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ATOM- UND KERNPHYSIK

Aufbau des Atoms

Der innere Aufbau der Atome wird


heute mit riesigen Apparaten unter-
sucht, in denen auf kilometerlan-
gen Strecken winzige Atome und
Elektronen beschleunigt werden.
Mit Geschwindigkeiten nahe der
Lichtgeschwindi gkeit prallen die
Teilchen aut'einander und zerplat-
zen in ihre Bestandteile. Diese
Bestandteile werden von Detek-
toren aufgefangel und registriert.
BikI'l.1 zeigt einen hausgroßen
Detektor aus dem Deutschen Elek-
tronen-Synchrotron, genannt
DESI in Hamburg.

m Jahr 1898 hat der englische Physiker ERNEST RurHERFono Teilchen


T
I entdeckt. die beim radioaktiven Zedall entstehen und aus dem radioak-
tiven Material wie winzige Geschosse herausfliegen. Wenn diese aufeinen
Schirm aus Zinksulfid auftreffen, machen sie einen ganz kleinen Lichr-
blitz. RUTHERFoRD hat diese Teilchen auch chemisch untersucht und dabei
festgestellt, dass sie elektrisch geladene Atome des Cases Helium sind; sie
werdet Alp hat eilchen genannt.
RUTHERFoRD ließ seine Mitarbeiter H,cNs GETGER und ERNEsT MlnstrN
eine sehr dünne Goldfolie mit einem eng begrenztefl Strahl von Alpha-
teilchen beschießen. t3
Monatelang beobachteten die beiden Forscher durch ein Mikroskop hin-
durch, wo die Alphateilchen auf dem Schirm auftreffen. Die allermeisten
Teilchen gingen durch die Goldfolie hindurch, als wäre sie gar nicht da.
I ERNEST Ru rHErüoRD (11i71 1937) Das war völlig überaschend! Einige Alphateilchen wurden ein wenig
seitlich abgelenkt. Ganz selten kam es vor, dass ein Alphateilchen um 90o
oder sogar noch mehr abgelenkt wurde oder gar zurückprallte.

Sheuexperiment von Rururtnono (191 1)


In der dosenförmigen, luftleer gepumpten Kammer be-
finden sich:
A Alphastrahler in einer Bleiabschirmung mit kteiner,
schmaler Öfthung
B Goldfolie, nur etwa 1000 Atomlagen dick; streut
die Alphastrahlung in alle Richtungen
C Zähler mit Mikoskop, mit dem die Lichtblitze auf
dem Zinksullidschirm (D) beobachtet wurden
(Zähler mit Mikroskop konnte um die Folie herum-
I Pr'inzip des Streucxperiments von RUtHERFoRD geschwenkt werden.) (,) ot+'r
Aufbau des Atoms 1,7

GRUNDLAGEN: Das Atom ist weitgehend leer!

Ru'THERFoRD
dass jedes
und die Physiker am Beginn des 20. Jahrhunderts wussten,
Atom eine typische Anzahl Elektronen enthält. Da jedes Atom
elektrisch neutral ist, muss im Atom auch positive Ladung sein, und zwar
genauso viel positive wie negative Ladung. Ungeklärt war die Frage, wie
die positive Ladung im Atom verteilt ist.1-l
Auf diese Frage hat ERNEST RUTHERFoRD mit seinem Experiment l9l I
die Antwofi gefunden:
ooo
glejchmä,lig :ihnlich
verteilt)
wie
in cincm
Punkl
Elcktonen? konzennicrl'l

I Wo ist die positive Ladung (r'ot)


Die positive Ladung und auch die Masse des Atoms sind in einem sehr imAlom?
kteinen Bereich konzentriert, im Atomkern. Ansonsten ist das
Atom - bis auf die winzigen Elektronen - vöttig teer. Hat ein gela-
denes Atom gar keine Etektronen, bteibt nur der Kern.

Wenn ein positiv geladener Gegenstand einem ebenfalls positiv geladenen


Gegenstand genähert wird, stoßen sie sich ab -je näher sie sich kommen,
desto mehr Da in der Goldfolie die Goldatome t'est sind, werden nur die 7F 'r't
positiven Alphateilchen aus ihrer geraden Bahn abgelenkt. RUTHERFoRD
E S6§ t3-t
.!*{f^l;t-t
hat diese Ablenkung berechret: Je geringer die Ablenkung, desto kleiner
muss der Kern sein. Bis 1913 haben Rutggrroro und seine Mitarbeiter n {n t
immer genauer die Anzahl der abgelenkten Alphateilchen gezählt und die
Ablenkungswinkel g"."s"n. 17
ħ
Das Ergebnis der Messungen und der Berechnung stimmten hervoragend
überein: Der Atomradius ist etwa 100000-mal größer als der Atomkem.
Bis heute hat sich an diesem Modell des AtomauJbaus aus Kern und Elek-
;,s;
tronen nichts geändert.
Die Elektronen halten sich in der Umgebung des Kems auf (ähnlich wie
Bienen, die ihre Königin umschwärmen) und bilden eine Art Hülle, auch
Atonhülle getl.anr:.t. Diese Atomhülle hat verschiedene typische Gestalten,
abhängig vom Energiezustand des Atoms. @ OtZ-t S Bienenkönigin im Schwarm

6 Annahme massiver Atome: Die Richtung der eingeschos 7 Atome aus einen Kem und einel fast leeren Hüile: Die
senen Teilchen Cmdelt sich stark. meisten Teilchen werden gar nicht abgelenkt, einigejedoch
stark.
Schon gewusst?

RurHERroRDs Untersuchungen sind ein Musterbeispiel naturwissenschaf t-


lichen Arbeitens:
i'r = 10 lo rn
l. Überraschende Beobachtung: Alphateilchen werden selten abgelenkt:
Hypothese: positiy geladener Kem muss klein sein
lx" l0 14nr
2. ModelVRechnung: Ablenkung als FrLnktion des Abstands vom Kem
3. Messungen: Häufrgkeit und Winkel der Ablenkungen
4. Hypothese bestätigen: Radius des Atomkems bestimmen
ATOM- UND KERNPHYSIK
. :.. .:i:

-
GRUNDLAGEN: DerAtomkern

RUTHERFoRD hat den Atornkem des kleinsten und leichtesten Atoms - das
ist das Wasserstoffatom - Proton genannt. Däs Proton ist genauso stark ge-
laden wie das Elektron, allerdings positiv, aber es hat eine etwa 2000-fach
größere Masse als das Elektron:

trägt die Elementarlädung e+, sein Radius beträgt etwa


es hat eine Masse von mo=1,67 .lO-27 kg.

r)
Hclium:
2 Protonen.
2 Neutonc Schon das nächstgröf3ere Atom, das Heliumatom, ist nicht doppelt, son-
dern etwa viennal so schwer wie das Wasserstoffatom. obwohl sein Kem
zweifach geladen ist, also nur zwei Protonen enthält. Der Atomkem des

s Heliumatoms muss also aus weiteren Bausteinen bestehen, die nicht gela-
den sind. Diese Bausteine uerden Neulronen genannt.

Neutronen haben keine Ladung und häben etwa dre g


und den gleichen Radius wie das Proton.

ffi Eiscn:
26 Prolonen,
30 Neutrore
Die Atomkerne aller chemischen Elemente bestehel aus einer bestimmten
Anzahl von Protonen und Neukonen. In der Atomhülle des neutralen
Atoms sind gerade so viele Elektronen wie Protonen im Kern. Aufgrund
ihres chemischen Verhaltens können sämtliche bekannten Elemente in
Zusammensetzung einiger Keme einer Tabelle, dem Periodensystem der Elemente, geordnet werden.

E basisch
I
llJLnr
I basisch/sauer

ffi s:ruer

E
!
keine Oxide i r;_l -
lt I un,p,
I I
Haupl
rrlelgase
lT:l L
Ordnungszal Z
= Anzal dcr Protonen
imAtomkern
= Kemladüngszahl
-
-
F:1
lltri Li l";
ll
= Anzahl der Elekronen
in der Hülle
I
Nr]
ffi
Ausschnitt aus dem Periodensystem der Elemente .:"') o2o-l

G RU N DLAG EN : Elementarteilchen

e, Das Neuffon kann in ein Proton und ein Elektron zetfallen: Bei diesem
Plozess stimmt die Bilanz der Ladungen vor und nach dem Zerfall, denn
.i_'
deren Summe isl null. uher die Encrgie- und lmpulsbilanzen :'timmen
nicht. Darum hat WoLrc^NG Pe.ut"r 1931 ein weiteres kleines Teilchen
ohne Ladung, das Neturino, vorausgesagt; erst 1956 wurde die Existenz
dcs Neuftinos experimentell bestütigt. ^-l
n-)p++e +v'
ATOM- UND KERNPHYSIK

Zerfa[[ von Atomkernen - Radioaktivität


Öui. die mumifiziene Leiche aus
den Gletscher der Ötztaler Alpen,
ist etwa 5300 Jahre tot! Wie kann
man das heute so genau wissen'l
Jedes Lebewesen besteht aus Zel-
len. die zum erheblichen Teil aus
Kohlenstoffrnolekülen aufgebaut
sind. I,eben bedeutet ständiger
Aufbau und Abbau der Zellen. Mit
dem Tod endet dieser Prozess. ln]
Vergleich zu den Lebenden ändert
sich nun die Zusammensetzung des
Kohlenstoffs, weil einige Kohlen-
stoffätome radioaktiv zerfallen.
also deren Anzahl abnimmt: eine
Anpassung an die Umgebung ist ja
nicht mehr möglich. (.1 oza-t

m 1

hie Kerne der Kohlenstoflltome C bestehen aus 6 Protonen und 6 Neu-

e e ,,f*
lJoon"n, atso aus l2 Nukleonen, so werden die Kembausteine genannt.
Der Kern des Wasseßtoffatoms H besteht nur aus einem einzigen Proton.
I
Darum sollte I mol Kohienstoff exakt die l2-fache Masse von l mol Was-
lH ?H iH serstoff haben. Genaue Messungen des Atomgewichts von Kohlenstoff
ergeben jedoch 12,01 1g pro mol.
Atome mitAtomkernen, die 6 Protonen enthalten, yerhalten sich chemisch
*,
( .,'
ü-o(E
\. .,
wie Kohlenstoff, die Anzahl der Neutronen spielt dabei kaum eine Rolle.
Tatsächlich haben l,l7o der Kerne von natürlichem Kohlenstoff 7 Neu-
tlonen und sehr, sebr wenige 8 Neutronen. Der Atomkern mit i[sgesamt
ls. lH. lH"
14 Nukleonen, C-14 oder genauer fC genannt, ist njcht stabil und wan
I Kerne und ihre Kennzeichnung delt sich in Stickstoff um. dessen Kern 7 Protonen und 7 Neutonen ent-
hält. Bei diesem Prozess wird radioaktive Strahlung ausgesandt.
Schon gewusst? Atomkerne werde.n durch die Anzahl der Protonen Z und die Anzahl der
Neutronen N gekennzeichnet- Als Natlid bezeichnet man eine Sorte von
Man kennzeichnet den Atoml<ern Atomkernen. die eine feste Protonenanzahl Z und unterschiedliche Neu-
des Stoffes X durch die Summe tronenanzahl N baben; man spricht auch von Isotopen eines chemischel
der Nukleonen A =Z+N und die Eiements. In der Nuklidkarte stehen die Isotope nebeneinander. T3. An-
Protonenatzahl Z: !_X oder ein-
fach AX bzw. X-A.
A wird agch als Massenzahl und Z EI
als Kernladungszahl bezeichnet. : -I
Auf der Nuklidkarte werden die
Isotope aller chemischen Ele-
;l
mente in einer Tabelle dargestellt:
Nach rechts wird die Anzahl der i .l
Neutronen, nach oben die Anzahl 5 Anmhl der Nerroncn
der Protonen aufgetragen. 13.
Ausschnitl aus der Nuklidkarle
28 ATOM. UND KERNPHYSI(

G RU N DLAG E N : Radioaktivität

Seit etwas mehr als hundert Jahren ist bekarnt, dass sich die Atome einiger
Stoffe von selbst in einen anderen Stoff umwandeln und dabei energie-
reiche Strahlung aussenden. Diese Strahlung kann Röntgenlilme schwär-
zen. MARrE und PTERRE CURrE untersuchten Mineralien, die solche Strah-
lung aussenden, genauer und entdeckten dabei 1898 zwei bis dahin
unbekarnte chemische Elemente- die sie Polonium und Radium nannten.
Die Strahlungserscheinung bezeichneten sie als ,,Radioaktivität". Die ra-
--------T___-_-r+ dioaktiven Atomkerne werden Radionuklide genannt.
561
Anzlhl der Neutonen
Es gibt drei wichtige Arten von Kemstuahlung: Alpha-, Beta- und Gamma-
I Ein Radionuklid kanll in ein anderes strahlung.
Radionuklid zerfaiien und dabei wer-
den entweder ein Elektron (ß ), cin Alphastrahlung Die a-Strahlung besteht aus doppelt positiv geladenen
Heliumkem («). ein Positron (ß+). ein Heliumkernen. Bei einem a-Zerfall verringert sich die Kernladungszahl
Neutron (n) oder ein Proton (p) abge des Radionuklids um den Wert 2 und seine Massenzahl um den Wert 4-
geben: fast beijedem Prozess entsteht
Polonium-210 wandelt sich z.B. in Blei um.12
auch cinc typische 1-Strahlung.
In dem Ausschnitt aus der NuklidkMe 11 findet man das o-Zerfallsprodukt
zwei Reihen tiefer und zwei Kästcher weiter links; dieses Nuklid ist oft
selbst nicht stabil !

Fitu einen Zerfall kann man eire Zerfallsgleichung angeben. Für Poloni-
um-2l0lautet sie: 2l!ro -+'z!!ru + j«.
:llPo - r!! Ph + !«
Betastrahlung J3-Strahlung besteht aus einem mit hoher Geschwindigkeit
fliegenden Elektron. Dieses Elektron entsteht im Atomkem, wenn sich eir
« TeilcheD Neutron in ein Proton umwandelt; das entstehende Elekhon verlässt das
Atom. Da das entstandene Proton im Kem verbleibt, erhöht sich die Kem-
I Beispiel fur Zcrfall mit o-Strahlutrg ladungszahl des neu entstandenen Nuklids um den Wert l. Die Massenzahl
bleibt erhalten, weil sich die Anzahl der Kernteilchen insgesamt nicht ver-
ändert hat.
In dem Ausschnitt aus der Nuklidkarte findet man dieses Nuklid in der
Reihe darüber und ein Kästchen nach links verschoben. 1l
t1C wandelt sich in das srabile l1N um, aus Kohlenstoff wird Stickstoff

$'. rlc - rlN + !i und sendet ein Elektron aus. I l

Gammastrahlung Die y-Skahlurg ist eine energiereiche elektromagne-


tische Strahlung, die in einzelnen Energieportionen, Energiequanten,
o Elektron
abgegeben wird. Auch das sichtbare Licht verhält sich wie elektromagne-
I Beispiel 1ür Zedall mit ß-Stlahlung tische Strahlung, seine Energiequanten haben aber eine viel geringere
Energie.
.4\.r,-
Bei der Abgabe von 1-Stratrlung bleiben die Kernladungs- und die Mas-
r1o?r
'-* senzahl gleich; es ?indert sich jedoch der Energiezustand des Atomkerns,
'l.l
g, f+
a die Energie des Atomterns nimmt ab.
Die fstrahlung tritt häufig gleichzeitig mit der n- und B-Strahlung aufund
hat eine für den Stoff typische Energie, an der man - mit einem Messgerät
:,;8" .jBr + '
ftir Strahlungsenergie den Stoff sogar erkennen kann.

Einiqe Atomkerne wandeln sich spontan in andere Atomkerne um.


., Strahtune.
Dabei senden sie Alpha-, Beta- oder Gammastrahlung aus. Diese Eigen-
I Beispiel tijr Zerläll mit l-Sffahlung schaft bezeichnet man als natürliche Radioaktivität. @ 02s-1
30 ATO i\4 - UND KERNPHYSIK

Aufgobe

1 Nachweis von Radioaktivität 1l Zwei Hörnerelektroden sind gerade so weit vonei-


a Der Metallteller aufeinem Elektroskop rvird ein- nander entf'emt, dass die Hochspannung zwischen
mal positiv. einnral negativ aulgeladen. O ihnen noch nicht für'einen Funkenüberschlag
Was kannst du jeweils beobachten. wenn ein radio- (,,Blitz") ausreicbt. Tl Nun richtet der Lehrer ein
aktives Präparat in die Nähe des Teilers gebracht radioaktives Präpalat auf die Strecke zwischen den
wird? O beiden Elektroden - und schon geht's los!
Versuche deine Beobachtungen zu Wie kannst du deine Beobachtung erklliren?

a 6finon*h aulEeladener
@

GRUNDLAGEN: Die Strahlung radioaktiyer Körper ionisiert


Elckirodc

Pftiparat Die energiereiche Stahlung radioaktiver Körper ist in der Lage, Elektronen
l2mm aus den Atomhüllen von Luftmolekülen zu ,,schlagen". Es stehen dann fteie
Elekaonen und positiv geladene Ionen (Atome mit Elektronenmangel) als
Ladungsffäger fü einen elektrischen Strom zur Verfügung.13
Die ionisierende Wirkung ist nicht auf Gase beschränkt: Strahlung radioak-
tiver Köryer kann die Moleküle in einem Film ionisieren und dadurch eine
chemische Reaktion auslösen, die zur Schwärzung des Bildes führt.

Die Strahlung radioaktiver Körper kann Materie ionisieren. Diese Eigen-


schaft wird verwendet, um die Strahlung nachzuweisen.

Beispiel: Die lonisationskamnxer ist ein Nachweisgerät für die Strahlung


Cittedcnster radioaktiver Körper. Sie besteht aus einer Metalldose mit einem ,,Gitter
fensler" und einem Metalltetler. 1l
Fä111 die Strahlung eines radioaktiven Körpers durch das Gittedenster in
die Kammer ein, werden Moleküle des eingeschlossenen Gases ionisiert.
Die freigesetzten Elektronen werden durch das elektrische Feld zum posi-
tiven Metallteller (Anode) hin beschleunigt, die positiven Gas-Ionen zur
negativen Metallwand (Katode) hin. lm Stromkeis kommt es zu einem
geringen elektrischen Sffom, der mit einem Messverstärker gemessen
wird. Durch geeignete Wahl der Spannung zwischen Anode und Katode
0 v eneicht man, dass im Mittel alle freigesetzten Elektuonen die Anode errei-
?"
250
chen und nicht unterwegs von Gas-Ionen ,singefangen" werden. In die-
I lr-'-r I I

Ail
ilL- ,t c§I
I

I
sem Fall ist die Stromstifke proportional zur Energie der Strahlung, die
pro Sekunde einfällt.

I :-r -l
ll
_.1
I
Schon MARrE und PIERRE CURIE verwendeten bei der Entdeckung des Po-
loniums uncl Racliums eire Art dcr Ionisationskatnmer 010 I
-l Ionisationskammer (Prinzip)
ZerfaI von Atomkernen - Radioaktivität i 31.

Aus der Messtechnik Geigerzähler

Geigerzähler gibt es in vielen Austtihrungen für unter- ionisieren. Die dabei freigesetzten Elektronen ionisie-
schiedlichc Einsatzbereiche. j.r, Sie funktionicren ren weitere Gasatome usw. Ein einziges fteigesetztes
ähnlich wie einc Ionisationskammer" haben aber eire Elektron kann somit ehe wahre ,,Ionisationslawine"
hiihere Betriebsspannung.
ti Da<lurch uerden die von und damit einen elektrischen Impuls auslösen, der vom
der eintällelcien Strahlung freigesetzten Elektronen Zäbler regisriert wird. Bei manchen Geräten können
auf ihrem Weg zum positiv geladenen Metfllldraht diese elektrischen lmpulse über einen Lautsprecher als
(Anode) so schnell, dass sie selbst weitere Gasatome Knacken hörbar gemacht werden.

Metlrllrohr (Katode)
Metalldrahl (Anode)

Geigerzähler für das Militiü 6 Uhr mit Geigen zihler Prinzip des Z?ihlrohrs

Aus der Geschichte Nebelkammern

Die Abgasstahlen eines Düsenflugzeugs in großer radioaktiven Körpers in die Kammel so ionisiert sie
Höhe werden sichtbar, weil Wasserdampf an den von Luftmoleküle. Die Ionen wirken als Kondensations-
den Turbinen ausgestoßenen Rußteilchen kondensien. keime. Die Nebelspuren veraten den Weg der Strah-
Auf ähnliche Weise kanr man die Strahlung radioak- lung <1urch die Nebelkammer.lg
tiver Körper in einer Nebelkummer nachweisen. Die Diffusionsnebelkammer ist etwas aufwendiger.
I9ll baute der Amerikaner Cu,rtlns Wtt.sor (1869 Ihr Boden wird durch gefiorenes Kohlenstoffdioxid
bis 1959) die erste funktionstüchtige Nebelkammer, (,,Trockeneis") abgekühlt.'l l 0
1927 erhielt er dat'ür den Nobelpreis.18 Alkohol verdunstet aus einer beheizbaren Rinne am
In der Kammer ist ein völlig staubfreies Gemisch aus Deckel des Glaskastens und breitet sich als Dampf
Luft und Dampl (Wasser oder Alkoholdampf) einge- in der ganzen Kammer aus. In Bodennähe kühlt
schlossen. Wenn sich der Dampf in der Kammer durch der Dampf unter seine Kondensationstemperatur äb,
Loslassen des zuvor zusammengedrückten Ballons ohne zu kondensieren.
,,schlagartig" ausdehnt, kühlt er unter seine Kondensa- Nebelkammern werden heutzutage nur noch zu De-
tionstemperatur äb, ohne zu kondensieren: Jetzt ist die monstrationszwecken eingesetzt. Für moderne For-
Nebelkammer,,einsatzbereit". Fällt Strahlung eines schungsanlagen sind sie zu ungenau. (:) 031-l

Alkohol verdunstet. Rinne mitAlkohol

*tffi 1ösung

't\ .. -.. .:

_,r1. F-'\3_
ut-

\\- ii11,

Präparat
Trockencis
zum Kühlcr
8 Nebel- Nebelspuren ionisiercnder Strahlung Diftusions ncbelkamrner
kammer
(wll-soN)

]-_
32 ATO!1- I-,]N D KERNPHYSIK

Expeiment
I Messung€n mit dem Geigerzähler 11.1 innerhalb von 10s und I min? Notiere deine Ergeb-
a Richte das ZähLohr auf verschiedene Gegenstände: nisse in einer Tabelle und wiederhole die einzelnen
den Tisch, die Wände, Fliesen, Steine, den Glüh- Messungen jeweils 5-mal.
strumpf einer Gaslateme, Urangestein . .. (in der b Entfeme alle radioaktiven Gegenstände so weit wie
Physiksammlung wird es bestimmt noch mehr möglich aus der Umgebung des Z:ihlrohs. Jetzt
Gegenstände für diesen Zweck geben)- dürfte das Zählrohr eigentlich nichts mehr anzeigen
Wie viele Irnpulse registriert das Zählrohrjeweils oder doch'l Probiere es ausl

Im Schutunterricht dürfen nur radioaktive


Präparate verwendet werden, die nach der
StrahLensch utzverordnun g für Demonstrations-
experimente zugetassen sind. Djese Präparate
sind schwach radioaktiv und befinden sich
in schutzummantelten Gefäßen, aus denen sie
nur für die - mögtichst kurze! - Experiment-
dauer herausgenom men werden dürfen.
Anschtießend müssen die Präparate sofort
wieder in den Schutzgefäßen verwahrt werden.
Nach Experimenten mit radioaktiven Präpara-
ten Hände qründtich waschenl
0ffene Strahter wie z. B. radioaktives Gestein
nie mit bloßen Händen anfassen!

I Sicherheitshinweise: Umgang mit radioaktiven Präpamten

G RU N DLAG EN : Radioaktivität - überall


Wir sind ständig von Radioaktivitait umgeben. Einige Beispiele:
- Aus dem Erdboden entweicht das radioaktive Gas Radon,
- Mehrere Gesteine, darunter Marmor und Granit, elthalten in geringen
Mengen radioaktives Uran.
6
5 - In der Luft und in allen Lebewesen ist neben dem stuablungsfreien Koh-
-1 lenstoffisotop tiC in geringen Mengen auch das radioaktive Isotop rlC
l enthalten.
l
I
0
Strahlung radioaktiver Körper erreicht uns überall und ständig aus
-r .1 5678 Boden, Wasser und Luft sowie aus dem Weltraum. Diese ,,Hinter-
Messung grundstrahtung" macht sich bei Messungen stets bemerkbar: Man
spricht vom NuuefIekt.

l0 Wie groß der Nulleffekt ist, hängt vom Ort der Messung uDd von der Bau
t5 weise des Messgeräts ab. Bei einer kurzen Messdauer yon z. B. A, = l0 s
20 schwankt die Anzahl r der mit dem Geigerzähler registrierten Impulse
t5
zum Teil erheblich. Bei zunehmender Messdauer fallen die Schwankungen
t0
5
immer weniger ins Gewicht und mal] erhält eine alrnähernd konstante
0 lmpulsrate
ft. l3
Bei Messungen zur radioaktiven Belastung oder Aktivität eines radioak
Messung
tiven Präparats muss die Nulhate gemessen und dann von der Messrate
I Nullelfekt abgezrgen werden. 0rl I
34 ATOM- UND KERNPHYSIK

GRUNDLAGEN: Eigenschaften der Kernstrahlung

Halbwertsdicke Werden zwischen den radioaktiven Stoff und das Zäl -


rohr unterschiedlich dicke Platten aus verschiedenen Materialien gebracht,
werden die verschiedenen Arten der Kemstrahlung unterschiedlich stark
abgeschwächt. tl
Die G Strahlung wird bereits vor Papier vollstaindig absorbiert und ihre
Reichweite betuägt in Luft nur wenige Zentimeter.
Das Durchdringungsvermögen von $ Strahlung ist ebenfalls gering: Durch
Aluminiumplatten von einigen Millimetem Dicke wird sie praktisch voll-
ständig absorbiert.
Die 1-Strahlung dagegen wird auch von Bleiplatten oder Betonwänden nur
gerilgfügig absorbiert: Die Halbwertsdicke gibt an, bei welcher Material
sütke die Zähhate halbiert wird (siehe Tabelle).

Gammastrahlung wird beim Durchdringen von Stoffen viel weniger


abgeschwächt als Atpha- und Betastrah[ung.

Halbwertszeit In der Natur entstsht beim Zerfall eines Atoms urter Aus-
sendung von Kemstuahlung ein neuer Atomkem, der selbst wieder radio-
aktiv und damit instabil sein kann. Der Zedall setzt sich so lange fort, bis
Halbwertsdicken tür y-Slrahlung ein stabiler Kem entstanden ist.
Der Zeitpunkt des Zefalls von einzelnsn radioaktiven Atomkemen ist
I -uti 12 000 cm nicht Yorhersehbar. Man kann diesen Zeitpunkt auch nicht durch die
1,1cm
Veränderung von äußeren Bedingungen wie Luftdruck oder Temperatur
Bcton 9cm
beeinflussen.
Blei l,4cm
Die Anzahl der jn einer Sekunde zerlallenden Keme eines Stoffes hängt
N Anzahl der Zeriällc pro Minute von der Anzahl der instabilen Kerne ab, die gerade noch vorhanden war: In
Ist die Anzahl der instabilen Kerne halb so groß, gibt es auch nur halb so Iu
viele Zedälle. Wenn man nun die Zeit misst, in der dieAnzahl der Zedälle
pro Sekunde auf die Hälfte abgenommen hat, weiß man, dass nun nur noch
die Hälfte der ursprünglichen Anzahl instabiler Keme in dem Stoff ist.
Diese Zeit bezeichnet man als Halbwertszeit Tr/2. Die Halbwertszeiten 1
verschiedener Nuklide können zwischen wenigen Sekunden und mehreren
Milliarden Jahren betragen (tTabelle, folgende Seite). 2

Die Anzaht der Kerneiines radioaktiven Nuktids hatbiert sich in im-


mer derselben Zeit. Diese Zeit heißt Hatbwertszeit f1l2, sie ist eine
charakteristische Größe des radioaktiven Nuklids. J

Zerfallsgesetz Kennt man die Anzahl der Keme No eines bestimmten


radioaktiven Nuklids zu einem festen Zeitpunkt, so lässt sich mithilfe
3 rirmin der Halbwerlszeit des Nuklids die Anzahl der Kerne berechnen:

N(t) Anzahl der Keme zt$ Zeit t


N(,)=N, (+)7; No Anzahl der Keme zu Beginn
7112 Halbwertszeit des Nuklids

Weil die Variable r in dieser Gleichung im Exponenter steht, spricht man


auch votr Exponentialgesetz des radioaktiven Zerfalls. .-j' o:+-r
.'. .cn Atomkernen - Radioaktivität 35

: .:i!ität Eine raclioaktivc Probe sendet Strahlung nach allen Richtungen Halb\\'e11szeiten cini-qeI Nuklide
'-
r .llc -\nzahl del Kernc zu lllessen. dic dabei in eincr bestilrnltcn
, ::tuilcn. müsste rran dic Probe allseitiS Init Nachweisinstrumenten Bor 12 0.01 Sekunden
-.^:n. die jcclcs itrLsgesandte StrahlLulgsteilchen registrieren Es ließe Radon 220 55.6 Sckunden
. : ..Stilke" einer rldioaktiven Quclle ilie A&llL'ltlil bestimmen. Raclon 222 3.825 Trge
Iod-131 8,0,1Ta-qe
Zlnk 65 25t) tage
rAktivität einer Probe gibt an, wie viete radioaktive Zerfälte pro
Coball-60 5.3 Jahrc
t in ihr stattfinden. Die Einheit der Aktivität ist Becqueret (Bq), Radium 216 I 600.lahre
s= 1s-1. Kol enstoil-l.l 5 730 Jahre
Plutonium239 2.1390lahrc
: rn:rabilen Kerne C-1.1belrägt die Halbwcrlszeit I,,,=5730 Jahre. Llran'235 7001vlio. Jtrhre
- - : :-,urrillzierten Leiche Ötzi bcträgt die Zählratc Yon I g C- 1:l hctrte Uran 238 .1.5 !Ird. Jahrc

:l;. hei heutc lcbenden N{etrschen jcdoch 0.23Bq: Dic Zähirate hat
,irl gauz halbiert, alsu ist Ötzi noch nichL ganz eine Halb*'eltszeit
- t . .r 5-i00 Jrhre.

::.:nkung im Magnetfetd Die Elektrorren clcr $-Strahlung §crden in


- : \1.r-cnetfeld abgelenkt. ri-Strahlung besteht aus positiv -uelatlcnen
- ::.:r'ncn und wild il demselbcn Feld genau entgegengesetzt zur
: .: ung abgelenkL. ', Strahlurrg *ird nicht abgelenkt. da sie nichl aus
.: .('ildener fet lehitt bcrlcltt.

Ginem i4ägnetfetd werden o,- und ß-Strahlung abgetenkt, T-strah-


E richt.
Aufgaben

Beschreibe den Aufbau eines Atomkerns mithilfe 7 lntbrmiere dich über das Leben von HrNtt
Jer Kemladungs- und der Massenzahl. BecqusnEI- und Mlntl Cunm.
{us §ie vielen Protonen. Neutonen und Elektro- a Was fühfie zu BECeUEREL§ Entdeckung einer bis
*n trestehen die neutralen Atome. deren Keme dahin unbekannten Str ahlung?
forch die folgenden Symbole gekennzeichnet sind? b Woraus resultied das hohe Ansehen der Forsche-
;H. ,39Pb, ,338i, ,3;u rin MARIL CURrE bis in unsere heutige Zeit?
'äc, ?lAL
Bei der Umwandlung von Atomkemen kann Kern- 8 In der Probe eines Schädelknochens wird eine auf
*ahlung ausgesendet werden. Beschreibe, wie sich 1/50 des Atfangswertes zuückgegangene Kon-
r:C festgestellt. Schätze
<il Kem beim Aussenden von c , ß- und l-Strah- zentration des Nuklids
hms rerändefi. das Alter des Schädels.
flas Kol enstoffisotop C-14 wändelt sich unter 9 Mit einel1r Ceiger-Mül1er Zählrohr werden an
-\Liiendung von ß-Strahlung in Stickstoff um. einem Nuklid mit langer Halbwertszeit Impuls-
Stelle die Kemreaktionsgleichung auf. raten gemessen. Begründe, dass die Messwerte
Ertämere die Gleichung 2fr§«a -+ 2!!Rn+{cr+y. bei kulzen Messzeiten sttuker schwanken als bei
Z.um l{achweis der Radioaktivität wird ein Präparat langen Messzeiten.
mmitrelbar in die Nähe eines geladenen Elek- 10 Das Bleinuklid']l!Pb krurn sowoht o.- als auch
Etsliops gebracht. Was kannst du am Elektroskop 13 Strahlung aussenden. Welche Elemelte entste-

Letrüachten ? Erkläre die Beobachtung. hen jeweils beim ZerläJl?


36 AToM- uND KERNPHYSIK Zer

GRUNDLAGEN: Kernspaltung

Im Jahr 1938 machten Orro HAHN. FRrrz S rxelmNN undLrsE METTNER Ke


eine für die Menschheit folgenreiche Entdeckung. HenN und SrnenurNN Ke
hatten Uranatome mit langsamen Neutronen beschossen. Bei der Untersu- En,
chung der Reaktionsprodukte fanden sie Spuren der Elemente Barium und Ke
K$,pton. LIsE MtstrNm, 1938 wegen der Judenverfolgung in Deutschland ker
nach Schweden emigrien, fand die Erklärung: Durch Neutroneneinfang inn
werden die Urankeme in zwei rnittelschwere Kerne gespalten, und dabei
werden 2 bis 3 Neutlonen freigesetzt. Diese Kernspaltung wird heute so Sie
geschrieben. nobei del Kerr 2l!U nur sehr kurz enrstcht: Kei
2llu'In -,'z;i u -+ :l K-.+ rtäBa+3.In+2 l0Mev Ge.
LrsE METNDR (1878 1968) Würde man den Urankern auf die eine Schale einer Waage legen und auf
die andere Seite die Spaltprodukte, dann würden die Spaltprodukte leich- Da:
ter als der Urankern seini pro kg Umn-235 t'ehlen etwa 0,89. Die fehlende der
Masse steckt in der Bewegungsenergie der Spaltprodukte, die dann durch Ein
Reibung im Material in innere Energie umgewandelt wird. Mit E=zr.c2 Ab
findet man E=20 106kW.h pro kg Uran-235. bis
In
ffi$',," Cän Kettenreaktion Bei der Spaltung eines Urankerns entstehen 3 Neutronen.

, t.1
ffiffi Jedes dieser Neutronen ist selbst wieder in der Lage, einen Urankem zu
spalten. Dabei entstehen insgesamt 9 Neutronen, in der nächsten Stufe 27
usw. Die Anzahl der Kernspaltungen erhöht sich lawinenartig, wobei eine
sehr große Energie in kürzester Zeit freigesetzt wird. Es eotsteht eine un-

;-. FÄ,, gesteue e Kettenreaktion. 'l.2..1 i

I Modellvorstellung zur Spaltung @


von 2l!U: Uran-235 wandelt sich nach @
dem Aultreffen eines langsamen Neu-
ftons zunächst in den Zwischenkern
@- @ '@
Uran-236 um. Dieser zerfüllt nach nur
@ @ ,ss
sehr kufler Lebensdauer von ungeführ
l() ras in Krypton-8g und Btrium-144
sowie drei Neutronen.
@
,i*{
rp @@ @ @ @@ @ der
@ &@ ,s@ &@ ffi@ @ w@@ @ verl
lun;
Damit diese Kettenreaktion ausgelöst wird, dürfen nur wenige Neutronen das
entweicher. Dafür ist eine genügend große, möglichst kugelförmige Mas Strr
se spaltbaren Materials erforderlich. Diese Mindestmasse wird /<ritisc&e bet(
M4,iJe genannt. Bei Uran-235 beträgt die kritische Masse für eine Kugel fön
mit dem Radius von 8,5 crn ungefähr 50kg. soll
Die bei der Spaltung entslehenden Neutronen haben eine so grolle Ener- Ste
gie, dass sie nicht die Nachbaratome spalten können. Durch ein geeignetes Mil
Mittel, den so genanntel Moderuto\ werden sie abgebremst. Meistens tior
wird Wasser als Moderator venvendet. fah

Bel

-+ Kcrnspaltung mit verheerenden ker
Folgen: Atombombenexplosion am alir
9. August 1945 in Nagasaki ,.t I O:O-t t'ah
Zerfull von Atomkernen - Radioaktivität 37

Aus der Technik Kernkraftwerk

Kemkraftwerke sind Wärmekaftwerke. tm Kohlekraftwerk wird in einem


Kessel durch Verbrennung fossiler Rohstoff'e chemische Energie in imere
Energie umgewandelt. Im Kemkraftwerk befindet sich an der Stelle des
Kessels der Kernreaktor. ln ihm wird ein Teil der Energie, die in den Atom-
-
kernen ,,gespeichert" ist, über die kinetische Energie der SpaltproduLte in
innere Energie umgewandelt.
Am meisten verbreitet sind Siedewasser- und Druckwassereaktoren. Im
Siedewasserreaktor verdampft das Wasser infolge der Umwandlung von
Kemenergie in innere Energie. Der Frischdampf treibt die Turbhe an. Im
Generator wird dann die kinetische Energie in elektrische Energie umge-
wandelt. Der Kondensator verflüssigt den aus der Turbine austretenden
Dampf. Das erfbrderliche Kühlwasser entnimmt man einem Cewässer aus
der Umgebung. Das Speisewasser wird dem Reaktor wieder zugeführt.
Ein großer Teil der durch Kernspaltung freigesetzten Energie geht ats 5 S icherheitsbehälter eines Siede-
Abwäme- in die Umgebung. Daher beträgt der Wirkungsgrad etwa 32Eo wassereaktors
bis 349a. b

Luirdruck l0l I hP!


Ileaklorgebüude l0l 2 hPa
Ringspalt
l00O hPa
Sicherheits-
bchä1tcr
llichrhaut

6 7 Im Reaktorgebäude herscht ein


Sicherheit Um eine radloaltive Belastung der Umwelt zu vermeiden, ist geringer Unterdruck gegenüber der
der Reaktorkern durch ein System von Barrieren umgeben. Diese sollen Außenwelt, damit Gase oicht nach
verhindern, dass radioaktive Stoffe in die Umgebung austreten und Stah- außen dringen können.
lung aus dem Reaktor nach außen dringt. Die Hülle der Brennstäbe und
das umströmende Wasser schimen die Spaltprodukte sowie die n und [3-
Strahlung ab. Der Reaktordruckbehälter und eine bis zu 2m dicke Stahl-
betonabschfmung verhindern das Austeten der T-Shahlung. Der kugel RedundanT in dcr Schließfunklion

förmige Sicherheitsbehälter und eine diesen umgebende Stahlbetonhülle


sollen Schutz gegen stärkste Belastungen von imen und außen bieten.
Redundanz in der Öfthungslunltion
Steuerstäbe aus Bor oder Cadmium können Neutronen gut absorbiercn.
Mit ihnen kann man die Anzahl der Neutronen regeln und die Kettenreak-
tion steuem. Werden sie vollständig zwischen die Brennelemente einge-
fähren, hört die Kettenrealdion auf.

Beim Betrieb könnten Störungen auftreten. Arbeitet beispielsweise der s WichtigeSicherheitssysteme


Kühlkreislauf nicht richtig, wlire eine geftihrliche Zunahme der Reaktor- werden mehrfach angeordnet
kerntemperatur nicht ausgeschlossen. Entsprechende Sicherheitstechniten (Redundanz). Es sind mindestens
aktivieren dann das Notkühlsystem oder sorgen durch vollständiges Ein- zwci Systeme mchr vorhanden, als
fahren der Steuerstäbe für eine automatische Abschaltuns des Realtors. eigentlich benötigt wcrden.

7
40 ATo i4 - uND KERNpHyslK

Biologische Wirkung, Strahlenmedizin und Strahlenschutz


ffi
Bemannte Raumfahnmissionen
zum Mars werden nicht an den
immensen Kosten scheitern aber
vielleicht daran. dass es nicht
gelingt, die natürliche Strahlen-
belastung für die Astronauten wäh-
rend des Flugs und beim Aufent-
halt auf unserem Nachbarplaneten
in vertretbarel Grenzen zu halten.

Msion einer Raumstation aul dcm Mars

rlas Tragen eines Dosimeters zur Messung der Shahlenbelastung ist


l/2. B. für Techniker im Kemkraftwerk oder ftr eine physikalisch-tech-
nische Assistentin in der nuklearmedizinischen Abteilung eines Kranken
hauses gesetzlich vorgeschrieben. '1.2 Ist die zulässige Jahreshüohstdosis
ereicht. darf die beboffene Person für den Rest des Jahres zum Schutz
ihrer Gesundheit nicht mehr in einem strahlenexponierten Bereich (Kern-
reaktor. N uklearmed izinlabor ... ) rritig sein.
In Deutschland sind das Technische Hilfswerk und die Feueru,ehren für
den ABC-Schuaz zustärdig. Damit ist kein Schutz vor Lese-Rechtschreib-
Schwäche gemeint, sondern Schutz vor atomaren, äiologischen und che
mischen Gefähren. Sie üben ständig das Verhalten bei Unf:illen mit radio-
aktiven Stofl'en, um im Ernstfall die Gefährdung fü die Bevölkerung
minimieren zu können. hFür die Sicherheit der Katastrophenhell'er wur-
den spezielle Schutzanzüge entwickelt,
Wie wirkt die Stuahlung radioaktiver Körper auf den Menschen? Wie kann
man ihre Gefährlichkeit abschätzen und wie kann man sich schützen? Ant-
worten auf diese Fragen findest du auf den nächsten Seiten.

Personendosimetel .l ABC-Schulzübun!,
Bioloqische Wirkung, Strahtenmedizin und Strahlenschutz 41

GRUNDLAGEN: Innere und äußere Bestrahlung

Die Strahlung radioaktiver Körper kann zu Veränderungen der Körpezel-


len führen; auch Röntgenstrahlung zeigt diese Wirkungen. Man unter-
'l.4,
scheidet irrere und a&f.re Bestahlung. 5
Stahlung

Einige radioaktive Stoffe verteilen sich gleichmlißig im Körper (2. B. Cae-


sium ll{Cs undr!lCs), andere werden nur in bestimmten Orgaren ange-
lagert. So wird radioaktives Iod rlll in der Schilddrüse gesammelt und
gespeicherl. Die Schilddrtise benötigt Iod zur Bildung des Schilddrüsen-
hormons - zwischen radioaktivem und nicht radioaktivem Iod kam sie
nicht unterscheiden Innere und äußere Bestrahlung
Strontium !!Sr und !!Sr reichert sich in Knochen an, denn es hat chemisch
AhnLichkeit mit Calcium, aus dem die Knochen aufgebaut sind.
Besonders stark w d die Lunge durch eingeatmetes Radon belastet.

Sehr gefiilrlich ist die 1-Stuahlung: Sie ist kaum abschirmbar und dringt
tief ins Gewebe ein. Dort löst sie Elektronen aus, die darn im Körperin-
nem wie p-Strahlung wirken. Von außen kommende a- und $-Strahlung ist
wegen ihrer geringen Reichweite weniger geffirlich.
Röntgenstrahlung wirkt stets vofl außen.

Kr.nkhait

I Missbildugen
i und Erbkrank-
I leiten aer rinaer:

Wirkungen der inneren urld äußercn Bestrahlung


42 ATOM- UND KERNPHYSIK

c-Strahlung
G R u N D LAG E N : Ionisation im menschlichen Körper

«-Teilchen werden im Körper rasch Ionisation durch Strahlung Bei intensiver Sonnenbestahlung steigt das
gebremst (Reichweite unter 0, 1 mm). Hautkebsrisiko. Der ultaviolette Anteil der Sonnenstrahlung kann Elek-
Treften sie von außen auf den tronen aus den Atomen oder Molekülen der Haut herausschlagen, Zudck
mensohlichen Köfper, so kommen sie bleiben positiv geladene Ionen. Durch Anlagem der freigesetzten Elektro-
schon in der ersten Zcllschicht zur nen an Atome oder Moleküle entstehen auch negative Ionen.
Ruhe. Gefihrlicher ist es. wenn man
durch Atmung oder Nahrung einen «- Das Gleiche bewirken o- und B-Strahlung ('lrorhergehende Seitc). Ein
Strahler aulgenommen hat. Dann gibt o-Teilchen verursacht in der Nebelkammer eine Spur ionisierten Gases.
jedes «-Teilchen seine Energie im Genauso hinterlässt es im menschlichen Gewebe eine Spur ionisiener
Körperinnern ab und erzeugt dort Atome und Moleküle, aus denen bei seinem ,,Vorbeiflug" ein Elektron
viele Ionen aul kleinem Raum. herausgerissen wurde. Ahnlich ist es bei den Elekrronen der f3-Snahlung,
Ahntch wirken Protonen, die von die auf die Elektronenlüllen der Atome wirken.
hochenergetischen Neufonen aus
Molekülen,,herausgeschossen" wer- Auch Röntgen- und 1-Strahlurg haben eine so große Energie, dass sie
den. Sie erzer.rgen auf ihrem Weg von längs ihres Wegs Elekftonen aus den Atomen herausschlagen. Diese Elek-
ca. 0,1mm Millionen Ionenpaare. tronen fliegen mit hoher Energie ein Stück weit durch den Körper und
können weitere Atome ionisieren.
0 Strahlung
Folgen der Ionisation Die Ionisationen lösen physikalisch-chemische
ß Teilchen haben eincn längeren und biochemische Vorgänge aus. Die Ionen und Elektronen reagieren mit
Bremsweg als c-Teilchen. Sie können
Molekülen des Körpers, z. B. mit dem Wasser und den biologisch wich-
die ersten Hautschichten durchdrin-
gen. Die einzelnen Ionenpaare liegen
tigen Makomolekülen. Dabei kann die DNA, in der die Erbinformationen
weniger dicht nebeneinander. Die gespeichen sind. beschädigt werden.
nolekularen Schäden dieser,,lo-
ckeren" Ionisation sind leichter repa- Die meisten Fehler kann die Zelle durch ein eigenes ,,Reparatursystem"
rabel als die der 0-Strahlung. wieder beheben. Auf ca. 5000 strahlenbedingte Schäden in einer Säuge-
tiezelle kommtjedoch einer, der nicht beseitigt werden kann. Meist stirbt
y-Sffat ung die beschädigte Zelle ab. Nachbarzellen können unter Umständen die
Funktionen einzelner abgestorbener Zellen übemehmen. Werden durch
Sie kann tief in menschliches Gewe-
starke Bestrahlung zu viele Zellen in kuruer 7ßit abgetotet, kommt es zur
be eindringen oder sogar durch den
Körper hindurchgehen. Sje bewirkt ,,Strahlenkanlüeit"-
durch die ausgelöste11 energiereichen
Die Ionisierung durch Strahlung kann aber auch eine gesunde Zelle in eine
Elektronen eine lockere Ionisation. ,,Tumorzelle" verwandeln.
Als Tumorzelle wird eine Zelle bezeichnel, die sich als Folge der Schädi-
I Ionisiercnde Wirkuog der gurg ungehemmt vermehrt und dadurch wichtige Kölperfunktionen be-
verschicdenen Strahlungsarten hinde . o+r-r ii
Aufgoben

1 Sieh dir noch einmal B d15 aufder vorherge- Welche Schäden können bei starker Stahlung
henden Seite an. auftreten?
a Auf welchen Wegen gelangt die ionisierende Stah- Ein Großteil der absorbierten Strahlung radioak-
lung an die Organe? tiver Körper führt nicht zu dauerhaften Schäden.
b Warum ist die innere Bestrahlung gefährlicher als Wie ist das uröglich'l
die äußere? Wovon hängt es ab, wie stark die Schädigungen
C Welche Wirkung kann die Strahlung radioaktiver durch ionisierende Strahlung sind?
Körper auf menschliche Zellen haben? Informiere dich über Röntgenstrahlung und präsen-
tiere deine Ergebnisse.
t Biotogische Wirkung, Strahlenmedizin und Strahtenschutz 43

GRUNDLAGEN: Grtißen zur Angabe der Strahl€nbelastung

Energiedosis Wenn die Strahlung radioaktiver Körper in Materie ein-


Strallungs Dcr Köryer nimmt
dringt, zeigt sie oft ionisierende Wirkung. Für jede Ionisation ist eine queile I J Energie auf.
bestimmte Energie nötig. Deshalb ist die Energie, die I kg Materie durch
die Stahlung aufnimmt, ein MalS für die physikalische Wirkung der
Strahlung. Sie wird Energietlosis D genannt. 'l.2

energiedosis=4E9ffi D=* Energiedosisl


rGy=r{
Die Einheit der Energiedosis ist lGrat(lGr): I Gy= 1*
Energiedosis
AquivaLentdosis Die Wirkung der Strahlung auf lebende Organismen
hängt nicht nur von der Energiedosis ab, sondem z. B. auch von der Stah
lungsart. Bei einer Energiedosis von I Gy hat o-Strahlung eine bis zu 20-
mal so große biologische Wirkung wie 1.1 oder 1-Strahlung. Für einer
Menschen jst also die Zufuhr von lGy durch cr-Strahlung vergleichbar
(äquivalent) mit 20Gy durch 13- oder 1-strahlung. 'l-l

tsetrstrählung. Gammastrahl ung. Aiphästrahlung


RöntgcnsrrahlLrng

Energiedosi!: Energicdosj!:
IC1 =t*r.

i
(..biologischc Cetihrlichkeit")
r*.lll=Isv r+ E=20s'
Vcrgleich der ionisierenden Wirkung

Radioaktive Belastulrg
Quelle in mSv/Jahr

Radon 1.000
Man berechret die Aquivalentdosis als Produkt aus der Energiedosis Kalium-40 0.360
und einem expedmentell ermittelten.Bewertungsfoktor q.I 5 kosmische Strahlung
- Helgoland 0,300
Aguivatentdosis = Bewertungsfaktor . Energiedosi s H= 4.D
Zugspilze 10,200
Kohlekraftwerke 0.002
Monazit(Guarapari) 125,000
Die Einheit der Aquivalentdosis ist 1 Sieven ( I Sv ): I Sy = I *.
+ Beispiele tjir Strahlenbelastung
durch natürliche Radioaktivität
Außere Bestmhluflg Bewenungsläk«rr q

Röltgenstrahlung I
13 Strahlung I
./-Strahlung I
Neutruenstr-ahlung(Energieunbekannt) l0
o-Strahlung aus radioaktjvcn Aknnkernen 20

Be\r,efiiügslakloren tür' vclschicdcnc Strahlungsarten


ATOM- UND KERN PHYSIK

Äus der iL:nw*Lt Stra h len belastu ng jahrein, jahraus

vqxv" Die jährliche Aquivalentdosis tiegt in Deutschland bei


4mSv pro Person. Die nattirliche §trahlenbelastung ist
regionalen Schwankungen unterworfen.'ll Gründe
dafür sind verschiedene Untergrundgesteine und unter-
schiedliche Höhenlagen der Orte. Auch medizinische
Anwendungen (i..B. Röntgenuntersuchungen) und
durch Menschen bewirkte Umweltbelastungen erhö-
hen die mittlere Strahlenbelastung eines jeden Men
schen in Deutschland.
nl

.
il
Leipzig
Strahlenb€lästung
dufth natürlichr
5'r.5 % Strahl€nbela.§tung
durch künstlicho
. Lrlurt Strahlungsquellen :.17,5 % st.,hlungsquettcn

kosmische . mediTinischc Anwen-


Strahlung
I
0,3mSY

. Nürnbcrg
EinaLncn
von Radon ,o,'-=*tlffi:
l,l msv
m
MNremkrattwcrkü
Struhlrng des Tschemobyl-Unfalls,
von äußen sonstjge Atombombenversuche,
0,4msv innere sonstige hinstliche
I > r.4u) E r.o5o r,225 [] o,7rn - 0,875 Strahlung Strahlung
n r,:zs - r ,+oo Io,szs-r,oso I < o,7oo 0,3mSv < 0,1msv

I Jührliche Sffallungsbelastung durch Erde, Wasser und I Jlihrlichc Belastul1g durch niLtür]ichc und künstlichc
Lutl (im Freien) Strahlungsquellen

}/ in Sv Strahlenschäden GRU N DLAGEN: Strahlenschäden

0,2-{,5 Veränderungen im Blut- Wer von ionisierender Süahlung getroffen wird, kann daran direkt erkran-
bild. Schäden an Embryos ken (somatische Schdden). Vielleicht haben aber auch erst seine Kinder
1,0 akuteGesundhcitsgefabr, und Kindeskinder darunter zu leiden (genetische Schtiden).
begj nnende Slrallenkrank- Somatische Schäden entsteher, unmittelbar am betroffenen Organismus.
heit (Übelkeit, Eftrechen, Besonders empfindlich sind die Blutbildungsorgane, die Schleimhäute des
Haarauslall)
Magen-Darm-Trakts und der Luftwege sowie die Keimdrüsen.
2.0 Strahlenkrankheit,Haut-
Die Zellschädigungen können zu Krebserkanl:ungen führen, zu den häu-
schäden. l0% Todeslälle
figsten gehören dabei lrukämie, Lungen-, Haut- und Brustkrebs.
3,0 Blutungcn, schwere Verän-
derunger im Blutbild, Genetische Schdden sind Erbschäden, die bei den direkten Nachkommen,
20 o/c Todesfälle aber auch in späteren Cenerationen auftreten können. Sie entstehen durch
4,0 schwereEntzündungen, Veränderungen des Erbguts. Daher sind die Keimzellen der Eierstöcke und
50 7c Todeställe innerhalb Hoden besonden gefährdet. Das Gleiche gilt auch für Embryonen.
von 5 Wochen Die Folgen kurzzeitig hoher Strahlenbelastungen sind dramatisch - aber
ab 6.0 mehr als 90% Todesfille. auch geringe Strahlenbelastungen über längere Zeiträume. '1'3
selbst bei Transplantatioll
von Knochenmark stirbt Einen unteren Grenzwert, bis zu dem eine Strahlenbelastung unge-
die MehrTahl der VerletTten
fährtich ist, gibt es nicht.
I Somatische Schäden bei kuzzeilig 0 o++-t
hohcr Aquivaleltdosis
250 ANHANG

Auszug aus der Nuktidkarte (vereinfacht)

I Mg Mg2'

I
a

Ausschnitt aus der Nuklidkade

d.r natü rch6n z6{.rrsrerhen

L9

Th 211

FC
a.L",.*4e_

Anhang

Mc 27 Mg 2a Mc31 MC a3 Mg:15

\) 225

hstabile (adioarrtjve) Nuklide


_1
P

I
trffitur . M**-,hr
€ Bßffiä * H,h","..,.,
§

B 215

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