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Vokalmusik
Emilia Pelliccia, BA MA
pelliccia@mdw.ac.at
Mo, 17:00–18:30
MDW, Institut für Gesang und Musiktheater
Lehrsaal 1
Das lange 18. Jahrhundert: abseits der Oper
Literatur: F. Krummacher/ R. Emans/ C. Gottwald/D. Tunley, Art. „Kantate“, in: MGG Online, (2016),
https://www.mgg-online.com/mgg/stable/11879
Definition(en) der Gattung „Kantate“
• Historisch übergreifende Definition von „Kantate“ ist kaum möglich
• Keine festen Gattungsmerkmale; Begriff „cantata“ wurde in den Ländern, in
denen sie kultiviert wird, auf unterschiedlichste Erscheinungsformen angewandt
• Mögliche Erscheinungsformen: Gattung des Sologesangs (Italien) oder
Chorwerk (Deutschland protestantische Kirchenmusik)
• Kompositorische Eckdaten: mit Orchester oder nur Basso continuo; weltlich oder
geistlich; kammermusikalisch oder groß angelegt
• Definitionen müssen differenziert und auf die jeweilige Gattungstradition
zugeschnitten sein (Bsp. Frankreich Kantate erst verhältnismäßig spät
kultiviert, da sie nicht die optischen Reize der tragédie lyrique trug;
Bühnenmaschinerie, Tanz, Chöre, etc.)
Italienische Kantate
• Führende vokale Kammermusikform in Italien (und Zentren, die ital. Musik
rezipierten)
• Meist als Abfolge von Rezitativ und Arie komponiert (mit Bc- oder
Orchesterbegleitung): A-R-A oder R-A-R-A
• Für Solostimme oder mehrere Solostimmen
• Kultivierung der Kammerkantate durch adelige Mäzene oder im Rahmen
von Akademien
• Meist in (handschriftlichen) Sammlungen zu 6 oder 12 Kantaten überliefert
• Wichtige Zentren: Rom, Neapel, Wien, u.a.
• Bedeutende Komponisten: A. Scarlatti, A. Caldara, G.F. Händel, u.a.
Italienische Kantate – Beispiel Händel in Neapel
• Im Jahr 1708: Aufenthalt von wenigen Monaten in Neapel im Zuge von
Händels Italienreise (ca. 1706–1710)
• Komposition mehrerer Serenaten (u.a. Aci, Galatea e Polifemo HWV 72)
und Kantaten
• Basskantaten Nell‘africane selve HWV 136a und Cuopre tal volta il ciel
HWV 98
• Serenate und Kantaten wahrscheinlich für ein- und denselben nicht-
identifizierbaren Bassisten geschrieben (evtl. D. Antonio Manna)
• Ungewöhnlich großer Stimmumfang (C#–ab‘)
• Kantaten für Solo-Bass eher selten (Sopran und Alt in der Überzahl)
Nell‘africane selve HWV 136a, f#-moll, B+Bc
Aufbau
Rezitativ „Nell‘africane selve“
Arie „Langue, trema e prigioniero“ Rez. „Nell‘africane selve“;
B: Jean-Louis Bindi
Rezitativ „Nice, là fra confini di valli incolti“
Arie „Chiedo amore, altro non bramo“
Kantate im deutschsprachigen Raum
• Kirchenkantate: mehrsätzige, zyklische Form, gegliedert in Solo- und
Chorteile
• Kulminiert im Oevre J. S. Bachs, dessen Werken der Terminus
„Kantate“ im Nachhinein (spätes 19. Jhdt, BGA, hrsg. von Philipp
Spitta) zugeordnet wurde bis Mitte 18. Jhdt war der Terminus
nicht üblich; eher „Geistliches Konzert“
• Vertonung von Choraltext: zur Gänze oder nur teilweise auf Strophen
des Chorals basierend
• Weitere Vertreter der protestantischen Kirchenkantate: Christoph
Graupner, Georg Philipp Telemann (ca. 1050 Werke!), u.a.
Kantatenschaffen Bachs
• Etwa 300 Kirchenkantaten überliefert
• Höhepunkt der Gattung Kirchenkantate, v.a. 1720er-Jahre (Bachs Zeit in
Köthen und Leipzig); ab 1723 in Leipzig Thomaskantor verantwortlich für
Kirchenmusik in vier Leipziger Kirchen
• Gebrauchsmusik? Aufführung je einer Kantate an allen Sonn- und Feiertagen
• Neben Passionen und Motetten sind Kantaten seine wichtigste Gattung
• Bachs Chorwerke (Kantaten, Passionen, Motetten, u.a.) gaben und geben
Anlass zur Diskussion über Aufführungs- und Besetzungspraxis
• Große, kleine oder gar solistische Besetzung?
Zur vertiefenden Recherche: https://www.bach-digital.de/content/index.xed
Besetzungsproblem bei Bach: Entwurff einer wohlbestallten Kirchen Music