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Musikgeschichte 3

Musik der Klassik und frühen Romantik

ao. Univ.-Prof. Dr. Thomas Hochradner


thomas.hochradner@moz.ac.at
Sprechzeiten: MI 9.30–10.30, FR 14–15.30 Uhr, Zi. 2033

5.
Von Frühklassik zu Klassik:
die Folgen des Wandels
Musikgeschichte 3
Von Frühklassik zu Klassik: der Wandel der Musikanschauung
Das neue Stilideal (1)

um 1750 werden zwei neue stilistische Ansprüche an den Komponisten gestellt:


• er muss im „vermischten Geschmack“ komponieren, d.h. inmitten einer internationalen
Musikkultur stehen
• er muss empfindsam komponieren und dabei im Ausdruck Natürlichkeit vermitteln (die
barocken Affekte werden als aufgesetzt abgelehnt)

Carl Philipp Emanuel Bach arbeitet 1753 im Versuch über die wahre Art das Clavier zu
galan und ___________ heraus
spielen den Unterschied von _______ empfindsam
‚galant‘: das Gegenteil vont_______
gelehrt = kontrapunktisch
• bewusste Abkehr vom strengen Satz
• natürliche und ungezwungene Musiksprache, befreit von barocken Affekten
• Melodik vorherrschendes Moment eines vorwiegend homophonen
Instrumentalsatzes
Konsequenzen → geringstimmiges Satzideal
→ Kurzgliedrigkeit, Phrasen quasi als Gespräch unterteilt, führt zu
Periodik
→ Verlangsamung des harmonischen Tempos,
die Bewegung T ↔ D klammert größere Abschnitte
→ die Bassstimme löst sich aus der Continuo-Funktion und wird
2
beweglicher
Musikgeschichte 3
Von Frühklassik zu Klassik: der Wandel der Musikanschauung

Das neue Stilideal (2)

Carl Philipp Emanuel Bach 1753:


‚empfindsam‘: Natürlichkeit – gefordert wird, Gemütsbewegungen statt Gefühlszustände
auszudrücken
Stilmittel:
Synkope _______
• Einsatz von _______, Pause
n
• starke rhythmische n
_________
Kontraste
• ________________
Vorhaltsbildungen (z.B. ‚Seufzermotivik‘ in abgezogenen Sekunden)
• _________
expressive Intervalle und Chromatik

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Musikgeschichte 3
Von Frühklassik zu Klassik: terminologische Probleme

terminologische Probleme

für die Zeitspanne von ca. 1750 bis ca. 1780 konkurrenzieren mehrere Bezeichnungen
Vorklassik
_____________ – ausgehend von der Klassik und damit gegen die Chronologie gerichtet

_____________ – in Anlehnung an die Kunstgeschichte, dort allerdings mit besonderen


Zierformen verbunden und damit nur für einen Teil des musikalischen Schaffens zutreffend

_____________
Sturm und Drang – in Anlehnung an die Literaturgeschichte, die dort zu beobachtende
Gefühlsübersteigerung (man denke an Goethe, Die Leiden des jungen Werthers, 1774) ist
aber in der Musik schwer nachzuvollziehen

_____________
Frühklassik – wohl der beste Begriff, weil er immerhin aufzeigt, dass es einen Weg vom
Barock hin zur Klassik gibt und bestimmte Merkmale der Klassik schon vor dem Wirken
von Haydn, Mozart und Beethoven ausgeprägt waren

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Musikgeschichte 3
Von Frühklassik zu Klassik: der Wandel der Musikanschauung

Zentren des Musiklebens in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts (1)

• Mailand
_______: Gian Battista Sammartini und seine Schüler Carlo Broschi, Melchiorre Chiesa
Sonderstellung sowohl im Ritus der Kirche als auch in der politischen Zugehörigkeit
zur Habsburgermonarchie
• Bologna
_______: Padre Gian Battista Martini
hier blieb die Bedeutung der Kontrapunktik erhalten
• Paris
_______: seit 1725 ein organisiertes Konzertwesen, die „Concerts spirituels“, gegründet
von François-André Danican Philidor
→ Aufführung von musikalischen Werken aus ganz Europa, Platzhirsch: François-
Joseph Gossec (1734–1829)
Londo öffentliches Konzertwesen seit 1728, damals Gründung der „Philharmonic
• _______:
n Society“, dazu diverse Privatunternehmen für Bühnenwerke (vgl. Händel, Porpora)
Prominenz vor Ort: Händel, dann Johann Christian Bach und Carl Friedrich Abel, die
gemeinsam zwischen 1765 und 1782 die Bach-Abel-Konzerte veranstalten
→ auch diese Stadt ist gegenüber ausländischen Künstlern sehr aufgeschlossen (vgl.
die positive Resonanz auf Mozart in Paris und London während der großen Europa-
Tournee 1763–66 dem Kind gegenüber, nicht aber bei der zweiten Parisreise dem
Erwachsenen gegenüber)
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Von Frühklassik zu Klassik: der Wandel der Musikanschauung

Zentren des Musiklebens in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts (2)

• Berlin
______: konzentriert am Hof Friedrich II. von Preußen; Johann Joachim Quantz wirkt als
Flötenlehrer des Königs, Hofkapellmeister sind Carl Heinrich Graun und Johann Friedrich
Agricola, im Umkreis bewegen sich Carl Philipp Emanuel Bach und Carl Friedrich Fasch;
 eine gewisse Sonderentwicklung ist bei Schülern Johann Sebastian Bachs
festzustellen: Agricola, Johann Philipp Kirnberger, Christoph Nichelmann (2.
Kammercembalist) behalten die Kontrapunktik bei, gegen die sonst allenthalben
polemisiert wird
• _______:
Wien am Kaiserhof wirken Georg Christoph Wagenseil, Georg Reutter d. J., Florian
Gaßmann, Johann Starzer, Franz Aspelmayr, Giuseppe Bonno, Antonio Salieri;
 die Ämter des Hofkapellmeisters, Hoftheaterkapellmeister und diverser
Hofkomponisten sind zu vergeben
Divertimenti ein Derivat der Suite versetzt mit
 neuartig sind zunächst nur die _____________,
aktuellen stilistischen Zügen (z.B. der formalen Anlage der Sonate nach C. Ph. E.
Bach)
 in der Folge gelingt es in Wien mehr als andernorts, die heimische Tradition mit
anderen zeitgenössischen Strömungen unterschiedlicher Herkunft synthetisch zu
verbinden
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Von Frühklassik zu Klassik: die Folgen des Wandels

Innovationen in den Zentren der Frühklassik (1)

betreffen vor allem die Instrumentalmusik, während Kirchen- und Theatermusik in


konventionelleren Bahnen verblieben

Mailand
• für öffentliche Konzerte (auch im Freien) entstehen vergleichsweise ‚simple‘
Konzertsinfonien
Melodik
einfache und stark formelhafte ____________
Satztechnik mit melodieführender Oberstimme und ______________
akkordischem Begleitsatz
ein und zweitaktigen
Reihung von kleinsten ____________________ Abschnitten
• internationale Wirkung: Werke von Giovanni Battista Sammartini (1700/01–1775)
erscheinen in London und Paris im Druck (‚den‘ kulturellen Umschlagplätzen der Zeit)

MANNHEIM
______________: am Hof des Musik liebenden Fürsten Carl Theodor von der Pfalz sind
hauptsächlich aus Böhmen und Süddeutschland stammende Komponisten tätig: Johann
Stamitz, Anton Fils, Ignaz Holzbauer, Franz Xaver Richter, aus Mannheim: Christian
Cannabich
1778 Bedeutungsverlust durch den Wechsel des Regenten nach München
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Von Frühklassik zu Klassik: die Folgen des Wandels

Innovationen in den Zentren der Frühklassik (2)

Mannheim
auch die Mannheimer Komponisten erlangten ihre überregionale Bedeutung über Paris
• sie dominierten die die Pariser Konzertprogramme seit der ersten Aufführung einer
Johann Stamitz
Sinfonie von ___________________ (1717–1757) in einem Concert spirituel 1751
• mehrere Werke Mannheimer Komponisten wurden in Paris veröffentlicht

das Pariser Publikum war fasziniert


sinfonischen Formen
• von den größeren _______________
• vom darin eingebundenen ______________
konzertanten Moment
Effekten im Detail („Mannheimer Manieren“)
• von den orchestralen und dynamischen __________
• „Walze“ – Aufwallen in ansteigendem Tremolo
• „Rakete“ – aufwärts geführte Dreiklangsbrechungen
• „Seufzer“ – gehäufte Vorhaltsbildungen
Bläserbehandlun
• von der Ausweitung der Besetzung samt differenzierten __________________
• von einem volksmusikalischen Idiom durch Liedmelodikgund Tanzperiodik

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Musikgeschichte 3
Von Frühklassik zu Klassik: die Folgen des Wandels

Innovationen in den Zentren der Frühklassik (3)

Mannheim (Fortsetzung)

das Mannheimer Orchester galt als bestes seiner Zeit:

„Es sind wirklich mehr Solospieler und gute Komponisten in diesem als vielleicht in
irgendeinem Orchester in Europa.“
(Charles Burney, Tagebuch einer musikalischen Reise, 1772)

„Kein Orchester der Welt hat es je in der Ausführung dem Mannheimer zuvorgethan. Sein
Forte ist ein Donner, sein Crescendo ein Catarakt [...,] sein Piano ein Frühlinghauch.“
(Christian Friedrich Daniel Schubart, Ideen zu einer Ästhetik der Tonkunst, verfasst 1784/85,
gedruckt 1805)

für diese Klangwelt entstehen Sinfonien, Solokonzerte (so auch für die neu im Orchester
Klarinette
eingeführte ______________), Orchestertrios, Kammermusik
• doch für welche Besetzung ein Werk gedacht ist, wird nicht immer ausgewiesen – die
Grenze zwischen Kammermusik und Orchestermusik wird fließend gezogen
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Musikgeschichte 3
Von Frühklassik zu Klassik: die Folgen des Wandels

Palette der Formen (1)

Sonatenform (Sonatenhauptsatzform)
durchwegs im ersten und häufig auch im letzten Satz eines Instrumentalwerkes, adaptiert oft
auch in Gattungen wie Oper, Messe... anzutreffen
• die Form wurde von der Musiktheorie des 19. Jahrhunderts ‚katalogisiert‘ und ein
____________ geschaffen (‚Lehrbuchsonate‘), der historisch nicht bindend gewesen war
• die Form wurde entwickelt aus dem barocken Suitensatz durch Überlagerung mit der
italienischen Da-capo-Form (Dreiteiligkeit) und dem Ritornell-Episodencharakter
(Kontrastprinzip) des Konzertes

dadurch entsteht die Dreiteiligkeit von Exposition – Durchführung – Reprise


• das Werk beginnt, dann hebt eine Zäsur die neu erreichte Tonart vom Vorigen ab, ein
neues Thema tritt ein – der erste Teil gerät so zur ‚Exposition‘ zweier Themen
• im zweiten Teil wird nicht länger die variative Kontinuität im selben Bewegungszug
angestrebt, sondern eine Auseinandersetzung mit dem Material vorgenommen
• diese ‚Durchführung‘ mündet im Wiederaufgreifen des Beginns und dessen tonaler
Stabilisierung: ‚Reprise‘

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Von Frühklassik zu Klassik: die Folgen des Wandels

Palette der Formen (2)

Rondoform
die ‚Urform‘ a – b – a – c –a – d – a ... (bes. in der französischen Cembalomusik beliebt)
wird modifiziert zum ‚________________‘
a–b–a c a – b – a mit Überleitungen und Coda
T D T quasi Durchführung T T T

Liedform
dreiteilig a – b – a (meistens)
oder in __________ a – a – b

weitergeführt als zusammengesetzte Liedform mit Binnenstruktur, z.B.


A– B– A
a–b–a c–d–c a–b–a

tauchen in einem Satz Versatzstücke wieder auf, lässt das für gewöhnlich auf eine
‚verkappte‘ Liedform schließen

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Musikgeschichte 3
Von Frühklassik zu Klassik: die Folgen des Wandels

Palette der Formen (3)

Tanzform
Menuett – Trio – Menuett
aus der ursprünglichen Reduktion des Mittelteils zur Dreistimmigkeit wird ein tonaler
Gegensatz (in der Regel ein ________ – der Wechsel in die parallele Molltonart, seltener ein
_________)

Variationsform
tritt sowohl in selbständigen Variationswerken als auch in Sonaten und Sinfonien auf, dort
jedoch vorerst immer in Verbindung mit anderen Formen

Formen in der klassischen Stilwelt


jedes einzelne Werk trägt unverkennbar die ‚Handschrift‘ seines Komponisten
zum Vergleich:
• Joseph Haydn, Klaviersonate in B-Dur Hob. XVI:41 (vor 1784)
• Wolfgang Amadé Mozart, Klaviersonate in c-Moll KV 457 (1784)

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