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Robert Szlosarek

Vorlesungsskritptum zum Teil Leichtbauwerkstoffe und


Faser-Kunststoff-Verbunde im Fach Leichtbau

Vorlesungsskriptum

Version 2.0

Freiberg, Mai 2020


Inhalt

3 Leichtbauwerkstoffe 4
3.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
3.1.1 Dichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
3.1.2 Bezogene Festigkeit - Reißlänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
3.1.3 Bezogene Steifigkeit - Dehnlänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
3.1.4 Berücksichtigung der Belastungsart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
3.1.5 Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
3.2 Metallische Werkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
3.2.1 Stahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
3.2.2 Aluminium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
3.2.3 Magnesium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
3.2.4 Titan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
3.3 Verbundwerkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
3.3.1 Arten von Verbundwerkstoffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
3.3.1.1 Teilchenverbundwerkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
3.3.1.2 Schichtverbundwerkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
3.3.1.3 Faserverbundwerkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
3.3.2 Fasern als Verstärkungsmaterial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
3.3.3 Komponenten und Herstellungsverfahren der Faser-Kunststoff-Verbunde . . 15
3.3.4 Faserwerkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
3.3.4.1 Kohlenstofffaser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
3.3.4.2 Glasfaser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
3.3.5 Matrixwerkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
3.3.6 Grenzschicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
3.3.7 Faserarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
3.3.7.1 Faserhalbzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
3.3.8 Herstellungs- und Aushärteverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
3.3.8.1 Laminierverfahren Handlaminieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
3.3.8.2 Prepregverarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
3.3.8.3 Aushärteverfahren Autoklav . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
3.3.8.4 Resin Transfer Moulding (RTM) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
3.3.8.5 Pultrudieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
3.3.8.6 Weitere Herstellungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

Seite 2
I NHALT

Literaturverzeichnis 26

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3 Leichtbauwerkstoffe

3.1 Grundlagen

Im Leichtbau gilt bezüglich der Werkstoffauswahl die Philosophie

Der richtige Werkstoff am richtigen Ort.

Damit einhergehend ist vielfach ein Multi-Material-Design. Dabei werden für eine Konstruktion ver-
schiedene Werkstoffe eingesetzt, je nachdem welche Anforderungen bei den einzelnen Bauteilen
vorliegen. Um die Eignung von Werkstoffen für Leichtbauanwendungen bewerten zu können, gibt
es verschiedene Kennzahlen, welche im Folgenden vorgestellt werden.

3.1.1 Dichte

Die Dichte ist eine Kennzahl zur Beschreibung der Masse eines Körpers, bezogen auf sein Volu-
men. Im Bild 3.1 sind die Dichten ausgewählter Werkstoffe dargestellt. Die relevanten Konstrukti-
onswerkstoffe (Stahl, Aluminium, Titan, Magnesium, Keramik, Kunststoff, Holz) zeigen sehr große
Unterschiede in der Eigenschafte Dichte. Erfahrungsgemäß sind nicht alle Leichtbaukonstruktio-
nen aus den Werkstoffen mit der geringsten Dichte (Holz, Keramik, Kunststoffe). Demnach ist die
Dichte nicht die alleinige Kenngröße zur Bewertung der Leichtbaueignung.

25 21,4
19,3
20
Dichte [g/cm³]

15
11,3
9,0
10 7,9
7,2
4,5 2,2...4,3
5 2,7 0,9...2,3 0,5...1
1,7
0,5
0

Abb. 3.1: Dichten verschiedener Werkstoffe.

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3 L EICHTBAUWERKSTOFFE

3.1.2 Bezogene Festigkeit - Reißlänge

Eine Möglichkeit die Festigkeit der Werkstoffe mit in die Leichtbaubewertung einzubeziehen, ist
die Reißlänge. Als Modell dient die in Abbildung 3.2 dargestellte Belastungssituation. Ein prisma-
tischer Stab (gleichbleibender Querschnitt A über die gesamte Länge) mit der Länge l ist fest
eingespannt. Der Stab ist durch sein Eigengewicht infolge der Erdbeschleunigung g belastet. Die
Normalkraft FN steigt somit linear mit der Länge des Stabes an. Das Maximum wird in der Ein-
spannung erreicht. In der Einspannung gilt für die Zugspannung:

FN m·g V ·ρ·g l·A·ρ·g


σZ = = = = . (3.1)
A A A A

Wenn die maximal zulässige Zugspannung bzw. die Festigkeit des Werkstoffs erreicht ist, ergibt
sich die Grenzlänge des Stabes nach

σzgrenz
lgrenz = . (3.2)
ρ·g

FN
x
g
l

A, ρ
Abb. 3.2: Schematische Darstellung zum Modell der Reißlänge.

σz
Da die Erdbeschleunigung g eine Naturkonstante ist, kann der Quotient grenz
ρ als eine werkstoff-
bezogene Leichtbaugröße aufgefasst werden. Diese wird als Reißlänge oder spezifische Festig-
keit bezeichnet. Eine praktische Anwendung hat diese Größe im Bergbau bzw. Aufzuganlagen.
Die maximale Förderhöhe wird durch die Reißlänge des Werkstoffes begrenzt, wobei immer noch
die zusätzlichen Nutzlasten zu berücksichtigen sind.

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3 L EICHTBAUWERKSTOFFE

3.1.3 Bezogene Steifigkeit - Dehnlänge

Als Kenngröße für die spezifische Steifigkeit dient die Dehnlänge. Die Modellvorstellung ist gleich
zu der Reißlänge. Es wird ein prismatischer Stab, welcher durch sein Gewicht belastet ist, betrach-
tet. Unter Annahme eines rein elastischen Materialverhaltens ergibt sich ein linearer Verlauf der
Dehnung über der Länge l. In der Einspannung gilt für die Spannung:

FN m·g ρ·l·A·g
σ= = = . (3.3)
A A A

In der Einspannung gilt nach dem linear-elastischen Materialgesetz ebenfalls:

σ =·E . (3.4)

Beim Gleichsetzen der Gleichungen (3.3) und (3.4) ergibt sich:

l E
= . (3.5)
 ρ·g

Bei der Annahme von  = 1 kann die Dehnlänge lD berechnet werden:

·E
lD = . (3.6)
ρ·g

ε
x
g
l

A, ρ
Abb. 3.3: Schematische Darstellung zum Modell der Dehnlänge.

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3 L EICHTBAUWERKSTOFFE

In dieser Gleichung kann die Erdbeschleunigung g als konstant angesehen werden. Ebenso wer-
den die Werkstoffe alle bei der gleichen Dehnung  in der Einspannung betrachtet. Der Quotient
E
ρ dient somit als Vergleichsgröße für eine steifigkeitsbezogene Kennzahl.

Die Tabelle 3.1 und die Abbildung 3.4 veranschaulichen die Reiß- und Dehnlänge für mehrere
Werkstoffe. Als Vergleichswert wurde hier mit der Dehnung  = 1 gerechnet. Deutlich wird, dass für
viele metallische und nichtmetallische Werkstoffe eine ähnliche Dehnlänge (ca. 2700 km) vorliegt.
Die Reißlängen unterscheiden sich deutlich. Metallische Werkstoffe erreichen Reißnlängen bis
zu 20 km. Deutlich ersichtlich sind die signifikant höheren Werte für kohlenstofffaserverstärken
Kunststoff (CFK) und glasfaserverstärkten Kunststoff (GFK) mit jeweils 60 % Faservolumenanteil
(ϕ = 60%). Demnach weisen diese Werkstoffe ein besonders hohes Leichtbaupotential auf.

Tab. 3.1: Reiß- und Dehnlänge verschiedener Werkstoffe


Reißlänge [km] Dehnlänge [km]
Stahl S235JR 4,67 2727
Aluminium AW6060T6 8,12 2642
Stahl C45 9,09 2727
Magnesium AZ91 13,79 2698
Holz (Buche) 19,94 2068
Titan TiAl4V 20,27 2378
CFK (Unidirektional, ϕ = 60% 183,5 9786
GFK (Unidirektional, ϕ = 60% 105,3 1390

Spezifische Festigkeiten und Elastizitäten


16000
S235 JR

14000 EN AW 6060 t6
Holz (Buche)
12000 Kohlefaser
CFK (UD,
ϕ=60 %)
Dehnlänge [km]

10000 GFK( UD,ϕ = 60 %)


C45
8000
AZ91D
Glasfaser
6000
Ti6Al4V

4000

2000

0
1 10 100 1000
Reißlänge lg [km]

Abb. 3.4: Darstellung der Reiß- und Dehnlänge für verschiedene Werkstoffe.

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3 L EICHTBAUWERKSTOFFE

3.1.4 Berücksichtigung der Belastungsart

Neben den Werkstoffkenngrößen ist für die Masse des Bauteils aber auch die Belastungsart ent-
scheidend. Für einen prismatischen Stab soll dies anhand der drei Belastungsarten Zug, Biegung
und Torsion gezeigt werden.

Zug: Die Grenzzugspannung σzG ergibt sich zu

Fmax
σzG = . (3.7)
A

Die Masse des Stabes entspricht


 denProdukt aus der Dichte ρ, der Querschnittsfläche A und der
Länge l. Dieser Term kann mit FFmax
max
erweitert werden. Dadurch kann die Masse in Abhängigkeit
des Reziproken Wertes der Reißlänge berechnet werden. Die grün hinterlegten Größen sind
Werkstoffkenngrößen und die blau hinterlegten Größen sind Belastungskenngrößen.
 
A ρ
m=ρ·A·l =ρ· · Fmax · l = σzG · Fmax · l (3.8)
Fmax

Biegung: Im Falle einer Biegebelastung wird die Maximale Biegespannung mit dem Quotient aus
dem Biegemoment Mbmax und den Widerstandsmoment gegen Biegung Wb berechnet.

Mbmax
σbG = (3.9)
Wb

Äquivalent zu der Zugbelastung kann bei der Berechnung


   der Masse des Bauteils zur Ausnutzung
Mb Wb
der maximalen Biegespannung mit dem Term Wb Mb erweitert werden, sodass die Masse
in Abhängigkeit der werkstoffbezogenen , querschnittsbezogenen und belastungsbezogenen
Kenngrößen berechnet wird.

   
A Wb ρ A
m=ρ·A·l =ρ· · · Mb · l = σ bG · Wb · Mb · l (3.10)
Wb Mb

Torsion:

Für die Torsion kann ebenfalls eine Gleichung für die Masse m des Bauteils bestimmt werden, die
vom Werkstoff , Querschnitt und Belastung abhängt.

Mtmax
τtG = (3.11)
Wt

   
A Wt ρ A
m=ρ·a·l =ρ· · · Mt · l = τtG · Wt · Mt · l (3.12)
Wt Mt

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3 L EICHTBAUWERKSTOFFE

3.1.5 Schlussfolgerungen

• Die Dichte allein ist nur wenig aussagekräftig bzgl. des Leichtbaupotentials von Werkstoffen.

• Faser-Kunststoff-Verbunde weisen enormes Leichtbaupotential auf.

• Die Masse ist zudem abhängig von der Belastungsart (Zug, Biegung, Torsion).

3.2 Metallische Werkstoffe

Im Folgenden werden verschiedene metallische Leichtbauwerkstoffe vorgestellt.

3.2.1 Stahl

• viele Legierungen

• hohe Festigkeit

• gute Verarbeitbarkeit (Spanen, Umformen, Gießen, Schweißen)

• niedriger Preis

Tab. 3.2: Daten Stahl


g
Dichte 7, 8 cm 3
N
Elastizitätsmodul 210.000 mm 2
N
Festigkeit 300...2000 mm 2

3.2.2 Aluminium

• an Baustahl heranreichende Festigkeit

• gute Spanbarkeit

• gute Korrosionsbeständigkeit

Tab. 3.3: Daten Aluminium


g
Dichte 2, 7 cm 3
N
Elastizitätsmodul 70.000 mm 2
N
Festigkeit 50...700 mm 2

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3 L EICHTBAUWERKSTOFFE

3.2.3 Magnesium

• gute Gießbarkeit

• gute Spanbarkeit

• bedingte Schweißbarkeit

• hohe Affinität zu Sauerstoff

• kerb- und schlagempfindlich

Tab. 3.4: Daten Magnesium


g
Dichte 1, 74 cm 3
N
Elastizitätsmodul 45.000 mm 2
N
Festigkeit 100...300 mm 2

3.2.4 Titan

• gute Korrosionsbeständigkeit

• gute chemische Beständigkeit

• schwer spanbar

• schwer umformbar

Tab. 3.5: Daten Titan


g
Dichte 4, 5 cm 3
N
Elastizitätsmodul 110.000 mm 2
N
Festigkeit 300...1100 mm 2

3.3 Verbundwerkstoffe

Verbundwerkstoffe sind dadurch gekennzeichnet, dass ein Verbund verschiedener Werkstoffe


(auch zwei gleiche Werkstoffe in verschiedener Ausprägung sind möglich) gebildet wird. Dabei
weist der Verbund andere Eigenschaften als ein einzelner Werkstoff an sich auf. Ziel ist es die
Werkstoffe so zu kombinieren, dass sich die negativen Eigenschaften der Werkstoffe aufheben
und die positiven Eigenschaften zueinander ergänzen. Ein Beispiel dafür ist Stahlbeton. Beton
besitzt eine hohe Druckfestigkeit und eine geringe Zugfestigkeit. Der Bewährungsstahl besitzt

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3 L EICHTBAUWERKSTOFFE

dagegen eine hohe Zugfestigkeit und eine geringe Druckfestigkeit infolge Ausknicken. Die Kombi-
nation ergibt eine hohe Zugfestigkeit infolge der Verstärkung der Stahlarmierung und gleichzeitig
eine hohe Druckfestigkeit bedingt durch die Eigenschaften des Betons.

Im Bereich des Stoffleichtbaus bieten vor allem Verbundwerkstoffe ein hohes Potential, um mit-
tels einer Werkstoffkombination eine Reduzierung der Masse zu erreichen. Im Vergleich zu me-
tallischen Werkstoffen weisen Verbundwerkstoffe oftmals richtungsabhängige mechanische Eigen-
schaften auf, was die Berechnung erschwert. Eine weitere Besonderheit besteht in der Herstellung.
Während bei metallischen Werkstoffen oftmals das endgültige Bauteil aus einem Halbzeug gefer-
tigt wird, entsteht bei den Verbundwerkstoffen der Werkstoff an sich erst während des Fertigungs-
prozesses. Mit dem vorliegenden Skriptum soll ein Überblick über die verschiedenen Werkstoff-
kombinationen, Herstellungsarten und insbesondere über die mechanischen Eigenschaften gege-
ben werden. Der Fokus liegt dabei auf den endlosfaserverstärkten Faser-Kunststoff-Verbunden
als die Gruppe der Verbundwerkstoffe, welche aufgrund ihrer mechanischen Eigenschaften die
größte technische Relevanz besitzen.

3.3.1 Arten von Verbundwerkstoffen

Im Bereich der Verbundwerkstoffe existieren verschiedene Arten, welche alle verschiedene Eigen-
schaften und Einsatzbereiche besitzen. Eine systematische Gliederung bietet die Einteilung in
Faserverbundwerkstoffe, Schichtverbundwerkstoffe und Teilchenverbundwerkstoffe.

3.3.1.1 Teilchenverbundwerkstoffe

Die Abbildung 3.5 (a) zeigt eine schematische Abbildung eines Teilchenverbundes. Der Verbund
ist dadurch gekennzeichnet, dass ein Werkstoff in disperser (fein verteilter) Form vorliegt. Oftmals
erfolgt das Einbringen durch Mischen. Teilchenverbunde werden eingesetzt, um durch die disperse
Phase die Eigenschaften des Matrixwerkstoffes zu verbessern. Des Weiteren können Teilchenver-
bunde auch zur Kostenreduzierung eingesetzt werden, indem ein günstiger Füllstoff hinzugefügt
wird, der die Eigenschaften des Verbundes nur unwesentlich verändert. Die Abbildung 3.5 (a) zeigt
eine schematische Abbildung eines Teilchenverbundes. Der Verbund ist dadurch gekennzeichnet,
dass ein Werkstoff in disperser (fein verteilter) Form vorliegt. Oftmals erfolgt das Einbringen durch
Mischen. Teilchenverbunde werden eingesetzt, um durch die disperse Phase die Eigenschaften
des Matrixwerkstoffes zu verbessern. Des Weiteren können Teilchenverbunde auch zur Kostenre-
duzierung eingesetzt werden, indem ein günstiger Füllstoff hinzugefügt wird, der die Eigenschaf-
ten des Verbundes nur unwesentlich verändert. Ein typisches Beispiel für einen Teilchenverbund
ist Gummi. Dieser wird mit Ruß versetzt, um unter anderem die Festigkeit, Steifigkeit und Härte zu
steigern. Bei Autoreifen führt dies beispielsweise zu einem geringeren Verschleiß und besseren
Haftungseigenschaften. Ein weiteres Beispiel sind Hartmetalle (Keramikpartikel in metallischer
Matrix).

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3 L EICHTBAUWERKSTOFFE

(a) Teilchenverbund (b) Schichtverbund (c) Faserverbund

Abb. 3.5: Arten von Verbundwerkstoffen

3.3.1.2 Schichtverbundwerkstoffe

Bei Schichtverbundwerkstoffen, siehe Abbildung 3.5 (b), erfolgt eine Verbindung mehrerer Schich-
ten aus unterschiedlichen oder gleichen Werkstoffen. Dieser mehrschichtige Aufbau führt zu ver-
änderten mechanischen als auch physikalischen Eigenschaften. Oftmals werden die Schichten
untereinander verklebt. Beispiele sind Sandwichkonstruktionen, Bimetall und Sperrholz.

3.3.1.3 Faserverbundwerkstoffe

Faserverbundwerkstoffe, siehe Abbildung 3.5 (c), bestehen aus einem Werkstoff in Faserform,
welcher in einem Matrixwerkstoff eingebettet ist. Dabei kann zwischen Metall-, Keramik und Poly-
mermatrixverbunden unterschieden werden. Typische Faserwerkstoffe sind Glas und Kohlenstoff.
Im Allgemeinen besitzen die Fasern eine vielfach höhere Steifigkeit und/oder Festigkeit als der
Matrixwerkstoff. Hinsichtlich der Faserlänge kann eine Verstärkung mittels Kurz-, Lang- oder End-
losfasern erfolgen. Beispiele für Faserverbundwerkstoffe sind Kohlenstofffaser-Kunststoff-Verbund
(CFK, Verbund aus Kohlenstofffasern und einem Polymer), Glasfaser-Kunststoff-Verbund (GFK,
Verbund aus Glasfasern und einem Polymer) und Holz (Verbund als Cellulosefasern und Lignin).

3.3.2 Fasern als Verstärkungsmaterial

Der Einsatz von Fasern als Verstärkungsmaterialien ermöglicht es Werkstoffe mit spezifischen
richtungsabhängigen und gewichtsbezogenen Eigenschaften herzustellen. Die Hauptmotivation
für die Verwendung von Fasern liegt allerdings in einer Erhöhung der Festigkeit durch die Verwen-
dung des Werkstoffes in Faserform.

Die meisten Werkstoffe besitzen in Faserform eine vielfach höhere Festigkeit


als in kompakter Form.

Die Ursache dafür liegt in der absoluten Anzahl der Fehlstellen, welche die Festigkeit eines Werk-
stoffes vermindern. Die Festigkeit nimmt mit zunehmenden Durchmesser immer weiter ab, da
die Anzahl der Fehlstellen ansteigt. Die Abbildung 3.6 zeigt schematisch wie die Festigkeit einer
Glasfaser in Abhängigkeit des Faserdurchmessers abnimmt.

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3 L EICHTBAUWERKSTOFFE

4000
Festigkeit in MPa

3000

2000

1000

0,02 0,04 0,06 0,08


Faserdurchmesser in mm
Abb. 3.6: Festigkeit einer Glasfaser in Abhängigkeit des Faserdurchmessers,
Beispieldarstellung nach [1]

Durch eine Verminderung des Durchmessers lassen sich somit hochfeste Fasern herstellen. Die
hohe Festigkeit der reinen Fasern kann aber nur unter Zugbelastung genutzt werden, da diese
unter Druckbelastung ausknicken würden. Aus diesem Grund ist es notwendig einen Matrixwerk-
stoff zu verwenden. Dieser stellt den Verbund der Fasern her und ermöglicht es auch Belastungen
quer zur Faserrichtung oder Druckbelastungen aufzunehmen. Üblicherweise werden Fasern in
Gelegen als unidirektionale Schichten (UD-Schichten), als Gewebe, als Vliese oder als Kurzfa-
sern verarbeitet. Je nach Orientierung, Art, Faserwerkstoff und Volumenanteil ist es möglich die
mechanischen Eigenschaften des Verbundwerkstoffs einzustellen. Beispielsweise kann die Fa-
serorientierung der Kraftrichtung angepasst werden, sodass der Werkstoff in Kraftrichtung eine
maximale Steifigkeit und Festigkeit besitzt. Hinsichtlich der massenspezifischen Eigenschaften
ermöglicht es die Kombination von Fasern und Matrix mit einer geringen Dichte (ungefähr klei-
ner der Dichte von Aluminium) einen Verbundwerkstoff mit hohen spezifischen Festigkeiten und
Steifigkeiten herzustellen. Die Abbildung 3.7 zeigt einen Vergleich der spezifischen Elastizitätsmo-
duln und Festigkeiten zwischen Holz, Metallen und Faser-Kunststoff-Verbunden (in Faserrichtung).
Die spezifischen Größen beschreiben jeweils den Elastizitätsmodul bzw. die Festigkeit bezogen
auf die Dichte des Werkstoffes. Hinsichtlich der spezifischen Steifigkeit und Festigkeit weisen die
Faser-Kunststoff-Verbunde deutlich höhere Werte als Metalle oder Holz auf. Dies zeigt das enor-
me Leichtbaupotential dieser Werkstoffe.

Die Absolutwerte für E-Modul (E) und Zugfestigkeit (R(+) ) für einige Fasern (Index F ) sind in Ta-
belle 3.6 aufgelistet. Dabei ist zwischen der Eigenschaften in Faserrichtung (Index k ) und quer zur
Faserrichtung (Index ⊥ ) zu unterscheiden. Die Tabelle verdeutlicht, dass Kohlenstofffasern das
höchste Leichtbaupotential besitzen. Bemerkenswert ist, dass bei einigen Fasern (z. B. aus Koh-
lenstoff oder Aramid) der Elastizitätsmodul der Faser quer zur Faserrichtung E⊥ um ein Vielfaches

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Abb. 3.7: Spezifischer Elastizitätsmodul und Festigkeit für Holz, Metall und
Faser-Kunststoff-Verbunde ϕF = 60%

geringer als in Faserrichtung Ek ist. Dies ist durch die Ausrichtung der Molekülketten begründet.
(+)
Beachtlich ist auch, dass die Zugfestigkeit in Faserrichtung Rk der Fasern deutlich über denen
von Stahl und Aluminium liegt.

Tab. 3.6: Elastizitätsmodul, Festigkeit und Dichte für ausgewählte Faserwerk-


stoffe und Metalle
(+)
Werkstoff EF,k in MPa EF,⊥ in MPa RF,k in MPa ρF in g/cm3
Glas 73.000 73.000 3.400 2,54
Kohlenstoff (HM, high modulus) 495.000 3.800 4.000 1,82
Kohlenstoff (HT, high tenacity) 240.000 28.000 4.500 1,74
Aramid (HM, high modulus) 130.000 4.100 3.300 1,45
Basalt 89.000 89.000 4.800 2,75
Stahl (S355JR) 210.000 210.000 510 7,8
Aluminium (EN AW 6060 T6) 70.000 70.000 215 2,7

Neben den Vorteilen weisen Faser-Kunststoff-Verbunde auch Nachteile auf. Zum Beispiel besit-
zen sie eine niedrige Festigkeit und Steifigkeit quer zur Faserrichtung. Die Temperaturausdeh-
nung ist ebenfalls von der Faserrichtung abhängig und quer zur Faserrichtung viel höher als in
Faserrichtung. Dies erschwert die Strukturanalyse erheblich, sodass anisotrope Werkstoffmodel-
le verwendet werden müssen. Im Herstellungsprozess weisen Faser-Kunststoff-Verbunde hohe
Materialkosten und lange Fertigungstaktzeiten auf.

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3 L EICHTBAUWERKSTOFFE

3.3.3 Komponenten und Herstellungsverfahren der Faser-Kunststoff-Verbunde

In diesem Abschnitt werden die wesentlichen Komponenten (Faser und Matrix) und verschiedenen
Herstellungsverfahren der Faser-Kunststoff-Verbunde vorgestellt.

3.3.4 Faserwerkstoffe

Faserwerkstoffe können generell in vier große Gruppen klassiert werden:

• Natürliche Fasern (Jute, Hanf, ...)

• Natürliche anorganische Fasern auf mineralischer Basis (Basalt, ...)

• Synthetische organische Fasern (Aramidfaser, ...)

• Synthetische anorganische Fasern (Glasfaser, Kohlenstofffaser, ...)

Im Folgenden soll der Fokus auf den synthetischen anorganischen Fasern liegen, da diese mo-
mentan die größte technische Bedeutung besitzen.

3.3.4.1 Kohlenstofffaser

Kohlenstofffasern sind für technische Anwendungen die Verstärkungsfasern mit den herausra-
gendsten Eigenschaften. Aufgrund der kovalenten Bindungen (Atombindung, Elektronenpaarbin-
dung) erreichen Kohlenstofffasern sehr hohe Festigkeiten und Steifigkeiten und besitzen zusätz-
lich eine sehr geringe Dichte. Zudem sind sie nahezu temperaturinvariant. Die Abbildung 3.8 zeigt
eine Elementarzelle eines Graphitkristalls, aus welchen Kohlenstofffasern bestehen. Die Abbil-
dung zeigt den schichtweisen Aufbau. In der Ebene liegen starke kovalente Bindungen vor, zwi-
schen den Schichten hingegen existieren schwache van der Waals’sche Bindungen. Damit lassen
sich auch die richtungsabhängigen Eigenschaften der Kohlenstofffaser erklären. In Faserrichtung
liegen vielfach höhere Elastizitätsmodule als auch Festigkeiten als quer zur Faserrichtung vor.
Umgekehrt verhalten sich die thermischen Ausdehnungskoeffizienten, welche in Faserrichtung
deutlich geringer sind.

Hergestellt werden Kohlenstofffasern in seltenen Fällen aus Pech, hauptsächlich aber aus der Tex-
tilfaser Polyacrylnitril (PAN). Diese wird zuerst bei ca. 180−350 °C unter einer definierten Zugspan-
nung und unter oxidativer Atmosphäre stabilisiert. Anschließend erfolgt unter Stickstoffatmosphä-
re eine Carbonisierung bei Temperaturen bis 1500 °C. Dabei werden die Nichtkohlenstoffatome
abgespalten und es bilden sich Kohlenstoffringe. Danach erfolgt je nach gewünschten Elastizitäts-
modul bei Temperaturen von 2000 °C − 3000 °C eine Graphitierung. Werden die Fasern während
des Stabilisierens, Carbonisierens und der Graphitierung stärker verstreckt steigt auch der Grad
der Orientierung der Graphitebenen parallel zur Faserachse und somit der E-Modul. Dieser kann

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3 L EICHTBAUWERKSTOFFE

starke kovalente
Bindung

schwache van der


Waals'sche Bindung

EF,

EF,‖
Abb. 3.8: Elementarzelle eines Graphitkristalls

ebensfalls durch die Temperatur bei der Graphitierung eingestellt werden. Bei Temperaturen zwi-
schen 1200 °C − 1500 °C entstehen hochfeste, bei Temperaturen oberhalb 2200 °C Hochmodul-
und bis 3000 °C Ultrahochmudol-Fasern. Abschließend wird die Faser mit einem Oberflächenoxid
und einer Schlichte (dünne Polymerschicht zum Schutz und verbesserten Haftung) versehen.

Die Eigenschaften können folgendermaßen zusammengefasst werden:

• Kovalente Bindungen in Faserrichtung, van der Waals-Bindungen quer dazu, starke Aniso-
tropie (EF,k , EF,⊥ , RF,k , RF,⊥ , αF,k ,αF,⊥ )

• Progressives Spannungs-Dehnungs-Verhalten

• Temperaturbeständig bis ca. 2000 °C

• ρF ≈ 1, 8 g/cm3

• Polyacrylnitril (PAN) oder Pech als Ausgangswerkstoffe


(+)
• HT (high tenacity) Fasern: EF,k ≈ 230 GP a, EF,⊥ ≈ 28 GP a, RF,k ≈ 3, 5 GP a,
αF,k = −0, 455 · 10−6 K −1 , αF,⊥ = 12, 5 · 10−6 K −1
(+)
• HM (high modulus) Fasern: EF,k ≈ 392 GP a, EF,⊥ ≈ 15 GP a, RF,k ≈ 2, 45 GP a,
αF,k = −1, 05 · 10−6 K −1 , αF,⊥ = 2, 45 · 10−6 K −1

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(+)
• IM (Intermediate Modulus) Fasern, EF,k ≈ 294 GP a, RF,k ≈ 4, 21 GP a

• Weitere Sorten verfügbar UM – (Ultra Modulus), UHM – (Ultra High Modulus), UMS – (Ultra
Modulus Strength), HMS – hochsteif/hochfest

• Der Faserdurchmesser beträgt 5 − 9 µm

• Viel teurer im Vergleich zu Glasfasern

3.3.4.2 Glasfaser

Glasfasern besitzen gegenüber den Kohlenstofffasern einen niedrigeren E-Modul, eine niedrige-
re Festigkeit und höhere Dichte. Der Vorteil der Faser ergibt sich aus dem niedrigen Preis und
den isotropen Eigenschaften. Bei Glasfasern liegt eine kovalente Bindung zwischen Silizium und
Sauerstoff (SiO2 ) vor.

Hergestellt werden die Fasern hauptsächlich im Schmelzspinnverfahren. Dabei wird der Rohstoff
bis ca. 1400 °C geschmolzen und durch eine Spinndüse mit 400 - 600 Düsen mit einem Durch-
messer von jeweils 1-2 mm ausgezogen. Abschließend erhalten die Fasern wieder eine Schlichte
um die Faser zu schützen und um die Anbindung an die Matrix zu verbessern.

Die Eigenschaften können folgendermaßen zusammengefasst werden:

• Hohe Festigkeit und E-Modul aufgrund der kovalenten Bindung zwischen Si und O, Bildung
eines dreidimensionalen Netzwerkes amorpher Struktur

• Isotrope Eigenschaften
(+)
• EF ≈ 73 GP a, ρF ≈ 2, 6 g/cm3 , Rk,F ≈ 1, 8 GP a, B ≈ 3 %, αF = 5 · 10−6 K −1

• Thermische Dauerbeanspruchung bis zu 250 °C möglich, nicht brennbar, Erweichungspunkt


bei ca. 625 °C (E-Glas)

• Es gibt mehrere Sorten: E(electrical)-Glas, S(strength)-Glas, R(resistance)- Glas

• Der Faserdurchmesser beträgt 7 − 13 µm

• Preisgünstig

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3.3.5 Matrixwerkstoffe

Die Matrix besitzt bei Faser-Kunststoff-Verbunden die wichtige Aufgabe die Fasern in der ge-
wünschten geometrischen Lage zu fixieren, die Fasern vor einwirkenden Umgebungsmedien zu
schützen, die Faser unter Druckbelastungen zu stützen und Kräfte auf die Fasern zu übertra-
gen, bzw. zwischen den einzelnen Fasern überzuleiten. Bei den polymeren Matrixwerkstoffen
kann grundsätzlich zwischen thermoplastischen und duroplastischen Werkstoffen unterschieden
werden. Der Unterschied besteht darin, dass Thermoplaste schmelzbar sind und Duroplaste
nicht.

Duroplastische Matrizes

Duroplaste sind die zur Zeit am häufigsten verwendeten Matrixwerkstoffe. Duroplaste entstehen
durch chemische Vernetzung, die sogenannte Härtung. Für die Vernetzungsreaktion sind ein Re-
aktionsharz und ein Härter notwendig. Die Vernetzungsreaktion wird durch Katalysatoren, Strah-
lung oder Wärme gestartet. Innerhalb der Duroplaste werden vorwiegend Epoxidharze und unge-
sättigte Polyesterharze verwendet.

Epoxidharze Expoxidharze (EP-Harze) zeichnen sich durch eine geringe Schwindung von ca.
3 %, eine hohe Wärmeformbestädigkeit, sehr gute mechanische Eigenschaften sowie sehr gu-
te Haft- und Klebeeigenschaften aus. Während der Verarbeitung weisen Epoxidharze eine hohe
Viskosität auf, was eine vollständige Durchtränkung der Fasern erschwert.

Die Eigenschaften der Epoxidharze lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

• Temperaturbeständigkeit bis ca. 200 °C

• Sehr gute Haft- und Klebeeigenschaften

• Geringe Verarbeitungsschwindung von ca. 3 %

• Nicht schmelzbar

• ρm ≈ 1, 2 g/cm3 , Em ≈ 3 − 4 GP a, Rm ≈ 0, 07 − 0, 09 GP a

• Teurer als ungesättigte Polyesterharze

Ungesättigte Polyesterharze Die Verwendung von ungesättigten Polyesterharzen (UP-Harze)


begründet sich durch die leichte Verarbeitbarkeit (auch als Gießharze) und den geringen Preis.
Nachteilig sind die mäßigen mechanischen Eigenschaften, die relativ geringe Temperatur- und
Lichtbeständigkeit und die hohe Verarbeitungsschwindung von ca. 5 %. Die Eigenschaften der
UP-Harze lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

• Geringe Temperatur- und Lichtbeständigkeit (Glasübergangstemperatur bei ca. 100 °C –


150 °C)

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• Aushärtung durch Zugabe eines Beschleunigers (kaltaushärtende Systeme) oder ohne Be-
schleuniger durch Wärme (warmaushärtende Systeme)

• Hohe Verarbeitungsschwindung von 5 % bis 10 %

• Geringe chemische Resistenz

• Nicht schmelzbar

• Geringe Zwischenfaserbindung

• ρm ≈ 1, 2 g/cm3 , Em ≈ 4 − 5 GP a, Rm ≈ 0, 06 − 0, 08 GP a

• Preiswert, vielseitig einsetzbar, leicht zu verarbeiten

Thermoplastische Matrizes Im Gegensatz zu Duroplasten weisen Thermoplaste keine räumli-


che Vernetzung auf, die Makromoleküle sind also chemisch nicht gebunden. Die Polymerketten
sind durch Nebevalenzbindungen (Verfilzung, Verhakung, Verschlaufung und Kristallitbildung) mit-
einander verbunden. Diese kann bei erhöhter Temperatur überwunden werden und die Polymer-
ketten können aneinander abgleiten – der Werkstoff ist geschmolzen. Dieser Vorgang ist rever-
sibel und kann beliebig oft wiederholt werden. Damit ergibt sich sich auch der große Vorteil von
Thermoplasten – die Rezyklierbarkeit durch Aufschmelzen. Nachteilig sind die nur mäßigen me-
chanischen Eigenschaften und die hohe Viskosität während der Verarbeitung. Dies erfordert eine
hohe Erwärmung der Fügewerkzeuge, um eine ausreichende Erwärmung der Thermoplaste für
eine zufriedenstellende Fasertränkung zu erreichen.

• ρm ≈ 0, 9 g/cm3 , Em ≈ 1, 6 − 2, 6 GP a, Rm ≈ 0, 035 − 0, 065 GP a

• Schmelzbar

• Werkstoffrecycling ist möglich

• Umformung nach dem Fertigungsprozess ist möglich

• Fasertränkung ist schwierig, da die Viskosität 100-200 mal großer als bei Duroplasten ist

• Hohe Erwärmung der Fügewerkzeuge ist notwendig, um die Schmelztemperatur zu errei-


chen

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3.3.6 Grenzschicht

Der Übergang zwischen Faseroberfläche und Matrix wird als Grenzschicht bezeichnet, siehe Ab-
bildung 3.9. Die Dicke dieser Schicht beträgt nur wenige Zehntel Mikrometer und sie besitzt die
Aufgabe der Spannungsübertragung zwischen Faser und Matrix. Um eine optimale Spannungs-
übertragung in der Grenzschicht zu gewährleisten, werden die Fasern am Ende des Faserherstel-
lungsprozesses speziell behandelt. In den meisten Fällen werden die Fasern mit einer Schlichte
überzogen, welche die Hafteigenschaften verbessert und die Fasern zudem vor äußeren Beschä-
digungen beschützt.

Abb. 3.9: Schematische Darstellung der Grenzschicht zwischen Faser und


Matrix

3.3.7 Faserarten

Hinsichtlich der Faserarten kann eine Unterteilung in Kurzfasern, Langfasern und Endlosfasern
getroffen werden. Als Kurzfasern werden Fasern mit einer Längs zwischen 0, 1 mm und 1 mm be-
zeichnet. Sie werden vielfach im Spritzguss verarbeitet und liegen demnach ungerichtet im Bauteil
vor. Fasern mit einer Länge zwischen 1 mm und 50 mm werden als Langfasern bezeichnet. Sie
werden gerichtet oder auch ungerichtet verarbeitet. Als Endlosfasern werden Fasern bezeichnet,
welche sich über das gesamte Abmaß des Bauteils erstrecken. Diese Faserform wird für die meis-
ten Strukturbauteile verwendet.

3.3.7.1 Faserhalbzeuge

Die Abbildung 3.10 zeigt drei typische Halbzeuge für Faser-Kunststoff-Verbunde.

Matten und Vliese, siehe Abbildung 3.10 (a), sind Flächengebilde aus ungeordneten, übereinan-
derliegenden Fasern. Der Zusammenhalt wird durch Vernadeln oder Binder hergestellt. Bei Matten
bzw. Vliesen werden hauptsächlich Langfasern in ungeordneter Form verwendet. Die Vorteile von

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(a) Matte bzw. Vlies (b) Gewebe

(c) Gelege

Abb. 3.10: Faserhalbzeuge

Matten bzw. Vliese liegt in den relativ geringen Kosten, der guten Verarbeitbarkeit (gute Saugfä-
higkeit) und der guten Oberflächenqualität. Nachteilig sind der geringe Faservolumengehalt und
die daraus resultierenden geringen mechanischen Eigenschaften.

Anders als bei den Matten und Vliesen wird bei Geweben, siehe Abbildung 3.10 (b), das Flä-
chengebilde durch Fachbildung zweier sich rechtwinklig kreuzender Fadensysteme gebildet. Je
nach Bindungsart ist eine weitere Unterteilung möglich (Leinwandbindung, Köperbindung, Satin-
bindung...). Infolge der zwei ausgeprägten Faserrichtungen besitzen Gewebe zwei ausgeprägte
Vorzugsrichtungen hinsichtlich Festigkeit und Steifigkeit. Der Vorteil bei der Verwendung von Ge-
weben liegt in darin, dass die ausgeprägten Faserrichtungen während der Verarbeitung nur schwer
zueinander verschiebbar sind und sich beim Einlegen in eine Form nur schwer verziehen. Nach-
teilig auf die Druck- und Ermüdungsfestigkeit wirkt sich die lokale Krümmung der Fasern infolge
der Verwebung aus. Infolge der Krümmung der Fasern wird die Festigkeit um 5 - 20 % vermindert.

Bei hochwertigen Bauteilen werden vor allem Gelege, siehe Abbildung 3.10 (c), verwendet. Da-
bei werden die einzelnen Faserlagen übereinandergelegt und ggf. zueinander fixiert. Der Vorteil
von Gelegen liegt in der Ausnutzung der vollständigen Festigkeit der Fasern. Zudem können im
Gegensatz zu Geweben die Faserlagen in beliebigen Winkeln zueinander positioniert werden.

3.3.8 Herstellungs- und Aushärteverfahren

Die Besonderheit bei der Herstellung von Faser-Kunststoff-Verbunden besteht darin, dass im Ge-
gensatz zu metallischen Werkstoffen der Werkstoff an sich während des Herstellungsverfahrens
entsteht. Dementsprechend besitzt auch das Herstellungsverfahren einen großen Einfluss auf die
Werkstoffeigenschaften. Während des Herstellungsprozesses kann zwischen dem Laminiervor-
gang und dem Härteverfahren unterschieden werden. Als Laminierverfahren bzw. Laminiervor-
gang wird dabei allgemein das Einbringen der Stoffkomponenten in das Formwerkzeug bezeich-

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net. Das Härteverfahren bezeichnet Maßnahmen zur Vernetzung der Matrix. Im Folgenden werden
einige typische Laminier- und Härteverfahren vorgestellt.

3.3.8.1 Laminierverfahren Handlaminieren

Das Hauptkennzeichen des Handlaminierverfahrens ist die vollständig manuelle Herstellung von
Bauteilen. Dieses Verfahren besitzt demnach den größten manuellen Aufwand und die geringsten
Investitionskosten. Das Handlaminieren eignet sich besonders im Prototypenbau oder für Klein-
serien. Als Faserhalbzeuge können Matten/Vliese, Gewebe, Gelege und Prepregs (siehe 3.3.8.2)
verarbeitet werden. Als Aushärteverfahren eignet sich die Autoklaven- und Ofenhärtung. Der Nach-
teil des Verfahrens ist, dass die Bauteilqualität sehr stark von den Qualitäten des Werkers abhängt.
Zudem können nur geringe Faservolumenanteile von ca. ϕF ≈ 30 % erreicht werden.

Folgende Arbeitsschritte sind notwendig:

1. Formenbau

2. Zuschnitt der Halbzeuge

3. Laminieren

4. Aushärten und Entformen

3.3.8.2 Prepregverarbeitung

Bei Prepregs (preimpregnated fibres) liegen Gewebe oder Gelege vor, welche bereits mit der Ma-
trix vorimprägniert sind. Prepregs werden nach der Imprägnierung mit der Matrix bei einer Tempe-
ratur von ca. −20 °C gelagert. Somit wird ein Aushärten des Harzes verhindert. Demnach ist aber
auch die Haltbarkeit von Prepregs begrenzt, sodass diese vor dem Ablaufdatum verarbeitet wer-
den sollten. Der Vorteil von Prepregs besteht darin, dass und ein sehr hoher Faservolumentanteil
entsteht. Vor der Verarbeitung müssen die Prepregs ca. 24 h aufgetaut werden.

3.3.8.3 Aushärteverfahren Autoklav

Eine Aushärtung von Prepregs oder handlaminierten Gelegen bzw. Geweben erfolgt oftmals im Au-
toklaven. Ein Autoklav besteht aus einer Überdruckkammer, welche beheizt werden kann. Gleich-
zeitig wird das Laminat nach dem Laminieren mit einem Vakuumsack versehen und mit einem
Unterdruck beaufschlagt. Während des Aushärten wird erfolgt demnach eine Druckbeaufschla-
gung des Laminates durch Unter- und Überdruck. Die Druckbeaufschlagung hat den Zweck ein
Verrutschen der Laminatschichten gegeneinander während des Aushärtens zu verhindern, über-
flüssiges Harz abzusaugen (mit dem Sauggewebe) und Lufteinschlüsse zu vermeiden. Gleichzei-
tig wird ein definierter Temperaturverlauf gefahren, um ein vollständiges Aushärten des Bauteils

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zu gewährleisten. Die Abbildung 3.11 zeigt schematisch den Aufbau für eine Aushärtung im Auto-
klaven und die dazugehörigen Temperatur- und Druckverlauf.

Falls dieser Vorgang ohne Überdruck durchgeführt wird spricht man von einer Ofenhärtung.

Absaugkanal
Trennfolie Prepregs
Vakuumsack Lochfolie Sauggewebe

Dichtband

Formbegrenzung
Abreißgewebe Trennmittel

(a) Schematischer Aufbau Abdichtung Laminat

Temperatur

Druck

Vakuum

Zeit

(b) Schematischer Aufbau Autoklav (c) Temperatur- und Druckverlauf

Abb. 3.11: Aushärteverfahren Autoklav

3.3.8.4 Resin Transfer Moulding (RTM)

Für Großserienherstellungen, insbesondere im Automobilbereich, wird das Resin Transfer Moul-


ding (RTM) Verfahren angewendet. Die Begründung dafür liegt in der hohen Automatisierbarkeit.
Im ersten Schritt werden die Verstärkungsmaterialien in das Werkzeug eingelegt, siehe Abbildung
3.13. Dieses wird anschließend geschlossen und das Harz mit Überdrücken bis zu 25 bar injiziert.
Um die Tränkung des Verstärkungsmaterials zu verbessern kann gleichzeitig ein Unterdruck an-
gelegt werden. Eine Beheizung des Werkzeugs wird gegebenenfalls auch vorgenommen, um die
Viskosität des Matrixwerkstoffes und die Zykluszeiten zu vermindern. Die Aushärtung erfolgt noch
im geschlossenen Werkzeug. Taktzeiten von zehn Minuten oder darunter sind realisierbar.

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Beschicken

Schließen

Entformen

Temperierung
Material

Vernetzen Injizieren

Abb. 3.12: Prozessschritte des RTM-Verfahrens

3.3.8.5 Pultrudieren

Das Pultrudieren (auch Strangziehen genannt) ist ein kontinuierliches Verfahren für die Herstel-
lung von Endlosprofilen. Dafür werden Rovings, Matten oder Gewebe verwendet. Diese werden zu-
erst durch ein Tränkbad gezogen und anschließend durch das beheizte Werkzeug. Dieses besteht
oftmals aus einer geteilten Stahlkavität, deren Innenfläche der Außenfläche des Profils entspricht.
Im Werkzeug härtet das Harz aus. Nach dem Austritt aus dem Werkzeug erfolgt die Abkühlung an
der Luft und der Zuschnitt.

Rovings

Abzugsvorrichtung Säge
Werkzeug

Tränkbad

Abb. 3.13: Pultrusionsverfahren

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3.3.8.6 Weitere Herstellungsverfahren

Ergänzend zu den vorgestellten Verfahren existieren unter anderem auch noch das Schleuderver-
fahren, das Wickeln, das Flechten und das Spritzgießen (für Kurzfasern).

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Literaturverzeichnis

[1] S CHRMANN, H.: Konstruieren Mit Faser-Kunststoff-Verbunden. Springer London, Limited, 2007
(VDI-Buch)

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