Auf-
gaben gibt es spezielle Software-Lösungen, sogenannte ERP-Systeme, welche die
Organisation der Arbeitsabläufe in einem Unternehmen erleichtern. Was macht ein ERP-
System aus? Es unterstützt ein Unternehmen bei betriebswirtschaftlichen Aufgaben. Neben
Warenwirtschaft, Customer Relationship Management (CRM), Stammdatenverwaltung,
Finanzbuchhaltung, Vertrieb und Ähnlichem zählt dazu auch das Personalmanagement. All
diese Unternehmensbereiche haben dieselbe Datenbasis und kommunizieren miteinander.
Eine ERP-Software kann unter anderem folgende Aufgaben übernehmen:

• Mitarbeiterverwaltung
• Lohn- und Gehaltsabrechnungen
• Personalrekrutierung
• Karriereplanung

Zudem kann es für Reisekostenabrechnungen, Gehaltsanpassungen, Betriebsrenten,


Weiterbildungsmaßnahmen und Anderes herangezogen werden. Mit einer solchen voll-
umfänglichen Lösung überwacht man die Entwicklung eines Unternehmens. Stellt man
Probleme in bestimmten Abteilungen fest, kann man Gegenmaßnahmen ergreifen und
Prozesse optimieren; etwa Personal freistellen, neue Fachkräfte rekrutieren oder die
Einsatzplanung anpassen. Zunächst einmal erfasst und verwaltet es alle wichtigen Mit-
arbeiterdaten. Das sind zum Beispiel Krankenversicherungs- und Steuerinformationen,
Entlohnungsstufen oder eventuelle Zulagen. Aber die Arbeit eines ERP-Systems geht
noch weiter: Mitarbeiter haben individuelle Fähigkeiten und Schlüsselqualifikationen.
Mithilfe eines solchen Programms kann man Kompetenzen mit den Anforderungen einer
bestimmten Position abstimmen. Bevor man neues Personal sucht, sollte man prüfen, ob
man die eigenen Mitarbeiter durch Fortbildungen auf neue Aufgaben vorbereiten kann.
Das ist essentiell, da die Struktur des Marktes sich immer wieder ändert. Zwar sinken
96 7  Personalplanung, Personalbeschaffung und Personalauswahl

dank eines Herbstaufschwungs die Arbeitslosenzahlen derzeit, trotzdem sind qualifizierte


Mitarbeiter oft schwer zu finden sind. Mit ERP kann man die neuen Jobs, die man intern
besetzt, über verschiedene Standorte hinweg im Blick behalten.

7.6 Fallstudie: ERP System von SAP

7.6.1 SAP: Weltweiter Anbieter für ERP-Systeme

SAP ist einer der weltweit führenden Anbieter von Software für die Steuerung von
Geschäftsprozessen. Die von SAP entwickelten Lösungen ermöglichen eine effektive
Datenverarbeitung und einen unternehmensübergreifenden Informationsfluss. Die Firma
wurde 1972 gegründet und zunächst „Systemanalyse Programmentwicklung“ genannt.
Später wurde der Name abgekürzt zu SAP. Das Softwarehaus begann als Fünfmann-
Unternehmen und wuchs schnell zu einem multinationalen Konzern mit Sitz in Walldorf,
der heute über 100.000 Mitarbeiter rund um die Welt beschäftigt. Mit der Einführung der
Lösungen SAP R/2 und SAP R/3 etablierte SAP einen weltweiten Standard für ERP-
Software (Enterprise Resource Planning). Mit SAP S/4HANA folgte dann die nächste
Generation der SAP-ERP-Software. Die Plattform macht die In-Memory-Technologie
für ERP-Anwender nutzbar, sodass riesige Datenmengen in Echtzeit verarbeitet werden
können. Zudem lassen sich neue Technologien wie künstliche Intelligenz (KI) und
maschinelles Lernen einbinden.ERP-Software (Enterprise Resource Planning) bietet viele
Vorteile durch die Integration und Automatisierung wichtiger Prozesse im Unternehmen.
ERP verbessert die Verwaltung und das Management von Funktionen wie Verkauf,
Lagerverwaltung, Finanzen und Personalwesen (HR). SAP-Software bietet ein zentrales
Datenmanagement das unternehmensweit eine einheitliche Sicht auf alle Daten ermög-
licht. So können Unternehmen komplexe Geschäftsprozesse effizienter verwalten, denn
die Mitarbeiter in den Fachabteilungen erhalten Echtzeit-Einblicke in alle Bereiche des
Unternehmens. Auf diese Weise können sie Workflows beschleunigen, ihre betriebliche
Effizienz steigern, die Produktivität erhöhen, ein besseres Kundenerlebnis bieten und
letztlich ihre Gewinne steigern. ERP steht für „Enterprise Resource Planning“. ERP-
Software umfasst alle Kerngeschäftsbereiche, beispielsweise Beschaffung, Produktion,
Materialwirtschaft, Vertrieb, Marketing, Finanzwesen und Personalwirtschaft (Human
Resources, HR). SAP war eines der ersten Unternehmen, das Standardlösungen für
Unternehmenssoftware entwickelt hat und bietet heute branchenführende, moderne
ERP-Lösungen an. Spezielle HR-Pakete (oder auch HCM, Human Capital Management)
bieten umfangreiche HR-Funktionen, die Sie in einem ERP-System nicht finden. Die
meisten kleinen und mittleren Unternehmen benötigen jedoch nicht alle Möglich-
keiten eines umfangreichen HR-Systems. Sie verfügen häufig über genügend HR-
bezogene Funktionalitäten für ein modernes ERP-System. Viele ERP-Systeme verfügen
über grundlegende HR-Funktionen wie Personalabrechnung, Personalmanagement,
Personalleistung usw. Außerdem kann ein bestimmtes HRM-Modul (Human Resource
7.6  Fallstudie: ERP System von SAP 97

Management) erworben werden. Im Allgemeinen können die Module in zwei Kategorien


unterteilt werden: Personalmanagement wie Arbeitszeitpläne, Anwesenheit, Abwesenheit
und Urlaub sowie Talentmanagement, das sich mit Themen wie Annahmen, Schulungen
und dergleichen befasst. ERP-Systeme verwalten alle wichtigen Daten zentral in einer
Datenbank. Diese Datenbank enthält Informationen aus den verschiedenen Abteilungen
der Unternehmen, einschließlich der Personalabteilung. Und genau wie in Abteilungen
wie Verkauf, Bestandsführung oder Rechnungswesen liefern die Daten aus der Personal-
abteilung wichtige Informationen. Alle Informationen über z. B. die Anzahl der
geleisteten Arbeitsstunden, die Höhe der Gehälter und die gezahlten Steuern können
zentral abgerufen werden. Unternehmen, die ein ERP erwerben möchten, müssen sich
auch genau ansehen, welche HR-Funktionen im System verfügbar sind. Das richtige
ERP-System für ein solches Unternehmen muss über die Funktionen verfügen, um
die Personalabteilung verwalten zu können. Die HR-Module vieler Systeme bieten
auch Self-Service-Portale für Mitarbeiter. Hier können Mitarbeiter ihre eigenen Daten
auf dem neuesten Stand halten, aber auch Informationen über gezahlte Steuern usw.
herunterladen. Indem diese Informationen auf diese Weise verfügbar gemacht werden,
spart die Personalabteilung viele Arbeitsstunden. Mit guten Personaldaten können Sie
jedoch noch viel mehr tun. Beispielsweise können Mitarbeiter-Trainings- und Bildungs-
daten auch verwendet werden, um intern statt extern nach geeigneten Kandidaten für
eine Stelle zu suchen, um bei der Karriereplanung und -entwicklung zu helfen und um
viele andere Probleme zu lösen.

7.6.2 Reduzieren Sie die Komplexität der Compliance

Für eine Personalabteilung ist es sehr wichtig, die Compliance-Regeln einzuhalten,


und bestimmte Anwendungen eines HR-Moduls in einem ERP-System helfen dabei.
Compliance kann extern, zum Beispiel im Hinblick auf die korrekte Entrichtung von
Lohnsteuern, aber auch intern liegen, etwa um bestimmte Ziele zu erreichen, wie um
mehr Frauen in Führungspositionen zu berufen.

7.6.3 Verbesserung der internen Kommunikation und


Zusammenarbeit

Das HR-Modul eines ERP-Systems kann die Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitern


verbessern und manchmal dazu beitragen, den Mangel an Mitarbeitern mit bestimmten
Fähigkeiten und Spezialisierungen zu beheben, indem die zusätzlichen Fähigkeiten von
Mitarbeitern mit einer anderen funktionellen Spezifikation betrachtet werden.
Die Suche nach aktuellem Personal in Ihrer eigenen Personaldatenbank hat zwei Vor-
teile. Zunächst können Sie mehr aus Ihren eigenen Ressourcen herausholen, bevor Sie
außerhalb des Unternehmens suchen. Zweitens wird sichergestellt, dass innerhalb der
98 7  Personalplanung, Personalbeschaffung und Personalauswahl

Organisation neue Beziehungen und Netzwerke aufgebaut werden, um alle Arten von
Aufgaben zu erfüllen: von der Suche und Schulung interner Mitarbeiter für zukünftige
Beschäftigungsmöglichkeiten bis hin zur Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit und
-einbeziehung.

Literatur

Locke & Latham (1990). Work Motivation and Satisfaction: Light at the End of the Tunnel.
Psychological Science, 1(4), 240–246.
Petra Goth (2009) Mitarbeiter auswählen. Personaldiagnostik in der Praxis. Grundlagen – Hand-
lungshilfen – Praxisbeispiel. Hrsg.: Deutsche Gesellschaft für Personalführung e. V. 1. Auflage.
W. Bertelsmann Verlag.
Peters, T. (2015). Leadership. Traditionelle und moderne Konzepte Mit vielen Beispielen. Springer.
Pfeiffer, S. (2021). Führungskraft: Das große Leadership Buch – Erfolgreiche Mitarbeiterführung
durch praxisnahe Methoden und Techniken inkl. Eulogia Verlags GmbH Hamburg.
Werner Sarges (2021). Das Biographische Eignungs-Interview (B-E-I). Pabst-Verlag.
Schuler, H. (2018). Das Einstellungsinterview. (2. Aufl.) Hogrefe.
Arbeitsrecht, Personalfreisetzung und
Personalcontrolling 8

8.1 Arbeitsrechtliche Aspekte

8.1.1 Hierarchie im Arbeitsrecht

Das Arbeitsrecht umfasst alle Gesetze, Verordnungen und sonstige verbindliche


Bestimmungen zur unselbständigen, abhängigen Erwerbstätigkeit. Inhaltlich unter-
scheidet man das Individualarbeitsrecht und das Kollektivarbeitsrecht (Richardi, 2019).
Ein wichtiger Bestandteil des Arbeitsrechts ist der Arbeitnehmerschutz. Die Normen-
pyramide in Abb. 8.1 bzw. Rechtshierarchie im Arbeitsrecht bezeichnet das Verhältnis
verschiedener Rechtsquellen zueinander. Die Hierarchie der arbeitsrechtlichen Normen
gestaltet sich wie folgt:

• Europäisches Primärrecht und Sekundärrecht


• deutsches Verfassungsrecht
• einfaches Gesetzesrecht einschließlich Gewohnheitsrecht und Richterrecht
• Rechtsverordnungen
• Tarifverträge
• Betriebsvereinbarung
• Arbeitsvertrag
• Weisungsrecht des Arbeitgebers

Im Verhältnis zueinander setzt die höhere Rechtsquelle sich gegen die niederrangige
durch. Allerdings muss ein Sachverhalt in den Regelungssachverhalt der höherrangigen
Norm fallen. Hierbei gilt es zu beachten, dass bei einem Tarifvertrag zum Beispiel beide
Seiten gebunden sein müssen. Ferner muss die höherrangige Norm zwingenden Charakter

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, 99


ein Teil von Springer Nature 2022
M. Helmold, Leadership, https://doi.org/10.1007/978-3-658-36364-2_8
100 8  Arbeitsrecht, Personalfreisetzung und Personalcontrolling

EU-Recht

Verfassungs-
recht
Gesetze und
Gewohnheitsrecht

Tarifvertrag

Betriebsvereinbarungen

Arbeitsvertrag

Direkonsrecht des Arbeitsgebers

Abb. 8.1   Normenpyramide im Arbeitsrecht. (Quelle: Eigene Darstellung)

haben. Die Normenpyramide wird durch das Günstigkeitsprinzip durchbrochen. Hiernach


kommt immer die günstigste Norm für den Arbeitnehmer zur Geltung.

8.1.2 Arbeitnehmer

Laut § 611a Abs. 1 S. 1 BGB ist Arbeitnehmer, wer sich auf Grund eines privatrecht-
lichen Vertrags im Dienste eines anderen zu weisungsgebundener, fremdbestimmter
Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet. Arbeitnehmer ist, wer auf Basis eines
privatrechtlichen Vertrages über entgeltliche Dienste für einen anderen in persönlicher
Abhängigkeit ist. Arbeitnehmer können ausdifferenziert werden in Arbeiter, Angestellte,
Volontäre, Auszubildende und Praktikanten. Es gibt jedoch auch Personengruppen,
welche nicht der Arbeitnehmerschaft zugerechnet werden. Keine Arbeitnehmer sind zum
Beispiel Familienangehörige, die nach familienrechtlichen Vorschriften mitarbeiten (§§
1353,1619 BGB). Abb. 8.2 zeigt die Rechte und Pflichten von Arbeitnehmern.

8.1.3 Arbeitgeber

Arbeitgeber sind natürliche oder juristische Personen sowie rechtsfähige Personengesell-


schaften, die Arbeitnehmer in einem Arbeitsverhältnis beschäftigen.
8.1  Arbeitsrechtliche Aspekte 101

Personalcontrolling

Qualitaves Personalcontrolling Quantaves Personalcontrolling

• Einsatz menschlicher und • Zahlenorienerte Steuerung und


• ökonomischer Potenale Kontrolle der Personalakvitäten
• Wirkungsnetzdenken dominiert • Nutzung ökonomischer Faktoren
• Langfrisge Existenzsicherung • Wirkungskeendenken dominiert
• Qualitaves Wachstum • Kurzfrisge Gewinnmaximierung
• Leitbild, Mission und Vision • Quantaves Wachstum
• Controlling • Kennzahlen-Controlling
• Potenalsteuerung • Gewinnsteuerung
• Tendenziell strategisch • Tendenziell operav
• Immateriell und materiell orienert • Materiell orienert

Abb. 8.2   Qualitatives und quantitatives Personalcontrolling. (Quelle: Eigene Darstellung)

Arbeitgeber ist jeder, der einen Arbeitnehmer beschäftigt (Pfeiffer, 2021). Wer
Arbeitgeber ist, bestimmt sich danach, mit wem der Arbeitsvertrag geschlossen wurde.
Der Begriff Arbeitgeber ist arbeitsrechtlicher Natur und zu unterscheiden vom Begriff
des Unternehmers, der wirtschaftliche und wirtschaftsrechtliche Bedeutung hat (Peters,
2015). Als Arbeitgeber gilt eine natürliche Person oder eine juristische Person, ferner
eine Personenvereinigung (z. B. Personengesellschaft) oder eine Vermögensmasse,
welcher der Arbeitnehmer aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung (zum Beispiel
Arbeitsvertrag) seine Arbeitskraft schuldet.

8.1.4 Betriebsrat

Der Betriebsrat ist eine von den Arbeitnehmern gewählte Interessenvertretung. Der
Betriebsrat hat weitgehende Mitbestimmungsrechte, die ihm erlauben, beim betrieb-
lichen Arbeitsalltag mitzubestimmen. Zudem kann der Betriebsrat die Beschäftigten zum
Beispiel bei Kündigungen vor der Willkür des Arbeitgebers zu schützen. er Betriebsrat
hat die Aufgabe, „darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden
Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsverein-
barungen durchgeführt werden“. So lautet ein Kernsatz des Betriebsverfassungsgesetzes
(§ 80 BetrVG).
102 8  Arbeitsrecht, Personalfreisetzung und Personalcontrolling

8.1.5 Arbeitgeberverbände

Ein Arbeitgeberverband ist ein Zusammenschluss von Arbeitgebern zum Zwecke


gemeinsamer Interessenvertretung gegenüber Gewerkschaften und Staat. Ein Arbeit-
geberverband ist das tarif-, sozial-, arbeitsmarkt- und gesellschaftspolitische Sprachrohr
seiner Mitglieder. Einige Arbeitgeberverbände sind:

• Bundesverband der deutschen Industrie (BDI)


• Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände (BDA)
• Bundesverband der Automobilindustrie (VDA)
• Bundesverband der Bahnindustrie (VDB)
• Arbeitgeberverband der Metall- und Elektroindustrie (Gesamtmetall)
• Arbeitgeberverband der Versicherungsunternehmen in Deutschland
• Arbeitgeberverband der Wohnungswirtschaft e. V.

Das Haupttätigkeitsgebiet von Arbeitgeberverbänden sind Tarifverhandlungen und sie


unterstützen ihre Mitglieder durch Informationsdienste und Rechtshilfe auf dem Gebiet
von sozial-, tarif- und arbeitsmarktpolitischen Fragen. Natürlich betreiben Arbeit-
geberverbände umfassende Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit für ihre Mitglieder durch
Abstimmung mit staatlichen Vertretern, Mitwirkung bei der rechtlichen Gestaltung und
Durchsetzung der Rahmenbedingungen für Wirtschaftsförderung. International gesehen
betrifft die Tätigkeit der Unternehmerverbände oft das Zurückdrängen des Verbraucher-
schutzes und der Arbeitnehmerrechte und die Ermöglichung für Großunternehmer die
Steuerpflicht ins Ausland zu verlagern. Unter dem Schlagwort „Wirtschaftsfeindlich-
keit“ versuchen die Arbeitgeberverbände durch strategisches Vorgehen ihrer Netzwerke
Steuern (z. B. Finanztransaktionssteuer) oder rechtliche Rahmenbestimmungen (z. B.
dokumentierende Rechtsformen) zu bekämpfen.

8.1.6 Gewerkschaften

Gewerkschaften sind freiwillige Zusammenschlüsse von Arbeitnehmern zur kollektiven


Vertretung ihrer Interessen gegenüber einzelnen Arbeitgebern oder
Arbeitgeberverbänden, dem Staat und anderen gesellschaftlichen Gruppierungen.

8.2 Personalfreisetzung

Die Personalfreisetzung umfasst alle Unternehmensaktivitäten, die auf den Abbau von
Überkapazitäten an Führungskräften bzw. Mitarbeitern abzielen.
8.3 Personalcontrolling 103

8.3 Personalcontrolling

8.3.1 Begriffsbestimmung: Personalcontrolling

Das Personalcontrolling, oder HR-Controlling, ist ein wichtiges Instrument für die
Planung, Steuerung und Kontrolle der Personalwirtschaft innerhalb eines Unternehmens.
Um zu den Zielen im Personalwesen und den übergeordneten Unternehmenszielen bei-
zutragen, werden Daten und Kennzahlen erhoben und ausgewertet. (DGFP, 2021).
Die Deutsche Gesellschaft für Personalführung beschreibt die Aufgaben und Ziele des
Personalcontrollings. Dazu zählen unter anderem folgende:

• Informieren: Strategische Entscheidungen durch Informationen vorbereiten, Kosten


der Personalarbeit transparent machen, Personalprozesse beschreiben
• Koordinieren und Integrieren, etwa in Bezug auf Planung und Kontrolle, Personal-
wesen und Betriebsarbeit und die Abstimmung von Teilbereichen
• Planen: Mit einem Planungssystem Auswirkungen neuer Entwicklungen im Personal-
bereich frühzeitig einschätzen
• Kontrollieren: Bereitstellung eines umfassenden Überwachungssystems, dazu Ent-
wicklung von Kennzahlen; Anwendung verschiedenen Kontrollarten
• Steuerung: Steuerung des Unternehmens und Beitrag des Personalwesens zum Unter-
nehmenserfolg aufzeigen

Personalcontrolling wird in qualitatives und quantitatives Personalcontrolling unter-


schieden wie Abb. 8.2 zeigt.

8.3.2 Gegenstandsbereiche des Personalcontrolling

Was gilt es nun konkret zu „controllen“ im Personalwesen des Unternehmens? Hier


lassen sich vor allem zwei Anwendungsgebiete ausmachen:

Die Personalarbeit
Hierzu zählen alle Personalprozesse, -verfahren, -projekte sowie sonstige Aktivitäten der
Personalabteilung (von der Personalplanung bis zum Recruiting).

Das Personal
Hierbei geht es um Fragen, die das Personal selbst betreffen, etwa die Anzahl der Mit-
arbeiter nach Funktion und Einsatzort, die Anzahl der Auszubildenden, die soziodemo-
grafische Zusammensetzung des Personals und vieles mehr. Je nach Gegenstandsbereich
gibt es unterschiedliche Ausprägungen des Personalcontrollings. Man unterscheidet hier
104 8  Arbeitsrecht, Personalfreisetzung und Personalcontrolling

zwischen quantitativem und qualitativem Personalcontrolling sowie strategischem und


operativem Personalcontrolling.

• Quantitatives Personalcontrolling: Direkt messbare Daten, etwa zur Personalstruktur,


den Personalkosten, etc.
• Qualitatives Personalcontrolling: „Weiche Faktoren“ wie Mitarbeiterzufriedenheit,
Führungsverhalten, etc., aber auch Analysen zum Commitment (emotionale Bindung
zum Unternehmen) oder zur Innovation im Unternehmen
• Strategisches Personalcontrolling: Strategische Ziele des Unternehmens, also der
Frage „Was wollen wir erreichen?“. Hier geht es eher um eine langfristige Aus-
richtung
• Operatives Personalcontrolling: Kosten, Nutzen und Erfolg von Maßnahmen, also der
Frage „Wie wollen wir es erreichen?“. Die Ausrichtung ist eher kurz- bis mittelfristig

8.3.3 Personalcontrolling-Instrumente

Für die beschriebenen Ausprägungen des Personalcontrollings gibt es diverse unter-


schiedliche Instrumente, unter anderem:

• Vergleiche und Benchmarks: Dazu zählen Ist-Ist-Vergleiche (Zeitvergleichskontrolle),


Soll-Ist-Vergleiche (Planabweichungskontrolle), Soll-Wird-Vergleiche (Planfort-
schrittskontrolle), Ist-Wird-Vergleiche (Prämissenkontrolle), Wird-Ist-Vergleiche
(Prognosenkontrolle); zudem lassen sich Benchmarks anfertigen, etwa durch interne
Vergleiche mit anderen Standorten oder externe Vergleiche mit Wettbewerbern
• Zeitreihen: Zeitliche Vergleiche lassen Entwicklungen und Trends beschreiben und
prognostizieren. So können der Erfolg von bereits angewendeten Maßnahmen aus-
gewertet werden oder umgekehrt Fehlentwicklungen frühzeitig erkannt werden.
• Human Ressource Scorecard: Im Rahmen der sogenannten Balanced Scorecard
eines Unternehmens werden erfolgskritische Ziele und entsprechende KPI’s (Key
Performance Indicators) für den Personalbereich definiert. Diese Human Ressource
Scorecard stellt ein ausgewogenes Kennzahlensystem dar, das speziell auf das
Personalmanagement ausgerichtet ist.
• Human Ressource Due Diligence/HR Audits: Im Rahmen einer HR Due Diligence/
HR Audits können Chancen und Risiken, die von der Ressource Personal ausgehen
können, frühzeitig erkannt werden.
• Mitarbeiterbefragungen: Letztlich lassen sich auch durch direkt Befragung der Mit-
arbeiterinnen und Mitarbeiter wertvolle (qualitative) Informationen über Stärken und
Schwächen des Unternehmens gewinnen.
Literatur 105

8.4 Fallstudie: Personalcontroller bei Aldi als Change


Manager

Die Unternehmensgruppe ALDI Nord ist einer der führenden Lebensmitteleinzel-


händler. Mit einer Tradition von über 100 Jahren steht ALDI für die Erfindung des
Discount-Prinzips. Die Mission des Unternehmens ist es, Menschen überall und jeder-
zeit mit dem zu versorgen, was sie für ihr tägliches Leben brauchen. Dieses umfasst
laut Aldi qualitative Produkte zum niedrigen Preis, einfach und schnell. Dazu gehört
auch, das Einkaufen für Kunden so einfach und transparent wie möglich zu machen.
Dafür gibt die Unternehmensgruppe mit motivierten Mitarbeitern jeden Tag die beste
und kundenorientierteste Performance. Aldi agiert europaweit in 9 Ländern mit mehr
als 5000 Filialen und mehr als 80.000 Mitarbeitern. Bei ALDI Nord und Süd arbeiten
international über 80.000 Mitarbeiter jeden Tag aufs Neue daran, für ein einfaches Ein-
kaufserlebnis in höchster Qualität zu sorgen – in der Verkaufsstelle, im Zentrallager
und in der Verwaltung. Aldi verwendet dabei Werkzeuge des Personalcontrollings. Aldi
beschreibt die Mission eines Personalcontrollers als HR-Generalisten, die moderne
Methoden und HR-Innovationen vorantreiben. Zusammen mit dem Geschäftsführer sind
diese maßgebliche Change-Treiber und gestalten eine vertrauensvolle Führungskultur.
Als erfahrener HR-Generalist fungieren Personalcontroller als kompetente und kritische
Sparringspartner des Managementteams, insbesondere bei den folgenden Themen:

• Personalcontrolling
• HR-Marketing und Recruiting
• Onboarding, Weiterbildungen und Führungskräftetrainings
• Talent und Performance Management
• Betriebliches Gesundheitsmanagement
• Arbeits- und betriebsverfassungsrechtlichen Themen

Literatur

DGFP. (2021). Fachmagazin der Deutschen Gesellschaft für Personalführung. https://www.dgfp.


de/mediathek/fachmagazin-personalfuehrung/. Zugegriffen: 26. Juli 2021.
Helmold, M., & Samara, W. (2019). Progress in performance management. Industry insights and
case studies on principles, application tools, and practice. Springer.
Peters, T. (2015). Leadership. Traditionelle und moderne Konzepte Mit vielen Beispielen. Springer.
Pfeiffer, S. (2021). Führungskraft: Das große Leadership Buch – Erfolgreiche Mitarbeiterführung
durch praxisnahe Methoden und Techniken inkl. Eulogia Verlags GmbH.
Reinhard Richardi, R. (2019). Arbeitsrecht im Wandel der Zeit. Chronik des Deutschen Arbeits-
rechts. Beck.
Leadershipinstrumente und
Anreizsysteme 9

9.1 Performance Management Prozess und Anreizsysteme

Unter einem Anreizsystem versteht man formelle und informelle Regeln, die eine Ver-
bindung zwischen den strategischen Unternehmenszielen und den persönlichen Zielen
der Mitarbeiter, insbesondere der Entscheidungsträger, herstellen (Merchant & Van der
Stede). Durch die Koppelung von Vergütungsbestandteilen an die Erreichung betrieb-
licher Ziele sollen Mitarbeitende folglich zu strategiekonformem Verhalten motiviert
werden. Abgeleitet aus dem Führungskonzept Management by Objectives (MbO) wird
durch die Vorgabe von Zielen eine präzise Messung des Beitrags einzelner Elemente
zur Verwirklichung übergeordneter Ziele des Systems angestrebt (Pfeiffer, 2021). Die
Kontrolle erfolgt danach am Massstab der individuell vorgegebenen Ziele und Mess-
grössen, wobei diese klar und deutlich zu formulieren sind (Grewe, 2012). Abb. 9.1 zeigt
den Performance Management Prozess.
Auf Basis der strategischen Unternehmensziele und strategischen Pyramide müssen
die Führungskräfte abteilungsspezifische Unterziele definieren und diese auf alle Mit-
arbeiter in den Mitarbeitergesprächen herunterbrechen und übertragen (Engl.: Objectives
Setting). Dieses passiert normalerweise zum Anfang des Geschäftsjahres, der Zeitraum
bezieht sich meist auf ein Jahr. Ziele sollten in diesem Zusammenhang so definiert
werden, dass sie spezifisch, messbar, erreichbar, realistisch und zeitbezogen sind
(Engl.: SMART: specific, measurable, achievable, realistic, timely). Nach der schrift-
lichen Vereinbarung zwischen Führungskraft und Mitarbeiter sollten Führungskräfte
regelmäßige Kontrollen hinsichtlich der Zielerreichung durchführen. Nach Ende der
Evaluierungsperiode findet die Personalbeurteilung (Engl.: Performance Review) über
den Erreichungsgrad der Ziele statt. Auf dieser Basis gibt es dann die Möglichkeit für
den Vorgesetzten, Anreize zu geben. Anreize (Engl.: Incentives) können materiell
(extrinsisch) oder immateriell (intrinsisch) sein. Die Personalbeurteilung dient dazu, die

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, 107
ein Teil von Springer Nature 2022
M. Helmold, Leadership, https://doi.org/10.1007/978-3-658-36364-2_9
108 9  Leadershipinstrumente und Anreizsysteme

Strategische
Unternehmensziele
(Strategic Objec ves)

Top Down Ansatz Kennzahlen-System


(Balanced Score Card)

Maßnahmen und
Handlungsbedarfe Zielvorgaben auf alle
Abteilungen und Mitarbeiter
herunterbrechen
On-the Job Off-the-Job
Zielvereinbarung zwischen
Personal- Vorgesetzten und Mitarbeiter
entwicklung (Objec ves Se ng)

Performance Zielausführung und


Personal- Umsetzung
maßnahmen Management Prozess

Endjahresevaluierung
Halbjahresevaluierung
Personalbeurteilung
Anreizsystem (Midterm Review)
(Endterm Performance Review)

Extrinsiche Intrinsiche Mitarbeitergespräch

Abb. 9.1   Performance Management Prozess. (Quelle: Eigene Darstellung)

Leistung, Leistungspotenziale und Verhaltensweisen des Mitarbeiters einzuschätzen. Die


Potenzialbeurteilung ist zukunftsorientiert und nimmt die Entwicklungsmöglichkeiten
sowie Leistungspotenziale des Mitarbeiters stärker in den Blick (Brenner, 2020).
Abhängig vom Erreichungsgrad und der Performance-Evaluierung muss die
Führungskraft nun über Personalmaßnahmen nachdenken. Diese umfassen sämtliche
Aktivitäten zur Förderung, Qualifizierung, Verbesserung und Weiterbildung von Mit-
arbeitern. Personalmaßnahmen können auch Personalfreisetzungen bedeuten, wenn es
eine signifikante Abweichung vom Zielerreichungsgrad gibt.
Die Ziele und Funktionen von Anreizsystemen sind vielfältig und im Rahmen der
Gestaltung des Anreizsystems zu berücksichtigen. Es stellen sich vorab die Fragen,
was das System bezwecken soll und worauf man achten muss, damit die zentralen
Funktionen zum Zug kommen. Die Literatur unterscheidet die folgenden Funktionen
(Merchant & Van der Stede, 2012).
Motivationsfunktion: Das Hauptziel eines Anreizsystems besteht darin, die Mit-
arbeitermotivation zu aktivieren und die Leistungsbereitschaft zu erhöhen. Daher erfolgt
eine gezielte Konzeption, um verschiedene Mitarbeitergruppen zu motivieren.
Steuerungsfunktion: Der Einsatz von Anreizen und deren Verknüpfung mit betrieb-
lichen Zielen soll die Mitarbeitenden unterschiedlich beeinflussen, belohnen oder
sanktionieren. Damit einher geht die Verknüpfung der Personalförderungsmaßnahmen
mit den individuellen Leistungsbeurteilungen.
9.2  Materielle und immaterielle Anreizsysteme 109

Informationsfunktion: Ein weiteres Ziel umfasst das explizite oder implizite Senden
von Informationen, Werten oder Haltungen, die im Unternehmen anerkannt oder
abgelehnt werden. Die Fokussierung auf finanzielle Anreize bspw. signalisiert, dass die
Einkommenshöhe ein nicht unwesentlicher Bestandteil des Status eines Mitarbeiters ist.
Veränderungsfunktion: Mithilfe eines Anreizsystems ergibt sich auch die Möglichkeit,
bei Veränderungsprozessen rasch und situativ auf das Mitarbeiterverhalten einwirken zu
können. Im positiven Fall wird der Mitarbeitende für zusätzliche Anstrengungen belohnt.
Gleichzeitig kann eine mangelnde Veränderungsbereitschaft durch negative Anreize
sanktioniert werden.

9.2 Materielle und immaterielle Anreizsysteme

9.2.1 Gegenstand von Anreizsystemen

Bei der Gestaltung von Anreizsystemen wird eine klare Analyse der strategischen,
strukturellen und kulturellen Einflussfaktoren vorausgesetzt. Erst anschliessend können
die Elemente eines umfassenden Anreizsystems definiert, die Anforderungen der ver-
schiedenen Unternehmensfunktionen berücksichtigt und die Leistungen und Mess-
grössen festgelegt werden.

9.2.2 Elemente eines umfassenden Anreizsystems

Im Rahmen eines Anreizsystems ergibt sich die Möglichkeit, sowohl materielle als auch
immaterielle Anreize auszuschöpfen. Die Anreize wiederum haben eine extrinsische
(äussere Belohnung materieller oder immaterieller Art) oder intrinsische Motivations-
funktion (aus eigenem Willen angestrebt). Letztere spiegeln sich in persönlichen Erfolgs-
und Misserfolgserlebnissen wider. Abb. 9.2 zeigt die unterschiedlichen Anreizsysteme.

9.2.3 Materielle Anreize

Materielle Anreizsysteme sind finanzielle bzw. monetäre  Anreize und umfassen


neben dem direkten Entgelt alle solchen Gegenleistungen eines Betriebes, die
einen materiellen und nominalen Wert haben. Materielle Anreizsysteme sind:

• Direkte finanzielle Anreize: Fixes und variables Entgelt, Prämien


• Indirekte finanzielle Anreize: Alle geldwerten Anreize, die unabhängig von der
Arbeitsleistung sind (Engl.: Fringe Benefits)
110 9  Leadershipinstrumente und Anreizsysteme

Materielle und immaterielle Anreizsysteme

Materielle Anreizsysteme Immaterielle Anreizsysteme

Obligatorisches Falkulta€ve Immaterielle Mo€va€on

• Arbeitsinhalte
• Festgehalt • Erfolgsbeteiligung • Autonomie
• Sozialleistungen • Kapitalbeteiligung • Anerkennung
• Leistungszulagen • Ak€enbeteiligungen • Sicherheit
• Nebenleistungen (z.B. • Andere Formen von • Macht
Handy oder Dienstwagen) Unternehmens- • die Aufgabe bzw. der Arbeitsinhalt an
• Variables Gehalt beteiligungen sich
• Handlungsfreiräume

Abb. 9.2   Anreizsysteme. (Quelle: Eigene Darstellung)

Besonderes Gewicht haben jeweils die finanziellen Anreize, da sie eine erhöhte
Bedeutung bei der Befriedigung physiologischer und sicherheitsorientierter Bedürfnisse
besitzen (Currle & Witzemann, 2004). Darüber hinaus stellen diese einen Maßstab dar,
wie die eigene Leistung von anderen bewertet wird. Daher stehen monetäre Anreize
bei der Bildung von Anreizsystemen meist im Vordergrund. Entgeltsysteme sind ein
wichtiger Bestandteil von Anreizsystemen im Unternehmen. Letztere haben aus Sicht
des Controllings im optimalen Fall die nachfolgenden Anforderungen zu erfüllen
(Grewe, 2012).

• Leistungsorientierung: Orientierung am Leistungsergebnis sowie Ausrichtung auf die


geplanten (strategischen und operativen) Unternehmensziele unter Berücksichtigung
der individuellen Zielsetzungen der Mitarbeitenden.
• Flexibilität: Situationsbezogene Flexibilität in Bezug auf die Anpassungsfähigkeit
bei Unternehmensveränderungen als auch im Hinblick auf ändernde Motive (Bedürf-
nisse) der Mitarbeiter.
• Gerechtigkeit: Gewährleistung einer anforderungs- und leistungsgerechten sowie
marktorientierten Vergütung bei gleichzeitiger Vermeidung von Demotivation,
Leistungsreduktion und Abwanderung.
• Transparenz: Sicherstellung der Vergleichbarkeit, Nachvollziehbarkeit sowie
Konsistenz des Anreiz- und Entgeltsystems.
• Wirtschaftlichkeit: Minimierung des Aufwands für die Gestaltung, Implementierung
und Weiterentwicklung des Systems in Anbetracht des Nutzens.
9.3  Kommunikation und Feedback 111

9.2.4 Immaterielle Anreize

Immaterielle Anreizsysteme sind nicht-monetäre Stimuli. Immaterielle Anreize sind zum


Beispiel Arbeitsinhalte, Autonomie, Anerkennung, Sicherheit, Macht, die Aufgabe bzw.
der Arbeitsinhalt an sich, Handlungsfreiräume, Aufstiegs- bzw. Entwicklungsmöglich-
keiten.

• Soziale Anreize und Gruppenmitgliedschaften


• Führungsstil und Positionierung in der Gruppe
• Kooperation, Kommunikation und Status innerhalb der Gruppe
• Institutionelle Anreize wie Unternehmensstandort, Arbeitszeitregelung, Ent-
wicklungsmöglichkeiten, Arbeitsplatzsicherheit
• Die Arbeit selbst, z.  B. Arbeitsinhalt, Tätigkeitsspielraum, Arbeitsvielfalt,
Anforderungen

9.3 Kommunikation und Feedback

Genau wie im privaten Umfeld stellt die Kommunikation auch im beruflichen Rahmen
die Basis für jegliche Beziehung zwischen Menschen dar. Regelmäßige Feedback-
gespräche und Kommunikation zwischen Vorgesetzten und ihren Mitarbeitern wirken
sich positiv auf die Leistung der Mitarbeiter aus. Sie sind zudem für die Personalent-
wicklung und Personalzufriedenheit von Bedeutung. Außerdem steigern sie, richtig
geführt, die Mitarbeiterzufriedenheit und -motivation. Trotzdem werden in vielen
Unternehmen Feedbackgespräche. Sie dient dem Austausch von Informationen,
Befindlichkeiten, Zielen oder Erwartungen. Aus diesen Gründen ist der Wortwechsel
ein existenzielles Werkzeug im Privat- und Berufsleben. Das Feedbackgespräche
mit Mitarbeitern ist eine spezielle Form der Kommunikation. In der Kommunikation
mit Mitarbeitern ist die Rückmeldung (Engl. Feedback) der Mitarbeiter entscheiden.
Feedback bezeichnet in der Kommunikation von Menschen die Rückübermittlung von
Informationen durch den Empfänger einer Nachricht an den Sender jener Nachricht.
Diese Informationen melden dem Sender, was der Empfänger wahrgenommen bzw.
verstanden hat, und ermöglichen dem Sender durch etwaige Korrektur des Verhaltens
auf die Rückmeldungen des Empfängers zu reagieren. Dies kann in mündlicher wie in
schriftlicher Form übermittelt werden.
112 9  Leadershipinstrumente und Anreizsysteme

9.4 Mitarbeitergespräche und -beurteilungen

Zum Mitarbeitergespräch zählen alle Gespräche zwischen Vorgesetzten und ihren Mit-
arbeitern, die über die routinemäßige Alltagskommunikation hinausgehen. Zusätzlich
wird der Begriff Mitarbeitergespräch durch folgende Merkmale verdeutlicht. Anlässe
können vielfältig sein:

• Qualität der (Zusammen-)Arbeit


• Zufriedenheit mit der Arbeitssituation
• Unternehmens- und Bereichsziele, Strategien und Vorhaben
• Zielvereinbarungen (Engl.: Objectives Setting)
• Performance-Evaluierungen
• Beurteilungen besprechen
• Entwicklung und Förderung der Mitarbeiter
• Jahresgespräche
• Einführung in die Betriebsgemeinschaft
• Gute Leistungen anerkennen
• Unzureichende Leistungen kritisieren und verbessern
• Fehlzeitengespräch/Rückkehrgespräch
• Klärung disziplinarischer Fragestellungen/Abmahnungen
• Kündigungs- und Trennungsgespräche
• Abgangsgespräche
• Sachaufgaben besprechen
• Kompetenzen und Verantwortung übertragen (Delegation)
• Kenntnisse und Fertigkeiten an die Mitarbeiter weitergeben
• Unterstützung bei persönlichen Problemen des Mitarbeiters
• Vorstellungsgespräche

Mitarbeitergespräche können sowohl zu regelmäßigen, geplanten Terminen (z. B.


Beurteilungs- oder Fördergespräche) als auch anlassbezogen (z. B. Feedbackgespräche)
stattfinden. Mitarbeitergespräche werden i. d. R. vom direkten Vorgesetzten geführt. Nur
in Ausnahmefällen wird diese Aufgabe vom nächsthöheren Vorgesetzten oder von Mit-
arbeitern der Personalabteilung wahrgenommen. Mitarbeitergespräche sind zumeist Vier-
Augen-Gespräche. In Einzelfallen (z. B. bei Gesprächen mit disziplinarischem Inhalt)
kann es vorkommen, dass der Vorgesetzte oder der Mitarbeiter eine weitere Person
zum Gespräch hinzuzieht (z. B. ein höherer Vorgesetzter, ein Mitarbeiter der Personal-
abteilung, ein Mitglied des Betriebsrates). In bestimmten, vom Gesetz genannten Fällen
kann der Mitarbeiter die Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds verlangen (§ 82 Abs. 2
BetrVG). Mitarbeitergespräche haben immer einen bestimmten Sachinhalt und eine Ziel-
setzung (vgl. die folgende Liste). Damit unterscheiden sie sich deutlich von der reinen
Unterhaltung, die ausschließlich der Kontaktpflege zum Mitarbeiter dient. Mit Blick
9.5  Management-by-Objectives (Zielvereinbarungen) 113

auf diese Inhalte wird auch deutlich: Mitarbeitergespräche sind Führungsaufgaben und
daher nicht delegierbar. Allenfalls können Teile der Gesprächsvorbereitungen, wie z. B.
das Zusammentragen und Aufbereiten von Informationen oder das Organisieren von
Besprechungsräumen, von anderen Mitarbeitern wahrgenommen werden. Mitarbeiter-
gespräche müssen hinsichtlich des Termins, des Umfangs, der Gesprächsdauer, der
Beziehungsebene, der Gesprächsziele und der möglichen Ergebnisse sorgfältig vor-
bereitet werden. Die wichtigsten Aspekte der organisatorischen Gesprächsvorbereitung
sind in der nachfolgenden Aufstellung zusammengefasst.

• Wann findet das Gespräch statt?


• Wo findet das Gespräch statt?
• Wurde (falls nötig) ein Besprechungsraum gebucht?
• Ist der Besprechungsraum vorbereitet?
• Wurde genügend Zeit eingeplant?
• Sind Störungen ausgeschlossen?
• Wurde der Mitarbeiter rechtzeitig informiert über:Termin und Ort, Gesprächsinhalt,
notwendige Vorbereitungen?
• Sind alle benötigten Unterlagen vorbereitet?
• Stehen die nötigen Hilfsmittel zur Verfügung (z. B. Visualisierungshilfen, Block)?
• Bestehen faire Sitzverhältnisse?
• Steht eine Bewirtung bereit?
• Gibt es weitere Gesprächsteilnehmer?
• Sind diese über Zeitpunkt, Ort und Inhalt des Gesprächs informiert?
• Wer übernimmt welchen Gesprächsteil?

9.5 Management-by-Objectives (Zielvereinbarungen)

Management by Objectives (MbO) (zu Deutsch: Führung/Führen durch Zielverein-


barung) ist eine Führungstechnik aus der Betriebswirtschaftslehre, die 1954 von Peter
Ferdinand Drucker entwickelt wurde. Unter arbeits- und organisationspsychologischen
Gesichtspunkten ist MbO eine Form transaktionaler Führung. Ziel dieses Verfahrens ist
es, die strategischen Ziele des Gesamtunternehmens und der Mitarbeiter umzusetzen,
indem Ziele für jede Organisationseinheit und auch für die Mitarbeiter gemeinsam fest-
gelegt werden. Diese Ziele sollen SMART (ursprünglich das englische Akronym für:
specific = „spezifisch“, measurable = „messbar“, attainable = „erreichbar“ bzw. seltener
as if now = „als bereits erreicht“, realistic = „realistisch“ bzw. relevant = „relevant“ und
timed = „terminiert“) sein:

• S – spezifisch (konkrete Kriterien)


• M – messbar (klare Vorgaben),
• A – aktiv beeinflussbar (angemessen, attraktiv, akzeptiert oder anspruchsvoll)
114 9  Leadershipinstrumente und Anreizsysteme

• R – relevant (motivierend, nachvollziehbar, realistisch, wichtig)


• T – terminiert (klares Zeitlimit)

Aus der Summe der Einzelziele sollen sich dann die Unternehmensziele zusammen-
setzen. Die Mitarbeiter sollen ihre tägliche operative Arbeit an ihren Zielen ausrichten
und so im Sinne der Strategie des Gesamthauses arbeiten. Wenn die Vorgesetzten die
Leistung ihrer Mitarbeiter beurteilen, prüfen sie, inwieweit die Mitarbeiter ihre ver-
einbarten Ziele erreicht haben. Entwickelt wurde diese Theorie maßgeblich von dem
österreichisch-amerikanischen Managementtheoretiker Peter F. Drucker, welcher den
MbO-Ansatz während der 1960er und 1970er Jahre entwickelte.
Die gängige Vorgehensweise für das Führen mit Zielen stellt das Zielvereinbarungs-
gespräch dar:
Zu Beginn des Gesprächs werden die zeitliche Wirkung (lang-, mittel-, kurz-
fristig), der Inhalt (strategische/operative Ziele), der Gültigkeitsbereich (Gesamt-
ziele, Bereichsziele, persönliche Ziele) und der Konkretheitsgrad (allgemeine/konkrete
Ziele) dargestellt. Dabei wird auch kommuniziert, welche Absichten hinter den Zielen
für die genannte Periode stehen. Diese vorbereitende Phase bildet den Einstieg in die
individualisierte Zielvereinbarung und damit folgende Kriterien:

• Darstellung von zukünftigen Anforderungen an den Arbeitsplatz und daraus


resultierende Aufgaben durch den Mitarbeiter
• Kommentierung und Weiterführung der Darstellungen des Mitarbeiters durch den
Vorgesetzten
• Inhaltliche Vereinbarung zwischen dem Vorgesetzten und Mitarbeiter über konkrete
Ziele, Schwerpunkte und Prioritäten
• Diskussion vorhersehbarer Probleme und Schwierigkeiten bei der Zielerreichung
• Vereinbarung der Rahmenbedingungen: Maßstäbe zur Überprüfung der Ziel-
erreichung (Quantität, Qualität, Kosten), Termine für Zwischenüberprüfungen, ver-
bindliche Zeitspanne bzw. Endtermin
• Klärung und Sicherung der Verfügbarkeit der Ressourcen, die für die Erreichbarkeit
des Ziels erforderlich sind
• Überprüfung der Ressourcen des Mitarbeiters: Verfügt der Mitarbeiter über not-
wendige und ausreichende Kenntnisse und/oder Fertigkeiten?
• Möglichkeit des Angebots für zusätzliche Qualifizierungsmaßnahmen
• Überprüfen der Kompetenzen, um notwendige Entscheidungen treffen zu können
• Überprüfung der zeitlichen Kapazitäten des Mitarbeiters
• Klärung der finanziellen Rahmenbedingungen (Prämien etc.) sowie die schriftliche
Dokumentation der Ziele und Vereinbarungen

Nach dem Ende der vereinbarten Laufzeit für die Zielerreichung kommen Mitarbeiter
und Führungskraft erneut zusammen, besprechen den Grad der Ergebnisse und meist
auch die Ziele für die kommende Periode.
9.9 Management-by-Participation 115

9.6 Management-by-Delegation

Management by Delegation (MbD) ist ein Konzept im Rahmen des Management-


prozesses und bezeichnet in der Betriebswirtschaftslehre eine Führungstechnik, bei dem
delegierbare Aufgaben durch einen Vorgesetzten an einen Mitarbeiter übertragen werden.

9.7 Management-by-Exception

Der Begriff Management by Exception (MbE) bezeichnet eine Führungstechnik, bei der
die übergeordneten Führungsorgane die Erledigung von Routinefällen den zuständigen
Mitarbeitern zur eigenverantwortlichen Entscheidung überlassen und sich die eigene
Entscheidung nur für Ausnahmefälle vorbehalten.

9.8 Management-by-Motivation

Management by Motivation (MbM) beinhaltet alle Handlungen und Entscheidungen,


die von einer Führungskraft getroffen werden, um Mitarbeiter zu motivieren, härter zu
arbeiten, um maximale Anstrengung in Aufgaben und weitreichende Anstrengungen
zu bringen. Dadurch führen Führungskräfte die Mitarbeiter zu maximalen Ergebnissen
und dies führt zur Unternehmensentwicklung. Die Motivation zur Arbeit beinhaltet
die Verwendung einer Reihe von verschiedenen Werkzeugen und Instrumenten,
die menschliches Handeln und Denken beeinflussen. Jede Organisation schafft ein
eigenes Motivationssystem, das sich auf die Mitarbeiter auswirkt, deren Ziel es ist,
die Produktivität der Mitarbeiter zu steigern. Menschen dazu zu animieren, Arbeit zu
verrichten, läuft im Wesentlichen auf Folgendes hinaus. Die Motivation soll durch
materielle und immaterielle Anreize gesteigert werden, z. B. Schaffung spezifischer
Anreize, sowohl materiell (Bonus, Gehalt, Belohnung) als auch immateriell (Lob, Bitte,
Wertschätzung).

9.9 Management-by-Participation

Management by Participation (MbP) beinhaltet Führung von Mitarbeitern durch


Beteiligung und Partizipation. MbP ist ein Führungskonzept mit starker Betonung
der Mitarbeiterbeteiligung an den sie betreffenden Entscheidungen. Ausgangspunkt
ist die These, dass die Identifikation der Mitarbeiter mit den Unternehmenszielen und
auch ihre Arbeitsleistung ansteigt, je mehr diese an der Formulierung dieser Ziele mit-
wirken und die sich daraus ergebenden Handlungsfolgen für ihre tägliche Arbeit
116 9  Leadershipinstrumente und Anreizsysteme

mitgestalten können. Konflikte zwischen den Interessen der Mitarbeiter und den
Leistungserwartungen des Unternehmens werden dadurch reduziert.

9.10 Management-by-Results

Der Begriff Management by Results (MbR) bezeichnet eine Führungstechnik der Unter-
nehmensführung, die dem Mitarbeiter klare Leistungsziele vorgibt und deren Erreichung
überprüft. Im Rahmen von Mitarbeitergesprächen werden von oben nach unten zwischen
Führungskräften und Mitarbeitenden konkrete zu erzielende Ergebnisse vereinbart. Die
Ergebnisse sollten schriftlich definiert werden, messbar bzw. überprüfbar sein, mög-
lichst attraktiv bzw. akzeptabel für die Mitarbeitenden sein, realistisch und mit konkreten
Terminen versehen sein (vergl. SMART). In der Regel findet mindestens einmal im Jahr
ein Soll-Ist-Vergleich statt. Wichtig ist, dass über Management by Results nicht nur
gesprochen wird, sondern dass positive und negative Abweichungen auch entsprechende
Konsequenzen für die Mitarbeitenden nach sich ziehen können.

9.11 Management-by-Systems

Management by Systems (MbS) ist ein Führungskonzept, bei dem das Unternehmen
als ein zu steuerndes System (mit „Regelkreisen“) betrachtet wird. Das Management
by Systems umfasst alle Verfahren, Prozesse und Aktivitäten im Unternehmen. In extra
angefertigten Dokumenten werden ausführliche Handlungsanweisungen, Prozesse
und Regelkreise für das Management und die Mitarbeiter festgehalten. Jeder im Unter-
nehmen hat sich an diese Verfahrens- und Handlungsanweisungen zu halten.

9.12 Fallstudie: Unternehmenskultur bei Bertelsmann

9.12.1 Der Konzern

Die Bertelsmann SE & Co. KGaA ist ein internationaler Konzern mit Hauptsitz in
Gütersloh. Er zählt zu den weltweit größten Medienunternehmen und ist auch in der
Dienstleistungsbranche und im Bildungsbereich aktiv. Carl Bertelsmann gründete das
Unternehmen als Buchverlag im Jahr 1835. Zu den Bertelsmann Unternehmensbereichen
gehören die RTL Group (Fernsehen), Penguin Random House (Bücher), Gruner + Jahr
(Zeitschriften), BMG (Musik), Arvato (Dienstleistungen), die Bertelsmann Printing
Group (Druck), die Bertelsmann Education Group (Bildung) und Bertelsmann Invest-
ments (Fonds).
9.12  Fallstudie: Unternehmenskultur bei Bertelsmann 117

9.12.2 Führungsgrundsätze

Für Bertelsmann sind die Mitarbeiter der zentrale Erfolgsfaktor, denn sie entwickeln
täglich neue Ideen und Angebote. Damit die Mitarbeiter kreativ, innovativ und erfolg-
reich sein können, muss das Unternehmen für sie motivierende Rahmenbedin­gungen
schaffen. Dazu zählen insbesondere Frei­räume, Vertrauen und Respekt. Um als Arbeit-
geber attraktiv zu sein, Mitarbeiter langfristig zu binden und im Wettbewerb zu bestehen,
fördert Bertelsmann die Entwicklung seiner Mitarbeiter und schafft die Voraussetzun­gen,
die Vielfalt, Kreativität und Leistung in einem gesunden Arbeitsumfeld und unter fairen
Arbeits­bedingungen ermöglichen. Dieser Anspruch gilt für Bertelsmann weltweit und
ist dabei unter sehr unter­schiedlichen sozialen, wirtschaftlichen, regulatorischen und
kulturellen Voraussetzungen einzulösen.

9.12.3 Corporate Social Responsibility (CSR)

Wir übernehmen Verantwortung – für unsere Mitarbeiter, für die Qualität unserer
Medien und Services und für die Auswirkungen unserer Geschäftstätigkeit auf Gesell-
schaft und Umwelt. Dies ist fester Bestandteil der Bertelsmann-Unternehmenskultur.
Wir engagieren uns dezentral vor Ort, nachhaltig entlang unserer Wertschöpfungskette
und thematisch nah am Medien-, Services- und Bildungsgeschäft. Zahlen und Fakten
dokumentieren unser Handeln und belegen das Engagement von Bertelsmann, seinen
Unternehmensbereichen und Firmen auf der ganzen Welt.

9.12.4 Vielfalt und Verschiedenheit

Für Bertelsmann ist Mitarbeitervielfalt eine Voraussetzung für Innovation und Grundlage
des nachhaltigen Unternehmenserfolgs. Partnerschaft, Kreativität, Unternehmergeist und
gesellschaftliche Verantwortung sind unsere Grundwerte. Unsere Unternehmenskultur
ist geprägt von Vertrauen und Respekt. Die Potenziale und Fähigkeiten unserer Mit-
arbeiter sollen bestmöglich erkannt, eingesetzt und weiterentwickelt werden. Wir wollen
nicht nur Gemeinsamkeiten, sondern auch Unterschiede gleichermaßen wertschätzen.
Erst unsere diverse Belegschaft macht uns zu einem innovativen, wettbewerbs- und
wachstumsfähigen Unternehmen. In diesem Sinne arbeitet unser Diversity Management
an einer Veränderung von Rahmenbedingungen und Prozessen.

9.12.5 Gesundheitsmanagement

Damit Bertelsmann zukunftsfähig bleibt und seine Unternehmensziele erreicht, ist die
Gesundheit der Mitarbeiter zentraler Dreh- und Angelpunkt. Die Herausforderungen
118 9  Leadershipinstrumente und Anreizsysteme

der heutigen Zeit, welche auch die Medien- und Dienstleistungsbranche und damit
Bertelsmann betreffen, machen es immer wichtiger, in die Gesundheit der Mitarbeiter
zu investieren. Wie wir zusammenarbeiten, verändert sich, zum Beispiel durch neue
Technologien, internationalen Wettbewerb und Aufgaben, die immer schneller und
mit möglichst geringen Ressourcen erledigt werden müssen. Das beeinflusst nicht
zuletzt auch das Wohlbefinden der Mitarbeiter. Zu den veränderten Arbeitsbedingungen
kommen der demographische Wandel und die Alterung der Belegschaft.

Literatur

Brenner, D. (2020). Mitarbeitergespräche souverän führen. Eine praxisorientiertes Manual für


Führungskräfte. Springer.
Currle, M., & Witzemann, T. (2004). Bonusbanken: Unternehmenswertsteigerung und
Managementvergütung langfristig verbinden. Controlling, Heft, 11, 631–638.
Grewe, A. (2012). Implementierung neuer Anreizsysteme: Grundlagen, Konzept und Gestaltungs-
empfehlungen (4. Aufl.). Hampp.
Merchant, K. A., & Van der Stede, W. A. (2012). Management control systems. Performance
measurement, evaluation and incentives (3. Aufl.). Prentice Hall.
Pfeiffer, S. (2021). Führungskraft: Das große Leadership Buch – Erfolgreiche Mitarbeiterführung
durch praxisnahe Methoden und Techniken inkl. Eulogia Verlags GmbH.
Personalentwicklung, Coaching und
Mentoring 10

10.1 Grundbegriffe der Personalentwicklung und


Kompetenzanforderungen

Personalentwicklung (PE) umfasst die Summe aller Aktivitäten die auf die Bedarfe und
Bedürfnisse der Organisation abgestimmte berufseinführende, berufsbegleitende und
arbeitsplatznahe Aus- und Weiterbildung des Personals sowie die Ableitung geeigneter
Maßnahmen und Strategien aus den Unternehmenszielen, die eine Qualifizierung des
Personals zum Ziel haben. Dabei sind Aspekte der Organisationsentwicklung und die
Bedürfnisse der verschiedenen Anspruchsgruppen des Unternehmens (bspw. Berufsein-
steiger, Fachkräfte, High-Potentials) zu berücksichtigen. Ziel der Personalentwicklung
ist es, die Beschäftigungsfähigkeit und damit den langfristigen Unternehmenserfolg zu
sichern, aber auch zur Motivation der Mitarbeiter beizutragen.
PE-Ziele aus Unternehmenssicht sind:

• Sicherung des notwendigen Fach- und Führungskräftebestandes und Deckung des


zusätzlichen Bedarfs
• Entwicklung geeigneter Rekrutierungsinstrumente und Karriereangebote
• Erkennen und Vorbereiten von Nachwuchsführungskräften und Spezialisten
• Anpassung an technologische und marktliche Erfordernisse
• größere Unabhängigkeit von externen Arbeitsmärkten
• Verbesserung und Aufrechterhaltung der fachlichen und persönlichen Qualifikationen
• Verbesserung der Mitarbeiterzufriedenheit
• Verbesserung der Leistungsmotivation
• Aufdecken von Fehlbesetzungen und Defiziten
• Vermittlung von Schlüsselqualifikationen
• Erhöhung der Bereitschaft, Änderungen zu akzeptieren

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, 119
ein Teil von Springer Nature 2022
M. Helmold, Leadership, https://doi.org/10.1007/978-3-658-36364-2_10
120 10  Personalentwicklung, Coaching und Mentoring

• Senkung der Fluktuation


• Verbesserung der innerbetrieblichen Kooperation und Kommunikation

PE-Ziele aus Mitarbeitersicht sind:

• Verbesserung und Aufrechterhaltung der fachlichen und persönlichen Qualifikation,


• Aktivierung bisher ungenutzter Potenziale und Fähigkeiten
• Übertragung neuer/erweiterter Aufgaben
• verbesserte Karriere- und Laufbahnmöglichkeiten
• Minderung des Risikos des Arbeitsplatzverlustes
• Steigerung der individuellen Mobilität auf dem internen und externen Arbeitsmarkt
• Verbesserung der Selbstverwirklichungschancen und Entfaltung der Persönlichkeit
• Erhöhung des persönlichen Prestiges
• Ermöglichung einer eignungs- und neigungsgerechten Aufgabenzuweisung
• Einkommens- und Verdienstverbesserungen

Personalentwicklung kann in folgenden Kategorien On the Job, Along the Job, Near the
Job oder Off the Job durchgeführt werden wie Abb. 10.1 zeigt.

10.2 Personalentwicklung on the Job

10.2.1 Job Enlargement

Die Erweiterung des Arbeitsplatzes ist eine Zunahme der Aufgaben und Verantwortlich-
keiten des Arbeitsplatzes, um eine herausfordernde Position zu schaffen. Es handelt sich

Abb. 10.1   Personalentwi­
Instrumente der Personalentwicklung
cklungsmaßnahmen. (Quelle:
Eigene Darstellung)
On the Job Along the Job Near the Job Off the Job

stellengestaltend stellenberatend stellenbegleitend stellenfern

- Job Enlargement - Coaching - Lernsta - Planspiel


- Job Enrichment - Mentoring - Qualitätszirkel - Fallstudien
- Job Rotation
- Planmäßige Unter- - Karriereplanung - Projektarbeit - Kongresse
weisung - Erfahrungs- - Seminare
- Einsatz als Assistent austausch - Vorträge
oder Stellvertreter - Workshops
- Handlungs- - Selbststudium
spielraum
- eLearning
10.2  Personalentwicklung on the Job 121

um eine horizontale Erweiterung, d. h. die hinzugefügten Aufgaben befinden sich auf
derselben Ebene wie die an der aktuellen Position. Die Arbeitsplatzanreicherung ist die
Technik zur Arbeitsplatzgestaltung, mit der die Zufriedenheit der Mitarbeiter gesteigert
wird, indem ihnen höhere Befugnisse und Verantwortlichkeiten übertragen werden und
sie so ihre Fähigkeiten optimal nutzen können. Die Bereicherung des Arbeitsplatzes
wirkt sich stärker auf die Motivation aus, da die Qualität der Arbeit für den Mitarbeiter
bereichert wird. Job Enlargement ist im Personalwesen eine Strategie der Arbeits-
strukturierung. Ein Mitarbeiter, der bislang auf eine Tätigkeit beschränkt war, führt nun
mehrere verschiedene Tätigkeiten mit demselben Anforderungsniveau durch.

10.2.2 Job Enrichment

Job Enrichment ist eine Personalentwicklungsmaßnahme. Dabei übertragen Sie dem


Mitarbeiter zusätzliche Aufgaben, die mit höheren Anforderungen an seine Person und
seine Fachkenntnis verbunden sind. Job Enrichment ist die qualitative Erweiterung des
Aufgabenspektrums eines Mitarbeiters und erhöht die Motivation.

10.2.3 Job Rotation

Job Rotation ist ein Managementansatz, bei dem Mitarbeiter in regelmäßigen Abständen
zwischen zwei oder mehr Aufträgen oder Jobs wechseln, um sie allen Branchen einer
Organisation auszusetzen. Der Prozess dient sowohl dem Management als auch den Mit-
arbeitern. Vor- und Nachteile der Jobrotation sind in Tab. 10.1 aufgelistet:

Tab. 10.1  Vor- und Nachteile von Job Rotation


Vorteile Nachteile
Reduziert die Monotonie der Arbeit Reduziert die Gleichmäßigkeit der Arbeit
Erweitert das Wissen und die Fähigkeiten Angst, eine andere Aufgabe effektiv
­auszuführen
Hilft dem Management, das verborgene Talent Häufige Arbeitsunterbrechungen
einer Person zu entdecken
Hilft einem Einzelnen, sein eigenes Interesse zu Missverständnisse zwischen den
verwirklichen ­Teammitgliedern
Hilft bei der Schaffung der richtigen Passform Schwierigkeiten beim Umgang mit anderen
für Mitarbeiter Teammitgliedern
Entwicklung eines breiteren Erfahrungs- Angst, langweiliger oder hektischer zu werden
spektrums
Quelle: Eigene Darstellung
122 10  Personalentwicklung, Coaching und Mentoring

10.2.4 Autonome Arbeitsgruppen

Ähnlich wie eine Person mit Autonomie bei der Arbeit ist eine autonome Arbeitsgruppe
ein Team von Mitarbeitern, denen Autonomie oder Unabhängigkeit über die Arbeit
innerhalb einer Organisation gewährt wird. Eine autonome oder teilautonome Arbeits-
gruppe ist eine kleine Gruppe von Personen, die berechtigt sind, sich und die Arbeit, die
sie leisten, laufend selbst zu bestimmen. Die Mitglieder der autonomen Arbeitsgruppe
sind in der Regel für einen ganzen Prozess, ein Produkt oder eine Dienstleistung ver-
antwortlich.

10.3 Personalentwicklung along the Job

10.3.1 Coaching

Coaching ist ein interaktiver und personenzentrierter Begleitungsprozess, der berufliche


und private Inhalte umfassen kann. Im Vordergrund steht die berufliche Rolle bzw. damit
zusammenhängende aktuelle Anliegen des Klienten. Coaching bezeichnet strukturierte
Gespräche zwischen einem Coach und einem Coachee (Klienten) z. B. zu Fragen des
beruflichen Alltags (Führung, Kommunikation und Zusammenarbeit). Die Ziele dieser
Gespräche reichen von der Einschätzung und Entwicklung persönlicher Kompetenzen
und Perspektiven über Anregungen zur Selbstreflexion bis hin zur Überwindung von
Konflikten mit Mitarbeitern, Kollegen oder Vorgesetzten (Peters, 2015; Pfeiffer, 2021).
Dabei fungiert der Coach als neutraler, kritischer Gesprächspartner und verwendet je
nach Ziel Methoden aus dem gesamten Spektrum der Personal- und Führungskräfteent-
wicklung. Im Management kann man im Wesentlichen vier Varianten unterscheiden:

• Coaching zur unmittelbaren Leistungssteigerung von Mitarbeitern


• Coaching als Führungsstil zur Reflexion des Führungsverhaltens
• Executive Coaching zur Verbesserung der Managementkompetenzen
• Leadership Coaching zur Führungskräfteentwicklung

10.3.2 Mentoring

Mentoring, auch Mentorat, bezeichnet als ein Personalentwicklungsinstrument –


insbesondere in Unternehmen, aber auch beim Wissenstransfer in persönlichen
Beziehungen – die Tätigkeit einer erfahrenen Person (Mentor). Sie gibt ihr fachliches
Wissen oder ihr Erfahrungswissen an eine noch unerfahrenere Person (Mentee oder
Protegé) weiter; teils vermittelt sie auch persönliche Kontakte. Ein Ziel ist es dabei,
den oder die Mentee bei persönlichen oder beruflichen Entwicklungen zu unterstützen.
Bereiche, die in Mentoring-Beziehungen thematisiert werden, reichen von Ausbildung,
10.3  Personalentwicklung along the Job 123

Karriere und Freizeit bis hin zur Persönlichkeitsentwicklung, Glauben und Spiritualität
(Helmold & Samara, 2019). Allgemein bezeichnet das Wort Mentor (weiblich: Mentorin)
die Rolle eines Ratgebers oder eines erfahrenen Beraters, der mit seiner Erfahrung und
seinem Wissen die Entwicklung von Mentees fördert. Die Bezeichnung geht auf eine
Figur der griechischen Mythologie zurück: Ein Freund des Odysseus namens Mentor
war der Erzieher von Odysseus’ Sohn Telemach.
Mentoring wird eingesetzt, um den Wissenstransfer zwischen Erfahrenen und weniger
Erfahrenen zu fördern. Im Unterschied zum Coach ist der Mentor üblicherweise nicht
eigens für diese Tätigkeit ausgebildet, sondern verfügt lediglich über einen Erfahrungs-
und/oder Wissensvorsprung. Auch organisierte Mentoring-Programme innerhalb von
Unternehmen, Hochschulen und anderen Institutionen (formelles Mentoring) beziehen
nur selten professionelle organisationsexterne Mentoren (resp. Coaches) ein. Mentoring-
Partner werden in solchen Programmen meist von einer zentralen Koordinationsstelle
einander zugeteilt und bei Zielvereinbarung und Gesamtablauf unterstützt. Ein populärer
werdender Ansatz aus den USA empfiehlt hingegen formelle Mentoring-Programme, bei
denen sich Tandems in Eigenregie (self-selection) zusammenfinden und lediglich eine
Randbetreuung von zentraler Stelle erhalten.
Einsatzbereiche formeller Mentoring-Programme:

• Unternehmen
• Behörden
• Hochschulen
• Schulen
• Stiftungen
• Vereine
• Soziale Einrichtungen
• Städte und Kommunen

Formale Mentoring-Programme werden häufig zur Karriereförderung von Frauen in


der Industrie und Wissenschaft eingesetzt. So gibt es in vielen Städten in Deutschland
sogenannte Cross-Mentoring-Netzwerke (teilweise auch für männliche Mentees) und
von Hochschulen unterstützte Mentoringprogramme für Wissenschaftlerinnen, wie das
hessische Mentorinnennetzwerk. Informelle Mentoring-Beziehungen finden außerhalb
von institutionellen Strukturen statt und entstehen in der Regel durch persönliche
Beziehungen und Netzwerke. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist Konrad Adenauer als
der politische Ziehvater und Mentor von Helmut Kohl. Mentoren werden nicht nur durch
ihre Beratung und ihren Beistand wirksam, sondern agieren teils auch als Türöffner
für ihre Mentees, indem ein Mentor seinem Mentee einen Kontakt mit den richtigen
Ansprechpartnern ermöglicht. Auch wenn auf den ersten Blick vor allem die Mentees
von der Förderung profitieren, sollten die Vorteile für die Mentoren nicht unterschätzt
werden; das Konzept geht von einem gegenseitigen Geben und Nehmen aus.
124 10  Personalentwicklung, Coaching und Mentoring

Mentees erhalten unter anderem die Möglichkeit,

• die eigenen Fähigkeiten besser kennen und einschätzen zu lernen


• Unterstützung bei Tätigkeit (z. B. im Studium, im Unternehmen, in Partei) zu erhalten
• selbige effizienter zu gestalten
• Ideen für die Berufsfindung zu entwickeln
• Einblicke in die Strukturen der Berufswelt zu erhalten und entsprechende Kontakte zu
knüpfen
• Mut zur eigenen Karriere zu entwickeln und diese zielstrebig anzugehen
• Einbindung in ein Netzwerk, das neue Impulse ebenso wie konkrete Hilfe bieten kann
(Praktika, Stellenangebote, Karriereförderung etc.)

Für Mentoren liegen die Chancen darin,

• Einblicke in die aktuelle Forschung zu bekommen


• frische Ideen und Impulse vom akademischen Nachwuchs zu erhalten
• qualifizierten Nachwuchs für das eigene Unternehmen/die eigene Institution aufzu-
bauen und zu rekrutieren
• eigenes Arbeiten zu reflektieren
• soziale und kommunikative Kompetenzen zu trainieren
• Kontakte auch zu anderen Mentoren aufzubauen
• im Netzwerk neue Kooperationsmöglichkeiten zu gewinnen

10.3.3 Berufsbegleitender Entwicklungs- und Karriereplan

Die Laufbahnplanung, auch Karriereplanung genannt, ist ein Instrument der Personal-
planung und somit Bestandteil des Personalmanagements. Sie verfolgt unter anderem
das Ziel, verfügbare Stellen und Mitarbeiter des Unternehmens einander optimal zuzu-
ordnen. Karriereplanung wird in einem Entwicklungsplan festgeschrieben und ist ein
Teilbereich des Personalmanagements und fungiert als Instrument einer nachhaltigen
Personalplanung. Auf den einzelnen Mitarbeiter bezogen beschreibt sie die Abfolge von
Stellen im Karriereverlauf. Abb. 10.2 zeigt das Beispiel eines Entwicklungsplans der
Firma Bombardier Transportation. Der Zeitraum wird auf 18 Monate bemessen und mit
Entwicklungsmaßnahmen versehen.

10.4 Personalentwicklung near the Job

10.4.1 Lernwerkstatt

Als Lernwerkstatt bezeichnet man in der modernen Pädagogik eine material- und
informationsreiche Lernumgebung für berufsnahes Lernen (near the Job), in deren
10.4  Personalentwicklung near the Job 125

Abb. 10.2   Beispiel eines Entwicklungsplans. (Quelle: Eigene Darstellung)


126 10  Personalentwicklung, Coaching und Mentoring

Zentrum praktisches und eigenaktives Lernen sowie Lernen durch eigene Erfahrungen
steht.

10.4.2 Qualitätszirkel

Qualitätszirkel sind innerbetriebliche Arbeitskreise, welche die Erfahrung und Ver-


antwortungsbereitschaft der Mitarbeiter aktivieren sollen. Dadurch lassen sich neben der
Qualität der Produkte und Dienstleistungen auch die Leistungspotenziale der Mitarbeiter
und möglicherweise das Betriebsklima verbessern.

10.4.3 Projektunterricht und Projektarbeit

Projektunterricht, auch Projektarbeit, bezeichnet allgemein eine Lehr- und Lernform, bei
welcher der Projektgedanke die maßgebliche Rolle spielt. Unter Projektarbeit versteht
man das selbstständige Bearbeiten einer Aufgabenstellung oder eines Problems durch
eine Projektgruppe. Dabei ist das Projekt ein zeitlich befristetes, einmaliges Vorhaben
von erheblicher Komplexität.

10.5 Personalentwicklung off the Job

10.5.1 Vorträge

Der Vortrag informiert ausführlich über ein Sachthema vor einem größeren Hörerkreis.
Er dient der Wissensvermittlung.

10.5.2 Konferenzen

Konferenzen sind meist mehrtägige Formen einer Tagung mit hoher Teilnehmer-
anzahl. Es wird von einer Zusammenkunft von Experten aus verschiedenen Branchen
gesprochen. Im Mittelpunkt einer Konferenz stehen Problemlösungen und Ent-
scheidungsfindung.

10.5.3 Planspiel

Planspiel bezeichnet eine Methode zur Simulation komplexer realer soziotechnischer


Systeme. Planspiele werden häufig zu Lehr- und Lernzwecken eingesetzt.
10.5  Personalentwicklung off the Job 127

10.5.4 Trainings und Schulungsmaßnahmen

Trainings, Schulungen oder Schulungsmaßnahmen sind zielgerichtete Maßnahmen zur


Wissensvermittlung bestimmter Themen in Unternehmen. Sie stellen eine Möglich-
keit zur beruflichen Fort- und Weiterbildung dar. Meist setzt sich dabei eine relativ
kleine Gruppe mit einem vordefinierten Thema auseinander. Der Besuch von externen
Seminaren, Veranstaltungen und Kursen bietet dem Arbeitnehmer einen wichtigen Blick
über „den Tellerrand“ des Unternehmens hinaus. Bei der internen Wissensvermittlung
können Unternehmen das Know-how einer einzelnen Person möglichst vielen anderen
Kollegen zugänglich machen.

10.5.5 Fort- und Weiterbildungen

Der wesentliche Unterschied zwischen den Begriffen Fort- und Weiterbildung liegt


darin, dass die Fortbildung einer sehr konkreten Anforderung bezogen auf Ihren
aktuellen Job dient, während die Weiterbildung sich nicht auf Ihre derzeitige berufliche
Tätigkeit beziehen. Der größte Unterschied zwischen Fortbildung und Weiterbildung
liegt darin, dass sich die Fortbildung meist auf sehr konkrete Aufgaben im aktuell aus-
geübten Job bezieht und im Berufsbildungsgesetz (BBiG) genau definiert ist. Bei einer
Weiterbildung erweitern die Teilnehmer ihre beruflichen Qualifikationen und schaffen
sich zusätzliche Fähigkeiten an. Durch die Weiterbildung der Mitarbeiter gelangt wert-
volles Know-how ins Unternehmen, das wiederum dem Betrieb zugutekommt. Denn
qualifizierte Mitarbeiter setzen ihr Know-how nicht nur im Arbeitsalltag ein, sondern
geben es auch ihren Kollegen weiter.

10.5.6 Mitarbeit in Verbänden

Verbände sind Personenvereinigungen natürlicher oder juristischer Personen als


Mitglieder, die sich freiwillig zur Verfolgung gemeinsamer Interessen und Ziele
zusammengeschlossen haben und über eine festgelegte interne Organisationsstruktur
auf der Grundlage einer privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Satzung ver-
fügen. Verbände haben als Personenvereinigungen verschiedene Aufgaben und Ziele,
beispielsweise politische, rechtliche, wirtschaftliche oder gesellschaftliche Ziel-
setzungen. Insbesondere besitzen Verbände häufig die Aufgabe, Allgemeine Geschäfts-
bedingungen einheitlich für ihre Verbandsmitglieder zu verfassen (etwa Allgemeine
Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute und Allgemeine Versicherungsbedingungen),
Vertragsmuster oder Lieferungs- und Zahlungsbedingungen zu vereinheitlichen. Die Ver-
bandspolitik und andere gemeinsame Interessen werden einheitlich für alle Mitglieder
nach außen vertreten, hierdurch fungiert er als Interessenvertretung (Lobbyarbeit). Ein
Verband organisiert einen Teil oder alle gemeinsamen Aktivitäten seiner Mitglieder
128 10  Personalentwicklung, Coaching und Mentoring

und ist zuständig für die Etablierung und Durchsetzung gemeinsamer Standards und
Regelungen.

10.5.7 Studium

Unter Studium wird primär das wissenschaftliche Lernen und Forschen an Universitäten
und anderen Hochschulen sowie diesen gleichgestellten Akademien verstanden. Zu den
gleichgestellten Hochschulen zählen in Deutschland auch duale Hochschulen und Kunst-
hochschulen. Universitäten und andere Hochschulen bestehen in der Regel aus mehreren
Fakultäten mit einem Dekan an der Spitze – sie sind wie die verschiedenen Häuser
eines Gebäudekomplexes, die jeweils zusammengehörige Fachgebiete beherbergen und
für Forschung, Lehre und Studium in diesen Disziplinen zuständig sind. Die gängigen
Studienformen sind meist:

• Vollzeitstudium
• Teilzeitstudium
• Fernstudium
• Berufsbegleitendes Studium
• Duales Studium
• Internationales Studium

10.6 Fallstudie: Entwicklungsmaßnahmen bei Adidas

Bei unseren Fort- und Weiterbildungsangeboten stehen das Führungsverhalten und die
Kompetenzen im Vordergrund, die für den nachhaltigen Erfolg unseres Unternehmens
erforderlich sind. Wir wollen bei Führungskräften mit Potenzial und vielfältigen Hinter-
gründen vorbildhafte Führung anregen und fördern.

FÜHRUNGSGRUPPEN
Im Unternehmen haben wir vier Gruppen etabliert, mit denen wir einen erstklassigen
Führungsstil gewährleisten und zukünftige Führungskräfte hervorbringen wollen. Bei
der Core Leadership Group (CLG) und der Extended Leadership Group (ELG) liegt das
Augenmerk vor allem auf einer erstklassigen Umsetzung unserer Strategie sowie auf der
Sicherstellung globaler Konsistenz. Bei den beiden anderen Gruppen liegt der Schwer-
punkt vorrangig darauf, globale, regionale und funktionale Nachfolge-Pipelines aufzu-
bauen.
Die Core Leadership Group (CLG) besteht aus rund 20 Führungskräften aus der
oberen Führungsebene. Die Mitglieder dieser Gruppe repräsentieren gemeinsam
essenzielle Managementpositionen und -rollen innerhalb des Unternehmens weltweit.
Diese Gruppe arbeitet eng mit dem Vorstand zusammen, um die Umsetzung unserer
10.6  Fallstudie: Entwicklungsmaßnahmen bei Adidas 129

Strategie zu steuern. Die CLG ist außerdem dafür verantwortlich, Führungskräfte der
nächsten Generation zu entwickeln und zu inspirieren. Darüber hinaus sind ausgewählte
Mitglieder dieser Gruppe potenzielle Nachfolger für den Vorstand.
Die Extended Leadership Group (ELG) umfasst rund 110 Mitglieder. Diese Gruppe
arbeitet markt- und funktionsübergreifend daran, die Umsetzung unserer strategischen
Initiativen voranzutreiben. Darüber hinaus sind die Mitglieder für die kontinuierliche
Verbesserung und Abstimmung innerhalb der gesamten Organisation verantwortlich. Die
Mitglieder der ELG fungieren auch als Mentoren und Förderer für die Global und die
Local High Potential Group. Zudem sind ausgewählte Mitglieder der Gruppe potenzielle
Nachfolger für die CLG.
Im Rahmen der Global High Potential Group (GHIPO) können wir weltweite Talente
identifizieren und entwickeln, die das Potenzial haben, komplexere und anspruchsvollere
Aufgaben sowie Verantwortung auf der oberen Führungsebene zu übernehmen.
Die Local High Potential Group (LHIPO) wurde mit dem Ziel gebildet, auf lokaler
Ebene potenzielle Führungskräfte zu identifizieren und zu entwickeln, die in der Lage
sind, komplexere und anspruchsvollere Aufgaben mit einem höheren Maß an Ver-
antwortung auf einer globalen oder regionalen Führungsebene zu übernehmen. Das
Programm ist auf den Beziehungsaufbau zwischen Kolleginnen und Kollegen ausgelegt
und soll den Teilnehmern die Möglichkeit bieten, funktions- oder kulturübergreifende
Erfahrungen in anderen Funktionsbereichen oder Kulturkreisen zu sammeln.

ENTWICKLUNGSPROGRAMME FÜR FÜHRUNGSKRÄFTE


Das Leadership Framework basiert auf drei essenziellen Verhaltensweisen: Kreativi-
tät, Zusammenarbeit und Vertrauen (Creativity, Collaboration und Confidence). Diese
‚3Cs‘ definieren die Verhaltensweisen, die von Beschäftigten bei adidas erwartet werden.
Damit verfügen wir über einen globalen, inklusiven und universalen Rahmen, der die
Notwendigkeit lokaler Auslegungen reduziert und konkrete Verhaltensweisen formuliert,
die als Kriterium für die Effektivität der Mitarbeiterführung dienen. Weiterhin bilden die
3Cs das Fundament für Einstellungen, Beförderungen und Leistungsbeurteilungen.
Wir bieten eine Vielzahl an Weiterbildungsprogrammen für Führungskräfte aller
Managementebenen in allen Märkten und Funktionsbereichen an, darunter die
Programme ‚Manager Development Experience‘ (MDE), ‚Director Development
Experience‘ (DDE) und ‚Executive Development Experience‘ (EDE). Diese interaktiven
Programme fördern die Entwicklung von Führungskompetenzen, die direkt auf die
aktuellen Rollen und Verantwortungsbereiche der Teilnehmer abgestimmt sind.

PROGRAMME FÜR KÜNFTIGE TALENTE


Wir bieten eine Vielzahl von Programmen für Absolventen und Studenten in unseren
Büros weltweit an.
Ausbildungsangebote und duale Studienprogramme: Das adidas Apprenticeship
Program gibt jungen Menschen die Möglichkeit, direkt nach ihrem Schulabschluss eine
zwei- bis dreijährige Ausbildung mit Stationen in verschiedenen Abteilungen zu machen
130 10  Personalentwicklung, Coaching und Mentoring

und erste praktische Berufserfahrung zu sammeln. Im Rahmen des dualen Studien-


programms können Abiturienten – in Kooperation mit verschiedenen Hochschulen –
theoretische Wissensvermittlung mit praktischen Erfahrungen bei adidas vereinen.
Globales Trainee-Programm: Das ,Functional, Digital and Design Trainee Program‘
bietet Studierenden mit internationalem Hintergrund und ausgezeichneten akademischen
Referenzen die Chance, ihre Karriere in einer der Funktionen bei adidas im Rahmen
eines 18- bis 24-monatigen Programms zu starten. Es umfasst Stationen in verschiedenen
fach- und funktionsübergreifenden Abteilungen, von denen sich mindestens eine im Aus-
land befindet.
Praktika: Im Rahmen unseres weltweiten Praktikumsangebots bieten wir Studenten
die Chance, für einen Zeitraum von drei bis sechs Monaten Berufserfahrung zu sammeln.

Literatur

Helmold, M., & Samara, W. (2019). Progress in performance management. Industry insights and
case studies on principles, application tools, and practice. Springer.
Peters, T. (2015). Leadership. Traditionelle und moderne Konzepte Mit vielen Beispielen. Springer.
Pfeiffer, S. (2021). Führungskraft: Das große Leadership Buch – Erfolgreiche Mitarbeiterführung
durch praxisnahe Methoden und Techniken inkl. Eulogia Verlags GmbH.
Führung von Gruppen und Teams
11

11.1 Definition von Gruppe und Teams

Der REFA-Verband definiert Gruppenarbeit wie folgt: „Bei Gruppenarbeit wird die
Arbeitsaufgabe eines Arbeitssystems teilweise oder ganz durch mehrere Arbeitspersonen
erfüllt. Gruppenarbeit im engeren Sinn liegt vor, wenn bei einem oder mehreren Ablauf-
abschnitten gleichzeitig mehrere Menschen am selben Arbeitsgegenstand zusammen-
wirken.“ In dieser Definition wird nicht zwischen Gruppenarbeit und „Arbeit in
Gruppen“ unterschieden. Es fehlt das Kriterium der eigenverantwortlichen (autonomen)
Aufgabenverteilung ohne eine direkte Führung durch Vorgesetzte. Erst die Partizipation
der Gruppenmitglieder in der Zuweisung der einzelnen Aufgaben zeichnet die Gruppen-
arbeit im hier definierten Sinne aus.
Häufig wird Gruppenarbeit auch mit Teamarbeit gleichgesetzt. Doch dieser
Begriff ist nicht trennscharf, weil er auch für projektbezogene und fachübergreifende
gruppenförmige Zusammenarbeit benutzt wird. Nach Mabey und Caird (1999) werden
Teams über folgende Hauptkriterien definiert:

• Ein Team hat mindestens zwei Mitglieder, meist sind es mehrere Mitglieder aus unter-
schiedlichen Funktionsbereichen
• Alle Mitglieder des Teams haben Anteil am Erfolg und tragen zur Erreichung der
Teamziele mit ihren jeweiligen Fähigkeiten und den daraus entstehenden gegen-
seitigen Abhängigkeiten bei
• Das Team hat eine eigene Team-Identität, meist durch die Aufgabe, die sich von den
individuellen Identitäten der Mitglieder unterscheidet
• Das Team hat Kommunikationspfade sowohl innerhalb des Teams als auch zur
Außenwelt entwickelt

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, 131
ein Teil von Springer Nature 2022
M. Helmold, Leadership, https://doi.org/10.1007/978-3-658-36364-2_11
132 11  Führung von Gruppen und Teams

• Mitarbeiter von Teams arbeiten immer aufgaben- und zielorientiert, wobei das
Gesamtziel im Fokus steht
• Ein Team überprüft in regelmäßigen Abständen seine Effizienz über Meilensteine und
Erfolgskontrolle

11.2 Besonderheiten von Gruppen und Teams

Gruppenarbeit ist ein arbeitsorganisatorisches Konzept, das einer Gruppe von Arbeit-
nehmern für einen abgegrenzten Aufgabenbereich im arbeitsteiligen Produktionsprozess
die selbstständige Regelung der internen Aufgabenverteilung überlässt. In Deutschland
hat betriebliche Gruppenarbeit Eingang in das Betriebsverfassungsgesetz gefunden:
„Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen
Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im
Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt“.
Die Gruppengröße wird vom Arbeitsbedarf und der Anzahl der integrierten Prozess-
schritte bestimmt. Sie ist also eher eine Folge anderer Entscheidungen, die wichtiger
und zwingender sind, als ein autonomer Parameter. Dennoch kann nicht jedes Ergeb-
nis akzeptiert werden. Sollen die Mitarbeiter Urlaube und Krankheitsausfälle selbst
kompensieren, so muss die Arbeit auch für beschränkte Zeit zumindest durch eine
Person weniger in der Gruppe bewältigt werden können. Andererseits: Bei linearer
ansteigender Anzahl von Gruppenmitgliedern steigt deren Kommunikationsbedarf
exponentiell. Spätestens ab 13 Mitgliedern kommt es zu Subgruppen, wird das System
unproduktiv.
Einen bedeutenden Faktor für die Gruppenbildung stellt die wahrgenommene Ähn-
lichkeit zwischen den Gruppenmitgliedern dar. Sie sollten sich fachlich ergänzen und
als einander ähnlich erleben. Darüber hinaus gilt: Sind die Qualifikationsstrukturen so
verschieden, dass nicht alle arbeiten können, so bilden sich Subgruppen gleicher Quali-
fikationsstruktur. Dies müsste entweder mittelfristig durch Qualifizierungsmaßnahmen
ausgeglichen werden, oder die Aufgabenvollständigkeit muss bereits für diese Sub-
gruppen gewährleistet sein.
Der Begriff Team wird in der Praxis sehr oft und mit den verschiedensten
Bedeutungen angewandt. Diese vielseitige Verwendung führt deshalb auch vielmals
zu Missverständnissen bei der Einführung und Umsetzung von Teamorganisation. Die
Assoziationen zum Begriff Team umfassen folgende sechs Dimensionen:
Erlebnis-Dimension: Alle Teammitglieder empfinden sich als Gemeinschaft Gleich-
gesinnter, die auf der gleichen Wellenlänge sind. Es steht der Aspekt der gefühlsmäßigen
Verbundenheit im Vordergrund.
Aufgaben-Dimension: Durch Spezialwissen und die gemeinsame sachliche/fach-
liche Aufgabenstellung und Herausforderungen wird eine zusammenhaltende Ebene der
Teammitglieder geschaffen.
11.3  Arten von Teams 133

Image-Dimension: Teams haben einen Marketing-Aspekt für alle Mitarbeiter. Wer


gerade im Team ist, wird als beliebt wahrgenommen. Unter diesem strategischen Deck-
mantel verbirgt sich oft eine Ansammlung von Einzelkämpfern.
Krisen-Dimension: In schwierigen Zeiten finden sich Teams sehr schnell und
funktionieren dann sehr gut. Allerdings ist der Erfolg des Teams meist nur auf die
Krisenzeit beschränkt und somit nicht von langer Dauer.
Prozess-Dimension: Diese Dimension stellt die bereichs- bzw. abteilungsüber-
greifende Teamarbeit in den Mittelpunkt, somit steht das Interesse an der Sache im
Vordergrund. Mit dieser Dimension können Kommunikations- und Schnittstellen-
probleme teils gut behoben werden, was einer dauerhaften guten Zusammenarbeit
zwischen Abteilungen hilft.
Ergebnis-Dimension: Die Faszination einer gemeinsamen Aufgabe und das Arbeiten
im Team können ein ganzes Team begeistern, was oft zur Folge hat, dass Einzelne nicht
mehr berücksichtigt werden und somit der Erfolg den Einsatz aller Mittel heiligt.
Ein Team wird dann gebildet, wenn ein komplexes Verhalten eine interdisziplinäre
Zusammenarbeit erfordert. Teams werden dabei für unterschiedliche Zwecke und Ziel-
setzungen mit unterschiedlicher zeitlicher Dauer gebildet. In diesem Sinne ist ein Team
eine Gruppe von Mitarbeitern, die für eine beauftragte Arbeit ganzheitlich verantwortlich
ist und die das Ergebnis ihrer Arbeit als Produkt oder Dienstleistung an einen internen
oder externen Empfänger liefert.
Bei der Teambildung sollte Fachkompetenz nicht das einzige Kriterium sein. Darüber
hinaus sollte analysiert werden, inwieweit die Chemie zwischen Vorgesetztem und Mit-
arbeiter untereinander stimmt. Somit können persönliche Unverträglichkeiten reduziert
werden. Bei funktionierenden Teams sind Umbesetzungen denkbar und eine weitere
erfolgreiche Teamarbeit möglich.

11.3 Arten von Teams

11.3.1 Begriff des Teams

In Unternehmen hat sich Teamarbeit seit den späten 1970er Jahren zunehmend zu einer
beliebten Form der Zusammenarbeit für verschiedene Aufgabenstellungen entwickelt,
was sich auch in stark zunehmender Forschungstätigkeit zu Teams seit dieser Zeit
niederschlug. Vor allem aber komplexe Aufgaben, die vielfältiges Wissen voraussetzen,
sollen von Teams bewältigt werden. Folgende Arten von Teams können u. a. differenziert
werden:
134 11  Führung von Gruppen und Teams

11.3.2 Teilautonome Arbeitsteams

Teilautonome Arbeitsgruppen sind eine Form der regulären Arbeitsorganisation.


In diesen Teams werden die Aufgaben (teil)autonom verteilt und gelöst. Auch die
Ressourcen- und Zeiteinteilung liegt in der eigenständigen Verantwortung des Teams.
Üblicherweise wird ein Gruppenleiter bestimmt, der als Gleichberechtigter die Team-
leitung übernimmt. Durch die hohe Selbstverantwortung gibt es zudem keinen direkten
Vorgesetzten, der über die Arbeitsgruppe bestimmen kann. Ein teilautonomes Team
kann aus drei bis zehn Mitglieder bestehen, die bestenfalls alle unterschiedlichen
Qualifikationen haben.

11.3.3 Projektteams

Zur Umsetzung von Projekten werden zeitlich befristete Projektteams gebildet. Obwohl
Projektteams üblicherweise nur für die Dauer der Bewältigung einer Aufgabe gebildet
werden, gibt es auch Teams ohne zeitliche Befristung. Vor allem in manchen technischen
Bereichen wie im Maschinenbau wird ein Projekt nach dem anderen realisiert, weshalb
auch die Mitarbeiter ständig in Teams arbeiten müssen. Projektteams werden für Auf-
gaben gebildet, die neuartig und keine Routine sind, eine hohe Bedeutung für das Unter-
nehmen haben, viele Ressourcen in Anspruch nehmen, bereichsübergreifend sind und
klar definierte Zeit-, Inhalts- und Kostenziele haben.

11.3.4 Optimierungsteams

Wie schon an der Bezeichnung zu erkennen ist, sind Optimierungsteams dazu da,
bestimmte Dinge zu verbessern. Üblicherweise bezieht sich die Verbesserung auf
wesentliche Unternehmensprozesse. Ein Beispiel für ein Optimierungsteam ist das KVP-
Team. KVP (kontinuierlicher Verbesserungsprozess) ist auf den japanischen Gedanken
Kaizen zurückzuführen und beruht auf der Annahme, dass Prozesse in kleinen Schritten
und vor allem von jenen Mitarbeitern, die sich täglich damit beschäftigen, verbessert
werden können. Die Moderation von KVP-Teams erfolgt normalerweise extern. Die
Ergebnisse der Teamarbeit werden im konkreten Arbeitsumfeld dokumentiert und sofort
umgesetzt.

11.3.5 Aufgabenteams

Aufgabenteams werden auch als „Task Force“ bezeichnet und analysieren bzw. lösen
meist zeitlich begrenzt und bereichsübergreifend komplexe oder schwierige Probleme
und Fragen der Abteilung oder auch des gesamten Unternehmens. Diese Teams sind
11.3  Arten von Teams 135

zu vergleichen mit einer Freiwilligen Feuerwehr, die anrückt wenn das Feuer auf dem
Dach ist. In einigen Unternehmen wird die Taskforce nicht nur vorübergehend gebildet,
sondern bleibt bestehen und ggf. findet ein Mitarbeiterwechsel statt.

11.3.6 Virtuelle Teams

Ein virtuelles Team (auch bekannt als geografisch verteiltes Team, verteiltes Team
oder Remote-Team) bezieht sich normalerweise auf eine Gruppe von Einzelpersonen,
die von verschiedenen geografischen Standorten aus zusammenarbeiten und auf
Kommunikationstechnologien wie E-Mail, FAX und Video- oder Sprachkonferenz-
dienste angewiesen sind um mitzuarbeiten.
Um die Ausbreitung von COVID-19 in Deutschland einzudämmen, schicken viele
Unternehmen ihre Mitarbeiter während der Pandemie ins Homeoffice. Vor allem Eltern
nutzen diese Möglichkeit, sofern gegeben, um ihre Kinder zu betreuen, da Kitas und
Schulen deutschlandweit wegen des Coronavirus geschlossen wurden. Laut einer
aktuellen Umfrage des Bundesverbandes Digitalisierung (BVDW) unter mehr als 1000
Beschäftigten wären 75,4 % bereit, während der Coronavirus-Krise von zu Hause aus zu
arbeiten. 24,6 % können sich das nicht vorstellen. 66,1 % der Befragten erwarten, dass
ihr Arbeitgeber in dieser Situation eine adäquate Lösung bietet. 54,3 % der befragten
Arbeitnehmer sind der Meinung, dass ihr Arbeitgeber technisch in der Lage ist, ihnen
Homeoffice zu ermöglichen. 45,7 % der Befragten sehen ihren Arbeitgeber dafür noch
nicht bereit. Für die Befragung wurden 1001 Beschäftigte kleiner, mittlerer und großer
Unternehmen in Deutschland (BVDW, 2020) herangezogen. Ein virtuelles Team ist eine
Gruppe von Menschen, die über Zeit- und Raum- und Organisationsgrenzen hinweg
arbeiten und Technologien zur Kommunikation und Zusammenarbeit nutzen (Linpack &
Stamps, 1997). Als solche ermöglichen virtuelle Teams Unternehmen, Menschen mit den
besten Fachkenntnissen zusammenzubringen, unabhängig davon, wo sie leben. Die Zahl
der Menschen, die sich mit virtueller Arbeit beschäftigen, steigt jedes Jahr weiter:

• In ihrer Umfrage von 2018 stellte Flexjobs fest, dass die Telearbeit von 2017 bis 2018
um 22 % gestiegen ist
• Der Bericht von Owl Labs aus dem Jahr 2019 ergab, dass 54 % der US-Arbeiter
mindestens einmal im Monat remote arbeiten, 48 % mindestens einmal pro Woche
remote arbeiten und 30 % Vollzeit aus der Ferne arbeiten
• Global Workplace Analytics gibt an, dass die Fernarbeit zwischen 2005 und 2018 um
173 % gestiegen ist

Virtuelle Teams können aus Fachleuten bestehen, die Vollzeit oder Teilzeit von zu
Hause aus arbeiten, anderen, die an mobiler Arbeit teilnehmen (die in ein festes Büro
kommen, aber einen Teil der Woche außerhalb dieses Raums arbeiten) oder Personen,
die aus der Ferne arbeiten Lage. Die COVID-19-Pandemie hat erhebliche Auswirkungen
136 11  Führung von Gruppen und Teams

auf die Fernarbeit. Ganze Unternehmen auf der ganzen Welt müssen nun plötzlich auf
unbestimmte Zeit von zu Hause aus arbeiten. Dieses beispiellose globale Ereignis hat
es wichtiger denn je gemacht, sich den Herausforderungen zu stellen, die mit der Zuge-
hörigkeit zu einem virtuellen Team einhergehen. Abb. 11.1 zeigt ein virtuelles Team mit
Interaktion zwischen Europa, Nordamerika, Südamerika, Japan und Australien. (Lindner,
2020). Die Mitarbeiter eines virtuellen Teams arbeiten, wie dies auch bei anderen Teams
der Fall ist, gemeinsam an einer zielgerichteten Aufgabe oder Aufgaben, die einen
gemeinsamen Zweck verfolgt. Bei virtuellen Teams ist es jedoch so, dass die Team-
mitglieder zeitlich, räumlich und organisatorisch voneinander getrennt sind und über
moderne Kommunikationstechnologie kommunizieren (Helmold, 2021).

11.3.7 Leadershipteams oder Managementteams

Managementteams setzen sich aus Führungskräften zusammen. Sie entsprechen in


der Praxis nicht immer einem wirklichen Team. Obwohl gemeinsame Meetings auf
der Tagesplanung stehen, sind die Mitglieder solcher Gruppen oft nicht gemeinsam an
der Unternehmensführung beteiligt, sondern jedem ist ein spezielles Aufgabengebiet
zugewiesen. Managementteams sollten bestenfalls im Sinne des Teamgedankens ver-
suchen, den Rest der Gruppe für die jeweils anderen Aufgabenbereiche zu begeistern und
den Gedanken der Problemlösung für die gesamte Organisation im Team zu verankern.

Europa (Zentrale)
Übergreifende Dienstleistungen

Nordamerika
Japan

Südamerika

Australien

Abb. 11.1   Virtuelle Teams. (Quelle: Eigene Darstellung)


11.4  Herausforderungen an hybride und virtuelle Teams 137

11.4 Herausforderungen an hybride und virtuelle Teams

Virtuelle Teams sind in der Regel mit Kooperationsproblemen durch Entfernung, unter-
schiedliche Sprachen, kulturelle Unterschiede oder Zeitunterschiede behaftet (Helmold,
2021). Management- und Führungsaufgaben sollen eine Struktur schaffen, die hilft, diese
Probleme in virtuellen Teams zu überwinden (Vanderbloemen, 2020). Dies kann in Shared-
Services-Organisationen (SSO) erfolgen. Unternehmen verwenden SSOs, um interne
Dienste zu zentralisieren und zu rationalisieren, d. h. Konten, Personal, Informations-
technologie oder andere Aktivitäten. Die Einrichtung von Shared Service Centern in einem
Unternehmen ist eine Form der Zentralisierung bzw. Konzentration der Organisation.
Virtuelle Teams stehen vor vielen Herausforderungen in Bezug auf Zusammenarbeit
und Distanz, Trennung durch Abhängigkeit von Kommunikationstechnologie und Dis-
kontinuität durch Zeitlichkeit der Teamzusammensetzung (Watkins, 2013). Virtuelle Teams
benötigen einen tiefgreifenden Leistungskontrollprozess, virtuelles Peer-Monitoring und
geeignete Technologie (Lindner, 2020). Die Reifegrade der virtuellen Teamarbeit sind
in Abb. 11.2 dargestellt. Am wichtigsten ist es, bestimmte Probleme wie Kooperation,
Kommunikation oder Vernetzung in virtuellen Teams zu überwinden (Afflerbach, 2019).
Hybride virtuelle Teams haben sowohl Büros als auch virtuelle Netzwerke.
Abb. 11.3 zeigt einen Teil des indischen Teams des Leiters Asien-Pazifik, Dr. Marc
Helmold, in Indien bei Bombardier Transportation.

Virtuell verteilte und


Hoch

mobile Teams und


Führungskräfte in
diversen Zeitzonen mit
Satelliten
Grad der Flexibilität der

Virtuell verteilte und


Teammitarbeiter

mobile Teams in
diversen Zeitzonen
Büro- und Remote-
Teams in wenigen
Zeitzonen

Hybrid
Büro- und Heimarbeit
Niedrig

Konventioneller
Arbeitsplatz im
Unternehmen

Hoch Grad der Präsenz und Kontrolle durch Niedrig


Führungskraft

Abb. 11.2   Reifegrade von virtuellen Teams. (Quelle: Eigene Darstellung)


138 11  Führung von Gruppen und Teams

Abb. 11.3   Indisches
strategisches Einkaufsteam bei
Bombardier. (Quelle: Eigene
Darstellung)

One BT

11.5 Konfliktmanagement in und zwischen Gruppen und


Teams

Von einem Gruppenkonflikt bzw. Konflikt im Team wird gesprochen, wenn der Konflikt
mehr als drei Beteiligte hat. Durch die Tendenz in Gruppen, Mitglieder rational und
emotional gleichschalten zu wollen, begründet sich der Großteil der Konflikte. Ins-
besondere die Tatsache, dass Gruppen die Schnellen bremsen und die Langsamen
motivieren, birgt nicht nur Vorteile, sondern Potential für Meinungsverschiedenheiten.
Sicherheit und Stabilität wird innerhalb einer Gruppe durch Zugehörigkeit, Gemeinsam-
keit und Loyalität erzeugt bzw. erhalten. Diese Aspekte müssen im Laufe der Zeit ent-
wickelt werden und lassen sich durch Rituale, Belohnungs- aber auch Strafsysteme
festigen. Werden sie infrage gestellt, entsteht ein Gruppenkonflikt. Diese können in sechs
Unterarten unterschieden werden:

• Untergruppenkonflikte: Bei der Untergruppenbildung schließen sich gebildete Klein-


gruppen gegenseitig von etwas aus und gefährden die Ziele der ganzen Gruppe. Wird
diese Bedrohung nicht abgewendet, kann der Konflikt bis zum Zerfall des ganzen
Teams führen.
• Rangkonflikte: Durch die Festlegung von Rangpositionen wird Ordnung in das
Sozialgefüge eines Teams gebracht und Stabilität erzeugt. Trotzdem bergen die
Schaffung und Veränderung der Rangordnung Konfliktpotential. Oft ist dies auch
beim Eintritt neuer Mitarbeiter zu beobachten. Erst nach einer gewissen Zeit ist
wieder klar, wer welche Position innehat, wodurch sich die Situation wieder beruhigt.
• Normierungskonflikte: In Teams werden die Spielregeln selbst definiert, wobei
zwischen offiziellen und inoffiziellen Normen unterschieden werden kann. Ein
11.6  Fallstudie: Lernwerkstatt der Deutschen Bahn 139

Normierungskonflikt tritt dann auf, wenn ein Mitglied gegen diese verstößt. Mithilfe
einer Bestrafung kann das Gruppenmitglied wieder integriert werden.
• Integrationskonflikte: Insbesondere bei Außenseitern oder neuen Teammitgliedern
kann ein Integrationskonflikt auftreten. Es ist die Aufgabe der Führungskraft, dafür
zu sorgen, dass die Integration möglichst reibungslos abläuft und Rolle im Gruppen-
kontext sowie Tätigkeit des neuen Mitglieds klar definiert sind.
• Substitutionskonflikte: Wird ein Konflikt nicht direkt an der originären Problematik
ausgetragen, sondern in einen weniger problematischen Konfliktgegenstand ver-
schoben, wird vom Substitutionskonflikt gesprochen. Dieser kann ausschließlich
durch das Erkennen und Behandeln der Ursache gelöst werden.
• Loyalitätskonflikte: Von einem Loyalitätskonflikt wird gesprochen, wenn ein Team-
mitglied von außen angegriffen wird und sich andere Mitglieder nicht hinter den
Angegriffenen stellen. Dadurch wird die Einheit der Gruppe gefährdet und der not-
wendige Zusammenhalt ist nicht mehr gegeben.

11.6 Fallstudie: Lernwerkstatt der Deutschen Bahn

Die Deutsche Bahn AG hat Ende Oktober in Köln-Dellbrück ein neues Trainings- und
Ausbildungszentrum eröffnet, um ihre Kapazitäten in der Aus- und Weiterbildung weiter
auszubauen. Das Zentrum ist deutschlandweit das größte seiner Art: Auf über 7000
Quadratmetern wird dort DB Training, Learning & Consulting als Betreiber in Zukunft
250 Azubis pro Jahr ausbilden und hat dafür methodisch und technisch die modernsten
Mittel zur Verfügung gestellt (bitte lesen Sie hierzu auch den Beitrag in Deine Bahn
1/2020).
In seiner Begrüßungsrede hob DB Training-Geschäftsleiter Christof Beutgen den
bereichsübergreifenden Ansatz des neuen Zentrums hervor. In Köln-Dellbrück solle
Lernen im Wortsinne quer durch die beruflichen Funktionen und Hierarchien des
Konzerns stattfinden. Von Seminarräumen und technischen Trainingsmöglichkeiten
über die gewerblich-technische Ausbildungswerkstatt und das Lehrstellwerk bis hin
zur Innovationswerkstatt, zum Simulator und Virtueller Realität seien dafür alle denk-
baren Anwendungen vorhanden. Dies alles sei in Köln-Dellbrück unter einem Dach
vereint und habe in dem neuen Trainings- und Ausbildungszentrum eine gemeinsame
Formensprache gefunden, sagte Beutgen. Hintergrund: DB Training modernisiert derzeit
sukzessive seine Standorte und Bildungszentren, um den gestiegenen Anforderungen an
das Lernen gerecht zu werden. Zuletzt eröffnete der Ausbildungs- und Qualifizierungs-
dienstleister der DB neue Trainingszentren in Fulda und Leipzig. Insgesamt betreibt das
Unternehmen 14 Ausbildungs-Standorte und 30 Werkstätten.
DB-Personalvorstand Martin Seiler betonte in seinem Grußwort die Fortschritte in
den Bemühungen des DB-Konzerns, neue Mitarbeiter zu gewinnen: Zum Start des Aus-
bildungsjahres 2019/2020 seien 4200 neue Azubis eingestellt worden. Bis zum Jahres-
140 11  Führung von Gruppen und Teams

ende werde die Deutsche Bahn auf die Rekordmarke von 22.500 neuen Mitarbeitern
kommen.
Seiler hob in diesem Zusammenhang die große Bedeutung bereichsübergreifender
Aus- und Weiterbildungskonzepte hervor: Neben der Fachkompetenz bräuchten DB-
Mitarbeiter für die Herausforderungen in der Zukunft ebenso Veränderungsbereitschaft,
um dem Wandel der Arbeitsgesellschaft gewachsen zu sein. Die Bahn werde auch in den
kommenden Jahren in eine starke Schiene und gut ausgebildete Mitarbeiter investieren.
Vor allem bei den Berufen Triebfahrzeugführer und Fahrdienstleister gebe es nach wie
vor erheblichen Bedarf, sagte Seiler.

Literatur

Afflerbach, T. (2019). Hybrid Virtual Teams in Shared Services Organizations. Springer Cham.
BvDW (2020). Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. www.bvdw.org.
Helmold, M. (2021). Successful Management Strategies and Tools. Industry Insights, Case Studies
and Best Practices. Springer Cham.
Lindner, D. (2020). Virtuelle Teams und Homeoffice. Empfehlungen zu Technologien, Arbeits-
methoden und Führung. Springer.
Linpack, J., & Stamps, J. (1997). Virtual teams: Reaching across space, time and organizations
with technology. Wiley.
Mabey, C., & Caird, S. (1999). Building team effectiveness. Open University.
Vanderbloemen, W. (2020). Working remote. Best practices on running virtual teams. From
the founder of company with 1,000 remote employees. https://www.forbes.com/sites/
williamvanderbloemen/2020/03/20/leading-teams-virtually/#3a4ef08b5b8b. Zugegriffen: 21.
Aug. 2020.
Watkins, M. (2013). Making virtual teams work: Ten basic principles. In HBR. https://hbr.
org/2013/06/making-virtual-teams-work-ten. Zugegriffen: 21. Aug. 2020.
Corporate, Employer Branding und
Personalmarketing 12

12.1 Corporate Branding

Eine Unternehmensmarke ist die Gesamtheit des Unternehmens in ihrer Wirkung als
Marke und Brand. Dabei steht Corporate Branding (Corporate Brand Management) für
die stetige Entwicklung dieser Unternehmensmarke, das Corporate Brand Management
für die nachgelagerte Markenführung und Weiterentwicklung der Unternehmens-
marke (Rode, 2013). Corporate Brand Management wird vielfach mit Begriffen wie
Corporate Identity, Unternehmenskommunikation, Corporate Image unscharf und teil-
weise synonym verwendet. Grundlegend wird unter Corporate Brand Management
der überlagernde Ansatz verstanden, der verschiedene Konzepte aufgreift und für das
strategische Management zusammenführt um die Führung der Unternehmensmarke zu
ermöglichen. Die Unternehmensmarke unterscheidet sich von der Einzelmarke bzw. der
Dachmarke (welche mehrere Einzelmarken kombiniert) vor allem durch den Adressaten.
Die Adressaten der Unternehmensmarke sind Finanzwirtschaft, Zulieferer, Medienunter-
nehmen, Politik, Nichtregierungsorganisationen und Verbraucherorganisationen sowie
die Mitarbeiter. Einzelmarken hingegen haben den Verbraucher sowie Groß- und Einzel-
handel als Adressaten. Somit sorgen Dach- und Einzelmarken für das Produktbild, die
Unternehmensmarke sorgt hingegen für das Unternehmensbild. Unabhängig ob Einzel-
marken- oder Mehrmarkenstrategie, die drei Ebenen müssen thematisch ineinander
greifen um ein konsistentes Gesamtbild zu erhalten (Thürbach, 2012). Die drei Marken-
ebenen können unterschiedliche (z. B. Unternehmensmarke: Beiersdorf AG, Dachmarke:
Nivea, Einzelmarke: Nivea Creme) oder die gleiche Bezeichnung (z. B. Miele) haben.
Abb. 12.1 zeigt die Elemente Corporate Branding, Employer Branding und Personal-
marketing.

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, 141
ein Teil von Springer Nature 2022
M. Helmold, Leadership, https://doi.org/10.1007/978-3-658-36364-2_12
142 12  Corporate, Employer Branding und Personalmarketing

&RUSRUDWH%UDQGLQJ
Corporate *HVDPWKHLWGHV8QWHUQHKPHQVLQLKUHU:LUNXQJDOV0DUNHXQG
Branding %UDQG'DEHLVWHKW&RUSRUDWH%UDQGLQJ &RUSRUDWH%UDQG
0DQDJHPHQW I¾UGLHVWHWLJH(QWZLFNOXQJGLHVHU
8QWHUQHKPHQVPDUNHGDV&RUSRUDWH%UDQG0DQDJHPHQWI¾UGLH
QDFKJHODJHUWH0DUNHQI¾KUXQJXQG:HLWHUHQWZLFNOXQJGHU
Employer 8QWHUQHKPHQVPDUNH
Branding

Personal-
markeng

Abb. 12.1   Corporate Branding, Employer Branding und Personalmarketing. (Quelle: Eigene


Darstellung)

12.2 Employer Branding

Exzellente Unternehmen und Arbeitgeber müssen ständig dafür sorgen, dass sie die
besten Talente und Fachkräfte gewinnen können (Wilbers, 2021). Die Überwindung des
zunehmenden Fachkräftemangels braucht den Mut zur Veränderung und die innerliche
Überzeugung der Geschäftsführung. Dazu gehört, sich konsequent mit dem eigenen
Arbeitgeberangebot auseinanderzusetzen, zukünftige Zielgruppen zu analysieren und
zielführend mit und an der eigenen Belegschaft zu arbeiten. Ebenso wie bei Produkt- und
Unternehmensmarken, braucht Employer Branding echte, zielgruppenorientierte Inhalte,
erlebbares Verhalten und einen langen Atem. Unternehmen müssen daher aktive Schritte
einleiten, um die Loyalität von Mitarbeitenden zu festigen, Fehlzeiten zu verringern,
die Leistungsbereitschaft zu steigern und Eindruck auf die Arbeitskräfte der Zukunft zu
machen.
Die Generation Y (auch „Digital Natives“ oder „Millennials“ oder „Generation Why“
genannt), stellt in dieser Arbeit Personen dar, deren Geburtsjahr zwischen 1980 und 1994
liegt und ist die Folgegeneration der Generation X. Hierbei gibt es keine allgemein-
gültige Festlegung der Zeitperiode, jedoch wird in dieser Arbeit von der zuvor genannten
Jahreseingrenzung ausgegangen (Hesse & Mattmüller, 2019). In den kommenden Jahren
wird die Generation Y weitestgehend in den Arbeitsmarkt eintreten, weshalb in dieser
Ausarbeitung beleuchtet wird, wie diese Generation für den Arbeitsmarkt gewonnen und
angesprochen werden kann. Hierbei müssen durch ein aktives Personalmarketing Aktivi-
täten gezielt eingesetzt werden, was diese Generation motiviert und welche Aspekte für
sie wichtig sind, damit dies von potenziellen Arbeitgebern berücksichtigt werden kann.
12.3 Personalmarketing 143

Bei der Generation Z handelt es sich in dieser Arbeit um aktuell 9- bis 24-Jährige,
sprich Personen, die zwischen 1995 und 2010 geboren wurden. Auch bekannt ist die
Generation unter den Namen „Generation Yolo“, „Generation YouTube“, „Generation
Zombie oder Generation ‚snowflake‘“. Bei der Mehrheit dieser Generation handelt es
sich momentan um Studenten, Auszubildende oder Schüler. Ebenso wie die Generation
Y, wird sie sukzessive die Generation der Babyboomer (geboren zwischen 1946 und
1964) auf dem Arbeitsmarkt ablösen. Sie gehört zu den „Digital Natives“, die mit
digitalen Medien und zudem auch sozialen Medien großgeworden sind. Während die
Generation Y erst als Kinder bzw. Jugendliche mit digitalen Medien in Kontakt kamen
und nach und nach lernten, diese zu nutzen, wuchs die Generation Z von klein auf mit
sozialen Medien und neuen Technologien auf. Smartphones wurden von ihnen schon im
Kleinkindalter als Spielzeuge benutzt.

12.3 Personalmarketing

12.3.1 Begriff und Gegenstand des Personalmarketings

Mit Personalmarketing in Abb. 12.2 verfolgen Unternehmen das Ziel, gut ausgebildete


und hochmotivierte Mitarbeiter zu gewinnen und zu halten. Seine Maßnahmen wenden
sich daher in zwei Richtungen: nach innen, um bestehende Mitarbeiter an das Unter-
nehmen zu binden. nach außen, um qualifizierte Bewerber anzuziehen und zu gewinnen.
Das vorrangige Ziel des Personalmarketings ist die kontinuierliche Steigerung der
Arbeitgeberattraktivität, wodurch das eigene Unternehmen positiv gegenüber den

Personalmarkeng

Internes Personalmarkeng Externes Personalmarkeng

Hat die Mitarbeiterbindung (Employee Nach außen gerichtete Akvitäten, um


Retenon) im Fokus neue Mitarbeiter zu rekrueren

• Interne Ausschreibungen • Externe Ausschreibungen


• Ausbildungen, Prakka, • Arbeitsvermi‡lungen
Werkstudenten • Zeitarbeitsdienstleister
• Personalentwicklung • Personaldienstleister
• Beförderungen • Personalvermi‡ler
• Versetzungen • Headhunter
• Mehrarbeit und Überstunden • Personalleasing

Abb. 12.2   Internes und Externes Personalmarketing. (Quelle: Eigene Darstellung)


144 12  Corporate, Employer Branding und Personalmarketing

Mitbewerbern auf dem Markt positioniert werden soll. Personalmarketing geht ein-
her mit den Begriffen Corporate und Employer Branding, bei dem der Aufbau eines
Arbeitgeberimages, beziehungsweise einer Arbeitgebermarke, im Fokus steht. Genau
wie mit der UEP (Unique Employer Proposition) werden dadurch auch Ziele des
Personalmarketings definiert. Diese lassen sich in zwei Bereiche unterteilen. Beim
externen Personalmarketing steht die Attraktivität des Unternehmens im Vorder-
grund. Dieses soll als Arbeitgebermarke positiv dargestellt werden und an Bekannt-
heit gewinnen. Dadurch sinken die Ausgaben für aufwendige Recruiting-Prozesse,
während die Anzahl der Bewerbungen gesteigert und stabilisiert wird. Internes Personal-
marketing stellt die Mitarbeiterbindung in den Vordergrund. Dabei soll die Loyalität der
Angestellten gegenüber dem Unternehmen ausgebaut und gefestigt werden. Dies führt
zu einer Senkung der Firmenaustritte, beziehungsweise zu einer geringeren Fluktuation
in der Belegschaft. Werden Nachwuchskräfte intern ausgebildet und ausgebaut steigen
außerdem die Chancen, dass diese im Anschluss im Unternehmen verbleiben, statt zur
Konkurrenz abzuwandern.

12.3.2 Maßnahmen des Personalmarketings

Häufig angewandte Maßnahmen im externen Personalmarketing sind Imagekampagnen,


denn sie sichern Unternehmen einen nachhaltigen Erfolg. Der Arbeitgeber wird nicht
nur attraktiv dargestellt, sondern bietet Arbeitgebern die Möglichkeit zur Identifizierung.
Die Vorzüge der Firma sollen glaubwürdig vermittelt und positive Assoziationen mit der
Marke geweckt werden. Aufwand und Planung sind in der Regel umfangreich, wirken
jedoch noch lange nach. Auch gezielte Nachwuchsarbeit ist für das Image förderlich.
Ausbildungsmarketing erlaubt es dem Unternehmen zudem, Trainees oder Nachwuchs-
kräfte für die Zukunft zu generieren und zu binden. Eine gängige Methode der aktiven
Mitarbeitersuche ist Recruiting. Neben klassischen Stellenausschreibungen kommen
auch Talentpools, Karrieremessen oder Recruiting Services zum Einsatz. Beim internen
Personalmarketing gewinnt Onboarding zunehmend an Bedeutung. Neue Mitarbeiter
sollen sich schon ab dem ersten Tag im neuen Betrieb wohl fühlen. Sie werden ein-
gearbeitet, dem Team vorgestellt und in die wichtigsten Prozesse eingeführt. Eine der
größten Herausforderungen ist die interne Bindung der Mitarbeiter, auch Employee
Retention oder Personalentwicklung genannt. Durch transparente Kommunikation,
interessante Karrierechancen und eine generelle Willkommenskultur werden die Arbeit-
nehmer emotional an den Betrieb gebunden.

12.3.3 Vorteile des Personalmarketings

Unternehmen nutzen Personalmarketing sowohl im Employer Branding als auch im


Recruiting. Firmen, bei denen gegenwärtig oder in absehbarer Zeit Personalbedarf
12.4  Fallstudie: Personalmarketing am Beispiel der Mercedes-Benz AG 145

gedeckt werden muss, nutzen Recruiting oder andere Methoden der Mitarbeitersuche.
Aber auch wenn bei Unternehmen kein akuter Bedarf besteht, spielt Personalmarketing
bei ihnen eine Rolle. In diesem Fall werden zumeist aufwendige Kampagnen geplant
und umgesetzt, die der Firma über Jahre hinweg einen stabilen Zustrom an Bewerbungen
sichern soll. Vor allem große Unternehmen und Konzerne setzen auf umfangreiches
Personalmarketing, bei dem sich Investitionen auf lange Sicht auszahlen.

12.3.4 Plattformen des Personalmarketings

Auf Karriere-Websites kann Personalmarketing beispielsweise über Karriere-Apps


oder E-Mail-Abonnements erfolgen. Stichwörter wie Mobile Recruiting und Live Chat
gehen mit der Zeit und zeigen potentiellen Bewerbern, dass es sich um ein fortschritt-
lich denkendes Unternehmen handelt. Print-Kampagnen sind zwar nicht die modernste
Methode, gehören aber zu einer umfassenden Personalsuche dazu. Stellenanzeigen
können in Wochenzeitungen, aber auch in spezifischen Branchenmagazinen abgedruckt
werden. Facebook, Google Ads oder TV-Spots erreichen ein breites Publikum. Auch
andere soziale Netzwerke wie Xing oder LinkedIn sind ein passender Ort, nach quali-
fizierten Mitarbeitern zu suchen. Das Internet bietet mittlerweile unzählige Stellenportale
und Jobbörsen, auf denen Unternehmen Stellenanzeigen aufgeben und die Profile der
Bewerber direkt überprüfen können. Es lohnt sich auch für Arbeitgeber und -nehmer,
auf Messen und anderen Veranstaltungen Präsenz zu zeigen, um direkt vor Ort einen
persönlichen Kontakt herstellen zu können. Im Bereich Headhunting stehen Maßnahmen
wie Active Sourcing, Personalberatung und Portalsuche zur Verfügung. Beim externen
Personalmarketing spielt Employer Branding eine wichtige Rolle. Durch langfristig
angelegte Kampagnen, die auf verschiedenen Kanälen umgesetzt werden, entsteht das
Markenimage. Dieses sollte zu der anvisierten Zielgruppe passen und dafür sorgen, dass
sich diese mit dem Unternehmen gerne identifiziert.

12.4 Fallstudie: Personalmarketing am Beispiel der Mercedes-


Benz AG

Personalmarketing ist dem Inhalt nach sicher keine Erfindung der jüngsten Vergangen-
heit. Insbesondere Großunternehmen betreiben teilweise schon seit Jahrzehnten unter-
schiedliche Aktivitäten, die sich diesem inzwischen auch etwas modisch gewordenen
Begriff zuordnen lassen. Die chemische und die elektrotechnische Industrie haben schon
in der ersten Jahrhunderthälfte gewissermaßen „Personalmarketing“ betrieben, indem sie
Schulen und Hochschulen Experimentiereinrichtungen und -materialien bereitstellten.
Die dadurch entstandene positive Imagebildung für das einzelne Unternehmen als Aus-
bildungsbetrieb oder als Arbeitgeber war damals sicher nicht strategisches Ziel solcher
Maßnahmen, aber doch wohl willkommen.
146 12  Corporate, Employer Branding und Personalmarketing

Die Mercedes-Benz AG ist mit ihren 11 (bald 13) Produktionsstandorten und ihren
39 (plus 4 in den neuen Bundesländern) Verkaufsniederlassungen mit insgesamt über
100 Betrieben Großunternehmen; bezogen auf die Niederlassungen zugleich aber auch
mittelständischer Betrieb. Dementsprechend vielfältig sind die Tätigkeitsstrukturen und
Anforderungsprofile.
Um allen Belangen der verschiedenen Personalbereiche gerecht zu werden, wurden
sie schon frühzeitig in die konzeptionellen Überlegungen einbezogen. Eine Arbeits-
gruppe mit Vertretern der Personalbereiche für Hauptverwaltung, Entwicklung, Pkw-,
Nutzfahrzeug-Produktion und Verkauf übertrug Erkenntnisse des Produktmarketings auf
das Personalmarketing.
Das grundsätzlich Neue und doch so Einfache war der Schluss, dass der Personal-
marketing-Fachmann ein Produkt anzubieten und zu verkaufen hat. Das Produkt heißt:
Ihr Arbeitsplatz bei Mercedes-Benz bzw. Ihr Ausbildungsplatz bei Mercedes-Benz.
Diese Einstellungsänderung, bei in der Regel kaum vertriebsorientiert denkenden und
handelnden
Personalfachleuten, ist die wichtigste Umstellung für alle mit Personalmarketing
befassten Mitarbeiter. Das Produkt „Arbeitsplatz“ muss wahrheitsgetreu, glaubwürdig
und der
tatsächlichen Unternehmenskultur entsprechend angeboten und verkauft werden.
Unsere Klientel, ob Schüler oder Student, ist äußerst sensibel und bemerkt falsche Töne
intuitiv sofort. Wer sein Image durch überzogene Marketingtaktiken auf dem Arbeits-
markt verliert, tut sich ungleich schwerer, wieder Terrain gutzumachen, als im Produkt-
sektor. Insofern können also auch der marketingorientierte Personalmann und seine
Kollegin ihrer
unternehmens- und mitarbeiterorientierten Grundhaltung, die sie schließlich zu
diesem verantwortungsvollen Metier geführt hat, treu bleiben.

Literatur

Hesse, G., & Mattmüller, R. (2019). Perspektivwechsel im Employer Branding. Neue Ansätze für
die Generationen Y und Z. Springer.
Rode, V. (2013). Corporate Branding von Gründungsunternehmen: Der erfolgreiche Aufbau der
Unternehmensmarke. Springer.
Thürbach, K. (2012). Die Unternehmensmarke in den Geschäftsbeziehungen von Medienunter-
nehmen – Eine Untersuchung am Beispiel von Film- und Fernsehproduktionsunternehmen.
Springer.
Wilbers, M. (2021). Employer-Branding-Projekte erfolgreich gestalten. Ein praxisorientierter
Leitfaden zur Entwicklung einer Arbeitgebermarke. Springer.
Leadership im Projektmanagement
13

13.1 Kriterien im Projektmanagement

Ein Projekt ist ein zielgerichtetes, einmaliges Vorhaben, das aus einem Satz von
abgestimmten, gesteuerten Tätigkeiten bestehen und durchgeführt werden kann, um
unter Berücksichtigung von Vorgaben wie etwa Zeit, Ressourcen und Qualität ein
Ziel zu erreichen. Tab. 13.1 zeigt die Projektkriterien auf. Projekte haben bestimmte
Merkmale wie Zielvorgabe, zeitliche Begrenzung, begrenzte Ressourcen, projektspezi-
fische Organisationsform, Neuartigkeit und Einmaligkeit sowie Komplexität. Leadership
in Projekten gestaltet sich meist interdisziplinär mit Mitarbeitern aus unterschiedlichen
Funktionsbereichen.
Projekte bestehen aus mehreren Phasen, wie Abb. 13.1 zeigt.

• Initiierung: Die Grundlagen des Projekts (Problemstellung, Kundenanforderungen,


Ideen, Probleme, Ziele etc.) werden gesammelt, analysiert, geplant und in Form eines
Projektauftrages dokumentiert. Dieser bildet die Entscheidungsgrundlage für den
Projektauftraggeber (PAG).
• Planung: Wenn das Projekt offiziell gestartet ist, konkretisiert das Projektteam in der
Planung die Projektinhalte (Ziele, Aufgaben, Risiken etc.).
• Durchführung & Controlling: Sobald die Planung einen ausreichenden Detaillierungs-
grad erreicht hat, wird mit der Umsetzung begonnen. Parallel dazu steuert und über-
wacht der Projektmanager den Projektverlauf.
• Abschluss: Ein Projekt sollte genauso systematisch beendet werden, wie es begonnen
wird. Erfahrungswerte (Lessons Learned) gehören kritisch reflektiert. Die Projekt-
ergebnisse müssen entsprechend evaluiert werden (on scope, on budget, on time?).
Die Ergebnisse des Projektabschlusses sind in einem kurzen Abschlussbericht zu
dokumentieren.

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, 147
ein Teil von Springer Nature 2022
M. Helmold, Leadership, https://doi.org/10.1007/978-3-658-36364-2_13
148 13  Leadership im Projektmanagement

Tab. 13.1  Projektkriterien
Zeitliche Begrenzung Projekte sind zeitlich begrenzt, dass bedeutet sowohl Anfang als auch
Ende sind terminlich definiert
Einmaligkeit Projekte sind einmalig, sie eignen sich nicht zur Reproduktion bereits
vorhandener Dinge (dazu eignet sich Prozessmanagement wesentlich
besser)
Ressourcenknappheit Projekte sind mit begrenzten Ressourcen ausgestattet
Zielvorgaben Projekte verfolgen ein klar spezifiziertes und positiv formuliertes Ziel
Organisation Projekte erfordern eine eigene Projektmanagementorganisation
Risiko Projekte implizieren das Risiko von Abweichungen und des Scheiterns
Interdisziplinarität Projekte arbeiten interdisziplinär und bereichsübergreifend
Neuartigkeit Projekte betreten Neuland. Sie verwirklichen Lösungen, die es in der
angestrebten Form noch nicht gibt
Projektphasen Projekte werden in bestimmten Phasen abgewickelt
Projektverhandlungen Projekte beinhalten interne und externe Verhandlungen
Quelle: Eigene Darstellung

• Nachprojektphase: In der Nachprojektphase werden die Projektergebnisse genutzt.


Oft ist es wichtig und ratsam, auch die Verantwortlichkeiten für die Nachprojektphase
klar zu definieren.

Projekte werden in interdisziplinären Funktionsgruppen ausgeführt wie Abb. 13.2 zeigt.


Die Abbildung zeigt die Projekte A, B und C, die aus unterschiedlichen Funktionen wie

Leadership im Projektmanagement

Strategische Projekt- Projekt- Projekt-


Projektplanung vorplanung durchführung validierung

Projekt- Projekt- Projekt- Ressourcenziele


Projekt- Projekt-
machbarkeit antrag aurag abnahme bestägung
Budgetziele Qualitätsziele

Auswahl des Einbindung der Projekerung Projektabnahmen Erfolgsbestägung


Projekeams Stakeholder und Kontrollen des Projekterfolgs

Meilensteinziele Technikziele

Projekt- Projekt- Projekt-


start abwicklung abschluss

Abb. 13.1   Projektphasen im Überblick. (Quelle: Eigene Darstellung)


13.2  Kritische Erfolgsfaktoren in Projekten 149

Funkon Projekt A Projekt B Projekt C


Projektmanagement Projektleiter Projektleiter Projektleiter
Projektleiter (Leader)
Einkauf O O O

Produkon O O O

Markeng & Vertrieb O O O

Qualitätswesen O O O

Finanzen O O O

Personalwesen O O O

Abb. 13.2   Projektorganisation. (Quelle: Eigene Darstellung)

Beschaffung, Produktion, Marketing, Qualitätswesen, Finanzen oder Personalwesen


bestehen (Helmold, 2021). Vorteile einer Projektorganisation sind:

• Kurze Entscheidungswege durch Ko-Allokation


• Vertretung aller Funktionen
• Operative Ausrichtung führt zu schnellen Entscheidungen zur Umsetzung von
Maßnahmen
• Projektspezifische Materialbudgets schaffen Transparenz über die realen Einkaufs-
kosten für alle Produkte
• Gruppendynamische Vorteile durch Zusammenarbeit aller Bereiche (kein „Silo-
denken“ bzw. autonomes Denken von Abteilungen oder Funktionen, sondern
gemeinsames Projektdenken)

13.2 Kritische Erfolgsfaktoren in Projekten

13.2.1 Schlüsselkriterien in Projekten

Das Projektmanagementhandbuch definiert Schlüsselkriterien und Erfolgsfaktoren für


das Steuern und Lenken von Projekten (PM, 2018). Diese Kriterien umfassen insgesamt
neun Kategorien, die für den erfolgreichen Projektabschluss berücksichtigt werden
müssen.
150 13  Leadership im Projektmanagement

13.2.2 Integrationsmanagement

Das Integrationsmanagement im Projektmanagement beschreibt die Abläufe und


Prozesse, die für eine gute Koordinierung und Integration der unterschiedlichen Aktivi-
täten eines Projekts erforderlich sind. Es umfasst die Projektplanentwicklung, die
Projektplandurchführung und das Änderungswesen.

13.2.3 Umfangs- und Leistungsmanagement

Das Projektumfangsmanagement befasst sich mit der laufenden Planung und Kontrolle
des Leistungsfortschritts im Projekt. Im Rahmen des Umfangsmanagements wird in
regelmäßigen Abständen überprüft, ob sich das Projekt innerhalb der im Projektauf-
trag definierten Ziele befindet oder ob es Abweichungen gibt. Zum Projektumfangs-
management gehören die Projektinitiierung, die Inhalts- und Umfangsplanung, die
Leistungsdefinition, die Leistungsverifizierung sowie die Leistungskontrolle.

13.2.4 Zeit- und Terminmanagement

Das Zeit- und Terminmanagement soll sicherstellen, dass ein Projekt termingerecht
fertiggestellt wird. Zum Zeit- und Terminmanagement gehören Vorgangsdefinition,
Festlegung der Vorgangsfolgen, Vorgangsdauerschätzung, Terminplanentwicklung und
Terminplanüberwachung.

13.2.5 Kostenmanagement

Das Kostenmanagement beschreibt alle erforderlichen Prozesse, die sicherstellen sollen,


dass das Projekt im geplanten und genehmigten Kostenrahmen fertiggestellt wird. Zum
Kostenmanagement gehören Einsatzmittelplanung, Kostenschätzung, Budgetierung
sowie Kostenüberwachung.

13.2.6 Qualitätsmanagement

Das Qualitätsmanagement in Projekten soll sicherstellen, dass die vom Auftraggeber


definierten Qualitätsansprüche eingehalten oder sogar übertroffen werden. Dazu gehören
Qualitätsplanung, Qualitätssicherung und Qualitätslenkung.
13.3  Kompetenzanforderungen für Leader im Projektmanagement 151

13.2.7 Personalmanagement

Die Hauptaufgabe des Personalmanagements ist es, dafür zu sorgen, dass die am Projekt
beteiligten Mitarbeiter so effizient wie möglich eingesetzt werden. Dem Personal-
management können folgende Funktionen und Aufgaben zugeordnet werden: Projekt-
organisation, Personalakquisition und Teamentwicklung.

13.2.8 Kommunikationsmanagement

Das Kommunikationsmanagement im Projekt hat zum Ziel, sämtliche Projektinformationen


rechtzeitig und angemessen zu erstellen, zu sammeln, zu verbreiten, abzulegen sowie
zu definieren. Hierzu gehören der Aufbau eines Informations- und Berichtswesens, die
Informationsverteilung, die Fortschrittsermittlung sowie der administrative Abschluss.

13.2.9 Risikomanagement

Das Risikomanagement beschreibt sämtliche iterativen Prozesse, die notwendig sind,


um Projektrisiken festzustellen, zu analysieren und darauf zu reagieren. Hierzu gehören
die Risikoidentifizierung, die Risikobewertung, die Entwicklung von Maßnahmen zur
Risikobewältigung sowie die Risikoverfolgung.

13.2.10 Beschaffungsmanagement

Das Wissensfeld Beschaffungsmanagement beinhaltet die Beschaffung von Waren und


Leistungen außerhalb der Organisation sowie die dazugehörige Vertragsgestaltung. In
diesen Bereich fallen Beschaffungsvorbereitung, Angebotsvorbereitung, Einholen von
Angeboten, Lieferantenauswahl, Vertragsgestaltung und Vertragserfüllung.

13.3 Kompetenzanforderungen für Leader im


Projektmanagement

Projekte mit komplexen Zielvorgaben benötigen einen kompetenten Leader als Projekt-
führer oder -manager. Dieser benötigt sowohl harten (z. B. Projektmanagement-
kompetenzen) als auch weichen Fähigkeiten (z. B. emotionale Intelligenz), um im
Innen- und Außenverhältnis zu überzeugen. Neben einem guten und nachhaltigen Ver-
hältnis zur Führungsebene ist einer der Schlüsselkomponenten von Projektmanagern
ein Team erfolgreich zu führen (Helmold, 2018; Helmold et al., 2017). Projektmanager
152 13  Leadership im Projektmanagement

Tab. 13.2  Leadershipkom­ Empfehlungen für ein erfolgreiches Projektmanagement:


petenzen in Projekten
Führung und Management
Soziale Kompetenzen und Fachwissen
Projektierung durch Projektauftrag
Zielvorgaben nach SMART-Gesichtspunkten
Nachhaltigkeit bei Projektaktivitäten
Erfolgskontrolle und -validierung
Anreizsystem und Karriereplanung
Rückführung in die Linienabteilung
Internationalität und Vielfalt
Einsatz digitaler Medien

müssen ihre Mitarbeiter dahin a­uswählen, dass es eine gesunde Mischung zwischen
Fachwissen und Sozialkompetenz gibt. Projekte sollten durch einen robusten Projekt-
auftrag projektiert werden, in dem Leistungsparameter klar definiert und terminiert
sind (PM, 2018). Zielvorgaben müssen besondere Attribute haben und spezifisch, mess-
bar, akzeptierbar, realistisch und terminiert sein (SMART Methode – Englisch: specific,
measurable, achievable, realistic, timely). Nachhaltigkeit sowie eine permanente und
regelmäßige Erfolgskontrolle runden die SMART-Ziele ab (Obrien 2016). Hier empfiehlt
sich ein Anreizsystem, sodass Mitarbeiter durch materielle oder immaterielle Vorteile
zum Projekterfolg ausreichend motiviert werden. Internationalität und Vielfalt stärken
Projektteams und helfen, auch im internationalen Kontext Projekte erfolgreich umzu-
setzen. Der Einsatz von digitalen Medien unterstützt die Vernetzung, insbesondere über
Ländergrenzen und Zeitzonen hinweg. Zuletzt sollten Organisationen den Projektmit-
gliedern die Rückkehr in die Linienfunktion ermöglichen. Tab. 13.2 fasst die wichtigsten
Empfehlungen zusammen (PM, 2018).

13.4 Fallstudie: Kollaboration von KB und Continental für


automatisierte Fahrsysteme

Die Unternehmen Knorr-Bremse (KB) und Continental haben eine Partnerschaft zur
Entwicklung eines kompletten Systems für das hochautomatisierte Fahren bei Nutz-
fahrzeugen beschlossen. Zu dem System zählen die Umfelderkennung, Fahrplanung
und -entscheidung sowie die Steuerung der beteiligten Aktuatorsysteme wie Lenkung
und Bremssystem im Fahrzeug und die Mensch-Maschine­Interaktion. Hierbei liefert
Continental Sensoren, Umfeldmodell, zentrale Recheneinheit, Konnektivität und
Mensch-Maschine-Interaktion. Knorr-Bremse steuert redundante Aktuatorsysteme
für Bremse und Lenkung bei und übernimmt Verantwortung für die Gesamtsystem-
integration. Die Zusammenarbeit umfasst zunächst das automatisierte Kolonnenfahren
(Platooning). In der weiteren Entwicklung folgt das automatisierte Fahren auf der Auto-
bahn (sogenannter Highway Pilot).
Literatur 153

Literatur

Helmold, M. (2018). Erfolgreiche Verhandlungen und Best-in-Class Empfehlungen für den Ver-
handlungsdurchbruch. Manuskript und Workshopunterlagen im Master- und MBA-Studium.
Helmold, M., Dathe, T., & Büsch, M. (2017). Praxisbericht aus der Bahnindustrie – Bombardier
Transportation. Veränderte Anforderungen durch Global Sourcing. In Beschaffung aktuell.
4.5.2017. https://beschaffung-aktuell.industrie.de/einkauf/veraenderte-anforderungen-durch-
global-sourcing/. Zugegriffen: 17. Mai 2018.
Helmold, M. (2021). Successful Management Strategies and ToolsIndustry Insights, Case Studies
and Best Practices. Springer Cham.
Obrien, J. (2016). Negotiations for procurement professionals (2. Aufl.) Kogan Page Croyden.
PM. (2018). http://www.pm-handbuch.com/begriffe/. Zugegriffen: 7. Juli 2018.
Corporate Social Responsibility (CSR)
und Ethik 14

14.1 Begriffsdefinition: CSR und Ethik

Die Begriff Corporate Social Responsibility (CSR) wurde 1953 von Howard R. Bowen
in seinem Buch Social Responsibilities of the businessman (eng. = gesellschaftliche
Verantwortung des Geschäftsmannes) verwendet und steht für die gesellschaftliche
Verantwortung der Unternehmen (Carroll, 2016). Bowen predigt in seinem Buch für
mehr Rücksicht auf die Gesellschaft durch die großen Unternehmen in den Vereinigten
Staaten (Corporate America), da diese Unternehmen über erhebliche Macht verfügt und
mit ihren wirtschaftlichen Bestrebungen das Leben der normalen Mitbürger wesentlich
beeinflussen (Bowen, 1953). In den darauffolgenden Jahrzehnten evolviert das Konzept
Corporate Social Responsibility (CSR) kontinuierlich, zunächst durch den Zeitgeist der
Sozialbewegungen in den 1960’ern, beispielsweise durch die Bürgerrechtsbewegung,
die Verbraucherbewegung, die Umweltbewegung sowie die Frauenbewegung (Carroll,
2016).
Für eine erfolgreiche CSR-Strategie ist ein klares Verständnis für das Konzept CSR
notwendig. Trotz anhaltenden regen Diskussionen über die gesellschaftliche Role
der Unternehmen existiert keine allgemein anerkannte Definition für Corporate Social
Responsibility (CSR).
Die Europäische Kommission beschreibt CSR formell als „die Verantwortung von
Unternehmen für ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft“ in ihrer Mitteilung „EU
Strategie 2011–2014 für die soziale Verantwortung von Unternehmen (CSR)“ mit der
folgenden näheren Ausführung (Europäische Kommission, 2011):

„Nur wenn die geltenden Rechtsvorschriften und die zwischen Sozialpartnern bestehenden
Tarifverträge eingehalten werden, kann diese Verantwortung wahrgenommen werden.
Damit die Unternehmen ihrer sozialen Verantwortung in vollem Umfang gerecht werden,
sollten sie auf ein Verfahren zurückgreifen können, mit dem soziale, ökologische, ethische,

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, 155
ein Teil von Springer Nature 2022
M. Helmold, Leadership, https://doi.org/10.1007/978-3-658-36364-2_14
156 14  Corporate Social Responsibility (CSR) und Ethik

Menschenrechts- und Verbraucherbelange in enger Zusammenarbeit mit den Stakeholdern


in die Betriebsführung und in ihre Kernstrategie integriert werden.
Auf diese Weise
soll die Schaffung gemeinsamer Werte für die Eigentümerinnen und Eigentümer sowie
Aktionärinnen und Aktionäre der Unternehmen sowie die übrigen Stakeholder und die
gesamte Gesellschaft optimiert werden;
sollen etwaige negative Auswirkungen aufgezeigt, verhindert und abgefedert werden…“

In der akademischen Forschung gibt es zwei unterschiedliche Ansätze im Umgang


mit den ähnlichen Ausdrücken Business Ethics und Corporate Social Responsibility
(CSR), wobei beide Ansätze einen gesellschaftlichen Beitrag des Unternehmens mittels
effektiver CSR-Strategien vorsehen, die über eine medienwirksame Kommunikation
hinausgehen (Sahut et al., 2019).
Der erste Vorschlag ist die pragmatische Gleichsetzung beider Begriffe. Denn im
Grund nimmt ein ethisches Unternehmen seine soziale Verantwortung in jeden Fall wahr
und wenn ein Unternehmen seine soziale Verantwortung wahrnimmt, verhält es sich
auch ethisch (Fassin et al., 2011).
Andere sehen vor, den Anwendungsbereich des Begriffs Business Ethics auf
die moralischen Grundsätze zu beschränken und den Begriff Corporate Social
Responsibility (CSR) zu wählen, wenn die sozialen Ziele im Vordergrund stehen (Maxim,
2014).
In der Wirtschaftspraxis tangiert das Business Ethics Management mit den Bereichen
CSR: Bewertung der Kunden- bzw. Lieferantenbeziehungen, Umweltmanagement, sowie
weitere ethischen Themen. Dementsprechend stellt CSR eine Dimension der etischen
Performance dar.
In den nachfolgenden Abschnitten werden einige Populärwissenschaftliche CSR-
Modelle skizziert.

14.1.1 4-Stufen CSR-Pyramide nach Caroll

Die 4-Stufen Pyramide wurde 1979 von A. Carroll entwickelt und zählt zu den am
meisten verwendeten CSR-Modellen sowie für die akademische Forschung als auch für
die wirtschaftlichen Anwendungen. In diesem Modell beschreibt Carrol die gesellschaft-
liche Verantwortung von Unternehmen in vier hierarchischen Stufen wie in Abb. 14.1
dargestellt.
Die ökonomische Verantwortung bildet in diesem Modell die Grundlage für die
gesellschaftliche Verantwortung der Unternehmen. Die Gesellschaft fordert von den
Unternehmen den wirtschaftlichen Erfolg, um langfristig die für die Allgemeinheit
nützlichen Produkte bzw. Dienstleistungen anzubieten und den Mitarbeiter langfristige
sichere Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen zu können. Ohne eine solide ökonomische
Basis werden die Unternehmen nicht in der Lage sein, einen Beitrag in den höheren
Ebenen für die Gesellschaft zu leisten.
14.1  Begriffsdefinition: CSR und Ethik 157

Gesellschalich
erwünscht
Philanthropische
Verantwortung

Ethische Gesellschalich
Verantwortung erwartet

Gesetzliche Gesellschalich
gefordert
Verantwortung

Gesellschalich
Ökonomische Verantwortung gefordert

Abb. 14.1   Die 4-Stufen CSR-Pyramide nach Caroll. (Quelle: Eigene Darstellung)

Ferner fordert die Gesellschaft, dass die Unternehmen bei ihren geschäftlichen
Tätigkeiten und Wertschöpfungen keine illegalen Mittel einsetzen. Die gesetzlichen
Bestimmungen bilden einen rechtlichen Rahmen für alle Mitglieder der Gesellschaft.
Die Unternehmen sollen trotz ihrer Macht keine Ausnahmen darstellen. Die Betrugsvor-
fälle in der Vergangenheit (z. B. der Enron Skandal) sowie manche rechtlich fraglichen
Geschäftspraktiken (wie z. B. das Cum-ex bzw. Dividendenstripping Geschäft) führen
uns allen vor Augen, dass diese gesellschaftliche Anforderung nicht für alle Unter-
nehmen eine Selbstverständlichkeit ist.
Bei der ethischen Verantwortung handelt es sich um den Beitrag seitens der Unter-
nehmen, der zwar gesetzlich nicht erforderlich, jedoch von der Gesellschaft erwartet
wird. Ein Beispiel dafür ist das Sicherstellen menschenwürdiger Arbeitsbedingungen für
die Mitarbeiter in ausländischen Produktionstaetten bzw. den Einsatz umweltschonender
Technologien.
Die philanthropische Verantwortung stellt die höchste Stufe der gesellschaftlichen
Verantwortung der Unternehmen da. Es handelt sich um den freiwilligen Beitrag der
Unternehmen, die Lebensqualität für ihre Mitarbeiter, für die lokale nachbarschaftliche
Region sowie die für Allgemeinheit im gesellschaftlichen Ökosystem zu verbessern, bei-
spielsweise durch Bereitstellung von Kinderbetreuungseinrichtungen, Förderung von
Bildung und Kunst, sowie freiwillige Spenden für Hilfsprojekte. Dieser Beitrag wird von
der Gesellschaft zwar erwünscht, ist jedoch nicht von den Unternehmen gefordert bzw.
vorausgesetzt (Carroll, 2016).
158 14  Corporate Social Responsibility (CSR) und Ethik

Das 4-Stufen Pyramidenmodell von Carroll begünstigt durch die klare Struktur für die
CSR-Kommunikation. In der Praxis ist es aber nicht immer einfach, die 4 Stufen von-
einander abzugrenzen. Ein weiterer Kritikpunkt gilt, dass das Modell keine Aussage für
Situationen mit Interessenkonflikten liefert, beispielsweise wenn die Produktion nach
Niedriglohnländern verlagert werden, wenn die Mitarbeiter im Heimatland die Arbeits-
plätze verlieren, während sich die Gesellschaft im Ausland über die neuen Investitionen
bzw. neue Steuereinnahmequellen erfreut sind (Crane & Matten, 2016).

14.1.2 Zwei-Dimensionen-Modell nach Quazi & O’Brien

Aufgrund ihrer Feldforschung in Australien und Bangladesh entwickelten Quazi und


O’Brien ein 2-dimensionelles CSR-Modell, in dem sie die Sichtweisen von unter-
nehmerischen CSR-Wahrnehmungen durch zwei Achsen in vier Quadranten aufteilen
(siehe Abb. 14.2).
Ihrer empirischer Forschung zufolge werden die CSR-Entscheidungen in der Wirt-
schaftspraxis, unabhängig von der kulturellen Umgebung bzw. der Marktkonstellationen,
im wesentlich durch zwei Faktoren beeinflusst werden:

• Die CSR-Auffassung vom Manager: weite vs. enge Verantwortung


• Die Begünstigungen vs. Kosten durch CSR-Aktivitäten.

Die unternehmerischen Ansichten über ihre gesellschaftliche Verantwortung lassen sich


folglich in die folgenden vier Gruppen teilen (Quazi & Obrien, 2008):

Individuelle Faktoren

Moralische
Moralisches Moralisches Urteil Moralische Absicht
Maßnahmen
Dilemma erkennen fällen besmmen
umsetzen

Situative Faktoren

Abb. 14.2   Zwei Dimensionen CSR-Modell nach Quazi & O’Brien. (Quelle: Eigene Darstellung)
14.1  Begriffsdefinition: CSR und Ethik 159

• Klassische Sichtweise: Der Manager hat eine enge Auffassung für die gesellschaft-
liche Verantwortung des Unternehmens. Seiner Meinung nach überwiegen die Kosten
die Begünstigungen durch CSR-Aktivitäten.
• Sozial-ökonomische Sichtweise: Der Manager hat eine enge Auffassung für die
gesellschaftliche Verantwortung des Unternehmens. Seiner Meinung nach überwiegen
die Begünstigungen die Kosten durch CSR-Aktivitäten.
• Philanthropische Sichtweise: Der Manager hat eine weite Auffassung für die
gesellschaftliche Verantwortung des Unternehmens. Seiner Meinung nach überwiegen
die Kosten die Begünstigungen durch CSR-Aktivitäten.
• Moderne Sichtweise: Der Manager hat eine weite Auffassung für die gesellschaft-
liche Verantwortung des Unternehmens. Seiner Meinung nach überwiegen die
Begünstigungen die Kosten durch CSR-Aktivitäten.

Dieses Model ermöglicht die effiziente Analyse vom unternehmerischen CSR-


Verständnis bzw. die Entwicklung der Grundlage für die CSR-Strategien. Allerdings
bleiben die einzelnen CSR-Aktivitäten unberührt.

14.1.3 Kernbereiche-Modell nach Carroll und Schwartz

Dieses Modell kann als eine Weiterentwicklung des ursprünglichen 4-Stufen Pyramiden-
modell nach Carroll betrachtet werden, da es die Abgrenzungsproblematik zwischen den
den verschiedenen Stufen löst, indem die durch die CSR-Aktivitäten in 3 Kern Bereichen
„ökonomisch“, „legal“ sowie „ethisch“ sowie derer Schnittmengen in 7 Kategorien gänz-
lich abdeckt Schwartz & Carroll, 2003):

I. rein ökonomisch
II. rein legal
III. rein ethisch
IV. ökonomisch-ethisch
V. ökonomisch-legal
VI. legal-ethisch
VII. ökonomisch-legal-ethisch

Abb. 14.3 zeigt die Kernbereiche nach Carroll & Schwarz.


Kernbereiche nach Carroll und Schwartz, in Anlehnung an Schwartz und Carroll
(2003). Einige Forscher bemängeln jedoch, dass der ökologische Aspekt als Teilmenge
des Kernbereichs „ethisch“ dargestellt wird. Aufgrund der gesellschaftlich empfundenen
Wichtigkeit für den Umgang mit der Natur könnte die Darstellung dieses Aspekts als ein
eigenständiger Kernbereich sinnvoll sein.
160 14  Corporate Social Responsibility (CSR) und Ethik

Vorteile
durch CSR

Sozial-
Moderne
ökonomische
Sichtweise
Sichtweise

Weite Enge
Verantwortung Verantwortung

Philanthropische Klassische
Sichtweise Sichtweise

Kosten durch
CSR

Abb. 14.3   Kernbereiche nach Carroll und Schwart. (Quelle: Eigene Darstellung)

14.1.4 Nachhaltigkeit und drei-Säulen-Modell

In den Diskussionen über die gesellschaftliche Verantwortung der Unternehmen im inter-


nationalen Umfeld fällt oft der Begriff „Sustainability“ (eng. = Nachhaltigkeit). Eine
prominente Definition für diesen Begriff stammt aus dem Brundtland-Bericht der Welt-
kommission für Umwelt und Entwicklung (World Commission on Environment and
Development, WCED) „Our common future“. Demnach handelt es sich bei der Nach-
haltigkeit um eine „Strategie der sozialen Entwicklung, die den Bedürfnissen der Gegen-
wart entspricht, ohne die Fähigkeit künftiger Generationen zu beeinträchtigen, ihre
eigenen Bedürfnisse zu befriedigen“ (United Nations, 1987).
Das drei-Säulen-Modell ist das Ergebnis der Weiterentwicklung des Konzepts
Sustainability. Während der anfängliche Fokus bezüglich der Nachhaltigkeit über-
wiegend auf den schonenden Umgang mit Naturressourcen gelegt wurden, erlangten
die Wissenschaftler mit der Zeit die Kenntnisse, dass man den Umweltschutz nicht
ohne Berücksichtigung der sozialen und ökonomischen Auswirkung auf die betroffenen
Menschen bzw. Gesellschaften betreiben kann.
Sustainability wird im drei-Säulen-Modell („Tripple-Bottom-Line“) als eine gesunde
Balance von den ökologischen, von den ökonomischen sowie von den sozialen Zielen
dargestellt (Elkington, 1988). (Abb. 14.4).
Nachhaltigkeit und Corporate Social Responsibility (CSR) sind wesentliche Faktoren
für die Erreichung von Wettbewerbsvorteilen und für Mitarbeiterzufriedenheit. Mit-
arbeiter wollen für Unternehmen mit sozialen Standards und Regeln arbeiten. Für eine
14.1  Begriffsdefinition: CSR und Ethik 161

Abb. 14.4   Die Dimensionen


der Nachhaltigkeit
(Sustainability) im drei-
Säulen-Modell. (Quelle:
Eigene Darstellung) Sozial Ökonomisch

Ökologisch

erfolgreiche nachhaltige Entwicklung beschäftigen sich Akteure aus Politik, Unter-


nehmen, gemeinnützigen Organisationen, Wissenschaft und Bildung mit dem Thema
nachhaltiges Management. Beispiele zeigen, dass CSR nicht nur eine Frage multi-
nationaler Unternehmen (MNC) ist, sondern auch anderer Organisationen aus ver-
schiedenen Branchen wie Start-ups, Unternehmen in Ballungsräumen, kleinen und
mittleren Unternehmen (KMU) in ländlichen Gebieten – von Hightech bis Bio Land-
wirtschaft. CSR ist auch unter einer Reihe anderer Definitionsnamen bekannt. Dazu
gehören Unternehmensverantwortung, Unternehmensverantwortung, Unternehmens-
ethik, Corporate Citizenship oder Stewardship, Unternehmensethik, verantwortungs-
bewusstes Unternehmertum und Triple Bottom Line, um nur einige zu nennen (Helmold,
2020). Da CSR-Themen zunehmend in moderne Geschäftspraktiken integriert werden,
besteht der Trend, sie als „verantwortliche Wettbewerbsfähigkeit“ oder „Nachhaltig-
keit von Unternehmen“ zu bezeichnen. Unter CSR versteht man die Art und Weise, wie
Unternehmen soziale, ökologische und wirtschaftliche Belange auf transparente und
rechenschaftspflichtige Weise in ihre Werte, Kultur, Entscheidungsfindung, Strategie
und Geschäftstätigkeit integrieren und dadurch bessere Praktiken innerhalb des Unter-
nehmens etablieren, Wohlstand schaffen und die Gesellschaft verbessern. Ein wichtiger
Punkt ist, dass CSR ein sich entwickelndes Konzept ist, das derzeit keine allgemein
akzeptierte Definition hat. Im Allgemeinen wird unter CSR die Art und Weise ver-
standen, wie Unternehmen soziale, ökologische und wirtschaftliche Belange auf trans-
parente und rechenschaftspflichtige Weise in ihre Werte, Kultur, Entscheidungsfindung,
Strategie und Geschäftstätigkeit integrieren und dadurch bessere Praktiken innerhalb
des Unternehmens etablieren, Wohlstand schaffen und die Gesellschaft verbessern. Da
Fragen der nachhaltigen Entwicklung immer wichtiger werden, wird auch die Frage, wie
der Unternehmenssektor sie anspricht, zu einem Element der CSR. Der World Business
Council für nachhaltige Entwicklung hat CSR als den geschäftlichen Beitrag zur nach-
haltigen wirtschaftlichen Entwicklung beschrieben. Aufbauend auf der Einhaltung von
Gesetzen und Vorschriften umfasst CSR in der Regel „über das Gesetz hinausgehende“
Verpflichtungen und Aktivitäten in Bezug auf:
162 14  Corporate Social Responsibility (CSR) und Ethik

• Corporate Governance und Ethik


• Gesundheit und Sicherheit
• Einhaltung von Gesetzen
• Umweltverantwortung
• Rechte an geistigem Eigentum
• Menschenrechte (einschließlich der wichtigsten Arbeitsrechte)
• Nachhaltige Entwicklung
• Arbeitsbedingungen (einschließlich Sicherheit und Gesundheit, Arbeitszeit, Löhne)
• Industrielle Beziehungen; Beteiligung, Entwicklung und Investition der Gemeinschaft
• Einbeziehung und Achtung verschiedener Kulturen und benachteiligter Völker
• Unternehmensphilanthropie und freiwilliges Engagement der Mitarbeiter
• Kundenzufriedenheit und Einhaltung der Grundsätze des fairen Wettbewerbs
• Maßnahmen zur Bekämpfung von Bestechung und Korruption
• Rechenschaftspflichten, Transparenz und Leistungsberichterstattung
• Lieferantenbeziehungen für nationale und internationale Lieferketten

Viele Unternehmen publizieren heutzutage in einem öffentlich verfügbaren Report –


dem sogenannten „Sustainability Statement“ – wie sie mit dem Thema Sustainability
bzw. CSR umgehen wollen. Die nachstehenden Auszüge der Sustainability Statements
spiegel ein Verständnis entsprechend des drei-Säulen-Modells wieder und belegen die
Aktualität dieses Modells in der CSR-Kommunikation (siehe Tab. 14.1).

14.1.5 Corporate Citizenship (CC)

Der Ausdruck „Corporate Citizenship (CC)“ (eng.  = Unternehmensbürgerschaft)


wird seit Mitte der 1990s’ wie Corporate Social Responsibility (SCR) benutzt, um
die gesellschaftliche Rolle der Unternehmen zu beschreiben. In der Literatur wird der
Begriff jedoch unterschiedlich verwendet, etwain folgenden drei Weisen:

• CC im engeren Sinne: ist als philanthropische Aktivität der Unternehmen zu ver-


stehen, ihren Wohlstand mit den „Mitbürgern“ zu teilen.
• CC im äquivalenten Sinne: ist mit CSR gleichzusetzen.
• CC im weiteren Sinne: inkludiert das Streben der Unternehmen, ihre dominante
Position und ihren politischen Einfluss im internationalen Umfeld für eine Reihe
individueller Rechte („Citizenship“) einzusetzen.

Die nachstehende Kategorisierung der obigen Rechte als CC ist im weiteren Sinne durch
Marshall bis heute weitgehend in der Literatur akzeptiert (Marshall, 1965):

a Soziale Rechte: Die Rechte der Individuen, an die Gesellschaft teilzunehmen, z. B.
Recht auf Bildung, medizinische Versorgung sowie weiterer Sozialfürsorge.
14.1  Begriffsdefinition: CSR und Ethik 163

Tab. 14.1  Auszug des Sustainability Statements von einigen Unternehmen


Firma Sustainability Statement Quelle
(Auszug)
Volkeswagen For Volkswagen, sustainability means https://www.volkswagenag.
pursuing economic, social and ecological com/en/sustainability.html
objectives simultaneously and with equal
energy. It is our aim to create lasting
values, offer good working conditions, and
conserve resources and the environment
(eng. = Nachhaltigkeit bedeutet für
Volkswagen, wirtschaftliche, soziale
und ökologische Ziele gleichzeitig und
mit gleicher Energie zu verfolgen. Es ist
unser Ziel, bleibende Werte zu schaffen,
gute Arbeitsbedingungen zu bieten und
Ressourcen und Umwelt zu schonen.)
Deutsche Bahn Mit unseren strategischen Zielen bringen https://www.deutschebahn.
wir Ökonomie, Soziales und Ökologie in com/de/nachhaltigkeit
Einklang
Louis Vuittons Savoir Faire und Innovation sind zwei https://de.louisvuitton.com/
Kernwerte des Hauses Louis Vuitton. deu-de/la-maison/environ-
Daher besteht für Louis Vuitton der ment#
höchste Anspruch darin, den Ursprung der
herausragenden Qualität der Louis Vuitton
Produkte zu respektieren: die natürlichen
Ressourcen. „Großartiges Design, Nach-
haltigkeit und wirtschaftlicher Erfolg
gehen Hand in Hand“, erklärt Michael
Burke, Vorstand und Generaldirektor von
Louis Vuitton
Samsung Bei Samsung zielt unser Nachhaltig- https://www.samsung.com/de/
keitsmanagement darauf ab, integrierte aboutsamsung/sustainability/
Werte zu schaffen. Wir schaffen nicht strategy/
nur ökonomischen Wert durch Gewinn-
maximierung und Shareholder-Value-
Maximierung, sondern sehen uns
verpflichtet als globaler Bürger mehr
Verantwortung zu übernehmen und auch
sozialen Wert zu schaffen. Basierend auf
unseren Kernwerten liefern wir entlang
unserer Wertschöpfungskette innovative
Produkte und Dienstleistungen. Dadurch
generieren wir Werte in den Bereichen
Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt

(Fortsetzung)
164 14  Corporate Social Responsibility (CSR) und Ethik

Tab. 14.1   (Fortsetzung)
Firma Sustainability Statement Quelle
(Auszug)
Siemens Bei Siemens definieren wir nachhaltige https://new.siemens.com/
Entwicklung als das Mittel, profitables global/de/unternehmen/nach-
und langfristiges Wachstum zu erzielen. haltigkeit.html
Dabei orientieren wir uns extern an der
UN Agenda 2030 für nachhaltige Ent-
wicklung und streben intern eine Balance
entlang der Dimensionen Mensch,
Umwelt und Gewinn an
SAP Unser Fokus auf Nachhaltigkeit und https://www.sap.com/
gesellschaftlicher Verantwortung corporate/de/company/
(Corporate Social Responsibility; CSR) sustainability-csr.html
resultiert aus unserer Vision, die Abläufe
von Unternehmen und das Leben von
Menschen weltweit zu verbessern.
Wir wissen, dass soziale, ökologische
und wirtschaftliche Aktivitäten und
Leistungen sich gegenseitig beeinflussen
und spürbare Wechselwirkungen besitzen.
Unsere Anstrengungen zielen daher auf
eine Zukunft für unser Unternehmen,
unsere Kunden und die Gesellschaft, die
von Nachhaltigkeit geprägt ist
Auszug des Sustainability Statements von einigen Unternehmen, abgerufen 09.12.2019 von den
entsprechenden Firmen Webseiten aus dem Internet

b Bürgerrechte: Die Freiheit von Missbräuchen und Eingriffen Dritter (insbesondere der
Regierung), Redefreiheit, Recht auf Eigentum, Recht auf Zugang zum „freien“ Markt
usw.
c Politische Rechte: Das Stimmrecht, das Recht, ein öffentliches Amt zu bekleiden
und auszuüben. Im Allgemeinen, das Recht am bürgerlichen politischen Gestaltungs-
prozess teilzunehmen.

Das Konzept des Corporate Citizenship im weiteren Sinne wird in Abb. 14.5 veranschau-
licht dargestellt:
Das politische Element des Corporate Citizenship im weiteren Sinne eröffnet ein
weiteres Tätigkeitsfeld für Großunternehmen. In Bezug auf die 2017 veröffentlichte
KPMG-Umfrage zufolge behandeln 90 % der Top 250 weltgrößten Unternehmen
und 73 % der repräsentativen Großunternehmen weltweit Menschrechte als Teil ihres
Geschäftskonzepts und schließen diesen essentiellen Themenbereich in ihrem CSR-
Bericht ein (KPMG, 2017). Die Mehrzahl der Kritiker bemängeln jedoch, dass es sich
14.2  Megatrends mit Auswirkungen auf das Leadership 165

Abb. 14.5   Das Konzept Corporate Cizenship (CC)


Corporate Citizenship im
im weiteren Sinne
weiteren Sinnen. (Quelle:
Eigene Darstellung)
Corporate Social
Das polische Element
Responsibility (CSR)

Ökonomische Ökologische Soziale Soziale Polische


Perspekve Perspekve Perspekve Rechte Bürgerechte Rechte

hierbei oft nur um Public Relationship-Maßnahmen der Unternehmen handelt und keine
nachhaltigen Wirkungen erzielt werden soll. Andere Marktteilnehmer sehen solche
politischen Verantwortungen eher bei staatlichen Institutionen aufgehoben.

14.2 Megatrends mit Auswirkungen auf das Leadership

Auf nahezu allen Märkten sehen sich Unternehmen mehr denn je einem dynamischen,
sich schnell änderndem Umfeld ausgesetzt. Ein ständiger Wandel der Lieferanten-
strukturen, der Marktstrukturen und Umweltbedingungen stellt eine nicht zu
unterschätzende Herausforderung an die Marktteilnehmer und das Leadership.
Globalisierung, Digitalisierung, weltweite Trends und andere oft diskutierte Themen-
bereiche stellen mehr dar, als nur Schlagworte. Soll die Wettbewerbsfähigkeit erhalten
oder gar ausgebaut werden, so müssen sich Unternehmen schnell und flexibel an die
veränderten Bedingungen und Kundenerwartungen anpassen können. In diesem
Zusammenhang gewinnt das Leadership zunehmend an Bedeutung: das Bestreben der
einzelnen Unternehmen, sich auf die eigenen Kernkompetenzen zu konzentrieren und
die restlichen Geschäftsprozesse in enger Zusammenarbeit mit Partnerunternehmen
oder Lieferantennetzwerken zu bewältigen. Megatrends sind laut diverser Studien
und Quellen langfristige und übergreifende Transformationsprozesse. Megatrends
haben laut der Studie der Agentur Z-Punkt wirkungsmächtigen Einflussgrößen, die
die Märkte der Zukunft prägen. Sie unterscheiden sich von anderen Trends in dreier-
lei Hinsicht: 1. Zeithorizont, 2. Reichweite und 3. Wirkungsstärke. Zeithorizont:
Megatrends sind über einen Zeitraum von Jahrzehnten beobachtbar. Für die Gegen-
wart existieren bereits quantitative, empirisch eindeutige Indikatoren. Sie können mit
hoher Wahrscheinlichkeit noch über mindestens 15 Jahre in die Zukunft projiziert
werden. Reichweite: Megatrends wirken umfassend, ihr Geltungsbereich erstreckt
sich auf alle Weltregionen. Dabei bewirken sie mehrdimensionale Umwälzungen aller
gesellschaftlichen Teilsysteme – politisch, sozial und wirtschaftlich. Ihre spezifischen
Ausprägungen unterscheiden sich von Region zu Region. Wirkungsstärke: Mega-
trends wirken umfassend und tiefgreifend auf alle Akteure – Regierungen, Individuen
166 14  Corporate Social Responsibility (CSR) und Ethik

und ihr Konsumverhalten, aber auch Unternehmen und ihre Strategien. Geprägt
wurde der Begriff des „Megatrends“ von John Naisbitt, dessen gleichnamiger Best-
seller vor 25 Jahren erschien. Darin zeichnete er ein Bild der Zukunft von der Jahr-
tausendwende anhand von 10 durchgreifenden Entwicklungen und wurde zu einem
Wegbereiter der Trendforschung in Wirtschaft und Gesellschaft. Megatrends beein-
flussen nicht nur die Gesellschaft, sondern insbesondere wirtschaftliche Aktivitäten,
durch veränderte Kundenwünsche und Kundenerwartungen. Diese wirtschaftlichen
Aktivitäten haben wiederum Auswirkungen auf Unternehmen, die eigenen Prozesse
in Beschaffung, Produktion, Distribution und die daraus resultierenden Lieferanten-
beziehungen. Aus den Ergebnissen der Studie der Log. Kompass und einer Studie
der MB Tech Consulting lassen sich folgende Schlussfolgerungen ziehen. Fast 80 %
aller befragten Unternehmen gehen davon aus, dass Megatrends Auswirkungen auf die
Anzahl der Kunden und das Variantenmanagements hat. Mehr als 65 % der befragten
Unternehmen rechnen mit größeren Marktschwankungen aufgrund von saisonalen oder
absatzabhängigen Gründen. Als Resultat geht die Mehrheit der befragten Unternehmen
davon aus, dass die veränderten Rahmenbedingungen Auswirkungen auf die eigenen
Produktionsstandorte und die Distribution haben werden. Damit beeinflussen diese
Trends automatisch die Beschaffungsseite, die Lieferantenkette und das Leadership.

14.3 Notwendigkeit von CSR im Leadership

Das eigene CSR-Profil eines Unternehmens und deren Wertschöpfungskette ist heutzu-
tage eng mit den Aktivitäten seiner Lieferanten und deren Lieferketten verknüpft. Ange-
sichts der Globalisierung in Wirtschaft und Industrie gilt dies erst recht. Geschäftspartner
müssen heute in ihren nationalen wie internationalen Beziehungen Verantwortung in der
Nachhaltigkeit übernehmen und ihrer Sorgfaltspflicht nachkommen. Konkret bedeutet
dies: verstärkt ökologische, ökonomische und soziale Aspekte zu berücksichtigen.
Mindestanforderungen sind die Einhaltung von Gesetzen, Umweltaspekte, den Schutz
geistigen Eigentums, Arbeitsschutzmaßnahmen und Antikorruption wie 10.6 zeigt. Ver-
lässliche Lieferanten und Partner tragen maßgeblich zur Kundenzufriedenheit und zum
Erfolg Ihres Unternehmens bei. Es reicht heute nicht mehr aus, nur auf die eigene Quali-
tätsfähigkeit zu schauen. Die Qualität von Produkten und Prozessketten lässt sich erheb-
lich steigern, wenn beide Seiten in der Lieferkette partnerschaftlich und vertrauensvoll
zusammenarbeiten. Eine ausgewogene Lieferantenstruktur beugt Lieferengpässen vor,
eine hohe Lieferfähigkeit und Termintreue stabilisieren den eigenen Herstellungsprozess.
Abb. 14.6 zeigt die Signifikanz und Wertigkeit von CSR im Leadership.
14.5  Lieferantenentwicklung im Bereich CSR 167

Abb. 14.6   CSR im
Leadership (Quelle: Eigene Arbeits-
bedingungen
Darstellung)
Geisges An-
Eigentum korrupon
Leadership

CSR Elemente

Menschen-
Umwelt
rechte

Soziale Einhaltung
Standards Gesetze

14.4 Reifegradanalysen von CSR im Leadership

Globalisierung, steigende Produktkomplexität, kürzere Entwicklungszyklen und länder-


übergreifende Wertschöpfungsnetzwerke werden immer komplexer. Ein präventives
Leadership ist angesichts dieser Entwicklung unabdingbar. Die Tab. 10.2 zeigt Reife-
grade von Unternehmen und deren Leadershipsystemen. An der untersten Stufe stehen
die Verweigerer, die keine Aktivitäten hinsichtlich einer nachhaltigen Lieferkette durch-
führen. An nächster Stelle kommen die Nachzügler, die ein CSR-Bewusstsein haben
und Aktivitäten (wenn auch geringe) und Maßnahmen eingeführt haben. An dritter und
vierter Position der Reifegradtabelle kommen die Unternehmen, die CSR-Maßnahmen
gezielt planen und Steuern (Industrie-Standard und Beste-Praktiken). An letzter Stelle
stehen die Unternehmen, die Industrie-Exzellenz oder Weltklasse-Exzellenz haben.
Tab. 14.2 beschreibt alle Kategorien und Merkmale innerhalb der Reifegrade der
Leadershipsysteme.

14.5 Lieferantenentwicklung im Bereich CSR

CSR ist ein neuer wesentlicher Bestandteil des Leaderships. CSR ist nicht nur notwendig
aufgrund von gesetzlichen Vorschriften, sondern auch gesellschaftlich ein Muss für jedes
Unternehmen. Das Lieferantemanagement muss daher den CSR-Reformprozess entlang
der gesamten Wertschöpfungskette im Auge behalten, insbesondere da Unternehmen
gesetzlich und gesellschaftlich zur globalen Sorgfaltspflicht (Due Diligence) aufgefordert
sind. Die CSR-Berichterstattungspflicht, die verbindlichen Kernelemente des Nationalen
Aktionsplanes zur Umsetzung der VN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte
und die Aufforderung zur Implementierung von Risikomanagementsystemen treffen
168 14  Corporate Social Responsibility (CSR) und Ethik

Tab. 14.2  Reifegrade für Nachhaltigkeit


Reifegrad Beschreibung Konsequenz
Verweigerer Keine Aktivitäten im Bereich Keine Berücksichtigung bei
CSR zukünftigen Aufträgen
Nachzügler Beginnendes CSR-Bewusstsein, CSR-Audit und Schwach-
erste Maßnahmen stellenanalyse mit Handlungs-
empfehlungen
Standard CSR-Plan als Teil der Unter- Überwachung der CSR-
nehmensstrategie Aktivitäten, stichprobenartige
Kontrollen
Hoher Reifegrad CSR-Plan als Teil der Unter- Projektbezogene Kollaboration
nehmensstrategie mit Beste bei wertekettenübergreifenden
Praktiken und einem hohen CSR-Aktivitäten
Reifegrad
Industrieführer CSR-Plan als Wettbewerbsvor- Holistische Kollaboration bei
teil in der Industrie mit dem wertekettenübergreifenden
Fokus auf Wertschöpfung CSR-Aktivitäten
Weltführer CSR-Plan als Vorreiter in der Strategische Partnerschaften in
Welt. CSR führt zu Wett- allen Bereichen CSR
bewerbsvorteilen mit dem Fokus
auf Wertschöpfung
Quelle: Eigene Darstellung

dabei nicht nur große, sondern insbesondere auch mittlere und kleine Unternehmen
(KMU) in den Lieferantenketten.
So gelingt Unternehmen die Umsetzung von CSR-Aktivitäten im Leadership:

• Wenn Sie Verbesserungen zum Thema Nachhaltigkeit in Ihrer Lieferkette umsetzen


wollen, sollten Sie folgende Punkte beachten:
• Schließen Sie mit Ihren Zulieferern Verträge ab, die Ihre relevanten Nachhaltigkeits-
aspekte beinhalten.
• Priorisieren Sie Zulieferer zu Vorzugslieferanten, beispielsweise durch ein
Pyramidenmodell nach den für Ihr Unternehmen wichtigsten Kriterien.
• Führen Sie Auditierungen Ihrer Lieferanten durch.
• Legen Sie intern und mit den Lieferanten kommunizierte Maßnahmen infolge
schlechter Audits fest: etwa Schulungen der Mitarbeiter von Zulieferern oder Aus-
schluss des jeweiligen Lieferanten.
• Schließen Sie an alle Audits Fortbildungsmaßnahmen und Dialogformate an, damit
die Auditergebnisse genutzt werden können und eine Verbesserung stattfinden kann.
14.6  Global Compact Prinzipien 169

• Binden Sie insbesondere Ihre Vorzugslieferanten frühzeitig in Entwicklungen und


strukturelle Veränderungen ein, beispielsweise zu neuen Umweltstandards oder zur
Nutzung neuer Technologien.

14.6 Global Compact Prinzipien

Unternehmensnachhaltigkeit beginnt mit dem Wertesystem eines Unternehmens und


einem prinzipienbasierten Geschäftsansatz. Dies bedeutet, auf eine Weise zu handeln,
die mindestens den grundlegenden Verantwortlichkeiten in den Bereichen Menschen-
rechte, Arbeit, Umwelt und Korruptionsbekämpfung entspricht. Verantwortungs-
bewusste Unternehmen setzen überall dort, wo sie präsent sind, dieselben Werte und
Grundsätze ein und wissen, dass bewährte Verfahren in einem Bereich den Schaden in
einem anderen nicht ausgleichen. Durch die Einbeziehung der zehn Prinzipien des UN
Global Compact in Strategien, Richtlinien und Verfahren und die Schaffung einer Kultur
der Integrität erhalten Unternehmen nicht nur ihre grundlegende Verantwortung gegen-
über Menschen und Planeten aufrecht, sondern schaffen auch die Voraussetzungen für
langfristigen Erfolg (Abb. 14.7). Der UN Global Compact ist ein prinzipienbasierter

Abb. 14.7   UN Global Compact Prinzipien. (Quelle: Eigene Darstellung)


170 14  Corporate Social Responsibility (CSR) und Ethik

Rahmen für Unternehmen, in dem zehn Prinzipien in den Bereichen Menschenrechte,


Arbeit, Umwelt und Korruptionsbekämpfung festgelegt sind. Im Rahmen des Global
Compact werden Unternehmen mit UN-Organisationen, Arbeitsgruppen und der Zivil-
gesellschaft zusammengeführt. Das Framework bietet eine universelle Sprache für die
Unternehmensverantwortung und ein Framework, das alle Unternehmen unabhängig
von Größe, Komplexität oder Standort anleitet. Der Beitritt zum UN Global Compact
bedeutet, einen wichtigen öffentlichen Schritt zu unternehmen, um unsere Welt durch
prinzipielles Geschäft zu verändern. Partizipation macht eine Aussage über Werte und
kommt sowohl der Gesellschaft als auch dem langfristigen Erfolg der Unternehmen
zugute. Unternehmensnachhaltigkeit beginnt mit dem Wertesystem eines Unternehmens
und einem prinzipiellen Geschäftsansatz. Dies bedeutet, auf eine Weise zu handeln, die
zumindest die grundlegenden Verantwortlichkeiten in den Bereichen Menschenrechte,
Arbeit, Umwelt und Korruptionsbekämpfung erfüllt. Verantwortungsbewusste Unter-
nehmen setzen überall dort, wo sie präsent sind, dieselben Werte und Grundsätze ein
und wissen, dass bewährte Verfahren in einem Bereich den Schaden in einem anderen
nicht ausgleichen. Durch die Einbeziehung der Global Compact-Prinzipien in Strategien,
Richtlinien und Verfahren und die Schaffung einer Kultur der Integrität erhalten Unter-
nehmen nicht nur ihre grundlegende Verantwortung gegenüber Menschen und Planeten
aufrecht, sondern schaffen auch die Voraussetzungen für langfristigen Erfolg.

14.7 Fallstudie: Nachhaltigkeit bei Volkswagen (VW)

Das Werk von Volkswagen Wolfsburg erhält für seine effiziente und nachhaltige
Produktion den „Lean & Green Management Award 2019“ in der Kategorie „Automotive
OEM“. Mehr als 250 Werke aus mehr als zehn Ländern und 20 verschiedenen Branchen
nahmen an dem Wettbewerb teil. „Wir sind stolz darauf, dass unsere beharrliche Arbeit
erfolgreich Ressourcen gespart hat und dass wir dafür den renommierten ‚Lean &
Green Management Award‘ erhalten haben“, sagte Stefan Loth, Leiter des Volkswagen
Werks Wolfsburg. „Am Standort Wolfsburg beweisen wir, dass eine effiziente Fahr-
zeugproduktion bei gleichzeitiger Ressourcenschonung nicht nur möglich, sondern
auch sinnvoll ist. Denn die Produktion trägt auch eine ökologische Verantwortung. Der
bewusste Einsatz von Rohstoffen und Energie spielt eine Rolle in unserem ökologischen
Engagement. In Bezug auf die Produktionseffizienz konzentriert sich das Mutterwerk
von Volkswagen auf seine „PQM“ -Strategie – Produktivität, Qualität und Besatzung.
Jedes Jahr finden mehr als 400 Workshops statt, mit denen die Wolfsburger Belegschaft
die Prozesse und damit verbessert reduziert die Produktionskosten pro Fahrzeug. Das
Werk verwendet konsequent das Volkswagen Production System, das die Grundlagen,
Standards und Methoden beschreibt, mit denen die Herstellungsprozesse entworfen, aus-
geführt und ständig weiterentwickelt werden. Das Volkswagen Mutterwerk ist auch auf
dem Weg zur Nachhaltigkeit und Umsetzung von das Umweltprogramm „Zero Impact
Factory“. Ein wichtiger Baustein zum Schutz der Umwelt und Die Förderung der bio-
Literatur 171

Abb. 14.8   Nachhaltigkeit bei VW. (Quelle: Eigene Darstellung)

logischen Vielfalt sind beispielsweise die auf dem Werksgelände gelegenen Prozess-
wasserbecken. Dank des internen Wasserkreislaufs fließt jeder Wassertropfen etwa
vier- bis sechsmal durch die Baustelle, wodurch der Wasserverbrauch pro Fahrzeug sehr
niedrig gehalten wird. Der „Lean & Green Management Award“ wird jährlich von den
Beratern Growth Consulting Europe und Quadriga Consult sowie der Fachzeitschrift
AUTOMOBIL INDUSTRIE vergeben. Der Preis wurde kürzlich in einer Studie der
Universität Hohenheim als einer der am höchsten bewerteten Nachhaltigkeitspreise in
Deutschland eingestuft. Abb. 14.8 zeigt den Nachhaltigkeitspreis bei VW.

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Leadership und Change Management
15

15.1 Definition Change Management

Unter Change Management (Veränderungsmanagement) lassen sich alle Aufgaben,


Maßnahmen und Tätigkeiten zusammenfassen, die eine umfassende, bereichsüber-
greifende und inhaltlich weitreichende Veränderung zur Umsetzung neuer Strategien,
Strukturen, Systeme, Prozesse oder Verhaltensweisen in einer Organisation bewirken
sollen. Change Management muss vom Leadership initiiert werden, um einen lang-
fristigen Unternehmenserfolg zu erwirken (Helmold & Terry, 2021). Change
Management kann als die Summe von Aufgaben, Maßnahmen und Aktivitäten
definiert werden, die eine umfassende, abteilungsübergreifende und weitreichende
Veränderung in einem Unternehmen oder einer Organisation bewirken sollen. Das
Änderungsmanagement umfasst die Implementierung einer neuen Mission, Vision,
Strategien, Strukturen, Systeme, Prozesse und Verhaltensweisen in einer Organisation.
Das ultimative Ziel des Wandels ist es, durch den Wandel zu einem innovativen und
schlanken Unternehmen eine langfristig günstige Position auf dem Markt zu erreichen
und einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil zu erzielen (Helmold, 2021). In der Literatur
gefundene Synonyme für den Terminus Änderungsmanagement sind Business Process
Reengineering, Turnaround Management, Transformationsmanagement, Change
Management, Innovationsmanagement oder Total Quality Management (Vahs, 2019).
Veränderungen bestimmen zunehmend die alltäglichen Geschäfte und Aktivitäten
von Unternehmen. Um Veränderungen optimal zu managen, sind spezielle Change-
Management-Techniken erforderlich, die unter dem Begriff Änderungsmanagement
(Lauer, 2019, 2020) zusammengefasst werden können. Der menschliche Faktor steht
bei allen Überlegungen im Vordergrund, da die Umsetzung von Veränderungen von der
aktiven Unterstützung der Mitarbeiter abhängt. Da jeder seine eigenen Bedürfnisse, Ideen
und Erfahrungen hat, von denen einige nicht der offiziellen Unternehmensorganisation

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, 175
ein Teil von Springer Nature 2022
M. Helmold, Leadership, https://doi.org/10.1007/978-3-658-36364-2_15
176 15  Leadership und Change Management

entsprechen, kann es kein einfaches Rezept für den erfolgreichen Umgang mit Ver-
änderungen geben. Es ist vielmehr ein komplexer Prozess, der an drei Punkten beginnen
muss: der Organisation und den betroffenen Personen, den Unternehmensstrukturen und
der Unternehmenskultur (Lauer, 2019). Ein weiteres wichtiges Element im Kontext ist
der technologische Faktor, einschließlich Systeme, Routinen, Methoden und Instrumente
(Helmold & Samara, 2019). Abb. 15.1 fasst die Elemente des Änderungsmanagements
zusammen.

15.2 Veränderungsmanagement nach Lewin

Kurt Lewin war weder Management-Guru, noch Unternehmer. Er war vielmehr Psycho-
loge und Sozialwissenschaftler. Lewin analysierte Veränderungsprozesse in der Gesell-
schaft oder kleineren sozialen Gruppierungen. Letztendlich hat er dabei charakteristische
Phasen eines erfolgreichen Change Managements, aber auch typische, emotionale
Reaktionen und Effizienzveränderungen identifiziert. Wer mit Change Management
zu tun hat und es anwenden muss, sollte diese charakteristischen Phasen kennen. Der
Grund liegt auf der Hand: Wer mit diesem Teil der Theorie nicht vertraut ist, wundert
sich, warum die Effizienz in der Phase eines Veränderungsprozesses sinkt oder warum
die Belegschaft bei der Ankündigung der Veränderungen geschockt ist. Doch das sind
absolut typische Merkmale des Veränderungsprozesses, die zwar den richtigen Umgang
erfordern, aber nicht zwingend Grund zur Sorge sind.

Unternehmensstrategie, Mission, Kultur, Werte, Verhalten,


Vision, Unternehmens- und Kommunikaon, Kollaboraon
Abteilungsziele

Änderungsmanagement
Leadership

Organisaon, Führung, Technologie, Systeme, Methoden,


Strukturen, Prozesse Rounen, Instrumente

Abb. 15.1   Elemente im Änderungsmanagement. (Quelle: Eigene Darstellung)


15.2  Veränderungsmanagement nach Lewin 177

15.2.1 Antreiber vs. Widerstände

Kurt Lewin geht davon aus, dass es in jeder Organisation „Driving forces“ und
„Restraining forces“ gibt, sprich Kräfte, die den Wandel antreiben und Kräfte, die dem
Wandel entgegenwirken. Damit es zu Veränderungen kommt, müssen die Driving forces
gestärkt werden – und das ist Aufgabe des Change Management. Da diese Kräfte von
den Mitarbeitern ausgehen, ist es wichtig die Mitarbeiter von Anfang an am Wandel zu
beteiligen. Sie müssen vom Wandel überzeugt werden, um selbst zur treibenden Kraft
zu werden. Das ist viel Arbeit, zahlt sich allerdings aus. Kurt Lewin führt die einzelnen
Abschnitte eines Veränderungsprozesses im 3-Phasen-Modell auf (Abb. 15.2):

15.2.2 Änderungsmanagement auf der Sachebene

Um den Ablauf der psychologischen Phasen darzustellen, sollte man sich zunächst ein-
mal ansehen, was im Rahmen des Change Managements auf der Sachebene passiert.
Jede Veränderung beginnt mit der Vorbereitung und Planung. Das Problem muss
identifiziert werden, ein Change-Manager und ein Change-Team muss her. Wenn der
Change durch einen Berater oder einen externen Manager begleitet werden soll, muss
dieser auch von Anfang an mit im Boot sitzen. Dann steht die Situationsanalyse an, für
die die üblichen Hilfsmittel zur Verfügung stehen: Benchmarks, Befragungen, SWOT-
Analyse, Stakeholder-Analyse, etc. Im nächsten Schritt geht es um die Ausarbeitung
des Konzepts, inkl. Auswahl der Strategie (Bottom-up, Top-down, Both-directions).
TCP-Matrix, Kommunikationsmatrix und Balanced Score-Card als Instrumente infrage.
Anschließend kommt der entscheidende Schritt der Implementierung. Klare Zeitvor-
gaben sind ebenso wichtig wie regelmäßiger Austausch über den Fortschritt und etwaige

Leadership
3-Phasen Modell Kurt Lewin

Auauen Verändern Einfrieren


(Unfreezing) (Moving) (Freezing)

• Mission und Vision des • Mission und Vision • Erfolge konsolidieren


Wandels definieren kommunizieren • Leitbild in die
• Gefühl der Dringlichkeit • Mitarbeiter einbinden Unternehmenskultur
aufbauen • Kurzfristige Erfolge integrieren
• Führungskoalition umsetzen und feiern • Veränderungen leben
schaffen

Abb. 15.2   Veränderungsmanagement nach Lewin. (Quelle: Eigene Darstellung)


178 15  Leadership und Change Management

Probleme. Alle Veränderungen müssen ausführlich kommuniziert werden, zusätzlich


sollte es einen Zuständigen für Fragen jedweder Art geben. Der letzte Schritt beinhaltet
die Kontrolle, es wird geprüft, ob Nachjustierungen nötig sind.

15.2.3 Phase 1: Unfreezing

Die erste Phase wird als „Unfreezing“ oder „Auftauen“ bezeichnet. In dieser Phase muss
das Kräftegleichgewicht zugunsten der antreibenden Kräfte verlagert werden. Es geht
darum, eine grundsätzliche Bereitschaft für den Wandel zu schaffen. Dies erfolgt durch
offene Kommunikation, die insbesondere die Frage klärt, warum Veränderungen über-
haupt nötig sind.

15.2.4 Phase 2: Changing

In der zweiten Phase kommt es zur Implementierung der Veränderungen. Die Leistungs-
kurve des Betriebs sinkt in dieser Phase vorerst ab. Unternehmer und Manager müssen
sich darüber im Klaren sein, dass dieser Leistungsabfall Teil des Veränderungsprozesses
ist. Die Mitarbeiter müssen sich erst einmal den neuen Gegebenheiten anpassen, was
eine gewisse „Einarbeitungszeit“ benötigt. In dieser Phase müssen auch die letzten
Widerständler überzeugt werden. Der Leistungsabfall ist aber durchaus zu beeinflussen:
In dieser Phase zahlt sich deutlich aus, inwieweit die vorherige Kommunikation ein
Erfolg war. Je besser die Mitarbeiter über den Veränderungsprozess informiert sind,
desto weniger Fragen bleiben offen – folglich geht die Annahme der neuen Gegeben-
heiten und die Anerkennung als Vorteil umso schneller.

15.2.5 Phase 3: Refreezing

In der dritten Phase muss das kontinuierliche Leistungsniveau wiederhergestellt werden.


Selbstverständlich sollte dieses Leistungsniveau höher liegen, als noch vor der Ver-
änderung. Je nachdem was verändert wurde, neigen Mitarbeiter und auch Führungskräfte
dazu, in alte Muster und Arbeitsweisen zurückzufallen. Damit das nicht passiert ist eine
fortführende Ist-Analyse unabdingbar. Letztendlich sind die Veränderungen erst stabil,
wenn sie auch im Unterbewusstsein angenommen werden. Wenn sie Teil des Alltags sind
und keine besondere Beachtung mehr verlangen.
15.3  Veränderungsmanagementkurve nach Kübler-Ross 179

15.2.6 Der Faktor Mensch ist entscheidend

Ich stelle beim Thema Änderungsmanagement ganz bewusst den Faktor Mensch in
den Mittelpunkt. Natürlich muss das Änderungsmanagement auch fachlich einwand-
frei sein. Planung und Umsetzung sollten keine Unstimmigkeiten enthalten. Aber wer
dem Faktor Mensch von Anfang an die höchste Priorität verleiht, sprich Meinungen ein-
holt, Umfragen macht, für Fragen der Mitarbeiter offensteht, transparent ist, mindert
gleichzeitig das Risiko Fehler zu machen. Der Grund liegt auf der Hand: Transparenz
funktioniert als Kontrollorgan. Wenn es Unstimmigkeiten gibt, kommen die bei offener
Kommunikation durch Nachfragen zutage. Außerdem führt die Kommunikation dazu,
Abläufe wieder und wieder durchzugehen, was wiederum Fehler aufdecken kann
Abb. 15.2).
Diese oben beschriebenen Phasen korrelieren mit dem emotionalen Prozess, der bei
Veränderungen in jedem einzelnen abläuft. Um diese emotionalen Phasen wird es in
meinem nächsten Artikel gehen. Ihre Kenntnis ist im Change Management hilfreich,
denn sie hilft dabei, typisches Verhalten zu erkennen und nicht überstürzt mit negativen
Emotionen umzugehen.

15.3 Veränderungsmanagementkurve nach Kübler-Ross

Die Änderungskurve von Kübler-Ross in Abb. 15.3 beschreibt das emotionale Erleben


von Menschen in Veränderungsprozessen. Dieser sieben-stufige Prozess wurde bereits
1969 veröffentlicht und beruht auf zahlreichen Kandidaten. Die nachfolgende Abbildung

1. Ein Gefühl der Dringlichkeit zum Lean Management erzeugen

2. Eine Führungskoalion zum Lean Management auauen

3. Eine Mission und Vision des schlanken Wandels definieren


Unternehmen
(Leadership)

4. Die Mission und Vision des Wandels kommunizieren

5. Hindernisse und Barrieren aus dem Weg räumen

6. Kurzfrisge Ziele festsetzen und Erfolge generieren

7. Kurz-, miˆel- und langfrisge Ziele konsolidieren

8. Veränderungen zum schlanken Unternehmen in die


Unternehmenskuktur verankern

Abb. 15.3   Änderungsmanagementkurve nach Kübler-Ross. (Quelle: Eigene Darstellung)


180 15  Leadership und Change Management

gibt einen Überblick über die sieben Phase. Auf der X-Achse ist die Zeit aufgetragen,
auf der Y-Achse die Veränderungsbereitschaft der betroffenen Personen. Welche Phasen
macht ein Mensch auf der emotionalen Ebene durch, wenn er mit einer Veränderung
konfrontiert ist?

15.3.1 Schock

Am Anfang steht meist eine negative Vorahnung, die plötzlich real wird. Die Folge ist
erst einmal ein Schock. Veränderung ist emotional immer ein Schock. Die Schwere
des Schocks ist davon abhängig, welche Auswirkungen eine Veränderung für den
Betroffenen mit sich bringt. Der Mensch ist und bleibt ein Gewohnheitstier.

15.3.2 Leugnung

Auf den Schock folgt eine heftige Abwehr-Reaktion. Die betroffenen Mitarbeiter wollen
nämlich zeigen, dass alles gut ist wie es ist. Damit verbunden ist immer auch ein Stück
Verdrängung: „Davon bin ich sicherlich nicht betroffen, das geht nur die Anderen etwas
an.“ Diese Verneinung ist eine völlig normale Reaktion.

15.3.3 Ärger und Zorn

Nach erstem Schock und typischer Verneinung folgt Ärger und Zorn. In dieser Phase
sind die Veränderungen meist mit Ablehnung und Widerstand verbunden. In schlimmen
Fällen kann der Ärger sogar zu Depressionen führen.

15.3.4 Frustration und Konfusion

Nach Ärger und Zorn folgen Frustration und Verwirrung. In dieser Phase nimmt die
Leistung stark ab und führt in die unausweichliche Krise.

15.3.5 Frustration und Konfusion

In dieser Phase ist es nicht möglich etwas bewegen zu wollen. Die Veränderungsbereit-
schaft ist am Boden angelangt. Als Führungskraft gilt es Feingefühl walten zu lassen, um
die Mitarbeiter nicht zu überfordern.
15.4  Veränderungsmanagement nach Kotter 181

15.3.6 Akzeptanz

Der Trauer folgt ein innerlicher Abschied des Alten, der mit der Akzeptanz des Wandels
verbunden ist: „Ja, ich lasse das Alte los – es ist aus und vorbei – ich muss mich mit den
neuen Gegebenheiten auseinandersetzen“. Auf rationaler, nicht emotionaler, Ebene wird
die Entscheidung zur Veränderung akzeptiert. Auch hier hat es keinen Sinn, wenn die
Führungskraft versucht von außen zu motivieren. Die Veränderungsbereitschaft ist nach
wie vor im Keller.

15.3.7 Neuorientierung

Ich stelle mich langsam auf die neue Situation ein. Die Akzeptanz der neuen Situation
auf emotionaler Ebene tritt ein. Die Veränderungsbereitschaft erhöht sich langsam. Nun
ist es als Führungskraft an der Zeit Perspektiven aufzuzeigen. Die Energie ist jetzt sinn-
voll investiert. Davor ist es nicht machbar in die Zukunft zu blicken. Ich versuche mich
mit den neuen Gegebenheiten anzufreunden. Vielleicht hat die Veränderung auch ihr
Gutes. Einfach mal probieren wie es mir damit geht. Warum nicht? Rückschläge aber
auch Erfolge gehören mit dazu. Das Einfinden in der neuen Rolle oder Position beginnt.
Ich habe mich mit der neuen Situation vertraut gemacht. Vielleicht mit der neuen Rolle
oder Organisationsstruktur. Die veränderte Situation ist zur Normalität geworden. Nun
gilt es sich einzuschwingen, damit in Zukunft alles glatt läuft und Stabilität einkehren
kann… bis zur nächsten Veränderung!

15.4 Veränderungsmanagement nach Kotter

15.4.1 Veränderungen in 8 Schritten

Dass Unternehmen sich immer wieder neu erfinden müssen, um im heutigen von
Komplexität, Unsicherheit und Volatilität geprägten Marktumfeld langfristig bestehen
zu können. Dies betrifft die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen ebenso
wie die Entwicklung alternativer Geschäftsmodelle und die Anpassung der Unter-
nehmenskultur. Eine strategische Neuausrichtung ist jedoch alles andere als ein leichtes
Unterfangen und trifft innerhalb der Belegschaft meist unweigerlich auf Widerstand.
Scheu vor Veränderungen und die Angst, den Herausforderungen nicht gewachsen zu
sein, sind weitverbreitet und nur allzu menschlich. Um alle Mitarbeiter auf eine neue
Linie einschwören zu können, ist ein effektives Change Management daher unabding-
bar. Change Management ist stets auf den Menschen fokussiert und zielt darauf ab,
Veränderungen umfassend, reibungslos und dauerhaft umzusetzen. Aber wie lässt sich
dies in der Praxis konkret bewerkstelligen? Es gibt inzwischen eine ganze Reihe von
Change Management Theorien, die jedoch mehrheitlich ihren Ursprung in den Arbeiten
182 15  Leadership und Change Management

von Leadership und Change Management Vordenker John P. Kotter haben, einem
emeritierten Harvard Business School Professor. In seinem wegweisenden Buch Leading
Change entwickelte Kotter, 1996 sein berühmtes 8-Stufen-Modell für erfolgreichen
organisatorischen Wandel, das er seither stetig weiter verfeinert hat und das heute von
vielen Unternehmensberatungen eingesetzt wird. Das 8-Stufen-Modell stellt einen ganz-
heitlichen Ansatz für die Umsetzung tiefgreifenden und nachhaltigen Wandels dar. Kotter
weist darauf hin, dass alle acht Stufen komplett und in der vorgegebenen Reihenfolge
durchlaufen werden müssen: „Das Überspringen einzelner Schritte schafft lediglich die
Illusion von raschem Fortschritt und führt nie zu einem befriedigenden Resultat“ (1997).
Die acht Schritte lassen sich in drei Phasen einteilen: das Schaffen eines Klimas für
Veränderungen (Schritte 1 bis 3), die Einbindung und das Empowerment der gesamten
Organisation (Schritte 4 bis 6) und die nachhaltige Umsetzung des Wandels (Schritte 7
bis 8).

15.4.2 Schritt 1: Entwicklung eines Gefühls der Dringlichkeit

Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung von Transformationsvorhaben ist,


dass die Mehrheit der Mitarbeiter hinter den angestrebten Veränderungen steht und diese
aktiv unterstützt. Daher sollte der erste Schritt des Change Managements stets darin
bestehen, die Mitarbeiter von der Notwendigkeit und Dringlichkeit der Veränderungen
zu überzeugen. Das ist alles andere als eine leichte Aufgabe. Dies gilt umso mehr für
Unternehmen, die in der Vergangenheit sehr erfolgreich waren. Denn Selbstgefälligkeit
ist einer der größten Hemmschuhe für Wandel. Kotter warnt aber auch vor falsch ver-
standener Dringlichkeit, die aus Angst oder Wut herrührt und sich in unkoordiniertem
Aktionismus zeigt. Worauf es ankommt, ist vielmehr, sich auf das Wesentliche zu
konzentrieren, und zwar kontinuierlich, jeden Tag aufs Neue. Dringlichkeit ist damit
nicht nur der Zünder, sondern auch der Motor von Transformationsprozessen. Um ein
Gefühl für Dringlichkeit unter den Mitarbeitern zu erzeugen, empfiehlt Kotter, ihnen
die potenziellen Chancen und Risiken, die sich aus dem Unternehmensumfeld ergeben,
aufzuzeigen. Dabei sollte nicht nur an den Verstand der Mitarbeiter, sondern vor allem
auch an deren Emotionen appelliert werden. „Sehen-Fühlen-Verändern“, so lautet
Kotters Motto. Hierzu kann es hilfreich sein, Außenstehende, wie Unternehmensberater,
Investoren oder Kunden, hinzuzuziehen, die den Mitarbeitern dabei helfen, die Dinge aus
einem anderen Blickwinkel zu betrachten.

15.4.3 Schritt 2: Erstellung der Führungskoalition

Der nächste wichtige Schritt für die erfolgreiche Implementierung von Change
Initiativen ist die Zusammenstellung einer starken Führungskoalition, die die gesamte
Organisation repräsentiert. Um effektiv agieren zu können, sollte dieses Team über
15.4  Veränderungsmanagement nach Kotter 183

ausreichend Machtbefugnisse, Glaubwürdigkeit, Sachkenntnis und Führungsqualitäten


verfügen und gemeinsame Ziele innerhalb des Veränderungsprozesses verfolgen. Gegen-
seitiges Vertrauen der Teammitglieder untereinander ist ebenfalls ein entscheidender
Erfolgsfaktor. Dieses lässt sich beispielsweise durch regelmäßige off-site Aktivitäten
stärken.

15.4.4 Schritt 3: Eine Vision des Wandels entwickeln

Aufgabe des Führungsteams ist es nun, eine Vision für die Zukunft zu entwickeln. Eine
klar formulierte Vision erfüllt nach Kotter drei wichtige Funktionen. Sie dient als Ent-
scheidungsgrundlage, Sie motiviert Menschen in die richtige Richtung aktiv zu werden,
selbst wenn die ersten Schritte dorthin beschwerlich sind, und Sie hilft, die Handlungen
der einzelnen Abteilungen und Mitarbeiter schnell und effizient zu koordinieren. Die
Vision wirkt sinnstiftend auf die Mitarbeiter und ist sozusagen der „Klebstoff, der alles
zusammenhält“. Kotter macht sechs Schlüsselmerkmale effektiver Visionen aus:
Vorstellbar: Sie erzeugen ein klares Bild, wie die Zukunft aussehen wird.
Erstrebenswert: Sie sprechen die langfristigen Interessen aller Beteiligten an.
Machbar: Sie enthalten realistische und erreichbare Ziele.
Fokussiert: Sie sind klar genug formuliert, um als Entscheidungshilfe zu dienen.
Flexibel: Sie ermöglichen individuellen Einsatz und alternatives Handeln, wenn sich die
Gegebenheiten verändern.
Vermittelbar: Sie sind leicht zu kommunizieren und schnell zu erklären.

15.4.5 Schritt 4: Die Vision des Wandels kommunizieren

Als nächstes gilt es, die im vorangegangenen Schritt entwickelte Vision in der gesamten
Organisation zu verbreiten, mit dem Ziel, die Akzeptanz und das Engagement der Mit-
arbeiter zu gewinnen. Der Aufwand, der hierfür nötig ist, wird von den meisten Unter-
nehmen völlig unterschätzt, so Kotter. Er rät dazu, die Botschaft auf allen zur Verfügung
stehenden Kommunikationskanälen kontinuierlich zu propagieren und bezüglich der
Methodenauswahl eine gewisse Experimentierfreude an den Tag zu legen. Storytelling
beispielsweise, ist eine exzellente Art, einer Vision Leben einzuhauchen und diese für
jedermann begreiflich zu machen.
Den Worten müssen allerdings auch Taten folgen. Die Führungskoalition sollte daher
stets mit gutem Beispiel vorangehen und ihre Verhaltensweisen entsprechend der neuen
Vision und Strategie anpassen. Dadurch wird mögliches Misstrauen abgebaut und die
Motivation und Kooperationsbereitschaft der Mitarbeiter gefördert.
184 15  Leadership und Change Management

15.4.6 Schritt 5: Hindernisse aus dem Weg räumen

Akzeptanz und Veränderungswille innerhalb der Belegschaft allein reichen jedoch


nicht aus, um Wandel erfolgreich voranzutreiben. Es müssen auch die innerbetrieb-
lichen Strukturen und Systeme an die Anforderungen der neuen Vision und Strategie
angepasst werden, um die Mitarbeiter handlungsfähig zu machen. Neben den Personal-
systemen spielen hierbei insbesondere die Informationssysteme eine wichtige Rolle, wie
Kotter betont. Der Zugriff zu aktuellen Wettbewerbs- und Marktinformationen und der
reibungslose abteilungsübergreifende Informationsaustausch sind Voraussetzung dafür,
dass die Mitarbeiter ihre Arbeit so effizient wie möglich erledigen können.

15.4.7 Schritt 6: Kurzfristige Ziele festsetzen

Große, langfristig angelegte Veränderungsprojekte verlieren häufig schon im Anfangs-


stadium an Fahrt. Um die Motivation und das Bewusstsein für Dringlichkeit aller
Beteiligten aufrecht zu halten, sollten daher kurzfristige Ziele geplant und bei Erreichen
entsprechend gewürdigt werden. Schnelle Erfolge haben zudem den positiven Effekt,
dass sie Kritikern und Zynikern den Wind aus den Segeln nehmen. Studien zeigen, dass
Unternehmen, die signifikante kurzfristige Erfolge einfahren, mit deutlich höherer Wahr-
scheinlichkeit den Transformationsprozess erfolgreich zum Abschluss bringen.

15.4.8 Schritt 7: Erfolge konsolidieren und weitere Veränderungen


ableiten

Kurzfristige Erfolge sollten jedoch in keinem Fall dazu verleiten, sich auf den
gewonnenen Lorbeeren auszuruhen oder gar frühzeitig das gesamte Vorhaben als
Erfolg zu verbuchen. Es gilt vielmehr, die durch die kurzfristigen Erfolge geschaffene
Glaubwürdigkeit nun gezielt zu nutzen, um weitere und größere Veränderungsprojekte
in Angriff zu nehmen. Zu diesem Zweck sollten weitere Personengruppen in den Ver-
änderungsprozess involviert werden. Gleichzeitig sollte die Führungskoalition dafür
Sorge tragen, die Dringlichkeit, Transparenz und den Fokus aufrechtzuhalten.

15.4.9 Schritt 8: Veränderungen in der Unternehmenskultur


verankern

Zu guter Letzt müssen die neuen Verhaltensnormen und gemeinsame Werte tief in die
Unternehmenskultur verankert werden. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass sie wieder
verloren gehen, sobald der Änderungsdruck abnimmt. Um Nachhaltigkeit zu bewirken,
empfiehlt Kotter, regelmäßig zu kommunizieren, wie die neuen Ansätze, Verhaltens-
15.5  Bereitschaft zum Wandel zum modernen Leadership 185

weise und Einstellungen die Gesamtperformance des Unternehmens beeinflusst haben.


Darüber hinaus sollte sichergestellt werden, dass neue Mitarbeiter und aufstrebende
Führungskräfte an die neue Ausrichtung glauben und diese nach außen hin verkörpern.
Tiefgreifende Transformationsprozesse verlangen Unternehmen viel ab. Kotter’s
8-Stufen-Modell (Abb. 15.4) bietet eine solide Checkliste für die meisten Dinge, die es
während eines solchen Prozesses zu beachten gilt. Wichtige Voraussetzungen für jeden
einzelnen Schritt sind dabei die Steuerung durch erstklassige Führungskräfte, ein Gefühl
für Dringlichkeit, offener Informationsaustausch und die fortlaufende Kommunikation
auf allen Ebenen.

15.5 Bereitschaft zum Wandel zum modernen Leadership

Change Management ist ein systematischer Ansatz für den Umgang mit dem Übergang
von einem Ziel, Kultur, Prozesse, Struktur oder einer Technologie eines Unternehmens
zu verändern. Das Ziel des Änderungsmanagements besteht darin, Strategien zur
Bewältigung und Steuerung des Wandels und zur Unterstützung der Partner, Kunden und
Mitarbeiter bei der Anpassung an diesen umzusetzen. Zu solchen Strategien gehören ein
strukturiertes Verfahren für die Anfrage nach Änderungen bei der Geschäftsleitung sowie
Mechanismen für die Reaktion auf Anfragen und deren Weiterverfolgung. Um wirk-
sam zu sein, muss der Prozess für das Änderungsmanagement berücksichtigen, wie sich
das Ändern oder Ersetzen bestimmter Vorgänge im Unternehmen auf andere Prozesse,
Systeme und Mitarbeiter innerhalb der Organisation auswirkt. Änderungsprozesse

Leadership Unternehmens-
erfolg
Offener und versteckter Widerstand
Leistung und Motivation

Integration

Ablehnung
2. Verleugnung
3. Ärger/Zorn 7. Re-Orientierung

1. Schock Frustration
6. Akzeptanz
4. Konfusion

Tal der Tränen 5. Krise

Zeit des Wandels

Abb. 15.4   Veränderungsphasen nach Kotter. (Quelle: Eigene Darstellung)


186 15  Leadership und Change Management

müssen von Menschen, den Führungskräften, der Mitarbeiter und Interessenvertreter,


geführt und begleitet werden. Bei Änderungen und einem Wandel gibt es daher immer
unterschiedliche Persönlichkeiten, die Änderungen positiv oder negativ gegenüberstehen.

15.6 Persönlichkeiten im Change Management

Abb. 15.5 zeigt die Persönlichkeiten im Change Management in Beziehung zum


Mittargen der Veränderung oder zum Widerstand.

15.6.1 Visionäre und Missionare

Visionäre und Missionare sind ihrer Zukunft voraus tragen eine Vision mit sich. Das
Lean Management und die Transformation zu einem schlanken, zukunftsorientierten
und innovativen Unternehmen sind die Antreiber von Visionären und Missionare. Das
schlanke unternehmen umschreibt somit eine leistungsorientierte, exzellente, effiziente
und sich stets selbstoptimierende Organisation, in welcher sämtliche Prozesse am
Kunden ausgerichtet werden, um so nicht-wertschöpfende Aktivitäten zu eliminieren.
Visionäre und Missionare können andere für Ihre Ideen, Werte und Leitbilder begeistern.

Visionäre und
Missionare

Pioniere
Aktive
Unterstützer
Opportunisten

Abwartende

Leadership im Untergrundkämpfer
Spannungsfeld von
Veränderungen Offene Widerständler

Emigranten

Zeit Veränderung (Wandel)

Bereitschaft zum Fehlende Bereitschaft zum


Wandel Wandel 6

Abb. 15.5   Typen und Persönlichkeiten im Change Management. (Quelle: Eigene Darstellung)


15.6  Persönlichkeiten im Change Management 187

15.6.2 Pioniere

Pioniere sind Wegbereiter und stellen eine wichtige Gruppe für die Transformation zum
Lean Management dar. Pioniere sind meist Spezialisten im Lean Management, die durch
Ihre Erfahrung Lean Management Projekte leiten um umsetzen können. Pioniere werden
außerdem für Schulungen eingesetzt. Pioniere habe eine sehr hohe Bereitschaft zum
Wandel und treiben diesen an.

15.6.3 Aktive Unterstützer

Aktive Unterstützer sind Mitarbeiter, die an die Transformation zu einem schlanken


Unternehmen glauben. Unterstützer sind hilfreich bei der Transformation und helfen
die Motivation zu fördern. Unterstützer sind dem Wandel positiv aufgeschlossen und
arbeiten aktiv bei Projekten mit.

15.6.4 Opportunisten

Opportunisten sind Mitarbeiter und Personen, die zweckmäßig handeln, um sich der
jeweiligen Lage anzupassen und einen Vorteil daraus zu ziehen. Opportunismus wird
häufig mit politischem und sozialem Bezug als grundsatz- oder charakterloses Verhalten
beschrieben. Obwohl diese Personen von dem Wandel nicht überzeugt sind, unterstützen
sie den Veränderungsprozess und arbeiten an Projekten mit.

15.6.5 Untergrundkämpfer

Untergrundkämpfer sind Bedenkenträger, die den Wandel nicht gutheißen und somit
nicht unterstützen. Untergrundkämpfer agieren im Verborgenen und sabotieren den
Wandel. Untergrundkämpfer behindern die Transformation zum Lean Management
mit verdecktem oder latentem Widerstand. In diesem Zusammenhang hat der Wider-
stand ausübende Mitarbeiterüblicher Weise kein Interesse daran, erkannt zu werden.
Aus persönlichen oder taktischen Gründen agieren sie aus dem Verborgenen heraus.
Ihre Interessen sind meist destruktiver Natur, daß heißt, sie wollen etwas verhindern
ohne als die Verursacher erkannt zu werden. In vielen Fällen ist es paradoxer Weise den
Widerstand leistenden Personen noch nicht einmal bewusst, dass sie Widerstand leisten.
Dadurch wird der Umgang mit dieser Form des Widerstandes zusätzlich erschwert.
Wird der verdeckte Widerstand nicht rechtzeitig erkannt, entstehen leicht tickende
Zeitbomben, die sich in ihrer Zerstörungskraft mit der Zeit immer weiter aufladen und
Veränderungsprozesse, wie auch Projekte scheitern lassen können. Symptome und
188 15  Leadership und Change Management

Ausprägungen des verdeckten Widerstandes lassen sich in der praktischen Projektarbeit


häufig und in vielfachen Ausprägungen beobachten:
Lustlosigkeit bei der Arbeit

• sich häufende Abwesenheit, die nicht konkret nachvollziehbar ist oder aus vor-
geschobenen Gründen bis hin zu steigender Krankheitsquote
• sich unwissender stellen als man ist
• sich häufende Fragen zu unwichtigen Themen
• wiederholtes infrage stellen bereits getroffener Entscheidungen
• Ausweichen auf konkrete Aufforderungen etwas zu tun oder zu lassen
• zunehmende Rückdelegation bereits angenommener Aufgaben
• das Aussitzen von Problemen
• hektischer Aktionismus in unwesentlichen Bereichen
• das Einfordern von maximaler Einbeziehung von unwesentlichen Stakeholdern
• das Schweigen an Stellen an denen Kommunikation angesagt wäre
• das Fernbleiben von wichtigen Zusammentreffen bzw. das Entsenden nicht ent-
scheidungsbefugter Vertreter
• die Forderung nach perfekten Lösungen
• die Forderung, dass andere sich zuerst bewegen
• die ausgiebige Betrachtung und Diskussion von Sonderfällen
• das grundsätzliche Zustimmen bei gleichzeitiger Anmeldung von Vorbehalten, die
später geklärt werden sollen

Eindeutig zu diagnostizieren sind verdeckter oder latenter Widerstand nur in besonders


ausgeprägten Fällen, da einzelne Symptome durchaus auch andere Ursachen haben
können.

15.6.6 Offene Widerständler

Offener Widerstand zeichnet sich dadurch aus, dass er von dem Widerstand ausübenden
Personen bewusst ausgeübt wird und diese damit auch ein Ziel verbinden. Darüber
hinaus legen es der Widerstand ausübenden Personen ganz bewusst darauf an, dass ihr
Widerstand als solcher wahrgenommen und ihnen auch zugeordnet werden kann. Sie
tun dies meist aus einer Position, der sie selber eine relative Machtfülle beimessen.
Dieser offene Widerstand hat deshalb den Vorteil, dass er Gegenstand von Lieferanten-
management und Bearbeitung sein kann, die Karten liegen gewissermaßen auf dem
Tisch. Ausprägungen des offenen Widerstandes können sein:

• Offener Widerspruch
• Offene Kritik und/oder Beschwerden
• Offene Interventionen oder Aktivitäten, die sich gegen das geplante Vorhaben richten
15.7  Umgang mit Widerstand 189

Üblicher Weise liegen diesem offenen Widerstand rationale Ursachen zugrunde, die sich
mit den Betroffenen besprechen lassen und an deren Überwindung alle Beteiligten ein
Interesse haben. Diese Form des Widerstandes ist meist konstruktiv, sodass der Umgang
mit offenem Widerstand möglich ist. Dadurch kann die Energie, die den Widerstand
leistenden Personen in ihren Widerstand investiert haben, im Sinne der Projektziel-
erreichung kanalisiert werden, oder vereinfacht ausgedrückt: Der Gegenwind wird zu
Rückenwind.

15.6.7 Emigranten

Emigranten sind Personen, die den Wandel kritisch gegenüberstehen und sich aus der
Gruppe entfernen.

15.7 Umgang mit Widerstand

15.7.1 Erste Strategie: Interne Stakeholdergruppen analysieren

Fast jedes Projekt ruft Stakeholder auf den Plan. „Insbesondere interne Stakeholder
werden häufig vergessen oder unterschätzt, der Fokus liegt meist auf dem Kunden oder
der Öffentlichkeit“, warnt Thomas Waldorf. Versierte Projektmanager analysieren des-
halb immer, welche Gruppen im Unternehmen durch ihr Vorhaben berührt werden – und
versuchen sich danach über die einzelnen Gruppen Klarheit zu verschaffen. Wo liegen
die Interessen der einzelnen Gruppen? Welches Verhalten ist von den einzelnen Gruppen
zu erwarten? Welchem Handlungsmuster werden sie vermutlich folgen?

15.7.2 Zweite Strategie: Die Hintergründe des Projekts erklären

Projekte bringen Veränderungen und Veränderungen bieten Chancen. Doch allein mit
diesen Chancen kann man nicht alle Stakeholder von einem Projekt überzeugen. Echte
Orientierung bieten Antworten auf die Frage, warum etwa ein Veränderungsprojekt
durchgeführt wird. Erst dann wird erklärt, wie das Projekt ablaufen soll und was sich
konkret ändert. „Projektmanager sollten besonders die Antworten auf die Frage nach
dem ‚Warum?‘ so konkret und nachvollziehbar wie möglich erklären“, empfiehlt
Thomas Waldorf.
190 15  Leadership und Change Management

15.7.3 Dritte Strategie: Mit Opponenten richtig umgehen

Fast jedes Projekt hat Gegner und Opponenten, die sich gegen Veränderungen sperren.
Die Frage ist nur, wie sich der Projektmanager optimal gegenüber diesen Opponenten
verhält – und wie er auf sie zugeht. „Opponenten sind weder ‚uneinsichtige‘ noch
‚schlechte‘ Kollegen“, erklärt Thomas Waldorf. Häufig spricht Angst aus der Abwehr,
gefühlte Unsicherheit: Angst etwa um liebgewonnene Gewohnheiten und um das ver-
traute Umfeld. Oder auch die Befürchtung, bei dem Projekt „über den Tisch gezogen“
zu werden. Der größte Fehler beim Umgang mit Opponenten ist es, schlechte Nach-
richten zurückzuhalten und zu verschweigen. Denn viele Menschen haben ein gutes
Bauchgefühl für die Wahrheit. Sie erahnen die Konsequenzen von Projekten. Und das
Gefühl, dass etwas verschwiegen wird, verstärkt Misstrauen und Widerstand. Deshalb
informieren Projektprofis früh und offen auch über die Schattenseiten ihres Vorhabens.

15.7.4 Vierte Strategie: Gutes bewahren und weiterentwickeln

Viele Stakeholder sperren sich nicht grundsätzlich gegen die Neuerungen eines Projekts.
Allerdings wünschen sie, dass Bewährtes und Gutes erhalten bleibt. Dieses Interesse
der „Bewahrer“ sollten Projektmanager nicht von der Hand weisen. Zum einen neigen
Projektmanager dazu, „tabula rasa“ zu machen und unnötig auch Bewährtes zu tilgen.
Zum anderen hilft es Stakeholdern, wenn sie bei aller Neuerung weiterhin Bekanntes
und Geschätztes wiederfinden. Beispielsweise kann man Gutes, das man vorfindet, in das
Veränderungskonzept einfügen – und sogar durch kluge Kombination mit dem Neuen
noch weiter verbessern. „Auf diese Weise gewinnt der Projektmanager die Sympathie
vieler ‚Bewahrer‘“, sagt Thomas Waldorf. Erfahrene Projektmanager informieren deut-
lich und nachdrücklich auch über das, was durch das Projekt nicht verändert wird und als
wertvoll erhalten bleibt.

15.7.5 Fünfte Strategie: Das „Tal der Tränen“ bewusstmachen

Ein Problem vor allem bei organisationsverändernden Projekten: Es dauert, bis die
Neuerungen – etwa umgestellte Arbeitsabläufe oder ein neuer Zuschnitt von Abteilungen –
wirklich reibungslos funktionieren. „Veränderungen bringen ein bislang oft gut schwingendes
System durcheinander“, erklärt Thomas Waldorf. Es vergeht Zeit, bis sich das veränderte
System stabil wieder eingeschwungen hat – dann aber auf höherem Niveau als vorher.
Diese Zeitspanne nennen Projektmanager das „Tal der Tränen“: die Wochen und
Monate, in denen sich die versprochenen Vorteile (noch) nicht einstellen. Empfehlung
der Experten: Die Stakeholder früh auf das Tal der Tränen hinweisen und mit der Ein-
sicht vertraut machen, dass lohnende Veränderung auch Geduld braucht. Anderenfalls
verspielt der Projektmanager die Akzeptanz.
15.8  Fallstudie: Change und Innovationsmanagement bei Panasonic 191

15.7.6 Sechste Strategie: Individuell informieren

So wichtig Hintergründe und Vorgehensweisen in einem Projekt sind: Die Stakeholder


wollen vor allem wissen, wie sich das Vorhaben auf ihren Arbeitsalltag auswirkt, ganz
konkret und individuell. Projektmanager entwickeln deshalb für jede Anspruchsgruppe
eine individuelle Informationsstrategie. Thomas Waldorf empfiehlt eine vierstufige Vor-
gehensweise: Zunächst jeder Gruppe erläutern, was jeweils aus ihrem Bereich wert-
voll ist und erhalten bleibt. Dann zweitens: Was wird eine Gruppe jeweils verlieren?
Was wird sich für sie durch das Projekt verändern, auf was muss sie künftig verzichten?
Drittens: Was hat der Einzelne von der Veränderung? Und viertens: Welche Chancen und
Vorteile ergeben sich für das Gesamte, beispielsweise für das Unternehmen oder den
Auftraggeber? „Manche Projektmanager präsentieren ständig die allgemeinen Vorteile
für das Unternehmen“, erklärt der Experte, „strategisch geschickter ist es aber, darüber
ganz am Ende zu sprechen und zuerst den Einzelnen in seinen Bedürfnissen ‚abzu-
holen‘.“

15.8 Fallstudie: Change und Innovationsmanagement bei


Panasonic

Mit Exzellenz als Kernstandard und der Unterstützung der Entwicklung und Kreativi-
tät seiner Mitarbeiter verfolgt Panasonic Life Solutions Turkey eine nachhaltige
Verbesserung als Lebensstil. Das Unternehmen betreibt das Projekt INNOVIKO
(Innovationsmanagement) mit dem Ziel, Innovation als Unternehmenskultur in die
Gene zu verankern, Ergebnisse mit messbarem Nutzen abzuleiten und einen Wett-
bewerbsvorteil zu schaffen. Als handlungsorientiertes Unternehmen implementiert
Panasonic Life Solutions Innovationen als Teil seines Engagements, seine Vision und
Mission zu verwirklichen, die Erwartungen von Kunden und Mitarbeitern zu erfüllen
und durch Strategien definierte Ziele zu erreichen. Mit dem Ziel, sich als global wett-
bewerbsfähiges, proaktives Unternehmen zu entwickeln, das nicht nur führend auf
dem türkischen Markt ist, sondern schafft Panasonic Life Solutions Turkey durch das
INNOVIKO-Zertifikatsprogramm VI I have an Idea System, Teamwork and Recognition
günstige Rahmenbedingungen für Kreativität und Innovation, Anerkennungs- und
Belohnungssystem. Innovative Unternehmensorganisationen brauchen die Beteiligung
aller Mitarbeiter, die dieselbe Vision teilen und mit ihrem Umfeld zufrieden sind. Um
dies zu erreichen, wird Innovation von allen Führungskräften bei Panasonic. Um die
Teilnahme an diesem System zu fördern, wird das Anerkennungs-, Anerkennungs- und
Belohnungssystem aktiv eingesetzt. In diesem System können alle Mitarbeiter von
Panasonic Life Solutions Türkei persönlich oder im Team Vorschläge zu jedem Thema
machen. Nachdem Vorschläge eingereicht wurden, bearbeitet das Suggestion Assess-
ment Committee diese und koordiniert alle Maßnahmen im Zusammenhang mit einem
konkreten Vorschlag. Bei der Bewertung neuer Vorschläge werden innovative Ideen aus-
192 15  Leadership und Change Management

gewählt und zu einem systematischen Projekt mit abschließenden Bewerbungen geformt.


Das INNOVIKO-System basiert auf 7 Kerngenen, die die Innovations-DNA aufnehmen
sollte. Innovative Ideen werden in Projekte zur Umsetzung durch Innovationsprojekt-
teams strukturiert, die aus Personen bestehen, die die Innovationszertifizierung erfolg-
reich abgeschlossen haben. In den Innovationsprojekten kommen Brainstorming, 5N2K,
bionische Innovation, Kombinationsmethoden, Reverse Innovation, Technologie-
transplantation und die Triz-Methodik zum Einsatz. Nach Abschluss der Innovations-
projekte führt das Unternehmen die innovativen Anwendungen ein. Projekte werden
vom Innovationskomitee auf Kreativität/Innovation, Mehrwert und Machbarkeit
bewertet. Und schließlich werden Projektteams nach den Kriterien des Anerkennungs-,
Anerkennungs- und Belohnungssystems von Panasonic Life Solutions belohnt.

Literatur

Helmold, M., & Samara, W. (2019). Progress in performance management. Industry insights and
case studies on principles, application tools, and practice. Springer Heidelberg.
Helmold, M. (2021). Leadership and Kaizen. Fundamentals from cases and examples in
operations and supply chain management. Springer Cham.
Helmold, M., & Terry, B. (2021). Operations and supply management 4.0. Industry insights, case
studies and best practices. Springer Cham.
Kotter, J. P. (1996). Leading change. Harvard Business School Press.
Kotter, J. P. (1997). Chaos, wandel, führung: Leading change. Econ-Verlag.
Lauer, T. (2019). Change management. Der Weg zum Ziel. Springer Wiesbaden.
Lauer, T. (2020). Change management. Fundamentals and success factors. Springer Cham.
Vahs, D. (2019). Organisation: Ein Lehr- und Managementbuch. Schäfer Poeschel.

Weiterführende Literatur

Helmold, M., & Dathe, T., & Hummel, F. (2019). Erfolgreiche Verhandlungen. Best-in-Class
Empfehlungen für den Verhandlungsdurchbruch. Springer Wiesbaden.
Helmold, M., & Dathe, T., & Hummel, F. (2020). Successful international negotiations. A
practical guide for managing transactions and deals. Springer Cham.
Hiatt, J. (2006). DKAR: A model for change in business. Prosci Learning Center Publications.
Hilsenbeck, T. (2004). Verhandeln. Handbuch von Dr. Thomas Hilsenbeck. . http://www.thomas-
hilsenbeck.de/wp-content/uploads/Dr-Th-Hilsenbeck-Handbuch-Verhandeln-Vers-5_0.pdf.
Zugegriffen: 30. Mai 2018.
Kotter, J. P. (2012). Leading change. Harvard Business Press.
Kübler-Ross, E., & Kessler, D. (2005). On grief and grieving: Finding the meaning of grief
through the five stages of loss. Scribner.
McKinsey. (2020). 7-S-Framework. https://www.mckinsey.com/business-functions/strategy-and-
corporate-finance/our-insights/enduring-ideas-the-7-s-framework. Zugegriffen: 21. Aug. 2020.
Volk, H. (2018). Emotionale Dynamik eines Gespräches verstehen. Was den alltäglichen Wort-
wechsel entgleiten lässt. In Beschaffung aktuell (S. 70–71). https://beschaffung-aktuell.industrie.
de/karriere/was-alltaegliche-kommunikation-entgleiten-laesst Zugegriffen: 14. Feb. 2022.
Audits als erfolgreiche Methode im
modernen Leadership 16

16.1 Audits und Qualitätsmanagementsysteme

16.1.1 Begriff des Audits

Ein Audit ist eine systematische und strukturierte Bewertung Evaluierung eines Systems,
Prozesses, Produkts oder anderen Bereichs mit dem Ziel, Abweichungen vom Soll-
zustand zu identifizieren. Audits können intern oder extern durchgeführt werden
und basieren auf standardisierte Auditfragen und Auditchecklisten. Audits sollen so
zu stetigen Verbesserungen führen und sind ein fundamentaler Bestandteil in jedem
Lean Management System. Als Ergebnis eines Audits werden Handlungsbedarfe und
Korrekturmaßnahmen (Engl.: Corrective Action Requests; CARs; Open Items = Offene
Punkte) identifiziert und in einem terminierten Aktionsplan festgeschrieben. Welche Art
von Audit zum Einsatz kommt, hängt von der Art der Ziele ab, die ein Unternehmen
als „erreicht“ festgestellt haben möchte. Will es – eventuell im Zuge der Vorbereitung
auf eine Zertifizierung – wissen, auf welchem Stand es sich in Bezug auf die Erfüllung
der jeweiligen Normforderungen befindet, wird es zunächst interne Audits durchführen,
danach kann (optional) ein Vor-Audit durch die Zertifizierungsgesellschaft erfolgen;
hierbei würde deutlich, ob das betreffende Managementsystem bereits reif für ein Zerti-
fizierungs-Audit ist, das dann letztendlich über eine Zertifizierung entscheidet. Der
Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass zwischen der Erteilung eines Zertifikates und
dem drei Jahre später folgenden Audit zur Rezertifizierung noch zwei jährliche Über-
wachungs-Audits anstehen. Tab. 16.1 zeigt die fünf Auditarten und ihre jeweilige
Beschreibung.

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, 193
ein Teil von Springer Nature 2022
M. Helmold, Leadership, https://doi.org/10.1007/978-3-658-36364-2_16
194 16  Audits als erfolgreiche Methode im modernen Leadership

Tab. 16.1  Auditarten
1 Systemaudit Bewertung eines Qualitätsmanagementsystems
2 Prozessaudit Bewertung des Prozesses: Input, Transformation, Output

3 Produktaudit Bewertung von Produktmerkmalen


4 Kontrollaudit Kontrolle der Korrekturmaßnahmen
5 Andere Audits Alle anderen Audits, z. B. Finanz, Sicherheit etc.
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Helmold (2020)

16.1.2 Systemaudits

Das Systemaudit bewertet die Normenanforderungen für Qualitätsmanagementsysteme.


Der Begriff Systemaudit. Die Auditierung eines Managementsystems, z. B. nach DIN
EN ISO 9001:2015, wird als Systemaudit bezeichnet. Dies kann auch eine Kombination
aus mehreren Managementsystemen wie z. B. Umwelt, Qualität und Arbeitssicher-
heit sein, die dann als ein Integriertes Managementsystem bezeichnet werden. DIN
EN ISO 9001 legt die Mindestanforderungen an ein Qualitätsmanagementsystem für
die Herstellung von Produkten oder Dienstleistungen (QM-System; QMS) fest, denen
eine Organisation zu genügen hat, um Produkte und Dienstleistungen bereitstellen zu
können, welche die Kundenerwartungen sowie allfällige behördliche Anforderungen
erfüllen. Zugleich soll das Managementsystem einem stetigen Verbesserungsprozess
unterliegen. Obwohl der prozessorientierte Ansatz schon mit der Revision 2000 ein-
geführt wurde, gab es doch erhebliche Probleme in der Umsetzung. Das soll durch
die Revision erleichtert werden. Außerdem fordert die Norm einen verstärkt risiko-
basierten Ansatz. Ein formales QM-Handbuch wird nicht mehr notwendig sein, wenn
die Organisation in anderer Weise eine angemessene Dokumentation zur Verfügung
stellt. Auch einen „Beauftragten der obersten Leitung“ wird es im formalen Sinne nicht
mehr geben müssen. Die aktuelle Version der ISO 9001 wurde letztmals im Jahr 2015
überarbeitet. Aufbauend auf der EN ISO 9001 existiert für die Serienfertigung der
Automobilindustrie die IATF 16.949. Verglichen mit der EN ISO 9001 stellt sie weiter-
gehende Anforderungen an das Qualitätsmanagementsystem. Der Grundgedanke der ISO
9001:2015 ist, dass Unternehmen für einen langfristigen Erfolg die Anforderungen ihrer
Stakeholder berücksichtigen müssen. Darum hat die Norm die interessierten Parteien
als eigenständigen Punkt noch stärker hervorgehoben. Im Gegensatz zur ISO 9001:2008
liegt der Fokus nicht mehr nur bei dem Kunden, sondern bei den Interessensgruppen
(interessierten Parteien). Dies umfasst neben den Kunden z. B. auch die Lieferanten,
Eigentümer, Mitarbeiter, Behörden, Geschäftspartner oder sogar Wettbewerber. Die ISO
9001 verfolgt weiter den Ansatz von Planen (Plan), Durchführen (Do), Prüfen (Check)
und Handeln (Act), kurz PDCA-Zyklus, um das Qualitätsmanagementsystem als Ganzes
16.1  Audits und Qualitätsmanagementsysteme 195

und dessen Prozesse fortlaufend wirksam zu verbessern. Die 10 Elemente der DIN
EN ISO 9001:2015 sind in Abb. 16.1 aufgeführt. Im Punkt 10 sind Elemente des Lean
Managements durch die Bewertung von Verbesserungsprozessen verankert.

16.1.3 Prozessaudits

Prozessaudits bewerten Prozessketten von Unternehmen vom Input über die Trans-
formation bis zum Output. Durch den prozessorientierten Ansatz ist die Norm leicht
anwendbar und unabhängig von der Betriebsgröße und dem Unternehmenszweck. Die
Wirksamkeit und Effizienz der Organisation beim Erreichen der festgelegten Ziele wird
verbessert und auch die Kundenzufriedenheit wird durch das Erfüllen der Erwartungen
gesteigert. Ein Prozess ist ein Satz von in Wechselbeziehung oder Wechselwirkung
stehenden Tätigkeiten, der Eingaben (Input) in Ergebnisse (Output) verwandelt. Der
Prozessansatz ermöglicht einer Organisation: Anforderungen besser zu verstehen und
konsequenter zu erfüllen (verbesserte, konsistente und vorhersagbare Ergebnisse) Mehr-
wert (geringere Kosten und kürzere Zykluszeiten durch die effektive Nutzung von
Ressourcen) Erreichung von effektiven Prozess-Leistungskennzahlen Verbesserung
der Prozesse anhand der Auswertung von Daten und Informationen Förderung der
Beteiligung der Mitarbeiter und klare Verantwortlichkeiten. Prozessaudits sind in
Abb. 16.2 beschreiben.

Nr. DIN EN ISO 9001 PDCA/Deming-Zyklus


0. Einleitung
Qualitätsmanagementsystem

1. Anwendungsbereich
2. Normave Verweise
3. Begriffe
4. Kontext der Organisaon PLAN
5. Führung
6. Planung
7. Unterstützung Do
8. Betrieb
9. Bewertung der Leistung (Performance) Check
10. Konnuierliche Verbesserung Act

Abb. 16.1   Die Elemente der DIN EN ISO 9001:2015. (Quelle: Eigene Darstellung)
196 16  Audits als erfolgreiche Methode im modernen Leadership

Prozessaudits
Input-Transformaon-Output

Lieferanten- Kunden-
Seite seite
Input Output
Beschaffung & Einkauf
Produkon Markeng & Vertrieb
Angebots- Nachfrage-
seite seite
Primärfunkonen

IT-
Finanzen Abteilung
Personal
Sekundärfunkonen
Unterstützende Funkonen

Abb. 16.2   Prozessaudits. (Quelle: Eigene Darstellung)

16.1.4 Produktaudits

Im Rahmen der Prüfung einer definierten Anzahl von Produkten bestätigt das
Produktaudit die Qualitätsfähigkeit des Produktionsprozesses basierend auf den Quali-
tätsmerkmalen eines Produkts. Dabei wird überprüft, ob das Produkt den vorgegebenen
Spezifikationen, speziellen Kunden- und Lieferantenvereinbarungen entspricht. Ein
Produktaudit ist die Planung, die Durchführung, die Auswertung und die Dokumentation
von Prüfungen, und zwar (Helmold, 2020):

• von quantitativen und qualitativen Merkmalen


• an materiellen Produkten
• nach Abschluss eines Produktionsschrittes
• und vor Weitergabe an den nächsten Kunden (intern/extern)
• auf Basis von Sollvorgaben
• durch einen unabhängigen Auditor

Ein Produktaudit dient der Begutachtung der Übereinstimmung mit den festgelegten
eigenen Qualitätsanforderungen. Darüber hinaus zielt es auf die Begutachtung
der Übereinstimmung mit den ausgesprochenen und unausgesprochenen Kunden-
anforderungen (mit den „Augen eines sehr kritischen Kunden“: Das Produktaudit stellt
eine Maßnahme zur Überprüfung der Wirksamkeit durchgeführter Qualitätsprüfungen
und -lenkungsmaßnahmen dar und führt unmittelbar und kurzfristig zu Prozess- und
Produktverbesserungen. Zuletzt schafft eine interne Vertrauensbasis hinsichtlich der
Anforderungen der Produkthaftung und prüft die Konformität der Produkte, auch auf
die gesetzlichen Vorgaben. Innerhalb der Automobilindustrie ist das PPAP-Verfahren
16.2  Fallstudie: 5 S Audits in der Berliner Kindl Schultheiss Brauerei 197

ein gängiges Verfahren der Produktqualifizierung (Helmold, 2020). Das Produktions-


teil-Abnahmeverfahren PPAP (Engl.: Production Part Approval Process (PPAP)) ist ein
Verfahren aus der mittlerweile durch die ISO/TS 16.949 abgelösten QS 9000, bei dem
Serienteile bemustert werden. Diese Vorgehensweise stammt aus der Automobilindustrie
und wird dort seit Jahren erfolgreich umgesetzt. Dabei geht es vor allem um die Qualität
der gelieferten Teile, das bedeutet, dass die Teile aus den Serienwerkzeugen bzw. Serien-
prozesse den Zeichnungen entsprechen müssen. Neben den zur Überprüfung gelieferten
Teilen stellt die Bemusterung (Engl.: Part Submission Warrant; PSW) ein zentrales
Element für den Bemusterungsprozess dar (Helmold & Terry ,2021a, 2021b).

16.1.5 Kontrollaudits

Kontrollaudits sind spezielle Audits außerhalb des turnusmäßigen Auditplans inner-


halb der Wertschöpfungskette zur Verifizierung der Fortschritte von Audits und können
folgende Gründe haben:

• Fortschrittskontrolle
• Spezielle Prozessaudits, z. B. für Prozesse wie Kleben, Lackieren, Schweissen etc.
• Eskalationsaudit
• Audits auf Basis von Kundenwünschen

16.1.6 Andere Audits

Andere Audits beinhalten alle möglichen Bewertungen von Normenanforderungen in


Teilbereichen durch Umweltaudits, Finanzaudits, Sicherheitsaudits etc. Abb. 16.3 zeigt
Dr. Helmold und seine Mitarbeiterin bei einem Audit bei Mitsubishi Heavy Industries in
Nagasaki-Japan.

16.2 Fallstudie: 5 S Audits in der Berliner Kindl Schultheiss


Brauerei

Wie die oben aufgeführten Beispiele für die Wirkung der 5 S-Methode bereits zeigen,
entfaltet die 5 S-Methode ihre größte Wirkung auf die Verschwendungsarten „Warten“,
„Transport“ und „Bewegung“. Das liegt in erster Linie daran, dass sich Suchzeiten und
Entfernungen mit der 5 S-Methode durch das Aussortieren, die Systematisierung und die
Standardisierung signifikant verringern lassen. Ein weiterer, wenn auch meist geringerer
Effekt liegt in der Reduzierung von Ausschuss und Nacharbeit. Beispielsweise können
Beschädigungen am Produkt durch Schmutz wie zum Beispiel Kratzer in der Ober-
fläche durch regelmäßiges Reinigen des Arbeitsplatzes verringert oder sogar verhindert
198 16  Audits als erfolgreiche Methode im modernen Leadership

Abb. 16.3   Audit bei Mitsubishi Heavy Industries. (Quelle: Eigene Darstellung)

werden. Bearbeitungsmaschinen können aufgrund starker Verschmutzung ebenfalls zu


Ausschuss oder Defekten führen, was mit regelmäßiger Reinigung vermieden werden
kann. Die Berliner Kindl Schultheiss Brauerei in Berlin führt regelmäßiger 5 S-Audits
durch wie Abb. 16.4 zeigt. Die Audits werden in der Abfüllung und anderen Bereichen
Literatur 199

Abb. 16.4   5 S Audits in der BKSB. (Quelle: Eigene Darstellung)

d­urchgeführt. Sollten Handlungsbedarfe identifiziert werden, werden diese mit Ver-


antwortlichkeiten und einem Zieltermin in einen Maßnahmenplan gestellt. Dieser
Maßnahmenplan ist für alle Mitarbeiter einsehbar.

Literatur

Helmold, M., & Samara, W. (2019). Progress in performance management. Industry insights and
case studies on principles, application tools, and practice. Springer Heidelberg.
Helmold, M. (2020). Lean management and Kaizen. Fundamentals from cases and examples in
operations and supply chain management. Springer Cham.
Helmold, M., & Terry, B. (2021a). Kaizen, lean management und digitalisierung. Mit den
japanischen Konzepten Wettbewerbsvorteile für das Unternehmen erzielen. Springer Wies-
baden.
Helmold, M., & Terry, B. (2021b). Operations and supply management 4.0. Industry insights, case
studies and best practices. Springer Cham.
Diversity Management und Vielfalt
17

17.1 Begriffsdefinition: Diversität und von Vielfalt

Das Konzept der Vielfalt oder Diversität (Engl. Diversity oder Diversity-Management)
hat seinen Ursprung in der US-Bürgerrechtsbewegung, die gegen Rassismus gegen
People of Color kämpfte. Diversity stand also zunächst für die Schaffung von Chancen-
gleichheit für Gruppen, die nach bestimmten Merkmalen benachteiligt sind. Daraus
resultierten in den USA der Anti-Discrimination Act und die Affirmative Action zur
Förderung benachteiligter Gruppen nach den Kriterien Rasse, Geschlecht, Hautfarbe,
ethnische Herkunft, Alter, Behinderung oder Religion. Die Bürgerrechtsbewegung der
USA hatte großen Einfluss auf die Entwicklung weiterer sozialer Bewegungen bisher
benachteiligter und diskriminierter Gruppen, z. B. B. über die Bewegung der Indianer.
Auch die Europäische Union nutzt das Konzept seit Ende der 1990er Jahre als Vor-
bild. Die Aspekte der Vielfalt werden seit 2006 in der deutschen Gesetzgebung im All-
gemeinen Gleichbehandlungsgesetz berücksichtigt und sollen Menschen vor diesen
Kategorien vor Diskriminierung schützen. Die Erforschung und Sensibilisierung für
diese Fragen war jedoch nicht an das Konzept der Vielfalt gebunden. In der Sozial-
psychologie war Heterogenität seit Ende der 1940er Jahre der zentrale forschungs-
leitende Begriff für die untersuchten Dimensionen. Die Sozialpsychologie erforscht seit
Jahrzehnten die Mechanismen der Entstehung und Wirkung von sozialer Kategorisierung
und Stereotypisierung, sozialer Vergleiche, Identitätsbildung in sozialen Gruppen und
Intergruppenprozessen. Die Auswirkungen der Zugehörigkeit zu sozialen Gruppen
sind insbesondere im Hinblick auf Bildungs- und Leistungsverhalten, soziale Auf- und
Abstiegsprozesse, Kriminalität und Bandenbildung, Gesundheit und Arbeitsleben
umfassend erforscht. Insofern waren die Ergebnisse der gruppenbezogenen Forschung
für die Erziehungs- und Sozialmedizin von außerordentlicher Bedeutung.

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, 201
ein Teil von Springer Nature 2022
M. Helmold, Leadership, https://doi.org/10.1007/978-3-658-36364-2_17
202 17  Diversity Management und Vielfalt

17.2 Diversity Management als Teilaufgabe des


Personalmanagements

Diversity Management als Methode des betrieblichen Personal- und Arbeitsplatz-


managements. Ziel ist es, die Vielfalt der Mitarbeiter konstruktiv, effizient und gewinn-
bringend zu nutzen. Ein bekannter Vertreter des Diversity Managements in Deutschland
ist die wirtschaftspolitische Initiative Charta der Vielfalt. Die Charta der Vielfalt ist eine
2006 veröffentlichte Selbstverpflichtung und ein Verein unter der Schirmherrschaft des
Bundeskanzlers, der sich für ein vorurteilsfreies Arbeitsumfeld einsetzt. Mit der Unter-
zeichnung der Charta der Vielfalt erklären Arbeitgeber, dass sie Chancengleichheit für
ihre Mitarbeiter schaffen oder fördern. Im Jahr 2018 gab es 3.000 Unterzeichner. Neben
namhaften Großkonzernen, kleinen und mittelständischen Unternehmen, wissenschaft-
lichen und gesellschaftlichen Einrichtungen und Behörden (Charta der Vielfalt, 2020).
Der Arbeitsplatz ist heutzutage immer universeller geworden, das Bewusstsein dafür,
wie Vielfalt gemanagt werden könnte, und dies geht über die demografischen Merkmale
von Rasse, Geschlecht, Alter und Bildung hinaus. Länder auf der ganzen Welt gewinnen
größere Bevölkerungen und werden vielfältiger. Diversity ist mittlerweile zu einem ent-
scheidenden Thema geworden, um Exzellenz anzustreben und Kundenerwartungen
in Industrie und Wissenschaft zu erfüllen (Rahnfeld, 2019). Obwohl Vielfalt in multi-
nationalen Unternehmen (MNC) weitgehend gefördert wird, ist es wichtig zu verstehen,
dass Vielfalt in jede Organisation, jedes Unternehmen oder jede Institution integriert
werden muss. MNC fördern ihre Diversity-Aktivitäten umfassend über soziale und
Online-Netzwerke, um das Employer- und Company-Branding zu fördern (Maiorescu-
Murphy, 2020). Vielfalt hat einen Anstieg von Kreativität, Innovation und verbesserter
Problemlösung ermöglicht, was wiederum die Effektivität der Organisation steigert.
Organisationen mit einem guten Diversity-Arbeitsplatz werden ihren Marktanteil
erhöhen, wenn sie sich um ihre vielfältigen Kunden kümmern. Tatsache bleibt jedoch,
dass Vielfalt allein die Unternehmensleistung nicht verbessert. Diskriminierung ist am
Arbeitsplatz weit verbreitet und schadet der Organisation. Alle modernen Geschäfts-
ziele sollten immer darin bestehen, alle Arten von Diskriminierung rund um das Arbeits-
umfeld abzuschaffen und ein positives Umfeld zu schaffen, das Vielfalt anspricht.
Es ist wichtig, eine klare Vorstellung davon zu bekommen, dass Diskriminierung am
Arbeitsplatz nicht nur auf eine ausgewählte Gruppe von Personen beschränkt ist,
sondern jede Person unabhängig von ihrer Rasse, Religion, Kultur oder sexuellen
Orientierung betrifft. Daher haben alle Organisationen allen Grund, ein effektives
Diversity-Management einzuführen, das den Vorteilen einer vielfältigen Belegschaft
bietet. Unternehmen müssen Vielfalt durchsetzen, denn ihre Vielfalt wird den Arbeits-
platz verbessern, indem sie neue Talente, Interessen und Sichtweisen ­einbringt. Daher
ist es möglich, organisatorische Exzellenz und K ­ undenzufriedenheit zu erreichen.
Jede Organisation, die die kulturelle Vielfalt nicht in ihrem System willkommen heißt
17.2  Diversity Management als Teilaufgabe des Personalmanagements 203

und keine raschen Maßnahmen zur Beseitigung von Diskriminierung und Ungerechtig-
keit ergriffen hat, wird ihre Mitarbeiter und Kunden schrecklich treffen. Abb. 17.1 zeigt
die Element im Diversity Management.
Daher muss ein Unternehmen seine Missionen, Managementpraktiken, Strategien,
Kulturen, Märkte, Kunden und Stakeholder neu definieren. Letztendlich besteht die
Hauptstrategie darin, Vielfalt am Arbeitsplatz zu entwerfen, zu entwickeln und zu
erhalten und ein System zu schaffen, das es den Mitarbeitern ermöglicht, sich an das
Unternehmen zu binden.

17.2.1 Verankerung von Diversity in die Unternehmensmission und


-kultur

Vielfalt muss in die Mission, Vision und Werte des Unternehmens integriert werden.
Viele Unternehmen führen daher Diversity-Programme und -Aktivitäten ein.
Diese Aktivitäten werden Unternehmen dabei helfen, Talente in traditionell wenig

Alter
Polik Geschlecht

Persönlichkeit Ethnik

Lokaon Rasse

Diversität und Vielfalt


Sozialer Physische
Status Eigenschaen

Physische
Religion
Merkmale

Status Fähigkeiten

Bildung Einkommen

Abb. 17.1   Elemente des Diversity Managements. (Quelle: Eigene Darstellung)


204 17  Diversity Management und Vielfalt

erschlossenen Bevölkerungsgruppen zu erreichen. Laut einem Forbes Insight-Bericht


können sie auch Innovationen fördern. und sie können ein Unternehmen zu einer
wünschenswerteren Option für Kandidaten machen. Zwei Drittel der Befragten in einer
kürzlich von der Karriere-Community-Site Glassdoor durchgeführten Umfrage gaben an,
dass sie Vielfalt als einen wichtigen Faktor bei der Beurteilung einer Stelle ansehen. Die
einfache Implementierung eines Diversity-Programms ohne sorgfältige Beachtung seiner
Zusammensetzung und des gewünschten Effekts wird jedoch die organisatorischen Ver-
änderungsbemühungen einer Organisation nicht wesentlich verbessern. Nach Jahren
der Umsetzung und Forschung von Diversity- und Inklusions-Programmen ist klar,
dass mehrere Schlüsselfaktoren ein Diversity- und Inklusions-Programm am Arbeits-
platz potenziell ausmachen oder zerstören können. Obwohl die Besonderheiten von
Organisation zu Organisation unterschiedlich sein können, müssen Arbeitgeber für
einen wirklichen Erfolg eines Diversity-Programms mehrere strukturierte Elemente ein-
beziehen, wie in Abb. 17.2 (Talent Intelligence, 2015) gezeigt.

17.2.2 Diversity-Bedarfsanalyse

Ohne eine angemessene Bewertung (Bedarfsanalyse der Vielfalt) können Unter-


nehmen möglicherweise nicht feststellen, was sich ändern muss. Eine Bewertung kann
Ihrer Organisation helfen, genau zu identifizieren, welche Elemente ihr Diversity- und
Inklusionsprogramm umfassen sollte. SHRM schlägt vor, möglicherweise Fokusgruppen
zu verwenden und Mitarbeiterbefragungen, um die aktuelle Mitarbeiterstimmung zu
messen – und Ideen für mögliche Lösungen zu erhalten.

Abb. 17.2   Diversity
Programm. (Quelle: Eigene
Bedarfsanalyse
Darstellung)

Kontrolle und Training


Rekalibirierung Programme
Diversity-
Prozess

Diversity-
Diversity
orien
erte
spezifische Ziele
Karriereplanung
17.2  Diversity Management als Teilaufgabe des Personalmanagements 205

17.2.3 Diversity-Trainingsprogramm

Mitarbeiter und insbesondere Führungskräfte, die Diversity-Programme betreuen,


müssen über ein solides Diversity-Verständnis und einen soliden Rahmen für die Arbeit
verfügen. Ein Diversity-Schulungsprogramm kann auch dazu beitragen, Ihren Mit-
arbeitern auf allen Ebenen zu vermitteln, dass Ihre Organisation großen Wert auf Vielfalt
und Inklusion legt. Die Zeitschrift Workforce empfiehlt, Diversity-Trainingsprogramme
auf klare Metriken, erfahrungsbasiertes Lernen und die gemeinsame Nutzung eines
individuellen Nutzens für alle Beteiligten zu konzentrieren, um zum Erfolg der
Diversity-Trainingsprogramme beizutragen.

17.2.4 Karriereorientierte Führung und Vielfalt

Die Förderung des internen Wachstums kann dazu beitragen, die Mitarbeiterbindung
zu verbessern und die Diversity-Bemühungen zusätzlich zu unterstützen. Mentoring-
Programme können laut Scientific American eine der erfolgreichsten Methoden sein, um
die Zahl der weiblichen und männlichen Manager in Weiß und Schwarz, Latinos und
Asiaten in einer Organisation zu erhöhen – potenziell um fast 40 %.

17.2.5 Ziele für Vielfalt

Eine allgemeine Haltung zur Erhöhung der Vielfalt ist wahrscheinlich viel zu vage, um
sehr erfolgreich zu sein. Unternehmen, die klar umrissene Ziele setzen, haben bessere
Chancen, effektive Programme zu entwickeln und echte Veränderungen zu sehen.
Nehmen Sie zum Beispiel Shell. Zu den Zielen des Diversity-Programms des globalen
Energie- und Petrochemieunternehmens gehören die Erhöhung des Frauenanteils in
Führungspositionen auf mindestens 20 % und die Platzierung von Einheimischen in
mehr als der Hälfte der Führungspositionen in den Ländern, in denen es tätig ist.

17.2.6 Regelmäßige Diversity-Reviews

Ziele sind nur dann effektiv, wenn Sie feststellen können, ob Sie sie erreichen. Das
Managementteam und der CEO einer Organisation sollten laut SHRM regelmäßig
den Erfolg ihres Diversity- und Inklusionsprogramms anhand der vorab festgelegten
Ziele messen. Wenn ein Element nicht funktioniert, können Sie das Programm nach
Bedarf optimieren, um bessere Ergebnisse zu erzielen. Wenn Ihr Unternehmen seinen
Diversitäts- und Inklusionsstatus in letzter Zeit nicht gemessen hat, sollte dies Ihr erster
Schritt sein, um entweder ein neues zu erstellen Diversity-Programm oder Überarbeitung
Ihres aktuellen.
206 17  Diversity Management und Vielfalt

17.3 Verhaltens- und institutionell orientierte Diversität

Vielfalt am Arbeitsplatz ist für die Mitarbeiter von entscheidender Bedeutung, da sie sich
im Aufbau eines guten Rufs für das Unternehmen manifestiert, was zu mehr Rentabilität
und Chancen für die Arbeitnehmer führt. Vielfalt am Arbeitsplatz ist sowohl innerhalb
der Organisation als auch außerhalb wichtig. Diversity kann in die Verhaltenskate-
gorien und institutionelle Elemente unterschieden werden, wie in Tab. 17.1 dargestellt.
Behavioral Diversity kann eher als Prozess und Stil des Handelns (aufgabenorientiert)
beschrieben werden, wobei sich institutionelle Diversität auf bestimmte Fakten und
Zustände bezieht. Die Förderung der Gleichstellung und die Achtung der Vielfalt tragen
dazu bei, dass Menschen unabhängig von ihren Unterschieden geschätzt werden und
den gleichen Zugang zu allen Möglichkeiten haben. Das Gesetz bietet auch Schutz für
Personen, die durch die Verbindung mit einer Person mit einem geschützten Merkmal
diskriminiert werden.

17.4 Vielfalt und Inklusion

In den letzten Jahren ist erkennbar, dass der Fokus und das Bewusstsein für Diversity
und Inklusion permanent zunimmt. Gesellschaft, Unternehmen und Organisationen
stehen vor vielen Herausforderungen, um die einzigartigen Unterschiede zwischen
Menschen zu erkennen und wirklich zu verstehen. Von der #MeToo-Bewegung bis
hin zu verschiedenen Schlagzeilen-Skandalen wurden Vielfalt und Inklusion in den
Vordergrund des Arbeitsplatzdialogs gerückt. Allerdings werden die Wörter „Viel-
falt“ und „Inklusion“ oft verwechselt. Den Nuancen der beiden und den Auswirkungen,
die sie jeweils auf menschenbezogene Strategien und Praktiken haben, wird wenig

Tab. 17.1  Verhaltens- und institutionelle Diversität


Verhaltensorientierte Diversität Institutionelle Diversität
Arbeitsstile und -strukturen Geschlecht und Rasse
Denkmuster Sozialer und gesellschaftlicher Status
Lernmethoden und -stile Ethnischer Hintergrund
Kommunikationsprozess Familienstatus
Inspirationen Wirtschaftlicher Status
Unternehmenswerte Geographischer Status
Veränderungsmanagement Religion
Erwartungshaltung der Mitarbeiter Sexuelle Orientierung
Lebensstil Physische Fähigkeiten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Helmold (2021)
17.6  Fallstudie: Reverse Mentoring bei BMW 207

­ ufmerksamkeit geschenkt. Die Forschung von Gallup zeigt, dass die Erkenntnis, dass
A
Vielfalt und Inklusion sehr unterschiedliche Dinge sind, der erste Schritt auf dem Weg
zur Schaffung einer einzigartig vielfältigen und integrativen Arbeitsplatzkultur ist.

17.5 Entgeltgleichheit

Viele Unternehmen haben Diversity-Homepages, auf denen sie über die Lohngleich-
heit berichten. Der Diversity-Slogan von Apple lautet „Gemeinsam anders“. Laut der
Webseite hat Apple in jedem Land, in dem es tätig ist, Lohngleichheit erreicht. Frauen
verdienen heute bei vergleichbarer Arbeit genauso viel wie Männer. In den Vereinigten
Staaten verdienen unterrepräsentierte Minderheiten einen Dollar für jeden Dollar, den
ein weißer Angestellter verdient. Apple überprüft jedes Jahr die Vergütung der Mit-
arbeiter und nimmt Anpassungen vor, um sicherzustellen, dass wir die Lohngerechtig-
keit wahren. Im Rahmen der Verpflichtung zur Erreichung von Entgeltgleichheit (Apple,
2020).

17.6 Fallstudie: Reverse Mentoring bei BMW

17.6.1 Digitalisierung und Reverse Mentoring

Der Automobilhersteller BMW hat eine Digitalisierungsoffensive in der unternehmens-


eigenen Berufsausbildung gestartet. Dazu gehört auch eine moderne technologische
Arbeitsumgebung. Damit will sich das Unternehmen die nächste Generation der
sogenannten Generation Z sichern. Die Digitalisierungsoffensive in der Berufsaus-
bildung der > BMW Group basiert auf drei Säulen: Mobile State-of-the-Art-Geräte, die
in eher Digital Natives ansprechen, neue digitale Kollaborations- und Lernplattformen,
die den Wissenserwerb und die Zusammenarbeit schneller und selbstbestimmter machen
sollen, sowie ein breites, auf den Einzelnen zugeschnittenes Angebot an Talentförderung.
Das Unternehmen stellt den Auszubildenden Surface-Laptops mit Office 365, multi-
funktionale Kopfhörer und Smartphones sowie verschiedene Kommunikationsplatt-
formen für die mobile Zusammenarbeit zur Verfügung. Digitale Lehr- und Lernformate
und „Lern2Go“ sollen eine moderne Vermittlung von Lerninhalten ermöglichen. Aus-
zubildende und duale Studenten haben Zugang zu Weiterbildungsprogrammen wie
„Udacity“, mit denen sie zusätzliche Kompetenzen erwerben und „Nano Degrees“
erwerben, beispielsweise im Bereich Künstliche Intelligenz.
208 17  Diversity Management und Vielfalt

17.6.2 Digital Natives als Change Agents

Darüber hinaus wird das individuelle Wissen der Digital Natives in die täglichen
Arbeitsprozesse integriert. Im sogenannten Reverse Mentoring unterstützen die Nach-
wuchskräfte als „Change Agents“ ihre erfahrenen Kollegen beispielsweise beim agilen
Projektmanagement, der Nutzung digitaler Kollaborationsplattformen und der Nutzung
sozialer Netzwerke. Darüber hinaus hat BMW drei weitere Ausbildungsberufe mit den
Schwerpunkten Informatik und Elektronik sowie 15 duale MINT-Bachelorstudiengänge
integriert. Auch die bestehenden 27 Berufsbilder werden laufend zukunftsorientiert
angepasst und greifen zunehmend Inhalte wie Big Data/Data Analytics, agile Arbeits-
methoden, additive Fertigungsverfahren, Elektrifizierung oder Automatisierung auf.

Literatur

Apple. (2020). www.apple.com. https://www.apple.com/diversity/. Zugegriffen: 04. Sept. 2020.


Charta der Vielfalt. (2020). www.Charta-der-vielfaltwww.Charta-der-vielfalt. https://www.charta-
der-vielfalt.de/. Zugegriffen: 21. Aug. 2020.
Helmold, M. (2021). New work, transformational and virtual leadership. Lessons from COVID-19
and other crises. Springer Cham.
Maiorescu-Murphy, R. D. (2020). Corporate diversity communication strategy an insight into
American MNCs’ online communities and social media engagement. Palgrave Macmillan.
Rahnfeld, C. (2019). Diversity-Management. Zur sozialen Verantwortung von Unternehmen.
Springer Wiesbaden.
Talent Intelligence. (2015). The top 5 elements your diversity program should include posted by
Talent Intelligence. https://www.talentintelligence.com/blog/the-top-5-elements-your-diversity-
program-should-include. Zugegriffen: 21. Aug. 2020.
New Work als moderner
Leadershipansatz zur Transformation 18

18.1 New Work als neues Arbeitskonzept

Arbeitskonzepte, -stile und -verhalten unterliegen seit einigen Jahren einem grund-
legenden und strukturellen Wandel. New Work ist das Ergebnis dieser Transformation
und des Kulturwandels (Bergmann, 2019). Die Auslöser für diese Entwicklung von New
Work sind vielfältig. Digitalisierung, Vernetzung und Globalisierung sowie der demo-
grafische Wandel gehören zu den Faktoren, die zum Wandel der Arbeitswelt beitragen.
Immer wichtiger wird die Frage, wie Unternehmen und Gesellschaften mit dem Mega-
trend New Work umgehen (Bergmann, 2019). Die Kernwerte des New Work-Konzepts
sind Unabhängigkeit, Freiheit und Teilhabe am Gemeinwesen, wie sie der Wissen-
schaftler Bergmann bereits in den 1980er Jahren formuliert hat. Neben Freiheit und
Partizipation integriert New Work auch Elemente wie Freiheit und Selbstwertgefühl,
Flexibilität, einen sinnstiftenden Beruf, Entwicklung und soziale Verantwortung wie in
Abb. 18.1 dargestellt.
Bergmanns New-Work-Konzept beginnt mit einer kritischen Auseinandersetzung mit
dem amerikanischen Verständnis von Freiheit und Selbstwertgefühl. Er betrachtet Frei-
heit nicht als die Möglichkeit, zwischen zwei oder mehr, mehr oder weniger, besseren
oder schlechteren Optionen zu wählen (Freiheit der Wahl); Sein Verständnis von Frei-
heit ist die Option, etwas wirklich, wirklich Wichtiges zu tun (entscheiden Sie, was Sie
tun möchten, weil Sie daran glauben). Die Kernwerte des Konzepts New Work sind
Autonomie, Freiheit und Teilhabe am Arbeitsumfeld und am Gemeinwesen (Hermeier
et al., 2019). New Work soll neue Wege der Kreativität und persönlichen Entwicklung
bieten und damit einen wichtigen Beitrag zum Arbeitsmarkt leisten. Auf diese Weise
ist echte Handlungsfreiheit möglich und notwendig. Der Leitgedanke von New Work
ist es, durch Kreativität und Selbstverwirklichung (oder das Streben nach Glück) Raum
für Motivation und Leistung zu schaffen. Für überholt und überholt hält Bergmann

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, 209
ein Teil von Springer Nature 2022
M. Helmold, Leadership, https://doi.org/10.1007/978-3-658-36364-2_18
210 18  New Work als moderner Leadershipansatz zur Transformation

Abb. 18.1   Elemente von


New Work. (Quelle: Eigene
Darstellung)

2. Selbstwert-
1. Freiheit
gefühl

6. Soziale New 3. Flexibilität


Verantwortung Work

4.
5. Entwicklung Sinnsenden
Beruf

das traditionelle Jobsystem, in dem Unternehmen die große Chance haben, sich von
Lohnarbeit und veralteten Arbeitsmodellen zu trennen (Bergmann, 2019). Das früh-
kapitalistische System der Lohnarbeit sollte langsam in New Work umgewandelt werden.
Dieses New Work Konzept sollte aus drei Teilen bestehen:

• Ein neuer, intelligenter und fortschrittlicher Weg der Berufs- und Erwerbstätigkeit
• Ein kreativer und innovativer Ansatz mit dem Ziel den Mitarbeitern die Tätigkeiten zu
vereinfachen
• Eine Tätigkeit Mitarbeitern anzubieten, die sie wirklich wollen und zufriedenstellt

In diesem Zusammenhang und in der Diskussion des New Work-Konzepts hat die Covid-
19-Situation die Arbeitsumgebungen und Arbeitsstile massiv verändert. Die Pandemie
hat weltweit beispiellose Arbeitsbedingungen geschaffen. Messen und Veranstaltungen
wurden abgesagt, Mitarbeiter ins Homeoffice geschickt, Schulen, Universitäten und
Kitas geschlossen, ganze Regionen und Länder geschlossen. Die Auswirkungen des
Coronavirus auf Organisationen und Unternehmen sind noch nicht abschätzbar, aber es
zeichnet sich bereits ab: Das Virus wird zum New Work Booster und hat das Potenzial,
die digitale Transformation und New-Work-Konzepte in vielen Unternehmen und
Organisationen deutlich zu beschleunigen.
Ganze Unternehmen wie Twitter, Google, Siemens und die Deutsche Telekom
arbeiteten komplett von zu Hause aus, Besprechungen fanden per Videokonferenz
18.2  Arbeit, die der Mitarbeiter wirklich verrichten möchte 211

statt und Unterricht, Workshops und Schulungen fanden in virtuellen Klassenzimmern


statt. Universitäten wechselten von physischen Klassenzimmern zu virtuellen Klassen-
zimmern. Abgesagte Messen lassen Aussteller kreativ werden: Produkte werden per
Livestream präsentiert und auch die Buchbranche macht mit dem Hashtag #buchmesse-
vorort aus der Not eine Tugend und präsentiert Neuerscheinungen in sozialen Netz-
werken. Die Frage ist nicht mehr, ob Konzepte wie Homeoffice, agiles Arbeiten und
virtuelles Lernen umgesetzt werden, sondern wie. Das ist die große Chance, deren
Schwung jetzt genutzt werden muss. Werden die Karten aufgrund der Corona-Zwangs-
sperre neu gemischt? Wie arbeiten Sie mit Kollegen zusammen, wenn alle von zu Hause
aus zu arbeiten? Werden wir die neuen Arbeits- und Lebensformen auch in Zukunft in
unseren Alltag integrieren und wenn ja – in welchem ​​Umfang? Werden wir uns selbst
und dem Planeten bewusster? Und lernen wir endlich, langsamer zu werden? Die
Antworten auf diese Fragen werden wir wahrscheinlich erst in wenigen Monaten sehen,
aber es zeichnen sich bereits vier Trends ab, die unsere Zukunft nach dem Virus ent-
scheidend beeinflussen könnten:
Da die Menge der verfügbaren Erwerbsarbeiten (traditionelle zu leistende Arbeit)
im Kontext der Industriegesellschaft durch die Automatisierung in allen Wirtschafts-
bereichen geringer wird, schlagen Befürworter von New Work eine reduzierte Erwerbs-
tätigkeit für alle vor. Die durch diesen Erwerbsabbau freiwerdende Zeit soll im
Gegenzug die finanzielle Grundlage schaffen, um Dinge zu schaffen, die weder durch
Eigenarbeit (aktive Arbeit?) noch durch nachbarschaftliche Netzwerke hergestellt
werden können. Die Befriedigung der Bedürfnisse der Menschheit wird durch High-
Tech-Selbstversorgung mit neuesten Technologien unterstützt. In naher Zukunft könnten
sogenannte Fabbers – automatisierte All-in-One-Geräte – Waren autonom produzieren.
Bergmann ist der Meinung, dass der intelligente Konsum darüber nachdenken und
entscheiden sollte, was er wirklich braucht. Viele Produkte und Dinge sind laut Berg-
mann irrelevant, da sie bei der Nutzung mehr Zeit verbrauchen als sie sparen. Ein Bei-
spiel könnte die Knoblauchpresse sein, bei der die Reinigung des Geräts die meiste Zeit
mehr Zeit in Anspruch nimmt als die „Zeitersparnis“ durch die Verwendung der Presse
im Vergleich zum manuellen Pressen/Schneiden (Bergmann, 2019). Durch Eigenver-
sorgung und intelligenten Konsum können die Menschen einen guten Lebensstandard
aufrechterhalten, obwohl nur ein Drittel der gesamten Kapazität für Lohnarbeit genutzt
wird.

18.2 Arbeit, die der Mitarbeiter wirklich verrichten möchte

Die Idee von New Work ist viel mehr als das, was das heutige traditionelle
Organisations- und Arbeitssystem leisten kann und leisten kann. Jeder Mensch kann,
so Bergmann, eine Arbeit finden, die seinen eigenen Werten, Wünschen, Träumen,
Hoffnungen und Fähigkeiten entspricht. Da Bergmann einen revolutionären Prozess zur
Überwindung des Lohnarbeitssystems bestreitet, kann ein Wandel nur langsam erfolgen
212 18  New Work als moderner Leadershipansatz zur Transformation

und dieser Wandel kann nur durch Menschen erreicht werden, die ihre wirklichen, realen
Wünsche genau analysieren und diesen Wünschen nachgehen. Dadurch werden sie
immer unabhängiger vom Lohnarbeitssystem. In sogenannten Zentren für neue Arbeit
geht es darum, dass Menschen zusammenarbeiten und mit Unterstützung von Mentoren
versuchen, herauszufinden, welche Art von Arbeit sie wirklich, wirklich machen wollen.
Dieser Prozess ist natürlich komplex, anspruchsvoll und zeitaufwendig. Bergmann ver-
wendet den Begriff Selbstunkenntnis. Durch den Versuch herauszufinden, was eine
Person wirklich, wirklich tun möchte, könnte eine allgemeine Bewegung beginnen, die
das eigene Leben verändert, damit sich die Menschen lebendiger fühlen (Bergmann,
2019). Der Psychologe Markus Väth entwickelte Bergmanns Theorie weiter. Basierend
auf Bergmanns Papier „New Work, New Culture“ illustriert Väth vier Säulen, auf denen
eine erfolgreiche Umsetzung von New Work aufbauen könnte (Väth & Vollmoeller,
2016). Väth betont auch, dass sich auch traditionelle Konzepte in dominierenden
Branchen wie der Beratung ändern werden:

• Eine bewusste Lebensweise („Life Blending“) in Kombination mit einer Neu-


bewertung der Bedeutung der Arbeit für das eigene Leben
• Ein systematisches Kompetenzmodell, das für die Arbeit in einer hochkomplexen,
dynamischen Welt relevant ist
• Ein Veränderungsmodell für Organisationen, das einen Paradigmenwechsel in Kultur
und Organisationen ermöglicht
• Eine intensive Auseinandersetzung mit der Rolle der Arbeit in der Gesellschaft und
ein entsprechender Auftrag der Politik (New Work Deal).

New Work hat keine einheitliche Definition nach Hackl et al. (2017). New Work ist
während der COVID-19-Krise und -Pandemie definitiv zu einem Modebegriff geworden.
Es taucht in sehr unterschiedlichen Kontexten in Unternehmen, Literatur und sozialen
Netzwerken auf. Mal geht es um Technik, mal um die freie Arbeitsplatz- und Zeit-
wahl, fast immer geht es auch um den digitalen Wandel. Aber wie verändert das unsere
Arbeitswelt? Und was kann New Work für Unternehmen tun? Wir räumen mit Mythen
auf und geben kurze und konkrete Antworten auf die Frage: Was genau bedeutet
New Work? New Work beschreibt heute meist ein sehr weites Feld und umfasst diese
Themen:

• Flexible Arbeitszeiten (z. B. Teilzeit, Gleitzeit, Vertrauensarbeitszeit, Jobsharing)


• Flexibilität am Arbeitsplatz (z. B. Homeoffice, Remote-Arbeit)
• Allgemeine Flexibilität von Strukturen, Denkmustern und Gewohnheiten (z. B. agile
Organisationen)
• Kollaboratives Arbeiten (einschließlich Teambuilding)
• Globale und virtuelle Teams (z. B. funktionsübergreifende und grenzüberschreitende
Teams)
18.2  Arbeit, die der Mitarbeiter wirklich verrichten möchte 213

• Diversität, Vielfalt und Gleichberechtigung (z. B. Talentmanagement und Karriere-


perspektiven)
• Mentoring, Coaching oder interdisziplinäre Projekte (z. B. Wissenstransfer)

In Wissenschaft und Wirtschaft zeigt sich, dass die Themen und Elemente rund um New
Work von stark steigender Bedeutung sind. Daraus ergibt sich die Frage, inwieweit New
Work in Unternehmen und Organisationen integriert ist bzw. wird? Abb. 18.2 zeigt,
dass 74 % der deutschen Unternehmen das Trendthema New Work auf ihrer Agenda
haben, viele Unternehmen sich aber mit Homeoffice-Regelungen und mobilem Arbeiten
begnügen, anstatt ihre Unternehmenskultur zu entwickeln (Kiebaum, 2017). In der
Umfrage wurde auch nach den konkreten Maßnahmen gefragt, mit denen New Work
in Unternehmen etabliert werden soll. Die beliebteste Maßnahme ist, Mitarbeitern die
Möglichkeit zu geben, von zu Hause aus zu arbeiten (Homeoffice). Damit verbunden
ist auch das Ergebnis der Studie, die mit 67 % den zweiten Platz unter den beliebtesten
neuen Arbeitsinstrumenten einnimmt, um neue mobile Endgeräte wie Smartphones und
Laptops ortsunabhängig nutzbar zu machen. Immerhin 47 % der Befragten setzen auf ein
offenes und flexibles Bürokonzept mit frei wählbaren berufsbezogenen Arbeitsplätzen.
Wichtige kulturbezogene Maßnahmen wie die Demokratisierung von Entscheidungen
oder neue digitale Führungsmodelle finden noch zu oft keinen Weg in die neue Welt des
New Work. Aber das ist die größte Schwäche und das Manko. Unternehmen, die New
Work nicht ganzheitlich angehen, laufen Gefahr, dass Veränderungen letztlich scheitern
(Kiebaum, 2017; Lauer, 2020). Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich viele Unter-
nehmen mit New Work beschäftigen, vielen aber noch der ganzheitliche Ansatz und der
Spirit, New Work zu leben, fehlen (Kiebaum, 2017).

Ist New Work Teil der In welchen Bereichen haben Sie New Work Initiativen
Unternehmensstrategie? (%)
umgesetzt (%)
80

26 70

60
74
50

40
Ja Nein
70 67
Hat das Unternehmen New Work 30
Elemente eingeführt ? 47
(%) 20
34

10 19 17

37 0
Heimarbeit (Home Mobile oder Flexible Flache Leadership Domkratisierung
Office) digitale Bürokonzepte Hierarchien Transformation von
63
Technologien Entscheidungen

Ja Nein

Abb. 18.2   Einführung von New Work. (Quelle: Eigene Darstellung)


214 18  New Work als moderner Leadershipansatz zur Transformation

18.3 Transformationale Veränderungen zu New Work

Wenn Unternehmen auch in Zukunft eine nachhaltige und langfristige Wettbewerbs-


position behaupten wollen, ist es notwendig, sich kontinuierlich den Marktgegebenheiten
anzupassen und Veränderungsprozesse schneller als der Wettbewerb voranzutreiben.
Experten nennen dieses Konzept „Organisationsgesundheit“. In Anlehnung an bewährte
innovative Unternehmen und Organisationen im Bereich New Work ist es daher wichtig,
dass Unternehmen eine klare Vorstellung davon haben, wo sie in Bezug auf New Work
stehen. Daher müssen sie von einer detaillierten Diagnose bis zur Umsetzung beginnen,
um nachhaltige Veränderungen in den Organisationsmustern und Verhaltensweisen zu
erreichen. Damit einhergehen muss eine umfassende Kompetenzentwicklung (Brommer
et al., 2019). Bei der Bewertung ist es wichtig, Fragen zu stellen:

• Was ist die optimale Struktur einer Organisation?


• Wie ist der Standpunkt des Managements zu New Work?
• Wie kann Change Management umgesetzt werden?
• Was ist das beste Change-Management-Konzept?
• Wie verwandelt man Führung und Management in Change Agents?
• Sind die Hierarchien schlank und agil?
• Wie viel Agilität ist sinnvoll?
• Wie implementiert man New Work?
• Welche Schritte können wann umgesetzt werden?

Dies sind Fragen, mit denen sich unsere Kunden derzeit intensiv auseinandersetzen.
Mit Diagnosetools und Change-Management-Konzepten können Change Agents Unter-
nehmen bei den allerersten Schritten einer Reorganisation unterstützen und langfristig
Wert schaffen. Für den nachhaltigen Erfolg spielen jedoch nicht nur die formalen
Mechanismen eine Rolle. Entscheidend ist, dass sich auch individuelle Einstellungen
und Verhaltensweisen im Management und in der Belegschaft ändern (Lauer, 2020).

18.4 New Work und Digitalisierung

New Work kann für Unternehmen große Vorteile bieten, denn es ist eine wichtige
Voraussetzung für eine erfolgreiche Digitalisierung (Sterchi, 2018). Die neuen Rahmen-
bedingungen und Umweltauflagen erfordern neue Strukturen und grundlegende
kulturelle Veränderungen in den Unternehmen. Flexibilität, Agilität und Kollaboration
sind die wichtigsten Voraussetzungen für eine ganzheitliche Digitalisierung und
Umsetzung von New-Work-Konzepten (Helmold, 2020). Nur Unternehmen, die
Strukturen und Arbeitsformen nachhaltig verändern, können in einem immer komplexer
werdenden digitalen Markt bestehen und auch in fünf Jahren erfolgreich, innovativ
18.5  New Leadership as Teil von New Work 215

und kreativ sein. Die meisten Unternehmen haben bereits alles, was sie brauchen, um
ihre digitale Transformation zu gestalten: ihre eigenen Mitarbeiter. Das erforderliche
Wissen ist bereits im Unternehmen vorhanden, es muss nur noch aktiviert werden. Und
hier kommt wieder New Work ins Spiel, denn es stellt den Menschen (wieder) in den
Mittelpunkt. Ob Berufe ganz verschwinden, sich verändern oder neu entstehen, die
große Herausforderung wird sein, wie Gesellschaft und Arbeitswelt mit denen umgehen,
die nicht schnell genug für den Technologiesprung qualifiziert sind. Wie sind sie in
einer Gesellschaft gefangen, in der das Individuum stark von seiner Arbeit geprägt ist?
Wie kann man sie trainieren? Wo öffnen sich neue berufliche oder andere Türen für
gesellschaftliche Teilhabe? Und ist es sinnvoll, bestimmte Berufe künstlich am Leben
zu erhalten? Das Risiko wächst. Wenn alles durch die Technologie vordefiniert ist, gibt
es keinen Raum für Veränderung und Transformation. Während einige Berufe nicht
verschwinden werden, werden sie sich erheblich verändern, indem frühere Aufgaben
beseitigt und neue hinzugefügt werden. Einige Experten für New Work glauben, dass
die Kassiererin weiter existieren könnte. Je nach Geschäftsart berät die Kassiererin die
Kunden zu Produkten und Designs oder unterstützt sie bei der Nutzung kundenbezogener
Apps. Oder sie bewilligt Regale, wenn sich der Einsatz eines Roboters aufgrund der
Warenmenge nicht lohnt oder die Produkte im laufenden Geschäft variabel eingeordnet
werden müssen. Experten gehen auch davon aus, dass der Taxifahrer nicht unbedingt so
schnell verschwinden wird. Beim autonomen Fahren beispielsweise sind viele Rechts-
fragen, wie etwa die Haftung, ungeklärt. Vielleicht fällt der Job eines Taxifahrers aus
anderen Gründen weg. Zum Beispiel durch Geschäftsmodelle, die von der Trägheit der
Rechtsordnungen profitieren könnten, die aber mittelfristig die Leistungsbereitschaft und
-fähigkeit beeinflussen können. Uber bietet in verschiedenen Ländern auf unterschied-
liche Weise ein Beispiel. Aber wo Maschinen übernehmen, werden auch Menschen
gebraucht (Sterchi, 2018). Welche neuen Berufe bringt uns die Digitalisierung? Zum
Beispiel diejenigen, die wie ein Avatar-Designer auf den neuen Technologien aufbauen.
Wenn ich mich in der virtuellen Welt bewegen will, brauche ich eine digitale Persönlich-
keit. Wer möchte ich virtuell sein? Wie kann ich mich attraktiv machen, um mich von
anderen abzuheben? Ein Avatar-Designer setzt meine Wünsche um.

18.5 New Leadership as Teil von New Work

Wenn es um Erfolgsfaktoren rund um New Work, aktuelle Trends und digitale Trans-
formation in Unternehmen geht, kommt schnell das Thema transformativer und neuer
Führungsstil auf. Denn erfolgreicher Wandel braucht sowohl Digitalisierung als auch die
richtigen Führungskräfte (Helmold, 2020). Impulse und Signale von oben und gleich-
zeitig die Beteiligung und Mitbestimmung der Mitarbeiter (Hermeier et al., 2019). Es
ist ganz klar, dass Führung in Zeiten von Digitalisierung und New Work den Menschen
in den Mittelpunkt stellen muss. Digital Leadership bedeutet Förderung, (Frei-)Raum
216 18  New Work als moderner Leadershipansatz zur Transformation

für neue Ideen und auch für Fehler. Digital Leader sind Vorbilder, sie stärken ihre Mit-
arbeiter, vernetzen sie und unterstützen ihr eigenes Handeln – und ebnen so den Weg, um
New Work in Ihrer Organisation zu etablieren. Abb. 18.3 skizziert die neuen Führungs-
erfolgskriterien und -attribute, die für eine New-Work-Kultur wichtig sind. In einem
New Work Umfeld ist es wichtig, dass Führungskräfte und Mitarbeiter eine Orientierung
an gemeinsamen Zielen haben. New-Work-Führungskräfte müssen ihre Ziele intelligent
und weise an ihre Mitarbeiter weitergeben. In diesem Zusammenhang ist es wichtig,
auch Verantwortlichkeiten zu delegieren. Unternehmen, die New Work erfolgreich ein-
führen, haben flexible Rollenmodelle als Teil des Führungsteams. Führungskräfte
fungieren als Coaching- und Trainingsorgane. New Work erfordert offene und trans-
parente Leistungsindikatoren und -ziele. Das Leistungsmessungs- und Management-
system muss daher dynamisch, flexibel und agil sein. Diese Agilität wirkt sich auch auf
schnelle und schlanke Entscheidungsprozesse aus. Schließlich ist es wichtig, dass New
Work-Layouts auch Strategien zur Konfliktlösung zwischen Mitarbeitern, Führungs-
kräften oder Stakeholdern etablieren.

18.6 Agilität als Treiber von New Work

Ein agiles Unternehmen ist eine Organisation, die schnell auf Marktveränderungen und
Arbeitsplatztrends reagiert. Agile Unternehmen sind sich bewusst, dass organisatorische
und transformative Veränderungen unvermeidlich sind. Agile Unternehmen bewerten
regelmäßig ihre Praktiken und Prozesse, um sicherzustellen, dass sie einem optimalen

Transparente
Akves Coaching
Performance-
und Mentoring
Indikatoren und Ziele
Integraon flexibler Dynamisches and
Rollenmodelle agiles Management

Delegierung von Schnelle


Verantwortung Entscheidungsstruktur
(Empowerment)

New
Orieerung durch Leadership Strategien für
gemeinsame Ziele Erfolgskriterien Konfliktlösungen
für New Work

Abb. 18.3   Erfolgreiche Kriterien für New Work. (Quelle: Eigene Darstellung)


18.7  Wissenstransfer und lebenslanges Lernen 217

Mitarbeiterengagement, -moral und -leistung förderlich sind (Hanschke, 2017). Ein


agiles Unternehmen reagiert erfolgreich und schnell auf neue Wettbewerber. Sie sind
innovativ und fordern ständig heraus Agile Unternehmen brauchen einen klaren Über-
blick und eine Einschätzung der Fähigkeiten, die sie benötigen, um heute und in Zukunft
am Markt erfolgreich und wettbewerbsfähig zu sein. Projekte können eine treibende
Kraft für Innovation und Veränderung sein. Die Definition und Entwicklung neuer
Projekte ist für jedes Unternehmen von entscheidender Bedeutung. In den meisten Fällen
werden Projektinitiierung und Projekt-Staging noch klassisch top-down umgesetzt.
Heutzutage müssen immer komplexere Probleme gelöst werden, für die umfang-
reiches Know-how erforderlich ist. Oft geht es um Themen, die vielfältige Expertise
aus unterschiedlichen Bereichen erfordern. Flash-Organisationen können eine Antwort
auf diese Herausforderungen sein (Hanschke, 2017). Agilität sollte dazu führen, dass
Unternehmen selbstlernende Organisationen transformieren, die automatisch die auf-
kommenden Bedürfnisse in allen Abteilungen und der Wertschöpfungskette bewerten,
um auf Kunden, Wettbewerber und andere Interessengruppen zu reagieren. (Moran,
2015).

18.7 Wissenstransfer und lebenslanges Lernen

Flexibilität und Kollaboration sind elementar für eine ganzheitliche Digitalisierung.


Ein Großteil des Wissens steckt in den Köpfen der Mitarbeiter. Doch wie soll Wissens-
transfer funktionieren, wenn Mitarbeiter in ihren Si-Los arbeiten? Sie brauchen
Strukturen und Arbeitsweisen, die kreatives, innovatives und freies Denken nicht nur
zulassen, sondern aktiv fördern. In Unternehmen beginnt die eigene digitale Trans-
formation immer mit der erfolgreichen Vernetzung der Mitarbeiter und dem damit
ermöglichten lebendigen Wissenstransfer. Im Zusammenhang mit Wissenstransfer und
Wissensmanagement gewinnt das Thema Skillmanagement immer mehr an Bedeutung.
Welche Kenntnisse hat Ihr Unternehmen bereits? Welche Fähigkeiten gibt es? Welche
Organisationen brauchen in Zukunft? Und wie können sie strategisch eingesetzt werden?
Ein gutes Skill-Management und der strategische Einsatz vorhandener Skills können
den Unterschied machen. Mitarbeiter können mehr nach ihren Bedürfnissen arbeiten
und fühlen sich effektiver. Das macht die Mitarbeiter glücklicher und motivierter. Und
dadurch werden sie produktiver (Helmold, 2021). Ein weiteres wichtiges Thema für die
neue Arbeitswelt von heute (und die der Zukunft) ist Wissenstransfer, Informationsaus-
tausch und lebenslanges Lernen. Aber wie funktioniert Lernen heute? Und wie kann
Lernen eine effektivere und kollaborativere Zusammenarbeit unterstützen? Wie wichtig
ist Lernen in Zeiten von New Work? Wenn Unternehmen in Zukunft kollaborative
Arbeitsmuster unter Mitarbeitern fördern wollen (und wir müssen), müssen sie ent-
sprechende Lern-, Qualifizierungs- und Trainingsmethoden einführen. Eine Lösung
hierfür kann beispielsweise Peer-Learning sein. Peer Learning bezeichnet verschiedene
Formen des kooperativen Lernens. Dabei geht es nicht nur um den ­ Austausch von
218 18  New Work als moderner Leadershipansatz zur Transformation

Wissen, sondern auch um den Austausch von Erfahrungen. Peer Learning ist günstig,
effektiv, nachhaltig und das Gelernte passt perfekt in den Kontext des jeweiligen
Unternehmens. Außerdem vernetzt es Mitarbeiter untereinander und fördert die
Kommunikation innerhalb der Organisation. Andere Methoden können Onboarding-
Programme, Coaching, Train-the-Trainer oder Mentoring-Programme sein.
Die Rahmenbedingungen von New Work und New Learning müssen an die
Anforderungen der Unternehmen an eine dynamische, arbeitsplatzintegrierte Kompetenz-
entwicklung und die daraus folgende Häufigkeit und Intensität der Weiterbildung
und des Erwerbs neuer Fähigkeiten angepasst werden. Mit zunehmender Komplexi-
tät und Dynamik in der internen und externen Spezialisierung und Zusammenarbeit
steigt auch der Bedarf an Schulung und Kompetenzentwicklung. Organisationen haben
daher im Hinblick auf die Kompetenzentwicklung konkrete Bedürfnisse, die durch
klassische Qualifizierungsformen (z. B. Seminare, Weiterbildungskurse) nicht aus-
reichend abgedeckt werden, nämlich. Reagieren Sie auf die Fähigkeiten, die in einem
dynamischen Umfeld erforderlich sind

• Einführung neuer Lernmethoden, die den Bedürfnissen der Mitarbeiter entsprechen


• Verkürzen Sie die Zeit, die ein Mitarbeiter benötigt, um die notwendigen
Kompetenzen zu erwerben, um seine Arbeit auf die effizienteste und effektivste Weise
zu erledigen
• Ändern Sie den Lernkontext schnell und als Reaktion auf die reale Welt
• Erleichterung des Wissensaustauschs innerhalb einer Organisation
• Unterstützen Sie ein Umfeld mit sanften Fehlern, in dem Fehler keine Auswirkungen
auf die reale Welt haben, und fördern Sie so die Bereitschaft, maßvolle Risiken einzu-
gehen, die darauf ausgerichtet sind, in der realen Welt ein hohes Maß an ausgefeilter
Leistung zu erzielen

Mit einer erfolgreichen Umsetzung fühlen sich die Mitarbeiter effektiver. Sie können
ihren Bedürfnissen und Lebensphasen entsprechend mehr arbeiten. Sie können
kollaborativer mit ihren Kollegen zusammenarbeiten und sind glücklicher und
motivierter. Flexible Arbeitsmöglichkeiten führen zu einem hohen Engagement. Es gibt
weniger Fluktuation. Innovationskraft und Produktivität werden zunehmen. Zudem
brauchen Unternehmen, die New Work ernsthaft leben, kein teures Employer Branding.

18.8 Lehren aus der COVID-19 Pandemie

18.8.1 Neue Trends durch COVID-19 Pandemie

Da die COVID-19-Pandemie wichtige Arbeitstrends zurücksetzt, müssen Personalver-


antwortliche und -manager die Personal- und Mitarbeiterplanung, das Management, die
Leistung und die Erfahrungsstrategien überdenken (Baker, 2020b). Es zeigt sich jedoch,
18.8  Lehren aus der COVID-19 Pandemie 219

dass viele Unternehmen zögern, einen ganzheitlichen Ansatz zur Implementierung von
New Work in die Unternehmenskultur ihrer Organisation zu verfolgen. Eine Gartner-
Umfrage zeigt, dass 82 % der Unternehmensleiter und Führungskräfte ihren Mitarbeitern
erlauben, teilweise von zu Hause aus zu arbeiten, aber keinen ganzheitlichen Ansatz für
New Work verfolgen.
Die Gartner-Umfrage unter 127 Unternehmensleitern aus den Bereichen HR, Recht
und Compliance, Finanzen und Immobilien zeigt, dass die Mehrheit der Befragten
beabsichtigt, Remote-Arbeitsmöglichkeiten zuzulassen. Für viele Unternehmen mit
Mitarbeitern, die sowohl vor Ort als auch aus der Ferne arbeiten, ist die Anpassung an
eine neue, komplexere hybride Belegschaft die Herausforderung, da sich die Menschen
entwickeln, um ihre Arbeit zu erledigen. Fast die Hälfte (47 %) sagte, sie beabsichtige,
ihren Mitarbeitern künftig Vollzeitarbeit aus der Ferne zu ermöglichen. Für einige
Unternehmen wird Gleitzeit die neue Norm sein, da 43 % der Umfrageteilnehmer
angaben, ihren Mitarbeitern Gleitzeit zu gewähren, während 42 % Gleitzeit anbieten
(siehe Abb. 1.4). „Die COVID-19-Pandemie hat ein riesiges Experiment zur weit ver-
breiteten Fernarbeit ausgelöst“, sagte Elisabeth Joyce, Vice President of Advisory in der
Personalabteilung von Gartner. „Während Unternehmensführer die Wiedereröffnung
ihrer Arbeitsplätze planen und durchführen, evaluieren sie dauerhaftere Vereinbarungen
zur Fernarbeit, um die Erwartungen der Mitarbeiter zu erfüllen und einen widerstands-
fähigeren Geschäftsbetrieb aufzubauen“ (Baker, 2020b).
Zukunftstrends von New Work in der Zeit nach COVID-19. Von den neun Trends der
Zukunft der Arbeit repräsentieren einige eine Beschleunigung bestehender Schichten;
andere sind neue auswirkungen, die vorher nicht diskutiert wurden. Und in einigen
Fällen hat COVID-19 das Pendel eines lange beobachteten Musters in ein Extrem
gezwungen.

18.8.2 Trend Nr. 1: Anstieg der Fernarbeit und Remote-Arbeit

Die kürzlich durchgeführte Gartner-Umfrage ergab, dass nach COVID-19 wahrschein-


lich mehr Mitarbeiter zumindest zeitweise aus der Ferne arbeiten werden, gegenüber
30 % vor der Pandemie. Da Unternehmen zu mehr Remote-Arbeitsvorgängen wechseln,
ist es wichtig, kritische Kompetenzen zu erweitern, die die Mitarbeiter für die digitale
Zusammenarbeit benötigen, und bereit sein, Strategien für die Mitarbeitererfahrung
anzupassen. Gartner empfiehlt Unternehmen zu bewerten, wie Leistungsziele und Mit-
arbeiterbewertungen für einen Remote-Kontext verschoben werden können.
220 18  New Work als moderner Leadershipansatz zur Transformation

18.8.3 Trend Nr. 2: Digitalisierung und erweitertes


Datenmanagement

Die Gartner-Analyse zeigt, dass 16 % der Arbeitgeber Technologien häufiger ein-
setzen, um ihre Mitarbeiter durch Methoden wie virtuelles Ein- und Ausstempeln,
Nachverfolgung der Computernutzung am Arbeitsplatz und Überwachung von Mit-
arbeiter-E-Mails oder interner Kommunikation/Chat zu überwachen. Während einige
Unternehmen die Produktivität verfolgen, überwachen andere das Engagement und
das Wohlbefinden der Mitarbeiter, um die Mitarbeitererfahrung besser zu verstehen.
Bereits vor der Pandemie nutzten Unternehmen zunehmend nicht-traditionelle Tools
zur Mitarbeiterüberwachung, aber dieser Trend wird durch die neue Überwachung von
Remote-Mitarbeitern und die Erhebung von Gesundheits- und Sicherheitsdaten der Mit-
arbeiter beschleunigt. Stellen Sie sicher, dass Sie Best Practices befolgen, um einen
verantwortungsvollen Umgang mit Mitarbeiterinformationen und -analysen zu gewähr-
leisten.

18.8.4 Trend Nr. 3: Ausweitung von Zeitarbeitern

Die wirtschaftliche Unsicherheit der Pandemie hat dazu geführt, dass viele Arbeit-
nehmer ihren Arbeitsplatz verloren und andere erstmals nicht standardmäßigen Arbeits-
modellen ausgesetzt waren. Viele Organisationen reagierten auf die wirtschaftlichen
Auswirkungen der Pandemie, indem sie ihre Auftragnehmerbudgets reduzierten, aber
seitdem hat es eine Verschiebung gegeben. Die Analyse von Gartner zeigt, dass Unter-
nehmen ihren Einsatz von Zeitarbeitern weiter ausweiten werden, um nach COVID-
19 mehr Flexibilität im Workforce Management zu gewährleisten, und die Einführung
anderer Jobmodelle erwägen, die sie während der Pandemie gesehen haben, wie z
80 % arbeiten. „Unsere Untersuchungen haben ergeben, dass 32 % der Unternehmen
als Kosteneinsparungsmaßnahme Vollzeitmitarbeiter durch Zeitarbeiter ersetzen“, sagt
Kropp. „Während New Work Arbeitgebern eine größere Flexibilität beim Personal-
management bieten, müssen Personalverantwortliche bewerten, wie Leistungs-
managementsysteme auf diese Arbeitnehmer angewendet werden, und feststellen, ob sie
Anspruch auf dieselben Leistungen wie ihre Vollzeitkollegen haben.“

18.8.5 Trend Nr. 4: Erweiterte Arbeitgeberrolle als soziales


Sicherheitsnetz

Die Pandemie hat den Trend verstärkt, dass Arbeitgeber eine größere Rolle für das
finanzielle, körperliche und geistige Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter spielen. Die Unter-
stützung umfasst erweiterte Krankenstände, finanzielle Unterstützung, angepasste
Öffnungszeiten und Kinderbetreuungsangebote. Einige Organisationen unterstützten
18.8  Lehren aus der COVID-19 Pandemie 221

die Gemeinschaft, indem sie beispielsweise ihren Betrieb auf die Herstellung von
Gütern verlagerten oder Dienstleistungen zur Bekämpfung der Pandemie erbrachten
und gemeinschaftliche Hilfsfonds und kostenlose Gemeinschaftsdienste anboten. Die
aktuelle Wirtschaftskrise hat auch die Grenzen der Einstellung der Arbeitgeber zur Mit-
arbeitererfahrung verschoben. Persönliche und nicht externe Faktoren haben Vorrang
vor dem, was für Unternehmen und Mitarbeiter gleichermaßen wichtig ist. Der Einsatz
solcher Maßnahmen kann ein wirksames Mittel sein, um die körperliche Gesundheit zu
fördern und das emotionale Wohlbefinden der Mitarbeiter zu verbessern.

18.8.6 Trend Nr. 5: Trennung von kritischen Fähigkeiten und Rollen

Vor COVID-19 wurden kritische Rollen als Rollen mit kritischen Fähigkeiten oder als
die Fähigkeiten angesehen, die eine Organisation benötigt, um ihre strategischen Ziele
zu erreichen. Jetzt erkennen Arbeitgeber, dass es eine weitere Kategorie kritischer
Rollen gibt – Rollen, die für den Erfolg wesentlicher Arbeitsabläufe entscheidend sind.
Um die Belegschaft aufzubauen, die Sie nach der Pandemie benötigen, konzentrieren
Sie sich weniger auf Rollen – die nicht verwandte Fähigkeiten umfassen – als auf die
Fähigkeiten, die erforderlich sind, um den Wettbewerbsvorteil des Unternehmens und
die Arbeitsabläufe, die diesen Vorteil fördern, zu erzielen. Ermutigen Sie Mitarbeiter,
wichtige Fähigkeiten zu entwickeln, die möglicherweise mehrere Möglichkeiten für ihre
berufliche Entwicklung eröffnen, anstatt sich auf eine bestimmte nächste Position vorzu-
bereiten. Bieten Sie Mitarbeitern in kritischen Rollen, denen es an entscheidenden Fähig-
keiten mangelt, mehr Unterstützung bei der Karriereentwicklung.

18.8.7 Trend Nr. 6: (De-)Humanisierung der Mitarbeiter

Während einige Organisationen die humanitäre Krise der Pandemie erkannt haben und
dem Wohl der Mitarbeiter als Menschen Vorrang vor Mitarbeitern als Arbeitnehmern
eingeräumt haben, haben andere ihre Mitarbeiter dazu gedrängt, unter risikoreichen
Bedingungen mit wenig Unterstützung zu arbeiten – sie werden zuerst als Arbeit-
nehmer und dann als Menschen behandelt. Gehen Sie bewusst vor, wie Sie vorgehen und
denken Sie an die Auswirkungen auf die Mitarbeitererfahrung, die nachhaltig sein wird.
Beheben Sie Ungleichheiten, wenn Remote- und On-Site-Mitarbeiter unterschiedlich
behandelt wurden. Binden Sie die Mitarbeiter in die Teamkultur ein und schaffen Sie
eine Kultur der Inklusion.
222 18  New Work als moderner Leadershipansatz zur Transformation

18.8.8 Trend Nr. 7: Entstehung neuer Top-Arbeitgeber

Bereits vor COVID-19 waren Unternehmen mit erhöhten Anforderungen der Mit-
arbeiter an Transparenz konfrontiert. Mitarbeiter und potenzielle Kandidaten werden
Organisationen danach beurteilen, wie sie Mitarbeiter während der Pandemie behandelt
haben. Wägen Sie die heute getroffenen Entscheidungen zur Lösung unmittel-
barer Bedenken während der Pandemie mit den langfristigen Auswirkungen auf die
Beschäftigungsmarke ab. Beraten Sie beispielsweise CEOs und Führungskräfte bei
Entscheidungen über Gehaltskürzungen von Führungskräften und stellen Sie sicher,
dass die finanziellen Auswirkungen von den Führungskräften gegenüber der breiteren
Mitarbeiterbasis absorbiert werden. Fortschrittliche Organisationen kommunizieren
offen und häufig, um zu zeigen, wie sie ihre Mitarbeiter trotz der Umsetzung von
Kosteneinsparungsmaßnahmen unterstützen. Suchen Sie nach Möglichkeiten, Talent-
Sharing-Partnerschaften mit anderen Organisationen zu arrangieren, um Mitarbeiter zu
verlagern, die durch COVID-19 von ihrem Arbeitsplatz vertrieben wurden.

18.8.9 Trend Nr. 8: Übergang von Designing for Efficiency zu


Designing for Resilienz

Die Gartner-Umfrage zum Organisationsdesign aus dem Jahr 2019 ergab, dass 55 % der
organisatorischen Neugestaltungen auf die Rationalisierung von Rollen, Lieferketten und
Arbeitsabläufen ausgerichtet waren, um die Effizienz zu steigern. Dieser Ansatz führte
zwar zu Effizienzgewinnen, verursachte jedoch auch Anfälligkeiten, da Systeme keine
Flexibilität haben, um auf Störungen zu reagieren. Widerstandsfähige Organisationen
waren besser in der Lage, auf Veränderungen zu reagieren – und korrigierten schnell
den Kurs. Um eine reaktionsschnellere Organisation aufzubauen, sollten Sie Rollen und
Strukturen rund um die Ergebnisse entwerfen, um Agilität und Flexibilität zu erhöhen
und zu formalisieren, wie Prozesse flexibel gestaltet werden können. Stellen Sie Ihren
Mitarbeitern außerdem abwechslungsreiche, anpassungsfähige und flexible Rollen zur
Verfügung, damit sie funktionsübergreifendes Wissen und Training erwerben. DfR-
Führungskräfte müssen in die Rollengestaltung und Schaffung flexibler Arbeitssysteme
eingebunden werden, um sicherzustellen, dass Mitarbeiter aller Hintergründe und
Bedürfnisse berücksichtigt werden, wenn das Unternehmen neue Arbeitsabläufe ent-
wirft“, sagte Ingrid Laman, Vice President, Advisory, Gartner.

18.8.10 Trend Nr. 9: Zunahme der Organisationskomplexität

Nach der globalen Finanzkrise beschleunigten sich die weltweiten M&A-Aktivitäten,


und viele Unternehmen wurden verstaatlicht, um ein Scheitern zu vermeiden. Mit
dem Abklingen der Pandemie wird es eine ähnliche Beschleunigung von M&A und
18.9  Kritische Standpunkte zu neuen Arbeitskonzepten 223

­ erstaatlichung von Unternehmen geben. Unternehmen werden sich auf den Ausbau
V
ihrer geografischen Diversifizierung und Investitionen in Sekundärmärkte konzentrieren,
um Risiken in Zeiten von Störungen zu mindern und zu steuern. Diese zunehmende
Komplexität der Größe und des Organisationsmanagements wird Führungskräfte vor
Herausforderungen stellen, wenn sich die Betriebsmodelle entwickeln. Ermöglichen
Sie den Geschäftsbereichen, das Leistungsmanagement anzupassen, denn was ein
Teil des Unternehmens benötigt, funktioniert woanders möglicherweise nicht. Da die
Komplexität der Organisation den Karriereweg erschwert, bietet die Bereitstellung von
Umschulungs- und Karriereentwicklungsunterstützung – beispielsweise durch die Ent-
wicklung von Ressourcen und den Aufbau von Plattformen, um Einblicke in interne
Positionen zu bieten (Abb. 18.4).

18.9 Kritische Standpunkte zu neuen Arbeitskonzepten

Die zeitliche und örtliche Flexibilität von New Work kann auch Schattenseiten haben.
Praktiker und Akademiker befürchten eine zeitliche Begrenzung der Arbeit, die aus wett-
bewerblicher Sicht zur jederzeitigen Erreichbarkeit und Auskunftskompetenz drängt.
Die gestiegenen Erwartungen an die zeitliche Flexibilität der Mitarbeiter erschweren
jedoch die Planbarkeit von Arbeitsabläufen und können letztlich auch die P­ roduktivität

Absichten der Unternehmensführung in Bezug auf flexibles Arbeiten und New Work nach COVID-19

Keine dieser Akvitäten

Andere

Verkürzte Wochen

Flexible Arbeitszeiten

Flexible Arbeitstage

Fernarbeit (Remote Work)

Teilweise Fernarbeit (Remote Work)

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90%

Abb. 18.4   Absichten der Unternehmensleitung in Bezug auf flexibles Arbeiten nach COVID-19.
(Quelle: Eigene Darstellung)
224 18  New Work als moderner Leadershipansatz zur Transformation

mindern (Helmold, 2020). Bei allen Veränderungen durch Industrie 4.0, Agilität und
Lean Management sollten die Mitarbeiter nicht vergessen werden, warnen verschiedene
Springer-Autoren im Buch zu aktuellen Studien zur Zukunft der Arbeit (Wörwag &
Cloots, 2020). Denn das Bestreben, die Arbeit zu flexibilisieren, Hierarchien abzu-
bauen, sich persönlich zu verwirklichen und Beruf und Privatleben besser zu verein-
baren, gehört zu den Grundbedürfnissen der Mitarbeiter. Bei New Work sollte es nicht
nur darum gehen, Arbeitsprozesse zu optimieren, sondern aus HR-Sicht auf die neuen
Entwicklungen zu reagieren, denn New Work ist eine zentrale Stellschraube für den
zukünftigen Erfolg von Unternehmen und die langfristige Zufriedenheit der Mit-
arbeiter. Dafür muss aber auch die Personalarbeit neu gestaltet werden – und das alles im
Interesse der psychischen Gesundheit (Hermeier et al., 2019).

18.10 Fallstudie: Deutsche Telekom bietet virtuelle Avatare für


Messen an

Die Corona-Pandemie hat das öffentliche Leben lange Zeit weitgehend zum Erliegen
gebracht. Handel und Handelsinteraktionen wurden ausgesetzt, da viele Länder Sperren
und Beschränkungen hatten. Fast alle Messen wurden abgesagt. Da sie für das Geschäft
jedoch kaum unverzichtbar sind, suchen Unternehmen nach krisensicheren Optionen.
Nichts ist für das Geschäft so wertvoll wie persönliche Beziehungen bei B2B- und
B2C-Aktivitäten (Deutsche Telekom, 2020). Bis zur Corona-Krise waren Messen und
Konferenzen beliebte und lebendige Treffpunkte für Produktpräsentationen und Kunden-
gespräche oder für interessante Vorträge und Diskussionen. Laut Statista-Datenbank hat
der Ausbruch des Coronavirus (COVID-19) in Deutschland mehr als 620 Messen ver-
schoben oder abgesagt. Die Frage ist, ob Messen oder Konferenzen in Pandemiezeiten
wirklich abgesagt werden müssen? Was Unternehmen in diesen Zeiten brauchen, ist
eine krisensichere Alternative. Auch hier kann die Digitalisierung Unternehmen helfen.
Und in diesem Fall ganz besonders die 3D-Technologie. Die Room AG, ein junges,
international tätiges Unternehmen, hat sich hier etwas einfallen lassen. Es bietet ver-
schiedene Komplettlösungen im Bereich 3D, Virtual und Augmented Reality (VR &
AR). Mit 3D-Technologie lassen sich auch virtuelle Messen und Events realisieren.
Dafür hat Roomom eine eigene EXPO-X geschaffen, eine Plattform für virtuelle
Messen, auf der sich Unternehmen weiterhin virtuell und kontaktlos präsentieren
können. So können Unternehmen ihren Kunden weiterhin digital, aber sehr persönlich
Informationen und Beratung anbieten. Das junge Unternehmen aus Thüringen wurde
mehrfach ausgezeichnet und erhielt den Digital Champions Award Ost 2020 in der
Kategorie Innovative Digital Services. Der Preis wird gemeinsam von der Wirtschafts-
woche und der Telekom verliehen. Das Gute: Virtuelle Messen oder Events setzen der
Kreativität keine Grenzen, wie Abb. 18.5 zeigt. Aussteller können am Messestand in
Form eines 3D-Avatars mit Kunden kommunizieren. Live-Chats, Videokonferenzen,
Lesungen und sogar Vorträge sorgen für den interaktiven und persönlichen Faktor. Dank
Literatur 225

Abb. 18.5   Virtueller Avatar für Messen. (Quelle: Eigene Darstellung)

integrierter Kommunikationssoftware sind auch lebhafte Diskussionen möglich. Auch


hybride Events, bei denen reale und virtuelle Inhalte zusammenfließen, können gestaltet
werden. Ein weiterer Vorteil für Aussteller: Der virtuelle Messestand hat deutlich kürzere
Produktionszeiten und ist natürlich kostengünstiger.

Literatur

Baker, M. (2020b). Gartner survey reveals 82% of company leaders plan to allow employees to
work remotely some of the time. Now Organizations Must Manage a More Complex, Hybrid
Work-force. In: Gartner Online. July 14, 2020. https://www.gartner.com/en/newsroom/press-
releases/2020-07-14-gartner-survey-reveals-82-percent-of-company-leaders-plan-to-allow-
employees-to-work-remotely-some-of-the-time. Zugegriffen: 26. Aug. 2020.
Bergmann, F. (2019). New Work New Culture. Zero Books Hampshire.
Brommer, D., Hockling, S., & Leopold, A. (2019). Faszination New Work: 50 Impulse für die neue
Arbeitswelt. Springer Wiesbaden.
Deutsche Telekom. (2020). Article from Lisa Maching. Bessere Aussichten für Messen und Events
in Krisenzeiten. https://www.telekom.com/de/konzern/details/gute-aussichten-fuer-messen-
und-events-in-krisenzeiten-604048. Zugegriffen: 27. Juli 2020.
Hackl, B., Wagner, M., Attmer, L., & Baumann, D. (2017). New Work: Auf dem Weg zur neuen
Arbeitswelt. Management-Impulse, Praxisbeispiele, Studien. Springer.
Hanschke, I. (2017). Agile in der Unternehmenspraxis. Fallstricke erkennen und vermeiden,
Potenziale heben. Springer Wiesbaden.
226 18  New Work als moderner Leadershipansatz zur Transformation

Helmold, M (2020). Lean management and Kaizen. Fundamentals from cases and examples in
operations and supply chain management. Springer.
Helmold, M. (2021). New Work, Transformational and Virtual Leadership. Lessons from COVID-
19 and Other Crises. Springer
Hermeier, B., Heupel, T., & Fichtner-Rosada, S. (2019). Arbeitswelten der Zukunft. Wie die
Digitalisierung unsere Arbeitsplätze und Arbeitsweisen verändert. FOM Edition. Springer.
Kiebaum, F. (2017). Wo stehen die Unternehmen in Sachen New Work?
Lauer, T. (2020). Change management. Fundamentals and success factors. Springer.
Mora, A. (2015). Managing agile. Strategy, implementation, organisation and people. Springer.
Sterchi, A. (2018). Brennpunkt. Unsere Arbeitswelt auf den Kopf gestellt. In: FHS St. Gallen.
Interview mit Sibylle Olbert-Bock. Prof. Dr. rer. pol. Sibylle Olbert-Bock leitet das Kompetenz-
zentrums Leadership. https://substanz.fhsg.ch/substanz-01-2018/brennpunkt/unsere-arbeits-
welt-auf-den-kopf-gestellt/. Zugegriffen: 24. Juli 2020.
Väth, M., & Vollmoeller, T. (2016). Arbeit – die schönste Nebensache der Welt: Wie New Work
unsere Arbeitswelt revolutioniert (Dein Business). Gabal Offenbach am Main.
Väth, M. (2019). Beraterdämmerung. Wie Unternehmen sich selbst helfen können. Springer.
Wörwag, S., & Cloots. A. (2020). Zukunft der Arbeit – Perspektive Mensch. Aktuelle Forschungs-
erkenntnisse und Good Practices. Springer.
Leadershipziel: Kontinuierliche
Verbesserungen 19

19.1 Kaizen: Stetige Verbesserungen in kleinen Schritten

Der kontinuierliche Verbesserungsprozess (KVP) (Jap.: Kaizen – 改善) ist das Konzept
kleiner Verbesserungen in kleinen Schritten, wie in Abb. 19.1 (Helmold, 2020; Ohno,
1990) dargestellt. Im Gegensatz zu einer Innovation, bei der es sich um einen Top-Down-
Ansatz handelt, bezieht Kaizen alle Teammitglieder ein (Helmold, 2020). Es bedeutet
Verbesserung und kontinuierliche Verbesserung des persönlichen Lebens, des häuslichen
Lebens, des sozialen Lebens und des Arbeitslebens. Auf den Arbeitsplatz angewendet
bedeutet diese Philosophie eine kontinuierliche Verbesserung, an der alle beteiligt sind,
d. H. Manager und Arbeitnehmer gleichermaßen (Kaizen-Institut, 2019). Die Prinzipien
von Kaizen sind Kundenwissen und Transparenz. Somit ist es möglich, einen Prozess
ohne größere Investitionen zu verbessern. Kaizen in jeder Organisation ist von grund-
legender Bedeutung für eine erfolgreiche Kultur der kontinuierlichen Verbesserung und
um einen Wendepunkt in der Weiterentwicklung von Qualität, Produktivität und Arbeits-
management zu markieren (Kaizen Institute, 2019).
Kaizen ist ein japanisches Managementkonzept und zielt auf Verbesserungen in
kleinen Schritten ab. Kaizen bedeutet, dass von allen Mitarbeitern erwartet wird, dass
sie ihre Arbeit einstellen, wenn sie auf eine Anomalie stoßen, und zusammen mit ihrem
Vorgesetzten eine Verbesserung vorschlagen, um die Anomalie zu beheben (Bertagnolli,
2020). Kaizen die Qualität das Ziel des täglichen Lebens, nicht nur während der Arbeits-
zeit. Die Verbesserung sollte schrittweise und unendlich erfolgen (Liker & Choi, 2005).
Es sollte die Perfektion verfolgen. Die Mitarbeiter sollten kontinuierlich am Leben des
Unternehmens beteiligt sein und alle Aspekte des Unternehmens (Prozesse, Produkte,
Infrastruktur usw.) verbessern. Diese Verbesserung in allen Lebensbereichen hängt mit
der großen Aufmerksamkeit zusammen, die den Bedürfnissen und Anforderungen der
Kunden gewidmet wird.

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ein Teil von Springer Nature 2022
M. Helmold, Leadership, https://doi.org/10.1007/978-3-658-36364-2_19
228 19  Leadershipziel: Kontinuierliche Verbesserungen

Abb. 19.1   PDCA-Zyklus im
Leadership. (Quelle: Eigene A P

Darstellung) C D
A P
Standard
C D
A P
Standard
C D

Kontinuierliche Verbesserungen

Kaizen konzentriert sich auf Teams (Qualitätszirkel), fördert Teamwork und Team-
geist, erkennt aber auch den individuellen Beitrag an. Es betont das Engagement jedes
Mitarbeiters für das Konzept und die Vision des Unternehmens, damit sich die Mit-
arbeiter mit dem Unternehmen, seiner Kultur und seinen Zielen identifizieren können.
Die wichtigen Aspekte von Kaizen sind:

• Was ist falsch? Nicht wer ist falsch?


• Wie kann Abfall (Verschwendung) beseitigt werden?
• Wie kann ich falsche Prozesse korrigieren?
• Wie können Qualitätskosten gesenkt werden?

Der Begriff Kaizen ist japanisch und kann mit „Veränderung zum Besseren“ übersetzt
werden. Das Hauptziel von Kaizen ist die kontinuierliche Verbesserung der Arbeits-
bereiche, Prozesse und Produkte durch die Integration der Menschen in den betroffenen
Bereichen (Kürble et al., 2016). Normalerweise wird Kaizen durch Workshops realisiert.
Ihre typische Dauer kann zwischen drei und fünf Tagen variieren. Ziel eines Kaizen-
Workshops ist es, die Verbesserungen während des Workshops umzusetzen. Kaizen ist
ein Rahmen, der den Wandel der Unternehmenskultur mit der täglichen Umsetzung
der Prinzipien verbindet (Liker, 2004). Die 10 Prinzipien von Kaizen können wie folgt
beschrieben werden:
1. Ablehnung des Status Quos
2. Sofortige Korrekturen, wenn etwas nicht stimmt
3. Keine Akzeptanz von Ausreden h
4. Stetige Verbesserungen in allen Bereichen
5. Abschaffung alter und traditioneller Konzepte
6. Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit in allen Aktivitäten
7. Befähigung aller Mitarbeiter zur Teilnahme an Problemlösungen
8. Hinterfragung der Situation vor dem Treffen von Entscheidungen
9. Einholung von Informationen und Meinungen mehrerer Personen
10. Verständnis, dass Verbesserungen niemals aufhören
19.2  Kaizen (改善) und Kaikaku (改革) 229

Ein nützliches Werkzeug im Kontext von Kaizen ist der P-D-C-A-Zyklus in Abb. 19.1
PDCA ist eine iterative vierstufige Managementmethode, die im Geschäftsleben zur
Steuerung und kontinuierlichen Verbesserung von Prozessen und Produkten eingesetzt
wird. Es ist auch bekannt als der Deming-Kreis oder Deming-Zyklus. Der PDCA-Zyklus
wird seit den 1950er Jahren als vereinfachte Darstellung der elementaren Schritte eines
kontinuierlichen Verbesserungsprozesses anerkannt:

• Plan: Analyse der aktuellen Situation und Definition eines Verbesserungsplans


• Do: Implementierung der definierten Lösung
• Check: Überprüfung und Validierung der Verbesserungen
• Act: Definition von Gegenmaßnahmen bei Abweichung vom Ziel und Standardi-
sierung der besten Lösung

Nach der Verbesserung ist es wichtig, die Aktionen und Verbesserungen zu


standardisieren und zu implementieren, damit der Prozess oder die Aktivität nicht in
den alten Zustand zurückkehren kann. Wenn dies gesichert ist, kann man die nächste
Verbesserung anstreben. Unternehmen, die nach schlanker Exzellenz streben, führen
gemeinsame Aktivitäten zu stetigen Verbesserungen mit Wertschöpfungspartnern wir
Lieferanten, Kunden, Beratern und anderen Parteien durch (Helmold & Terry, 2016). So
ist eine ganzheitliche Betrachtung der gesamten Wertschöpfungskette möglich (Liker,
2004).

19.2 Kaizen (改善) und Kaikaku (改革)

Die Philosophie von Kaizen ist ständige Verbesserung in kleinen Schritten. Aber
in Wirklichkeit ist Verbesserung nicht gleichmäßig, sondern diskontinuierlich, mal
schneller und mal langsamer. Wir stehen mit Kaizen manchmal vor größeren Hinder-
nissen und kommen nicht weiter. In diesem Fall müssen wir das System, die Rahmen-
bedingungen ändern, um weiter verbessern zu können. Eine konzentrierte Anstrengung
ist notwendig, um einen Durchbruch für Kaizen zu erzielen. Das ist Kaikaku (Jap. 改
革, Reform). Kaikaku wird „Durchbruchs-Kaizen“ oder auch „Kaizen-Blitz“ genannt.
Kaikaku bedeutet „Revolution im Denken und Handeln“ und „Verbesserung von großer
Tragweite“. Es beschleunigt durch einen konzentrierten Krafteinsatz vorübergehend die
Geschwindigkeit und die Tragweite von Kaizen. Die folgende Tabelle vergleicht Kaizen
und Kaikaku. Tab. 19.1 stellt die Unterschiede beider Methoden dar.
Durch Kaizen beziehungsweise KVP können allerdings nicht alle gewünschten
Veränderungsmaßnahmen eingeleitet werden. Wenn es etwa darum geht, plötzlich eine
grundlegende Änderung vorzunehmen, greift diese Lean-Methode zu kurz. Hier kommt
Kaikaku ins Spiel: Übersetzt bedeutet Kaikaku so viel wie „Reform“ oder „radikaler
Wandel“. Schon hier wird der Gegensatz zu Kaizen deutlich. Kaikaku ist nicht dafür
geeignet, einen Prozess kleinschrittig zu verändern. Stattdessen geht es bei Kaikaku
230 19  Leadershipziel: Kontinuierliche Verbesserungen

Tab. 19.1  Unterschiede Kaizen und Kaikaku


KAIZEN (改善) KAIKAKU (改革)
Viele kleine, inkrementelle Verbesserungen in Größere und punktuelle Verbesserungen, die
allen Bereichen auf strategische Projekte ausgerichtet sind
Systematische Analyse für alle Bereiche und Systematische Analyse und Synthese einzelner
Projekte Projekte und Verbesserungsmaßnahmen
Einbindung vieler Teams und Einzelpersonen in Bindet weniger Personen ein, da nur punktuelle
allen Funktionen Projekte umgesetzt werden
Beginnt beim Management Die ganze Organisation ist an den Ver-
besserungszielen ausgerichtet
Einsatz meist taktischer und operativer Wird von der Unternehmensspitze getrieben,
Maßnahmen strategische Maßnahmen
Hält ständig an Ist auf eine Zeitperiode begrenzt
Quelle: Eigene Darstellung

um die Einführung einer Veränderung, die zu einem exakten Zeitpunkt geschieht. Aus
diesem Grund hat sich für Kaikaku auch die alternative Bezeichnung „Durchbruchs-
Kaizen“ etabliert.
Zu exemplarischen Kaikaku-Projekten zählen punktuell ausgerichtete Verbesserungs-
projekte, die sich der Umstrukturierung von Produktionssystemen widmen. Die
Initiative geht hier also nicht von der Belegschaft, sondern von der Führungsebene aus.
Dennoch sind Kaikaku und Kaizen keine Konkurrenten im eigentlichen Sinne. Viel-
mehr ist das genaue Gegenteil der Fall. Bei der Formulierung „Kaikaku vs. Kaizen“
handelt es sich also nur um eine Zuspitzung. Oft schafft Kaikaku erst die Grundlagen,
um später mit KVP den Kaizen-Gedanken in die manuelle Fertigung zu tragen. Bei der
Implementierung einer auf dem Leadership System sind beide Methoden notwendig,
wobei Kaikaku auf spezifische strategische Projekte und Verbesserungen zielt (Helmold,
2020).

19.3 Kaizen versus Innovationen

Ein bedeutender Unterschied zwischen Kaizen und westlich geprägten Management-


methoden besteht darin, dass Kaizen automatisch mit einer prozessorientierten Denk-
weise verbunden ist. Verbesserungen werden in kleinen Schritten Kontinuierlich erzielt.
Kaizen ist daher eine Methode inkrementeller Verbesserungen, bei dem die Mitarbeiter
aufgefordert werden, laufend kleine Änderungen in ihrem Arbeitsbereich vorzunehmen.
Der kumulative Effekt dieser vielen kleinen Änderungen im Laufe der Zeit kann sehr
19.4  Visualisierung als Teil des Leadership 231

INNOVATION KAIZEN
• Große Veränderung • Kleine Schrie
• Hohes Investment • Niedriges Investment
• Hohes Unternehmerrisiko • Keine Risiken
• Spezialisierte Projekeams • Einbindung der Mitarbeiter
• Langfrisge Umsetzung • Kurzfrisge Umsetzung
• Management Entscheidung • Team Entscheidung
• Top down Ansatz • Boom up Ansatz

Verbesserung
Verbesserung

Zeit Zeit

Abb. 19.2   Kaizen versus Innovation. (Quelle: Eigene Darstellung)

bedeutend sein, insbesondere wenn alle Mitarbeiter eines Unternehmens und seine
Führungskräfte Kaizen verpflichtet sind. Obwohl Kaizen zuerst verwendet wurde, um
die Effizienz von Herstellungsprozessen zu steigern, ist es nicht auf diese Anwendung
beschränkt. Das Konzept gilt gleichermaßen für viele Arten von Organisationsfunktionen
wie Einkauf, Vertrieb, Buchhaltung, Engineering und Kundendienst sowie für die Ver-
besserung der Effizienz von Geschäftsmodellen und Lieferketten, die über das Unter-
nehmen hinausgehen. Kaizen wird schrittweise vollzogen, während Innovationen als
radikale Änderungen angesehen werden, die daher auch größere finanzielle Mittel
und Ressourcen benötigen. Investitionen sind daher meist mit größeren Anschaffungs-
kosten und Investitionen verbunden, die vom Management genehmigt werden
müssen. Entgegen der Kaizen-Philosophie (Bottom up) werden Innovationen gezielt
vom Management geplant und angewiesen, oft mithilfe von Projektteams oder auch
Beratern (Top-down). Abb. 19.2 zeigt die Merkmale von Verbesserungen (Kaizen) und
Innovationen.

19.4 Visualisierung als Teil des Leadership

Visualisierungsmanagement ist ein wesentlicher Bestandteil von Kaizen. Die Abb. 19.3


zeigt, dass 83 % der Probleme mit dem Augensinn wahrgenommen werden, sodass die
Visualisierung ein entscheidender Bestandteil für die Implementierung von Kaizen ist.
232 19  Leadershipziel: Kontinuierliche Verbesserungen

Informationen warden durch 5 Sinne wahrgenommen.


An wie viele der Informationen erinnern wir uns davon?

83% Sehen (Auge)

11% Hören (Ohren)

3,5% Richen (Nase)

1,5% Berühren (Hände und Körper)

1% Schmecken (Mund)

Abb. 19.3   Sinneswahrnehmungen durch Visualisierungen. (Quelle: Eigene Darstellung)

Die Abbildung zeigt den Visualisierungsraum von Bombardier Transportation in China


mit verschiedenen Elementen wie Mission, Vision, Kennzahlen oder Organisations-
struktur.

19.5 Fallstudie: Schlanke Prozesse in einer Bäckerei in Tokio

In einer Bäckerei im Stadtteil Nakano-ku in Tokio sieht man den Einsatz schlanker
Methoden in einer Bahnhofsbäckerei im alltäglichen Leben. Sobald der Kunde seine
Produkte ausgewählt hat, kann er diese unter einem Scanner und Kamera zur auto-
matischen Erkennung der Waren legen. Der Scanner erkennt die Waren, auf dem Bild-
schirm wird der Betrag gezeigt. Nun kann der Kunde mit Bargeld oder bargeldlos
bezahlen. Bei Fragen oder Wünschen stehen Mitarbeiter bereit. Im Regelfall können
die Mitarbeiter sich aber auf wertschöpfende Tätigkeiten wie Beratung und Verkauf
konzentrieren. Der gesamte Vorgang dauert nur wenige Minuten, sodass keine Warte-
zeiten entstehen (Helmold, 2020). Abb. 19.4 beschreibt den schlanken Bestellvorgang.
19  Leadershipziel: Kontinuierliche Verbesserungen 233

Ablageplatz der Prozessbeschreibung


Waren

Bargeldeinwurf

Scanner und Kamera Summe des zu


zur automatischen zahlenden
Erkennung der Bildschirm, Betrages
Waren welcher Produkt,
Anzahl und
Betrag zeigt

Abb. 19.4   Schlanke Prozesse in einer Bäckerei in Tokio. (Quelle: Eigene Darstellung)

Literatur

Helmold, M. (2020). Lean management and Kaizen. Fundamentals from cases and examples in
operations and supply chain management. Springer Cham.
Liker, J. K. (2004). The toyota way. Mc Graw-Hill.
Liker, J. K., & Choi, T. (2005). Fordernde liebe: Supply chain management. Harvard Business
Manager, 03, 60–72.
Verhandlungen als Teil eines
erfolgreichen Leadershipansatzes 20

20.1 Verhandlungen: Definition und Abgrenzung

Führungskräfte müssen fast täglich mit internen und externen Stakeholdern ver-
handeln. Verhandlungen sind eine Form der Kommunikation, meist in Gesprächsform,
über einen kontroversen Sachverhalt, die durch gegensätzliche Bedürfnisse, Interessen
und Motive und gekennzeichnet sind. Grundsätzlich haben Verhandlungen das Ziel,
einen Interessenausgleich zu erzielen, in dem man die Positionen und die Intensität der
Bedürfnisse abwägt, und so zu einem Ergebnis kommt (Obrien, 2016) Menschen haben
Interessen, Wünsche, Motive und Bedürfnisse, die realisieren möchten. Diese Bedürf-
nisse können zwar von unterschiedlicher Natur sein, haben aber gleiche Eigenschaften
und Ausprägungen. Einkäufer haben den Wunsch und das Bedürfnis in einer Transaktion
den niedrigsten Einkaufspreis zu erzielen, wogegen Verkäufer nach dem höchsten Ver-
kaufspreis streben. Beide Seiten zielen auf den für die eigene Seite optimalen Preis.
Auch unternehmensinterne Forderungen für ein höheres Budget sind Bedürfnisse, die
in unternehmensinternen Verhandlungen durchgesetzt werden müssen. In einem Unter-
nehmen kann beispielsweise der Wunsch zusätzlicher Vertriebsmitarbeiter bestehen, um
in andere Länder und Märkte zu expandieren. Auch Vorstellungsgespräche beinhalten
Wünsche und Bedürfnisse der Beteiligten, nämlich den passenden Mitarbeiter oder die
geeignete Position zu finden. Neben der eigentlichen Stelle gibt es in Vorstellungs- und
Bewerbungsgesprächen zahlreiche Elemente, wie Gehalt, Nebenleistungen oder Sozial-
leistungen, die Teil der Verhandlungen sind. Nicht nur in Unternehmen, sondern auch im
Privatleben gibt es eine Fülle von Bedürfnissen, die in Verhandlungen enden. So kann
der Wunsch einer Tochter sein, vom Vater mit dem Auto zur Schule gebracht zu werden,
anstelle mit dem öffentlichen Personennahverkehr zu fahren. Oder man verhandelt in
der Familie, wohin man in den Urlaub fährt. All diese Bedürfnisse und Wünsche stellen
Verhandlungen über kontroverse Sachverhalte dar und führen meist zu einem mehr

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236 20  Verhandlungen als Teil eines erfolgreichen Leadershipansatzes

oder weniger einvernehmlichen Ergebnis. Verhandlungen sind Interaktionen zwischen


zwei oder mehreren Parteien über einen konkreten Sachverhalt mit dem grundsätz-
lichen Interesse der Parteien, eine Einigung zu erzielen. Verhandlungen sind gekenn-
zeichnet durch einen avisierten Interessenausgleich und einem Verhandlungsergebnis.
Verhandlungen sind vielfältig wie alle Autoren beschreiben und finden in jedem erdenk-
lichen Lebensbereich statt (Schranner, 2009). Beispiele für Verhandlungen sind:

• Kommerzielle Diskussionen und Vereinbarungen von Einkäufern und Verkäufern im


Rahmen von Handelsgeschäften
• Technische Vereinbarungen über Leistungsmerkmale von Produkten zwischen Kunde
und Lieferant
• Absprachen zwischen Anbieter und Kunde über die Leistungs- und Spezifikations-
merkmale von Dienstleistungen
• Koalitionsverhandlungen zwischen Parteien zur Regierungsbildung nach den letzten
Bundestagswahlen
• Online-Auktionen der Einkaufsabteilung eines großen Konzerns für Umfänge eines
Großprojekts
• Feilschen mit dem Verkäufer auf dem Flohmarkt mit dem anschließenden Kauf eines
antiken Möbelstücks
• Studierende, die eine mündliche Abschlussprüfung haben, und Fragen der
Professoren beantworten
• Bewerbungen und Vorstellungsgespräche für eine Position mit Personal- und Fachab-
teilung über Gehalt
• Forderung einer Gehaltserhöhung eines Mitarbeiters bei seinem Vorgesetzten auf-
grund guter Leistungen
• Vereinbarung von Mitarbeiterzielen im Rahmen der Jahresgespräche durch Vor-
gesetzten und Mitarbeiter
• Absprachen von freien Beratern über Projektumfänge und Arbeitsaufkommen mit
dem beauftragenden Kunden
• Bewerbung eines Honorardozenten bei einer Universität für Lehre mit Studierenden
der Wirtschaftswissenschaften
• Diskussion zwischen Eltern und Kindern, in welches Restaurant die Familie in der
Nachbarschaft geht
• Kinder, die ihre Eltern beim Einkaufen in einem Supermarkt an der Kasse um
Süßigkeiten bitten
• Geiselnahmen und Geltendmachung der Forderungen der Geiselnehmer bei der
Polizei, z. B. Fluchtauto

Der Begriff Verhandlung (Engl.: Negotiation) kommt ursprünglich aus den lateinischen
Wortstämmen „Neg“ (deutsch: Nein, Keine) und „Otsia“ (Freizeit), d. h. „keine Frei-
zeit“. Im Gegensatz zu dem Adel, der Patrizier, hatten die Bürger Roms keine Frei-
zeit im Rahmen ihrer täglichen Handelsgeschäfte und Arbeiten. Im 17. Jahrhundert ist
20.2  Kompetenzen und Eigenschaften für Verhandlungen 237

der Begriff in der französischen Sprache abgewandelt worden hin zu den Bedeutungen
wie „Geschäftstransaktion, Vereinbarung und Lösung eines Konflikts“ (Cambridge
Dictionary, 2018). Obrien definiert Verhandlungen als den Prozess und die Erreichung
einer Einigung über einen bestimmten Sachverhalt durch mindestens zwei Parteien. Alle
Parteien haben in diesem Zusammenhang das Ziel, einen Interessenausgleich zu erzielen
und einen Konflikt auszuräumen, und das durch gemeinsame Grundlagen (Abdel-Latif,
2015). Verhandlungen sind daher charakterisiert durch folgende Attribute und Eigen-
schaften:

• es müssen mindestens zwei oder mehrere Parteien involviert sein


• das Ziel der Parteien muss sein, eine Vereinbarung zu erreichen
• das Bestreben der Parteien muss es sein, einen Konflikt einvernehmlich zu beseitigen
• die Bereitschaft für das Geben und Nehmen aller Parteien muss vorhanden sein
• es muss einen angestrebten Interessenausgleich zu erreichen
• alle Parteien müssen Initiativen ergreifen, um eine Lösung zu finden

Sind diese Attribute nur teilweise oder gar nicht erfüllt, so spricht man nicht von
Verhandlungen wie Obrien konstatiert. Neben den Attributen von Verhandlungen
beschreiben zahlreiche Autoren, dass gewisse Erfolgsfaktoren für positive Ver-
handlungen notwendig sind. Verhandlungen müssen effektiv und effizient gestaltet
werden und in einem richtigen Umfeld stattfinden. Folgende Erfolgsfaktoren lassen sich
nach Obrien zusammenfassen, um erfolgreiche Verhandlungen zu haben:

• Effektivität in den Verhandlungen (Qualität)


• Effizienz in dem Prozess der Verhandlungen (Zeitmanagement)
• Klima der Verhandlungen (Beziehungen)
• Machtausgeglichenheit der Verhandlungspartner (Gleichheit)
• Verständigung über die Verhandlungspunkte (Kommunikation)
• Gemeinsame Vorteile (Fairness)
• Formulierung der Ziele (Klarheit)
• Ergebnisorientierung (Wertschöpfung)

20.2 Kompetenzen und Eigenschaften für Verhandlungen

Wir Menschen haben Bedürfnisse und sind täglich am Verhandeln. Verhandlungen ent-
stehen auf Grundlage dieser menschlichen Bedürfnisse und können im Privatleben, in
Unternehmen, zwischen Unternehmen oder in der Politik stattfinden. Verhandlungen
basieren auf unterschiedlichen Interessen und Motiven von mindestens zwei oder
mehreren Verhandlungsparteien und sind meist interaktiv. Unterschiedliche Interessen-
lagen führen daher automatisch zu Forderungen und Standpunkten der Verhandlungs-
gegenseite, die von den Verhandlungspartnern nicht akzeptiert werden können und daher
238 20  Verhandlungen als Teil eines erfolgreichen Leadershipansatzes

abgelehnt werden müssen. Im Gegenzug müssen wir als Verhandlungspartner die Ver-
handlungsgegenseite dagegen von den eigenen Argumenten überzeugen und diese so gut
wie möglich durchsetzen. Diese Aspekte erfordern daher verschiedene Kompetenzen und
Eigenschaften der Verhandler, um den Verhandlungsdurchbruch erfolgreich zu erzielen.
Diese Eigenschaften umfassen Ausdauer, Strategiewissen, Ergebnisorientierung, Über-
zeugungskraft, Geduld, Flexibilität, Selbstsicherheit, Nachhaltigkeit, Kompetenz,
kulturelles Verständnis, Lösungsorientierung, katalytisches Denken, Prozessorientierung,
Durchhaltevermögen und Moderationsfähigkeiten wie Abb. 20.1 zeigt. Auch wenn
nicht alle genannten Kompetenzen gleichermaßen vorhanden sein müssen, ist ein aus-
gewogener Besitz dieser Kompetenzen eine Bedingung für erfolgreiches Verhandeln.
Professionell ausgebildete Verhandler können das Unternehmensergebnis erfolgreich
beeinflussen, wo hingegen fehlende Kompetenzen zu Schmälerungen im Ergebnis
führen werden. Insbesondere durch den steigenden internationalen Handel werden diese
Kompetenzanforderungen in der Zukunft von zentraler Bedeutung für Unternehmen sein
wie die Autoren Helmold, Dathe und Büsch in ihrer Studie konstatieren. Auch andere
Autoren und Verhandlungsberater wie Schranner oder Obrien verweisen auf Defizite und
Schwachstellen von Unternehmen in internationalen und interkulturellen Verhandlungen
(Schranner, 2009, 2015). Unternehmen müssen daher als notwendige Konsequenz ihre
Mitarbeiter im Innen- und Außenverhältnis kompetente und professionelle Schulungen in
Verhandlungstechniken und Konfliktmanagement anbieten, um nicht einen Wettbewerbs-
nachteil zu erleiden (Wilkes, 2016). Ferner ist die voranschreitende Internationalisierung
ein Auslöser für Unternehmen, Mitarbeiter interkulturell und international zu schulen.

Abb. 20.1   Kompetenzanforderungen in Verhandlungen. (Quelle: Eigene Darstellung)


20.3  Verhandlungskonzept A-6 nach Dr. Marc Helmold 239

Dazu gehören neben Sprachkenntnissen auch kulturelle Besonderheiten bei inter-


nationalen Verhandlungen. Abb. 20.1 zeigt die notwendigen Kompetenzen, die für inter-
nationale Verhandlungen zwingend notwendig sind.

20.3 Verhandlungskonzept A-6 nach Dr. Marc Helmold

Das praxisnahe und einfach anzuwendende Konzept umfasst sechs Phasen von A-1
bis A-6 (Abb. 20.2), die in jeder Verhandlung berücksichtigt werden müssen, um den
optimalen Erfolg zu erzielen (Helmold, 2021). Neben der Praxisnähe sind auch inter-
kulturelle im Nachtrag beschrieben, die bei internationalen Transaktionen in Ländern
wie den Vereinigten Staaten von Amerika, China, Frankreich, Indien oder anderen
Ländern zum Zuge kommen. Obwohl das Modell auf Geschäftsverhandlungen gerichtet
ist, können im Rahmen dieser sechs Schritte auch andere Verhandlungen, z. B. politische
Verhandlungen, Verhandlungen unter Privatleuten, Verhandlungen über Alimente etc.,
durchgeführt werden. Zuletzt ist das A-6-Konzept ein in sich logisches Konstrukt,
welches sequentiell in acht Schritten aufgebaut ist. Das bedeutet, dass nachdem der
erste Schritt ausgeführt ist, man zu dem zweiten Schritt gehen kann usw. Abb. 20.2
zeigt die sechs Schritte von der Analyse hin zur Achtung und Einhaltung der Verein-
barung. Nach der detaillierten Analyse finden die Auswahl der geeigneten Strategien und
Taktiken statt. Basis ist hier das Drehbuch oder Manuskript, welches im Rahmen dieses
Kapitel beschrieben wird. Die Strategien und Taktiken bestimmen die Argumentation
und den Aufbau der Verhandlungen. Hat man diese Schritte erledigt, so kann man in die

A-1: Analyse der Verhandlungspartner und Determinierung der Ausgangsposion

A-2: Auswahl der geeigneten Strategien und Takken

A-3: Auau und Argumentaon der Verhandlungen

A-4: Ausführung der Verhandlungen (Verhandlungsführung)

A-5: Abwehr von Gegenargumenten und Ankämpfen von Widerständen

A-6: Ausgestaltung der Verhandlungsergebnisse und Verträge

Abb. 20.2   A-6-Konzept von Dr. Marc Helmold. (Quelle: Eigene Darstellung)


240 20  Verhandlungen als Teil eines erfolgreichen Leadershipansatzes

e­igentliche Verhandlung gehen. Hier wird der Aktionsradius festgelegt. Innerhalb der
Strategie und Argumentation wurden mögliche Gegenargumente der anderen Seite und
Widerstände identifiziert sowie Taktiken, um diese Widerstände erfolgreich zu brechen,
ohne dem Verhandlungspartner das Gesicht verlieren zu lassen. Als letzter Schritt sind
die Ausgestaltung des Verhandlungsergebnisses und die Einhaltungen der Verhandlung
von entscheidender Bedeutung (Helmold, 2019).
Das Drehbuch oder Manuskript spielt in dem A-6-Konzept eine zentrale Rolle als
Verhandlungsinstrument. Das Manuskript ist die Folge der einzelnen Schritte, wobei
die Abfolge dynamisch und flexibel (nicht statisch) zu sehen ist (Helmold et al., 2020).
Dynamisch bedeutet in diesem Zusammenhang, sehr gut vorbereitet zu sein und Ver-
haltensmuster der Gegenseite zu antizipieren. Dynamik in den Verhandlungen bedeutet
ebenso, agil und flexibel auf Vorstöße der Verhandlungsgegenseite zu reagieren.
Abb. 20.3 zeigt das Drehbuch als Vorbereitung mit signifikanten Elementen wie
Schlüsselworte der Verhandlungen, die Analyse der Verhandlungspartner, den möglichen
Strategien und Taktiken und den Minimal- und Maximalzielen. Abschließend zeigt die
Tab. 20.1 die wichtigsten Elemente in dem Konzept von Dr. Marc Helmold. Neben
einer systematischen Vorbereitung und Analyse stehen internationale Besonderheiten im
Mittelpunkt dieses Models (Helmold et al., 2019). Ebenso sind in der Praxis angewandte
und bewährte Werkzeuge so integriert, dass die Anwendung in der Praxis schnell und gut
angewandt möglich ist (Helmold et al., 2020).

20.4 Fallstudie: Siemens und die Auswahl von Lieferanten über


SCM Star

Qualität, Verfügbarkeit, Produktivität und Innovation von Lieferanten über die gesamte
Wertschöpfungskette hinweg leisten für das Unternehmen einen wertvollen Beitrag zum
Geschäftserfolg. Deshalb wählt das Unternehmen seine Lieferanten sehr sorgfältig und
funktionsübergreifend aus. Die Lieferanten von Siemens gehören zu den Besten und
Innovativsten, erfüllen Mindestanforderungen und entwickeln sich kontinuierlich und
schneller als der Markt weiter. Im Gegenzug erhalten bewährte Lieferanten durch die
Zusammenarbeit mit Siemens als weltweitem Technologieführer Zugang zu globalen
Märkten. Zudem können sie ihr Produkt-, Lösungs- und Dienstleistungsportfolio und
ihren Kundenkreis nachhaltig erweitern. In der Zusammenarbeit mit allen Lieferanten
geht es uns nicht nur um innovative Produkte und Lösungen, sondern auch darum, sie
in ihrer kontinuierlichen Weiterentwicklung zu unterstützen. Aus den durchgeführten
Leistungsbewertungen und der geforderten Geschäftsstrategie leitet Siemens gemeinsam
relevante Entwicklungsmaßnahmen ab. Diese werden in einer Zielvereinbarung fest-
geschrieben und nachhaltig umgesetzt. Ziel ist es, die Leistungs- und Kostenposition
über die gesamte Wertschöpfungskette zu optimieren, sowie erkennbare Risiken zu
minimieren oder frühzeitig zu entschärfen. So verbessern beide Parteien sich kontinuier-
lich weiter, um auch künftig einen Wettbewerbsvorteil in einer sich stetig und schnell
20.4  Fallstudie: Siemens und die Auswahl von Lieferanten über SCM Star 241

Abb. 20.3   Verhandlungsmanuskript. (Quelle: Eigene Darstellung)

verändernden Welt zu haben. Die Registrierung und Qualifizierung aller Lieferanten


erfolgt standardisiert über unsere globale IT-Applikation SCM Star. Im ersten Schritt
registrieren sich Lieferanten mit allen notwendigen Angaben und verpflichten sich zur
Einhaltung allgemeiner Standards und Prinzipien zur Nachhaltigkeit in der Lieferkette,
die in Siemens´ Ethikcode (Engl.: Code of Conduct) dokumentiert sind. Basierend auf
verschiedenen Kriterien wie beispielsweise Produkt- bzw. Service Portfolio durch-
laufen Lieferanten danach ausgewählte Qualifizierungsmodule. Diese beinhalten bei-
spielsweise die Selbstauskunft und Verpflichtung zur unternehmerischen Nachhaltigkeit
oder Verpflichtungen zur Einhaltung von spezifischen Vorgaben im Bereich Umwelt-
schutz, Gesundheitsmanagement und Sicherheit. Nach erfolgreichem Abschluss
242 20  Verhandlungen als Teil eines erfolgreichen Leadershipansatzes

Tab. 20.1  Handlungsempfehlungen nach Dr. Helmold (A-6-Konzept)


Kompetenzgewinnung durch stetige Schulungen im Bereich Verhandlungen im internationalen
Kontext
Systematische Planung und strukturierte Analyse der Kernelemente wie Verhandlungsumfang,
Ziele, Personen und Motive
Berücksichtigung interkultureller Elemente in internationalen Verhandlungen
Quantifizierung der eigenen Ziele und Darstellung der Wertigkeit
Determinierung des Verhandlungsspielraums mit Minimal- und Maximalzielen in Verhandlungs-
kategorien (Q-K-L–T plus Alpha)
Einsatz nonverbaler Techniken zur Erzielung des Verhandlungserfolgs
Definition der geeigneten Strategien und Taktiken
Argumentation und Verhandlungsführung mit Priorisierung und der A-6-Struktur
Einsatz von geeigneten Werkzeugen
Achtung des Verhandlungsabschlusses
Gesichtswahrung in allen Phasen der Verhandlungen

erhalten Siemens Lieferanten den Status „Ready-for-Business" (R4B) und können an


elektronischen Ausschreibungen und Auktionen teilnehmen.

Literatur

Abdel-Latif, A. (2015). Nicht verblüffen lassen. Schützen Sie sich vor den zehn dreckigsten Ver-
handlungsfallen. https://www.focus.de/finanzen/experten/adel_abdel-latif/nicht-bluffen-
lassen-schuetzen-sie-sich-vor-den-zehn-dreckigsten-verhandlungsfallen_id_4772172.html.
Zugegriffen: 1. März 2018.
Helmold, M., & Samara, W. (2019). Progress in performance management. Industry insights and
case studies on principles, Application tools, and practice. Springer.
Helmold, M., Dathe, T., & Hummel, F. (2019). Erfolgreiche Verhandlungen. Springer.
Helmold, M. et al. (2020). Successful international negotiations. A practical guide for managing
transactions and deals. Springer.
Helmold, M. (2021). New Work, Transformational and virtual leadership. Lessons from COVID-19
and other crises. Springer.
Obrien, J. (2016). Negotiations for procurement professionals (2. Aufl.). Kogan Page.
Schranner, M. (2009). Verhandeln im Grenzbereich. Strategien und Taktiken für schwierige Fälle
8. Auflage. Econ.
Schranner, M. (2015). 7 Prinzipien für erfolgreiches Verhandeln. BME-Keynote Matthias
Schranner gibt sieben Tipps für zielführende Verhandlungen. 15.1.2015. Abgerufen am
20.3.2018. https://www.bme.de/7-prinzipien-fuer-erfolgreiches-verhandeln-888/.
Wilkes, K. (2016). Was bewegt Matthias Schranner? Zehn Millionen mehr, bitte! Die Zeit Online.
22.6.2016. https://www.zeit.de/2016/22/matthias-schranner-verhandlungsfuehrer-regierung-
geiselnahme. Zugegriffen: 15. Mai 2018
Interviews und Vorstellungsgespräche
als Leadershipaufgabe 21

21.1 Vorstellungsgespräche

Auch wenn jedes Vorstellungsgespräch unterschiedlich abläuft, lassen sich viele


standardisierte Muster bei Personalern oder Führungskräften erkennen. Das Gespräch
lässt sich dabei in acht Phasen unterteilen (Köhler, 2007). Personaler sind in der Regel
keine geschulten Verhandler, sodass sie nach einem standardisierten Verfahren vorgehen.
Darüber hinaus sind die Personaler nicht die Entscheider, sondern nur der Beeinflusser in
Vorstellungsgesprächen. Die Entscheider sind die Budgetverantwortlichen und Bereichs-
leiter, wobei in Abhängigkeit der Größe der Unternehmung auch Entscheidungen auf
die mittlere Führungsebene delegiert werden können. Ein Vorstellungsgespräch dauert
normalerweise ein bis zwei Stunden. Das Vorstellungsgespräch beinhaltet meist eine
Vorauswahl von geeigneten Kandidaten durch den Bereichsleiter. Abb. 21.1 zeigt die
acht Phasen eines Vorstellungsgesprächs.

21.1.1 Schritt 1: Marktintelligenz und Recherche

In Schritt 1 werden über den Bewerber oder das Unternehmen Informationen eingeholt
(Helmold et al., 2020). Bei der Einladung zu einem Gespräch sollte der Bewerber
Informationen der Gegenseite eingeholt haben. Darunter sollten Teilnehmer und
Funktionen sein, insbesondere die Fachabteilungen und die teilnehmenden Personen.
Ferner können auch durch einschlägige Netzwerke Hintergründe und Verantwortlich-
keiten gefunden werden. Neben Personen sollten laufende Projekte, Kunden und Märkte
recherchiert werden, die im Zusammenhang mit der Aufgabe und Position stehen
könnten. Ein Bewerber auf eine Einkaufstelle sollte z. B. Beschaffungsumfänge und
Beschaffungsländer des ausschreibenden Unternehmens kennen, um sich hier bestens

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244 21  Interviews und Vorstellungsgespräche als Leadershipaufgabe

1. • Vorbereitung: Markntelligenz und


Informaonsrecherche

2. • Begrüßung und Start des Interviews

3. • Eigene Vorstellung

4. • Unternehmensvorstellung

5. • Kernverhandlung und Movaon

6. • Verhandlungen über materielle und


immaterielle Leistungen

7. • Fragen und Beendigung des


Vorstellungsgesprächs

8. • Verabschiedung und Entscheidung

Abb. 21.1   Ablauf eines Vorstellungsgesprächs in 8 Schritten. (Quelle: Eigene Darstellung)

zu verkaufen. Die Erschließung neuer Märkte kann Potenziale und Aufstiegsgelegen-


heiten mit sich ziehen. Zuletzt sollte man seinen Marktwert kennen, ebenso können mög-
liche Nebenleistungen wie Dienstwagen oder Fortbildungen in dieser Vorphase sondiert
werden (Köhler, 2007). (Abb. 21.2).

21.1.2 Schritt 2: Begrüßung und Start der Verhandlungen

Vorstellungsgespräche und andere Verhandlungen beginnen mit dem Aufwärmen“


und der Begrüßung. Meist wird dem Bewerber ein Platz zugewiesen und ein Getränk
angeboten. In dieser Phase wird das Kennenlernen des Kandidaten und die erste Ein-
schätzung vollzogen. Meist in Form eines Smalltalks erfolgt das erste „Abtasten“,
die erste Einschätzung, wie wirken die Gesprächspartner aufeinander, ist man sich
sympathisch, ein positiver (oder negativer) erster Eindruck entsteht. Typische Fragen in
dieser Phase sind beispielsweise:
21.1 Vorstellungsgespräche 245

Entscheider & Beeinflusser

Wer ist im Interview?


Welche Rollen haben
die Personen?
Aufgaben Potenziale

Welche Projekte gibt es?


Welche Potenziale und
Wo kann ich meinen
Möglichkeiten gibt es?
Mehrwert leisten?

Welche Kondionen
sind möglich?

Gehaltsbenchmarks, materielle
und immaterielle Leistungen

Abb. 21.2   Informationsgewinnung und -recherche vor Interviews. (Quelle: Eigene Darstellung)

• „Haben Sie gut hergefunden?“ „Sind Sie mit dem Zug oder Auto angereist? “ Immer
positiv antworten, denn natürlich haben Sie sich gut vorbereitet und souverän den
Weg gefunden.
• „Wie gefällt Ihnen unsere Stadt, unsere Region, unser neues Gebäude?“ Antworten
Sie positiv, ohne zu übertreiben.
• „Möchten Sie gerne etwas trinken?“ Dieser Frage sollten Sie zustimmen, alkoholische
Getränke sind tabu.

Sobald man auf den Personaler trifft, stellt man sich kurz vor, indem man die Hand schüttelt
und seinen Namen sagt. Man fragt den Bewerber zum Beispiel: „Wie war Ihre Anreise?“,
„Haben Sie gut hergefunden?“ oder „So ein schönes Wetter heute, nicht wahr?“. Hier
sollte man mit freundlichen Worten antworten und ein wenig plaudern – zum einen für
Sympathiepunkte und zum anderen, um sich selbst zu entspannen. Laut einer Studie werden
in den ersten 90 Sekunden entschieden, ob ein Kandidat sympathisch und emphatisch wirkt
oder nicht (Köhler, 2007). Wichtig in dieser Phase ist neben der Beantwortung der Fragen
in diesem Schritt eine positive Ausstrahlung und Körperhaltung zu zeigen (Gramm, 2015).

21.1.3 Schritt 3: Eigene Vorstellung

In der Phase der eigenen Vorstellung wird man meist gebeten, sich in wenigen Minuten
vorzustellen. Da meist alle Personen den Lebenslauf einsehen konnten, reicht eine
Vorstellung mit den wichtigsten Meilensteinen von fünf bis zehn Minuten aus. Die
klassische Eröffnung für diese Phase ist der Satz: "Erzählen Sie doch mal was über
sich". Dem Gesprächspartner sollten nur die Informationen gegeben werden, die für ihn
246 21  Interviews und Vorstellungsgespräche als Leadershipaufgabe

wichtig sind. Wichtig sind Qualifikation, Erfolge, Projektergebnisse und die beruflichen
Erfahrungen, die für die angestrebte Position von Bedeutung sind.

21.1.4 Schritt 4: Unternehmensvorstellung

Grundsätzlich folgt auf die eigene Vorstellung die kurze Beschreibung des Unter-
nehmens, der Abteilung, in der die Stelle ausgeschrieben worden ist, und die vakante
Position. Hören Sie aufmerksam zu, machen Sie sich ggf. Notizen. Diese Informationen
können Sie anschließend in Ihrer Selbstpräsentation nutzen, denn Anforderungen und
Erwartungen an Sie werden mit Sicherheit zur Sprache kommen. Notieren Sie sich eben-
falls alle Punkte, die Ihnen nicht klar sind und die Sie vertiefen möchten. Diese können
Sie später als Fragen einbringen. Da sich der Kandidat sich vorher über das Unter-
nehmen informiert hat, kann man auch vorsichtig Informationen in die Verhandlung mit-
einstreuen. Bei der Unternehmensvorstellung kann man mit besonderem Wissen über
Projekte, Informationen oder anderen Entwicklungen Punkte sammeln und glänzen.

21.1.5 Schritt 5: Kernverhandlung und Motivation

Nach dem Aufwärmen und der Vorstellungen kommt jetzt die wichtigste Phase mit der
Kernverhandlung. Antworten auf Fragen sollten kurz und wohlüberlegt sein. Typische
Fragen, die jetzt kommen, sind zum Beispiel:

• Warum haben Sie sich auf diese Stelle beworben?


• Was qualifiziert Sie zu dieser Position?
• Warum möchten Sie in unserem Unternehmen arbeiten?
• Was kennen Sie von unserem Unternehmen?
• Warum möchten Sie den Arbeitsplatz wechseln?

Tab. 21.1  Motive und Antworten in Vorstellungsgesprächen


FRAGE GUTE ANTWORT
Was interessiert Sie an der ausgeschriebenen Die Aufgaben und Herausforderung
Stelle?
Warum ist das Unternehmen für Sie interessant? Exzellente und tolle Firma, spannende Kunden
Welche Qualifikationen bringen Sie für den Job Studium und Erfahrungen mit Beispielen und
mit? Erfolgen
Warum passt dieser Job zu Ihnen und Ihrem Erfahrungen aufzeigen. Auf mögliche Weiter-
bisherigen Werdegang? bildungen und Qualifikationen hinweisen
Fragen und Antworten im Vorstellungsgespräch
21.1 Vorstellungsgespräche 247

Auf diese Fragen sollte man gut vorbereitet sein und eine gute Begründung haben wie
Tab. 21.1 zeigt. Geschulte Personaler wenden verschiedene Gesprächs- und Frage-
techniken im Vorstellungsgespräch an. Selbst wenn der Personaler geschlossene Fragen
(Ja/Nein-Fragen) stellt, sollte man seine Antwort jeweils noch begründen. Antworten
sollten kurz und strukturiert beantwortet werden. Neben den beruflichen Qualifikationen
und Zielen ist ein Personaler auch an der Persönlichkeit des Bewerbers interessiert.
Es kommt nämlich nicht nur darauf an, dass man die Stelle kompetent besetzen kann,
sondern darüber hinaus auch, dass man in das bestehende Team und zur Firmenkultur
passt.

21.1.6 Schritt 6: Verhandlungen über materielle und immaterielle


Leistungen

Nach der Diskussion über Eignung, Antrieb und Eignung folgt in Phase 5 die Ver-
handlung über Gehalt, Nebenleistungen und organisatorischen Elementen. Als goldene
Regel gilt bei der Gehaltsangabe immer eine Bandbreite von bis zu nennen wie Tab. 21.2
zeigt. Die Analyse des Spielraums nach Position, Erfahrung, Industrie und Region
spielen hier eine zentrale Bedeutung.
Abb. 21.3 zeigt die möglichen Ziele wie Gehaltsleistungen, immaterielle Leistungen,
Nebenleistungen und Zusatzleistungen. Grundsätzlich darf im Arbeitsvertrag alles ver-
handelt und geregelt werden. Meist hat der Arbeitgeber ohne eine solche Regelung kein
Recht, eine Fortbildung auf Kosten des Mitarbeiters anzuordnen, und grundsätzlich ist
der Arbeitgeber andersherum nicht verpflichtet, private Fortbildungen seines Arbeit-
nehmers zu finanzieren, selbst wenn sich diese für das Arbeitsverhältnis als sogenannter
Mehrwert darstellen oder darstellen können.
Grundsätzlich sind Arbeitgeber sowie auch Arbeitnehmer daran interessiert, dass
die Arbeit möglichst effizient bewältigt wird. Deshalb übernehmen viele Arbeitgeber
ohne große Diskussionen auch die Kosten für eine Fortbildung des Arbeitnehmers,

Tab. 21.2  Fragen und Antworten in Vorstellungsgesprächen


FRAGE GUTE ANTWORT
Wie hoch sind Ihre Gehaltsvorstellungen? Zwischen 75.000,- EUR und 80.000,- EUR
Haben Sie weitere Vorstellungen neben dem Firmenwagen, bezahlte Fortbildungen, Firmen-
Gehalt? telefon
Wann können Sie anfangen? Auf Kündigungsfrist hinweisen und mit Gegen-
frage beantworten: „Wann möchten Sie, dass
ich anfange?“
Haben Sie noch weitere Fragen oder Auf einen Einarbeitungsplan hinweisen
Bemerkungen?
Antworten auf materielle und organisatorische Fragen
248 21  Interviews und Vorstellungsgespräche als Leadershipaufgabe

•Gehalt • Zuschüsse für Krankenversicherung


•Zulagen • Vermögenswirksame Leistungen
•Boni • Lebensversicherungen
•Weihnachtsgeld • Kreditvorteile mit günsgen Zinsen
•Urlaubsgeld • Home Office Tage
•Gehaltsansege
•Akenpakete

Materielle
Neben-
Gehalts-
leistungen
leistungen

Immateriellle
Zusatz-
Neben-
leistungen
leistungen
• Fitnessstudio
• Mitgliedsbeiträge • Mobiltelefon
•Training & Bildungsurlaub • Smart Tablets
•Sabbacal • Laptops
•Berufliche Qualifikaon, z.B. MBA • Dienstwagen
oder Six Sigma • Ticket für den öffentlichen
Personennahverkehr (ÖPNV)

Abb. 21.3   Ziele in Vorstellungsgesprächen. (Quelle: Eigene Darstellung)

oder zahlen Zuschüsse hierfür. Große Firmen bieten ihren Arbeitnehmern ein zusätz-
liches Budget, aus dem die Arbeitnehmer neben anderen Motivationsleistungen auch
eigene Fortbildungen finanzieren können. Die Rahmenbedingungen dieser Kostenüber-
nahmen können in Bezug auf die oftmals anfallenden Reisekosten dabei unterschiedlich
sein. Der Arbeitgeber kann diese Fortbildungen steuerlich als Kosten geltend machen,
sodass es ein Interesse der Arbeitgeberseite besteht. Fortbildungen können Trainings
mit und ohne Abschluss beinhalten. So können im Rahmen einer Anstellung die Kosten
für das Training Verhandlungstechniken, einen Master of Business Administration
(M.B.A.) oder zu einem Six-Sigma-Experten in den Verhandlungen inkludiert werden.
Bei Führungskräften ist es üblich einen Bonus, den Firmenwagen und Elemente einer
betrieblichen Altersvorsorge mit zu verhandeln. Die Werte dieser Elemente können mehr
als 50 % des aktuellen Jahresbruttogehalts beziffern (Püttier & Schnierda, 2014.

21.1.7 Schritt 7: Fragen und Beendigung der Verhandlungen

Schon vor den Verhandlungen ist es ratsam für den Kandidaten auf die vakante Stelle
drei bis fünf Fragen zu verfassen, die nach Aufforderung gestellt werden sollten). Man
sollte keine Fragen zu Dingen stellen, die im Gespräch schon längt gesagt bzw. geklärt
21.2  Leadershipverhandlungen in der Politik und mit gemeinnützig … 249

wurden oder die man sich selbst beantworten kann. Auch Fragen zu Arbeits- oder
Urlaubszeiten sowie zu Sonderleistungen und Gehaltserhöhungen sollte man (zumindest
im ersten Gespräch) nicht stellen, denn das stellt die eigene Motivation infrage. Diese
Dinge sollten zweitrangig sein bzw. zumindest zunächst so behandelt werden (Püttier &
Schnierda, 2014).

21.1.8 Schritt 8: Verabschiedung und Entscheidung des


Verhandlungsergebnisses

Merkt man, dass das Gespräch sich dem Ende zuneigt, sollten Fristen und Meilensteine
zum weiteren Vorgehen gesetzt werden. Ebenso kann man in Erfahrung bringen, wie es
im Auswahlprozess weitergeht und wann man mit einer Rückmeldung rechnen kann.
Nachdem das geklärt ist und keine Fragen mehr offen sind, wird sich der Personaler
bei dem Kandidaten bedanken und sich verabschieden. Der Bewerber sollte sich für die
Einladung bedanken und sich ruhig verabschieden. In manchen Fällen sind auch Fragen
in Zusammenhang mit der Reisekostenerstattung zu stellen. Aus den Erfahrungen der
Autoren zugrunde liegend sollte die Erstattung von Reisekosten vorab geklärt werden.
Bei Nichteinhaltung der Fristen ist es akzeptabel eine Anfrage beim Personaler zu
stellen, wie der Stand ist (Püttier & Schnierda, 2014).

21.2 Leadershipverhandlungen in der Politik und mit


gemeinnützig orientierten Organisationen

Politik wird laut dem Duden definiert als „eine auf die Durchsetzung bestimmter Ziele
im staatlichen Bereich und auf die Gestaltung des öffentlichen Lebens gerichteten
Handeln von Regierungen, Parlamenten, Parteien, Organisationen o .ä.“ gerichtetes
Vorgehen mit dem Ziel, Positionen durchzusetzen. Dabei werden Taktiken in den Ver-
handlungen mit eingesetzt. Politische Verhandlungen können, anders als Verhandlungen
im Wirtschaftsleben, auch Drohungen verschiedener Regierungen mit sich bringen,
Konflikte militärisch zu lösen wie die Verhandlungen zwischen den Vereinigten Staaten
von Amerika und Nordkorea gezeigt haben (Helmold et al., 2019). Politische Ver-
handlungen obliegen nicht immer den gleichen Gesetzen wie Wirtschaftsverhandlungen,
sodass nicht immer die gleichen Taktiken und Strategien eingesetzt werden können.
Oft sieht man aber artgleiche Strategie und Taktiken aus der Wirtschaft (Helmold et al.,
2020). Politische Verhandlungen obliegen oft einem inneren oder äußeren Meinungsbild
und Interdependenzen von zahlreichen Interessenvertretern, beispielsweise Interessen
von Parteimitgliedern oder Wählergruppen, wogegen Unternehmen meist nur die eigenen
Interessen umsetzen können. Beispiele für politische Verhandlungen im nationalen und
internationalen Kontext sind in Tab. 21.3 abgebildet (Fetsch, 2006):
250 21  Interviews und Vorstellungsgespräche als Leadershipaufgabe

Tab. 21.3  Beispiele für Verhandlungen in der Politik


Nationale Verhandlungen Internationale Verhandlungen
Koalitionsverhandlungen verschiedener Parteien Verhandlungen über das Budget der Ver-
teidigungsallianz NATO
Ringen um eine Flüchtlingsquote durch die Verhandlungen zwischen der EU und den USA
Koalitionsparteien über Strafzölle
Verhandlungen über Verwendung eines Über- Verhandlungen der über Freihandelsabkommen
schusses im Haushalt mit Japan
Verhandlungen über strittige innenpolitische Verhandlungen Deutschlands und Frankreich
Positionen über eine gemeinsame Außenpolitik
Verhandlungen über wichtige Ämter innerhalb Verhandlungen über Flüchtlingsabkommen
einer Partei
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Helmold (2018)

In der Politik werden Verhandlungen traditionellerweise von Regierungsbeamten


oder Regierungsrepräsentanten ausgeführt, die für die Erreichung eines gewissen Ziel-
korridors mandatiert worden sind, um ein Verhandlungsergebnis zu erreichen. Dazu
dienen oft nationale und internationale Konferenzen als laterale Austragungsorte (Fetsch,
2006). Diese Art von Konferenzdiplomatie wird meist von internationalen Organisationen
organisiert und führt zu mehr oder weniger permanenten Veranstaltungen mit einer
Vielzahl von Teilnehmern. Neben lateralen Verhandlungen gibt es auch bilaterale Ver-
handlungen zwischen zwei Gruppen, Ländern oder Parteien. Verhandlungen auf politischer
Ebene sind meist durch Meinungen, Interessenvertreter, Wähler, Lobbyisten oder der
Öffentlichkeit beeinflusst, sodass Verhandlungsergebnisse in der Politik häufig fehl-
interpretiert werden wie Brost in seinem Interview mit M. Schranner beschreibt (Brost,
2017). Verhandlungen in der Politik schließen neuerdings auch häufig in Konferenzen
Organisationen aus dem nicht-gouvernementalen Bereich (Helmold & Terry, 2021). Diese
sogenannten nicht-staatlichen Organisationen sind gemeinnützige und sozial orientierte
Organisationen (Engl.: NGO, Non-Governmental Organizations; NPO, Non-Profit
Organizations), die humanitäre oder gemeinnützige Motive haben.
Non-Profit-Organisationen sind nicht gewinnorientiert. Das heißt, es werden keine
Gewinne an Mitglieder oder Eigentümer (englisch: Shareholder) ausgezahlt. Man ver-
sucht so zu wirtschaften, dass alle Kosten abgedeckt sind. NPOs können unterschieden
werden in öffentliche oder private Non-Profit-Organisationen (Fetsch, 2006):

• Vereine
• Verbände
• Stiftungen
• Clubs
• Wohlfahrtsorganisationen
21.2  Leadershipverhandlungen in der Politik und mit gemeinnützig … 251

• Kirchen

Öffentliche NPOs sind öffentliche Unternehmen sowie öffentliche Verwaltungen.


Zwischen öffentlich und privat finden sich Genossenschaften und Kammern als NPO.
Auch bei NPOs ist gutes Management wichtig, um die knappen Ressourcen wie Arbeits-
kräfte oder die finanziellen Mittel möglichst zielführend einzusetzen. Eine NGO ist
zumeist international ausgerichtet, eine NPO eher regional. Dadurch hat eine NGO eine
größere Reichweite und vertritt oft politische Themen (z. B. Entwicklungszusammen-
arbeit, Menschenrechte etc.). Insbesondere in diesem Zusammenhang sind Ver-
handlungen mit Regierungen oder politischen Organisationen von zentraler Bedeutung
wie Fetsch konstatiert (Fetsch, 2006). Eine NPO finanziert sich dagegen aus selbst
erwirtschafteten finanziellen Mitteln, eine NGO durch Mitgliederbeiträge und Spenden
durch Parteien, Regierungen oder Interessenvertretern. Die Arbeit einer NGO verfolgt
die Mission, die Welt zu verbessern. Die Arbeit einer NPO bietet Dienstleistungen und

Abb. 21.4   Geschäftsführer Dr. Helmold und Dr. Lee. (Quelle: Eigene Darstellung)

Güter im Rahmen eines Unternehmens an).


252 21  Interviews und Vorstellungsgespräche als Leadershipaufgabe

Abb. 21.4 zeigt die Geschäftsführer Dr. Helmold (Alstom) und Herrn Lee (Midas) in
China. In seiner Funktion als Leiter des internationalen Einkaufsbüros in Shanghai hat
Herr Dr. Helmold Verhandlungen in dreistelliger Euro Millionenhöhe durchgeführt.

21.3 Fallstudie: Mehrstufiger Interviewprozess bei Tesla

21.3.1 Mitarbeitersuche für Gigafactory in Berlin-Brandenburg

Tesla Motors) ist ein US-amerikanisches Unternehmen, das Elektroautos sowie Batterie-
speicher und Photovoltaikanlagen produziert und vertreibt. Als Ziel des Unternehmens
wird „die Beschleunigung des Übergangs zu nachhaltiger Energie“ genannt. Das Unter-
nehmen Tesla stellt für seine deutsche Gigafactory in Grünheide Tausende Mitarbeiter
ein. Erfolgreiche Bewerber berichten, wie das Verfahren abläuft und welche Fragen
besonders häufig kommen. Andere haben frustrierende Erfahrungen gemacht. Für viele
dürfte auch 2021 ein schwieriges Job-Jahr werden. Shutdown und Kurzarbeit gehören
nach wie vor in vielen Branchen zum festen Vokabular. Elektroautobauer Tesla aber
hat ungeachtet der Pandemie für dieses Jahr große Deutschland-Pläne: Im Sommer
möchte der US-Konzern seine Gigafactory in Grünheide bei Berlin in Betrieb nehmen.
Und stellt dafür Tausende Mitarbeiter ein. Im Herbst baute Tesla erstmal eine komplette
Personalabteilung auf, die nun im großen Stil rekrutiert. Das Unternehmen sucht vom
ungelernten Produktionsarbeiter, bis hin zu Ingenieuren und Führungskräften. Anfang
November kam Elon Musk sogar persönlich nach Brandenburg, um Bewerbungs-
gespräche zu führen. Aber natürlich kann der Chef nicht jeden Mitarbeiter selbst ein-
stellen (Bakir, 2021).

21.3.2 Mehrstufiger Interviewprozess

Wie das Einstellungsverfahren läuft, haben zwei erfolgreiche Bewerber anonym dem
Portal Business Insider geschildert. Ein Ingenieur, der bis vor kurzem für Daimler
arbeitete, berichtet von einem mehrstufigen Auswahlprozess. Nachdem sich Tesla auf
seine Bewerbung zurückmeldete, musste der 40-Jährige insgesamt vier Einzel-Inter-
views durchlaufen. Jedes Mal nur 30 min, jedes Mal mit einem anderen Gesprächspartner.
Zunächst sprach er mit einem Mitarbeiter der Abteilung, für die er sich beworben hatte.
Dann mit einer Führungskraft, die wissen wollte, wie der Bewerber bestimmte technische
Probleme lösen würde (Helmold et al., 2017). Im dritten Gespräch traf er dann auf einen
Tesla-Manager aus San Francisco, ebenfalls über Problemlösungs-Szenarien. Nachdem
er auch noch das Gespräch mit einem Personaler aus Grünheide gemeistert hatte, bekam
er Anfang Dezember seine Zusage. Erst im Anschluss kam es zu konkreten Gehaltsver-
handlungen. Der Mann, der bei Daimler ein Gehalt von fast 100.000 € bezog, verdient
Literatur 253

nun weniger, erhält aber ein Tesla-Aktienpaket in mittlerer fünfstelliger Höhe, welches er
frühestens nach vier Jahren versilbern kann (Bakir, 2021).

21.3.3 Begeisterung wichtiger als Noten

Auffällig sei gewesen, wie viel Wert auf eine starke Identifikation der Bewerber mit der
Marke und Vision von Tesla gelegt werde. Warum man zu Tesla wolle, sei die zentrale
Frage in allen Gesprächen gewesen, sagt der Ex-Daimler-Mann. In allen Interviews sei
zudem die Frage gekommen, auf welche berufliche Leistung man besonders stolz sei.
Ähnliches berichtet auch ein Bewerber, den Tesla als Führungskraft in der Montage-
technik einstellte. Auch er absolvierte im Abstand weniger Tage die vier Interview-
stufen, anschließend noch zwei, in denen es um Führungsstil und Personalprobleme
ging. Wichtig seien die Motivation und der letzte Arbeitsplatz gewesen. "Mein Studien-
abschluss und die Noten haben die nicht ansatzweise interessiert." Als Führungskraft
verdient er bei Tesla künftig über 100.000 €, dazu kommt das Aktienpaket, Zuschüsse
zur Altersvorsorge und für ein ÖPNV-Ticket (Bakir, 2021).

21.3.4 Arbeitsagentur hilft beim Recruiting

Der Recruiting-Marathon von Tesla ist noch lange nicht am Ende. Derzeit sind auf
der Tesla-Website für die Gigafactory Grünheide rund 450 verschiedene Stellen aus-
geschrieben. Zudem arbeitet das Unternehmen auch eng mit der Arbeitsagentur
zusammen. Mehr als 1000 Bewerber habe man schon mit Tesla zusammengebracht,
sagte Jochem Freyer, Chef der Arbeitsagentur Frankfurt (Oder) der Wirtschaftswoche.
Er freut sich, dass das Werk auch Arbeitsplätze für viele Geringqualifizierte schafft.
Für Produktions-, Lager-, und Logistikarbeiter organisiert die Agentur Bewerbungstage
auf dem Tesla-Gelände mit Einzel- und Gruppengesprächen sowie kleinen Tests, wobei
Gruppengespräche derzeit wegen der Corona-Lage nicht möglich sind. Bis zum Sommer
sollen in Grünheide 7000 Menschen arbeiten, in der vollen Ausbaustufe könnte das Werk
sogar mal 40.000 Menschen beschäftigen. Was das Projekt für einfache Arbeiter attraktiv
macht, ist, dass Tesla laut Arbeitsagentur eine Gehaltsuntergrenze von 2700 € brutto
zugesagt hat, selbst für Ungelernte. Mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung kann
man laut Freyer mit 3500 € aufwärts rechnen (Bakir, 2021).

Literatur

Bakir, D. (2021). GIGAFACTORY GRÜNHEIDE.. So läuft ein Bewerbungsgespräch bei Tesla ab.
Stern. Tesla: So läuft ein Bewerbungsgespräch für die Gigafactory Grünheide ab | STERN.de.
Zugegriffen: 22. Juli 2021.
254 21  Interviews und Vorstellungsgespräche als Leadershipaufgabe

Brost, M. (2017). Verhandlungen. Tipps für eine erfolgreiche Verhandlungsstrategie. Mehr


fordern, als man will. Interview mit M. Schranner. In: Die Zeit. https://www.zeit.de/2017/43/
verhandlungen-politik-training-matthias-schranner. Zugegriffen: 11. Juli 2018
Fetsch, F. R. (2006). Verhandeln in Konflikten: Grundlagen – Theorie – Praxis (German Edition).
VS Verlag.
Gramm, F. (2015). Körpersprache in Verhandlungen bewußt einsetzen. https://friedergamm.de/
koerpersprache-in-verhandlungen/. Zugegriffen1. Apr. 2018.
Helmold, M., Dathe, T., & Büsch, M. (2017). Praxisbericht aus der Bahnindustrie – Bombardier
Transportation. Veränderte Anforderungen durch Global Sourcing. In Beschaffung aktuell.
4.5.2017. https://beschaffung-aktuell.industrie.de/einkauf/veraenderte-anforderungen-durch-
global-sourcing/. Zugegriffen: 17. Mai 2017.
Helmold, M., Dathe, T., & Hummel, F. (2019). Erfolgreiche Verhandlungen. Springer.
Helmold, M. et al. (2020). Successful international negotiations. A practical guide for managing
transactions and deals. Springer.
Helmold, M., & Terry, B. (2021). New Work, Transformational and virtual leadership. Lessons
from COVID-19 and other crises. Springer.
Köhler, D. (2007). Stressfrei ins Vorstellungsgespräch. 16.7.2007. https://www.akademie.
de/wissen/vorstellungsgespraech-vor-nachbereitung/gespraechsverlauf-in-acht-phasen.
Zugegriffen: 15. Mai 2018.
Püttier, C., & Schnierda, U. (2014). Das überzeugende Vorstellungsgespräch für Führungskräfte:
Wie Sie Headhunter, Personalprofis und Top-Manager überzeugen. Campus.
Leadership und Empowerment im Lean
Management 22

22.1 Führung im Lean Management

Führung ist definiert als die Art und Weise, eine Gruppe von Menschen zu motivieren
und zu leiten, gemeinsam daran zu arbeiten, gemeinsame Ziele zu erreichen (Helmold
& Samara, 2019; Fatma, 2009). Der Anführer ist die Person in der Gruppe, die die
Kombination aus Persönlichkeit und Führungsqualitäten besitzt, die andere dazu bringt,
seiner Richtung zu folgen. Führung impliziert eine formelle und informelle Macht-
verteilung. Das Tannenbaum-Schmidt-Führungskontinuum ist ein Modell, das die
Beziehung zwischen der Autoritätsebene, die Sie als Führungskraft verwenden, und der
Freiheit zeigt, die dies Ihrem Team gewährt (Tannenbaum & Schmidt, 2009). An einem
Ende des Kontinuums stehen Manager, die ihren Mitarbeitern einfach sagen, was sie tun
sollen. Am anderen Ende des Kontinuums stehen Manager, die völlig frei sind. Wenn
Sie sich von einem Ende des Kontinuums zum anderen bewegen, erhöht sich der Frei-
heitsgrad, den Sie Ihrem Team geben, und der Einsatz von Autorität nimmt ab. Die
meisten Manager und Führungskräfte werden irgendwo in der Mitte zwischen diesen
beiden Extremen liegen. Das Leadership Continuum wurde von Robert Tannenbaum
und Warren Schmidt in ihrem Artikel über Harvard Business Revie (HBR) von 1958
entwickelt: „Wie man ein Führungsmuster wählt“. Tannenbaum war Organisations-
psychologe und Professor an der UCLA Anderson School of Management. Schmidt
war auch ein Psychologe, der an der UCLA Anderson School of Management unter-
richtete. Die meisten Führungsmodelle greifen einen Führungsstil auf und analysieren
ihn isoliert von anderen Führungsstilen. In der Praxis ist ein einziger Führungsstil
jedoch nicht für alle Situationen geeignet. Manchmal möchten Sie vielleicht Elemente
eines anderen Führungsstils ausleihen, um sie mit einer Person in Ihrem Team zu ver-
wenden. In anderen Fällen können Sie Ihren Stil vollständig ändern, wenn die Situation

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, 255
ein Teil von Springer Nature 2022
M. Helmold, Leadership, https://doi.org/10.1007/978-3-658-36364-2_22
256 22  Leadership und Empowerment im Lean Management

dies erfordert. Tannenbaum und Schmidt argumentierten, dass bei der Auswahl eines
Führungsstils bestimmte Fragen zu berücksichtigen sind:

• Was ist der bevorzugte Führungsstill?


• Welches sind die Werte innerhalb des Unternehmens?
• In welcher Beziehung steht die Führungskraft zu seinem Team?

Abb. 22.1 zeigt, dass New Leadership auf die Motivation aller Mitarbeiter abzielt, um so
die beste Performance für das Unternehmen zu erreichen.
Abb. 22.2 zeigt, dass moderne Leadershipkonzepten auf kooperative Führungs-
modellen bauen, in die die Mitarbeiter eingebunden sind.

Leidenscha
& Movaon

Nutzen der Kann NICHT verlangt


Kreavität werden (Motivation)

Selbsniave ergreifen

Den Intellekt einsetzen und das


Kann verlangt werden
Wissen anwenden

Kann verlangt werden


Hart arbeiten und die Aufgaben erfüllen

Kann verlangt werden


Zuhören und Anweisungen der Vorgesetzten Befolgen

Abb. 22.1   New Leadership zielt auf Motivation der Mitarbeiter. (Quelle: Eigene Darstellung)

Abb. 22.2   New Leadership


als Führungsphilosophie im
Lean Management. (Quelle:
Führungskonnuum
Autoritärer Führungssl Kooperaver Führungssl
Eigene Darstellung)

New Leadership

Patriar- par- demo-


Autoritär chalisch beratend kooperav zipav delegav krasch
22.1  Führung im Lean Management 257

Das Führungskontinuum ist ein 1958 von Robert Tannenbaum und Warren H.
Schmidt entwickeltes Führungsmodell. Sie erstellten eine siebenstufige Typologie
alternativer Führungsstile anhand des Kriteriums der Partizipation in Entscheidungs-
situationen.
Zwischen den Polen „Autoritär“ bis „Demokratisch“ ergibt sich laut Tannenbaum und
Schmidteine eine siebenfache Abstufung der Führungsstile.

• Autoritär: Die Führungskraft entscheidet alleine und gibt klare Anweisungen zur Aus-
führung der Arbeiten
• Patriarchalisch: Die Führungskraft entscheidet alleine, sie versucht jedoch die Mit-
arbeiter von ihrer Entscheidung zu überzeugen
• Informativ: Die Führungskraft entscheidet alleine. Dennoch ermutigt sie die Mit-
arbeiter dazu, Fragen zur Entscheidung zu stellen, um durch Informationen für
Akzeptanz zu sorgen
• Beratend: Die Führungskraft lässt sich erst von den Mitarbeitern beraten, bevor sie
entscheidet
• Partizipativ: Die Mitarbeiter entwickeln mehrere Lösungsansätze; die Führungskraft
entscheidet sich für den von ihr favorisierten
• Delegativ: Die Mitarbeiter entscheiden, nachdem die Führungskraft ihnen die
Rahmenbedingungen aufgezeigt hat
• Demokratisch: Die Mitarbeiter entscheiden selbstständig; der Vorgesetzte übernimmt
lediglich die Rolle des Moderators und Koordinators

Tannenbaum und Schmidt arbeiten in weiterer Folge die wichtigsten situativen Faktoren
heraus, die bei der Wahl des richtigen Führungsverhaltens von Bedeutung sind:

• Charakteristika des Vorgesetzten


• sein Wertsystem
• sein Vertrauen in die Mitarbeiter
• seine Führungsqualitäten
• das Ausmaß an Sicherheit, das er in der bestimmten Situation empfindet
• Charakteristika der Mitarbeiter
• Ausmaß an Erfahrung in der Entscheidungsfindung
• ihre fachliche Kompetenz
• ihr Engagement für das Problem
• ihre Ansprüche hinsichtlich beruflicher und persönlicher Entwicklung
• Charakteristika der Situation
• Art der Organisation
• Eigenschaften der Gruppe
• Art des Problems
• zeitlicher Abstand zur Handlung
258 22  Leadership und Empowerment im Lean Management

Abhängig von den gegebenen Konstellationen dieser einzelnen Charakteristika ist


jeweils ein anderer Führungsstil anzuwenden. Ein Führender ist dann erfolgreich,
wenn es ihm gelingt, die verschiedenen situative. Einflussfaktoren realistisch einzu-
schätzen und sein Führungsverhalten entsprechend darauf einstellt. Tannenbaum und
Schmidt zeigen in ihrem Führungskontinuum die verschiedenen Führungsstile auf und
bringen diese in eine logische Ordnung. Sie gehen von in der Realität zu beobachtendem
Führungsverhalten aus, die Theorie entspricht daher stark dem Alltagsverständnis. Die
Führungskontinuum-Theorie hat insbesondere in der amerikanischen Führungsliteratur
großen Stellenwert erlangt (Culbert, 2003).

22.2 Mitbestimmung und Empowerment im Lean Management

Ein Team ist definiert als eine Gruppe von Menschen mit gemeinsamen Zielen. Ein
Arbeits- oder Projektteam ist eine Gruppe von Personen, die nach Prozess und/oder
geografischem Standort gruppiert sind und sich gegenseitig unterstützen. Im Lean-
Konzept ist es wichtig, Teams zu stärken, wie in Abb. 22.3 dargestellt. Während sich
der konventionelle Ansatz auf Top-Down-Entscheidungen konzentriert, nutzt der auf
Empowerment ausgerichtete Ansatz die Kreativität und die Beiträge des Teams. Ideen
werden aus der Glut des Teams generiert und gesammelt, die unabhängig entscheiden,
welche Optionen implementiert werden sollen. Die Grundlage dieses Konzepts ist, dass
Empowerment Ideen, Kreativität und Innovationen aller Team- oder Projektmitglieder
fördert. Mitarbeiterförderung organisatorische und kulturelle Veränderungen, beginnend
mit einem Top-Management, das bereit ist, Mitarbeitern Entscheidungen über ihre Arbeit
anzuvertrauen. Wenn es um die Produktion geht, arbeiten viele moderne Unternehmen
immer noch so wie zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als die Produktionsmitarbeiter ledig-
lich „die Arbeiter“ sind.

Abb. 22.3   Einbindung Konventioneller Ansatz


der Mitarbeiter im Lean
Interne Interne
Management. (Quelle: Eigene Entwicklung Entscheidung Ankündigung Verteidigung
Darstellung)

Empowerment-fokussierter Ansatz
Ideen- Teamwork-
sammung Entwicklung Entscheidung Einführung
22.3  Autonome Arbeitsgruppen und Job Rotation 259

Das Lean-Konzept der Ermächtigung und des Stopps der Produktion zur Behebung
eines in der Produktion auftretenden Problems wird als „Jidoka“ bezeichnet. Dies
bedeutet, dass es beim ersten Mal richtig gemacht wird, anstatt es an den Kunden (nächste
Arbeitsstation) weiterzugeben. Jidoka ist ein Paradebeispiel für die Lean-Philosophie von
„Qualität an der Quelle“, die betont, dass jeder Produktionsmitarbeiter (und Lieferant) für
die Bereitstellung von Qualitätsmaterial für seine Kunden verantwortlich und befähigt ist.

22.3 Autonome Arbeitsgruppen und Job Rotation

Ähnlich wie eine Person mit Autonomie bei der Arbeit ist eine autonome Arbeitsgruppe
ein Team von Mitarbeitern, denen Autonomie oder Unabhängigkeit über die Arbeit
innerhalb einer Organisation gewährt wird. Eine autonome oder teilautonome Arbeits-
gruppe ist eine kleine Gruppe von Personen, die berechtigt sind, sich und die Arbeit,
die sie leisten, laufend selbst zu bestimmen. Die Mitglieder der autonomen Arbeits-
gruppe sind in der Regel für einen ganzen Prozess, ein Produkt oder eine Dienst-
leistung verantwortlich. Job Rotation ist ein Managementansatz, bei dem Mitarbeiter
in regelmäßigen Abständen zwischen zwei oder mehr Aufträgen oder Jobs wechseln,
um sie allen Branchen einer Organisation auszusetzen. Der Prozess dient sowohl dem
Management als auch den Mitarbeitern. Vor- und Nachteile der Jobrotation sind in
Tab. 22.1 aufgelistet. Die Jobrotation ist sowohl für den Arbeitgeber als auch für den
Arbeitnehmer von Vorteil. Der Arbeitgeber kann die Branche identifizieren, in der der
Arbeitnehmer sein Bestes gibt, und ihn in die Position einer Person versetzen, die auf-
grund des Ruhestands, der Versetzung, der Kündigung oder aus einem anderen Grund
aus dem Unternehmen ausgeschieden ist.

Tab. 22.1  Vor- und Nachteile von Job Rotation


Vorteile Nachteile
Reduziert die Monotonie der Arbeit Reduziert die Gleichmäßigkeit der Arbeit
Erweitert das Wissen und die Fähigkeiten Angst, eine andere Aufgabe effektiv
auszuführen
Hilft dem Management, das verborgene Talent Häufige Arbeitsunterbrechungen
einer Person zu entdecken
Hilft einem Einzelnen, sein eigenes Interesse zu Missverständnisse zwischen den Team-
verwirklichen mitgliedern
Hilft bei der Schaffung der richtigen Passform Schwierigkeiten beim Umgang mit anderen
für Mitarbeiter Teammitgliedern
Entwicklung eines breiteren Erfahrungs- Angst, langweiliger oder hektischer zu werden
spektrums
Quelle: Eigene Darstellung
260 22  Leadership und Empowerment im Lean Management

Qualitative Motivation Job


Erweiterung des Empowerment
Tätigkeitsbereiches
(Bereicherung) Job
Enrichment

Ursprüngliche Job
Aufgaben Enlargement

Quantitativ mehr
Aufgaben

Abb. 22.4   Job Enrichment und Empowerment. (Quelle: Eigene Darstellung)

22.4 Job Enrichment und Job Enlargement

Die Erweiterung des Arbeitsplatzes ist eine Zunahme der Aufgaben und Verantwortlich-
keiten des Arbeitsplatzes, um eine herausfordernde Position zu schaffen wie Abb. 22.4
zeigt. Es handelt sich um eine horizontale Erweiterung, d. h. die hinzugefügten Aufgaben
befinden sich auf derselben Ebene wie die an der aktuellen Position. Die Arbeitsplatz-
anreicherung ist die Technik zur Arbeitsplatzgestaltung, mit der die Zufriedenheit der
Mitarbeiter gesteigert wird, indem ihnen höhere Befugnisse und Verantwortlichkeiten
übertragen werden und sie so ihre Fähigkeiten optimal nutzen können. Die Bereicherung
des Arbeitsplatzes wirkt sich stärker auf die Motivation aus, da die Qualität der Arbeit
für den Mitarbeiter bereichert wird.

22.5 Lean Management am Ort des Geschehens: Gemba,


Genjitsu, Genchi, Gembutso

Neben den vorher genannten Schlagwörtern gibt es drei weitere wichtige Begriffe, die
ebenfalls zu den Grundlagen einer Lean Management (Schlanke Führung) gehören.
Best-in-Class Unternehmen wie Toyota, Porsche oder Tesla arbeiten nach dem Prinzip
Gemba, Genjitsu, Genchi und Gembutso.
Der Begriff „Gemba“ bedeutet auf Japanisch „Ort des Geschehens“. Mit Gemba
bezeichnet man den Arbeitsplatz im Sinne des Ortes, an dem wertschöpfende Prozesse
im Unternehmen stattfinden und an dem die Probleme entstehen, z. B. am Arbeitsplatz
in der Fertigung. Gemba wird oft in Verbindung mit Lean Management angesprochen
und entstammt der japanischen Begriffssammlung aus dem Lean Management.
Genjitsu bedeutet „die richtigen Fakten“. Nur mit richtigen Fakten, die auf stabilen
22.6  Fokus auf wesentliche Elemente: Muda, Mura, Muri 261

Daten einer soliden Leistungsdatenerhebung beruhen, lassen sich nachhaltige Ver-


besserungen erzielen. Genchi, Genbutsu bedeutet, vereinfacht gesagt, „Komm schneller
zum Kern! Orientiere dich nicht am Hörensagen.“ Viele Unternehmen, so die Meinung
der Anwender des Toyota Systems, verbringen zu wenig Zeit mit der Formulierung
des Problems und zu viel Zeit mit seiner Lösung. Der umgekehrte Weg ist der richtige.
Das Lieferantenmanagement muss daher effizient und professionell die Prinzipien von
Gemba, Genjitsu, Genchi und Gembutso innerhalb von Aktivitäten entlang der Wert-
schöpfungskette umsetzen, nämliche durch schnelle, effektive Untersuchungen und
Definitionen von nachhaltigen Korrekturmaßnahmen am Ort des Geschehens. Führungs-
kräfte und Mitarbeiter müssen sich daher auf das Kernproblem in der Lieferanten-
entwicklung fokussieren, nämlich wo die grundlegenden Störungen innerhalb der
Lieferantenkette liegen. Meist beinhaltet dieses grundlegende Kernproblem die Frage,
warum die richtigen Teile n i c h t zum richtigen Ort (innerhalb des Lieferanten oder
zum eigenen Unternehmen) kommen, und das n i c h t zum richtigen Zeitpunkt in der
richtigen Menge und Qualität. In Abb. 22.5 sind die Prinzipien Gemba, Genjitsu, Genchi
und gembutsu zu sehen.

22.6 Fokus auf wesentliche Elemente: Muda, Mura, Muri

Muda, Mura und Muri stellen innerhalb der Lean Management Philosophie grundlegende
Begriffe dar. Die Begriffe Muda, Mura und Muri stellen die Grundlage für die Verlust-
philosophie von Toyota dar. Muda ist japanisch und bedeutet Verschwendung und ist ein
Teil der „drei Mu“. Die Schwerpunkte werden auf die Identifizierung von Verschwendung
gelegt. Das Unternehmen muss diese Philosophie auf alle Mitarbeiter und die gesamte
Wertschöpfungskette übertragen. Insgesamt gibt es sieben Verschwendungsarten:

1. Verschwendung durch Transport


2. Verschwendung durch Bestände

Abb. 22.5   Gemba, Genjitsu,


Genchi und Gembutsu.
(Quelle: Eigene Darstellung)
Gemba
⌧ሙ
Richge Stelle
des Geschehens

Genchi Gembutsu
⌧ᆅ ⌧≀
Richger Ort Richge Produkt
262 22  Leadership und Empowerment im Lean Management

3. Verschwendung durch ineffiziente Arbeitsbewegungen


4. Verschwendung durch Wartezeiten
5. Verschwendung durch Ineffizienzen
6. Verschwendung durch Überproduktion
7. Verschwendung durch Produkt- und Produktionsfehler

Es gilt, Muda (Verschwendung), Mura (Unausgeglichenheit) und Muri (Überlastung)


bei den Elementen Mitarbeiter Technik, Methode, Zeit, Möglichkeit, Arbeitsmittel,
Material, Produktionsvolumen, Umlaufbestände, Arbeitsplatz, Denkart etc. zu ver-
meiden. Im Einzelnen betrifft dies vor allem Verschwendung durch Überproduktion,
hohe Bestände, unnötige Transporte, lange Wartezeiten, schlechte Nutzung der Betriebs-
mittel, unnötige Vorgänge, Fehler, unzureichende Organisation (Helmold 2020).
Mura bedeutet Unausgeglichenheit und beschreibt zusammen mit Muri große Verlust-
potenziale, deren Ursprünge in einer nicht optimal synchronisierten Produktion zu finden
sind. Während manche Kapazitäten zu knapp bemessen sind und als Flaschenhals die
Produktion größerer Stückzahlen verhindern (Überlastung, Muri), befinden sich andere
Produktionsmittel unterhalb ihrer Auslastungsgrenze. Nicht ausgelastete Produktions-
mittel stellen eine Verschwendung im Sinne von Muda dar. Muri hat die fast identische
Bedeutung von Mura. Muri ist ein Teil der drei Mu, die gemeinsam die großen Verlust-
potenziale nach japanischer Kaizen-Philosophie beschreiben. Überlastung im Sinne
von Muri bedeutet, dass sowohl Mitarbeiter, als auch Maschinen betroffen sein können.
Diese führt zu körperlicher und geistiger Überbeanspruchung, die sich in Form von
erhöhter Fehlerhäufigkeit, Unfallgefahr, Streß und sinkender Arbeitszufriedenheit äußert.
Nuri ist ebenso wie Muda und Mura ein Aspekt, der Abstellmaßnahmen erfordert. Die
gestiegene Fehlerhäufigkeit versucht man durch qualitätssichernde Maßnahmen wie
Poka Yoke zu bekämpfen. Die Überlastung der Maschinen führt zu Wartezeiten vor den
voll ausgelasteten Maschinen und stellt damit ebenso eine Verschwendung im Sinne von
Muda dar. Abhilfe für beide Formen von Überlastung schafft nur eine Anpassung und
Harmonisierung des Produktionsablaufs. Durch Verbesserung der Motivation wird die
Arbeitszufriedenheit erhöht und damit die Qualität des Mitarbeiters. Abb. 22.6 zeigt die
3 Ms.

22.7 Fehlervermeidung: Poka Yoke

Der japanische Ausdruck Poka Yoke (Jap.: ポカヨケ, dt. „unglückliche Fehler ver-
meiden“) bezeichnet ein aus mehreren Elementen bestehendes Prinzip, welches
technische Vorkehrungen bzw. Einrichtungen zur sofortigen Fehleraufdeckung und -ver-
hinderung umfasst. Als Erfinder des Prinzips gilt Shigeo Shingō. Poka Yoke ähnelt als
fehlervermeidendes Prinzip dem biochemischen Schlüssel-Schloss-Prinzip, das etwa
bei der Duplikation der Erbinformation fehlerminimierend wirkt. Poka bezeichnet einen
falschen Zug im Go oder Shōgi und im weiteren Sinne „dumme Fehler, Schnitzer“
22.7  Fehlervermeidung: Poka Yoke 263

Abb. 22.6   Muda, Mura


und Muri. (Quelle: Eigene
Darstellung)

Muda
↓㥏
Verschwendung

Mura Muri
↓䜙 ↓⌮
Unausgeglichen-
Überlastung
heit

allgemein. yoke stammt vom Verb yokeru ab, zu deutsch „vermeiden“. Ausgangsbasis
für Poka Yoke ist die Erkenntnis, dass kein Mensch und auch kein System in der Lage
ist, unbeabsichtigte Fehler vollständig zu vermeiden. Mit Poka Yoke wird meist durch
einfache und wirkungsvolle Systeme dafür gesorgt, dass Fehlhandlungen im Fertigungs-
prozess nicht zu Fehlern am Endprodukt führen. Dabei zielt Poka Yoke auf den Einsatz
von meist technischen Hilfsmitteln. Diese Lösungen sind meist kostengünstig und sofort
einführbar. Um auch ein weiteres Auftreten von einmal entdeckten Fehlern ausschließen
zu können, wird Poka Yoke in Verbindung mit einer Inspektionsmethode, der Source-
Inspection eingesetzt. Poka-Yoke in Kombination mit der Source-Inspection ergeben die
Methodik des Poka-Yoke-Systems. Formcodierung eines Telefonsteckers, um die falsche
Montage zu verhindern. Poka Yoke ist in zahlreichen Prozessen bei der Produktion von
Komponenten in vielen Unternehmen integriert. Aber auch im gesellschaftlichen Leben
sehen wir, dass Poka Yoke durchaus Sinn macht. Poka Yoka wird eingesetzt, ohne dass es
Menschen oft merken. Beispiele sind vielfach in das tägliche Leben integriert.

• Züge werden bei Überfahren eines roten Signals (durch menschliches Versagen) auto-
matisch abgebremst
• Zündschlüssel eines Autos lassen sich nur so einstecken, dass er richtig in das
Schlüsselloch passt
• Acetylenflaschen haben einen einzigartigen Bügelanschluss, um die gefährliche Ver-
wechslung mit anderen Gasen zu verhindern.
• CEE-Stecker haben je nach Spannung und Frequenz andere Farben und Kontakt-
anordnungen, um Verwechslungen zu vermeiden.
• Jedes zu verbauende Bauteil muss vor dem Einbau per Barcode- oder RFID-Scan frei-
gegeben werden.
• Durch eine Pick-by-Light-Einrichtung wird Kommissionierungsfehlern vorgebeugt.
• TAE-Telefonstecker lassen sich nicht verkehrt herum einstecken.
264 22  Leadership und Empowerment im Lean Management

• Bankautomaten geben in Deutschland das Geld erst heraus, wenn die Karte ent-
nommen wurde. Dadurch wird verhindert, dass man die Karte vergisst.
• SIM-Karten lassen sich aufgrund ihrer Form nur in der korrekten Ausrichtung im
SIM-Kartenslot einlegen.
• Positionssensoren an einer Presse lassen den Pressvorgang erst starten, wenn das Bau-
teil korrekt eingelegt ist
• Abfrage der Augenfarbe in Formularen für Kundenservicemitarbeiter, um Blick-
kontakt mit dem Kunden sicherzustellen
• Unterschiedlicher Durchmesser von Zapfpistolen an Tankstellen, um versehentliches
Tanken des falschen Kraftstoffs zu verhindern

Abb. 22.7 zeigt Beispiele für Poka Yoke.

22.8 Umsetzung einer idealen Arbeitsumgebung: 3 K-Prinzip

Das 3 K-Prinzip ist ein Werkzeug zur Verbesserung und Optimierung der Arbeits-
umgebung (Kiken, Kitsui, Kitanai). Es bezieht sich auf unangenehme Arbeits-
bedingungen mit den Schlagworten kiken (危険, gefährlich), kitsui (きつい, schwierig)
und kitanai (汚い, schmutzig). Das 3 K-Konzept kann sowohl in der Fertigung als in
Bürobereichen umgesetzt werden.

22.9 Lean Management als konsensbasierte Basis für rasante


Projektumsetzungen

Tatakidai (叩 き 台, Hackklotz oder Sprungbrett zur Diskussion): Suche nach Konsens


und Information anderer, wenn das Projekt zu 80 % abgeschlossen ist, um die
Akzeptanzchancen zu verbessern.

22.10 Fallstudie: BMW Job Rotation

Die BMW Group verfügt weltweit über mehr als 92.000 Mitarbeiter und zentriert diese
in der Mitte der Unternehmensstrategie. Die Personalpolitik ist bei den Münchner Auto-
mobilherstellern fest in die Unternehmenspolitik eingebunden und wirkt sich auf alle
strategischen oder strukturellen Entscheidungen aus. Bereits seit 1983 bei BMW eine
mitarbeiterorientierte Personalpolitik praktiziert. Gegenwärtige und zukünftige Mit-
arbeiter sind nicht nur ein Kostenfaktor, sondern auch ein Erfolgsfaktor, um lang-
fristig nachhaltige Wettbewerbsvorteile zu erzielen (BMW, 2019). BMW führte nicht
nur flexible Arbeitszeitmodelle ein, sondern schuf auch eine neue Arbeitsstruktur
mit mehr Freiheit, um die Mitarbeiter optimal zu nutzen. Auf diese Weise verließ das
22.10  Fallstudie: BMW Job Rotation 265

Abb. 22.7   Poka Yoke Beispiele. (Quelle: Eigene Darstellung)

Unternehmen den traditionellen Weg und die Methoden der Arbeitsteilung hin zu
integrierten Arbeitsstrukturen. Integration bedeutet in diesem Zusammenhang, dass
Projektaufgaben und alle Prozesse definiert, aufgeteilt und erfüllt werden. Dies
geschieht, indem die traditionelle Art der spezialisierten Funktionen und Abteilungen
einem funktionsübergreifenden Projektteam überlassen wird, in dem die Projekt-
teams für die Erzielung der gesamten Projektergebnisse verantwortlich sind. Für diese
Änderung der Humanressourcen müssen nicht nur harte Fähigkeiten (technisches
Wissen usw.), sondern auch weiche und soziale Fähigkeiten (Teamfähigkeiten, Führung
usw.) geschult werden. Der Erwerb solcher neuen Fähigkeiten bietet Abwechslung und
Bereicherung in der täglichen Arbeit und bietet für jeden Einzelnen persönliche Ent-
wicklungsmöglichkeiten, sodass eine Jobrotation möglich ist. Die Anwendung zeigt
zahlreiche Austauscherfahrungen und Einblicke in eine Vielzahl von Arbeitsprozessen
und Jobs (BMW, 2019). Das Beispiel von Herrn Kroneder, zuvor Trainer auf dem Gebiet
266 22  Leadership und Empowerment im Lean Management

Abb. 22.8   Job Rotation bei BMW Motorrad in Berlin. (Quelle: Eigene Darstellung)

der Elektronik, wechselte seinen Job mit. Herr Hillerbrand, Wartung der Elektronik in
der Fahrzeugendmontage und umgekehrt. Ziel ist es, einen neuen technischen Trainer
mit Fließbanderfahrung zu schaffen und einem voll qualifizierten Trainer die Möglich-
keit zu geben, das Wissen in der Werkstatt anzuwenden und den Mitarbeitern im
Fließbandbereich bei der Entwicklung dieses Jobrotationsprogramms zu helfen. Diese
Jobrotation wurde für einen Zeitraum von sechs Monaten durchgeführt. Da der Aus-
tausch zwischen Produktion und Ausbildung sehr positiv ist, ist geplant, jährlich zwei
Ausbilder zwischen sechs Monaten und einem ganzen Jahr auszubilden, um diese
Gelegenheit zu bieten. (BMW, 2019). Abb. 22.8 zeigt die Motorradfertigung bei BMW
in Berlin.

Literatur

Culbert, S. A. (2003). Biography of Robert Tannenbaum-In memorial. Journal of Applied


Behavioural Science, 39, 360.
Fatma P. (2015). The effect of organizational culture on implementing and sustaining lean pro-
cesses. Journal of Manufacturing Technology Management, 26(5), 725 – 743.
Helmold, M., & Samara, W. (2019). Progress in performance management. Industry insights and
case studies on principles, application tools, and practice. Management for professionals.
Springer Heidelberg.
Literatur 267

BMW. (2019). Jobrotation bei der BMW Group. https://www.press.bmwgroup.com/deutschland/


article/detail/T0005760DE/jobrotation-bei-der-bmw-group?language=de. Zugegriffen: 04.
Nov. 2019.
Tannenbaum, R., & Schmidt, W. H. (2009). How to choose a leadership pattern (Harvard Business
Review Classics). Harvard Business Press.
Leadership in Verbindung mit Industrie
4.0 und künstlicher Intelligenz (KI) 23

23.1 Leadership und Industrie 4.0

Produktionssysteme und Wertschöpfungsketten haben sich radikal verändert. Das


21. Jahrhundert wird Unternehmen und produzierende Unternehmen mit völlig neuen
Generationen von Technologien, Dienstleistungen und Produkten konfrontieren, die
auf Computertechnologien basieren (Schuh und Gottschalk 2008; Schuh et al. 2009).
Um dem Wettbewerb auf den globalen Märkten zu begegnen und langfristigen Erfolg
zu gewährleisten, müssen sich die Unternehmen auf kürzere Lieferzeiten, zunehmende
Produktvariabilität und hohe Marktvolatilität einstellen, damit Unternehmen sensibel
und zeitnah auf kontinuierliche und unerwartete Veränderungen reagieren können
(Wiendahl et al. 2007). Das bedingt auch einen Wandel zu neuen Führungskonzepten
und Leadershipansätzen (Helmold & Terry, 2021). Einer der wichtigsten Eckpfeiler zur
Bewältigung dieser Herausforderungen ist die Implementierung digitaler Informations-
und Kommunikationstechnologien in Produktionssysteme, -prozesse und -technologien,
die neuartige Entwicklungen ermöglichen, indem sie die physische Welt mit schnellem
Datenzugriff und Datenverarbeitung über das Internet kombinieren (Industrie 4.0).
Industrie 4.0 ist ein Name für den aktuellen Trend der Automatisierung und des
Datenaustauschs in Fertigungstechnologien. Es umfasst cyber-physische Systeme, das
Internet der Dinge, Cloud Computing und Cognitive Computing. Industrie 4.0 wird all-
gemein als vierte industrielle Revolution bezeichnet wie Abb. 23.1 aufzeigt. Industrie 4.0
fördert eine sogenannte "Smart Factory". In modular strukturierten intelligenten Fabriken
überwachen cyber-physische Systeme physische Prozesse, erstellen eine virtuelle Kopie
der physischen Welt und treffen dezentrale Entscheidungen. Über das Internet der Dinge
kommunizieren und kooperieren cyber-physische Systeme in Echtzeit miteinander
und mit Menschen in Echtzeit, sowohl intern als auch über organisatorische Dienste
hinweg, die von Teilnehmern der Wertschöpfungskette angeboten und genutzt werden.

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, 269
ein Teil von Springer Nature 2022
M. Helmold, Leadership, https://doi.org/10.1007/978-3-658-36364-2_23
270 23  Leadership in Verbindung mit Industrie 4.0 …

Abb. 23.1   Industrie 4.0. (Quelle: Eigene Darstellung)

In Industrie 4.0 gibt es vier Gestaltungsprinzipien. Diese Grundsätze unterstützen Unter-


nehmen bei der Identifizierung und Umsetzung von Industrie 4.0-Szenarien (Helmold &
Samara, 2019):

• Verbindung: Die Fähigkeit von Maschinen, Geräten, Sensoren und Personen, über das
Internet der Dinge (IoT) oder das Internet der Menschen (IoP) eine Verbindung herzu-
stellen und miteinander zu kommunizieren.
• Informationstransparenz: Die Transparenz, die die Industrie 4.0-Technologie bietet,
bietet den Betreibern eine Vielzahl nützlicher Informationen, die für geeignete Ent-
scheidungen erforderlich sind. Durch die Interkonnektivität können Bediener an
allen Punkten des Herstellungsprozesses immense Daten- und Informationsmengen
sammeln und so die Funktionalität unterstützen und Schlüsselbereiche identifizieren,
die von Innovation und Verbesserung profitieren können
• Technische Hilfe: Erstens die Fähigkeit von Assistenzsystemen, Menschen zu unter-
stützen, indem Informationen umfassend aggregiert und visualisiert werden, um
fundierte Entscheidungen zu treffen und dringende Probleme kurzfristig zu lösen.
Zweitens die Fähigkeit von Cyber-physischen Systemen, Menschen physisch zu
unterstützen, indem sie eine Reihe von Aufgaben ausführen, die für ihre menschlichen
Mitarbeiter unangenehm, zu anstrengend oder unsicher sind
• Dezentrale Entscheidungen: Die Fähigkeit von physischen Cybersystemen, selbst
Entscheidungen zu treffen und ihre Aufgaben so autonom wie möglich auszuführen.
23.2  Wettbewerbsvorteile durch den Einsatz von Leadership KI 271

Nur bei Ausnahmen, Interferenzen oder widersprüchlichen Zielen werden Aufgaben


an eine höhere Ebene delegiert

23.2 Wettbewerbsvorteile durch den Einsatz von Leadership KI

23.2.1 Notwendigkeit von KI im New Leadership

Künstliche Intelligenz hat für viele Organisationen enormes Wachstum und enorme
Chancen geschaffen, aber auch Unternehmen, die sich nicht anpassen, zum Aussterben
geführt. Wir befinden uns im Zeitalter des digitalen Darwinismus – einer Zeit, in der
sich Technologie und Menschen schneller weiterentwickeln, als Unternehmen sich
anpassen können. Disruptionen und Störungen sind heutzutage nichts Neues, aber die
Geschwindigkeit, mit der sie geschieht, ist beispiellos (Helmold & Terry, 2016). Unter-
nehmen, deren Führung sich nicht anpassen kann, sind heute sehr oft Fallstudien zur
Bedeutung der Anpassungsfähigkeit und der Transformation von Unternehmen. Bei-
spiele für den fehlenden Wandel sind zahlreich.

• Kodak – konnte das digitale Zeitalter nicht nutzen und meldete 2013 Insolvenz an
• Blackberry – ignorierte Touchscreen-basierte Technologie, und ihr Marktanteil sank
auf 0,2 %
• MySpace – es versäumt, ihre Erfahrungen anzupassen und auf Konkurrenten wie
Facebook zu reagieren

Um eine anpassungsfähige Führungskraft zu sein, bedarf es einer zielgerichteten


Absicht, eine vielfältige Belegschaft zu schaffen. Durch die Beschäftigung von
Menschen unterschiedlicher Demografie, Alters und Nationalität wird sichergestellt, dass
Führungskräfte für unterschiedliche Perspektiven und Veränderungen offen sind. Eine
anpassungsfähige Führungskraft hat auch Lernen und Entwicklung als Schlüsselfaktoren
für sich selbst und den Arbeitsplatz. Es stellt sicher, dass sie über die besten Fähigkeiten
verfügen und eröffnet Möglichkeiten, die zuvor nicht gesehen wurden.

23.2.2 Trends in der KI

Neue digitale Geschäftsmodelle verändern die Weltwirtschaft und viele traditionelle


Märkte rasant (Buxmann und Schmidt, 2020). In der Informatik ist künstliche Intelligenz
(KI), manchmal auch Maschinenintelligenz genannt, Intelligenz, die von Maschinen
demonstriert wird, im Gegensatz zu der natürlichen Intelligenz, die Menschen und
andere Tiere zeigen (Buxmann und Schmidt, 2020). Unter künstlicher Intelligenz (KI) ist
unter anderem eine Nachbildung sowie Automatisierung intelligenten Verhaltens zu ver-
stehen. Die weltweiten Umsätze mit Unternehmensanwendungen im Bereich künstliche
272 23  Leadership in Verbindung mit Industrie 4.0 …

Intelligenz werden für das Jahr 2020 auf rund 4,8 Mrd. US-Dollar prognostiziert (Statista
2020). Abb. 23.2 zeigt neun schlanke Elemente künstlicher Intelligenz und Leadership,
die zu einem Wettbewerbsvorteil in der gesamten Wertschöpfungskette führen können
(Helmold & Terry, 2021).
2016 haben Venture Capital-Geber laut CB Insights über fünf Milliarden US-Dollar
in Unternehmen investiert, die sich in irgendeiner Form mit künstlicher Intelligenz (KI)
befassen – das entspricht einem satten Plus in Höhe von 61 % gegenüber dem Vorjahr.
Ganz vorne mit dabei ist auch Google. 11 der 55 laut Ansicht der CB Insights-
Analysten wichtigsten Unternehmenszukäufe im Bereich KI seit 2011 entfallen auf
den Suchmaschinenriesen beziehungsweise auf Google DeepMind, ein Google-Unter-
nehmen, dass sich auf die Programmierung einer KI spezialisiert hat. Die enorme
Bedeutung des Themas unterstrich auch Google-Chef Sundar Pichai als er im ver-
gangenen Oktober die neuen Produkte des Unternehmens vorstellte. Seine Präsentation
begann mit einer Zusammenfassung des aktuellen Stands bei der KI-Entwicklung um
dann direkt zu Googles digitalen Assistenten überzuleiten. Auch andere Größen der
Tech-Branche wie Apple oder Intel (jeweils fünf Übernahmen) messen dem Bereich
offenbar große Bedeutung zu. Ein wichtige Motivation KI-Startups zu fördern ist, dass
viele Unternehmen daran arbeiten, ihre Plattformen und Systeme menschenähnlicher zu
gestalten. So könnten etwa Aufgaben im Kundenservice künftig ganz oder teilweise von
Chatbots übernommen werden (Statista 2020).

Abb. 23.2   Element der Autonome


Künstlichen Intelligenz (KI). Roboter
(Quelle: Eigene Darstellung) Big Data
Virtuelle
Lieferkeen

Augumented Schlanke
Reality Simulaonen

Leadership und KI

Addive System-
Fergung integraon

Cloud Internet der


Compung Dinge

Cybersicherheit
23.2  Wettbewerbsvorteile durch den Einsatz von Leadership KI 273

23.2.3 Autonome Roboter

Ein autonomer Roboter ist ein Roboter, der Verhaltensweisen oder Aufgaben mit einem
hohen Maß an Autonomie ausführt (ohne externen Einfluss). Autonome Robotik wird
normalerweise als Teilgebiet der künstlichen Intelligenz, Robotik und Informations-
technik angesehen.

23.2.4 Virtuelle Produktions- und Lieferketten

Virtuelle Produktion wird in der Regel verwendet, um komplexe Szenen oder Szenen zu
visualisieren, die einfach nicht real gedreht werden können. Im Allgemeinen kann sich
die virtuelle Produktion jedoch auf alle Techniken beziehen, mit denen Filmemacher
eine Art filmisches Element planen, sich vorstellen oder vervollständigen können,
typischerweise mithilfe digitaler Werkzeuge.

23.2.5 Schlanke Simulationen

Schlanke Simulationen (Engl.: Lean Simulations) umfassen eine Reihe von praktischen
Experimenten, mit denen Mitarbeiter über System- und Prozessverbesserungen in allen
Bereichen der Wertschöpfungskette unterrichtet werden. Lean-Simulationen können sich
auf Design, Fertigung, Kapazitätsplanung oder Supply-Chain-Design konzentrieren. Ziel
von Simulationen ist es, die Auswirkungen von Eingabevariablen und Wechsel der Wert-
schöpfungskettenelemente zu verstehen.

23.2.6 Systemintegration

Lean Integration ist eine Methode zur kontinuierlichen Verbesserung, um unterschied-


liche Daten- und Softwaresysteme zusammenzuführen. Ziel ist es, den Kundennutzen zu
maximieren. Lean Integration ist ein Managementsystem, bei dem die Beseitigung von
Verschwendung als nachhaltige Datenintegrations- und Systemintegrationspraxis im
Vordergrund steht.

23.2.7 Internet der Dinge

Das Internet der Dinge (Internet of Things, IoT) ist ein System miteinander verbundener
Computergeräte, mechanischer und digitaler Maschinen, Objekte, Tiere oder Menschen,
die mit eindeutigen Kennungen (UIDs) und der Fähigkeit ausgestattet sind, Daten über
274 23  Leadership in Verbindung mit Industrie 4.0 …

ein Netzwerk zu übertragen, ohne dass Menschen dazu verpflichtet sind -menschliche
oder Mensch-Computer-Interaktion.

23.2.8 Cybersicherheit

Cybersicherheit ist der Schutz von mit dem Internet verbundenen Systemen,
einschließlich Hardware, Software und Daten, vor Cyberangriffen. In einem Computer-
kontext umfasst Sicherheit Cybersicherheit und physische Sicherheit – beide werden
von Unternehmen zum Schutz vor unbefugtem Zugriff auf Rechenzentren und andere
Computersysteme verwendet. Fallstudie: Shared Service Center BMW in Rumänien.

23.2.9 Cloud Computing

Cloud Computing ist eine Art von Computing, das auf gemeinsam genutzten Computer-
ressourcen basiert und nicht über lokale Server oder persönliche Geräte für die Ver-
arbeitung von Anwendungen verfügt. In seiner einfachsten Beschreibung nimmt Cloud
Computing Dienste ("Cloud-Dienste") und verschiebt sie außerhalb des IT-Systems und
der Umgebung eines Unternehmens.

23.2.10 Additive Fertigung

Additive Manufacturing (AM) ist der industrielle Produktionsname für den 3D-Druck,
ein computergesteuerter Prozess, bei dem dreidimensionale Objekte durch Ablegen
von Materialien, normalerweise in Schichten, erzeugt werden. Der offizielle Industrie-
standardbegriff ist ASTM F2792 für alle Anwendungen der 3D-Technologie. Es ist
definiert als der Prozess des Verbindens von Materialien, um Objekte aus 3D-Modell-
daten herzustellen, normalerweise Schicht für Schicht, im Gegensatz zu subtraktiven
Herstellungsmethoden.

23.2.11 Augmented Reality

Augmented Reality (AR) ist eine interaktive Erfahrung einer realen Umgebung, in der
die in der realen Welt befindlichen Objekte durch computergenerierte Wahrnehmungs-
informationen verbessert werden, manchmal über mehrere sensorische Modalitäten
hinweg, einschließlich visueller, auditorischer, haptischer, somatosensorischer und
olfaktorisch.
23.3  Fallstudie: Selbstfahrende Autos von Google 275

23.2.12 Big Data

Big Data ist ein Ausdruck, der ein riesiges Volumen an strukturierten und
unstrukturierten Daten bezeichnet, das so groß ist, dass es mit herkömmlichen Daten-
bank- und Softwaretechniken schwierig zu verarbeiten ist. In den meisten Unter-
nehmensszenarien ist das Datenvolumen zu groß oder es bewegt sich zu schnell oder es
überschreitet die aktuelle Verarbeitungskapazität.

23.3 Fallstudie: Selbstfahrende Autos von Google

Die Erforschung selbstfahrender Autos ist kein neues Phänomen. In den späten 1950er
Jahren wurden die ersten bekannten Gedanken zu selbstfahrenden Fahrzeugen in der
Zeitschrift Popular Mechanics von einem Mechaniker beschrieben, der argumentierte,
dass es relativ einfach sei, einen Roadster so zu ändern, dass er sowohl selbst startet
als auch in eine Auffahrt zurückkehrt. Später in diesem Jahr gab ein GM-Analyst in
der Zeitschrift Popular Science bekannt, dass das Unternehmen bereits die Einbettung
von Autobahnen mit Kabel- und Funksteuerboxen untersuchte, um eine Infrastruktur
zur Unterstützung fahrerloser Autos zu entwickeln. Trotz aller theoretischen Unter-
suchungen zu diesem Thema wurden selbstfahrende Autos erst 1968 Realität. Der erste
physische Durchbruch in der fahrerlosen Autotechnik war das Design eines Autos, das
Sonar und Gyroskope zum Fahren, Lenken und Stoppen eines Autos verwendete. 1968
schuf die Cornell Aeronautical Laboratory das „Urbmobile“, ein Elektroauto, das auf
der Straße gefahren werden konnte, aber auch auf einer Strecke im U-Bahn-Stil gleiten
konnte, auf der Straßenführer, Magnetometer, Magnetnägel und interne Computer ver-
wendet wurden. Der größte Durchbruch gelang jedoch Jahre später mit der Ankündigung
des Google Car durch Google, Inc. im Jahr 2010. Mit dem markanten Sensor und dem
Kameraknoten auf einem Toyota Prius wurde das Google Car schnell betriebsbereit und
auf Straßen quer präsent Die Vereinigten Staaten. Kurz danach wurde die Medienbericht-
erstattung über das Google-Auto zusätzlich zu Werbespots, die die Vorteile des Autos
demonstrieren, immer häufiger (Google, 2019). Während die in den Videos gezeigten
Vorteile vielversprechend zu sein schienen, schien der Markteintritt von Google Car weit
vom Kerngeschäft von Google entfernt zu sein. Google Inc. ist auf internetbezogene
Dienste und Produkte spezialisiert, mit dem Ziel, die Informationen der Welt zu
organisieren und allgemein zugänglich und nützlich zu machen. Im Jahr 1998 erstellten
Larry Page und Sergey Brin, zwei Informatikstudenten der Stanford University, eine
Suchmaschine, die Backlinks oder eingehende Links zu einer Website oder Webseite ver-
wendet, um die Wichtigkeit zu bestimmen und daher einzelne Webseiten während dieser
Zeit zu bewerten eine Webabfrage.
Bestehende Konkurrenten wie Yahoo und AOL waren dagegen Verzeichnisse anderer
Websites, die in einer Hierarchie organisiert waren, im Gegensatz zu einem durchsuch-
276 23  Leadership in Verbindung mit Industrie 4.0 …

baren Index von Seiten. Auf diese Weise kann der Google-Suchprozess relevantere
Ergebnisse zurückgeben als nur eine Rangliste der bevorzugten Websites. 1999 sicherte
sich Google die Finanzierung von Sequoia Capital und Kleiner Perkins Caufield &
Byers, den beiden führenden Risikokapitalunternehmen von Silicon Valley (Google,
2019). Nur ein Jahr später wurde Google mit über einer Milliarde Seiten im Index zur
weltweit größten Suchmaschine und übertraf Branchenriesen wie Yahoo. Die Dominanz
von Google auf dem Suchmarkt hält bis heute an, da Google einen Anteil von 67 %
an den globalen Suchanfragen hält. Während Google Inc. als auf Suche spezialisiertes
Unternehmen begann, expandierte es schnell in andere Produktbereiche. Im Jahr 2004
startete das Unternehmen Google den Bereich Google Mail, einen E-Mail-Client der bis 2012
mit geschätzten 425 Mio. aktiven Nutzern zum weltweit größten E-Mail-Anbieter wurde.
Google expandierte in die Online-Videodomäne und erwarb YouTube im Jahr 2006 für
1,65 Mrd. US-Dollar, was monatlich über 1 Mrd. eindeutige Besucher erreicht. Im Jahr 2008
startete Google Chrome, einen Webbrowser, und Android, ein Betriebssystem für mobile
Geräte. Auch in beiden Bereichen dominiert Google den Markt mit einem Marktanteil von
50 % bzw. 68 % (Miller & Wald, 2013). Im Jahr 2010 gab Google bekannt, dass der Proto-
typ eines fahrerlosen Autos – das Google Car – fertiggestellt wurde (Google, 2019). Laut
den damaligen Führungskräften von Google bestand das Ziel von Google Car darin, „… Ver-
kehrsunfälle zu vermeiden, Zeit zu sparen und CO2-Emissionen zu reduzieren, indem die
Fahrzeugnutzung grundlegend geändert wird“. Ein Team aus Ingenieuren mit Erfahrung
im Fahrzeugbereich Mit der Technologie der DARPA Challenges, einer Reihe von fahrer-
losen Fahrzeugrennen, die von der US-Regierung gesponsert wurden, konnte Google das
Phänomen der fahrerlosen Autos endlich in die Realität umsetzen. Das Google Car ist
ein ausgeklügeltes System, das proprietäre Hardware und Software integriert und Video-
kameras, Radarsensoren und einen Laser-Entfernungsmesser verwendet, um den Verkehr
und detaillierte Karten von Google Maps zu visualisieren und die Navigation zwischen
Zielen zu ermöglichen. Die Rechenzentren von Google verarbeiten die eingehenden Daten,
die von den am Google Car angebrachten Sensoren und Kameras weitergeleitet werden,
um dem Auto nützliche Informationen über seine Umgebung zu liefern, die später in den
physischen Betrieb des Fahrzeugs übersetzt werden.
Der Schlüssel zu den technologischen Fähigkeiten von Google Car ist der Laser-Ent-
fernungsmesser, der auf dem Dach des modifizierten Toyota Prius montiert ist und eine
Echtzeit-Umweltanalyse ermöglicht. Darüber hinaus ist das Google Car mit vier Radar-
geräten und einem 64-Strahl-Velodyne-Laser ausgestattet, der strategisch um das Auto
platziert ist, um eine dreidimensionale Karte seiner Umgebung genau zu erstellen. Eine
Kamera erkennt Ampeln, während ein GPS, ein Radgeber und eine Trägheitsmessein-
heit den Standort des Fahrzeugs steuern und die Fahrzeugbewegung protokollieren.
Das Softwaresystem synthetisiert aus dem Laserstrahl erzeugte Lasermessungen mit
hochauflösenden Weltkarten und erzeugt dynamische Datenmodelle, die dann vom
internen Softwaresystem des Fahrzeugs in den physischen Betrieb des Fahrzeugs über-
setzt werden. Insgesamt ermöglicht das System einen nahtlosen Betrieb des Fahrzeugs,
das sich ohne Eingreifen eines Fahrers an seine dynamische Umgebung anpasst. Neben
Literatur 277

der generischen fahrerlosen Funktion passt sich das System von Google Car in Echtzeit
auch den örtlichen Verkehrsregeln und Umwelthindernissen an. Wenn sich das Google
Car beispielsweise einer Kreuzung in vier Richtungen nähert und feststellt, dass sich der
Fahrer mit der Vorfahrt nicht bewegt, bewegt sich das Google Car leicht nach vorne, um
anderen Fahrern die Absicht anzuzeigen, durch die Kreuzung zu fahren (Miller & Wald,
2013).
Insgesamt ermöglicht die Technologie und Anpassung an die örtlichen Gegeben-
heiten nicht nur einen fahrerlosen Transport, sondern erhöht auch die Sicherheit im
Straßenverkehr. Seit seiner Einführung hat Google Car 200.000 Meilen unfallfreien
computergesteuerten Fahrens zurückgelegt, über einen Vorfall hinaus, der vermutlich
von einem anderen Fahrer verursacht wurde. Die Straßentestergebnisse für Google Car
zeigen, dass Google Car alle Straßenregeln einhält und sich in Echtzeit ohne Probleme
an seine dynamische Umgebung anpasst. Mit dieser integrierten Technologie kann das
Auto sicherer sein als ein menschlicher Fahrer. Das Google Car hat das Potenzial, tief-
greifende Auswirkungen auf den Energieverbrauch, die Effizienz und Verkehrsunfälle
zu haben. Mit anschließenden Produktivitätssteigerungen und Kostensenkungen stellt
Google Car eine potenziell revolutionierende Technologie dar. Genau dieses Potenzial
stellt jedoch eine Bedrohung für Google dar, um einen langfristigen Wettbewerbs-
vorteil im Bereich der fahrerlosen Autos zu erzielen. Da das Google Car die Struktur
der betroffenen Branchen radikal verändern und ernsthafte Datenschutzbedenken auf-
werfen kann, gefährden gefährdete Branchen und Verbrauchergruppen die Lebensfähig-
keit des Projekts. Das Google Car steht daher vor weitaus größeren Herausforderungen
als die konkurrierenden Autohersteller allein. Kann das Google Car überleben, wenn es
sich gegen politisch und wirtschaftlich mächtige Branchen stellt, die vor dem Nieder-
gang stehen? Kann der Wille zur Revolutionierung des Fahrens die Kosten potenziell
ruinierter Industrien und massiver Arbeitslosigkeit überwiegen? Wer wird den Krieg der
Straße gewinnen?

Literatur

Buxmann, P., & Schmidt, H. (2020). Künstliche Intelligenz. Mit Algorithmen zum wirtschaftlichen
Erfolg. Springer Wiesbaden.
Google. (2019). www.google.com.
Helmold, M., & Terry, B. (2016). Global sourcing and supply management excellence in China.
Procurement guide for supply experts. Springer Singapore.
Helmold, M., & Terry, B. (2021). Operations and supply management 4.0. Industry insights, case
studies and best practices. Springer Cham.
Helmold, M., & Samara, W. (2019). Progress in performance management. Industry insights and
case studies on principles, application tools, and practice. Springer Heidelberg.
Miller, C. C., & Wald, M. L. (2013). Self-driving cars for testing are supported by U.S. New York
Times. https://www.nytimes.com/2013/05/31/technology/self-driving-cars-for-testing-are-
supported-by-us.html. Zugegriffen: 10. Dez. 2019.
Leadershipwerkzeuge
24

24.1 Sieben elementare Qualitätswerkzeuge (Q7)

Qualitätsbewusstes und schlankes Denken und Handeln ist für alle Unternehmen einer
der zentralen Punkte zur langfristigen Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit, des Unter-
nehmenserfolges und der Sicherung von Arbeitsplätzen (Helmold 2020). Voraussetzung
hierzu ist die Kenntnis von Qualitäts-Methoden und Qualitätswerkzeugen innerhalb der
Leadership Philosophie sowie ihre ständige Anwendung im Sinne der kontinuierlichen
Verbesserung. Die folgenden Unterkapitel stellen eine Sammlung von Werkzeugen und
Methoden des Leadership dar, deren Anwendung sich langjährig in der Praxis bewährt
hat (Porsche, 2001). Die Anordnung der Qualitäts-Methoden und Qualitätswerkzeuge
entlang des Produktlebenszyklus und die Zuordnung zu den verschiedenen Phasen des
Problemlösungsprozesses mit Zielen und Checklisten soll dem Leser helfen, die für
seine Probleme geeigneten Methoden und Werkzeuge schnell zu finden und wirksam
anzuwenden (Helmold, 2021; Porsche, 2001).

24.1.1 Fehlersammelliste (Strichliste)

Fehlersammellisten dienen der zweckmäßigen Erfassung und übersichtlichen Darstellung


von Fehlern nach Art und Anzahl. Die erfassten Fehler können beispielsweise durch eine
Pareto-Analyse weiter ausgewertet werden. Das Vorgehen bei Fehlersammelkarten ist
folgendermaßen: Im ersten Schritt werden Fehlerarten und Betrachtungszeitraum fest-
legen. Für die spätere Auswertung der Liste werden im zweiten Schritt erforderliche
Zusatzinformationen festlegen, wie z. B. Produktionsnummer, Bauteilbezeichnung, Ort
der Fehlerentdeckung. Im letzten und dritten Schritt ist das Dokumentieren der Fehler
und der zusätzlichen Informationen in der Fehlersammelliste notwendig. Um die Größe

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, 279
ein Teil von Springer Nature 2022
M. Helmold, Leadership, https://doi.org/10.1007/978-3-658-36364-2_24
280 24 Leadershipwerkzeuge

der Liste und somit die Übersichtlichkeit zu erhalten, können verwandte Fehlerarten in
Kategorien zusammengefasst werden (Porsche, 2001). Abb. 24.1 zeigt das Beispiel einer
Fehlersammelliste.

24.1.2 Histogramm

Das Histogramm ist eine graphische Darstellung der Häufigkeitsverteilung. Dabei


werden Messwerte in Klassen eingeteilt. Es besteht aus Säulen, deren Breite die Klassen-
breite und deren Höhe die Anzahl der auf die jeweiligen Klassen entfallenden Messwerte
angibt. Durch diese Darstellungsform können bestimmte Verteilungsformen ermittelt und
Rückschlüsse auf mögliche Ursachen für Abweichungen (Streuungen) gezogen werden.
Abb. 24.2 zeigt das Beispiel von Histogrammen.

24.1.3 Pareto-Analyse

Die Pareto-Analyse strukturiert die Fehler eines Problems (Teilprobleme eines Gesamt-
problems) nach ihrer Häufigkeit. Grundlage ist die Erkenntnis, dass 70 % der Aus-
wirkungen durch nur 30 % der Fehler verursacht werden. Die Pareto-Analyse liefert eine
Aussage darüber, welche Fehler bzw. Teilprobleme zuerst bearbeitet werden sollten. Die
Vorgehensweise erfolgt in sechs Schritten:

• Auflistung und Sammlung der Fehler eines Problems


• Ordnung der Fehler (z. B. nach Häufigkeit oder nach verursachten Kosten)
• Auftragung der Fehler in absteigender Reihenfolge von links nach rechts in einem
Säulendiagramm

Abb. 24.1   Fehlersammelliste. (Quelle: Eigene Darstellung)


24.1  Sieben elementare Qualitätswerkzeuge (Q7) 281

Abb. 24.2   Histogramm. (Quelle: Eigene Darstellung)

• Auftragung der Summenkurve (kumulierte Anteile der Fehler)


• Analyse des Diagramms nach wesentlichen und unwesentlichen Fehlern und Bildung
von Klassen (A, B, C) – Zur Klasse A gehören die wenigen wesentlichen Fehler, die
zusammen ca. 70 % des Problems ausmachen – Zur Klasse B gehören die weniger
bedeutenden Fehler, die ca. 20 % des Problems ausmachen – Zur Klasse C gehören
die vielen, in ihrer Auswirkung unwesentlichen Fehler, die die restlichen 10 % des
Problems ausmachen (6)
• Bearbeitung der Fehler der Klasse A

Abb. 24.3 zeigt eine Pareto-Analyse mit den absoluten und prozentualen Fehlern eines
Automobilherstellers.

24.1.4 Korrelationsdiagramm

Die Korrelationsanalyse dient dazu, vermutete (statistische) Zusammenhänge zwischen


zwei beliebigen, messbaren Merkmalen nachzuweisen bzw. zu verwerfen. Mit Hilfe
graphischer Auswertungen wird untersucht, ob und wie stark ein linearer Zusammen-
hang z. B. zwischen einer vermuteten Fehlerursache und einem bestimmten Fehler
besteht.
Vorgehen (1) Festlegen der zwei Merkmale, zwischen denen ein Zusammenhang ver-
mutet wird (2) Paarweises Erfassen der Werte der beiden Merkmale, d. h. Erfassen der
Werte zum gleichen Zeitpunkt (bei zeitabhängig veränderlichen Merkmalen) bzw. an
282 24 Leadershipwerkzeuge

Abb. 24.3   Pareto-Analyse. (Quelle: Eigene Darstellung)

jeweils einem Objekt (bei objektabhängig veränderlichen Merkmalen) (3) Darstellung


der Wertepaare in einem x/y-Diagramm (4) Interpretation des Zusammenhangs anhand
des Diagramms. Dabei können folgende typische Fälle eintreten: a) starke positive oder
negative lineare Korrelation.

24.1.5 Qualitätsregelkarte (QRK)

Die Qualitätsregelkarte, auch Control Chart genannt, dient der Überwachung von
Fertigungsprozessen auf statistischer Basis. Dazu werden Daten, die bei der Prüfung
von Stichproben aus einem Fertigungsprozess ermittelt wurden, in ein Formblatt mit
Koordinatensystem eingetragen. Bei den Daten handelt es sich um Messwerte oder
daraus errechnete Kennzahlen, die in Verbindung mit vorher eingezeichnetem Mittelwert
sowie Warn-, Eingriffs- und Toleranzgrenzen zur Untersuchung und zur Steuerung des
betrachteten Prozesses dienen.

24.1.6 Ursachen-Wirkungs-Diagramm (Ishikawa-Diagramm)

Das Ursache-Wirkungs-Diagramm (Ishikawa-Diagramm) wurde bereits beschrieben und


stellt die Visualisierung eines Problemlösungsprozesses dar, bei dem analytisch nach den
Ursachen eines Problems gesucht wird, indem Hauptursachen solange zerlegt werden,
bis die Wurzel des Problems erreicht ist. Das Ursache-Wirkungs-Diagramm kann einen
24.1  Sieben elementare Qualitätswerkzeuge (Q7) 283

wertvollen Beitrag während der Ist-Analyse leisten. Es kann zur systematischen und aus-
führlichen Ermittlung von Problemursachen, sowie zur Analyse von Prozessen dienen.
Im Fall der Verwendung zur Prozessanalyse steht an der Spitze des Hauptpfeils statt
des Problems das Ergebnis des Prozesses, während die einzelnen „Fischgräten“ oder
„Äste“ die Aktivitäten hierarchisch geordnet darstellen. Die Methode kann allein oder als
Gruppenarbeit durchgeführt werden, wobei die Vorteile gruppendynamischer Prozesse
auch hier genutzt werden sollten. Der Einsatz im Rahmen von Organisationsunter-
suchungen findet oftmals als Gruppenarbeit in Workshops statt. Durch das Hinzuziehen
von Dritten wird eine vielseitige Betrachtung ermöglicht.

24.1.7 Brainstorming

Brainstorming ist eine von Alex F. Osborn 1939 entwickelte und von Charles Hutchison
Clark modifizierte Methode zur Ideenfindung, die die Erzeugung von neuen, ungewöhn-
lichen Ideen in einer Gruppe von Menschen fördern soll. Brainstorming ist die
Abkürzung für „using the brain to storm a problem“, was im Deutschen so viel heißt wie
„das Gehirn dazu verwenden ein Problem zu stürmen“. Es ist also eine Methode Ideen
von mehreren Menschen zusammenzutragen. Folgende Schritte müssen beim Brain-
storming eingehalten werden:

• Formulierung des Themas


• Auswahl der Teilnehmer (empfohlen maximal 6 Teilnehmer)
• Bestimmung eines Moderators
• Sichtbare Darstellung des Themas als Satz
• Sammeln der Ideen, zunächst jeder Teilnehmer für sich
• Äußern der Ideen durch die Teilnehmer. Sammeln der Ideen durch den Moderator
z. B. auf Flip-Chart, Folie, Wand
• Ergänzung weiterer Ideen (angeregt durch die vorgetragenen Ideen)
• Strukturierung der gesammelten Ideen in Gruppen
• Formulierung von Überschriften bzw. Kernaussagen zu den Gruppen
• Festlegung der weiteren Vorgehensweise

Bei Durchführung von Brainstorming gelten folgende Regeln:

• Möglichst viele Ideen finden! (Quantität vor Qualität!)


• Verständnisfragen sind erlaubt, Kritik ist verboten!
• Freies und spontanes „Spinnen“ ist erlaubt! – Ideen anderer können aufgegriffen und
weitergeführt werden
• Bei Verwendung von Karten sollte für jede Idee eine Karte verwendet werden,
dadurch ist die Strukturierung einfacher.
284 24 Leadershipwerkzeuge

Die Sammlung und Darstellung der Ideen/Arbeitsergebnisse kann in Form eines Affini-
tätsdiagramms erfolgen.

24.2 Sieben Managementwerkzeuge (7M)

24.2.1 Affinitätsdiagramm

Ein Affinitätsdiagramm hilft dabei, meist ungeordnete Ideen und Lösungen übersicht-
lich und geordnet darzustellen. Bei der Erstellung des Affinitätsdiagramms gelten die
Regeln des Brainstormings. Im Allgemeinen sollten komplette Sätze gebildet werden.
Das Affinitätsdiagramm ermöglicht die Strukturierung von chaotisch vorliegenden
Daten und Informationen. Daraus ergibt sich ein erstes Verständnis eines neuen oder bis-
her unübersichtlichen Themas. Es ist möglich, noch unbekannte Ideen und Zusammen-
hänge innerhalb des Themas zu finden und neue Lösungsansätze zu erarbeiten. Durch
die Gruppierung der Informationen unter Überschriften wird deutlich, was unter den
jeweiligen Begriffen in dem Team verstanden wird. Es werden so eventuell bestehende
Kommunikationsprobleme beseitigt, da eine einheitlichere „Sprache“ benutzt wird.
Nach dem Sammeln der Daten und Beiträge, werden diese Sachgebieten oder Cluster
zugeteilt. Es muss für jedes Cluster eine passende Überschrift erarbeitet werden, welche
die Inhalte aller Karten beschreibt. Die Überschrift sollte ein ganzer Satz oder eine
längere Beschreibung sein (Theden & Colsmann, 2013).

24.2.2 Portfolio

Ein Portfolio dient dazu, verschiedene Objekte (z. B. Produkte, Fehler, Lösungsvor-
schläge) nach zwei unabhängigen Merkmalen zu gruppieren und die Gruppen bild-
lich darzustellen. Die Merkmale können messbar oder klassiert sein (z. B. groß, mittel,
klein). Für die Erstellung eines Portfolios müssen die zwei unabhängigen Merkmale
festgelegt werden, nach denen die Objekte gruppiert werden sollen, und für die Objekte
festgestellt/berechnet werden. Anhand der festgestellten/berechneten Merkmale werden
die Objekte in einem zweiachsigen Diagramm (X–Y-Diagramm) angeordnet und zu
Gruppen zusammengefasst.

24.2.3 Baumdiagramm

Mithilfe eines Baumdiagramms lässt sich die hierarchische Aufgliederung eines Systems
oder eines Problems in seine Bestandteile darstellen und eine vollständige Erfassung von
Bestandteilen gewährleisten. Baumdiagramme können z. B. für die Aufgliederung eines
Produktes in seine Baugruppen und Bauteile oder die Aufgliederung eines Projektes in
seine einzelnen Teilaufgaben verwandt werden.
24.2  Sieben Managementwerkzeuge (7M) 285

24.2.4 Matrixdiagramm

Das Matrixdiagramm dient der Ermittlung und Bewertung der Wechselbeziehungen


zwischen den Bestandteilen zweier unterschiedlicher Systeme. Dazu werden die
beiden Systeme in Form von Baumdiagrammen in ihre Bestandteile aufgegliedert und
die beiden Baumdiagramme über Kreuz gegenübergestellt. In der sich ergebenden
Matrix wird an den Kreuzungspunkten die Stärke des Zusammenhangs zwischen
den gegenübergestellten Bestandteilen bewertet. Die Bewertung der Zusammen-
hänge erfolgt üblicherweise mit Punkten, z. B. 0 Punkte = kein Zusammenhang bis 9
Punkte = unmittelbarer Zusammenhang.

24.2.5 Netzplan

Mithilfe von Netzplänen lässt sich die zeitliche Reihenfolge und die Abhängigkeit von
Teilprojekten/Vorgängen eines Projektes/Arbeitsablaufs darstellen. Damit lassen sich
einerseits die Gesamtdauer des Projekts/Arbeitsablaufs optimieren sowie die Zeit-
anforderungen für die einzelnen Teilprojekte/Vorgänge und deren frühestmögliche bzw.
späteste Anfangs- und Endzeitpunkte bestimmen. Andererseits lassen sich zeitkritische
Verknüpfungen von Teilprojekten/Vorgängen aufdecken, die einer besonderen Termin-
überwachung bedürfen. Zur Erstellung eines Netzplans werden alle zur Bearbeitung
des Projektes/Arbeitsablaufs notwendigen Vorgänge gesammelt, die notwendigen
Zeiten festgestellt und auf Karten notiert. Die Karten werden spaltenweise an eine Tafel
geheftet, wobei links die Teilprojekte/Vorgänge angeheftet werden, die zu Projektbeginn
(also ohne Vorgängervorgang) stattfinden können. Die nächste Spalte enthält die Teil-
projekte/Vorgänge, die nach Abschluss der ersten Spalte stattfinden können usw. Sind
alle Karten einsortiert, werden durch Verbindungspfeile zwischen den Karten die zeit-
lichen Zusammenhänge der Teilprojekte/Vorgänge verdeutlicht.

24.2.6 Problementscheidungsplan

Der Problementscheidungsplan dient der vorbeugenden Identifikation mög-


licher Probleme in Projekten und der Erarbeitung und Zuordnung möglicher
Gegenmaßnahmen. Damit wird erreicht, dass auch bei Eintritt ungünstiger Umstände
das Projektziel erreicht werden kann. In einer Gruppe werden die notwendigen Tätig-
keiten zur Erreichung eines Projektziels gesammelt, auf Karten notiert und z. B. in Form
eines Baumdiagramms an eine Tafel geheftet. Zu diesen Tätigkeiten werden jeweils alle
möglichen Schwierigkeiten ermittelt (z. B. mithilfe von Brainstorming) und geeignete
Gegenmaßnahmen erarbeitet mit dem Ziel, wirkungsvolle Maßnahmen auszuwählen.
Wo möglich, sollten die Gegenmaßnahmen bereits vor dem Auftreten des Problems im
Projekt.
286 24 Leadershipwerkzeuge

24.3 Weitere Leadershipwerkzeuge

24.3.1 W-Fragen

Die Fragetechnik dient der Eingrenzung eines Problems. Mögliche Problemursachen


können gefunden und eingegrenzt werden. Die Prinzipien der Fragetechnik sind: - sich
im Vorfeld Gedanken zu machen, welche Informationen benötigt werden und ent-
sprechende Fragen zu formulieren – eine strukturierte und umfassende Informations-
sammlung.

• Warum? Informationen/Daten werden häufig benötigt, um Probleme genauer ana-


lysieren zu können.
• Welche? Die Erforschung von Problemursachen erfordert die „richtigen“ Daten. All-
gemeingültige Hinweise, welche Daten gebraucht werden, können hier nicht gegeben
werden. Zu bedenken ist, dass Daten wertlos sein können, wenn die Zuordnung zu
Zeit, Ursache, Materialcharge usw. fehlt. Wieviel? Es ist festzulegen, welcher Daten-
umfang unbedingt erforderlich ist. Entscheidend zur Festlegung des Datenumfangs ist
die eindeutige Interpretierbarkeit.
• Wo? Es ist festzulegen an welchem Ort die Daten erfasst werden (zum Beispiel an
welcher Maschine).
• Wer? Mitarbeiter, die Daten erfassen, müssen ausreichend qualifiziert und informiert
sein.
• Wann? Der Termin für den Abschluss einer Untersuchung ist unter Berücksichtigung
der Dringlichkeit und anderen Rahmenbedingungen festzulegen.

24.3.2 Why-Fragetechnik

Die 5 Why-Methode, auch 5-W-Methode oder kurz 5 Why beziehungsweise 5 W


genannt, ist eine Methode im Bereich des Qualitätsmanagements zur Ursache-Wirkung-
Bestimmung. Ziel dieser Anwendung der fünf „Warum?“-Fragen ist es, eine Ursache für
einen Defekt oder ein Problem zu bestimmen.

24.3.3 Flussdiagramm

Das Flussdiagramm dient der bildlichen Darstellung von Abläufen (Prozessen). Man
erkennt z. B.:

• in welcher Beziehung verschiedene Prozessschritte zueinander stehen und wo


eventuelle Problembereiche vorhanden sind;
24.3  Weitere Leadershipwerkzeuge 287

• überflüssige Arbeitsschritte und Schleifen bei denen Vereinfachungen oder


Standardisierungen möglich sind;
• Tätigkeiten, welche die Prozessleistung beeinflussen können;
• Punkte, an denen weitere Daten gesammelt und untersucht werden können;
• Verbesserungsmöglichkeiten beim Vergleich eines realen Prozesses mit einem idealen
Prozessablauf;
• Zuständigkeiten zu bestimmten Prozessschritten.

24.3.4 Pro- und Kontralisten

Eine Pro- und Kontraliste ist eine Tabelle mit zwei Spalten. Eine Spalte bekommt die
Überschrift „Pro“ und die andere die Überschrift „Kontra“. In der Pro-Spalte werden
alle Vorteile, Chancen, und Argumente für die Entscheidung aufgelistet. In der Kontra-
Spalte werden die Nachteile und Risiken aufgelistet. Eine Pro- und Kontra-Erörterung
dient dazu, dass sich eine Gruppe intensiver mit einem Problem auseinandersetzt und
die jeweiligen Argumente dafür oder dagegen transparent macht. Hierbei wägt das Team
Argumente ab, die für oder gegen das Thema sprechen. Schlussendlich führt es dazu,
dass man sich eine Meinung bildet und eine Entscheidung trifft.

24.3.5 Streifenliste

Ein Maßnahmenplan/eine Streifenliste dient der eindeutigen Zuweisung von Aufgaben


und der Überwachung der Bearbeitung von Aufgaben.
Vorgehen (1) Auflisten erarbeiteter Maßnahmen/Lösungsvorschläge zur Problem-
lösung – dabei eventuell Aufgliedern der Maßnahmen/Lösungsvorschläge in Teil-
aufgaben (2) Festlegen eines Verantwortlichen zur Umsetzung der Maßnahmen/
Lösungsvorschläge sowie Terminen bis zur endgültigen und eventuell teilweisen
Umsetzung (Meilensteine). Neben den Durchführungsverantwortlichen können auch
Mitwirkende bestimmt werden. (3) Regelmäßiges Abfragen des Erledigungsstandes
(Status) der Umsetzung der Maßnahmen/Lösungsvorschläge und Dokumentation im
Maßnahmenplan/in der Streifenliste. Bei Veränderungen des Erledigungsstandes ist der
Maßnahmenplan zu aktualisieren. Terminverschiebungen oder sonstige Änderungen sind
zu kommentieren. (4) Archivieren des Maßnahmenplans nach vollständiger und wirk-
samer Umsetzung aller Maßnahmen/Lösungsvorschläge.

24.3.6 Komponententausch

Der Komponententausch ist ein Verfahren, um Bauteile und Baugruppen eines Produktes
bzw. Prozesses zu ermitteln, die verantwortlich für Abweichungen eines bestimmten,
288 24 Leadershipwerkzeuge

messbaren Qualitätsmerkmals des Produktes bzw. Prozesses sind. Voraussetzung ist,


dass ein baugleiches „gutes“ und „schlechtes“ Produkt bzw. ein baugleicher „guter“ und
„schlechter“ Prozess vorhanden ist, welcher in einzelne Teile zerlegbar ist und die Unter-
schiede zwischen „gut“ und „schlecht“ deutlich sind.

24.3.7 Lessons Learned Systematik

Lessons Learned bedeutet aus vergangenen Fehlern und Erfolgen für zukünftige
Projekte zu lernen. Lessons Learned ist die systematische Nutzung der bei aktuellen
Fahrzeugmodellen gemachten Erfahrungen zur präventiven Fehlervermeidung bei
nachfolgenden Projekten. Ziel ist die Erhöhung der Produktqualität und dadurch die
Steigerung der Kundenzufriedenheit, sowie die Reduktion von Fehlerfolgekosten wie
u. a. Gewährleistungs-, Serienbetreuungs-, Nacharbeits- und zusätzlichen Anlaufkosten.

24.3.8 Fehlerbaumanalyse (FTA-Fault Tree Analysis)

Die Fehlerbaumanalyse (Engl.: FTA – Fault Tree Analysis) ist eine Q-Methode mit dem
Ziel, eine Aussage über das Verhalten eines Produktes oder eines Fertigungsprozesses
hinsichtlich des Auftretens eines zu definierenden Fehlers zu treffen. Die Fehlerbaum-
analyse dient somit der systematischen Suche nach möglichen Ursachen für einen vor-
gegebenen Fehler. Der Schwerpunkt der Methode ist die Aufstellung eines Fehlerbaums
– ausgehend vom Fehler -, bei dem jede mögliche Ausfallkombination betrachtet wird,
die den Fehler verursachen könnte.

24.3.9 Fehlermöglichkeits- und -einflussanalyse (FMEA)

FMEA (englisch Failure Mode and Effects Analysis, deutsch Fehlermöglichkeits- und
-einflussanalyse. oder kurz Auswirkungsanalyse) sowie FMECA (engl. Failure Mode and
Effects and Criticality Analysis) sind analytische Methoden der Zuverlässigkeitstechnik.
Dabei werden mögliche Produktfehler nach ihrer Bedeutung für den Kunden, ihrer Auf-
tretenswahrscheinlichkeit und ihrer Entdeckungswahrscheinlichkeit mit jeweils einer
Kennzahl bewertet.
Im Rahmen des Qualitätsmanagements bzw. Sicherheitsmanagements wird die FMEA
zur Fehlervermeidung und Erhöhung der technischen Zuverlässigkeit vorbeugend ein-
gesetzt. Die FMEA wird insbesondere in der Design- bzw. Entwicklungsphase neuer
Produkte oder Prozesse angewandt. Weit verbreitet ist diese Methode in der Automobil-
industrie sowie der Luft- und Raumfahrt, aber auch in anderen Industriezweigen ist eine
sachgemäß durchgeführte FMEA häufig gefordert.
24.3  Weitere Leadershipwerkzeuge 289

FMEA zielt darauf, Fehler von vornherein zu vermeiden, statt sie nachträglich zu
entdecken und zu korrigieren. Bereits in der Entwurfsphase sollen potenzielle Fehler-
ursachen identifiziert und bewertet werden. Damit werden Kontroll- und Fehlerfolge-
kosten in der Produktion oder gar beim Kunden vermieden. Durch die dabei gewonnenen
Erkenntnisse wird zudem die Wiederholung von Entwurfsmängeln bei neuen Produkten
und Prozessen vermieden.
Die Methodik der FMEA soll schon in der frühen Phase der Produktentwicklung
(Planung und Entwicklung) innerhalb des Produktlebenszyklus angewandt werden, da
eine Kosten-/Nutzenoptimierung in der Entwicklungsphase am wirtschaftlichsten ist
(präventive Fehlervermeidung). Je später ein Fehler entdeckt wird, desto schwieriger und
kostenintensiver wird seine Korrektur sein. Die FMEA kann in mehrere Arten unterteilt
werden:

• Design-FMEA (D-FMEA): Die Design- oder Konstruktions-FMEA (auch K-FMEA)


dient in der Entwicklung und Konstruktion dazu, die Fertigungs- und Montage-
eignung eines Produkts möglichst frühzeitig einzuschätzen. Die Betrachtung
beinhaltet systematische Fehler während der Konstruktionsphase
• System-FMEA (S-FMEA: Die System-FMEA untersucht das Zusammenwirken von
Teilsystemen in einem übergeordneten Systemverbund bzw. das Zusammenwirken
mehrerer Komponenten in einem komplexen System. Sie zielt dabei auf die Identi-
fikation potenzieller Schwachstellen, insbesondere auch an den Schnittstellen, die
durch das Zusammenwirken der einzelnen Komponenten oder die Interaktion des
eigenen Systems mit der Umwelt entstehen könnten. Die Betrachtung beinhaltet
zufällige und systematische Fehler während des Betriebes
• Hardware-FMEA: Eine Hardware-FMEA hat zum Ziel, Risiken aus dem Bereich
Hardware & Elektronik zu analysieren, zu bewerten und mit Maßnahmen abzustellen
• Software-FMEA: Eine Software-FMEA leistet dieselbe Aufgabe für erzeugten
Programmierungscode
• Prozess-FMEA: Die Prozess-FMEA (auch P-FMEA) kann sich auf die Ergebnisse
der Konstruktions-FMEA stützen, kann aber auch isoliert durchgeführt werden.
Sie befasst sich mit möglichen Schwachstellen im Prozess zum Ziele der Qualitäts-
steigerung

Die Vorgehensweise einer FMEA gestaltet sich in den folgenden Schritten:

A. Systemanalyse und Aufzeichnung und Visualisierung des betrachteten (fehlerhaften)


Produktes (z. B. Bauteile) oder Fertigungsprozesses (Teilprozesse). Unterlagen
zur Unterstützung: Konstruktionszeichnungen (Produkt), Explosionszeichnungen
(Produkt), Fertigungsablaufplan (Prozeß)
B. Funktionen und Funktionsstrukturen festlegen. Definition der Funktionen der einzel-
nen Systemelemente (vgl. Schritt 1) und Festlegung der Funktionen der System-
elemente – Bauteile oder Teilprozesse – zueinander
290 24 Leadershipwerkzeuge

C. Fehleranalyse (Fehlerursache-Fehler-Fehlerfolge). Definition von möglichen Fehler-


ursachen/Fehlern und Fehlerfolgen bezogen auf die betrachteten Systemelemente/
Bauteile oder Teilprozesse. Hinweis: Betrachtung der gesamten Fehlerfolge-Kette
bis zur Ebene „Gesamtsystem“ (Gesamtprodukt oder Fertigungsprozess) Beispiel:
Fehlerursache: Korrosion Motor-Steckverbindung (Fensterheber) Fehler: Falsche
Motoransteuerung Fehlerfolge: „Fenster fährt nicht zu“ weitere Fehlerfolgen:
„Undichtigkeit“; „Kunde verärgert“
D. Risikobewertung durchführen. Zielsetzung ist es, subjektive Fehlereinschätzungen in
objektive, strukturierte Fehlerbewertungen zu überführen. Die Bewertung wird nach
dem folgenden Schema vorgenommen:
B = Maß für die Bedeutung der Fehlerfolge; Punktzahl [1-10] (Bsp.: Vergabe der
Punktzahl „10“ bei „Sicherheitsrisiko“)
A = Maß für die Auftretenswahrscheinlichkeit der Fehlerursache; Punktzahl [1-10];
(Bsp.: Vergabe der Punktzahl „10“ bei hoher Wahrscheinlichkeit);
E = Maß für die Entdeckungswahrscheinlichkeit der auftretenden Fehlerursache
(Bezug: Ort der Fehlerentstehung); Punktzahl [1-10] (Bsp.: Vergabe der Punktzahl
„10“ bei geringer Entdeckungswahrscheinlichkeit) Die Risikoprioritätszahl unter-
stützt bei der Abschätzung, ob ein Risiko vorliegt und somit Handlungsbedarf besteht.
Die Berechnung erfolgt durch Multiplizieren der Einzelbewertungen.
Risikoprioritätszahl: RPZ = B x A x E
E. Maßnahmen bestimmen und Optimierungen durchführen. Hohe Risikopriori-
tätszahlen (RPZ) und/oder hohe Einzelbewertungen (B/A/E) erfordern Fehler-
Vermeidungs- oder -Entdeckungsmaßnahmen und somit eine Optimierung des
betrachteten Produktes beziehungsweise Prozesses. Es existieren drei grundlegende
Möglichkeiten: – Erhöhung der Konzeptzuverlässigkeit (Fehlerursachenminimierung) –
Ausschluß der Fehlerursache durch Konzeptänderung (Baugruppen-/Bauteil-/
Prozeßänderung) – Maßnahmen zur wirksamen Entdeckung der Fehlerursache

24.3.10 Statistische Prozesslenkung

Die statistische Prozesslenkung (auch statistische Prozessregelung oder statistische


Prozesssteuerung, Engl.: Statistical Process Control, SPC genannt) wird üblicherweise
als eine Vorgehensweise zur Optimierung von Produktions- und Serviceprozessen
aufgrund statistischer Verfahren verstanden. Im Rahmen von SPC stellen Qualitäts-
regelkarten (QRK) ein Werkzeug zur Analyse, Beurteilung und Lenkung von Fertigungs-
prozessen auf statistischer Basis dar. Durch den Einsatz der Qualitätsregelkarte werden
entsprechende Signale für den Fall aufgezeigt, dass ein Prozess nicht länger als
beherrscht bzw. qualitätsfähig bewertet werden kann (Porsche, 2001).
SPC wurde von Walter A. Shewhart entwickelt. Die wissenschaftlichen Grundlagen
wurden von ihm 1931 in dem Buch Economic Control of Quality of Manufactured
24.3  Weitere Leadershipwerkzeuge 291

Product umfassend hergeleitet und beschrieben. Ausgelöst wurde diese Arbeit durch
die Absicht des Managements der Hawthorne Plant der Western Electric Company in
Chicago, möglichst einheitliche und somit zuverlässige Produkte herzustellen. Der Ver-
such, dies mit Mitteln des gesunden Menschenverstandes zu bewerkstelligen, schlug
fehl. In der Folge wurde Shewhart von den Bell Telephone Laboratories aus New York
um Unterstützung gebeten.
Shewhart ging von der Vermutung aus, dass die Qualität des Endproduktes im
Wesentlichen von der Kombination der Streuung der Parameter der Einzelteile abhängt.
Als Ursache für diese Streuung fand er zwei grundsätzlich verschiedene Mechanismen:
Streuung aufgrund von allgemeinen Ursachen (zufällige Abweichungen vom Mittel-
wert, die sich aufgrund eines stochastischen Prozesses ergeben Rauschen (Physik)) und.
Streuung aufgrund von besonderen Ursachen (Materialfehler, Maschinenfehler,
Konstruktionsfehler etc.)
Die zweite wichtige Erkenntnis von Shewhart war, dass nun bei dem Versuch, diese
Streuung zu minimieren, zwei Fehler gemacht werden können:

• Fehler 1: Eine Abweichung einer besonderen Ursache zuweisen, obwohl sie von einer
allgemeinen Ursache hervorgerufen wurde
• Fehler 2: Eine Abweichung einer allgemeinen Ursache zuweisen, obwohl sie von
einer besonderen Ursache hervorgerufen wurde

Es kann zwar entweder der eine oder der andere Fehler komplett vermieden werden,
aber nie beide gleichzeitig. Es musste also ein Weg gefunden werden, die Kosten der
Fehlervermeidung zu minimieren. Umfangreiche statistische Untersuchungen und
Theoriebildung führten Shewhart schließlich zur Entwicklung von control charts (dt.
Qualitätsregelkarten) als optimales Werkzeug, um die gewonnenen Erkenntnisse in die
tägliche Praxis umzusetzen. Ihre erste industrielle Anwendung fand SPC im Zweiten
Weltkrieg, wo sie bei der Herstellung von Rüstungsgütern angewendet wurde. Später
erkannte William Edwards Deming, dass sich diese Erkenntnisse und Werkzeuge auf alle
Arten von Prozessen (Geschäftsprozesse, Verwaltungsprozesse etc.) mit den gleichen
positiven Ergebnissen anwenden lassen. Diese Lehre fiel vor allem in Japan auf frucht-
baren Boden, wo sie unter anderem innerhalb des Toyota-Produktionssystem weiter-
entwickelt wurde. Heute wird die statistische Prozessregelung als Bestandteil eines
Qualitätsmanagementsystems gesehen und begleitet als Serviceprozess den Kernprozess
der Produktion oder Dienstleistung. Alle statistischen Methoden, die zur Überwachung
und Optimierung des Kernprozesses dienen, werden unter dem Begriff statistische
Prozesskontrolle zusammengefasst. Diese Methoden gehen über die verschiedenen
Regelkartentechniken hinaus und schließen auch z. B. die Methoden der statistischen
Versuchsplanung, die FMEA oder auch die Methodensammlung Six-Sigma mit ein.
Größen der SPC fließen in Kunden-Lieferanten-Beziehungen als Prozessfähigkeits-
indizes ein.
292 24 Leadershipwerkzeuge

24.4 Mindmapping

Eine Mindmap (auch Mind-Map, Engl.: Mind Map; auch: Gedankenlandkarte, Gedächt-
nislandkarte) beschreibt eine von Tony Buzan geprägte kognitive Technik, die man z. B.
zum Erschließen und visuellen Darstellen eines Themengebietes, zum Planen oder für
Mitschriften nutzen kann.

24.5 Wandel zum offenen und kreativen Unternehmen (Chiiku)

Chiiku bedeutet, intellektuelles Wissen zu beherrschen und logisches Denken für grund-
legende Überlebensfähigkeiten zu entwickeln. Kreativität und die Freiheit zum Denken
spielen eine zentrale Rolle bei Chiiku. Damit Unternehmen profitabel bleiben können,
benötigen sie zunächst Stabilität, die auf einem konkreten Verständnis ihrer Bedürfnisse
und Prioritäten beruht. Durch die Nutzung ihrer nicht abgedeckten Ressourcen können
sie dann mit Innovationen beginnen. Das Verständnis dieses grundlegenden Überlebens-
bedürfnisses des Unternehmens ist die Grundlage für künftigen Wohlstand und sollte
auch die Grundlage für die Entwicklung von Führungskräften am Arbeitsplatz bilden.
Chiiku konzentriert sich auf dieses logische Verständnis des Geschäfts in einem größeren
Kontext. Dies ist wie die Vorstellung eines Waldes als gesamtes Ökosystem und nicht
nur als Ansammlung von Bäumen. Für Geschäftsleiter bedeutet Chiiku, das Gefühl der
Dringlichkeit zu berechnen und es jederzeit zu kommunizieren.

24.6 Mitarbeiterführung im Lean Management (Tokuiku)

Tokuiku bedeutet, Ihre rationalen zwischenmenschlichen Fähigkeiten als Führungs-


kraft zu entwickeln. Die rationale Entwicklung (Tokuiku) unterscheidet sich von der
logischen Entwicklung (Chiiku). Logisches Denken basiert auf Ursache und Wirkung,
während rationales Denken auf Quantität und Umfang basiert. Logisches Denken kann
uns sagen, was wir tun sollen, aber wir müssen rational sein, um zu verstehen, warum es
jedem Einzelnen zu Gute kommt. Der Mensch muss sich entwickeln, indem er mit dem
aktuellen Zustand nicht zufrieden bleibt und ihn rational mit anderen Möglichkeiten ver-
gleicht. Führungskräfte müssen zunächst den Mut entwickeln, Risiken einzugehen und
den Status Quo zu übertreffen. Dies ist so, als würde man das Überleben des Waldes
sicherstellen, indem man die Bedürfnisse jedes Organismus versteht, aus dem das Öko-
system besteht. Während sich Chiiku auf das Überleben der Organisation als Einheit
konzentriert, konzentriert sich Tokuiku darauf, die Bereicherung und den Erfolg der
Personen sicherzustellen, aus denen diese Einheit besteht.
24.8  Umsetzung von Ideen durch Einbindung der Mitarbeiter (Yattakoto) 293

24.7 Mentale und physische Stärke im Lean Management


(Taiiku)

Moderne Bildungssysteme verstehen Taiiku als Sportunterricht (PE). Es wird ein-


fach als eine Möglichkeit gesehen, Schüler dazu zu bringen, ihren Körper durch Sport
zu trainieren. Beim Sport geht es jedoch nicht nur darum, Muskeln aufzubauen und
ein Gefühl der Wettbewerbsfähigkeit zu entwickeln. Taiiku konzentriert sich zunächst
darauf, die eigene Willenskraft und Emotionen zu stärken, um die richtigen Handlungen
zu erzwingen. Taiiku bedeutet für Führungskräfte, die Fähigkeiten zu erlernen, um eine
Kultur des sofortigen Handelns zu inspirieren, nicht nur die Worte. Führungskräfte
müssen lernen, anderen zu helfen, den Status Quo zu durchbrechen. Dies bedeutet, die
Selbstkritik-Mentalität (Hansei) zu lernen (Ohno, 1990).

24.8 Umsetzung von Ideen durch Einbindung der Mitarbeiter


(Yattakoto)

YWT (Yatta Koto: Was wir getan haben; Wakatta Koto: Was wir gelernt haben; Tsugi Ni
Yarukoto: Was wir als nächstes tun werden): Ansatz in Japan und von Toyota verwendet,
um die Erkenntnisse zusammenzufassen und zu verbessern. Das Y fasst eine konkrete
Erfahrung zusammen, das W versucht, die gewonnenen Erkenntnisse und Erkenntnisse
zu gewinnen, und das T möchte herausfinden, wo dieses Lernen auf eine neue Situation
angewendet werden kann. Wird als schnelle Feedback- und Einsichtsrunde verwendet,
oft innerhalb einer Minute, oft nach einer Sitzung oder am Ende eines jeden Tages
in einem Projekt. Kann mündlich erfolgen, wird aber häufig auch mit schriftlichen
Notizen verwendet. Abb. 3.2 zeigt ein Training und Lean Workshop bei einem welt-
weit führenden Hersteller von Komponenten und System der Transportindustrie. Lean
Management ist eine Philosophie, die nachhaltig auf alle Unternehmensbereiche und alle
Mitarbeiter übertragen werden soll. Insbesondere bei internationalen Wertschöpfungs-
ketten ist es entscheidend, dass Wertschöpfungspartner in den Transformationsprozess
miteingebunden werden (Helmold und Terry 2016; Helmold).

24.9 Fallstudie: Anwendung der FMEA bei Bosch

Die FMEA (englisch Failure Mode und Effects Analysis) ist eine analytische Methode
des präventiven Qualitätsmanagements in der Produkt- und Prozessentwicklung. Sie
dient dazu, rechtzeitig Risiken innerhalb der Bosch-Gruppe zu ermitteln, zu bewerten
und geeignete Maßnahmen zur Risikominimierung vorzuschlagen und umzusetzen
mit den Zielen, Produkte bzw. Prozesse zu verbessern und Fehlerkosten zu vermeiden
(Rückrufaktionen, Ausbeute) (Bosch, 2012). Die FMEA wird mit dem Bewusstsein
294 24 Leadershipwerkzeuge

angewandt, dass systematische Betrachtungen hinsichtlich potentieller Fehler und deren


Dokumentation dabei helfen, Fehler zu vermeiden. Der frühzeitige und damit präventive
Einsatz der FMEA hilft, fehlerfreie Erzeugnisse in den Markt zu bringen und unterstützt
so die langfristige Sicherung des Unternehmenserfolgs. Die FMEA ist eine international
anerkannte Methode zur qualitativen Risikoanalyse. Sie ist bei Bosch im Produktent-
stehungsprozess verankert und wird zur Optimierung von Produkten und Prozessen ein-
gesetzt. Forderungen zur Risikoanalyse sind unter anderem in ISO 9001 und ISO/TS
16.949 beschrieben (Bosch, 2012). Die FMEA wird bei Bosch laut Anweisung in Team-
arbeit durch ein interdisziplinäres Team erstellt. Vorteile der FMEA sind z. B.:

• Mögliche Fehler in Produkten und Prozessen werden vermieden.


• Funktionssicherheit und Zuverlässigkeit von Produkten und Prozessen werden
gesteigert
• Das Erreichen eines robusten Designs und stabiler und fähiger Prozesse wird unter-
stützt Nachträgliche Produktänderungen werden minimiert und damit Kosten
reduziert.
• Interne und externe Fehlerkosten werden reduziert.
• Entlastungsnachweis im Produkthaftungsfall wird erbracht.
• Störungen bei Serienanläufen werden vermieden.
• Die Kommunikation in der Kunden-/Lieferantenkette wird optimiert
• Es wird eine Wissensbasis im Unternehmen aufgebaut
• Es erfolgt ein frühzeitiger Informationsabgleich der Projektbeteiligten aus allen
Bereichen (Produkt- und Prozessexperten, einschließlich der verantwortlichen Vor-
gesetzten)
• Das Systemverständnis der Beteiligten wird verbessert.

Bei der Anwendung der FMEA sind die Grenzen der Methode zu berücksichtigen: Die
FMEA ist eine Methode zur Analyse von Einzelfehlern (keine Betrachtung von Fehler-
kombinationen). Die FMEA ist eine qualitative und keine quantitative Methode. Die
Ergebnisse der Risikobewertung sind relative Einschätzungen und nicht als absolute
Maßzahl zu sehen, daher sind Bewertungen verschiedener FMEA nicht miteinander
vergleichbar. Quantitative Aussagen zum Ausfallverhalten von Produkten sind nicht
möglich. Für die Betrachtung von Fehlerkombinationen und quantitative Aussagen zum
Ausfallverhalten von Produkten ist die Fehlerbaumanalyse (Fault Tree Analysis, FTA)
geeignet (Bosch, 2012).

Literatur

Bosch. (2012). Qualitätsmanagement in der Bosch-Gruppe. 14. Fehler-Möglichkeits- und Ein-


fluss-Analyse FMEA. Robert Bosch GmbH | Stand 06.2012. file:///C:/Users/march/OneDrive/
Documents/Buch%20Lieferantenmanagement%20der%20Zukunft/Springer/booklet-no14-
fehler-moeglichkeits-und-einfluss-analyse_DE.pdf. Zugegriffen: 6. Sept. 2020.
Literatur 295

Helmold, M. (2021). Kaizen, Kaizen, Lean Management und Digitalisierung. Mit den japanischen
Konzepten Wettbewerbsvorteile für das Unternehmen erzielen. Springer Wiesbaden.
Porsche. (2001). Porsche Quality Culture (PQC). Ein Taschenführer mit Qualitäts-Methoden und
Qualitätswerkzeugen. Unternehmens-Qualität. Porsche Qualitätsmanagement Weissach.
Theden, P., & Colsman, H. (2013). Qualitätstechniken (5. Aufl.). Hanser Stuttgart.
Ausblick: New Leadership
25

25.1 Leadershipeigenschaften der Zukunft: New Leadership

25.1.1 Transformation zu New Leadership

Demographischer Wandel, fehlender Fachkräftenachwuchs, technologische Entwicklung


und die COVID-19 Pandemie stellen die Arbeitswelt vor einen Umbruch. Damit ver-
ändern sich auch die Anforderungen an professionelle und innovative Führungskräfte
(New Leadership) (Huf, 2020). Das Ziel von New Leadership ist nichts weniger als die
Transformation der Organisation zu einem positiven und zukunftsgerichteten Mindset.
Dieser Fokus auf die Zukunft bedingt auch eine offene Fehlerkultur. Führungspersön-
lichkeiten des New Leaderansatzes schaffen es, sich selbstorganisierende und agile
Teams authentisch und selbstsicher zu motivieren (Oginde, 2020). Führungskräfte
erschaffen eine Vertrauenskultur, in der Mitarbeiter ihr volles Potenzial einbringen,
Spaß an der Arbeit haben, perspektivisch mitdenken und extrinsisch wie intrinsisch
motiviert sind (Peters, 2015). Jeder einzelne Mitarbeiter ist plötzlich wichtig geworden.
Jede einzelne Perspektive zählt. Wir sprechen von notwendiger Mehrperspektivität
und ein Willen-Wollen (Volution) der Mitarbeiter. Dies heißt, dass jeder Einzelne seine
Perspektive einbringen muss und dies auch wollen soll, er muss mitdenken, mitbewirken
und mitgestalten und Verantwortung übernehmen wollen. Es reicht heute nicht mehr, als
Unternehmen einfach nur gut zu sein. Wer erfolgreich sein möchte, muss sich diesem
Wandel und der permanenten Veränderung stellen und diese aktiv mit seinem Team
gemeinsam mitgestalten. Und zwar so, dass alle echten Spaß daran haben, mitmachen zu
dürfen. Dieser Prozess ist New Leadership.

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, 297
ein Teil von Springer Nature 2022
M. Helmold, Leadership, https://doi.org/10.1007/978-3-658-36364-2_25
298 25  Ausblick: New Leadership

25.1.2 Inspirierende Führung

Bei der inspirierenden Führung bietet die Führungskraft eine sinngebende Vision an, in
der die Mitarbeitenden das Warum ihrer Arbeit erkennen. Führung erfüllt so nicht nur
eine anleitende Funktion, sondern bietet vor allem einen emotionalen, motivierenden
Mehrwert (Ulrich, 2020).

25.1.3 Virtuelle oder mobile Führung

Unternehmen etablieren zunehmend die sogenannte Remote oder Mobile Work (Mobile,
Fern- oder Heimarbeit). Dabei arbeiten die Angestellten nicht in einem gemeinsamen
Büro, sondern ganz oder temporär an einem Platz ihrer Wahl, z. B. in der eigenen
Wohnung (Homeoffice). Virtuelle Führung  beschreibt Führungssituationen, bei
welcher die Führungskraft mit einem oder mehreren Mitarbeitern vornehmlich über
Kommunikationsmedien interagiert. Dies entsteht meist dadurch, dass die Führungs-
kraft und ihre Mitarbeiter an unterschiedlichen Standorten oder zu verschiedenen Zeiten
arbeiten (Vollmer & Poppenburg, 2018).

25.1.4 Integration und Diversity Management

Die Integration von unterschiedlichen Mitarbeitern als Führungsaufgabe durch Diversity


Management ist ein wesentlicher Teil des New Leadershipansatzes und beinhaltet die
Förderung eines produktiven Miteinanders von Menschen mit unterschiedlicher Her-
kunft, unterschiedlichen sozialen und kulturellen Backgrounds sowie differierender
Lebensstile. Erfolgreiche, über den Charity-Gedanken hinaus gehende Integration fördert
die Vielfalt im Unternehmen, steigert die Innovationskraft, eröffnet neue Märkte und
Zielgruppen.

25.1.5 Fähigkeit zur professionellen Gestaltung ergebnisoffener


Prozesse

Alle Interviewten stimmen darin überein, dass Prozesskompetenz das aktuell wichtigste
Entwicklungsziel darstellt (Dhiman & Marques, 2020). Das kleinschrittige Vortasten
verspricht angesichts einer immer stärker abnehmenden Vorhersagbarkeit erfolgver-
sprechender zu sein als die Orientierung an starren Planvorgaben (Helmold & Terry,
2021).
25.1  Leadershipeigenschaften der Zukunft: New Leadership 299

25.1.6 Förderung sich selbst organisierender Netzwerke

Die Herausforderungen der modernen Arbeitswelt sind, so glauben die Führungskräfte


mehrheitlich, am besten in Netzwerkstrukturen zu lösen: Diese stellen mehr kreative
Impulse bereit, haben eine höhere Innovationskraft, beschleunigen Prozesse und ver-
ringern Komplexität.

25.1.7 Hierarchische Strukturen haben ausgedient

Das in einer Linienhierarchie steuernde Management ist ein Modell der Vergangenheit,
heißt es mit großer Mehrheit. Steuerung und Regelung sind aufgrund der Komplexität
und Dynamik der zukünftigen Arbeitsrealität unangemessen. Langfristig bedeutet das
den Abschied von Maßnahmen wie Zielemanagement und Controlling.

25.1.8 Kollaboration statt Konkurrenz

Ein primär auf Effizienz und Profitmaximierung (Maximum = das Meiste) ausgerichtetes


Management ist nach Ansicht von mehr als der Hälfte aller Befragten nicht mehr
zukunftsträchtig. Stattdessen müsse die Kooperationsfähigkeit Vorrang vor Rendite-
fixierung erhalten. New Leadershipansätze sind auf Profitoptimierung (Optimum = das
Beste) ausgerichtet, in der die Interessen aller am Unternehmensprozess beteiligten
Stakeholder berücksichtigt werden.

25.1.9 Persönliches Coaching

Wenn Hierarchien schwinden, ist eine Idee nur dann durchsetzbar, wenn sie mehrheitlich
getragen wird. Einfühlungsvermögen, Einsichtsfähigkeit und andere Soft Skills werden
für Führungskräfte und Mitarbeitende gleichermaßen wichtiger. Reflexion und intensive
Entwicklungsbegleitung sind in der zukünftigen Arbeitswelt unverzichtbar.

25.1.10 Motivation durch Autonomie und Wertschätzung

Die Relevanz von materiellen Faktoren nimmt in den Augen der Führungskräfte
tendenziell ab, was ihren motivierenden Charakter betrifft. Entscheidungsfreiheit,
Selbstverantwortung und Wertschätzung sowie der wahrgenommene Sinnzusammen-
hang einer Tätigkeit werden die Einsatzbereitschaft von Beschäftigten sehr viel stärker
determinieren als bisher (Pendleton et al., 2021).
300 25  Ausblick: New Leadership

25.1.11 Soziale Verantwortung

Führung muss sich mit dem Ausgleich der Ansprüche und Interessen verschiedener
gesellschaftlicher Gruppierungen befassen. Fragen nach der gesellschaftlichen Solidari-
tät und sozialer Verantwortung von Unternehmen nehmen mehr Raum in Führungs-
angelegenheiten ein.

25.1.12 Ganzheitlicher Ansatz

Das Gefühl, in der immer schnelllebigeren Wirtschaft abgehängt zu werden, erzeugt


Sehnsucht nach Strukturveränderungen. Einen neuen Lösungsansatz bietet das
Holacracy-Prinzip. Um durch den organisatorischen Strukturwandel nicht Unsicherheit
und Chaos bei den Mitarbeitern zu hinterlassen, ist eine agile Führungsebene gefragt.
Das bedeutet vor allem eines: Loslassen können. Wer sich auf Agilität einlässt, kann sich
auf eine permanente Weiterentwicklung freuen. Denn die Agilität fordert kein finales
Ergebnis, sondern dauerhafte Bewegung.

25.2 Vier Schritte zum modernen Leadership der Zukunft

Die Transformation zu einem neuen Leadershipansatz der Zukunft wird ein wesentliches
Erfolgsmerkmal für Unternehmen darstellen (Helmold, 2021). Nur Unternehmen, die
innovativ, modern und nachhaltig Führen werden sich langfristig am Markt behaupten
und Wettbewerbsvorteile erreichen können. Eine Roadmap für den Wechsel in eine
Führungskultur der Zukunft kann in vier Phasen ablaufen:

25.2.1 Schritt 1: Aus Management wird Leadership

Der entscheidende Wandel des Führungshandelns von Effizienz und Ertrag zu Kreativität
und Erneuerung ist zwingend für die Transformation zum New Leadership. Traditionelle
Organisationsstrukturen, Linienhierarchien, Zielemanagement und Controlling werden
ersetzt durch die flexible Organisation in dezentralen Teams. Alte Geschäftsmodelle
werden auf den Prüfstand gestellt und je nach Anforderung in agile, innovative und
effiziente Strukturen verändert. Die Verlagerung des Schwerpunktes von Führung von
instrumentell gestützten Führungssystemen zu Identitätsbildung zu Team-Coaching und
Empowerment ist der wichtigste Prozessschritt am Anfang der Veränderung und Trans-
formation zum New Leadership.
25.2  Vier Schritte zum modernen Leadership der Zukunft 301

25.2.2 Schritt 2: Neue Führungsaufgaben als Teil der neuen


Unternehmenstrategie

In Schritt 2 werden Teamstrukturen werden durch selbst organisierende Netzwerke


ergänzt oder ersetzt. Der direkte hierarchische Einfluss nimmt weiter ab, auch durch die
Nutzung sozialer Medien in der internen und externen Unternehmenskommunikation
steigt die Erhöhung der Selbstbestimmung der Mitarbeitenden, begleitend erzielt man
eine Optimierung und Reduzierung der Kosten der Zusammenarbeit. Durch eine Neu-
ordnung der Unternehmensstrategie und Werte zum Leitbild von New Leader erfährt
das Unternehmen eine Beschleunigung der Unternehmensprozesse, eine Steigerung
der Wahrscheinlichkeit kreativer Impulse und eine höhere Motivation der Mitarbeiter.
Als Teil der Neuordnung der Strategie ist es notwendig, die strategische Pyramide mit
Mission und Vision in Richtung New Leadership auszurichten.
Die neue Führungsphilosophie kanalisiert durch die Definition von Rahmen-
bedingungen und die Vermittlung von Sinnzusammenhängen die wachsende Eigen-
dynamik und synchronisiert die Aktivitäten im Unternehmen.

25.2.3 Schritt 3: Umsetzung des werteorientierten


Leadershipansatzes

Führung wird immer indirekter und impliziter. In der Philosophie des New
Leadershipansatzes agieren Führungskräfte als Begleiter von autonomen und motivierten
Mitarbeitern. Innerhalb dieses Schrittes ist die Einbettung der Unternehmensaktivitäten
in einen stabilisierenden Wertekanon notwendig.

25.2.4 Schritt 4: Stetige Verbesserungen

Im letzten und vierten Schritt ist die kontinuierliche Evaluation und Verbesserung
ein entscheidender Erfolgsfaktor für New Leadership. Es gilt daher, eine ständige:
Fokussierung auf stetige Verbesserungen im neuen Leadershipansatz zu erwirken
(Dhiman & Marques, 2020). Die kontinuierliche Überprüfung, Evaluierung und Ver-
besserung der Führungskultur ist eine signifikante Determinante, um einen langfristigen
Wettbewerbsvorteil zu erzielen (Helmold, 2021).
302 25  Ausblick: New Leadership

Literatur

Dhiman, S., & Marques, J. (2020). New horizons in positive leadership and change. A practical
guide for workplace transformation. Springer Cham.
Helmold, M. (2021). New Work, Transformational and virtual leadership. Lessons from COVID-19
and other crises. Springer.
Helmold, M. & Terry, B. (2021). Operations and supply management 4.0. Industry insights, case
studies and best practices. Springer.
Huf, S. (2020). Personalmanagement. Springer.
Oginde, D. (2020). The character of a leader: Authenticity as a moral distinction. In D. Peltz &
Wilson (Hrsg.), True leadership. Leadership styles and the kenotic relationship.
Pendleton, D., Furnham, A., & Cowell, J. (2021). Leadership. No more Heroes. Palgrave
Macmillan.
Peters, T. (2015). Leadership. Traditionelle und moderne Konzepte Mit vielen Beispielen. Springer.
Vollmer, L. & Poppenborg, M. (2018). In A. Ternès & C. D. Wilke (Hrsg.), Agenda HR –
Digitalisierung, Arbeit 4.0, New Leadership: Was Personalverantwortliche und Management.
Springer.
Ulrich, T. H. (2020). Spiritual leadership. A guide to focus, awareness, and mindfulness. Springer.

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