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Technomathematik
Spannungen
Temperatur
Verzerrungen
Phasen
Austenit, Perlit,
Martensit, Bainit
1 Einleitung 1
2 Modellierung 5
2.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
2.2 Kinematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
2.3 Lagrangesche und Eulersche Betrachtungsweise . . . . . . . . . . . . . . 8
2.3.1 Lagrangesche Betrachtungsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
2.3.2 Eulersche Betrachtungsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
2.4 Elastizitätstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
2.4.1 Das Hookesche Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
2.4.2 Verzerrungs- und Spannungszustand . . . . . . . . . . . . . . . . 12
2.4.3 Die Piola-Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
2.4.4 Herleitung der allgemeinen Bewegungsgleichung . . . . . . . . . . 16
2.4.5 Die Lamé-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
2.5 Thermoelastizitätstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
2.5.1 Herleitung der Wärmeleitungsgleichung . . . . . . . . . . . . . . . 20
2.5.2 Berücksichtigung thermischer Effekte . . . . . . . . . . . . . . . . 23
2.5.3 Einführung in das Anwendungsproblem . . . . . . . . . . . . . . . 25
2.5.4 Stahl und Stahleigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
2.5.5 Phasenumwandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
2.5.6 Umwandlungsplastizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
2.5.7 Formulierung der Mathematische Aufgabe . . . . . . . . . . . . . 32
3 Lineare Elastizitätstheorie 35
3.1 Existenz- und Eindeutigkeit der schwachen Lösung der stationären Aufgabe 35
3.1.1 Die Aufgabenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
3.1.2 Herleitung der Operatorgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
3.1.3 Eigenschaften des Operators Au . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
3.1.4 Existenz- und Eindeutigkeitssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
3.1.5 Alternativer Lösungsansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
3.2 Existenz und Eindeutigkeit der schwachen Lösung der instationären Aufgabe 43
3.2.1 Das Galerkin-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
3.2.2 Die Aufgabenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
3.2.3 Darstellung als Evolutionsgleichung 2. Ordnung . . . . . . . . . . 48
3.2.4 Der Existenz- und Eindeutigkeitssatz . . . . . . . . . . . . . . . . 51
4 Lineare Thermoelastizitätstheorie 63
4.1 Die Aufgabenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
4.2 Eigenschaften der Operatoren Au und Aθ . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
i
4.3 Existenz- und Eindeutigkeitssatz für die Aufgabe der klassischen linearen
Thermoelastizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
4.3.1 Gemischte Randbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
4.3.2 Vereinfachte Randbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
6 Beispielrechnungen 137
6.1 Die Aufgabenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137
6.2 Darstellung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140
B Bezeichnungen 177
B.1 Mathematische Bezeichnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178
B.2 Physikalische Bezeichnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180
Literaturverzeichnis 185
1 Einleitung
Stahl ist in der Anwendung ein wichtiges und materialwissenschaftlich äußert interessan-
tes und kompliziertes Material.
Der Werkstoffzustand, in dem Bauteile und Werkzeuge aus Stahl hergestellt und bearbei-
tet werden, erfüllt nur selten gleichzeitig auch die Anforderungen, die sich aus dem Ver-
wendungszweck ergeben. Es ist daher notwendig, den Werkstoffzustand durch Wärmebe-
handlung so zu verändern, dass die Eigenschaften den unterschiedlichen Bedingungen in
der jeweiligen Anwendung optimal angepasst werden. Unter Wärmebehandlung versteht
man dabei, ein Werkstück ganz oder teilweise Zeit-Temperatur-Folgen zu unterwerfen,
um eine Änderung seiner Eigenschaften und/oder seines Gefüges herbeizuführen.
Da im Vorfeld einer Wärmebehandlung die Gefahren von ungünstigen Gefügen und un-
erwünschten Verzügen häufig nur durch Erfahrungswerte abgeschätzt werden, ist eine
unvorhersehbar große Abweichung zwischen den gewünschten und resultierenden Eigen-
schaften unvermeidbar.
Im Gegensatz hierzu bietet die numerische Simulation die Möglichkeit unvorteilhafte
Spannungs- und Verzugsverteilungen vorherzusagen. Somit können Ausschüsse sowie eine
kostenintensive Bearbeitung vermieden werden. Allerdings setzt die Simulation der sich
ergebenden Werkstoff- und Bauteileigenschaften nicht nur ein tiefgreifendes Verständnis,
sondern auch eine hinreichend genaue Modellierung der ablaufenden Prozesse sowie die
Kenntnis der erforderlichen Werkstoff- und Prozessparameter voraus.
Im Rahmen des SFB 570 Distortion Engineering“ an der Universität Bremen und dem
”
IWT Bremen werden die eigentlichen Ursachen für den bei der Wärmebehandlung und
mechanischen Bearbeitung von Stahlbauteilen auftretenden Verzug, also ungewollten De-
formationen, systematisch erforscht.
Ein wichtiger Aspekt für die Beherrschung dieser Verzugsursachen ist die mathemati-
sche Untersuchung von Prozessen hinsichtlich der Verzugsentstehung. Eine Modellierung
der verzugsrelevanten Wechselwirkungen zwischen Temperatur, mechanischem Verhalten
und Phasenumwandlungen führt selbst im Falle vereinfachter Annahmen zu einer Rand-
Anfangswert-Aufgabe für ein System nichtlinearer, gekoppelter, partieller und gewöhnli-
cher Differentialgleichungen für die zeit- und ortsabhängigen Felder der Temperatur, der
Verschiebungen und der Phasenanteile.
Eine Besonderheit des Materialverhaltens bei umwandelndem Stahl ist die Umwand-
lungsplastizität, die bereits bei vergleichsweise geringen Spannungen zu bleibenden Ver-
formungen führt. Aus diesem Grund muss das vereinfachte Modell der Thermoelasti-
”
zität mit Phasenumwandlungen“ durch Hinzunahme der Umwandlungsplastizität, oft
auch der klassischen Plastizität, erweitert werden. Diese Modellerweiterung stellt eine
große Herausforderung an die Modellierung selbst, sowie an die funktionalanalytische
und numerische Untersuchung der entstehenden Aufgaben dar.
1
Gekoppelte Modelle zum Materialverhalten von Stahl, die neben der Temperatur und der
Deformation auch die Phasenumwandlungen beschreiben, sind bislang im engeren ma-
thematischen und numerischen Kontext nur wenig untersucht worden. Es gab in dieser
Richtung Ergebnisse, die nur die Temperatur und die Phasenumwandlungen berücksich-
tigen. Somit entstand die Aufgabe, das komplexe physikalische Materialverhalten von
Stahl (insbesondere die Phasenumwandlungen und Umwandlungsplastizität) in allge-
meinere Modelle der Thermoelastizität einzubinden.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Untersuchung der mathematischen Aufga-
be der linearen Thermoelastizität unter Berücksichtigung von Phasenumwandlungen und
Umwandlungsplastizität. Es werden Existenz- und Eindeutigkeitsresultate sowohl für die
schwache Lösbarkeit der Gleichungen der linearen Elastizität zur Verfügung gestellt als
auch für die schwache Lösbarkeit der Gleichungen der klassischen linearen Thermoela-
stizität nachgewiesen. Den Schwerpunkt dieser Arbeit bildet der Beweis eines Existenz-
und Eindeutigkeitsresultates für die schwache Lösbarkeit der mathematischen Aufgabe
der linearen Thermoelastizität mit Phasenumwandlungen und Umwandlungsplastizität.
Im zweiten Kapitel wird im Rahmen der Modellierung ein Einblick in die Grundlagen der
Kontinuumsmechanik gegeben. Ferner werden aus dem Newtonschem Kraftaxiom die all-
gemeine Bewegungsgleichung für deformierbare Medien und die Wärmeleitungsgleichung
mithilfe des Energieerhaltungsprinzips hergelitten. Ausgehend von der Einführung in das
Anwendungsproblem werden die Definition sowie einige Eigenschaften von Stahl gegeben
und die Effekte der Phasenumwandlung sowie der Umwandlungsplastizität erläutert. Ab-
schließend folgt die Formulierung mathematischen Aufgabenstellung der linearen Ther-
moelastizität mit Phasenumwandlungen und Umwandlungsplastizität.
Das dritte Kapitel fasst im Wesentlichen einige wichtige Resultate der mathematischen
Elastizitätstheorie zusammen. Es werden sowohl das statische Problem als auch das dy-
namische Problem untersucht. Im Rahmen des instationären Problems wird das Galerkin-
Verfahren vorgestellt, welches sich für den Nachweis der Existenz von Lösungen instati-
onärer Aufgaben geeignet ist und in den folgenden Beweisen von Existenzresultaten seine
Anwendung findet. Ferner wird auf das Konzept der Evolutionsgleichungen eingegangen.
Im vierten Kapitel werden Existenz- und Eindeutigkeitsresultate der schwachen Lösbar-
keit der mathematischen Aufgabe der klassischen linearen Thermoelastizität bereitge-
stellt. Es werden zwei Fälle mit unterschiedlichen Randbedingungen betrachtet und
die verschiedenen Regularitätsanforderungen an die Parameter für diese beiden Fälle
erläutert.
Das fünften Kapitel bildet den Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit. Hier findet sich der
Beweis des (unter gewissen Einschränkungen gültigen) Existenz- und Eindeutigkeitssat-
zes für die schwache Lösbarkeit zur mathematischen Aufgabe der linearen Thermoela-
stizität mit Phasenumwandlungen und Umwandlungsplastizität. Es werden die Idee des
Beweises ausführlich dargestellt sowie verschiedene Fälle bezüglich der Randbedingungen
und der Voraussetzungen an die Parameter betrachtet. Ferner werden die Unterschiede
zur klassischen linearen Thermoelastizität und die Schwierigkeiten, die beim Beweises
des Existenz- und Eindeutigkeitsresultates auftreten, erläutert.
Im sechsten Kapitel finden sich einige Beispielrechnungen eines gekoppelten Systems,
das aus der Wärmeleitungsgleichung und den Gleichungen für die Phasenumwandlungen
besteht und in gewisser Weise die Abkühlung einer Dilatometerprobe simuliert.
Abschließend folgen im siebtem Kapitel eine Zusammenfassung der Resultate der vor-
liegenden Arbeit und ein Ausblick auf mögliche Erweiterungen und Fortsetzungen der
Thematik.
• die Existenz und Eindeutigkeit für die volle Aufgabe der stationären Elastizität,
• die Existenz und Eindeutigkeit für die volle Aufgabe der instationären Elastizität
mit ortsabhängigen Parametern,
• die Existenz und Eindeutigkeit für die volle Aufgabe der linearen Thermoelastizität
mit ortsabhängigen Parametern,
• die Existenz und Eindeutigkeit für die Aufgabe der linearen Thermoelastizität mit
ortsabhängigen Parametern und vereinfachten Randbedingungen,
• die Existenz und Eindeutigkeit für die volle Aufgabe der linearen Thermoelastizität
mit Phasenumwandlungen und ortsabhängigen Parametern und
• die Existenz und Eindeutigkeit für die regularisierte Aufgabe der linearen Ther-
moelastizität mit Phasenumwandlungen und Umwandlungsplastizität mit orts-
abhängigen Parametern
• zu vereinfachten Randbedingungen,
betrachtet.
Im Anhang findet sich ferner eine ausführliche und konsistente Darstellung der mathe-
matischen Grundlagen dieser Arbeit sowie die verwendeten Bezeichungen. Im Rahmen
der mathematischen Hilfsmittel werden wichtige Sätze aus der Analysis, der Funktio-
nalanalysis und der Theorie der partiellen Differentialgleichungen bereitgestellt. Ein we-
sentlicher Bestandteil dieser Zusammenfassung besteht in der Einführung in die Theorie
der abstrakten Funktionenräume.
2 Modellierung
5
2.1 Einleitung
In der Kontinuumsmechanik studiert man Prozesse, die auf einer offenen und zusam-
menhängenden Teilmenge des Rn (einem sogenannten Gebiet) ablaufen1 .
Die Kontinuumsmechanik ist eine Erweiterung der Punktmechanik. In der Punktmecha-
nik werden physikalische Eigenschaften idealisierten Massenpunkten zugeordnet. In der
Kontinuumsmechanik wird dagegen so postuliert, dass solche Eigenschaften räumlich ver-
teilt sind und durch Dichtefunktionen beschrieben werden können. Die relevanten Größen
wie beispielsweise die Massendichte, die Temperatur oder das Geschwindigkeitsfeld sind
an jedem Punkt des Gebietes definiert. Es wird also angenommen, dass an jedem Punkt
Materie vorhanden ist. Die atomare Struktur der Materie wird dabei vernachlässigt,
beziehungsweise in einem gemittelten Sinn durch geeignete konstitutive Gesetze (Mate-
rialgesetze) berücksichtigt. Die Kontinuumsmechanik hat viele wichtige Anwendungen,
zum Beispiel
• Wärmeleitung,
• Phasenübergänge,
Sie ist daher ein wichtiges Hilfsmittel in den Natur- und Ingenieurwissenschaften.
Hier ist nicht der Raum, eine auch nur ansatzweise geschlossene Einführung in die Kon-
tinuumsmechanik zu geben, dennoch sollen im Weiteren einige Begriffe erläutert werden.
2.2 Kinematik
Mit Kinematik bezeichnet man die Beschreibung zeitlich veränderlicher Körper, ohne
Berücksichtigung der Kräfte, die diese Veränderung hervorrufen.
Ausgangspunkt der folgenden Betrachtungen ist ein dreidimensionaler materieller Körper,
welcher durch die zusammenhängende Menge B der von ihm eingenommenen Materie-
punkte gegeben ist. Zu jedem Zeitpunkt hat der Materiepunkt P räumliche Koordinaten
ξ = ξ(x, t), wobei x die materiellen Koordinaten zu einem festen Zeitpunkt t beschreibt.
Es wird vorausgesetzt, dass die Abbildung ξ = χ(x, t) ein Diffeomorphismus ist, so dass
insbesondere für jedes feste t ∈ R+ die inverse Abbildung χ−1 (·, t) mit x = χ−1 (x, t)
existiert.
In dieser Arbeit ist der Körper vor und nach der Formänderung (Deformation) von In-
teresse. Die Menge Ω0 ⊂ R3 heißt Referenzkonfiguration oder Anfangskonfiguration und
beschreibt den Körper im spannungsfreien Zustand, d.h. zum Anfangszeitpunkt t0 ∈ R+
der Verformung.
Bemerkung 2.2.1: Sei ein kartesisches Koordinatensystem fixiert. Dann lässt sich jeder
Punkt P ∈ B auf eine Koordinate ξ ∈ Ω0 abbilden, d.h. jeder Punkt des Körpers lässt
sich durch seine Position in der Referenzkonfiguration beschreiben.
1
Diese Arbeit beschäftigt sich nur mit der Untersuchung des dreidimensionalen Falls.
. .
.
Ω0 ξ s
x Ω
ξ’
s
. x’
Wird der Körper durch äußere Kräfte deformiert, so lässt sich dies durch eine Abbil-
dung s : Ω0 → R3 beschreiben, die jedem Punkt der Referenzkonfiguration den Ort im
deformierten Zustand zuordnet.
Definition 2.2.4: Sei Ω0 ein Körper im Sinne von Definition 2.2.2. Eine Abbildung
s : Ω0 → R3 heißt Deformation des Körpers Ω0 , falls
Die Menge Ω := s(Ω0 ) beschreibt die Konfiguration des deformierten Körpers. Für einen
Teilkörper Ω′0 ⊂ Ω0 sei Ω′ := s(Ω′0 ).
Bemerkung 2.2.5: Die Abbildung s ist injektiv auf Ω0 und bildet Teilgebiete von Ω0
mit Lipschitz-Rand in Teilgebiete von Ω mit Lipschitz-Rand ab.
Weiterhin wird det(∇s) > 0 gefordet, damit Teilmengen mit positiven Volumen wieder
in solche mit positivem Volumen überführt werden.
Ein lokales Maß für die Deformation ist der Deformationsgradient Φ. Während der De-
formation eines Festkörpers wirken auf jedes Teilvolumen Kräfte, die zur Beschleunigung
dieses Teilvolumens beitragen.
Definition 2.2.7: Sei Ω0 ein Körper im Sinne von Definition 2.2.2. Eine Abbildung
s : Ω0 × [t0 , T ] → R3 , T ∈ R+ heißt Bewegung (oder Deformationsprozess) des Körpers
Ω0 der Ordnung k, falls
(1) ∀ t ∈ [t0 , T ] : s(·, t) : Ω0 → R3 ist eine Deformation im Sinne von Definition 2.2.4,
Die Menge Ω(t) := s(Ω0 , t) beschreibt die Konfiguration des deformierten Körpers zum
Zeitpunkt t ≥ t0 . Dabei ist Ω0 := Ω(t0 ) die Konfiguration zum Zeitpunkt t = t0 . Für
Ω′0 ⊂ Ω0 , Γ′0 ⊂ Γ0 := ∂Ω seien Ω′ (t) := s(Ω′0 , t) und Γ′ (t) := s(Γ′0 , t).
Definition 2.3.1: Sei ξ ∈ Ω0 und s(ξ, t) = x die Position von ξ zur Zeit t ∈ [t0 , T ].
Dann wird durch v̂(ξ, t) := ∂s(ξ,t)
∂t
die Lagrangesche (materielle) Geschwindigkeit von ξ
zu Zeit t ∈ [t0 , T ] definiert.
Definition 2.3.2: Sei ξ ∈ Ω0 und s(ξ, t) = x die Position von ξ zur Zeit t ∈ [t0 , T ].
Dann ist die Lagrangsche (materielle) Beschleunigung des Teilchens ξ zur Zeit t wie folgt
definiert:
∂v̂(ξ, t) ∂ 2 s(ξ, t)
â(ξ, t) := = .
∂t ∂t2
Definition 2.3.3: Sei t ∈ [t0 , T ] fixiert und sei x ∈ Ω(t) fixiert. Dann wird die Eulersche
(ortsfeste) Geschwindigkeit v(x, t) durch die Geschwindigkeit desjenigen Teilches ξ, das
zur Zeit t am Ort x ist, definiert.
Definition 2.3.4: Sei t ∈ [t0 , T ] fixiert und sei x ∈ Ω(t) fixiert. Dann wird die Eulersche
(ortsfeste) Beschleunigung a(x, t) durch die Beschleunigung desjenigen Teilchens ξ, das
zur Zeit t am Ort x ist, definiert.
Definition und Satz 2.3.5 (substantielle Zeitableitung): Es gilt die folgende Bezie-
hung:
Dv(x, t) ∂v
a(x, t) = := (x, t) + v(x, t) · ∇v(x, t),
Dt ∂t
wobei x = s(ξ, t) mit ξ ∈ Ω0 , t ∈ [t0 , T ].
∂v̂(ξ, t)
â(ξ, t) =
∂t
Mithilfe der Kettenregel ergibt sich (vergleiche [Böh02]):
Dv(s(ξ, t), t)
a(x, t) =
Dt
∂v ∂v ∂s
= (s(ξ, t), t) + (s, t) (ξ, t)
∂t ∂s ∂t
∂v ∂v
= (s(ξ, t), t) + (s, t) v̂(ξ, t)
∂t ∂s
∂v
= (x, t) + v(x, t) · ∇v(x, t)
∂t
Satz 2.3.7 (Reynoldsches Transporttheorem): Sei s eine Bewegung im Sinne der Defi-
nition 2.2.7 und f : Ω(t) × [t0 , T ] → R eine differenzierbare Funktion. Dann gilt:
Z Z
d ∂f
f (x, t) dx = (x, t) + div (f (x, t) v(x, t)) dx
dt ∂t
Ω′ (t) Ω′ (t)
Beweis. Sei x = s(ξ, t) mit ξ ∈ Ω0 , t ∈ [t0 , T ]. Dann folgt mithilfe der Koordinatentrans-
formation sowie unter Benutzung der Kettenregel (vergleiche [Böh02], [Eck05]):
Z Z
d d
f (x, t) dx = f (s(ξ, t), t) | det(Φ(ξ, t))| dξ
dt dt
Ω′ (t) Ω′0
Z
d
= f (s(ξ, t), t) | det(Φ(ξ, t))| dξ
dt
Ω′0
Z
∂f ∂f ∂s
= (s(ξ, t), t) + (s, t) (ξ, t)+
∂t ∂s ∂t
Ω′0
∂Φ
+f (s(ξ, t), t) tr (ξ, t) Φ(ξ, t)−1| det(Φ(ξ, t))| dξ
∂t
Z
∂f
= (x, t) + ∇f (x, t) v(x, t) + f (x, t) div(v(x, t)) dx
∂t
Ω′ (t)
Z
∂f
= (x, t) + div(f (x, t) v(x, t)) dx
∂t
Ω′ (t)
2.4 Elastizitätstheorie
In der Elastizitätstheorie betrachtet man den Zustand von Körpern unter der Einwirkung
von äußeren Kräften. Feste Körper werden aufgrund einer äußeren Kraftwirkung bis zu
einem gewissen Grade deformiert, d.h. sie ändern sowohl ihre Form als auch ihr Volumen2 .
Insbesondere studiert man die Verzerrungen und Spannungen, die durch Deformationen
erzeugt werden.
Man unterscheidet:
u(ξ, t) := s(ξ, t) − ξ
∂ ∂
s(ξ, t) = u(ξ, t) = v̂(ξ, t) und
∂t ∂t
∂2 ∂2
s(ξ, t) = u(ξ, t) = â(ξ, t).
∂t2 ∂t2
• viele diskrete Massepunkte, die durch Kräfte verbunden sind oder durch
• ein Kontinuumsmodell, nach dem der Körper den Raum lückenlos ausfüllt.
Bei einer Deformation des Körpers werden im Allgemeinen seine sämtlichen Punkte
ihre Lage ändern. Während der Deformation ändert sich die Anordnung der Moleküle
und der Körper wird aus seinem ursprünglichen Gleichgewichtszustand gebracht. Im
Ergebnis entstehen im Körper Kräfte, die versuchen, ihn in den Gleichgewichtszustand
zurückzusetzen. Diese auftretenden inneren Kräfte nennt man innere Spannungen.
Bemerkung 2.4.5: Der Kraftbegriff ist für die Beschreibung der Querschnittsfläche
ungeeignet, da
• die Belastung der Fläche von der Größe der Fläche und der aufgebrachten Kraft
abhängig ist.
Das Hookesche Gesetz beschreibt die elastische Verformung eines Körpers in Abhängig-
keit von der verformenden Kraft. Es ist prinzipiell auf alle elastischen Deformationen
anwendbar.
Satz 2.4.6 (Hookesches Gesetz): Das Hookesche Gesetz postuliert den linearen Zusam-
menhang zwischen den Spannungen σ und den in Richtung der Spannungen auftretenden
kleinen Dehnungen E, wobei der Proportionalitätsfaktor C die einzige materialspezifische
Kenngröße (Youngsches Elastizitätsmodul) ist. Es gilt:
σ = C E.
• Die Kraft F ist proportional zur Auslenkung ∆l, d.h. es gilt: F ∼ ∆l für l, n und
Ξ fixiert.
1
• Die Kraft F ist antiproportional zur Länge l der Feder, d.h. es gilt: F ∼ l
für ∆l,
n und Ξ fixiert.
• Die Kraft F ist proportional zur Anzahl n der Federn, d.h. es gilt: F ∼ n für ∆l,
l und Ξ fixiert.
• Die Anzahl n der Federn ist proportional zu der Fläche A, die die Federn an den
Verbindungsenden einnehmen, d.h. es gilt: A ∼ n.
• Die Kraft F ist proportional zur materialspezifischen Konstante (Youngsches Ela-
stizitätsmodul) Ξ, d.h. es gilt: F ∼ Ξ für ∆l, l und n fixiert.
D.h. die Längenänderung des Expanders aufgrund der äußeren Kraftwirkung ist im ela-
stischen Bereich proportional zur anliegenden Spannung.
Definition 2.4.9: Aufgrund der äußeren Zugkraft verlängert sich der Körper in Rich-
tung der wirkenden Normalkraft oder verkürzt sich aufgrund einer äußeren Druckkraft.
Diese Veränderung in der Geometrie eines Körpers unter dem Einfluss äußerer Kräfte
wird als elastische Verfomung oder Dehnung beschrieben. Wir definieren als Dehnung:
∆l
E := ,
l
wobei l die ursprüngliche Länge und ∆l die eintretende Längenänderung ist.
Definition 2.4.11: Sei u der Verschiebungsvektor der Bewegung s. Dann wird durch
1
(2.4.1) E := ∇u + ∇uT + ∇uT ∇u
2
der Greensche Verzerrungstensor definiert.
In der linearen Elastizitätstheorie werden in den Gleichungen nur Terme erster Ordnung
in den Verschiebungen u berücksichtigt und Terme höherer Ordnung vernachlässigt. Die-
se Linearisierung heißt geometrische Linearisierung und entspricht der Modellierung von
massiven Körpern bei geringer Belastung, d.h. kleinen Deformationen.
In der Praxis ist die Annahme kleiner Verzerrungen sehr oft sinnvoll. Bei vielen An-
wendungen der Elastizitätstheorie ist die Deformation des Festkörpers so klein, dass sie
mit bloßem Auge“ nicht zu erkennen ist - die übertragenden Kräfte sind dagegen relativ
”
groß. In [Hen03] ist dieser Sachverhalt auch graphisch dargestellt: Während die Verschie-
bungsvektoren u betragsmäßig groß sein können, sind die entsprechenden Verzerrungen
immer noch klein.
Wenn ein Körper kleinen Deformationen unterliegt, sind sämtliche Komponenten des
Verzerrungstensors, die die relative Längenänderung im Körper charakterisieren, kleine
Größen. Dies rechtfertigt die folgende Näherung:
Definition 2.4.12: Sei u der Verschiebungsvektor der Bewegung s. Dann wird durch
1
(2.4.2) ε := ∇u + ∇uT
2
der linearisierte Greensche Verzerrungstensor definiert.
S := det(Φ)Φ−1 σΦ−T .
Diese Gleichung muss für jedes geeignete Volumen Ω′ (t) erfüllt sein, insbesondere auch
für jedes Teilvolumen eines gegebenen Volumens. Dann erhält man eine Formulierung
als Differentialgleichung
In der Mechanik wird der Einfluss von Kräften axiomatisch behandelt. Hier haben ins-
besondere Euler und Cauchy wesentliche Beiträge geleistet (vergleiche [Bra92]).
Satz 2.4.20 (Axiom des statischen Gleichgewichts): Die Kräfte, die auf einen Körper im
deformierten Zustand wirken, können vollständig auf volumen- und flächenhaft verteilt
wirkende Kräfte zurückgeführt werden.
(1) Volumenkräfte sind über das Volumen des Körpers verteilte Kräfte, die unmittelbar
auf jeden Massepunkt des Körpers wirken. Allgemein gilt:
Z
′
F1 (Ω0 , t) = ρ(x, t)f1 (x, t) dx,
Ω′ (t)
(2) Kontaktkräfte sind Kräfte, die auf den Kontaktflächen zweier benachbarter Körper
wirksam sind. Sei Γ die Schnittfläche dieser benachbarten Körper. Dann werden
längs dieser Schnittfläche Kräfte zwischen den Körpern übertragen, d.h. es gibt
einen Kraftdichtevektor τ : Γ × [t0 , T ] × S(0, 1) → R3 mit:
Z
′
F2 (Ω0 , t) = τ (x, t, ν) dσ,
Γ′ (t)
Bemerkung 2.4.21: Die Kräfte sind dadurch gekennzeichnet, welche Arbeit sie unter
Deformationen leisten. Deutlich wird dies an den äußeren Kräften. Eine typische Volu-
menkraft ist die Schwerkraft, während etwa die Nutzlast einer Brücke eine Kontaktkraft
darstellt.
Definition und Satz 2.4.22 (Darstellungssatz): Es existiert ein Tensorfeld σ mit
σ(·, t) : Ω(t) → R3×3 , t ∈ [t0 , T ] fixiert, so dass:
3
X
τ (x, t, ν) = σij (x, t) νj (x) ei = σ(x, t) ν(x).
i,j=1
Definition 2.4.24: Der Impuls eines Teilkörpers Ω′ (t) des betrachteten sich deformie-
renden Körpers Ω′0 zum Zeitpunkt t ∈ [t0 , T ] ist definiert durch:
Z
I(Ω′0 , t) = ρ(x, t)v(x, t) dx,
Ω′ (t)
wobei ρ - Dichte (Verhältnis von Masse zu Volumen) des betrachteten Körpers. Der
Impuls beschreibt das Stoßvermögen eines Körpers.
Satz 2.4.25 (Newtonsches Kraftgesetz): Wirkt eine Kraft F auf einen Körper Ω′ (t),
t ∈ [t0 , T ], so ist die dadurch erfolgende Impulsänderung ∂I
∂t
zur wirkenden Kraft F
∂I
proportional. Die Impulsänderung ∂t geschieht in Richtung der Kraft F , d.h. es gilt:
d
I(Ω′0 , t) = F (Ω′0 , t).
dt
Wirken gleichzeitig mehrere Kräfte Fi , i ∈ N auf den Körper Ω′ (t), t ∈ [t0 , T ], so gilt:
d X
I(Ω′0 , t) = Fi (Ω′0 , t).
dt i∈N
Dui
Satz 2.4.27 (Differentiationsformel): Sei u = (u1 , u2 , u3 )T ∈ R3 und Dt
die substanti-
elle Ableitung von ui mit i = 1, 2, 3. Dann gilt für t ∈ [t0 , T ]:
Z Z
d Dui
ρ(x, t) ui (x, t) dx = ρ(x, t) (x, t) dx.
dt Dt
Ω′ (t) Ω′ (t)
Satz 2.4.28 (Hauptsatz über die allgemeine Bewegungsgleichung): Sei ein Deformati-
onsprozess des Körpers Ω0 gegeben. Dann gilt für t ∈ [t0 , T ] und x ∈ Ω(t):
Dv
ρ(x, t) (x, t) = ρ(x, t)f1 (x, t) + div(σ(x, t)),
Dt
wobei ρ - Dichte, v - Eulersche Geschwindigkeit und f1 - Massenkraftdichte des betrach-
teten Körpers sowie σ - Cauchyscher Spannungstensor sind.
Da die Gleichung für alle Teilgebiete Ω′ (t) und für alle Zeitpunkte t ∈ [t0 , T ] gilt, folgt
schließlich:
Dv
ρ(x, t) (x, t) = ρ(x, t)f1 (x, t) + div(σ(x, t)) ∀ t ∈ [t0 , T ], f.f.a. x ∈ Ω(t)
Dt
Bemerkung 2.4.29: Die allgemeine Bewegungsgleichung gilt für alle Materialien und
insbesondere auch für verschiedene Aggregatzustände, also für Feststoffe, Flüssigkeiten
und Gase. Die Eigenschaften eines bestimmten Materials werden durch konstitutive Ge-
setze beschrieben.
d2 u
ρ(ξ) (ξ, t) − div((Id +∇u(ξ, t))S(ξ, t)) = f (ξ, t) für t ∈ [t0 , T ] , ξ ∈ Ω0
dt2
Dabei sind
• u der Verschiebungsvektor,
• S - zweiter Piola-Kirchhoff-Spannungstensor,
• Id - Einheitstensor und
• λ, µ die Lamé-Koeffizienten.
d2 u
(2.4.6) ρ(ξ) 2 (ξ, t) − div(S(ξ, t)) = f (ξ, t) in Ω0 × [t0 , T ]
dt
mit S - Spannungstensor aus Gleichung (2.4.4). Die Gleichung (2.4.6) beschreibt einen
linear-elastischen Körper und wird als Lamé-Gleichung bezeichnet.
Zu der Gleichung (2.4.6) kommen Anfangsbedingungen für u und u′ hinzu, also:
∂u
u(ξ, 0) = u0 (ξ) und (ξ, 0) = u1 (ξ) in Ω0 .
∂t
Des Weiteren müssen wir Randbedingungen für die Verschiebungen und/oder Spannun-
gen hinzufügen. Es sei vorausgesetzt:
• Ω0 ∈ C 0,1 beschränkt,
• Γ0 ⊂ ∂Ω0 abgeschlossen,
Weiterhin sind
− div(S) = f in Ω0
2.5 Thermoelastizitätstheorie
Die bisherige Annahme, dass die Bewegung eines elastischen Körpers ohne wesentliche
thermische Effekte abläuft, ist eine Idealisierung, die nur in Spezialfällen gerechtfertigt
ist. Die Gleichungen der Elastizitätstheorie sind daher durch Hinzunahme thermischer
Effekte zu modifizieren und durch die Wärmeleitungsgleichung zu ergänzen.
Satz 2.5.2 (Satz von der Energieerhaltung): In einem abgeschlossenem System bleibt
bei allen physikalischen Vorgängen die Gesamtenergie konstant. Energie kann nur in ver-
schiedene Energieformen umgewandelt oder zwischen Teilsystemen ausgetauscht werden.
Wir betrachten das Wärmegleichgewicht in einer beliebigen Teilmenge Ω′ ⊂ Ω mit dem
Rand Γ′ . Das Energieerhaltungsprinzip (erster Hauptsatz der Thermodynamik, verglei-
che [Alt94]) besagt, dass die Änderungsrate der Gesamtenergie in Ω′ gleich dem Wärme-
fluss durch Γ′ plus der von einer Wärmequelle im Inneren von Ω′ produzierten Wärme-
menge ist. Sei e = e(x, t) die innere
R Energiedichte am Ort x zur Zeit t. Damit ist die
′
Gesamtwärmemenge in Ω gleich Ω′ e dx. Ferner ist mit dem Vektorfeld j = j(x, t) für
den Wärmestrom
R und der äußeren Einheitsnormalen ν an Γ′ der Wärmefluss durch Γ′
gleich Γ′ j · ν dσ. Außerdem folgt mit der Einführung der Energiedichte der Wärmequel-
len r = r(x, t) aus dem Energieerhaltungsprinzip:
Z Z Z
d
e dx = − j · ν dσ + r dx für t > 0.
dt Ω′ Γ′ Ω′
Das Minuszeichen ist dadurch gerechtgertigt, dass die Normale nach außen gerichtet ist
und man den hineinfließenden Wärmestrom betrachtet.
Nach Anwendung des Divergenztheorems (siehe [For99]) erhält man:
Z
∂e
+ div(j) − r dx = 0 für t > 0.
Ω′ ∂t
e = e0 + ϑ (θ − θ0 )
Der Koeffizient ϑ = ϑ(x) wird als spezifische Wärmekapazität bezeichnet und für gewöhn-
lich in der Form ϑ = ρ0 ce ausgedrückt, wobei ρ0 die Massendichte und ce die spezifische
Wärmekapazität pro Masseneinheit ist.
Satz 2.5.5 (Fouriergesetz der Wärmeleitung): Der Wärmestrom ist aufgrund der Wärme-
leitung proportional zum Temperaturgradienten und verläuft längs des stärksten Tempe-
raturabfalls, d.h. es gilt:
(2.5.1) j = −κ ∇θ.
Der Koeffizient κ = κ(x) wird als Wärmeleitfähigkeit bezeichnet und ist eine material-
abhängige Größe.
Bemerkung 2.5.6: Das Fouriersche Gesetz folgt aus der Beobachtung, dass Wärme
von Bereichen hoher Temperatur zu Bereichen niedriger Temperatur fließt.
Die Wärmeleitfähigkeit κ kann, je nach Anwendung, von der Temperatur θ, der Dichte
ρ oder dem Temperaturgradienten ∇θ abhängen. Bei isotropen Materialien ist κ ein
skalarer Faktor. Bei anisotropen Materialien, beispielsweise Faserverbundwerkstoffen, ist
κ ein Tensor, da die Wärmedurchlässigkeit in verschiedene Richtungen dann verschieden
ist.
∂θ
ce ρ − div(κ∇θ) = r in Ω für t > 0.
∂t
Für κ = const. folgt als Spezialfall:
∂θ
ce ρ − κ ∆θ = r in Ω für t > 0.
∂t
Als Randbedingung ist eine Robin-Bedingung mit dem Wärmeübergangskoeffizient δ
gegeben, bei der der gesamte Wärmefluss durch den Rand proportional zur Differenz
zwischen der Temperatur θ auf der Oberfläche des Körpers und der Temperatur θΓ des
umgebenen Mediums ist:
Der Grenzfall δ = 0 bedeutet, dass die Grenzfläche vollständig isoliert ist, so dass wir die
Neumannsche Randbedingung ∇θ ν = 0 erhalten. Im anderen Grenzfall δ → ∞ erhält
man die Dirichletsche Randbedingung θ = θΓ , d.h. der Körper befindet sich vollständig
im thermischen Gleichgewicht mit der Umgebung.
Die Anfangsbedingung sei durch
θ(x, 0) = θ0 (x) in Ω
gegeben.
Bemerkung 2.5.7: Für die klassische Lösung der Cauchy-Aufgabe für die Wärmelei-
tungsgleichung sei auf [Wla72], Kapitel III.1.4.3, S. 181 ff. verwiesen.
Die grundlegende Arbeit von [Mül67] zeigt, dass die gewöhnliche Theorie der Wärmeübert-
ragung (das klassische Modell der Wärmeleitgleichung) basierend auf dem Fourier-Gesetz
(2.5.1) eine unendliche Ausbreitungsgeschwindigkeit der Temperatur prognostiziert, was
im Widerspruch zur Relativitätstheorie ( Die größte Geschwindigkeit, mit der sich ein
”
physikalischer Effekt ausbreiten kann, ist die Lichtgeschwindigkeit“, vergleiche [Stö00])
steht.
Der Grund für den Widerspruch liegt in der Modellierung der Wärmeleitungsgleichung
bei der Verwendung des Fouriergesetzes (2.5.1), dass den Wärmestrom proportional zum
(Orts-)Gradienten der Temperatur annimmt. In der Realität stellt sich das Fouriergesetz
erst nach einer gewissen Relaxationszeit τ > 0 ein. Diese Erweiterung führt auf folgende
Gesetzmäßigkeit:
∂j
(2.5.2) j = −κ ∇θ − τ
∂t
Mithilfe dieses Modells lässt sich das Paradoxon der Wärmeleitungsgleichung beseitigen
(vergleiche [Mül72], Seite 87 f).
Das Ableiten der Gleichung
∂θ
ρ0 ce = − div(j) + r
∂t
nach der Zeit liefert:
∂ ∂θ ∂j ∂r
(2.5.3) ρ0 ce = − div +
∂t ∂t ∂t ∂t
Das Einsetzen des erweiterten Fouriergesetzes (2.5.2) in die Wärmeleitungsgleichung
liefert:
∂θ ∂j
(2.5.4) ρ0 ce = div(κ ∇θ) + τ div +r
∂t ∂t
Das Einsetzen von Gleichung (2.5.3) in Gleichung (2.5.4) liefert eine hyperbolische Wärme-
leitungsgleichung (auch Telegraphengleichung für Temperatur genannt)
∂ ∂θ ∂θ ∂r
(2.5.5) ρ0 τ ce + ρ0 ce = div(κ ∇θ) + r + τ
∂t ∂t ∂t ∂t
• K = λ + 23 µ - Kompressionsmodul,
• E- Greenscher Verzerrungstensor.
d2 u
(2.5.7) ρ(x) (x, t) − div((Id +∇u(x, t))S(x, t)) = f (x, t) in Ω×]0, T ]
dt2
muss durch die Bilanzgleichung für die Energie, die Wärmeleitungsgleichung
(2.5.8)
dθ ∂S dE
ρ(x) ce (x, t) − div(κ(x)∇θ(x, t)) = θ(x, t) (x, t) : (x, t) + r(x, t) in Ω×]0, T ]
dt ∂θ dt
ergänzt werden. Hierbei sind:
• κ - Wärmeleitfähigkeit,
Das Einsetzen der Formel für den Spannungstensor 2.5.6 in die Gleichungen (2.5.7) und
(2.5.8) ergibt ein gekoppeltes (stark nichtlineares) Problem für die Verschiebungen u und
die Temperatur θ.
(2.5.9) S = 2 µ ε + λ tr(ε) Id −3 K α (θ − θ0 ) Id
Das Einsetzen der Formel für den Spannungstensor 2.5.9 in die Gleichung (2.5.7) und
das Tilgen aller Quadrate von u und θ bzw. deren Ableitungen liefert:
d2 u
(2.5.10) ρ(x) (x, t) − div(S(x, t)) = f (x, t) in Ω×]0, T ] ,
dt2
wobei
folgt:
dθ du
ρ(x) ce (x, t) − div(κ(x) ∇θ(x, t)) + 3 K α θ(x, t) div (x, t) = r(x, t) in Ω×]0, T ]
dt dt
wobei:
• δ ≥ 0 - Wärmeübergangskoeffizient,
Unter der Annahme, dass die Abweichungen der Temperatur θ von der Anfangstempe-
ratur θ0 klein bleiben, gilt die folgende Näherung: θ ≈ θ0 . Damit lässt sich die Wärme-
leitungsgleichung folgendermaßen vereinfachen:
dθ du
ρ(x) ce (x, t) − div(κ(x) ∇θ(x, t)) + 3 K α θ0 div (x, t) = r(x, t) in Ω×]0, T ]
dt dt
Im festen Zustand ist Stahl ein polykristalliner Festkörper, d.h. seine Atome sind in
einer Gitterstruktur angeordnet. Ferner ist Stahl eine Eisen-Kohlenstoff-Legierung, bei
der in das Eisengitter entweder anstelle eines Eisenatoms oder in Gitterlücken Fremda-
tome eingelagert sind - es liegt als kein Reineisenkristall, sondern als ein Mischkristall
vor (Für die Eigenschaften und den Aufbau von Metallen vergleiche man [Ant00] sowie
[Ant01]).
Der Polymorphismus des Eisengitters und die unterschiedliche Art der Legierungsbil-
dung bewirken einen unterschiedlichen Aufbau des Gefüges von Stahlwerkstoffen und
der davon abhängigen mechanischen Eigenschaften, welche Möglichkeiten zur gezielten
Wärmebehandlung eröffnen.
Stahl liegt im Allgemeinen als Mischung seiner Phasen vor, die sich durch ihre Mi-
krostruktur unterscheiden und unterschiedliche Materialparameter besitzen. Diese Pha-
sen werden im Modell als kontinuierlich verteilt angenommen, so dass der Stahl als eine
koexistierente Mischung seiner Phasen (= Komponenten) erscheint, wobei Diffusions-
vorgänge vernachlässigt werden.
Ferner betrachten wir keine Kohlenstoffdiffusion.
Während der Abkühlung können noch zusätzliche Kräfte auf die Probe einwirken. Jeder
Festkörper hat eine sogenannte materialabhängige Fließgrenze. Wirken Kräfte auf den
Körper, so dass die entstehenden Spannungen weit unterhalb der Fließgrenze liegen, dann
verformt sich der Körper zwar während der Belastung, aber nach der Entlastung nimmt
dieser wieder seine vorherige Form an (elastisches Verhalten). Wenn die Spannungen in
die Nähe der Fließgrenze kommen, so sind nach der Entlastung bleibende Deformationen
vorhanden (klassische Plastizität).
In unserem Fall sind die Kräfte, wie der gesamte Prozessablauf, so angelegt, dass die
entstehenden Spannungen viel kleiner als die Fließgrenze sind. Deswegen ist das Materi-
alverhalten die ganze Zeit thermoelastisch und es tritt keine klassische Plastizität auf.
Als weiteren Effekt berücksichtigen wir die Umwandlungsplastizität, welche bereits bei
Spannungen weit unterhalb der Fließgrenze entsteht. Dieser Effekt lässt sich durch klas-
sische Plastizität auf der makroskopischen Ebene der Modellierung nicht erklären.
Das beschriebende Problem ist stark miteinander gekoppelt - es kommen folgende Wech-
selwirkungen bei thermischen Prozessen vor:
• Die Phasenumwandlungen wirken sich durch die latenten Wärmen und die Pha-
senabhängigkeit der thermischen Größen (spezifische Wärme und Wärmeleitfähig-
keit) auf die Temperatur aus.
• Desweiteren ist noch eine Rückkopplung der Spannung auf die Temperatur über
die Dissipation und die Phasenumwandlung zu beachten.
wobei p = (p1 , . . . , pN ).
Außerdem wirkt die Phasenumwandlung durch die sogenannten latenten Wärmen auf
den Temperaturverlauf zurück. Die latenten Wärmen sind die Wärmemengen, die einem
Stoff bei einer Umwandlung zu- oder abgeführt werden, ohne dass sich die Temperatur
dabei ändert.
Wird beispielsweise eine Stahlprobe so weit abgekühlt, dass eine Phasenumwandlung
stattfindet, so wird durch das Lösen der Atome aus der Gitterstruktur der vorherigen
Phase Energie frei, die die Stahlprobe aufheizt. Die Menge dieser auftretenden Energie
heißt latente Wärme. Umgekehrt hat die Stahlprobe beim Aufheizen dann im Inneren
keine Wärmequelle, sondern eine -senke. Die Wärmeleitungsgleichung wird um einen
weiteren Term ergänzt.
auch die triviale Lösung p2 (t) = 0 für alle t, was bei der Anwendung auf Phasen-
umwandlungen der Realität widerspricht. Daher wird für die Gleichung (2.5.12)
bei ihrer numerischen Lösung ein von null verschiedener kleiner positiver Anfangs-
wert (2.5.14) gewählt. Dann ist die Anfangswertaufgabe (2.5.12), (2.5.14) eindeutig
lösbar.
2.5.6 Umwandlungsplastizität
Die Umwandlungsplastizität beschreibt die plastischen Verformungen, die aufgrund von
Dichteunterschieden der einzelnen Phasen während der Phasenumwandlungen auftreten.
Sie ist durch die klassische Plastizität auf makroskopischer Ebene nicht zu erklären,
da sie bereits dann zu beobachten ist, wenn die wirkende Spannung, die aufgrund von
thermischen und/oder mechanischen Beanspruchungen wirkt, unterhalb der Fließgren-
ze liegt. Dieser Effekt wurde erstmals in den 1940er Jahren beschrieben und tritt bei
Stählen sowohl bei kontinuierlicher als auch bei isothermer Umwandlung in allen Um-
wandlungsstufen auf.
Die Ursachen der umwandlungsplastischen Dehnungen liegen in der Volumen- und Form-
änderung eines Kristalls während der Phasenumwandlung, bei der sich die weichere an
der Umwandlung beteiligeten Phase an die Umgebung der härteren Phase anpassen
muss. Dadurch entstehen in der Umgebung der Umwandlungsfront komplizierte Eigen-
spannungszustände, die oftmals auch ohne die Wirkung äußerer Spannungen lokal zu
plastischen Dehungen führen können.
Bei der ferritischen und perlitischen Umwandlung ist ausschließlich dieser sogenannte
Anpassungs- oder Greenwood-Johnson-Effekt zu unterstellen.
Bisher waren alle Deformationen rein elastisch - jetzt kommt die durch die Umwand-
lungsplastizität verursachte Deformation hinzu.
Die Umwandlungsplastizität wird gewöhnlich durch einen auf Greenwood/Johnson fußen-
den und von Franitza/Mitter/Leblond weiter entwickelten Ansatz modelliert (vergleiche
[Wol02a], [Wol02b] sowie [Wol03]). Dabei ist ein zusätzlicher Verzerrungstensor, der pro-
portional dem Spannungsdeviator ist, zu berücksichtigen. Bei nichtkonstanter Last ergibt
sich dieser Verzerrungstensor als ein Integral, das die Geschichte der wirkenden deviato-
rischen Spannungen berücksichtigt. Dabei treten ein Materialparameter und eine auch
den Typ der Umwandlung charakterisierende Funktion als zu bestimmende Größe auf.
Der linearisierte Verzerrungstensor
ε = εT E + εIN
wird in einen thermoelastischen Anteil εT E := 21 ∇uT E + ∇uTT E inklusive der iso-
tropen Volumendehnung infolge von Phasenumwandlungen und in einen durch Um-
wandlungsplastizität und
klassische Plastizität hervorgerufenden inelastischen Anteil
εIN := 21 ∇uIN + ∇uTIN zerlegt, wobei die inelastische Deformation volumenerhaltend
sei. Im Folgenden wird nur die Umwandlungsplastizität betrachtet und daher wird der
inelastische Anteil im Weiteren mit εU P bezeichnet. Es gilt:
tr(εU P ) = 0 , εU P = ε∗U P
gegeben.
Bemerkung 2.5.8: Diese Gleichung verallgemeinert das Hookesche Gesetz, insofern als
das man die Spannung als Funktion des thermoelastischen Anteils des linearisierten Ver-
zerrungstensors versteht. Die Umwandlungsplastizität wirkt durch den Spannungstensor
auf die Deformation ein.
• Gi - Greenwood-Johnson-Parameter und
Die Integralgleichung (2.5.21) lässt sich äquivalent auch als Anfangswertaufgabe einer
gewöhnlichen Differentialgleichung schreiben.
wobei
N
X
a(t) := 3 µ Gi Φ′i (pi ) max{p′i (t), 0}
i=1
Es ist ferner
Z t Z t
SV2 = 6µ 2
ε∗ij (t) ε∗ij (t)
−2 a(s) ε∗ij (s) ε∗ij (s)
exp − a(τ ) dτ ds+
0 s
Z tZ t Z t Z t
∗ ∗
+ a(s) a(σ) εij (s) εij (σ) exp − a(τ ) dτ − a(τ ) dτ ds dσ ,
0 0 s σ
wobei
1 1
ε∗ij (s) ε∗ij (σ) = εij (s) − tr(ε(s)) δij εij (σ) − tr(ε(σ)) δij
3 3
1
= εij (s) εij (σ) − tr(ε(s)) tr(ε(σ)).
3
Bewegungsgleichung:
d2 u
ρ0 − 2 div(µ ε(u)) − grad(λ div(u)) + 3 grad(K α (θ − θ0 )) +
dt2
X N Z t
ρ0
+ grad K − 1 pi + 2 µ div b(s, t) ε(u(s)) ds +
i=1
ρi (θ0 ) 0
Z t
2
− µ div b(s, t) tr(ε(u(s))) Id ds = f in Ω×]0, T ]
3 0
wobei
Z t
b(s, t) := a(s) exp − a(τ )dτ .
s
Linearisierte Energiegleichung:
N
dθ du X
ρ0 ce − div(κ ∇θ) = −3K α θ0 div + ρ0 Li γi + r in Ω×]0, T ]
dt dt i=1
u = 0 auf Γ0 ×]0, T ]
S ν = 0 auf Γ1 ×]0, T ]
−κ∇θν = δ(θ − θΓ ) auf ∂Ω×]0, T ]
∂u
u(x, 0) = u0 , (x, 0) = u1 , θ(x, 0) = θ0 in Ω
∂t
N
X
p0i = 1 , p0i ≥ 0 (i = 1, . . . , N) in Ω
i=1
Das Ziel der vorliegenden Arbeit besteht nun darin, die Existenz und Eindeutigkeit einer
schwachen Lösung des gekoppelten nichtlinearen partiellen Differentialgleichungssystems
der Thermoelastizität mit Phasenumwandlungen und Umwandlungsplastizität nachzu-
weisen.
Im Folgenden betrachten wir im Einzelnen die Teilprobleme der Elastizität, Thermoela-
stizität, Thermoelastizität mit Phasenumwandlungen sowie Thermoelastizität mit Pha-
senumwandlungen und Umwandlungsplastizität und stellen die Frage unter welchen Be-
dingungen die Existenz und Eindeutigkeit einer schwachen Lösung für die vorgestellen
Probleme möglich ist.
3 Lineare Elastizitätstheorie
Dieses Kapitel fasst im Wesentlichen die bekannten Resultate für die Existenz und die
Eindeutigkeit der schwachen Lösung der stationären sowie der instationären Aufgabe der
linearen Elastizitätstheorie zusammen.
Eine umfassende Darstellung des stationären Problems findet man in [Duv76], Kapi-
tel 3.3, Seite 109 ff.
(3.1.4) u − Verschiebungsvektor,
(3.1.5) µ, λ − Lamé-Koeffizienten,
1
(3.1.6) ε(u) := ∇u + ∇uT − (linearisierter) Verzerrungstensor,
2
35
(3.1.7) f − Volumendichte der äußeren Kräfte,
(3.1.8) S(u) := 2 µ ε(u) + λ tr(ε(u)) Id − (linearisierter) Spannungstensor,
(3.1.9) ν − äußerer Normalenvektor an, Γ1
(3.1.10) b − Kraftdichte auf der Oberfläche. Γ1
Weiterhin setzen wir im Folgenden voraus:
(3.1.11) Ω ⊂ R3 beschränktes C 0,1 -Gebiet,
(3.1.12) Γ0 ⊂ ∂Ω abgeschlossen mit positivem Oberflächenmaß,
(3.1.13) Γ1 := ∂Ω \ Γ0 ,
(3.1.14) µ ∈ L∞ (Ω) mit ∃ µ0 > 0 : µ0 ≤ µ(x) für fast alle x ∈ Ω,
(3.1.15) λ ∈ L∞ (Ω) mit 0 ≤ λ(x) für fast alle x ∈ Ω.
Bemerkung 3.1.1: Oftmals sind die Anforderungen an eine klassische Lösung - bei
einer Differentialgleichung zweiter Ordnung unter anderem die zweifache stetige Diffe-
renzierbarkeit im Inneren des Gebiets - unrealistisch. Zudem stammen viele Differenti-
algleichungen ursprünglich von einer integralen Beziehung (Erhaltungssatz, Variations-
prinzip) ab, so dass weit geringere Regularitätsanforderungen zu erfüllen sind. Hinzu
kommt, dass gerade bei nichtlinearen Differentialgleichungen Lösungen im klassischen
Sinne nicht zu existieren brauchen, wohl aber Lösungen in einem weiter gefassten Sinne
existieren können. Schließlich finden sich in der Praxis oft Probleme, in denen die gege-
benen Daten (Koeffizienten, rechte Seite, Rand- und Anfangsbedingungen) womöglich
unstetig sind, was im Allgemeinen ebenso eine klassische Lösung nicht zulässt. Das Ziel
ist es daher, den Lösungsbegriff abzuschwächen (vergleiche [Emm04]).
für alle ϕ ∈ V .
Im Folgenden seien
definiert.
3 Z
X
= Sij (u) ∂i ϕj dx
i,j=1 Ω
Bemerkung 3.1.4: Sei V ein Banachraum und g : V → R eine lineare, stetige Abbil-
dung. Dann wird durch hg, uiV ∗ V := g(u) für alle u ∈ V die duale Paarung von V ∗ und
V definiert. Wir versehen V ∗ mit der natürlichen Dualnorm
|hg, viV ∗ V |
kgkV ∗ = sup : v ∈ V, v 6= 0 = sup {|hg, viV ∗ V | : kvkV ≤ 1} , g ∈ V ∗ .
kvkV
Beweis. Für ein festgehaltenes u ∈ V ist die Abbildung v 7→ a(u, v) eine lineare be-
schränkte Abbildung von V in R und mithin Element des Dualraums V ∗ . Wir wollen sie
38 Kapitel 3. Lineare Elastizitätstheorie
mit Au u bezeichnen. Es gilt für alle v ∈ V : hAu u, viV ∗ V = a(u, v). Wir betrachten nun
die Abbildung Au : V → V ∗ , u 7→ Au u, die jedem u ∈ V das soeben definierte Element
Au u ∈ V ∗ des Dualraums zuordnet. Wir nennen Au auch den durch a definierten oder
zugehörigen Operator.
Sei Au : V → V ∗ linear und stetig. Dann gilt:
Umgekehrt können wir stets auch durch einen Operator Au : V → V ∗ eine Abbildung
a : V × V → R via a(u, v) = hAu u, viV ∗ V für u, v ∈ V definieren. Also existiert ein
Element in V ∗ , bezeichnet mit Au u, so dass hAu u, viV ∗ V = a(u, v) für alle v ∈ V .
Sei a : V × V → R bilinear und beschränkt. Für u ∈ V fixiert, ist die Abbildung
v 7→ a(u, v) linear und stetig auf V . Weiter folgt |hAu u, viV ∗ V | ≤ c kukV kvkV und damit
kAu ukV ∗ ≤ c kukV für alle u, v ∈ V . Daher ist Au : V → V ∗ linear und stetig.
Satz 3.1.6 (Rieszscher Darstellungssatz): Sei H ein Hilbertraum über R. Dann existiert
zu jedem Funktional f ∈ H ∗ genau ein Element u ∈ H, so dass:
Beweis. siehe [Alt02], Satz 4.1, Seite 147 f. oder [Mei92], Satz 11.9, Seite 81
Die Variationsgleichung (3.1.23) kann nach dem Darstellungssatz von Riesz äquivalent
formuliert werden als Operatorgleichung
bzw. als
(3.1.25) Au u = g in V ∗
(3.1.26) RAu u = Rg in V.
Lemma 3.1.7: Seien f ∈ H und b ∈ K. Dann ist die Abbildung g : V → R ein lineares,
stetiges Funktional.
Beweis. (1) Die Linearität folgt unmittelbar aus der Linearität des Integrals.
Aufgabe 39
(2) Die Stetigkeit ist aufgrund der Linearität äquivalent zu der Beschränktheit. Es gilt
für alle ϕ ∈ V :
Z Z
|g(ϕ)| = f ϕ dx + b ϕ dσ
Ω Γ1
≤ kf ϕkL1(Ω) + kbϕkL1 (Γ1 )
≤ kf kLq (Ω) kϕkLp (Ω) + kbkLq̃ (Γ1 ) kϕkLp̃ (Γ1 )
mit p, q und p̃, q̃ jeweils konjugierte Exponenten
(Höldersche Ungleichung)
≤ cE kf kH kϕkV + kbkLq̃ (Γ1 ) kϕkLp̃ (Γ1 )
(Einbettungssatz)
≤ cE kf kH kϕkV + cS kbkK kϕkV
(Spursatz)
kgkV ∗ ≤ cE kf kH + cS kbkK
Lemma 3.1.8: Seien (3.1.11) - (3.1.15) gegeben. Der gemäß (3.1.22) definierte Opera-
tor Au : V → V ∗ ist linear und symmetrisch, d.h. es gilt hAu u, viV ∗ V = hAu v, uiV ∗ V für
alle u, v ∈ V .
Beweis. (1) Die Linearität des Operators Au folgt aufgrund der Linearität des Inte-
grals, der Divergenz und der Matrix ε.
(2) Die Symmetrie des Operators Au folgt aufgrund der Symmetrie der Matrix ε und
der Kommutativität der Multiplikation.
Lemma 3.1.9: Seien (3.1.11) - (3.1.15) gegeben. Der gemäß (3.1.22) definierte Opera-
tor Au : V → V ∗ ist koerziv, d.h. es gilt:
3 Z
X
≥ c µ0 |∂i uj |2 dx mit c > 0 (Kornsche Ungleichung)
i,j=1 Ω
3 Z
X Z
2 2
≥ c µ0 |∇ui| dx + |ui| dx (Normäquivalenz)
i=1 Ω Ω
Lemma 3.1.10: Der gemäß (3.1.22) definierte Operator Au : V → V ∗ ist stetig, d.h.
es gilt:
∃ c > 0 ∀ u, ϕ ∈ V : |hAu u, ϕiV ∗ V | ≤ c kukV kϕkV .
Beweis. Es gilt nach Definition der symmetrischen Bilinearform a unter Benutzung der
Hölderschen Ungleichung:
Z Z
|a(u, ϕ)| = 2 µ ε(u) : ε(ϕ) dx + λ div(u) div(ϕ) dx
Ω Ω
Z Z
≤ 2 kµkL∞(Ω) |ε(u) : ε(ϕ)| dx + kλkL∞ (Ω) | div(u) div(ϕ)| dx
Z Ω Z Ω
Z 3
! 21 3
! 12
X X
= |εij (u)|2 |εij (ϕ)|2 dx
Ω i,j=1 i,j=1
(Höldersche Ungleichung für Summen)
Z X 3
! 12 Z 3 ! 12
X
≤ |εij (u)|2 dx |εij (ϕ)|2 dx
Ω i,j=1 Ω i,j=1
Z X 3
! 21 Z X 3
! 21
1 1
≤ (ui,2j +uj ,2i ) dx (ϕi ,2j +ϕj ,2i ) dx
Ω i,j=1 2 Ω i,j=1 2
(Youngsche Ungleichung)
3 Z
! 21 3 Z
! 21
X X
= ui ,2j dx ϕi ,2j dx
i,j=1 Ω i,j=1 Ω
3 Z
! 21 3 Z
! 21
X X
≤ c3 u2i + ui ,2j dx c4 ϕ2i + ϕi ,2j dx
i,j=1 Ω i,j=1 Ω
= c3 c4 kukV kϕkV
• koerziv, falls es ein µ > 0 gibt, so dass a(u, u) ≥ µ kuk2V für alle u ∈ V gilt.
42 Kapitel 3. Lineare Elastizitätstheorie
Eine Bilinearform heißt beschränkt, falls es ein β > 0 gibt, so dass |a(u, v)| ≤ β kukV kvkV
für alle u, v ∈ V gilt.
Lemma 3.1.12 (Lax-Milgram): Sei (V, (·, ·)V , k · kV ) ein reeller Hilbertraum und sei
a : V × V → R eine beschränkte, koerziv Bilinearform. Dann besitzt das Problem
Beweis. siehe [Emm04], Satz 3.4.6, Seite 91, [Kna00], Satz 3.1, Seite 86 oder [Alt02],
Satz 4.2, Seite 149 f.
Satz 3.1.13 (Existenz und Eindeutigkeit der schwachen Lösung der stationären Auf-
gabe): Unter den Voraussetzungen (3.1.11) - (3.1.15), (3.1.16) - (3.1.18) sowie f ∈ H
und b ∈ K besitzt die Aufgabe (3.1.1) - (3.1.3) genau eine schwache Lösung u ∈ V , d.h.
Gleichung (3.1.19) gilt für alle ϕ ∈ V .
Beweis. Nach Lemma 3.1.7 ist g ein lineares Funktional. Lemmata 3.1.8 - 3.1.10 zeigen,
dass Au ein linearer, symmetrischer, stetiger und koerziver Operator ist. Damit sind alle
Voraussetzungen des Satzes 3.1.12 erfüllt und die Anwendung des Satzes 3.1.12 liefert
die Behauptung.
Die erste Eigenschaft ist bereits per Konstruktion erfüllt. Aufgrund der Koerzivität gilt:
= L(c)ku − vk2V
2α
Die zweite Eigenschaft ist für L(c) ∈ [0, 1[ erfüllt. Es gilt: L(0) = 1 sowie L k2
= 1.
Weiterhin ist α ≤ k, denn
Eine umfassende Darstellung zur Lösung von Evolutionsgleichungen mithilfe der Galerkin-
Methode findet sich in [Dau92], [Emm04], [Eva98], [Gaj74], [Wlo87], [Zei90] sowie in
[Bro03] und in [Wol04].
Insbesondere sei auf [Duv76], Kapitel 3.4, Seite 123 ff. verwiesen. Hier wird speziell auf
das instationäre Problem der linearen Elastizitätstheorie eingegangen.
Bemerkung 3.2.1: Für den Nachweis der Existenz von Lösungen instationärer Aufga-
ben gibt es insbesondere die Möglichkeit der Konstruktion von Näherungslösungen durch
eine
• Zeitdiskretisierung oder
• Galerkin-Approximation.
Die Semidiskretisierung (vergleiche zum Beispiel [Lub02]) in der Zeit führt unter Verwen-
dung des Differenzenquotienten zweiter Ordnung unmittelbar auf stationäre Probleme
oder mithilfe des Differenzenquotienten erster Ordnung auf Evolutionsgleichungen erster
Ordnung, während die Galerkin-Approximation auf ein endliches System gewöhnlicher
Differentialgleichungen führt.
Bei beiden Zugängen ist zu zeigen, dass zumindest eine Teilfolge der Folge der Nähe-
rungslösungen in einem gewissen Sinne konvergiert und der Grenzwert eine Lösung des
ursprünglichen Problems ist. Die Konvergenz einer (Teil-)Folge kann zumeist aus der
gleichmäßigen Beschränktheit der Näherungslösungen, also aus apriori-Abschätzungen,
mithilfe von Kompaktheitsargumenten gefolgert werden (vergleiche [Emm04]).
Bemerkung 3.2.2: Offenbar ist das Variationsproblem (3.2.1) äquivalent zur Opera-
torgleichung Au = f in V ∗ , wobei A : V → V ∗ .
Die Grundidee zur analytischen Untersuchung von (3.2.1) besteht darin, diese Aufgabe
zu diskretisieren, d.h. eine verwandte Aufgabe in einem endlichdimensionalen Teilraum
zu betrachten.
Sei nun V ein reeller, unendlichdimensionaler, separabler Banachraum und (Vm )m∈N ein
Aufgabe 45
Galerkin-Schema in V . Statt der Lösung u ∈ V von Problem (3.2.1) (linear oder nicht-
linear) werden wir Näherungslösungen um ∈ Vm , m ∈ N bestimmen, mit dem Ziel, dass
(um )m∈N für m → ∞ gegen u konvergiert.
Ein Galerkin-Verfahren zur approximativen Lösung von (3.2.1) besteht darin, einen end-
lichdimensionalen Unterraum Vh 6= ∅ von V zu spezifizieren und eine Lösung des zu
betrachtenden endlichdimensionalen Ersatzproblems von folgender Gestalt zu bestim-
men:
Bemerkung 3.2.4: (1) Der Operator ph ist linear und beschränkt (stetig).
auch beschränkt.
Wegen
D X
h E
p∗h Aph uhi wi , wk = hp∗h f, wk iV ∗ V , k = 1, . . . , h
V ∗V
i=1
46 Kapitel 3. Lineare Elastizitätstheorie
Bemerkung 3.2.5: Im Folgenden verzichten wir auf die Benutzung der Einbettungs-
operatoren ph und p∗h .
Lemma 3.2.6 (Céa): Sei (V, k · kV ) ein reeller Hilbertraum und Vh ⊂ V ein abgeschlos-
sener Unterraum. Ferner sei a : V × V → R eine beschränkte, koerzive Bilinearform.
Dann gilt für den Fehler u−uh zwischen der Lösung u von Problem 3.2.1 und der Lösung
uh von Problem 3.2.2
β
ku − uh kV ≤ inf ku − vh kV .
µ vh ∈Vh
Ist q
die Bilinearform a symmetrisch, so verbessert sich die Konstante in der Abschätzung
zu βµ .
Die Lösung des Gleichungssystems führt schließlich auf die Näherungslösung uh , da diese
eine Linearkombination der Basisfunktionen ist. Die Lösbarkeit des Gleichungssystems
folgt im Übrigen bereits aus dem Satz 3.1.12, welches die Lösbarkeit der diskreten Er-
satzaufgabe sichert.
Im linearen Fall besagt das Lemma 3.2.6, dass die Näherungslösung uh ∈ Vh die beste
Annäherung an die Lösung u ist. Da (Vh )h∈N ein Galerkin-Schema bildet, konvergiert die
Folge (uh )h∈N gegen die Lösung u der Ausgangsgleichung.
Im nichtlinearen Fall besitzt die Folge (uh )h∈N unter geeigneten Voraussetzungen an A
eine konvergente Teilfolge, die gegen ein Element u ∈ V konvergiert. Es bleibt zu zei-
gen, dass dieses u die Lösung der ursprünglichen Galerkin-Gleichungen ist. Dazu ist eine
Abschwächung des Konvergenzbegriffs in V nötig.
(1) Eine Folge von endlichdimensionalen Teilräumen (Vn )n∈N mit Vn ⊂ Vn+1 für alle
n ∈ N heißt Galerkin-Schema, falls gilt:
[
V = Vn .
n∈N
(2) Eine Folge (wi )i∈N heißt Galerkin-Basis, falls stets endlich viele wi linear un-
abhängig sind und die Teilräume Vn := span{w1 , . . . , wn } ein Galerkin-Schema
bilden.
Lemma 3.2.8: In jedem separablen Banachraum existiert eine Galerkin-Basis1 und da-
mit auch ein Galerkin-Schema.
1
In einem separablen Hilbertraum existiert stets eine Orthonormalbasis.
Aufgabe 47
Beweis. (1) Sei V 6= {0} ein separabler Banachraum. Dann besitzt V eine abzählbar
dichte Teilmenge M := {wi }i∈N in V mit w1 6= 0. Wähle v1 = w1 . Ist w2 von v1
linear unabhängig, so wähle v2 = w2 , andernfalls gehe zu w3 über usw.
Es bleiben unendlich viele Elemente übrig, da anderenfalls dim(span(M)) < ∞
(damit span(M) abgeschlossen) und V = M = span(M) = span(M) wäre, was im
Widerspruch zu dim(V ) = ∞ steht.
Definiere eine Folge von endlichdimensionalen Teilräumen (Vn )n∈N mit Vn :=
span{v1 , . . . , vn }. Damit folgt Vn ⊂ Vn+1 für alle n ∈ N.
Sei v ∈ V beliebig. Da {vi }i∈N dicht in V ist, gibt es zu jedem ε > 0 ein vj ∈ M, so
S
dass kv − vj kV < ε.SDa vj ∈ Vn für ein n ≥ j (n, j ∈ N) ist, so folgt V = n∈N Vn
und damit ist auch n∈N Vn dicht in V . Somit bilden die Teilräume Vn ein Galerkin-
Schema.
(2) Sei (Vn )n∈N ein Galerkin-Schema in V . Wähle eine Basis in V1 , ergänze diese zur
Basis in V2 usw. Mithilfe dieses konstruktiven Verfahrens erhält man eine Galerkin-
Basis in V .
Definition 3.2.9: Sei H ein Hilbertraum. Für ein beliebiges Funktionensystem {wi }i=1,...,n
von Hn ⊂ H (n ∈ N) wird G := ((wi , wj )H )i,j=1,...,n ∈ Rn×n die Gramsche Matrix ge-
nannt.
Lemma 3.2.10: Eine Gramsche Matrix ist symetrisch und positiv definit semidefinit.
Sie ist positiv definit genau dann, wenn das zugehörige Funktionensystem linear un-
abhängig ist.
Beweis. Die Gramsche Matrix ist wegen der Eigenschaft des Skalarprodukts in H sym-
metrisch, denn es gilt:
P P
Damit folgt: xT Gx = 0 ⇔ ni=1 xi wi = 0. Ferner gilt ni=1 xi wi = 0 ⇔ x = 0, da die
Basiselemente wj ∈ H (j = 1, . . . , n) linear unabhängig sind. Somit ist die Gramsche
Matrix regulär, d.h. es gilt det(G) 6= 0.
d2 u
(3.2.3) ρ (x, t) − div(2 µ(x) ε(u(x, t))) − ∇(λ(x) div(u(x, t))) = f (x, t) in Ω×]0, T [
dt2
den Anfangsbedingungen
∂u
(3.2.4) u(x, 0) = u0 (x) , (x, 0) = u1 (x) in Ω
∂t
und den gemischten Randbedingungen
mit b 6= 0 anstelle von (3.2.6) ist nicht möglich. Für dieses Problem bekommt man
aufgrund des Spursatzes keine hinreichenden apriori-Abschätzungen.
(4) Die Räume V und H sind so gewählt, dass V ⊂ H ⊂ V ∗ ein Evolutionstripel über
R bildet. Bei der Wahl der Räume gehen die Randbedingungen sowie die Forderung
∇u ∈ H aufgrund der schwachen Formulierung ein.
Aufgabe 49
(3.2.16) f ∈ H
(3.2.17) u0 ∈ V
(3.2.18) u1 ∈ H
heißt ein u ∈ V mit u ∈ L∞ (0, T ; V ) und u′ ∈ L∞ (0, T ; H) schwache Lösung der Aufgabe
(3.2.3) - (3.2.6) falls gelten:
(3.2.19)
Z TZ Z TZ
′ ′
− ρ u (t) ϕ (t) dx dt + 2 µ(x) ε(u(t)) : ε(ϕ(t)) dx dt+
0 Ω 0 Ω
Z TZ Z TZ Z
+ λ(x) div(u(t)) div(ϕ(t)) dx dt = f (x, t) ϕ(t) dx dt + ρ u1(x) ϕ(0) dx
0 Ω 0 Ω Ω
d2 u
ρ (x, t) ϕ(x) − div(2 µ(x) ε(u(x, t))) ϕ(x) − ∇(λ(x) div(u(x, t))) ϕ(x) = f (x, t) ϕ(x)
dt2
für alle ϕ ∈ [C0∞ (Ω)]3 . Mithilfe der Beziehung
d2 u
ρ (x, t) ϕ(x) − div(S(u(x, t))) ϕ(x) = f (x, t) ϕ(x) ∀ ϕ ∈ [C0∞ (Ω)]3
dt2
50 Kapitel 3. Lineare Elastizitätstheorie
Mithilfe partieller Integration über Ω (d.h. Anwendung des Integralsatzes von Gauß) im
elliptischen Hauptteil und unter Berücksichtigung der Randwerte der Testfunktion sowie
der Beziehung (man beachte die Summenkonvention)
Z Z h i Z
− div(S(u)) ϕ dx = 2 µ εij (u) ϕi,j + λ div(u) div(ϕ) dx − Sij (u) νj ϕi dσ
Ω Ω Γ1
Z Z
= 2 µ ε(u) : ε(ϕ) dx + λ div(u) div(ϕ) dx
Ω Ω
für alle ϕ ∈ [C0∞ (Ω)]R3 und für fast alle t ∈ [0, T ].R Mit der (unter gewissen Voraussetzungen
2 d2
gültigen) Identität Ω ddt2u (x, t) ϕ(x) dx = dt 2 Ω
u(x, t) ϕ(x) dx (d.h. Vertauschung von
Gebietsintegration und Zeitdifferentiation) gelangt man so zu der integralen Beziehung:
Z Z
d2
ρu(x, t) ϕ(x) dx + hAu u(x, t), ϕ(x)iV ∗ V = f (x, t) ϕ dx
dt2 Ω Ω
d2
(3.2.20) (ρ u(t), ϕ)H + hAu u(t), ϕiV ∗ V = hg(t), ϕiV ∗ V ∀ϕ ∈ V
dt2
(3.2.21) u(0) = u0 ∈ V , u′ (0) = u1 ∈ H
für fast alle t ∈]0, T ] ist. Mithilfe des folgenden Zusammenhangs (die Zeitableitung ist
in einem verallgemeinerten Sinne zu verstehen)
d2
(3.2.22) (u(t), ϕ)H = hu′′(t), ϕiV ∗ V
dt2
für alle ϕ ∈ V und für fast alle t ∈ ]0, T ] folgt:
Somit gilt:
(3.2.26) ρ u′′ + Au = g in V ∗
Bemerkung 3.2.17 (Eigenschaften des Operators Au und des Funktionals g(t)): Sei
f ∈ H. Dann gelten:
(1) Die gemäß (3.2.15) definierte Abbildung g(t) ∈ V ∗ ist ein lineares, stetiges Funk-
tional für fast alle t ∈ [0, T ].
(2) Der gemäß (3.2.14) definierte Operator Au : V → V ∗ ist linear, symmetrisch, stetig
und koerziv.
(3.2.28)Z Z Z
ρ ′ 2
|u (t)| dx + µ(x) ε(u(t)) : ε(u(t)) dx + λ(x) div(u(t)) div(u(t)) dx =
2 Ω Ω
Z tZ Z ZΩ
ρ
= f (x, τ ) u′ (τ ) dx dτ + |u1 (x)|2 dx + µ(x) ε(u0(x)) : ε(u0(x)) dx+
0Z Ω 2 Ω Ω
Beweis. Im Folgenden soll der Beweis des Existenz- und Eindeutigkeitssatzes mithilfe
des Galerkin-Verfahrens durchgeführt werden.
52 Kapitel 3. Lineare Elastizitätstheorie
für alle j = 1, . . . , n.
mit
Die Gramsche Matrix ist aufgrund der Eigenschaften des Skalarprodukts in H und
der linearen Unabhängigkeit der Basiselemente wj ∈ V ⊂ H symmetrisch positiv
definit und somit regulär.
Damit folgt insgesamt das System von gewöhnlichen Differentialgleichungen zweiter
Ordnung:
(3.2.42) γn′′ (t) = (ρ Gn )−1 (F (t) − Aγn (t)) fast überall in ]0, T [.
Die Funktion hn : [0, T ] × R2n → R2n ist für (t, x) ∈ [0, T ] × R2n durch
mit
0 Id
A := ∈ R2n×2n ,
−(ρ Gn )−1 A 0
0
F(t) := ∈ R2n ,
(ρ Gn )−1 F (t)
αn
ζ0n := ∈ R2n ,
βn
Nun stellt sich die Frage nach einer Lösung dieses Differentialgleichungssystems.
Die Sätze von Peano und Picard-Lindelöf (vergleiche [Aul97] und [Wal00]) sind
nicht anwendbar, da die Funktion hn in Gleichung (3.2.43) nicht stetig bzw. Lipschitz-
stetig bzgl. der Zeit t ist.
Daher wird im Folgenden überprüft, ob die Voraussetzungen des Satzes von Ca-
rathéodory (siehe Satz A.2.7; vergleiche [Wal00], [Fil88], [Cod55]) für das lineare
54 Kapitel 3. Lineare Elastizitätstheorie
Es ist zu zeigen:
(i) hn ist eine Carathéodory-Funktion, d.h.
(a) t 7→ hn (t, x) ist Lebesgue-messbar für alle x
(b) x →7 hn (t, x) ist stetig für fast alle t
(ii) |hn (t, x)| ≤ ϕ(t) + ψ(t) h(x) mit nichtnegativen Funktionen ϕ, ψ ∈ L1 (0, T )
und h ∈ C(Rn ).
|h(t, ζn )| = |A ζn + F(t)|
≤ |A| |ζn| + |F(t)|
≤ |A| |ζn| + c2 kf (t)kHn mit c2 := max {ρ−1 c−1
G kwi kHn } ,
| {z } | {z } i=1,...,n
ϕ(x) ψ(t)
Aufgabe 55
Demnach sind alle Voraussetzungen erfüllt und der Satz von Carathéodory fin-
det Anwendung, d.h. das lineare Differentialgleichungssytem (3.2.43) besitzt ge-
nau eine absolut-stetige, fast überall im klassischen Sinne differenzierbare Lösung
ζn : [0, T ] → R2n mit
Z t
ζn (t) = ζ0n + ζn′ (s) ds , ζn′ ∈ L1 (]0, T [)
0
und mithin ein un ∈ AC 1 ([0, T ]; Vn ), d.h. un ∈ AC([0, T ]; Vn) und u′n ∈ AC([0, T ]; Vn ).
Die Komponenten ζn sind im verallgemeinerten Sinne auf [0, T ] differenzierbar.
Bei nichtlinearen Aufgaben ist die Existenz zuerst auf einem Teilintervall [0, Tn ] für
alle n gesichert und es muss auf Grundlage von apriori-Abschätzungen ein Fortset-
zungsresultat (siehe A.2.8) bemüht werden (da im Allgemeinen die Existenz- und
Eindeutigkeit von Lösungen nichtlinearer gewöhnlicher Differentialgleichungen nur
lokal gesichert ist).
Bemerkung 3.2.19: Die Methode der Galerkin-Approximation lässt sich auch zur
numerischen Lösung der Anfangswert-Randwert-Aufgabe verwenden. Man wählt
den Raum Vn geeignet, eine Basis {w1 , . . . , wn } und löst dann das System von
n gewöhnlichen Differentialgleichungen für die unbekannte Funktion ζn durch ein
geeignetes numerisches Verfahren.
(2) Apriori-Abschätzungen
′
Die Multiplikation der Galerkin-Gleichungen (3.2.35) jeweils mit γnj (t) und die
Summation über j von 1 bis n ergibt:
(ρu′′n (t), u′n (t))H + hAu un (t), u′n (t)iV ∗ V = (f (t), u′n (t))H
A ist symmetrisch und von t unabhängig. Damit folgt für fast alle t ∈ ]0, T [ :
ρd 2 1d
ku′n (t)kH + hAu un (t), un (t)iV ∗ V = (f (t), u′n (t))H
2 dt 2 dt
Die Integration der Gleichung von 0 bis t mit 0 < t ≤ T liefert:
ρ ′ 2 1
kun (t)kH + hAu un (t), un (t)iV ∗ V =
2 2 Z t
ρ 2 1
= ku1n kH + hAu0n , u0n iV ∗ V + (f (τ ), u′n (τ ))H dτ
2 2 0
Z t
≤ ρ ku1n k2H + hAu u0n , u0n iV ∗ V + 2 kf (τ )kH ku′n (τ )kH dτ
0
sowie
(3.2.47)
Z t Z t
2
λ1 kun (t)k2V ≤ ρ ku1n k2H + λ2 ku0n k2V + kf (τ )k2H dτ + ku′n (τ )kH dτ
0 0
Mithilfe des Lemmas von Gronwall (siehe Satz A.5.7) folgt aus Gleichung (3.2.46):
Z t
′ 2 t 2 2 2
(3.2.48) kun (t)kH ≤ c0 e ku1n kH + λ2 ku0n kV + kf (τ )kH dτ
0
Somit folgt aus der Gleichung (3.2.48) und aus der Beziehung ku1n kH ≤ k0 ku1 kH
sowie ku0n kV ≤ k1 ku0 kV (k0 , k1 unabhängig von n) für t = T :
(3.2.49) ku′n k2L∞ (0,T ;H) ≤ sup ku′n (t)kH ≤ c1 eT ku1 k2H + ku0 k2V + kf k2H
t∈[0,T ]
Daraus folgt:
T
(3.2.51) ku′n kL∞ (0,T ;H) ≤ c2 e 2 (ku1 kH + ku0 kV + kf kH)
1 T
(3.2.52) kun kL∞ (0,T ;V ) ≤ c2 T 2 e 2 (ku1 kH + ku0 kV + kf kH )
Dabei seien c1 und c2 passende Konstanten, die unabhängig von t und n sind.
Aufgabe 57
Bemerkung 3.2.21: Für den Fall, dass das Oberflächenmaß von Γ0 identisch Null
ist, ist der Operator Au nicht koerziv, jedoch gibt es eine positive Zahl c, so dass
für alle u ∈ V gilt: hAu u, uiV ∗ V + kuk2H ≥ c kuk2V (siehe Satz A.5.11).
Die Addition von kun (t)k2H auf beiden Seiten der Gleichung (3.2.45) und die fol-
genden Abschätzung
Z t 2
2 ′
kun (t)kH ≤ ku0n kH + kun (s)kH ds
0
Z t 2
≤ 2 ku0n k2H +2 ku′n (s)kH ds
0
Z t Z t
≤ 2 ku0n k2H +2 ku′n (s)k2H ds ds
0 0
Z t
≤ 2 ku0n k2H + 2T ku′n (s)k2H ds
0
Bemerkung 3.2.22: Es kann nur u′ schwach*-Grenzwert von (u′n )n∈N sein. An-
∗
genommen, es gilt un ⇀ w für n → ∞ in L∞ (0, T ; V ). Sei ϕ ∈ C0∞ ([0, T ]) mit:
Z T Z T
′
un (t)ϕ (t) dt = − wn (t)ϕ′ (t) dt
0 0
58 Kapitel 3. Lineare Elastizitätstheorie
und n → ∞ folgt
Z T Z T
′
u(t)ϕ (t) dt = − w(t)ϕ(t) dt.
0 0
Es ist die lineare Hülle von wj (j ∈ N) dicht in V und damit die lineare Hülle von
ϕwj (j ∈ N) dicht in V (vergleiche [Nau05]). Somit sind die Funktionen v(t) :=
ϕ(t)wj (j ∈ N) zulässige Testfunktionen. Es gilt:
Z T Z T Z T
′′
hρu (t), viV ∗ V dt + hAu u(t), viV ∗ V dt = (f (t), v)H dt
0 0 0
Aufgabe 59
Nach dem Satz A.6.34 bleibt für die Existenz der Lösung u des Originalproblems
nur noch zu zeigen:
u(0) = u0 sowie u′ (0) = u1 .
Es gelten die beiden Formeln der partiellen Integration:
Z T Z T
′
(ρ un (t), ϕ(t)wj )H dt = − (ρ un (t), ϕ′ (t)wj )H dt + (ρ u0n , ϕ(0)wj )H
0 0
für j = 1, . . . , n sowie
Z T Z T
′
(ρ u (t), ϕ(t)wj )H dt = − (ρ u(t), ϕ′(t)wj )H dt + (ρ u(0), ϕ(0)wj )H , j ∈ N
0 0
Der schwache Grenzübergang ist für n → ∞ zulässig und damit ergibt sich:
n→∞
(ρ u0n , ϕ(0)wj )H −→ (ρ u(0), ϕ(0)wj )H ∀ j∈N
Mit dem Dichtheitsargument (Die Vereinigung der span{w1 , . . . , wn } liegt dicht in
V und V liegt dicht in H) folgt u0n ⇀ u(0) für n → ∞ in H. Wegen u0n → u0 für
n → ∞ in V folgt u(0) = u0 .
Analog gelten die beiden Formeln der partiellen Integration:
Z T Z T
h−Au un (t) + f (t), ϕ(t)wj iV ∗ V dt = (ρ u′′n (t), ϕ(t)wj )H dt
0 0
Z T
= − (ρ u′n (t), ϕ′ (t)wj )H dt + (ρ u1n , ϕ(0)wj )H
0
für j = 1, . . . , n sowie
Z T Z T
h−Au u(t) + f (t), ϕ(t)wj iV ∗ V dt = (ρ u′′ (t), ϕ(t)wj )H dt
0 0
Z T
= − (ρ u′ (t), ϕ′ (t)wj )H dt + (ρ u′ (0), ϕ(0)wj )H
0
für j ∈ N. Der schwache Grenzübergang ist für n → ∞ zulässig und damit ergibt
sich:
n→∞
(ρ u1n , ϕ(0)wj )H −→ (ρ u′ (0), ϕ(0)wj )H ∀ j∈N
Mit dem Dichtheitsargument (Die Vereinigung der span{w1 , . . . , wn } liegt dicht in
V und V liegt dicht in H) folgt u1n ⇀ u′ (0) für n → ∞ in H. Wegen u1n → u1 für
n → ∞ in V folgt u′ (0) = u1 .
Somit ist u schwache Lösung des Originalproblems mit den angegebenen Eigen-
schaften. Alle Teilfolgen von (un )n∈N konvergieren schwach in V und besitzen als
Grenzwert die eindeutig bestimmte Lösung u der Ausgangsgleichung. Damit gilt
(für die gesamte Folge):
(3.2.62) un ⇀ u für n → ∞ in V und
(3.2.63) u′n ⇀ u′ für n → ∞ in H.
60 Kapitel 3. Lineare Elastizitätstheorie
Das Testen der Gleichung (3.2.65) mit u′ ist nicht erlaubt, da u′ ∈ H jedoch nicht
u′ ∈ V. Daher benutzen wir folgenden Regularisierungstrick (vergleiche [Dau92],
[Zei90]):
Sei für 0 ≤ s ≤ T mit χs die charakteristische Funktion des Intervalls [0, s] be-
zeichnet, d.h. es gilt:
1 für 0 ≤ t ≤ s
χs = χ[0,s] =
0 für s < t ≤ T
Rt
Weiter definieren wir v(t) := 0 χs (τ ) u(τ ) dτ + c für fixiertes s ∈ [0, T ], wobei c so
gewählt sei, dass v(T ) = 0. Dann gelten:
• v ′ (t) = χs (t) u(t) für fast alle t ∈ [0, T ] nach dem Satz über Differenzierbarkeit
Bochner-integrierbarer Funktionen. Außerdem gilt v ′ ∈ V wegen u ∈ V.
Z s
= − hρ u′ (t), u(t)iV ∗ V dt
0
ρ
= − ku(s)k2H ≤ 0
2
Ebenso folgt aufgrund der Symmetrie von Au :
d
hAu v(t), v(t)iV ∗ V = hAu v ′ (t), v(t)iV ∗ V + hAu v(t), v ′(t)iV ∗ V
dt
= 2 hAu v ′ (t), v(t)iV ∗ V
und somit:
Z T Z s
hAu u(t), v(t)iV ∗ V dt = hAu v ′ (t), v(t)iV ∗ V dt
0
Z0 s
1d
= hAu v(t), v(t)iV ∗ V dt
0 2 dt
1 1
= hAu v(s), v(s)iV ∗ V − hAu v(0), v(0)iV ∗ V
|2 {z } 2
=0, da v(s)=0
1 λ
= − hAu v(0), v(0)iV ∗ V ≤ − kv(0)k2V ≤ 0
2 2
Somit folgt insgesamt:
ρ λ
− ku(s)k2H − kv(0)k2V = 0
2 2
λ
=⇒ ku(s)k2H + kv(0)k2V = 0
ρ
2
=⇒ ku(s)kH = 0 für fast alle s ∈ ]0, T [
=⇒ u = 0 fast überall auf ]0, T [
Wir beweisen die Energiegleichung nur für einen Spezialfall. Sei u′ ∈ V. Dann folgt
aus der Evolutionsgleichung für alle t ∈ [0, T ]:
ρ u′′ + Au = g
=⇒ hρ u′′ , u′iV ∗ V + hAu, u′iV ∗ V = hg, u′iV ∗ V
ρd 2 1d
=⇒ ku′ (t)kH + hAu(t), u(t)iV ∗ V = (f (t), u′ (t))H
2 dt 2 dt
ρ ′ 2 1
=⇒ ku (t)kH + hAu(t), u(t)iV ∗ V
|2 {z } |2 {z }
kinetische Energie potentielle Energie
Z t
ρ 2 1
= ku1 kH + hAu0 , u0 iV ∗ V + (f (τ ), u′ (τ ))H dτ
2 2 0
| {z }
Gesamtenergie
62 Kapitel 3. Lineare Elastizitätstheorie
Für das allgemeingültige Resultat und die physikalische Bedeutung verweisen wir auf die
Literatur. In [Lio69], Kapitel 1.8 wird der Beweis der Energiegleichung mit Regularisie-
rungstechniken geführt.
Ein wesentlicher Bestandteil des Beweises ist die Gewinnung einer Apriori-Abschätzung
für die rechte Seite der Energiegleichung, die als aktuelle Energie eines schwingenden
Körpers interpretiert werden kann. Daher heißt diese Lösungsmethode - ebenso wie die
analoge für die Evolutionsgleichungen erster Ordnung - Energiemethode.
Bemerkung 3.2.23: Mithilfe von speziellen (Galerkin-)Basen ist es möglich, für die
Lösung der Evolutionsgleichung eine bessere Regularität bezüglich der Zeit und des Or-
tes zu bewiesen, ohne von der speziellen Gestalt der Räume V und H sowie des Operators
Au Gebrauch zu machen. Allerdings sind nur in wenigen Ausnahmefällen spezielle Ba-
sen nebst Eigenwerten mit vertretbarem Aufwand zu bestimmen (vergleiche hierzu und
zum Beweis der folgenden Aussage: [Wol04], Kapitel 7.8 Bessere Regularität - spezielle
”
Basen“, Seite 194 ff).
u1 ∈ V, Au u0 ∈ H und f ∈ V
f = f1 + f2 mit f1 ∈ L2 (0, T ; V ), f2 ∈ W 1,2 (0, T ; H)
Dann gelten für die einzige Lösung u ∈ V der Aufgabe (3.2.3) - (3.2.6) neben den
Aussagen des Satzes 3.2.18 die folgenden:
Eine Einführung in die Thermoelastizität aus Sicht der Kontinuumsmechanik findet sich
unter anderem in [Alt94] und in [Kup76]
d2 u
ρ 2 − 2 div(µ ε(u) − grad(λ div(u)) + 3 grad(K α (θ − θ0 )) = f in Ω×]0, T [
dt
(4.1.1)
dθ du
ρ ce − div(κ(θ) ∇θ) + 3 K α θ0 div = r in Ω×]0, T [
dt dt
Die Aufgabe ist, die Existenz und Eindeutigkeit einer schwachen Lösung der Randwert-
Anfangswert-Aufgabe, bestehend aus dem linearen partiellen Differentialgleichungssy-
stem (4.1.1) den Anfangsbedingungen
63
64 Kapitel 4. Lineare Thermoelastizitätstheorie
(4.1.8) θ − Temperatur
(4.1.9) ρ − Dichte im Referenzzustand
(4.1.10) θ0 − Referenztemperatur zum Zeitpunkt t = 0
2
(4.1.11) K := λ + µ − Kompressionsmodul
3
(4.1.12) α − Wärmeausdehnungskoeffizient
(4.1.13) ce − spezifische Wärme
(4.1.14) κ − Wärmeleitfähigkeit
(4.1.15) r − Volumendichte der äußeren Wärmequellen
(4.1.16) S(u, θ) := 2 µ ε(u) + λ tr(ε(u)) Id +3 K α (θ − θ0 ) Id − Spannung
(4.1.17) δ − Wärmeübergangskoeffizient
(4.1.18) θΓ − Temperatur des umgebenden Mediums
Wir beschränken uns im Folgenden auf den Fall ortsabhängiger Materialparameter, die
nicht vom der Temperatur abhängen.
Definition 4.1.2: Unter den Voraussetzungen (3.1.11) - (3.1.15), (4.1.19) - (4.1.29) heißt
ein Paar (u, θ) ∈ Vu × Vθ mit u′ ∈ Vu schwache Lösung der Aufgabe (4.1.1) - (4.1.7), falls
gelten:
(4.1.30)
Z TZ Z TZ
′ ′
− ρ u (t)v (t) dx dt + 2 µ(x) ε(u(t)) : ε(v(t)) dx dt+
0 Ω 0 Ω
Z TZ Z TZ
+ λ(x) div(u(t)) div(v(t)) dx dt − 3 K(x) α(x) (θ(t) − θ0 ) div(v(t)) dx dt =
0 Ω 0 Ω
Z TZ Z
= f (x, t) v(t) dx dt + ρ u1 (x) v(0) dx
0 Ω Ω
′
für alle v ∈ Vu mit v ∈ Hu und v(T ) = 0 sowie u(0) = u0 ,
Z TZ Z TZ
′
− ρ ce θ(t)ϕ (t) dx dt + 3 K(x) α(x) θ0 div(u′ (t)) ϕ(t) dx dt+
0 Ω 0 Ω
Z TZ Z TZ
(4.1.31) + κ(x) ∇θ(t) ∇ϕ(t) dx dt + δ(x) (θ(t) − θΓ ) ϕ(t) dσ dt =
0 Ω 0 ∂Ω
Z TZ Z
= r(x, t) ϕ(t) dx dt + ρ ce θ0 ϕ(0) dx
0 Ω Ω
′
für alle ϕ ∈ Vθ mit ϕ ∈ Hθ und ϕ(T ) = 0.
Lemma 4.2.1: Seien f ∈ Hu , b = 0. Dann ist die gemäß (4.1.33) Abbildung g(t) :
Vu → R für fast alle t ∈ [0, T ] ein lineares, stetiges Funktional.
66 Kapitel 4. Lineare Thermoelastizitätstheorie
Lemma 4.2.2: Seien (3.1.11) - (3.1.15) gegeben. Der gemäß (4.1.32) definierte Opera-
tor Au : Vu → Vu∗ ist linear, symmetrisch, koerziv und stetig.
Lemma 4.2.3: Seien r ∈ Hθ , θΓ ∈ Kθ . Dann ist die gemäß (4.1.35) definierte Abbildung
k(t) : Vθ → R für fast alle t ∈ [0, T ] ein lineares, stetiges Funktional.
Beweis. (1) Die Linearität folgt unmittelbar aus der Linearität des Integrals.
(2) Die Stetigkeit ist äquivalent zur Beschränktheit. Es gilt für fast alle t ∈]0, T [:
Z Z
|k(ϕ)| = r(t) ϕ dx +
δ θΓ (t) ϕ dσ
Ω ∂Ω
≤ kr(t) ϕkL1(Ω) + kδ θΓ (t) ϕkL1 (∂Ω)
≤ kr(t)kLq (Ω) kϕkLp (Ω) + kδkL∞ (∂Ω) k θΓ (t)kLq̃ (∂Ω) kϕkLp̃ (∂Ω)
mit p, q sowie p̃, q̃ konjugierte Exponenten (Höldersche Ungleichung)
≤ cE kr(t)kHθ kϕkVθ + kδkL∞ (∂Ω) kθΓ (t)kLq̃ (∂Ω) kϕkLp̃ (∂Ω)
(Einbettungssatz)
≤ cE kr(t)kHθ kϕkVθ + cS kθΓ kKθ kϕkVθ
(Spursatz)
Lemma 4.2.4: Seien (3.1.11) - (3.1.13) sowie (4.1.28) und (4.1.29) gegeben. Der gemäß
(4.1.34) definierte Operator Aθ : Vθ → Vθ∗ ist linear, symmetrisch, koerziv und stetig.
Beweis. (1) Die Linearität des Operators Aθ folgt aufgrund der Linearität des Integrals
und des Gradienten.
(2) Die Symmetrie des Operators Aθ folgt aufgrund der Kommutativität der Multipli-
kation.
Z Z
≤ κ(x) |∇θ(t)| |∇ϕ| dx + δ |θ(t)| |ϕ| dσ
Ω ∂Ω
≤ kκkL∞ (Ω) k∇θ(t)kHθ k∇ϕkHθ + kδkL∞ (∂Ω) kθ(t)kL2 (∂Ω) kϕkL2 (∂Ω)
(Höldersche Ungleichung)
≤ kκkL∞ (Ω) k∇θ(t)kHθ k∇ϕkHθ + cS kδkL∞ (∂Ω) kθ(t)kVθ kϕkVθ
(Spursatz)
≤ cN kκkL∞ (Ω) kθ(t)kVθ kϕkVθ + cS kδkL∞ (∂Ω) kθ(t)kVθ kϕkVθ
(Normäquivalenz)
≤ c kθ(t)kVθ kϕkVθ
Im Folgenden soll der Beweis der Existenz einer Lösung mithilfe des simultanen Galerkin-
Verfahren durchgeführt werden, d.h. es werden beide Gleichungen simultan mit dem
Galerkin-Verfahren behandelt. Nach den nötigen apriori-Abschätzungen werden die schwa-
chen Grenzübergänge vollzogen.
Satz 4.3.1 (Existenz- und Eindeutigkeitssatz für die Aufgabe der klassischen linearen
Thermoelastizität): Unter den Voraussetzungen (3.1.11) - (3.1.15), (4.1.19) - (4.1.22),
(4.1.25) - (4.1.29) sowie (4.3.1) und (4.3.2) besitzt die Aufgabe (4.1.1) - (4.1.7) genau
eine schwache Lösung (u, θ) ∈ Vu × Vθ , d.h. es gelten: (4.1.30) für alle v ∈ Vu mit
v ′ ∈ Hu und v(T ) = 0 sowie u(0) = u0 , (4.1.31) für alle ϕ ∈ Vθ mit ϕ′ ∈ Hθ und
ϕ(T ) = 0.
Weiter gelten
(4.3.3)Z Z Z
ρθ0 ′ 2
|u (t)| dx + θ0 µ(x) ε(u(t)) : ε(u(t)) dx + θ0 λ(x) div(u(t)) div(u(t)) dx+
2 Ω
Z Z Ω Z Ω
ρ ce
|θ(t)|2 dx + κ(x) |∇θ(t)|2 dx + δ(x) (θ(t) − θΓ (t)) θ(t) dσ+
2 Ω Ω ∂Ω
Z tZ Z
2 ′ ρ θ0
+ 3 K(x) α(x) θ0 div(u (τ )) dx dτ = |u1(x)|2 dx+
0Z Ω 2 Ω
Z
+ θ0 µ(x) ε(u0(x)) : ε(u0(x)) dx + θ0 λ(x) div(u0 (x)) div(u0 (x)) dx+
Ω Ω
Z Z tZ Z tZ
ρ ce 2 ′
+ |θ0 | dx + θ0 f (x, τ ) u (τ ) dx dτ + r(x, τ ) θ(τ ) dx dτ
2 Ω 0 Ω 0 Ω
Die Multiplikation der Gleichung (4.3.16) mit θ0 und die Addition der Gleichungen
(4.3.16) und (4.3.17) liefert unter Beachtung der folgenden Beziehung
Z
− 3 K α θ0 (θn (t) − θ0 ) div(u′m (t)) dx =
(4.3.18) ZΩ Z
= − 3 K α θ0 θn (t) div(um (t)) dx + 3 K α θ02 div(u′m (t)) dx
′
Ω Ω
Wir bemerken, dass sich aufgrund dieser Vorgehensweise die kritischen Kopplungs-
terme aus beiden Gleichungen aufheben.
Da Au symmetrisch und von t unabhängig ist, folgt:
Z
θ0 ρ d ′ 2 θ0 d
kum (t)kHu + hAu um (t), um (t)iVu∗ Vu + 3 K α θ02 div(u′m (t)) dx +
2 dt 2 dt Ω
ρ ce d
+ kθn (t)k2Hθ + hAθ θn (t), θn (t)iVθ∗ Vθ = θ0 (f (t), u′m (t))Hu +
2 dt
+ (r(t), θn (t))Hθ + (δ θΓ (t), θn (t))Kθ
für fast alle t ∈]0, T [. Die Integration der Gleichung von 0 bis t mit 0 < t ≤ T
liefert:
θ0 ρ ′ 2 θ0 ρ ce
kum (t)kHu + hAu um (t), um (t)iVu∗ Vu + kθn (t)k2Hθ +
2Z Z 2 Z 2
t t
+3 K α θ02 div(u′m (τ )) dx dτ + hAθ θn (τ ), θn (τ )iVθ∗ Vθ dτ =
0 Ω 0
θ0 ρ θ0 ρce
= ku1m k2Hu + hAu u0m , u0m iVu∗ Vu + kθ0n k2Hθ +
2 Z 2 Z t 2 Z t
t
′
+θ0 (f (τ ), um (τ ))Hu dτ + (r(τ ), θn (τ ))Hθ dτ + (δ θΓ (τ ), θn (τ ))Kθ dτ
0 0 0
ku0m kVu ≤ ku0 kVu , ku1m kHu ≤ ku1 kHu , kθ0n kHθ ≤ kθ0 kHθ
linearen Thermoelastizität 71
• Mithilfe der Hölderschen und der Youngschen Ungleichung sowie unter An-
wendung des Spursatzes folgt:
c̃25 kδk2L∞ (∂Ω) t
Z t Z Z t
2
(δ θΓ (τ ), θn (τ ))Kθ dτ ≤ kθΓ (τ )kKθ dτ + ε1 kθn (τ )k2Vθ dτ
0 4 ε1
| {z } 0 0
=: c5
Die Formel der partiellen Integration (bzgl. der Zeit) sowie Standardabschätzun-
gen liefern:
Z tZ
3 K α θ02 div(u′m (τ )) dx dτ =
Z0 Ω
= 3 K α θ02 div(um (t) − u0m ) dx
Ω
9 kKk2L∞ (Ω) kαk2L∞ (Ω) θ04
Z
≤ | meas(Ω)| +ε2 (div(um (t) − u0m ))2 dx
4 ε2 Ω
| {z }
=: c6
für fast alle t ∈ ]0, T [. Es folgt mithilfe der Anwendung des Gronwallschen Lemmas
die folgende Abschätzung:
2
ku′m kL∞ (0,T ;Hu ) + kum k2L∞ (0,T ;Vu ) + kθn k2L∞ (0,T ;Hθ ) + kθn k2L2 (0,T ;Vθ ) ≤ const.
72 Kapitel 4. Lineare Thermoelastizitätstheorie
Diese Abschätzung ist für den Grenzübergang nicht ausreichend, da u′m ∈ L∞ (0, T ; Vu )
(u′m ∈ L2 (0, T ; Vu)) für den Grenzübergang im Divergenzterm der Wärmeleitungs-
gleichung benötigt wird.
Daher Differenzieren wir die Galerkin-Gleichungen nach der Zeit. Das Differenzie-
ren der Galerkin-Gleichungen ist dadurch gerechtfertigt, da die eindeutige Lösung
(u′m , θn ) des gewöhnlichen linearen Differentialgleichungenssystems zweiter Ord-
nung nach dem Satz von Carathéodory absolut-stetig und somit im verallgemei-
nerten Sinne differenzierbar auf [0, T ] ist. Unter den gegebenden Voraussetzungen
ist damit die rechte Seite des Differentialgleichungssystems im verallgemeinerten
Sinne auf [0, T ] differenzierbar. Somit muss also auch die Zeitableitung der Lösung
im verallgemeinerten Sinne auf [0, T ] differenzierbar sein.
Es seien (u1m )m∈N und (u2m )m∈N Folgen in Vu mit den Eigenschaften:
Jetzt differenzieren wir die Gleichung (4.3.11) nach t, multiplizieren die Gleichung
′′
mit γumj (t) und summieren über j von 1 bis m:
(4.3.24)
(ρ u′′′ ′′ ′ ′′ ′ ′′
m (t), um (t))Hu + hAu um (t), um (t)iVu∗ Vu − (3 K α θn (t), div(um (t)))Hu
= (f ′ (t), u′′m (t))Hu
Analog liefert die Differentiation der Gleichung (4.3.12) nach t, Multiplikation der
′
Gleichung mit γθni (t) und die Summation über i von 1 bis n:
(4.3.25)
(ρ ce θn′′ (t), θn′ (t))Hθ + hAθ θn′ (t), θn′ (t)iVθ∗ Vθ + (3 K αθ0 div(u′′m (t)), θn′ (t))Hθ
= (r ′ (t), θn′ (t))Hθ + (δ θΓ′ (t), θn′ (t))Kθ
Die Multiplikation der Gleichung (4.3.24) mit θ0 und die Addition der Gleichungen
(4.3.24) und (4.3.25) liefert unter Beachtung der folgenden Beziehung die folgende
Gleichung:
θ0 ρ (u′′′ ′′ ′ ′′ ′′ ′
m (t), um (t))Hu + θ0 hAu um (t), um (t)iVu∗ Vu + ρ ce (θn (t), θn (t))Hθ +
+ hAθ θn′ (t), θn′ (t)iVθ∗ Vθ = θ0 (f ′ (t), u′′m (t))Hu + (r ′ (t), θn′ (t))Hθ + (δ θΓ′ (t), θn′ (t))Kθ
Wir bemerken, dass sich aufgrund dieser Vorgehensweise die kritischen Kopplungs-
terme aus beiden Gleichungen komplett aufheben. Es folgt:
θ0 ρ d 2 θ0 d ρ ce d ′ 2
ku′′m (t)kHu + hAu u′m (t), u′m (t)iVu∗ Vu + kθ (t)kHθ +
2 dt 2 dt 2 dt n
linearen Thermoelastizität 73
+ hAθ θn′ (t), θn′ (t)iVθ∗ Vθ = θ0 (f ′ (t), u′′m (t))Hu + (r ′ (t), θn′ (t))Hθ + (δ θΓ′ (t), θn′ (t))Kθ
für fast alle t ∈ ]0, T [. Die Integration der Gleichung von 0 bis t mit 0 < t ≤ T
liefert:
θ0 ρ ′′ 2 θ0 ρ ce ′ 2
kum (t)kHu + hAu u′m (t), u′m (t)iVu∗ Vu + kθn (t)kHθ +
Z 2t 2 2
θ0 ρ θ0
+ hAθ θn′ (τ ), θn′ (τ )iVθ∗ Vθ dτ = ku2m k2Hu + hAu u1m , u1m iVu∗ Vu +
0 2 2
Z t Z t
ρ ce
+ kθ1n k2Hθ + +θ0 (f ′ (τ ), u′′m (τ ))Hu dτ + (r ′(τ ), θn′ (τ ))Hθ dτ +
2 0 0
Z t
+ (δ θΓ′ (τ ), θn′ (τ ))Kθ dτ
0
ku1m kVu ≤ ku1 kVu , ku2m kHu ≤ ku2 kHu , kθ1n kHθ ≤ kθ1 kHθ
c2 kδk2L∞ (∂Ω)
Z t Z t Z t
2 2
(δ θΓ′ (τ ), θn′ (τ ))Kθ dτ ≤ kθΓ′ (τ )kKθ dτ + ε kθn′ (τ )kVθ dτ
0 | 4{zε } 0 0
=: c4
74 Kapitel 4. Lineare Thermoelastizitätstheorie
für fast alle t ∈ ]0, T [. Mit dem Lemma von Gronwall ergibt sich die folgende
Abschätzung:
2 2 2 2
ku′′m kL∞ (0,T ;Hu ) + ku′m kL∞ (0,T ;Vu ) + kθn′ kL∞ (0,T ;Hθ ) + kθn′ kL2 (0,T ;Vθ ) ≤ const.
Diese Abschätzungen sind für den Grenzübergang ausreichend.
(3) Grenzübergang für n → ∞
Nach dem Satz von Banach-Alaoglu liefern die obigen Abschätzungen die Existenz
einer Teilfolge von (um )m∈N sowie die Existenz einer Teilfolge von (θn )n∈N - diese
Teilfolgen seien ebenfalls mit (um )m∈N bzw. mit (θn )n∈N bezeichnet - mit
∗
(4.3.26) um ⇀ u in L∞ (0, T ; Vu) und
∗
(4.3.27) u′m ⇀ u′ in L∞ (0, T ; Vu) sowie
∗
(4.3.28) θn ⇀ θ in L∞ (0, T ; Hθ ).
(Es kann nur u′ schwach*-Grenzwert von (u′m )m∈N sein - vergleiche den Beweis des
Satzes 3.2.18) Seien ϕu , ϕθ ∈ C 1 ([0, T ]) mit ϕu (T ) = 0 bzw. ϕθ (T ) = 0 beliebige
Funktionen. Die Multiplikation der Gleichung (4.3.11) mit der Funktion ϕu und
die Multiplikation der Gleichung (4.3.12) mit der Funktion ϕθ sowie die Integration
über ]0, T [ liefert für k ∈ N:
Z T Z T
′′
(ρ um (t), ϕu (t)wuk )Hu dt + hAu um (t), ϕu (t)wuk iVu∗ Vu dt +
0 0
Z T Z T
− 3 (K α (θn (t) − θ0 ), div(ϕu (t)wuk ))Hu dt = (f (t), ϕu (t)wuk )Hu dt
0 0
Z T Z T
(ρ ce θn′ (t), ϕθ (t)wθk )Hθ
hAθ θn (t), ϕθ (t)wθk iVθ∗ Vθ dt +
dt +
0 0
Z T Z T
′
+ 3 (K α θ0 div(um (t)), ϕθ (t)wθk )Hθ dt = (r(t), ϕθ (t)wθk )Hθ dt +
0 0
Z T
+ (δ θΓ (t), ϕθ (t)wθk )Kθ dt
0
Z T Z T
+ hAu um (t), ϕu (t)wuk iVu∗ Vu dt − 3 (K α (θn (t) − θ0 ), div(ϕu (t)wuk ))Hu dt =
0 0
Z T
= (f (t), ϕu (t)wuk )Hu dt , k ∈ N
0
Z T
− (ρ ce θn (t), ϕ′θ (t)wθk )Hθ dt − (ρ ce θn (0), ϕθ (0)wθk )Hθ +
0
Z T Z T
+ hAθ θn (t), ϕθ (t)wθk iVθ Vθ dt + 3
∗ (K α θ0 div(u′m (t)), ϕθ (t)wθk )Hθ dt =
0 0
Z T Z T
= (r(t), ϕθ (t)wθk )Hθ dt + (δ θΓ (t), ϕθ (t)wθk )Kθ dt , k ∈ N
0 0
Wegen der schwach*-Konvergenz - man beachte die Linearität und Stetigkeit von
Au und Aθ - ist der Grenzübergang für n, m → ∞ korrekt und liefert:
Z T
− (ρ u′ (t), ϕ′u (t)wuk )Hu dt − (ρ u1 , ϕu (0)wuk )Hu +
0
Z T Z T
+ hAu u(t), ϕu (t)wuk iVu∗ Vu dt − 3 (K α (θ(t) − θ0 ), div(ϕu (t)wuk ))Hu dt =
0 0
Z T
= (f (t), ϕu (t)wuk )Hu dt , k ∈ N
0
Z T
− (ρ ce θ(t), ϕ′θ (t)wθk )Hθ dt − (ρ ce θ(0), ϕθ (0)wθk )Hθ +
0
Z T Z T
+ hAθ θ(t), ϕθ (t)wθk iVθ Vθ dt + 3
∗ (K α θ0 div(u′ (t)), ϕθ (t)wθk )Hθ dt =
0 0
Z T Z T
= (r(t), ϕθ (t)wθk )Hθ dt + (δ θΓ (t), ϕθ (t)wθk )Kθ dt , k ∈ N
0 0
Die lineare Hülle der Funktion wuk (k ∈ N) ist dicht in Vu und die lineare Hülle der
Funktionen wθk (k ∈ N) ist dicht in Vθ . Damit ist die lineare Hülle der Funktionen
ϕu wuk (k ∈ N) dicht in Vu und die lineare Hülle der Funktionen ϕθ wθk (k ∈ N) ist
dicht in Vθ Somit sind die Funktionen v(t) := ϕu wuk (k ∈ N) und w(t) := ϕθ wθk
(k ∈ N) zulässige Testfunktionen. Es gilt:
Z T Z T
′′
hAu u(t), v(t)iVu∗ Vu dt +
(ρ u (t), v(t))Hu dt +
0 0
Z T Z T
− 3 (K α (θ(t) − θ0 ), div(v(t)))Hu dt = (f (t), v(t))Hu dt
0 0
Z T Z T
′
hAθ θ(t), w(t)iVθ∗ Vθ dt +
(ρ ce θ (t), w(t))Hθ dt +
0 0
Z T Z T Z T
′
+ 3 (K α θ0 div(u (t)), w(t))Hθ dt = (r(t), w(t))Hθ dt + (δ θΓ (t), w)Kθ dt
0 0 0
76 Kapitel 4. Lineare Thermoelastizitätstheorie
für alle v ∈ Vu , w ∈ Vθ .
Nun bleibt für die Existenz der Lösung nur noch zu zeigen: u(0) = u0 , u′ (0) = u1
und θ(0) = θ0 .
Es gelten die beiden Formeln der partiellen Integration:
Z T Z T
′
(um (t), ϕu (t)wuk )Hu dt = − (um (t), ϕ′u (t)wuk )Hu dt + (u0m , ϕu (0)wuk )Hu
0 0
für k = 1, . . . , m sowie
Z T Z T
′
(u (t), ϕu (t)wuk )Hu dt = − (u(t), ϕ′u (t)wuk )Hu dt + (u(0), ϕu(0)wuk )Hu
0 0
für k = 1, . . . , m sowie
Z T Z T
′′
(u (t), ϕu (t)wuk )Hu dt = − (u′(t), ϕ′u (t)wuk )Hu dt + (u′ (0), ϕu (0)wuk )Hu
0 0
für k = 1, . . . , m sowie
Z T Z T
′
(θ (t), ϕθ (t)wθk )Hθ dt = − (θ(t), ϕ′θ (t)wθk )Hθ dt + (θ(0), ϕθ (0)wθk )Hθ
0 0
für alle w ∈ Vθ .
Sei für 0 ≤ s ≤ T mit χs die charakteristische Funktion des Intervalls [0, s] be-
zeichnet, d.h. es gilt:
1 für 0 ≤ t ≤ s
χs = χ[0,s] =
0 für s < t ≤ T
Die Gleichung (4.3.29) wird mit χs u′ und die Gleichung (4.3.30) wird mit χs θ
getestet. Im Gegensatz zum Eindeutigkeitsbeweis des Satzes 3.2.18 ist an dieser
Stelle das Testen mit u′ erlaubt, da die Lösung u aufgrund des Differenzierens der
Galerkin-Gleichungen eine bessere Regularität besitzt.
Die Multiplikation der Gleichung (4.3.29) mit θ0 und die Addition der Gleichungen
(4.3.29) und (4.3.30) für fixiertes s ∈ [0, T ] liefert:
Z s Z s
′′ ′
θ0 hρ u (t), u (t)iVu∗ Vu dt + θ0 hAu u(t), u′ (t)iVu∗ Vu dt +
Z0 s Z s0
+ hce ρ θ′ (t), θ(t)iV ∗ Vθ dt + hAθ θ(t), θ(t)iV ∗ Vθ dt = 0
θ θ
0 0
sowie
Z s Z s
′ ρ ce d
hρ ce θ (t), θiV ∗ Vθ dt = kθ(t)k2Hθ dt
0
θ
0 2 dt
ρ ce
= kθ(s)k2Hθ − kθ(0)k2Hθ ≥ 0
2 | {z }
=0
Damit folgt:
Z s
θ0 ρ ′ ρ ce θ0 c1
ku (s)k2Hu + kθ(s)k2Hθ + ku(s)k2Vu + c2 kθ(t)k2Vθ dt ≤ 0
2 2 2 0
Z s
ρ ce 2
=⇒ kθ(s)kHθ + kθ(t)k2Vθ dt ≤ 0
2 0
=⇒ kθ(s)k2Hθ ≤ 0
=⇒ kθ(s)kVθ = 0 für fast alle s ∈ ]0, T [
=⇒ θ = 0 fast überall auf ]0, T [
(5) Energieungleichung
Das Testen der Evolutionsgleichungen mit u′ bzw. mit θ, die Multiplikation der
Bewegungsgleichung mit θ0 und die Addition der beiden Gleichung liefert:
θ0 ρ ′ 2 θ0 ρ ce
ku (t)kHu + hAu u(t), u(t)iVu∗ Vu + kθ(t)k2Hθ +
2 2 2
linearen Thermoelastizität 79
Z tZ Z t
+3 K α θ02 ′
div(u (τ )) dx dτ + hAθ θ(τ ), θ(τ )iVθ∗ Vθ dτ =
0 Ω 0
θ0 ρ θ0 ρce
= ku1 k2Hu + hAu u0 , u0 iVu∗ Vu + kθ0 k2Hθ +
2 Z 2 Z 2 Z
t t t
′
+θ0 (f (τ ), u (τ ))Hu dτ + (r(τ ), θ(τ ))Hθ dτ + (δ θΓ (τ ), θ(τ ))Kθ dτ
0 0 0
Gilt ferner
(4.3.32) K, α ∈ R+ ,
so stellt man fest, dass sich somit die kritischen Kopplungsterme komplett aufheben.
Dadurch entfällt die Notwendigkeit, die Galerkin-Gleichungen zu differenzieren und eine
höhere Regularität von den rechten Seiten f und r von der Funktion θΓ sowie von den
Anfangsbedingungen u0 und θ0 zu fordern. Im Gegensatz zum Satz 4.3.1 ist u′ ∈ Hu nun
für den Grenzübergang in den Kopplungstermen ausreichend. Eine bessere Regularität
wie im Fall allgemeiner Randbedingungen zuvor wird deshalb nicht benötigt, da durch
die partielle Integration bezüglich des Ortes im Kopplungsterm der Wärmeleitungsglei-
chung, u′ nicht mehr im Divergenzterm auftritt und somit keine Schwierigkeit für den
Grenzübergang darstellt.
Aufgrund dieser Tatsache können wir die schwache Form in einer leicht veränderten Form
definieren und formulieren folgendes Existenzresultat:
80 Kapitel 4. Lineare Thermoelastizitätstheorie
Satz 4.3.2 (Existenzsatz für die Aufgabe der linearen Thermoelastizität für einfache
Randbedingungen): Unter den Voraussetzungen (3.1.11) - (3.1.15), (4.1.19) - (4.1.25),
(4.3.32), (4.1.28) - (4.1.29) besitzt die Aufgabe (4.1.1) - (4.1.4), (4.3.31), (4.1.7) min-
destens eine schwache Lösung (u, θ) ∈ Vu × Vθ mit u ∈ L∞ (0, T ; Vu), u′ ∈ L∞ (0, T ; Hu )
und θ ∈ L∞ (0, T ; Hu ), d.h. es gelten:
Z T Z Z T Z
′ ′
− ρ u (t)v (t) dx dt + 2
µ(x) ε(u(t)) : ε(v(t)) dx dt +
0 Ω 0 Ω
Z TZ Z TZ
+ λ(x) div(u(t)) div(v(t)) dxdt + 3 K α ∇θ(t) v(t) dx dt =
0 Ω 0 Ω
Z TZ Z
= f (x, t) v(t) dx dt + ρ u1(x) v(0) dx
0 Ω Ω
(4.3.33)
Z Z Z
ρ ′ 2
|u (t)| dx + µ(x) ε(u(t)) : ε(u(t)) dx + λ(x) div(u(t)) div(u(t)) dx+
2 Ω Ω Ω
Z Z Z
ρ ce 2 2
|θ(t)| dx + κ(x) |∇θ(t)| dx + δ(x) (θ(t) − θΓ (t)) θ(t) dσ =
2 Ω
Z ZΩ ∂Ω Z
ρ 2
= |u1(x)| dx + µ(x) ε(u0(x)) : ε(u0 (x)) dx + λ(x) div(u0 (x)) div(u0 (x)) dx+
2 Ω Ω
Z Z tZ Z t ZΩ
ρ ce
+ |θ0 |2 dx + f (x, τ ) u′ (τ ) dx dτ + r(x, τ ) θ(τ ) dx dτ
2 Ω 0 Ω 0 Ω
Beweis. Der Beweis verläuft analog zum Beweis des Satzes 4.3.1. Wir beschränken uns
daher im Weiteren auf die wesentlichen Unterschiede.
(4.3.35)
(ρ ce θn′ (t), wθi)Hθn + hAθ θn (t), wθi iVθn
∗ V
θn
− (3 K α θ0 u′m (t), grad(wθi ))Hθn =
= (r(t), wθi)Hθn + (δ θΓ (t), wθi )Kθn , i = 1, . . . , n
sowie den Anfangsbedingungen (4.3.13) - (4.3.15).
Nach Satz von Carathéodory existiert für die entstandene Anfangswertaufgabe
für ein lineares System von gewöhnlichen Differentialgleichungen zweiter Ordnung
genau eine absolut-stetige Lösung (um , θn ) ∈ AC 1 ([0, T ]; Vum ) × AC([0, T ]; Vθn )
(vergleiche den Beweis des Satzes 3.2.18).
(2) Apriori-Abschätzungen
′
Die Multiplikation der Gleichungen (4.3.34) mit γumj (t) und die Summation über
j von 1 bis m ergibt:
(ρ u′′m (t), u′m (t))Hu + hAu um (t), u′m (t)iVu∗ Vu + (3 K α ∇θn (t), u′m (t))Hu
(4.3.36)
= (f (t), u′m (t))Hu
Analog liefert die Multiplikation der Gleichungen (4.3.35) mit γθni(t) und die Sum-
mation über über i von 1 bis n:
(4.3.37)
(ρ ce θn′ (t), θn (t))Hθ + hAθ θn (t), θn (t)iVθ∗ Vθ − (3 K α θ0 u′m (t), grad(θn (t)))Hθ
= (r(t), θn (t))Hθ + (δ θΓ (t), θn (t))Kθ
θ0 ρ (u′′m (t), u′m (t))Hu + θ0 hAu um (t), u′m (t)iVu∗ Vu + ρ ce (θn′ (t), θn (t))Hθ +
+ hAθ θn (t), θn (t)iVθ∗ Vθ = θ0 (f (t), u′m (t))Hu + (r(t), θn (t))Hθ + (δ θΓ (t), θn (t))Kθ
Die Operatoren Au und Aθ sind symmetrisch und von t unabhängig. Damit folgt:
θ0 ρ d 2 θ0 d ρ ce d
ku′m (t)kHu + hAu um (t), u′m(t)iVu∗ Vu + kθn (t)k2Hθ +
2 dt 2 dt 2 dt
+ hAθ θn (t), θn (t)iVθ∗ Vθ = θ0 (f (t), u′m (t))Hu + (r(t), θn (t))Hθ + (δ θΓ (t), θn (t))Kθ
für fast alle t ∈]0, T [. Die Integration der Gleichung von 0 bis t mit 0 < t ≤ T
und die bekannten Standardabschätzungen wie im Beweis des Satzes 4.3.1 liefern
insgesamt:
Z t
θ0 ρ ′ 2 θ0 c1 2 ρ ce 2
kum (t)kHu + kum (t)kVu + kθn (t)kHθ + (c3 − ε) kθn (τ )k2Vθ dτ ≤
2 2 2 0
Z t
θ0 ρ θ c
0 2 ρ c e θ 0
≤ ku1m k2Hu + ku0m k2Vu + kθ0n k2Hθ + kf (τ )k2Hu dτ +
2 2 2 2 0
Z Z t Z
1 t 2 2 θ0 t ′ 2
+ kr(τ )kHθ dτ + c4 kθΓ (τ )kKθ dτ + kum (τ )kHu dτ +
2 0 0 2 0
82 Kapitel 4. Lineare Thermoelastizitätstheorie
Z t
1
+ kθn (τ )k2Hθ dτ
2 0
für fast alle t ∈ ]0, T [. Es folgt mithilfe der Anwendung des Gronwallschen Lemmas
die folgende Abschätzung:
2
(4.3.38) ku′m kL∞ (0,T ;Hu ) + kum k2L∞ (0,T ;Vu ) + kθn k2L∞ (0,T ;Hθ ) + kθn k2L2 (0,T ;Vθ ) ≤ const.
Z T Z T
(ρ ce θn′ (t), ϕθ (t)wθk )Hθ
hAθ θn (t), ϕθ (t)wθk iVθ∗ Vθ dt +
dt +
0 0
Z T Z T
′
− 3 (K α θ0 um (t), grad(ϕθ (t)wθk ))Hθ dt = (r(t), ϕθ (t)wθk )Hθ dt +
0 0
Z T
+ (δ θΓ (t), ϕθ (t)wθk )Kθ dt
0
In beiden Gleichungen wird nun analog zum Beweis des Satzes 4.3.1 bezüglich der
Zeit partiell integriert.
Wegen der schwach*-Konvergenz - man beachte die Linearität und Stetigkeit von
Au und Aθ - ist der Grenzübergang für n, m → ∞ korrekt und liefert:
Z T
− (ρ u′(t), ϕ′u (t)wuk )Hu dt − (ρ u1 , ϕu (0)wuk )Hu +
0
Z T Z T
+ hAu u(t), ϕu (t)wuk iVu∗ Vu dt + 3 (K α ∇θ(t), ϕu (t)wuk )Hu dt =
0 0
linearen Thermoelastizität 83
Z T
= (f (t), ϕu (t)wuk )Hu dt , k ∈ N
0
Z T
− (ρ ce θ(t), ϕ′θ (t)wθk )Hθ dt − (ρ ce θ(0), ϕθ (0)wθk )Hθ +
0
Z T Z T
+ hAθ θ(t), ϕθ (t)wθk iVθ∗ Vθ dt − 3 (K α θ0 u′ (t), grad(ϕθ (t)wθk ))Hθ dt =
0 0
Z T Z T
= (r(t), ϕθ (t)wθk )Hθ dt + (δ θΓ (t), ϕθ (t)wθk )Kθ dt , k ∈ N
0 0
Die lineare Hülle der Funktionen wuk (k ∈ N) ist dicht in Vu und die lineare
Hülle der Funktionen wθk (k ∈ N) ist dicht in Vθ . Damit sind die Funktionen
v(t) := ϕu (t) wuk (k ∈ N) sowie w(t) := ϕθ (t) wθk (k ∈ N) zulässige Testfunktionen.
Es gilt:
Z T Z T Z T
′′
(ρ u (t), v)Hu dt + hAu u(t), viVu∗ Vu dt + 3 (K α ∇θ(t), v)Hu dt =
0 0 0
Z T
= (f (t), v)Hu dt
0
Z T Z T
′
hAθ θ(t), wiVθ∗ Vθ dt +
(ρ ce θ (t), w)Hθ dt +
0 0
Z T Z T Z T
′
− 3 (K α θ0 u (t), grad(w))Hθ dt = (r(t), w)Hθ dt + (δ θΓ (t), w)Kθ dt
0 0 0
für alle v ∈ Vu , w ∈ Vθ .
Nun bleibt für die Existenz der Lösung nur noch zu zeigen: u(0) = u0, u′ (0) = u1
und θ(0) = θ0 . Da dieser Teil des Beweises analog zum Beweis des Satzes 4.3.1
verläuft, verzichten wir an dieser Stelle auf eine weitere Darlegung.
(4) Energieungleichung
Im Gegensatz zum Beweis des Satzes 4.3.1 ist das Testen der Evolutionsgleichung
mit u′ nicht erlaubt. Eine Möglichkeit, die Aussage nachzuweisen, besteht in der
Argumentation mit Regularisierungsresultaten. Wir verweisen auf die Literatur
(vergleiche [Lio69]).
Der Beweis der Eindeutigkeit der schwachen Lösung im Sinne des Satzes 4.3.2 ist im
Vergleich zum Beweis der Eindeutigkeit des Satzes 4.3.1 wesentlich komplizierter.
Seien u1 und u2 bzw. θ1 und θ2 zwei verschiedene Lösungen des Originalproblems. Wegen
der Linearität gelten dann für u := u1 − u2 : u(0) = 0, u′ (0) = 0 und
Z T Z T
′′
hρu (t), v(t)iVu∗ Vu dt + hAu u(t), v(t)iVu∗ Vu dt+
0 0
(4.3.43) Z TZ
+3 K α θ(t) div(v(t)) dx dt = 0
0 Ω
84 Kapitel 4. Lineare Thermoelastizitätstheorie
für alle v ∈ Vθ .
Das Testen der Gleichung (4.3.43) mit u′ wie im Beweis des Satzes 4.3.1 ist aufgrund der
schwächeren Regularität von u nicht möglich.
Wir erinnern
Rt uns an den Eindeutigkeitsbeweis im Satz 3.2.18 und definieren ferner
v(t) := 0 χs (τ ) u(τ ) dτ + c für fixiertes s ∈ [0, T ], wobei c so gewählt sei, dass v(T ) = 0.
Die Gleichung (4.3.43) wird nun mit der soeben definierten Funktion v und die Glei-
chung (4.3.44) mit der Funktion w(t) = −χs (t) θ(t) getestet. Das Problem bei dieser
Vorgehensweise ist allerdings, dass man keine hinreichenden apriori-Abschätzungen be-
kommt, da sich die Kopplungsterme nicht aufheben (es ist in beiden Termen nur partielle
Integration bzgl. des Ortes möglich):
Z s
2 2
ku(s)kVu + hAu v(0), v(0)iV ∗ V + kθ(s)kHθ + hAθ θ(t), θ(t)iV ∗ V dt =
0
(4.3.45) Z TZ Z sZ
= ∇θ(t) v(t) dx dt + ∇θ(t) u′(t) dx dt
0 Ω 0 Ω
Rt
Ein Testen mit der Funktion v und w(t) := 0 χs (τ ) θ(τ ) dτ + c für fixiertes s ∈ [0, T ],
wobei c so gewählt sei, dass w(T ) = 0 liefert:
Z s
2
ku(s)kVu + hAu v(0), v(0)iV ∗ V + kθ(t)k2Hθ dt + hAθ w(0), w(0)iV ∗ V =
0
(4.3.46) Z TZ Z TZ
= ∇θ(t) v(t) dx dt + ∇θ(t) u(t) dx dt
0 Ω 0 Ω
Entweder man fordert von der Lösung eine bessere Regularität oder man stellt höhere Re-
gularitätsforderungen an die rechten Seiten f und r, die Funktion θΓ sowie die Anfangs-
bedingungen u0 , u1 und θ0 , um so mithilfe des Differenzieren der Galerkin-Gleichungen
eine bessere Regularität der Lösung zu bekommen.
Ein ähnlicher Ansatz zum Beweis der Eindeutigkeit der schwachen Lösung für die Aufga-
be der linearen Thermoelastizität mit einfachen Randbedingungen findet sich in [Gaw86].
Unter der Voraussetzung, dass die rechten Seiten f und r, die Funktion θΓ sowie die An-
fangsbedingungen u0 , u1 und θ0 eine bessere Regularität besitzen, läßt sich folgendes
Resultat zeigen:
Satz 4.3.3 (Eindeutigkeitssatz für die Aufgabe der linearen Thermoelastizität für ein-
fache Randbedingungen): Unter den Voraussetzungen (3.1.11) - (3.1.15), (4.1.19) -
(4.1.22), (4.3.32), (4.1.28) - (4.1.29) sowie (4.3.1) und (4.3.2) ist die schwache Lösung
im Sinne des Satzes 4.3.2 eindeutig.
linearen Thermoelastizität 85
Beweis. Wir orientieren uns im Folgenden an der Beweisidee in der Arbeit von [Gaw86].
Zuerst nehmen wir folgendes Anfangswert-Randwert-Problem an:
(4.3.47)
d2 U df
ρ 2 − 2 div(µ ε(U) − grad(λ div(U)) + 3 grad(K α (T − θ0 )) = in Ω×]0, T [
dt dt
dT dU dr
ρ ce − div(κ ∇T ) + 3 K α θ0 div = in Ω×]0, T [
dt dt dt
mit den Anfangsbedingungen
dU 2 1 1
(4.3.48) U(0) = u1 , (0) = div(µ ε(u0) + grad(λ div(u0 )) + f (0) ,
dt ρ ρ ρ
1 3 K α θ0 du 0 1
(4.3.49) T (0) = div(κ ∇θ0 ) − div + r(0)
ρ ce ρ ce dt ρ ce
und den Randbedigungen
(4.3.50) U(x, t) = 0 auf ∂Ω×]0, T [ ,
(4.3.51) T (x, t) = 0 auf ∂Ω×]0, T [ .
Aufgrund der Voraussetzungen (4.3.2) und den Anfangsbedingungen (4.3.48) sowie (4.3.49)
folgt
dU
(4.3.52) U(0) ∈ Vu , (0) ∈ Hu und T (0) ∈ Vθ .
dt
Nach dem Satz 4.3.2 existiert mindestens eine schwache Lösung (U, T ) ∈ Vu × Vθ der
Aufgabe (4.3.47) - (4.3.49).
Wir führen folgende Funktionen ein:
Z t Z t
(4.3.53) v(t) = u0 + U(s) ds und w(t) = θ0 + T (s) ds.
0 0
Damit folgt:
dv dw
(4.3.54) =U, = T , v(0) = u0 sowie w(0) = θ0 .
dt dt
Die Integration der Gleichungen (4.3.47) von 0 bis t (0 < t ≤ T ) zeigt unter Verwendung
der Anfangsbedingungen (4.3.48) und (4.3.49) sowie der Definition (4.3.53), dass die
Funktionen v und w der Aufgabe (4.1.1) - (4.3.49) genügen. Mithilfe von Satz 4.3.2, der
Definition (4.3.53) und den Eigenschaften (4.3.52) folgt:
dv dw
(4.3.55) v ∈ Vu , ∈ Vu , w ∈ Vθ und ∈ Vθ .
dt dt
Aufgrund der besseren Regularität befinden wir uns somit im Setting des Satzes 4.3.1.
Die apriori-Abschätzungen liefern die Eindeutigkeit analog zum Eindeutigkeitsbeweis des
Satzes 4.3.1.
Als Fazit läßt sich festhalten, dass es im Fall vereinfachter Randbedingungen unter der
Voraussetzung konstanter Koeffizienten jedoch geringeren Regularitätsforderungen als im
Fall gemischter Randbedingungen gelingt, die Existenz einer schwachen Lösung der Auf-
gabe der linearen Thermoelastizität nachzuweisen. Der Beweis der Eindeutigkeit benötigt
allerdings dieselben Regularitätsvoraussetzungen wie im allgemeinen Fall.
86 Kapitel 4. Lineare Thermoelastizitätstheorie
5 Lineare Thermoelastizitätstheorie
mit Phasenumwandlungen und
Umwandlungsplastizität
Dieses Kapitel bildet den Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit. Das Ziel ist es, die Exi-
stenz und die Eindeutigkeit einer schwachen Lösung der Aufgabe der linearen Thermoela-
stizitätstheorie mit Phasenumwandlungen und Umwandlungsplastizität nachzuweisen.
Im ersten Teil dieses Kapitels wird das Modell der klassischen linearen Thermoelastizität
durch Hinzunahme der Phasenumwandlungen erweitert. Zunächst wird die Aufgabenstel-
lung für diesen Fall formuliert, gefolgt von der Darstellung der Beweisidee. Im Anschluss
folgen die Existenz- und Eindeutigkitsresultate für die entstehenden Teilprobleme der
Thermoelastizität und der Phasenumwandlungen. Das Teilproblem der Thermoelasti-
zität wird analog zum vierten Kapitel mit dem Galerkin-Verfahren behandelt, während
das Teilproblem der Phasenumwandlungen aus der Arbeit von [Hüß07] zitirt und an
einem Beispiel illustriert wird. Den Schluss dieses Abschnitts bildet der Existenz- und
Eindeutigkeitssatz für das Gesamtproblem.
Im zweiten Teil dieses Kapitels wird das Modell der Thermoelastizität mit Phasenum-
wandlungen nochmals durch die Berücksichtigung der Umwandlungsplastizität erweitert.
Nach der Vorstellung der Aufgabe folgen ebenfalls die Existenz- und die Eindeutigkeit
der Lösungen der Teilprobleme sowie der Lösung des Gesamtproblems. Insbesondere
werden die Schwierigkeiten, die aufgrund der Kopplungsterme in der Bewegungs- und
der Wärmeleitungsgleichung sowie aufgrund des Materialgesetzes der Umwandlungspla-
stizität auftreten, näher beleuchtet.
Gekoppelte Modelle zum Materialverhalten im Stahl, die neben dr Temperatur und der
Deformation auch die Phasenumwandlung beschreiben, sind im engeren mathematischen
und numerischen Kontext nur wenig untersucht worden.
Somit entstand die Aufgabe, das komplexe physikalische Materialverhalten von Stahl
unter Berücksichtigung der Phasenumwandlung und der Umwandlungsplastizität in all-
gemeinere Modelle der Thermoelastizität einzubinden.
87
88 Umwandlungsplastizität
Bewegungsgleichung:
d2 u
ρ0 − 2 div(µ ε(u)) − grad(λ div(u)) + 3 grad(K α (θ − θ0 ))+
dt2 !
(5.1.1) N
X ρ0
+ grad K − 1 pi = f in Ω×]0, T [
i=1
ρi (θ0 )
Linearisierte Energiegleichung:
N
dθ du X
(5.1.2) ρ0 ce − div(κ ∇θ) = −3K α θ0 div + ρ0 Li γi + r in Ω×]0, T [
dt dt i=2
zu zeigen. Dabei sind (3.1.4) - (3.1.15), (4.1.8) - (4.1.15), (4.1.17) - (4.1.18) sowie
Bemerkung 5.1.2: Die im Vorfeld behandelten Fälle der linearen Elastizität und der
klassischen linearen Thermoelastizität stellen sich als Spezialfälle der vorliegenden Auf-
gabe heraus.
90 Umwandlungsplastizität
Zunächst zeigen wir für fixiertes p ∈ Vp die eindeutige Existenz einer schwachen Lösung
(u, θ) ∈ Vu × Vθ der Teilaufgabe (5.1.1) - (5.1.2), (refrandbed01) - (5.1.7). Der Beweis
wird mithilfe des Galerkin-Verfahrens vollzogen und verläuft analog zum Beweis des
Existenz- und Eindeutigkeitssatzes 4.3.1. Diese Teilaufgabe bezeichnen wir im Folgen-
den als Teilproblem A.
In einem zweiten Schritt wird für gegebenes θ̄ ∈ Hθ die Existenz und die Eindeutigkeit
einer Lösung der Aufgabe (5.1.3), (5.1.8) gerechtfertigt. Diese Teilaufgabe sei als Teil-
problem B bezeichnet.
Damit ist (eindeutig) ein Operator
sowie
Der Beweis wird analog zum Beweis des Existenz- und Eindeutigkeitssatzes 4.3.1 mithilfe
des simultanen Galerkin-Verfahrens geführt.
Allerdings ist es möglich unter den Voraussetzungen der Definition 5.1.1 die Existenz
und die Eindeutigkeit einer schwachen Lösung der vorgestellten Aufgabe für einfache
Randbedingungen und zeitinvariante Parameter nachzuweisen. Wir werden im Folgen-
den auf den Fall vereinfachter Randbedingungen wie im Kapitel 4.3.2 jedoch nicht näher
eingehen.
(5.1.28) Z
(ρ0 u′′m (t), wuj )Hum + hAu um (t), wuj iVum
∗ V
um + 3 K α (θn (t) − θ0 ) div(wuj ) dx+
Ω
ZN
X ρ0
+ K − 1 pi div(wuj ) dx = (f, wuj )Hum , j = 1, . . . , m
Ω i=1
ρi (θ0 )
(5.1.29)
(ρ0 ce θn′ (t), wθi )Hθn + hAθ θn (t), wθiiVθn
∗ V
θn
− (δ θΓ , wθi )Kθn =
Z Z X N
′
=3 K α θ0 div(um (t)) wθi dx + ρ Li γi wθi dx + (r, wθi )Hθn , i = 1, . . . , n
Ω Ω i=1
sowie den Anfangsbedingungen (4.3.13) - (4.3.15). Nach dem Einsetzen der Ba-
sisdarstellungen in die Galerkin-Gleichungen sowie in die zugehörigen Anfangs-
bedingungen erhält man eine Anfangswertaufgabe für ein lineares System von
gewöhnlichen Differentialgleichungen zweiter Ordnung. Aufgrund der gegebenen
Voraussetzungen existiert nach dem Satz von Carathéodory genau eine Lösung
(um , θn ) ∈ AC 1 ([0, T ]; Vum ) × AC([0, T ]; Vθn ) (vergleiche den Beweis des Satzes
4.3.1).
(2) Apriori-Abschätzungen
′
Die Multiplikation der Gleichung (5.1.28) mit γumj (t) und die Summation über j
von 1 bis m ergibt:
(5.1.30) Z
(ρ0 u′′m (t), u′m (t))Vu∗ Vu + hAu um (t), u′m (t)iVu∗ Vu +3 K α (θn (t) − θ0 ) div(u′m (t)) dx+
Ω
Z N
X ρ0
+ K − 1 pi (t) div(u′m (t)) dx = (f (t), u′m (t))Hu
Ω i=1
ρi (θ0 )
Die Multiplikation der Gleichung (5.1.29) mit γθni(t) und die Summation über i
92 Umwandlungsplastizität
(ii) Aufgrund partieller Integration bzgl. der Zeit sowie der Hölderschen- und der
Youngschen Ungleichung gilt:
Z t Z N
X ρ0
θ0 K − 1 pi (s) div(u′m (s)) dx ds
0 Ω ρ (θ
i=1 | i {z0 )
}
=:ρi0
Z t Z N
X
= θ0 K ρi0 p′i (s) div(um (s)) dx ds +
0 Ω i=1
Z N
X Z N
X
+θ0 K ρi0 pi (t) div(um (t)) dx − θ0 K ρi0 pi (0) div(um (0)) dx
Ω i=1 Ω i=1
N
kKk2L∞ (Ω) θ02 T | meas(Ω)| X
Z t
1
≤ kρi0 k2L∞ (Ω) kγi k2L∞ (Ω×]0,T [) + kum (s)k2Vu ds +
2 i=1
2 0
| {z }
=: c8
N
kKk2L∞ (Ω) θ02 X
+ kρi0 k2L∞ kpi (t)k2L2 (Ω) +ε4kum (t)k2Vu +
4 ε4 i=1
| {z }
=: c9
N
kKk2L∞ (Ω) θ02 X 1
+ kρi0 k2L∞ (Ω) kpi (0)k2L2 (Ω) + kum (0)k2Vu
2 i=1
2
| {z }
=: c10
(5.1.32) ku′m kL∞ (0,T ;Hu ) + kum kL∞ (0,T ;Vu ) + kθn kL∞ (0,T ;Hθ ) + kθn kL2 (0,T ;Vθ ) < ∞
′′
mit γumj (t) und die Summation über j von 1 bis m ergibt:
(5.1.33) Z
(ρ0 u′′′ ′′
m (t), um (t))Vu∗ Vu + hAu u′m (t), u′′m (t)iVu∗ Vu +3 K α θn′ (t) div(u′′m (t)) dx+
Ω
Z N
X
+ K ρi0 p′i (t) div(u′′m (t)) dx = (f ′ (t), u′′m (t))Hu
Ω i=1
Die Differentiation der Gleichung (5.1.29) nach t, Multiplikation der Gleichung mit
′
γθni (t) und die Summation über i von 1 bis n liefert analog:
(5.1.34) Z
(ρ0 ce θn′′ (t), θn′ (t))Vθ∗ Vθ + hAθ θn′ (t), θn′ (t)iVθ∗ Vθ − δ θΓ′ (t) θn′ (t) dσ =
∂Ω
Z Z N
X
=3 K α θ0 div(u′′m (t)) θn′ (t) dx + ρ0 Li γi′ (t) θn′ (t) dx + (r ′ (t), θ′ (t))Hθ
Ω Ω i=1
Wir bemerken, dass sich im diesem Fall die Kopplungsterme wieder aufheben (ver-
gleiche hierzu den Beweis des Satzes 4.3.1).
Multiplikation der Gleichung (5.1.33) mit θ0 und Addition der Gleichungen (5.1.33)
und (5.1.34) liefert:
θ0 (ρ0 u′′′ ′′ ′ ′′ ′ ′
m (t), um (t))Vu∗ Vu + θ0 hAu u (t), um (t)iVu∗ Vu + hAθ θn (t), θn (t)iVθ∗ Vθ +
Z XN Z
′ ′′ ′′ ′
+θ0 K ρi0 pi (t) div(um (t)) dx + (ρ0 ce θn (t), θn (t))Vθ∗ Vθ = δ θΓ′ (t) θn′ (t) dσ +
Ω i=1 ∂Ω
Z N
X
+θ0 (f ′ (t), u′′m (t))Hu + ρ0 Li γi′ (t) θn′ (t) dx + (r ′(t), θn′ (t))Hθ
Ω i=1
Die Standardabschätzungen aus dem Beweis des Satzes 4.3.1 werden seien gegeben
und wir untersuchen lediglich die folgenden zusätzlichen Abschätzungen.
5.1. Lineare Thermoelastizität mit Phasenumwandlungen 95
(ii) Die partieller Integration bzgl. der Zeit sowie die Anwendung der Hölderschen-
und der Youngschen Ungleichung liefert:
Z t Z N
X
θ0 K ρi0 p′i (s) div(u′′m (s)) dx ds
0 Ω i=1
Z t Z N
∂γi ′
X ∂γi
= − θ0 K ρi0 (s) θn (s) + (s) γi(s) div(u′m (s)) dx ds +
0 Ω i=1
∂θ ∂p i
Z XN Z XN
′
+θ0 K ρi0 γi (t) div(um (t)) dx − θ0 K ρi0 γi (0) div(u′m (0)) dx
Ω i=1 Ω i=1
:= ĉ
z }| {
N
θ02 kKk2L∞ (Ω) T | meas(Ω)| X
Z t
∂γi
2
≤ kρi0 k2L∞ (Ω)
kθn′ (s)k2Hθ ds +
2 i=1
∂θ
∞
L (Ω×]0,T [) 0
| {z }
=: c10
" N
#Z
X
∂γi
2 t
+ ĉ kρi0 k2L∞ (Ω)
∂pi
∞ kγi k2L∞ (Ω×]0,T [) + 1 ku′m(s)k2Vu ds +
i=1 L (Ω×]0,T [) 0
| {z }
=: c11
N
kKk2L∞ (Ω) θ02 | meas(Ω)| X
+ kρi0 k2L∞ (Ω) kγi (t)k2L∞ (Ω) +ε4 ku′m (t)k2Vu +
4 ε4 i=1
| {z }
=: c12
N
kKk2L∞ (Ω) θ02 | meas(Ω)| X 1
+ kρi0 k2L∞ (Ω) kγi (0)k2L∞ (Ω) + ku′m (0)k2Vu
2 i=1
2
| {z }
=: c13
Insgesamt folgt:
θ0 ρ0 ′′ θ0 c1 ρ0 ce ′
kum (t)k2Hu + − ε4 ku′m (t)k2Vu + kθn (t)k2Hu +
2 2 2
96 Umwandlungsplastizität
Z t
θ0 ρ0 ′′ θ0 c2 + 1 ′
+ (c3 − ε1 ) kθn′ (s)k2Vθ ds ≤ kum(0)k2Hu + kum (0)k2Vu +
0 2 2
Z t Z
ρ0 ce ′ 2 1 ′ 2 θ0 t ′′
+ kθn (0)kHu + + c9 + c10 kθn (s)kHθ ds + kum (s)k2Hu ds +
2 2 0 2 0
Z t Z t Z t
θ0 1
+c11 ku′m (s)k2Vu ds + kf ′ (s)k2Hu ds + kr ′ (s)k2Hθ ds +
2 2
Z 0t 0 0
(5.1.35) ku′′m kL∞ (0,T ;Hu ) + ku′m kL∞ (0,T ;Vu ) + kθn′ kL∞ (0,T ;Hθ ) + kθn′ kL2 (0,T ;Vθ ) < ∞
(Es kann nur u′ schwach*-Grenzwert von (u′m )m∈N sein.) Weiterhin folgt aufgrund
der schwachen Unterhalbstetigkeit der Normen:
ku′kL∞ (0,T ;Hu ) + kukL∞ (0,T ;Vu ) + kθkL∞ (0,T ;Hθ ) + kθkL2 (0,T ;Vθ ) < ∞ bzw.
(5.1.39)
ku′′kL∞ (0,T ;Hu ) + ku′kL∞ (0,T ;Vu ) + kθ′ kL∞ (0,T ;Hθ ) + kθ′ kL2 (0,T ;Vθ ) < ∞
Z T Z T
(ρ0 ce θn′ (t), ϕθ (t)wθj )Hθ dt + hAθ θn (t), ϕθ (t)wθj iVθ∗ Vθ dt =
0 0
5.1. Lineare Thermoelastizität mit Phasenumwandlungen 97
Z T Z T Z
= (δ θΓ , ϕθ (t)wθj )Kθ dt + 3 K α θ0 div(u′m (t)) ϕθ (t)wθj dx dt +
0 0 Ω
Z T Z N
X Z T
+ ρ0 Li γi ϕθ (t)wθj dx dt + (r, ϕθ (t)wθj )Hθ dt
0 Ω i=1 0
und
Z T
− (ρ0 ce θ(t), ϕ′θ (t)wθj )Hθ dt +
0
Z T Z T
−(ρ0 ce θ(0), ϕθ (0)wθj )Hθ + hAθ θ(t), ϕθ (t)wθj iVθ∗ Vθ dt − (δ θΓ , ϕθ (t)wθj )Kθ dt =
0 0
Z T Z Z T Z N
X
=3 K α θ0 div(u′ (t)) ϕθ (t)wθj dx dt + ρ0 Li γi ϕθ (t)wθj dx dt +
0 Ω 0 Ω i=1
Z T
+ (r, ϕθ (t)wθj )Hθ dt
0
Die lineare Hülle der Funktionen wuk (k ∈ N) ist dicht in Vu - analog ist die lineare
Hülle der Funktionen wθk (k ∈ N) dicht in Vθ . Damit sind die Funktionen ϕu (t)wuk
und ϕθ (t)wθk (k ∈ N) zulässige Testfunktionen.
Nun bleibt für die Existenz der Lösung nur noch zu zeigen: u(0) = u0, u′ (0) = u1
und θ(0) = θ0 . Diese Tatsache folgt analog zum Beweis des Satzes 4.3.1, daher sei
an dieser Stelle darauf verzichtet.
98 Umwandlungsplastizität
für alle v ∈ Vu
Z T Z T
(ρ0 ce θ(t), w(t))Vθ∗ Vθ dt + hAθ θ(t), w(t)iVθ∗ Vθ dt =
0 0
(5.1.41) Z TZ
=3 K α θ0 div(u′(t)) w(t) dx dt
0 Ω
für alle w ∈ Vθ
Damit folgt der Beweis der Eindeutigkeit analog zum Beweis des Satzes 4.3.1.
Bemerkung 5.1.5: Das Anfangswertproblem (5.1.42), (5.1.43) lässt sich abstrakt als
gewöhnliches Differentialgleichungssystem im Banachraum L∞ (Ω) formulieren (verglei-
che [Emm04]).
(1) γ : R × RN → RN
(2) p0 ∈ [L∞ (Ω)]N
(3) Für alle p ∈ [L∞ (Ω×]0, T [)]N und für alle θ̄ ∈ Hθ sei γi = γi (θ̄(x, t), p(x, t)) für
i = 1, . . . , N Lebesgue-messbar auf Ω×]0, T [.
(4) Es existieren nichtnegative Funktionen h ∈ C(RN ) sowie ϕ, ψ ∈ L∞ (Ω×]0, T [) so
dass für alle p ∈ RN und für alle θ̄ ∈ Hθ gilt:
(5.1.44) |γ(θ̄(x, t), p)| ≤ ϕ(x, t) + ψ(x, t) h(p)
für fast alle (x, t) ∈ Ω×]0, T [.
5.1. Lineare Thermoelastizität mit Phasenumwandlungen 99
(5) Es existiert ein L ≥ 0, so dass für alle p, q ∈ RN und für alle θ̄ ∈ Hθ gilt:
Beweis. Der Beweis lässt sich mithilfe des Banachschen Fixpunktsatzes führen (sie-
he [Hüß07] und vergleiche [Emm04] für die Verallgemeinerung des Satzes von Picard-
Lindelöf auf Banachräume).
∂pi (x, t)
(5.1.46) = γi (ū(x, t), θ̄(x, t), p(x, t)) , t ∈]0, T [ , x ∈ Ω
∂t
(5.1.47) pi (x, 0) = pi0 (x) , x ∈ Ω
Lemma 5.1.8: Unter zusätzlichen Bedingungen an die Struktur der rechten Seite γ der
Gleichung (5.1.42) und an p0
N
X
(5.1.48) p0 (x) ≥ 0 und p0i (x) = 1
i=1
Im Folgenden betrachten wir ein Beispiel, um die Aussagen des Satzes 5.1.6 und des
Lemmas 5.1.8 zu illustrieren.
Weiter nehmen wir an, dass sich Perlit nur im Temperaturintervall ]θ2 , θ1 [ und Bainit
im Temperaturintervall ]θ3 , θ2 ] bildet. Oberhalb von θ3 findet keine Phasenumwandlung
statt, unterhalb von θ1 bildet sich nur Martensit.
Wir definieren zunächst die Heaviside-Funktion via
0 für s ≤ 0
(5.1.50) H(s) :=
1 für s > 0
und legen folgendes Modell für die Phasenumwandlung zugrunde (vergleiche [Wol07b]):
p′1 = − p′2 − p′3 − p′4
p′2 =H(θ1 − θ) H(θ − θ2 ) (e2 (θ) + p2 )r2 (θ) (max{p̄2 − p2 , 0})s2 (θ) g2 (θ)
(5.1.51)
p′3 =(1 − H(θ − θ2 )) H(θ − θ3 ) (e3 (θ) + p3 )r3 (θ) (max{p̄3 − p3 , 0})s3(θ) g3 (θ)
p′4 =(1 − H(θ − θ3 )) max{p̄4 − p4 , 0} µ
mit den Anfangsbedingungen
(5.1.52) p01 = 1 − 10−9 , p02 = 0 , p03 = 0 , p04 = 10−9
Die Phasenentwicklung von Austenit, Perlit und Bainit wird durch ein Differentialglei-
chungsmodell (vergleiche [Wol07c]) beschrieben, während die Phasenentwicklung des
Martensits nach Leblond-Devaux berechnet wird.
Dabei seien p̄i die Gleichgewichtsanteile der entsprechenden Phasen durch
p̄1 =1
p̄2 =H(θ1 − θ) H(θ − θ2 )
(5.1.53) p̄3 =(1 − H(θ − θ2 )) H(θ − θ3 ) − p2e
θ3 − θ
p̄4 =((1 − H(θ − θ3 )) − p2e − p3e ) 1 − exp −
θM 0
mit
(5.1.54) 0 ≤ p̄1 , p̄2 , p̄3 , p̄4 ≤ 1 und p̄1 + p̄2 + p̄3 + p̄4 = 1.
Der Gleichgewichtanteil von Martensit wird mithilfe der Koistinen-Marburger-Gleichung
(vergleiche [Wol06b]) berechnet. Dabei sind θM 0 die Martensitstarttemperatur und p2e
sowie p3e die Phasenanteile von Perlit bzw. von Bainit nach abgeschlossener Umwand-
lung.
Die temperaturabhängigen Parameter ei , ri , si , gi (i = 2, 3) lassen mithilfe realer Daten
durch ein Optimierungsproblem bestimmen (vgl. [Wol07c]).
Es gelten für i = 2, 3:
(5.1.55) ei ∈ C(R) ∩ L∞ (R) ∃ e0 , e1 > 0 ∀ τ ∈ R : e0 ≤ e(τ ) ≤ e1 < ∞
(5.1.56) ri ∈ C(R) ∩ L∞ (R) ∃ r1 ≥ 0 ∀ τ ∈ R : 0 ≤ r(τ ) ≤ r1 < ∞
(5.1.57) si ∈ C(R) ∩ L∞ (R) ∃ s1 ≥ 1 ∀ τ ∈ R : 1 ≤ s(τ ) ≤ s1 < ∞
(5.1.58) gi ∈ C(R) ∩ L∞ (R) ∃ g1 ≥ 0 ∀ τ ∈ R : 0 ≤ g(τ ) ≤ g1 < ∞
Die regularisierte Heavisidefunktion ist definiert durch:
0 für s≤0
(5.1.59) Hε (s) := 1 für s≥ε
s
ε
für 0 < s<ε
5.1. Lineare Thermoelastizität mit Phasenumwandlungen 101
Wir ersetzen im System (5.1.51) die Heaviside-Funktion H durch die regularisierte Heaviside-
Funktion Hε . Dann ist für einen gegebenen (stetigen) Temperaturverlauf die rechte Sei-
te des Differentialgleichungssystems (5.1.51) lokal Lipschitz-stetig nach Bauart (Sum-
men, Produkte und Maxima Lipschitz-stetiger Funktioen sind zumindest lokal Lipschitz-
stetig) und somit existiert eindeutig eine lokale Lösung auf [0, T1 ] ⊂ [0, T ] nach dem Satz
von Picard-Lindelöf (vergleiche [Aul97], [Wal00]). Ferner gilt:
(5.1.60) p′3 = (1 − H(θ − θ2 )) H(θ − θ3 ) g3 (θ) (e3 (θ) + p3 )r3 (θ) (max{p̄3 − p3 , 0})s3 (θ)
| {z } | {z }
=: G(θ,θ2 ,θ3 ) ≥ 0 ≥0
Aufgrund von p03 = 0 gilt p′3 ≥ 0 auf einem kleinen Intervall [0, T1 ] ⊂ [0, T ]. Wir
betrachten für fixiertes q3 die folgende Hilfsaufgabe
(5.1.61) p′3 = G(θ, θ2 , θ3 ) (e3 (θ) + q3 )r3 (θ) (p̄3 − p3 ) (max{p̄3 − q3 , 0})s3(θ)−1
Aufgrund der Eindeutigkeit der Lösung, gilt Gleichung (5.1.62) auch für q3 = p3 . Damit
folgt p3 ≥ 0 auf einem kleinen Intervall [0, T1 ] ⊂ [0, T ]. Mithilfe eines Fortsetzung-
sarguments folgt p3 ≥ 0 mit p′3 ≥ 0 auf dem ganzen Intervall [0, T ]. Analog folgen
p2 ≥ 0 mit p′2 ≥ 0 sowie p1 ≥ 0 mit p′1 ≤ 0 auf dem ganzen Intervall [0, T ]. Weiter gilt
p′4 ≥ 0 und mithilfe der Gleichung von Leblond-Devaux (Lösung der Leblond-Devaux-
Differentialgleichung)
(5.1.63) p4 = p̄4 1 − exp µ t
folgt p4 ∈ [0, 1] auf ganz [0, T ]. Aufgrund von p01 = 1 und p1 ≥ 0 mit p′1 ≤ 0 auf dem
ganzen Intervall [0, T ] gilt 0 ≤ p1 ≤ 1 auf dem ganzen Intervall [0, T ]. Weiter gilt wegen
∂ ∂p1 ∂p2 ∂p3 ∂p4
(5.1.64) p1 + p2 + p3 + p4 = + + + =0
∂t ∂t ∂t ∂t ∂t
und p01 + p02 + p03 + p04 = 1 ebenfalls p1 + p2 + p3 + p4 = 1 auf dem ganzen Intervall
[0, T ]. Damit folgt auch 0 ≤ p2 ≤ 1 sowie 0 ≤ p3 ≤ 1 auf dem ganzen Intervall [0, T ].
Somit gilt die Nichtnegativitätsbeziehung und die Bilanzgleichung aus Lemma ??.
Variablen, besitzt die Aufgabe (5.1.1) - (5.1.8) genau eine schwache Lösung (u, θ, p) ∈
Vu × Vθ × Vp , d.h. es gelten: Gleichung (5.1.22) in Ω×]0, T [ für alle ϕ ∈ Vu mit ϕ′ ∈ Hu
und ϕ(T ) = 0 sowie u(0) = u0 , Gleichung (5.1.23) in Ω×]0, T [ für alle ψ ∈ Vθ mit
ψ ′ ∈ Hθ und ψ(T ) = 0, Gleichung (5.1.24) in Ω×]0, T [.
(1) Zu gegebenem (ū, θ̄) ∈ L2 (0, T ; H) existiert eine eindeutige Lösung p = p(ū, θ̄) ∈ Vp
des Anfangswertproblems
definiert. Wir wollen nun zeigen, dass dieser mindestens einen Fixpunkt (ũ, θ̃) ∈
L2 (0, T ; H) mit T (ũ, θ̃) = (ũ, θ̃) besitzt. Dazu ist hinreichend zu zeigen, dass
(i) Selbstabbildung
Sei (ū, θ̄) ∈ BR (0). Dann gilt für (u, θ) := T (ū, θ̄) aufgrund der Apriori-
Abschätzungen:
=⇒ k(u, θ)kL2(0,T ;H) ≤ c̃2 k(u, θ)kC(0,T ;H) ≤ c̃1 c̃2 k(u, θ)kW 1,2(0,T ;V,H) < ∞
=⇒ k(u, θ)kL2(0,T ;H) ≤ c̃1 c̃2 c̃3 =: R < ∞
mit c̃i (i = 1, 2, 3) positive Konstanten. T bildet sogar ganz L2 (0, T ; H) in
BR (0) ab.
(ii) Stetigkeit des Operators
Zu zeigen:
(5.1.70) T : (ū, θ̄) 7→ p 7→ (u, θ) ist stetig.
Seien ūn → ū in L2 (0, T ; Hu ) und θ̄n → θ̄ in L2 (0, T ; Hθ ). Zu zeigen ist, dass
dann auch gilt:
(5.1.71) pn → p in Vp
(5.1.72) un → u in Vu
(5.1.73) θn → θ in Vθ
Lemma 5.1.11: Sei (X, d) ein metrischer Raum. Dann gilt folgende Aussage:
xn → x in X für n → ∞ genau dann, wenn jede Teilfolge von (xn )n∈N eine
gegen x konvergente Teilfolge besitzt.
Sei (pnk )k∈N eine konvergente Teilfolge von (pn )n∈N und (θ̄nk )k∈N eine konver-
gente Teilfolge von (θ̄n )n∈N . Da (θ̄nk )k∈N in L2 (0, T ; Hθ ) gegen θ̄ konvergiert,
folgt nach dem Konvergenzsatz von Lebesgue (vergleiche [Alt02]) die Exi-
stenz einer Teilfolge (θ̄nkl )l∈N , die punktweise fast überall gegen θ̄ konvergiert.
Mithilfe der Lipschitz-Stetigkeit von γ folgt:
Z t
|pnkl (x, t) − p(x, t)| ≤ |γ(θ̄nkl (x, t), pnkl (x, t)) − γ(θ̄(x, t), p(x, t))| ds
0
Z t
≤ |γ(θ̄nkl (x, t), p(x, t)) − γ(θ̄(x, t), p(x, t))| ds +
0
Z t
+ |γ(θ̄(x, t), pnkl (x, t)) − γ(θ̄(x, t), p(x, t))| ds
0
Z t
≤ Lp |θ̄nkl (x, t) − θ̄(x, t)| ds +
0 | {z }
→0
Z t
+ Lθ̄ |pnkl (x, t) − p(x, t)| ds
0
Mithilfe des Lemmas von Gronwall folgt |pnkl (x, t) − p(x, t)| = 0 und damit
folgt pn → p in Vp .
(5.1.75) θ̃ := θnkl − θ
(5.1.76) ũ := unkl − u
(5.1.77) p̃ := pnkl − p
die Konvergenz von ((unkl , θnkl ))l∈N in V und damit in H gegen (u, θ). Somit
folgt (un , θn ) → (u, θ) in H und damit die Stetigkeit des Operators T .
(iii) Präkompaktheit des Bildes des Operators
Es bleibt noch zu zeigen:
(5.1.79) ũ := u1 − u2
(5.1.80) θ̃ := θ1 − θ2
(5.1.81) p̃ := p1 − p2
dp̃
(5.1.84) (t) = γ(θ1 (t), p1 (t)) − γ(θ2 (t), p2 (t))
dt
mit
(5.1.85) ũ(0) = 0 , ũ′ (0) = 0 , θ̃(0) = 0 , p̃(0) = 0
Das Testen der Gleichung (5.1.82) mit χϑ ũ′ und der Gleichung (5.1.83) mit χϑ θ̃ für
fixiertes ϑ ∈ [0, T ] sowie die Multiplikation der Gleichung (5.1.82) mit θ0 und die
Addition der beiden Gleichungen (5.1.82) und (5.1.83) liefert:
Z ϑ Z ϑ
′′ ′
ρ0 θ0 hũ (t), ũ (t)iVu∗ Vu dt + θ0 hAu ũ(t), ũ′ (t)iVu∗ Vu dt+
0 0
Z ϑ Z N
X Z ϑ
′
− K θ0 ρi0 p̃i (t) div(ũ (t)) dx dt + ρ0 ce hθ̃′ (t), θ̃(t)iVθ∗ Vθ dt+
0 Ω i=1 0
Z ϑ Z N
ϑZ X
+ hAθ θ̃(t), θ̃(t)iVθ∗ Vθ dt = ρ0 Li (γi (θ1 (t), p1 (t)) − γi (θ2 (t), p2 (t))) θ̃(t) dx dt
0 0 Ω i=2
Aus der Gleichung (5.1.84) folgt aufgrund der Lipschitz-Stetigkeit von γ mithilfe
des Lemmas von Gronwall:
Z t
|p1 (t) − p2 (t)| ≤ |γ(θ1 (t), p1 (t)) − γ(θ2 (t), p2 (t))| ds
0
Z t
≤ |γ(θ1 (t), p1 (t)) − γ(θ1 (t), p2 (t))| ds +
0
Z t
+ |γ(θ1 (t), p2 (t)) − γ(θ2 (t), p2 (t))| ds
0
Z t Z t
≤ Lθ̃ |p1 (t) − p2 (t)| ds + Lp̃ |θ1 (t) − θ2 (t)| ds
0 0
Z t
≤ exp(Lθ̃ ϑ) Lp̃ |θ1 (t) − θ2 (t)| ds
0
Weiter ist mithilfe der Hölderschen- und Youngschen Ungleichung sowie unter Ver-
wendung des Lemmas von Gronwall:
Z t 2
2
|p1 (t) − p2 (t)| ≤ |γ(θ1 (t), p1 (t)) − γ(θ2 (t), p2 (t))| ds
0
Z t Z t
≤ ds |γ(θ1 (t), p1 (t)) − γ(θ2 (t), p2 (t))|2 ds
0
Z t 0
≤ ϑ |γ(θ1 (t), p1 (t)) − γ(θ1 (t), p2 (t))| +
0
2
+|γ(θ1 (t), p2 (t)) − γ(θ2 (t), p2 (t))| ds
Z t Z t
2 2 2 2
≤ 2ϑ Lθ |p1 (t) − p2 (t)| ds + Lp |θ1 (t) − θ2 (t)| ds
0 0
Z t
2 2 2
≤ exp(2 Lθ ϑ ) Lp 2 ϑ |θ1 (t) − θ2 (t)|2 ds
| {z } 0
=: Cp
(ii) Mithilfe partieller Integration bzgl. der Zeit und der Koerzivität des Operators
Au folgt:
Z ϑ
c1 θ0
θ0 hAu ũ(t), ũ′(t)iVu∗ Vu dt ≥ kũ(ϑ)k2Vu
0 2
(v) Mithilfe der Hölderschen- und der Youngschen Ungleichung sowie aufgrund
der Lipschitz-Stetigkeit der Funktion γ ist:
Z ϑ N
Z X
ρ0 Li γi (θ1 (t), p1 (t)) − γi (θ2 (t), p2 (t)) θ̃(t) dx dt
0 Ω i=2
N
X Z ϑ Z
≤ ρ0 kLi kL∞ (Ω) |γi (θ1 (t), p1 (t)) − γi(θ2 (t), p2 (t))| |θ̃(t)| dx dt
i=2 0 Ω
XN Z ϑ Z
≤ ρ0 kLi kL∞ (Ω) Lp |θ̃(t)| + Lθ |p̃(t)| |θ̃(t)| dx dt
i=2 0 Ω
N Z ϑ Z ϑ Z
X Lθ
≤ ρ0 kLi kL∞ (Ω) Lp kθ̃(t)k2Hθ dt + 2 2
|θ̃(t)| + |p̃(t)| dx dt
i=2 0 2 0 Ω
N Z ϑ Z Z
X Lθ 2 Lθ ϑ 2
≤ ρ0 kLi kL∞ (Ω) Lp + kθ̃(t)kHθ dt + |p̃(t)| dx dt
i=2
2 0 2 0 Ω
N Z ϑ
X Lθ Lθ ϑ Cp
≤ ρ0 kLi kL∞ (Ω) Lp + + kθ̃(t)k2Hθ dt
i=2
2 2 0
| {z }
=: c4
(vi) Mithilfe partieller Integration bzgl. der Zeit, der Hölderschen- und der Young-
schen Ungleichung sowie aufgrund der Lipschitz-Stetigkeit der Funktion γ:
Z ϑ Z N
X
K ρi0 p̃i (t) div(ũ′(t)) dx dt =
0 Ω i=1
Z ϑ Z N
X
= − K ρi0 γi(θ1 (t), p1 (t)) − γi (θ2 (t), p2 (t)) div(ũ(t)) dx dt +
0 Ω i=1
5.1. Lineare Thermoelastizität mit Phasenumwandlungen 107
Z N
X
+ K ρi0 p̃i (ϑ) div(ũ(ϑ)) dx ≤
Ω i=1
XN Z ϑ Z
≤ kKkL∞ (Ω) |ρi0 | Lp |θ̃(t)| + Lθ |p̃(t)| div(ũ(t)) dx dt +
i=1 0 Ω
XN Z
+kKkL∞ (Ω) |ρi0 | p̃i (ϑ) div(ũ(ϑ)) dx ≤
i=1 Ω
N Z ϑ N Z ϑ
X Lp kKkL∞ (Ω) X Lp kKkL∞ (Ω)
≤ |ρi0 | kθ̃(t)k2Hθ dt + |ρi0 | kũ(t)k2Vu dt +
i=1
2 0 i=1
2 0
N Z ϑ N Z ϑ
X Lθ ϑ Cp kKkL∞ (Ω) X Lθ kKkL∞ (Ω)
|ρi0 | kθ̃(t)k2Hθ dt + |ρi0 | kũ(t)k2Vu dt +
i=1
2 0 i=1
2 0
N
X 2 Cp kKk2 ∞ Z ϑ
L (Ω)
+ |ρi0 | kθ̃(t)k2Hθ dt + ε1 kũ(ϑ)k2Vu
i=1
ε1 0
N Z ϑ
X (Lθ + Lp ) kKkL∞ (Ω)
≤ |ρi0 | kũ(t)k2Vu dt + ε1 kũ(ϑ)k2Vu +
2 0
|i=1 {z }
=: c5
N N
!Z
ϑ
X Lp Lθ ϑ Cp Cp kKkL∞ (Ω) X
+ kKkL∞ (Ω) |ρi0 | + + |ρi0 | kθ̃(t)k2Hθ dt
i=1
2 2 ε1 i=1 0
| {z }
=: c6
Bewegungsgleichung:
(5.2.1)
N
d2 u X
ρ0 2 − 2 div(µ ε(u)) − grad(λ div(u)) + 3 grad(K α (θ − θ0 )) + grad K ̺i pi +
dt i=1
Z t Z t
2
+2 µ div b(s, t) ε(s) ds − µ div b(s, t) tr(ε(s)) Id ds = f in Ω×]0, T [
0 3 0
wobei
ρ0
(5.2.2) ̺i0 := − 1 (i = 1, . . . , N)
ρi (θ0 )
Z t
(5.2.3) b(s, t) := a(s) exp − a(τ ) dτ
s
N
X
(5.2.4) a(s) := 3 µ Gi Φ′i (pi ) max{p′i (s), 0}
i=1
Linearisierte Energiegleichung:
N
dθ du X
(5.2.5) ρ0 ce − div(κ ∇θ) = −3K α θ0 div + ρ0 Li γi + r in Ω×]0, T [
dt dt i=2
(5.2.15)
Z TZ Z T
′
− ρ0 ce θ(t) ψ (t) dx dt + hAθ θ(t), ψ(t)iVθ∗ Vθ dt =
0 Ω 0
Z TZ Z TZ
= δ θΓ ψ(t) dσ dt + 3 K α θ0 div(u′ (t)) ψ(t) dx dt+
0 ∂Ω 0 Ω
Z T Z N
X Z T Z Z
+ ρ0 Li γi (t) ψ(t) dx dt + r(x, t) ψ(t) dx dt + ρ0 ce θ0 (x) ψ(0) dx
0 Ω i=1 0 Ω Ω
dpi
(5.2.16) (t) = γi (θ(t), p(t)) , i = 1, . . . , N
dt
in Ω×]0, T [.
110 Umwandlungsplastizität
Die Beweisidee, um die Existenz und die Eindeutigkeit einer schwachen Lösung der Auf-
gabe (5.2.1) - (5.1.8) zu zeigen, ist vollkommen analog zum Kapitel 5.1.
Im Folgenden diskutieren wir die Schwierigkeiten, die bei der Untersuchung von Teilpro-
blem A auftreten. Die Lösung von Teilproblem B verläuft analog zum Kapitel 5.1.3.
(1) Für den Fall vereinfachter Randbedingungen vergleiche man Bemerkung 5.1.4
(2) Das Differenzieren der Galerkin-Gleichungen nach der Zeit ist nicht möglich, da
die Abschätzung der Terme des Materialgesetzes der Umwandlungsplastizität ohne
Rückspannung:
Z tZ Z s
d
2 θ0 µ b(τ, s) ε(u(τ )) dτ ε(u′′ (s)) dx ds
0 Ω ds 0
aufgrund des Auftretens von partiellen Ableitungen der Parameter auf störende
Produkte der folgenden Form:
Z tZ
∂µ ∂µ
(s) θ′ (s) + (s) γ(s) ε(u(s)) : ε(u′ (s)) dx ds
0 Ω ∂θ ∂p
Umwandlungsplastizität 111
Bemerkung 5.2.3: Für den Fall, dass ein Differenzieren der Galerkin-Gleichungen
nicht nötig ist, um ein Existenz- und Eindeutigkeitsresultat nachzuweisen, gibt es
die Möglichkeit, temperatur- und phasenabhängige Materialparameter zu betrach-
ten. Einerseits lassen sich diese Nichtlinearitäten im Teilproblem A direkt mithilfe
von Monotoniemethoden (vergleiche [Wol04]) untersuchen, andererseits können die
Nichtlinearitäten direkt in den Fixpunktalgorithmus mit eingebaut werden. Das
Teilproblem A bleibt dann linear, die temperatur- und phasenabhängigen Parame-
ter hängen dann lediglich von einem fest vorgegebenem θ̄ bzw. p̄ ab.
(3) Die Existenz und Eindeutigkeit einer schwachen Lösung laut Definition 5.2.1 des
vollen Problems mit allgemeinen Randbedingungen zu zeigen, ist mit den zur
Verfügung gestellten Hilfsmitteln nicht nötig. Eine Möglichkeit im Rahmen der
Energiemethoden sind Regularisierungen im Materialgesetz der Umwandlungspla-
stizität oder in den Kopplungstermen der Bewegungs- und der Wärmeleitungsglei-
chung.
Z 0 Z
1
−3 θ0 K α θ(s) div(u(s + h)) dx ds +
h
Z−h Ω
+3 θ02 K α div(u(t)) dx
Ω
Z Z t
−3 θ0 Kα θ(s) ds div(u(t)) dx
Ω t−h
Z t Z t
1 1 2 1 2
≤ 3 θ0 K α kθ(s)kHθ ds + ku(s)kVu ds +
2 t−h h t−h h
Z 0 Z 0
1 1 2 1 2
+3 θ0 K α kθ(s)kHθ ds + ku(s + h)kVu ds +
2 −h h −h h
1
+9 θ04 K 2 α2 | meas(Ω)| + ε ku(t)k2Vu
εZ t
1 1 2 2
+3 θ0 K α kθ(s)kHθ ds + ku(t)kVu ≤
2 t−h h
Die erste Möglichkeit ist die folgende Abschätzung. Aufgrund der Konver-
genzeigenschaft des Steklov-Mittels folgt wegen der Beschränktheit mithilfe
Standardabschätzungen:
1
≤ 3 θ0 K α kθ(t)k2Hθ + ku(t)k2Vu +
2
1
+3 θ0 K α kθ(0)k2Hθ + ku(0)k2Vu +
2
2 2 1
+9 θ0 K α | meas(Ω)| + ε ku(t)k2Vu
4
ε
1
+3 θ0 K α kθ(t)k2Hθ + ku(t)k2Vu
2
= 3 θ0 K α kθ(t)k2Hθ + 3 θ0 K α (1 + ε)ku(t)k2Vu +
1 1
+3 θ0 K α kθ(0)k2Hθ + ku(0)k2Vu + 9 θ04 K 2 α2 | meas(Ω)|
2 ε
Diese Abschätzung hat den Vorteil, dass sie unabhängig vom Regularisierungs-
parameter h ist, allerdings wird eine Kleinheitsbedingung an 3 θ02K α benötigt.
Ohne diese Kleinheitsbedingung erhalten wir als zweite Möglichkeit nur eine
Abschätzung, die abhängig vom Regularisierungsparameter h ist:
Z t Z
1
3 θ0 K α θ(s) div(u(s)) dx ds +
t−h Ω h
Z hZ
1
−3 θ0 K α θ(s − h) div(u(s)) dx ds +
h
Z0 Ω
+3 θ02 K α div(u(t)) dx
Ω
Z Z t
−3 θ0 Kα θ(s) ds div(u(t)) dx
Ω t−h
Z t Z t
1 2 2
≤ 3 θ0 K α kθ(s)kHθ ds + ku(s)kVu ds +
2h 0 0
Z t Z t
1 2 2
+3 θ0 K α kθ(s)kHθ ds + ku(s)kVu ds +
2h 0 0
114 Umwandlungsplastizität
1
+9 θ04 K 2 α2
| meas(Ω)| + ε1 ku(t)k2Vu +
ε1
Z t
1
+3 θ0 K α kθ(s)k2Hθ ds + ε2 ku(t)k2Vu
ε2 h 0
Z Z
1 1 t 2 1 t
≤ 3 θ0 K α + kθ(s)kHθ ds + 3 θ0 K α ku(s)k2Vu ds +
h ε2 h 0 h 0
1
+9 θ04 K 2 α2 | meas(Ω)| + (ε1 + ε2 ) ku(t)k2Vu
ε1
Für alle hn > 0 existiert genau eine schwache Lösung (u(n) , θ(n) ) im regu-
larisierten Sinne. Die apriori-Abschätzungen sind abhängig von h, aber der
Grenzübergang ist wegen der Kopplung im Wärmeleitungsterm im Allge-
meinen nicht möglich. Falls u(n) besser ist, d.h. (u(n) )′ ∈ L2 (0, T ; Vu ), wo-
bei k(u(n) )′ kL2 (0,T ;Vu ) ≤ const. unabhängig von h. Dann existiert eine schwa-
che Lösung (u, θ) des vollständigen Problems und (u(n) , θ(n) ) → (u, θ)“ für
”
n → ∞.
Mit dieser Vorgehensweise lässt sich zwar die Existenz einer schwachen Lösung
nachweisen, allerdings ist die Einzigkeit aber nicht gesichert.
Um die Eindeutigkeit einer schwachen Lösung zu zeigen, ist eine bessere Re-
gularität der Lösung nötig. Der Regularisierungstrick zum Beweis der Eindeu-
tigkeit des Satzes 3.2.18 nicht anwendbar, da es nicht gelingt, die Kopplungs-
terme entsprechend zu verarbeiten. Eine Option, die Eindeutigkeit in diesem
Fall zu beweisen, ist sich analog zum Beweis des Satzes 4.3.3 auf den Fall
vereinfachter Randbedingungen zurückzuziehen.
(iii) Eine weitere Möglichkeit zur Lösung des Problems besteht in der Verwendung
einer hyperbolischen Wärmeleitungsgleichung (siehe Kapitel 2 und vergleiche
[Mül72]). Die Definition der schwachen Form dieser Wärmeleitungsgleichung
lautet dann:
(5.2.21)
Z TZ Z TZ
′ ′
− ρ0 ce Tτ θ (t) ψ (t) dt + ρ0 ce θ′ (t) ψ(t) dx dt+
0 Ω 0 Ω
Z T Z TZ
+ hAθ θ(t), ψ(t)iVθ∗ Vθ dt − δ θΓ ψ(t) dσ dt =
0 0 ∂Ω
Z T Z Z T Z N
X
′
=3 K α θ0 div(u (t)) ψ(t) dx dt + ρ0 Li γi (t) ψ(t) dx dt+
0 Ω 0 Ω i=1
Z T Z Z T Z Z
′
+ r(x, t) ψ(t) dx dt + r (x, t) ψ(t) dx dt + ρ0 ce Tτ θ1 (x) ψ ′ (0) dx
0 Ω 0 Ω Ω
′
in Ω×]0, T [ für alle ψ ∈ Vθ mit ψ ∈ Hθ und ψ(T ) = 0 sowie θ(0) = θ0 .
Es wird eine höhere Regularitätsforderung an die Funktion R r gestellt und man
benötigt homogene Randbedingungen, da der Randterm ∂Ω δ θΓ ψ(t) dσ sonst
nicht zu verarbeiten ist. Es gibt ferner die Möglichkeit θΓ = 0 zu fordern oder
die Randbedingung mittels
n
θ − θΓ X
(5.2.22) ϑ= , ϑ(0) = 1 , − κ ∂i ϑ νi = δ ϑ
θ0 − θΓ i=1
Umwandlungsplastizität 115
Das Testen der Bewegungsgleichung mit u′ sowie das Testen der (hyperbo-
lischen) Wärmeleitungsgleichung mit θ′ liefert:
Z t Z t
θ0 hρ0 θ0 u′′m (τ ), u′m (τ )iVu∗ Vu
dτ + θ0 hAu um (τ ), u′m (τ )iVu∗ Vu dτ +
0 0
Z t Z t
′
+ hAθ θn (τ ), θn (τ )iVθ∗ Vθ dτ + hρ0 ce Tτ θn′′ (τ ), θn′ (τ )iVθ∗ Vθ dτ +
0 0
Z t Z t Z N
X
+ hρ0 ce θn′ (τ ), θn′ (τ )iVθ∗ Vθ dτ + θ0 K ρi0 pi (τ ) div(u′m (τ )) dx dτ +
0 0 Ω i=1
Z T Z
+ 3 θ0 K α θ(t) − θ0 div(u′ (t)) dx dt +
0 Ω
| {z }
=: A
Z t Z Z τ
+2 θ0 µ b(s, τ ) ε(um (s)) ds ε(u′m (τ )) dx dτ =
0 Ω 0
Z t Z Z τ
2
= θ0 µ b(s, τ ) div(um (s)) ds div(u′m (τ )) dx dτ +
3 0 Ω 0
Z t Z tZ XN
′
+ θ0 (f (τ ), um (τ ))Hu dτ + ρ0 Li γi (τ ) θn′ (τ ) dx dτ +
0 0 Ω i=1
Z t Z t Z tZ
+ Tτ (r(τ ), θn′ (τ ))Hθ dτ + (r ′
(τ ), θn′ (τ ))Hθ dτ + δ θΓ (τ ) θn′ (τ ) dσ dτ +
0 0 0 ∂Ω
Z T Z
+ 3 θ0 K α θ′ (t) div(u′ (t)) dx dt
0 Ω
| {z }
=: B
(iv) Eine andere Möglichkeit besteht darin, das Materialgesetz der Umwandlungs-
plastizität zu regularisieren und die Kopplungsterme unverädert zu lassen.
Ersetzt man im Materialgesetz der Umwandlungsplastizität ohne Rückspan-
nung die Zeitableitung von p durch einen Differenzenquotienten, z.B. durch
116 Umwandlungsplastizität
k∆h pkL∞ (Ω×]0,T [) ≤ kp′ kL∞ (Ω×]0,T [) und kp′h kL∞ (Ω×]0,T [) ≤ kp′ kL∞ (Ω×]0,T [)
Im Folgenden zeigen wir den Existenz- und Eindeutigkeitssatz für die Teilaufgabe A
mithilfe des regularisierten Materialgesetzes der Umwandlungsplastizität. Wir befinden
uns in der Situation des Kapitels 5.1.2.
Satz 5.2.4 (Existenz- und Eindeutigkeitssatz für die Teilaufgabe A des regularisierten
Problems): Unter den Voraussetzungen (3.1.11) - (3.1.15), (4.1.19) - (4.1.22), (4.1.25)
- (4.1.29), (4.3.1), (4.3.2), (5.1.18) - (5.1.21), (5.2.12) und (5.2.13) besitzt die Aufgabe
(5.2.1) - (5.2.3), (5.2.23), (5.2.5), (5.1.5) - (5.1.7) genau eine schwache Lösung (u, θ) ∈
Vu × Vθ , d.h. es gelten: Gleichung (5.2.14) mit (5.2.23) in Ω×]0, T [ für alle ϕ ∈ Vu mit
ϕ′ ∈ Hu und ϕ(T ) = 0 sowie u(0) = u0 , Gleichung (5.2.15) in Ω×]0, T [ für alle ψ ∈ Vθ
mit ψ ′ ∈ Hθ und ψ(T ) = 0.
Ferner gelten:
sowie
Der folgende Beweis wird analog zum Beweis in Kapitel ?? mithilfe des simultanes
Galerkin-Verfahrens geführt. Wir beschränkten uns daher auf die wesentlichen Unter-
schiede.
Umwandlungsplastizität 117
(5.2.26)
(ρ0 u′′m (t), wuj )Hum + hAu um (t), viVum
∗ V
um +
Z Z N
X
+ 3 K α(θn (t) − θ0 ) div(wuj ) dx + K ρi0 pi div(wuj ) dx+
Ω Ω i=1
Z Z t
+2 µ b(s, t) ε(um (s)) ds ε(wuj ) dx+
Ω 0
Z Z t
2
− µ b(s, t) div(um (s)) ds div(wuj ) dx = (f, wuj )Hum , j = 1, . . . , m
3 Ω 0
sowie den Anfangsbedingungen (4.3.13) - (4.3.15). Nach dem Einsetzen der Ba-
sisdarstellung in die Galerkin-Gleichungen und die Anfangsbedingungen erhalten
wir eine Anfangswertaufgabe für ein lineares System von gewöhnlichen Differenti-
algleichungen zweiter Ordnung. Aufgrund der getroffenen Voraussetzungen ist auf
diese Aufgabe der Satz von Carathódory anwendbar und es existiert genau eine
absolut-stetige Lösung (um , θn ) ∈ AC 1 ([0, T ]; Vum ) × AC([0, T ]; Vθn ).
(2) Apriori-Abschätzungen
′
Die Multiplikation der Gleichung (5.2.26) mit γumj (t) und die Summation über j
von 1 bis m ergibt:
(5.2.28)
(ρ0 u′′m (t), u′m (t))Vu∗ Vu + hAu um (t), u′m (t)iVu∗ Vu +
Z Z N
X
′
+ 3 K α (θn (t) − θ0 ) div(um (t)) dx + K ρi0 pi (t) div(u′m (t)) dx+
Ω Ω i=1
Z Z t
+2 µ b(s, t) ε(um(s)) ds ε(u′m(t)) dx+
ZΩ Z0 t
2
− µ b(s, t) div(um (s)) ds div(u′m (t)) dx = (f (t), u′m (t))Hu
3 Ω 0
Die Multiplikation der Gleichungen (5.2.27) mit γθni (t) und die Summation über j
118 Umwandlungsplastizität
Multiplikation der Gleichung (5.2.28) mit θ0 und Addition der beiden Gleichungen
sowie die Integration von 0 bis t, t ∈]0, T ] liefert:
Z t Z t
′′ ′
θ0 hρ0 um (τ ), um (τ )iVu∗ Vu dτ + θ0 hAu um (τ ), u′m (τ )iVu∗ Vu dτ +
0 0
Z tZ
−3 K α θ02 div(u′m (τ )) dx dτ +
Z t0 Ω Z t
+ hAθ θn (τ ), θn (τ )iVθ Vθ dτ +
∗ hρ0 ce θn′ (τ ), θn (τ )iVθ∗ Vθ dτ +
0 0
Z t Z N
X
+ θ0 K ρi0 pi (τ ) div(u′m (τ )) dx dτ +
0 Ω i=1
Z tZ Z τ
+2 θ0 µ b(s, τ ) ε(um (s)) ds ε(u′m(τ )) dx dτ =
Z 0Z Ω Z τ0
2 θ0 t
= µ b(s, τ ) div(um (s)) ds div(u′m (τ )) dx dτ +
3 0 Ω 0
Z tZ Z tZ N
X
+ δ θΓ (τ ) θn (τ ) dσ dτ + ρ0 Li γi (τ ) θn (τ ) dx dτ +
0 ∂Ω 0 Ω i=1
Z t Z t
+ θ0 (f (τ ), u′m (τ ))Hu dτ + (r(τ ), θn (τ ))Hθ dτ
0 0
Im Folgenden zeigen wir nur die apriori-Abschätzungen für den Term der Umwand-
lungsplastizität. Alle anderen apriori-Abschätzungen sind vollkommen analog zum
Beweis des Satzes 5.1.3.
Z tZ Z s
d
−2 θ0 µ b(τ, s) ε(u(τ )) dτ ε(u(s)) dx ds +
ds
Z0 t ZΩ 0
Die Anwendung des Satzes von Fubini sowie die bekannten Standardabschätzungen
(Hölder- und Youngsche Ungleichung) und die Abschätzung des Differenzenquoti-
enten erster Ordnung durch die erste Ableitung liefern im Folgenden:
Z tZ N
X
≤ 2 θ0 3 µ2 Gi Φ′i |γi (s)| ε(u(s))2 dx ds +
0 Ω i=1
Z tZ Z s N
X
2
+2 θ0 µ 9µ Gi Φ′i |γi (τ )| ·
0 Ω 0 i=1
N
X
· Gi Φ′i |γi (s)| ε(u(τ )) dτ ε(u(s)) dx ds +
i=1
Z tZ N
X
2
+2 θ0 3µ Gi Φ′i |γi(τ )| ε(u(τ )) dτ ε(u(t)) dx ≤
0 Ω i=1
N
X Z tZ
≤ 6 θ0 kµk2L∞ (Ω) kGi kL∞ (Ω) kΦ′i kL∞ (R) kγikL∞ (Ω) |ε(u(s))|2 dx ds +
i=1 0 Ω
N
X
+18 θ0 kµk3L∞ (Ω) kGi k2L∞ (Ω) kΦ′i k2L∞ (R) kγi k2L∞ (Ω) ·
i=1
Z tZ Z s
· ε(u(τ )) dτ ε(u(s)) dx ds +
0 Ω 0
120 Umwandlungsplastizität
N
X
+6 θ0 kµk2L∞ (Ω) kGi kL∞ (Ω) kΦ′i kL∞ (R) kγi kL∞ (Ω) ·
i=1
Z tZ
· ε(u(τ )) dτ ε(u(t)) dx ≤
0 Ω
N
X Z t
≤ 6 θ0 kµk2L∞ (Ω) kGi kL∞ (Ω) kΦ′i kL∞ (R) kγi k L∞ (Ω) ku(s)k2Vu ds +
i=1 0
| {z }
=: c11
N Z tZ sh
X 1
+ 18 θ0 kµk3L∞ (Ω) kGi k2L∞ (Ω) kΦ′i k2L∞ (R) kγik2L∞ (Ω) ku(τ )k2Vu +
i=1
2 0 0
| {z }
=: c12
i
+ku(s)k2Vu dτ ds + ε3 ku(t)k2Vu +
XN 2 1 Z t
2 ′
+ 6 θ0 kµkL∞ (Ω) kGi kL∞ (Ω) kΦi kL∞ (R) kγi kL∞ (Ω) ku(τ )k2Vu dτ ≤
i=1
4 ε3 0
| {z }
=: c13
Z t
≤ (c11 + c12 T + c13 ) ku(s)k2Vu ds + ε3 ku(t)k2Vu
| {z } 0
=: c14
Analog folgt mit der gleichen Argumentation für den zweiten Term der Umwand-
lungsplastizität:
Z Z Z s
2 θ0 t
µ b(τ, s) div(u(τ )) dτ div(u′ (s)) dx ds ≤
3 0 Ω 0
Z t
≤ c15 ku(s)k2Vu ds + ε4 ku(t)k2Vu
0
Da das Vorgehen analog zum Beweis des Satzes 5.1.3 ist, beschränken wir uns an
dieser Stelle lediglich auf die zusätzliche apriori-Abschätzung des Terms der Um-
wandlungsplastizität.
Z tZ Z
dh s i
2 θ0 µ b(τ, s) ε(u(τ )) dτ ε(u′′ (s)) dx ds =
0 ds 0
Z tΩZ Z
d2 h s i
= −2 θ0 µ 2 b(τ, s) ε(u(τ )) dτ ε(u′ (s)) dx ds +
ds
Z0 Ω h Z t 0 i
d
+2 θ0 µ b(τ, t) ε(u(τ )) dτ ε(u′(t)) dx =
dt 0
ZΩt Z Z s
dh db i
= −2 θ0 µ b(s, s) ε(u(s)) + (τ, s) ε(u(τ )) dτ ε(u′(s)) dx ds +
ds 0 ds
Z0 hΩ Z t i
db
+2 θ0 µ b(t, t) ε(u(t)) + (τ, t) ε(u(τ )) dτ ε(u′ (t)) dx =
0 dt
ZΩt Z
db
= −2 θ0 µ (s, s) ε(u(s)) + b(s, s) ε(u′(s)) +
0 Ω ds
Z s 2
db db
+ (s, s) ε(u(s)) + 2
(τ, s) ε(u(τ )) dτ ε(u′(s)) dx ds +
ds 0 ds
Z h Z t i
db
+2 θ0 µ b(t, t) ε(u(t)) + (τ, t) ε(u(τ )) dτ ε(u′ (t)) dx =
0 dt
ZΩt Z
da
= −2 θ0 µ 2 (s) ε(u(s)) + a(s) ε(u′(s)) +
ds
Z0 s hΩ Z s
+ a(τ ) exp − a(σ) dσ a2 (s) +
0
Z s τ
da i
+a(τ ) exp − a(σ) dσ − (s) ε(u(τ )) dτ ε(u′(s)) dx ds +
τ ds
Z
+2 θ0 µ a(t) ε(u(t)) +
Ω
Z t Z s
+ a(τ ) exp − a(σ) dσ − a(s) ε(u(τ )) dτ ε(u′ (t)) dx ≤
0 τ
N
X
≤ 12 θ0 kµk2L∞ (Ω) kGi kL∞ (Ω) kΦ′′ kL∞ (R) kγi kL∞ (Ω) k∆h pi kL∞ (Ω) ·
| {z }
=: c4 |i=1 {z }
=: c1 (h)
Z tZ
· |ε(u(s))| |ε(u′(s))| dx ds +
0 Ω
N
X Z tZ
′
+c4 kGi kL∞ (Ω) kΦ kL∞ (R) k∆h p′i kL∞ (Ω) |ε(u(s))| |ε(u′(s))| dx ds +
0 Ω
|i=1 {z }
=: c2 (h)
122 Umwandlungsplastizität
N Z tZ
c4 X ′
+ kGi kL∞ (Ω) kΦ kL∞ (R) k∆h pi kL∞ (Ω) |ε(u′(s))|2 dx ds +
2 i=1 0 Ω
| {z }
=: c3 (h)
Z tZ Z s
+ 54 θ0kµk4L∞ (Ω) c3 |ε(u(τ ))| dτ |ε(u′(s))| dx ds +
| {z } 0 Ω 0
=: c5
Z tZ Z s
+ 18 θ0kµk3L∞ (Ω) c3 c1 |ε(u(τ ))| dτ |ε(u′(s))| dx ds +
| {z } 0 Ω 0
=: c6
Z tZ Z s
+c6 c3 c2 |ε(u(τ ))| dτ |ε(u′(s))| dx ds +
Z 0 Ω 0
c4 c3
+ |ε(u(t))| |ε(u′(t))| dx +
2 Ω
Z Z t
+c6 c3 |ε(u(τ ))| dτ |ε(u′(t))| dx ≤
Ω 0
c23 c24
≤ ε1 + ε2 ku′ (t)k2Vu + ku(t)k2Vu +
16 ε1
Z
1 t ′
+ c1 c4 + c2 c4 + c3 c4 + c3 c5 T + c1 c3 c6 T + c2 c3 c6 T ku (τ )k2Vu dτ +
2 0
Z
c23 c26 1 t
+ c1 c4 + c2 c4 + c3 c5 T + c1 c3 c6 T + c2 c3 c6 T + ku(τ )k2Vu dτ
2 ε2 2 0
Dabei hängen c1 , c2 und c3 von h ab. Die Abschätzung des folgenden Terms
Z tZ Z
dh s i
2 θ0 µ b(τ, s) ε(u(τ )) dτ ε(u′′(s)) dx ds
0 Ω ds 0
ist vollkommen analog und somit gelangen wir mithilfe der Gronwallschen Un-
gleichung zu den folgenden apriori-Abschätzungen (vergleiche Beweis des Satzes
5.1.3):
(5.2.31) ku′′m kL∞ (0,T ;Hu ) + ku′m kL∞ (0,T ;Vu ) + kθn′ kL∞ (0,T ;Hθ ) + kθn′ kL2 (0,T ;Vθ ) < ∞
(Es kann nur u′ schwach*-Grenzwert von (u′m )m∈N sein.) Weiterhin folgt aufgrund
der schwachen Unterhalbstetigkeit der Normen:
ku′ kL∞ (0,T ;Hu ) + kukL∞ (0,T ;Vu ) + kθkL∞ (0,T ;Hθ ) + kθkL2 (0,T ;Vθ ) < ∞
ku′′ kL∞ (0,T ;Hu ) + ku′ kL∞ (0,T ;Vu ) + kθ′ kL∞ (0,T ;Hθ ) + kθ′ kL2 (0,T ;Vθ ) < ∞
Z T Z T
(ρ0 ce θn′ (t), ϕθ (t)wθj )Hθ hAθ θn (t), ϕθ (t)wθj iVθ∗ Vθ dt =
dt +
0 0
Z T Z Z T
′
= 3 K α θ0 div(um (t))ϕθ (t)wθj dx dt + (r, ϕθ (t)wθj )Hθ dt +
0 Ω 0
Z T Z T Z N
X
+ (δ θΓ , ϕθ (t)wθj )Kθ dt + ρ0 Li γi ϕθ (t)wθj dx dt
0 0 Ω i=1
sowie
Z T Z T
(ρ0 ce θn′ (t), ϕθ (t)wθj )Hθ dt = − (ρ0 ce θn (t), ϕ′θ (t)wθj )Hθ dt +
0 0
−(ρ0 ce θn (0), ϕθ (0)wθj )Hθ .
Wegen der schwach*-Konvergenz - man beachte die Linearität und Stetigkeit der
Operatoren Au , Aθ , ε, div - ist der Grenzübergang für n, m → ∞ korrekt und
124 Umwandlungsplastizität
liefert:
Z T
− (ρ0 u′ (t), ϕ′u (t)wuk )Hu dt − (ρ0 u′ (0), ϕu (0)wuk )Hu +
0
Z T Z TZ
+ hAu u(t), ϕu (t)wuk iVu∗ Vu dt + 3 K α (θ(t) − θ0 ) div(ϕu (t)wuk ) dx dt +
0 0 Ω
Z T Z N
X
+ K ρi0 pi (t) div(ϕ(t)wuk ) dx dt +
0 Ω i=1
Z T Z Z t
+2 µ b(s, t) ε(u(s)) ds ε(ϕu(t)wuk ) dx dt +
0 Ω 0
Z T Z Z t
2
− µ b(s, t) div(u(s)) ds div(ϕu (t)wuk ) dx dt =
3 0 Ω 0
Z T
= (f, ϕu (t)wuk )Hu dt
0
und
Z T
− (ρ0 ce θ(t), ϕ′θ (t)wθj )Hθ dt − (ρ0 ce θ(0), ϕθ (0)wθj )Hθ +
0
Z T
+ hAθ θ(t), ϕθ (t)wθj iVθ∗ Vθ dt =
0
Z TZ
= 3 K α θ0 div(u′ (t)) ϕθ (t)wθj dx dt +
0 Ω
Z T Z N
X
+ ρ0 Li γi ϕθ (t)wθj dx dt +
0 Ω i=1
Z T Z T
+ (δ θΓ , ϕθ (t)wθj )Kθ dt + (r, ϕθ (t)wθj )Hθ dt
0 0
Die lineare Hülle der Funktionen wuk ist dicht in Vu und die lineare Hülle der Funk-
tionen wθk ist dicht in Vθ . Die Funktionen ϕu (t)wuk und ϕθ (t)wθk sind dicht in Vu
bzw. in Vθ und somit zulässige Testfunktionen.
Nun bleibt für die Existenz der Lösung nur noch zu zeigen: u(0) = u0 , u′ (0) = u1
sowie θ(0) = θ0 . Dies folgt analog zum vorigen Beweis des Satzes 5.1.3 mithilfe der
Regel der partiellen Integration, der schwach*-Konvergenz und dem Dichtheitsre-
sultat.
wobei
ρ0
(5.2.44) ̺i0 := − 1 (i = 1, . . . , N)
ρi (θ0 )
Z t
(5.2.45) b(s, t) := a(s) exp − a(τ ) dτ
s
N
X
(5.2.46) a(s) := 3 µ Gi Φ′i (pi ) max{∆h pi (s), 0}
i=1
N
dθ du X
(5.2.47) ρ0 ce −div(κ ∇θ) = −3K α θ0 div +ρ0 Li γi +r in Ω×]0, T [
dt dt i=2
definiert. Wir wollen nun zeigen, dass dieser mindestens einen Fixpunkt besitzt. Dazu
ist hinreichend zu zeigen, dass
(1) Selbstabbildung
Sei (ū, θ̄) ∈ BR (0). Dann gilt für (u, θ) := T (ū, θ̄) aufgrund der Apriori-Abschätzun-
gen:
Sei ūn → ū in L2 (0, T ; Hu ) und θ̄n → θ̄ in L2 (0, T ; Hθ ). Zu zeigen ist, dass dann
auch gilt:
(5.2.51) un → u in Vu
(5.2.52) θn → θ in Vθ
(5.2.53) pn → p in Vp
In Kapitel 5.1 haben wir bereits pn → p in Vp gezeigt. Noch zu zeigen (in Kenntnis
von pn → p in Vp ):
Sei ((unk , θnk ))k∈N eine konvergente Teilfolge von ((un , θn ))n∈N . Da ((ūnk , θ̄nk ))k∈N in
L2 (0, T ; H) gegen (ū, θ̄) konvergiert, folgt nach dem Konvergenzsatz von Lebesgue
die Existenz einer Teilfolge ((unkl , θnkl ))l∈N , die punktweise fast überall gegen (ū, θ̄)
konvergiert. Betrachte die Teilfolge ((unkl , θnkl ))l∈N . Aus den folgenden Abschätzun-
gen für die Eindeutigkeit des Gesamtproblems (apriori-Abschätzungen, Satz von
Lebesgue über die majorisierte Konvergenz für l → ∞) folgt analog mit
(5.2.55) θ̃ := θnkl − θ
128 Umwandlungsplastizität
(5.2.56) ũ := unkl − u
(5.2.57) p̃ := pnkl − p
die Konvergenz von ((unkl , θnkl ))l∈N in L2 (0, T ; V) und damit in L2 (0, T ; H) gegen
(u, θ). Somit folgt (un , θn ) → (u, θ) und damit die Stetigkeit des Operators T .
(3) Präkompaktheit des Bildes des Operators
Es bleibt noch zu zeigen:
(5.2.58) T : BR (0) → BR (0) kompakt.
Aus T : L2 (0, T ; H) → L2 (0, T ; V) ⊂ L2 (0, T ; H) und k(u, θ)k ≤ R folgen, dass
T die abgeschlossene und nichtleere konvexe Teilmenge BR (0) in eine Teilmenge
von BR (0) abbildet, die zu L2 (0, T ; V) gehört. Wegen der kompakten Einbettung
W 1,2 (0, T ; V, H) ⊂ L2 (0, T ; H) aufgrund des Satzes von Lions-Aubin ist diese Bild-
menge in L2 (0, T ; H) präkompakt. Somit ist die Abbildung T : BR (0) → BR (0)
kompakt.
Damit ist der Schaudersche Fixpunktsatz auf T anwendbar und somit besitzt die Auf-
gabe (5.2.1) - (5.2.3), (5.2.23), (5.2.5) - (5.1.7) unter den gegebenen Voraussetzungen
mindestens eine schwache Lösung (u, θ, p) ∈ Vu × Vθ × Vp .
Satz 5.2.6 (Eindeutigkeitssatz für die (regularisierte) Aufgabe der linearen Thermo-
elastizität mit Phasenumwandlungen und Umwandlungsplastizität für spannungsfrei-
es Umwandlungsverhalten): Unter den Voraussetzungen (3.1.11) - (3.1.15), (4.1.19) -
(4.1.22), (4.1.25) - (4.1.28), (4.3.1), (4.3.2), (5.1.18) - (5.1.10), (5.1.12) - (5.1.21),
(5.2.13) und (5.2.59) - (5.2.64) ist die schwache Lösung (u, θ, p) ∈ Vu × Vθ × Vp der
Aufgabe (5.2.1) - (5.2.3), (5.2.23), (5.2.5) - (5.1.7) im Sinne des Satzes 5.2.5 eindeutig.
Umwandlungsplastizität 129
Beweis. Seien (u1, θ1 , p1 ) und (u2 , θ2 , p2 ) zwei unterschiedliche Lösungen des Original-
problems. Wir definieren:
(5.2.65) ũ := u1 − u2
(5.2.66) θ̃ := θ1 − θ2
(5.2.67) p̃ := p1 − p2
(5.2.68)
Z T Z T
′′
ρ0 hũ (t), v(t)iVu∗ Vu dt + hAu ũ(t), v(t)iVu∗ Vu dt+
0 0
Z T Z Z T Z N
X
+3 K(x) α(x) div(v(t)) θ̃(t) dx dt − K(x) ρi0 p̃i (t) div(v(t)) dx dt+
0 Ω 0 Ω i=1
Z T Z Z t
−2 µ(x) b1 (s, t) ε(u1(s)) − b2 (s, t) ε(u2(s)) ds ε(v(t)) dx dt+
0 Ω 0
Z T Z Z t
2
+ µ(x) b1 (s, t) div(u1 (s)) − b2 (s, t) div(u2 (s)) ds div(v(t)) dx dt = 0,
3 0 Ω 0
(5.2.69)
Z T Z T
′
ρ0 ce hθ̃ (t), w(t)iVθ∗ Vθ dt + hAθ (θ1 , p1 )θ1 (t) − Aθ (θ2 , p2 )θ2 (t), w(t)iVθ∗ Vθ dt =
0 0
Z TZ
=3 K(x) α(x) θ0 div(ũ′ (t)) w(t) dx dt+
0 Ω
Z T N
Z X
+ ρ0 Li (θ1 (t)) γi(θ1 (t), p1 (t)) − Li (θ2 (t)) γi (θ2 (t), p2 (t)) w(t) dx dt sowie
0 Ω i=2
dp̃
(5.2.70) (t) = γ(θ1 (t), p1 (t)) − γ(θ2 (t), p2 (t)).
dt
mit
Das Testen der Gleichung (5.2.68) mit χϑ ũ′ und der Gleichung (5.2.69) mit χϑ θ̃ für
fixiertes ϑ ∈ [0, T ] sowie die Multiplikation der Gleichung (5.2.68) mit θ0 und die Addition
130 Umwandlungsplastizität
sowie
Z t
2
|p1 (t) − p2 (t)| ≤ Cp |θ1 (s) − θ2 (s)|2 ds
0
Im Weiteren gelten die folgenden Abschätzungen (vergleiche hierzu das Kapitel 5.1).
(2) Mithilfe partieller Integration bzgl. der Zeit und der Koerzivität des Operators Au
folgt:
Z ϑ
c1 θ0
θ0 hAu ũ(t), ũ′ (t)iVu∗ Vu dt ≥ kũ(ϑ)k2Vu
0 2
(5) Mithilfe der Hölderschen- und der Youngschen Ungleichung sowie aufgrund der
Lipschitz-Stetigkeit der Funktion γi ergibt sich:
Z ϑZ X N
ρ0 Li (θ1 (t)) γ(θ1 (t), p1 (t)) − Li (θ2 (t)) γ(θ2 (t), p2 (t)) θ̃(t) dx dt ≤
0 Ω i=2
Z ϑZ X N
≤ ρ0 Li (θ1 (t)) γ(θ1 (t), p1 (t)) − γ(θ2 (t), p2 (t)) θ̃(t) dx dt +
0 Ω i=2
Z ϑZ X N
+ρ0 Li (θ1 (t)) − Li (θ2 (t)) γ(θ2 (t), p2 (t)) θ̃(t) dx dt ≤
0 Ω i=2
N
X Z ϑ Z
≤ ρ0 L1i Lp |θ̃(t)| + Lθ |p̃(t)| θ̃(t) dx dt +
i=2 0 Ω
XN Z ϑ Z
+ρ0 kγikL∞ (Ω) L |θ̃(t)|2 dx dt ≤
i=2 0 Ω
N
X Z ϑ
≤ ρ0 L1i Lp + Lθ Lp ϑ exp(Lθ ϑ) + kγikL∞ (Ω) L kθ̃(t)k2Hθ dt
i=2 0
| {z }
=: c7
(6) Mithilfe partieller Integration bzgl. der Zeit, der Hölder- und der Youngschen Un-
gleichung sowie aufgrund der Lipschitz-Stetigkeit der Funktion γi folgt:
Z ϑZ XN
K θ0 ρi0 p̃i (t) div(ũ′ (t)) dx dt ≤
0 Ω i=1
Z ϑ Z ϑ
≤ c5 kũ(t)k2Vu dt + ε1 kũ(ϑ)k2Vu + c6 kθ̃(t)k2Hθ dt
0 0
+G1i Lp |θ̃(s)| + Lθ |p̃i (s)|
N
X
′
≤ 3 kµk L∞ (Ω) kΦ k L∞ (R) LG kγi kL∞ + Lθ G1i |θ̃(s)| +
i=1
| {z }
=: c8
Z s
′
+ 3 kµkL∞(Ω) kΦ kL∞ (R) Lθ Lp exp(Lθ s) |θ̃(τ )| dτ
| {z } 0
=: c9
Die partielle Integration bzgl. der Zeit, die Anwendung des Satzes von Fubini sowie
die bekannten Standardabschätzungen und die Vorüberlegung führen auf:
Z ϑZ Z t
2 θ0 µ b1 (s, t) ε(u1(s)) − b2 (s, t) ε(u2(s)) ds ε(ũ′(t)) dx dt =
0 Ω 0
Z ϑZ Z t
d
= − 2 θ0 µ (b1 (s, t) ε(u1(s)) − b2 (s, t) ε(u2(s))) ds ε(ũ(t)) dx dt+
0 Ω dt 0
Z Z ϑ
+ 2 θ0 µ (b1 (s, ϑ) ε(u1(s)) − b2 (s, ϑ) ε(u2 (s))) ds ε(ũ(ϑ)) dx =
Ω 0
Z ϑZ
= − 2 θ0 µ a1 (t) ε(u1(t)) − a2 (t) ε(u2(t)) ε(ũ(t)) dx dt+
0 Ω
Z ϑZ Z t
d
− 2 θ0 µ b1 (s, t) ε(u1(s)) − b2 (s, t) ε(u2(s)) ds ε(ũ(t)) dx dt+
0 Ω 0 dt
Z Z ϑ
+ 2 θ0 µ (b1 (s, ϑ) ε(u1(s)) − b2 (s, ϑ) ε(u2 (s))) ds ε(ũ(ϑ)) dx =
Ω 0
Z ϑZ
= − 2 θ0 µ a1 (t) − a2 (t) ε(u1(t)) ε(ũ(t)) dx dt+
0 Ω
Z ϑZ
− 2 θ0 µ a2 (t) ε(ũ(t))2 dx dt+
0 Ω
Z ϑZ Z t
db1 db2
− 2 θ0 µ (s, t) − (s, t) ε(u1 (s)) ds ε(ũ(t)) dx dt+
0 Ω 0 dt dt
Z ϑZ Z t
db2
− 2 θ0 µ (s, t) ε(ũ(s)) ds ε(ũ(t)) dx dt+
0 Ω 0 dt
Z Z ϑ
+ 2 θ0 µ b1 (s, ϑ) − b2 (s, ϑ) ε(u1(s)) ds ε(ũ(ϑ)) dx+
Ω 0
Z Z ϑ
+ 2 θ0 µ b2 (s, ϑ) ε(ũ(s)) ds ε(ũ(ϑ)) dx ≤
Ω 0
Z ϑZ Z t
≤2 θ0 kµkL∞ (Ω) c8 |θ̃(t)| + c9 |θ̃(τ )| dτ |ε(ũ1(t))| |ε(ũ(t))| dx dt+
0 Ω 0 | {z }
≤ c∇ u
Z ϑZ N
X
+ 3 kµkL∞ (Ω) G1i kΦ′i kL∞ (R) kγi kL∞ (Ω) |ε(ũ(t))|2 dx dt+
0 Ω i=1
| {z }
=: c10
Z ϑ Z Z t
+ |a1 (s) a1 (t) − a2 (s) a2 (t)| c∇ ds |ε(ũ(t))| dx dt+
0 Ω 0
Umwandlungsplastizität 133
Z ϑ Z Z t
+ |a2 (s) a2 (t)| |ε(ũ(s))| ds |ε(ũ(t))| dx dt+
0 Ω 0
Z Z ϑ Z t
+ c8 |θ̃(t)| + c9 |θ̃(τ )| dτ c∇ ds |ε(ũ(ϑ))| dx+
Ω 0 0
Z Z ϑ
+ c10 |ε(ũ(s))| ds |ε(ũ(ϑ))| dx ≤
Ω 0
Z Z
c∇ c8 ϑ 2 c∇ c8 ϑ
≤2 θ0 kµkL∞ (Ω) kθ̃(t)kHθ dt + kũ(t)k2Vu dt+
2 0 2 0
Z ϑ Z ϑ Z ϑ
c∇ c9 ϑ 2 c∇ c9 ϑ 2
+ kθ̃(t)kHθ dt + kũ(t)kVu dt + c10 kũ(t)k2Vu dt+
2 0 2 0 0
Z ϑZ Z t
+ c∇ c10 |a1 (s) − a2 (s)| + |a1 (t) − a2 (t)| ds |ε(ũ(t))| dx dt+
0 Ω 0
Z Z Z ϑ
c210 ϑ ϑ 2 c210 ϑ ϑ 2 c28
+ kũ(t)kVu dt + kũ(t)kVu dt + kθ̃(t)k2Hθ dt+
2 0 2 0 4 ε 2 0
2 2 Z ϑ
c ϑ
+ ε2 kũ(ϑ)k2Vu + 9 kθ̃(t)k2Hθ dt + ε3 kũ(ϑ)k2Vu +
4 ε3 0
Z
c210 ϑ 2 2
+ kũ(t)kVu dt + ε4 kũ(ϑ)kVu ≤
4 ε4 0
Z Z
c∇ c8 ϑ 2 c∇ c8 ϑ
≤2 θ0 kµkL∞ kθ̃(t)kHθ dt + kũ(t)k2Vu dt+
2 0 2 0
Z ϑ Z ϑ Z ϑ
c∇ c9 ϑ 2 c∇ c9 ϑ 2
+ kθ̃(t)kHθ dt + kũ(t)kVu dt + c10 kũ(t)k2Vu dt+
2 0 2 0 0
Z ϑ Z ϑ Z
c8 2 c8 2 c9 ϑ ϑ
+ 2 c∇ c10 ϑ kθ̃(t)kHθ dt + kũ(t)kVu dt + kθ̃(t)k2Hθ dt+
2 0 2 0 2 0
Z Z Z
c9 ϑ ϑ 2 c210 ϑ ϑ 2 c210 ϑ ϑ
+ kũ(t)kVu dt + kũ(t)kVu dt + kũ(t)k2Vu dt+
2 0 2 0 2 0
2 Z ϑ 2 2 Z ϑ
c c ϑ
+ 8 kθ̃(t)k2Hθ dt + ε2 kũ(ϑ)k2Vu + 9 kθ̃(t)k2Hθ dt + ε3 kũ(ϑ)k2Vu +
4 ε2 0 4 ε3 0
Z
c210 ϑ 2 2
+ kũ(t)kVu dt + ε4 kũ(ϑ)kVu ≤
4 ε4 0
Z
c (c + c ϑ)
∇ 8 9 c28 c29 ϑ2 ϑ
≤ 2 θ0 kµkL∞ + c∇ c10 ϑ (c8 + c9 ) + + kθ̃(t)k2Hθ dt+
2 4 ε2 4 ε3
| {z } 0
=: c11
c (c + c ϑ)
∇ 8 9 c2
+ 2 θ0 kµkL∞ + c10 + c∇ c8 c10 ϑ + c∇ c9 c10 ϑ2 + c210 + 10 ·
2 4 ε4
| {z }
=: c12
Z ϑ
· kũ(t)k2Vu dt + (ε2 + ε3 + ε4 ) kũ(ϑ)k2Vu
0 | {z }
=: ε5
134 Umwandlungsplastizität
Damit folgt:
Z ϑ h i
kθ̃(ϑ)k2Hθ + kũ(ϑ)k2Vu ≤ C 2 2
kũ(t)kVu + kθ̃(t)kHθ dt
0
wobei
max{c5 + 4 c312 , c6 + c7 + 4 c311 }
C :=
min{ c12θ0 − ε1 − 2ε5 , ρ02ce }
für fast alle ϑ ∈ [0, T ] und somit folgt ebenfalls p̃(ϑ) = 0 fast überall in [0, T ].
Im Vorfeld haben wir nur spannungsfreies Umwandlungsverhalten betrachtet, d.h. wir ha-
ben angenommen, dass die Umwandlungsgleichungen der Phasenumwandlung unabhängig
von der Spannung sind. In diesem Fall ist die Funktion γ nur von der Temperatur θ und
den Phasenanteilen p abhängig. Somit war es möglich, im Beweis der Existenz und
der Eindeutigkeit des Gesamtproblems in der Fixpunktargumentation eine Temperatur
θ̄ ∈ Hθ vorzugeben und den Phasenanteil p ∈ Vp zu berechen. Mit diesem Phasenanteil
lässt sich erneut die Temperatur θ sowie die Verschiebung u bestimmen usw.
Der Raum L2 (0, T ; H) spielt eine besondere Rolle, weil dieser kompakt in den Raum
W 1,2 (0, T ; V, H) eingebettet ist (Satz von Lions-Aubin). Damit haben wir die Kompakt-
heit des Fixpunktoperators gezeigt.
Umwandlungsplastizität 135
Nun gelte γ = γ(∇ũ, ˜ θ, p). Aufgrund der besseren (Orts-)Regularität der Funktion ũ˜
ist es nun möglich, die Fixpunktargumentation in Analogie zu den Beweisen der Sätze
5.1.10 und 5.2.5 durchzuführen. Der Satz von Lions-Aubin ist anwendbar, da ũ˜ ∈ Hu
hinreichend ist.
136 Umwandlungsplastizität
6 Beispielrechnungen
In diesem Kapitel nehmen wir das Beispiel 5.1.9 aus Kapitel 5.1.3 wieder auf und betrach-
ten exemplarisch die (spannungsfreie) Phasenumwandlung im Stahl 100Cr6, bei dem sich
der Austenit in Perlit, Bainit und Martensit (unter gewissen Bedingungen) umwandelt.
Im Folgenden simulieren wir für verschiedene Abkühlgeschwindigkeiten den Dilatometer-
versuch und stellen die Phasenanteile der einzelnen Phasen sowie den Temperaturverlauf
dar. Sämtliche Materialdaten wurden vom IWT Bremen zur Verfügung gestellt.
Im Weiteren sind
Ferner nehmen wir an, dass sich Perlit nur im Temperaturintervall ]θ2 , θ1 [ und Bainit sich
nur im Temperaturintervall ]θ3 , θ2 ] bildet. Oberhalb von θ1 findet keine Phasentransfor-
mation statt, während unterhalb von θ3 sich nur Martensit bildet. Es seien:
(6.1.1) θ1 = 734◦ C , θ2 = 500◦C sowie θ3 = 260◦ C gegeben.
Für die Phasenumwandlung sei folgendes Differentialgleichungsmodell
p′1 = − p′2 − p′3 − p′4
p′2 =Hε (θ1 − θ) Hε (θ − θ2 ) (e2 (θ) + p2 )r2 (θ) (max{p̄2 − p2 , 0})s2(θ) g2 (θ)
(6.1.2)
p′3 =(1 − Hε (θ − θ2 )) Hε (θ − θ3 ) (e3 (θ) + p3 )r3 (θ) (max{p̄3 − p3 , 0})s3(θ) g3 (θ)
p′4 =(1 − Hε (θ − θ3 )) max{p̄4 − p4 , 0} µ
137
138 Kapitel 6. Beispielrechnungen
p̄1 =1
p̄2 =Hε (θ1 − θ) Hε (θ − θ2 )
(6.1.4) p̄3 =(1 − Hε (θ − θ2 )) Hε (θ − θ3 ) − p2e
θ3 − θ
p̄4 =((1 − Hε (θ − θ3 )) − p2e − p3e ) 1 − exp −
θM 0
Dabei bezeichen Hε die regularisierte Heaviside-Funktion und p2e sowie p3e den Phasen-
anteil von Perlit bzw. Bainit, der nach dem Ende der jeweiligen Umwandlung vorliegt.
Die temperaturabhängigen Parameter ei , ri , si , gi (i = 2, 3) lassen mithilfe realer Daten
durch ein Optimierungsproblem bestimmen und mithilfe stückweise linearer Interpolati-
on als eine Funktion von der Temperatur aus den folgenden Tabellen darstellen (verglei-
1
che hierzu [Wol07c]). Weiter sind µ = 0.168 und θM 0 = 102◦ C.
Datensatz Θ e r s g
4227 300 2.57 · 10−5 6.57 · 10−1 1.18 1.26 · 10−2
4228 350 2.54 · 10−4 6.98 · 10−1 1.00 2.27 · 10−2
4229 400 4.89 · 10−4 7.20 · 10−1 1.00 6.51 · 10−2
4234 450 3.91 · 10−3 4.79 · 10−1 1.00 1.32 · 10−1
4235 500 1.83 · 10−4 5.78 · 10−4 1.41 6.55 · 10−2
Datensatz Θ e r s g
4230 550 2.51 · 10−4 0.23 1.00 2.78 · 10−2
4232 600 3.92 · 10−3 0.74 1.00 1.88 · 10−1
4233 650 3.92 · 10−3 0.80 1.00 3.01 · 10−1
4236 700 8.03 · 10−1 3.22 1.01 3.20 · 10−3
Die Materialdaten für die spezifische Wärme und die latenten Wärmen lassen sich mit-
hilfe einer Polynominterpolation 3. Grades aus den folgenden Tabellen als eine Funktion
von der Temperatur darstellen.
Aufgrund von fehlenden Messdaten verwenden wir im Weiteren für die spezifische Wärme
von Perlit, Bainit und Martensit die spezifische Wärme von Ferrit. Aus demselben Grund
benutzen wir für die latenten Wärmen der Austenit-Perlit- sowie der Austenit-Bainit-
Umwandlung die latenten Wärmen der Umwandlung von Austenit zu Ferrit.
6.1. Die Aufgabenstellung 139
Tabelle 6.3: Spezifische Wärme in J/kgC von Ferrit (F) und Austenit (A) zu bestimmten
Temperaturen Θ
Tabelle 6.4: Latente Wärme in KJ/kgC der Umwandlung von Austenit zu Ferrit (AF)
und der Umwandlung von Austenit zu Martensit (AM) zu bestimmten Tem-
peraturen Θ
Nun betrachten wir die Wärmeleitgleichung für den vorliegenden Spezialfall (vergleiche
Kapitel 2). Es gilt für alle ϕ ∈ Vθ :
Z T Z Z T Z
′
ρ0 ce θ ϕ dx dt + κ ∇θ ∇ϕ dx dt+
0 Ω 0 Ω
Z T Z Z T Z Z T Z 4
X
+ δ (θ − θΓ ) ϕ dσ dt = r ϕ dx dt + ρ0 Li p′i ϕ dx dt
0 Γ 0 Ω 0 Ω i=2
Mit der Annahme der homogenen Temperaturverteilung sind alle Größen unabhängig
von der Ortsvariablen x. Damit folgt:
Z T Z T Z T Z T 4
X
′
µ(Ω) ρ0 ce θ ϕ dt + µ(Γ) δ(θ − θΓ )ϕ dt = µ(Ω) rϕ dt + µ(Ω) ρ0 Li p′i ϕ dt
0 0 0 0 i=2
(6.1.6) θ(0) = θ0 .
Sei Ω ein Zylinder der Länge L mit dem Durchmesser D und Γ die Mantelfläche des
Zylinders. Dann gilt:
π 2 µ(Γ) 4
µ(Ω) = D L , µ(Γ) = πDL und damit: = .
4 µ(Ω) D
wobei der Durchmesser einer Dilatometerprobe durch D = 30 mm gegeben ist und der
Wärmeübergangskoeffizient δ als einzige Unbekannte in den folgenden Testrechnungen
variiert wird. Die Dichte im Referenzzustand des Ausgangsgefüges ist durch ρ0 = 7819 mkg3
gegeben. Weiterhin nehmen wir keine externen Wärmequellen an, d.h. es gilt: r = 0.
Die folgenden Grafiken zeigen die Phasenanteile der einzelnen Phasen sowie den Tem-
peraturverlauf. Aufgrund der Materialdaten für die Phasenevolution des Martensits ist
die Umwandlung nicht vollständig, d.h. es verbleibt sogenannter Restaustenit“. Eine
”
vollständige Umwandlung erhält man, wenn die Probe noch weiter (bis 0 K) abgekühlt
wird.
6.2. Darstellung der Ergebnisse 141
1 900
Austenit Temperaturverlauf
Perlit
0.9 800
Bainit
Martensit
0.8
700
0.7
600
Phasenanteile p(t)
0.6
Temperatur θ
500
0.5
400
0.4
300
0.3
200
0.2
0.1 100
0 0
0 50 100 150 200 0 500 1000
Zeit t Zeit t
1 900
Austenit Temperaturverlauf
Perlit
0.9 800
Bainit
Martensit
0.8
700
0.7
600
Phasenanteile p(t)
0.6
Temperatur θ
500
0.5
400
0.4
300
0.3
200
0.2
0.1 100
0 0
0 50 100 150 0 50 100 150
Zeit t Zeit t
1 900
Austenit Temperaturverlauf
Perlit
0.9 800
Bainit
Martensit
0.8
700
0.7
600
Phasenanteile p(t)
0.6
Temperatur θ
500
0.5
400
0.4
300
0.3
200
0.2
0.1 100
0 0
0 20 40 60 80 0 20 40 60 80
Zeit t Zeit t
Die Grafiken auf der rechten Seite zeigen, dass der Temperaturverlauf einer Exponen-
tialfunktion folgt (vergleiche hierzu die Lösungsformel für lineare homogene gwöhnliche
Differentialgleichungen). Die Änderungen der Steigung im Temperaturverlauf sind auf
den Einfluss der latenten Wärmen zurückzuführen (vergleiche Kapitel 2).
Die Grafiken auf der rechten Seite zeigen den Verlauf der Phasenanteile. Oberhalb von
θ1 besteht der Stahl nur aus Austenit. Bei sehr langsamer Abkühlung verwandelt er sich
bei θ1 in Perlit. Für einen kleinen Wärmeübergangskoeffizienten (vergleiche Abbildung
6.1) verläuft die Umwandlung so langsam, dass sich im Laufe der Zeit der Austenit
vollständig in Perlit umwandelt.
Ist der Wärmeübergangskoeffizient größer und die Umwandlung verläuft schneller ab, so
bilden sich bei der Temperatur θ2 Bainit und unterhalb von θ3 Martensit.
Die Austenit-Martensit-Umwandlung vollzieht sich in einem Temperaturbereich, dessen
untere Grenze unter der Raumtemperatur liegt. Auf Raumtemperatur abgeschreckter
Stahl enthält daher einen Anteil an nicht umgewandeltem Austenit, sogenannten Restau-
stenit. In Abbildung 6.2 ist deutlich zu sehen, wie sich alle Phasen in ihren jeweiligen
Temperaturbereichen bilden.
Für einen noch größeren Wärmeübergangskoeffizienten (vergleiche Abbildung 6.3) verläuft
die Umwandlung so schnell, dass sich aufgrund dieser schnellen Abkühlung nur wenig
6.2. Darstellung der Ergebnisse 143
Perlit und Bainit bilden und hauptsächlich Martensit entsteht. Wählt man den den
Wärmeübergangskoeffizienten hinreichend groß und damit die Abkühlung sehr schnell,
so ist es möglich, dass sich nur Martensit aus dem Austenit bildet.
Für die materialwissenschaftlichen Grundlagen verweisen wir an dieser Stelle nochmals
auf die Literatur ([Hor85] sowie [Lie05]).
144 Kapitel 6. Beispielrechnungen
7 Zusammenfassung und Ausblick
Im Folgenden sollen die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit kurz zusammengefasst wer-
den. Ferner folgt ein Ausblick auf mögliche Erweiterungen und Fortsetzungen der The-
matik.
Im zweiten Kapitel wurde im Rahmen der Modellierung ein Einblick in die Grundlagen
der Kontinuumsmechanik vermittelt. Ferner wurden aus dem Newtonschem Kraftaxi-
om die allgemeine Bewegungsgleichung für deformierbare Medien und die Wärmelei-
tungsgleichung mithilfe des Energieerhaltungsprinzips hergelitten. Ausgehend von der
Einführung in das Anwendungsproblem wurden die Definition sowie einige Eigenschaf-
ten von Stahl gegeben und die Effekte der Phasenumwandlung sowie der Umwandlungs-
plastizität erläutert. Den Schwerpunkt dieses Kapitels bildete die Formulierung der ma-
thematischen Aufgabe der linearen Thermoelastizität mit Phasenumwandlungen und
Umwandlungsplastizität für die ein Existenz- und Eindeutigkeitsresultat nachgewiesen
werden sollte.
Das dritte Kapitel fasst im Wesentlichen einige wichtige Resultate der mathematischen
Elastizitätstheorie zusammen. Es wurde die Existenz und die Eindeutigkeit einer schwa-
chen Lösung der Aufgabe der stationären linearen Elastizität mithilfe des Satzes von
Lax-Milgram und alternativ unter Verwendung des Banachschen Fixpunktsatzes ge-
zeigt. Ferner wurde das Galerkin-Verfahren sowie das Konzept der Evolutionsgleichungen
erläutert. Mit diesen Hilfsmitteln erfolgte im Weiteren der Beweis eines Existenz- und
Eindeutigkeitssatzes für die schwache Lösbarkeit der instationären linearen Elastizität
unter der Voraussetzung zeitinvarianter Parameter.
Im vierten Kapitel wurden Existenz- und Eindeutigkeitsresultate der schwachen Lösbar-
keit der mathematischen Aufgabe der klassischen linearen Thermoelastizität bereitge-
stellt. Aufgrund der Kopplungsterme in der Bewegungsgleichung und in der Wärme-
leitungsgleichung sind die ersten apriori-Abschätzungen für den Grenzübergang in der
Wärmeleitungsgleichung nicht ausreichend. Daher entstand im Fall der gemischten Rand-
bedingungen die Notwendigkeit, die Galerkin-Gleichungen nach der Zeit zu differenzie-
ren, um so mithilfe weiterer apriori-Abschätzungen eine höhere Regularität der Lösung
zu erhalten. Der Nachteil dieser Vorgehenweise ist allerdings, das ein Existenz- und Ein-
deutigkeitsresultat nur für zeitunabhängige Parameter und unter höheren Regularitäts-
forderungen an die rechten Seiten und die Anfangsbedingungen zur Verfügung steht. Im
Fall einfacher Randbedingungen ist es möglich die Kopplungsterme partiell bezüglich des
Ortes zu integrieren und die ersten apriori-Abschätzungen sind hinreichend um die Exi-
stenz einer Lösung unter geringeren Regularitätsforderungen an die rechten Seiten und
die Anfangsbedingungen nachzuweisen. Die Eindeutigkeit der Lösung lässt sich jedoch
nur mit denselben Voraussetzungen zum vorigen Fall zeigen.
Das fünften Kapitel bildete den Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit. Im ersten Teil des
Kapitels wurde das Modell der klassischen linearen Thermoelastizität durch Hinzunahme
der Phasenumwandlungen erweitert. Die Existenz und die Eindeutigkeit der Teilaufgabe
145
146 Kapitel 7. Zusammenfassung und Ausblick
der klassischen linearen Thermoelastizität folgt analog zum vorigen Kapitel. Das Teilpro-
blem der Phasenumwandlungen wurde aus der Diplomarbeit von [Hüß07] zitiert und an
einem Beispiel illustriert. Allerdings wird nur spannungsabhängiges Umwandlungsver-
halten betrachtet, was eine zusätzliche Einschränkung an die Aufgabe darstellt. Mithilfe
einer Fixpunktargumentation auf des Basis des Satzes von Schauder es ferner gelungen,
die Existenz einer schwachen Lösung für diese Aufgabe nachzuweisen.
Der zweite Teil des Kapitel beschäftigte sich mit der vollen Aufgabe der Thermoelasti-
zität mit Phasenumwandlungen und Umwandlungsplastizität. Es hat sich dabei heraus-
stellen müssen, dass ein Existenz- und Eindeutigkeitsresultat für die volle Augabe mit
den dargelegten Methoden nicht möglich ist und einige Einschränkungen an das Modell
gemacht werden müssen. Das Problem besteht darin, die Existenz und die Eindeutig-
keit der Teilaufgabe der klassischen linearen Thermoelastizität nachzuweisen, da sich die
Behandlung des Materialgesetze der Umwandlungsplastizität zusätzlich zu den Kopp-
lungstermen als äußerst schwierig erweist. Mit einer Vereinfachung im Materialgesetz
der Umwandlungsplastizität ist es möglich, den Beweis der Existenz und der Eindeutig-
keit analog zum vorigen Kapitel zu erbringen. Ein zweiter Ansatz, die Kopplungsterme zu
regularisieren und das Materialgesetz der Umwandlungsplastizität nicht zu vereinfachen
liefert zwar die Existenz des Teilproblems, jedoch ist die Eindeutigkeit nicht gesichert.
• die Existenz und Eindeutigkeit einer schwachen Lösung für die volle Aufgabe der
stationären Elastizität,
• die Existenz und Eindeutigkeit einer schwachen Lösung für die volle Aufgabe der
instationären Elastizität einer schwachen Lösung mit ortsabhängigen Parametern,
• die Existenz und Eindeutigkeit einer schwachen Lösung für die volle Aufgabe der
linearen Thermoelastizität mit ortsabhängigen Parametern,
• die Existenz und Eindeutigkeit einer schwachen Lösung für die Aufgabe der linearen
Thermoelastizität mit ortsabhängigen Parametern und vereinfachten Randbedin-
gungen,
• die Existenz und Eindeutigkeit einer schwachen Lösung für die volle Aufgabe der
linearen Thermoelastizität mit Phasenumwandlungen und ortsabhängigen Para-
metern und
• die Existenz und Eindeutigkeit einer schwachen Lösung für die regularisierte Auf-
gabe der linearen Thermoelastizität mit Phasenumwandlungen und Umwandlungs-
plastizität mit ortsabhängigen Parametern
• zu vereinfachten Randbedingungen,
147
betrachtet.
In Folgenden weisen wir auf möglichen Fortführungen in der Thematik hin, um die
Existenz und Eindeutigkeit einer schwachen Lösung für die volle Aufgabe der linearen
Thermoelastizität mit Phasenumwandlungen und Umwandlungsplastizität weiter zu un-
tersuchen.
Eine bessere Regularität der Lösung lässt sich eventuell durch spezielle Basen für die Ver-
schiebung und die Temperatur (vergleiche [Wol04]) erzielen. Die mögliche Konsequenz
dieses Ansatzes könnte sein, zusätzlich spannungsabhängiges Umwandlungsverhalten zu
berücksichtigen.
Die zeitliche Semidiskretisierung (vergleiche [Emm04] oder [Kna00], Semidiskretisierung
mittels vertikaler Linienmethode) der Bewegungs- und der Wärmeleitungsgleichung so-
wie gegebenenfalls auch der Gleichungen für die Phasenumwandlungen liefert vielleicht
bessere Existenzresultate. Eventuell ist es möglich, die Parameter von der Temperatur
und den Phasenanteilen abhängen zu lassen. Für weitere Methoden zur Lösung des Pro-
blems sei auf [Dau92] und [Eva98] verwiesen.
Die Beispielrechnungen lassen sich durch Rechnungen zur Modellierung der örtlich homo-
genen Geeble-Probe mit realen Daten (Satoh-Test) erweitern. Weitere Möglichkeiten be-
stehen in 1d- und 3d-Rechnungen (z.B. auf Basis der zeitlichen Semi-Diskretisierung) mit
realen Daten, in dem Vergleich mit dem Programm SYSWELD sowie in der Untersuchung
der Existenz und Eindeutigkeit der vollen Aufgabe mit klassischer Plastizität und dessen
numerischer Betrachtung (3d-Rechnungen) mithilfe von Semi-Diskretisierung, Prediktor-
Korrektor-Verfahren etc. Die numerische Finite-Elemente-Simulation mithilfe des Pro-
gramms ALBERTA für ein vereinfachtes Modell, bestehend aus dem gekoppeltem Sytem
von Wärmeleitgleichung und Elastizitätsgleichung, findet man in der Diplomarbeit von
[Suh05].
Eine weitere Fortführung auf der Ebene der mathematischen Modellierung wäre die Ver-
bindung des vorliegenden Probelem mit Makro-Meso-Untersuchungen, insbesondere bei
der Umwandlungsplastizitä und deren Wechselwirkung mit der klassischen Plastizität.
148 Kapitel 7. Zusammenfassung und Ausblick
A Mathematische Hilfsmittel
Im Folgenden werden einige mathematische Grundlagen aus der Analysis, der Funktio-
nalanalysis sowie der Theorie der partiellen Differentialgleichungen bereitgestellt, von
denen im Text Gebrauch gemacht wird. Beweise werden nicht gegeben, stattdessen wird
auf die Literatur verwiesen.
Zunächst werden die Fixpunktsätze von Banach und Schauder behandelt, die eine wich-
tige Rolle für die Lösung von Randwert-Anfangswert-Aufgaben für nichtlineare partielle
Differentialgleichungen darstellen.
Im Abschnitt über gewöhnliche Differentialgleichungen im Sinne von Carathéodory wer-
den Existenz- und Eindeutigkeitsresultate zu Anfangswertaufgaben für gewöhnliche Dif-
ferentialgleichungen, bei denen die rechte Seite bezüglich der unabhängigen Variablen
nicht stetig ist, zur Verfügung gestellt.
Das Kapitel Reflexivität und schwache Konvergenz“ stellt unter anderem die wichtigen
”
Sätze von Banach-Alaoglu und Eberlein-Shmulyan bereit.
Einen kurzen Überblick über Lp -Räume und Sobolevräume liefert das nachfolgende Ka-
pitel (vergleiche hierzu [Ada03]). Neben der Definition der Räume seien Anmerkungen
zu parameterabhängigen Integralen, Mittelungsfunktionen, Zeitdifferenz, Steklov-Mittel
und den Sobolevschen Einbettungssätzen gegeben.
Im darauf folgenden Abschnitt werden wichtige Ungleichungen (Young, Hölder, Gron-
wall, Korn) zusammengestellt, die ein unabdingbares Werkzeug beim Beweis vieler Aus-
sagen sind.
Abschließend folgt die Betrachtung von Funktionen mit Werten in Banachräumen. Nach
einer kurzen Einführung in die Problematik (vergleiche [Emm04] und [Kna00]) werden
die Räume stetiger und stetig differenzierbarer Funktionen mit Werten in Banachräumen
sowie die Räume Bochner-integrierbarer Funktionen (vergleiche [Emm04], [Gaj74] sowie
[Wlo87]) eingeführt. Es folgen Definition und Eigenschaften der abstrakten Lp -Räume
sowie der verallgemeinerten Ableitung und der abstrakten Sobolevräume. Im Rahmen ei-
ner schwachen Lösungstheorie auf der Grundlage von Hilbertraum-Methoden wird ferner
das Evolutionstripel erläutert und auf das Konzept der Evolutionsgleichungen eingegan-
gen.
Einen recht vollständigen Überblick über die verschiedenen Zugänge und Methoden bei
der Behandlung von partiellen Differentialgleichungen geben [Eva98], [Lub02], [Rou05],
[Ren96], [Wol04] und [Zei90]. Eine sehr umfangreiche Darstellung der Theorie findet sich
in [Dau92] sowie in den weitern Bänden der Reihe. Ferner ist ein guter Überblick über
verschiedene funktionalanalytische Konzepte in [Sho97] gegeben.
149
150 Kapitel A. Mathematische Hilfsmittel
A.1 Fixpunktsätze
Der Fixpunktsatz von Banach
Definition A.1.1: Sei (X, d) ein metrischer Raum. Eine Funktion T : X → X heißt
q-kontraktiv auf X, falls ein q ∈ R mit 0 ≤ q < 1 (:= Kontraktionskonstante) existiert,
so dass für alle x, y ∈ X gilt:
Beweis. siehe [Wol04], Kapitel 1.1, Satz 2, Seite 6 oder [Zei90], Kapitel 1.1, Theorem
1.A., Seite 17
Definition A.1.3: (1) Eine Menge M ⊂ X eines metrischen Raumes (X, d) heißt
kompakt, falls jede Folge von Elementen aus M eine konvergente Teilfolge besitzt,
deren Grenzwert in M liegt. Eine Menge M ⊂ X heißt präkompakt, falls M kom-
pakt ist.
Die Menge der auf [0, T ] absolut-stetigen Funktionen mit Werten in X wird mit AC([0, T ]; X)
bezeichnet. Für ein offenes Intervall ]a, b[ bedeutet u ∈ AC(]a, b[; X), dass u ∈ AC([α, β]; X)
für alle [α, β] ⊂]a, b[.
Lemma A.2.3: Sei −∞ < a < b < ∞. Dann gelten folgende Aussagen:
′ 1
u (x) := lim u(x + t) − u(x)
t→0 t
Die Beweise des Lemmas lassen sich in den Büchern von [Kol70], Kapitel 31 und [Nat75],
Kapitel 5 wiederfinden.
Definition A.2.4: Sei G ⊂ Rm+n eine nichtleere Lebesgue-messbare Menge. Eine Funk-
tion f : G → Rn heißt Carathéodory-Funktion, falls
(2) die Abbildung v 7→ f (t, v) für fast alle t ∈ Rm auf Rn stetig ist.
falls
(2) Eine Lösung u ∈ AC(]a, b[; Rn ) gemäß (1) heißt einzig, falls jede andere Lösung
der Aufgabe (A.2.1) auf dem Intervall [a, b] mit u zusammenfällt.
(1) Die Funktion u gehört zu AC([t0 −a, t0 +a]; Rn ) und ist Lösung der Aufgabe (A.2.1).
Anfangswertaufgabe (A.2.1).
Gilt zusätzlich die Lipschitz-Bedingung
Dann lässt sich jede Lösung u ∈ AC([t0 −α, t0 + α]; Rn ) der Anfangswertaufgabe (A.2.1).
auf [t0 , t1 ] fortsetzen.
Enthalte G die Menge [t0 , ∞[×Rn und gilt für jede Lösung u ∈ AC([t0 , τ ]; Rn ) mit t0 <
τ < ∞ der Anfangswertaufgabe (A.2.1) gelte die apriori-Abschätzung
Beispiel A.3.2: Die rationalen Zahlen dicht in der Menge der reellen Zahlen.
(2) Sei X reflexiv. Dann ist jeder abgeschlossenen Untervektorraum von X reflexiv.
(3) Sei T : X → Y ein Isomorphismus. Dann ist X reflexiv genau dann, wenn Y
reflexiv ist.
Definition A.3.5: (1) Eine Folge (xn )n∈N im Banachraum V heißt schwach konver-
gent gegen ein x ∈ V , in Zeichen xn ⇀ x, falls gilt:
(2) Eine Folge (x∗n )n∈N in dem dualen Raum V ∗ von V heißt schwach* konvergent
∗
gegen ein x∗ ∈ V ∗ , in Zeichen xn ⇀ x, falls gilt:
Bemerkung A.3.6: (1) Der schwache (schwach*) Grenzwert einer Folge ist eindeutig
bestimmt.
Satz A.3.7 (Banach-Alaoglu): Sei X ein separabler Banachraum. Dann ist jede ab-
geschlossene Kugel BR (0) ⊂ X ∗ in seinem dualen Raum X ∗ schwach*-folgenkompakt.
Mit anderen Worten: Zu jeder beschränkten Folge (x∗k )k∈N in X ∗ gibt es eine schwach*-
konvergente Teilfolge.
Beweis. siehe [Alt02], Satz 6.5, Seite 215 oder [Kol70], Theorem 3, Seite 198
Bemerkung A.3.8: Sei X ein separabler Banachraum. Nach Aussage des Satzes von
Banach-Alaoglu besitzt jede beschränkte Teilmenge M ⊂ X ∗ eine schwach*-konvergente
Teilfolge, deren schwach*-Grenzwert wieder in M liegt.
A.4. Funktionenräume - 1. Räume mit reellwertigen Funktionen 155
Satz A.3.9 (Eberlein-Shmulyan): Sei X ein reflexiver Banachraum. Dann ist jede ab-
geschlossene Kugel BR (0) ⊂ X in X schwach-folgenkompakt. Mit anderen Worten: Zu
jeder beschränkten Folge (xk )k∈N in X gibt es eine schwach konvergente Teilfolge. Wenn
jede schwach konvergente Teilfolge von (xk )k∈N den selben Grenzwert x hat, dann kon-
vergiert (xn )n∈N schwach gegen x für n → ∞.
Beweis. siehe [Alt02], Satz 6.9, Seite 219 oder [Wer05], Theorem III.3.7, Seite 107
Satz A.3.10: Seien X und Y Banachräume über R. Wenn A : X → Y linear und stetig
ist, dann ist A schwach folgenstetig, d.h.
n→∞ n→∞
un ⇀ u =⇒ Aun ⇀ Au.
Eine kurze Darstellung des Lebesgue’schen Maßes und Integrals findet man in [Alt02] und
in [Gaj74] während eine grundlegende Einführung in die Theorie messbarer Funktionen
und das Lebesgue-Integral in [Kol70] sowie in [Nat75] bereitgestellt wird. Im Weiteren
beschränken wir uns auf Lp -Räume bezüglich des Lebesgue-Maßes im Rn , für Verallge-
meinerungen sei auf [Alt02] und [Els96] verwiesen.
Im Folgenden sei Ω eine Lebesgue-messbare Menge, bei relevanten Anwendungen meist
ein Gebiet.
Definition A.4.1: (1) Sei p ∈ [1, ∞[. Dann bezeichnet Lp (Ω) die Menge der Äquiva-
lenzklassen Lebesgue-messbarer Funktionen von Ω nach R (bzgl. der Äquivalenz-
relation f ∼ g ⇔ f − g = 0 fast überall), die jeweils einen Repräsentanten haben,
dessen p-te Potenz vom Betrag Lebesgue-integrierbar ist. Für [f ] ∈ Lp (Ω) und
R 1
f ∈ [f ] sei k[f ]kLp (Ω) := Ω |f (x)|p dx p .
(3) Sei Ω ⊂ Rn offen und p ∈ [1, ∞]. Dann bezeichnet Lploc (Ω) die Menge der Äquiva-
lenzklassen [f ] Lebesgue-messbarer Funktionen auf Ω, für die gilt: [f ] ∈ Lp (Ω′ ) für
jede kompakte Teilmenge Ω′ ⊂ Ω.
Im Folgenden sprechen wir oft vereinfachend davon, dass eine Funktion zu Lp (Ω) gehört,
was dann bedeuten soll, dass ihre Äquivalenzklasse zu Lp (Ω) gehört.
(4) RL2 (Ω) ist ein Hilbertraum, dessen Norm durch das Skalarprodukt (f, g)L2 (Ω) :=
Ω
f (x) g(x) dx erzeugt wird.
(5) Seien Ω offen und (fn )n∈N eine Folge in Lp (Ω) mit 1 ≤ p ≤ ∞, mit fn → f in
Lp (Ω). Dann existiert eine Teilfolge (fnk )k∈N und ein h ∈ Lp (Ω) mit fnk (x) → f (x)
fast überall in Ω sowie |fnk (x)| ≤ h(x) für fast alle x ∈ Ω. Für p = ∞ gelten die
Aussagen für die ganze Folge.
Parameterabhängige Integrale
(1) Für fast alle x ∈ Ix ist die Funktion {y 7→ f (x, y)} Lebesgue-integrierbar auf Iy .
R
(2) Die Funktion {x 7→ Iy f (x, y) dy} ist fast überall Lebesgue-integrierbar auf Ix .
(3) Es ist !
Z Z Z
f (x, y) d(x, y) = f (x, y) dy dx.
I Ix Iy
Einen Beweise findet man zum Beispiel in [Kol70], Kapitel 35, Seite 352 ff.
stetig auf A.
∂f
(1) ∂x
ist für jedes feste x ∈ A Lebesgue-integrierbar auf B,
(x, y)
R
(2) das Parameterintegral F (x) := B f (x, y) dy ist differenzierbar und
(3) die Ableitung erhält man wieder durch Differenzieren unter dem Integral.
Dann gilt:
Z h(x)
′ ′ ′ ∂f
F (x) = h (x)f (x, h(x)) − g (x)f (x, g(x)) + (x, y) dy.
g(x) ∂x
(3) ρ(x) ≥ 0 ∀ x ∈ Rn
Dann heißt die Funktion ρε mit ρε = ε1n ρ( xε ) Mittelungskern mit dem Radius ε.
Sei die auf dem Gebiet Ω gegebene Funktion u ∈ L1 (Ω) außerhalb von Ω mit Null zur
Funktion ū fortgesetzt. Die Faltung uε = ρε ∗ ū,
Z
(ρε ∗ ū)(x) := ρε (x − ξ) ū(ξ) dξ für x ∈ Rn
Rn
Für den Mittelungskern ρε gelten die gleichen Eigenschaften wie für die Funktion ρ. Die
Mittelungsfunktion uε ist auf ganz Rn erklärt.
Satz A.4.8: Sei Ω eine offene Menge. Dann gelten folgende Eigenschaften für Mitte-
lungsfunktionen:
(2) uε ∈ C0∞ (Rn ), wenn u ∈ L1loc (Rn ) kompakten Träger in Ω und ε < dist(supp(u), ∂Ω)
• uε ∈ Lp (Ω),
• kuε kLp (Ω) ≤ kukLp (Ω) ,
• limε→0 kuε − ukLp (Ω) = 0,
• limε→0 uε (x) = u(x) f.f.a. x ∈ Ω.
Beweis. siehe [Ada03], Seite 36 f., [Wol04], Seite 61 f. oder [Emm04], Seite 62 f. und
vergleiche [Nau05], Kapitel 2, Seite 10 f.
Es gilt nun die folgende bekannte Differenzenabschätzung ([Gil77], Seite 161 f.): Sei f ∈
Lp (Ω×]0, T [) mit ∂f
∂t
∈ Lp (Ω×]0, T [). Sei t1 ∈]0, T [. Dann gilt für beliebige 0 < h < T −t1 :
Z t1 Z Z T Z p
p p
∂f
|∆h f | dx dt ≤ h dx dt
Ω ∂t
0 Ω 0
Man verifiziert nun die folgenden aus der Literatur bekannten Eigenschaften ([Kol70],
Lemma 2.4.7, Seite 85 f. und [Nau05], Ausarbeitung, Kapitel 2, Satz 2.9, Seite 13):
Beweis. siehe [Els96], Korollar 4.17, Seite 303 f. oder [Nat75], Satz 5, Seite 284 f.
Sobolevräume
Definition A.4.12: Sei Ω ⊂ Rn ein Gebiet. Die Funktion u ∈ Lploc (Ω) (p ∈ [1, ∞])
besitzt eine verallgemeinerte (oder schwache Ableitung) vα ∈ Lqloc (Ω) (q ∈ [1, ∞]) der
Ordnung α ∈ Nn0 , wenn
Z Z
|α|
α
u(x) ∂ ϕ(x) dx = (−1) vα (x) ϕ(x) dx ∀ ϕ ∈ C0∞ (Ω).
Ω Ω
Wir schreiben dann ∂ u = vα . Dabei bezeichnet C0∞ (Ω) die Menge aller beliebig oft
α
Definition A.4.13: Sei Ω ⊂ Rn ein Gebiet, k ∈ N und p ∈ [1, ∞]. Der Sobolevraum
W k,p(Ω) der Ordnung k und der Summierbarkeit p ist definiert durch W k,p (Ω) := {u ∈
Lp (Ω) | Die schwachen Ableitungen ∂ α u existieren und liegen in Lp (Ω) für alle Multiin-
dizes α mit 0 ≤ |α| ≤ k }. Ferner ist für u ∈ W k,p(Ω) durch
X
kukW k,p (Ω) := k∂ α ukLp (Ω) für p < ∞
0≤|α|≤k
Satz A.4.14 (Vollständigkeit von W k,p (Ω)): Sei Ω ⊂ Rn ein Gebiet, k ∈ N und p ∈
[1, ∞]. Der Sobolevraum W k,p (Ω) ist ein Banachraum. Der Raum ist separabel für p ∈
[1, ∞[ und reflexiv für p ∈]1, ∞[. Insbesondere ist W 1,2 (Ω) ein Hilbertraum mit dem
Skalarprodukt
X
(u, v)W 1,2 (Ω) = (∂ α u, ∂ α v)L2 (Ω) .
0≤|α|≤k
160 Kapitel A. Mathematische Hilfsmittel
Beweis. siehe [Ada03], Theorem 3.3, Seite 60 f. sowie [Ada03], Theorem 3.6, Seite 61
f.
Satz A.4.16: Sei Ω ein beschränktes Gebiet in Rn , n ≥ 1. Dann sind die beiden folgen-
den Normen
Z Xn ! 21 Z X n
! 21
kuk1,2 := u2 + (Di u)2 dx und kuk1,2,0 := (Di u)2 dx
Ω i=1 Ω i=1
Satz A.4.17: Sei Ω ⊂ Rn , n ≥ 1 ein beschränktes C 0,1 -Gebiet. Dann sind die beiden
folgenden Normen
n
Z X Z ! 21
kuk1,2 und kuk∗∗
1,2 := (Di u)2 dx + u2 dx
Ω i=1 ∂Ω
und ist stetig. Dabei ist W 0,p (Ω) = Lp (Ω). Für u ∈ H m1 ,p1 (Ω) gilt also mit einer
Konstanten C = C(n, Ω, m1 , m2 , p1 , p2 ) abhängt, eine Abschätzung
n n
(2) Ist m1 − p1
> m2 − p2
, sowie m1 > m2 , so existiert die Einbettung
(3) Für beliebige offene, beschränkte Mengen Ω ⊂ Rn gelten die Aussagen in (1) und
(2) für die Räume W0mi ,pi (Ω) statt W mi ,pi (Ω), wobei W00,p (Ω) = Lp (Ω).
A.4. Funktionenräume - 1. Räume mit reellwertigen Funktionen 161
und ist stetig. Genauer: Zu u ∈ W m,p (Ω) gibt es genau eine stetige Funktion, welche
fast überall mit u übereinstimmt (die wieder mit u bezeichnet wird), so dass mit
einer Konstanten C = C(n, Ω, m1 , m2 , p1 , p2 ) abhängt, gilt:
n
(2) Ist m − p
> k + α, so existiert die Einbettung
und ist stetig und kompakt. Dabei ist C k,0(Ω̄) := C k (Ω) für k > 0.
(3) Für beliebige offene, beschränkte Mengen Ω ⊂ Rn gelten die Aussagen in (1) und
(2) für die Räume W0m,p (Ω) statt W m,p (Ω).
Satz A.4.20 (Einbettung von W 1,p (Ω) in Lq (∂Ω)): Sei Ω ⊂ Rn beschränkt und be-
schränkt mit Lipschitz-Rand.
Beweis. siehe [Ada03], Theorem 5.36, Seite 164 f. und vergleiche. [Alt02], Lemma A.6.7,
Seite 251
Satz A.4.21 (Formel für die partielle Integration): Sei Ω ⊂ Rn offen und beschränkt
mit Lipschitz-stetigem Rand ∂Ω. Sei ν = ν(x) die äußere Einheits-Normale an ∂Ω. Dann
1
gilt für alle u ∈ W 1,p (Ω), v ∈ W 1, p (Ω) (1 < p < ∞):
Z Z Z
u(x) ∂j v(x) dx = γu(x) γv(x) νj (x) dσ − ∂j u(x) v(x) dx
Ω ∂Ω Ω
für alle j = 1, . . . , n.
1 p 1 q
ab ≤ a + b.
p q
für alle u ∈ W01,p (Ω) (c0 hängt von Ω und von p, aber nicht von u ab).
Satz A.5.6 (Höldersche Ungleichung): Sei Ω eine nichtleere messbare Menge in Rn mit
n ≥ 1. Dann folgt mit f ∈ Lp (Ω) und g ∈ Lq (Ω), wobei p, q ∈]1, ∞[ mit 1p + 1q = 1
Z
(A.5.1) f (x) g(x) dx ≤ kf gkL1(Ω) ≤ kf kLp (Ω) kgkLq (Ω) .
Ω
Satz A.5.7 (Gronwall): Sei u eine beschränkte und messbare Funktion auf [0, T ], 0 <
T < ∞, sowie α ∈ R+ und h ∈ L1 (]0, T [) mit h(t) ≥ 0 fast überall. Dann folgt aus
Z t
u(t) ≤ α + h(s)u(s) ds in [0, T ]
0
Falls u(t) ≥ 0 auf [0, T ] und α = 0 gilt, so folgt u(t) = 0 auf [0, T ].
Beweis. siehe [Sho97], Lemma 4.2, Seite 179 f. oder [Emm04], Lemma 7.3.1, Seite 180 f.
für eine Verallgemeinerung.
In diesem Abschnitt sollen die Kornschen Ungleichungen vorgestellt werden, die für eini-
ge relevante Beweisteile benötigt werden. Verschiedentlich finden sich in [Bra92], [Duv76]
und [Lan97] folgende Versionen der Kornschen Ungleichung.
Satz A.5.8 (1. Kornsche Ungleichung): Sei Ω ⊂ R3 ein beschränktes Gebiet mit glattem
Rand ∂Ω. Es gilt für alle u ∈ [W01,2 (Ω)]3 :
Z Z
1
ε(u(x)) : ε(u(x)) dx ≥ (∇u(x))2 dx ,
Ω 2 Ω
wobei ε(u) := 21 ∇u + ∇uT .
Beweis. Es genügt, die Behauptung für glatte Vektorfelder u ∈ [C0∞ (Ω)]3 zu beweisen,
da C0∞ (Ω) dicht in W01,2 (Ω) liegt.
Für u ∈ [C0∞ (Ω)]3 gilt mithilfe partieller Integration und der Symmetrie der zweiten
Ableitungen für 1 ≤ i, j ≤ 3:
Z Z
uj ,i ui ,j dx = (div(u))2 dx ≥ 0
Ω Ω| {z }
≥0
Aufgrund der Vorüberlegung und der Definition von ε folgt schließlich die Behauptung
(vergleiche [Lan97]).
164 Kapitel A. Mathematische Hilfsmittel
Bemerkung A.5.9: (1) Mithilfe des Youngschen Ungleichung anstelle der Vorüber-
legung erhält man:
Z Z
ε(u) : ε(u) dx ≤ (∇u)2 dx
Ω Ω
(2) Die Behauptung lässt sich in sofern verallgemeinern, als dass sie ebenfalls für alle
1,2
u ∈ [Wu·ν=0 (Ω)]3 gilt.
für alle u ∈ V .
Beweis. Die Idee des Beweises besteht darin, auf V eine äquivalente Norm
s 2
Z
kukε := ε(u) : ε(u) dx
Ω
einzuführen. Es ist zunächst zu zeigen, dass k · kε eine Norm auf V definiert und das der
Raum V vollständig bzgl. dieser Norm ist. Im Weiteren betrachtet man die Banachräume
X := (V, k · k[W 1,2 (Ω)]3 ) und Y := (V, k · kε ) und zeigt die Beschränktheit der Abbildung
Id : X → Y . Mithilfe des Satzes inversen Operator (siehe [Alt02], Satz 5.8, Seite 207)
folgt dann unmittelbar die Behauptung.
Ferner finden sich Beweise in [Bra92] und[Lan97].
für alle u ∈ V .
Beweis. siehe [Duv76], Theorem 3.1, Seiten 110-115 oder [Nit81], Seiten 237-248
mit f : Ω × [0, T ] → R und u0 : Ω → R kann man als abstrakte Funktion u = u(t) mit
[u(t)](x) := u(x, t) auffassen, die Werte in X annimmt und Lösung des Anfangswertpro-
blems
u′ (t) − Au(t) = f (t) , t ∈]0, T ]
(A.6.1)
u(0) = u0
ist. Typische Fragestellungen sind nun Existenz und Eigenschaften von Lösungen des
Problems (A.6.1).
Bemerkung A.6.1: Falls u : [0, T ] → X stetig, dann ist auch die reellwertige Funktion
[0, T ] ∋ t 7→ ku(t)kX stetig, da wegen der Dreiecksungleichung
Da reellwertige stetige Funktionen auf einem kompakten Intervall stets beschränkt sind
und Maximum und Minimum annehmen, folgt, dass
Stetige Funktionen u : [0, T ] → X sind also stets beschränkt. Des Weiteren definiert
kf kC([0,T ];X) := max kf (t)kX
t∈[0,T ]
eine Norm auf C([0, T ]; X). Ausgestattet mit dieser Norm ist C([0, T ]; X) ein Banach-
raum.
Bemerkung A.6.2: Es gilt C([0, T ]; R) = C([0, T ]) sowie C([0, T ]; C([a, b])) = C([a, b]×
[0, T ]).
Korollar A.6.4: Falls X separabel ist, dann ist auch C(0, T ; X) separabel.
Definition A.6.5: Eine Funktion u : [0, T ] → X heißt (klassisch oder stark) differen-
zierbar in t0 ∈ [0, T ], falls es ein x ∈ X so gibt, dass
u(t0 + h) − u(t0 )
lim
− x
= 0.
h→0
t0 +h∈[0,T ]
h
X
Man kann nun rekursiv die Räume C k ([0, T ]; X) für k ∈ N als linearen Raum der diffe-
renzierbaren Funktionen u : [0, T ] → X, für die u′ ∈ C k−1 ([0, T ]; X) definieren. Hierbei
bezeichnet C 0 ([0, T ]; X) = C([0, T ]; X). Ausgestattet mit der Norm
k
X
(i)
kukC k ([0,T ];X) :=
u (t)
C([0,T ];X)
i=1
ist C k ([0, T ]; X) ein Banachraum (zum Beweis siehe [Gaj74], Satz 1.1, Seite 121 f.). Falls
X separabel ist, dann ist auch C k ([0, T ]; X) wieder separabel.
A.6. Funktionenräume - 2. Räume mit Banachraumwertigen Funktionen167
(1) Eine Funktion u : [0, T ] → X heißt einfach, wenn es höchstens endlich viele,
paarweise disjunkte, Lebesgue-messbare Mengen Ei ⊂ [0, T ] (i = 1, . . . , m), m ∈ N
von endlichem Lebesgue-Maß µ(Ei ) gibt, so dass u auf jeder dieser Mengen einen
konstanten Wert ui ∈ X annimmt und sonst verschwindet, d.h. es gilt:
m
X ui auf ES
i
(A.6.2) u(s) = χEi (s) ui = für s ∈ [0, T ].
0 auf [0, T ] \ ni=1 Ei
i=1
(2) Falls es möglich ist, für eine einfache Funktion statt Ei Intervalle zu wählen, so
heißt diese Funktion Treppenfunktion.
verstanden. Hierbei bezeichnet µ das Lebesgue-Maß auf [0, T ]. Falls Ei ein Intervall
ist, dann ist µ(Ei ) somit genau die Intervalllänge von Ei .
(4) Eine Funktion u : [0, T ] → X heißt (stark) Bochner-messbar, falls es eine Folge
(un )n∈N , un : [0, T ] → X einfacher Funktionen gibt, so dass un (t) → u(t) für fast
alle t ∈ [0, T ].
(5) Sei u : [0, T ] → X Bochner-messbar und sei (un )n∈N , un : [0, T ] → X eine Folge
einfacher Funktionen, die punktweise fast überall auf [0, T ] gegen u in X konver-
giert. Dann heißt u Bochner-integrierbar, falls es zu jedem ε > 0 ein N(ε) gibt, so
dass für alle m, n ≥ N(ε) gilt:
Z T
kum (t) − un (t)kX dt < ε.
0
In diesem Fall ist das Bochner-Integral von u über [0, T ] definiert als
Z T Z T
u(t) dt := lim un (t) dt.
0 n→∞ 0
(2) Die Linearität des Bochner-Integrals folgt unmittelbar aus der Definition.
(3) Das Bochner-Integral ist die Ausdehnung des Lebegue’schen Intergalbegriffs auf
funktionenwertige Abbildungen, d.h. im Fall X = R fallen die Begriffe des Bochner-
Integrals und des Lebegue-Integrals zusammen.
Lemma A.6.9: Sei X ein Banachraum. Die Funktion u : [0, T ] → X sei Bochner-
messbar. Dann ist die Abbildung ku(·)kX : [0, T ] → R Lebesgue-messbar.
Definition A.6.10: Sei X ein Banachraum, T > 0. Eine Funktion u : [0, T ] → X heißt
schwach Bochner-messbar, falls die Funktion t ∈ [0, T ] 7→ hf, u(t)iX ∗ X für jedes f ∈ X ∗
Lebesgue-messbar ist.
Korollar A.6.12: Sei X ein separabler Banachraum, T > 0. Falls (un )n∈N eine Folge
(stark) Bochner-messbarer Funktionen un : [0, T ] → X und un (t) ⇀ u(t) in X für fast
alle t ∈ [0, T ], dann ist die Grenzfunktion u : [0, T ] → X (stark) Bochner-messbar.
Satz A.6.13 (Bochner): Sei X ein Banachraum. Eine Funktion u : [0, T ] → X ist
Bochner-messbar und die Abbildung ku(t)kX : [0, T ] → R ist Lebesgue-integrierbar genau
dann, wenn sie Bochner-integrierbar ist.
Korollar A.6.14: Sei X ein Banachraum und die Funktion u : [0, T ] → X sei Bochner-
integrierbar. Dann gilt:
(1)
Z T
Z T
u(t) dt
≤ ku(t)kX dt
0 X 0
(1) Insbesondere ist für alle f ∈ X ∗ die Funktion t ∈ [0, T ] → hf, u(t)iX ∗ X Lebesgue-
integrierbar und
Z T Z T
f, u(t) dt = hf, u(t)iX ∗ X dt für alle f ∈ X ∗
0 X∗X 0
(2) Analog ist für alle g ∈ X die Funktion t ∈ [0, T ] → hv(t), giX ∗ X Lebesgue-
integrierbar und
Z T Z T
v(t) dt, g = hv(t), giX ∗ X dt für alle g ∈ X
0 X∗X 0
(1) Für p ∈ [1, ∞[ bezeichne Lp (0, T ; X) den linearen Raum von Äquivalenzklassen
RT
Bochner-integrierbarer Funktionen u : [0, T ] → X mit 0 ku(t)kpX dt < ∞.
(2) Mit L∞ (0, T ; X) sei der lineare Raum aller Äquivalenzklassen von wesentlich be-
schränkten Bochner-messbaren Funktionen bezeichnet, also jene Bochner-messbaren
Funktionen, für die es ein M ∈]0, ∞[ gibt, so dass für fast alle t ∈ [0, T ] gilt
ku(t)kX ≤ M. Das Infimum aller dieser Schranken M heißt wesentliches Supre-
mum ess supt∈]0,T [ ku(t)kX .
(3) Schließlich bezeichne L1loc (0, T ; X) den Raum der auf jeder kompakten Teilmenge
B ⊂]0, T [ Bochner-integrierbaren Funktionen.
(3) Für jedes 1 ≤ p < ∞ liegt die Menge der einfachen Funktionen dicht in Lp (0, T ; X).
(4) Für jedes 1 ≤ p < ∞ liegt der Raum C([0, T ]; X) dicht und ist stetig eingebettet in
Lp (0, T ; X). Ferner gilt die stetige Einbettung C([0, T ]; X) ֒→ L∞ (0, T ; X).
(5) Für jedes 1 ≤ p < ∞ ist Lp (0, T ; X) separabel, sofern X separabel ist.
(7) Für jedes 1 < p < ∞ ist Lp (0, T ; X) reflexiv, sofern X reflexiv ist.
(10) Ist X = H ein Hilbertraum mit Skalarprodukt (·, ·)H und p = 2, so ist auch
L2 (0, T ; H) ein Hilbertraum, und zwar mit dem Skalarprodukt
Z T
(u, v)L2(0,T ;H) := (u(t), v(t))H dt für u, v ∈ L2 (0, T ; H).
0
(11) Sei neben X auch Y ein Banachraum. Aus X ֒→ Y stetig folgt Lp (0, T ; X) ֒→
Lq (0, T ; Y ) stetig, sofern 1 ≤ q ≤ p ≤ ∞.
(12) Sei 1 ≤ p < ∞ und Ω ⊂ Rn eine offene Menge. Dann gilt der Isomorphismus
Lp (0, T ; Lp (Ω)) ∼
= Lp (Ω×]0, T [). Ferner gilt die stetige Einbettung L∞ (]0, T [; L∞ (Ω)) ⊂
L∞ (Ω×]0, T [).
Satz A.6.18: Sei X ein Banachraum, sei X0 dicht in X, sei M dicht in Lp (0, T ; R)
(1 ≤ p < ∞, 0 < T < ∞). Dann ist span{ϕ(t) x|ϕ ∈ M, x ∈ X0 } dicht in Lp (0, T ; X).
Beispiel A.6.19: Sei 1 ≤ p, q < ∞, X := Lp (Ω). Dann ist span{ϕ(t) f (x)|ϕ ∈ C0∞ ([0, T ]) , f ∈
C0∞ (Ω)} dicht in Lp (0, T ; X).
A.6. Funktionenräume - 2. Räume mit Banachraumwertigen Funktionen171
A.6.5 Evolutionstripel
Definition A.6.21: Sei V ein reeller, separabler, reflexiver Banachraum mit dem Dual-
raum V ∗ , H ein reeller, separabler Hilbertraum und sei V stetig eingebettet und liege
dicht in H. Dann bilden die Räume V , H und V ∗ einen Gelfand-Dreier (Evolutionstripel).
für alle v ∈ V gilt. Dies zeigt, dass f zugleich beschränkt über V ist. Wir können
daher H ∗ als Teilmenge von V ∗ ansehen. Die Einbettung von H ∗ in V ∗ ist stetig,
denn es gilt:
| hf, viV ∗ V | | hf, viH ∗ H | | hf, viH ∗ H |
kf kV ∗ = sup ≤ sup ≤α sup = α kf kH ∗ .
v∈V \{0} kvkV v∈H\{0} kvkV v∈H\{0} kvkH
• Nach dem Darstellungssatz von Riesz (Satz 3.1.6) können wir H und H ∗ mit-
einander identifizieren und es gibt zu jedem f ∈ H ∗ genau ein uf ∈ H mit
kf kH ∗ = kuf kH . Zwischen f und uf wird im Folgenden nicht mehr unterschie-
den.
• Betrachten wir das Skalarprodukt (·, ·)H als Abbildung auf H × V , so ist die duale
Paarung h·, ·iV ∗ V als Abbildung auf V ∗ × V eine stetige Fortsetzung. Insbesondere
gilt für alle f ∈ H ∼ = H ∗ und v ∈ V ⊂ H gemäß dem Darstellungssatz von Riesz:
hf, viV ∗ V = (f, v)H . Es folgt für alle f ∈ H ∼
= H ∗ → V ∗:
• Wegen der Reflexivität von V können wir jedes Element aus V auch als lineares
stetiges Funktional über V ∗ auffassen und umgekehrt, d.h wir können V und V ∗∗
miteinander identifizieren . In diesem Sinne ist das duale Produkt zwischen V ∗ und
V (bzw. V ∗∗ und V ∗ ) symmetrisch, so dass wir zwischen hf, viV ∗ V und hv, f iV ∗∗ V ∗
nicht zu unterscheiden brauchen.
• Liegt V dicht in H und ist V reflexiv, so liegt auch H ∗ dicht in V ∗ . Denn sei
v ∈ V und gelte hf, viV ∗ V = (f, v)H = 0 für alle f ∈ H ∼
= H ∗ , dann folgt v = 0.
172 Kapitel A. Mathematische Hilfsmittel
Wegen der Reflexivität von V ist daher jedes lineare, stetige Funktional, welches
für alle f ∈ H ∗ verschwindet, das Nullfunktional. Aus dem Satz von Hahn-Banach
(siehe [Wer05], Korallar III.1.9, Seite 99) folgt, dass dies nur möglich ist, wenn der
Abschluss von H ∗ bezüglich k · kV ∗ mit V ∗ übereinstimmt.
Wir gelangen zu V ֒→ H ∼ = H ∗ ֒→ V ∗ jeweils stetig und dicht. Gelegentlich sind bei ei-
nem Evolutionstripel die Einbettungen sogar kompakt. So gilt insbesondere: W01,2 (Ω) ֒→
L2 (Ω) ֒→ W −1,2 (Ω) jeweils kompakt und dicht.
(1) v ist die schwache n-te Ableitung von u gemäß Definition A.6.23.
Bemerkung A.6.25: Die Eindeutigkeit der verallgemeinerten Ableitung folgt aus dem
folgenden Fundamentallemma der Variationsrechnung (vergleiche hierzu [Zei90], Propo-
sition 23.18, Seite 419 ff.).
Satz A.6.26: Sei u ∈ L1loc (0, T ; X) und gelte für alle ϕ ∈ C0∞ (]0, T [)
Z T
u(t) ϕ(t) dt = 0.
0
Satz A.6.27: Seien u, v ∈ L1 (0, T ; X). Dann sind folgende Aussagen äquivalent:
(3) Für alle f ∈ X ∗ ist die reellwertige Funktion t 7→ hf, v(t)iX ∗ X verallgemeinerte
Ableitung von t 7→ hf, u(t)iX ∗ X :
d
hf, u(t)iX ∗ X = hf, v(t)iX ∗ X ∀ f ∈ X ∗ .
dt
Satz A.6.29: Seien V ⊂ H ⊂ V ∗ ein Evolutionstripel, 0 < T < ∞, 1 < p < ∞ sowie
1
p
+ 1q = 1.
(1) Versehen mit der Norm kukW 1,p (0,T ;V,H) wird W 1,p (0, T ; V, H) zu einem reflexiven
Banachraum.
(2) Die Einbettung W 1,p (0, T ; V, H) ⊂ C([0, T ]; H) ist stetig, d.h. es gibt ein c > 0,
so dass kukC([0,T ];H) ≤ c kukW 1,p(0,T ;V,H) für u ∈ W 1,p (0, T ; V, H). Ferner ist u ∈
W 1,p (0, T ; V, H) fast überall gleich einer Funktion aus C([0, T ]; H).
(5) Für alle u, v ∈ W 1,p (0, T ; V, H) und für fast alle t, s ∈ [0, T ] gilt die Formel der
partiellen Integration:
Z t ′
(u(t), v(t))H − (u(s), v(s))H = hu (τ ), v(τ )iV ∗ V + hv ′ (τ ), u(τ )iV ∗ V dτ.
s
d
ku(t)k2H = 2hu′ (t), u(t)iV ∗ V für fast alle t ∈]0, T [.
dt
(7) Die Funktion t 7→ (u(t), v(t))H ist absolut-stetig auf [0, T ] für u, v ∈ W 1,p (0, T ; V, H).
Beweis. siehe [Emm04], Kapitel 8, Seite 200 ff., [Gaj74], Kapitel 4.1.5, Seite 141 ff. und
vergleiche [Zei90], Kapitel 23
174 Kapitel A. Mathematische Hilfsmittel
A.6.7 Evolutionsgleichungen
Eine Evolutionsgleichung ist vor allem eine funktionalanalytische Formulierung zeitabhän-
giger partieller Differentialgleichungen. Sie ist keine abstrakte gewöhnliche Differential-
gleichung, da zwei Räume eine wesentliche Rolle spielen. Eine Lösung mit den allgemei-
nen Sätzen von Picard-Lindelöf oder Peano (vergleiche [Emm04], Kapitel 7) ist daher
nicht möglich.
u′′ + Au = g in V ∗
d2
(u(t), ϕ)H + h(Au)(t), ϕiV ∗ V = hf (t), ϕiV ∗ V
dt2
für alle ϕ ∈ V und für fast alle t ∈]0, T [ sowie u(0) = u0 in V und u′ (0) = u1 in
H.
B Bezeichnungen
B.1 Mathematische Bezeichnungen
∅ leere Menge
N Menge der natürlichen Zahlen
R Menge der reellen Zahlen
R+ Menge der positiven reellen Zahlen
R+0 Menge der nichtnegativen reellen Zahlen
Rm×n Raum der reellen m × n-Matrizen
xT Transposition des Vektors x ∈ Rn
n
kxk∞ Pn |xj | Maximumnorm des Vektors x ∈ R
:= maxj=1,...,n
x·y T
:= x y = i=1 xi yi Skalarprodukt der Vektoren x, y ∈ Rn
x×y Vektorprodukt
Pn der Vektoren x, y ∈ R3
xi yi := k=1 xk yk Einsteinsche Summenkonvention der Vektoren x, y ∈ Rn
Id Einheitsmatrix bzw. identischer Operator
diag(x1 , . . . , xn ) Diagonalmatrix mit Diagonalelementen
AT Transposition der Matrix A
A−1 Inverse der Matrix A
A−T Transposition der inversen Matrix A−1
det(A) Determinante
Pn einer quadratischen Matrix A
tr(A) := Pi=1 Aii Spur einer Matrix A
A:B := ni,j=1 Aij Bij = tr(AT B) Überschiebung der Matrizen A, B ∈ Rn×n
G Abschluss einer Menge G
◦
G Inneres einer Menge G
∂G Rand einer Menge G
span{G} lineare Hülle der Menge G
ν äußere Einheitsnormale bzgl. einer Menge G ⊂ Rn
Ω Gebiet des Rn
χG Charakteristische Funktion der Menge G
f (Ω) Bild der Menge Ω unter der Abbildung f
f −1 (Ω) Urbild der Menge Ω unter der Abbildung f
dim(X) Dimension des linearen Raumes X
L(X, Y ) Menge der linearen, stetigen Operatoren aus dem normierten Raum X
in den normierten Raum Y
L(X) := L(X, X)
X∗ := L(X, R) Dualraum des normierten Raumes X
δij (i, j ∈ N) Kronecker-Symbol, d.h. δii = 1 und δij = 0, falls i 6= j
∇ , ∂n )T Nabla-Operator
:= (∂1 , . . .
∂ui
grad(u) := ∇u := ∂xj
Gradient einer Abbildung u : Rn → Rn
i,j=1,...,n
∆ Laplace-Operator
P
div(u) := Pni=1 ∂i ui Divergenz eines Vektors u ∈ Rn
div(A) := ( ni=1 ∂i aki )k=1,...,n Divergenz einer Matrix A ∈ Rn×n
k · kX Norm in X
(·, ·)X Skalarprodukt in X
h·, ·iX ∗ X Duales Produkt bzw. Dualpaarung in X ∗ × X
C k,p Menge von Gebieten, deren Rand sich lokal als eine Funktion aus
C k,p darstellen lässt
180 Kapitel B. Bezeichnungen
S Spannungstensor
u [m] Verschiebungsvektor
F [N] äußere Kraft
f [N] Volumenkraft
g
ρ m3
Dichte
ε linearisierter Verzerrungstensor
Id Einheitstensor
S∗ Deviator des Tensors S
g
λ, µ m2
Lamé-Koeffizienten
g
K m2
Kompressionsmodul
g
E m2
Elastizitätsmodul
ν Poissonzahl
θ [K] Temperatur
θ0 [K] Referenztemperatur
α linearer Wärmeausdehnungskoeffizient
gm
κ s3 K
Wärmeleitfähigkeit
g
δ s3 K
Wärmeübergangskoeffizient
m2
ce s2 K
spezifische Wärmekapazität
m2
Li s2
latente Wärme der i-ten Phase
εET thermoelastischer Anteil des Verzerrungstensors
εIN inelastischer Anteil des Verzerrungstensors
εU P umwandlungsplastischer Anteil des Verzerrungstensors
Φi Sättigungsfunktion der i-ten Phase
Gi [MPa−1 ] Greenwood-Johnson-Parameter der UP
pi Phasenanteil der i-ten Phase
Literaturverzeichnis
[Ada03] R. A. Adams, J. J. F. Fournier, Sobolev Spaces, Pure and Applied Mathematics,
Volume 140, Academic Press, Elsevier Science Ltd., Second Edition 2003
[Ant01] H. Antes, Technische Mechanik II, Institut für angewandte Mechanik, Techni-
sche Universität Braunschweig, Vorlesungsskript, Sommersemester 2001
[Bra92] D. Braess, Finite Elemente - Theorie, schnelle Löser und Anwendungen in der
Elastizitätstheorie, Springer Verlag, 1992
181
182 Literaturverzeichnis
[Gaw86] J. Gawinecki, Existence, Uniqueness and Regularity of the Solution of the First
Boundary-Initial Value Problem for the Equations of Linear Thermo-Microelasticity,
Bulletin of the Polish Academy of Sciences, Technical Sciences, Volume 34, No. 7-8,
1986
[Lio69] J. L. Lions, Quelques méthodes de résolution des problèmes aux limites non
linéaires, Dunod Gauthier-Villars, Paris 1969
[Nat75] I. P. Natanson, Theorie der Funktionen einer reellen Veränderlichen, Verlag Har-
ri Deutsch, 4. Auflage, 1975
[Zei90] E. Zeidler, Nonlinear Functional Analysis and its Applications II/A - Linear
Monotone Operators, Springer Verlag, 1990