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A. Matzenmiller, P. Kühlmeyer
published in
Institute of Mechanics
Department of Mechanical Engineering
University of Kassel
Mönchebergstr. 7
34125 Kassel
Germany
Projektkoordination:
Dr.-Ing. Dominik Teutenberg
3
Prof. Dr.-Ing. Gerson Meschut Laboratorium für Werkstoff-
Dr.-Ing. Dominik Teutenberg und Fügetechnik (LWF)
Universität Paderborn
5
Inhaltsverzeichnis
Seite
Schrifttum 265
i
Abbildungsverzeichnis
Seite
ii
Abbildungsverzeichnis
Seite iii
Tabellenverzeichnis
Seite
iv
6 Materialmodell zur Abbildung der
Klebschichteigenschaften unter
Betriebslasten
P. Kühlmeyer, A. Matzenmiller, IfM Kassel
Zur Simulation gefügter Strukturen mit zähmodifiziertem Struk-
turklebstoff unter thermischer und mechanischer Belastung ist die
Formulierung konstitutiver Gleichungen notwendig, die sowohl die
thermischen Eigenschaften als auch das zeitabhängige Verhalten
der Klebschicht ober- und unterhalb der Fließgrenze abbilden. Im
Weiteren ist die Entwicklung von Eigenspannungen in der Kleb-
schicht sowie der zeit- und temperaturabhängige Abbau dieser von
Interesse und steht im Fokus der Entwicklung des thermoviskoelas-
tischen Teilmodells. Die Abbildung des Materialverhaltens aufgrund
von Belastungen oberhalb der Fließgrenze wird mittels konstituti-
ver Gleichungen für die Beschreibung plastischer Verformung so-
wie Schädigung infolge dieser unter Einbeziehung des Temperatu-
reinfluss berücksichtigt.
A constitutive model is developed to simulate the thermal charac-
teristics and time dependent properties of adhesively-bonded joints
below and above yield strength under thermal and mechanical load-
ing. Furthermore the evolution of the residual stresses as well as
their time and temperature dependent relaxation are investigated,
accordingly with the focus for developing a thermoviscoelastic sub-
model. For stresses beyond the yield strength the material behaviour
is represented by means of constitutive equations of viscoplasticity
with damage evolution due to plastic deformation considering tem-
perature dependency.
6.1 Ausgangssituation
Seite 173
6 Materialmodell zur Abbildung der Klebschichteigenschaften unter
Betriebslasten
Seite 174
6.2 Entwicklung der konstitutiven Gleichungen
Phase 1, Ω+
Phase 1, Ω+
en en
Grenzschicht eb GrenzflächeΓ eb
dk
et et
Phase 2, Ω− Phase 2, Ω−
Abb. 6.1: Schematische Darstellung der Grenzschicht (a) und Grenzfläche (b)
geteile (Ω+ und Ω− ) sehr viel steifer sind als die Klebschicht und somit dessen
Querdehnungen behindert werden, folgt in Gl. (6.1) der sogenannte querdeh-
nungsbehinderte Verzerrungszustand ε qD auf der Grenzfläche (vgl. Abb. 6.2(a)
Seite 175
6 Materialmodell zur Abbildung der Klebschichteigenschaften unter
Betriebslasten
Der Spannungsvektor t auf der Grenzfläche lässt sich dann als Geschichtsfunk-
dt dt
εnn εnn
db εnb εtn db εnb
εnt εtb εnt x+
εbt εtt
εbn ∆ = u(x+) − u(x−)
en en db
ebεbb eb x−
et et dt
(a) Grenzschicht (b) Grenzfläche (c) lokale
Verschiebungs-
diskontinuität
Seite 176
6.2 Entwicklung der konstitutiven Gleichungen
∆(t), τ, t}
t(t) = F τ ≤t {∆ (6.4)
2
Die Parallelschaltung mehrerer Maxwell-Körper wird als Maxwell-Kette bezeichnet.
Seite 177
6 Materialmodell zur Abbildung der Klebschichteigenschaften unter
Betriebslasten
Die Spannung σ an einem materiellen Punkt mit dem Ortsvektor x ist ein Funk-
tional F der Deformationsgeschichte und der jeweils herrschenden Temperatur
Θ:
s=t
σ (x, t) = F s=−∞ {εε(x, s), Θ(x, s); x, t} (6.5)
Zτ =t
d
σ (t) = s=t
Cs=0 {Θ(s); t − τ } ε (τ ) − ε th (τ ) dτ (6.6)
dτ
τ =−∞
lokal beschrieben werden. Hier ist C der Materialtensor vierter Stufe, der vom
Temperaturverlauf Θ(s) abhängig ist. Die Variable ε th ist die temperaturindu-
zierte Verzerrung, welche von der Gesamtverzerrung abgezogen wird damit sich
die viskoelastische Deformation ergibt. Die Deformationsgeschichte wird somit
im Faltungsintegral durch die zeitliche Ableitung der Differenz aus Gesamtver-
zerrung ε und temperaturinduzierter Deformation ε th repräsentiert. Die tem-
peraturabhängigen Materialeigenschaften der Viskoelastizität werden im Ma-
terialtensor C berücksichtigt. Mit dem Postulat des thermorheologisch einfa-
chen Materialverhaltens kann die Abhängigkeit des Materialtensors von der
zeitabhängigen Temperatur vereinfacht werden. Der Materialtensor kann dann
mit der reduzierten Zeit ξ(t) bezüglich der Referenztemperatur Θ0 beschrieben
werden:
Die reduzierte Zeit wird mit der Temperaturfunktion aT (Θ) aus der physikali-
schen Zeit t gemäß
t
ξ(t) = (6.8)
aT (Θ)
Seite 178
6.2 Entwicklung der konstitutiven Gleichungen
berechnet. Mit Gl. (6.8) können lediglich isotherme Prozesse beschrieben wer-
den, sodass die reduzierte Zeit für nicht isotherme Prozesse wie folgt definiert
wird:
Zt
ds
ξ(t) = (6.9)
aT {Θ(s)}
0
Mit den beschriebenen Annahmen folgt dann für den Materialtensor in Gl. (6.6)
s=t
Cs=0 {Θ(s); t − τ } = C {Θ0 ; ξ(t) − ξ(τ )} . (6.10)
Das Faltungsintegral der Spannung (6.6) lässt sich mit Gl. (6.10) dann wie
nachstehend formulieren:
Zt
d
σ (t) = C {Θ0 ; ξ(t) − ξ(τ )} ε (τ ) − ε th (τ ) dτ (6.11)
dτ
−∞
εve εth
ε
Abb. 6.3: Rheologisches Modell der Thermo-Viskoelastizität
gestellt. An dieser Stelle wird das viskoelastische Modell zunächst mit einem
Platzhalter und der Beschriftung „VE“ dargestellt, da die Modellierung des Ma-
terialverhaltens weiter unten anhand von rheologischen Netzwerken diskutiert
wird. Das Element für die Temperaturdehnung wird durch das Rechtecksymbol
mit dem Kreuz repräsentiert. Das rheologische Modell in Abbildung 6.3 verdeut-
licht, dass zur Berechnung der viskoelastischen Spannung im linken Element
ε ve = ε − ε th (6.12)
Seite 179
6 Materialmodell zur Abbildung der Klebschichteigenschaften unter
Betriebslasten
angenommen. Durch Einsetzen der Beziehung (6.12) in (6.11) folgt dann für
die Spannung am viskoelastischen Element
Zt
d ve
σ (t) = C [Θ0; ξ(t) − ξ(τ )] ε (τ )dτ . (6.14)
dτ
−∞
Seite 180
6.2 Entwicklung der konstitutiven Gleichungen
1 σ
η1∗ η2∗
σ 1
E2∗ primär η1∗ E1∗
sekundär tertiär σ σ
σ 0 E2∗
t
E1∗
(a) Burgers-Körper zur Beschreibung von (b) rheologische Netzwerke für den
Kriechexperimenten ohne tertiäres Maxwell-Körper (oben) und
Kriechen den Burgers-Körper (unten)
t = F ττ =t ∆, τ }
=0 {∆ (6.16)
Im vorliegenden Projekt wird ein linear viskoelastisches Modell auf Basis von
Maxwell-Körpern gebildet und im Sinne der Grenzflächentheorie auf die
Grenzfläche reduziert.
Der Spannungsvektor t der Grenzfläche berechnet sich im isothermen Fall mit
der Matrix der Relaxationsfunktionen R wie folgt [7]:
Zt
∆
d∆
t(t) = R(t − τ ) dτ für 0 ≤ t ≤ ∞ (6.17)
dτ
0
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6 Materialmodell zur Abbildung der Klebschichteigenschaften unter
Betriebslasten
Seite 182
6.2 Entwicklung der konstitutiven Gleichungen
gebildet (vgl. [7]). Die Beteiligungsfaktoren νiG geben hier den Anteil der Stei-
figkeiten der einzelnen Federn der Maxwell-Kette bzgl. der Gesamtschubstei-
figkeit g der Grenzfläche mit
gi
νiG = für i = 1, . . . , M (6.27)
g
P PM
an, wobei M i ν G
i = 1 und g = i gi gilt. Die Schubsteifigkeit g berechnet
sich aus dem Schubmodul G und der Klebschichtdicke dk zu
G
g= . (6.28)
dk
Im Folgenden werden die Kriech- und Relaxationseigenschaften des M-kettigen
Maxwell-Körpers kurz diskutiert. Unter konstanter Beanspruchung ist der
M-kettige Maxwell-Körper unendlich weit deformierbar. Für den Fall einer
konstanten Deformation relaxieren die Spannungen mit der Zeit asymptotisch
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6 Materialmodell zur Abbildung der Klebschichteigenschaften unter
Betriebslasten
Seite 184
6.2 Entwicklung der konstitutiven Gleichungen
k∞ g∞
∆el
n0 ∆el
t,b0
τ̂ K
1 k1 τ̂ G
1 g1
αth αth
tn tn tt,b tt,b
∆ie
n1 ∆el
n1
∆ie
t,b1 ∆el
t,b1 g
τ̂2K k2 τ̂2G 2
∆ie
n2 ∆el
n2 ∆ie
t,b2
∆el
t,b2
τ̂ K
M kM τ̂ G
M gM
∆ie
nM ∆el
nM ∆ie
tM ∆el
t,bM
∆ve
n ∆th
n
∆ve
t,b ∆th
t,b
∆n ∆t,b
(a) Normalrichtung (b) Schubrichtung
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6 Materialmodell zur Abbildung der Klebschichteigenschaften unter
Betriebslasten
für die Temperaturabhängikeit der Viskositäten, wobei für aT der Ansatz des
IfM München aus Gl. (5.26) verwendet wird:
2 aT3
Θ+θ0
Θ0 +θ0 −1
− aT1 , θ0 = 273.15 ◦C
aT (Θ) = exp aT1 1 − aT2
Θ+θ0
1+ Θ0 +θ0
−1
(6.31)
An quasistatisch zügigen Tests des LWF mit der dicken Scherzugprobe bei
unterschiedlichen Temperaturen, ist die Abhängigkeit der Steifigkeit von der
Temperatur sichtlich erkennbar. Die Versuche zeigen die deutliche Abnahme
der Steifigkeit mit steigender Temperatur, wie die qualitative Darstellung in
der Abbildung 6.6(a)) verdeutlicht. Da im Rahmen dieses Projekts unter an-
derem die viskoelastischen Effekte der Klebverbindung im Fokus stehen, kann
bereits unter quasistatisch zügigen Belastungen nicht von einem linear elasti-
schen Materialverhalten vor Fließbeginn ausgegangen werden, wie es im vor-
angegangenen Projekt P828 [3] der Fall war. Dort ist die Zeitabhängigkeit des
elastischen Materialverhaltens aufgrund der Fokussierung auf Crashbelastun-
gen nicht in die Modellierung eingegangen. Indes wird der Schubmodul G im
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6.2 Entwicklung der konstitutiven Gleichungen
tt tt
τ0
g 1
g
Θ Sekante
ĝ Tangente
1
0 ∆t 0 ∆t
(a) Temperaturabhängigkeit (b) Sekanten- und Tangentenmodul
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6 Materialmodell zur Abbildung der Klebschichteigenschaften unter
Betriebslasten
berechnet. Die Steigung dieser Asymptote ist dieselbe wie die der Gleichge-
wichtskennlinie, welche den Steigungswert des Gleichgewichtsmoduls g∞ hat.
Die Gleichgewichtskennlinie ergibt sich für einen sehr langsamen Prozess aus
der Grenzwertbildung ∆˙ 0 → 0 von Gl. (6.32):
tt
Maxwell-Körper
relevanter Abschnitt
g∞ g∞ + g1
tt tt
1
g1
η1
G
η1 ∆˙ 0
G
g∞
1
Gleichgewichtskennlinie
0 ∆t
(a) rheologisches Modell (b) Verhalten bei konst. Dehnrate
tt -∆t -Diagramm für den Festkörper vom Maxwell-Typ ist die Gesamtschub-
steifigkeit g = g∞ + g1 , was analog auch für den verallgemeinerten Maxwell-
Körper gilt. Bei den Versuchen an der dicken Scherzugprobe ist jedoch nicht
der rein viskoelastische Verlauf der Schubspannungs-Verschiebungs-Kurve in
Seite 188
6.2 Entwicklung der konstitutiven Gleichungen
Abbildung 6.7 gemessen worden, sondern lediglich der durch die Strich-Punkt-
Linie gezeichnete Bereich zeigt viskoelastisches Verhalten. Bei fortschreitender
Belastung sind beim vorliegenden Material nach Erreichen einer bestimmten
Spannung (Anfangsfließspannung) große irreversible Verschiebungen zu beob-
achten, die im Folgenden mittels eines Plastizitätsmodells abgebildet werden.
Die Schubsteifigkeit der Grenzfläche in Schubrichtung g wird mit einer Funktion
in Abhängigkeit der Temperatur Θ angesetzt:
Mit der Annahme, dass die Gleichgewichtsmoduln k∞ und g∞ konstant über der
Temperatur sind, folgt dann für die Relaxationsfunktionen (6.29a) und (6.29b)
in Normalrichtung
M
X ξ(t)
Rn = k∞ + ki exp − K (6.39a)
i=1
τ̂i
M
X ξ(t)
= k∞ + k̃ νiK exp − K (6.39b)
i=1
τ̂i
und in Schubrichtung
M
X ξ(t)
Rs = g∞ + gi (Θ) exp − G (6.39c)
i=1
τ̂i
M
X ξ(t)
= g∞ + g̃(Θ) νiG exp − G . (6.39d)
i=1
τ̂ i
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6 Materialmodell zur Abbildung der Klebschichteigenschaften unter
Betriebslasten
Schubrichtung
M
X M
X
k̃ = ki und g̃ = gi . (6.40)
i=1 i=1
Im Rahmen des von der AiF geförderten FOSTA-Projekts P828 ist von Mat-
zenmiller und Burbulla am IfM Kassel ein elasto-viskoplastisches Mate-
rialmodell mit Schädigung zur Beschreibung geklebter Strukturen mit zähmodi-
fizierten Strukturklebstoffen auf Epoxidharzbasis unter Crashbelastungen ent-
wickelt worden. Die Grundlagen des Modells gehen zurück auf die Arbeit von
Schlimmer [20]. Das elastoplastische Modell von Mahnken und Schlim-
mer [16], ist dann im Rahmen des Projekts P676 von Matzenmiller und
Gerlach weiterentwickelt und letztlich innerhalb des Projekts P828 in das
kommerzielle Finite-Elemente-Programm LS-Dyna
R
als „Toughened Adhesive
Polymere Model“ (TAPO-Modell) implementiert worden. Es ist derzeit Stand
der Forschung für Klebstoffmodelle und wird deshalb im Rahmen dieser Arbeit
als Grundlage für den viskoplastischen Teilansatz verwendet.
Seite 190
6.2 Entwicklung der konstitutiven Gleichungen
F, σ F , σ̂
ε
D>0 D=0
D=0 dAd
A0
Â
ε ≡ ε̂
dÂ
(b) Volu- F, σ F , σ̂
(a) defektfrei- menelement (c) defektbehafte- (d) effektiv tragen-
er Körper defektbehaf- ter Körper der Körper
tet
Abb. 6.8: Homogene isotrope Schädigung unter konstanter Belastung zur Einführung der
effektiven Querschnittsfläche  und der effektiven Spannung σ̂ [18]
dA0 mit
Beim Konzept der effektiven Spannung σ̂ nach Rabotnov wird die äußere
Belastung F auf die effektive Querschnittsfläche  bezogen. Somit erhöht sich
die effektive Spannung aufgrund der Abnahme der tragenden Fläche zu
F F σ
σ̂ = = = (6.44)
 (1 − D)A0 1−D
Seite 191
6 Materialmodell zur Abbildung der Klebschichteigenschaften unter
Betriebslasten
Reduzierte Fließbedingung
σ)
I1 = tr(σ (6.46)
Seite 192
6.2 Entwicklung der konstitutiven Gleichungen
Klammern3
(
1 x für x > 0
hxi := (x + |x|) = (6.49)
2 0 für x ≤ 0
σnn
tn
σnb tb
σnt σbn tt
σtn σbb
σtb σ
bt
σtt
en en
eb eb
et et
(a) räumlicher (b) Spannungszustand auf
Spannungszustand der Grenzfläche
Seite 193
6 Materialmodell zur Abbildung der Klebschichteigenschaften unter
Betriebslasten
Der qualitative Verlauf der Fließbedingung (6.52) ist in Abbildung 6.10 in ei-
nem τ -tn -Diagramm mit der durchgezogenen Linie dargestellt. Unter anderem
f˜ = 0 τ
τY f˜∗ = 0
tn
Abb. 6.10: Fließfunktion f˜ und Dissipationspotenzial f˜∗ für dünne Grenzschichten
wird hier die elliptische Form der Fließfunktion deutlich, welche ohne die Ver-
wendung der zuvor beschriebenen Macauley-Klammern zur Abbildung der
Druckbeanspruchung tn < 0 im zweiten Quadrant elliptisch fortlaufen würde
(punktierte Linie im zweiten Quadrant des Diagramms). Die Wirkungsweise
der Macauley-Klammer für den Druckbereich wird im Diagramm ebenfalls
deutlich, da die Fließfunktion im zweiten Quadrant für tn < 0 in eine gerade
übergeht und somit die Drucker-Prager-Form beschreibt. Des Weiteren ist
in Abbildung 6.10 der Verlauf des Dissipationspotenzials respektive plastischen
Potentials, auf welches im Folgenden eingegangen wird, mit der gestrichelten
Linie dargestellt. Der Schnittpunkt der Fließfunktion bzw. des plastischen Po-
tentials mit der Ordinate markiert die Fließspannung τY , welche als Schubspan-
nung definiert ist.
Seite 194
6.2 Entwicklung der konstitutiven Gleichungen
˙ pl ∂ f˜∗
∆ =λ (6.54)
∂t
mit dem plastischen Multiplikator λ und dem Spannungsvektor t. Nach Bildung
der Ableitung des Dissipationspotenzials (6.53) nach dem Spannungsvektor und
Einsetzen des Ergebnisses in Gl. (6.54) folgt für den plastischen Fluss
pl λ ∗
∆˙ = 2 ã2 t̂n en + t̂t eb + t̂b eb (6.55a)
1−D
λ ∗
=2 ã2 t̂n en + τ̂ eτ (6.55b)
1−D
mit dem Einheitsvektor in Schubrichtung
tT tt et + tb eb
eτ = = p2 (6.56)
|tT | tt + t2b
Seite 195
6 Materialmodell zur Abbildung der Klebschichteigenschaften unter
Betriebslasten
Der Vergleich der beiden Bogenlängen (6.57) und (6.58) ist in Abbildung 6.11
∆V , r
∆V
r
D=0 D>0
0
∆
Abb. 6.11: Vergleich der akkumulierten plastischen Bogenlänge ∆V mit der akkumulierten
geschädigten plastischen Bogenlänge r
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6.2 Entwicklung der konstitutiven Gleichungen
σ vp = σ el = σ (6.59)
σ vc = η vcε̇vp (6.60)
formuliert. Die viskoplastische Spannung σ vp ergibt sich aus der Addition der
Spannung am Reibelement σ R und der Spannung am Dämpfer σ vc mit
σ vp = σ R + σ vc . (6.61)
σ τ0
∆˙ σ E σ
η vc
εel εvp
0 ∆ ε
(a) σ-∆-Diagramm (b) Bingham-Körper
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6 Materialmodell zur Abbildung der Klebschichteigenschaften unter
Betriebslasten
der bei genauer Betrachtung und Aufspaltung in Betrag und Richtung eine
eindimensionale Fließbedingung für ideale Plastizität am Reibelement mit
fR := |σ R | − τ0 = 0 (6.63)
fB := |σ| − τ0 = |σ vc | ≥ 0 . (6.64)
Mit Gl. (6.64) wird deutlich, dass der Beginn plastischen Fließens nun abhängig
von der viskosen ratenabhängigen Spannung σ vc ist, womit lediglich die schwä-
chere Forderung fB ≥ 0 erfüllt werden muss. Durch Umstellen von Gl. (6.64)
wird die Aufspaltung der viskoplastischen Fließspannung τJC in einen konstan-
ten und einen ratenabhängigen Anteil deutlich:
Die Gl. (6.65) motiviert den Vorschlag von Johnson und Cook [11], die Fließ-
spannung τJC ratenabhängig mit einem einfachen Ansatz in Abhängigkeit der
Gesamtverzerrungsrate ε̇ zu formulieren:
ε̇
τJC := τ0 1 + C ln (6.66)
ε̇0
Durch Gegenüberstellung der Gln. (6.64) und (6.66) wird deutlich, dass im
TAPO-Modell für die viskose Überspannung σ vc ein Ansatz der Form
ε̇
σ vc = τ0 C ln (6.67)
ε̇0
gewählt wird. Für das Grenzflächenmodell wird der Ansatz (6.66) gemäß der
Grenzflächentheorie mit der Rate des Verschiebungssprungs ∆˙ formuliert.
* +!
∆ ˙
τJC := τ0 1 + C ln (6.68)
∆˙ 0
Seite 198
6.2 Entwicklung der konstitutiven Gleichungen
Im Abschlussbericht des Projekts P828 [3] wird der Vergleich des viskoplasti-
schen Ansatzes nach Johnson und Cook mit dem alternativen Ansatz nach
Perzyna diskutiert.
Verfestigungsmodell
Seite 199
6 Materialmodell zur Abbildung der Klebschichteigenschaften unter
Betriebslasten
τY τY
H
τ0 + q 1
(τ0 + R)C
τ0 τ0 + R 1
1/b
0 0
r ln ∆˙ 0 ln ∆˙ m ln ∆˙
(a) Nichtlineares Fließdiagramm für (b) Halblogarithmische Darstellung der
C=0 Fließspannung (6.71) nach Johnson
und Cook
Seite 200
6.2 Entwicklung der konstitutiven Gleichungen
Seite 201
6 Materialmodell zur Abbildung der Klebschichteigenschaften unter
Betriebslasten
τΘ = τ0 χ(Θ) = τ0 (1 − ϑm
N ) , W(τΘ ) := {τΘ ∈ R | 0 ≤ τΘ ≤ τ0 }
0
(6.74)
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6.2 Entwicklung der konstitutiven Gleichungen
Seite 203
6 Materialmodell zur Abbildung der Klebschichteigenschaften unter
Betriebslasten
qΘ bΘ
q0
b0
0 1 ϑN 0 1 ϑN
(a) qΘ -ϑN -Diagramm (b) bΘ -ϑN -Diagramm
HΘ
H0
H0 H1
2
1
0 H2 ΘG Θ
(c) HΘ -Θ-Diagramm
Abb. 6.15: Qualitative Darstellung der Verläufe von qΘ und bΘ über der normalisierten
Temperatur ϑN sowie HΘ über der Temperatur Θ
Die Temperaturfunktionen in den Gln. (6.74), (6.75), (6.76) und (6.77) werden
im Rahmen der Parameteridentifikation im Abschnitt 6.4 empirisch bestimmt.
Seite 204
6.2 Entwicklung der konstitutiven Gleichungen
In [3] wird die Degradation der Steifigkeit der Klebschicht im TAPO-Modell mit
der stetig abnehmenden Kontinuität Ψd = 1 − D gemäß Gl. (6.41) beschrieben.
Der Ansatz für das TAPO-Modell [3] geht auf einen empirischen Ansatz nach
Lemaître zurück, der in [12] diskutiert wird. Dieser Ansatz wird in [3] um
einen Exponent n erweitert und in Abhängigkeit der akkumulierten geschädig-
ten plastischen Bogenlänge (6.58) formuliert. Im Rahmen dieses Projekt wird
der Schädigungsansatz aus [3] gemäß der Grenzflächentheorie – vgl. Abschnitt
6.2.1 – mit dem Verschiebungssprung ∆ in der Grenzfläche reduziert. Für die
Schädigungsvariable D folgt dann der nachstehende Ansatz in Abhängigkeit
der geschädigten plastischen Bogenlänge r (s. S. 196)
n
r − ∆c
D(r) = (6.78)
∆f − ∆c
Seite 205
6 Materialmodell zur Abbildung der Klebschichteigenschaften unter
Betriebslasten
tung der Gl. (6.78) liefert die Evolutionsgleichung für die Schädigungsvariable
n−1
r − ∆c ṙ
Ḋ(r, ṙ) = n , (6.79)
∆f − ∆c ∆f − ∆c
welche für die Ratenformulierung des Materialmodells vonnöten ist. In Abbil-
dung 6.16(a) ist der qualitative Verlauf der Schädigungsvariable D über der
geschädigten plastischen Bogenlänge r für steigenden Parameter n dargestellt,
um zu verdeutlichen, dass der Materialparameter n die Krümmung des Schä-
digungsverlaufs beeinflusst.
Im Schädigungsansatz (6.78) beschreibt der kritische Verschiebungssprung ∆c
die plastische Verschiebungsdiskontinuität in der Grenzfläche, bei welcher die
Schädigung initiiert wird und der Bruchverschiebungssprung ∆f die plastische
Verschiebungsdiskontinuität, bei der das Material vollständig geschädigt ist.
Beide ändern sich in Abhängigkeit des Beanspruchungszustands, was mit einer
Größe zur Charakterisierung der Spannungsmehrachsigkeit in der Grenzfläche
berücksichtigt wird. Diese Spannungsmehrachsigkeit in der Grenzfläche wird als
Verhältnis zwischen Normalspannung tn und der resultierenden Schubspannung
τ mit
htn i
T := p (6.80)
t2n /3 + τ 2
Seite 206
6.2 Entwicklung der konstitutiven Gleichungen
n dI1 + dI2
d1
dI1
0 ∆f r 0 T
∆c
(a) Schädigungsvariable D über der (b) kritischer Verschiebungssprung ∆c
pl. Bogenlänge r für n > 1 und Bruchverschiebungssprung ∆f
über T
für die Gl. (6.82) um zu verhindern, dass sich der kritische Verschiebungssprung
und der Bruchverschiebungssprung überschneiden.
Ein weiterer Ansatz für die Schädigungsevolution ist in [3] mit der plastischen
Bogenlänge definiert und wird im Folgenden in Analogie dazu für die Grenzflä-
che mit der Vergleichsverschiebungsrate (6.57) formuliert:
v n−1
˙ ∆ − ∆c ∆˙ v
D̂ = n (6.83)
∆f − ∆c ∆f − ∆c
Die beiden Ansätze (6.79) und (6.83) weisen ein unterschiedliches Entfesti-
gungsverhalten auf, da sich die inneren Variablen r und ∆˙ V in Abhängigkeit
der Schädigung D unterschiedlich entwickeln (vgl. Abbildung 6.11). Der Ein-
fluss der Bogenlängen (6.57) und (6.58) auf die Schädigung wird in der Ab-
bildung 6.17 mit Hilfe einer qualitativen Darstellung des Verlaufs der Schädi-
gungsvariablen D und D̂ sowie der Spannung über dem Verschiebungssprung
verdeutlicht. Die Abbildung 6.17(a) zeigt die unterschiedliche Entwicklung der
beiden Schädigungsmodelle (6.79) und (6.83) anhand der jeweiligen akkumu-
lierten Schädigungsvariablen D und D̂ über dem Gesamtverschiebungssprung
Seite 207
6 Materialmodell zur Abbildung der Klebschichteigenschaften unter
Betriebslasten
D, D̂ σ
D̂
1
D
D̂
D
0 0
∆ ∆c ∆
(a) Schädigungsevolution (b) Entfestigungsverhalten
Abb. 6.17: Einfluss der plastischen und geschädigten plastischen Bogenlänge auf die
Schädigungsevolution und das Entfestigungsverhalten
Seite 208
6.3 Implementierung
D E
Θ − Θ
mc1 mc2
˙ ∆˙ 0 0
∆f = [d1 + d2 exp (−d3 hT i)] 1 + d4 ∆/ 1+
Θ0
(6.84b)
mit den Materialparametern mc1 und mc2 sowie der Raumtemperatur Θ0 . Die
Tests an der dicken Scherzug- und Kopfzugprobe des LWF zeigen, dass die
nichtlinearen Ansätze die Phänomenologie hinreichend genau beschreiben.
6.3 Implementierung
[14] als User Defined Cohesive Model in eine dafür vorgesehene UMAT45C-Sub-
routine4 (Materialroutine) für die Berechnung mit Grenzflächenelementen im-
plementiert. Das rheologische Netzwerk in Abbildung 6.18 repräsentiert das Ge-
samtmodell. Aufgrund der Existenz der Fließfläche zur Abgrenzung des thermo-
viskoelastischen vom viskoplastischen Teilmodell wird das thermoviskoelastisch-
plastische Konstitutivmodell in der Materialroutine mit dem Prädiktor-Kor-
rektor-Verfahren (thermoviskoelastischer Prädiktor und viskoplastischer Kor-
rektor) berechnet. Zunächst werden im Prädiktorschritt die thermoviskoelas-
tischen Materialgleichungen mit dem effizienten Algorithmus nach Taylor et
al. [24] numerisch integriert, gefolgt von der Überprüfung des Fließkriteriums.
Ist die Fließbedingung verletzt, so liegt viskoelastisches Materialverhalten vor
und die Lösung aus dem Prädiktorschritt stellt die gesuchte Lösung dar. Wenn
die Fließbedingung erfüllt ist, schließt sich dem viskoelastischen Prädiktor der
viskoplastische Korrektorschritt an, bei welchem die Konstitutivgleichungen des
Viskoplastizitätsmodells numerisch gelöst werden müssen. Dafür werden die
Evolutionsgleichungen des plastischen Teilmodells, die in Form gewöhnlicher
4
Das LS-DYNA
R
Keyword user’s manual [14] enthält detaillierte Informationen zu den benutzerdefinierten
Kohäsivzonenmodellen.
Seite 209
6 Materialmodell zur Abbildung der Klebschichteigenschaften unter
Betriebslasten
k ∞ , g∞
τΘ
∆ el
0
τ̂ K,G
1
k 1 , g1
αth C
t t
∆ie
∆1 ∆el
∆1
τ̂2K,G k 2 , g2
H, q, b
∆ ie ∆ el
2
2
τ̂ K,G k M , gM
M
∆ ie
M
∆ el
M
∆ ve ∆ th ∆ pl
∆
Abb. 6.18: Rheologisches Netzwerk des thermoviskoelastisch-plastischen
Konstitutivmodells
integriert. Somit werden jeweils die aktuellen Größen (j+1) (•) aus den Resulta-
ten des vergangenen Zeitpunkts (j) (•) und dem Inkrement des aktuellen Zeit-
schritts berechnet. Durch geschickte mathematische Umformungen der diskreti-
sierten Differential- und algebraischen Gleichungen kann das Algebrodifferenti-
algleichungssystem auf eine einzige zu lösende nichtlineare Gleichung reduziert
werden. Die gesuchte Größe in dieser Gleichung ist der plastische Multiplikator
λ, der mit dem Newton-Verfahren bestimmt wird.
Im vorliegenden Projekt werden zeitlich lange Prozesse wie Temperaturbelas-
tungen mit anschließenden Haltezeiten simuliert, die u. U. in der Größenord-
nung mehrerer Stunden liegen. Um eine solch lange Prozessdauer in adäquater
Zeit simulieren zu können, müssen die Berechnungen mit großen Zeitschritt-
weiten durchgeführt werden. Daher wird die Finite-Elemente-Methode mit der
impliziten Zeitdiskretisierung verwendet, die auch für große Zeitschrittweiten
stabil ist. Die zeitlich implizit diskretisierte Impulsbilanz wird mit dem New-
Seite 210
6.4 Parameteridentifikation
6.4 Parameteridentifikation
Seite 211
6 Materialmodell zur Abbildung der Klebschichteigenschaften unter
Betriebslasten
Folgend wird eine Methode zur Ermittlung geeigneter Startwerte der Schub-
moduln unter verschiedenen Temperaturen für eine nachträgliche Optimierung
erläutert. Im Zuge dessen werden die identifizierten Schubmoduln über der Tem-
peratur aufgetragen, so dass ein charakteristischer Temperaturverlauf ersicht-
lich wird, um letztlich eine geeignete Funktion zur Abbildung des Schubmoduls
über der Temperatur auszuwählen. Die theoretischen Zusammenhänge dieser
Methode beziehen sich auf die Ausführungen in Abschnitt 6.2.2.
Der Viskoelastizitätstheorie folgend werden die Schubmoduln jeweils als Tan-
gentensteigungen an die Kurvenschar der Testdaten der dicken Scherzugpro-
be unter quasistatisch zügiger Belastung für das diskrete Temperaturfeld [RT,
30 ◦C, 40 ◦C, . . . , 90 ◦C] identifiziert5. Indes ist eine signifikante Änderung des
Schubmoduls G(Θ) über der Temperatur Θ zu beobachten, welche in den Kon-
stitutivgleichungen berücksichtigt werden muss. In Abbildung 6.19 ist die Kur-
venschar der Testdaten des Scherzugversuchs mit dem jeweiligen Schubmodul
(Ursprungstangente) dargestellt. Da die Konstitutivgleichungen im Sinne der
Grenzflächentheorie formuliert sind, werden die identifizierten Schubmoduln
mit der Gl. (6.28) in die Schubsteifigkeiten der Grenzfläche umgerechnet.
5
In Abschnitt 6.2.2 auf den Seiten 186 ff. sind die Gründe hierfür erläutert.
Seite 212
6.4 Parameteridentifikation
20
Θ = RT
Θ = 40 ◦ C
15 Θ = 60 ◦ C
τ exp [MPa]
Θ = 80 ◦ C
Θ = 90 ◦ C
10 Tangente
0
0 0.02 0.04 0.06 0.08 0.1
∆t /dk [-]
Abb. 6.19: Steigungen der Ursprungstangente an den Testdaten der dicken Scherzugprobe
Der Annahme des IfM München folgend wird die Gleichgewichtssteifigkeit der
Grenzfläche g∞ als konstant über der Temperatur angenommen. Des Wei-
teren wird für den Materialparameter g∞ der Wert des IfM München ver-
wendet, der Anhand von Versuchen am Rheometer identifiziert wird (s. Ab-
schnitt 5.2). Aufgrund dieser Annahme sind lediglich die Steifigkeiten der Max-
well-Ketten (6.40) g̃ von der Temperatur abhängig (s. Gl. (6.39d)), weshalb
die Gleichgewichtssteifigkeit g∞ von den Werten der Gesamtschubsteifigkeit g
an den Testdaten abgezogen werden muss.
Nach Auftragen der Differenzen aus den gemessenen Gesamtschubsteifigkeiten
und der Gleichgewichtssteifigkeit g̃ = g − g∞ über der Temperatur Θ wird in
Abbildung 6.20 der charakteristische Temperaturverlauf für die Steifigkeit der
Maxwell-Ketten g̃ deutlich. Zur adäquaten Abbildung dieses Temperatur-
verlaufs hat sich ein Ansatz vom Arrhenius-Typ für die Temperaturfunkti-
on (6.37) als geeignet erwiesen – wie Abbildung 6.20 zeigt. Somit folgt für die
Temperaturfunktion ĝ (Θ) in Gl. (6.37) die temperaturabhängige Schubsteifig-
keit der Maxwell-Ketten zu
Θ − Θ0
g̃(Θ) = g̃0 exp g̃1 , (6.86)
Θ0
wobei Θ0 die Raumtemperatur, g̃0 = g0 − g∞ die Schubsteifigkeit der Max-
well-Ketten bei Raumtemperatur und g̃1 einen Materialparameter kennzeich-
nen.
Im Rahmen der Identifikationsstrategie werden die ingenieuranschaulich ermit-
Seite 213
6 Materialmodell zur Abbildung der Klebschichteigenschaften unter
Betriebslasten
3000
G/dk
g̃ [MPa/mm] 2500 Anpassung
2000
1500
1000
500
0
0 20 40 60 80 100
Θ [◦ C]
Abb. 6.20: Temperaturabhängigkeit der Schubsteifigkeit g̃ der Maxwell-Ketten
telten Kennwerte im Folgenden als Startwerte für die Anpassung der Model-
lantwort an die Testdaten mit Hilfe des Optimierungsprogramms LS-Opt
R
verwendet.
Die Parameter des plastischen Teilmodells werden an den Testdaten der dicken
Scherzugprobe aus Abschnitt 4.2 unter Vorgabe diskreter Temperaturbelastun-
gen bestimmt. Die Parameter des Plastizitätsmodells werden an den Testda-
ten des Scherzugversuchs identifiziert, da das Modell auf den Schub basierend
formuliert ist. Die Testdaten der Kopfzugprobe dienen nachfolgend der Identi-
fikation der Parameter dI2 und d2 im kritischen Verschiebungs- und Bruchver-
schiebungssprung sowie d3 zur Berücksichtigung der Spannungsmehrachsigkeit
in den Konstitutivgleichungen der Schädigung. Die Parameter der Fließfunk-
tion ã1 und ã2 sowie des plastischen Potentials ã∗2 sind im laufenden Projekt
P957 an Doppelrohrprobeversuchen unter Zug-, Torsions- und kombinierten
Belastungen identifiziert worden und werden hier zu Grunde gelegt.
Zur Identifikation wird das Optimierungsprogramm LS-Opt
R
verwendet, das
die Materialparameter durch möglichst genaue Anpassung der Modellantwort
an die Messdaten der Versuche ermittelt. Bei der Berechnung der Modellant-
wort werden für den thermoviskoelastischen Prädiktor die Parameter des IfM
Seite 214
6.4 Parameteridentifikation
München verwendet. Für die Optimierung werden die Messdaten der Versu-
che mit den Temperaturbelastungen RT, 40 ◦C, 60 ◦C und 80 ◦C herangezogen,
da die restlichen Versuche widersprüchliche Temperaturänderungen bzgl. der
Steifigkeit, Anfangsfließspannung und Verfestigungsspannung zeigen.
Im Zuge der Identifikation wird so vorgegangen, dass die Modellantwort des
Materialmodells zunächst jeweils einzeln an die Messdaten des Scherzugver-
suchs für die Temperaturen RT, 40 ◦C, 60 ◦C und 80 ◦C angepasst wird. Ziel
dieses ersten Schritts ist die Identifikation der Verfestigungsparameter q, b und
H für jeden Temperaturfall, damit nach Auftragen dieser über der Temperatur
jeweils eine geeignete Temperaturfunktion gefunden werden kann. Dafür wer-
den die jeweiligen Verschiebungsrandbedingungen und Temperaturbelastungen
der einzelnen genannten Scherzugversuche vorgegeben. Während dieser ersten
Optimierung werden auch die Steifigkeit g0 bei Raumtemperatur mit dem Pa-
rameter der Temperaturfunktion vom Arrhenius-Typ g̃1 unter Vorgabe der
händisch identifizierten Werte als Startwerte an die Messdaten angepasst. Dar-
über hinaus werden die händisch identifizierten Anfangsfließspannungen τ0 für
die genannten Temperaturfälle ebenfalls als Startwerte vorgegeben und für die
Optimierung freigegeben. Im Laufe dieser ersten Optimierung werden jedoch
nicht alle Parameter gleichzeitig freigegeben, sondern innerhalb eines iterativen
Optimierungsprozesses nach und nach angepasst.
Die resultierenden Verfestigungsparameter q, b und H sowie die Anfangsfließ-
spannungen τ0 der Modellantwort für die verschiedenen Temperaturbelastun-
gen dienen der Anpassung von geeigneten Funktionen in Abhängigkeit von der
Temperatur Θ, indem diese mit der Methode der kleinsten Fehlerquadrate an
die Datenpunkte aus der Optimierung angepasst werden. Die ausgewählten
Funktionen qΘ (Θ), bΘ (Θ), HΘ (Θ) und τΘ (Θ) sind in Abschnitt 6.2.3 in den
Gln. (6.74), (6.75), (6.76) und (6.77) aufgeführt und werden dort diskutiert.
Im nächsten Schritt erfolgt die gemeinsame Anpassung der Materialparameter
q1 , q2, b1, H1 und H2 aus den Gln. (6.2.3) bis (6.77) an die Messdaten aller
Scherzugversuche für die Temperaturbelastungen RT, 40 ◦C, 60 ◦C und 80 ◦C
mit LS-Opt
R
. Hier sind die Materialparameter aus der Ausgleichsrechnung die
Startparameter der Optimierung.
Die bis jetzt identifizierten Materialparameter der viskoelastischen Konstitu-
tivgleichungen sowie der viskoplastischen Konstitutivgleichungen sind in den
Tabellen 6.1 und 6.2 aufgeführt. Die Materialparameter zur Abbildung der
Temperaturabhängigkeit der Verfestigung und der Anfangsfließspannung sind
einschließlich derer, die die temperaturabhängige Schädigung beschreiben (wird
im Folgenden beschrieben), in Tabelle 6.4 zusammengefasst.
Seite 215
6 Materialmodell zur Abbildung der Klebschichteigenschaften unter
Betriebslasten
Elastizitätskennwerte
g [MPa/mm] k [MPa/mm]
2348.954 6577.77
Viskoelastizitätskennwerte
Steifigkeiten der Maxwell-Elemente in Schubrichtung in [MPa/mm]
g1 g2 g3 g4 g5 g6
448.65 99.831 31.476 643.613 473.079 631.869
Steifigkeiten der Maxwell-Elemente in Normalrichtung in [MPa/mm]
k1 k1 k1 k1 k1 k1
1256.354 279.555 88.142 1802.309 1324.763 1769.42
Relaxationszeiten der Maxwell-Elemente in Schubrichtung in [s]
τ̂1G τ̂2G τ̂3G τ̂4G τ̂5G τ̂6G
9.71 · 10−7 891.77 724.56 1099.66 86.15 66.85
Relaxationszeiten der Maxwell-Elemente in Normalrichtung in [s]
τ̂1K τ̂2K τ̂3K τ̂4K τ̂5K τ̂6K
3.47 · 10−7 318.46 258.74 392.69 30.76 23.51
Gleichgewichtssteifigkeiten in [MPa/mm]
g∞ [-] k∞ [-]
7.972 22.325
Tab. 6.1: Materialparameter der viskoelastischen Konstitutivgleichungen für
BetamateTM 1496V bei Raumtemperatur
Seite 216
6.4 Parameteridentifikation
Plastizität
Verfestigung
q0 [MPa] b0 [mm−1] H0 [MPa/mm]
5.98 65.05 22.5
Fließbedingung
ã1 [-] ã2 [-] τ0 [MPa]
0.4 0.2758 16.181
plastisches Potential
ã∗2 [-]
0.3356
Geschwindigkeitsabhängigkeit
C [-] ∆˙ 0 [mm/s] ∆˙ m [mm/s]
s. [3] s. [3] s. [3]
Tab. 6.2: Materialparameter der plastischen Konstitutivgleichungen für BetamateTM
1496V bei Raumtemperatur
Seite 217
6 Materialmodell zur Abbildung der Klebschichteigenschaften unter
Betriebslasten
Schädigung
Evolutionsgleichung Spannungsmehrachsigkeit
n [-] d3 [-]
2.0 0.9
kritischer Verschiebungssprung Ratenabhängigkeit
d1 [mm] d2 [mm] d4 [-]
0.08211 0.3981 -
Bruchverschiebungssprung
dI1 [mm] dI2 [mm]
0.0006 0.32
Tab. 6.3: Materialparameter der Schädigungsevolution für BetamateTM 1496V bei
Raumtemperatur
Seite 218
6.5 Verifikation an Grundversuchen
dargestellt. Die Probe wird so gefertigt, dass die resultierenden Kräfte an den
Fügeteilen möglichst konzentrisch sind, damit ihre Kraftlinien in der Mittelebe-
ne der Klebschicht liegen. Der Kraftfluss verläuft dann so durch die Klebschicht,
6
ū
20
Θ
dk
20
τ exp
a
50 AS
(a) Geometrie (b) Belastung
Seite 219
6 Materialmodell zur Abbildung der Klebschichteigenschaften unter
Betriebslasten
30
Sim. Θ = RT
25 Exp. Θ = RT
Sim. Θ = 40 ◦ C
20 Exp. Θ = 40 ◦ C
tt [MPa]
Sim. Θ = 60 ◦ C
15 Exp. Θ = 60 ◦ C
Sim. Θ = 80 ◦ C
10
Exp. Θ = 80 ◦ C
5
0
0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8
∆t [mm]
Abb. 6.22: Simulation des Scherzugversuchs in Abhängigkeit der Temperatur Θ
Kopfzugversuch
Bei der Durchführung der Tests an der Kopfzugprobe werden der Probe – wie
bei der dicken Scherzugprobe – unterschiedliche thermische Belastungen einge-
prägt. Die Abbildung 6.23 zeigt die geometrischen Randbedingungen sowie die
Belastungsrandbedingungen, wobei die Geometrie der Kopfzugprobe in Abbil-
dung 6.23(a) und die Belastung mit der daraus resultierenden Beanspruchung in
Abbildung 6.23(b) dargestellt sind. Analog zur dicken Scherzugprobe wird hier
von einer näherungsweise homogenen Spannungsverteilung in der Klebschicht
ausgegangen. Aufgrund der eingeprägten resultierenden Belastungen Fr – die
axial an den konzentrischen Fügepartnern angreift – ergibt sich die gemittel-
te Beanspruchung der Klebschicht bezogen auf die Klebfläche AK in der Aus-
gangskonfiguration mit σ exp (t) = Fr (t)/AK. Die Klebschichtdicke beträgt bei
den vom LWF durchgeführten Kopfzugversuchen ebenfalls dk = 0.3 mm. Bei
der Kopfzugprobe müssen die gemessenen Gesamtverschiebungen ∆ges n zwischen
den Messpunkten am oberen und unteren Fügeteil noch um die Verformung der
Fügeteile korrigiert werden. Dafür wird die Verformung der elastischen Füge-
partner zwischen den Messpunkten mit
Lmess − dk
∆Fn = σ (6.87)
EF
Seite 220
6.5 Verifikation an Grundversuchen
dk
Ø15
Ø20 35 10
(a) Geometrie
σ exp σ exp
Θ ū
AK
(b) Beanspruchung
∆n = ∆ges F
n − ∆n . (6.88)
Seite 221
6 Materialmodell zur Abbildung der Klebschichteigenschaften unter
Betriebslasten
40
Sim. Θ = RT
35 Probe 3 Θ = RT
30 Sim. Θ = 40 ◦ C
25 Probe 1 Θ = 40 ◦ C
tn [MPa]
Sim. Θ = 60 ◦ C
20
Probe 1 Θ = 60 ◦ C
15 Sim. Θ = 80 ◦ C
10 Probe 5 Θ = 80 ◦ C
5
0
0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5
∆n [mm]
Abb. 6.24: Simulation des Kopfzugversuchs in Abhängigkeit der Temperatur Θ mit der
Anfangsfließspannung bei Raumtemperatur τ0 aus dem Scherzugversuch
on, da neben den Parametern ã1 und ã2 sowohl die Anfangsfließspannung τ0 als
auch die Parameter der isotropen Verfestigungsspannung (6.70) einen Einfluss
auf die Form der Fließfunktion haben.
Im Folgenden wird dennoch eine Simulation mit der Anfangsfließspannung aus
den aktuellen Testdaten des Torsionsversuchs an der Doppelrohrprobe darge-
stellt und diskutiert. Die Abbildung 6.25 zeigt die Simulation der Kopfzugpro-
be mit der Anfangsfließspannung τ0 = 19.66 MPa, die im Rahmen des Pro-
jekts P957 am IfM Kassel identifiziert worden ist. Die Werte der Parameter
zur Beschreibung der Verfestigungsspannung q0 , b0 und H0 bei Raumtempera-
tur werden hierbei nicht verändert und stammen aus der Identifikation an den
Testdaten der Scherzugprobe.
Bereits bei Raumtemperatur ist deutlich zu erkennen, dass die Anfangsfließ-
spannung aus dem Torsionsversuch an der Doppelrohrprobe im Vergleich zur
Anfangsfließspannung aus dem Scherzugversuch zu einem deutlich besseren Er-
gebnis bzgl. des Fließbeginns bei der Simulation der Kopfzugprobe führt. Je-
doch wird die Verfestigung hier erwartungsgemäß überschätzt. Daraus lässt
sich schließen, dass eine Anpassung aller Materialparameter bei Raumtempera-
tur an kombinierten Zug-Torsionsversuchen ein besseres Ergebnis liefern könnte
– vorausgesetzt die Trends des Temperatureinflusses auf den Fließbeginn und
die Verfestigung sind auf die Versuche an der Doppelrohrprobe übertragbar.
Seite 222
6.5 Verifikation an Grundversuchen
40
Sim. Θ = RT
35 Probe 3 Θ = RT
30 Sim. Θ = 40 ◦ C
25 Probe 1 Θ = 40 ◦ C
tn [MPa]
Sim. Θ = 60 ◦ C
20
Probe 1 Θ = 60 ◦ C
15 Sim. Θ = 80 ◦ C
10 Probe 5 Θ = 80 ◦ C
5
0
0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5
∆n [mm]
Abb. 6.25: Simulation des Kopfzugversuchs in Abhängigkeit der Temperatur Θ mit der
Anfangsfließspannung bei Raumtemperatur τ0 = 19.66 MPa aus dem
Tosionsversuch an der Doppelrohrprobe (P957 )
Des Weiteren ist in Abbildung 6.25 zu erkennen, dass sich der Einfluss der Tem-
peratur auf die Anfangsfließspannung und Verfestigung – der in den Testdaten
der dicken Scherzugprobe zu Beobachten ist – im Simulationsergebnis der Kopf-
zugprobe ebenfalls zeigt. Jedoch ist dieser Trend an den Testdaten der Kopf-
zugprobe nicht zu erkennen. Vielmehr zeigen die Tests an der Kopfzugprobe
bei Raumtemperatur und der Temperatur Θ = 40 ◦C eine deutlich ausgeprägte
Verfestigung, welche sich jedoch entgegen der Tests an der dicken Scherzug-
probe (vgl. Abbildung 6.22) ab der Temperatur Θ = 60 ◦C stark verringert.
Im Vergleich dazu zeigen die Messergebnisse an der dicken Scherzugprobe, dass
sich die Steigung der Verfestigung mit ansteigender Temperatur nur geringfügig
ändert.
Im Entfestigungsbereich zeigt das Ergebnis der Simulation des Kopfzugs eine
Erhöhung des Bruch- und kritischen Verschiebungssprungs mit steigender Tem-
peratur, was auch der Anpassung an den Testdaten der dicken Scherzugprobe
entspricht. Jedoch wird beim Vergleich der Simulationen mit den Messdaten
der Kopfzugversuche deutlich, dass sich sowohl der Bruch- als auch kritische
Verschiebungssprung mit der Temperatur deutlich stärker ändern als es beim
Scherzugversuch der Fall ist. Somit muss ein zusätzlicher Ansatz für die Tem-
peraturabhängigkeit des Bruch- und kritischen Verschiebungssprungs berück-
Seite 223
6 Materialmodell zur Abbildung der Klebschichteigenschaften unter
Betriebslasten
Im Rahmen des Projekts ist vorgesehen, einen Schädigungsansatz für den sog.
low cycle fatigue zur Abbildung des Versagens aufgrund niederzyklischer Be-
lastung in die Modellbildung für das Materialverhalten zähmodifizierter Struk-
turklebstoffe aufzunehmen. Jedoch zeigt sich anhand der vom LWF durchge-
führten zyklischen Versuche an der dicken Scherzugprobe unter Vorgabe ver-
schiedener Verschiebungsamplituden, dass das Materialverhalten infolge zykli-
scher Belastung deutlich komplizierter als erwartet ist (vgl. Abbildung 6.27 und
6.28).
Das LWF hat Versuche an der dicken Scherzugprobe unter Wechselbelastung
mit verschiedenen Verschiebungsamplituden sowie einen Versuch unter schwel-
lender Belastung durchgeführt. Die Belastungskurve in Abbildung 6.26(a) zeigt
die Wechselbelastung exemplarisch und in Abbildung 6.26(b) ist die Kurve
der schwellenden Belastung dargestellt. Die Messdaten der zyklischen Versuche
0.40 0.14
0.30 0.11
0.20 0.07
∆t [mm]
∆t [mm]
0.10 0.04
0.00 0.00
−0.10 −0.04
−0.20 −0.07
−0.30 −0.11
−0.40 −0.14
0 2000 4000 6000 0 1000 2000 3000 4000
t [s] t [s]
(a) Wechselbelastung (b) schwellende Belastung
Seite 224
6.6 Ausblick zur Modellierung von Schädigung infolge niederzyklischer
Belastung
30 30
20 20
τ exp [MPa]
τ exp [MPa]
10 10
0 0
−10 −10
−20 −20
−30 −30
−0.4−0.3−0.2−0.1 0 0.1 0.2 0.3 0.4 −0.4−0.3−0.2−0.1 0 0.1 0.2 0.3 0.4
∆t [mm] ∆t [mm]
(a) (b)
30 50
40
20 30
[MPa]
20
10
tt [MPa]
10
0 0
exp
−10
−10
τ
−20
−30
−20
−40
−30 −50
−0.4−0.3−0.2−0.1 0 0.1 0.2 0.3 0.4 −0.15 −0.1 −0.05 0 0.05 0.1 0.15
∆t [mm] ∆t [mm]
(c) (d)
Seite 225
6 Materialmodell zur Abbildung der Klebschichteigenschaften unter
Betriebslasten
25 1. Zyklus
20 2. Zyklus
3. Zyklus
15 4. Zyklus
5. Zyklus
τ exp [MPa]
10 6. Zyklus
7. Zyklus
5
8. Zyklus
0 9. Zyklus
10. Zyklus
−5
−10
−15
0 0.04 0.08 0.12
∆t [mm]
(a)
25 1. Zyklus
20 2. Zyklus
3. Zyklus
15 4. Zyklus
5. Zyklus
τ exp [MPa]
10 10. Zyklus
100. Zyklus
5
200. Zyklus
0 300. Zyklus
360. Zyklus
−5
−10
−15
0 0.04 0.08 0.12
∆t [mm]
(b)
für ist zum einen die deutliche Verringerung der Schubspannung τ exp nach dem
ersten Zyklus, welche sich jedoch in den nachfolgenden Zyklen weniger stark
ausgeprägt. Zum anderen ist eine Asymmetrie bzgl. des Spannungsmaximums
zwischen dem ersten und dritten Quadrant im τ exp -∆-Diagramm zu erkennen.
Seite 226
6.6 Ausblick zur Modellierung von Schädigung infolge niederzyklischer
Belastung
Das Ergebnis der Simulation mit dem Ansatz nach Armstrong und Frede-
rick ist zum Vergleich in Abbildung 6.27(d) dargestellt. Die Parameter der
Konstitutivgleichungen sind nicht an die Messdaten der Tests angepasst, je-
doch zeigt das Ergebnis der Simulation, dass die genannten Phänomene mit
dem Modellansatz auch qualitativ nicht abgebildet werden können. Vielmehr
sind weiterreichende Ansätze zur Abbildung eines solch komplexen phänome-
nologischen Verhaltens notwendig, welche im Rahmen der Projektlaufzeit ne-
ben den anderen Arbeitspunkten nicht entwickelt werden können. Aufgrund der
Komplexität des Forschungsvorhabens mussten die Arbeiten zur Abbildung des
zyklischen Verhaltens und der Schädigung aufgrund niederzyklischer Belastung
daher zugunsten der anderen Arbeitspunkte ruhen.
Im Einvernehmen mit dem Projektbegleitenden Ausschuss werden die Arbei-
ten zur Beschreibung des zyklischen Materialverhaltens sowie der Schädigung
infolge niederzyklischer Belastung in Ausblick gestellt.
Seite 227
9 Validierung der konstitutiven Gleichungen
an der Bi-Metall-Probe unter
Betriebsbelastung
P. Kühlmeyer, A. Matzenmiller, IfM Kassel
Die Prognosefähigkeit der konstitutiven Gleichungen wird durch
den Vergleich der Messdaten des Bi-Metall-Versuchs unter betrieb-
sähnlicher thermischer Belastung mit dem Ergebnis der entspre-
chenden Simulationsrechnung festgestellt. An der Bi-Metall-Probe
haben die Fügepartner verschiedene Wärmeausdehnungskoeffizien-
ten, welche unter thermischer Belastung zu einer Beanspruchung
der Klebschicht aufgrund von behinderten Temperaturdehnungen an
den Fügepartnern führen. Dieser Beanspruchungszustand hat eine
Relativverschiebung zwischen den Blechen sowie eine Durchsenkung
am Probenende zur Folge, welche zur Validierung als Funktion der
Zeit erfasst und den entsprechenden Verschiebungen der Knoten
aus der FE-Simulation gegenüber gestellt werden.
For validating the constitutive equations a comparison is made be-
tween the measurement data of the bimetal test under thermal op-
eration load and the results of the corresponding simulation. The
bimetal specimen consists of two sheets with different thermal ex-
pansion coefficients subjected to temperature changes. That yields
a state of stress in the bonding layer due to constrained thermal
expansions of the adherends and, thus, a relative displacement be-
tween both sheets and a deflection at the end of the specimen, which
are measured over time and compared to the corresponding nodal
displacements of the FE-simulation.
Seite 255
9 Validierung der konstitutiven Gleichungen an der Bi-Metall-Probe unter
Betriebsbelastung
y x
z
Einspannung Klebstoff
Aluminium tAl
50
Stahl
dk
9 Abstandhalter tSt 16
250
344
Abb. 9.1: Prinzipskizze der Bi-Metall-Probe mit den Abmessungen in der Einheit [mm]
z x
Θ(t) = Θ0
Θ(t) > Θ0
Seite 256
9.2 FE-Modell der Bi-Metall-Probe
∆mess + ∆t lmess
(a) Relativverschiebung (b) Durchsenkung
Seite 257
9 Validierung der konstitutiven Gleichungen an der Bi-Metall-Probe unter
Betriebsbelastung
(a) (b)
im Sinne der FEM werden die notwendigen Randbedingungen aus dem Ver-
such auf das FE-Modell übertragen. Die Bleche werden im Versuch über eine
Länge von 9 mm zwischen zwei Spannbacken mittels Schrauben eingespannt.
Zwischen den Blechen ist im Einspannbereich ein Abstandhalter eingebracht,
welcher die gleiche Dicke wie die Klebschicht hat. Durch die Verschraubung in
Verbindung mit der isotropen Temperaturausdehnung aller an der Einspannung
beteiligten Materialien kann von einer festen Einspannung – d. h. ohne Schlupf
der Bleche an der Einspannung aufgrund der Belastung – ausgegangen werden.
Etwaige Effekte aufgrund von Verspannungen im Bereich der Einspannung sind
nicht von Interesse, sondern lediglich die Biegung der Probe infolge der Tem-
peraturbelastung sowie die Relativverschiebung der Bleche an der Klebschicht
sind von Relevanz für die Validierung. Aufgrund dessen wird die Einspannung
über die Definition adäquater Verschiebungsrandbedingungen an den Knoten
des Einspannungsrands modelliert. In den Abbildungen 9.5(a) bis (c) sind die
Randbedingungen in den drei Ebenen dargestellt. Die Knoten werden derart
gesperrt, dass sich die Bleche aufgrund der Temperaturbelastung ungehindert
in alle Richtungen ausdehnen können. So werden die Freiheitsgrade der bei-
den gegenüberliegenden Knoten des Alu- und Stahlblechs (s. Abbildung 9.5(a))
in der x-z-Ebene sowohl in x-Richtung als auch in z-Richtung gesperrt wo-
hingegen die Freiheitsgrade der restlichen Knoten entlang der Kante und in die
Seite 258
9.3 Validierung der konstitutiven Gleichungen an der Bi-Metall-Probe
x
y
z
z
y
(c) Unten
Seite 259
9 Validierung der konstitutiven Gleichungen an der Bi-Metall-Probe unter
Betriebsbelastung
90
80 Loadcurve Probe 1
Loadcurve Probe 2
70
Loadcurve Probe 3
60 Loadcurve Probe 4
Θ [◦C]
50 Mittelung
40
30
20
10
0
0 50 100 150 200 250 300 350 400
t [min]
Abb. 9.6: Verläufe der Temperaturbelastung an den Proben
Seite 260
9.3 Validierung der konstitutiven Gleichungen an der Bi-Metall-Probe
90
80
70
60
Θ [◦C]
50
40
30
20
10
Mittelung der Messdaten
Glättung
0
0 50 100 150 200
t [min]
Abb. 9.7: Gegenüberstellung der gemittelten Temperaturbelastungen und der
Belastungskurve für das FE-Modell
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9 Validierung der konstitutiven Gleichungen an der Bi-Metall-Probe unter
Betriebsbelastung
10 Probe 1
8 Probe 2
Probe 3
6 Probe 4
uz [mm]
4 Simulation
2
0
−2
−4
0 50 100 150 200 250 300 350
t [min]
Abb. 9.9: Simulierte Durchsenkung der Bi-Metall-Probe
Das Ergebnis der Relativverschiebung ∆ux aus der Simulation wird in Abbil-
dung 9.10 den gemessenen Relativverschiebungen (vgl. Abbildung 7.13) gegen-
über gestellt. Die Materialantwort liegt im Vergleich mit den Messdaten aus den
Versuchen leicht oberhalb des Streubands. Jedoch fällt bzgl. der Messdaten das
relativ starke Rauschen auf, wohingegen die Messergebnisse für die Durchsen-
kung im Vergleich dazu deutlich glatter sind. Dies könnte möglicherweise an den
im Vergleich zu den Werten der Durchsenkung relativ kleinen Verschiebungen
liegen. Letztlich ist die Korrelation zwischen dem Ergebnis der Messung und
der Simulation für die Relativverschiebung ∆ux augenscheinlich relativ gut.
0.14 Probe 1
0.12 Probe 2
Probe 3
∆ux [mm]
0.10 Probe 4
0.08 Simulation
0.06
0.04
0.02
0.00
0 50 100 150 200 250 300 350
t [min]
Abb. 9.10: Relativverschiebung aus der Simulation der Bi-Metall-Probe
Insgesamt kann festgestellt werden, dass der thermoviskoelastische Teil des Kon-
Seite 262
9.3 Validierung der konstitutiven Gleichungen an der Bi-Metall-Probe
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Schrifttum
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