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Robert Szlosarek

Vorlesungsskritptum zum Teil Leichtbauwerkstoffe und


Faser-Kunststoff-Verbunde im Fach Leichtbau

Vorlesungsskriptum

Version 2.0

Freiberg, Mai 2020


Inhalt

3 Leichtbauwerkstoffe 3
3.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
3.1.1 Dichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
3.1.2 Bezogene Festigkeit - Reißlänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
3.1.3 Bezogene Steifigkeit - Dehnlänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
3.1.4 Berücksichtigung der Belastungsart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
3.1.5 Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
3.2 Metallische Werkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
3.2.1 Stahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
3.2.2 Aluminium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
3.2.3 Magnesium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
3.2.4 Titan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

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3 Leichtbauwerkstoffe

3.1 Grundlagen

Im Leichtbau gilt bezüglich der Werkstoffauswahl die Philosophie

Der richtige Werkstoff am richtigen Ort.

Damit einhergehend ist vielfach ein Multi-Material-Design. Dabei werden für eine Konstruktion ver-
schiedene Werkstoffe eingesetzt, je nachdem welche Anforderungen bei den einzelnen Bauteilen
vorliegen. Um die Eignung von Werkstoffen für Leichtbauanwendungen bewerten zu können, gibt
es verschiedene Kennzahlen, welche im Folgenden vorgestellt werden.

3.1.1 Dichte

Die Dichte ist eine Kennzahl zur Beschreibung der Masse eines Körpers, bezogen auf sein Volu-
men. Im Bild 3.1 sind die Dichten ausgewählter Werkstoffe dargestellt. Die relevanten Konstrukti-
onswerkstoffe (Stahl, Aluminium, Titan, Magnesium, Keramik, Kunststoff, Holz) zeigen sehr große
Unterschiede in der Eigenschafte Dichte. Erfahrungsgemäß sind nicht alle Leichtbaukonstruktio-
nen aus den Werkstoffen mit der geringsten Dichte (Holz, Keramik, Kunststoffe). Demnach ist die
Dichte nicht die alleinige Kenngröße zur Bewertung der Leichtbaueignung.

25 21,4
19,3
20
Dichte [g/cm³]

15
11,3
9,0
10 7,9
7,2
4,5 2,2...4,3
5 2,7 0,9...2,3 0,5...1
1,7
0,5
0

Abb. 3.1: Dichten verschiedener Werkstoffe.

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3 L EICHTBAUWERKSTOFFE

3.1.2 Bezogene Festigkeit - Reißlänge

Eine Möglichkeit die Festigkeit der Werkstoffe mit in die Leichtbaubewertung einzubeziehen, ist
die Reißlänge. Als Modell dient die in Abbildung 3.2 dargestellte Belastungssituation. Ein prisma-
tischer Stab (gleichbleibender Querschnitt A über die gesamte Länge) mit der Länge l ist fest
eingespannt. Der Stab ist durch sein Eigengewicht infolge der Erdbeschleunigung g belastet. Die
Normalkraft FN steigt somit linear mit der Länge des Stabes an. Das Maximum wird in der Ein-
spannung erreicht. In der Einspannung gilt für die Zugspannung:

FN m·g V ·ρ·g l·A·ρ·g


σZ = = = = . (3.1)
A A A A

Wenn die maximal zulässige Zugspannung bzw. die Festigkeit des Werkstoffs erreicht ist, ergibt
sich die Grenzlänge des Stabes nach

σzgrenz
lgrenz = . (3.2)
ρ·g

FN
x
g
l

A, ρ
Abb. 3.2: Schematische Darstellung zum Modell der Reißlänge.

σz
Da die Erdbeschleunigung g eine Naturkonstante ist, kann der Quotient grenz
ρ als eine werkstoff-
bezogene Leichtbaugröße aufgefasst werden. Diese wird als Reißlänge oder spezifische Festig-
keit bezeichnet. Eine praktische Anwendung hat diese Größe im Bergbau bzw. Aufzuganlagen.
Die maximale Förderhöhe wird durch die Reißlänge des Werkstoffes begrenzt, wobei immer noch
die zusätzlichen Nutzlasten zu berücksichtigen sind.

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3 L EICHTBAUWERKSTOFFE

3.1.3 Bezogene Steifigkeit - Dehnlänge

Als Kenngröße für die spezifische Steifigkeit dient die Dehnlänge. Die Modellvorstellung ist gleich
zu der Reißlänge. Es wird ein prismatischer Stab, welcher durch sein Gewicht belastet ist, betrach-
tet. Unter Annahme eines rein elastischen Materialverhaltens ergibt sich ein linearer Verlauf der
Dehnung über der Länge l. In der Einspannung gilt für die Spannung:

FN m·g ρ·l·A·g
σ= = = . (3.3)
A A A

In der Einspannung gilt nach dem linear-elastischen Materialgesetz ebenfalls:

σ =·E . (3.4)

Beim Gleichsetzen der Gleichungen (3.3) und (3.4) ergibt sich:

l E
= . (3.5)
 ρ·g

Bei der Annahme von  = 1 kann die Dehnlänge lD berechnet werden:

·E
lD = . (3.6)
ρ·g

ε
x
g
l

A, ρ
Abb. 3.3: Schematische Darstellung zum Modell der Dehnlänge.

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3 L EICHTBAUWERKSTOFFE

In dieser Gleichung kann die Erdbeschleunigung g als konstant angesehen werden. Ebenso wer-
den die Werkstoffe alle bei der gleichen Dehnung  in der Einspannung betrachtet. Der Quotient
E
ρ dient somit als Vergleichsgröße für eine steifigkeitsbezogene Kennzahl.

Die Tabelle 3.1 und die Abbildung 3.4 veranschaulichen die Reiß- und Dehnlänge für mehrere
Werkstoffe. Als Vergleichswert wurde hier mit der Dehnung  = 1 gerechnet. Deutlich wird, dass für
viele metallische und nichtmetallische Werkstoffe eine ähnliche Dehnlänge (ca. 2700 km) vorliegt.
Die Reißlängen unterscheiden sich deutlich. Metallische Werkstoffe erreichen Reißnlängen bis
zu 20 km. Deutlich ersichtlich sind die signifikant höheren Werte für kohlenstofffaserverstärken
Kunststoff (CFK) und glasfaserverstärkten Kunststoff (GFK) mit jeweils 60 % Faservolumenanteil
(ϕ = 60%). Demnach weisen diese Werkstoffe ein besonders hohes Leichtbaupotential auf.

Tab. 3.1: Reiß- und Dehnlänge verschiedener Werkstoffe


Reißlänge [km] Dehnlänge [km]
Stahl S235JR 4,67 2727
Aluminium AW6060T6 8,12 2642
Stahl C45 9,09 2727
Magnesium AZ91 13,79 2698
Holz (Buche) 19,94 2068
Titan TiAl4V 20,27 2378
CFK (Unidirektional, ϕ = 60% 183,5 9786
GFK (Unidirektional, ϕ = 60% 105,3 1390

Spezifische Festigkeiten und Elastizitäten


16000
S235 JR

14000 EN AW 6060 t6
Holz (Buche)
12000 Kohlefaser
CFK (UD,
ϕ=60 %)
Dehnlänge [km]

10000 GFK( UD,ϕ = 60 %)


C45
8000
AZ91D
Glasfaser
6000
Ti6Al4V

4000

2000

0
1 10 100 1000
Reißlänge lg [km]

Abb. 3.4: Darstellung der Reiß- und Dehnlänge für verschiedene Werkstoffe.

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3 L EICHTBAUWERKSTOFFE

3.1.4 Berücksichtigung der Belastungsart

Neben den Werkstoffkenngrößen ist für die Masse des Bauteils aber auch die Belastungsart ent-
scheidend. Für einen prismatischen Stab soll dies anhand der drei Belastungsarten Zug, Biegung
und Torsion gezeigt werden.

Zug: Die Grenzzugspannung σzG ergibt sich zu

Fmax
σzG = . (3.7)
A

Die Masse des Stabes entspricht


 denProdukt aus der Dichte ρ, der Querschnittsfläche A und der
Länge l. Dieser Term kann mit FFmax
max
erweitert werden. Dadurch kann die Masse in Abhängigkeit
des Reziproken Wertes der Reißlänge berechnet werden. Die grün hinterlegten Größen sind
Werkstoffkenngrößen und die blau hinterlegten Größen sind Belastungskenngrößen.
 
A ρ
m=ρ·A·l =ρ· · Fmax · l = σzG · Fmax · l (3.8)
Fmax

Biegung: Im Falle einer Biegebelastung wird die Maximale Biegespannung mit dem Quotient aus
dem Biegemoment Mbmax und den Widerstandsmoment gegen Biegung Wb berechnet.

Mbmax
σbG = (3.9)
Wb

Äquivalent zu der Zugbelastung kann bei der Berechnung


   der Masse des Bauteils zur Ausnutzung
Mb Wb
der maximalen Biegespannung mit dem Term Wb Mb erweitert werden, sodass die Masse
in Abhängigkeit der werkstoffbezogenen , querschnittsbezogenen und belastungsbezogenen
Kenngrößen berechnet wird.

   
A Wb ρ A
m=ρ·A·l =ρ· · · Mb · l = σ bG · Wb · Mb · l (3.10)
Wb Mb

Torsion:

Für die Torsion kann ebenfalls eine Gleichung für die Masse m des Bauteils bestimmt werden, die
vom Werkstoff , Querschnitt und Belastung abhängt.

Mtmax
τtG = (3.11)
Wt

   
A Wt ρ A
m=ρ·a·l =ρ· · · Mt · l = τtG · Wt · Mt · l (3.12)
Wt Mt

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3 L EICHTBAUWERKSTOFFE

3.1.5 Schlussfolgerungen

• Die Dichte allein ist nur wenig aussagekräftig bzgl. des Leichtbaupotentials von Werkstoffen.

• Faser-Kunststoff-Verbunde weisen enormes Leichtbaupotential auf.

• Die Masse ist zudem abhängig von der Belastungsart (Zug, Biegung, Torsion).

3.2 Metallische Werkstoffe

Im Folgenden werden verschiedene metallische Leichtbauwerkstoffe vorgestellt.

3.2.1 Stahl

• viele Legierungen

• hohe Festigkeit

• gute Verarbeitbarkeit (Spanen, Umformen, Gießen, Schweißen)

• niedriger Preis

Tab. 3.2: Daten Stahl


g
Dichte 7, 8 cm 3
N
Elastizitätsmodul 210.000 mm 2
N
Festigkeit 300...2000 mm 2

3.2.2 Aluminium

• an Baustahl heranreichende Festigkeit

• gute Spanbarkeit

• gute Korrosionsbeständigkeit

Tab. 3.3: Daten Aluminium


g
Dichte 2, 7 cm 3
N
Elastizitätsmodul 70.000 mm 2
N
Festigkeit 50...700 mm 2

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3 L EICHTBAUWERKSTOFFE

3.2.3 Magnesium

• gute Gießbarkeit

• gute Spanbarkeit

• bedingte Schweißbarkeit

• hohe Affinität zu Sauerstoff

• kerb- und schlagempfindlich

Tab. 3.4: Daten Magnesium


g
Dichte 1, 74 cm 3
N
Elastizitätsmodul 45.000 mm 2
N
Festigkeit 100...300 mm 2

3.2.4 Titan

• gute Korrosionsbeständigkeit

• gute chemische Beständigkeit

• schwer spanbar

• schwer umformbar

Tab. 3.5: Daten Titan


g
Dichte 4, 5 cm 3
N
Elastizitätsmodul 110.000 mm 2
N
Festigkeit 300...1100 mm 2

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