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Festigkeitslehre - Grundlagen
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10 Grundlagen und Grundbegri↵e
Wie auch die Statik stellt die Festigkeitslehre ein Teilgebiet der Technischen Mechanik
dar. Ihre Aufgaben sind:
Dabei ist die Festigkeitslehre ein interdisziplinäres Fachgebiet und erfordert unter
anderem Kenntnisse aus
• Mathematik,
• Physik,
• Statik und
• Werksto↵kunde.
Ziel der Festigkeitslehre ist eine sichere und wirtschaftliche Bauteilauslegung unter
Berücksichtigung
• der Werksto↵eigenschaften.
Als äußere Belastung kennen wir bereits Kräfte, Streckenlasten und Momente. Diese
führen im Bauteil zu inneren Beanspruchungen. Als Maß für die innere Beanspru-
chung werden die mechanischen Spannungen bzw. ⌧ definiert.
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Festigkeitslehre: Grundlagen und Grundbegri↵e 91
10.1 Grundbelastungsarten
Auf Bauteile wirken äußere Belastungen durch mechanische, thermische und chemi-
sche Einwirkungen. Diese rufen im Bauteil innere Beanspruchungen hervor. Treten in-
nere Beanspruchungen ohne äußere Belastung auf, nennt man diese Eigenspannungen.
Bei mechanischer Belastung unterscheidet man die Grundbelastungsfälle in Tabelle
10.1. Diese leiten sich aus den in Abschnitt 9 behandelten, statischen Schnittreaktionen
in einem stabförmigen Bauteil ab und werden durch das Schnittprinzip sichtbar gemacht.
10.2 Schnittprinzip
In der Statik haben wir gelernt, wie die Schnittgrößen als Resultierende der von Material
zu übertragenden Belastungen zu ermitteln sind. Die Festigkeitslehre untersucht, wie die
Schnittgrößen über die Querschnittsfläche verteilt sind.
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Normalkraft Zug/Druck
Biegemoment Biegung
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Wir schneiden ein stabförmiges Bauteil an der beliebigen Stelle x gedanklich durch. Die
Beanspruchung an einer Teilfläche A der so entstehenden Schnittfläche A ist gekenn-
zeichnet durch die dort angreifende, anteilige Kraft F~ . Dabei wird eine in der Regel
über die Fläche A ungleichmäßige Kraftverteilung sichtbar.
Die Schnittkraft F~ ist die gemittelte, über das Flächenelement A wirkende Kraft die-
ser Kraftverteilung. Um Aussagen über die örtliche Beanspruchung machen zu können,
lassen wir die Schnittfläche infinitesimal klein werden. Um den Einfluss der Schnitt-
flächengröße auszuschalten, führt man als Beanspruchung die bezogenen Größe ~ gemäß
F~ dF~
~ = lim = (10.1)
A!0 A dA
ein. Die bezogene Größe ~ bezeichnen wir im Folgenden als mechanische Spannung.
10.3 Spannungsarten
Während des Betriebes unterliegt ein Bauteil gewollten und ungewollten Be-
lastungen. Gewollte Belastungen resultieren aus der Funktion des Bauteiles (z.B.
Zahnradkräfte, Bremsmomente), ungewollte Belastungen resultieren aus unerwünschten
Vorgängen (z.B. ungewollte Schwingungen, Belastungsstöße, Eigenspannungen).
Je nach Wirkung der äußeren Kraft– und Momentenbelastungen resultieren die inneren
Schnittkräfte und –momente und die zugeordneten Beanspruchungsarten (vgl. Tabelle
10.1):
• Normalkraft ) Zug/Druckspannung
• Querkraft ) Querschubspannung
• Biegemoment ) Biegespannung
• Torsionsmoment ) Torsionsspannung
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Schnittgröße
Spannung = (10.2)
Geometriegröße
Für die Zug/Druckspannung und die Querschubspannung ist die Schnittgröße die jewei-
lige Normalkraft N bzw. Querkraft Q. Die Geometriegröße ist die Querschnittsfläche
A und daher einfach zu bestimmen.
Bei den Biege- und Torsionsspannungen handelt es sich bei der Schnittgröße um das
jeweilige Biegemoment Mb bzw. Torsionsmoment Mt . Für die Beschreibung des Wider-
standes eines Querschnitts gegen Biegung bzw. Torsion genügt die Fläche alleine nicht
mehr. Vielmehr ist die Verteilung der Fläche um die neutrale Faser wichtig. Für die
Berechnung der maximalen Spannungskomponenten treten hier die Widerstandsmo-
mente gegen Biegung Wb bzw. gegen Torsion Wt in Erscheinung. Auf diese werden wir
an späterer Stelle noch ausführlicher eingehen.
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11 Normalspannungen
11.1.1 Spannungsermittlung
Abbildung 11.1 zeigt als einfaches Beispiel einen geraden, prismatischen Stab, auf den
in Achsrichtung eine Einzelkraft als a) Zugkraft bzw. b) Druckkraft wirkt. Die Wir-
kungslinie der Kraft soll dabei durch den Flächenschwerpunkt des Stabquerschnittes
(symbolisiert durch die Strichpunktlinie) verlaufen. Die Querschnittsfläche muss nicht
notwendigerweise über die ganze Länge gleich sein, es sollen aber keine abrupten Quer-
schnittsänderungen auftreten.
Typische, auf Zug beanspruchte Bauteile sind z.B. Seile, Schrauben und Rohrleitungen
unter Innendruck. Auf Druck beanspruchte Bauteile sind z.B. Brückenpfeiler, Stützen
oder Pleuel in Verbrennungsmotoren.
Durch das Schnittprinzip machen wir die Resultierende der inneren Beanspruchung sicht-
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Festigkeitslehre: Zug und Druck 96
N
= . (11.1)
A
F F
Zug: z =+ > 0, Druck: d = < 0. (11.2)
A A
1 N/m2 = 1 Pa.
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In der Technik gebräuchlicher ist die die Einheit Megapascal (MPa) bzw. N/mm2 , wobei
gilt
Zum Festigkeitsnachweis gehört nicht nur die Berechnung der Spannungen, sondern auch
die Ermittlung der Beanspruchbarkeit. Diese wird durch Werksto↵kennwerte ge-
kennzeichnet, die meist in genormten Versuchen ermittelt werden. Bei reiner Zugbean-
spruchung werden die erforderlichen Werksto↵kennwerte im aus der Vorlesung Werk-
sto↵kunde bekannten, einachsigen Zugversuch, der in DIN EN ISO 6892 genormt ist,
ermittelt.
11.1.2 Zugversuch
11.1.2.1 Versuchsdurchführung
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Festigkeitslehre: Zug und Druck 98
Probe wird dabei verlängert. Die Zugkraft F wird in Abhängigkeit von der Verlänge-
rung der Probe l aufgezeichnet.
l
"0 [%] = · 100% (11.5)
l0
Trägt man 0 über "0 auf, erhält man das technische Spannungs-Dehnungs-
Diagramm1 . Dessen Verlauf ist werksto↵spezifisch und charakterisiert das Werk-
sto↵verhalten im Zugversuch. Eine pauschale Einteilung des Werksto↵verhaltens kann
erfolgen in
• sprödes Werksto↵verhalten.
1
Während des Zugversuches ändern sich Länge und Querschnittsfläche der Probe (vgl. Abschnitt
11.1.3). Bezieht man die gemessene Verlängerung bzw. Kraft nicht auf die Ausgangslänge bzw.
-fläche der Probe, sondern auf die aktuelle Probenlänge bzw. -querschnittsfläche, erhält man das
wahre Spannungs-Dehnungs-Diagramm. Dieses wird z.B. in der Umformtechnik benötigt.
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Festigkeitslehre: Zug und Druck 99
0 ⇠ "0 .
Der linear-elastische Bereich I wird auch Hookescher Bereich genannt, die Ge-
rade OP heißt Hookesche Gerade. Der Werksto↵ verhält sich linear-elastisch,
d.h. nach einer vollständigen Entlastung verschwindet die Verformung
vollständig.
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Festigkeitslehre: Zug und Druck 100
Bei Entlastung tritt eine lineare Rückfederung parallel zur Hookeschen Geraden
auf (Linie CB). Nur der elastische Anteil der Dehnung geht zurück, es tritt eine
bleibende Stabverlängerung um die plastische Dehnung "pl auf. Eine Wieder-
belastung verläuft entlang der Linie BC.
Ab dem Höchstlastpunkt ist der Stab nicht mehr in der Lage, eine größere Kraft
aufzunehmen. An der statistisch schwächsten Stelle beginnt der Probestab ein-
zuschnüren. Die Abnahme des tragenden Querschnittes führt zu einer entspre-
chenden Abnahme der ertragbaren Kraft. Schließlich kommt es zum Bruch. Die
zugehörige Dehnung nennt man Bruchdehnung A5 bzw. A10 . Der Index 5 bzw. 10
gibt das Verhältnis der Probenlänge zum Probendurchmesser an. Die Bruchdeh-
nung ist ein Maß für die Duktilität des Werksto↵s.
Spröde Werksto↵e zeigen keinen oder nur einen sehr kleinen plastischen Bereich. Im
Extremfall verhalten sie sich bis zum Bruch linear-elastisch.
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Festigkeitslehre: Zug und Druck 101
Zunächst beschäftigen wir uns mit dem linear-elastischen Bereich des Spannungs-
Dehnungsdiagramms und den daraus abgeleiteten Elastizitätskennwerten.
11.1.3.1 Längsdehnung
l
"0 = "l = .
l0
Der Zusammenhang zwischen Spannung und Dehnung wird durch das Sto↵gesetz her-
gestellt.
0 = E · "0 (11.6)
ausgedrückt, welches in dieser einfachen Form nur bei einachsiger Zug- oder Druckbe-
lastung gilt. Bei mehrachsiger Beanspruchung muss das Hookesche Gesetz erweitert
werden (siehe Vorlesung TM II). Der Proportionalitätsfaktor E wird als Elastizitäts-
modul oder kurz E-Modul bezeichnet. Es gelten folgende Anhaltswerte:
Setzt man die Definition für Spannung und Dehnung in das Hookesche Sto↵gesetz
(11.6) ein, erhält man
F l EA0
=E· ) F = l =c· l
A0 l0 l0
EA0
mit der Dehnsteifigkeit EA0 des Zugstabs und seiner Federsteifigkeit c = l0
analog
zu einer Hookeschen Feder.
2
Analog dazu wird ein Druckprobe im Druckversuch (siehe Abschnitt 11.1.4.4) um eine negative Längs-
dehnung (Stauchung) verkürzt.
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Festigkeitslehre: Zug und Druck 102
Bei Zug- und Druckbeanspruchung tritt nicht nur eine Längenänderung auf, sondern
auch eine Verformung in Querrichtung, die sogenannte Querkontraktion oder Quer-
dehnung "q , die mit Hilfe von Querdehnungs-Messaufnehmern im Zug- bzw. Druckver-
such ermittelt werden kann. Der Stab unter Zug wird länger und dünner, der Stab unter
Druck wird kürzer und dicker. Die einheitenlose Querkontraktionszahl (auch: Querdehn-
zahl oder Poissonzahl) ⌫ – in manchen Lehrbüchern auch mit µ bezeichnet – ist wie folgt
definiert:
"q
⌫= (11.7)
"l
Entsprechend kann die Querdehung "q mit dem Poissonschen Gesetz in Abhängigkeit
von der Längsdehnung "l beschrieben werden:
Kork ⌫ ⇡0
Beton ⌫ = 0,2
Gusseisen mit Lamellengraphit ⌫ = 0,25 . . . 0,27
Stahl, Stahlguss ⌫ = 0,3
Al und Al-Legierungen ⌫ = 0,33
Kupfer ⌫ = 0,34
Elastomere ⌫ ⇡ 0,5
11.1.4 Werksto↵kennwerte
11.1.4.1 Festigkeitskennwerte
Der in Kapitel 11.1.2 beschriebene Zugversuch dient dazu, neben den Elastizitätskon-
stanten E und ⌫ weitere, für die Festigkeitsberechnung wichtige Werksto↵kennwerte zu
ermitteln.
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Festigkeitslehre: Zug und Druck 103
durch Fließen. Mit der Fließlast FF bei Verlassen des linear-elastischen Bereiches und
der Ausgangsfläche A0 gilt:
FF
F = . (11.9)
A0
Fmax
Rm = . (11.10)
A0
Bei spröden Werksto↵en erfolgt das Versagen durch spröden Gewaltbruch, es ist
keine Einschnürung der Probe zu erkennen. Im Zugversuch lässt sich bei spröden Mate-
rialien keine Fließgrenze bestimmen (siehe Abbildung 11.5), sondern nur die Zugfestigkeit
aus der Höchstlast Fmax und dem Ausgangsquerschnitt A0 nach Gleichung (11.10).
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Festigkeitslehre: Zug und Druck 104
Viele duktile Werksto↵e, wie z.B. Baustähle, zeigen einen ausgeprägten Fließbereich
wie in Abbildung 11.6 dargestellt. Die Probe verlängert sich nach dem Verlassen des
Hookeschen Bereiches ohne weitere Spannungserhöhung. Zur Kennzeichnung verwendet
man für die Fließgrenze die Bezeichnungen
• untere Streckgrenze ReL : Sie gibt den Kleinstwert während des ausgeprägten
Fließens wieder.
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Festigkeitslehre: Zug und Druck 105
11.1.4.4 Druckversuch
FF
| dF | = ⇡ Re . (11.11)
A0
Fp
| dp | = ⇡ Rp . (11.12)
A0
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Festigkeitslehre: Zug und Druck 106
Mit abnehmender Höhe der Probe nimmt bei duktilen Werksto↵en der Durchmesser zu
und die Druckspannungs-Stauchungskurve steigt kontinuierlich an. Ein Bruch tritt
nicht auf. Eher ist mit einem Versagen durch Knicken zu rechnen. Bei duktilen
Werksto↵en wird daher keine Druckfestigkeit ermittelt.
Spröde Werksto↵e (z.B. Gusseisen mit Lamellengraphit) nehmen unter Druck meist
deutlich höhere Belastungen als unter Zug auf. Die Druckfestigkeit dB spröder Werk-
sto↵e kann ein Vielfaches der Zugfestigkeit Rm betragen (z.B. Grauguss mit Lamellen-
graphit dB = 2,5Rm ).
Mit einem Versagen des Bauteiles ist zu rechnen, wenn die wirkende Spannung die
Festigkeitsgrenze erreicht. Bei der Festlegung der zulässigen Spannung zul wird aus
Sicherheitsgründen der Festigkeitskennwert (Re , Rp , Rm für Zug bzw. dF , dp , dB für
Druck) durch einen Sicherheitsbeiwert S dividiert. Dieser Sicherheitsbeiwert soll alle
Unsicherheiten einer Festigkeitsberechnung abdecken, z.B.:
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Festigkeitslehre: Zug und Druck 107
Der Sicherheitsbeiwert gegen plastische Verformung (Fließen) kann in der Regel niedriger
als der gegen Bruch angesetzt werden, da sich ein Bruch durch plastische Verformungen
ankündigt (Zähbruch).
Re Rp
Fließen : zul = bzw. mit SF = 1,2 . . . 2,0 (11.13)
SF SF
Rm
Bruch : zul = mit SB = 2,0 . . . 4,0 (11.14)
SB
Maßgeblich für den Festigkeitsnachweis ist der niedrigere der beiden zul -Werte.
Bauteile aus duktilen Werksto↵en unter Druck versagen durch Fließen oder
Knickung. Die zulässige Spannung gegen Fließen berechnet sich zu
dF dp
Fließen : zul = bzw. mit SF = 1,2 . . . 2,0. (11.15)
SF SF
In vielen Fällen sind nur die Werksto↵kennwerte aus dem Zugversuch bekannt. Als
Ersatzwerte für die Quetschgrenze dF bzw. die Stauchgrenze dp werden daher die
Streckgrenze Re bzw. die Dehngrenze Rp verwendet.
Der Bruch bei einem spröden Werksto↵ unter Zug wird durch keine nennenswerten
plastischen Formänderungen angekündigt (Sprödbruch). Daher wird bei spröden Werk-
sto↵en nicht gegen Fließen, sondern nur gegen Bruch dimensioniert. Da sich der Bruch
nicht durch plastische Verformungen ankündigt, wird der Sicherheitsbeiwert SB meist
entsprechend höher gewählt:
Rm
Bruch : zul = mit SB = 4,0 . . . 9,0 (11.16)
SB
Bauteile aus spröden Werksto↵en unter Druck versagen durch Scherbruch oder
Knickung. Die zulässige Spannung gegen Bruch berechnet sich zu
dB
Bruch : zul = mit SB = 4,0 . . . 9,0. (11.17)
SB
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B Werksto↵kennwerte
Falls nicht anders gekennzeichnet, wurden die in den Tabellen verwendeten Werksto↵-
kennwerte Rolo↵/Matek - Maschinenelemente Tabellenbuch, 19. Auflage (2009) [17] ent-
nommen bzw. berechnet. Folgende Bezeichnungen werden in den Tabellen verwendet
(alle Werte in MPa):
• Rm,N : Mindestzugfestigkeit
• Re,N : Streckgrenze
• Rp0,2,N : 0, 2%-Dehngrenze
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Werksto↵kennwerte 158
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Technische Mechnanik I - Statik und Festigkeitslehre Grundlagen 1
Lehrbeispiel 12.1:
a) Ein fest eingespannter Stab mit Kreisringquerschnitt (Innendurchmesser ,
Außendurchmesser ) wird zentrisch in der gezeichneten Weise durch die
Kraft belastet.
Copyright - Darf nur im Rahmen der bestimmungsgemäßen Lehrveranstaltung verwendet und vervielfältigt werden!
Gegeben: , ,
Lösung:
b) Mittels Dehnungsmessstreifen (kurz: DMS), die auf der Bauteiloberfläche appliziert werden, kann
die Dehnung eines Bauteils mittels Messelektronik gemessen und in eine Spannung umgerechnet
werden (auf die DMS-Technik gehen wir in TM II ein). Bei einem Stab mit quadratischem
Querschnitt, der durch die Kraft in der gezeichneten Weise belastet wird, wird mittels DMS-
Technik die Spannung gemessen.
Gegeben: ,
Lösung:
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Technische Mechnanik I - Statik und Festigkeitslehre Grundlagen 2
Lösung
a) Statik: Um die innere Normalkraft zu erhalten, schneiden wir den Stab an einer beliebigen Stelle
durch und tragen die Schnittreaktion unter Beachtung der Schnittuferregel ein.
Copyright - Darf nur im Rahmen der bestimmungsgemäßen Lehrveranstaltung verwendet und vervielfältigt werden!
Der Stab wird zusammengedrückt, er steht unter Druck. Durch Beachtung der Schnittuferregel
haben wir folgerichtig eine negative Normalkraft, also eine Druckkraft ermittelt.
Auch die Spannung im Stab erhalten wir damit vorzeichenrichtig. Für die Normalspannung bei
Zug bzw. Druck gilt:
Der Stab besitzt einen Kreisringquerschnitt. Die Querschnittsfläche berechnet sich gemäß
Wegen des negativen Vorzeichens handelt es sich wie erwartet um eine Druckspannung1.
1 Bei solch einfachen Beispielen muss man natürlich nicht immer vollständig freischneiden. Beim vorliegenden
Beispiel sieht man mit ein wenig Übung sofort, dass die innere Reaktionskraft -F sein muss und kann diese auch
gleich in die Formel zur Berechnung der Spannung einsetzen.
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Technische Mechnanik I - Statik und Festigkeitslehre Grundlagen 3
b) Wir verzichten dieses mal wegen der Einfachheit des Beispiels auf das Freischneiden.
Der Stab wird in die Länge gezogen. Dies bedeutet, dass die Normalkraft eine Zugkraft ist, die
zugehörige Spannung ist daher eine positive Zugspannung.
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Technische Mechanik I - Statik und Festigkeitslehre Grundlagen 1
Lehrbeispiel 12.2:
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Technische Mechanik I - Statik und Festigkeitslehre Grundlagen 2
Lösung
a) Die Verlängerung des Stabes erhalten wir zu
,
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Dies ist der Wert, der für die weiteren Berechnungen verwendet wird.
Wegen der kleinen Zahlenwerte ist es in der Technik oft üblich, die Dehnung in Prozent anzugeben:
.
Für Berechnungen muss dieser Prozentwert aber wieder durch dividiert werden!
Das Hookesche Stoffgesetz stellt den Zusammenhang zwischen der Zugspannung und
Längsdehnung her:
b) Beim Fließen bzw. Plastifizieren wird die Streckgrenze des Materials überschritten. Liegt die
ermittelte Spannung unterhalb der Streckgrenze, bleibt das Bauteil im elastischen (= Hookeschen)
Bereich. Die Sicherheit gegen Fließen berechnet sich zu
Als Richtwert sollte die Sicherheit gegen Fließen in etwa zwischen 1,2 und 2,0 liegen.
Wird die (Mindest-)Zugfestigkeit des Materials überschritten, bricht das Bauteil. Die Sicherheit
gegen Bruch erhält man zu
Bei duktilen Werkstoffen wie dem verwendeten Baustahl E360 kündigt sich der Bruch durch
vorheriges Plastifizieren nach dem Überschreiten der Streckgrenze an. Die Sicherheit gegen Bruch
wird meist höher als gegen Plastifizieren angesetzt, typischerweise sollte diese für duktile
Werkstoffe zwischen 2,0 und 4,0 liegen. Spröde Werkstoffe besitzen praktisch keinen plastischen
Bereich. Bei solchen Werkstoffen versagt das Bauteil spontan, die Sicherheit gegen Bruch sollte
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Technische Mechanik I - Statik und Festigkeitslehre Grundlagen 3
daher höher angesetzt und typischerweise zwischen 4,0 und 9,0 gewählt werden1.
c) Wird ein Stab elastisch verlängert, ändern sich auch seine Querschnittsabmessungen. Diese Quer-
schnittsänderung wird mit Hilfe der Querkontraktionszahl (auch Querdehnzahl) und dem Poisson-
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Den Durchmesser eines Stabes im deformierten Zustand erhält man über die Definition
Die Durchmesseränderung ist nicht auf Volumenkonstanz zurückzuführen, wie man vielleicht zuerst
denken würde. Dies erkennt man bereits daran, dass unterschiedliche Materialen auch unterschied-
liche Querkontraktionszahlen besitzen (z.B. Stahl: , Beton: , Elastomere (Gummi):
).
Wir berechnen das Volumen vor der Deformation
1 Bei modernen Festigkeitsnachweisen wird die notwendige Sicherheit vorgegeben. So legt z.B. die im Maschinen-
bau weit verbreitete FKM-Richtlinie (FKM = Forschungskuratorium Maschinenbau) die Sicherheit in Abhängigkeit
von der Auftretenswahrscheinlichkeit der berechneten Spannungen (oft wird z.B. mit Missbrauchslasten gerechnet,
die im praktischen Betrieb eher selten auftreten) und den Schadensfolgen fest, siehe hierzu die Vorlesung
„Betriebsfestigkeit und FKM-Richtlinie“ im höheren Semester.
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Technische Mechanik I - Statik und Festigkeitslehre Grundlagen 4
In der Praxis ist diese minimale Änderung natürlich vernachlässigbar und man kann in sehr guter
Näherung von Volumenkonstanz ausgehen.
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Technische Mechanik I - Statik und Festigkeitslehre Festigkeitslehre 1
Lehrbeispiel 12.3:
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Ein einseitig fest eingespannter Verbundstab besteht zu zwei Dritteln aus Aluminiumvollmaterial
(E-Modul , Streckgrenze ) und zu einem Drittel aus einem Stahlrohr (E-Modul ,
Streckgrenze ), die fest miteinander verbunden sind. Die Gesamtlänge des Stabes ist , beide
Teile besitzen den gleichen Außendurchmesser , der Innendurchmesser der Stahlrohres ist . Die
Belastung erfolgt durch die Kraft .
Gegeben: , , , , ,
, .
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Technische Mechanik I - Statik und Festigkeitslehre Festigkeitslehre 2
Lösung
a) Statik: Wir schneiden den Verbundstab gedanklich an der Verbindungsstelle und unmittelbar neben
der Einspannstelle durch.
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Jeder Stabteil muss für sich im Gleichgewicht sein. Wir erkennen, dass die Stabkraft überall im Stab
gleich sein muss, damit das Kräftegleichgewicht erfüllt ist, nämlich .
Für die Spannung im Aluminiumvollquerschnitt erhalten wir
Damit können wir die vorhandene Sicherheit gegen Fließen im Alu-Teil bestimmen:
Die Spannung aufgrund der äußeren Belastung im Stahlteil berechnet sich zu:
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Technische Mechanik I - Statik und Festigkeitslehre Festigkeitslehre 3
.
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