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„Ion“
Die Gesprächsführung
Wie in Platons frühen Dialogen üblich beherrscht Sokrates die Lage und lenkt das Gespräch
souverän in die von ihm gewünschte Richtung. Im Vordergrund steht sein Ziel, Ion in die
Enge zu treiben, um den eitlen Mann zum Eingeständnis der Unwissenheit zu zwingen. Die
philosophische Wahrheitssuche tritt demgegenüber etwas zurück. Manche Ansätze werden
nicht ausgearbeitet, obwohl dies für eine vertiefte Auseinandersetzung mit der erörterten
Problematik wichtig wäre. Dazu zählt vor allem der von Ion ins Spiel gebrachte Begriff des
Angemessenen, der für den Rhapsoden einen Ausweg zur Rettung seines Wissensanspruchs
eröffnen könnte.
Im Unterschied zu anderen Frühdialogen Platons endet der Ion nicht in
einer Aporie (Ratlosigkeit nach erfolglosen Bemühungen um Erkenntnis), sondern führt zu
einem eindeutigen Ergebnis. Ions Anmaßung wird zwar zurückgewiesen und seine Ignoranz
aufgedeckt, doch bietet ihm Sokrates zugleich Gelegenheit, sein Selbstbewusstsein auf eine
neue, irrationale Basis zu stellen.
Philosophische Bilanz
Die Zurückweisung unberechtigter Wissensansprüche
Ein wichtiges Anliegen Platons ist die Zurückweisung des Anspruchs, dass Dichter oder
Rhapsoden im Besitz von Wahrheiten seien, die nach seiner Überzeugung in den
Zuständigkeitsbereich der Philosophie fallen. Es soll gezeigt werden, dass jemand, der im
Ruf steht, bedeutende Verse hervorgebracht zu haben oder interpretieren zu können oder sich
in literarischen Fakten hervorragend auszukennen, nicht deswegen als Wissender oder Weiser
zu betrachten ist. Wer sich kein echtes philosophisches Verständnis erarbeitet hat, dem steht
es nicht zu, als Lehrmeister aufzutreten.
Tatsächlich gab es zu Platons Zeit eine besonders in Kreisen
der sophistischen Bildungsbewegung verbreitete Auffassung, der zufolge alles wesentliche
Wissen in Homers Epen enthalten ist und diesen durch korrekte Interpretation entnommen
werden kann. Dabei geht es nicht um philologische oder literarästhetische Aspekte der
Dichtung, sondern um eine generelle Kenntnis der Normen richtigen Verhaltens und einer
gelungenen Lebensführung. Demnach besitzen Homerausleger einen Schlüssel zu einer
umfassenden Weisheit und Kompetenz. Solchen Ansprüchen lässt Platon seinen Sokrates
im Ion durch Enthüllung ihrer absurden Konsequenzen entgegentreten. Vor diesem
Hintergrund werden manche für moderne Leser befremdlich wirkende Ausführungen im
Dialog verständlich.[22]
In der Geschichte der Literaturkritik gehört der Ion zu den wichtigen Texten der Frühzeit. Er
ist in der modernen Forschung sogar als erstes literaturkritisches Werk der europäischen
Kulturgeschichte bezeichnet worden. Diese Bezeichnung ist allerdings irreführend, da in dem
Dialog eine wissenschaftliche Literaturkritik für nicht existent erklärt wird.[23] Die
grundsätzliche Möglichkeit einer wissenschaftlichen Anforderungen genügenden
Literaturkritik wird im Ion zwar nicht ausgeschlossen,[24] doch zeigt sich bei Heranziehung
anderer Dialoge Platons, dass er sie für die Praxis verneint hat.[25]
Platons fundamentale Kritik an der Rhapsodie, der damals gängigen Form der Präsentation
und Interpretation von Dichtung, zielt auf deren Täuschungscharakter. Ion wird als sehr
erfolgreicher Rhapsode vorgestellt, er meistert die Anforderungen seines Berufs
hervorragend; seine Ignoranz und Eitelkeit steht dem nicht entgegen, sie hindert ihn nicht
daran, seinem Publikum die homerischen Helden theatralisch nahezubringen. Sein Erfolg
beruht auf Vorspiegelung und Irreführung; er selbst verkörpert nicht das, was er darstellt und
rühmt. Somit vermittelt der Rhapsode wie ein Schauspieler nur einen leeren Schein, nicht ein
Wissen von den Qualitäten, mit deren Darstellung er sein Publikum beeindruckt. Da er selbst
– wie seine Haltung erkennen lässt – solches Wissen nicht besitzt, ist er aus Platons Sicht
kein legitimer Verkünder einer entsprechenden Botschaft.
Das philosophische Verständnis der Inspiration
Strittig ist in der Forschung, ob oder inwieweit Platon im Ion Ziele verfolgt, die über die
Verspottung Ions und die Kritik an einem übersteigerten Selbstbewusstsein von Rhapsoden
hinausreichen. Mit dieser Kontroverse verbindet sich die Frage, ob alle Ausführungen zur
Inspiration ausschließlich ironisch gemeint sind und was Platon tatsächlich von diesem
Phänomen hält.
Deutlich erkennbar ist jedenfalls, dass Platon die Inspiration der Rhapsoden kritisch
betrachtet. Er gibt zu verstehen, dass Ions Begeisterung zweckgerichtet und unecht ist, denn
dieser teilt offenherzig mit, dass er während seiner emotionalen Auftritte an seine erhofften
Einnahmen denkt und seine Wirkung auf das Publikum entsprechend kalkuliert. Nicht so
eindeutig geht hingegen Platons Einstellung zur dichterischen Inspiration aus dem Text
hervor. Manche Altertumswissenschaftler glauben, dass er nur ironisieren und Anmaßung
bloßstellen wollte, sowohl hinsichtlich der Rhapsoden als auch hinsichtlich der Dichter.
[29]
Demnach sind die respektvoll klingenden Äußerungen über die göttliche Ergriffenheit der
Dichter kein Ausdruck der eigenen Überzeugung des Autors. Eine andere Deutungsrichtung
nimmt den im Ion geschilderten „Enthusiasmus“ der begnadeten, von göttlicher Begeisterung
ergriffenen Schöpfer großer Dichtung ernst. Sie sieht darin ein Konzept, das die Basis einer
authentischen Dichtungslehre Platons bilde.
In der neueren Forschung mehren sich die Stimmen, die für die Annahme eintreten,
der Ion bezwecke mehr als nur die unterhaltsame Entlarvung fragwürdiger
Wissensansprüche. Eine Reihe von Forschern glaubt ein positives, philosophisch relevantes
Ziel des Autors erkennen zu können. Dieses besteht für Gene Fendt und David Rozema darin,
den Leser in ein scheinbares Dilemma – die Alternative Fachkompetenz oder Irrationalität –
zu führen. Damit stelle der Autor seinem Publikum die Aufgabe, einen Ausweg aus der
falschen Alternative zu finden, eine Lösung, die der Funktion von Sprache und Dichtung
gerecht werde. Eine ähnliche Auffassung vom Sinn des Dialogs vertritt Rana Saadi Liebert;
für sie ist der Ion die erste Auseinandersetzung mit dem fiktionalen Charakter der Dichtung.
Nachdrücklich plädiert auch Hellmut Flashar für eine philosophische Relevanz der
Erörterungen über die Unwissenheit und Inspiration der Dichter. Für Flashar ist
der Ion „einer der interessantesten und seltsamsten Dialoge Platons“. Er sieht in dem kleinen
Werk mehr als „ein jugendliches Produkt scherzhafter Laune“. Das eigentlich Wichtige hinter
der persönlichen Polemik sei die Erörterung einer Sachfrage, der Frage nach dem Wissen. Es
gehe um die Abgrenzung des Bereichs der Dichtung gegen das technische Fachwissen; der
Dialog biete die Grundlegung einer Theorie des Genialen. Flashar meint, der philosophische
Gehalt erschließe sich erst, wenn man alle Einzelheiten im Zusammenhang mit der
Gedankenbewegung des ganzen Dialoges sehe. Wesentlich sei es auch, die Gedankengänge
des Dialogs in das Ganze der platonischen Philosophie einzuordnen.[35] Auch für Marcel van
Ackeren ist der Ion kein Schwank. Vielmehr handle es sich um die Darlegung der
Grundlagen der platonischen Konzeption von Sachkompetenz.
Entstehungszeit
Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff und Paul Friedländerglaubten, Platon habe
den Ion noch zu Lebzeiten des Sokrates, also vor 399 v. Chr. verfasst. Wilamowitz meinte, es
handle sich wohl um das erste Werk des jungen Platon; den Hintergrund bilde dessen Abkehr
von der Dichtung unter dem Einfluss des Sokrates. Auch Ernst Heitsch vermutet, dass Platon
den Ion vor dem Tod des Sokrates geschaffen hat. Die in der Forschung dominierende
Auffassung lautet jedoch, dass die Abfassung in die 390er Jahre fällt. Einzelne im Dialog
erwähnte historische Gegebenheiten wie die Veranstaltung von Wettkämpfen in Epidauros
sind als Anhaltspunkte für die Datierung in Betracht gezogen worden, haben sich aber
schließlich als für diesen Zweck unbrauchbar erwiesen.[53] Die Einordnung unter Platons
Frühwerke wird von der weit überwiegenden Mehrheit der Altertumswissenschaftler
akzeptiert.
Rezeption
Antike und Mittelalter
In der Antike wurde nicht an der Echtheit des Ion gezweifelt. In der Tetralogienordnung der
Werke Platons, die anscheinend im 1. Jahrhundert v. Chr. eingeführt wurde, gehört er zur
siebten Tetralogie. Der Philosophiegeschichtsschreiber Diogenes Laertios zählte ihn zu den
„prüfenden“ Schriften und gab als Alternativtitel „Über die Ilias“ an. Dabei berief er sich auf
eine heute verlorene Schrift des Mittelplatonikers Thrasyllos.
Die antike Rezeption des Ion war relativ spärlich, von einer Kommentierung ist nichts
bekannt. Der antiphilosophisch gesinnte Gelehrte Athenaios überliefert eine platonfeindliche
Deutung, wonach der Philosoph in dem Dialog alle Dichter sowie die von den Athenern
gewählten Heerführer verunglimpft hat; daraus sei seine allgemeine Missgunst gegenüber den
Menschen ersichtlich.
In der lateinischsprachigen Gelehrtenwelt des Westens war der Ion im Mittelalter unbekannt,
er wurde erst im Zeitalter des Renaissance-Humanismuswiederentdeckt.
Frühe Neuzeit
Die erste lateinische Übersetzung des Ion fertigte der Humanist Lorenzo Lippi da Colle um
1465 an. Er widmete sie dem Florentiner Staatsmann und Mäzen Piero di Cosimo de’ Medici.
[58]
Die zweite Übersetzung stammt von dem berühmten Humanisten Marsilio Ficino; sie lag
spätestens 1466 fertig vor. Ficino war mit Lippi befreundet, er benutzte dessen Text. 1484
veröffentlichte Ficino seinen lateinischen Ion in der Gesamtausgabe seiner Platon-
Übersetzungen, die in Florenz erschien.[59] In seiner Einleitung (argumentum) zu der
Übersetzung legte er sein Verständnis der dichterischen Inspiration (lateinisch furor poeticus)
und anderer Formen der Ergriffenheit oder Ekstase dar.[60]
Die Erstausgabe des griechischen Textes erschien im September 1513 in Venedig bei Aldo
Manuzio im Rahmen der von Markos Musuros herausgegebenen Gesamtausgabe der Werke
Platons. 1546 publizierte Richard de Blanc in Paris die erste französische Übersetzung
des Ion. Der Dialog beeinflusste die Lehre von der dichterischen Ergriffenheit in den
französischen Poetiken des 16. Jahrhunderts.[62] 1548 wurde in Venedig eine von Niccolò
Trivisani angefertigte italienische Ion-Übersetzung (Il furore poetico) gedruckt. Platons
Schilderung des poetischen Enthusiasmus im Ion galt als ernst gemeinte Huldigung an die
Dichtkunst und wurde seiner Dichterkritik im Dialog Politeia entgegengestellt. In Italien,
Frankreich und England deuteten namhafte Persönlichkeiten des kulturellen Lebens Platons
Verhältnis zur Dichtung in diesem Sinne.[63]
Der Gelehrte Julius Caesar Scaliger widersprach in seiner 1561 veröffentlichten
einflussreichen Poetik (Poetices libri septem) Platons Kritik an der Rhapsodie.[64]
Moderne
Graf Friedrich Leopold zu Stolberg-Stolberg übersetzte neben anderen platonischen Dialogen
den Ion ins Deutsche. Er veröffentlichte seine Übersetzung 1796 mit einer Vorrede,
die Goethe zu einer heftigen Reaktion bewog. Im selben Jahr erschien Goethes Rezension mit
dem Titel Plato als Mitgenosse einer christlichen Offenbarung. Dort sowie in Briefen
an Friedrich Schiller und Wilhelm von Humboldt polemisierte Goethe gegen Stolberg und
dessen „abscheuliche Vorrede“. Er deutete den Ion als „offenbare Persiflage“, die Stolberg
schamlos „als ein kanonisches Buch zur Verehrung darzustellen“ gewagt habe. Stolberg habe
die Ironie des platonischen Sokrates überhaupt nicht erkannt; in Wirklichkeit habe der
ganze Ion mit Poesie nichts zu tun, sondern diene nur der Verspottung von Ions Borniertheit.
Platons Sokrates fehle ebenso wie seinem Gesprächspartner, dem Naturalisten Ion, das
Verständnis für die Aufgabe und Leistung eines Dichters. Am Schluss werde Ion vor die
Alternative gestellt, sich entweder für einen Lumpen oder für einen Halbgott zu
halten. Goethes vernichtendes Urteil trug in der Folgezeit erheblich zu einer negativen
Einschätzung des Dialogs bei.
Der Dichter Percy Bysshe Shelley, der sich als Platoniker betrachtete, übertrug 1821
den Ion ins Englische. Diese Übersetzung wurde erst 1840 – lange nach seinem Tod –
publiziert. Sie bildete in der Folgezeit zusammen mit Shelleys Übersetzung von
Platons Symposion für ein breites englischsprachiges Publikum ohne Griechischkenntnisse
den Einstieg in das Studium von Platons Werk. Noch im 20. Jahrhundert wirkte sie stark
nach. In seinem 1840 postum veröffentlichten einflussreichen Werk A Defence of
Poetry erläuterte Shelley sein Verständnis der platonischen Dichtungslehre, das der
unter Romantikern vorherrschenden Sichtweise entsprach. Er fasste das im Ion dargelegte
Konzept der dichterischen Inspiration keineswegs in ironischem Sinne auf, sondern nahm es
ernst und nutzte es für seine Rechtfertigung der Poesie. Bei der Übertragung von Platons Text
ins Englische ließ er sich von seiner Interpretation beeinflussen, was eine inhaltliche
Verfälschung zur Folge hatte.
Die literarische und philosophische Bewertung des Ion ist mit der Einschätzung der
Echtheitsfrage verknüpft. Bestreiter und Bezweifler der Echtheit verweisen auf gravierende
Mängel, manche Befürworter gelangen zu einem günstigeren Urteil. Friedrich
Schleiermacher rügte 1805 die „unklare und mangelhafte Ausführung“.Ulrich von
Wilamowitz-Moellendorff meinte anfangs, als er den Dialog noch für unecht hielt, der
Verfasser werde durch seine ungeschickte Gelehrsamkeit kompromittiert. Später, nachdem er
sich zögernd für die Echtheit entschieden hatte, stufte er den Dialog als Schwank oder Satire
ein, als Jugendwerk, das zwar inhaltlich unbefriedigend, aber lustig sei. Im Ion breche der
Jugendübermut und die jugendliche Intoleranz des Autors hervor, er sei ein „anmutiges
Zeugnis für die Stimmung des Anfängers“. Die Farben seien grell aufgetragen; es handle um
ein komödienhaftes Werk und nicht um einen philosophischen Dialog.[70] Anderer Meinung
war Kurt Hildebrandt, ein Echtheitsbefürworter
Poetik. Aristoteles
1. In der besten Tragödie wird dargestellt, wie ein ethisch guter Charakter einen
Umschlag vom Glück ins Unglück erlebt, und zwar nicht wegen seiner
Schlechtigkeit oder Gemeinheit, sondern wegen eines Irrtums (hamartia), der
in der Regel aus fehlendem Wissen über eine Situation hervorgeht.
2. In der zweitbesten Tragödie finden die sittlich Guten und die sittlich
Schlechten ein entgegengesetztes Ende.
Auf keinen Fall darf man dagegen zeigen:
1. „wie makellose Männer einen Umschlag vom Glück ins Unglück erleben“
(das wäre weder jammervoll noch schaudererregend, sondern abscheulich);
2. „wie Schufte einen Umschlag vom Unglück ins Glück erleben“ (das wäre die
untragischste aller Möglichkeiten, weil sie keine der erforderlichen Qualitäten
hat: sie ist weder menschenfreundlich noch jammervoll noch
schaudererregend);
3. „wie der ganz Schlechte einen Umschlag vom Glück ins Unglück erlebt“ (das
wäre zwar „menschenfreundlich“, aber weder jammervoll noch
schaudererregend).
Weitere wichtige Kriterien beziehen sich – in weiter gefasstem Sinne – auf den
Handlungsaufbau, den Wendepunkt und die Beschaffenheit der Charaktere. Hinsichtlich der
Charaktere ist es laut Aristoteles am besten, dass sie die entscheidende Tat zwar ohne
Einsicht ausführen, aber Einsicht erlangen, nachdem sie die Tat ausgeführt haben (wie
das Oidipus in der Tragödie des Sophokles geschieht).
Hinter diesen Unterscheidungen für eine bessere bzw. schlechtere Tragödie zeigt sich (a) das
ethische Kriterium der Darstellung eines sittlich guten Menschen und (b) das Kriterium der
Darstellung einer Handlung, die bei der Rezeption des Stoffes (und nicht nur des
aufgeführten Stückes) „Jammer und Schaudern“, eleos und phobos hervorruft.
1. Die Tragödie besitzt den geringeren Umfang, weswegen sie mehr Vergnügen
bereite.
2. Die Tragödie weist eine straffere Handlungseinheit auf, d. h. es werden nicht
wie im Epos mehrere Handlungsstränge dargestellt.
Zusammenfassende Charakterisierung
Indem Aristoteles in der Poetik immer wieder Beispiele aus Dramen und Epen bespricht und
mittels seines Begriffsinstrumentariums analysiert, verbindet er eine Analyse des Gegebenen
mit der Formulierung verbindlicher Regeln (beispielsweise in der Aufstellung der Rangfolge
von Tragödienarten) und der Hervorhebung entscheidender Elemente (z. B. dass der Held
einer Tragödie möglichst keine Einsicht in die Handlungen haben soll, bevor er sie ausführt).
Die aristotelische Poetikverbindet also deskriptive und präskriptive Elemente.
Da Aristoteles die Handlung, den mythos in den Vordergrund sowohl seiner Analyse als auch
hinsichtlich der Bedeutung des Kerns einer Dichtung stellt – also mittels der Nachahmung
dessen, was aufgrund von Wahrscheinlichkeit oder Notwendigkeit geschehen könnte, das
Allgemeine im menschlichen Handeln zu zeigen –, erweist sich seine Poetik in moderner
Terminologie eher als Struktur- denn als Stilpoetik.
Die Poetik ist auch deshalb bedeutsam, weil Aristoteles mit ihr eine Kritik an
der Ideenlehre seines Lehrers Platon formuliert hat. Kerngedanken der Ideenlehre, die
zugleich eine Ablehnung der darstellenden Künste zur Folge hatten, hatte Platon im 10. und
mit dem Höhlengleichnis im 7. Buch seines Dialogs Politeiavorgetragen. Die sinnlich
wahrnehmbaren Dinge sind demnach Abbilder (Nachahmung) einer wahren Seinsform,
der Ideen. Indem die Dinge als Abbild (Nachahmung) an den Ideen, dem wahren Sein,
lediglich teilhaben, stellen sie eine Seinsform zweiter, also geringerer Ordnung dar. Die
Darstellung dieser Dinge wiederum auf der Bühne oder in der Malerei ist infolgedessen als
Abbild eines Abbildes des wahren Seins zu verstehen und daher in hohem Maße
unvollkommen und wertlos.
Zudem setzte Platon den ethischen Grundsatz voraus, dass die Dichtung
der Wahrheit verpflichtet sei, um so zur sittlichen Besserung beizutragen.
Die Vernunftgebiete den Schmerz (pathos) gefasst zu ertragen. Die Leidenschaft hingegen
verleitete zum Wehklagen über den Schmerz. Indem die Dichtung sich an diese niederen
Kräfte, an die Leidenschaften wende, verleite sie zum unvernünftigen Handeln, zum
Jammern (eleos).
Aristoteles wendet sich nun mit seiner Poetik gegen diese Auffassung Platons und weist so
der Dichtung einen völlig anderen, höheren Stellenwert zu. Er lehnt den Gedanken, einer
gestaffelten Abbildung der Ideen in der Dichtung als unsinnig ab. Stattdessen argumentiert er,
dass das wahre Sein in der Verbindung von Form (Darstellungsweise) und Inhalt der
Dichtung verwirklicht, sozusagen geschaffen werde. Eine abstrakte Idee, die jenseits der
sinnlich wahrnehmbaren Dinge existiere, verneint Aristoteles. Das Ziel (telos) der Dichtung
liegt damit im Vollzug der Dichtung, in der Verwirklichung, aus der das Sein erst entstehe.
Fuhrmann hat daher zu Recht von einer Umprägung der platonischen Idee zu
einer Entelechie gesprochen.[12]
Aristoteles exemplifiziert seine Überlegungen beispielsweise in Kapitel 13 der Poetik, indem
er die Heroen als Menschen und nicht wie bei Platon als gottähnliche Wesen auffasst. Die
gattungstheoretischen Überlegungen, die er zur Tragödie anstellt, dienen dem Ausschluss
bestimmter Handlungsweisen in der Dichtung, während Platon die Dichtung in ihrer
Gesamtheit diskreditierte und verwarf. Anders als Platon spricht Aristoteles
den gemäßigten Leidenschaften eine nützliche Funktion zu, die eine bildende Wirkung haben
können. Indem die Dichtung Jammer (eleos) und Schaudern (phobos, Furcht) hervorrufe,
könne sie eine reinigende Wirkung (katharsis) auf die menschliche Seele haben.
Dieses Konzept wird insbesondere durch die Wiederentdeckung der Antike während der
literarischen Epochen der Aufklärung und der Klassik erneut aufgegriffen, entwickelt und
weiter tradiert.
Horaz. Epistula ad pisones (Ars poetica)
"Ars Poetica", or "The Art of Poetry", is a poem written by Horace c. 19 BC, in which he
advises poets on the art of writing poetry and drama. The Ars Poetica has "exercised a great
influence in later ages on European literature, notably on French drama" and has inspired
poets and authors since it was written. Although it has been well-known since the Middle
Ages, it has been used in literary criticism since the Renaissance.
Background. The poem was written in hexameter verse as an Epistle (or Letter) to Lucius
Calpurnius Piso (the Roman senator and consul) and his two sons, and is sometimes referred
to as the Epistula ad Pisones, or "Epistle to the Pisos". The first mention of its name as the
"Ars Poetica" was c. 95 by the classical literary critic Quintilian in his Institutio Oratoria, and
since then it has been known by that name. The translations of the original epistle are
typically in the form of prose.
"Written, like Horace's other epistles of this period, in a loose conversational frame, Ars
Poetica consists of 476 lines containing nearly 30 maxims for young poets." But Ars Poetica
is not a systematic treatise of theory, and it wasn't intended to be. It is an inviting and lively
poetic letter, composed for friends who appreciate poetic literature.
Horace approaches poetry from a practical standpoint—as a craft, or ars—rather than the
theoretical approach of his predecessors, Aristotle and the philosopher Plato. He also holds
the poet in high regard, as opposed, for instance, to Plato, who distrusts mimesis and who has
philosopher Socrates say in Book 10 of the Republic that he would banish poets from the
ideal state.
Summary.
The following is a brief outline of the main subjects of the work:
(a) A poem demands unity, to be secured by harmony and proportion, as well as a wise
choice of subject and good diction. Meter and style must be appropriate to theme and to
character. A good model will always be found in Homer (ll, 1–152).
(b) Dramatic poetry calls for special care – as to character drawing, propriety of
representation, length of a play, number of actors, use of the chorus and its music, special
features for the satyric type, verse-forms, and employment of Greek models (ll. 153–294).
(c) A poet's qualifications include common sense, knowledge of character, adherence to high
ideals, combination of the dulce with the utile, intellectual superiority, appreciation of the
noble history and lofty mission of poetry, and above all a willingness to listen to and profit by
impartial criticism (ll. 295–476).
(For a more detailed summary of Horace's Ars Poetica, see the article on Horace's Epistles –
Epistle II.3).
Literary phrases. "Many of...[the] apt phrases [of the Ars Poetica]...have passed into common
literary parlance."[11] Four quotations in particular are associated with the work:
"in medias res (l. 148)", or "into the middle of things". This describes a narrative technique of
starting the story from its middle point. According to Horace, this entices the audience into
the plot by making everyone curious about the characters' previous paths and their future
destinies. The technique appeared frequently in ancient epics, and remains popular in modern
narratives.
"ab ovo (l. 147)", or "from the beginning". As Homer did not initiate his epics about the
Trojan War from the conception (thus, the egg – "ovo" in Latin) of Helen, poets and other
story tellers should do something likewise: in other words, starting a story from its
commencement will bore and fatigue audiences that may not be interested in a plot that is
tediously inclusive. For another explanation of this mention of an egg, see Leda (mythology).
"quandoque bonus dormitat Homerus (l. 359)" or "sometimes even good Homer nods off".
Today this expression is used to indicate that 1. even the most skilled poet can make
continuity errors and 2. long works, usually epics (such as the Iliad or the Odyssey), may
have their faults without that detracting significantly from their general quality. In context,
however, Horace even censures Homer for such lapses. It reads "et idem | indignor
quandoque bonus dormitat Homerus"; (I even castigate the good Homer for the same [fault of
technical errors] whenever he nods off).
"ut pictura poesis (l. 361)", or "as is painting so is poetry", by which Horace meant that
poetry, in its widest sense meaning "imaginative texts", merits the same careful interpretation
that was in his day reserved for painting.
(The latter two phrases occur one after the other near the end of the poem).
Key concepts.
The work is also known for its discussion of the principle of decorum (the use of appropriate
vocabulary and diction in each style of writing) (l.81–106), and for Horace's criticisms of
purple prose (purpureus pannus, l.15–16), a term coined by him to mean the use of flowery
language. This principle is considered a core component of Horatian poetics as it principally
aimed to achieve verisimilitude in artistic representation, guiding everything from the choice
of genre to diction, dramatic characterization, meter, poetic invention, and the intended
effect. Some cited that decorum enforces subordination such as of parts to whole, woman to
man, desire to reason, and individual to state.
In line 191, Horace warns against deus ex machina, the practice of resolving a convoluted
plot by having an Olympian god appear and set things right. Horace writes "Nec deus intersit,
nisi dignus vindice nodus": "That a god not intervene, unless a knot show up that be worthy
of such an untangler".
Perhaps it can even be said that the quotability of Horace's Ars Poetica is what has given it a
distinguished place in literary criticism: The Norton Anthology of Theory and Criticism says:
It would be impossible to overestimate the importance of Horace's Ars Poetica (Art of
Poetry) for the subsequent history of literary criticism. Since its composition in the first
century BCE, this epigrammatic and sometimes enigmatic critical poem has exerted an
almost continual influence over poets and literary critics alike – perhaps because its dicta,
phrased in verse form, are so eminently quotable. Horace's injunction that poetry should both
"instruct and delight" has been repeated so often that it has come to be known as the Horatian
platitude.
The Horatian platitude is usually given as "instruct and delight", but sometimes as "instruct or
delight". The first reading implies that all literature must be instructive. A related ambiguity
is that "instruct" might be better translated as "help", "advise", or "warn". Horace repeats this
maxim in different wordings: "Aut prodesse uolunt aut delectare poetae aut simul et iucunda
et idonea dicere uitae" (The poet wishes to benefit or please, or to be pleasant and helpful at
the same time), "miscuit utile dulci" (a mix of useful and sweet), and "delectando pariterque
monendo" (delighting and advising).
The Ars Poetica was first translated into English in 1566 by Thomas Drant. A translation by
Ben Jonson was published posthumously in 1640.
Jonathan Culler (born 1944) is an American literary critic. He was Class of 1916 Professor of
English and Comparative Literature at Cornell University. His published works are in the
fields of structuralism, literary theory and literary criticism.
a) Die Merkmale der mehrfachkodierten Sprache sind: Verstärkung, Gegensatz, Kontrast z.B.
die äußere Form also Grammatik steht im Gegensatz zum Inhalt.
b) Die Merkmale der Fiktionalität bestehen darin, dass eine fiktive Welt ohne
Wirklichkeitsbezug geschaffen wird. Den Wirklichkeitsbezug den der Leser beim Lesen
verspürt entsteht erst durch seine eigene interpretative Arbeit.
c) Bei den Merkmalen der Ästhetik bezieht sich Culler auf Kant. Nach Kant entsteht Ästhetik
durch das Verhältnis zwischen der äußeren Form (Farben, Klänge) und dem Inhalt (Idee).
Das Ziel der Ästhetik ist das Wohlgefallen am Werk selber und nicht bloße Vermittlung eines
Sachverhaltes.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Literatur in England zu einem äußerst wichtigen
Konzept, zu einer besonderen Art des Schreibens, die mehrere Funktionen zugleich erfüllen
sollte. In den Kolonien des Britischen Empire wurde sie zum Unterrichtsgegenstand mit der
Aufgabe, der dortigen Bevölkerung die Größe Englands näher zu bringen und sie als
dankbare Teilnehmer an einem historischen Zivilisierungsprozess zu beteiligen. Zu Hause
diente sie als Gegengewicht zu der von der neuen kapitalistischen Wirtschaftsstruktur
geförderten Selbstbezogenheit wie auch zum Materialismus, indem sie der Mittel- und
Oberschicht alternative Werte anbot und die Arbeiter an einer Kultur teilhaben ließ, die sie
materiell in eine untergeordnete Position verwies. Sie sollte also zugleich interesselose
Wertschätzung beibringen, ein Gefühl für nationale Größe vermitteln, in den sozialen
Schichten eine Art Gemeinschaftsgefühl herstellen und zu guter Letzt als Ersatz für eine
Religion dienen, die nicht mehr in der Lage schien, die Gesellschaft zusammenzuhalten.
Zusammenfassende Charakterisierung
Indem Aristoteles in der Poetik immer wieder Beispiele aus Dramen und Epen bespricht und
mittels seines Begriffsinstrumentariums analysiert, verbindet er eine Analyse des Gegebenen
mit der Formulierung verbindlicher Regeln (beispielsweise in der Aufstellung der Rangfolge
von Tragödienarten) und der Hervorhebung entscheidender Elemente (z. B. dass der Held
einer Tragödie möglichst keine Einsicht in die Handlungen haben soll, bevor er sie ausführt).
Die aristotelische Poetikverbindet also deskriptive und präskriptive Elemente.
Da Aristoteles die Handlung, den mythos in den Vordergrund sowohl seiner Analyse als auch
hinsichtlich der Bedeutung des Kerns einer Dichtung stellt – also mittels der Nachahmung
dessen, was aufgrund von Wahrscheinlichkeit oder Notwendigkeit geschehen könnte, das
Allgemeine im menschlichen Handeln zu zeigen –, erweist sich seine Poetik in moderner
Terminologie eher als Struktur- denn als Stilpoetik.
Die Poetik ist auch deshalb bedeutsam, weil Aristoteles mit ihr eine Kritik an
der Ideenlehre seines Lehrers Platon formuliert hat. Kerngedanken der Ideenlehre, die
zugleich eine Ablehnung der darstellenden Künste zur Folge hatten, hatte Platon im 10. und
mit dem Höhlengleichnis im 7. Buch seines Dialogs Politeiavorgetragen. Die sinnlich
wahrnehmbaren Dinge sind demnach Abbilder (Nachahmung) einer wahren Seinsform,
der Ideen. Indem die Dinge als Abbild (Nachahmung) an den Ideen, dem wahren Sein,
lediglich teilhaben, stellen sie eine Seinsform zweiter, also geringerer Ordnung dar. Die
Darstellung dieser Dinge wiederum auf der Bühne oder in der Malerei ist infolgedessen als
Abbild eines Abbildes des wahren Seins zu verstehen und daher in hohem Maße
unvollkommen und wertlos.
Zudem setzte Platon den ethischen Grundsatz voraus, dass die Dichtung
der Wahrheit verpflichtet sei, um so zur sittlichen Besserung beizutragen.
Die Vernunftgebiete den Schmerz (pathos) gefasst zu ertragen. Die Leidenschaft hingegen
verleitete zum Wehklagen über den Schmerz. Indem die Dichtung sich an diese niederen
Kräfte, an die Leidenschaften wende, verleite sie zum unvernünftigen Handeln, zum
Jammern (eleos).
Aristoteles wendet sich nun mit seiner Poetik gegen diese Auffassung Platons und weist so
der Dichtung einen völlig anderen, höheren Stellenwert zu. Er lehnt den Gedanken, einer
gestaffelten Abbildung der Ideen in der Dichtung als unsinnig ab. Stattdessen argumentiert er,
dass das wahre Sein in der Verbindung von Form (Darstellungsweise) und Inhalt der
Dichtung verwirklicht, sozusagen geschaffen werde. Eine abstrakte Idee, die jenseits der
sinnlich wahrnehmbaren Dinge existiere, verneint Aristoteles. Das Ziel (telos) der Dichtung
liegt damit im Vollzug der Dichtung, in der Verwirklichung, aus der das Sein erst entstehe.
Fuhrmann hat daher zu Recht von einer Umprägung der platonischen Idee zu
einer Entelechie gesprochen.
Aristoteles exemplifiziert seine Überlegungen beispielsweise in Kapitel 13 der Poetik, indem
er die Heroen als Menschen und nicht wie bei Platon als gottähnliche Wesen auffasst. Die
gattungstheoretischen Überlegungen, die er zur Tragödie anstellt, dienen dem Ausschluss
bestimmter Handlungsweisen in der Dichtung, während Platon die Dichtung in ihrer
Gesamtheit diskreditierte und verwarf. Anders als Platon spricht Aristoteles
den gemäßigten Leidenschaften eine nützliche Funktion zu, die eine bildende Wirkung haben
können. Indem die Dichtung Jammer (eleos) und Schaudern (phobos, Furcht) hervorrufe,
könne sie eine reinigende Wirkung (katharsis) auf die menschliche Seele haben.
Dieses Konzept wird insbesondere durch die Wiederentdeckung der Antike während der
literarischen Epochen der Aufklärung und der Klassik erneut aufgegriffen, entwickelt und
weiter tradiert.
5. Die Begriffe téchne / ars versus Enthusiasmus / inspiratio (Platon und/oder bei
Horaz)
Aristoteles unterscheidet ebenso deutlich Theoretiker und Praktiker. „Jede Kunst ist ein
System von festen Regeln, die auf den Einzelfall angewendet werden müssen. Sie hat zwei
Seiten: die theoretische des auf das Erkennen der Ursachen beruhenden, geregelten
Verfahrens (μέϑοδος méthodos) und die praktische, anwendungsbezogene einer
entsprechenden Kompetenz oder Fähigkeit (δύναμς dýnamis), die der hat, welcher das Werk
der Kunst hervorbringt.“ „Methodik garantiert erst eine Kunstkonzeption, die auch die
Gründe und Ursachen des Handelns angibt, wie sie etwa in der Affektenlehre der
Aristotelischen „Rhetorik“ vorliegen.“ Ohne Methodik bleibt nur „aufs Geratewohl“ zu
arbeiten. „Darin sieht Aristoteles den Unterschied zwischen seiner τέχνη téchne und der der
Sophisten“.
Platons Auffassung von Dichtung greift die Enthusiasmus-Theorie des Demokritos von Abdera (460-270 v.Chr.) auf. Aus dessen Behauptung, niemand könne
»ohne Begeisterung und einen gewissen Wahnsinn« gut dichten, zieht Platon jedoch die Konsequenz, Dichtung als etwas Irrationales und damit als Gefahr für
den Staat anzusehen. Zum Verständnis von Platons Gedankengang ist seine Ideenlehre zu berücksichtigen: Die Dinge der konkreten, materiellen Welt werden −
ihrer Vergänglichkeit wegen − nur als ›Abbilder‹ der ewigen, unveränderlichen Ideen (›Urbilder‹) verstanden. Weil Künstler insofern immer nur reale Dinge
nachahmen, sind ihre Schöpfungen bloße ›Nachbilder‹ der ›Abbilder‹ − sie stehen also in einem noch größeren Abstand zu den ›Ideen‹. Außerdem erfinden die
Dichter ›Lügen‹ über die Götter, weil sie diese gar zu vermenschlicht darstellen. Aber auch in der Erregung allzu heftiger sinnlicher Wirkungen sieht Platon eine
erhebliche Gefahr und hat daher in seinem idealen Staat (vgl. Politeia) keinen Platz für Dichter. Im realen Staat ist es seiner Ansicht nach erforderlich, die Künste
streng zu kontrollieren.
6. Handlungskonzeption (Aristoteles)
Als Fazit dessen, was eine durchgestaltete und einheitliche Handlung, wie sie Aristoteles als
charakteristisch für die zu seiner Zeit vollendete tragische und komische Kunst begreift, kann
also Folgendes festgehalten werden: Eine einheitliche Handlungsdarstellung muss an den
Worten und Entscheidungen der Protagonistin oder des Protagonisten eines Dramas
begreifbar machen, dass alle diese Entscheidungen oder Worte in einembestimmten Streben
gründen und auf das eine, subjektiv für gut befundene Ziel hinwirken. Die einheitliche
Dramenhandlung beginnt mit dem Kenntlichmachen eines solchen subjektiven Ziels und
zeigt, wie die Entscheidungen einander wahrscheinlich aufgrund des bestimmten
charakterbegründeten Strebens der Person, das die Dichtung in Teilhandlungen über neue
Entscheidungen darstellt, folgen.
Es ist mittlerweile ausreichend gezeigt worden, dass unter dem Allgemeinen der Charakter
einer Dramenfigur zu verstehen ist.13 Weil dieser im Falle einer guten Dichtung, wie
Aristoteles festhält, bestimmt beschaffen ist (1454b8), ist er insofern ein Allgemeines, als er
als die Ursache für Einzelnes, nämlich einzelne Entscheidungen, Handlungen oder
Sprechweisen erkannt werden kann. Insofern ein Charakter bestimmt ist, ist es folglich auch
wahrscheinlich, dass er sich seiner Individualität entsprechend in einer bestimmten Weise
und nicht in einer anderen Weise entscheidet und handelt. Angesichts der vorgelegten
Analyse der Lysistrate scheint es mehr als plausibel zu sein, dass er als Beispiel die Komödie
anführt. Wenn er aber an dieser Stelle die Komödie anführt und der intrinsische
Zusammenhang zwischen Wahrscheinlichkeit und einheitlicher, durchkomponierter
Handlung besteht, so ist auch dies ein starkes Argument für die Position, dass die Handlung
der Aristophanischen Komödie nicht zwingend als episodisch zu begreifen ist, sondern auch
als eine einheitliche Handlung begriffen werden kann. Selbst die Namensgebung der
Protagonistin ,Lysistrate‘ scheint von dem Dichter entsprechend ihrem individuellen
Bestreben, das den Kern und Konvergenzpunkt der einheitlichen Handlungsdarstellung
bildet, gewählt worden sein zu können.
Wenn Aristoteles das Lächerliche als einen bestimmten Fehler, der keinen Schmerz
verursache, bestimmt, so scheint diese allgemein gehaltene und wenig konkrete Aussage die
verschiedenen Arten des Lächerlichen, wie sei z. B. die Lysistrate beinhaltet, zunächst
gemeinsam als eine Art kleinsten gemeinsamen Nenner zu bestimmen. Ein Fehler (ἁμαρτία /
ἁμάρτημα) im eigentlichen Sinn liegt nach Aristoteles’ Lehre, um dies kurz zu fassen, dann
vor, wenn ein Mensch aufgrund eines (zu starken) Gefühls ein Wissen, das er eigentlich
besitzt oder besitzen könnte, zumindest temporär nicht aktualisiert und aufgrund dieses
starken Gefühls oder einer starken Leidenschaft heraus sein eigenes (subjektiv für gut
befundenes Ziel) verfehlt, verfehlen kann oder zu verfehlen droht..14 Als Fehler, der Lachen
evozieren kann, können nach dieser Bestimmung demnach sowohl ein Handeln wie z. B. das
des Probulen oder der Kalonike als auch das Handeln der Lysistrate begriffen werden. Denn
das Denken und Handeln etwa des Probulen oder der Kalonike erweist sich innerhalb der
Dramenhandlung auch deshalb, weil es stets direkt von Lysistrate oder auch den alten Frauen
korrigiert wird, als nicht zielführend gemessen an dem, was sie eigentlich wollen: Kalonike
etwa würde ihr Verlangen nach ihrem Mann oder Männern überhaupt nicht befriedigen
können, wenn der Krieg nicht ein Ende fände, wofür sie das von Lysistrate gewählte Mittel
des Sexstreiks akzeptieren müsste. Aufgrund ihrer allzu großen Begierde verschließt sie sich
zunächst damit gerade dem Mittel, das am Ende in der poetischen Wirklichkeit der Komödie
Erfolg hat. Gerade ihre Leidenschaft für die Männer, die sie zunächst dieses Mittel ablehnen
lässt, gefährdet mithin, dass sie ihr Ziel erreicht. Dieser Fehler ist aber kein Fehler, der ein
Verderben nach sich zieht oder ziehen kann – wie z. B. ein tragischer Fehler.15 Auch der
Probule verschließt sich aufgrund seines Starrsinns, der ihn an alten Normen und
Verhaltensweisen festhalten lässt, und aufgrund seiner Impulsivität im Zorn, weil sich seine
bekannte Welt und ihr Herrschaftsgefüge nun verkehrt haben, dem verständigen Denken der
Lysistrate. Wenn er letzterem folgen würde, könnte er auch seine konkreten Ziele,
deretwegen er zur Burg gekommen ist, vermutlich besser erreichen. Sein Zorn ist damit auch
ein Grund dafür, warum er letztlich sein Ziel verfehlt. Dass er (nur) unverrichteter Dinge
abziehen muss, zeigt, dass sein Fehler ihm kein Verderben bringt. Sein Denken und Handeln
erweist sich aber gegenüber dem Gegenstand, den er verfolgt, oder auch gegenüber den klug
und verständig agierenden Frauen zu diesem Zeitpunkt als unangemessen. Schließlich kann
auch das Handeln der Lysistrate als Fehler im Aristotelischen Sinn betrachtet werden, wenn
als Referenzpunkt für ihr Handeln nun nicht mehr der angenehme Erfolg in der poetischen
Wirklichkeit des Dramas, sondern die historische Wirklichkeit dient. In ihrem
leidenschaftlichen Ereifern für den Frieden beachtet auch sie ein Wissen, das eine Frau von
der Lebensrealität haben müsste, nicht: Als Frau wäre es ihr kaum möglich die Akropolis zu
besetzen und zu verteidigen. Ebenso wenig scheint es realistisch zu sein, dass sie eine
Versammlung, an der nur Frauen teilnehmen könnten, überhaupt einberufen könnte, in der sie
auch noch alle Frauen zu dem Eid, den sie letztlich schwören, bewegen könnte, usw.16 Die
Mittel, die sie in ihrem Handeln gewählt hat, scheinen damit gegenüber dem historisch-realen
Gegenstand, den sie verfolgt (Frieden), gegenüber den Personen der Politik und zu diesem
Zeitpunkt im Krieg, in dem überall Zwietracht vorherrscht, unangemessen zu sein, wenn man
die Perspektive des Zuschauers des Jahres 411 v. Chr. für dieses Urteil einnimmt. Auch ihr
Handeln ist aber nicht mit einem Verderben verbunden, sondern in der Komödienhandlung
mit Erfolg. Dass nun aber ausgerechnet ein solches – wohl unerwartetes, da gegen alle
Normen und Erfahrungen, dargestelltes – Handeln, das in der poetischen Wirklichkeit
erfolgreich ist, in der realen Lebenswirklichkeit dieses Ziel verfehlen würde und dass dieses
Handeln ein von der Mehrheit erstrebtes gutes Ziel verfolgt, birgt das Potenzial zu einem
angemessenen Lachen und einer angemessenen Freude – und dies auch gerade deshalb, weil
die real-lebensweltliche Unwahrscheinlichkeit der dramatischen Handlung in diesem Punkt
das Potenzial des für die Komik unerlässlichen Präsentierens von etwas Unerwartetem, noch
nicht Erlebtem bietet (s. auch Rhetorik 1412a19ff.).
Menschen, die nach Aristoteles nun diese richtige Mitte im Scherz überschreiten, sind für ihn
die Possenreißer oder auch die gemeinen Spaßmacher (βωμολόχοι). Ihr Kennzeichen ist, dass
sie schlechthin auf das Evozieren von Lachen und Spaß aus sind. Es ist ihnen dagegen nicht
wichtig, Anständiges zu sagen oder feinsinnige Scherze zu äußern oder den Verspotteten
nicht zu verletzten. Im Gegensatz dazu bilden die steifen und trockenen Menschen (ἄγροικοι
καὶ σκληροὶ) das andere Extrem. Sie werden dadurch charakterisiert, dass sie denen, die
Scherze über sie machen, böse sind. Die Menschen, die hingegen die richtige Mitte des
Scherzes finden, nennt Aristoteles die ,gut Gewandten‘ (εὐτράπελοι). Ferner nennt
Aristoteles den, der in richtiger Weise Scherze macht oder über solche Scherze in richtiger
Weise Freude empfindet, auch χαρίεις (,anmutig‘, ,gebildet‘, ,geistreich‘) (s. Nikomachische
Ethik 1128a31–b1). Dass sie das gebührende Maß im Lachen finden, liege in ihrem (guten)
Charakter begründet. Es handle sich um den Scherz eines freien und gebildeten Menschen,
der sich von dem eines ungebildeten oder auch unfreien unterscheide. Bedeutsam ist nun
ferner, dass Aristoteles zu der Verdeutlichung dessen, was er selbst unter ,Alter Komödie‘
und ‚Neuer Komödie‘ begreift, anführt, dass der ,Alten Komödie‘ das ,Sprechen von
Hässlichem‘ (αἰσχρολογία) eigentümlich sei. Die Eigentümlichkeit der ,Neuen Komödie‘ sei
dagegen die Doppeldeutigkeit oder Andeutung (ὑπόνοια). Die Ausführungen an dieser Stelle
decken sich mit denen im fünften Kapitel der Poetik, dass der Gegenstand der
Komödienhandlung, wie sie Aristoteles als Ideal begreift, nichts ganz und gar Schlechtes
oder eine verderbliche Hässlichkeit sei, und auch mit den weiteren Ausführungen in
der Poetik, denen zufolge sich die Komödienhandlungen des Krates und wohl auch des
Aristophanes – wofür die vorgebrachte Interpretation18 der Lysistrateund die poetologischen
Äußerungen des Aristophanes selbst jedenfalls sprechen – als Ideale für eine durchgestaltete
Handlung begreifen lassen, die nicht mehr den Spottgesang (ψόγος) selbst in ihr Zentrum
rücken. Die Charakteristika, die für Aristophanes’ Lysistrate festgehalten werden konnten,
passen so eher zu denen, die Aristoteles für die aus seiner Perspektive ,Neue Komödie‘
festhält.19
Ad fontes (lat.) bedeutet „Zu den Quellen“ und war ein Motto der Humanisten in
der Frühen Neuzeit, die damit eine Rückbesinnung auf die Originaltexte, vor allem der
griechischen Philosophen, forderten. Bedeutsam wurde dieser Leitsatz vor allem 1511
durch Erasmus von Rotterdam in seiner programmatischen Schrift De ratione studii ac
legendi interpretandique auctores, in der es heißt: „Sed in primis ad fontes ipsos
properandum, id est graecos et antiquos.“ – „Vor allem muss man zu den Quellen selbst
eilen, das heißt zu den Griechen und den Alten überhaupt.“Martin Luther war von dieser
Rede beeindruckt und hielt sich bei seiner Bibelübersetzung ins Deutsche ebenfalls an
diesen Grundsatz, indem er sie auf hebräische und griechische Texte stützte statt auf die
den Gelehrten seiner Zeit weit geläufigere lateinische Übersetzung. Dahinter steht ein
unterschiedliches hermeneutisches Verständnis von Protestanten und Katholiken. Luther
sagt, die Bibel legt sich selbst aus. Deshalb sucht er nach einer möglichst originalen,
unverfälschten Überlieferung. Hingegen postuliert die katholische Kirche, dass zum
Verständnis der Bibel ein Lehrgebäude, die Dogmatik notwendig ist.
Die Unterscheidung zwischen dem „Was“ und dem „Wie“ eines Ezähltextes wird häufig mit
dem im Russischen Formalismus formulierten Gegensatz von „fabula“ und „sjuzet“ in
Zusammenhang gebracht. In seiner Theorie der Literatur bestimmte Boris Tomasevskij
„fabula“ als „die Gesamtheit der Motive in ihrer logischen, kausaltemporalen Verknüpfung“
und „sjuzet“ als „die Gesamtheit derselben Motive in derjenigen Reihenfolge und
Verknüpfung, in der sie im Werk vorliegen.
Wir wollen, ohne sie zu vermischen, sowohl Tomasevskij „fabula“ als auch Todorovs
„histoire“ berücksichtigen und unterscheiden deshalb die erzählte Welt (Diegese) von dem
engeren Begriff der Handlung, der sich nur auf die Gesamtheit der handlungsfunktionalen
Elemente der dargestellten Welt bezieht. Die andere Seite der Opposition, also die Art und
Weise der Vermittlung der erzählten Welt bezeichnen wir als Darstellung.
Problemstellung
Die Rezeptionsästhetik ist im größeren Kontext eine Antwort auf die in das 20. Jahrhundert
hineinwirkende Literaturinterpretation des 19. Jahrhunderts. Gemeinsam war deren
Strömungen ein starkes Interesse am Autor und seinen Intentionen sowie die Zielsetzung, das
Kunstwerk als Artefakt einer Zeit und Nation zu interpretieren, es als Schlüssel zum
Verständnis anderer Epochen und Kulturen zu lesen.
Pierre Bourdieu definiert das Feld als einen autonomen Raum, den er mit einem Spielfeld
vergleicht. So existiert für jedes einzelne Feld ein spezifisches Regelsystem mit vornehmlich
konstitutiven Regeln, welche das jeweilige Spiel durch die Festlegung von erlaubten, bzw.
verboten Verhaltensweisen begrün-den und definieren. Ein entscheidender Faktor dabei ist,
dass diese Regeln nicht explizit formuliert oder festgelegt sein müssen, sondern einfach in der
Praxis befolgt werden und somit vielmehr im strategischen Ermessen der unterschiedlichen
Feld-teilnehmer liegen.
2. kulturelles Kapital:
a) inkorporiert: materielle Dinge, welche mit dem Begriff Kultur verbunden sind (z.B.
Gemälde)
Bourdieu bezeichnet das Kapital als „Waffe“ und „umkämpftes Objekt“, das seinem Besitzer
Macht und Einfluss verleiht. Die Hierarchie der jeweiligen Kapitalsorten hängt davon ab, in
welchem Feld man sich bewegt.
Die Dynamik eines Feldes entsteht dadurch, dass es einem ständigem Wandel unterworfen
ist, der sich auf die Struktur des Feldes, die Verteilung des Kapitals und auf die Feldregeln
auswirken kann. Gerade aus diesem Grund sieht Bourdieu die Felder auch als „Kampffelder“,
in denen die Kräftever-hältnisse unter den Teilnehmern gemessen werden. Folglich ist es
notwendig, dass die verschiedenen Akteure eine individuelle oder kollektive Strategie
anwenden, nach Bourdieu „die vom praktischen Sinn des Habitus generierte strategische
Praxis“.
Für ihn besteht zwischen Feld (Ding gewordene Gesellschaft) und Habitus (Leib gewordene
Gesellschaft) ein unauflösliches Komplementärverhältnis.
Die gesellschaftliche Welt ist akkumulierte Geschichte. Kapital ist eine Kraft, die den
objektiven und subjektiven Strukturen innewohnt, gleichzeitig ist das Kapital auch
grundlegendes Prinzip der inneren Regelmäßigkeiten der sozialen Welt. Es gibt
ökonomisches, kulturelles und soziales Kapital. Das kulturelle Kapital kann in drei
Formen existieren:
Mit Hilfe des Sozialraumbegriffs soll die Struktur der Verteilung auf den ersten Blick
unsichtbarer gesellschaftlicher Ressourcen empirisch sowie statistisch erfasst werden. Die
wichtigsten jener gesellschaftlichen Ressourcen konzipiert Bourdieu dabei als ökonomisches
Kapital, also persönliches geldwertes Eigentum oder auch Finanzkapital im weitesten
Sinne, kulturelles Kapital, sprich individuelle, offiziell abgesegnete oder
bloß internalisierte Bildungsvorräte, soziales Kapital, also Freundschaftsverhältnisse und
zwischenmenschliches Beziehungsnetz, sowie schließlich als symbolisches Kapital, d. h. als
Reputation bzw. als kollektive Anerkennung eines bestimmten
gesellschaftlichen Akteurs und seiner übrigen Kapitalressourcen durch eine größere Anzahl
von ihn wahrnehmenden und beurteilenden Akteuren, die sich auf dem gleichen Feld
engagieren. Die Strategien der Akteure, d. h. auf dem literarischen Feld beispielsweise die
von einem Autor gewählte Machart der literarischen Werke in stilistischer wie stofflicher
Hinsicht, werden maßgeblich von deren Verfügung über die Kapitalsorten beeinflusst. Dabei
besteht die Tendenz, bei relativ geringem sozioökonomischem Status eine gegen den
dominierenden Mainstream, d. h. eine gegen die gerade herrschende Orthodoxie gerichtete
Position einzunehmen, die Bourdieu mit dem neutral gemeinten Begriff der 'Häresie'
charakterisiert.
In Bezug auf das moderne literarische Feld Frankreichs, das als seit Mitte des 19.
Jahrhunderts von außen ziemlich unabhängiger Teilbereich aufeinander bezogener und
miteinander in Konkurrenz stehender gesellschaftlicher Handlungen gedacht wird,
unterscheidet Bourdieu ferner drei nichtgeografische bzw. nichtphysikalische Raumbegriffe:
den Raum der Stellungen, den Raum der Möglichkeiten sowie den Raum der Werke.
Der Raum der Stellungen erfasst die soziale Lage aller im literarischen Feld engagierten
Akteure auf der Grundlage ihrer Kapitalstruktur, d. h. hinsichtlich ihrer Verfügung über die
oben genannten Kapitalformen und der sich daraus ergebenden Position in der Gesellschaft,
die er als Klassengesellschaft auffasst. Dabei kann man den Raum der Stellungen als
zweidimensionales Koordinatensystem darstellen, dessen y-Achse die Summe aller
Kapitalien eines Akteurs angibt, während die x-Achse lediglich auf das proportionale
Verhältnis zwischen dem ökonomischen und kulturellen Kapitalreserven desselben Akteurs
rekurriert, sodass 'eher vermögende als gebildete' Akteure von 'eher gebildeten als
vermögenden' Akteuren unterschieden werden können. Dabei wird der Raum der Stellungen
nicht als starre Struktur, sondern als hoch dynamisches, historisch wandelbares Geflecht von
Interakteurbeziehungen konzipiert, weshalb man Bourdieu auch
dem Poststrukturalismus zurechnen kann.
Er-/Sie-Erzähler:
1. Auktorialer Erzähler
2. Personaler Erzähler
3. Neutraler Erzähler
Ich-Erzähler:
1. Das erlebende Ich
2. Das erzählende Ich
Er-/Sie-Erzähler
In der Er-/Sie-Erzählung spielt der Erzähler selbst keine Rolle für die Handlung, sondern
erzählt lediglich die Geschichte anderer Figuren. Der Er-/Sie-Erzähler stellt lediglich eine
Art Vermittler der Geschichte dar und tritt meist nur in Form von Kommentaren zum
Erzählten in Erscheinung. Daher liegt die Gefahr nahe, den Erzähler mit dem Autor zu
verwechseln.
Der Ich-Erzähler
Die Figur, die sich in der Geschichte mit „ich" bezeichnet, nennt man den Ich-Erzähler. Der
Ich-Erzähler erscheint gleichzeitig als erlebende und erzählende Figur, sodass wir noch
einmal zwischen dem erlebenden Ich und erzählendem Ich unterscheiden.