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"Der Wille der All-Eltern ist, dass die Liebe sich in allen Dingen verwirklicht, damit

alle Geschöpfe, ob klein oder groß, sich am Geist der Liebe selbst erfreuen können,
denn im Himmel und auf Erden gibt es nichts Größeres als die Verwirklichung der
All-Liebe. Denn der Ewige Geist drückte am Anfang aus, dass die Liebe allen Dingen
bekannt gemacht werden sollte, und der Ewige All-Vater formulierte weiterhin den
Willen seiner Liebe, indem er in jede Schöpfung den Wunsch pflanzte, Liebe geben
und Liebe empfangen zu wollen, denn geliebt zu werden und in Liebe zu teilen ist der
Wille des Vater-Mutter Gottes, der mich in die Welt gesandt hat, damit die, die die
Liebe missbraucht haben, wissen und verstehen würden, dass Gottes Liebe und
Barmherzigkeit unbegrenzt sind und nicht in menschlichen Werten gemessen werden
können. Ihr sollt daher wissen, dass Gott jeder Kreatur Freude an der Liebe gegeben
hat, damit diese Kreaturen die Liebe Gottes erfahren können, denn Gott ist in allen
Dingen und alle Dinge sind in Gott. Wisset daher, dass Liebe die Erfüllung des
Willens und des Gesetzes Gottes ist. Und die, die seine Gebote halten, teilen diese
große Liebe. Es gibt keinen größeren Segen oder Verwirklichung für den Menschen,
als die Liebe Gottes zu kennen. Denn diejenigen, die zur Erkenntnis des Einen Vaters
kommen, kommen zum Wissen über die große Familie des Lebens. Ja, ich sage euch
heute: Das Leben ist der Weg zur Liebe und die Liebe ist der Weg zum innigen
Leben. Liebt euch und die Geschöpfe Gottes, und alle Arten von Frieden und Freude
werden über euch kommen. Erbarmt euch über die anderen und die Geschöpfe Gottes
und ihr werdet euch im Hause Gottes freuen und das Gute vom Bösen kennen. Denn
die Ewigen Eltern teilen die Liebe mit allen sichtbaren und unsichtbaren Dingen und
bringen alle Arten von Leben hervor, damit die Liebe in jedem Stadium und in jedem
Zeitalter verwirklicht wird. Wenn ihr nicht liebt, seid ihr in allen Dingen tot, und alle
Dinge sind für euch tot. Lernt die wahre Liebe nach dem Willen Gottes, damit ihr alle
den Segen erben könnt, der für diejenigen vorgesehen ist, die die Liebe kennen und
lieben; denn die Liebe tut zum Wohl aller und nicht nur für einige. Die Liebe sorgt
sich um die Geschöpfe Gottes und sucht nicht ihren eigenen Lohn, sondern den Lohn
anderer Dinge. Ja, Liebe ist die Schönheit des Gesetzes, die durch den Menschensohn
verwirklicht wurde. Er lehrt die Wahrheiten Gottes, damit Menschen die Liebe Gottes
erkennen können, die der Welt durch den Satan vorenthalten wird."

"Denn Yeshua ist in die Welt gekommen, damit alle Dinge zu ihrem Ursprung
zurückkehren konnten. Er kam, um den Menschen von der Knechtschaft des Todes zu
befreien und jedes Geschöpf vor Gott freizulassen. So würde Yeshua für die Söhne
und Töchter der Menschen einen fleischlichen Tod erleiden, um das reinste Motiv der
Liebe zu wahren. Denn der Mensch war gefallen und hatte die Liebe Gottes
missbraucht und sein heiliges Gesetz wegen der falschen Gebote und Lehren von
Menschen und Teufeln verlassen. Groß war die kommende Mission des Christus und
nur wenige verstehen die Weisheit davon. Yeshua war das perfekte Beispiel für die
menschliche Liebe auf Erden. Als Mensch sollte er sich vor Gott in allen Dingen als
der geistliche Christus auszeichnen. Yeshua kannte und verstand die Weisheit des
Gesetzes, und es wurde von ihm geschrieben: Er kam, um das heilige Gesetz neu zu
gestalten und seine wahre Bedeutung unter den Menschen und Engeln zu lehren."
"Eines Tages, als Yeshua und einige seiner Jünger auf dem Land beteten, kam ein
Hirte mit seiner Herde an ihnen vorbei. Und Yeshua nahm eines der jungen Lämmer
in seine Arme und redete liebevoll mit ihm und drückte es an seine Brust, und das
junge Lamm weinte wie ein Kind in den Armen seiner Mutter. Und dann sagte
Yeshua zu seinen Jüngern: Ich bin der gute Hirte und kenne meine Schafe, und sie
kennen mich. Und so wie mich die All-Eltern kennen, so kenne ich meine Schafe und
gebe mein Leben für sie. Ich habe andere Schafe, die nicht von dieser Herde sind,
und auch sie muss ich zurück bringen, und sie werden meine Stimme hören, denn alle
sollen eine Herde sein und ein Hirte, der über allen ist. Deswegen lege ich meinen
irdischen Körper nieder, damit ich meinen Geisteskörper wieder nehmen kann. Wisst
ihr, niemand nimmt mir das Leben, sondern ich lege es aus meinem eigenen Willen
nieder, denn ich habe die Macht, mein Leben niederzulegen und ich habe Macht, es
wieder aufzunehmen. So sage ich zu euch: Fürchtet euch nicht vor den Dingen, die
eure Augen in Bezug auf meinen Körper sehen werden, denn es ist mein Wille, dass
ich meinen Körper niederlege und nicht der Wille eines Menschen. Ja, ich komme aus
dem Himmel mit Kraft und Herrlichkeit des Vater-Mutter, der mich gesandt hat. Ich
gehe von der Erde, nicht wie die Tempelopfer von tierischem Fleisch, deren Blut die
Sünden der Menschen nicht wegwaschen kann, noch die Brandopfer das Böse in
ihnen. Ich lege meinen Körper nieder, um die Liebe des Gesetzes zu verteidigen,
denn es steht nichts über der Liebe meines Gesetzes, und nichts ist größer, als ein
Leben für einen Bruder niederzulegen. So will ich meine Liebe zum Gesetz der Welt
offenbaren, damit die Menschen wissen sollen, dass sie das Gesetz der Liebe
missbraucht haben und große Sünden gegen die Schöpfungen des Ewigen Geistes
begangen haben."

"Yeshua war auch in seinem eigenen reinweißen Gewand ohne Naht und makellos
gekleidet. Und Yeshua sagte zu ihnen: Ich freue mich sehr, dieses Liebesfest mit euch
zu teilen, bevor ich meinen Weg gehe. Denn hier wird heute das Denkmal an mein
Opfer für den Dienst und die Erlösung aller Menschen eingeführt. Denn der Wert
meines Aufenthaltes auf der Erde zur Erlösung war groß, viel größer als euch zu
dieser Stunde bewusst ist. Denn ich sage euch, viele wurden wieder zum Ewigen All-
Vater zurückgeführt, und noch viele mehr sollen es werden. Denn der Menschensohn
ist für alle Geschöpfe jeder Natur in die Welt gekommen, um alle wieder zurück zu
ihrer ursprünglichen Wurzel zu bringen. So soll dieser Missstand geheilt, und alles
wieder mit den All-Eltern eins werden. Denn ihr seht diesen Tag der Juden, vor dem
heidnischen Passah-Ritual, bei dem sie die unschuldigen Geschöpfe Gottes opfern
und das Fleisch toter Tiere essen. Solche sind blind und sehen nicht die heiligen
Dinge Gottes, denn die Wahrheit ist nicht in ihnen. Ich sage euch, es wäre besser,
wenn solche Menschen niemals in die Welt gekommen wären, damit sie die Heiligen
Gottes nicht verderben! Aber siehe, das Wahre Opfer, ja, das reine Opfer, das heute
vor euch gestellt wurde! Das war das Denkmal, das Mose den Söhnen Israels, die aus
Ägyptenland kamen, gab. Aber sie erwiesen sich als Söhne des Ungehorsams und
übertraten meine Gebote und sie entweihten das reine Opfer und opferten Dämonen
und begehrten nach viel Fleisch und bösen Dingen."
"Seid immer menschlich und unbefleckt vor Gott. Der Menschensohn ist nicht
gekommen, um zu zerstören, sondern zu retten, noch ist er gekommen um Mensch
oder Tier das Leben zu nehmen, sondern um Körper und Seele Leben zu geben."

"Denn ich komme, um alle Opfer und alles Blutvergießen zu beenden und es euch zu
sagen: Wenn ihr nicht aufhört, Fleisch und Blut zu opfern und zu essen, wird der
Zorn Gottes nicht aufhören, über euch zu kommen, wie er über eure Väter in der
Wüste gekommen ist, die unter Mose nach Fleisch lüsteten, mit dem sie sich
vollstopften und von Fäulnis erfüllt waren, und von der Seuche verzehrt wurden
wegen ihres bösen Verlangens. Denn ich sage euch: Selbst wenn ihr an meiner Brust
versammelt seid, aber haltet nicht alle meine Gebote, so werde ich euch davon
stoßen. Wenn ihr die kleineren Offenbarungen nicht bewahrt, wer wird euch dann die
Größeren geben? Seit undenklichen Zeiten hat Gott zu keinem Zeitpunkt Tier- oder
Menschenopfer gefordert, denn sonst würde er ja seinem eigenen heiligen Gesetz
nicht gerecht werden. Noch hat Gott dem Menschen oder dem Tier gestattet, sich
gegenseitig zu essen, denn sonst wäre er ja seiner eigenen Liebe unkundig! Wie also
könnte man nach dem Gesetz der Liebe Fleisch essen und Blutopfer darbringen?"

"Deshalb bin ich das wahre Brot und der lebendige Weinstock. Ja, eure Väter haben
in der Wüste Manna gegessen, und sind gestorben. Dies ist aber die Speise Gottes,
die vom Himmel herabkommt, und wer davon isst, soll nicht sterben, denn ich bin die
lebendige Speise, die vom Himmel herabgekommen ist. Wer von dieser Speise isst,
wird für immer leben. Denn wisset, dass das heilige Brot, das ich euch geben werde,
mein Gesetz ist und der Weinstock, den ich euch geben werde, mein Leben ist. Und
wieder murrten die Juden und fragten untereinander: Wie kann dieser Mann sich uns
zur Speise geben? Gewiss spricht dieser Mann Torheiten zu erwachsenen Männern.
Yeshua antwortete ihnen abermals und sagte: Glaubt ihr etwa, dass ich vom Fleisch
essen rede, wie ihr es unwissend im Tempel Gottes tut? Wahrlich, ihr denkt böse
Dinge, denn siehe, mein Körper ist die Substanz Gottes und dies ist die wahre Speise,
und mein Blut ist das Leben Gottes und das ist der wahre Trank. Ich sage euch, denkt
nicht an Fleisch und Blut, wie eure Vorfahren, die nach Fleisch begehrten, und sie
haben Fleisch bekommen und zu ihrem Verderben gegessen, bis es ihnen aus den
Nasenlöchern wieder heraus kam und ihre Kadaver zu Tausenden in der Wüste fielen
wegen der Pest. Denn von solchen steht geschrieben: Sie werden ein Jubiläum
wandern, 49 Jahre in der Wüste, bis sie von ihren Begierden gereinigt sind, bevor sie
das Land der Ruhe betreten, und siebenmal sieben Jahre werden sie umherwandern,
weil sie meine heiligen Wege nicht erkannt und meinen heiligen Gesetzen nicht
gehorcht haben. So sage ich euch: Diejenigen, die dieses heilige Fleisch essen und
dieses heilige Blut trinken, wohnen in mir und ich in ihnen. Wie ich durch den Vater-
Mutter des Lebens, der mich gesandt hat, lebe, so werden die leben, die von meiner
Speise essen, der ich das Gesetz und das Leben bin. Denn ich bin vom Himmel
herabgekommen als das lebendige Gesetz im Fleisch, und mein Blut verleiht allen,
die gehorchen, ewiges Leben. Wer Ohren hat, der höre, und wer Augen hat, der sehe,
denn ich bin es, der heute vor euch steht, der den Menschenkindern solche heiligen
Dinge umsonst gibt."
"Hütet euch vor falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen und so
tun, als seien sie unschuldig und harmlos, aber innerlich sind sie Wölfe, deren Appetit
nach dem Blut und Fleisch unschuldiger Kreaturen lechzt. Ja, ihre Hände tropfen mit
Blut und sie rühmen sich in ihrem Bösen und sagen, es sei gut und täuschen viele am
Eingang des Tores. An ihren Werken werdet ihr sie erkennen, denn obwohl sie Liebe
sprechen, geben sie nur Hass, und an ihren Früchten erkennt ihr ihre wahre Wurzel,
denn sie nennen die Wahrheit Lüge und die Lüge nennen sie Wahrheit. Denn sammelt
man Trauben von Dornen oder Feigen von Disteln? So soll jeder gute Baum heilige
Früchte hervorbringen, aber ein verdorbener Baum bringt nur böse Früchte hervor.
Darum werdet ihr durch ihre Früchte das Gute vom Bösen erkennen. Hütet euch, dass
ihr nicht in die Irre geführt werdet und den Baum des Lebens nicht findet. Denn viele
werden an jenem Tag zu mir sagen: Herr, haben wir nicht in deinem Namen
geweissagt und in deinem Namen viele wunderbare Werke getan? Aber ich werde zu
ihnen sagen: Ich habe euch nie gekannt, ihr Lügner, ihr, die ihr nur Gesetzlosigkeit
wirkt. Und Yeshua sagte dem Volk viele andere Dinge, die allen Nationen zum
Zeugnis geschrieben wurden. Und als er seine Predigt auf dem Berg beendet hatte,
waren die Leute erstaunt über seine große Wahrnehmung aller Dinge, denn Yeshua
lehrte sie als einen Appell an die Vernunft und an das menschliche Herz und nicht wie
die Schriftgelehrten und die Pharisäer, die nur blind in ihrer Autorität lehrten."

"Denkt nicht, dass ich gekommen bin, um das Heilige Gesetz oder die Propheten
abzuschaffen oder um sie durch Neues zu ersetzen. Nein, ich komme, um das Gesetz
auszulegen und die Macht des Gesetzes zu demonstrieren. Wahrlich, ich sage euch,
das Heilige Gesetz ist vollkommen und steht über jedem Gesetz der Menschen und
der Teufel, denn nichts kann das Gesetz herausfordern und bestehen. Denn das Gesetz
prüft alle Dinge und alle Dinge unterliegen ihm. Denn das Gesetz beurteilt den
aufrichtigen und den falschen Menschen gerecht und in der Weisheit von allem, was
heilig und rein ist, und es trennt durch alle Barmherzigkeit, Liebe und Kraft und
durch die Gnade Gottes das Gute vom Bösen, damit der Mensch das Gute vom Bösen
wählen und das Rechte vom Falschen erkennen kann, da er frei ist und mit freiem
Willen zwischen Gott oder Satan wählen kann."

"Geht hin und füttert die verlorenen Schafe, auch Israel und alle Menschen, die die
Gerechtigkeit und die reine Opfergabe lieben. Und lehrt sie alles, was ich euch
gelehrt habe. Wenn sie von der wahren Herde sind, werden sie auf eure Stimme hören
und wissen, dass du in dem Christus sprichst. Aber in welche Stadt ihr auch immer
geht und sie euch nicht aufnehmen, so geht auf die Straßen derselben hinaus und sagt:
Selbst den Staub eurer Stadt, der an uns hängt, schütteln wir gegen euch ab. Seid
gewiss, dass das Reich Gottes euch nahe gekommen ist, aber ihr habt es verworfen.
Denn die Städte, die euch anhören, hören auch mich an; und die euch verachten, die
verachten auch mich, und die mich verachten, verachten den, der mich gesandt hat."

(Aus dem Essene Humane Gospel of Christ über den Grund für sein Kommen und
seinen Tod am Kreuz: Ein wahrhaftiges Zeugnis für das reinste Motiv seiner Liebe
zum Vater-Mutter, zum heiligen Gesetz und gegenüber allen Geschöpfen.)
Inhaltsverzeichnis

Vorwort................................................................................................................ Seite 1–4

1. Das Thomas Evangelium

Logion 1............................................................................................................... Seite 7


Logion 2............................................................................................................... Seite 8 – 10
Logion 3............................................................................................................... Seite 10 – 12
Logion 4............................................................................................................... Seite 12 – 13
Logion 5.............................................................................................................. Seite 13 – 15
Logion 6............................................................................................................... Seite 15 – 17
Logion 7............................................................................................................... Seite 17 – 19
Logion 8............................................................................................................... Seite 19 – 20
Logion 9............................................................................................................... Seite 20 – 24
Logion 10............................................................................................................. Seite 24
Logion 11............................................................................................................. Seite 25 – 27
Logion 12............................................................................................................. Seite 27 – 28
Logion 13............................................................................................................. Seite 28 – 31
Logion 14............................................................................................................. Seite 31 – 35
Logion 15............................................................................................................. Seite 35 – 36
Logion 16............................................................................................................. Seite 36 – 39
Logion 17............................................................................................................. Seite 40 – 41
Logion 18............................................................................................................. Seite 41 – 42
Logion 19............................................................................................................. Seite 43 – 44
Logion 20............................................................................................................. Seite 44 – 46
Logion 21............................................................................................................. Seite 46 – 49
Logion 22............................................................................................................. Seite 49 – 52
Logion 23............................................................................................................. Seite 52
Logion 24............................................................................................................. Seite 52 – 55
Logion 25............................................................................................................. Seite 55 – 59
Logion 26............................................................................................................. Seite 60 – 61
Logion 27............................................................................................................. Seite 61 – 63
Logion 28............................................................................................................. Seite 63 – 67
Logion 29............................................................................................................. Seite 67 – 69
Logion 30............................................................................................................. Seite 70
Logion 31............................................................................................................. Seite 70 – 71
Logion 32............................................................................................................. Seite 71
Logion 33............................................................................................................. Seite 72 – 73
Logion 34............................................................................................................. Seite 73 – 75
Logion 35............................................................................................................. Seite 75 – 80
Logion 36+37....................................................................................................... Seite 81 – 82
Logion 38............................................................................................................. Seite 83
Logion 39............................................................................................................. Seite 83 – 84
Logion 40............................................................................................................. Seite 85
Logion 41............................................................................................................. Seite 85 – 86
Logion 42............................................................................................................. Seite 86 – 87
Logion 43............................................................................................................. Seite 87 – 88
Logion 44............................................................................................................. Seite 88 – 94
Logion 45............................................................................................................. Seite 95 – 98
Logion 46............................................................................................................. Seite 99 – 103
Logion 47............................................................................................................. Seite 103 – 105
Logion 48............................................................................................................. Seite 105 – 107
Logion 49............................................................................................................. Seite 108 – 109
Logion 50............................................................................................................. Seite 109 – 111
Logion 51............................................................................................................. Seite 112 – 113
Logion 52............................................................................................................. Seite 114 – 115
Logion 53............................................................................................................. Seite 115 – 116
Logion 54............................................................................................................. Seite 116 – 118
Logion 55............................................................................................................. Seite 118 – 120
Logion 56............................................................................................................. Seite 120 – 126
Logion 57............................................................................................................. Seite 126 – 128
Logion 58............................................................................................................. Seite 129 – 131
Logion 59............................................................................................................. Seite 131 – 132
Logion 60............................................................................................................. Seite 132 – 137
Logion 61............................................................................................................. Seite 137 – 138
Logion 62............................................................................................................. Seite 138 – 139
Logion 63............................................................................................................. Seite 140 – 141
Logion 64............................................................................................................. Seite 141 – 144
Logion 65+66....................................................................................................... Seite 145 – 149
Logion 67............................................................................................................. Seite 150 – 152
Logion 68............................................................................................................. Seite 152 – 154
Logion 69............................................................................................................. Seite 154 – 155
Logion 70............................................................................................................. Seite 155 – 156
Logion 71............................................................................................................. Seite 156 – 163
Logion 72............................................................................................................. Seite 163 – 165
Logion 73............................................................................................................. Seite 165 – 177
Logion 74............................................................................................................. Seite 177 – 179
Logion 75............................................................................................................. Seite 179 – 182
Logion 76............................................................................................................. Seite 182 – 183
Logion 77............................................................................................................. Seite 183 – 185
Logion 78............................................................................................................. Seite 185 – 186
Logion 79............................................................................................................. Seite 186
Logion 80............................................................................................................. Seite 187 – 188
Logion 81............................................................................................................. Seite 189 – 190
Logion 82............................................................................................................. Seite 191
Logion 83............................................................................................................. Seite 191 – 197
Logion 84............................................................................................................. Seite 197 – 199
Logion 85............................................................................................................. Seite 199 – 203
Logion 86............................................................................................................. Seite 203 – 204
Logion 87............................................................................................................. Seite 204 – 208
Logion 88............................................................................................................. Seite 209 – 210
Logion 89............................................................................................................. Seite 210 – 213
Logion 90+91....................................................................................................... Seite 213 – 214
Logion 92............................................................................................................. Seite 214 – 220
Logion 93............................................................................................................. Seite 221 – 223
Logion 94............................................................................................................. Seite 223
Logion 95............................................................................................................. Seite 223 – 224
Logion 96............................................................................................................. Seite 224
Logion 97............................................................................................................. Seite 225
Logion 98............................................................................................................. Seite 226
Logion 99............................................................................................................. Seite 226 – 227
Logion 100........................................................................................................... Seite 227 – 228
Logion 101........................................................................................................... Seite 228 – 233
Logion 102........................................................................................................... Seite 233 – 235
Logion 103........................................................................................................... Seite 236 – 237
Logion 104........................................................................................................... Seite 237 – 239
Logion 105........................................................................................................... Seite 239 – 244
Logion 106........................................................................................................... Seite 244 – 249
Logion 107........................................................................................................... Seite 249 – 251
Logion 108........................................................................................................... Seite 251 – 253
Logion 109........................................................................................................... Seite 253 – 254
Logion 110........................................................................................................... Seite 254
Logion 111........................................................................................................... Seite 255 – 256
Logion 112........................................................................................................... Seite 256 – 258
Logion 113........................................................................................................... Seite 258 – 295
Logion 114........................................................................................................... Seite 295 – 296
Nachtrag zu Logion 30......................................................................................... Seite 297 – 303

2. Die St. Thomas-Christen

Vorwort................................................................................................................. Seite 305


Auszug aus dem Buch „The Christ of India“ von George Burke......................... Seite 305– 314
Vorwort

Dieses Buch ist den wahren geistigen Bedeutungen der Worte und Lehren Yahshuas
gewidmet, denn er sagte, seine Worte seien Geist und Leben. Auch wenn sie eine
offenbare Bedeutung haben, so ist doch immer auch eine tiefere Bedeutung in ihnen
verborgen für diejenigen, die Ohren haben, um zu hören, wie er sagte. Vor allem,
wenn er diesen Hinweis gab „Wer Ohren hat, der höre!“, dann sollte man immer ganz
genau hinschauen, was zwischen den Zeilen versteckt ist. Denn es ist vor allem die
verborgene geistige Bedeutung, auf die es ankommt, sie zu verstehen. Dies wird an
vielen Worten Yahshuas deutlich, zum Beispiel als er den Pharisäern, seinen Jüngern
und allen anderen Anwesenden sagte, dass wenn sie das Fleisch Gottes nicht essen
und das Blut Gottes nicht trinken würden, sie kein Leben in sich hätten, und dass er
das Brot des Lebens sei, welches vom Himmel herabkommt und ewiges Leben
schenkt, denen die es „essen“. Als sie aber nicht verstanden, sagte er zu ihnen:
"Glaubt ihr etwa, dass ich vom Fleisch essen rede, wie ihr es unwissend im Tempel
Gottes tut? Wahrlich, ihr denkt böse Dinge, denn siehe, mein Körper ist die Substanz
Gottes und dies ist die wahre Speise, und mein Blut ist das Leben Gottes und das ist
der wahre Trank. Ich sage euch, denkt nicht an Fleisch und Blut, wie eure Vorfahren,
die nach Fleisch begehrten, und sie haben Fleisch bekommen und zu ihrem Verderben
gegessen, bis es ihnen aus den Nasenlöchern wieder heraus kam und ihre Kadaver zu
Tausenden in der Wüste fielen wegen der Pest. Denn von solchen steht geschrieben:
Sie werden ein Jubiläum wandern, 49 Jahre in der Wüste, bis sie von ihren Begierden
gereinigt sind, bevor sie das Land der Ruhe betreten, und siebenmal sieben Jahre
werden sie umherwandern, weil sie meine heiligen Wege nicht erkannt und meinen
heiligen Gesetzen nicht gehorcht haben." Das Fleisch Gottes, von dem er sprach, ist
das Wort, sein heiliges Gesetz, und das Blut Gottes ist der Heilige Geist. So lesen wir
im Philippus-Evangelium: "Einige fürchten sich davor, nackt aufzuerstehen. Deshalb
legen sie Wert auf die Lehre, dass sie im Fleisch auferstehen würden. Sie wissen
nicht, dass eben diejenigen, die im (vergänglichen) Fleisch leben, die Nackten sind,
während diejenigen, die sich ihres Fleisches entäußern und sich entkleiden, die Nicht-
Nackten sind. Denn Fleisch und Blut können das Reich Gottes nicht erben. Um
welches Fleisch handelt es sich denn hier, das nicht erben kann? Um das Fleisch, von
dem wir jetzt umhüllt sind. Welches Fleisch aber wird erben? Das Fleisch Jesu und
sein Blut. Deshalb sagte er: Wer nicht mein Fleisch isst und nicht mein Blut trinkt,
hat kein Leben in sich. Was ist unter diesem Fleisch und Blut zu verstehen? Sein
Fleisch ist das Wort und sein Blut der Heilige Geist. Wer diese empfängt, der hat
Nahrung und Trank und der ist bekleidet."

Wer sich also nur auf die offenbare Exegese, d.h. um die Auslegung der offenbaren
Bedeutungen seiner Worte und der des Schreibers - die „Evangelisten“, „Psalmisten“
und Propheten bzw. deren Schreiber - fokussiert, und die verborgene Exegese, d.h.
die Auslegung der verborgenen Bedeutungen, ignoriert oder verwirft, der begeht
einen fatalen Fehler. Denn Fleisch und Blut (das Offenbare) sind zu nichts nütze, nur
der Geist (das Verborgene) schenkt Leben.

1
Um die verborgenen Bedeutungen zu erkennen und somit verstehen zu können, ist es
unerlässlich die verborgene Bedeutung der von den Schreibern verwendeten Worte zu
kennen. So ist zum Beispiel mit der Frau oder der Braut in Wahrheit die Seele
gemeint, oder mit dem Mann oder dem Bräutigam der Leben spendende Geist Gottes.
Um diese beiden dreht sich das gesamte Evangelium und der Weg der Erlösung, denn
die Seele, die mit ihrem wahren Bräutigam - dem Geist Gottes, dem präexistenten
Sohn, dem Licht und der Herrlichkeit Gottes, dem ersten Menschen, der das wahre
Abbild des wahren Gottes ist - in einem Haus wohnt, jedoch in ungeoffenbarter
Form, genau wie die Seele in ungeoffenbarter Form im Körper des Menschen lebt,
muss wieder muss wieder „ein Fleisch werden“ mit ihrem Bräutigam, dem Geist. Das
Kommen des Menschensohnes, das durch das Zerreißen des Vorhanges im Tempel
symbolisiert wurde - bedenken wir, dass der wahre Tempel Gottes nicht der von
Menschenhand gebaute ist, sondern der Mensch selber, in dem der Geist Gottes
wohnt -, ist, wie wir im Laufe des Buches lesen werden, nicht ein für alle Menschen
gleicher Tag, an dem der Menschensohn mit all seinen Engeln in den Wolken kommt,
um alle Menschen zu richten und die Apokalypse einzuläuten, sondern es ist für jeden
einzelnen Menschen, der den Weg bis zum Ende geht, ein ganz individueller Tag; ein
Tag, der das Licht symbolisiert, das durch das Zerreißen bzw. Wegnehmen des
Schleiers, der Wolken im Bewusstsein, den Geist und somit den ganzen Körper des
Menschen erfüllt und die Finsternis ein für allemal hinwegnimmt. Im Philippus-
Evangelium wird dies folgendermaßen beschrieben: "Die Getrennten werden
vereinigt, das Leere wird voll werden. Alle, die das Brautgemach betreten, werden
sich bei Licht vereinigen. Sie vereinigen sich dann, nicht wie bei den Hochzeiten der
Befleckung, für die wir erst ein Licht anzünden müssen, weil sie sich nachts
vollziehen. Das Feuer dieser Hochzeiten brennt nur nachts und erlischt dann wieder.
Die Mysterien der heiligen Hochzeit aber vollziehen sich am Tag und im Licht. Und
dieser Tag und sein Licht verlöschen niemals. Wenn jemand Kind des Brautgemachs
wird, empfängt er dieses Licht. Wenn aber jemand es nicht empfängt, während er
noch in dieser Welt ist, so kann er es auch in der anderen Welt nicht empfangen. Wer
jedoch dieses Licht empfängt, wird nicht erkannt, noch gehalten, noch von
irgendjemand belästigt werden können, ob er in der Welt lebt oder hinausgeht aus der
Welt. Er hat schon die Wahrheit empfangen in den Abbildern. Die Welt wurde für ihn
zur Ewigkeit, die Ewigkeit ist für ihn die Fülle der Fülle. Sie ist jetzt im dem wieder
eins Gewordenen offenbar. Und er lebt nun (für die Augen der Welt) als Verborgener,
doch nicht mehr verborgen in Finsternis und Nacht, sondern verborgen in einem
vollkommenen Tag und einem heiligen Licht." Die Seele muss also Eins werden mit
ihrem Bräutigam, dem Geist, indem sie sich von allen Verhaftungen und Bindungen
an irdische, vergängliche Dinge, mit denen sie sich zuvor identifiziert hat, trennt und
sich reinigt und entleert, damit sie vollständig mit dem Geist gefüllt werden kann. Sie
wendet ihren Mutterschoß von außen nach innen, dem Geist entgegen. Das ist in der
Bibel gemeint, wenn es heißt, dass wir stets auf Christus schauen sollen, nämlich den
innewohnenden präexistenten Christus, der in jeden Menschen in ungeoffenbarter
Form im selben Haus mit der Seele lebt, denn er ist es, der ihr, wie auch allem
anderen im gesamten Universum, Leben schenkt.

2
Im Philippus-Evangelium wird dies die innere Betrachtung genannt: "Die Kinder des
Brautgemachs haben alle denselben Namen (den des Vaters). Zusammen haben sie an
der Ruhe teil. Sie brauchen keine äußere Wahrnehmung, denn sie haben die innere
Betrachtung. Diejenigen, die in der äußeren Wahrnehmung Leben halten die Vielheit
der Dinge in Ehren. Aber diejenigen, die in der inneren Betrachtung Leben, halten die
Ruhe in Ehren." Sobald die Seele also ihren wahren Bräutigam erkannt hat, muss sie
sich der inneren Betrachtung zuwenden und die äußere Wahrnehmung dient nur noch
den zum Leben notwendigen Dingen, dem Erhalt des Körpers, damit sich die Seele
vervollkommnen und dem Leben spendenden Geist Eins werden, in die ewige Ruhe
Gottes einkehren kann, um erlöst und verherrlicht zu werden. Auf die Wichtigkeit der
inneren Betrachtung hat Yahshua in den biblischen Evangelien (Markus 13:32-37)
ausdrücklich hingewiesen: "Von jenem Tag aber oder der Stunde (des Zerreißens des
Vorhanges der Seele und des Kommens des innewohnenden Christus) weiß niemand,
auch nicht die Engel im Himmel, auch nicht der Sohn, sondern nur der Vater. Seht zu,
wacht! Denn ihr wisst nicht, wann die Zeit ist. Wie ein Mensch (der präexistente
innewohnende Menschensohn), der außer Landes reiste, sein Haus verließ und seinen
Knechten die Vollmacht gab, einem jeden sein Werk, und dem Türhüter (der Seele)
einschärfte, dass er wache, so wacht nun! Denn ihr wisst nicht, wann der Herr des
Hauses kommt, ob des Abends oder um Mitternacht oder um den Hahnenschrei oder
frühmorgens, damit er nicht, wenn er plötzlich kommt, euch schlafend finde. Was ich
aber euch sage, sage ich allen: Wacht!"

Selbst wenn also diese „Endzeitrede“ eine offenbare Bedeutung hat und der
Menschensohn wirklich für alle sichtbar an einem bestimmten und für alle gleichen
Tag kommt, so muss doch vorher der innewohnende Menschensohn sich im
Bewusstsein des Menschen offenbart haben, damit dieser in die ewige Ruhe eingehen
kann, denn dies ist der einzige Heilsweg, den jeder selbst beschreiten muss.
Deswegen sagte Yahshua: Niemand kommt zum Vater als nur durch mich - nämlich
den offenbarten innewohnenden Menschensohn (und nicht durch ein angebliches
Blutopfer seines Sühnetodes, welcher eine rein paulinische (Irr-)Lehre ist). Hiermit
möchte ich die unglaubliche Kraft des Kreuzes, dieses selbstlose Zeugnis aus dem
reinsten Motiv der Liebe, das auch heute 2000 Jahre später noch die Herzen der
Menschen berührt und öffnet und sie zur Buße und zur Umkehr führt, keinesfalls in
irgendeiner Weise schmälern oder leugnen. Denn es ist letztlich genau das, was
Yahshua laut den auf den ersten Seiten dieses Buches aus dem EHGOC zitierten
Versen damit erreichen wollte. Auch im Philippus-Evangelium heißt es: "Etliche
sagen: Der Herr ist zuerst gestorben, und dann auferstanden. Sie irren. Denn er ist
zuerst auferstanden, und dann gestorben. Wenn jemand nicht zuerst die Auferstehung
erwirbt, kann er nicht sterben. Nur wenn Gott in ihm lebt, kann er (dem alten Wesen
nach) sterben... Es gibt eine Wiedergeburt und ein Abbild für diese Wiedergeburt (den
sterblichen Menschen). Durch das Abbild (den sterblichen Menschen, die inkarnierte
Seele) muss die Wiedergeburt bewerkstelligt werden. Dann gehen der Bräutigam und
das Abbild, mittels des Abbilds, in die Wahrheit ein. Jesus ging aus dem Brautgemach
hervor, er wurde von Bräutigam und Braut erzeugt. Und so erzeugte Jesus das All in
sich durch diese beiden. So muss auch jeder seiner Jünger in seine Ruhe eingehen."

3
Da also durch die rein oberflächliche und somit Geist und Leben entbehrende
Kirchenlehre - die rein auf der offenbaren Exegese beruht und die verborgene
Exegese unter den Teppich gekehrt und verbannt hat - die geistigen und verborgenen
Bedeutungen der Worte und Lehren Yahshuas verloren gegangen sind, oder vielmehr
bewusst und absichtlich vor uns verheimlicht wurden, ist es an der Zeit, diese wieder
ans Tageslicht zu bringen, damit die universelle Wahrheit des in jedem Menschen
innewohnenden und in der gesamten Schöpfung allgegenwärtigen Menschensohns
die Menschen frei machen und mit dem Vater durch den Sohn wiedervereinen kann.

Nachdem in meinem Buch „Werde Christus“ das Thomas-Evangelium nur ohne


Kommentar zu finden ist, da ich zu dem Zeitpunkt alleine nicht in der Lage war, die
114 Logions befriedigend zu kommentieren und auch das Buch des spanischen
Autors Roberto Pla noch nicht kannte, habe ich mich nun doch dazu entschlossen, das
Thomas-Evangelium in einem separierten Buch zu kommentieren, da sich durch das
Buch von Roberto Pla ganz neue und, wie ich finde, sehr wertvolle Erkenntnisse
aufgetan haben. Dieses Buch enthält also die 114 Aussprüche, auch Logions genannt,
und einen jeweiligen ausführlichen Kommentar, wobei der erste Teil des Kommentars
immer von mir stammt und der zweite Teil des Kommentars aus dem Buch „Man -
Temple Of The Living God“ von Roberto Pla, welches aus dem Spanischen ins
Englische und von mir (teilweise) ins Deutsche übersetzt wurde. Der Autor des
Buches hat sich der verborgenen Exegese, vor allem der biblischen Evangelien,
gewidmet und liefert eine ganz neue Perspektive und Verständnisweise, von der aus
die Worte und Lehren Yahshuas betrachtet werden können, und somit die (möglichen)
verborgenen Bedeutungen offenbaren. Es gibt auch Logions in diesem Buch, die nur
von mir oder nur von ihm kommentiert werden, wenn z.B. ich selbst keinen
sinnvollen und erklärenden Kommentar zu geben imstande war, oder der spanische
Autor m.E. einen Kommentar abgegeben hat, der nichts mit der Aussage des Logions
zu tun hatte und viel zu abstrakt war. Da sein Buch über tausend Seiten beinhaltet,
habe ich es nur teilweise übersetzt und in dieses Buch eingefügt. Da sein Kommentar
oft auch sehr weit ausholt und teilweise weit über das Ziel hinausschießt, habe ich
viele der 114, bis zu vierzig Seiten langen, Kommentare gekürzt und auf das zum
Verständnis Wesentliche reduziert. Seine einzelnen ins Englische übersetzten
Kommentare für jeden einzelnen Logion habe ich in PDF-Form von der Seite
https://www.gospelofthomas-interpretation.com/ heruntergeladen und ins Deutsche
übersetzt. In diesem Moment des Schreibens ist die Webseite jedoch nicht mehr
online. Ob es sich dabei nur um einen vorübergehenden Zustand zur Wartung oder
Aktualisierung handelt, ist mir nicht bekannt. Ich möchte hier auch nochmal betonen,
dass weder meine Kommentare noch die des spanischen Autors einen Anspruch auf
absolute Wahrheit haben, sondern allein dazu dienen sollen, dem Leser eine neue
Perspektive und neue Möglichkeiten der Interpretation und des Verständnisses der
geistigen Wahrheiten in den Worten und Lehren Yahshuas zu geben. Wie in meinen
Buch „Werde Christus“ wird auch hier das Essene Humane Gospel Of Christ mit
EHGOC und das Evangelium des vollkommenen Lebens mit EDVL abgekürzt.

Ulf Meinken, Hotovo, Bulgarien, November 2021

4
5
Das

Evangelium

nach

Thomas
(Genannt Didymos – Der Zwilling)

6
1. Dies sind die geheimen Worte, die Jesus, der Lebendige, sprach, und die Judas
Thomas, genannt Zwilling, aufgeschrieben hat. Und er sprach: Wer die
Bedeutung dieser Worte versteht, wird den Tod nicht schmecken.

Yahshua sagt im EHGOC: "Wisst ihr nicht, dass der Geist belebt, und dass Fleisch
und Blut zu nichts nützen? Meine Worte sind Geist und Leben. Wahrlich, so lange
ward ihr nun nutzlosen Lehren von Menschen und Teufeln unterworfen, dass ihr die
Lüge nicht von der Wahrheit unterscheiden könnt, und der Wahrheit nicht glaubt,
wenn sie gesprochen wird. Denn wenn ihr nicht dem Menschensohn glaubt, der vom
Himmel gesandt wurde, um viele große Dinge zu vollbringen, wem wollt ihr dann
glauben oder folgen?" Wer also die tiefergehenden Wahrheiten seiner Worte verstehen
will, der muss aufhören, sie ausschließlich auf fleischliche Weise zu versuchen zu
interpretieren. Seine Worte sind Geist und Leben und können allein mit dem Verstand
nicht begriffen werden, sondern wir müssen unsere geistigen Augen und Ohren
öffnen. Gerade auch an den Stellen, wo es sagt: Wer Ohren hat, der höre! Auch ein
Einlesen in die gnostischen Schriften aus Nag Hammadi ist unerlässlich zum
Verständnis, denn mit der heutigen Denkweise des „Mainstream-Christentums“ wird
dieses Evangelium nicht zu verstehen sein. Dies bezieht sich z.B. auf die Genesis, die
Schöpfungsgeschichte, die sich von der gnostischen sehr unterscheidet, aber auch auf
den Kern der Lehren Yahshuas, das heilige Gesetz und das richtige Verständnis der
Ausdrücke, die im Christentum zwar bekannt sind, aber nicht (richtig) verstanden
werden. Dies betrifft grundlegende Ausdrücke wie Braut (Seele), Bräutigam (Geist),
Brautgemach (heilige Union zwischen Seele und Geist, d.h. die Seele wird Geist) und
viele andere Begriffe, die in diesem Buch noch auftauchen werden.

"Christus wohnt immer in uns, und dieses Wohnen ist sehr wörtlich zu verstehen,
denn er - was sein Name wirklich bedeutet - ist unser reines, unvergängliches Wesen,
von dem wir nur durch den dicken Schleier unserer Unwissenheit getrennt sind. Die
Deutung im Sinne des Logions zu entdecken, bedeutet, dass sich in unserem ruhigen,
forschenden Geist Zwischenräume der Stille öffnen, die es uns ermöglichen, das
Licht des lebendigen Gottes wahrzunehmen. Anfangs kann dieses Licht nur schwach
sein, wenn es unser Bewusstsein erreicht, aber nach und nach wird sich das Brot, das
dem Menschen zubereitet wurde, damit er davon essen kann und nicht stirbt, mühsam
geknetet mit unserer unermüdlichen Suche nach der uns angekündigten Ewigkeit, als
die einzige Nahrung erweisen, die uns zur vollkommenen Erkenntnis und damit zur
klärenden Erkenntnis der Funken des wahren Lichts führen kann. Das
neutestamentliche Denken dreht sich um die Wahl zwischen der Identifikation mit
allen sterblichen Bindungen oder im Gegensatz dazu mit der ewigen und
unabhängigen Beständigkeit als reines Bewusstsein im lebendigen Christus. So steht
es geschrieben: "Wahrlich, ich sage euch, die Stunde kommt und ist schon da, in der
die [lebenden] Toten die Stimme des Sohnes Gottes hören werden" und "vom Tod
zum Leben geführt werden." Da es das Licht der Erkenntnis ist, das vom Sohn
kommt, werden sie niemals den Tod schmecken. Sie haben das ewige Leben und
kommen nicht unter das Gericht, sondern sind vom Tod zum Leben übergegangen."
(https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

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2. Jesus sprach: Wer sucht, höre nicht auf zu suchen, bis er findet. Wenn er
findet, wird er erschüttert werden. Ist er erschüttert, wird er staunen. Und dann
wird er über das All herrschen.

Wie in den gnostischen Schriften und auch in der Bibel zu lesen, wurde alles, das
gesamte All, durch und für den Sohn (in heiliger Union mit der Mutter des Alls, dem
Heiligen Geist) erschaffen. Er ist der Erbe, der über das gesamte All herrschen wird,
und wir können seine Miterben sein. Yahshua sagte, dass er uns dasselbe Königreich
bestellt, das ihm vom Vater bestellt wurde. Das „Geheimnis“, das durch den Sohn
offenbart wurde, ist, dass alles, was zu ihm gehört, in ihm und durch ihn mit dem
Vater einsgemacht werden soll. Deswegen steht geschrieben: Trachtet nach dem, was
oben ist, nicht nach dem, was auf Erden ist, oder wie Yahshua sagte: Wirkt nicht für
die Speise, die vergeht, sondern für die Speise, die da bleibt ins ewige Leben, die der
Sohn des Menschen euch geben wird!

"Hinter seinem harmlosen Erscheinungsbild ist die Auslegung dieses Logions, wenn
man es genau betrachtet, keineswegs problemlos. Es handelt sich um eine
Aufforderung, Christus tief zu erforschen, zur Suche nach dem Sohn, der im
Menschen gegenwärtig ist, des aus der Höhe Geborenen, desjenigen, der gefunden
werden kann und muss. Was hier erklärt wird, ist, dass die Suche mit unermüdlicher
Ausdauer betrieben werden muss, sie muss wie ein ununterbrochener Fluss sein;
wenn dieser Energiefluss von der absoluten Wahrheit aufrechterhalten und gestützt
wird, ist es sicher, dass am Ende die Intuition des ewigen inneren Wesens auftauchen
wird, als erster Schritt zur Begegnung. Es ist wahr, dass "Suchet und ihr werdet
finden" eine Behauptung ist, die im gesamten Evangelium als weitreichende
Verheißung zu finden ist; und dies schließt den konkreten Fall "Bittet, und es wird
euch gegeben werden" ein. Dies alles bildet die Grundlage für eine sehr offene und
verallgemeinerte Theorie über die Wirksamkeit des Gebets. Wenn man jedoch die
Passagen, die diesen Glauben verkünden, genau studiert, wird deutlich, dass sich die
verheißene reichliche Antwort nicht auf irdische Dinge bezieht, sondern auf die
Herrschaft des Vaters und seine Gerechtigkeit. Anderes, d.h. das zum Leben
Notwendige, so steht es geschrieben, wird uns vom Vater, der weiß, dass wir
Nahrung und Kleidung brauchen, hinzugefügt werden. Die wahre geistige Bedeutung
sowohl des Suchens und der Bitte als auch des Findens und der Antwort, die in
diesem Logion versprochen werden, wird sowohl in der Kurzfassung des Judas
Thomas als auch in den umfangreicheren Fassungen des Matthäus- und des Lukas-
Evangeliums bestätigt: Wie viel mehr wird der himmlische Vater den Heiligen Geist
denen geben, die ihn bitten. Denn das eigentliche Mittel ist der Heilige Geist, der als
Paraklet zwischen dem Bewusstsein des Menschen und dem Sohn, für den der Geist
Zeugnis ablegen wird, vermittelt. Hier werden wir uns nur mit dem verborgenen,
universalen Aspekt Christi befassen, der historisch stark unterbewertet wurde, und
nicht mit dem manifesten Christus, der von der christlichen Kultur ausführlich und
detailliert beschrieben wird. Unter dem Gesichtspunkt des verborgenen Aspekts wird
das Wirken des Geistes als Paraklet von Johannes am Anfang seines Evangeliums
erklärt: Der Geist [Pneuma = Wind] weht, wo er will, und ihr hört sein Rauschen,

8
aber ihr wisst nicht, woher er kommt und wohin er geht. In Wirklichkeit kann man
von diesem Rauschen, oder der Inspiration des Pneuma, das vom Geist der Wahrheit
kommt, die Zeit übersteigt, ohne sichtbare Vergangenheit oder Zukunft, jenseits
unserer Vorstellungskraft, sagen, dass die Welt ihn weder sieht noch kennt. Diese
Unwissenheit ist typisch für diejenigen, die keine Intuition des Seins, kein
Bewusstsein des Sohnes besitzen. Aber ein Mensch, der sich der Reinigung durch ein
beharrliches und manchmal langwieriges Eintauchen der Psyche - Metanoia oder
Umkehr - unterzogen hat, das im Evangelium durch die Wassertaufe dargestellt wird,
und der die notwendige Vorarbeit geleistet hat, wird in ein reines Herz verwandelt
werden, das bereit ist, die Wahrheit zu sehen und zu erkennen, die der Geist ihm
schenkt. Jesus sagt, dass der Paraklet uns alles lehren und an alles erinnern wird, was
er gesagt hat, und dass er uns in alle Wahrheit leiten wird. Und da er vom Vater
ausgeht, wird er im Namen des Sohnes Zeugnis ablegen, was bedeutet, dass die von
ihm ausgehende Erkenntnis das Bewusstsein des Menschen von seinem
gegenwärtigen Begräbnis unter den Tendenzen toter Werke zu dem strahlenden und
unsterblichen Licht Christi führen wird, das auf den zum Sohn Gottes verwandelten
pneumatischen Menschen scheint und ihn befähigt, mit Jesaja zu sagen: Der Geist
Gottes des Herrn ist auf mir, denn der Herr hat mich gesalbt. Die Salbung mit
heiligem Öl bedeutet in Bezug auf die geistige Verwirklichung des Menschen die
Aktivierung des Herabsteigens der Weisheit des Sohnes in das Bewusstsein. Jesus
hatte sie gebeten, auf die Verheißung des Vaters zu warten, dann hatte er zu ihnen
gesagt: Johannes hat mit Wasser getauft, ihr aber werdet mit dem Heiligen Geist
getauft werden. Und als der Pfingsttag gekommen war, kam plötzlich vom Himmel
her ein Brausen wie von einem heftigen Wind, und es erfüllte das ganze Haus, in dem
sie saßen. Und es erschienen geteilte Zungen wie von Feuer unter ihnen, und auf
jedem von ihnen ruhte eine Zunge. Alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und
fingen an, in anderen „Zungen“ zu reden, wie der Geist es ihnen eingab.
Bewundernswert an diesem Bericht ist nicht nur die Bedeutung des Erzählten,
sondern auch das Talent des Schreibers, den offensichtlichen und den geheimen Sinn
gleichzeitig auszudrücken. Die doppelte Bedeutung, die bestimmte Wörter im Neuen
Testament annehmen können, wurde verwendet, um unter einem Mantel des
Geheimnisses und des Wunders das wichtigste Ereignis im Prozess der spirituellen
Verwirklichung auszudrücken, nämlich das allmähliche Herabsteigen der Erkenntnis
in das wartende, erwachte Bewusstsein der höheren Wahrnehmung, das durch die
Reinigung der Psyche und die Taufe mit Wasser entsprechend vorbereitet wurde.
Worte wie Himmel, Wind, Haus, Feuer und Zungen erweisen sich hier als
außerordentlich zweideutig und sind nur in ihrem unmittelbar geistigen Sinn zu
verstehen, wenn man ihnen die wahre Lehre entnehmen will. Unter Himmel ist das zu
verstehen, was hoch ist; natürlich nicht im physischen Sinne, der sich auf den Ort
bezieht, sondern als Hinweis auf das reinste und höchste Bewusstsein, das des
Menschensohnes. Wind bedeutet auch, wie wir bereits gesehen haben, Geist und
Atem, und in diesem letzten Sinne des geistigen Atems oder der Wahrnehmung der
Weisheit ist die Inspiration oder plötzliche Erscheinung eines heftigen Windes zu
verstehen, der das ganze Haus erfüllte. Der Logion verwendet zwei Worte, um die
beiden Bewusstseinszustände zu beschreiben, die der Mensch durchlaufen muss,

9
um diesen Prozess zu vollenden: Wenn sie [den, den sie suchen] finden, werden sie
beunruhigt (erschüttert) sein. Wenn sie beunruhigt sind, werden sie erstaunt sein.
Diejenigen, die an den Christus im Innern geglaubt und ihn in sich selbst verwirklicht
haben, indem sie ihm ihr ganzes Wesen übergeben haben, da sie die Erkenntnis
erlangt haben, dass er allein ist; diejenigen, die ihn unablässig gesucht haben und ihm
schließlich begegnet sind, diese, die geglaubt haben, gehen in die Ruhe ein."
(https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

(In den biblischen Evangelien wird es so dargestellt bzw. kann es so verstanden


werden, dass man den Heiligen Geist erst empfangen konnte, nachdem Yahshua in
dem Himmel aufgefahren war, und der Vater den Tröster, den Geist der Wahrheit
ausgesendet hat. Ich glaube jedoch - und der Autor geht in einem späteren Logion
noch darauf ein -, dass der Geist der Wahrheit zu allen Zeiten empfangen werden
konnte, denn nur so kann der Mensch, d.h. die Seele, zu Geist werden und sich mit
ihrem wahren Bräutigam, dem Geist, der bereits von Anfang an in uns ist, nur von der
Seele nicht als ihr wahrer Bräutigam und ihr wahres Wesen, erkannt wird, vereinen.
Im EDVL lesen wir dazu: "Denn durch Involution und Evolution wird die Erlösung
der Welt vollendet werden: Durch das Herabsteigen des Geistes in die Materie und
das Emporsteigen der Materie in den Geist, durch alle Zeiten." Im Philippus-
Evangelium lesen wir: "Denn er zeigte sich nicht so, wie er wirklich war, sondern so
zeigte er sich, wie sie ihn würden sehen können. Allen Wesen zeigte er sich. Den
Großen erschien er groß, den Kleinen klein. Den Engeln erschien er als Engel und
den Menschen als Mensch. So war das Wort vor allen verborgen. Nur einige gab es,
die ihn sahen und den Gedanken fassten, sie sähen in ihm sich selbst (ihr wahres
Wesen)." Der Christus, der göttliche ewige Geist, in uns ist unser wahres Wesen. Dies
zu erkennen, mag uns zuerst erschüttern, dann erstaunen, und schließlich werden wir
über das All herrschen, denn wie es weiter im Philippus-Evangelium heißt: "Es ist mit
der Wahrheit nicht so wie auf der Welt, wo der Mensch die Sonne sieht, ohne selbst
die Sonne zu sein, wo Himmel und Erde sieht und alles Übrige, ohne selbst Himmel,
Erde und dergleichen zu sein. Sondern im Reich der Wahrheit siehst du etwas von ihr
und wirst selbst zu ihr. Du siehst den Geist und wirst selbst zu Geist. Du siehst
Christus: Du wirst Christus. Du siehst den Vater: Du wirst zum Vater. Hier auf dieser
Welt siehst du alle Dinge, siehst aber dich selbst nicht. In der anderen Welt jedoch
siehst du dich selbst. Denn was du dort siehst, das wirst du selbst." Es ist wichtig zu
unterscheiden zwischen dem Christus - der kein Mensch ist, sondern der universelle
Geist und das göttliche Christusbewusstsein, der eingeborene Sohn - und dem
Menschen Yahshua, der im Fleisch inkarnierte. Niemand außer ihm war das Wort, das
Fleisch wurde, doch dadurch, dass er in uns lebt, können wir werden wie er.)

3. Jesus sprach: Wenn eure Führer zu euch sagen: Siehe, das Reich ist im
Himmel, so werden die Vögel des Himmels vor euch da sein. Wenn sie zu euch
sagen: Es ist im Meer, so werden die Fische vor euch da sein. Sondern das Reich
ist in euch und außerhalb von euch. Wenn ihr euch erkennt, werdet ihr erkannt
werden, und werdet erkennen, dass ihr Söhne des Lebendigen Vaters seid. Wenn
ihr euch aber nicht erkennt, so seid ihr (geistig) arm und seid die Armut.

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Das Königtum der Himmel ist in uns und um uns, sagte Yahshua. In den späteren
Aussagen, heißt es auch, dass der Mensch sich selbst, d.h. seinen göttlichen Ursprung
und seine wahre göttliche Natur in sich selbst erkennen muss. Denn wir sind Geist
und müssen wieder Geist werden, indem wir das Fleisch ablegen und die Seele von
allen Trugbildern der Materie befreien, bis sie „leer“ wird, und mit dem Geist Gottes
gefüllt werden kann, und wir Christus anziehen können, damit nicht mehr das Fleisch
den Geist in der Knechtschaft der Sünde beherrscht, sondern der Geist das Fleisch in
der Knechtschaft der göttlichen, dienstbaren Liebe zum Wohle und zur Errettung
aller. Erkennen wir dies nicht, sind und bleiben wir „aus dem Fleisch“ und nicht „aus
dem Geist“ geboren und gehören zur Welt und nicht zu Christus.

"Die Hauptoffenbarung in diesem Logion ist, dass das Reich Gottes, des Vaters, in
uns und außerhalb von uns ist. Es ist in uns, weil es die noch unbekannte Essenz
unseres Selbst ist, unser reines Bewusstsein, die Wohnung oder der Heilige Berg, das
Zelt des Herrn. Es ist außerhalb, weil es die Essenz oder das reine Bewusstsein der
Lebenden ist, die die Lebenden sind, weil in ihnen der Herr lebt, der das Leben ist.
Um zu bekräftigen, dass das Reich Gottes in uns allen ist, erklärt der Logion, dass das
Reich Gottes nicht im Himmel ist, wo die Vögel wohnen, und auch nicht im Meer, in
dessen Gewässern die Fische leben. Das bedeutet, dass das Reich keinen objektiven
Ort haben kann, denn es gibt keinen Ort, keinen begrenzten Punkt im Raum, wo es
wohnt, weder in der Welt von dort, der höheren (psychischen), noch in der Welt von
hier (der irdischen, hylischen), einfach weil das Reich zu einer Welt gehört, die dem
ungeborenen Vater und dem Sohn eigen ist. Dies bestätigt der Evangelist Lukas,
wenn er in Bezug auf das Kommen oder die entscheidende innere, individuelle
Offenbarung des Reiches Gottes sagt, dass dieses nicht mit Dingen kommt, die
beobachtet werden können. Sie sollen auch nicht sagen: Siehe hier, siehe dort; denn
siehe, das Reich Gottes ist inwendig in euch. Das Reich Gottes, des Vaters, wird im
Neuen Testament oft als das Himmelreich bezeichnet. Der Begriff Himmel wird - so
sagt man uns - aus Ehrfurcht verwendet, um den übermäßigen Gebrauch des Wortes
Gott zu vermeiden; außerdem scheint dies dem jüdischen Anliegen zu entsprechen,
den Namen Gottes durch einen metaphorischen Ausdruck zu ersetzen. Auch wenn das
Wort "Himmel" hier durch die metaphorische Verwendung abgemildert wird, so führt
es doch dazu, dass dem Reich Gottes ein verworrener Ortsbegriff zugeschrieben wird,
während der heilige Lukas es als eindeutig in uns befindlich beschreibt. Dies zeigt
sich zum Beispiel in dem Abschnitt, in dem sowohl Johannes der Täufer als auch
Jesus die Frohe Botschaft und den Beginn des Wirkens Christi mit denselben Worten
verkünden: "Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe." Diese Worte scheinen
traditionell so interpretiert worden zu sein, dass sie das unmittelbare Herannahen des
offenkundigen Kommens des Menschensohns in Zeit und Raum ankündigen. Aber
dieses Letzte, die Parusie oder Gegenwart des Herrn an seinem Tag, die wie ein Dieb
in der Nacht kommt, d. h. das heilige Kommen Christi, des Sohnes, als eine tiefe
innere Offenbarung, ist keineswegs der Anfang der Frohen Botschaft, sondern ihr
Höhepunkt. Indem er sagt, dass Gott und sein Reich nahe sind, spricht Christus vom
immanenten Gott, dem einen und einzigen Gott, der in uns ist, in einer absoluten
Nähe, die zu entdecken uns überlassen bleibt.

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Logion 3 sagt, dass er im Innern und im Äußeren ist, und drückt dies absolut präzise
aus: Gott, Christus, ein und derselbe, er, der ist, ist im innersten Herzen eines jeden
Menschen gegenwärtig, als Quelle des ewigen Lebens und der wahren Erkenntnis,
wie eine unauslöschliche Flamme des reinen Bewusstseins. In der Version des
Evangelisten Markus erscheint der erste Aufruf Jesu Christi als sehr vollständig und
erfüllt das gesamte Programm der Evangelisierung: Die Zeit ist erfüllt, und das Reich
Gottes ist nahe herbeigekommen; tut Buße und glaubt an das Evangelium. 1. Die Zeit
ist erfüllt: Die Zeit ist gekommen, in der die Welt, der Mensch, das wahre Reich
Gottes sucht und findet; die Zeit, in der die Gute Nachricht verbreitet wird. 2. Das
Reich Gottes, derjenige, der ist, die Essenz, das ewige Leben in sich selbst, der
Lebendige, frei von allen Tendenzen oder Modifikationen, die an eurem Bewusstsein
haften, jene Tendenzen, die euch zu weißen Gräbern machen, zu Toten, die ihre Toten
begraben. 3. Tut Buße: Das ist das religiöse Werk, das wir nun vollenden müssen.
Wenden wir uns nach innen unseren Gedanken zu, wenden wir uns unserer
Denkweise zu. Entdecken wir uns als das, was wir sind: Die Toten, die ins Leben
zurückkehren. Erkennen wir uns selbst. Enthüllen wir den Sohn in uns selbst. Dies ist
eine schwierige Aufgabe, die darin besteht, dass wir in das Wasser unserer Psyche
eintauchen; taufen wir uns in unseren toten Werken. Schauen und sehen wir, dass
alles in uns tot ist, und dann lasst uns zurückkehren zum ewigen Leben in Christus,
denn er ist nicht Gott der Toten, sondern der Lebenden; denn für ihn sind sie alle
lebendig. So werden wir in der Vereinigung entdecken, dass Christus in uns ist, die
Auferstehung und das Leben. 4. Glaubt an die Frohe Botschaft: Das Reich des Vaters
ist über die Erde ausgebreitet, und die Menschen sehen es nicht. Der Grund dafür ist,
dass ihre Herzen nicht rein sind. Aber jetzt, durch die Reinigung des Wassers unseres
Bewusstseins, durch ständige Reue und Buße, werden wir die dunkle Nacht, in der
wir lebten, verlassen, denn wir haben Gott erkannt, oder besser gesagt, Er hat uns
erkannt, und Ihn zu erkennen heißt, das Licht, die vollkommene Erkenntnis, zu
erkennen. Unsere Augen werden dann für den Glauben offen bleiben; wir werden
wissen, dass Er ist, und wir werden fest an die Frohe Botschaft glauben."
(https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

4. Jesus sprach: Zögert ein hochbetagter Mann nicht, ein kleines Kind von
sieben Tagen nach dem Ort des Lebens zu fragen, so wird er leben. Denn viele
Erste werden die Letzten sein, aber sie werden alle zu einem werden.

Das kleine Kind symbolisiert wohl jemanden, der, wenn auch erst vor kurzer Zeit, aus
dem Geist geboren und von Gott gezeugt wurde, so wie es der Vater zu Yahshua
sagte, als bei der Taufe der Heilige Geist in Form einer Taube auf ihn herab kam und
er aus dem Wasser stieg. Der hochbetagte Mann symbolisiert dementsprechend einen
Menschen, der noch nicht aus dem Geist wiedergeboren wurde. Wenn dieser ein
„kleines Kind“ nach dem „Ort des Lebens“ fragt, wird das kleine Kind ihm das
heilige Gesetz der Liebe predigen und ihm die Quelle des Lebens offenbaren. Wie in
Spruch 2 erwähnt, ist der Plan Gottes, dass alles in und durch seinen Eingeborenen
Sohn mit ihm, dem Vater-Mutter, einsgemacht werden soll. Jede Perle, d.h. jedes
Kind Gottes hat den gleichen Wert beim Vater, egal wer zuerst oder zuletzt kommt:

12
"Wenn die Perle in den Schmutz geworfen wird, wird sie davon nicht minderwertig.
Auch wird sie nicht wertvoller, wenn sie mit Balsam gesalbt wird. Sie hat vielmehr
stets denselben Wert bei ihrem Eigentümer. So ist es auch mit den Kindern Gottes.
Wo immer sie sind, sie haben den gleichen Wert bei ihrem Vater." (Philippus-
Evangelium). „Die ersten werden die letzten sein“ bedeutet, dass wie gesagt, jede
Perle, jedes Glied des Leibes Christi, gleich viel Wert ist. Es ist das Prinzip eines
sogenannten „magischen Quadrates“, in dem die Quersumme aller Zahlen horizontal,
vertikal und diagonal, stets dieselbe ist. Das kleinstmögliche wäre demnach 3x3
Felder groß mit den Zahlen von 1-9. Im EDVL lesen wir: "Jesus kam an einen Ort,
wo sieben Palmbäume wuchsen, und versammelte seine Jünger um sich und gab
einem jeden eine Zahl und einen Namen, welche nur der kannte, der sie empfing.
Und er sprach zu ihnen: Steht wie Pfeiler in dem Hause Gottes und führt aus die
Befehle gemäß den Ziffern, die ihr erhalten habt. Und sie standen rings um ihn, und
sie bildeten ein Viereck und zählten die Ziffern; aber sie konnten es nicht. Und sie
sagten: Herr, wir können es nicht. Und Jesus sprach: Lasset den, welcher der Größte
unter euch ist, gleich sein dem Geringsten und das Zeichen des Ersten gleich dem
Zeichen des Letzten. Und so taten sie, und in jeglicher Weise ward Gleichheit, und
doch trug jeder eine andere Zahl, und die eine Seite war wie die andere, und die obere
war wie die untere, und die innere war wie die äußere. Und der Herr sprach: Es ist
genug. So ist das Haus des weisen Baumeisters. Viereckig ist es und vollkommen.
Der Räume sind viele, aber es ist nur ein Haus. Betrachtet wieder den Leib des
Menschen, welcher ein Tempel des Geistes ist. Denn der Leib ist eins mit dem Kopfe,
und es ist ein Körper. Und er hat viele Glieder, doch alle sind zusammen ein Körper,
und der Geist beherrscht und regiert alles. Ebenso ist es im Reiche Gottes. Und der
Kopf spricht nicht zu der Brust, ich brauche dich nicht, noch die rechte Hand zu der
linken, ich brauche dich nicht, noch der linke Fuß zum rechten Fuß, ich brauche dich
nicht; weder sprechen die Augen zu den Ohren, wir brauchen euch nicht, noch der
Mund zu der Nase, ich brauche dich nicht. Denn Gott hat jegliches Glied dorthin
gesetzt, wo es am besten taugt. Wenn der Kopf das Ganze wäre, wo wäre die Brust?
Wenn die Eingeweide das Wichtigste wären, wo wären die Füße? Ja, diese Glieder,
welche etliche für weniger ehrenwert halten, hat Gott mit der meisten Ehre versehen.
Und jenen Teilen, welche manche für unschön halten, denen ist umso mehr Anmut
gegeben worden, auf dass sie füreinander sorgten; so leiden alle Glieder, wenn auch
nur eines von ihnen leidet, und wenn eines der Glieder geehrt wird, so erfreuen sich
dessen alle andern Glieder. Nun seid ihr mein Körper; und jeder von euch ist ein
besonderes Glied von mir, und jedem von euch gebe ich seinen angemessenen Platz,
einen Kopf über allen und ein Herz als Mittelpunkt von allen, auf dass nirgendwo
eine Lücke sei, auf dass ebenso wie eure Körper, eure Seelen und euer Geist auch ihr
preist die All-Eltern durch den Heiligen Geist, der da wirkt in allen und durch alle."

5. Jesus sprach: Erkenne den, der vor deinem Angesicht ist, und was dir
verborgen ist, wird sich dir offenbaren. Denn es gibt nichts Verborgenes, das
nicht offenbar würde.

13
Der „vor unserem Angesicht“ ist, ist der himmlische Vater-Mutter, der sich uns in der
gesamten Schöpfung offenbart hat, und der überall um uns herum zu finden ist, selbst
in einem Stein, wie Yahshua selbst sagte. Folgendes Gleichnis lesen wir im EDVL:
"Da kamen einige, die voll Zweifel waren, zu Jesus und sagten: Du hast uns gesagt,
dass unser Leben und Sein von Gott sei, aber wir haben niemals Gott gesehen, noch
kennen wir einen Gott. Kannst du uns ihn zeigen, den du den Vater nennst und den
einzigen Gott? Wir wissen nicht, ob es einen Gott gibt. Jesus antwortete ihnen und
sprach: „Hört dieses Gleichnis von den Fischen. Die Fische eines Flusses sprachen
miteinander und sagten: Man erzählt uns, dass unser Leben und Sein vom Wasser
komme, aber wir haben nie Wasser gesehen, wir wissen nicht, was es ist. Da sprachen
etliche von ihnen, welche klüger waren als die anderen: Wir haben gehört, dass im
Meere ein kluger und gelehrter Fisch lebt, der alle Dinge kennt. Lasset uns zu ihm
gehen und ihn bitten, dass er uns das Wasser zeige. So machten sich einige von ihnen
auf, um den großen und weisen Fisch zu suchen, und sie kamen endlich in die See,
wo der Fisch lebte, und sie fragten ihn. Und als er sie gehört hatte, sprach er zu ihnen:
Oh, ihr dummen Fische, dass ihr nicht denkt! Doch klug seid ihr wenigen, die ihr
sucht. Im Wasser lebt ihr und bewegt ihr euch und habt ihr euer Dasein; aus dem
Wasser seid ihr gekommen, zum Wasser kehrt ihr wieder zurück. Ihr lebt im Wasser,
aber ihr wisst es nicht. In gleicher Weise lebt ihr in Gott, und doch bittet ihr mich:
Zeige uns Gott. Gott ist in allem, und alles ist in Gott." Der „vor unserem Angesicht“
ist aber auch der innewohnende Christus, der mit der Seele im selben Haus wohnt,
nur hat die Seele aufgrund ihres Ehebruchs mit dem Vergänglichen vergessen wie er,
der ihr wahrer Bräutigam ist, aussieht und erkennt ihn nicht mehr als solchen, wie
auch in der Nag Hammadi Schrift „Exegese der Seele“ beschrieben. Denn unser
wahres Wesen ist der Geist, der im Verborgenen in uns schlummert und darauf wartet,
dass wir ihn erkennen und Eins mit ihm werden. Im Philippus-Evangelium lesen wir
auch über die Natur des Verborgenen, d.h. der geistigen Welt: "Niemand kann etwas
Unvergängliches wahrnehmen, außer er wird selbst unvergänglich... im Reich der
Wahrheit siehst du etwas von ihr und wirst selbst zu ihr. Du siehst den Geist und wirst
selbst zu Geist. Du siehst Christus: Du wirst Christus. Du siehst den Vater: Du wirst
zum Vater." So wird denen, die aus dem Geist geboren wurden, alles offenbart
werden, spätestens, wenn alles im Sohn mit dem Vater einsgemacht werden wird.

"Was im Verborgenen liegt, ist, wie wir bereits gesagt haben, der innere Christus, der
pneumatische Anthropos - derjenige, der wie Christus nicht von dieser Welt ist, weil
er von oben kommt - immer noch lebendig begraben ist, als das einzige wirkliche
Opfer unseres lebenden Todes. Wenn Jesus immer wieder sagt, dass nichts zugedeckt
ist, was nicht aufgedeckt wird, dann will er all jenen eine Botschaft der Hoffnung
übermitteln, die danach streben, den Menschensohn in sich selbst auferstehen zu
lassen, in einer wahren Auferstehung des Lebens, das in ihnen begraben liegt. Dann
werden wir erkennen, dass ER IST, und können durch ihn sagen: ICH BIN. Jesus
erklärt, dass die Auferweckung des Menschensohnes in uns selbst, durch die das
Verborgene offenbar wird, für jeden von uns die unübertragbare Vollendung des
besonderen Werkes voraussetzt, zu dem wir berufen sind, und die Bestätigung, dass
dieses Werk der Auferweckung nicht nur möglich, sondern notwendig ist.

14
Deshalb sagt Jesus: Und wie Mose in der Wüste die Schlange erhöht hat, so muss
auch der Menschensohn erhöht werden. Die Erhöhung bis zur Auferstehung im
Bewusstsein des Lichts des inneren Menschensohns, der wir sind, erreicht ihre letzte
Stufe in der reinen Betrachtung des Angesichts, das vor unserem eigenen steht. Aber
es ist der durch die Erkenntnis wiederbelebte Menschensohn, der diese Betrachtung
vollendet, und nicht der Mensch von unten, mit dem unser irdisches Bewusstsein
fälschlicherweise seine Identität verwechselt hat. Der Psalmist singt: Lass das Licht
deines Angesichtes über uns leuchten, o Herr. In der griechischen Version und in der
Vulgata wird dieser Text mit „Das Licht deines Angesichts ist in uns versiegelt“
übersetzt. Dieses Siegel ist nichts anderes als das Bild des Antlitzes Gottes, das durch
die Wirkung dieses Lichtes in den pneumatischen, geistigen Menschen eingeprägt
wird, der von Gott nach seinem Bild geschaffen wurde. Anders ausgedrückt: Der
Mensch trägt in seinem Geist, in seinem Wesen, den Abdruck des Antlitzes Gottes,
weil der pneumatische Mensch Gottes Ebenbild ist. Inspiriert oder angezogen von
dem schwachen, fernen Glanz dieses Bildes, sucht der Mensch von unten, der Adam
der Psyche, schließlich das Antlitz Gottes. Wie geschrieben steht: Denn jetzt sehen
wir durch ein dunkles Glas... jetzt erkenne ich zum Teil. Was der Apostel erreichen
will, ist eine Betrachtung von Angesicht zu Angesicht, das heißt, vom Bild des
Gesichts, das wir als pneumatischer Mensch haben, zum ursprünglichen Gesicht des
ICH BIN, zu Gott. Eine solche Betrachtung ist nur möglich, wenn der vom
Geheimnis durchdrungene Prozess, der zur Geburt im Wasser und im Geist führt,
abgeschlossen ist. Diese Wiedergeburt ist das Siegel der Taufe, das den Menschen in
Christus offenkundig in einen Sohn des Lichts, in das Licht des Lebens, verwandelt.
Um das Antlitz von Angesicht zu Angesicht zu betrachten, ist es unerlässlich, es
vollkommen zu erkennen, und dies ist für den Menschen von unten unerreichbar, da
eine solche vollkommene Erkenntnis nicht erlangt werden kann, ohne zuvor den Tod
der Psyche (Seele) zu erleiden, wie es geschrieben steht: Diejenigen, die ihr Leben
(ihre Seele) lieben, werden es (sie) verlieren. Diejenigen, die ihr Leben (ihre Seele)
um meinetwillen verlieren, werden es (das ewige Leben, den Geist) finden. Das
Ebenbild ist dein Antlitz, du selbst individuell als Sohn des Lichts, ein getreuer
Abglanz jenes Bildes, und was der Logion dich zur Betrachtung drängt und was dein
Antlitz weiß, was vor dir steht, ist unaussprechlich und nennt sich „Ich bin, der Ich
bin“, das Wesen, das eine und einzige Wesen, das alles andere ausschließt und in
dessen unfassbarem Licht alles Verborgene offenbart wird. Jesus Christus, eins mit
dem Vater, sagte: "Ich bin es", und alle traten entgeistert zurück und fielen zu Boden."
(https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

6. Seine Jünger fragten ihn und sprachen: Willst du, dass wir fasten? Und wie
sollen wir beten, und Almosen geben, und welche Speisevorschriften sollen wir
beobachten? Jesus antwortete: Lügt nicht, und tut nicht, was ihr hasst, denn
alles ist offenbar vor dem Himmel. Denn es gibt nichts Verborgenes, das nicht
zutage käme, und es gibt nichts Verdecktes, das ohne Aufdeckung bliebe.

15
In Logion 14 heißt es: "Wenn ihr fastet (und bleibt dabei doch die alten), schafft ihr
euch nur Sünde. Und wenn ihr betet, richtet ihr euch nur selbst. Und wenn ihr
Almosen gebt, fügt ihr eurem Geist nur Schaden zu. Wenn ihr in irgendein Land geht,
und es durchwandert, und wenn man euch dann aufnimmt, so esst, was man euch
vorsetzt, und heilt die Kranken unter ihnen. Denn was hineingeht in euren Mund,
verunreinigt euch nicht. Aber was aus eurem Mund herauskommt, das ist es, was
euch unrein macht."

In den gnostischen Schriften haben z.B. die Speisegebote scheinbar keinen großen
Stellenwert. Das könnte allerdings daran liegen, dass eine vegetarische / vegane
Ernährung unter den Ur-Christen und wahren Nachfolgern so selbstverständlich war,
dass dies nicht explizit gesagt werden musste, denn Yahshua bezeichnete dies als die
geringsten Offenbarungen, die Milch, die flüssige Speise für alle seine Nachfolger.
Wer diese nicht zu sich nahm und verdaute, der konnte keine größeren Offenbarungen
empfangen. Hier geht es jedoch um feste geistige Speise, die die flüssige als gegeben
voraussetzt. Was das fasten und beten betrifft, lesen wir in Spruch 104: "Man sagte zu
ihm: Komm, lass uns heute beten und fasten. Jesus antwortete: Welches ist denn die
Sünde, die ich begangen habe, oder worin bin ich in Not geraten? Sondern es kommt
doch der Bräutigam aus dem Brautgemach, da soll niemand fasten und beten." So ist
die abstrakte Antwort Yahshuas auf die Frage seiner Jünger nur: "Lügt nicht, und tut
nicht, was ihr hasst, denn alles ist offenbar vor dem Himmel. Denn es gibt nichts
Verborgenes, das nicht zutage käme, und es gibt nichts Verdecktes, das ohne
Aufdeckung bliebe." Damit sagt er, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis der Geist
der Wahrheit einen jeden der Sünde, die wir hassen sollen, überführen wird, und wir
uns in dem Moment der Wahrheit gegenüber nicht verstocken sollen. Das allererste
Gebot, welches Yahshua in Kapitel 52 des EHGOC gibt, als er seinen Jüngern das
Gesetz nach dem Geist für das wahre Israel Gottes verkündet, lautet: "Ihr sollt euren
Gott lieben und dienen mit all eurem Verständnis des Heiligen Gesetzes." Er sagte
auch, dass von denen, denen mehr gegeben (offenbart) wurde, auch mehr (Gehorsam)
verlangt werden würde. Dies geschieht, wie gesagt, alles in Stückwerk, und ist bei
jedem individuell in der Reihenfolge und der „Geschwindigkeit“. Das Fundament
jedoch, das für alle dasselbe ist, ist das heilige Gesetz der Liebe zu aller Schöpfung
und der Heiligkeit allen Lebens. Im EDVL sagt Yahshua: "Die Wahrheit, die eine und
die absolute, ist in Gott allein; denn niemand, nicht ein einziger Mensch, weiß, was
Gott allein weiß, der ist in allem. Den Menschen kann die Wahrheit enthüllt werden
entsprechend ihrer Fähigkeit, zu verstehen und zu erfassen. Die eine Wahrheit hat
viele Seiten, und der eine sieht nur eine Seite, ein anderer eine andere, und manche
sehen mehr als andere, so wie es ihnen gegeben ist. Seht diesen Kristall: So wie das
eine Licht offenbar ist in zwölf Flächen, ja in vier mal zwölf, und jede Fläche einen
Strahl von dem Lichte zurückwirft, und der eine die eine Fläche und ein anderer eine
andere anschaut, so ist es doch der eine Kristall und das eine Licht, das in allen
scheint. Und seht, wenn einer auf einen Berg steigt und er eine gewisse Höhe erreicht
hat, dann sagt er: Dort ist der Gipfel des Berges, lasst ihn uns erreichen; und wenn er
diese Höhe erreicht hat, seht, so ist eine andere darüber hinaus, bis er zu der Höhe
kommt, von der aus keine andere mehr zu sehen ist, sofern er sie erreichen kann.

16
So ist es auch mit der Wahrheit. Ich bin die Wahrheit, der Weg und das Leben, und
ich habe euch die Wahrheit gegeben, die ich von oben empfangen habe. Und was
gesehen und empfangen wird von dem einen, wird nicht gesehen und empfangen
werden von einem anderen. Was wahr erscheint den einen, erscheint nicht wahr den
anderen. Die im Tal unten sind, sehen nicht das, was die sehen, die auf dem
Berggipfel stehen. Doch für alle ist das die Wahrheit, wie sie der einzelne Verstand
sieht, und so lange, bis eine höhere Wahrheit zu dieser geoffenbart wird; der Seele,
die mehr Licht empfangen kann, wird mehr Licht gegeben werden. Darum verdammt
nicht die anderen, auf dass ihr nicht verdammt werdet. Wenn ihr das heilige Gesetz
der Liebe halten werdet, das ich euch gegeben habe, so soll euch die Wahrheit mehr
und mehr enthüllt werden, und der Geist der Wahrheit, der von oben kommt, wird
euch führen in die ganze Wahrheit, und sei es auch auf vielen Irrwegen, so wie die
feurige Wolke die Kinder Israels durch die Wüste geleitete."

"Der Logion zielt darauf ab, in einer einzigen Antwort vier verschiedene Themen zu
behandeln, die Jesus behandelt hat: Almosen, Fasten, Gebet und Speisevorschriften,
und diese erlauben es uns, sie auf verschiedenen Verständnisebenen zu betrachten.
Die erste davon können wir als offenkundig bezeichnen, indem wir sie als Ausdruck
einer moralischen Bedeutung definieren, während die zweite aus einem mehr oder
weniger bildlichen Verweis auf eine ganz bestimmte innere Erkenntnisweise besteht.
Die christliche Exegese hat es vorgezogen, sich mit der ersten Ebene des Verstehens
zu befassen, die wir als "moralisch" bezeichnet haben und die folglich im
Wesentlichen mit dem Verhalten zu tun hat, während sie die zweite, weitaus tiefere
Ebene, die wir als die verborgene bezeichnen können, nie vollständig erfasst hat,
denn diese wurde fast immer unter dem Deckmantel des Offenbaren gehalten. In
dieser Hinsicht ist es interessant, dass das Judas-Thomas-Evangelium die beiden
Ansätze zu diesen Fragen in zwei getrennten Logien behandelt hat, denn die
Klassifizierung, die wir bereits angenommen haben, wird es uns ermöglichen, im
Laufe unseres Interpretationsversuchs jede Ebene isoliert zu untersuchen. Die Ebene,
die wir als verborgen bezeichnen, wird in Logion 14 behandelt, während das Logion,
mit dem wir uns jetzt befassen, sich eindeutig nur mit der moralischen,
offensichtlichen Auslegung befasst, die bekanntlich seit Jahrhunderten von der
traditionellen christlichen Exegese intensiv untersucht wird."
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7. Jesus sprach: Selig ist der Löwe, den der Mensch isst. Dadurch wird der Löwe
Mensch. Aber elend ist der Mensch, den der Löwe frisst. Dadurch wird der
Mensch zum Löwen.

In 1.Petrus 5:8 heißt es: "Seid nüchtern, wacht! Euer Widersacher, der Teufel, geht
umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlingen kann." Wer also den
Satan und seine Lügen und Täuschungen, seine Verführungen und Versuchungen, mit
dem Wort und dem Heiligen Geist abwehrt und bezwingt, der hat ihn den Löwen
gefressen und das Böse mit dem Guten, die Finsternis mit dem Licht besiegt.

17
Alle anderen werden vom Löwen gefressen und verschlungen werden, und der
Mensch wird selbst zum Löwen, d.h. zur Finsternis, denn das Licht ist nicht in ihm.
Im Philippus-Evangelium lesen wir: "Denn der Gott (dieser Welt) ist ein
Menschenfresser. Ihm wird der Mensch (der Welt) geschlachtet. Bevor also der
(wahre) Mensch, Jesus, geschlachtet wurde, schlachtete man Tiere, (die Menschen
der Welt)... Es gibt (vergängliche) Kräfte, die dem Menschen (vergängliche) Nahrung
geben, da sie nicht wollen, dass er gerettet wird. Nur so können sie erreichen, dass sie
dauernd bestehen. Wenn nämlich der Mensch diese Nahrung isst, entstehen Opfer
(für diese Kräfte). Und der Mensch aß und brachte diesen Kräften Tiere zum Opfer
dar: Die eigenen tierischen (Eigenschaften). (Tiere) sind auch die, denen sie (die
Opfer) darbrachten. Zunächst opferten sie ihnen, während sie noch lebten (ihrem
wahren Wesen nach). Indem sie aber opferten, starben sie (ihrem wahren Wesen
nach). Doch als der Mensch Gott tot dargebracht wurde, wurde er wieder zum Leben
erweckt." Im EHGOC lesen wir diesbezüglich: "Denn jene sind es, die ihren Bauch
zu ihrem Gott machten, um ihren bösen Göttern die unschuldigen Geschöpfe der
Erde, anstelle der fleischlichen Natur in ihnen selbst, zu opfern. Sie aßen von ihrem
Fleisch und tranken ihr Blut zu ihrem eigenen Verderben, indem sie ihre Körper zu
einer Grabstätte der Toten machten, anstatt zu einem Tempel der Lebenden."

"Der Logion beschreibt einen Sachverhalt, der im biblischen Kontext eine gewisse
Bedeutung hat, und auch die hier verwendete bildhafte Sprache ist nicht weit von
derjenigen entfernt, die in bekannten Texten zu finden ist, auch wenn die
Redewendungen hier direkter und eigenständiger verwendet werden. Im Grunde
besagt der Logion, in eine einfachere Sprache übersetzt, dass, wenn ein Mensch sich
von den Feinden der Seele beherrschen (auffressen) lässt, der Mensch der Psyche -
die Seele - befleckt, verunreinigt, aus ihr hervorgeht, während der Löwe, der die
Feinde der Seele in Form eines Tieres verkörpert, das seine Beute in Stücke reißt, das
Leben des Geistes, der leuchtenden Seele des Menschen, negiert oder verdunkelt, und
durch die Herabsetzung seines Bewusstseinsniveaus kann man sagen, dass der Löwe
den Menschen auffrisst, bis nichts Menschliches mehr von ihm übrig ist. Auch die
metaphorische Verwendung des Verbs auffressen/verschlingen im Logion sollte nicht
überraschen, denn die Evangelien verwenden häufig Redewendungen in Bezug auf
Mahlzeiten, Essen, Hunger, Fasten usw., und es gibt bekanntlich viele schlüssige
biblische Beispiele für dieses literarische Mittel. Indem der Löwe als Feind der Seele
den Menschen in unserem Logion verschlingt, beraubt er ihn des Lichts der geistigen
Erkenntnis, verunreinigt und verdunkelt seine Seele und macht sie undurchsichtig für
das Licht Christi. So kann ein Mensch so weit heruntergezogen werden, dass er sich
in einen Löwen, also in ein rein tierisches Wesen, verwandelt. Umgekehrt, aber in der
gleichen metaphorischen Verwendung des Mahls oder der Speise, erhebt Jesus
Christus es auf die Ebene der Weisheit selbst: Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu
mir kommt, wird nie mehr hungrig sein. Viele Texte des Alten Testaments betonen
den offensichtlichen Gegensatz zwischen der Erkenntnis der Weisheit im Gegensatz
zur Unwissenheit über den lebendigen Gott oder die immerwährende Dualität von
Licht und Finsternis im Menschen in Form des Hasses des Löwen in seiner
Eigenschaft als Feind der Seele auf den lebendigen Gott oder den Messias.

18
Das entscheidendste Zeugnis für die metaphorische Bedeutung der Löwen als
Personifikation der feindlichen Kräfte, die die Seele zur Gottlosigkeit, zum
gottesfeindlichen Weg, treiben, findet sich jedoch im Bericht über Daniel in der
Löwengrube (der Grube oder dem Grab des Psalters): Denn er ist der lebendige Gott,
der ewig währt. Sein Reich wird nie zerstört werden, und seine Herrschaft hat kein
Ende. Er befreit und rettet, er tut Zeichen und Wunder im Himmel und auf Erden;
denn er hat Daniel aus der Gewalt der Löwen gerettet. Der lebendige Gott, der Gott
Daniels, ist kein anderer als der Menschensohn, der in ihm und in jedem Menschen
lebt und wohnt, und in dessen Licht kein solcher Löwe jemals die Seele eines
Menschen verletzen kann. Dennoch sind die biblischen Löwen in diesem Bericht die
Feinde des Messias, des verheißenen Sohnes, den der gesalbte König David als
seinen Herrn und nicht als seinen Sohn verehrte; und da sie die Feinde des Herrn
sind, will JHWH sie zu seinem Fußschemel machen: Setze dich zu meiner Rechten,
bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße mache. Das sind die Löwen (sie und
keine anderen), die Feinde der Seele, ohne Wissen, durch deren Handeln die
Menschen von dem lebendigen Gott, dem lebendigen Christus, dessen Tempel sie
sind und in dem sie ihr Sein haben, weggezogen werden, bis zu dem Punkt, an dem
jeder Mensch in eine solche Erniedrigung fallen kann, dass er, wie sie, ein Löwe mit
Reißzähnen wird." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

8. Und er sagte: Der Mensch gleicht einem klugen Fischer, der sein Netz ins
Meer warf, und es voll kleiner Fische aus dem Meer zog. Unter ihnen fand der
kluge Fischer einen großen guten Fisch. Da warf er alle kleinen Fische weg
hinunter ins Meer und behielt, ohne lange zu überlegen, nur den großen Fisch.
Wer Ohren hat zu hören, der höre.

Siehe das Gleichnis über die Fische in Logion 5. Yahshua war und ist der „große
Fisch“, von dem die kleinen Fische gehört hatten, dass er „alle Dinge kennt“, und
sich auf die Suche nach ihm machten, um von ihm alles über das Wasser (Gott) zu
erfahren. Denn er allein ist es, der das Brot des Lebens jedem frei gibt, und der uns
den Vater-Mutter gezeigt hat. Er ist das fleischgewordene Wort, aber auch das
präexistente Wort, der gute Samen des Sämanns, das auch in uns ist.

"Das Gleichnis vom Netz, das in diesem Logion vorkommt, hat der heilige Matthäus
mit einigen Variationen in einen Abschnitt aufgenommen, der gewöhnlich als Zweck
der Gleichnisse bekannt ist und in dem der Evangelist sieben solcher Geschichten
zusammen mit einer Reihe wesentlicher Erklärungen zu den Gleichnissen und ihrer
spezifischen Bedeutung darlegt. Von diesen sieben Gleichnissen haben vier - das
Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen, das Gleichnis vom Schatz, das Gleichnis
von der Perle und das Gleichnis vom Netz - eine parallele oder gemeinsame
Bedeutung, während die anderen drei - das Gleichnis vom Sämann, das Gleichnis
vom Senfkorn und das Gleichnis vom Hefeteig - das Wissen über das Reich Gottes
vermitteln. Von all diesen Gleichnissen muss jedoch das Gleichnis vom Sämann als
erstes gehört werden, denn es handelt vom großen Geheimnis des Reiches Gottes, das
darin besteht, das gesäte Wort zu erkennen und zu pflegen, bis es Frucht bringt.

19
Wie Markus erklärt, wird man, wenn man dieses Gleichnis verstanden hat, auch alle
anderen verstehen. Der Grund, warum Jesus in Gleichnissen spricht, also eine
Ausdrucksform verwendet, die nur denen zugänglich ist, die eine gewisse
Vorkenntnis des Reiches Gottes haben, findet sich in einem Psalm, auf den sowohl
Matthäus als auch Markus immer wieder Bezug nehmen: Ich werde meinen Mund in
einem Gleichnis auftun; ich werde verkünden, was seit Grundlegung der Welt
verborgen gewesen ist. Das Verborgene, das Jesus auch im Gleichnis verkünden will,
ist zweifellos das Wort, das, wie es geschrieben steht, das Licht aller Menschen ist,
das Wort, das Gott in sie gesät hat. König David, der Gesalbte, gab Zeugnis von
dieser Offenbarung des Verborgenen, als er das Wort, das als Frucht seiner Lenden
gesät wurde, als seinen Herrn, den lebendigen Christus, anerkannte und verkündete.
Der erste Funke der Erkenntnis dessen, was verborgen liegt, kann als die allererste
Intuition des Seins bezeichnet werden, als der allererste Kontakt, vielleicht nur ein
Hauch, mit jener Perle, dem wahren Schatz, der den Menschen beseelt, der
Offenbarung des Geheimnisses des Reiches. Einmal erkannt, wird dies die Grundlage
für ein sicheres Sehen und Hören und für das Verständnis sein, das aus einem reinen,
auf das Heil und das Leben ausgerichteten Herzen hervorgeht. An die Adresse derer,
die, nachdem sie zu ihrem ewigen inneren Licht erwacht sind, beginnen, es wie
neugeborene Kinder in Besitz zu nehmen, steht geschrieben: Denen, die haben, wird
mehr gegeben werden, und sie werden Überfluss haben; denen aber, die nichts haben,
wird auch das genommen werden, was sie haben. Es muss erklärt werden, dass es
sich hier keineswegs um ein hartes, unbarmherziges Urteil im geistigen Bereich
handelt, sondern einfach um die Feststellung einer Tatsache im menschlichen
Erkenntnisprozess. Derjenige, der sich im Schatz niederlässt, wird in sich den Samen
der Erkenntnis des Reiches gesät haben. Dieses Wissen wird er von diesem Moment
an in Hülle und Fülle empfangen, denn wenn dieser Samen einmal in seinem
Bewusstsein gekeimt ist, wird er von selbst wachsen. Daher der schöne Satz bei
Markus: Das Reich Gottes ist, als ob jemand Samen auf die Erde streute und Tag und
Nacht schliefe und aufstünde, und der Same würde keimen und wachsen, er wüsste
nicht wie. Wer aber nichts hat, wer nichts wahrgenommen hat, vielleicht weil er im
Nebel war, und selbst wenn er eine Weizenähre entdeckte, wird sie noch nicht richtig
gekeimt sein; und so wird sie verborgen bleiben, und wenn die Erntezeit kommt, wird
in seinem Bewusstsein nichts zu sehen sein als Spreu zum Dreschen."
(https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

9. Jesus sprach: Siehe der Sämann kam heraus, füllte seine Hand, und warf aus.
Einige Körner fielen auf den Weg. Es kamen die Vögel und pickten sie auf.
Andere Körner fielen auf den Felsen und sandten keine Wurzeln hinunter in die
Erde und trieben keine Ähren gen Himmel. Wieder andere fielen in die Dornen.
Die erstickten den Samen und der Wurm fraß sie. Und andere fielen auf die gute
Erde und sie brachte gute Frucht und trug 60 je Maß und 120 je Maß.

20
Siehe das Gleichnis vom Sämann und dessen Deutung in Matthäus 13. In Jesaja 55:7-
13 lesen wir: "Der Gottlose verlasse seinen Weg und der Mann der Bosheit seine
Gedanken! Und er kehre um zu dem HERRN, so wird er sich über ihn erbarmen, und
zu unserem Gott, denn er ist reich an Vergebung! Denn meine Gedanken sind nicht
eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der HERR. Denn so
viel der Himmel höher ist als die Erde, so sind meine Wege höher als eure Wege und
meine Gedanken als eure Gedanken. Denn wie der Regen fällt und vom Himmel der
Schnee und nicht dahin zurückkehrt, sondern die Erde tränkt, sie befruchtet und sie
sprießen lässt, dass sie dem Sämann Samen gibt und Brot dem Essenden, so wird
mein Wort sein, das aus meinem Mund hervorgeht. Es wird nicht leer zu mir
zurückkehren, sondern es bewirkt, was mir gefällt, und führt aus, wozu ich es gesandt
habe. Denn in Freuden werdet ihr ausziehen und in Frieden geleitet werden. Die
Berge und die Hügel werden vor euch in Jubel ausbrechen, und alle Bäume des
Feldes werden in die Hände klatschen. Statt der Dornsträucher werden
Wacholderbäume aufschießen, und statt der Brennnesseln schießen Myrten auf. Und
es wird dem HERRN zum Ruhm, zu einem ewigen Denkzeichen sein, das nicht
ausgelöscht wird." In der Essener Meditation mit der himmlischen Kraft des
Erdbodens heißt es: "Ist es im Inneren genauso wie im Äußeren? Muss der Boden
vorbereitet sein, damit diese heilige Kraft in Zusammenarbeit mit den anderen
Himmelsboten der Erdenmutter und des Himmelsvaters wirksam werden und uns zu
innerem Wachstum verhelfen kann? Wir sind zwar nicht der Sämann, denn die Saat
des Guten, des Göttlichen, ist bereits in uns. Doch wir haben darauf zu achten, ob wir
diese heilige Saat mit unseren Gedanken und Taten bewässern, oder ob wir Unkraut
aussähen und pflegen und dadurch diese heilige Kraft missbrauchen." Nur in denen,
die sich von allem Bösen trennen (den Boden zubereiten) und vollständig und
dauerhaft im Guten ruhen können, kann das Wort, das in ihnen ist, Frucht bringen.

"In seiner kurzen Zusammenfassung stellt das Gleichnis vom Sämann eine
vollständige und transparente Darstellung der Botschaft des Evangeliums dar, die die
von Markus aufgezeichnete Empfehlung voll und ganz rechtfertigt: Versteht ihr
dieses Gleichnis nicht? Wie wollt ihr dann alle anderen Gleichnisse verstehen? Um
die besondere exegetische Bedeutung dieser Geschichte zu unterstreichen, haben die
drei synoptischen Evangelisten nicht nur das Gleichnis, sondern auch die
dazugehörige Erklärung überliefert. Wenn man jedoch ein Gleichnis bis auf die
nackte Wahrheit, die typischerweise verborgen ist, entkleiden will, d.h. wenn man
alles sehen und hören will, was es in ihm zu sehen und zu verstehen gibt, dann reicht
es nicht aus, nur die Erklärung des Gleichnisses zu kennen, die die Evangelisten
geben. Es wird notwendig sein, darüber hinauszugehen und mit den Zwölfen oder,
mit anderen Worten, mit den Worten dieser Einführung eins zu werden, um das
Geheimnis des Reiches Gottes zu durchdringen. Denn unser vollständiges Erkennen
und Verstehen hängt nicht nur von der Schärfe unseres Intellekts ab, sondern vor
allem von der Klarheit unseres Bewusstseins, wenn es in seinen ruhigen Wassern die
Frucht des in ihm gesäten Samens empfangen soll. Der Same ist, wie gesagt, das
Wort Gottes, das, wie Johannes in seinem Prolog bekräftigt, das wahre Licht ist, das
alle erleuchtet.

21
Das ist es, was der Sämann in die Herzen der Menschen gesät hat, das heißt, in jeden
Menschen, und darüber hinaus ist jeder Mensch in seinem reinen Wesen das wahre,
unsterbliche Licht. Deshalb steht geschrieben, dass er zu dem kam, was ihm gehörte,
und dass das Wort Fleisch wurde und unter uns lebte. Und dort wohnt und leuchtet es
in der Dunkelheit des Herzens, das es nicht kennt, und wartet darauf, vom gereinigten
Bewusstsein empfangen zu werden. Diese Lehre, die sich als die Erkenntnis
ausdrücken lässt, dass der Mensch seinem Wesen nach ein Sohn des ewigen Geistes
ist, ein Lichtstrahl des universellen und ewigen Bewusstseins, das wir Gott nennen,
ein Funke aus seinem Herd, mag immer unter den Geheimnissen des Volkes Israel
verborgen gewesen sein. Das wäre die einzig mögliche Erklärung für die orakelhaften
und gleichnishaften Vorkehrungen, in die diese Offenbarung sowohl im Alten als
auch im Neuen Testament gehüllt ist. Wenn in den Psalmen verkündet wird, dass das,
was seit Grundlegung der Welt verborgen war, verkündet wird, dann geschieht diese
Verkündigung aus dem Mundwinkel heraus, in Gleichnissen, so dass - so wird erklärt
- alle, die das Geheimnis nicht verstehen können oder dürfen, zwar hören, aber nicht
begreifen; schauen, aber nicht verstehen. Es scheint, dass diese ursprüngliche Lehre
der Erkenntnis immer unter zwei verschiedenen und wahrscheinlich
zusammenhängenden Hüllen verborgen gehalten wurde: Verborgen, weil sie nur von
Menschen gehört werden konnte, die Zugang zu den Geheimnissen hatten, und
verborgen, weil die Menschen, deren Bewusstsein undurchsichtig ist, die nur auf die
äußeren Dinge ausgerichtet sind, das wahre Licht nicht wahrnehmen können, das sie
als Tempel des Gottes im Inneren sind, da sie auf ihre äußere Kleidung fixiert
bleiben. Um diese erste Entdeckung des Wortes, des Samenkorns im Innern, zu
machen, muss zuvor eine subtile Bewegung des Bewusstseins hin zu den
immateriellen Bereichen stattfinden, in denen dieses Samenkorn zu finden ist; das
bedeutet notwendigerweise eine fortschreitende Abwertung des Sichtbaren. Das
wiederum wird es leicht machen, die irdischen Besitztümer, die äußere Hülle, die
Schale, die das Korn bedeckt, bereitwillig loszulassen, ganz gleich, ob es sich dabei
um materielle oder geistige Hüllen handelt. Das ist es, was Matthäus mit dem
Gleichnis vom Schatz und dem Gleichnis von der Perle zu beschreiben versucht, die
er in seinen Abschnitt über den Sinn der Gleichnisse aufnimmt. Gleiches gilt für das
Gleichnis vom Netz im Judas-Thomas-Evangelium. In jedem dieser drei Fälle - dem
Schatz, der Perle oder dem guten großen Fisch - geht es darum, den wahren Wert des
Wortes, des gesäten Samens, als das Einzige im Menschen aufzuzeigen, das wirklich
und dauerhaft ist. Wer diesen Schatz, diese Perle, diesen guten Fisch entdeckt, wird
keine Schwierigkeiten haben, sich von den falschen Reichtümern zu trennen, in die
das wahre Leben gehüllt ist. Was die Wahrnehmungsstufen betrifft, die die
Evangelisten als Hören beschreiben, geht es um das Hören oder Nichthören des
Wortes im Innern und die Einteilung in vier Menschentypen. Die erste Gruppe von
Menschen, die das Gleichnis untersucht, ist dem Wort am meisten entfremdet, da sie
am Rande des inneren Christus stehen, der gesagt hat: Ich bin der, der ich bin. Ein
Nebel von Skepsis bewegt sie dazu, nicht zu akzeptieren, dass sie Verwahrer des
Wortes sind. Ihr Bewusstsein, wer sie sind, ist zu oberflächlich und unwissend, um
den Glauben annehmen zu können, den Jesus fordert, wenn er sagt: Ich bin das Licht
der Welt. Ihr werdet in euren Sünden sterben, wenn ihr nicht glaubt, dass ICH BIN.

22
Der zweite Menschentyp, den das Gleichnis untersucht, sind diejenigen, die von
Natur aus immer unbeständig sind, wenn es um die Pflege der Wurzeln geht. Sie
freuen sich vielleicht, wenn sie hören, dass sie das Wort in sich tragen und dass sie
selbst das Wort sind. Eine Zeit lang glauben sie daran. Dann vergessen sie es oder
geben die Suche auf, denn sie lieben es nicht genug, dass sie unaufhörlich danach
suchen, bis sie finden. Die dritte Art von Menschen besteht aus denen, die
törichterweise glauben, dass das Wort in ihnen wachsen und sich entwickeln kann,
während ihr Bewusstsein an den Genuss äußerer Dinge gebunden ist. Hier zeigt sich,
dass diese Art von Reichtum, vor allem, wenn man sich darauf konzentriert, ihn zu
entwickeln und zu pflegen, als wäre er der wahre Schatz, mit dem Wort unvereinbar
ist und es schließlich erstickt, ohne dass es Frucht gebracht hat. Die Gleichnisse vom
Unkraut und vom Netz in der Fassung des Matthäus beziehen sich auf solche
Menschen, die sich in ihrem Leben als unfähig erweisen, den in sie gesäten Samen so
zu pflegen, dass er Frucht bringt. Das Unkraut symbolisiert all die äußere Kleidung,
den Reichtum, der an der guten Saat klebt. Auch die Fische, die Matthäus als böse
bezeichnet, stehen nicht - wie es sich vereinfachende oder unreife Menschen
vorstellen - für Menschen, in denen der Same, der sie selbst sind, keine Frucht
getragen hat, der Same, von dem es heißt, er sei die Wahrheit und das Leben, sondern
für die vielen Disteln, die Sorgen der Welt und die Verlockungen des Reichtums, die
auf Kosten des Korns und der guten Fische leben. Wenn das Ende kommt - die Ernte,
das Ende der weltlichen Dinge, denn die obere Welt, das Reich des Wortes, ist ewig
und unendlich -, wird alles von der Heugabel aussortiert, wie Johannes der Täufer
verkündet hat, und nur der reine Same, das reine Wort, wird in den Kornspeicher
gesammelt werden, während das Unkraut und der schlechte Fisch, nämlich die
falsche Persönlichkeit, an der man fälschlicherweise festhält, die äußere Schale des
Korns, ins Feuer geworfen, verbrannt und zu Asche zerfallen wird, der
zerstörerischen Wirkung der Zeit unterworfen wie alles Sterbliche. Deshalb fügt
Matthäus in einer abschließenden Erläuterung seiner Gleichnisrede hinzu, dass jeder
Schriftgelehrte, der für das Himmelreich ausgebildet ist, einem Hausherrn gleicht, der
aus seinem Schatz Neues und Altes hervorholt. Wenn beides, das Alte und das Neue,
in der Truhe des Menschen (in seinem Haus, in sich selbst) in den Gleichnissen
vorhanden ist, in dem Feld mit dem Schatz und den anderen Feldern, in der
wertvollen Perle und den anderen Perlen, dem Weizen und dem Unkraut, den guten
Fischen und den schlechten, wird das, was am Ende verbrannt wird, niemals der
Mensch des Geistes, der neue Mensch, das neue Selbst sein, geschaffen nach dem
Ebenbild Gottes. Es werden vielmehr die parasitären Anhaftungen des Bewusstseins
sein, die durch Unwissenheit entstanden sind und dem Leben und der Wahrheit
vorenthalten wurden, weil sie nicht zum wahren Samen gehören. Im Bericht des
Johannes über das Gespräch Jesu mit Nikodemus wird das wunderbare Entstehen
dieser Frucht nach dem doppelten Durchgang durch die Taufe mit Wasser und Geist
beschrieben. Es ist sehr wahrscheinlich, dass viele von denen, die diese Zeilen lesen,
nicht glauben werden, dass eine solche Geburt von oben, ein rein geistiges Ereignis,
möglich ist, weder bei ihnen selbst noch bei anderen. Dies würde lediglich die im
Gleichnis vom Sämann aufgestellte Hypothese bestätigen, dass das Wort in viele
gesät wurde, die am Wegesrand standen.

23
Dies ist „strafmildernd“ zu bedenken, denn da sie am Wegesrand stehen, haben sie
noch keine Ahnung vom Weg. Zur Rechtfertigung unseres Standpunkts müssen wir
auf die Stelle im Johannesevangelium verweisen, in der Jesus sein eigenes Zeugnis
verteidigt: Wir sprechen von dem, was wir wissen, und bezeugen, was wir gesehen
haben. Dieses Zeugnis sollte uns an viele Menschen denken lassen, insbesondere an
all jene, die meinen, an die Worte Jesu zu glauben, aber eine solche Geburt von oben
nicht für möglich halten. Obwohl sie wahrscheinlich in das Geheimnis gehüllt war,
das zu den Mysterien gehört, müssen die Einzelheiten der Geburt oder der
Wiedergeburt im Geist den Meistern des alten Israels wohl bekannt gewesen sein, wie
ihre Schriften im Alten Testament bezeugen. Alle diese Schriften wurden von den
kirchlichen Anhängern Jesu Christi entdeckt und als Hinweis auf das Kommen des
Messias gewertet. Und sie sind sicherlich prophetisch, wenn man nur den
offensichtlichen Aspekt Jesu als den Christus betrachtet; aber es ist wichtig, auch den
verborgenen Aspekt zu betrachten, in dem Jesus vor den Pharisäern behauptet,
Davids Herr zu sein. Das bedeutet, dass Christus, der Messias, in jedem Menschen
geboren werden kann und wird, der sich selbst zu einem guten Boden macht, auf dem
der in ihn gesäte Same als Korn des Lebens Frucht bringen kann. Und zu welchem
anderen Zweck könnte ein solcher Same gesät werden? Die Frucht ist Gott mit uns,
und ihr Zweck ist es, den Sohn in den Menschen zu offenbaren, durch die Geburt von
oben im Geist. Das ist es zumindest, was Jesaja gehört und verstanden haben muss,
als er im so genannten Buch Emmanuel jene messianischen Verse schrieb, die die
Gewissheit ausdrücken: Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben.
Wie Jesaja erklärte, soll diese Frucht als Wunderbarer Ratgeber, Mächtiger Gott,
Ewiger Vater, Fürst des Friedens empfangen werden." (https://www.gospelofthomas-
interpretation.com/)

10. Jesus sprach: Ich habe Feuer auf die Welt geworfen, und siehe, ich hüte es,
bis sie brennt.

Dieses Feuer ist das Feuer des Geistes, das zur Errettung aller auf die Erde geworfen
wurde. Nur mit seiner Kraft können wir alles Unreine und Böse aus uns vertreiben.

"Das Feuer, von dem Jesus spricht, ist das Feuer der Gotteserkenntnis. Als Träger der
Gotteserkenntnis ist dieses Feuer auch mit dem Geist der Wahrheit zu identifizieren,
dem Beistand, dem Tröster, von dem Jesus sagt, dass er unter uns wohnte und in uns
ist. Das bedeutet, dass dieses Feuer, dieser Geist, in uns ist - in jedem Menschen, der
geboren wird, und zwar von Geburt an -, dass aber das Feuer der Erkenntnis erst dann
in das Bewusstsein aufgenommen werden kann, wenn es bereit ist oder sich bereit
gemacht hat, es zu erkennen. Dann schmilzt der Geist in den Menschen, in einer
Geburt von oben durch die Feuertaufe. Die Stimme des Herrn, so verkündet der
Psalmist, lässt Feuerflammen auflodern, um seine Feinde zu vernichten, die, wie wir
bereits wissen, diejenigen sind, die die Heilige Schrift die Feinde der Seele nennt.
Deshalb verzehrt das Feuer, das Jesus auf die Welt wirft, diese Feinde, und deshalb
heißt es, dass der Herr, dein Gott, ein verzehrendes Feuer ist."
(https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

24
11. Jesus sprach: Dieser Himmel wird vergehen, und der Himmel über ihm wird
vergehen. Die Toten leben nicht, die Lebenden werden nicht sterben. In den
Tagen, da ihr Totes aßet, machtet ihr es lebendig. Wenn ihr aber im Licht seid
und lebendiges esst, was werdet ihr dann tun? An dem Tag, da ihr eins wart, seid
ihr zwei geworden. Jetzt, wo ihr zwei geworden seid, was werdet ihr nun tun?

Das Obere (Verborgene, Ewige) und das Untere (Offenbare, Vergängliche) wird im
Sohn und durch ihn einsgemacht werden mit dem Vater, denn Yahshua sagte: "Ich bin
gekommen, das Untere wie das Obere, und das Äußere wie das Innere zu machen. Ich
bin gekommen, um sie alle an jenem Ort zu versammeln." Die Toten und die
Lebenden sind die, die aus dem Fleisch geboren, und die, die aus dem Geist gezeugt
sind. Bevor Christus kam, gab es kein Brot des Lebens, sondern alle nahmen
verdorbene geistige Nahrung zu sich und brachten dementsprechende Früchte der
Sünde hervor. Nun, da er gekommen und das Brot des Lebens gegeben hat, denen die
danach hunger(te)n, welche Art von Früchten werden sie nun hervorbringen: Gute
oder schlechte? Im Philippus-Evangelium lesen wir: "Als wir Juden waren... hatten
nur unsere Mutter (das Gesetz). Als wir aber Christen wurden, bekamen wir zur
Mutter hinzu auch den Vater (die Erkenntnis)." Jetzt, da also die Erkenntnis, das Ziel,
des Gesetzes durch den Sohn offenbar geworden ist, was werden die Menschen tun?
Für wen der beiden Herren werden sie sich entscheiden? Im EHGOC lesen wir:
"Denn das Gesetz beurteilt den aufrichtigen und den falschen Menschen gerecht und
in der Weisheit von allem, was heilig und rein ist, und es trennt durch alle
Barmherzigkeit, Liebe und Kraft, und durch die Gnade Gottes, das Gute vom Bösen,
damit der Mensch das Gute vom Bösen wählen und das Rechte vom Falschen
erkennen kann, da er frei ist und mit freiem Willen zwischen Gott oder Satan wählen
kann... Denn aus einem Volk der Menschen hatte der Satan jedes Volk auf Erden
hervorgebracht, aber alle waren gleich vor Gottes heiligem Gesetz, denn alle wussten
das Gute vom Bösen zu unterscheiden und konnten frei zwischen Recht und Unrecht
wählen... Aber wisset, nicht alle sind menschlich, die die äußere Form eines
Menschen haben, denn ich frage euch, sind solche Männer oder Frauen nach dem
Bilde Gottes, dessen Wege die Gewalt und die Wege des Bösen und die
Unterdrückung sind, und die eher die Lüge wählen, als die Wahrheit? Nein, denn
wahrlich, nur wenn sie wiedergeboren werden und den Geist menschlicher Liebe und
Weisheit in ihrem Herzen empfangen, nur dann sind sie die wahren Söhne und
Töchter Israels, die Söhne und Töchter des Lichts, die Kinder Gottes. Und aus diesem
Grund kam ich in die Welt, und aus diesem Grund habe ich durch die Hände der
Sünder gelitten, damit alle die menschliche Liebe und Weisheit des Heiligen Gesetzes
kennenlernen, die Menschen und Engeln gezeigt wurde. Denn ich sage euch, es gibt
keine größere Sünde und kein größeres Übel, als die Ignoranz und Sturheit des
Menschen, denn Ignoranz erzeugt Angst und Angst erzeugt Gewalt und
Blutvergießen, und die Unschuldigen leiden sehr. So ist das Böse des Menschen
selbstgemacht, denn nicht einmal Satan hat Macht über den Geist der Menschen,
denn Menschen können das Gute oder das Böse wählen." In den gnostischen
Schriften herrscht der Demiurg über die Erde und die sieben Himmel, „über“ denen
das Pleroma ist, das Reich Gottes.

25
"Die Heilige Schrift gibt ein klares Zeugnis von der Vergänglichkeit des Himmels
und der Erde. Die drei synoptischen Evangelisten enthalten alle eine Passage, in der
Jesus sagt, dass Himmel und Erde vergehen werden, und zu einem früheren Zeitpunkt
hatte der Prophet Jesaja dies in einem seiner poetischen Flüge in einer Sprache
ausgedrückt, der es nicht an Präzision mangelte: Denn die Himmel werden sich
verziehen wie Rauch, die Erde wird sich abnutzen wie ein Kleid. Diese Tatsache des
Vergehens ist die eigentliche Bedingung eines jeden geschaffenen Dinges. Der Tag
des Herrn wird kommen wie ein Dieb, und dann werden die Himmel vergehen [...]
und die Elemente werden mit Feuer aufgelöst werden, und die Erde und alles, was
auf ihr geschieht, wird verzehrt werden. Das Endergebnis dieses reinigenden
Holocausts durch das Feuer Jesu Christi wird - wie es die Offenbarung in einem
Kapitel über die letzten Dinge ausdrückt - sein, dass die Himmel (die subtile Welt, die
der Psyche, aus subjektiver Sicht) und die Erde (die materielle, hylische Welt)
vergehen und kein Platz für sie gefunden wird. Dies wird den Raum für das Kommen
eines neuen Himmels und einer neuen Erde öffnen, in denen die von Gott verheißene
Frucht des in jeden Menschen gesäten Samens ihr volles Maß erreichen wird.
Deshalb fügt die Offenbarung hinzu, dass dieser neue Himmel und diese neue Erde
die Wohnung Gottes unter den Menschen sein werden. Er wird bei ihnen wohnen,
heißt es dort, und erinnert damit deutlich an den Gott-mit-uns, den Emanuel des
Jesajabuches. Der Logion drückt mit Gewissheit aus, dass nicht nur der Himmel
vergänglich ist, sondern auch der Himmel der Himmel. Daher steht bei der inneren
Offenbarung des Menschensohns, der ewig ist, geschrieben, dass er auf den Wolken
des Himmels kommen wird, ein Ausdruck, der bedeutet, dass diese Betrachtung oder
Offenbarung nicht möglich sein wird, wenn man nicht zuvor durch den Nebel oder
die Wolke des Rätsels gegangen ist, auf der das reine Licht des Menschensohns reitet.
Außerdem wird damit bekräftigt, dass die Wohnung des Menschensohns über der
Wolke des Himmels der Himmel liegt, in der Sphäre des Seins, wo das Leben ewig
und nicht vergänglich ist. Die Begriffe "sterben" und "leben", "tot sein" und
"lebendig sein" werden im Neuen Testament und wahrscheinlich auch im Alten
Testament häufig mit einer verborgenen Bedeutung verwendet, die man als spirituell
bezeichnen könnte und die das Gegenteil der üblichen Sichtweise ist.
Glücklicherweise ist diese verborgene Bedeutung, die dem Leben - dem Lebendigen -
als ewigem Leben und dem Sterben oder dem Totsein als zeitlich begrenztem,
sterblichem Leben zugeschrieben wird, in offensichtlichen Begriffen gut verstanden
worden, und das erspart uns jede exegetische Arbeit darüber. Der Menschensohn, der
Mensch des Geistes, ist immer lebendig, denn er hat Anteil am ewigen Leben, das
vom Vater ausgeht. Wer also das Wort hört und es bewahrt, wird die Frucht des
ewigen Lebens empfangen und den Tod nicht schmecken. Dementsprechend wird es
eine vollständige Umwandlung des Bewusstseins geben (durch die Identifikation mit
dem, was in einem selbst ewig ist). Deshalb sagt Jesus: Wer an mich glaubt, wird
leben, auch wenn er stirbt, und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird niemals
sterben [...] Er ist vom Tod zum Leben übergegangen. Die Toten hingegen sind
diejenigen, die das Wort nicht hören, die nicht auf die Stimme des Gottessohnes
hören. Von ihnen wird gesagt, dass sie in der Finsternis und im Schatten des Todes
sitzen.

26
Alles, was im Herzen des Menschen sterben muss, kann durch die verwandelnde
Wirkung des Wassers der Taufe, das aus den Wolken des Himmels unter uns kommt,
gereinigt werden; dann, später, kann es durch eine alchemistische Reinigung durch
das Feuer der Erkenntnis vollständig verzehrt werden. Dies wird als Verschlingen des
Toten bezeichnet. Was nach dieser schwierigen und notwendigen Erkenntnis übrig
bleibt, ist eine Flamme lebendigen Lichts, wiedergeborenes Bewusstsein, verwandelt
in das Lebendige. Dies ist die höhere Frucht der Bekehrung. Sie ist das, was man als
"im Licht sein" bezeichnet. Die letzte Prüfung im Logion ist sehr wichtig. Was werdet
ihr tun, wenn ihr, nachdem ihr zwei geworden seid, im Licht seid? Es gibt eine
Antwort: Die zwei zu einem machen und der Menschensohn werden. Dieser
entscheidende Akt der Verklärung des Bewusstseins wird von Jesus im Evangelium
gut beschrieben. Wir werden uns zu gegebener Zeit damit beschäftigen, dieses
Zeugnis auf diese Seiten zu bringen." (https://www.gospelofthomas-
interpretation.com/)

12. Die Jünger Sprachen zu Jesus: Wir wissen, dass du von uns gehen wirst. Wer
ist es, der dann Führer über uns sein soll? Jesus antwortete: Wo ihr dann auch
seid, geht zu Jakobus, dem Gerechten, dessentwegen der Himmel und die Erde
entstanden sind.

Für den bzw. die Gerechten, den Erstgezeugten, den eingeborenen Sohn, die
Erstlingsfrucht und seine Gemeinde, seine Braut, den gerechten Samen, wurden
Himmel und Erde und das ganze All erschaffen, damit er und sie als seine Miterben
darüber herrschen. Denn sie werden dem Sohn gleichgemacht werden, d.h. er wird
sie werden. Jakobus selbst, der „der Gerechte“ genannt wurde und den Ruf eines
Heiligen hatte, war nach Yahshuas Kreuzestod und Weggang der Leiter aller
urchristlichen Gemeinden, deren „Hauptsitz“ in Jerusalem war,

"In Markus 10:37-40 lesen wir: "Gib uns, dass wir einer zu deiner Rechten und einer
zu deiner Linken sitzen in deiner Herrlichkeit! Jesus aber sprach zu ihnen: Ihr wisst
nicht, um was ihr bittet. Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinke, oder mit der
Taufe getauft werden, mit der ich getauft werde? Sie aber sprachen zu ihm: Wir
können es. Jesus aber sprach zu ihnen: Den Kelch, den ich trinke, werdet ihr trinken,
und mit der Taufe, mit der ich getauft werde, werdet ihr getauft werden; aber das
Sitzen zu meiner Rechten oder Linken zu vergeben, steht nicht bei mir, sondern ist
für die, denen es bereitet ist." Jesus warnt die beiden Donnersöhne, dass diejenigen,
die das Reich Gottes erlangen wollen, nicht umhin können, die Passionszeit zu
durchlaufen - in den Worten Jesajas: Die bittere Schale des Taumels. Dieser Kelch ist
nicht umsonst zu haben. Er wird nach dem Willen des Vaters denen gegeben, die dazu
bereit sind. Der Kelch verleiht Größe, aber nicht, wenn man danach strebt, der Erste
zu sein, sondern nur, um zu dienen und sein Leben als Lösegeld für viele zu geben.
Das ist es, was die vollständige Passion mit sich bringt; und ohne Zweifel kann nur
diese Passion Größe genannt werden, da sie das Tun und die Lehre der Gebote
verlangt. Wie Lukas über die Größe des Täufers sagt: Er wird groß sein [...], um [...]
die Ungehorsamen zur Weisheit der Gerechten zu bekehren, um ein Volk zu bereiten,

27
das für den Herrn bereit ist. Man wird verstehen, dass der Weg zur Größe darin
besteht, das Leiden des Gerechten für die zu ertragen, die noch ungerecht sind.
Deshalb sagt Petrus, dass Christus ein für alle Mal für die Sünden gelitten hat, der
Gerechte für die Ungerechten [...], um euch zu Gott zu bringen. Er wurde dem
Fleisch nach getötet, aber dem Geist nach lebendig gemacht. Nach dem Psalmisten ist
Gott mit der Gesellschaft der Gerechten. Deshalb fordert der lebendige Jesus, der
Auferstandene, der den Jüngern auf dem Berg Tabor in Galiläa erschien, sie auf, den
Weg der Gerechten zu gehen. Wenn der Lebendige Jesus diesen Weg mit dem
heiligen Jakobus identifiziert, dann deshalb, weil der Apostel gelobt hatte, von dem
Moment an, in dem er aus dem Kelch des Herrn trank, bis er ihn von den Toten
auferstehen sah, kein Brot zu essen. Das erklärt, warum es im Hebräer-Evangelium
heißt, dass der Herr, nachdem er erschienen war, um Nahrung und Brot bat, ein wenig
Brot nahm, es segnete, brach, und es Jakobus dem Gerechten gab, indem er zu ihm
sagte: "Bruder, iss dein Brot, denn es ist das Beste, was wir haben: Bruder, iss dein
Brot, denn der Menschensohn ist von den Toten auferstanden." Mit diesem
Versprechen folgte Jakobus dem Beispiel Jesu, der bei seinem Passahmahl gesagt
hatte: "Ich sage euch, dass ich nicht essen werde: Ich sage euch, dass ich es [dieses
Passah] nicht mehr essen werde, bis es im Reich Gottes vollendet ist. Die Vollendung
des Passahs besteht darin, dass das Passahmahl und der Kelch, aus dem der Liebhaber
Gottes auf dem Weg isst und trinkt, jenseits des Schleiers der Erscheinungen in das
Brot und den Kelch verwandelt werden, die aus dem Reich Gottes kommen. Daher
das Gelübde des Jakobus und sein wohlverdienter Ruf der Gerechtigkeit, denn das
Brot des Himmels und der Erde, der beiden Welten der Psyche und des Fleisches, ist
gekommen, um den Menschen als Weg zum Reich Gottes zu dienen; aber nur das
Brot, das der von den Toten auferstandenen Menschensohn anbietet - und mit ihm
den Kelch, aus dem alle trinken sollen -, nur dieses ist das Brot des Lebens und der
Gerechtigkeit. Man kann also sagen, dass jeder Weg, der dazu führt, dass der Mensch
Größe erlangt, Himmel und Erde betrifft. Dazu sind Himmel und Erde gemacht: Dass
der Mensch auf seinem Weg durch sie groß werde, nicht nur im Willen und in der
Fähigkeit zur Gerechtigkeit, sondern auch, um die Ungehorsamen zur Weisheit der
Gerechten zu bekehren durch den bitteren Akt, den Kelch des Taumelns bis zum
letzten Tropfen zu trinken." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

13. Jesus sprach zu seinen Jüngern: Vergleicht mich, und sagt mir wem ich
gleiche. Da sagte zu ihm Simon Petrus: Du gleichst einem gerechten Engel.
Matthäus sagte zu ihm: Du gleichst einem weisen Menschen. Thomas aber sagte
zu ihm: Meister, mein Mund bringt es nicht über sich, zu sagen, wem du
gleichst. Jesus antwortete: Ich bin nicht dein Meister, denn auch du hast
getrunken und bist trunken geworden von der sprudelnden Quelle, die ich, der
ich das Unmessbare bin, ausgemessen habe. Und er nahm ihn, zog ihn beiseite
und sagte drei Worte zu ihm. Als Thomas wieder zu seinen Gefährten kam,
fragten sie ihn: Was hat dir Jesus gesagt? Thomas antwortete: Wenn ich euch
eines der Worte sage, die er mir gesagt hat, werdet ihr Steine nehmen und nach
mir werfen, aber Feuer wird aus den Steinen kommen, und euch verbrennen.

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Da Yahshua der Vater-Mutter war, der im Fleisch inkarnierte, und in dem die ganze
Fülle des Vater-Mutter war, mit wem sollte man also den Vater jemals vergleichen, da
der Mensch nichts als die minderwertigen Abbilder der himmlischen Dinge kennt, die
weit von der wahren Herrlichkeit und Größe des Vater-Mutter entfernt sind? Wie
sollte der Vater-Mutter jemals in Worten, die ihm gerecht werden, beschrieben
werden können? Die Antwort von Thomas war somit die treffendste. Was die drei
Worte waren, kann man nur spekulieren, vielleicht „Heilig, heilig, heilig!“, da
Thomas sagte, dass wenn er ihnen nur ein einziges der drei Wörter sagte, sie ihn
steinigen würden.

"Im Sinne der verborgenen Interpretation ist die Frage nach Christus identisch mit der
Frage nach dem Sein. Was ist die Essenz des Menschen? Bei der Gelegenheit, von
der in diesem Logion berichtet wird, zeigten die Jünger Simon Petrus und Matthäus
durch ihre unzureichenden Antworten, dass sie noch nicht so weit waren. Indem sie
Jesus einen gerechten Engel oder einen weisen Philosophen nannten, ist klar, dass sie
nicht weiter gegangen waren, um sich das Ich-bin-der-Ich-bin vorzustellen, als die
Sache in Begriffen einer Entität zu sehen, die durch Qualifizierungen und
Vorstellungen von Trennung bedingt ist, wie hoch auch immer diese sein mögen. Die
Antwort von Thomas lässt jedoch keinen Zweifel daran, dass es ihm gelungen war,
sein Bewusstsein des Seins von allen einschränkenden Bekleidungen zu befreien und
sich selbst als reines Korn zu erkennen, das von aller Spreu befreit ist. Um zu dieser
ungeheuren, für die geistige Verwirklichung entscheidenden Entdeckung zu gelangen,
die darin besteht, das Sein ohne alles hinzugefügte zu erkennen, musste Thomas die
Herrlichkeit der Weisheit, die Jesus mit dem Vater teilt, direkt erfassen und sich zu
eigen machen, damit sie, wie das Evangelium sagt, „eins sind, wie wir [der Vater und
ich] eins sind“. Wie Jesus dann verkündet, hat Thomas bereits bis zur geistigen
Berauschung aus der Quelle der Einheit getrunken, die Jesus lehrt. Von dieser Quelle
sagt Jesus, dass sie sprudelt - kocht -, denn das Wasser, das aus ihr fließt, ist nichts
anderes als das Feuer der Erkenntnis, das jedes letzte Überbleibsel der Trennung
völlig verbrennt und die Vollkommenheit des Seins in reiner Nacktheit zurücklässt.
Deshalb wird Jesus, da er weiß, dass Thomas und er im Grunde völlig eins sind, ihm
nicht erlauben, ihn Meister zu nennen, denn in der Einheit ist er das eigentliche Selbst
von Thomas. Hier geht es Jesus darum, den letzten Schleier zu lüften, der das
Bewusstsein von Thomas verdunkelt, bis seine Lippen vor Staunen die unermessliche
Wahrheit, die von ihm Besitz ergriffen hat, bejahen und ausdrücken können. Es dürfte
nicht allzu schwierig sein, die drei Worte zu deuten, die Jesus am Ende in der
Abgeschiedenheit seines Zimmers zu ihm sagte, denn sie müssen sein
Christusbewusstsein bestätigen: "Du bist Christus" (denn Christus ist im Grunde
jeder von uns). Mit diesen Worten wird der wahre Inhalt des Gebetes Jesu in Thomas
vollendet: Heiliger Vater, beschütze sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast,
damit sie eins sind, wie wir eins sind. Der Logion endet mit einem Hinweis auf die
Steine in ihrer verborgenen Bedeutung, denn es ist zu verstehen, dass der Stein in
jedem Menschen metaphorisch für das Sein steht. Er ist der Erbe im Gleichnis vom
Weinberg, der von den mörderischen Pächtern/Bauern verworfen wird, der Eckstein
jedes menschlichen Bauwerks.

29
Dies sind die Steine, von denen Jesus sagte, dass sie schreien würden - und sie
schreien in der Tat für immer aus der Einsamkeit des Menschensohns, vergessen von
jedem psychischen Adam, der den, der im Namen des Herrn kommt, nicht als sein
eigenes Wesen erkennt. Thomas hat genau verstanden, dass jeder Stein für das Wort
steht, den Samen, der bei der Geburt in jeden Menschen gesät wurde, den essentiellen
Menschen, einen Samen, der nur in dem Augenblick keimen, wachsen und Früchte
tragen wird, in dem der psychische Adam seine Gegenwart anerkennt. Deshalb sagt
Thomas, dass, wenn er auch nur ein einziges Wort von dem weitergeben würde, was
ihm offenbart wurde - das Wort -, wie es gerade von Jesus bestätigt wurde, Feuer, das
Feuer der Erkenntnis, aus diesem Eckstein eines jeden Menschen hervorbrechen und
ihn verzehren würde. So bringt er die Vollendung, die vollkommene Erkenntnis zum
Ausdruck. Damit ist die Auslegung des Logions von Judas-Thomas abgeschlossen.
Ein vollständiges Studium erfordert jedoch die Untersuchung des parallelen Logions,
der in den synoptischen Evangelien zu finden ist. In diesem Logion fragt Jesus: Wer,
sagen die Leute, ist der Menschensohn? Diese Art der Fragestellung hat eine
verborgene Bedeutung, denn indem er nach dem unpersönlichen Menschensohn fragt,
bezieht sich Jesus direkt auf den Christus, den Sohn, das wesentliche Ich-bin, das
(zumindest bei vielen) unter den dichten Schichten des sichtbaren Menschen
verborgen bleibt und dem der Menschensohn Leben gibt. Damit der Menschensohn
erkannt werden kann, ist es - wie bereits deutlich gemacht wurde - Voraussetzung,
dass der Mensch sich zunächst nach innen gewandt hat, geleitet vom Licht der
Erkenntnis. Jesus geht dann mit seiner Frage noch weiter in die Tiefe: Wer aber sagt
ihr, dass ich bin? Die Frage bezieht sich immer noch auf Jesus als den
Menschensohn, und Simon Petrus zeigt, dass er sich dessen sehr wohl bewusst ist,
wenn er in seinem Glaubensbekenntnis verkündet: Du bist der Messias, der Sohn des
lebendigen Gottes. Für den verborgenen Aspekt Jesu Christi bedeutet dieses
Bekenntnis, dass Simon Petrus den Glauben an Jesus bekennt, an den Christus, der
als Sohn Gottes im Menschen in jedem Menschen als das Wort lebt, der Same der
Ewigkeit, der in uns gesät wurde. Der Glaube an diesen Samen, an Christus, löst eine
radikale Verklärung aus, bis hin zur Verwandlung der Glaubenden in Kinder Gottes.
Daher die Aussage, mit der Jesus die Vollendung der Frohen Botschaft verkündet:
Dies ist der Wille meines Vaters, dass alle, die den Sohn sehen und an ihn glauben,
das ewige Leben haben. Alle, die zu diesem Glauben an ihn erwachen, erlangen die
Anschauung des Sohnes. Dies gilt für die gesamte Geschichte der menschlichen
Zeugung, verstanden im Sinne der verborgenen Bedeutung, die Jesus für sich in
Anspruch nahm, als er sich durch den geistigen Samen als Herrn Davids und auch als
sein Sohn bezeichnete. Die Antwort Jesu auf das Glaubensbekenntnis des Simon
Petrus zeigt dessen wahren, verborgenen Sinn auf. Es handelt sich um eine innere
Offenbarung des Menschensohns, die niemals auf die Wahrnehmung einer
Sinnesordnung aus Fleisch und Blut zurückgehen kann, sondern nur auf den Regen
des Feuers der Erkenntnis. Nichts anderes als dieser Regen kann die Intuition des
Seins erwecken, die unweigerlich zu jener Geburt von oben führen muss, von der das
Johannesevangelium sagt: Niemand ist in den Himmel aufgefahren außer dem, der
vom Himmel herabgestiegen ist, dem Menschensohn.

30
Jesus weiß, dass dieses innere Erwachen bald dazu führen wird, dass Simon Petrus
mit ewiger Glückseligkeit beschenkt wird, und in Anlehnung an einen weit
verbreiteten semitischen Ausdruck, der einen Menschen als Sohn dessen bezeichnet,
was er vollbracht hat oder noch vollbringen wird, nennt er ihn Sohn des Jona. So
verkündet er mit wenigen Worten, dass Simon Petrus nun bereit ist, das Zeichen des
Propheten Jona zu empfangen, das einzige Zeichen, das dieser menschlichen
Generation vorbehalten ist. Dieses Zeichen ist kein anderes als das des
Menschensohns, d.h. die Gewissheit und die Herrlichkeit Gottes, die sich aus der
Bekehrung zum Menschensohn ergeben. Lukas bezeugt dies mit Sicherheit, wenn er
sagt: Denn wie Jona dem Volk von Ninive zum Zeichen wurde, so wird der
Menschensohn diesem Geschlecht sein. Das lange Gleichnis, das in reicher
Metaphorik von dem Zeichen erzählt, das der Prophet Jona bei seiner Verwandlung in
einen Menschensohn empfing, bezeugt nicht nur das Alter dieses Zeichens, das nach
der Tradition des jüdischen Volkes von Gott gegeben wurde, denn Jesus nahm es ganz
ausdrücklich als ein Zeichen, das ihn selbst betraf, und als ein Zeichen des Vaters für
alle Generationen. Die drei Tage und drei Nächte - eine unbestimmte zeitliche
Dimension, die jedoch in sich abgeschlossen ist -, die Jona im Bauch des Wals
verbrachte, drücken im übertragenen Sinne das Begräbnis des Menschensohns im
Herzen eines jeden psychisch-physischen Adams aus. Ebenso versinnbildlicht die
Passion Jesu - sein Tod und seine Auferstehung - die Passion, die jeden Menschen im
Geiste betrifft, jeden auf seine Weise: Den Tod und die Auferstehung des
Menschensohns in ihm. Aber dieses Zeichen wird nur offenbart, wenn der Glaube an
den Menschensohn erwacht ist. Wenn es dagegen als Beweis für die Sinne angerufen
wird, um den Mangel an Glauben von Fleisch und Blut zu widerlegen, wird die
Anrufung fruchtlos sein, denn in solchen Fällen wird diesem Geschlecht kein Zeichen
gegeben werden." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

14. Jesus sprach zu ihnen: Wenn ihr fastet, schafft ihr euch nur Sünde. Und
wenn ihr betet, richtet ihr euch nur selbst. Und wenn ihr Almosen gebt, fügt ihr
eurem Geist nur Schaden zu. Wenn ihr in irgendein Land geht, und es
durchwandert, und wenn man euch dann aufnimmt, so esst, was man euch
vorsetzt, und heilt die Kranken unter ihnen. Denn was hineingeht in euren
Mund, verunreinigt euch nicht. Aber was aus eurem Mund herauskommt, das
ist es, was euch unrein macht.

Siehe den Kommentar zu Spruch 6. Eine Erklärung könnte seine Aussage in Logion
104 sein: "Man sagte zu ihm: Komm, lass uns heute beten und fasten. Jesus
antwortete: Welches ist denn die Sünde, die ich begangen habe, oder worin bin ich in
Not geraten? Sondern es kommt doch der Bräutigam aus dem Braut gemacht, da soll
niemand fasten und beten." Was Yahshua dort meint, ist wohl das Fasten in Bezug auf
die geistige Speise, denn das fleischgewordene Wort war ja nun unter ihnen, damit
alle vom Brot des Lebens gesättigt werden sollten, und ebenso war es nicht
notwendig, den Vater-Mutter im Gebet um Weisheit und Erkenntnis zu bitten, da
diese ja durch den Sohn im Überfluss für sie vorhanden waren. Deswegen sagte er ja
auch, dass viele gewünscht haben, zu sehen und zu hören, was sie sahen und hörten.

31
Wahres fasten bedeutet auch nicht, dass man nichts isst, sondern es bedeutet
Enthaltsamkeit von der Welt und ihren „Genüssen“ und Versuchungen. Wenn man
sich z.B. für zwei Wochen von Fleischessen, Unzucht oder dergleichen enthält, und
danach wieder damit weitermacht, dann war und ist ein solches „Fasten“ vollkommen
wertlos. Denn die Ruhe Gottes kann und wird nur denen gegeben werden, die im
Guten ruhen können, d.h. vollständig und dauerhaft dem Bösen zu entsagen und ihm
fernzubleiben. In Jesaja 58:3-11 lesen wir über ein Gott wohlgefälliges Fasten:
"Warum fasten wir, und du siehst es nicht, demütigen wir uns, und du merkst es
nicht? – Siehe, am Tag eures Fastens geht ihr euren Geschäften nach und drängt alle
eure Arbeiter. Siehe, zu Streit und Zank fastet ihr, und um mit gottloser Faust zu
schlagen. Zur Zeit fastet ihr nicht so, dass ihr eure Stimme in der Höhe zu Gehör
brächtet. Ist ein Fasten, an dem ich Gefallen habe, etwa wie dies: Ein Tag, an dem der
Mensch sich demütigt? Seinen Kopf zu beugen wie eine Binse und sich in Sacktuch
und Asche zu betten? Nennst du das ein Fasten und einen dem HERRN
wohlgefälligen Tag? Ist nicht vielmehr das ein Fasten, an dem ich Gefallen habe:
Ungerechte Fesseln zu lösen, die Knoten des Joches zu öffnen, gewalttätig
Behandelte als Freie zu entlassen und dass ihr jedes Joch zerbrecht? Besteht es nicht
darin, dein Brot dem Hungrigen zu brechen und dass du heimatlose Elende ins Haus
führst? Wenn du einen Nackten siehst, dass du ihn bedeckst und dass du dich deinem
Nächsten nicht entziehst? Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte,
und deine Heilung wird schnell sprossen. Deine Gerechtigkeit wird vor dir herziehen,
die Herrlichkeit des HERRN wird deine Nachhut sein. Dann wirst du rufen, und der
HERR wird antworten. Du wirst um Hilfe schreien, und er wird sagen: Hier bin ich!
Wenn du aus deiner Mitte fortschaffst das Joch, das Fingerausstrecken und böses
Reden und wenn du dem Hungrigen dein Brot darreichst und die gebeugte Seele
sättigst, dann wird dein Licht aufgehen in der Finsternis, und dein Dunkel wird sein
wie der Mittag. Und beständig wird der HERR dich leiten, und er wird deine Seele
sättigen an Orten der Dürre und deine Gebeine stärken. Dann wirst du sein wie ein
bewässerter Garten und wie ein Wasserquell, dessen Wasser nicht versiegt." Dass
man sich nur selbst richtet, wenn man betet, könnte bedeuten, dass man nicht für
vergängliche, materielle Dinge beten soll, sondern vielmehr für die ewigen Dinge, die
uns zum ewigen Leben führen, z.B. die Früchte des Geistes, Erkenntnis, Weisheit und
inneren Frieden. Almosen kann nur der geben, der etwas im Überfluss besitzt, bzw.
mehr besitzt, als er zum Leben benötigt. Die Urchristen lebten, wie bereits in den
Schriften Abrahams, den Essener Schriften und auch der Apostelgeschichte, in einer
Gemeinschaft, in der es kein persönliches, sondern nur gemeinschaftliches Eigentum
gab. Yahshua sagte, wer nicht alles hinter sich lässt, was er besitzt, kann nicht sein
Jünger sein. Auch in Apostelgeschichte 3 heißt es: "Und ein Mann, der von seiner
Mutter Leibe an lahm war, wurde herbeigetragen; man setzte ihn täglich an die Pforte
des Tempels, die man die schöne nennt, damit er Almosen erbat von denen, die in den
Tempel gingen. Als dieser Petrus und Johannes sah, wie sie in den Tempel eintreten
wollten, bat er, ein Almosen zu erhalten. Petrus aber mit Johannes blickte fest auf ihn
hin und sprach: Sieh uns an! Er aber gab acht auf sie, in der Erwartung, etwas von
ihnen zu empfangen. Petrus aber sprach: Silber und Gold besitze ich nicht; was ich
aber habe, das gebe ich dir: Im Namen Jesu Christi, des Nazoräers: Geh umher!"

32
Der Auftrag „esst, was man euch vorsetzt und heilt die Kranken unter ihnen“ bezieht
sich also wohl darauf, dass sie die Menschen, die ihnen als Arbeiter für die Ernte
vorgesetzt wurden, d.h. jene davon, die das Wort aufnahmen, durch Weisheit und die
wahre Lehre zu heilen. Wes das Herzen voll ist, dessen geht es über, d.h. wenn unser
Geist Licht ist, wird unser Herz mit Liebe überlaufen und diese Liebe wird über
unsere Lippen durch segengebende, friedenstiftende, erbauende und ermutigende
Worte an unsere Nächsten weitergegeben. Ist der Geist jedoch voll Finsternis, so
entströmen aus dem Herzen böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Unzucht, Diebstahl,
falsches Zeugnis, Lästerung. Das sind die Dinge, die den Menschen unrein machen.
Jakobus sprach über die Zunge und warnte uns, dass diese sogar unseren gesamten
Dienst an Gott nichtig machen kann: "Wenn jemand meint, er diene Gott, und zügelt
nicht seine Zunge, sondern betrügt sein Herz, dessen Gottesdienst ist vergeblich. So
ist auch die Zunge ein kleines Glied und rühmt sich großer Dinge. Siehe, welch
kleines Feuer, welch einen großen Wald zündet es an! Auch die Zunge ist ein Feuer;
als die Welt der Ungerechtigkeit erweist sich die Zunge unter unseren Gliedern, als
diejenige, die den ganzen Leib befleckt und das Rad [der Geburt] des Lebens
entzündet und von der Hölle entzündet wird... die Zunge aber kann keiner der
Menschen bändigen; sie ist ein unstetes Übel, voll tödlichen Giftes Mit ihr preisen
wir den Herrn und Vater, und mit ihr fluchen wir den Menschen, die nach dem Bild
Gottes geschaffen worden sind. Aus demselben Mund geht Segen und Fluch hervor.
Dies, meine Brüder, sollte nicht so sein! Die Quelle sprudelt doch nicht aus derselben
Öffnung das Süße und das Bittere hervor? ..." (Jakobus 1:26; 3:5-11).

"Logion 6 bezieht sich auf die Praktiken der Gerechten in ihrem offensichtlichen Sinn
und behandelt die Frage, ob diese Praktiken vor anderen oder im Verborgenen
ausgeführt werden sollen. Das Judas-Thomas-Evangelium versucht in diesem Logion
jedoch die drei wesentlichen Praktiken, die einen Menschen zu einem Gerechten
machen, in ihrem verborgenen Sinn zu erklären. Nach den synoptischen Evangelien
fand das letzte Fasten, das Jesus praktizierte, statt, als er nach seiner doppelten und
gleichzeitigen Taufe mit Wasser und Geist als Vorbereitung auf die Verkündigung der
Frohen Botschaft vom Geist in die Wüste geführt wurde. Vor Jesus hatte der Prophet
Mose die Prüfung oder Versuchung in der Wüste durchgemacht, in dem, was Jesaja
die ausgedörrten Orte der Seele nannte. Auch er durchlief seine vierzig Tage und
vierzig Nächte, die Zeit, die er brauchte, um den unvermeidlichen Prozess der
Läuterung zu vollenden. Während der gesamten Dauer dieser Läuterung in der
Wildnis bleibt die Seele der Demütigung, dem Hunger und dem Durst ausgesetzt, die
die innere Trockenheit ausdrücken, von der einige Mystiker nach dem Durchschreiten
dieses Weges gesprochen haben. Sicherlich sind der Hunger und der Durst, die nach
langem Fasten in einer solchen Wüste der Seele entstehen, der Hunger und der Durst
nach Gerechtigkeit, die nach dem Evangelisten Matthäus von den Seligen, die
gesättigt werden sollen, ertragen werden. In der verborgenen Sprache des
Evangeliums ist das Fasten eindeutig als freiwilliger oder erzwungener Verzicht auf
geistige Nahrung für die Seele - das Brot des Lebens und das lebendige Wasser - zu
verstehen.

33
Deshalb haben die Evangelisten keine unnötige oder offensichtliche Bemerkung
gemacht, als sie von Jesus sagten: Er fastete vierzig Tage und vierzig Nächte, und er
war ausgehungert. Der Hunger und der Durst, von denen hier die Rede ist, sind eine
Sehnsucht nach der Nahrung der Weisheit, die der Geist subtil destilliert. Jesus
brauchte diese Nahrung, um an Weisheit und an Jahren, an göttlicher und
menschlicher Gunst zuzunehmen, und es ist nicht überflüssig zu erwähnen, dass er,
nachdem er die trockenen Stellen der Seele durchschritten und durch Demut die
schöne Nichtigkeit aller sterblichen Dinge erkannt hatte, Hunger verspürte; das heißt,
dass er die Nahrung brauchte, die seinen Geist beleben würde. Von da an brauchte
Jesus nie wieder zu fasten oder auf Nahrung zu verzichten. Bei einer Gelegenheit,
von der im Johannesevangelium berichtet wird, drängten ihn die Jünger: "Rabbi, iss
etwas". Er aber sagte zu ihnen: "Ich habe etwas zu essen, von dem ihr nichts wisst...
Meine Speise ist, den Willen dessen zu tun, der mich gesandt hat, und sein Werk zu
vollenden." Dies und nichts anderes ist der verborgene Sinn des Fastens und des
Essens im Evangelium. Jesus erklärt es sehr deutlich, als er vor der Brotvermehrung
und in Anwesenheit jener Jünger, denen er später die sieben Geheimnisse der
unvollkommenen Erkenntnis vermitteln sollte, zu den Aposteln sagte: "Ich habe
Mitleid mit der Menge, denn sie sind schon seit drei Tagen bei mir und haben nichts
zu essen. Christus besitzt die Weisheit, die er mit dem Vater teilt, und gibt sie in Form
des Brotes des Lebens als Wissen an diejenigen weiter, die an ihn glauben und ihm
nachfolgen. Die besondere Eigenschaft Christi, Wissen zu geben, soll hier anhand der
sogenannten "Fastenfrage" verdeutlicht werden. Die Jünger Johannes des Täufers
fasten, denn obwohl, so erklärt Jesus, unter den von Frauen Geborenen niemand
größer ist als Johannes der Täufer, ist er doch nicht befähigt, das Brot des Lebens
auszuteilen. Dennoch brauchen die Jünger Jesu nicht zu fasten. Bis der Bräutigam -
der vollkommene Meister, der in ihrer Mitte lebt - von ihnen genommen wird,
bleiben sie als Gäste auf dem messianischen Festmahl. Um sie zu erhalten, erhalten
sie eine untrügliche geistige Nahrung. Deshalb sagt Jesus in diesem Logion, dass
diejenigen, die fasten, wenn sie seine Jünger sind, Sünde über sich bringen, denn sie
wissen nicht, wie sie die Nahrung aufnehmen sollen, die der Sohn ohne Maß gibt.
Was das Gebet betrifft, so weist das Logion darauf hin, dass das wahre Gebet der
Jünger Jesu ein Gebet im Geiste ist, das die Aufmerksamkeit auf das Wesen Gottes
und nicht auf seine Gaben richtet. Das Gebet entspricht also dem Willen des Vaters,
dass sein Name durch die Erkenntnis geheiligt wird und durch das, was Erkenntnis
bedeutet: dass die Liebe des Vaters durch den Sohn in uns ist. Der Sohn ist immer in
uns, denn er ist das Wort, das als Same in uns gesät wurde, und das ist das Reich des
Vaters; aber um Frucht zu bringen, ist es notwendig, an das gesäte Wort zu glauben.
Darin besteht das Werk: dass wir an das Wort glauben, damit wir mit dem Sohn eins
sind, wie der Sohn mit dem Vater und der Vater mit dem Sohn. Was das Almosen
betrifft, so die Empfehlung Jesu: "Verkauft euren Besitz und gebt Almosen" hat nicht
den Zweck, die Praxis des Almosengebens zu verherrlichen, sondern den
entscheidenden Wert des Nicht-Besitzens, des Nicht-Seins, zu betonen, bis man durch
Selbstverleugnung zu völliger Bedürftigkeit gelangt. Die Almosen sind nichts anderes
als Ungebundenheit, aber es wird keine vollständige Verneinung geben, solange
etwas Besitz übrig bleibt, das als Almosen dargebracht werden kann.

34
Was Jesus von seinen Anhängern verlangt, ist, dass sie die schwierige
Bewusstseinsübertragung vollziehen, bei der sie die vergängliche Schale aus Lehm
und Intellekt, die wir uns einbilden zu sein, ablegen bis nur die reine Nacktheit des
pneumatischen Menschen - des Menschensohns -, der wir wirklich sind, übrig bleibt.
In dieser Nacktheit oder dem Ablegen aller hinzugefügten äußeren Kleidung von
unserem Bewusstsein sieht Jesus die Vollkommenheit. Der Geber der Nächstenliebe
ist reich (im Geist, in den Dingen des Verstandes, in den materiellen Dingen), was
seinem Geist schadet, da er noch etwas hat, das er nicht aufgegeben hat zu sein. Das
unterscheidet ihn von der reinen Nacktheit der Armen, die gesegnet werden, durch
den Verdienst, jeden Besitz abgelegt zu haben, der nicht zum Reich Gottes gehört.
Für Jesus, der die Weisheit Gottes war und im Licht der Erkenntnis badete,
bedeuteten die Kranken all jene, die nach einem Erwachen hungerten und dürsteten,
und deshalb gab er seinen Jüngern, sowohl den gegenwärtigen als auch den
zukünftigen - all jenen, die bereit waren, auf diese vollkommene Erkenntnis oder das
Geheimnis der Zwölf zu hören - den doppelten Auftrag, der sich in einem einzigen
zusammenfassen lässt, das Reich Gottes zu verkünden, und zwar mit Worten wie
diesen: Das Reich Gottes ist in euch, es ist so nahe, dass ihr, wenn ihr nur ein wenig
Licht auf euer Nichtwissen werfen würdet, erkennen würdet, dass ihr selbst dieses
Reich seid. Diese Aufgabe, all jene zu heilen, die an Unwissenheit erkrankt sind, all
jene, die nicht wissen, wo die verlorenen Schafe zu finden sind, die in sich selbst
eingeschlossen sind, ist die eigentliche Grundlage der Arbeit der Arbeiter, die die
Frohe Botschaft bringen. Deshalb wird ihnen gesagt: Esst, was euch vorgesetzt wird,
wobei zu bedenken ist, dass "essen" hier bedeutet, die Krankheit der Unwissenheit zu
nehmen und sie durch Wissen zu behandeln. Wie man leicht versteht, handelt es sich
um eine Nahrung, die keine Flecken hinterlässt; denn wenn das Wissen erscheint,
hört das Nichtwissen auf zu existieren. Es kann jedoch kein Zweifel daran bestehen,
dass der Arbeiter - und das ist sein Lohn - von allem, was bei solchen Gelegenheiten
von ihm ausgeht, (positiv oder negativ) beeinflusst wird. Das ist zumindest die
Verheißung, die in allen synoptischen Evangelien wiederholt wird, und nicht nur in
diesem Logion: Sorgt euch nicht um das, was ihr sagen werdet; denn der Heilige
Geist wird euch in jenem Augenblick lehren, was ihr sagen sollt. Lukas fügt dann
hinzu: Ich selbst werde euch Beredsamkeit und Weisheit geben."
(https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

15. Jesus sprach: Wenn ihr den seht, der nicht geboren worden ist von einem
Weib, so werft euch auf euer Antlitz und verehrt ihn. Denn dieser ist euer Vater.

Alles, außer dem Vater, selbst der Sohn, ging aus dem Schoß der Mutter des
Universums hervor, der Heiligen Weisheit, dem Heiligen Geist, in den gnostischen
Schriften auch Barbelo, der erste Gedanke des unsichtbaren Vater-Mutter, genannt.
Im EHGOC sagt Yahshua: "Die Frau ist die Mutter des Universums, und alle
Wahrheit der göttlichen Schöpfung ruht in ihr, sie ist die Grundlage für alles Gute und
aus ihr besteht die Mutterschaft. Der Mann, der eine Frau ehrt, ehrt seine eigene
Mutter und Tochter, denn die Mutter ist an zweiter Stelle als heiliges Wesen nach
Gott... Er war und Er ist, aber der Ewige Geist wünschte, nicht mehr allein zu sein,

35
sondern Leben im Überfluss zu geben. Daher erschuf er die Erste Mutter, die Heilige
Weisheit, den Heiligen Geist der All-Eltern und zusammen mit ihr hat der Vater-
Mutter Gott, viele sichtbare und unsichtbare Geschöpfe erschaffen. Ja, großartig sind
die Wunder der All-Eltern und dem irdischen Menschen wenig bekannt. Und wieder
befragte einer seiner Jünger ihn: Sage uns, Meister, war es der Vater-Mutter Gott, der
Adam auf die Erde gebracht hat? Und Yeshua antwortete ihm und sagte: Der ewige
Geist hat die Mutter, die Heilige Weisheit, erschaffen, um zuerst die unsichtbaren
Geschöpfe zu erschaffen. So auch die Mutter, den Heiligen Geist oder den Atem des
Lebens, und dann den zweiten Vater, den du gerade vor dir siehst: Gemeinsam
erschufen die Heilige Mutter und der zweite Vater zuerst die heiligen Erzengel und
viele andere Engel je nach Rang und Stellung, aber es entsteht nichts, ohne dass der
Erste Vater nicht davon weiß." Dies ist für mich die einzig logische Erklärung, denn
außer den von diesem „Weib“ geborenen, zu selbst der Sohn des Menschen gehört,
gibt es jene, die von der „Maria Gottes“ - der Gemeinde oder Braut Yahshuas /
Gottes, die vom Heiligen Geist „schwanger wurde und gebar“ - gezeugten Söhne
(und Töchter) des Sohnes des Menschen, und schließlich die von einem
Menschenweib Geborenen, jene „vom Fleisch“. Beides sind jedoch letztendlich
Menschen aus Fleisch und Blut und wohl kaum der Anbetung als „Vater“ würdig, von
dem Yahshua sagte, dass wir nur einen so nennen sollen, den Vater im Himmel. Da
der Autor auf https://www.gospelofthomas-interpretation.com/ sich jedoch auf selbige
in seiner Interpretation bezieht, habe ich diese weggelassen.

16. Jesus sprach: Die Menschen wähnen, dass ich gekommen bin, Frieden zu
bringen auf Erden. Aber Sie wissen nicht, dass ich gekommen bin, Streit auf die
Erde zu bringen, Feuer, Schwert und Krieg. Denn es werden fünf sein in einem
Haus. Drei werden gegen zwei sein, und zwei werden gegen drei sein, der Vater
gegen den Sohn, und der Sohn gegen den Vater. Und jeder wird allein dastehen.

In Ode 8 der Oden Salomos heißt es: "Und Friede ist für dich vorbereitet worden,
bevor dein Krieg jemals geschah. Höre das Wort der Wahrheit und empfange die
Erkenntnis des Allerhöchsten. Dein Fleisch mag nicht wissen, was ich dir sage, noch
dein Herz, was ich dir zeige." Yahshua sagt hier, er sei gekommen, um Feuer,
Schwert und Krieg auf die Erde zu bringen. Das hat natürlich keine wörtliche,
sondern eine geistige Bedeutung. Das Feuer also, ist das Feuer des Geistes, der in
Feindschaft / im Krieg mit dem Geist der Welt steht, das Schwert ist das
zweischneidige Schwert des heiligen Gesetzes, durch das wir entweder uns selbst
verdammen, oder Gott sehen werden, und der Krieg ist der Krieg mit der eigenen
fleischlichen Natur bzw. "gegen die Gewalten, gegen die Mächte, gegen die
Weltbeherrscher dieser Finsternis, gegen die geistigen Mächte der Bosheit in der
Himmelswelt." (Epheser 6:12), für all jene, die das Wort und das Feuer, den Heiligen
Geist, empfangen und es nicht erlöschen lassen. Denn der Heilige Geist brennt mit
seinem alles verzehrenden Feuer den Geist der Welt, der in völliger Feindschaft mit
ihm steht und nur nach all den nichtigen Dingen und Vergnügen strebt, von denen uns
der Heilige Geist uns Schritt für Schritt befreien wird, wenn wir unser Herz nicht
gegen ihn verstocken.

36
In den Essener Schriften heißt es zum Schwert, dem heiligen Gesetz: "So ist das
heilige Gesetz ein zweischneidiges Schwert: Durch das Gesetz wirst du dich
entweder selbst zerstören, oder du wirst Gott sehen... Denn alle, die Böses tun, hassen
das Licht und kommen nicht zu ihm, damit ihre bösen Taten nicht durch das heilige
Gesetz entlarvt und verurteilt werden, aber die, die Gerechtigkeit wirken, kommen
zum Licht, denn sie werden aus Liebe zu allem, was rein und heilig ist, zu ihm
hingezogen, damit ihre Taten in ihm offenbar werden und von Gott bestätigt werden.
So werden sie in dem Licht erstrahlen und das Böse mit dem Guten besiegen... Denn
das Gesetz prüft alle Dinge und alle Dinge unterliegen ihm. Denn das Gesetz beurteilt
den aufrichtigen und den falschen Menschen gerecht und in der Weisheit von allem,
was heilig und rein ist, und es trennt durch alle Barmherzigkeit, Liebe und Kraft und
durch die Gnade Gottes das Gute vom Bösen, damit der Mensch das Gute vom Bösen
wählen und das Rechte vom Falschen erkennen kann, da er frei ist und mit freiem
Willen zwischen Gott oder Satan wählen kann... Ihr könnt nicht dem wahren Gott und
gleichzeitig dem Satan dienen, denn der wahre Gott ist alle Liebe und sein heiliges
Gesetz führt zu allem Leben. Es gibt keinen Tod in seiner Ordnung und seinem
Haushalt. Wisset aber, dass Satan der Gott des Todes und des Blutvergießens ist, und
dem Volk viele unheilige Gesetze gegeben hat, die der wahre Gott hasst und
verurteilt. Wisset, dass sich die beiden nicht mischen können, sondern der
Minderwertige wird hinweg getan werden, denn das Heilige Gesetz dient seit den
Tagen von Adam und Eva als Richter über die Lebenden und die Toten."

Zudem sagte uns Yahshua, dass wir als seine Nachfolger gehasst werden würden, so
wie er gehasst wurde, da die Menschen, die zur Welt gehören und das Licht hassen,
es mit allen Mitteln bekämpfen werden, da das Licht ihre bösen Taten offenbart.
Zudem versprach Yahshua denen, die sich um seinetwillen von Vater und Mutter
trennen, reichlichen Segen in dieser und der kommenden Welt, und er sagte auch,
dass, wer Vater und Mutter mehr liebt als ihn, seiner nicht Wert sei. Dies sagte er in
dem Wissen, dass, wie es auch im Islam üblich ist, wenn man sich vom (verfälschten)
Gesetz Mose abwendete, man von der Familie und der ganzen Gemeinschaft
ausgestoßen oder sogar getötet wurde. Das war der Grund, warum Yahshua von
Beginn an sagte: "Denkt nicht, dass ich gekommen bin, um das Heilige Gesetz oder
die Propheten abzuschaffen oder um sie durch Neues zu ersetzen. Nein, ich komme,
um das Gesetz auszulegen und die Macht des Gesetzes zu demonstrieren... Darum
sage ich euch: Seht, einer, der größer ist als Mose, ist hier in eurer Mitte, und ich
gebe euch das höchste Gesetz, das vollkommene und vollständige Gesetz, ja, kein
neues Gesetz, sondern ein altes Gesetz wie Adam und Henoch und Noah es erhielten.
Ja, an dieses Gesetz glaubten die Propheten und die Auserwählten, und es galt bis zu
Johannes, doch es hat und wird sich niemals ändern, sondern bleibt in all seinen
Einzelheiten wahr, und dieses Gesetz der Liebe ist es, dem ihr gehorchen sollt." Denn
das wahre Gesetz wurde, wie es in Jeremia 8:8-9 heißt, vom Lügengriffel der
Schriftgelehrten verworfen und zur Lüge gemacht, welches einer der Gründe war,
warum Yahshua kam, um die Lügen des Teufels aufzudecken, damit die Menschen
Licht und Finsternis, Wahrheit und Lüge, Gut und Böse trennen und frei zwischen
ihnen wählen konnten.

37
"Dieser Logion scheint einer analytischen Beschreibung des ganzen Menschen und
des Prozesses zu entsprechen, der sich in ihm infolge der Aussaat des Wortes
vollzieht, wobei dieser Mensch die Heimat oder die einzige gemeinsame Wohnung
eines Bewusstseins ist. Der Logion spricht von drei Mitteln der Spaltung: Feuer,
Schwert und Krieg. Was die Natur dieses Feuers betrifft, so ist es nichts anderes als
die geistige Erkenntnis, die Jesus als eine zweite Taufe über die Erde verbreitet, wie
im Kommentar zu Logion 10 dargelegt. Der Krieg ist die Feuersbrunst, die den
verschiedenen Formen des Bewusstseins gegenübersteht, die zur fünffachen
Beschaffenheit des ganzen Menschen gehören. Das Schwert ist das einzige aktive
Auflösungsmittel, was seine aktive Bedeutung und sein Alter unterstreicht, denn um
seine Bedeutung bis zu seinem Ursprung zurückzuverfolgen, muss man die Genesis
und die Flamme eines blitzenden Schwertes betrachten, das von Gott eingesetzt
wurde, um den Weg zum Baum des Lebens zu bewachen. Dieses biblische Schwert
ist kein gewöhnliches, sondern ein flammendes und blitzendes Schwert - eine
lebendige Flamme, in der viele Mystiker verbrannt werden -, wie der Prophet
Sacharja erwähnt: Erwache, Schwert, gegen meinen Hirten und gegen den Mann, der
mein Gefährte ist. Das Schwert ist, wie Zacharias sagt, eine zweischneidige Waffe,
die den Hirten verletzen könnte. Nachdem Jesus mit seinen Jüngern Psalmen
gesungen hat, erinnert er sie auf dem Leidensweg auf dem Ölberg daran. Die Passion
Jesu steht kurz bevor, dieser höchste Akt, der den Baum des Kreuzes des Todes in den
Weg zum Sieg des Baumes des Lebens verwandelt. Doch bevor dieser Schritt getan
werden kann, muss der Hirte von der Klinge des blitzenden Schwertes verwundet
werden, denn deshalb hatte Gott es am Anfang als Wächter über die Tore des
Paradieses eingesetzt. Der Hebräerbrief vergleicht dieses Schwert des Geistes mit
dem Wort Gottes und beschreibt es als schneidend wie jedes zweischneidige Schwert,
aber feiner. Es kann die Stelle durchdringen, wo die Seele vom Geist oder die
Gelenke vom Mark getrennt sind; es kann die geheimen Gefühle und Gedanken
beurteilen. Das Wort Gottes mit seiner durchdringenden Klinge erfüllt eine Funktion,
die dem Überschreiten der Schwelle des Paradieses unweigerlich vorausgehen muss.
Das Wort dringt wie eine innere Offenbarung ein, durchschneidet die Kluft zwischen
Geist und Seele und definiert so die beiden höheren Bewohner des Hauses, von denen
der eine der Auserwählte und der andere der Berufene ist. Dieses Paar sind der Sohn
und die Tochter im Text oder die Eheleute in der langen Nacht des Mystikers, wenn
die Braut an der Grenze der Seele ihren Geliebten sucht, ihn aber nicht findet, und
sich nach ihm sehnt und leidet, weil sie nicht weiß, warum er abwesend ist und wo
sie ihn finden kann. Die Seele, die Tochter, ist die Stimme, die Tag und Nacht zum
Bewusstsein des Menschen spricht, bis sie sich mit dem Menschen selbst zu
identifizieren scheint; der Geist, der Sohn Gottes, der von oben kommt, ist das ewige
Wesen, der wahre Mensch in seiner ganzen Nacktheit, und doch bleibt er den meisten
Sterblichen völlig unbekannt. Es ist gesagt worden, dass der Sohn immer das Licht
sucht oder immer darin verweilt, da das Licht seine eigentliche Substanz ist, während
die Seele immer zum Ruf der Gerechtigkeit hingezogen wird. Diese beiden Wege
verlaufen parallel und können sich erst dann treffen, wenn das Wort Gottes mit einer
solchen Liebe empfangen und aufgenommen wurde, dass es wie ein flammendes
Schwert bis in die Gelenke und das Knochenmark der Seele vordringen kann.

38
Wenn dies geschieht - und das Schwert manifestiert sich als lebendige, brennende
Klinge -, führt es zu einer entscheidenden Spaltung in der Seele: Auf der einen Seite,
der des Sohnes, bleibt das, was in der Seele die Gerechtigkeit liebt und bereits
geläutert wurde wie Silber geläutert wird. Auf der anderen Seite sind die Gefühle und
Gedanken, die aus dem Herzen und dem Fleisch kommen, trotz ihrer Sterblichkeit
fest im Bewusstsein verwurzelt und kleiden die Seele wie ein feines Gewand der
Begierde. Daher die Prophezeiung des alten Simeon über Maria als die Seele aller
Wesen: Und ein Schwert wird auch deine eigene Seele durchbohren. Die Teilung der
Seele bedeutet, dass das Korn auf die eine Seite und die Spreu auf die andere Seite
kommt; aber da das Bewusstsein nicht weiß, dass die Spreu Spreu ist, sondern nur,
dass es Gefühle und Gedanken empfängt, neigt es dazu, sich völlig mit diesen zu
identifizieren und kann sie nicht als bloße Spreu sehen. Diese Identifikation ist so
stark, so intensiv, dass es gelingt, das ganze Stroh in eine uneheliche Schwester zu
verwandeln, die es mit seiner eigenen Identität verwechselt, indem es sie für sich
selbst hält. Diese Vorstellung von zwei Schwestern oder Frauen, die in derselben
Seele zusammenleben, wie die Wasser der Psyche oben und unten am gemeinsamen
subjektiven Firmament, ist eine Metapher, die im Neuen Testament häufig zu finden
ist. Dazu gehören auch die beiden Frauen, die in derselben Mühle mahlen, von denen
die eine ergriffen und zur Gerechtigkeit gezogen wird, bereit, den Sohn anzunehmen
und so nach der Schrift ein Kind Gottes zu werden, während die andere zurückbleibt
und die Spreu darstellt, die abgeworfen und nun verbrannt wird. Beiden Schwestern
ist die Konfrontation mit der Mutter gemeinsam, die von Anfang an die leiblichen,
materiellen Bedürfnisse der Seele befriedigt hat; aber die eine Tochter entfernt sich
von der Mutter, als das Bedürfnis nach Gerechtigkeit in ihr wächst. Die uneheliche
Schwester hingegen, die der Logion als Schwiegertochter bezeichnet, hat nur eines
im Sinn: Der Mutter, die für sie die Schwiegermutter ist, alle zeitlichen und
natürlichen Güter zu rauben, die sie besitzt. Sie hält diese Güter für wahre Schätze,
und das provoziert ihren Neid. Es bleibt noch die fünfte Person im Haus, der Vater.
Man wird sich daran erinnern, dass der Sohn, das Wort, das wahre Licht ist. Es steht
geschrieben, dass das Wort in seinen eigenen Herrschaftsbereich kam und sein
eigenes Volk ihn nicht annahm. Daher die Konfrontation des Sohnes mit all dem, was
nicht bereit ist, das Licht zu empfangen, repräsentiert durch den irdischen Vater, die
zeitliche Essenz der Weltlichkeit. Im Haus empfängt das Bewusstsein Botschaften
vom Sohn, Botschaften, die Funken des Lichts sind; aber diese Funken sind der Tod
für die zeitlichen Pläne dieses Vaters von außerhalb des Hauses. Das weltliche
Bewusstsein neigt dazu, diese Pläne als vorherbestimmt zu missverstehen, denn sie
stellen die Reaktionen des Zeitlichen auf die allgemeinen Tendenzen der Seele dar,
und zwar in einer Form, die ein wenig an den Plan Gottes erinnert. Dies ist also ein
erster Überblick über die alte Aufteilung von drei gegen zwei, die Jesus auf der Erde
verbreitet hat. Auf der einen Seite die Schwiegertochter, die Schwiegermutter und der
Vater, die im Haushalt alles Vergängliche repräsentieren und folglich dem Tod
unterworfen sind, die wahren Feinde des Menschen, die aus seinem Haushalt
stammen. Auf der anderen Seite der Sohn und die Tochter, die von nun an vereint
sind und schließlich auf dem Hochzeitsfest des ewigen Lebens des Lichts eins
werden." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

39
17. Jesus sprach: Ich will euch geben, was kein Auge je gesehen, kein Ohr je
gehört, keine Hand je berührt, und niemals in eines Menschen Herz gekommen
ist.

Yahshua sagte: "Ich bin gekommen, das Untere wie das Obere, und das Äußere wie
das Innere zu machen. Ich bin gekommen, um sie alle an jenem Ort zu versammeln."
Wie bereits gesagt, bedeutet dies, dass durch ihn alles, was zu ihm gehört, mit dem
Vater einsgemacht werden wird. Er kam zudem, um den Menschen das heilige Gesetz
in seiner Vollständigkeit, Vollkommenheit und all seiner Wahrheit und Gnade zu
lehren. Er sagte: "Viele Propheten und Gerechte haben begehrt zu sehen, was ihr
anschaut, und haben es nicht gesehen; und zu hören, was ihr hört, und haben es nicht
gehört." (Matthäus 13:17). Und In 1.Korinther lesen wir: "Keiner von den Fürsten
dieses Zeitalters hat sie erkannt – denn wenn sie sie erkannt hätten, so würden sie
wohl den Herrn der Herrlichkeit nicht gekreuzigt haben –, sondern wie geschrieben
steht: Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz
gekommen ist, was Gott denen bereitet hat, die ihn lieben. Uns aber hat Gott es
offenbart durch den Geist, denn der Geist erforscht alles, auch die Tiefen Gottes.
Denn wer von den Menschen weiß, was im Menschen ist, als nur der Geist des
Menschen, der in ihm ist? So hat auch niemand erkannt, was in Gott ist, als nur der
Geist Gottes. Wir aber haben nicht den Geist der Welt empfangen, sondern den Geist,
der aus Gott ist, damit wir die Dinge kennen, die uns von Gott geschenkt sind. Davon
reden wir auch, nicht in Worten, gelehrt durch menschliche Weisheit, sondern in
Worten, gelehrt durch den Geist, indem wir Geistliches durch Geistliches deuten. Ein
natürlicher Mensch aber nimmt nicht an, was des Geistes Gottes ist, denn es ist ihm
eine Torheit, und er kann es nicht erkennen, weil es geistlich beurteilt wird. Der
geistliche Mensch dagegen beurteilt zwar alles, er selbst jedoch wird von niemand
beurteilt. Denn wer hat den Sinn des Herrn erkannt, wer, der ihn unterweisen könnte?
Wir aber haben Christi Sinn." Yahshua tauft uns mit Wasser und Feuer, d.h. den
lebendigen Wassern, dem heiligen Gesetz, und dem Feuer des Erkenntnis, der
göttlichen Liebe und der Erkenntnis des Lebens und des Gesetzes, damit es in
unseren Herzen geschrieben steht und nicht auf steinernen Tafeln. Er gibt uns das
Wort, das heilige Gesetz, und seinen Geist der Wahrheit, beide zusammen ergeben
den Christus, d.h. das Christusbewusstsein.

"Die Augen, die nicht sehen, die Ohren, die nicht hören, die Hände, die nicht
berühren, das sind die offensichtlichen Sinnesorgane, die gewiss nicht in der Lage
sind, die strahlende Herrlichkeit Gottes zu empfangen. Damit diese Herrlichkeit vom
Bewusstsein wahrgenommen werden kann, muss das Herz zuvor mit der
Glaubenstaufe getränkt worden sein, die darin besteht, an den Menschensohn als das
ewige Wesen zu glauben, ein Glaube, der sein volles Maß gefunden haben muss,
wenn das Bewusstsein ganz mit dem Menschensohn identifiziert ist. Jesus erklärt das
Prinzip, das diesem Weg zugrunde liegt: „Habe ich euch nicht gesagt: Wenn ihr
glaubt, werdet ihr die Herrlichkeit Gottes sehen?“ Das ist der Glaube, den die Jünger
gewonnen haben, daher seine Worte: „Glücklich die Augen, die sehen, was ihr seht.“

40
Die Augen, die sahen, waren durch den Glauben an den Menschensohn geöffnet
worden; nicht mehr physische Augen, sondern andere, tiefere, verborgene Augen, die
aus derselben unsichtbaren Herrlichkeit bestanden, die den Menschensohn umgibt.
Nach den synoptischen Evangelien haben viele Propheten diesen Glauben, der die
inneren Augen öffnet, nicht erlangt, und so fügte Jesus hinzu, dass viele [...] sehen
wollten, was ihr seht, und es nicht gesehen haben; hören wollten, was ihr hört, und es
nicht gehört haben. Es gibt eine heilige Ordnung, die das Sehen und Hören mit den
verborgenen Augen und Ohren begünstigt. Sie geht von der Wolke zur Macht und
Herrlichkeit und von diesen zum Menschensohn. Diese Ordnung ist nicht zu
übersehen, denn sie führt in drei aufeinanderfolgenden Schritten zur inneren
Erkenntnis. Zunächst die Wolke, die, wie wir gesehen haben, die dichte Wolke auf
dem Berg ist, in der Mose seine Gotteserscheinung auf dem Berg Sinai erwartete.
Einige Zeit zuvor war die Wolke als das große Leitlicht beschrieben worden, die
Wolkensäule, die Gott während der Durchquerung der Wüste an das Firmament
stellte, um den Tag zu beherrschen. Jetzt wird uns gesagt, dass die Wolke für
diejenigen, die ihn lieben, und die glauben, weil sie ihn lieben, von Gott nicht als
bloße Wolke, sondern als offenkundige Herrlichkeit und Macht inmitten von reichem
Licht vorbereitet wurde. Diese Wolke ist nur eine oberflächliche Hülle, die es den
Augen ermöglicht, sich an ihre Funken zu gewöhnen. Wenn jedoch der Nebel
überwunden ist, offenbart sich demjenigen, der es ertragen kann, die strahlende
Herrlichkeit. Gottes Weisheit ist die Herrlichkeit des Lichts des Menschensohnes, des
Menschen in seinem innersten Wesen, des Menschen im Geiste. Diese Weisheit ist
strahlend und unzugänglich, und doch steht geschrieben, dass sie von denen, die sie
lieben, leicht gesehen wird. Ein solches Sehen kann jedoch nicht durch ein nicht
geistiges Streben erreicht werden, aber es wird ohne jedes Suchen von demjenigen
gefunden werden, der sich mit dem Menschensohn identifiziert, bis er eins mit ihm
wird. Dies ist die Erfüllung dessen, worum Jesus in seinem Gebet zum Vater bat: Ich
will, dass die, die du mir gegeben hast, bei mir sind, wo ich bin, damit sie immer die
Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben hast." (https://www.gospelofthomas-
interpretation.com/)

18. Die Jünger sprachen zu Jesus: Sage uns, wie unser Ende sein wird. Jesus
sprach: Habt ihr denn schon den Anfang entdeckt, dass ihr nach dem Ende
fragt? Denn wo der Anfang ist, dort ist auch das Ende. Selig ist, wer am Ende
steht. Er wird das Ende erkennen und den Tod nicht schmecken.

In der „Exegese der Seele“ (Nag Hammadi) lesen wir: "Die Weisen, die vor uns
lebten, gaben der Seele einen weiblichen Namen. Tatsächlich ist sie auch - ihrer
Natur nach - eine Frau. Sie hat ebenso (wie andere Frauen) einen Mutterschoß.
Solange sie sich allein beim Vater befand, war sie eine Jungfrau und mannweiblich
von Gestalt. Aber als sie in einen Körper hinabgefallen und in dieses Leben
gekommen war, da geriet sie in die Gewalt vieler Räuber. Und die Frevler warfen sie
sich gegenseitig zu und schändeten sie. Die einen missbrauchten sie gewaltsam,
während andere sie (so handelten, dass sie) sie überredeten mit einem verführerischen
Geschenk. Kurz: Sie wurde geschändet, und sie verlor ihre Jungfräulichkeit."

41
Am Anfang war sie also beim Vater und mannweiblich, d.h. vollkommen und
jungfräulich. Die Seele also, die erkennt, dass sie ein Kind des Allerhöchsten ist und
ihren wahren Bräutigam verlassen hat, sich von aller Unreinheit und allem Bösen
reinigt, um sich mit ihrem wahren Bräutigam wiederzuvereinen, der wird das Ende
erkennen und den Tod nicht schmecken. Denn: "Licht und Finsternis, Leben und Tod,
rechts und links, sind Zwillingsbrüder in dieser Welt. Unmöglich lassen sie sich
voneinander trennen. Daher sind weder die Guten ausschließlich gut noch die Bösen
ausschließlich böse, noch ist hier das Leben wirkliches Leben, oder der Tod
wirklicher Tod. Deshalb wird sich alles auflösen zu seinem anfänglichen Ursprung.
Die aber der Welt enthoben sind, sind unauflöslich, sind ewig." (Philippus-
Evangelium). Die der Welt enthoben sind, sind diejenigen, die ins Brautgemach
gelangen und für immer mit ihrem wahren Bräutigam, dem Sohn, vereint werden.
Das sind die Seligen, die am Ende stehen werden. Diejenigen, die denken, der
Mensch sei nur Fleisch und Blut, und die ihren Anfang in der fleischlichen Geburt
aus dem Mutterschoß ihrer fleischlichen Mutter sehen, haben den Anfang und somit
auch das Ende nicht erkannt. Yahshua ist der Erste und der Letzte, das Alpha und das
Omega, er war der erste Mensch, der vollkommene Lichtmensch, das wahre Abbild
des wahren Gottes; die, die in ihm sind und zu ihm gehören, werden Söhne (und
Töchter) des Sohnes des Menschen und ihm gleichgemacht, somit sind die Letzten
die bzw. der Erste(n) und der bzw. die Erste(n) die Letzten.

"Für den pneumatischen Menschen sind der Anfang und das Ende ein und dasselbe,
denn beide bestehen darin, der lebendige Christus zu sein, der Menschensohn, von
dem geschrieben steht: Ich bin das Alpha und das Omega, der Anfang und das Ende,
der Erste und der Letzte. Wenn der Mensch sich nicht als geweihter Mensch erkennt,
kann er sein Ende nicht erkennen. Das ist der Fall bei denen, die nach dem Ende
fragen. Eine solche Frage ist ein vergeblicher Versuch, in die Zukunft zu gelangen,
als ob das Ende in der Zeit zu suchen wäre. Der Logion erklärt, dass der Anfang und
das Ende dem Menschen nicht wie im zeitlichen Leben widerfahren. Sie sind der
Mensch, der nichts anderes ist als der unbekannte innere Christus, der in jedem
Menschen begraben ist und doch lebt. Es kommt also darauf an, diesen Anfang, der
einfach ist und immer war, zu entdecken und wiederzubeleben und dabei das Ende zu
offenbaren, das ebenfalls ewig ist, da es von Anfang an besteht. Die Wahrheit, dass
Anfang und Ende identisch sind, erstreckt sich auch auf die Behauptung Christi über
den Ersten und den Letzten; aber diese andere Ordnung ist in Christus identisch,
während sie sich außerhalb von ihm unterscheidet. Es ist die Tatsache, dass er in
Christus ist, die in jedem Fall für Identität und folglich für Vorrang sorgt, während die
Tatsache, dass er außerhalb Christi ist, für Unterscheidbarkeit sorgt. Dies erklärt den
bekannten Satz Christi: Die Letzten werden die Ersten sein und die Ersten werden die
Letzten sein. Dieser Text wird im Evangelium durch die Worte des Petrus im Namen
derer eingeleitet, die alles verlassen, um Jesus zu folgen. Was werden wir
empfangen?, fragt er, und Jesus versichert daraufhin den Zwölfen, die ihm in der
Wiedergeburt gefolgt sind, d.h. allen, die durch die Taufe mit Wasser und Geist
wiedergeboren wurden, dass sie als Menschensöhne das ewige Leben erben werden.
(https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

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19. Jesus sprach: Selig ist, der war, ehe er wurde. Wenn ihr mir zu Jüngern
werdet, und meinen Worten gehorcht, werden selbst diese Steine euch dienen.
Denn ihr habt fünf Bäume im Paradies, die von Sommer und Winter nicht
berührt werden, und deren Blätter nicht fallen. Wer sie kennt, wird den Tod
nicht schmecken.

"Der Herr sprach: Selig ist, wer wahrlich lebt, bevor er ins (vergängliche) Leben
eintritt. Denn wer wahrlich lebt, der hat immer gelebt und wird immer leben."
(Philippus-Evangelium). Seelen inkarnieren aus zwei Gründen: Entweder sie sind
noch Im Rad der (Wieder-)Geburt gefangen und müssen noch zur Vollkommenheit
gelangen, oder sie haben ihr Fleisch, die Welt und damit den Tod überwunden und
inkarnieren, um anderen Seelen zum Aufstieg zur Vollkommenheit zu helfen. Die
letzteren sind hier wohl gemeint, denn sie sind bereits zu Pfeilern des Tempels Gottes
geworden, wie Yahshua im EDVL sagt. Sie dienen in dienstbarer Liebe dem Reich
Gottes zur Errettung aller. Außerdem ist damit sicherlich auch Yahshua selbst
gemeint, denn er ist der Lebendige, schon vor Grundlegung und Erschaffung der
Welt. Yahshua selbst ist das beste Beispiel dafür, der ultimative „Prototyp“. Die
angesprochene Passage im EDVL, Kap. 37 lautet: "Gesegnet sind, die viele
Erfahrungen durchmachen, denn sie werden durch Leiden vollkommen werden. Sie
werden sein wie die Engel Gottes im Himmel, und sie werden nicht mehr sterben,
noch werden sie wiedergeboren werden; denn Tod und Geburt haben keine Macht
mehr über sie. Die da gelitten und überwunden haben, werden zu Pfeilern gemacht
werden im Tempel meines Gottes, und sie werden ihn nie wieder verlassen. Wahrlich,
ich sage euch, wenn ihr nicht wiedergeboren werdet durch Wasser und Feuer, so
werdet ihr das Reich Gottes nicht sehen." Durch Wasser und Feuer wiedergeboren zu
werden bedeutet: a) das Wasser steht nicht nur für die Wassertaufe der Buße, sondern
auch für das Wasser des Lebens, das die Wasser der Psyche reinigt, für den göttlichen
Gedanken, das Wort oder den Logos, während b) Feuer nicht nur für das Feuer des
Lebens, die Sonne, welche unsere Körper und unsere Herzen reinigt von allem
Krankmachenden, sondern auch für das Feuer des heiligen Geistes, das unseren Geist
reinigt, die göttliche Liebe steht. Diese beiden müssen Eins werden in uns, um uns zu
unserer wahren Natur, unser ursprünglichen Herrlichkeit, die wir, d.h. der erste
Mensch sowie unsere Seelen, beim Vater hatten, zurückzuführen.

Die fünf Bäume im Paradies sind eine knifflige Aussage. Das einzige, was mir dazu
einfällt, ist eine Stelle im Apokryphon des Johannes über die Mutter des Universums,
in der Gnosis Barbelo genannt, und ihre „Fünfheit“: "Das ist die erste Kraft, welche
vor dem All war und welche in Erscheinung trat aus seinem (des ersten Vaters)
Denken. Sie ist die Pronoia des Alls - ihr Licht leuchtet im Abbild seines Lichtes -,
die vollkommene Kraft, die das Abbild ist des unsichtbaren, jungfräulichen Geistes,
der vollkommen ist. Die erste Kraft, der Ruhm der Barbelo, die vollkommene
Herrlichkeit in den Äonen, die Herrlichkeit der Offenbarung, sie gab Lobpreis dem
vollkommenen Geist, und sie war es, die ihn preist, denn seinetwegen war sie in
Erscheinung getreten. Sie ist der erste Gedanke, sein Abbild. Sie wurde der
Mutterschoß des Alls, denn sie ist die, die vor ihnen allen ist, der heilige Geist...

43
Sie bat den unsichtbaren, jungfräulichen Geist, ihr Erkenntnis zu geben. Und der
Geist stimmte zu. Und als er aber zugestimmt hatte, offenbarte sich die erste
Erkenntnis. Und sie stellte sich hin mit der Pronoia; diese stammt aus dem Gedanken
des unsichtbaren, jungfräulichen Geistes. Sie pries ihn und seine vollkommene Kraft,
Barbelo, da sie ihretwegen entstanden waren. Und wiederum bat sie, ihr
Unvergänglichkeit zu gewähren, und er stimmte zu. Als er zugestimmt hatte,
offenbarte sich die Unvergänglichkeit, und sie stand zusammen mit dem Gedanken
und der Ersterkenntnis. Sie pries den Unsichtbaren und Barbelo, deretwegen sie
entstanden waren. Und Barbelo bat, ihr ewiges Leben zu geben. Und der unsichtbare
Geist stimmte zu. Und als er zugestimmt hatte, trat das ewige Leben in Erscheinung,
und sie standen zusammen und priesen den unsichtbaren Geist und Barbelo,
deretwegen sie entstanden waren. Und sie bat wiederum, ihr die Wahrheit zu geben.
Und der unsichtbare Geist stimmte zu. Und als er zugestimmt hatte, trat die Wahrheit
in Erscheinung. Und sie standen zusammen und priesen den unsichtbaren,
vorzüglichen Geist und seine Barbelo, deretwegen sie entstanden waren. Das ist die
Fünfheit der Äonen des Vaters, der der erste Mensch ist, das Bild des unsichtbaren
Geistes." (Siehe auch Spruch 15).

Mit den fünf Bäumen im Paradies könnten aber auch die Mysterien der Taufe durch
(die lebendigen) Wasser und Geist (Feuer der Erkenntnis), der Salbung (Empfängnis
des Heiligen Geistes), des Abendmahls (das Wort / das Brot des Lebens / der Laib
Christi in heiliger Vereinigung mit dem Blut Christi / dem Heiligen Geist), des
Kreuzes (die Passion, d.h. für die Wahrheit zur Errettung vieler und um seines
Namens Willen zu leiden), und des Brautgemachs (Vereinigung der Seele mit dem
Geist / von Braut und Bräutigam) gemeint sein.

Da der Autor auf https://www.gospelofthomas-interpretation.com/ keine konkreten


Antworten gibt, habe ich seinen Kommentar weggelassen.

20. Die Jünger Sprachen zu Jesus: Sage uns, wem das Reich der Himmel gleicht.
Er sprach zu ihnen: Es gleicht einem Senfkorn, das kleiner ist als alle anderen
Samen. Wenn es aber in zubereitete Erde fällt, lässt es einen großen Spross
aufschießen, und wird zum Schutz für die Vögel des Himmels.

Der Samen, der Senfkorn des Himmelreichs, ist das Wort, der verborgene Christus, in
uns, der erst entdeckt und zum wachsen und aufblühen gebracht werden muss. Was
die zubereitete Erde ist, lesen wir im Gleichnis vom Sämann in Matthäus 13: "Hört
nun ihr das Gleichnis vom Sämann: Sooft jemand das Wort vom Reich hört und nicht
versteht, kommt der Böse und reißt weg, was in sein Herz gesät war; dieser ist es, bei
dem an den Weg gesät ist. Bei dem aber auf das Steinige gesät ist, dieser ist es, der
das Wort hört und es sogleich mit Freuden aufnimmt; er hat aber keine Wurzel in
sich, sondern ist nur ein Mensch des Augenblicks; und wenn Bedrängnis entsteht oder
Verfolgung um des Wortes willen, nimmt er sogleich Anstoß. Bei dem aber unter die
Dornen gesät ist, dieser ist es, der das Wort hört, und die Sorge der Zeit und der
Betrug des Reichtums ersticken das Wort, und er bringt keine Frucht.

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Bei dem aber auf die gute Erde gesät ist, dieser ist es, der das Wort hört und versteht,
der wirklich Frucht bringt; und der eine trägt hundert-, der andere sechzig-, der
andere dreißigfach." Siehe auch Logion 9: In der Essener Meditation mit der
himmlischen Kraft des Erdbodens heißt es: "Ist es im Inneren genauso wie im
Äußeren? Muss der Boden vorbereitet sein, damit diese heilige Kraft in
Zusammenarbeit mit den anderen Himmelsboten der Erdenmutter und des
Himmelsvaters wirksam werden und uns zu innerem Wachstum verhelfen kann? Wir
sind zwar nicht der Sämann, denn die Saat des Guten, des Göttlichen, ist bereits in
uns. Doch wir haben darauf zu achten, ob wir diese heilige Saat mit unseren
Gedanken und Taten bewässern, oder ob wir Unkraut aussähen und pflegen, und
dadurch diese heilige Kraft missbrauchen." Nur bei denen, die sich von allem Bösen
trennen und vollständig und dauerhaft im Guten ruhen können, kann das Wort Frucht
bringen. Denn nur diejenigen werden in die ewige Ruhe Gottes eingehen, die am Tag
des Herrn, der kommt wie ein Dieb in der Nacht, in der Ruhe gefunden werden, denn
wie Yahshua im Logion 51 sagt, ist die Ruhe in ihm, dem präexistenten Christus, dem
Herrn über den Sabbat, bereits gekommen und schon immer da gewesen. Wer das
Wort zwar aufnimmt, aber nicht Willens ist, für die Wahrheit zu leiden, wer sich aus
mangelndem Glauben und Vertrauen in Gott zu sehr um morgen sorgt, und lieber dem
Mammon, den vergänglichen Reichtümern und Dingen der Welt dient, der wird ohne
Frucht und ohne Wurzel bleiben.

"Das Gleichnis vom Senfkorn stellt im Evangelium ein kurzes, vergleichendes Bild
dar, das es dem Leser ermöglicht, eine Reihe von konkreten Details über das Reich
Gottes so genau wie möglich zu erkennen. Doch gerade wegen der Einfachheit seiner
Darstellung bereitet dieses Gleichnis die gleiche Schwierigkeit wie viele andere
Stellen des Neuen Testaments: Nur wenige sehen die Notwendigkeit, Urteile, die
unter dem Einfluss einer jahrtausendealten Tradition unreflektiert übernommen
werden, einer weiteren Prüfung zu unterziehen. Dennoch zeigt die Erfahrung, dass es
in der Erzählung des Evangeliums keine einzige Aussage gibt, die im Hinblick auf
ihre letzte, tiefe Wahrheit leicht zu interpretieren ist; so sehr, dass man mit Fug und
Recht behaupten kann, dass jeder, der behauptet, die Texte des Evangeliums seien
leicht zu verstehen, aus einer so tiefen Unwissenheit heraus spricht, dass er blind für
seine eigene Blindheit ist. Entsprechend seiner vergleichenden Absicht bestätigt das
Gleichnis eindeutig die Ähnlichkeit und Fruchtbarkeit des Wachstums des Senfkorns
mit dem Samen des Reiches Gottes, der in den Menschen gesät wird, wenn beide auf
den Ackerboden fallen; aber die Ausdruckskraft der verwendeten Bilder ist so stark,
vom einfachen Samen bis zu den großen Zweigen voller Vögel, dass der Leser
Gefahr läuft, die Tatsache aus den Augen zu verlieren, dass es in der Beschreibung
nicht um den gewöhnlichen Senfbaum und seine weltliche Darstellung geht, sondern
um das Reich Gottes. Um diese gewohnheitsmäßige Abweichung zu vermeiden,
müssen wir einen strengen und systematischen Vergleich zwischen den drei Punkten
anstellen, in die das Gleichnis zerfällt: (P=Parabel; K=Reich Gottes) 1P: Das
Senfkorn ist das kleinste aller Samenkörner. 1K: Der pneumatische (geistige)
Mensch, der im Himmel geboren wurde, ist dem Bewusstsein des "Adam, der
lebendigen Seele", unbekannt, wie Paulus erklärt (1. Korinther 15:45-49.).

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Der Same wird also mit dem geistigen Menschen verglichen, dem ewigen, der, wie
Jesus sagt, der Stein ist, den die Bauleute verworfen haben. 2P: Wenn dieser Same
auf den zubereiteten Boden fällt, bringt er einen großen Spross hervor. 2K: Den
Samen zu kultivieren bedeutet, an den Menschensohn zu glauben, als den wahren
Samen, der in uns gesät wurde. Wir müssen das Bild des irdischen Menschen, mit
dem wir belastet sind, in das des himmlischen Menschen verwandeln. Am Ende
erweist sich der Stein, der verworfen wurde, als der Eckstein. 3P: Der Baum wird zu
einem Unterschlupf (Nest) für die Vögel des Himmels. 3K: Diese Passage muss in
ihrer wahren Bedeutung verstanden werden, nämlich als Vögel des Reiches Gottes,
wobei die immer wiederkehrende Auslegung als Vögel des irdischen Himmels
verworfen wird. Diese Heimat aller Arten von Vögeln, die nach dem Gleichnis im
Schatten des großen Zweiges wohnen werden, ist traditionell auf der Grundlage der
Prophezeiungen von Hesekiel und Daniel interpretiert worden und bedeutet die
Wiederherstellung des manifesten Aspekts der von Jesus eingeleiteten messianischen
Ära. Nach dieser Auslegung stehen die Vögel des Himmels für alle bekehrten
heidnischen und nichtjüdischen Völker und ihre geistigen Nachkommen, die die
Frohe Botschaft gehört haben. Gegen diese Auslegung ließe sich nichts einwenden,
wenn nicht der Gedanke des Auslegers am Baum und am Zweig hängen bliebe,
während es Jesus in diesem Gleichnis nicht darum ging, den Baum im Hinblick auf
historische Ereignisse auf der Erde zu erklären, sondern uns zu ermöglichen, das
Reich Gottes durch die Metapher des Baumes klar zu erkennen und zu verstehen. In
Wahrheit sind die Vögel des Himmelreichs nicht die Vögel des Himmels; auch die
Adams der lebendigen Seele, die oberflächlich gesehen zusammengehören, gehören
nicht in den Himmel, der nicht vergehen wird, denn der ist allein den pneumatischen
Adams des Leben spendenden Geistes, dem ersten und den letzten vollkommenen
Adams bestimmt, die als wahre himmlische Vögel in einem einzigen Nest
versammelt sind, was bedeutet, dass sie auf dem großen Ast des Reiches Gottes
vollkommen eins geworden sind." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

21. Maria sagte zu Jesus: Wem gleichen deine Jünger? Er sagte: Sie gleichen
kleinen Kindern, die sich auf einem Feld niedergelassen haben, das nicht ihnen
gehört. Wenn die Herren des Feldes kommen, werden sie sagen: Her mit
unserem Feld. Sie sind nackt vor ihnen, können nicht anders, als das Feld ihnen
zu überlassen, und sie übergeben es. Und ich sage euch, wenn der Hausherr
erfährt, dass der Dieb kommen wird, wacht er bevor er kommt, und lässt ihn
nicht eindringen in das Haus seines Reiches, damit er nicht sein Eigentum
wegtrage. Ihr aber, wacht gegenüber der Welt, gürtet euch um eure Lenden mit
großer Kraft, damit die Räuber keinen Weg zu euch finden. Denn man wird die
Frucht, die ihr erwartet, auf jeden Fall zu finden wissen. Mögen also unter euch
verständige Menschen erstehen, die, wenn die Frucht reif wird, schnell mit der
Sichel in der Hand kommen und sie abmähen. Wer Ohren hat zu hören, der
höre.

46
Der erste Teil dieses Logions bezieht sich auf die Welt, zu der seine Jünger aber nicht
(mehr) gehören, da sie aus ihr herausgerufen (enthoben) wurden. "Es wurde von
alters her gesagt, du sollst nichts begehren, was deinem Nächsten gehört, ich aber
sage euch heute, ihr sollt nichts begehren, was nicht in eurer Macht liegt. Denn nur
das, was in dir ist gehört wirklich dir, und das, was außerhalb von dir ist, gehört
einem anderen... Wisse, dass niemand zwei Herren dienen kann. Du kannst nicht die
Reichtümer der Welt begehren und gleichzeitig das himmlische Reich besitzen. Du
kannst nicht wünschen, Land zu besitzen und Macht über Menschen zu haben und
gleichzeitig das himmlische Reich. Reichtum, Land und Macht, diese Dinge gehören
niemand, denn sie sind von dieser Welt. Aber das Reich der Himmel ist für immer
dein, denn es ist in dir. Und wenn du begehrst und suchst, was dir nicht gehört, dann
wirst du gewiss das verlieren, was wirklich dein ist... Nur der ist frei, der lebt, wie zu
leben wünscht, der in seinen Handlungen nicht behindert ist und dessen Wünsche ihr
Ziel erreichen. Wer keinen Einschränkungen unterliegt, ist frei, aber wer bedrängt
und behindert werden kann, ist gewiss ein Sklave. Nur jener Mensch der nichts
begehrt, was anderen gehört ist frei. Und was gehört euch, meine Kinder? Nur das
Himmelsreich in euch, wo das Gesetz eures himmlischen Vaters wohnt, ist euer. Das
Himmelreich ist wie ein Kaufmann, der gute Perlen sucht, und als er eine Perle von
hohem Wert fand, ging er hin und verkaufte alles, was, er besaß, und kaufte sie. Und
wenn diese kostbare Perle dein ist für immer, warum verschacherst du sie für
Kieselsteine? Wisse, dein Haus, dein Land, deine Söhne und Töchter, alle Freuden
des Glücks und die Sorgen schwerer Prüfungen, ja sogar die Meinung, die andere von
dir haben, alle diese Dinge gehören dir nicht. Und wenn du diese Dinge begehrst und
an ihnen festhältst und dich um sie sorgst und dich aufregst, dann bist du in Wahrheit
ein Sklave, und in Sklaverei wirst du bleiben. Meine Kinder, lasst die Dinge, die euch
nicht gehören, nicht an euch festsetzen! Lass die Welt sich nicht an dich klammern,
wie der rankende Wein mit der Eiche verwächst, so dass du Schmerzen erleidest,
wenn sie von dir weggerissen wird. Nackt kamst du aus dem Schoß deiner Mutter
und nackt sollst du dorthin zurückkehren. Die Welt gibt, und die Welt nimmt. Aber
keine Macht im Himmel oder auf Erden kann dich dem heiligen Gesetz entreißen, das
in dir wohnt." (Essener Buch des wahren Lehrers). Die Urchristen hatten keinen
persönlichen, sondern nur gemeinschaftlichen Besitz, daher sind sie nackt vor den
Herren des Feldes (dem Satan), und können nicht anders, als ihm alles zu übergeben,
weil diese Dinge zur Welt gehören. Wenn man sich hier auf der Welt so einrichtet, als
würde man hier hergehören und hier bleiben wollen, wird man gewiss sein wahres
Zuhause verlieren, wenn man aber nichts besitzt, was einen in dieser Welt hält und
weiß, wo sein wahres Zuhause ist, dann wird man dem Satan freudig die wenigen
zum Leben notwendigen Dinge der Welt zurückgeben und nackt vor ihm sein. Im
Essener Buch des wahren Lehrers wird dies sehr gut beschrieben. Der letzte Teil
bezieht sich darauf, dass man immer wachen, d.h. im Wort und in der Liebe bleiben
soll, da man nicht weiß, wann der Hausherr (Yahshua) zurückkommen wird, um seine
Braut mit sich und dem Vater einszumachen. „Gürtet euch um eure Lenden mit
großer Kraft“ bedeutet die „Waffenrüstung“ Gottes, wie wir in Epheser 6:10-20 lesen:
"Werdet stark im Herrn und in der Macht seiner Stärke! Zieht die ganze
Waffenrüstung Gottes an, damit ihr gegen die Listen des Teufels bestehen könnt!

47
Denn unser Kampf ist nicht gegen Fleisch und Blut, sondern gegen die Gewalten,
gegen die Mächte, gegen die Weltbeherrscher dieser Finsternis, gegen die geistigen
Mächte der Bosheit in der Himmelswelt. Deshalb ergreift die ganze Waffenrüstung
Gottes, damit ihr an dem bösen Tag widerstehen und, wenn ihr alles ausgerichtet
habt, stehen bleiben könnt! So steht nun, eure Lenden umgürtet mit Wahrheit,
bekleidet mit dem Brustpanzer der Gerechtigkeit und beschuht an den Füßen mit der
Bereitschaft zur Verkündigung des Evangeliums des Friedens! Bei alledem ergreift
den Schild des Glaubens, mit dem ihr alle feurigen Pfeile des Bösen auslöschen
könnt! Nehmt auch den Helm des Heils und das Schwert des Geistes, das ist Gottes
Wort! Mit allem Gebet und Flehen betet zu jeder Zeit im Geist, und wacht hierzu in
allem Anhalten und Flehen für alle Heiligen..." Der folgende Satz: „Denn man wird
die Frucht, die ihr erwartet, auf jeden Fall zu finden wissen“, wird in einer anderen
Übersetzung wie folgt übersetzt: „Denn die Schwierigkeiten (geistigen Angriffe), die
ihr erwartet, werden mit Sicherheit eintreten.“ Diese Version ergibt sicherlich mehr
Sinn im Anbetracht des Satzes zuvor. Die Erklärung des spanischen Autors, die ich
immer erst nach meiner eigenen Interpretation gelesen habe, ist zugegebenermaßen
sehr gelungen und einleuchtend:

"In diesem Logion kommen verschiedene Metaphern zusammen, und um ihre


unmittelbare Bedeutung zu verstehen, muss man sie eine nach der anderen
interpretieren. Der gesamte Inhalt des Logions ist jedoch nicht sehr schwer zu
verstehen, wenn man seine Ohren richtig geschult hat, um zu hören. Der Ausdruck
"kleine Kinder " wird verwendet, um metaphorisch den Grad der wahren Erkenntnis
zu beschreiben, den die Jünger genau zum Zeitpunkt des Logions erreicht haben.
Durch einen Akt des Glaubens hat die innere Offenbarung des Menschensohns
stattgefunden: Das wahre, außergewöhnliche religiöse Erwachen, das als zweite
Geburt bezeichnet wird, als Geburt von oben, so genannt wegen der totalen
Verwandlung zum Göttlichen, die im Bewusstsein des Menschen entsteht. Diese
Geburt war noch ein sehr junges Ereignis im Leben der Jünger, so dass sie noch sehr
unerfahren in den „Regierungsformen“ des Reiches Gottes waren und daher als
Unschuldige galten, die eine leichte Beute für die Könige dieser Welt waren, wie die
Kinder unter zwei Jahren, die das kleinste dreißigfache Maß der Frucht nach dem
hundertfachen Maßstab des Gleichnisses vom Sämann darstellen. Der Acker, von
dem der Logion spricht, ist das Reich Gottes, von dem die Kinder noch keinen festen
und stabilen Besitz ergriffen haben, da sie aufgrund ihrer mangelnden Reife noch den
Schwankungen ihrer Psyche ausgesetzt sind. Deshalb heißt es, dass die Jünger nackt
sind, denn sie sind weder mit der Kraft aus der Höhe bekleidet noch gerüstet, um im
Licht zu erscheinen, und sie sind auch nicht wie die Heere des Himmels mit blendend
weißem Leinen bekleidet, damit diese sterbliche Natur die Unsterblichkeit anziehen
und alle Furcht vor dem Tod ablegen kann - anders als der junge Jünger, den der
heilige Markus beschreibt, der nichts als ein Leinentuch trug. Sie hielten ihn fest,
aber er ließ das Tuch in ihren Händen und lief nackt davon. Es steht jedoch
geschrieben, dass der Tag des Herrn wie ein Dieb in der Nacht kommen wird. Der
Autor des Buches der Offenbarung erinnert uns daran in Begriffen, die parallel zu
denen des Logions verlaufen: Ich werde kommen wie ein Dieb.

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Glücklich ist der Mensch, der wach geblieben ist und seine Kleider nicht ausgezogen
hat, damit er nicht nackt hinausgeht und seine Schande aufdeckt. All das ist klar und
deutlich gesagt worden, damit der Herr eines jeden Hauses, jeder Bewohner des
Heiligtums Gottes (d.h. jedes Bewusstseins, jeder Seele) weiß, dass der Dieb, der
kein anderer als der Menschensohn ist, sicher kommen wird, um sein Reich ein für
alle Mal in Besitz zu nehmen. Im Leben und im Tod ist dies die letzte Bestimmung
eines jeden Menschen. Das Kommen des Menschensohns wie ein Dieb in der Nacht
bedeutet, dass er in der dunklen Nacht der Seele kommen kann, so wie der Tag immer
kommt und die Nacht vertreibt, die die Seele ihrer Erleuchtung beraubt. In dieser
Dunkelheit ist es allzu leicht, nicht zu erkennen, wer oder was da kommt. Die
Haltung, die Jesus denjenigen, die dieses Kommen erwarten, immer empfiehlt, ist die
des Wachseins, und das erfordert eine ständige, unermüdliche Wachsamkeit, die stets
bereit ist, im Licht zu erscheinen. Man darf auch nicht vergessen, dass dieser Zustand
der Wachsamkeit die innere Einkehr bedeutet, die auf die Buße und Umkehr folgt, die
Jesus bei seiner Verkündigung der Frohen Botschaft gefordert hat; eine Umkehr, die
die unabdingbare Grundlage für jedes religiöse Leben ist. Nur durch eine solche
nachhaltige Bekehrung, nur durch eine solche ständige Wachsamkeit wird es möglich
sein, nicht ausgezogen zu werden und nackt vom Feld zu laufen, wenn der Dieb
kommt. Der Ausruf, mit dem Jesus den Logion schließt, bringt das Anliegen des
Meisters zum Ausdruck, dass alle Menschen dem Menschensohn durch ein inneres
Lauffeuer, das von der Flamme eines blitzenden Schwertes verbreitet wird, begegnen
und ihn erkennen sollen. Jesus empfiehlt diese brennende Fackel dem klugen,
hellwachen Menschen, der in uns wohnt. Möge er für immer Wache halten, wachsam,
auf der Hut sein im Zentrum unserer Psyche! Er ist die Frucht, die gepflückt wird,
wenn sie reif ist; er ist sowohl die Frucht als auch der Arbeiter, der mit der Sichel in
der Hand kommt, um sie zu pflücken. Die Zeit der Aussaat ist eine und die Zeit der
Ernte eine andere; doch ein und derselbe ist der, der pflanzt, und der, der gießt, ein
und derselbe, der Weingärtner und der wahre Weinstock, der die reife Frucht trägt für
den Tag der Ankunft des Herrn." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

22. Jesus sah, wie kleine Kinder gesäugt wurden. Er sagte zu seinen Jüngern:
Diese kleinen Kinder, die gesäugt werden, gleichen denen, die ins Reich
eingehen. Sie sagten zu ihm: Werden wir, indem wir klein sind, ins Reich
eingehen? Jesus sprach zu ihnen: Wenn ihr die Zwei zu Eins macht, und wenn
ihr das Innere wie das Äußere macht, und das Äußere wie das Innere, und das
Obere wie das Untere, und wenn ihr das Männliche und das Weibliche zu einem
Einzigen macht, so dass das Männliche nicht mehr männlich, und das Weibliche
nicht mehr weiblich ist, wenn ihr das Auge durch ein anderes Auge ersetzt, und
eine Hand durch eine andere Hand und einen Fuß durch einen anderen Fuß, ein
Bild durch ein anderes Bild, dann werdet ihr ins Reich eingehen.

In Bezug auf die gesäugten Kinder lesen wir in Ode 19 der Oden Salomos: "Mir
wurde ein Becher Milch dargebracht, und ich trank ihn in der Süße der Wonne des
Herrn. Der Sohn ist der Kelch, und der Gemolkene ist der Vater, und der Heilige
Geist ist die, die ihn gemolken hat.

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Weil seine Brüste voll waren und es nicht wünschenswert war, dass seine Milch
sinnlos vergossen wurde. Und der Heilige Geist öffnete ihren Busen und vermischte
die Milch der beiden Brüste des Vaters. Und Sie gab der Welt die Mischung, ohne
dass sie es wusste, und die, die sie trinken, sind in der Fülle der rechten Hand. Der
Mutterschoß der Jungfrau nahm sie auf, und Sie empfing und gebar. Und die Jungfrau
wurde eine Mutter mit großer Barmherzigkeit. Und unter Qualen gebar sie den Sohn,
aber ohne Kummer, denn es geschah nicht ohne Absicht." Die Milch, die flüssige
Nahrung, ist das heilige Gesetz, das vom Vater ausging, und mittels des Heiligen
Geistes durch den Sohn verkündet wurde. Wer also von diesen beiden Brüsten des
Vater-Mutter, dem Wort und dem Heiligen Geist, gesäugt und großgezogen
(vollkommen gemacht) wird, der wird ins Himmelreich eingehen. Durch sie wird das
Innere (das Königtum der Himmel in uns) wie das Äußere (der Himmel auf Erden)
gemacht; das Obere (das wahre Abbild Gottes, das Verborgene) wie das Untere (das
minderwertige Abbild des wahren Abbildes, das Offenbare) gemacht, das Männliche
(der Heilige Logos, oder auch der Geist) und das Weibliche (der Heilige Geist, oder
auch die Seele) zu einem (Christus) gemacht, in dem es keine Trennung mehr gibt;
das natürliche Auge wird durch das geistige Auge (auch drittes Auge genannt) ersetzt,
welches nicht mehr nur das sieht, was vor uns ist und nach dem Äußeren urteilt,
sondern wie Gott auf das Herz schaut; und Hand und Fuß, welche sinnbildlich auch
für unsere Taten (Hand) und den breiten oder schmalen Pfad, auf dem wir wandeln
(Fuß), und das eine Bild (der fleischliche, sterbliche Körper) durch ein anderes Bild
(das wahrhaftige Fleisch, der unsterbliche Lichtkörper) ersetzt: "Er erstand von den
Toten auf, er wurde wieder, wie er gewesen war, aber jetzt war sein Leib
vollkommen. Er ist wieder im Fleisch, aber dieses Fleisch ist wahrhaftiges Fleisch.
Unser Fleisch hingegen ist kein wahrhaftiges Fleisch, sondern nur ein Abbild des
Wahrhaftigen... Denn Fleisch und Blut können das Reich Gottes nicht erben. Um
welches Fleisch handelt es sich denn hier, das nicht erben kann? Um das Fleisch, von
dem wir jetzt umhüllt sind. Welches Fleisch aber wird erben? Das Fleisch Jesu und
sein Blut. Deshalb sagte er: Wer nicht mein Fleisch isst und nicht mein Blut trinkt,
hat kein Leben in sich. Was ist unter diesem Fleisch und Blut zu verstehen? Sein
Fleisch ist das Wort und sein Blut der Heilige Geist. Wer diese empfängt, der hat
Nahrung und Trank und der ist bekleidet." (Philippus-Evangelium)

"Die Säuglinge, an denen Jesus so viel Freude hat, sind seine von oben neugeborenen
Jünger, deren Maß an Erkenntnis im Gleichnis vom Sämann das kleinste ist, um die
Frucht des Zugangs zum Reich Gottes zu bringen. Sie sind nur Neulinge in seinem
Tempel, aber sie gehören bereits zu denen, die das Lob des Menschensohns singen,
und Jesus identifiziert sie mit den Kindern des Psalms: Durch den Mund von
Kindern, von Säuglingen, hast du dich des Lobes versichert. Du hast deine Festung
fest gegen deine Feinde gemacht. Nach dem Logion fragen die Jünger, ob diese
Bedingung der doppelten Geburt an sich ausreicht, um in das Reich Gottes zu
gelangen. Diese Frage veranlasst den Meister, mit ihnen über den Zustand der
Vereinigung zu sprechen, der die völlige Einheit beinhaltet, denn der Vater und der
Sohn sind eins, und dies ist die einzige Bedingung für den Eintritt in das Reich.

50
Unter den Stufen des Fortschritts zur Einheit bilden die Intuition durch den Glauben
und die Geburt des neuen, ewigen Menschen den Schlüssel, der die Tür zum
Schafstall öffnet, aber er wird den Zugang zum Reich nur durch die Erkenntnis als
tiefe, lebendige Wahrheit gewähren, dass der Hirte, die Schafe, das Tor und sogar der
Schafstall selbst alle ein und dasselbe sind. Das ist es, was Paulus meinte, als er das
klassische Gleichnis von der Einheit der Glieder des Leibes verwendete. Dieses
Gleichnis muss nach Ansicht des Apostels richtig verstanden werden, d.h. nicht als
die harmonisierte Summe mehrerer getrennter Bewusstseine, was nur eine sehr
oberflächliche Einheit anzeigen würde, sondern als die Universalität des einen und
einzigen Bewusstseins in Christus, Strahlen derselben Sonne. Diese Einheit wird
erreicht, wenn man sich der im Menschen in Christus offenbarten und fest
verwirklichten Erkenntnis anschließt, dass es zwar viele lebende Seelen geben mag,
die durch den Einfluss der Vernunft in Harmonie untereinander gebracht werden, dass
aber in Wahrheit nur ein lebensspendender Geist, ein Menschensohn, frei von Form
und somit grenzenlos, absolut, existiert. Der doppelt geborene, von oben erneuerte
Mensch hat ohnehin zwei hervorgebracht; aber das hat nichts mit der bekannten
Dualität der Psyche zu tun. Gewiss, das Bewusstsein scheint dual zu sein, insofern als
ethische Postulate oder Bestrebungen jeglicher Art immer eine Reibung mit
instinktiven Trieben beinhalten werden. All dies und die theologische Spaltung
zwischen den beiden Pfaden des Guten und des Bösen bezieht sich natürlich auf die
Schlange in Eden, die sich an die Ferse des Menschen heftet, um ihn am Eintritt in
das Reich Gottes zu hindern; doch die Zweiheit, die durch die Geburt von oben
entsteht, hat nichts mit dem Gegensatzpaar zu tun. Hier geht es um ein neues und
einzigartiges Entstehen, das durch die Zwischenräume unserer Gedanken dringt,
wenn diese langsam und ruhig fließen. Es ist jenes Pneuma, dessen Stimme wie die
des Windes zu hören ist, wenn er weht, ohne dass wir wissen können, woher er
kommt und wohin er geht. Das erklärt Jesus, wenn er seine Aussage mit den Worten
schließt: So ist es mit allen, die aus dem Geist geboren sind. Was der Logion jedoch
in einer ersten, flüchtigen Wahrnehmung des Eintritts in das Reich Gottes
beschreiben will, ist nicht das Entstehen der Frucht, die die beiden hervorgebracht
hat, sondern der Übergang zur Einheit, der erst nach der Reifung der Frucht möglich
ist. Das Pneuma schwingt unaufhörlich das nun hohle Schilfrohr und erfüllt es mit
seinem Licht. Auf diese Weise werden die beiden am Ende eins, das ist die
Bedeutung des Seins im Licht. Es ist diese Einheit, die die zwei zu einem macht, die
die Verwandlung in den Menschensohn in Fülle bewirkt und zweifellos den Eintritt in
das Reich ermöglicht. Die anderen Begriffe des Eins-Seins, die das Logion in einigen
Details erwähnt, hängen von der Erfüllung der ersten Bedingung ab: Wenn die zwei
eins geworden sind. In seiner Wirkung auf das Schilfrohr macht der Wind keinen
Unterschied zwischen dem, was innen und dem, was außen ist. Unten ist der erste
Mensch, Adam, eine lebendige Seele, die seit Jahrhunderten als die mystische Braut
beschrieben wird, die ihre Vereinigung mit dem Bräutigam vollziehen muss, der in
seiner Universalität der Leben spendende Geist ist. Bei dieser Hochzeit sollen Mann
und Frau eins werden, so dass es nicht mehr ein einzelnes Männchen oder Weibchen
gibt, sondern den zum vollkommenen Leben wiedererweckten Menschensohn.

51
Die letzten Verse des Logions sind nicht schwer zu verstehen: Das Auge, die Hand,
der Fuß, sogar das Bild oder der ganze Körper hören auf, als getrennte Einheiten zu
existieren, wenn sie alle in einem einzigen Geist aufgegangen sind. So sind, wie es
das Johannesevangelium ausdrückt, alle bereits durch das Wort beschnitten und
kennen und üben ihre einheitliche Funktion als Glieder des herrlichen universalen
Leibes Christi aus. All dies drückt Jesus durch das große Gleichnis vom Weinstock
aus. Der Menschensohn ist der wahre Weinstock, aus dem jede fruchttragende Rebe
hervorgeht. Wie nun eine Rebe nicht für sich allein Frucht tragen kann, sondern Teil
des Weinstocks bleiben muss, so sind auch Auge, Hand, Fuß und Bild nicht als
einzelne Glieder ein und desselben Weinstocks zu sehen, sondern in ihrer Gesamtheit
als der ganze Weinstock. Der Menschensohn ist immer der wahre Weinstock, und
damit diese Einheit von vielen verstanden wird, war es Jesu Ziel auf Erden, wie es
der Hohepriester offenbart hat, die verstreuten Kinder Gottes in Einheit zu sammeln."
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23. Jesus sprach: Ich werde euch auswählen, einen aus Tausend, und zwei aus
Zehntausend. Und sie werden als ein Einziger dastehen.

Der Weg zum Leben ist schmal und nur wenige finden ihn, und die Arbeiter für die
Ernte sind wenige. Die, welche ihn finden und auf ihm wandeln, werden zu einem
Leib Christi gemacht werden; sie werden im und durch den Sohn mit dem Vater
einsgemacht werden.

"Tausend und Myriaden, eintausend und zehntausend, sind Zahlen, die in der Sprache
des Neuen Testaments regelmäßig verwendet werden, um unbestimmte Mengen einer
bestimmten Größe auszudrücken. Im Text bedeutet die Zahl eintausend viele und die
Zahl zehntausend sehr viele. Was Jesus in diesem kurzen Logion sagt, ist, dass es nur
wenige Menschen dieser Generation gibt, denen es gegeben ist, die beiden in eins zu
verwandeln, stabil, dauerhaft, die die Einheit erreichen und bewahren. Es sind die
vereinigten Menschen, die von Jesus auserwählt wurden, weil sie sich in den
Menschensohn verwandelt haben und bereits im Reich Gottes sind. Es sind
diejenigen, die an das Wort geglaubt und es angenommen haben. Wie Johannes in
seinem Evangelium bekräftigt, hat das Wort Kraft gegeben, Kinder Gottes zu werden.
Darüber hinaus bekräftigt der Logion, dass auch dort, wo zwei vereinte Wesen
auserwählt sind, sie eins bleiben, denn die beiden sind vollkommen eins. Diese
Auserwählten haben das Obere wie das Untere und das Äußere wie das Innere
gemacht. Zwischen diesen beiden, die eins geworden sind, wird es keinen
Unterschied geben. Vielmehr wird es eine Einheit geben, die in der Einheit des
Menschensohns, zu dem beide geworden sind, bekräftigt wird."
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24. Es sagten seine Jünger: Belehre uns über den Ort, an dem du bist, da wir
nicht anders können, als danach zu suchen. Er antwortete: Wer Ohren hat, der
höre. In einem Lichtmenschen ist Licht, und er leuchtet der ganzen Welt, wenn
er nicht leuchtet, ist Finsternis.

52
Yahshua befand sich zu allen Zeiten im unnahbaren Licht des Vaters: "Denn welche
Gemeinschaft hat das Licht mit der Finsternis, oder wie kommt etwas Sauberes und
Reines von etwas Unsauberem und Unreinem? Ich sage euch, es kann nicht
geschehen, denn der Satan spricht nach dem Bösen seiner Unwissenheit und badet in
der Finsternis seiner Selbsterschaffung, doch die Heiligen hingegen wohnen in dem
unnahbaren Licht, wo keine Finsternis sich nähern kann. Ja, das Böse kommt aus der
Wurzel des Bösen, und das Gute kommt aus der heiligen Wurzel; kenne deine
Wurzeln und sei frei von der Sklaverei und der Knechtschaft Satans." (EHGOC).
Auch hier sind wir wieder bei der Aussage im Philippus-Evangelium, in der es heißt,
dass die Ruhe (Gottes) nur denen gegeben werden kann, die im Guten ruhen können,
und zwar vollständig und dauerhaft. Wie können wir das erreichen und wie kommen
wir dorthin? Nun, unser Geist ist nicht an die Erde gebunden, darum müssen wir uns
mit dem Ewigen, dem Göttlichen, dem Geist, dem Menschensohn / Christus in uns
verbinden, dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis dies geschieht. Deswegen sagte
Yahshua auch, dass wir stets zuerst nach dem Reich Gottes in uns trachten sollen und
uns alles Notwendige vom Vater-Mutter, der weiß, dass wir das zum Leben
Notwendige benötigen, und der unser Versorger ist, hinzugefügt wird. Je mehr wir
uns mit dem Leben spendenden Geist, der auch das Licht ist, verbinden, desto mehr
werden wir in Geist und Licht verwandelt, denn wie bereits aus dem Philippus-
Evangelium zitiert: "Im Reich der Wahrheit siehst du etwas von ihr und wirst selbst
zu ihr. Du siehst den Geist und wirst selbst zu Geist. Du siehst Christus: Du wirst
Christus. Du siehst den Vater: Du wirst zum Vater. Hier auf dieser Welt also siehst du
alle Dinge, siehst aber dich selbst nicht. In der anderen Welt jedoch siehst du dich
selbst. Denn was du dort siehst, das wirst du selbst." In Matthäus 6 sagt Yahshua:
"Die Lampe des Leibes ist das Auge; wenn nun dein Auge klar ist, so wird dein
ganzer Leib licht sein; wenn aber dein Auge böse ist, so wird dein ganzer Leib finster
sein. Wenn nun das Licht, das in dir ist, Finsternis ist, wie groß die Finsternis." Die
Augen sind das Tor zur Seele. Wenn der Geist mit göttlichem Licht gefüllt ist, wird
auch das Haus, in dem er wohnt, nämlich der Körper des Menschen, Licht sein. Nur,
wenn unser Geist Licht ist, kann es durch gute Gedanken, Worte und Taten für die,
die noch in der Finsternis sind, scheinen, um ihnen den Weg zu weisen. Wir kommen
dem unnahbaren Licht des Vaters, in dem der Sohn wohnt, immer näher, indem wir in
Christus sind und bleiben, der uns mit seinem vollkommenen Lichtkleid bekleidet.

"Die Frage nach dem Ort, wo der Menschensohn zu finden ist, entspricht einer
wesentlichen Haltung der Jünger Jesu, denn jeder wahre Jünger ist ein Suchender
nach dem verborgenen inneren Christus. Eine parallele Frage - "Rabbi, wo wohnst
du?" - wird im Johannesevangelium gestellt, als Andreas und ein anderer Jünger des
Täufers zu Jüngern Jesu werden. Wie der Evangelist schreibt, werden sie um die
zehnte Stunde gerufen. In seiner Antwort nennt Jesus nicht den Ort, an dem der
Menschensohn wohnt, sondern verweist auf einen aktiven und echten Weg, diese
Wohnung zu finden: Kommt und seht. Genauso verhält es sich mit dem Logion. Auf
die Frage der Jünger hin nennt Jesus nicht den Ort, an dem er ist, sondern zeigt, wie
man dorthin gelangt: Kommt in euch und ihr werdet sehen. Der Menschensohn ist ein
Mensch des Lichts, der in euch wohnt.

53
Diese Erkenntnis kann nur durch eine unübertragbare und unaussprechliche Intuition
erlangt werden, doch das Licht scheint auf die ganze Welt; und wenn es nicht scheint,
herrscht Dunkelheit: Wenn nun das Licht in euch Finsternis ist, was für eine
Finsternis wird es dann sein? Beachten wir, dass dieser Erklärung eine Warnung
vorausgeht, die im Evangelium oft wiederholt wird: Wer Ohren hat zu hören, der
höre. Das sagt uns, dass in der Antwort eine halb-offenbarte, tiefe Wahrheit, eine
ganze Wahrheit finden können, die bis dahin ganz und gar zum verborgenen Erbe
gehörte. Jesus hört nie auf zu verkünden, dass er als Menschensohn das Licht der
Welt ist, und viele Aussagen im Evangelium enthalten diese Behauptung. "So bin ich,
das Licht, in die Welt gekommen, damit jeder, der an mich glaubt, nicht mehr im
Dunkeln zu bleiben braucht." Indem er dies verkündet, unterstreicht er, dass der
Menschensohn nicht nur das Privileg hat, Licht zu sein, sondern dass sein Licht sich
überall ausbreitet und all jene erleuchtet, die an das innere Licht des Menschensohns
glauben. Jesus erklärt dies immer wieder, denn die Grundlage seiner Botschaft
besteht darin, dass er lehrt, dass jeder Mensch aufgrund des universalen Charakters
des Menschensohns dieses Privileg, wie er Licht zu sein, teilt, auch wenn nur wenige
daran glauben. Deshalb sagt er: Ihr seid das Licht der Welt, und euer Licht soll vor
den Menschen leuchten. Der Apostel, der ein guter Nachfolger Jesu ist, bestätigt sein
Wort in Bezug auf diese wichtige Lehre: Ihr alle seid Söhne des Lichts und Söhne des
Tages. Was dieses Licht ist, abgesehen davon, dass es einfach nur Licht ist, ist der
Menschensohn. Paulus erzählt von der Beziehung zwischen Licht und Erkenntnis:
Gott, so verkündet er, hat gesagt: "Es werde Licht aus der Finsternis", und er hat in
unserem Geist geleuchtet, um das Licht der Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes
auszustrahlen. Mit "Geist" meint er hier das Zentrum, den Kern unseres Seins, einen
undefinierbaren Ort im Herzen eines jeden Menschen, von dem aus dieses Licht
leuchtet. Einmal erkannt, ist die Erleuchtung, die es schenkt, die Erkenntnis der
Weisheit Gottes. Johannes sagt etwas Ähnliches in seinem ersten Brief, und zwar
durch einen ganz besonderen Ausdruck, den er dort verwendet und der darüber hinaus
das einende Wirken des Lichts in seiner Eigenschaft als Gottes allumfassender
Mantel bestätigt: Wenn wir unser Leben im Licht leben, wie er [Gott] im Licht ist,
sind wir miteinander verbunden. Der Evangelist Lukas berichtet, wie Zacharias, der
Vater von Johannes dem Täufer, vom Heiligen Geist erfüllt wird und prophezeit, dass
unser Gott in seiner zärtlichen Barmherzigkeit seinem Volk (der menschlichen
Gemeinschaft) die Erkenntnis des Heils schenken wird und aus der Höhe die
aufgehende Sonne zu uns bringen wird. Die folgenschwere Ankunft dieses Lichts war
auch von Jesaja prophezeit worden, denn es ist ein ewiges, ungeborenes und allen
Zeiten eigenes Licht: Das Volk, das in der Finsternis gewandelt ist, hat ein großes
Licht gesehen. Es ist nicht so, dass das Licht nicht in jedem Menschen in die Welt
kommt, denn wie Jesus, der Menschensohn, verkündet: Solange ich in der Welt bin,
bin ich das Licht der Welt. Sondern dass dort, wo ein Mensch nicht an das Licht
glaubt, das Licht, das in ihm und in jedem Menschen der Generation ist, nicht
offenbar wird und nur Finsternis herrscht. Deshalb bedeutet die Barmherzigkeit
unseres Gottes, dass die Wege des Herrn gerade gemacht werden können durch die
Erkenntnis, die von der aufgehenden Sonne aus der Höhe getragen wird, durch das
wahre Licht, das immer von demjenigen gebracht wird, der von oben geboren ist.

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Bedenken wir, dass diese aufgehende Sonne, dieses Licht aus der Höhe, nichts
anderes ist als der Anatolé, der lichtbringende Stern nach der mystischen Tradition
des jüdischen Volkes. Man sagt uns, dass Anatolé einer der Titel des Messias ist, und
es bedarf keiner großen Anstrengung der Vorstellungskraft, um diesen Anatolé mit
dem Stern am Himmel zu identifizieren, der nach dem Bericht über die Erscheinung
des Christus im Matthäus-Evangelium den geheimnisvollen Weisen aus dem
Morgenland vorausging und über dem Ort, an dem das Kind war, stehen blieb. Das
Kind ist, wie gesagt, im Hinblick auf den verborgenen Aspekt der Geburt im Geist
(ohne dass dies in irgendeiner Weise mit dem bekannten parallelen Bericht über die
manifeste Geburt Jesu kollidiert) nichts anderes als der innere Mensch des Lichts als
jüngste Frucht. Dieser Stern, Anatolé, ist der lichtbringende Stern, der sich wie eine
leuchtende Krone über das Kind erhebt und die messianische Verheißung des Psalms
erfüllt: Du hast ihm eine Krone aus reinem Gold aufs Haupt gesetzt. Es ist der Stern,
der den Jüngern und den Heiligen Drei Königen, die ihm aus der Ferne an einem
mehr oder weniger metaphorischen Himmel gefolgt sind, den sicheren Ort offenbart,
an dem der Menschensohn zu finden ist. All dies zeigt uns die volle Bedeutung des
Logions: Es ist notwendig zu glauben, dass in jedem Menschen Licht ist, ein
pneumatischer Mensch des Lichts, der mit der Erkenntnis Gottes und dem ewigen
Leben ausgestattet ist. Er ist, wie Johannes es ausdrückt, das Wort, das wahre Licht,
das alle Menschen erleuchtet. Es ist auch nicht nötig zu erklären, wo dieses Licht
wohnt, denn es wird in seiner Fülle hervorbrechen und sich offenbaren, wenn der
Mensch zum Glauben an seinen inneren Samen erwacht. Jesus sagt: Solange ihr noch
das Licht habt, glaubt an das Licht, und ihr werdet Söhne des Lichts werden."
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25. Jesus sprach: Liebe deinen Bruder wie deine Seele. Hege ihn wie deinen
Augapfel.

Abgesehen davon, dass geschrieben steht, dass wer seinen Bruder nicht liebt, nicht
von sich sagen kann, dass er Gott liebt, hat das Wort Bruder hier noch eine
verborgene Bedeutung, die in der Exegese der Seele, einer Schrift aus Nag Hammadi
zu finden sein könnte. Dort lesen wir nämlich dass der Bruder der Seele ihr wahrer
Bräutigam ist, der Leben spendende Geist: "Aber da sie (die Seele) eine Frau ist, ist
sie nicht in der Lage, allein ein Kind hervorzubringen. Der Vater sandte ihr aus dem
Himmel ihren Mann, der ihr Bruder ist, den Erstgeborenen... Deswegen sagte der
Prophet über den ersten Mann und die erste Frau: Sie werden ein einziges Fleisch
werden. Denn sie waren im Anfang beim Vater miteinander vereinigt, bevor die Frau
den Mann verließ, der ihr Bruder ist. Diese pneumatische Hochzeit hat sie wieder
miteinander verbunden. Und die Seele vereinigte sich mit dem, den sie wirklich liebt,
ihrem naturgemäßen Herrn, wie es geschrieben steht: Der Herr der Frau ist nämlich
ihr Ehemann." Vor dem Hintergrund macht es natürlich mehr als Sinn, dass wir auf
den Christus in uns, das vollkommene Licht, das vom Vater ausging, aufpassen sollen
wie auf unseren Augapfel, denn auf ihn sollen wir allezeit schauen und weder nach
rechts noch nach links davon abweichen. Er ist der Weg, die Wahrheit und das Leben,
unser wahres Wesen, ohne das niemand zum Vater kommt.

55
"Alle verwandten Logien in den kanonischen Evangelien gehen auf das Gebot
zurück, mit dem Jesus das zweite Gebot krönte: Du sollst deinen Nächsten lieben wie
dich selbst. Allerdings stellt die im Logion eingeführte Variante eine große
Veränderung dar, da das Wort Seele (Psyche im Text) im Gegensatz zu „dich selbst“
keine Identität, sondern nur eine Nähe ausdrückt. Zwischen diesen beiden
Ausdrücken besteht eindeutig ein entscheidender Unterschied, der jedoch so subtil
ist, dass er leicht übersehen werden kann. Das liegt an den Veränderungen, die das
griechische Wort Psyche erfahren hat. Als es aus dem Althebräischen ins Griechische
übertragen wurde, musste seine ursprüngliche Bedeutung mühsam angepasst werden,
um die hebräischen Begriffe Nefes (Atem) und Léb (Herz) unterzubringen. Später, als
die neutestamentlichen Evangelien an das Griechische angepasst wurden, war das
Wort Psyche die bestmögliche Wiedergabe dessen, was Jesus auf Hebräisch und
Aramäisch gesagt haben wird. Zudem ist das Wesen der Seele außerordentlich
widerstandsfähig gegenüber allen Versuchen einer rationalen Untersuchung und
Analyse; und das, obwohl der menschliche Verstand sicherlich eine der Eigenschaften
der Seele ist. Die Naassener, jene gelehrten jüdischen Urchristen, von denen Hippolyt
von Rom berichtet, waren sich dieser Schwierigkeit bewusst. Der Autor schreibt, dass
sie sich gut mit den verschiedenen „Mutationen“ der Seele auskannten, die sie in
einem Text studierten, der heute verloren ist und Evangelium nach den Ägyptern
heißt. Hippolyt überliefert einen Ausspruch der Naassener: "Die Seele ist sehr schwer
zu entdecken und schwer zu verstehen, denn sie bleibt nicht in derselben Gestalt oder
in derselben Form oder in einem passiven Zustand, so dass man von ihrem Charakter
sprechen oder ihr Wesen begreifen könnte." Die Naassener warnten also vor zwei
Besonderheiten der Seele, nämlich dass sie kein Wesen hat und in der Form
wandelbar ist. Die Grundbedeutung des hebräischen Wortes Nefes, das in der
Septuaginta am häufigsten mit dem Wort Seele (griechisch Psyche) wiedergegeben
wird, ist Atem (der eines Lebewesens) oder Windhauch (z. B. ein Lufthauch): Gottes
Lebensatem, den er nach der Genesis in die Nasenlöcher des aus der Erde (des
Paradieses) geformten Menschen geblasen hat. In diesem Sinne kann man mit Recht
sagen, dass Nefes die Seele ist, aber nur insofern, als es eine Bewegung ist, eine
Bewegung, die in der Psyche Reaktionen hervorruft, die zumeist turbulent sind. In
den Schriften wird das Wirken von Nefes typischerweise als stürmisches Wasser
dargestellt, was zu der biblischen Entsprechung Wasser = Seele passt. Nefes hat eine
unbestreitbar objektive Bedeutung, da es keine Möglichkeit gibt, Nefes mit dem Sein
zu identifizieren. Dieser objektive Zustand der Seele (Nefes) kommt besonders in
dem alttestamentlichen Vers zum Ausdruck, der das erste Gebot ankündigt, das nach
dem Verfasser des Deuteronomiums das größte des Gesetzes ist: Du sollst JHWH,
deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele [Nefes] und mit all deiner
Kraft. Es ist nicht nötig, hier auf die Unterscheidungen zwischen den drei Formen
oder Potenzen der Liebe einzugehen, die der heilige Schreiber nennt, die nicht sehr
klar definiert sind, die aber die totale, grenzenlose Liebe fordern. Indem er jedoch
von verschiedenen unterschiedlichen Aspekten spricht, sowohl physisch als auch in
Bezug auf die Psyche, sowie die totale Wechselbeziehung von Geist und Körper
bekräftigt, zeigt er die gesamte objektive Bandbreite des Seelenbegriffs in beiden
Schriften auf.

56
Derjenige, den der heilige Schreiber meint, ist nicht eine Seele, die liebt, sondern ein
ganzes Wesen, das alle Ressourcen seines Herzens, seiner Seele, seiner Intelligenz,
seines Verstandes und vielleicht sogar seiner körperlichen Kraft in die Liebe zu Gott
steckt. All dies zeigt, dass das theologische Konzept, das den Menschen auf eine
binäre Kombination von Körper und Seele reduziert, völlig unzureichend ist, sondern
dass die Gesamtheit des Menschen aus Geist, Seele und Körper besteht. Dabei ist das
erste, der Geist, die große Unbekannte für das natürliche psychische Bewusstsein des
Menschen. Der Geist, der Tropfen des Lichts, ist die Essenz, die der Seele fehlt. Die
zweite Besonderheit der Seele ist nach den Naassenes ihre Wandelbarkeit, was mit
dem von Hippolyt überlieferten Text übereinstimmt, in dem er behauptet, dass die
Seele "nicht in derselben Gestalt oder Form oder in einem passiven Zustand
verbleibt, so dass man von ihrem Charakter sprechen oder ihr Wesen begreifen
könnte." Eine Untersuchung der psychischen Phänomene auf der Grundlage des
Beschreibungsmaterials des Alten Testaments erlaubt eine Unterscheidung zwischen
drei grundlegenden Bereichen, die affektive Zustände ausdrücken: Nefes ist der Atem
des Lebens; Ruach, Wind, Atem; und Nesamah, Atmung, Atem. Die Grundbedeutung
eines der drei Ausdrücke für das Leben des Geistes bedeutet nach der jüdischen
Psychologie immer etwas, das in Bewegung ist, sei es der Lebensatem (Nefes), der
Wind (Ruach) oder die Atmung (Nesamah). Die Wirkung von Nefes ist die eines
Triebes des tierischen Lebens und entspricht damit den hylischen, irdischen und
psychosomatischen (seelisch-körperlichen) Grundlagen des Lebensatems; aber die
duale, reflexive Bewusstseinskraft, die der Mensch als kosmischer Wind (Ruach)
empfängt, kann höhere Veränderungen erfahren, die sie mit Nesamah verbinden.
Entweder das, oder sie erleidet eine Verschlechterung, die sie mit den niederen
psychischen Dingen verbindet, die dem Nefes eigen sind, bis zu dem Punkt, an dem
sie metaphorisch Fleisch wird. Nesamah, im griechischen Text auch mit Pneuma
übersetzt, ist die subtilste Atmung oder das Atmen auf der psychischen Ebene, die
kosmische Wahrnehmung, die das Bewusstsein mit der höheren göttlichen Welt
verbindet. Wie es im Buch der Sprüche heißt, ist der menschliche Geist [Nesamah]
das Licht JHWHs, das das tiefste Selbst erforscht. Der allerletzte Vers: Alles, was
atmet [Nesamah hat], soll JHWH preisen. In einer sehr wichtigen Passage studiert der
Autor des Zohar einen Text aus Jesaja: Nachts sehnt sich meine Seele [Nefes] nach
dir und mein Geist [Ruach] in mir sucht dich am Morgen [Tag=Licht]. Nefes und
Ruach sind nicht zwei verschiedene Grade [der Seele], sondern ein einziger Grad mit
zwei Aspekten. Es gibt einen dritten, höheren Aspekt, dessen Aufgabe es ist, diese
beiden zu beherrschen: Er wird Nesamah genannt. Wenn Nesamah in die beiden
anderen eintritt, vereinigen sie sich mit ihm, und von da an herrscht Nesamah in
diesem Menschen vor. Ein solcher Mensch wird heilig, vollkommen und Gott völlig
ergeben genannt. Der Autor des Zohar beendet seine Erklärung der drei Ebenen des
psychischen Ausdrucks im Menschen mit einem sehr schönen und erhellenden Bild:
Nefes ist die niedrigste Eingebung, an die sich der Körper anpasst; sie ist wie das
dunkle Licht des untersten Teils der Flamme einer Lampe, es bleibt nahe am Docht
und existiert nur durch ihn. Sobald dieses Licht vollständig entzündet ist, verwandelt
es sich in einen Thron für das weiße Licht (Ruach) über ihm.

57
Wenn beide vollständig angezündet sind, verwandelt sich das weiße Licht in einen
Thron für ein Licht [Nesamah], das nicht vollständig wahrgenommen werden kann,
denn es ist etwas Unerkennbares [das umgebende Licht, das sich im Raum
ausbreitet], das über dem weißen Licht steht. Es bildet dann ein vollständiges Licht.
Jesaja sagt: Ihr werdet glücklich sein, dort zu säen, wo Wasser [Psyche] entspringt
[aus dem Nesamah], und den Ochsen [Ruach] und den Esel [Nefes] frei herumlaufen
zu lassen (Jesaja 32:10). Jesaja verwendet die Symbolik des Ochsen und des Esels
auch in seinem ersten Kapitel, in dem die beiden Tiere ein psychologisches Trio mit
Israel bilden, dessen von JHWH gesegneter Name das Bild für den messianischen
Sieg im geistigen Kampf ist. Später übernahm die apokryphe christliche Literatur
dieses Element der jüdischen Ikonographie, wobei sie nur Jesus, das erstgeborene
Kind, durch Israel ersetzte. So erscheint es im Pseudo-Matthäus-Evangelium in einer
von der Kirche stillschweigend akzeptierten Formulierung: Sie legte das Kind in
einen Stall, und Ochs und Esel beteten es an. Da erfüllte sich, was der Prophet Jesaja
gesagt hatte: Der Ochse kennt seinen Herrn und der Esel die Krippe seines Herrn. Mit
der poetischen Präzision, für die Jesaja bekannt ist, entspricht der Ochse, der seinen
Herrn kennt, dem Ruach, der in der Mitte des menschlichen Bewusstseins angesiedelt
ist, und der Esel, der die Krippe seines Herrn kennt, der tierischen Lebenskraft, die
sich gierig nach Nahrung sehnt und dem Nefes eigen ist. In der neuen christlichen
Psychologie repräsentiert Jesus das ewige Leben des Geistes (des Nesamah, nachdem
er durch das Feuer der Erkenntnis gegangen und geprüft wurde, wie Gold geprüft
wird, wie Sacharja sagte). Der Ochse (Ruach) und der Esel (Nefes) sind in der
Geburtsszene die ikonografische Darstellung der doppelten Seele, die sich in
Anbetung vor dem Menschensohn niederwirft. In den beiden unteren Ecken, rechts
und links, der Basis des psychologischen Dreiecks, scheint die Seele gespalten zu
sein: auf der rechten Seite all das, was dem Korn zum Heil verhilft, das mit dem
göttlichen Sohn als Zeichen seines Erlösungswerks eins wird, auf der linken Seite die
Spreu, die in den Evangelien so symbolisch verwendet wird und wie alles, was der
Zeit unterworfen ist, nur zum Tod bestimmt ist, wenn das Dreschen vorbei ist. Das
tiefe Geheimnis des Ausscheidens der Seele - wir haben bereits an anderer Stelle
damit begonnen, es zu ergründen - wird im entscheidenden Augenblick des
Evangeliums als das Kommen des Menschensohns in unser Bewusstsein, als die
individuelle Parusie, deutlich, die sowohl als Hinweis auf den höchsten Augenblick
des Todes als auch auf das noch höhere Ereignis, die innere Geburt des Menschen in
Christus, verstanden werden kann. Das Evangelium berichtet über dieses Ereignis an
vielen Stellen, besonders aber, wenn es heißt: Von zwei Männern, die auf dem Feld
arbeiten, wird einer genommen, einer bleibt übrig; von zwei Frauen, die in der Mühle
mahlen, wird eine genommen, eine bleibt übrig. Nach dem, was uns Eusebius von
Caesarea über das Evangelium nach den Hebräern erzählt, das heute verloren ist:
Jesus erklärte die Ausscheidung der Seelen, wie wir an einer Stelle des Evangeliums,
das unter den Juden in hebräischer Sprache verbreitet ist, nachprüfen konnten, wo es
heißt: Ich muss mir die aussuchen, die mir gefallen, und diese gibt mir mein Vater im
Himmel. Diejenigen, die Christus gefallen, sind zweifellos die psychischen Inhalte
des Ruach, die, sobald sie gereinigt sind, in Korn umgewandelt und somit mit dem
Menschensohn eins werden und den Olivenbaum Israels vergrößern.

58
In Wahrheit ist jeder reine Inhalt der Psyche, der einheitlich und universell ist, und
jedes erfahrbare Zeichen der Unsterblichkeit, das im Ruach erscheint, wie das Schaf,
das verloren war und unter neunundneunzig anderen gerettet wurde. Aus dem
Johannesevangelium wissen wir, wie Jesus seine alleinige Würde als der Gute Hirte
beansprucht und wie er erklärt, dass unter allen, die vor ihm kommen, d.h. diejenigen,
die versuchen, in den Schafstall zu klettern, ohne durch die wahre enge Pforte
einzutreten, die er selbst ist, Räuber und Fußabtreter sind. Dies sind die beiden
Bezeichnungen, die manchmal metaphorisch für Ruach und Nefes gegeben werden,
die beiden unteren Drittel der Seele, die immer Mietlinge sind, was bedeutet, dass sie
von selbstsüchtigen Zielen motiviert sind, die nicht ausreichen, um ihre Schafe (oder
den Inhalt ihrer Psyche) siegreich zum Schafstall des ewigen Lebens zu führen. Es ist
wichtig, daran zu denken, dass dieser Zustand der Diebe oder Räuber in den Texten
des Neuen Testaments oft auftaucht, manchmal in überraschenden Zusammenhängen,
wie wenn es heißt: Der Tag des Herrn wird kommen wie ein Dieb in der Nacht. Jesus
verwendet diesen Ausdruck, wenn er von sich selbst spricht: Bin ich ein Räuber, dass
ihr mit Schwertern und Knüppeln losziehen müsstet? Oder, um die Prophezeiung zu
zitieren: Er wurde zu den Aufrührern gezählt. Es dürfte niemanden überraschen, dass
die drei Kreuze, die auf Golgatha für Jesus und die beiden Diebe errichtet wurden, für
die Evangelisten ein Symbol für die drei Drittel der Psyche des Menschen aus Fleisch
und Blut waren, mit der gleichen dreieckigen Anordnung wie in der Krippenszene mit
dem Kind, dem Ochsen und dem Esel. Wie Lukas berichtet, führten die Begleiter
Jesu auch zwei andere Verbrecher hinaus, die zusammen mit ihm hingerichtet werden
sollten. Von diesen beiden Verbrechern entspricht derjenige mit dem Namen Dismas
(obwohl er von den kanonischen Evangelisten nicht genannt wird) symbolisch dem
guten Dieb, der für das ewige Leben erlösbar ist, wie der übrige Inhalt der Psyche im
Ruach. Ihm gab Jesus am Kreuz das große Versprechen, ihn noch am selben Tag ins
Paradies zu bringen. Der andere gekreuzigte Räuber auf der linken Seite war ein nicht
erlösbarer Räuber. Die beiden Verbrecher, der Dieb zur Rechten und der Räuber zur
Linken Jesu, die die gleiche Stellung einnehmen wie der Ochse (erlösbar) und der
Esel (nicht erlösbar) in der Geburts-Szene Jesu rechts und links vom Kind, stehen für
alle Verbrecher, die sich vor dem Guten Hirten dem Schafstall nähern, um die Schafe
zu stehlen. Aber der wahre Protagonist des Kalvarienbergs, Jesus, befindet sich auf
der Spitze des Berges. Sein Körper ist sichtbar (manifest). Im Moment des Sterbens
hat er seinen Geist (Pneuma) aufgegeben oder seinen Geist ausgeatmet. Er gab sich
selbst auf, er atmete sich aus. Glücklicherweise überliefert das Lukasevangelium mit
seiner messianischen Anspielung auf Psalm 31 den Schlüssel zur Auslegung des
Textes. Pneuma ist hier, entsprechend der üblichen Praxis der griechischen
Septuaginta, die normale Übersetzung von Nesamah (Atem, Atmung) als
Transformation oder Umwandlung des Ruach, d.h. des Drittels der Psyche, das
zusammen mit dem wie Silber geläuterten und damit aus dem Ruach aufsteigenden
psychischen Inhalten den geheimnisvollen Rest bildet, der nach Sacharja berufen ist,
im himmlischen Jerusalem zu wohnen. Nesamah ist die besondere Beute, die der
Menschensohn nach seinem Leben auf der Erde mit sich nahm. Deshalb sagte er in
jenem schweren Augenblick zum Vater: In deine Hände lege ich meinen Geist."
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59
26. Jesus sprach: Den Splitter im Auge deines Bruders siehst du, den Balken
aber in deinem Auge siehst du nicht. Wenn du den Balken aus deinem Auge
ziehst, dann wirst du genug sehen, um den Splitter aus dem Auge deines Bruders
zu ziehen.

Wir sollten stets bemüht sein, das Gute und Göttliche in unseren Geschwistern im
Glauben zu sehen und niemanden betrüben, sondern stets erbauen und ermutigen. In
der Essener Frieden mit der Familie heißt es: "Kann ich das Göttliche im anderen
erkennen, anders, als dass ich ihn mit Augen voller Liebe anschaue?" Man sagt, dass
das, wofür man andere richtet, ein Spiegel dessen ist, wofür man sich selbst richtet.
Außerdem ist es heuchlerisch, andere für Dinge zu verurteilen, die man selbst tut. In
der 2. Essener Schriftrolle heißt es: "Immer will ich nach Gründen für ein Lob
suchen, niemals nach Ausflüchten, um üble Nachrede zu entschuldigen. Wenn ich
versucht bin, Kritik zu üben, werde ich mir in die Zunge beißen; wenn ich zum Lobe
bewegt bin, werde ich dafür sorgen, dass es gehört wird." Im EHGOC sagt Yahshua:
"Wisset, dass die Augen die Lampen des Leibes des Menschen sind. Wenn also euer
Sehvermögen klar und vollkommen ist, wird euer ganzer Körper voller Licht sein.
Wenn aber eure Augen gedämpft oder geschlossen sind und das Licht nicht
wahrnehmen, dann wird euer ganzer Körper voller Finsternis sein. Und wie groß
diese Finsternis ist, die der Satan über sie bringt, die das Licht ablehnen! Denn ich
sage euch, Satan macht den Geist der Ungläubigen blind, so dass das Licht nicht ihre
Augen erreicht, denn viele Wunder tut das Böse, um die Ungläubigen in die Irre zu
führen und zu täuschen. Aber meine Schafe erkennen das Licht von der Dunkelheit
und sie kommen aus der Dunkelheit ins Licht, denn sie gehören nicht zur Ernte des
Satans. Ja, der rechtschaffene Samen kennt seine Wurzel und hört auf den guten
Hirten, wenn er sie beim Namen nennt."

"Es gibt einige Hinweise, aber einer der wichtigsten stammt aus einem anderen
Logion: Die Lampe des Leibes ist das Auge. Mit der Lampe und dem Auge geht das
Evangelium ein Spiel mit Bedeutungen ein, indem es das materielle Licht, das das
Auge wahrnimmt, dem Licht der Erkenntnis gegenüberstellt, das in jedem Menschen
leuchtet, da es aus dem Geist kommt, der, wie Johannes sagt, bei euch ist und in euch
ist. Von den beiden Arten der Blindheit, der Blindheit des Auges und der Blindheit
der Erkenntnis, ist die erste offenkundig, während es schwierig ist, die zweite selbst
zu erkennen. Diejenigen, die das Licht, das von innen kommt, nicht wahrnehmen,
neigen dazu, das ständige Aufleuchten dieses Lichts zu leugnen, oder sie sind sicher,
dass ihr Verstand erleuchtet ist, aber ihr eigenes Licht kann die Barrieren um ihr Herz
nicht durchbrechen. Zu den einen sagt Jesus: Wenn nun das Licht in euch verfinstert
ist, welche Finsternis wird das sein! Die anderen warnt er: Da ihr sagt, ihr könnt
sehen, bleibt eure Schuld bestehen. Das ist also das Urteil, das sich aus dem Licht der
Welt von selbst ergibt, dem Licht, das das Licht der Menschen ist und in der
Finsternis leuchtet. Durch es werden die Unsichtbaren sehend, und viele von denen,
die glaubten, sehen zu können, entdecken, dass sie blind sind. Mehr noch: Das
Hindernis im eigenen Auge macht es unmöglich, irgendetwas zu erkennen, und das
ist das Geheimnis des Lichts: Es ist an allen Orten ein und dasselbe.

60
Deshalb heißt es, wenn man den Balken aus dem eigenen Auge entfernt hat, kann
man den Splitter im Auge eines anderen sehen; aber nur dann, denn sonst würde der
Blinde den Blinden führen, und wie Matthäus sagt: Wenn ein Blinder den anderen
führt, werden beide in eine Grube fallen." (https://www.gospelofthomas-
interpretation.com/)

27. Jesus sprach: Wenn ihr euch nicht der Welt enthaltet, werdet ihr das Reich
nicht finden. Wenn ihr den Sabbat nicht wirklich zum Sabbat macht, werdet ihr
den Vater nicht sehen.

Was bedeutet „die Welt“, von der wir uns enthalten sollen? Damit sind die Dinge
gemeint, nach denen der Geist der Welt lechzt und süchtig ist, die Trugbilder des
Satans, die uns Glück und Erfüllung versprechen, uns in Wahrheit jedoch in
Gebundenheiten und Knechtschaft führen, die diese nur als Liebesersatz dienen
können, die immer nur nach mehr verlangen, um die Illusion des Glücks und der
Erfüllung so lange wie möglich aufrechtzuerhalten. Dies sind auch genau die Dinge,
die Gebundenheiten und Bollwerke, die letztlich zur Zerstörung und zum (geistigen)
Tod führen, von denen uns nur der Heilige Geist, der Geist der Wahrheit, der uns die
Illusionen erkennen und durchschauen lässt, wieder befreien kann. Wer sich also der
Welt und ihren Illusionen von Glück und Erfüllung durch materielle und sinnliche
Genüsse und Vergnügen nicht enthält, der gehört zu ihr und nicht zu Christus, denn er
ist geistig tot. Der Sabbat ist ein Schatten auf die Ruhe Gottes, das ewige
Friedensreich. Im Philippus-Evangelium lesen wir: "Selig ist, der Knecht, der nie eine
Seele irregeführt hat. Das ist Jesus Christus. Er begegnete allen auf der Welt, ohne
erkannt zu werden, und legte niemandem eine Last auf. Deshalb ist er, da er so ist,
selig, denn er ist ein vollkommener Mensch. Er ist der Logos. Richtet euch nach ihm,
denn schwierig ist es, den vollkommenen Menschen zu erbauen. Wie können wir
dieses große Werk vollbringen? Wie wird (der vollkommene Mensch) einem jeden
Ruhe geben? Vor allem dürfen wir niemanden betrüben, keinen Großen und keinen
Kleinen, keinen Ungläubigen und keinen Gläubigen. Nur denen lässt sich aber Ruhe
geben, die im Guten ruhen (können)." Den Sabbat zum Sabbat zu machen, bedeutet
also im Guten zu ruhen, vollständig und dauerhaft. In Logion 50 und 51 heißt es:
"Wenn man euch fragt: Woher seid ihr gekommen? So antwortet: Wir sind aus dem
Licht gekommen, von dort, wo das Licht durch sich selbst entstanden ist, es war
unvergänglich, und es trat in ihrem Bild in Erscheinung. Wenn man zu euch sagt: Wer
seid ihr? So sagt: Wir sind seine Söhne und wir sind die Auserwählten des
Lebendigen Vaters. Wenn man euch fragt: Was ist das Zeichen eures Vaters an euch?
So antwortet: Bewegung ist es und Unbeweglichkeit... Es sagten zu ihm seine Jünger:
Wann wird die Ruhe der Toten eintreten und wann wird die neue Welt kommen? Er
antwortete: Die Ruhe, die ihr erwartet, ist ja schon gekommen, aber ihr erkennt sie
nicht." Diese Unbeweglichkeit, welches eines der Zeichen des Vater-Mutter ist, ist
das Ruhen im Guten, die Bewegung ist die dienstbare Liebe zum Wohle und zur
Errettung aller, denn Gott sendet seine Engel stets und unaufhörlich denen, die ihn
lieben, auf dass sie noch mehr Frucht bringen, und selbst denen, die ihn hassen, auf
dass sie von ihren Wegen umkehren.

61
"Es ist wichtig, vor allem die wahren Bedingungen der Wahl zwischen der Welt und
dem Reich Gottes zu klären, in Übereinstimmung mit der wirklichen Bedeutung der
in der Frohen Botschaft verwendeten Sprache. Wenn man sich nicht tief genug in die
Frage vertieft hat, könnte es im Prinzip so aussehen, als ob das Evangelium die Welt
und das Reich Gottes als zwei unvereinbare Gegensätze ansieht, und deshalb schlägt
dieser Logion vor, von der Welt zu fasten, was bedeutet, dass man sich entweder ganz
oder so weit wie möglich von dieser Welt entfernen soll, wenn man das Reich Gottes
finden will. Diese etwas zu vereinfachte Art, die Lehre des Evangeliums über die
Beziehung zu Gott zu verstehen, hat jahrhundertelang zu dem Glauben vieler
Anhänger der christlichen Botschaft geführt, die in Einsiedeleien und Klöstern sowie
in der privaten Praxis mit großer Überzeugung und im Rahmen ihrer Kräfte danach
strebten, zu fasten oder zumindest ihre Ration an weltlicher Nahrung zu reduzieren,
um auf diese Weise ihr Bewusstsein für den geistigen Gegenpol der Welt, das Reich
Gottes, zu öffnen. Tatsache ist, dass jedes Gottesbild immer falsch sein wird, und
zwar aus dem einfachen Grund, dass es ein Bild ist, denn Gott ist nicht vorstellbar.
Der von Jesus dargestellte Gottvater des Evangeliums fällt als reines Wesen nicht in
die Grenzen des menschlichen Verstandes, denn der Verstand ist eine Bewegung zur
Erkenntnis, die der zeitlichen Natur der Welt eigen ist, und taugt daher in keiner
Weise zur Darstellung des präexistenten Vaters, von dem gesagt wurde: Bevor die
Berge geboren wurden, bevor die Erde und die Welt geboren wurden, von Ewigkeit
zu Ewigkeit bist du Gott. Wenn Jesus im Matthäus-Evangelium die Bedeutung des
Gleichnisses vom Sämann und der Saat erklärt, sagt er, dass der Acker die Welt ist
und die gute Saat die Untertanen des Reiches Gottes. Die Wahrheit ist, dass
unabhängig von den guten oder schlechten Ergebnissen, die vom Grad der Akzeptanz
und des Ausdrucks jedes Bewusstseins abhängen, der Same immer der
Menschensohn ist, und er ist immer zugleich Same und Sämann, denn der
Menschensohn ist letztlich die einzig mögliche Realität, die ewiges Leben
hervorbringt, der einzige Leben spendende Geist. Dieser Geist ist in der Tat die
einzige Quelle des Lebens für alles andere, denn er gibt allem, was in der Welt
erkennbar ist, also der Welt selbst, Leben. Hinter ihrer natürlichen Erscheinung sind
alle sichtbaren Dinge, die wir sehen, nichts weiter als Strohspreu, die durch den
unsichtbaren Atem des Geistes Gottes mit Leben erfüllt wird; das bedeutet, dass sie
kein eigenes Leben besitzen, wie vornehm und überzeugend diese Spreu in der
Vorstellung gewisser religiöser Geister auch sein mag. Wenn es also nicht gelingt,
den Samen zuverlässig zu unterscheiden, wird man immer Gefahr laufen, die mit
Leben ausgestattete Spreu, die von Natur aus für das Feuer bestimmt ist, mit einem
wahren Sohn des Reiches zu verwechseln. Die Spreu ist von dieser Welt, das Reich
aber ist nicht von dieser Welt; deshalb ist die Spreu sichtbar, während man das Korn
unter seiner Spreu entdecken muss, denn es ist nicht offenkundig, sondern verborgen,
und sein Auftauchen in unserem Bewusstsein kann nur aus einer subtilen
Wahrnehmung resultieren, die nicht leicht zu erwerben ist. All dies wird im vierten
Evangelium erklärt, das sich weitgehend mit der Unterscheidung zwischen der Welt
und dem Licht der Welt befasst. Jesus sagte in seiner Eigenschaft als Christus: Ich bin
das Licht der Welt, und wie Johannes in seinem Prolog bestätigt: Er [das Wort] war in
der Welt, die durch ihn entstand, und die Welt kannte ihn nicht.

62
Das Zeugnis des Evangeliums ist schlüssig: Das Licht (das Wort) ist in der Welt
(obwohl die Welt es nicht kennt); aber das muss gut verstanden werden. Diejenigen,
die sich von der Welt zurückziehen, um dem Licht zu begegnen, vergessen, dass das
Licht in der Welt ist. Es kann sein, dass sie in Wirklichkeit Kleingläubige sind und
nicht glauben, dass das Licht in der Welt ist; es kann sogar sein, dass sie in ihrem
Herzen die Finsternis dem Licht vorziehen; sie sind von der Welt und kennen daher
das Licht nicht. Auf der anderen Seite finden wir diejenigen, die in ihren Studien
gelernt haben, dass das Licht in der Welt ist, und bevor sie zwischen den beiden
Dingen, der Welt und dem Licht, unterscheiden können, widmen sie sich der Welt, in
dem eitlen Glauben, dass alles, was in ihr ist, Licht ist. Dabei vergessen sie freilich,
dass das Sein in der Welt und das Sein von der Welt zwei Dinge sind, die sich in
ihrem Inhalt unterscheiden, aber in ihrer Form identisch sind. Das wollte Jesus seinen
Jüngern sagen, als er in der Schatzkammer des Tempels zu ihnen sprach und sagte:
Ihr seid von dieser Welt, ich bin nicht von dieser Welt. Er meinte damit zweifellos,
dass es zwei Arten gibt, in der Welt zu sein, von denen die eine bedeutet, von der
Welt zu sein, die andere nicht. Die erste besteht darin, in der Welt zu sein und von ihr
verunreinigt zu werden - das waren die Jünger -, während die zweite eine reine Art
des Seins ist, wie Jesus sagt, dass das Licht selbst es ist, nämlich die Welt
überwunden zu haben. Die Frage, die sich dann stellt, ist folgende: Ist es möglich, das
Licht der Welt so zu betrachten, dass die Welt für das Licht, das in ihr ist, geliebt
wird? Das ist es, was mit "in der Welt sein, aber nicht von der Welt" gemeint ist. Das
erfordert einen unverfälschten Blick auf die Welt, denn dann wird die Welt immer das
Licht - den Menschensohn - offenbaren, der schon immer da war und immer da sein
wird. Dies ist eine höhere Sichtweise, eine geschulte Sichtweise, denn: Keiner, der
am Tag wandelt, stolpert, weil er das Licht dieser Welt hat, um zu sehen. Der Logion
schließt mit der Erklärung, dass es notwendig ist, den Sabbat als Sabbat zu halten, um
den Vater (der unsichtbar ist) zu sehen. Das bedeutet, dass jeder Tag in seiner
glorreichen Fülle als Tag des Herrn gelebt werden soll. Wenn alle Tage der Tag des
Herrn sind, dann deshalb, weil jeder Tag eine vollendete Offenbarung des Lichts und
der Welt ist; und die Welt und das Licht sind dann, und nur dann, ein und dasselbe.
Jesus sagt: Wer mich liebt, der wird mein Wort halten, und mein Vater wird ihn
lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm nehmen. Dann wird
sich die Prophezeiung aus dem Lukasevangelium erfüllen: Das Reich Gottes lässt
sich nicht beobachten, und niemand wird sagen: "Seht, hier ist es! Siehe, es ist dort,
denn siehe, das Reich Gottes ist in dir." (https://www.gospelofthomas-
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28. Jesus sprach: Ich stand mitten in der Welt und erschien ihnen im Fleisch. Ich
fand sie alle trunken, ich fand keinen durstigen unter ihnen , und meine Seele
empfand Schmerz über die Söhne der Menschen, weil sie blind in ihrem Herzen
sind, und nicht sehen, dass sie leer in die Welt gekommen sind, und leer auch
wieder aus der Welt gehen. Jetzt sind sie trunken, wenn sie aber ihren Wein
ausgeschieden haben, werden sie sich bekehren.

63
Im Kapitel 77 des EHGOC zieht Yahshua ein Resümee seines Dienstes auf Erden, das
die störrische und halsstarrige Haltung des Menschen gegenüber dem Guten und dem
Leben im Geist sehr deutlich macht und auf den Punkt trifft. Die Menschen suchen
das Böse und die Finsternis und erfreuen sich auch noch daran. Das Leben des
Geistes wird verachtet, gehasst und vollständig abgetötet und eingetauscht gegen den
eigenen Untergang und die eigene Zerstörung der Seele. Erst, wenn sie sich dieser
Trunkenheit durch diesen „Wein“ enthalten, können sie geistiges Leben entwickeln:
"Denn ich sage euch, es gibt keine größere Sünde und kein größeres Übel, als die
Ignoranz und Sturheit des Menschen, denn Ignoranz erzeugt Angst und Angst erzeugt
Gewalt und Blutvergießen, und die Unschuldigen leiden sehr. So ist das Böse des
Menschen selbstgemacht, denn nicht einmal Satan hat Macht über den Geist der
Menschen, denn Menschen können das Gute oder das Böse wählen. Aber Weg des
Bösen ist breit und bringt viel nutzlosen Ruhm und unerlaubtes Vergnügen hervor. So
sucht der Mensch nach den Begierden der Augen und des Körpers, und so begehrt er
nach unheiligen Dingen, die der Seele nur schaden. Ja, ich sah die Lüste in den
Menschen, die wie nichts anderes ihre Spiritualität behindern, denn der Mensch wählt
das Böse anstatt dem Guten und zerstört damit seine Seele. Viel Unglück kommt zum
Vorschein und überwältigt die Sinne, und die Menschheit wird wie die Dämonen, die
sich gegenseitig und jedes unschuldige Geschöpf Gottes verletzen wollen. Seid nicht
wie solche, die das Böse dem Guten vorziehen, um die Begierden und Leidenschaften
des Körpers zu befriedigen, sondern betrachtet die unschuldigen Geschöpfe Gottes
als deine Brüder und Schwestern, die Mitleid und Liebe brauchen - denn wahrlich,
ich sage euch, selbst die Geringsten von ihnen sind meine Brüder und Schwestern,
und ich bin in ihnen, so wie sie in mir sind. Ja, im fleischlichen Körper eines
Menschen bin ich mitten in die Welt gekommen, und viele haben mich gesehen und
gehört. Und alle Menschen waren überfüllt mit ihren Lüsten und Begierden, denn alle
waren nur fleischlich gesinnt, und haben nur nach jeder möglichen Begierde gesucht,
die ihren Körpern und ihren Seelen schadet. Ja, sie waren alle betrunken mit ihren
eigenen Torheiten und Selbsttäuschungen und waren Lästerer, Geldliebhaber,
Fleischesser, Weintrinker, gierige und blinde Führer, zügellose und bösartige Lügner,
Diebe, Ehebrecher, Prostituierte und hungrig nach jeder bösen Frucht. Und meine
Seele schmerzt, denn ich habe keinen Hunger oder Durst nach der wahren Weisheit
Gottes gefunden. Ja, die Söhne und Töchter der Menschen sind blind in ihrem Herzen
und in ihrer Seele sind sie taub und hören nicht meine Stimme, die sie zur Erlösung
führt. Denn sie haben die wahre Liebe und die Engel der Barmherzigkeit und der
Freude und allen Frieden für die bösen Wünsche ihres Herzens aufgegeben. Und sie
erlauben ihren Körpern, dass sie ihre Seelen zu Sklaven der Sünde und Ignoranz
machen, denn ihre Gewänder aus Fleisch kennen ihre geistige Seele nicht und setzen
alle bösen Gedanken und Wünsche in sich selbst gefangen. Die Engel der irdischen
Mutter haben sie vernachlässigt und die Engel des himmlischen Vaters haben sie
verworfen, und erfreuen sich an jedem unheiligen Gesetz des Bösen und suchen darin
Zuflucht." Der letzte Satz des Logions spricht von dem notwendigen Ausscheiden des
Weins, von dem die, die zur Welt gehören, trunken sind. Dieser Wein sind all die
Trugbilder des Satans, wie sie im Anfang des Kommentars zum vorigen Logion 27
beschrieben sind.

64
"Der Text des Logions stellt die beiden Aspekte Jesu Christi nebeneinander, den
verborgenen und den sichtbaren. Als verborgener Menschensohn hat Christus seinen
Platz eingenommen und wird ihn, da er ewig und nicht vergänglich ist, für immer
inmitten der Welt einnehmen, in der unveränderlichen Wirklichkeit, das unbekannte
Wesen, das wahre, reine Selbst eines jeden Menschen zu sein. Als offenkundiger
Menschensohn hat sich Jesus Christus im Fleisch geoffenbart, um uns so sein ganzes
Evangelium zu lehren. Die Trunkenheit, von der hier die Rede ist, hat in der Heiligen
Schrift zwei Auslegungen, eine positive und eine negative. In der ersten erscheint sie
als Ausdruck der Freude und der geistigen Fülle, aber in diesem Logion muss sie in
ihrer negativen Bedeutung als Unfähigkeit verstanden werden, auf die mögliche
Ankunft des Tages des Herrn zu achten. Die beiden Bedeutungen des Ausdrucks
„trunken“, die positive und die negative, die sich sowohl auf Wein als auch auf Blut
beziehen, kommen in der Heiligen Schrift häufig vor. Das Blut ist im weiteren Sinne
der messianische Wein, der allen gemeinsam ist und in den verborgenen Adern eines
jeden Menschen fließt (Anmerkung: Das Blut Jesu ist der Heilige Geist). Durch sein
verborgenes Erbe als wahrer Weinstock fällt es allein Jesus zu, das rettende Werk der
Verwandlung von Wasser in Wein zu vollbringen; und hinter und jenseits der
Umhüllung einer vertrauten traditionellen Erzählung erklärt Johannes in seinem
Evangelium, was bei der Hochzeit zu Kana geschah. Die Hochzeit zu Kana, die
Tempelreinigung und das Gespräch mit Nikodemus, diese drei Episoden müssen als
Etappen im Zyklus der Taufe betrachtet werden, mit der der „Neuling“ in sein Leben
in Christus eintritt. Diese Episoden konzentrieren sich auf eine Perspektive, die sich
stark von der der synoptischen Evangelien unterscheidet, obwohl sie sich mit ihnen in
einer identischen Verkündigung des Himmelreichs vereinigen. Es ist jedoch so, dass
der Zeitpunkt der mystischen Hochzeit mit dem der ersten inneren Offenbarung des
verborgenen Sohnes zusammenfällt. Dies ist die Stunde, in der man ein sieben Tage
altes Kleinkind bittet, mit der allmählichen Verwandlung des Wassers - des
psychischen Taufinhalts - in den Wein des Geistes zu beginnen, damit der neue
Mensch in Christus im Bewusstsein wächst, bis er die Einheit mit dem Wahren
Weinstock erreicht. Die messianische Hochzeit markiert die Zeit des Aufbruchs, um
sich - nicht ohne Schweiß und Mühsal - das Brot des Lebens zu verdienen, das
Manna, das der Geist sanft auf die gottverliebte Seele regnen lässt. Mit jedem
Herunterkommen der geistlichen Speise wächst Christus in der Seele, oder besser
gesagt, die Seele gibt sich dem Geist hin und verschmilzt mit ihm. Doch diese
Vollendung ist nicht das Werk eines Tages, sondern eines ganzen Lebens. Das erklärt,
warum Jesus die Bekehrung beginnt, während er seine Mutter warnt, dass seine Zeit
noch nicht gekommen sei: Die Zeit, sich am messianischen Wein zu berauschen. Es
geht darum, das Werk der Bekehrung in Angriff zu nehmen, um etwas Wein zu haben,
den man in den Kelch gießen kann. Indem er vor den Mühen warnt, die auf die
mystische Braut (die Seele) warten, zitiert Jesus indirekt den alten Fluch der Genesis,
der aus der Feindschaft zwischen dem Geschlecht der Schlange (Wissen) und dem
reflexiven oder weiblichen Geschlecht der Selbstreflexion resultiert. Jesus fragt:
"Frau, warum wendest du dich mir zu?" Damit scheint er seine Aufmerksamkeit auf
das zweite Kapitel der Genesis zu lenken, in dem der Mann auf die Frau verweist, die
JHWH Gott gerade aus seiner Rippe geformt hat, und sagt: Diese soll Frau heißen.

65
Es ist wichtig zu beachten, dass der Mann die Frau "Eva" nannte und damit zum
Ausdruck brachte, dass er, Adam, sie nicht nur als Frau, sondern auch als Mutter
erkannte, denn laut dem Text nannte er seine Frau Eva, weil sie die Mutter aller
Lebenden war. Wenn der Evangelist also feststellt, dass seine Mutter zu Jesus sagte,
sie hätten keinen Wein, so stammt diese Bemerkung nicht von Maria, der leiblichen
Mutter Jesu, sondern von Eva, der Mutter aller Lebenden, der universalen Mutter
allen psychischen Lebens, mit anderen Worten, die Mutter des reflexiven Denkens
mit all dem, was dies in Bezug auf den weiblichen Aspekt der Psyche bedeutet, die zu
einem Körper in der Psyche wird, da das Denken, das Denken und die Reflexion des
Denkens, männlich und weiblich, zusammenkommen, um den vollständigen
psychischen Menschen, die gesamte Psyche, d.h. Adam, die lebendige Seele, zu
bilden. In dem Saal, in dem die Hochzeit stattfand, standen sechs steinerne
Wasserkrüge - eine Metapher für das, was wir heute als Geist bezeichnen würden -,
und als wären sie Speicher des Gedächtnisses, konnten sie all das Material enthalten,
das von der belebten Seele gesammelt und bereits für den Prozess der Reinigung
vorbereitet wurde. Der Evangelist erklärt, dass sie in der Tat für rituelle Waschungen
bestimmt waren, und ihr Fassungsvermögen, zwei oder drei Maß pro Stück, erinnert
an das Gleichnis vom Sauerteig, in dem drei Maß Mehl den Sauerteig, der das
Himmelreich ist, säuern. Die synoptischen Evangelien sprechen von der spirituellen
Bedeutung dieses Gleichnisses, um das Gleichnis vom Sämann zu erklären. Diese
Episode steht am Anfang der Wundertätigkeit Jesu. Ihre Bedeutung ist dieselbe wie
die der Taufe im Jordan, von der die synoptischen Evangelien berichten. Die bis zum
Rand gefüllten Wasserkrüge - das heißt, ein volles Maß, das der Epignosis, der
vollkommenen Erkenntnis - zeigen, dass die Seele (= Wasser = Ruach) gesättigt, ja in
psychische Inhalte eingetaucht ist, den Hunger und Durst nach Gerechtigkeit erleidet,
der mit Glückseligkeit belohnt werden wird. In diesen Taufwassern findet die
Bekehrung statt, so dass alle Inhalte der Psyche, die durch die Reinigung gerettet
werden können, in Geist (Wein = Nesamah) umgewandelt werden, um vor dem
Aufstieg zum Vater aufgegeben zu werden. In der Erzählung des Johannes wird das
Handeln des Vaters durch den Verwalter symbolisiert, der der mystischen Hochzeit
vorsteht und die Existenz des neuen Weins billigt und offenbart. Wir haben jedoch
gesagt, dass die Trunkenheit, von der Jesus in diesem Logion spricht, negativer Art
ist. Paulus erklärt die Ambivalenz der Trunkenheit sehr deutlich in der Sprache der
Heiligen Schrift, indem er einen Vers aus den Sprüchen zitiert, in dem es weiter heißt:
Berauscht euch nicht mit Wein, sondern werdet mit dem Geist erfüllt. Aus dem
Logion wird ersichtlich, dass Jesus diejenigen, die betrunken sind, ohne das Blut oder
den neuen Wein zu trinken, ohne die Frucht des wahren Weinstocks zu berühren, von
einem Geist des Schwindels befallen sind, taumelnd und torkelnd wie Trunkenbolde
nennt. Solche Betrunkenen haben keinen Durst nach Gerechtigkeit, noch fühlen sie
irgendeine Sorge, sich zu bekehren, um das ewige Leben des Mannes des Geistes zu
finden oder um es zu verdienen, in das Buch der Gerechten aufgenommen zu werden;
sie fühlen keine Neigung, sich mit dem Blut des Geistes zu betrinken, wie diejenigen,
die geistige Fülle erlangen. Der Logion erinnert diese Menschen, die in ihrem Herzen
blind sind und ein zielloses Leben führen, geistig im Dunkeln, deren Herzen von
Ausschweifungen und Trunkenheit verroht sind.

66
Für sie wird dieser Tag eine Falle sein, in die sie plötzlich tappen werden. Deshalb
fordert uns die Frohe Botschaft auf, den Wein der Leere abzuschütteln und ruhig, aber
wachsam zu sein. Dann wird sich das Wasser im Innern in neuen Wein verwandeln,
das Zeichen der Taufe im Geist. Jesus empfiehlt unablässig diese Haltung der
Wachsamkeit, um die wahre Bedeutung jedes Wassertropfens, jedes einzelnen Inhalts
der Psyche zu entdecken, um sie zu reinigen und in Geist zu verwandeln, was
Metanoia (Buße, Umkehr) wirklich bedeutet. Paulus sagt: Wir sollen nicht
weiterschlafen, wie alle anderen, sondern hellwach und nüchtern bleiben."
(https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

29. Jesus sprach: Wenn das Fleisch wegen des Geistes entstanden ist, ist es ein
Wunder. Wenn aber der Geist wegen des Leibes entstanden ist, ist es ein
wunderbares Wunder. Dann wundere ich mich darüber, wie sich dieser große
Reichtum in einer solchen Armut hat niederlassen können.

Im Philippus-Evangelium lesen wir: "In dieser Welt sind die, die die Kleider (das
vergängliche Fleisch) anziehen, wertvoller als die Kleider. Im Himmelreich jedoch
sind die Kleider wertvoller als die, die sie angezogen haben." Im EHGOC sagt
Yahshua: "So ist es mit der Seele eines jeden Geschöpfs, auch wenn sie von
Menschen nicht gesehen wird, denn sie ist im Gewand aus Fleisch und Blut
verborgen. Jedes Geschöpf ist von Natur aus zweifach: denn ohne die geistige Hälfte
kann keine physische Manifestation existieren. Deshalb sage ich euch, der Körper ist
Staub, aber die Seele ist von Gott. Fürchtet also nicht die Bösen, die den physischen
Körper zerstören, aber die spirituelle Seele nicht töten können, denn der Mann Gottes
kennt seine Wurzel, er ist von Gott und Gott kennt ihn, der zu seiner Herde gehört.
Wisst ihr auch, dass wer auch immer die geringste dieser Seelen Gottes mit
Verachtung behandelt, dasselbe mir tut? Denn diese Heuchler respektieren nicht das
Wunder des Lebens in allen Dingen. Ja, sie suchen den Tod der Dinge und freuen sich
darin. Wisst ihr, sie stammen von der Mutter der sieben Übel, denn überall, wo
Leiden und Blutvergießen herrschen, da ist auch der Satan. So werden diese blinden
Führer den für sie vorbehaltenen Ort erben, denn der Vater-Mutter vergibt vor allem
nicht die willkürlichen Sünden böser Täter und entschuldigt nicht die Härte der
Herzen und die Mattheit der Sinne, die böse Menschen begleiten. Flieht also vor
diesen Arbeitern der Gesetzlosigkeit, denn sie wollen kein ewiges Leben und wollen
zudem auch noch alle anderen von dem Weg abhalten, der zu ihm führt. Wahrlich, ich
sage euch heute, dass sie ihren vollen Lohn dafür bekommen werden – und unter
keinen Umständen sollen sie das Königreich betreten, noch die Verheißung
empfangen, denn sie sind wie Kot auf der Oberfläche der Erde." In den gnostischen
Schriften ist zu lesen, dass der fleischliche Körper des Erdenmenschen nur ein Abbild
des Abbildes (Seelenmensch, psychischer Mensch) des wahren Abbildes, nämlich des
vollkommen Lichtkörpers, des wahrhaftigen Fleisches, das Yahshua vor seiner
Inkarnation im Fleisch und nach seiner Auferstehung hatte, ist. Der eingeborene Sohn
des Vater-Mutter, der Erstgezeugte, ist der erste, wahre und vollkommene
Lichtmensch, das Abbild des Vater-Mutter, der direkt aus dem Vater hervorgebracht
wurde.

67
Der zweite (Seelenmensch), der im Garten Eden war, und der dritte (Erden-)Mensch
wurden vom Demiurgen geformt, während ihm der Lebensodem vom Heiligen Geist
eingehaucht wurde. Dabei ist zu erwähnen, dass der Demiurg vom Logos als
Handwerker, was das Wort „Demiurg“ übersetzt bedeutet, eingesetzt wurde, und er
auch durch ihn gesprochen hat. Die niederste Form des Menschen, der vom Fleisch
ist und zur Welt gehört, ist der dritte Mensch, der Erdenmensch. In ihm sind aber
auch die Seele und auch der Geist verborgen. Der Aufstieg des Erdenmenschen zum
vollkommenen Licht- oder Geistmenschen führt also zuerst über die Erkenntnis der
wahren Herkunft seiner Seele, die, wie in der „Exegese der Seele“ zu lesen, am
Anfang noch beim Vater war, und dann nach der Erkenntnis, ein Kind des
Allerhöchsten zu sein, folgt die Buße, Umkehr und Reinigung der Seele, damit sie
sich von allen Trugbildern des Satans und somit von aller Unreinheit und allem
Bösen trennt, um wieder unbefleckt und vollkommen zu werden und sich wieder mit
ihrem wahren Bräutigam, dem Geist, oder Yahshua dem Logos, zu vereinen.

"Der Reichtum und die Armut, von denen das Logion spricht, haben nichts mit
materiellen irdischen Gütern zu tun. Sie haben damit zu tun, dass man als
unzureichende Erweiterung seiner selbst den Besitz all jener Dinge beansprucht (oder
nicht beansprucht), die nur die äußere Kleidung des Seins sind, nicht aber das Sein
selbst, das rein und nackt ist, der Menschensohn. In der Sprache der Schriften wird
der Reichtum in diesem verborgenen religiösen Sinn oft als alles bezeichnet, was für
den Geist überflüssig ist, während die Armut sich im Gegenteil auf den Menschen
bezieht, dessen Bewusstsein, indem es sich großzügig von allem entledigt, was nicht
sein eigentliches Selbst ist, die absolute Demut, die Identifikation mit nichts erreicht
hat, so dass nichts übrig bleibt als der reine pneumatische Mensch. Diese Demut,
diese Armut, wird in der Botschaft des Evangeliums in ihrem höchsten Sinn als die
Entdeckung des wahren Selbst beschrieben, denn die Grundlage des Werkes Jesu
besteht vor allem darin, uns die Mittel zu geben, um unser Bewusstsein von dem
Adams, der lebendigen Seele, zu erheben, an das es gefesselt ist, obwohl es mit
Reichtümern geschmückt ist, bis wir das arme, nackte Bewusstsein des ersten und
letzten, verherrlichten Adams, des Leben spendenden Geistes, erreichen. Die
verborgene Bedeutung von Reichtum und Armut wird an mehreren Stellen des Alten
Testaments ausdrücklich erklärt, doch war eine erneute Erklärung, warum man Armut
erlangen sollte, für die Herzen und das Verständnis der Menschen in dem neuen
Evangelium, das von einem verkündet wurde, der sagte, er sei nicht gekommen, um
das Gesetz abzuschaffen, sondern um es zu vollenden, zweifellos sehr notwendig.
Diese Bedeutung hat der Psalmist sehr deutlich zum Ausdruck gebracht: Hört dies,
alle Völker, alle, die auf der Erde leben, Söhne Adams [psychischer, natürlicher
Mensch], Söhne des Menschen, [geistiger, himmlischer Mensch], Reiche und Arme
gleichermaßen! Dieser verborgene Sinn findet sich auch in der Ankündigung des
Propheten Jesaja, die sich Jesus zu eigen machte, als er sie in der Synagoge von
Nazareth las. Dies ist ein sehr wichtiger Abschnitt, nicht nur, weil er als Bindeglied
zwischen den beiden Testamenten dient, sondern weil er das eigentliche Ziel des
Evangeliums auf den Punkt bringt: "Der Geist des Herrn ist auf mir, denn er hat mich
gesalbt. Er hat mich gesandt, den Armen die frohe Botschaft zu bringen."

68
Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Bedeutung des Wortes "arm" in den
Worten des Propheten, wie sie von Jesus verwendet wird, die verborgene ist. Wer
könnte sonst behaupten, dass Jesus das Evangelium nur denjenigen verkünden wollte,
denen es an materiellen Gütern mangelt? Von einem höheren Standpunkt aus
betrachtet, ist die größte Notlage die der Reichen, die der Frohen Botschaft größte
Aufmerksamkeit schenken müssen, da sie Gefahr laufen, beim Eintritt in das Reich
Gottes auf große Schwierigkeiten zu stoßen. Jesus sprach zu dem reichen Jüngling
von dem Schatz, den er im Himmel finden würde, wenn er nur jede Identifikation mit
seinem reichen Bewusstsein als Adam, der lebendigen Seele, aufgeben und sich bereit
erklären würde, arm im Geiste zu werden; denn der Geist - der Menschensohn - ist,
wie Jesus in seinem Gespräch mit Nikodemus betonte, derjenige, der vom Himmel
herabgestiegen ist, und folglich derjenige, dem die Herrlichkeit vorbehalten ist, in
den Himmel erhoben zu werden. Auch Matthäus verkündet dies: Glückselig sind die
Armen im Geiste, denn ihrer ist das Himmelreich. Neben dem Streben nach
Gerechtigkeit impliziert der Begriff "arm" die Verwirklichung der Demut bis hin zur
Vernichtung, bis hin zum Nichtsein, zum Nichts-Sein. Matthäus verwendet den
Begriff "arm im Geist", um deutlich zu machen, dass er sich auf die reine Armut, die
Nacktheit bezieht, die nur im Bewusstsein des pneumatischen Menschen möglich ist.
Es ist der Geist, der die vollkommene Armut garantiert, denn es steht geschrieben:
Der Menschensohn hat nichts, wo er sein Haupt hinlegen kann. Darüber hinaus
bestätigt die Verwendung des Ausdrucks arm im Geist im Evangelium die absolute
Nicht-Identifikation als Grundlage der heiligen Armut. Das hat nichts mit materiellem
Reichtum oder Armut zu tun, sondern ausschließlich mit dem Leben des Geistes.
Wenn an anderer Stelle im Evangelium materielle Armut empfohlen wird, dann
wegen ihrer moralischen und sozialen Bedeutung für eine Gesellschaft, die oft
dringend eine gerechtere Verteilung der materiellen Dinge braucht, aber auch, weil
der Verzicht auf solche Dinge die Last der eigenen Sorgen erleichtert und den Weg zu
unserem Ziel, dem letzten Adam, dem lebensspendenden Geist, erleichtert. So wird
uns bewusst, dass Jesus den unzähligen Menschen, die den Geist, den Wind Gottes, in
ihrem Bewusstsein gefangen halten, die Frohe Botschaft verkündet hat, um sie zu
bekehren, damit sie arm im Geiste werden und die verstreuten Kinder Gottes zu einer
Einheit zusammenführen. Das Logion beginnt jedoch mit Äußerungen des Erstaunens
über die verschiedenen Beziehungen zwischen dem Leben spendenden Geist und
dem lebendigen Fleisch - dessen Leben als Leihgabe empfangen wurde. Es gibt in der
Tat eine aufsteigende Skala von Wundern. Es ist ein Wunder, dass das Fleisch des
sterblichen Lebens seinen Ursprung im Geist des ewigen Lebens hat, und es ist ein
Wunder unter den Wundern, dass der Geist des ewigen Lebens durch das sterbliche
Fleisch gefunden werden kann; doch das wahre Wunder entsteht, wenn wir die
Tatsache betrachten, dass all dieser leere Reichtum des sterblichen psychischen und
körperlichen Lebens dem unsterblichen Leben überlagert wurde, bis zu dem Punkt,
dass es zu einer Hülle wurde, die den reinen, lebensspendenden armen Geist vor
unserem Bewusstsein verbirgt. Der Geist ist es, der Leben gibt, Fleisch und Blut
können das Reich Gottes nicht erben." (https://www.gospelofthomas-
interpretation.com/)

69
30. Jesus sprach: Wo drei Götter sind, da sind Götter. Wo zwei oder einer sind,
da bin ich.

Dies ist ein sehr rätselhafter Ausspruch. Ich denke jedoch, dass Yahshua damit meint,
dass die drei Götter der Vater-Mutter, der Heilige Geist (die Mutter des Universums)
und der Sohn, der Heilige, Logos sind, da in ihnen beiden die ganze Fülle der Fülle
des Vater-Mutter ist. Wo zwei oder einer ist, da ist der Christus (der Heilige Logos in
Vereinigung mit dem Heiligen Geist), oder der Sohn als das Wort alleine. Da auch der
lange Kommentar des Autors auf https://www.gospelofthomas-interpretation.com/
keine Antwort geben kann, habe ich ihn weggelassen. (Siehe Nachtrag auf Seite 297)

31. Jesus sprach: Kein Prophet gilt etwas in seinem Dorf. Kein Arzt heilt die, die
ihn kennen.

Die Menschen sehen einen Menschen, den sie mit seinen Schwächen und Fehlern
kennen, als eben diesen Menschen, und können daher das Göttliche in ihm nicht
erkennen. Nicht einmal bei Yahshua, der ohne Fehl und Tadel war.

"Jesus hat sich nie einen Propheten genannt, und er hat sich auch nicht als solchen
bezeichnen lassen, denn der Menschensohn ist weit mehr als ein Prophet. Das hat er
seinen Jüngern sehr deutlich gemacht, als er sie glücklich nannte... "Denn viele
Propheten und Könige wollten sehen, was ihr seht [den Menschensohn], und haben es
nie gesehen, und hören, was ihr hört, und haben es nie gehört." Die Aufgabe eines
Propheten ist es, zukünftige Ereignisse anzukündigen und die Menschen
aufzufordern, ihr Gewissen zu wecken. Ein Prophet überbringt und deutet
Botschaften des Gerichts oder des Heils. Der göttliche Befehl lautete, das Gehör zu
erweichen, die Augen zu öffnen und so die Herzen zu bekehren, damit sie geheilt
werden konnten. Das war die Aufgabe des Propheten, ein Bote zu sein, und wenn
Jesus dieses Orakel in das Evangelium einbringt, dann um vor allen zu bestätigen,
dass sich in seinen Jüngern - wenn ihr Herz sich zum Menschensohn bekehrt hat - die
Prophezeiung erfüllt hat: Glücklich, ihre Augen und ihre Ohren, jetzt kennen sie die
Geheimnisse des Reiches Gottes, wie sie Jesus in Gleichnissen erklärt: denn wer hat
[wer sich zum Menschensohn bekehrt hat und ihm in sich selbst begegnet ist], dem
wird mehr gegeben, und er wird mehr als genug haben. Wer aber nicht hat [der den
Samen in seinem Herzen nicht zur Frucht gebracht hat], dem wird auch das
genommen, was er hat [den Samen des Wortes, der in ihn gesät wurde]. Wenn der
radikale Unterschied zwischen Jesus (dem göttlichen Sohn, der im Herzen eines
jeden Menschen verborgen ist) und einem der Propheten geklärt ist, sollte es nicht
sehr schwierig sein, den Logion zu verstehen. Was er mit dem Sprichwort erklärt, ist,
dass die Aufgabe eines Propheten darin besteht, auf die Stimme des Herrn zu hören
und sie dem Volk zu übermitteln; aber das bedeutet nicht, vom Volk empfangen zu
werden, geschweige denn selbst das Volk zu sein. Das aber ist das Werk des
Menschensohns, wenn er im Herzen seines Volkes (dieses Volk ist der Begriff, den
der Herr in seiner Botschaft an Jesaja verwendet) aufgenommen, d.h. erkannt wird.
Dann wird er in seinem inneren geistigen Vaterland geachtet, geehrt.

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Wenn das geschieht, ist der Menschensohn wirklich ein Arzt, der diejenigen heilt, die
ihn kennen, die ihn in sich selbst erkannt haben. Nachdem der Evangelist Lukas diese
Stelle des Sprichworts verdeckt hat, indem er sie in den anderen Kontext der Predigt
Jesu in Nazareth stellt, öffnet er die Tür zum verborgenen Sinn des Logions, wenn er
erklärt: Er [Jesus als der Menschensohn] sagte zu ihnen: Zweifellos werdet ihr mir
den Spruch "Arzt, heile dich selbst" zitieren. Hier geht es nicht um den prophetischen
Akt des Predigens, wie es in Kapharnaum geschah, sondern um das Werk der
Erlösung (Heilung) im Herzen des Menschen, aus seinem Inneren heraus, aus seinem
wahren Vaterland. Es ist nicht die Aufgabe eines Propheten-Arztes, diejenigen zu
heilen, die ihn kennen, sondern es ist die Aufgabe des Menschensohnes, alle zu
heilen, die ihn erkannt haben." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

32. Jesus sprach: Eine Stadt, die man auf einem hohen Berg erbaut, und
befestigt, kann nicht fallen, noch kann sie sich verbergen.

Der spanische Autor deutet die Stadt, von der hier gesprochen wird, als das neue
Jerusalem, doch ich denke, dass damit auch der menschliche Körper gemeint ist, in
dem das Licht (das heilige Gesetz) und der Geist Gottes wohnen. Der menschliche
Körper wird normalerweise symbolisch als Haus oder Wohnung bezeichnet, doch
wenn der Mensch die ganze Waffenrüstung Gottes anzieht und Myriaden von Engeln
ihm dienen, kann daraus schnell eine Stadt werden, die weder fallen noch sich
verbergen kann und wird, da das Licht und der Geist des Lebens in ihr wohnt.

"Die Stadt, um die es hier geht, ist zweifellos das himmlische Jerusalem. Es handelt
sich um die Heilige Stadt, die Wohnung aller Lichttropfen, der pneumatischen
Menschen, die im Evangelium durch die Weizenkörner symbolisiert werden,
nachdem die Ähren, die sie hervorgebracht haben, auf der Tenne des menschlichen
Lebens gut gereinigt und gemäht worden sind. Wenn man sagt, dass diese Stadt
befestigt ist, dann wegen des Tempelbergs, auf dem die Festung Zion steht, die die
Stadt beherrscht und über sie wacht, weil sie das Haus Gottes ist. In ihm entspringt
die Quelle des Lichts, das in allen Tropfen leuchtet. Und wenn gesagt wird, dass die
Stadt nicht fallen oder verborgen werden kann, dann deshalb, weil sie mit ewigem
Leben ausgestattet ist, und auch, weil sich das Licht, wie die Weisheit, durch ihre
Taten bewährt hat. All dies erklärt Jesus in seinem Evangelium und macht es
persönlich, wenn er sagt: Ihr seid das Licht der Welt. Mit diesen Worten will er allen,
die ihn gehört haben und im Laufe der Jahrhunderte hören sollten, sagen, dass jeder
Mensch in seinem Wesen einen Gast des Lichts hat, den er entdecken muss. Wenn
Jesus hinzufügt, dass eine Stadt, die auf einem hohen Berg erbaut ist, nicht verborgen
werden kann, nennt er zwei weitere deutliche Gründe: Durch ihren
außergewöhnlichen Glanz wird das Licht der Stadt niemandem verborgen bleiben,
der es eifrig und beharrlich sucht; während jeder Mensch in seiner Eigenschaft als
Verwahrer des heiligen Lichts sich innerlich seiner eigenen, unter einem Scheffel
verborgenen Lampe zuwenden muss, indem er sie aufdeckt und auf den Leuchter
stellt, wo sie für alle im Haus leuchtet." (https://www.gospelofthomas-
interpretation.com/)

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33. Jesus sprach: Was du mit deinem Ohr hörst, das predige dem Ohr des
anderen von den Dächern. Denn niemand zündet eine Lampe an, und stellt sie
unter einen Scheffel, noch stellt er sie an einen verborgenen Ort, sondern er setzt
sie auf den Leuchter, damit alle, die hereinkommen und herausgehen, ihr Licht
sehen.

Wir sollen und müssen den Segen, den wir aus der Gnade Gottes bekommen haben,
weitergeben und den Vater-Mutter verherrlichen, damit andere ihn verherrlichen
können bzw. er durch andere verherrlicht wird. Denn so wie der Vater-Mutter den
Sohn verherrlicht hat, der ihn verherrlicht hat, so wird er auch alle anderen szu
Söhnen machen und verherrlichen, die ihn durch den Sohn verherrlichen. In „Der
Dreiteilige Traktat“ (Nag Hammadi) heißt es: "Alle, die dem Vater Herrlichkeit
spenden, haben ihre ewige Zeugung." Denn die Verherrlichung und der Lobpreis aus
ganzem Herzen und ganzer Seele ist die Anbetung in Wahrheit und Geist. Im EDVL
heißt es: "Siehe, ihr seid das einzige Licht der Welt, denn grobe Finsternis bedeckt die
Erde, wie die Wasser das Meer bedecken. Denn jedes Volk der Menschen braucht das
heilige Gesetz Gottes, das Licht der Erlösung und das Leben. Also lasst euer Licht
vor den Menschen mit aufrichtigen Herzen leuchten, damit sie eure heiligen Werke
sehen und deine All-Eltern, die im Himmel sind, verherrlichen." Oder in Johannes
17:1-10: "Vater, die Stunde ist gekommen. Verherrliche deinen Sohn, damit der Sohn
dich verherrlicht... Ich habe dich verherrlicht auf der Erde; das Werk habe ich
vollbracht, das du mir gegeben hast, dass ich es tun sollte. Und nun verherrliche du,
Vater, mich bei dir selbst mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, ehe die Welt war!
Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben
hast. Dein waren sie, und mir hast du sie gegeben, und sie haben dein Wort bewahrt.
Jetzt haben sie erkannt, dass alles, was du mir gegeben hast, von dir ist; denn die
Worte, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben, und sie haben sie
angenommen und wahrhaftig erkannt, dass ich von dir ausgegangen bin, und haben
geglaubt, dass du mich gesandt hast. Ich bitte für sie; nicht für die Welt bitte ich,
sondern für die, welche du mir gegeben hast, denn sie sind dein – und alles, was mein
ist, ist dein, und was dein ist, mein –, und ich bin in ihnen verherrlicht." Und im
Philippus-Evangelium: "Denn kraft der Salbung werden wir Christen genannt, nicht
Kraft der Taufe. Und auch Christus wurde kraft der Salbung so genannt, denn der
Vater salbte den Sohn. Der Sohn salbte die Apostel. Die Apostel salbten uns. Wer
gesalbt worden ist, hat alles. Er hat die Auferstehung, das Licht, das Kreuz und den
Heiligen Geist. Der Vater gibt ihm dies alles im Brautgemach. Dort empfängt er es.
Der Vater war im Sohn und der Sohn im Vater. Das ist das Reich der Himmel." Jeder
von uns kann durch die Verherrlichung des Vaters bei der Zeugung neuer Söhne und
Töchter Gottes mitwirken und den Segen weitergeben. Das ist das Reich der Himmel!

"Mit deinem Ohr und mit dem anderen Ohr" zeigt, dass es verschiedene Ebenen des
Hörens und des Verstehens des Gehörten gibt, und dass wir, wenn wir den
verborgenen Sinn einer der Logien Jesu verstehen wollen, nicht nur mit dem
leiblichen Ohr hören müssen, sondern mit dem Ohr des Verstehens, das subtiler und
innerlicher ist.

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Viele dieser Aussprüche müssen sicherlich mindestens siebenmal oder besser noch
siebzigmal gehört werden, wenn wir den höheren Sinn, den sie enthalten,
wahrnehmen wollen. Das verlangt von uns etwas, was keineswegs leicht zu erreichen
ist, nämlich den extremen Grad der subtilen Wahrnehmung auf der allerhöchsten
Ebene unseres Selbst zu erreichen, die der Logion deine Dächer nennt. Genau diese
Vielfalt der Verständnisebenen wird am Beispiel des Lichts einer Lampe gezeigt, die
leuchten muss. Die Lampe ist, in einer subjektiven Analogie, der alte Mensch, d.h.
die äußeren Hüllen des Seins, mit denen wir uns sehr oft im Laufe unseres Lebens
fälschlicherweise identifizieren, während das Licht der Leben spendende Geist ist,
das reine, nackte Selbst, die große Unbekannte für unser psychisches Bewusstsein.
Wenn Jesus also sagt, ihr seid das Licht der Welt, dann ist das in unserem ersten
Verständnis nur eine Metapher, die uns sagt, dass wir die Gabe haben, anderen durch
unser Beispiel, wenn es gut ist, ein paar Brocken moralischen Verhaltens und Wissens
zu vermitteln. Es gibt jedoch noch eine andere Bedeutung, die vielen verborgen bleibt
und die nur nach und nach entdeckt werden kann, wenn wir tiefer graben, Schicht für
Schicht. Letztendlich offenbart sich das Licht als das eigentliche Wesen eines jeden
Menschen, das Wort, das wahre Licht, das alle Menschen erhellt. Dieses subtile
Verständnis, das nur durch eifriges Nachdenken erlangt werden kann, ist das, was der
Logion das Hören nennt, zuerst mit einem Ohr, dann mit dem anderen; und was am
Ende gehört wird, muss so erhaben sein, dass es von unseren Dächern verkündet
werden kann, über die Grenzen des gewöhnlichen Verständnisses hinaus. Das
Ergebnis dieser Arbeit ist in der Tat so etwas wie eine unaufhörliche Umschreibung
des Geistes. Die Schriften, die vom Geist Gottes inspiriert wurden, haben eine solche
geistige Qualität, dass wir diese Arbeit der Umwandlung in den Geist niemals
unterbrechen dürfen, wenn wir sie wirklich verstehen wollen. Jesus weist auf die
Notwendigkeit hin, diese Verwandlung zu vollziehen, wenn er verkündet: "Was ich
euch im Dunkeln sage, das verkündet bei Tageslicht." Wer das Wissen so sehr liebt,
dass er alle Ohren hat - die des Körpers und die des Verstandes -, der kann die
Metapher, die er zuerst wahrnimmt, auf sein eigenes Dach heben, um von dort aus
allen, die ein- und ausgehen, unseren Reisegefährten auf dieser schweren Reise, die
höhere Wirklichkeit des Geistes zu verkünden, bis sie ihr eigenes Licht sehen."
(https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

34. Jesus sprach: Wenn ein Blinder einen blinden führt, fallen beide in die
Grube.

Ein passendes Zitat wäre wohl: "Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, Heuchler!
Denn ihr durchzieht das Meer und das trockene Land, um einen Proselyten zu
machen; und wenn er es geworden ist, so macht ihr ihn zu einem Sohn der Hölle,
doppelt so schlimm wie ihr." (Matthäus 23:15). Wer geistig tot ist, kann niemandem
dazu verhelfen, geistiges Leben zu erlangen. Im EHGOC sagt er zu den Pharisäern
und Schriftgelehrten: "Wenn ihr Mose und den Propheten, die ich zu euren Vätern
und den Vätern eurer Väter ausgesandt habe, nicht glaubt, und auch nicht den
Wundern, die zum Wohle Gottes und der Menschen gewirkt wurden, durch die Blinde
wieder sahen, Lahme wieder gingen und die Toten sich erhoben, dann sage ich euch:

73
Die Blinden sehen, aber ihre Augen leuchten nicht, und sie glauben, aber eure Augen
leuchten, doch ihr seht nichts Heiliges, denn blinde Führer seid ihr. Und blinde
Führer werdet ihr bleiben, denn ihr werdet das Brot des Lebens verwerfen, das vom
Himmel herabkommt, um das Licht an finsteren Orten wieder herzustellen, wodurch
alle sehen und glauben können, dass der Menschensohn den Fußschemel Gottes
gesehen hat." Was Yahshua damit sagen möchte, ist, dass die Menschen aufhören
sollen im Außen nach einem geistigen Lehrer zu suchen, sondern im Inneren suchen
sollen. Daher sagt er auf den inneren Christus bezogen: "Lasst euch nicht Meister
nennen; denn einer ist euer Meister, der Christus." Dies sagte er nicht nur seinen
Jüngern, sondern auch seinen späteren Nachfolgern, denn Schriften können durchaus
nützlich sein, doch es ist der Geist der Wahrheit, der uns in alle Wahrheit leitet.

"Das Licht ist im Evangelium sowohl der geoffenbarte Christus als auch der
verborgene, innewohnende Christus. Jesus, der Christus, hat dies sehr deutlich
gesagt: Ich bin das Licht der Welt. Im Gegensatz dazu wird von denen, die Christus
nicht folgen oder ihn nicht anerkennen, gesagt, dass sie in der Finsternis wandeln und
kein Licht haben, und deshalb werden sie blind genannt. Diese Ausdrücke
entspringen der höheren Bedeutung des Lichts und nicht irgendeinem metaphorischen
Sprachgebrauch; denn als Gott im Anfang sagte: Es werde Licht, konnte niemand
dies als das Licht eines Himmelskörpers deuten, da die Sonne noch nicht geschaffen
war; nur das Wort, das im Anfang bei Gott war, in dem Leben war, und dieses Licht
war das Licht der Menschen. All dies wurde bereits gesagt, nicht metaphorisch,
sondern in Wahrheit, und erst später, als der Mensch die Schönheit des Glanzes der
Sonne betrachtete, kam er dazu, eine Metapher zu gebrauchen und diesen Glanz als
Licht zu bezeichnen, das eine geringere, reflektierte Erscheinung der unermesslichen
Schönheit des wahren Lichts ist. Aus verschiedenen Gründen, die auf mangelnden
Glauben an den Menschensohn als das Wesentliche dessen, was wir sind,
hinauslaufen, sind viele der heilsamen inneren Wirkung des wahren Lichts beraubt
und sind blind in dem Sinne, den das Evangelium verwendet. Jesus nannte die
Pharisäer blind, als sie sich über seine Lehre empörten, in der er ihre Denkweise
kritisierte, die auf nutzlosen bzw. falsch verstandenen Traditionen beruhte, die die
heilende Wirkung des Wortes verhinderten. Solche Denkmuster setzen sich im Geist
fest, weil es ihm an Unterscheidungsvermögen mangelt. Jesus sagte, dass es sich
dabei nicht um eine Pflanze handelte, die vom himmlischen Vater gepflanzt worden
war - sozusagen nicht um das wahre, reine Wesen eines jeden von uns - und deshalb
versicherte er ihnen, dass diese Pflanze, das Unkraut, das uns den Weizen nicht sehen
lässt, mit den Wurzeln ausgerissen werden würde. Das Schlimmste an dieser Pflanze,
die nicht vom Vater stammt, ist, dass sie uns nicht nur daran hindert, die Wirklichkeit
zu sehen, sondern dass sie auch den Versuchen im Wege steht, das Licht zu finden.
Sie fördert die irrige Auffassung, dass der einzige Nutzen des Bodens darin besteht,
Unkraut zu züchten. Deshalb spricht Jesus von zwei Aspekten des Gerichts, für das er
in diese Welt gekommen ist, damit die Blinden wieder sehen, was uns zu einer
passiven Reinigung durch die Taufe mit dem Feuer des Geistes, der in uns ist, aufruft,
während diesem Gericht ein anderes vorausgehen muss, durch das die Sehenden
blind werden. Dieses erste Gericht, diese erste Reinigung, ist die Taufe mit Wasser.

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Sie bringt es mit sich, dass durch ihre ständige Bekehrung alle Formen von
Denkmustern, die das Licht daran hindern, auf die Seele zu scheinen, aktiv aufgelöst
werden. Im Leben des Geistes hat jeder Blinde seine Augen für das Licht geöffnet, er
liebt das Licht und hält das Licht fest; ebenso liebt jeder Blinde, der die Absonderung
des Wortes vom Boten empfängt und in sie eintaucht, das Wort und hält das Wort fest,
wie geschrieben steht: Und wir [das Wort und der Vater] werden zu ihm kommen und
uns bei ihm Wohnung machen." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

35. Jesus sprach: Es ist nicht möglich, dass jemand in das Haus des Starken
gehe, und es mit Gewalt einnehme, es sei denn, er bindet seine Hände. Dann
wird er sein Haus ausräumen können.

Durch die Autorität des Wortes und die Kraft des Heiligen Geistes haben wir die
nötigen Mittel und die nötigen Gewalten, um den Satan und die Finsternis aus
unserem Haus, dem Körper, dem Tempel Gottes, zu vertreiben. Im EHGOC lesen
wir: "Ja, selbst die Dämonen sind meinem Namen unterworfen, denn siehe, ich sah
den Satan wie einen Blitz vom Himmel fallen. Denn ich habe euch Kraft gegeben,
um auf Schlangen und Skorpione zu treten, und über alle Macht des Feindes. Und
nichts soll euch unter irgendwelchen Umständen verletzen, doch freut euch nicht,
weil die Geister euch Untertan sind, sondern weil eure Namen im Himmel
geschrieben sind!" Wenn unser Körper zum Tempel Gottes geworden ist, in dem der
Geist Gottes wohnt, wird der Satan ihn nicht mehr einnehmen können. Denn der
Geist Gottes ist stärker als der Geist der Welt und er lässt uns alle Illusionen, Lügen
und Täuschungen des Satans durchschauen und somit überwinden. Das Haus des
Starken meint hier den Körper, die Seele und den Geist des Menschen, der noch nicht
durch Wasser und Geist wiedergeboren ist. Hierbei ist es auch sehr wichtig zu wissen,
dass wenn man Nahrung isst, die durch das Schwert, d.h. durch Blutvergießen oder
durch Ersticken gewonnen wird, man sich an den Tisch der Dämonen setzt und sich
somit zu deren rechtmäßigen „Wirten“ macht. Dies ist eine der großen Lügen des
heutigen verfälschten Christentums durch die römisch-katholische Kirche, die die
Lehren Yahshuas ausradiert, verwässert und sehr oft aus dem richtigen Kontext
gerissen hat, damit die wahre Bedeutung nicht mehr zu erkennen ist. Die Beweislast
dafür alleine in der Bibel ist schon erdrückend, nimmt man dann auch noch die
außerbiblischen Apokryphen, historischen Zeitzeugenberichte und die kircheneigenen
Schriften und Briefe der Kirchenväter hinzu, bleibt nicht der geringste Zweifel übrig.
Um nur einige Punkte zu nennen beginnen wir zunächst bei den Gründen für die
Sintflut und damit, was die folgende Aussage bedeutet: „Wie in den Tagen Noahs, so
wird es sein, wenn der Menschensohn wiederkommt.“ Hierzu finden wir im Buch
Henoch und im Buch der Jubiläen (wie auch in den Clementine Homilies and
Recognitions und auch im EHGOC) eine sehr eindeutige Beschreibung dazu. Die
nachfolgenden Zitate lassen erkennen, dass die in Apostelgeschichte 15 erlassenen
vier Mindestanforderungen aller Nachfolger Yahshuas in unmittelbarem
Zusammenhang mit den Tagen Noahs stehen, denn es begann mit der Unzucht der
gefallenen Engel mit den Menschentöchtern und endete in fortwährendem
Blutvergießen und dem Verzehr von Fleisch und Blut.

75
"Denn aus diesen 3 Gründen war die Sintflut über die Erde gekommen, nämlich
wegen der Hurerei, in der die Wächter gegen die Vorschriften ihrer Rechtsbefugnis
mit den Menschentöchtern gehurt und sich zu Weibern genommen hatten von allen,
die sie sich erwählt; und so machten sie den Anfang der Unreinheit. Und sie zeugten
Kinder, die Nephilim; und sie waren alle ungleich und fraßen einer den anderen, und
es tötete Jerbach den Nephil, und Nephil tötete den Eljo, und Eljo die
Menschenkinder, und ein Mensch den anderen. Und ein jeder wandte sich dazu,
Ungerechtigkeit zu verüben und viel Blut zu vergießen, und die Erde war voll von
Ungerechtigkeit. Und danach sündigten sie an den Tieren und Vögeln und allem, was
sich regt, und was auf der Erde geht. Und es wurde viel Blut auf der Erde vergossen,
und alle Gedanken und Wünsche der Menschen dachten Eitles und Böses in allen
Tagen. Und Gott vertilgte alles von der Oberfläche der Erde; wegen der Bosheit ihres
Tuns und wegen des Blutes, das sie mitten auf der Erde vergossen hatten, vertilgte er
alles." (Mahnrede Noahs an seine Söhne, Buch der Jubiläen, Kapitel 7).

"Und sie nahmen sich Weiber, und ein jeder wählte sich eine aus, und sie fingen an zu
ihnen hineinzugehen, und sie vermischten sich mit ihnen und lehrten sie Zaubermittel
und Beschwörungen und zeigten ihnen das Schneiden der Wurzeln und Hölzer. Und
jene wurden schwanger und gebaren mächtige Riesen, deren Länge 3000 Ellen war,
welche allen Erwerb der Menschen verzehrten, bis die Menschen (sie) nicht mehr zu
ernähren vermochten. Da wandten sich die Riesen gegen sie (selbst), um die
Menschen zu fressen. Und sie fingen an sich an den Vögeln und an den Tieren, an
dem, was da kriecht und an den Fischen zu versündigen, ja sie fraßen untereinander
ihr eigenes Fleisch und tranken das Blut davon. Da klagte die Erde über die
Gewalttätigen." (Buch Henoch, Kapitel 7).

"Und wie in den Tagen Noahs, so wird es auch sein in den Tagen des Sohnes des
Menschen: Sie aßen, sie tranken, sie heirateten, sie wurden verheiratet bis zu dem
Tag, da Noah in die Arche ging und die Flut kam..." (Lukas 17:26-27).

"Wie in den Tagen vor der Flut. Sie aßen Fleisch und Blut und tranken sauren Wein
und heirateten aus unnatürlichen Gründen. Bis zu dem Tag, an dem Noah in die
Arche trat und sie es nicht erkannten, bis die Flut kam, und sie alle hinweg nahm, so
soll auch das Kommen des Menschensohnes sein." (EHGOC).

"Und dies ist der Dienst, den er (Gott) bestimmt hat: Ihn allein anzubeten und auf den
Propheten der Wahrheit (Yeshua) zu vertrauen, und sich für die Vergebung der
Sünden taufen zu lassen und somit durch diese reine Wassertaufe wiedergeboren zu
werden; dem Tisch der Dämonen fernzubleiben, das heißt sich von
Nahrungsmitteln, die Götzenbildern angeboten werden, von toten
Schlachtkörpern, von Tieren, die erstickt oder von wilden Tieren gefangen
wurden, und vom Blut zu enthalten; nicht länger unrein (in Unzucht) zu leben;
sich nach dem Geschlechtsverkehr zu waschen; dass die Frauen ihrerseits die
Reinheitsgesetze einhalten; dass alle nüchtern sein sollen und sich guten Werken
hingeben, sich von aller Ungerechtigkeit abwenden..." (Clementine Homilies ).

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"Deshalb urteile ich, man solle die, welche sich von den Nationen zu Gott bekehren,
nicht beunruhigen, sondern ihnen schreiben, dass sie sich enthalten von den
Verunreinigungen der Götzen und von der Unzucht und vom Erstickten und vom
Blut." (Apostelgeschichte 15:19-20).

Auch in 3. Mose 17 ist zu lesen, dass eine Blutschuld dazu führt, dass man aus dem
Volk Gottes ausgeschlossen wird, wenn man nicht darüber Buße tut und davon
umkehrt. In den Clementine Homilies und Recognitions lesen wir wiederum, dass
Mose dies nur wegen der Hartherzigkeit des Volkes „erlaubte“, oder besser, duldete,
da er nicht dazu in der Lage war, diese Wurzel des Bösen vollständig aus dem Volk
zu entfernen, und er tat es auch nur im Hinblick darauf, dass Yahshua kommen sollte
und alles wieder zur unblutigen Nahrung und zum unblutigen Priestertum, welches
beide ewigen Ordnungen sind, die aber durch den Lügengriffel der Schriftgelehrten
verfälscht, verworfen und zur Lüge gemacht und schließlich Mose und Gott in die
Schuhe geschoben wurden (Jeremia 8:8-9), obwohl Gott durch seinen Propheten
Jeremia in Kapitel 7 ausdrücklich und wortwörtlich sagt, dass er diese Dinge niemals
erlaubt, geschweige denn angeordnet hat. Ähnliche und gleiche Aussagen finden sich
nahezu überall in den Büchern der Propheten. Hier einige Zitate zu dem skizzierten
Hintergrund der Tieropfer und des Fleischessens:

"Jedermann aus dem Haus Israel, der einen Stier oder ein Schaf oder eine Ziege im
Lager schlachtet oder der außerhalb des Lagers schlachtet und es nicht an den
Eingang des Zeltes der Begegnung gebracht hat, um es dem HERRN als Opfergabe
darzubringen vor der Wohnung des HERRN, diesem Mann soll es als Blut
zugerechnet werden: Blut hat er vergossen; und dieser Mann soll aus der Mitte seines
Volkes ausgerottet werden. Und sie sollen nicht mehr ihre Schlachtopfer den
Bocksdämonen schlachten, denen sie nachhuren." (3.Mose 17:3-7).

"Zusätzlich zu diesen Dingen ernannte er (Mose) auch einen Ort, an dem allein es
ihnen erlaubt sein sollte, YHWH zu opfern. Aber dies alles wurde nur im Hinblick
darauf erlaubt, dass, wenn die passende Zeit kommen sollte, sie durch Yeshua lernen
sollten, dass YHWH Barmherzigkeit wünscht und nicht Opfer... und damit sie hören
sollten, dass dieser Ort, der für eine Zeit ausgewählt zu sein schien, oft von
feindlichen Invasionen und Plünderungen heimgesucht wurde und letztlich
vollständig zerstört werden sollte. Und um ihnen dies klarzumachen, noch bevor
Yeshua kam, der die Zebahim (Brand- und Schlachtopfer) und den Ort ablehnen
sollte, wurde dieser oft von Feinden geplündert und mit Feuer verbrannt, und das
Volk wurde unter fremden Stämmen in Gefangenschaft gebracht und dann
zurückgebracht, wenn sie sich der Barmherzigkeit YHWHs unterstellten. Durch diese
Dinge sollten sie lernen, das ein Volk, das Zebahim anbietet, von Gott verstoßen und
in die Hände des Feindes gegeben wird, aber diejenigen, die Barmherzigkeit und
Gerechtigkeit üben, sollten ohne Zebahim aus der Gefangenschaft befreit und in ihr
Heimatland zurückgeführt werden. Aber es stellte sich heraus, dass nur sehr wenige
dies verstanden haben..." (Clementine Recognitions).

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"Einen Propheten wie mich wird dir der HERR, dein Gott, aus deiner Mitte, aus
deinen Brüdern, erstehen lassen. Auf ihn sollt ihr hören nach allem, was du vom
HERRN, deinem Gott, am Horeb erbeten hast am Tag der Versammlung, indem du
sagtest: Ich möchte die Stimme des HERRN, meines Gottes, nicht länger hören, und
dieses große Feuer möchte ich nicht mehr sehen, damit ich nicht sterbe! Da sprach
der HERR zu mir: ...Einen Propheten wie dich will ich ihnen aus der Mitte ihrer
Brüder erstehen lassen. Ich will meine Worte in seinen Mund legen, und er wird zu
ihnen alles reden, was ich ihm befehlen werde. Und es wird geschehen, der Mann,
der nicht auf meine Worte hört, die er in meinem Namen reden wird, von dem werde
ich Rechenschaft fordern." (5.Mose 18:15-19).

"Als Moshe, der treue und weise Verwalter, in der Zwischenzeit feststellte, dass das
Laster der Zebahim (Brand- und Schlachtopfer) gegenüber den Götzenbildern tief in
den Menschen verwurzelt war und dass die Wurzel dieses Übels nicht aus ihnen
gezogen werden konnte, ließ er die Zebahim bestehen, aber erlaubte nur, dass diese
allein YHWH angeboten wurden, um auf diese Weise eine Hälfte des tief
verwurzelten Bösen abzuschneiden, und ließ die andere Hälfte einem anderen übrig
zu einem späteren Zeitpunkt zu korrigieren; von ihm nämlich, über wen er selbst
sprach: Ein Navi wird dir dein Elohim erwecken, den du wie mich hören wirst, nach
allem, was er dir sagen wird. Wer diesen Navi (Propheten) nicht hört, dessen Geist
wird er von seinem Volk abschneiden." (Cementine Recognitions).

Der Schlüssel zum Verständnis nahezu der gesamten Bibel und vor allem des
Konfliktes zwischen Yahshua und den Pharisäern und Schriftgelehrten und vielen
seiner Aussagen und Lehren ist das ewige heilige Gesetz der Liebe zu aller
Schöpfung und der Heiligkeit allen Lebens, welches seit Adam und Eva immer
dasselbe war und sich nie geändert hat, aber durch Gebote von Menschen und Teufeln
außer Kraft gesetzt wurde. Dies war der Grund, warum Yahshua den Pharisäern und
Schriftgelehrten vorwarf, dass sie sich selbst und denen, die hinein wollten, den Weg
ins Himmelreich versperrten. Denn sie waren verantwortlich für alles Fleischessen in
Israel, das, wie in 3.Mose 17 gelesen, nur im Tempel in Jerusalem stattfinden durfte,
da es ansonsten eine Blutschuld mit sich brachte. Diese Blutschuld kam natürlich
nichtsdestotrotz über sie, denn nur (oder gerade) weil die Tat im Heiligtum des
Tempels stattfand, blieb sie trotzdem ein Mord. Die Trennung des Menschen von
Gott begann mit einer Blutschuld Adams und setzte sich seitdem wie ein
sprichwörtlicher roter Faden weiter fort und war der Hauptgrund für die Sintflut und
die mehrmalige Ausrottung des Volkes Israel bis auf einen heiligen Überrest. Der
wahre Grund, warum Yahshua die Geldwechsler und Tierverkäufer aus dem Tempel
verjagte und ihnen vorwarf, dass sie das Haus, das nach dem Namen Gottes benannt
war, zu einer Räuberhöhle gemacht hatten, wird in folgendem Zitat deutlich:

"Diejenigen, die am Gewinn beteiligt sind oder einen solchen auch nur erwägen, der
durch das Unrecht an einem unschuldigen Geschöpf Gottes kommt, können nicht
gerecht und rechtschaffen sein noch dürfen sie heilige Dinge berühren oder sich dem
Tisch des Herrn nähern, noch können sie die Geheimnisse des Königreichs lehren.

78
Denn ich sage euch, diejenigen, deren Hände mit Blut befleckt sind und deren Mäuler
mit dem Fleisch unschuldiger Kreaturen verunreinigt sind, sind weder in dieser Welt,
noch in der Kommenden, des Lebens würdig. Lasst solche durch die heiligen
Wahrheiten des Königreichs von Neuem geboren werden, oder sie werden für immer
in Vergessenheit geraten bei Gott, denn sie werden unter keinen Umständen in das
Reich des Lichts eintreten, sondern werden aufgrund ihrer Blutschuld in der
Finsternis bleiben. Alle wissen, dass Gott sowohl den Menschen, als auch den Tieren
die Körner und die Früchte der Erde als Nahrung gibt, und niemand soll sagen, dass
er gerecht ist, wenn er die einzig rechtmäßige Nahrung für den Körper nicht isst. Der
Räuber, der in das vom Menschen gemachte Haus einbricht, ist schuldig, aber die, die
in das von Gott geschaffene Haus einbrechen, sind die größten Übeltäter." (EHGOC).
Die Räuber sind also die Mörder und Einbrecher der Häuser Gottes, welche die
Körper der Tiere (und Menschen) waren und sind, die im Namen „Gottes“ geopfert
wurden und heute noch geopfert werden, auch wenn dies nicht im Tempel stattfindet.
Auch diese Bedeutung wurde in der Bibel wie viele andere unkenntlich gemacht,
indem der wahre Kontext entweder verwässert oder ganz weggelassen wurde.

"Vor allem müssen wir wissen, wen Jesus als den starken Mann bezeichnet. In dem
Abschnitt der kanonischen Evangelien, der diesem Logion entspricht, beschuldigen
die Pharisäer Jesus, er treibe die Teufel durch Beelzebul, den Fürsten der Teufel, aus,
und Jesus begründet seine Verteidigung damit, dass dies bedeuten würde, sich das
Reich Beelzebuls als mit sich selbst gespalten vorzustellen, so dass es keinen Bestand
haben könnte. Außerdem wäre die Annahme, dass Jesus diese Heilung im Besitz
eines unreinen Geistes vollzog, eine Lästerung des Heiligen Geistes. Im Allgemeinen
scheint die christliche Tradition davon ausgegangen zu sein, dass Jesus, als er davon
sprach, den starken Mann des Hauses zu binden, Beelzebul, den Fürsten der Teufel,
oder besser Baal Zebub meinte. Jesus zeigte, dass es zur Heilung von Störungen der
Psyche, d.h. zur Heilung der Seele von einem negativen immateriellen Einfluss oder,
wie es das Evangelium ausdrückt, zur Beseitigung eines unreinen Geistes, der sie
beherrscht, zunächst notwendig ist, den Widersacher völlig zu entwaffnen, und zwar
nicht durch einen anderen unreinen Geist, sondern durch den Geist Gottes, dessen
heilende Wirkung sich nicht nur auf diese sichtbare Welt, sondern auch auf die
andere, unsichtbare Welt erstreckt. Darüber hinaus konkretisiert der Evangelist die
Bedingungen dieser aktiven Reinigung, indem er eine Passage aus den Propheten
zitiert: Mein Haus wird ein Haus des Gebets genannt werden, aber ihr verwandelt es
in eine Räuberhöhle. Dieser Text, der von den vier kanonischen Evangelisten aus
zwei Fragmenten von Jesaja und Jeremia zusammengestellt wurde, wird anlässlich
jener denkwürdigen Episode im Evangelium zitiert, die als Tempelreinigung bekannt
ist. Die ausführlichste Fassung findet sich im Bericht des Johannes, mit dem wir uns
jetzt befassen werden, weil er in seinem verborgenen Sinn die Lektion ergänzt und
abrundet, die aus dem Studium des Logions zu ziehen ist, das wir jetzt
kommentieren. In ihrer verborgenen Bedeutung verstanden, geht es bei der
Tempelreinigung um die Reinigung und Beseitigung aller unreinen Anhaftungen des
Geistes, im Wesentlichen um jene Unreinheiten, die sich in oder durch Anhaftungen
am Körper manifestieren.

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Diese Auslegung setzt die Anerkennung einer bildlichen Identität voraus, bei der der
Körper als Tempel betrachtet wird, was in der Sprache der Bibel recht häufig
vorkommt. Es gibt viele Stellen, in denen diese Identität zu finden ist, und diese
bestätigen die vorliegende verborgene Interpretation vollständig. Die schlüssigste
Bestätigung findet sich etwas früher im Bericht des Johannes über die Reinigung des
Tempels: Aber er sprach von dem Heiligtum, das sein Körper war. Es versteht sich
von selbst, dass Jesus, wenn er vom Heiligtum sprach, nicht nur seinen eigenen Leib
meinte, der als geistiger Tempel wiederbelebt werden sollte, aus dem dann Ströme
lebendigen Wassers fließen würden. Denn gerade hier, im Körper eines jeden von
uns, besteht die größte Notwendigkeit, den Tempel zu reinigen. Euer Leib ist der
Tempel des Heiligen Geistes. Wenn Paulus den Korinthern erklärt, wie sich die
Auferstehung vollzieht, und dabei vom natürlichen Leib spricht, so ist damit sowohl
der fleischliche Leib als auch die Psyche (Nefes) gemeint. Gerade im Vorfeld des
ersten Passahfestes, der ersten Stufe des geistigen Aufstiegs, platziert der Evangelist
Johannes die Szenen der Tempelreinigung. In den synoptischen Evangelien wird an
denselben Stellen die Taufe Jesu im Jordan geschildert, und in diesem täuferischen
Sinn ist auch die Tempelreinigung zu verstehen. Diese Taufe durch Untertauchen in
Wasser (=Psyche) wird im Bericht des Johannes verinnerlicht, der dem Ereignis
somit seinen ursprünglichen Sinn als Metanoia, als Bekehrung im Tempel des Selbst,
verleiht, um die Reinigung herbeizuführen, die notwendig ist, um den starken
Widersacher zu binden, der sich in psychischen Inhalten eingenistet hat, die nicht zu
ihm gehören. Die Geißel, die Jesus bei der Reinigung dieses inneren Tempels benutzt
hat, ist ein Beispiel für die entschlossene und hartnäckige Gewalt, die nötig ist, um
das Reich Gottes zu erlangen. Aus dem, was in dieser Schilderung zum Ausdruck
kommt, lässt sich ableiten, dass die Gedanken, die ungebunden auftauchen und
fortbestehen, da sie nicht durch die Bekehrung beseitigt wurden, und dazu neigen, die
Wahrnehmung des Lichts im Heiligtum zu stören, Händler sind, die sich in der Seele
niedergelassen haben und das Haus des Vaters zu einem Markt machen, weit entfernt
von der Unschuld der Schafe und der Harmlosigkeit der Tauben. Es ist sicher, dass
der erdgebundene Mensch dazu neigt, das tägliche Leben als einen unaufhörlichen
Reigen von Händlern und Geldwechslern zu sehen, die ihre Stände im Tempel
aufstellen, um ihren eigenen vermeintlichen Gewinn zu erzielen. Um das Reich
Gottes zu erlangen, ist es jedoch notwendig, das Haus des Vaters von dem Starken zu
befreien und ihn zu vertreiben. Das Evangelium sagt uns, dass es nur durch
verinnerlichte Gewalt und Energie möglich sein wird, den Grad an Demut und
Selbstverleugnung zu erreichen, den das Erreichen der Vollkommenheit erfordert.
Nur so, wie bei der Reinigung des Heiligtums des lebendigen Gottes, das wir sind,
kann das von Johannes dem Täufer angekündigte Geheimnis der Nacktheit im Geist
erreicht werden: Er (der Geist) muss größer werden. Ich (die Psyche / Seele) muss
kleiner werden. Zweifellos muss die Vertreibung der Händler und Geldwechsler, die
das Heiligtum wie viele unreine Geister befallen hatten, mit dem gleichzeitigen
Wachstum des Menschensohns, des einzigen wahren Herrn des Tempels,
einhergehen." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

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36. Jesus sprach: Sorgt euch nicht von Morgen bis Abend, und von Abend bis
morgen darum, was ihr anziehen sollt.

37. Seine Jünger Sprachen: Wann wirst du uns erscheinen und wann werden wir
dich sehen? Jesus sprach: Wenn ihr eure Furcht vor der Blöße ablegt und eure
Kleider nehmt, sie unter eure Füße legt wie die kleinen Kinder, und sie zertretet,
dann werdet ihr den Sohn des Lebendigen sehen, und ihr werdet euch nicht
fürchten.

Die Kleidung, von der Yahshua hier spricht, ist wohl kaum die Kleidung, an die der
fleischliche Mensch denkt, sondern er redet hier von dem vollkommenen Lichtkleid
und dem wahrhaftigen, unverweslichen Fleisch. Im Philippus-Evangelium lesen wir:
"Keiner erwirbt sich diese Gnade, außer er legt das vollkommene Lichtkleid an und
wird selbst vollkommen. Jeder, der das Licht(kleid) anlegt, wird ungesehen aus dieser
Welt herausgehen können. Das ist das vollkommene Licht(kleid) und wir müssen
vollkommene Menschen werden, bevor wir aus dieser Welt herausgehen können."
Und weiter: "Jeder wird doch ein kostbares Gut in einem kostbaren Behälter
aufbewahren. Trotzdem gab es immer wieder Menschen, die ungeheure Schätze in
Behälter steckten, die keinen Heller Wert waren. So ist es auch mit der Seele. Sie ist
ein großer Schatz, aber sie ist in einen wertlosen Leib geraten. Einige fürchten sich
davor, nackt aufzuerstehen. Deshalb legen sie Wert auf die Lehre, dass sie im Fleisch
auferstehen würden. Sie wissen nicht, dass eben diejenigen, die im (vergänglichen)
Fleisch leben, die Nackten sind, während diejenigen, die sich ihres Fleisches
entäußern und sich entkleiden, die Nicht-Nackten sind. Denn Fleisch und Blut
können das Reich Gottes nicht erben. Um welches Fleisch handelt es sich denn hier,
das nicht erben kann? Um das Fleisch, von dem wir jetzt umhüllt sind. Welches
Fleisch aber wird erben? Das Fleisch Jesu und sein Blut. Deshalb sagte er: Wer nicht
mein Fleisch isst und nicht mein Blut trinkt, hat kein Leben in sich. Was ist unter
diesem Fleisch und Blut zu verstehen? Sein Fleisch ist das Wort und sein Blut der
Heilige Geist. Wer diese empfängt, der hat Nahrung und Trank und der ist bekleidet."
Wir müssen unser Fleisch (die Begierden der Seele, die sich mit dem Vergänglichen
identifiziert) ausziehen und den Christus (die Wahrheit, die uns frei macht) anziehen.

"In der Sprache der Bibel dienen Kleidung und Nacktheit oft als Metaphern für
psychische Realitäten, die weit von ihrer buchstäblichen Bedeutung entfernt sind.
Was zählt, ist das Streben nach dem Reich Gottes, und alles andere ist nur Beiwerk,
das für das weltliche Leben der Heiden steht, d.h. der Menschen, die den
Anforderungen eines wesentlich religiösen Lebens nicht gewachsen sind. Im Text des
Logions von Judas-Thomas scheint die metaphorische Bedeutung noch ausgeprägter
zu sein als in den Passagen in den kanonischen Evangelien, angesichts der
offensichtlichen Schwierigkeit, dass sich jemand von morgens bis abends und von
abends bis morgens, also den ganzen Tag ohne Unterbrechung, damit beschäftigt, was
er anzieht. Die Seele neigt jedoch in ihrer Unkenntnis des universellen Geistes, der
ihr Leben gibt, dazu, sich nur auf das Überflüssige zu verlassen, auf die belanglosen,
vergänglichen Herrlichkeiten, mit denen sie sich fälschlicherweise identifiziert.

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Dieses Streben nach Überflüssigem, das man ablegen muss, um das Reich Gottes zu
erlangen, wird im Evangelium häufig der Kleidung zugeschrieben, auch wenn die
Metapher manchmal nicht die Kleidung, sondern ihre Verwandlung als Ausdruck der
wahren Macht meint. So heißt es im Bericht über die Verklärung Jesu, dass seine
Kleider blendend weiß wurden; so heißt es auch, wenn der auferstandene Christus
seine Jünger auffordert, in der Stadt zu bleiben, bis ihr mit der Kraft aus der Höhe
bekleidet seid. Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass die tiefe Bedeutung
der Bedeckung in jedem Fall das Ablegen jeder Schicht von Kleidung, jedes falschen
Zusatzes zur Wirklichkeit an sich, zum reinen Sein, bis hin zur Nacktheit ist. Das
Kleid des Neuen Selbst in Christus ist das einzige Kleid, wenn man diese
vollkommene geistige Nacktheit so bezeichnen kann, das der Mensch, der für seinen
Thron im Königreich bestimmt ist, behalten kann. So antworten die Jünger auf die
Empfehlung Jesu, sich nicht darum zu kümmern, was sie anziehen sollen, da die
Kleidung nur unwesentlich sei, mit einer Frage, die sich auf das Wesentliche bezieht,
da dies die einzige ernsthafte Sorge der Jünger ist, die wahre Anbeter sind, die den
Vater im Geist und in der Wahrheit anbeten. Wann wird der innere Christus in uns
offenbar werden? Wann werden wir den verborgenen Christus in uns selbst
entdecken? Die Antwort Jesu erklärt in wenigen Worten, was der Jünger vollbringen
muss: a) Wenn ihr euch nackt auszieht, ohne euch zu schämen. Dies ist eine
Umschreibung, die in der Sprache der Bibel verwendet wird und sich direkt auf das
Geschlecht bezieht; sie kann aber auch einfach Nacktheit bedeuten, da dies das
Ergebnis des Ablegens oder des Verzichts auf Kleidung (Mantel, Tunika, Schleier) ist
und somit etwas bis dahin Verborgenes aufdeckt oder offenbart. b) Der Ausdruck, die
Kleider unter die Füße zu legen, ja sie zu zertreten, wie es kleine Kinder tun, passt zu
dem bildhaften Stil, den die Schreiber der Evangelien, ob kanonisch oder nicht,
verwenden, um zu erklären, wie das Bewusstsein des von oben neu geborenen
Menschen jede Restverbindung aufgeben muss, denn solche hinzugefügten Dinge
sind in jedem Menschen dieser Welt ein Haufen von Unwesentlichkeiten, die vom
reinen pneumatischen Menschen abgelegt werden müssen. Das Bewusstsein des
Menschen muss sich schließlich streng auf die Sphäre des wahren Seins, des Seins an
sich, beschränken. Die Wahrheit des Menschen besteht darin, frei zu sein, das heißt,
befreit von allem, was anders ist als das reine Wesen. Was nach dem Abschluss dieses
Werkes der wahren Entfaltung übrig bleibt - einer Entfaltung, die nicht ohne harte
Mühen, Demut, Verzicht, Leiden, Freude und Liebe erreicht werden kann -, ist der
Menschensohn, der Leben spendende Geist, der Sohn des lebendigen Gottes. Mit der
Betrachtung des Sohnes hat alles Suchen ein Ende. c) Das Abwenden des Gesichts
von der reinen Nacktheit, die man einmal erlangt hat, ist der Ausdruck eines alten
biblischen Symbols, in dem Demut (Selbstverleugnung) und Vergessen des
vollbrachten Werkes die höchsten Tugenden sind, die das Leben eines Siegers auf der
Suche nach geistiger Verwirklichung bestimmen." (https://www.gospelofthomas-
interpretation.com/)

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38. Jesus sprach: Oftmals habt ihr danach verlangt, diese Worte zu hören, die
ich euch sage. Keinen anderen werdet ihr finden, sie von ihm zu hören. Es
werden aber Tage kommen, wo ihr mich sucht, und mich nicht findet.

Nur der Erstgezeugte und eingeborene Sohn spricht aus der ganzen Fülle des Vaters
und enthüllt alle Geheimnisse denen, die ihrer würdig sind. Er ist das Brot des Lebens
und er gibt das lebendige Wasser allen frei, die ihn darum bitten. Da hier nicht nur die
damaligen Jünger angesprochen sind, sondern auch wir, ist davon auszugehen, dass er
damit meint, dass wir ihn, den inneren Christus, suchen sollen, während wir am
Leben sind, und es nicht hinauszögern oder aufschieben sollen, da niemand weiß,
wann seine letzte Stunde schlagen wird. Denn im Philippus-Evangelium heißt es: "Es
gibt eine Wiedergeburt und ein Abbild (den fleischlichen Körper des Menschen) für
diese Wiedergeburt. Durch das Abbild muss die Wiedergeburt bewerkstelligt werden.
Dann gehen der Bräutigam und das Abbild, mittels des Abbilds, in die Wahrheit ein...
Diejenigen, die sagen, zuerst stirbt man, dann ersteht man auf, irren. Wenn man nicht
zuerst, noch bei Lebzeiten, die Auferstehung gewinnt, wird man im Tod nichts
gewinnen." In Bezug auf das Aufschieben bis zu einer nächsten (Re-)Inkarnation sagt
Yahshua im EDVL: "Predigt allen in der Welt und sagt: Strebt danach, die
Geheimnisse des Lichtes zu empfangen und in das Reich des Lichtes einzugehen,
denn jetzt ist die Zeit dafür gekommen, und jetzt ist der Tag der Erlösung. Schiebt es
nicht auf von einem Tag zum andern, von einem Umlauf (des Wiedergeburtsrades)
zum anderen und von Äon zu Äon, im Glauben, dass es euch bei der Rückkehr in
diese Welt dann gelingt, die Geheimnisse zu gewinnen und einzutreten in das Reich
des Lichtes. Denn ihr wisst nicht, wann die Zahl der vollkommenen Seelen erfüllt
sein wird. Denn dann werden die Tore des Lichtreiches geschlossen werden, und von
da an wird niemand mehr in der Lage sein, hineinzugehen, noch wird jemand
herausgehen. Bemüht euch, dass ihr eintretet, solange der Ruf ertönt, bevor die Zahl
der Vollendeten besiegelt und vollständig ist und das Tor geschlossen wird."

39. Jesus sprach: Die Pharisäer und die Schriftgelehrten haben die Schlüssel der
Erkenntnis empfangen, und haben sie versteckt. Selbst sind sie nicht
hineingegangen, aber sie ließen auch nicht hinein gehen, die hineingehen
wollten. Ihr aber, werdet klug wie die Schlangen, und unschuldig wie die
Tauben.

Siehe auch den Kommentar zu Logion 35. Im EHGOC sagt Yahshua zu den
Pharisäern und Schriftgelehrten: "Wehe euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr
Heuchler! Denn ihr schließt das Himmelreich vor den Menschen zu. Denn ihr lehnt
das heilige Gesetz ab und tretet nicht ein, und hindert auch noch die anderen daran.
Wehe euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler! Denn ihr reist zu Land
und zu Wasser, um einen Konvertiten zu finden, und wenn ihr ihn gefunden habt,
macht ihr ihn zu einem doppelt so schlimmen Kind des Satans, wie ihr es seid. Wehe
euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler! Denn ihr zahlt den Zehnten
von Minze, Anis und Kümmel, aber die schwereren Angelegenheiten des Gesetzes,
der Barmherzigkeit und des Glaubens lasst ihr aus... aber das kümmert euch nicht,

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ihr blinden Führer, denn eine Mücke sortiert ihr schnell aus, aber ihr verschluckt
ganze Kamele. Wehe euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler! Denn ihr
seid wie weiße Gräber, die zwar schön nach außen wirken, aber voll mit den Toten
und aller Unreinheit sind. Nach außen wirkt ihr wie prachtvolle Tempel, aber im
Inneren seid ihr voll von Heuchelei und toten Dingen, denn ihr seid lebendige Gräber
der Toten und keine Tempel des lebendigen Gottes, den ihr nicht einmal kennt. Wehe
euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler! Weil ihr die Gräber der
Propheten gebaut und die Grabstätten der Gerechten geschmückt habt und sagt: Wenn
wir in den Tagen unserer Väter gelebt hätten, hätten wir gewiss nicht am
Blutvergießen und der Ermordung der Propheten teilgenommen. Ihr Lügner! Darum
seid ihr Zeugen, dass ihr genauso tut, wie die Kinder von denen, die die Propheten
getötet haben. Darum sagte die heilige Weisheit: Siehe, ich sende zu euch Propheten
und Weise und Schriftgelehrte, und einige von ihnen werdet ihr geißeln, töten und
kreuzigen und verfolgen. Und auf euch soll alles Blutvergießen der Gerechten auf der
Erde kommen, vom Blut des gerechten Abels, bis zum Blut von Zacharias. Oh,
Jerusalem, Jerusalem, du böse Stadt, die die Propheten tötet, die in Wahrheit zu dir
gesandt werden, nur um sie zu steinigen. Wie oft hätte ich deine Kinder
zusammengebracht, so wie eine Henne ihre Küken unter ihren Flügeln sammelt,
wenn ihr nur auf mich gehört hättet! Seht, wegen eurer Herzen aus Stein ist euer
Haus nun einsam und trostlos. Denn ich sage euch wahrlich: Ihr werdet mich fortan
nicht sehen, bis ihr schreit: Heilig, heilig, heilig, gesegnet sind die, die kommen im
Namen des Gerechten." Der Hauptgrund, warum sie den Weg zum Himmelreich sich
selbst und denen, die hinein wollten, versperrten, waren die Tieropfer und der damit
verbundene Fleischverzehr, die nie von Gott angeordnet und auch nie von Mose als
Gebote oder Gesetze gegeben wurden. Da sie diese Dinge, die von Mose nur wegen
der Hartherzigkeit des Volkes geduldet wurden, aber zum Gesetz gemacht hatten, die
Yahshua aber als vom Satan entlarvte, bestand darin der Hauptkonflikt zwischen
ihnen. Deswegen warnte er immerzu vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer.
Weiter heißt es im EHGOC: "Wenn ihr die kleineren Offenbarungen nicht bewahrt,
wer wird euch dann die Größeren geben? Denn seit undenklichen Zeiten hat Gott zu
keinem Zeitpunkt Tier- oder Menschenopfer gefordert, denn sonst würde er ja seinem
eigenen heiligen Gesetz nicht gerecht werden. Noch hat Gott dem Menschen oder
dem Tier gestattet, sich gegenseitig zu essen, denn sonst wäre er ja seiner eigenen
Liebe unkundig! Wie also könnte man nach dem Gesetz der humanen Liebe Fleisch
essen und Blutopfer darbringen? Ihr kennt nicht den wahren Gott, sondern betet den
perversen Gott eurer Welt an, nämlich den Satan, den Vater des Schwertes und des
Blutvergießens. Durch ihn allein ist der Tod in die Welt gekommen und er breitete
sich auf alles aus, denn alle Dinge wurden zu Sklaven des Vaters der Lüge. Aber ich
bin gekommen, um die durch die Ketten der Sünde Inhaftierten wieder freizulassen
und den Völkern mein heiliges Gesetz zurück zu geben, damit sie den einzigen
wahren Gott der Liebe und der Barmherzigkeit kennen lernen... Und die Pharisäer
hörten seine Aussagen und stellten fest, dass er von ihnen sprach, denn sie lebten
nach den Lehren der Menschen und des Teufels, und nicht das wahre Gesetz, das
Mose ihnen in der Wüste gegeben hat. Denn sie waren für all die Gesetzlosigkeit
bezüglich der Tieropfer und des Fleischfressens in Israel verantwortlich."

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40. Jesus sprach: Ein Weinstock der außerhalb des Vaters gepflanzt ist, wird, da
er nicht in festem Grund wächst, mit seinen Wurzeln ausgerissen werden und
zugrunde gehen.

Alles, was nicht mit dem Weinstock des Vater-Mutter, dem Sohn, verbunden ist, kann
keine (guten) Früchte bringen. Alles, was nicht durch seinen Mund genährt wird mit
dem heiligen Gesetz und durch seine Kraft und das Feuer des Heiligen Geistes
gereinigt wird, wird ausgerissen und ins Feuer geworfen. Im Philippus-Evangelium
lesen wir: "Jede Pflanze des Himmels pflanzt mein Vater, der in den Himmeln ist, und
sie wird nicht ausgerissen werden. Die Getrennten werden vereinigt, das Leere wird
voll werden." Die Getrennten sind die Seele und der Sohn, der wahre Bräutigam der
Seele, und das Leere, was voll werden wird, ist der Tempel, in den der Geist Gottes
einzieht und darin Wohnung nimmt.

41. Jesus sprach: Wer etwas in seiner Hand hat, dem wird gegeben werden. Wer
aber nichts hat, dem wird auch das Wenige, das er hat, genommen werden.

Im EDVL lesen wir: "Und die Jünger kamen und sagten zu ihm: Warum sprichst du
zu der Menge in Gleichnissen? Er antwortete und sprach zu ihnen: Weil es euch
gegeben ist, die Geheimnisse des Himmelreichs zu wissen, jenen aber nicht. Denn,
der da hat, dem wird gegeben werden, auf dass er mehr Fülle habe; doch dem, der
nichts hat, dem soll auch das genommen werden, was er zu haben scheint. Darum
spreche ich zu jenen in Gleichnissen, denn sie sehen nicht und hören nicht und
verstehen nicht. Denn in ihnen wird erfüllt die Prophezeiung des Jesaja, welcher sagt:
Ihr werdet hören, aber nicht verstehen, ihr werdet sehen, aber nichts bemerken; denn
das Herz dieses Volkes ist verstockt geworden, und ihre Ohren sind harthörig, und
ihre Augen haben sie geschlossen, bis zu jener Zeit, da sie sehen werden mit ihren
Augen und hören mit ihren Ohren und verstehen mit ihren Herzen und bekehrt
werden und ich sie heile. Gesegnet aber seien eure Augen, weil sie sehen, und eure
Ohren, weil sie hören, und eure Herzen, weil sie verstehen. Denn wahrlich, ich sage
euch: Viele Propheten und Rechtschaffene haben das zu sehen gewünscht, was ihr
seht, und haben es nicht gesehen, und das zu hören gewünscht, was ihr hört, und
haben es nicht gehört." Und weiter in folgendem Gleichnis: "Das Reich der Himmel
gleicht einem Manne, der in ein fernes Land zog und seine Knechte rief und ihnen
seine Güter übergab. Und einem gab er fünf Talente, dem anderen zwei, und dem
dritten eines, einem jeden nach seinen Fähigkeiten, und zog gleich darauf weg. Da
ging der hin, der fünf Talente empfangen hatte, und handelte mit denselben und
gewann andere fünf Talente dazu. Desgleichen auch der zwei Talente empfangen
hatte, gewann auch zwei andere dazu. Der aber eines empfangen hatte, ging hin und
machte eine Grube und verbarg seines Herrn Geld. Nach einer langen Zeit kam der
Herr dieser Knechte und rechnete mit ihnen ab. Da trat herzu, der fünf Talente
empfangen hatte, und brachte noch die anderen und sprach: „Herr, du hast mir fünf
Talente gegeben; siehe da, ich habe damit andere fünf Talente gewonnen. Da sprach
sein Herr zu ihm: Gut getan, du guter und getreuer Knecht, du bist über wenigem
getreu gewesen, ich will dich über viel setzen. Geh ein in die Freude deines Herrn!

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Da trat auch herzu, der zwei Talente empfangen hatte und sprach: Herr, du hast mir
zwei Talente gegeben; siehe da, ich habe mit denselben zwei weitere dazugewonnen.
Sein Herr sprach zu ihm: Wohl getan, du guter und getreuer Knecht, du bist über
wenigem getreu gewesen, ich will dich über viel setzen; gehe ein in die Freude deines
Herrn! Da trat auch herzu, der ein Talent empfangen hatte, und sprach: Herr, ich
wusste, dass du ein harter Mann bist; du erntest, wo du nicht gesät hast, und
sammelst, wo du nicht gestreut hast. Und ich fürchtete mich und ging hin, verbarg
dein Talent in der Erde, siehe, da hast du, was dein ist. Sein Herr aber antwortete und
sprach zu ihm: Du böser und fauler Knecht, wusstest du, dass ich ernte, wo ich nicht
gesät habe, und sammle, wo ich nicht gestreut habe? Du solltest mein Geld zu den
Wechslern getan haben, um es zu verzinsen, und wenn ich gekommen wäre, hätte ich
das meine zu mir genommen mit Wucher. Darum nehmt von ihm das Talent und gebt
es dem, der zwei Talente hat. Denn wer vermehrt hat, dem wird gegeben werden, und
der wird die Fülle haben; wer aber nicht vermehrt hat, dem soll auch das genommen
werden, was er hat. Und den unnützen Knecht werft in die äußere Finsternis hinaus;
denn das ist der Teil, den er gewählt hat. Jesus sprach auch zu seinen Jüngern: Seid
wahre Geldwechsler des Reiches Gottes, verwerft das Schlechte und Falsche und
behaltet das Gute und Echte." Es geht also um die Erkenntnis der eigenen wahren
Natur und des eigenen wahren Wesens, also die Selbsterkenntnis, die Erkenntnis des
Christus in uns und die Erkenntnis, die den Menschen gegeben wurde. Die einen
haben sie vermehrt, weil sie wissen, aus welcher Quelle sie kommt, nämlich aus der
heiligen Wurzel des Vater-Mutter, die anderen haben sich nicht auf die Suche
gemacht oder sie nicht vermehrt, weil sie die die Welt, die Finsternis, mehr geliebt
haben, als das Licht oder zu einem der drei Bodentypen gehören (Matthäus 13), in
denen der gute Samen des Sämanns, das Wort, keine Frucht bringt.

42. Jesus sprach: Werdet Vorübergehende.

Die Erde und alles in ihr und auf ihr, die Materie, wird vergehen, sie ist nicht unser
wahres Zuhause, sondern alles wird zu seiner Wurzel hin aufgelöst, entweder zum
ewigen Leben für die, die die Auferstehung erlangt haben, oder zur äußersten
Finsternis für die, die zur Welt und nicht zu Christus gehören. Das Ziel und der Sinn
und Zweck der Inkarnation ist die Erlangung der Auferstehung: "Diejenigen, die
sagen, zuerst stirbt man, dann ersteht man auf, irren. Wenn man nicht zuerst, noch bei
Lebzeiten, die Auferstehung gewinnt, wird man im Tod nichts gewinnen." (Philippus-
Evangelium). Auch sollen wir uns auf der Erde nicht so einrichten, als gehörten wir
zu ihr und als wäre sie unser Zuhause: "Wisse, dass niemand zwei Herren dienen
kann. Du kannst nicht die Reichtümer der Welt begehren und gleichzeitig das
himmlische Reich besitzen. Du kannst nicht wünschen, Land zu besitzen und Macht
über Menschen zu haben und gleichzeitig das himmlische Reich. Reichtum, Land und
Macht, diese Dinge gehören niemand, denn sie sind von dieser Welt. Aber das Reich
der Himmel ist für immer dein, denn es ist in dir. Und wenn du begehrst und suchst,
was dir nicht gehört, dann wirst du gewiss das verlieren, was wirklich dein ist. Ich
sage euch, dass nicht gegeben oder empfangen wird für nichts, denn alles in der Welt
der Menschen und der Engel hat einen Preis." (Essener Buch des wahren Lehrers).

86
Wer das Ziel der Auferstehung noch nicht erlangt hat, der bleibt im Rad der Geburt
und des Todes gefangen, solange bis er die Welt und den Tod überwunden hat und in
sein wahres Zuhause beim Vater-Mutter zurückgekehrt ist: "So wie in Adam alle
sterben, so werden alle in Christus wieder lebendig werden. Gesegnet seien, die in
mir sterben und mir vollkommen gleich geworden sind; denn sie ruhen aus von ihrer
Arbeit, und ihre Werke folgen ihnen nach. Sie haben das Böse überwunden und sind
zu Pfeilern des Tempels meines Gottes gemacht worden, und sie gehen nicht mehr
heraus; denn sie werden in der Ewigkeit bleiben. Die aber Böses getan haben, für die
gibt es keine Ruhe; denn sie werden ein- und ausgehen und durch viele Zeitalter Leid
erdulden müssen zu ihrer Besserung, bis sie vollkommen geworden sein werden.
Gesegnet sind, die viele Erfahrungen durchmachen, denn sie werden durch Leiden
vollkommen werden. Sie werden sein wie die Engel Gottes im Himmel, und sie
werden nicht mehr sterben, noch werden sie wiedergeboren werden; denn Tod und
Geburt haben keine Macht mehr über sie. Die da gelitten und überwunden haben,
werden zu Pfeilern gemacht werden im Tempel meines Gottes, und sie werden ihn nie
wieder verlassen. Wahrlich, ich sage euch, wenn ihr nicht wiedergeboren werdet
durch Wasser und Feuer, so werdet ihr das Reich Gottes nicht sehen." (EDVL).

43. Seine Jünger sprachen zu ihm: Wer bist du, dass du uns das alles sagst?
Jesus antwortete: Aus dem was ich euch sage, versteht ihr nicht, wer ich bin?
Aber ihr seid wie die Juden geworden: Sie lieben den Baum und hassen die
Frucht, oder sie lieben die Frucht und hassen den Baum.

"Mit seiner Ermahnung, Vorübergehende zu sein, mit anderen Worten, rein zufällige
Bewohner der Welt, scheint Jesus in seinen Zuhörern das Bewusstsein für die schwer
fassbare Natur des Geistes, des Seins, eines jeden von uns zu wecken. An solchen
Ratschlägen mangelt es in den kanonischen Evangelien nicht. In Anspielung auf die
doppelte Bedeutung des Wortes Pneuma (Geist-Wind) sagt Jesus zu Johannes dem
Täufer: Was wolltest du in der Wüste sehen? Ein Schilfrohr, das sich im Winde
wiegt? Der Körper wird hier mit Sicherheit als äußere Hülle gesehen, als hohles
Schilfrohr, das vom Leben spendenden Geist durchdrungen ist, der Seele und Körper
belebt. Von diesen beiden Prinzipien, die im irdischen Menschen vereint sind, ist der
Körper der einzige, der ein gewisses Maß an Stabilität besitzt, während der Geist,
obwohl er ewig ist, nur durch das Schilfrohr hindurchgeht und so seine Rolle als ein
Vorübergehender in dieser Welt erfüllt. Was Jesus fordert, wenn er sagt: "Seid
Vorübergehende", ist das Bewusstsein der Identität zwischen dem Bewusstsein und
dem ewigen, unendlichen Geist, dessen Wesen dem einer Kugel gleicht, deren
Zentrum überall oder nirgends ist, je nachdem, wie man es interpretiert; so dass er in
unserer Welt kein eigenes Zuhause hat. Das war es, was Jesus meinte, als er dem
Schriftgelehrten, der in seine Fußstapfen treten wollte, sagte: Der Menschensohn
kann sein Haupt nirgendwo hinlegen. Jesus weist nicht nur auf die Vergänglichkeit
des Lebens in dieser Welt hin, sondern vor allem auf die Notwendigkeit, das
Bewusstsein auf das ewige Leben des Geistes auszurichten. An diesem Punkt, der
von der Idee angetrieben wird, die schwer fassbare Ewigkeit des Geistes zu erlangen,
die sie durch die Worte Jesu zu entdecken suchten, befragen die Jünger ihn erneut.

87
Ihre Frage bezog sich zweifellos auf das Sein des Menschensohns, des lebendigen
Christus, der verborgen ist und doch durch die Worte Jesu schemenhaft sichtbar wird.
Deshalb fragten sie: Wer bist Du, dass Du uns das alles sagst? An der Stelle in den
kanonischen Evangelien, die diesem Logion entspricht, berichtet der heilige Johannes
von der gleichen Frage, die die Juden an Jesus stellten: Wer bist du? Zuvor hatte
Jesus erklärt: Ihr seid von unten, ich bin von oben. In der Sprache der Evangelien
bezieht sich der Begriff "unten" bekanntlich auf die materielle Welt, einschließlich
des Körpers, sowie auf alle Leidenschaften und Neigungen oder eine vergängliche,
also sterbliche Natur, die dem Zwischenreich, der Psyche, angehören. Dieses
gebundene Bewusstsein, gefangen in den Bindungen an die Welt, macht den ganzen
Menschen von unten aus. Wenn aber das Bewusstsein dank Wissen und Tugend von
jeder Anhaftung, von jeder Überlagerung befreit ist, als reiner, ungetrübter Geist, wie
der Wind, der den von oben Geborenen durchweht: Das ist der Mensch von oben. Die
Antwort in diesem Logion ist gleichzeitig ein Vorwurf und verdeutlicht noch einmal
die große Lehre des Weges der Erkenntnis, den Jesus Christus gezeigt hat: Aus dem,
was ich euch sage [aus meiner Frucht], wisst ihr nicht, wer ich bin? Das, was der
Mensch vor Augen hat, das Sichtbare, ist immer die Frucht, das Gute oder das
Schlechte, das Produkt, aber nie das Ding an sich. Jenes Wesen, ist unsichtbar und
kann auch nicht mit den Sinnen erfasst werden; es muss mühsam entdeckt werden,
indem man über den Punkt der Wirklichkeit hinausgeht, an dem es mit den Sinnen
erahnt werden kann. Dies, und nur dies, ist der deduktive Weg, der gemäß den
zahlreichen Beispielen, die das Evangelium liefert, beschritten werden muss und der
sich in dem Spruch zusammenfassen lässt: Man erkennt den Baum an seinen
Früchten. Bei der Umsetzung des erforderlichen deduktiven Prozesses fordert das
Evangelium ohne Frage einen wiederholten und beharrlichen Wechsel von der
sichtbaren zur unsichtbaren Welt, und deshalb mahnt uns Jesus, dass wir
Vorübergehende sein müssen und nicht unsere Zeit damit verschwenden dürfen, eine
der Welten unter Ausschluss der anderen zu betrachten. Das ist der Irrtum, in den
viele zur Zeit Jesu verfallen sind, die im Logion des Evangeliums mit den Worten
"die Juden" bezeichnet werden. Diejenigen, die ihr Augenmerk auf das Unsichtbare
richteten, wie der Baum in Jesu Worten, meinten, die Frucht zu hassen, während
diejenigen, die ihre Aufmerksamkeit ausschließlich auf die sichtbare Realität - die
Frucht - richteten, das Wesentliche, den Baum, verleugneten. Die Warnung Jesu ist
für alle Zeiten gültig. Der Weg, den Jesus vorschlägt, um die Intuition des Seins zu
erlangen, erfordert zwingend die Auferweckung des Menschensohns: Dann werdet
ihr erkennen, dass ich es bin." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

44. Jesus sprach: Wer den Vater lästert, dem wird vergeben werden; und wer
den Sohn lästert, dem wird vergeben werden. Wer aber den Heiligen Geist
lästert, dem wird nicht vergeben werden, weder auf Erden noch im Himmel.

Im Philippus-Evangelium lesen wir: "Wer nur gezwungen Sklave ist, kann frei
werden. Wer durch die Gnade seines Herrn frei geworden ist, sich selbst aber wieder
in die Sklaverei verkauft, kann nicht mehr frei werden."

88
Wer frei geworden ist, der hatte auch bereits seine wahre Herkunft und die Sünde
erkannt, denn sonst wäre nicht frei geworden. D.h. er/sie entscheidet sich willentlich
und wissentlich gegen Gott und das Licht und für die Sünde und die Finsternis.

Die Geschichte der gefallenen Engel, die ihre Herrlichkeit beim Vater gegen ihre
niederen Begierden und Gelüste eingetauscht haben, erinnert auch an eine Lästerung
des Heiligen Geistes. Dies ist im Buch Henoch, Kap. 15 zu lesen: "Gehe, sage den
Wächtern des Himmels, welche dich gesendet haben, für sie zu bitten: Ihr solltet
bitten für Menschen und nicht Menschen für euch. Warum habt ihr verlassen den
hohen und heiligen Himmel, welcher ewiglich dauert, und habt gelegen bei Weibern,
euch befleckt mit den Töchtern der Menschen, euch Weiber genommen, gehandelt
wie die Söhne der Erde, und gezeugt eine gottlose Nachkommenschaft? Ihr, die ihr
geistig, heilig seid und ein Leben lebt, welches ewig ist, habt euch befleckt mit
Weibern, habt gezeugt in fleischlichem Blute, habt begehrt des Blutes der Menschen,
und habt getan, wie diejenigen tun, (welche) Fleisch und Blut (sind). Diese jedoch
sterben und kommen um. Darum habe ich ihnen gegeben Weiber, auf dass sie ihnen
beiwohnten, damit Söhne möchten geboren werden von ihnen, und dass dies möge
geschehen auf Erden. Aber ihr wurdet von Anfang an als Geister geschaffen und
besitzt ein Leben, welches ewig ist und seid nicht unterworfen dem Tode bis in
Ewigkeit. Daher machte ich nicht Weiber für euch, dieweil ihr seid geistig und eure
Wohnung ist im Himmel. Nun aber die Riesen, welche geboren sind von Geist und
von Fleisch, werden auf Erden böse Geister genannt werden, und auf Erden wird ihre
Wohnung sein. Böse Geister werden hervorgehen aus ihrem Fleisch, weil sie
geschaffen wurden von oben; von den heiligen Wächtern war ihr Anfang und
ursprüngliche Gründung. Böse Geister werden sie sein auf Erden, und Geister der
Gottlosen werden sie genannt werden. Die Wohnung der Geister des Himmels soll
sein im Himmel, aber auf Erden wird sein die Wohnung der irdischen Geister, welche
geboren werden auf Erden. Die Geister der Riesen (werden sein wie) Wolken, welche
bedrücken, verderben, fallen, streiten und verletzen werden auf Erden. Sie werden
veranlassen Wehklage. Keine Speise werden sie essen, und sie werden dürsten; sie
werden verborgen sein und nicht immer sollen sich erheben die Geister gegen die
Söhne der Menschen und gegen die Weiber; denn sie kamen hervor während der Tage
des Blutvergießens und der Vernichtung."

Auch im Johannes-Evangelium lesen wir, dass der Mensch, der sündigt, Knecht der
Sünde ist und somit nicht zu Gott und Christus gehört. Dieses Thema sollte also von
jedem, der sich als Nachfolger Yahshuas bezeichnet, mehr als gründlich geprüft
werden. Im Philippus-Evangelium heißt es in einer sehr aufschlussreichen Passage:
"Solange wir in dieser Welt sind, müssen wir alles tun, um die Auferstehung zu
erlangen, damit wir, wenn wir das Fleisch ablegen, in der Ruhe gefunden werden,
und nicht in die Orte des Zwischenreichs geraten. Denn viele verirren sich auf dem
Weg: Da ist es gut, wenn der Geist aus der Welt herausfindet, bevor der Mensch
gesündigt hat (d.h. in seinen Sünden stirbt). Manche Menschen wollen die Sünde
nicht und sind auch nicht fähig, zu sündigen. Andere wollen die Sünde. Auch wenn
sie sie dann nicht tun, hilft es ihnen nichts, denn ihr Wollen bindet sie an die Sünde.

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Es mag auch welche geben, die die Sünde nicht wollen - aber sie doch tun. Die
erfüllende Gerechtigkeit wird sich beiden entziehen: Denen, die nicht wollen, und
denen, die nicht tun. Wer die Erkenntnis der Wahrheit hat, ist frei. Der Freie aber
sündigt nicht, denn wer Sünde tut, ist der Sünde Knecht. Die Wahrheit ist die Mutter.
Die Erkenntnis ist der Vater. Die, die nicht die Freiheit haben, gegen die Welt zu
sündigen, nennen sich Freie, die nicht die Freiheit haben zu sündigen. Denn die
Erkenntnis der Wahrheit erhebt zwar ihre Herzen, das heißt, macht sie frei, und
bewirkt, dass sie sich über den Ort (dieser Welt) erheben. Die Liebe, aber ist immer
dienstbar. Wer also frei geworden ist durch die Erkenntnis, ist Knecht durch die
Liebe. Knecht derer, die noch nicht frei werden konnten, dadurch, dass sie die
Erkenntnis aufnahmen. Die Erkenntnis aber macht sie dann fähig zur Freiheit."

Vor dem Kommentar des Autors auf https://www.gospelofthomas-interpretation.com/


möchte ich noch etwas zu dem Begriff Sünde sagen, den der Autor ebenfalls
aufgreift, und der auch im Neuen Testament neu definiert wird, vor allem auch in den
Briefen des Paulus, denen gegenüber ich sehr skeptisch bin aufgrund vieler eklatanter
Irrlehren und der Tatsache, dass die wahren, von Yahshua erwählten Apostel, die ihn,
im Gegensatz zu Paulus, der ihn nie gesehen hatte, jahrelang kannten und mit ihn
gewandelt sind, Paulus als Apostel abgelehnt haben, was unmittelbar aus der Bibel
hervorgeht, nämlich vor allem aus den Briefen an die Galater und die Korinther und
auch dem des Jakobus. Nur wird dies, wenn man sich des Konfliktes zwischen den
beiden aufgrund der Unwissenheit über die wahren Lehren Yahshuas, vor allem auch
was den Fleischverzehr betrifft, sehr leicht überlesen und somit nicht erkannt. Im
heutigen Mainstream-Christentum spielt die Sünde trotz der eindringlichen und
deutlichen Warnungen Yahshuas, z.B. dass man sich lieber ein Auge ausreißen oder
eine Hand abhacken soll, um lieber einäugig oder einhändig ins ewige Leben
einzugehen, als in den zweiten Tod, nahezu keine Rolle mehr. Es wird gelehrt, dass
Yahshua alles für uns erfüllt habe, dass er das Gesetz abgeschafft habe, und wir der
Sünde gegenüber gestorben seien, da wir das Gesetz nun nach dem Geist und nicht
mehr nach dem Buchstaben hielten. Im übertragenden Sinne sind diese Aussagen
auch richtig, sie treffen aber nur dann zu, wenn das heilige Gesetz der Liebe zu aller
Schöpfung und der Heiligkeit allen Lebens in unserem Herz geschrieben steht und
wir stets bemüht sind, es im Geist der Liebe und Barmherzigkeit zu halten und zu
erfüllen. Denn dort, wo die göttliche Liebe ist und im täglichen Leben ihren Ausdruck
findet, braucht es kein Gesetz mehr, da die Liebe, die zum Wohl aller Geschöpfe tut,
die Erfüllung des Gesetzes ist. Yahshua, d.h. der innewohnende Christus, „bezahlt“
für unsere Sünden, indem er uns den Weg, die Wahrheit und das Leben zeigt und auf
den schmalen Pfad führt, einen Weg bzw. Pfad, den aber trotzdem jeder einzelne
selber gehen muss. Er hat das Gesetz abgeschafft, indem er uns zeigte, was göttliche
Liebe ist und dass sie sich auf alle Geschöpfe ausgießt, und somit das Gesetz
überflüssig machte, da die Liebe niemandem etwas Böses tut. Somit sind wir, wenn
wir den „Christus angezogen“ und das „Fleisch abgelegt“ haben, der Sünde
gegenüber gestorben, was aber ein Kampf ist, den jeder selbst mit der Hilfe der Kraft
des Heiligen Geistes führen und schließlich gewinnen muss.

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Erst wenn wir das Fleisch und seine Gelüste und Begierden, die in Feindschaft mit
dem Leben des Geistes stehen, überwunden haben, können wir das Gesetz nach dem
Geist halten und leben. Aussagen wie „alles, was nicht aus dem Glauben kommt, ist
Sünde“ werden oftmals als Freibrief dazu hergenommen, frei zu sündigen, ohne ein
schlechtes Gewissen bekommen zu müssen. Solche Aussagen sind jedoch ohne das
rechte Verständnis mehr als gefährlich, denn nur weil ich glaube, dass Unzucht und
Ehebruch oder seinen Bruder zu hassen keine Sünde ist, macht es das noch lange
nicht dazu, denn Yahshuas eigene Aussage sprechen eine unmissverständliche
Sprache. Wer allerdings lieber Paulus folgen möchte als dem, den er als seinen Herrn
und Erlöser bezeichnet, der tut dies, wie auch alles andere, auf eigene Verantwortung
und kann somit logischerweise auch niemand anderen dafür verantwortlich machen
als nur sich selbst. Denn alles, jeder einzelne Gedanke, jedes Wort und jede Tat liegt
in unserer alleinigen Entscheidung und Verantwortung. Dies ist der Segen oder auch
der Fluch des freien Willens. Was ich hiermit ausdrücken möchte, ist, dass ich nicht
die Verantwortung für die Sünden und die Vergebung anderer übernehmen kann,
indem ich ihnen sage, das dürft ihr tun, jenes aber nicht, sondern jeder einzelne muss
und wird eigenverantwortlich denken, reden und handeln, denn jeder einzelne wird
allein nach seinen Werken gerichtet werden, und nicht nach seinem Glauben. Es
obliegt also jedem selbst, was er als Sünde betrachtet und wie er damit umgeht. Auch
möchte ich noch einmal betonen, dass ich die Zitate des Autoren der genannten
Webseite nicht uneingeschränkt als richtig betrachte und verkünde, sondern sie sollen
dazu dienen, dass der Einzelne besser versteht und inspiriert wird, sich selbst damit
auseinanderzusetzen und mit Gottes Hilfe Erkenntnis über die Aussagen Yahshuas in
diesem Evangelium zu bekommen.

"Um dieses Logion zu verstehen, muss man den verborgenen Sinn von Sünde und
Vergebung und das Heilswirken des Geistes, der das Herz des Menschen mit dem
bewässert, was das Johannesevangelium Quellen lebendigen Wassers nennt, gut
verstehen. Die drei Namen der dreifachen Beziehung, die das Logion in der richtigen
Reihenfolge aufführt, teilen im Wesentlichen eine einzige Natur in der Einheit. So ist
es zunächst überraschend zu lesen, dass die Lästerung, die Sünde gegen den Vater
und den Sohn, vergeben wird, die gegen den Heiligen Geist aber nicht. Der Mensch
empfängt den Geist Gottes durch den Atem des Sohnes; es ist Gott, oder besser
gesagt, der Finger Gottes, um den heiligen Lukas zu zitieren, der den Menschen
befähigt, das Reich Gottes zu erlangen, und es ist schwer zu verstehen, warum die
Sünde gegen den Finger schlimmer sein soll als die gegen die Hand oder den Atem.
Dieser paradoxe Logion verlangt nach einer Klärung, aber der erste Schritt dazu muss
darin bestehen, die Sünde durch eine neue Lektüre des Evangeliums zu verstehen, die
ihren verborgenen Aspekt voll berücksichtigt. Da Gott die Gerechtigkeit und das
Gesetz ist, ist er der Maßstab für Recht und Unrecht. Das rein religiöse Konzept des
Evangeliums zielt daher nicht so sehr darauf ab, die Sünde zu vermeiden und damit
die Überschreitung der heiligen Grenzen zu verhindern, so wichtig das auch sein
mag, sondern vielmehr darauf, in jedem Menschen sein eigenes Maß zu finden. Jeder
Mensch benutzt ein Maß, einen Maßstab, mit dem er die anderen, die Welt und sich
selbst misst, und wird folglich auch daran gemessen werden.

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Wenn dieser Maßstab falsch ist, d.h. nicht dem heiligen Maßstab Gottes entspricht, ist
der Mensch notwendigerweise ein Sünder, der die von der Gerechtigkeit gesetzten
Grenzen überschreitet, der sich von Gott abgewandt hat; aber der richtige Maßstab,
der wirkliche Maßstab, ist immer der heilige Maßstab, das wahre Maß der
Gerechtigkeit. Das wesentliche Ziel der Verkündigung des Evangeliums besteht
darin, die Wege des Herrn im Menschen zu begradigen, damit der Herr im Himmel
als der verborgene Christus im Innern in jedem Menschen geboren wird und so in
jedem das wahre und genaue Maß seiner selbst offenbart. Die Entdeckung des
heiligen Maßes, das sich der Ungerechtigkeit und der Sünde widersetzt, setzt die
Verwandlung des so regenerierten Menschen in Gang und wendet ihn der
Gerechtigkeit und Gott zu. Das erklärt, warum Jesus gesagt hat: Johannes ist zu euch
gekommen, um in der Gerechtigkeit zu wandeln. Über die traditionelle Sicht der
Sünde hinaus, die den Sünder als Nichtjuden ansah, der die Gebote Gottes nicht kennt
und die geweihten Rituale und Zeremonien nicht praktiziert, dehnt Jesus den
Geltungsbereich der Sünde auf alle aus, die nicht von oben geboren sind. Das erklärt,
wie er bei einer bestimmten Gelegenheit sagen konnte, ohne dass jemand ihm
widersprach: Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein. In diesem tieferen, höheren
Sinn der Sünde, der in jedem Menschen, der die zweite Taufe, die vom Geist kommt,
nicht empfangen hat, einen Mangel an Gerechtigkeit sieht, deckt sich Jesus mit der
Heiligen Schrift. Die Ungerechten, die Sünder, werden das Reich Gottes nicht erben,
und da das Evangelium behauptet, dass es gekommen ist, um diesem Elend ein Ende
zu bereiten, leistet Jesus den Sündern Gesellschaft und erklärt allen: Ich bin nicht
gekommen, um die Tugendhaften zu rufen, sondern die Sünder. In Wahrheit ertönt
der innere Ruf Christi für alle, doch einige sind unheilbar krank und können den vom
Geist gehauchten Atem nicht hören. Jene gesegneten Sünder, die nach Gerechtigkeit
hungern und dürsten, können ihn besser hören, weil sie durch die dicken Gitterstäbe
ihrer Unwissenheit über Gott hindurch den schwachen Schimmer des Glaubens und
der Erkenntnis erblicken, der ihrem Bewusstsein ihr Maß offenbart, so dass sie sich
des pneumatischen Menschen bewusst werden, der jeder von uns in Wirklichkeit ist.
Das ist es, was Jesus meint, wenn er im Evangelium einer improvisierten jüdischen
Zuhörerschaft erklärt, die in Wirklichkeit alle Menschen repräsentiert: Wenn ihr nicht
glaubt, dass ich es bin, werdet ihr in euren Sünden sterben, oder, wie der Apostel
abschließend sagt, denn alles, was nicht aus dem Glauben kommt, ist Sünde. Gegen
die Sünde verkündet das Evangelium die Vergebung, die im tiefsten Sinne Freiheit
bedeutet, so wie die Sünde Sklaverei ist. Als Jesus zu Beginn seines Wirkens in
Nazareth die Frohe Botschaft verkündet, kündigt er offen an, dass er gekommen ist,
um den Gefangenen die Freiheit zu verkünden, d.h. die Freiheit vom Gesetz der
Sünde und des Todes für alle, die dem Leben in Christus Jesus fern sind bzw. waren.
Der erste, der diese Befreiung von der Sünde verkündete, war Johannes der Täufer,
als er Jesus auf sich zukommen sah: Seht das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt
wegnimmt. Der evangeliumsgemäße Weg Johannes des Täufers, Gefangene zu
befreien, bestand darin, die Taufe der Buße und der Umkehr (Metanoia) zur
Vergebung der Sünden zu verkünden. Diese erste Taufe oder das Eintauchen in
Wasser, in die Seele, ist an sich eine Bekehrung des Geistes, die eine anhaltende
innere Betrachtung einleitet, die von Natur aus eine Reinigung des Bewusstseins ist.

92
In seiner Epistel fasst Jakobus dieses Werk der Reinigung mit einem einfachen
Ausdruck zusammen: Bekennt einander eure Sünden; aber das Ergebnis dieses
langen, beharrlichen Eintauchens in das eigene Bewusstsein, das seinen Inhalt und
sein Verhalten prüft, bis es klar und rein genug ist, um die transparente Betrachtung
des eigenen Selbst - des Ich Bin - zu erlauben, zeigt sich in in Lukas 1:77, wenn
Zacharias, erfüllt vom Heiligen Geist, es als das benennt, was es zweifellos ist: Die
Erkenntnis des Heils. Um die innere Geburt des Menschensohnes, des von oben
Geborenen, zu erlangen, reicht die Wassertaufe jedoch nicht aus; sie muss in den
Flammenzungen der Erkenntnis zur Taufe oder zum Eintauchen in den Geist führen,
der auf das Bewusstsein herabsteigt, um von ihm wahrgenommen zu werden; denn es
heißt, was aus dem Geist geboren wird, ist Geist. Es ist der Geist, der von Gott
kommt und die Tiefen aller Dinge erreicht, der in das innerste Bewusstsein des
Menschen hinabsteigt, in die Tiefen des Menschen, die nur von seinem eigenen Geist
erkannt werden können. So spricht der Apostel und bekräftigt, dass es der Geist ist,
der uns die verborgene Weisheit Gottes offenbart, die Gott zu unserer Herrlichkeit
vorherbestimmt hat, bevor die Zeitalter begannen. Und Paulus schließt mit einem
Fragment aus einem Psalm von Jesaja, in dem er versucht, uns etwas von der
Herrlichkeit zu zeigen, die Gott für uns vorbereitet hat: Die Dinge, die kein Auge
gesehen und kein Ohr gehört hat, Dinge, die über den Verstand des Menschen
hinausgehen, all das, was Gott für diejenigen vorbereitet hat, die ihn lieben. In dem
langen, tiefgründigen Abschnitt, der als Abschiedsgruß bekannt ist, kündigt Jesus
denen, die ihn lieben, in Vorbereitung auf seinen bevorstehenden Tod an, dass in
seiner Abwesenheit der Geist der Wahrheit für immer bei euch sein wird, denn er ist
bei euch, er ist in euch. Er sagt nicht, dass er in sie eintreten wird, um in ihnen zu
wohnen, denn der Geist war bereits in ihnen, und das wussten sie; sondern sie werden
ihn als den Tröster empfangen, damit ihre Augen den Geist der Wahrheit sehen, ihre
Ohren ihn hören und ihr Herz die Herrlichkeit findet, die für sie vorbereitet war,
bevor die Zeiten begannen. Der Apostel liefert dazu eine wichtige Information, wenn
er sagt: "Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes in euch
ist, den ihr von Gott habt, und dass ihr nicht euch selbst gehört? Denn ihr seid um
einen Preis erkauft worden. Verherrlicht nun Gott mit eurem Leib!" Der Vorbote ist
immer der Glaube, die starke Gewissheit, dass ich das bin, was ist, der Glaube, den
wir haben müssen, wenn wir nicht in unseren Sünden sterben wollen. Dann kommen
in die Dunkelheit der Seele die ersten Schimmer der verborgenen Weisheit Gottes, die
der Geist als Tröster zu uns trägt. Diese ersten Anzeichen des Kommens des Geistes
können sich auf vielerlei Weise manifestieren: Wie Wasser, das aus einer
unerschöpflichen Quelle sprudelt, wie ein sanfter Regen der Glückseligkeit, wie das
ferne Tosen der tosenden Meere oder das Pfeifen des Windes im Schilf; Schritt für
Schritt entdeckt die Seele ihren ewigen Bräutigam, ihr wahres Wesen, das für sie
vorherbestimmt ist, seit die Zeit begann. Bei dieser Hochzeit wird die Seele mit dem
süßen Duft des Lebens überflutet, der zum Leben führt; und dann folgt der heilige,
unerklärliche Akt der Verklärung. Das äußere Kleid der Sünde fällt ab, und mit ihm
das falsche Maß der Unwissenheit und des Todes. Was von der innersten Seele bleibt,
das neue Gewand, ist die Tatsache des Seins, die Wahrheit des ICH BIN, die Identität
mit dem Geist, mit dem Menschensohn, mit dem ewigen Christus,

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dem bisher verborgenen Gast. Lukas erzählt in der Apostelgeschichte in einer
symbolträchtigen Episode von den Anfängen, den ersten Andeutungen dieser
Ausgießung des Geistes zu Pfingsten. Dieser brennende Regen der Weisheit und der
Glückseligkeit ist gewiss die erneute Besiegelung mit dem Geist, den Gott uns
gegeben hat, indem er ihn als Zeichen seiner Verheißung, als Vorgeschmack auf seine
Herrlichkeit in unsere Herzen gelegt hat. Johannes schreibt in seinem Evangelium
von diesem Vorgeschmack an Pfingsten, der demjenigen bereitet wird, der mit fester
Überzeugung und mit liebendem Glauben die Manifestation seines eigenen ICH BIN
betrachtet. Sein Bericht mag weniger spektakulär sein als der des Lukas, aber
vielleicht geht er tiefer. Darin erzählt er, wie der auferstandene Jesus seinen Jüngern
erschien, sie anhauchte und sagte: Empfangt den Heiligen Geist. Das bedeutete nicht,
dass der Geist nicht schon seit Ewigkeiten in ihnen wohnte; vielmehr öffnete er ihnen
Augen und Ohren, damit sie ihn in ihre Seelen aufnehmen und die Herrlichkeit in
ihren Herzen finden konnten. Dies war der Hauch Gottes, der die Sünde vertreibt und
das vollkommene Maß eines jeden von uns offenbart; der Hauch, der Jesus vom Vater
gesandt wurde, wie er ihn nun in all jene sendet, die an ihr ICH BIN glauben. So
wurde das Gesetz erfüllt, wonach derjenige, der den Odem empfängt, ihn offenbaren
muss, so wie eine Lampe nicht unter einem Scheffel steht, sondern auf einen
Leuchter gestellt wird, damit sie das Verborgene offenbart. Die Forderung, den
einmal empfangenen Duft des Geistes zu offenbaren, ist nicht weniger vom Gesetz
vorgeschrieben als die Lampe, von der die Evangelien sprechen. Wenn die Lampe ihr
Licht ausstrahlt, soll sie jedem das Maß seiner selbst offenbaren, das genau dem des
Gerechten entspricht und ihn so von der Sünde befreit. Wir sprechen hier nicht von
aufeinanderfolgenden Handlungen, sondern von einer einzigen, so wie das Trinken
von Wasser den Durst löscht, auch wenn das nicht das Ziel war. Wer den erneuerten
Atem des Geistes (nicht den zuerst als Vorzeichen der Herrlichkeit empfangenen) in
sein Innerstes aufnimmt, findet sich im Geist wieder und ist frei von Sünde. Die so
erlangte Freiheit ist die Vergebung der Sünden, die Befreiung des Gefangenen. Durch
das Gesetz der Lampe auf dem Leuchter wird der soeben befreite Mensch durch die
Autorität des Sohnes zu einem Gesandten, der seinerseits den Geist auf alle
Gläubigen aushauchen kann, auch auf diejenigen, die nicht gesehen haben. Dieser
Akt des Anhauchens oder der Salbung mit dem Geist und die Vergebung der Sünden
sind ein und dasselbe, wie das Evangelium deutlich zeigt, wenn Jesus zu denen sagt,
die er gerade angehaucht hat: Wessen Sünden ihr vergebt, dem sind sie vergeben. Er
hat nicht gesagt, dass sie vergeben werden, sondern dass sie vergeben sind; der
Gefangene ist frei. Das eigene Maß genau zu kennen, bedeutet, das wahre Maß zu
kennen, die Gerechtigkeit zu kennen. Wer jedoch aufgrund der Schwäche seines
Glaubens den Hauch des Heiligen Geistes nicht empfängt, bleibt ein Sünder, dessen
Sünden ihm vorgehalten werden, bis er zum Glauben kommt, dass der Geist in ihm
wohnt. Dieser Unglaube ist das, was der Logion als Lästerung des Heiligen Geistes
bezeichnet. Die Wirkung dieser Sünde, solange sie andauert, ist, dass diejenigen, die
ihrer schuldig sind, weder in dieser Welt noch in der des Geistes Freiheit oder
Vergebung finden." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

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45. Jesus sprach: Man erntet keine Trauben von den Dornen, noch pflückt man
Feigen vom Kameldorn. Denn sie bringen keine Frucht. So bringt ein guter
Mensch etwas Gutes hervor aus seinem Besitz. Ein schlechter Mensch bringt
Schlechtes hervor aus seinem Besitz, der in seinem Herzen ist. Er sagt
Schlechtes, aus dem Überfluss seines Herzens bringt er schlechtes hervor.

Aus dem Herzen entspringen alle guten, aber auch alle bösen Gedanken und
Absichten. Wenn unser Herz nicht durch den Heiligen Geist beschnitten und von aller
Hartherzigkeit gegenüber dem Licht und der Liebe Gottes befreit wurde, dann
entspringen aus ihm die Dinge, die den Menschen ins Verderben führen. "Denn aus
dem Herzen kommen hervor böse Gedanken: Mord, Ehebruch, Unzucht, Diebstahl,
falsche Zeugnisse, Lästerungen; diese sind es, die den Menschen verunreinigen."
(Matthäus 15:18-19). Was also nutzt eine Beschneidung im Fleisch, wenn der Geist
und infolge dessen auch das Herz nicht durch die Empfängnis der heiligen Geistes
beschnitten wurde? Im Evangelium des vollkommenen Lebens sagt Yahshua dazu:
"Für die, welche in Christus sind, gibt es weder Beschneidung noch Blutvergießen."
In Logion 53 lesen wir: "Seine Jünger sagten zu ihm: Ist die Beschneidung nützlich
oder nicht? Er antwortete: Wenn sie nützlich wäre, würde der Vater die Kinder schon
beschnitten aus den Müttern zeugen. Aber die wahre Beschneidung im Geist ist
ungemein nützlich." In der Essener Kommunion mit dem Engel der Liebe lesen wir:
"Liebevolle Worte sind wie eine Honigwabe, süß für die Seele und Gesundheit für die
Knochen. Die Worte eines Mannes Mund sind wie tiefe Wasser und die Quelle der
Liebe wie ein fließender Bach. Was verlangt das Gesetz von dir, als recht zu tun und
Barmherzigkeit zu lieben und demütig zu wandeln mit deinem Gott und seinen
Engeln? Dadurch wissen wir, dass der Engel der Liebe in uns wohnt, wenn wir den
himmlischen Vater lieben und sein Gesetz halten." Unsere Worte können Leben
bringen oder Tod, Segen oder Fluch. Da sowohl Böses als auch Gutes aus dem
Herzen kommt, sollten wir immer darauf bedacht sein unsere Zunge zu zügeln und
nichts im Zorn sagen, was wir später nur bereuen würden. Dies ist alles andere als
eine leichte Aufgabe und bedarf der göttlichen Liebe, die alles im Licht von Weisheit
und Liebe betrachtet und auch die liebt, die ihn bzw. uns hassen, verfolgen und
verfluchen. Yahshua sagte "Ein guter Mensch bringt Gutes hervor aus dem guten
Schatz seines Herzens; und ein böser bringt Böses hervor aus dem bösen. Denn wes
das Herz voll ist, des geht der Mund über." (Lukas 6:45). Auch in den Sprüchen
Salomos wird sehr viel darauf eingegangen, wie wichtig unsere Worte sind und dass
die Zunge des Gerechten stets Segen gebende, Frieden stiftende und erbauende Worte
hervorbringt. Auch Jakobus warnte vor der Kraft der Zunge, die wie er sagt niemand
bändigen kann und die sogar unseren gesamten Dienst an Gott nichtig werden lassen
kann und „das Rad der (Wieder-)Geburt“ weiter drehen lassen kann: "Wenn jemand
meint, er diene Gott, und hält seine Zunge nicht im Zaum, sondern betrügt sein Herz,
so ist sein Gottesdienst nichtig." (Jakobus 1:26). Und weiter: "Wenn jemand nicht im
Wort strauchelt, der ist ein vollkommener Mann, fähig, auch den ganzen Leib zu
zügeln.... Siehe, auch die Schiffe, die so groß und von heftigen Winden getrieben
sind, werden durch ein sehr kleines Steuerruder gelenkt, wohin das Trachten des
Steuermanns will.

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So ist auch die Zunge ein kleines Glied und rühmt sich großer Dinge. Siehe, welch
kleines Feuer, welch einen großen Wald zündet es an! Auch die Zunge ist ein Feuer;
als die Welt der Ungerechtigkeit erweist sich die Zunge unter unseren Gliedern, als
diejenige, die den ganzen Leib befleckt und das Rad des Lebens der Geburt entzündet
und von der Hölle entzündet wird... die Zunge aber kann keiner der Menschen
bändigen; sie ist ein unstetes Übel, voll tödlichen Giftes. Mit ihr preisen wir den
Herrn und Vater, und mit ihr fluchen wir den Menschen, die nach dem Bild Gottes
geschaffen worden sind. Aus demselben Mund geht Segen und Fluch hervor. Dies,
meine Brüder, sollte nicht so sein! Die Quelle sprudelt doch nicht aus derselben
Öffnung das Süße und das Bittere hervor?" (Jakobus 3:2-11). Die Wichtigkeit unserer
Worte kann also nicht ausdrücklich genug betont werden, denn sie machen den
Unterschied, ob wir zu Gott gehören, oder nicht. Das ist es auch, was es m.E.
bedeutet, durch den Heiligen Geist in „neuen, fremden Zungen zu reden“, nämlich in
Zungen, die Gott loben und preisen, und die keinen Menschen verfluchen oder
lästern. Nur dann kann der Mensch lernen, seine Zunge zu bändigen und zu zügeln
und sie zum Instrument Gottes zu machen. Im siebenfältigen Frieden der Essener
lesen wir, dass alles, was wir sagen und tun, seinen Ursprung im Geist, im Gedanken
hat. Deswegen sahen sie den Gedanken als größte und wichtigste Kraft an, die es
stets gilt, in Gewahrsam zu haben. Denn wer das Entstehen seiner Gedanken in
Gewahrsam hat und allezeit prüft, ob diese im Einklang mit Weisheit, Frieden und
Liebe sind, der wird nur Gutes denken, und somit auch sagen und tun: Im
siebenfältigen Frieden der Essener heißt es: "Ja, durch die Engel der Kraft, der Liebe
und der Weisheit werdet ihr die sieben Wege des unendlichen Gartens wandern
müssen, und euer Körper, euer Herz und euer Geist werden sich zu einer Einheit
vereinigen auf dem heiligen Flug zum himmlischen Meer des Friedens. Ja, wahrlich,
ich sage euch, die Wege sind sieben durch den unendlichen Garten, und jeder muss
durch den Körper, das Herz und die Seele gegangen sein, damit ihr nicht stolpert und
in den Abgrund der Leere fallt. Denn wie ein Vogel nicht mit einem Flügel fliegen
kann, braucht auch der Vogel der Weisheit zwei Flügel der Kraft und der Liebe, um
über den Abgrund zum heiligen Baum des Lebens zu fliegen. Denn der Körper allein
ist wie ein verlassenes Haus, das man von weitem sieht und sagt: Was man für schön
gehalten hat, ist doch nur eine trostlose Ruine beim Herannahen. Unser Körper allein
ist ein Wagen aus Gold, dessen Hersteller ihn auf ein Podest stellt, weil er nicht will,
dass er durch den Gebrauch schmutzig wird. Doch als ein goldener Götze ist es
hässlich und ohne Liebreiz, denn nur wenn es in Bewegung ist, offenbart es seinen
Zweck. Wie die hohle Schwärze eines Fensters, wenn der Wind die Kerze löscht, ist
der Körper allein, wenn er ohne Herz und ohne Geist ist, die ihn mit Licht füllen. Und
das Herz allein ist eine Sonne ohne Erde, auf die sie scheinen kann. Ein Licht in der
Leere, ein Wärmeball ertränkt in einem Meer der Schwärze. Denn wenn ein Mann
liebt, aber es keine gute Hand gibt, um sich nach guten Werken auszustrecken, und
keine Gedanken, die die Flammen der Begierde zu einem Teppich aus Psalmen
weben, so wendet er sich nur zu seiner eigenen Zerstörung. Wie ein Wirbelwind in
der Wüste ist das Herz allein, ohne Körper und ohne Verstand, die es singend durch
die Zypresse und die Kiefer führen. Und der Geist allein ist wie eine heilige Rolle,
die mit den Jahren abgenutzt ist und begraben werden muss.

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Die Wahrheit und Schönheit seiner Worte haben sich nicht geändert, aber die Augen
können die verblichenen Buchstaben nicht mehr lesen, und sie zerfällt in den Händen.
So ist der Geist ohne das Herz, um ihm Worte zu geben, und ohne den Körper, um
seine Taten zu vollbringen. Denn was nützt die Weisheit, ohne ein Herz um zu fühlen
und eine Zunge, um ihr eine Stimme zu geben? Unfruchtbar wie der Leib einer alten
Frau ist der Geist allein, ohne Herz und ohne Körper, die ihn mit Leben füllen. Denn
siehe, ich sage euch wahrlich, der Körper und das Herz und der Geist sind wie ein
Wagen und ein Pferd und ein Fahrer. Der Wagen ist der Körper, geschmiedet in Kraft,
um den Willen des himmlischen Vaters und der irdischen Mutter zu tun. Das Herz ist
das feurige Ross, prächtig und tapfer, das den Wagen wacker zieht, egal ob die Straße
eben ist oder ob Steine und umgestürzte Bäume in seinem Weg liegen. Und der
Fahrer ist der Verstand, er hält die Zügel der Weisheit und sieht von oben, was am
Horizont liegt, und bestimmt den Kurs der Hufe und der Räder. Hört, ihr Himmel,
und ich werde sprechen, höre, o Erde, die Worte, die aus meinem Mund kommen.
Meine Lehre soll fallen wie der Regen, meine Rede soll nieder träufeln wie der Tau,
wie der kleine Regen auf dem Kraut und wie die Schauer auf dem Gras." Auch im
EHGOC spricht Yahshua davon, dass Böses nur aus der Wurzel des Bösen kommen
kann, genau wie Gutes und Heiliges nur aus der heiligen Wurzel. Auch in den
biblischen Evangelien versinnbildlicht er dies mit dem Beispiel eines Baumes, wobei
ein guter Baum nur gute Früchte und ein schlechter Baum nur schlechte Früchte
hervorbringen kann: "Denn wie ihr in diesem Leben Unrecht getan und Schaden
angerichtet habt in der großen Familie Gottes, so werden eure Seelen dafür angeklagt
werden. Denn ich sage euch, der Satan bereitet einen Ort für das Böse und sein
Gericht vor, und niemand, der kein Gerechter ist, kann davor fliehen. Denn durch das
Böse richtet und verurteilt der Satan die Seelen von vielen. Wie also wollt ihr dem
Urteil von Gehenna entfliehen, wenn ihr meine unschuldigen Kreaturen schlecht
behandelt? Wisset, dass die Blutschuld eines Menschen oder eines Tieres das
Verbrechen von Dämonen ist, denn es stammt vom Bösen und Gott ist weit entfernt
von denen, die auf diese Weise sündigen. Flieht vor der Blutschuld und kümmert
euch vielmehr um die unschuldigen Geschöpfe, so wie ihr euch um eure eigenen
Kinder sorgt, die ihr liebt und wertschätzt. Und fallt nicht dem Urteil des Bösen zum
Opfer, denn dieser verlangt Auge für Auge und Leben für ein Leben, denn Rache und
Vergeltung gehören nur diesem Bösen, der behauptet, wie Gott zu sein, aber in
Wahrheit ist er ein Lügner und der Vater der Lüge. Denn ich sage euch, euer Vater-
Mutter-Gott im Himmel sucht weder Rache noch Vergeltung, sondern steht über den
Gedanken selbsternannter falscher Götter, die durch ihre Unwissenheit die Erde im
Irrtum und in der Sünde beherrschen. Denn welche Gemeinschaft hat das Licht mit
der Finsternis, oder wie kommt etwas Sauberes und Reines von etwas Unsauberem
und Unreinem? Ich sage euch, es kann nicht geschehen, denn der Satan spricht nach
dem Bösen seiner Unwissenheit und badet in der Finsternis seiner Selbsterschaffung,
doch die Heiligen hingegen wohnen in dem unnahbaren Licht, wo keine Finsternis
sich nähern kann. Ja, das Böse kommt aus der Wurzel des Bösen, und das Gute
kommt aus der heiligen Wurzel; kenne deine Wurzeln und sei frei von der Sklaverei
und der Knechtschaft Satans."

97
In den gnostischen Schriften lesen wir auch von dem „widersetzlichen Geist“, den der
Demiurg über die Menschen gebracht hat, den Geist der Welt, wie er in der Bibel
genannt wird. Johannes warnt uns und sagt: "Geliebte, glaubt nicht jedem Geist,
sondern prüft die Geister, ob sie aus Gott sind! Denn viele falsche Propheten sind in
die Welt hinausgegangen. Hieran erkennt ihr den Geist Gottes: Jeder Geist, der Jesus
Christus, im Fleisch gekommen, bekennt, ist aus Gott; und jeder Geist, der nicht
Jesus bekennt, ist nicht aus Gott; und dies ist der Geist des Antichristen, von dem ihr
gehört habt, dass er kommt, und jetzt ist er schon in der Welt. Ihr seid aus Gott,
Kinder, und habt sie [die falschen Propheten] überwunden, weil der, welcher in euch
ist, größer ist als der, welcher in der Welt ist. Sie sind aus der Welt, deswegen reden
sie aus dem Geist der Welt, und die Welt hört sie. Wir sind aus Gott; wer Gott
erkennt, hört uns; wer nicht aus Gott ist, hört uns nicht. Hieraus erkennen wir den
Geist der Wahrheit und den Geist des Irrtums." Im Apokryphon des Johannes sagt
Yahshua zu ihm: "Wenn der Geist auf sie herabgestiegen ist, werden sie in jedem Fall
gerettet werden, und sie werden sich wenden (zum Besseren). Denn die Kraft wird
auf jeden Menschen herabsteigen, denn ohne sie kann niemand Bestand haben.
Nachdem sie aber geboren wurden, dann, wenn der Geist des Lebens mächtig wird
und die Kraft kommt und jene Seele stärkt, kann sie niemand in Verirrung führen
durch die Werke des Bösen. Aber diejenigen, auf die der widersetzliche Geist
herabsteigt, werden von ihm gezogen und in Verirrung gebracht."

"Der Schatz, der gute Schatz, ist der Geist Gottes, der bei euch ist, er ist in euch - wie
wir bereits wissen - im Innersten des Menschen. Wie der süße Duft des Lebens, der
zum Leben führt, salbt der Geist diejenigen, die an den Menschensohn glauben, mit
dem feinen und ewigen Regen der Weisheit und der Glückseligkeit. Deshalb
vergleicht Matthäus in seinem Gleichnis diesen Schatz mit dem Himmelreich.
Manche aber sammeln in ihrem verstockten Herzen einen bösen Schatz an, der aus
verdorbenen Dingen besteht; und aus diesem Herzen, so sagt das Evangelium,
kommen böse Absichten. Der Logion stellt also das Gute, das der gute Schatz
hervorbringt, dem Bösen gegenüber, das aus dem verdorbenen Schatz hervorgeht.
Das Gute ist das Wort, und das Böse sind die unreinen Worte, die aus einem
verstockten Herzen kommen und den Menschen unrein machen, noch bevor er sie
ausgesprochen hat. Aus dem Wort kommen Worte, die niemals durch menschliche
Weisheit gelernt werden können, sondern nur durch den Geist gelehrt werden. Jesus
erklärt mehrmals den Ursprung seiner eigenen Worte, indem er sagt, dass derjenige,
den Gott gesandt hat, den er angehaucht hat, den er gesalbt hat, Gottes eigene Worte
spricht. Gott schenkt ihm den Geist ohne Vorbehalt; dann fügt er in zutiefst
tröstlichen Worten hinzu, dass ein Kind Gottes auf die Worte Gottes hört. Die Worte,
die von Gott kommen, die Worte des Geistes, sind nicht vergänglich wie menschliche
Worte, sondern sie tragen, da sie in wahrer Weisheit begründet sind, den Sinn ihrer
eigenen Ewigkeit in sich. Das sagt Jesus ganz ausdrücklich: Himmel und Erde
werden vergehen, aber meine Worte werden niemals vergehen. Nachdem er erklärt
hat, dass es einen guten und einen schlechten Schatz gibt, fügt der heilige Matthäus in
seinem Evangelium hinzu: "Durch eure Worte werdet ihr freigesprochen und durch
eure Worte verurteilt werden." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

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46. Jesus sprach: Von Adam bis zu Johannes dem Täufer gibt es unter den vom
Weib Geborenen keinen größeren als Johannes den Täufer. Vor niemandem
braucht er die Augen zu senken. Ich habe aber gesagt: Wer von euch klein wird,
wird das Reich erkennen und wird über Johannes erhoben werden.

Jedes Kind Gottes, das im himmlischen Brautgemach mit dem wahren Bräutigam
vereint wird und im Sohn mit dem Vater einsgemacht wird, ist größer als jeder
sterbliche Mensch, denn er hat das wahrhaftige unverwesliche Fleisch angezogen und
wurde im und durch den Sohn mit dem Vater einsgemacht. Er wurde der Welt
enthoben, wie es im Philippus-Evangelium heißt: "Licht und Finsternis, Leben und
Tod, rechts und links, sind Zwillingsbrüder in dieser Welt. Unmöglich lassen sie sich
voneinander trennen. Daher sind weder die Guten ausschließlich gut noch die Bösen
ausschließlich böse, noch ist hier das Leben wirkliches Leben, oder der Tod
wirklicher Tod. Deshalb wird sich alles auflösen zu seinem anfänglichen Ursprung.
Die aber der Welt enthoben sind, sind unauflöslich, sind ewig." Und weiter zur
Erklärung dessen, was wirklich Gut und wirklich Böse ist: "Mit Recht unterscheidet
man das Innere und das Äußere und das Äußerste des Äußeren. Deshalb nannte der
Herr das Verderben die äußerste Finsternis. Noch weiter außerhalb von ihr gibt es
nichts. Er sprach auch von seinem Vater, der im Verborgenen ist, nämlich: Gehe in
deine Kammer, schließe die Tür und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist -
das heißt der das Innerste von ihnen allen ist. Was aber das Innerste von ihnen allen
ist, ist die Fülle der Fülle. Weiter drinnen gibt es nichts." Deswegen sagte auch
Yahshua, obwohl er mit Recht sagte, dass er und der Vater eins sind: Was nennst du
mich gut? Niemand ist gut als nur einer, Gott.

"Der Zustand des himmlischen Menschen kann nur durch eine anhaltende innere
Reinigung erreicht werden, die allmählich, aber stetig durch das tägliche Absterben
aller irrigen Zustände und Anhaftungen zur Identifizierung des erneuerten,
wiedergeborenen Bewusstseins mit dem ewigen geistigen Menschen führt, dessen
Prototyp im Evangelium der Menschensohn, der in ihm verborgene Christus ist.
Deshalb muss die Frohe Botschaft notwendigerweise mit dem Täufer beginnen, wie
es jeder der Evangelisten ordnungsgemäß tut. Entsprechend seiner Natur als
übergeordneter geistiger Mensch, der schon nahe an den Toren des Reiches ist, macht
sich der Täufer auf, das Reich zu verkünden. Wie in den synoptischen Evangelien
beschrieben, geschieht dies durch eine Wassertaufe der Buße, ein Untertauchen der
Psyche, um den Inhalt der Seele zu reinigen. Erst wenn diese Wasser klar und
ungetrübt sind, wird es möglich, das Reich Gottes zu betrachten, das wie ein Schatz
in seinen unermesslichen Tiefen leuchtet und doch ganz nah in uns ist. Der Text der
Verkündigung des Johannes stammt aus Jesaja: Eine Stimme ruft in der Wüste [in
eurer trockenen inneren Einsamkeit]: Bereitet dem Herrn einen Weg, macht seine
Wege gerade. Der übersinnliche Mensch ist nicht selbst das Licht, sondern er kommt
als Zeuge, um für das Licht zu sprechen. Dank des Zeugnisses der Vernunft, des
logischen Denkens und letztlich der Intuition kann jeder Mensch, nachdem er seinen
Geist beharrlich in das Wasser der Reinigung getaucht hat, den Glauben erwerben,
den er braucht, um an sein eigenes Licht zu glauben.

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Dieser Glaube kann nicht durch den Willen erschaffen werden, er entsteht aus freien
Stücken, sobald das Wasser transparent genug geworden ist, um die Augen der
Erkenntnis zu befähigen, das innere Licht des Reiches wahrzunehmen und von dem
Schatz im Innern zu zeugen. In seiner Eigenschaft als erster Mensch muss der
psychische Mensch immer als Vorläufer voranschreiten und dem Bewusstsein die
Wege des verborgenen Herrn eröffnen, ohne ihn jedoch zu kennen. Aber der zweite
Mensch, derjenige, der nach ihm kommt, muss ihm, sobald die Transformation des
Bewusstseins stattgefunden hat, den Rang ablaufen, denn das ist der ewige Mensch.
Johannes praktiziert die Wassertaufe - das Eintauchen in den Inhalt der Psyche - und
entdeckt den ewigen Christus, der nach ihm kommt, in den Tiefen seiner selbst, den
unbekannten Tiefen seines eigenen Bewusstseins; das ist der Schatz, den er nicht
kennt, so wie keiner von denen, die ihn fragen, von ihm in sich selbst weiß, obwohl
dieser Schatz in ihrer Mitte liegt. Diejenigen, die ihn befragten, fragten Johannes, ob
er der Christus sei, ob er Elia sei, oder ob er "der Prophet" sei. In jedem der drei Fälle
sagt der Text des Evangeliums sehr subtil: Ich bin nicht der Christus. Derjenige, der
mit dem Heiligen Geist tauft, der auf den psychischen Menschen herabkommt,
nachdem er durch die Wassertaufe gut gereinigt wurde, ist natürlich Christus, der
Menschensohn. Diejenigen, die diesen Hauch empfangen, gehören bereits zum Reich,
sie sind bereits im Reich, denn sie sind die Kleinen des Geistes in jedem der drei
Maße der Fruchtbarkeit, die im Gleichnis in Matthäus 13 genannt werden
(dreißigfach, sechzigfach und hundertfach); doch was ihr Bewusstsein auf dem Weg
zum Reich betrifft, so haben sie in ihrer Psyche noch eine Stimme zu Hause, die
schreit, die Stimme eines von der Frau Geborenen. Sie sind noch nicht durch die
Vollendung ihrer Aufnahme in den Sohn zu wahren gereiften Söhnen des Reiches
Gottes geworden, die von oben geboren sind. Und doch sagt Jesus, dass jeder dieser
Kleinen höher ist als Johannes, der ein hellsichtiger Mensch ist. Es ist wichtig
festzuhalten, dass sich Jesus und Johannes nach dem Zeugnis der Evangelisten
Matthäus und Markus erst im Augenblick der Taufe Jesu begegneten. Wie wir bereits
festgestellt haben, ist dieses Ereignis die erste Gelegenheit, bei der sich die Wasser
der Psyche des Johannes öffnen und der Auserwählte in seinem Bewusstsein
gegenwärtig wird. Die Aussage des Johannes kann nur im Sinne dieser verborgenen
Exegese verstanden werden: Ich kannte ihn selbst nicht, und doch kam ich, um ihn zu
offenbaren, indem ich mit Wasser taufte. In den synoptischen Berichten von Markus
und Matthäus über die Taufe gibt es einen natürlichen Zusammenfluss aus
entgegengesetzten Richtungen zwischen der Aufnahme aus dem Wasser (der Seele)
und der Herabkunft des Geistes. Beide Bewegungen entsprechen einem
gleichzeitigen Vorgang, der mit den Erklärungen in der verborgenen Exegese
übereinstimmt. Das Auftauchen aus dem Wasser, die Vollendung des Werkes der
Reinigung der Seele. Erst dann, in der neuen Transparenz des klar gewordenen
Wassers, wird es möglich, das Licht aus der höheren Region zu betrachten. Matthäus
und Markus erklären dies mit den Worten: Und siehe, der Himmel [der höchste
Bereich der Seele] tat sich auf. Was dann von diesem Licht in der höchsten Region
des Geistes herabkommt, ist nichts anderes als der Regen der Erkenntnis; und wenn
die Evangelisten sagen, dass er in Form einer Taube kam, dann um auf die Gegenwart
hinzuweisen, die sich von diesem Moment an in der Seele niederlässt.

100
Anders ausgedrückt: Es handelt sich um das Licht des Menschensohns, das nun für
immer über dem Bewusstsein gegenwärtig ist, das fortan in der Betrachtung
desselben verbleibt. Dies muss ganz klar sein: Wenn die Seele den Regen der
Erkenntnis empfängt, der ihr vom Geist gesandt wird, richtet sie ihre ganze
Aufmerksamkeit darauf, um die Botschaft dieses subtilen Regens zu verstehen. Das
ständige Fallen dieses Regens, der von der Seele aufgesogen und so zu einer
allmählichen Integration mit dem Geist getrieben wird, wird in der Sprache der Bibel
Gegenwart genannt. Sie wird schließlich zu einem unabdingbaren Prozess in der
Seele, zu einem dauerhaften Merkmal. Die ununterbrochene Kontemplation der
Gegenwart, die Erweckung des Bewusstseins, dass Gott in allem Tun oder Denken
immer gegenwärtig ist, ist das einzige Instrument, das der Seele zur Verfügung steht,
um die Kräfte des Heiligen zu steigern, bis hin zur unmittelbaren Verwirklichung des
Kommens des Menschensohns am Ende. In der rabbinischen Tradition erhielt die
Gegenwart den Namen Shekinah und wird als mit dem Geist (Gottes) verwandt
beschrieben, so wie die Taube, ihre Erbin im Neuen Testament, mit dem (Heiligen)
Geist verwandt ist. Lukas drückt die Handlung, die dem Geist und der Taube
(Shekinah = Gegenwart) entspricht, in der Prophezeiung des Engels an Maria (hier im
Sinne der verborgenen Exegese als das Mädchen - die geläuterte Seele) mit großer
Präzision aus: Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten
wird dich mit seinem Schatten bedecken. Die Taube bringt die Botschaft des Lichts
und macht sie gegenwärtig; mit ihren ausgebreiteten Flügeln projiziert sie den
Schatten; wenn sie stehenbleibt und über der Seele verweilt, leitet sie den Prozess der
Vereinigung ein, der den Früchten der Gegenwart entspricht. Dann wird gemäß dem
Wunsch Jesu die von den vielen angenommene Dualität in die wahre Einheit der
wenigen aufgelöst. Dies ist die Erfüllung des Geheimnisses, für das Jesus sein Leben
gegeben hat. Deshalb sagte er seinen Jüngern, dass sie weise sein sollen wie die
Schlange, aber so harmlos [einheitlich] wie Tauben. Der Bericht des Evangeliums
über die Gefangenschaft des Johannes gehört im übertragenen Sinne zur verborgenen
Exegese, die die Vereinigung von Seele und Geist durch die heilige Hochzeit lehrt.
Die Beendigung der mentalen Bilder oder der Höhepunkt der Reinigung des Inhalts
der Psyche und die daraus folgende Lähmung der dem psychischen Menschen
eigenen Aktivität: Das sind die Bedeutungen hinter dem Gefängnis des Johannes. Im
Bericht des Evangeliums ist dieses Gefängnis das Zeichen oder Signal für den Beginn
der geistigen Unterweisung Jesu. Diese verborgene Voraussetzung lässt sich in den
synoptischen Evangelien erkennen. Matthäus sagt: Als er hörte, dass Johannes
verhaftet worden war, ging er nach Galiläa zurück. Dort erkannte Jesus, dass die Zeit
für ihn gekommen war, die Erfüllung der Prophezeiung Jesajas in Angriff zu nehmen:
Das Volk, das in der Finsternis lebte, hat ein großes Licht gesehen. Markus berichtet
seinerseits, dass Johannes verhaftet wurde, und zwar in demselben Abschnitt, in dem
Jesus sagt, dass die Zeit erfüllt ist. Es ist in der Tat sehr schwierig, keine Verbindung
zwischen der Verhaftung des Johannes und dem Beginn der Verkündigung des
Evangeliums herzustellen. Im Gegenteil, der Zusammenhang zwischen beiden
Tatsachen wird ganz deutlich, wenn man bedenkt, was Lukas anschließend von Jesus
berichtet: Bis zur Zeit des Johannes waren es das Gesetz und die Propheten; seither
wird das Reich Gottes gepredigt, und mit Gewalt kommt jeder hinein.

101
Die Gefangenschaft des Johannes zu Beginn der Tage des Königreichs signalisiert
seinen Sieg, den Triumph der Seele, denn sie zeigt, dass die schwierige und
zwingende Abnahme vollzogen ist. Die Abnahme, d.h. die Verbrennung der Spreu
oder des Reichtums der Psyche, ist die Lebensaufgabe des Johannes. Nach dem
Bericht des Johannes kamen die ersten beiden Jünger Jesu, aus denen bald ein Kern
von Anhängern wachsen sollte, von dem Täufer zu ihm. Dies ist ein Vorgang, der
nach der verborgenen Ordnung der Nachfolge ablaufen musste. Der Täufer steht für
das Eintauchen der Seele in Wasser und Jesus für die höhere Geistestaufe, die erst
nach Abschluss der Reinigung der Psyche verliehen werden kann. Johannes der
Täufer hat den Zeugen, der vom Himmel kommt, den Sohn, fest akzeptiert und weiß,
dass jeder, der an den Sohn glaubt, ewiges Leben hat. Um diesen Prozess der Seele,
wie er im Evangelium beschrieben wird, zu vollenden, bleibt nur noch der Tod der
Psyche, die Übertragung ihres Bewusstseins auf denjenigen, der von oben geboren
wird. Dies wird der Prolog zu seiner wahren Annahme im Sohn sein. Der andere Tod,
der des Körpers, von dem Markus so gut erzählt, ist der Tribut, den das Sterbliche
dem Tod zollen muss, ein freudiger Tribut, wenn die Psyche ihren Akt der
Übertragung des Bewusstseins auf den Menschensohn vollzogen hat. Nach dem Tod
Johannes des Täufers vermerken die synoptischen Evangelien das Aufkommen von
drei seltsamen Gerüchten über Jesus. Die einen sagten, Jesus sei der von den Toten
auferstandene Johannes, die anderen, Elia sei wieder auferstanden, und wieder
andere, einer der alten Propheten sei wieder lebendig geworden. Die Jünger
wiederholten dies in der Gegenwart ihres Meisters in dem Abschnitt, der als
Glaubensbekenntnis des Petrus bekannt ist. Dieses Glaubensbekenntnis ist so wichtig,
dass es unsere ganze Aufmerksamkeit auf sich zieht und die Bedeutung der ersten
Frage Jesu und der Antworten der Jünger, mit Ausnahme von Petrus, in den Schatten
stellt. Jesus fragte: Wer, sagen die Leute, ist der Menschensohn? Unfähig, die Essenz
seines Wesens zu beschreiben, seines Wesens als Menschensohn, des Christus, des
Sohnes Gottes, des Gesalbten des Herrn, wie Petrus es in seiner Antwort ausdrückt,
versuchen die Jünger zu erklären, was dieses Wesen sein könnte. Dabei geben sie drei
Meinungen derer, die das reine, absolute ICH BIN Jesu nicht zu ergründen vermögen,
wieder. Sie sind: Johannes, auferstanden von den Toten; Elia, der kommen muss; ein
alter Prophet, der wieder zum Leben erwacht ist. Sicher ist, dass die Jünger eine Idee
erwähnen, an die sie zwar nicht glauben, die sie aber auch nicht für völlig abwegig
halten, nämlich dass die Seele des kürzlich verstorbenen Johannes des Täufers
gewandert sei und sich in dem Jesus, den sie vor Augen hatten, inkarniert habe. Der
Meister seinerseits zeigte sich nicht überrascht von der Erzählung seiner Jünger, die
später in den synoptischen Evangelien wiedergegeben wurde, ohne dass man es für
nötig gehalten hätte, einen Kommentar dazu abzugeben. Es ist wichtig, darauf
hinzuweisen, dass all diese Fragen und Antworten eine Vorbereitung auf eine
Schlüsselepisode darstellen, die sich auf einem hohen Berg abspielt, auf dem ein
Ereignis von hoher geistiger Bedeutung auf einer Bewusstseinsebene stattfand, die
der Herrlichkeit des Vaters nahe ist. Diese Ebene wird durch das blendende Weiß der
Kleidung der Protagonisten angezeigt. Matthäus macht dies deutlich, wenn er die
Verklärung Jesu beschreibt: Sein Gesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider
wurden weiß wie das Licht.

102
Die Art und Weise, wie dies ausgedrückt wird, verhindert wirksam das
Missverständnis, das in manchen Köpfen entstehen könnte, dass dieses blendende
Weiß nur das der Kleidung ist, mit anderen Worten, die Merkmale des Wesens, und
nicht das Wesen, das ICH BIN, Jesus selbst. Nach Lukas, dem einzigen Evangelisten,
der diese Information liefert, erschienen Mose und Elia in Herrlichkeit (mit Jesus)
und sprachen von seinem Übergang, den er in Jerusalem vollziehen sollte. Die
Einheit der Herrlichkeit von Jesus, Mose und Elia (Johannes dem Täufer) sollte so
absolut, so undifferenziert erscheinen, dass Petrus vorschlug, drei getrennte Zelte
oder Herrlichkeiten zu bauen, um jede der drei männlichen Gestalten zu beherbergen.
Die Szene der Verklärung ist ein Akt, der das Kommen des Reiches Gottes
veranschaulicht, das von denen erreicht werden kann, die vor ihrem Tod zur
Erkenntnis gelangen. Die Notwendigkeit, innerlich an sich zu arbeiten, um diese
vorweggenommene Auferstehung zu bewirken, veranlasste die Jünger, nach dem
Geschehen auf dem hohen Berg die Frage zu stellen: Warum sagen denn die
Schriftgelehrten, dass erst Elia kommen muss? Oder anders, was auf dasselbe
hinausläuft: Muss nicht die Annahme des Elias vor der Auferstehung des
Menschensohns erfolgen? Die Antwort Jesu ist eindeutig: Zwar soll Elia kommen,
um zu sehen, dass alles wieder so ist, wie es sein soll; aber ich sage euch, dass Elia
schon gekommen ist, und sie haben ihn nicht erkannt. Die vorausgesagte
Wiederherstellung des Elias und die Annahme des Johannes (ein und dasselbe)
vollzogen sich in der tiefen Verborgenheit der Seele und bestanden darin, eine
Herrlichkeit zu sein, die an der Herrlichkeit des Menschensohns teilhatte, wie sie in
der Verklärung beschrieben wurde. Diese Annahme kann erst nach der Vollendung
des Zyklus der Geistestaufe erfolgen. Wie auch immer man es ausdrücken mag, die
Annahme ist die Vollendung einer heiligen Hochzeit, bei der die Seele in der Fülle
ihrer Glückseligkeit die Schranken der Psyche sprengt und aus ihrem umgrenzten
Firmament ausbricht, woraufhin das Korn, der von Spreu befreite Geist, die Frucht
der Freiheit hervorbringt, eine einzige Heimat, eine einzige Herrlichkeit, im Sohn und
im Vater, die beide ein und dasselbe sind. Was die Augen Johannes des Täufers
(Elias) betrifft, so sind es sicherlich Augen, die sich von der sichtbaren Welt aus dem
Unsichtbaren öffnen und das Licht bezeugen. Das ist die ihnen zugewiesene Aufgabe.
Dank dieses Zeugnisses erkennt der Mensch, die lebendige Seele, das Licht, das vom
Leben spendenden Geist ausgeht; diesen sieht er als das Lamm kommen, das die
Sünden der Welt wegnimmt, woraufhin es ihm gelingt, kleiner zu werden und mit
dem Menschensohn eins zu werden, in derselben unteilbaren Herrlichkeit, ohne ein
eigenes Zelt aufzuschlagen." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

47. Jesus sprach: Es ist nicht möglich, dass ein Mensch gleichzeitig zwei Pferde
besteigt, und zwei Bogen spannt. Auch ist es nicht möglich, dass ein Diener zwei
Herren dient, vielmehr wird er den einen ehren, und den anderen beleidigen.
Kein Mensch trinkt alten Wein, und verlangt sogleich nach neuem Wein. Und
man gießt nicht neuen Wein in alte Schläuche, weil sie platzen würden, und man
gießt nicht alten Wein in neue Schläuche, denn dadurch würde er verdorben
werden. Man näht auch nicht einen alten Flicken auf ein neues Kleid, weil
dadurch ein Riss entstehen würde.

103
Auch wenn der Vater-Mutter viele Propheten gesandt hat, die alle dieselbe Botschaft
der universellen Liebe und des einfachen Lebens brachten, war Yahshua der eine und
einzige, der den Menschen das Brot des Lebens und die lebendigen Wasser gibt, die
zum ewigen Leben führen. Er hat die Menschen von den Lügen des Satans und
seinen unheiligen Gesetzen befreit, durch die er den Menschen die wahre Liebe des
wahren Gottes vorenthalten hat. Und, was noch weitaus wichtiger ist, er ist der
universelle, jedem Menschen innewohnende Christus, der uns von einem von Angst
und Furcht vor Bestrafung motivierten Gottesdienst zu einem von inniger und
gegenseitiger, bedingungsloser Liebe geleiteten führt. Er war und ist das Ziel des
Gesetzes, die Vervollkommnung des Gesetzes. Daher gibt es keinen Grund, im Alten,
Unvollkommenen und Erkenntnislosen zu verharren, wenn das Neue, Vollkommene
und die vollständige Erkenntnis bereits offenbart wurden. Denn man kann nicht den
unheiligen Gesetzen des Satans, des Gottes des Schwertes, des Todes und des
Blutvergießens, weiterhin folgen, und gleichzeitig dem heiligen Gesetz der Liebe zu
aller Schöpfung und der Heiligkeit allen Lebens. Es besteht keine Notwendigkeit
mehr, aus Unwissenheit und Erkenntnislosigkeit nutzlosen Traditionen und
Menschengeboten zu folgen, oder weiterhin Dinge zu tun, die nur wegen der
Hartherzigkeit des Volkes von Moses erlaubt bzw. geduldet wurden (und später durch
den Lügengriffel der Schriftgelehrten zum Gesetz gemacht wurden), in der Hoffnung,
dass sie ihr Herz wieder öffnen würden und im Hinblick auf den von ihm
prophezeiten Yahshua, der alles wieder zu seinem Ursprung zurückführen sollte: Der
unblutigen Nahrung und dem unblutigen Priestertum, welches ewige Satzungen sind,
die sich nie geändert haben und sich auch nicht ändern werden, solange Himmel und
Erde existieren. Mose sagte auch, dass wer nicht auf ihn, Yahshua, hören würde, Gott
von solchen Rechenschaft fordern würde. Es bedeutet auch, dass, wer den Heiligen
Geist, den Geist der Wahrheit, empfangen hat, auch in Geist und Wahrheit anbeten
soll, und nicht nach dem Fleisch durch nutzlose Rituale oder Traditionen, die
womöglich auch noch das heilige Gesetz außer Kraft setzten. Der Menschensohn
allein gab und gibt den Menschen das Brot des Lebens. Deswegen sagt Yahshua im
EHGOC: "Denn in den Propheten steht geschrieben: Alle sollen von Gott gelehrt
werden. Darum sage ich euch: Jeder, der die Wahrheit des heiligen Gesetzes gehört
und gelernt hat, kommt schnell zu mir. Denn die, die an mein Gesetz glauben, haben
ewiges Leben. Deshalb bin ich das wahre Brot und der lebendige Weinstock. Ja, eure
Väter haben in der Wüste Manna gegessen, und sind gestorben. Dies ist aber die
Speise Gottes, die vom Himmel herabkommt, und wer davon isst, soll nicht sterben,
denn ich bin die lebendige Speise, die vom Himmel herabgekommen ist. Wer von
dieser Speise isst, wird für immer leben... Wahrlich, ich sage euch, Mose hat euch
nicht das wahre Brot vom Himmel gegeben, sondern meine Eltern geben euch jetzt
und heute das wahre Brot vom Himmel und die Frucht des lebendigen Weinstocks.
Denn ich bin die Speise Gottes, die vom Himmel herabkommt und der Welt Leben
gibt. Ich bin das wahre Brot, ich bin der lebendige Weinstock, derselbe bin ich, der
Adam erschienen ist und ihm die Erlösung versprochen hat. Denn die, die zu mir
kommen, werden niemals hungern, und die, die an mich glauben, werden niemals
dürsten. Und wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr nicht das Fleisch Gottes (das Wort)
esst und das Blut Gottes (den Heiligen Geist) trinkt, habt ihr kein Leben in euch."

104
"Was der Logion mit diesem Sammelsurium von Aussagen Jesu vor allem sagen will,
ist, dass derjenige, der meint, zwei Herren dienen zu können - Gott und der Welt -,
sich wie derjenige im Gleichnis vom Sämann und der Saat verhält, von dem es heißt,
dass das Wort unter die Disteln gesät wurde. Die Aufmerksamkeit eines solchen
Menschen wird immer bruchstückhaft und unregelmäßig sein und unweigerlich
zwischen dem Alten und dem Neuen hin- und herwechseln und so die natürliche
Unvereinbarkeit zwischen beiden Kategorien offenbaren. Wenn man, wie das
Gleichnis sagt, auf die Stimme des Wortes und die Verlockung des Reichtums hören
will, wird das Wort unweigerlich erstickt und bringt keine Frucht. Die Disteln des
Gleichnisses sind einfach jene Reichtümer oder Bindungen an die Welt, mit denen
sich die Menschen fälschlicherweise identifizieren, vor allem ein Typus von Mensch,
von dem die Erzählung berichtet. Der Boden, auf den das Wort gesät wurde, ist nicht
schlecht, und wahres Wissen könnte dort wachsen; aber weltliche Ereignisse und der
Wunsch, den geistigen und materiellen Reichtum zu schützen, mit dem sich das Ego
identifiziert, als wären sie eine Erweiterung seiner selbst, sind eine Quelle der
Ablenkung, die das Bewusstsein daran hindert, das Bewusstsein der Gegenwart
Gottes - des Wortes - stabil aufrechtzuerhalten, und auch hier verdorrt die Saat
mangels ausreichender Bewässerung. Der vielleicht vollständigste Ausdruck dieses
Gedanken, der dem Evangelium so eigen ist, findet sich in der von Matthäus und
Lukas zitierten Stelle, die in gewisser Weise unserem Logion entspricht: "Niemand
kann zwei Herren dienen; denn entweder wird er den einen hassen und den anderen
lieben, oder er wird einem anhängen und den anderen verachten. Ihr könnt nicht Gott
dienen und dem Mammon." Nach Matthäus entsprechen die beiden Herren, denen
man nicht gleichzeitig dienen kann, den beiden Schätzen; der irdische ist der Schatz
der Ungerechtigkeit, unbeständig und vergänglich; der himmlische, der wahre Schatz,
ist die innere Perle des Menschen in Christus, der, gesalbt durch den Hauch des
Geistes, den einzigartigen Reichtum der Gerechtigkeit offenbart."
(https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

48. Jesus sprach: Wenn zwei miteinander Frieden machen in einem Haus,
werden sie zum Berg sagen: Hebe dich hinweg - und er wird sich hinwegheben.

Das Haus, von dem hier die Rede ist, ist der Körper des Menschen, und die zwei, die
Frieden miteinander machen müssen, sind die (gereinigte und unbefleckte) Seele, die
Braut, und der Leben spendende Geist, der Bräutigam, die sich dann im himmlischen
Brautgemach untrennbar und für ewig miteinander vereinen. Durch ihre Vereinigung
wird der- oder diejenige zum Christus gesalbt.

"Die beiden Bewohner eines Haushalts, deren gute Beziehungen eine so


bemerkenswerte Wirkung hervorrufen, sind der psychische Mensch (Seele) und der
pneumatische Mensch (Geist), die in jedem Menschen zusammenwohnen. Der
Logion meint, dass das Bewusstsein des Menschen, das nur in den vielen
Bewegungen der Psyche begründet ist, sich davon befreien muss, mit dem Rücken zu
seinem eigentlichen Wesen zu leben, und in sich und durch sich selbst das höhere,
ewige, vollkommene Bewusstsein des Menschen in Christus entdecken muss.

105
Darum geht es auf die eine oder andere Weise in den Aussagen Jesu im Thomas-
Evangelium und ist auch fast ausnahmslos die gemeinsame Grundlage der meisten
Gleichnisse und Handlungen, die in den kanonischen Evangelien erzählt werden, vor
allem wenn man sie unter dem Aspekt des Verborgenen betrachtet. Unabhängig
davon, aus welchem Blickwinkel man sich den Evangelien nähert, weisen die
Autoren des Neuen Testaments auf unterschiedliche Weise darauf hin, dass der
psychische Mensch, den der Verstand zu kennen glaubt und den wir Seele nennen,
nicht der wesentliche Mensch ist, sondern eine Selbstdarstellung oder ein Bild, das
dieser wesentliche Mensch in seinem Bewusstsein reproduziert. In diesem Sinne ist
die Seele ein Zusammentreffen, eine Summe oder Abfolge von Daten psychischer
Natur, die von unserem Selbst unbewusst betrachtet werden. (Im Logion 106 wird ein
ähnlicher Gedanke wie in diesem Logion geäußert, jedoch unter dem Gesichtspunkt
der absoluten Vereinigung der beiden Bewusstseinssphären, die in jedem Menschen
von Natur aus nebeneinander existieren). Es versteht sich von selbst, dass unser
wahres Selbst, das in der Sprache des Neuen Testaments mit dem Begriff des
Menschensohns ausgedrückt wird, von niemandem betrachtet werden kann, denn es
ist immer er selbst, der die Betrachtung vornimmt, und wer könnte in einem Akt der
Betrachtung den Betrachter betrachten? Dies erklärt, wie das Bewusstsein, das immer
aus psychischen Inhalten besteht, den Menschensohn, sein wahres Wesen, nicht kennt
und folglich in völliger Unkenntnis seines Leben spendenden, unsterblichen Atems,
des Atems der Weisheit, lebt. So glaubt der Mensch, gefangen in dem engen
Horizont, den ihm die Inhalte seines Bewusstseins auferlegen, nur eine Seele zu sein,
eine Wüste, eine Insel, die dazu verdammt ist, zu leiden und zu sterben. Das
verhindert jedoch nicht, dass ein gewisses vages Bewusstsein in diesem Bewusstsein
verbleibt, wie ein Duft, der nie ganz verschwindet: Die Intuition des wahren Seins,
des ICH BIN. Unermüdlich bemüht sich Jesus darum, in allen, die sich ihm nähern,
die Gegenwart dieses wesentlichen Menschen zu wecken, der zu Unrecht an den
Rand unseres Lebens verbannt wurde. Dank der unauslöschlichen Beharrlichkeit
dieses Duftes des Seins vergisst das Bewusstsein nie ganz, dass es in seinen Tiefen
einen Betrachter gibt, der sein wahres Sein ist. Tatsache ist, dass der Menschensohn -
der Name, den Jesus diesem höheren Mitbewohner, von dem wir jetzt sprechen,
gegeben hat - niemals als Akteur die Schlachtfelder der Psyche betritt. Wenn diese
Gestalt Glückseligkeit und den Atem der Weisheit schenkt, ist dies nicht nur das
Ergebnis seines Handelns, sondern eine Tatsache, ein Ereignis, das immer dann
stattfindet, wenn sich die Seele seiner bezeugenden Gegenwart bewusst wird. Das
Logion zeigt die Tatsache auf, dass die Seele - das psychische Bewusstsein - mit dem
Rücken zur ständigen Präsenz dieses außergewöhnlichen Augenzeugen in ihrem
eigenen Haus lebt. Das tägliche Leben der Seele läuft darauf hinaus, die Anwesenheit
des ewigen Betrachters zu ignorieren, und dies führt zur Spaltung des Menschen als
einheitliches Wesen in eine seelisch-geistige Dualität. Die Folge sind Angst,
Unwissenheit und Einsamkeit. Jesus warnt eindringlich vor den negativen Folgen
dieser Zweiteilung: Wenn ein Haus gegen sich selbst gespalten ist, kann es niemals
bestehen. Und: Die Feinde des Menschen werden seine eigenen Hausgenossen sein.

106
Die allgemeine Absicht des Evangeliums besteht darin, die Mittel zu verkünden, mit
denen diese beiden getrennten Haushalte oder Prinzipien, der pneumatische
Gefangene und die unterdrückte Psyche - die wegen ihrer eigenen Blindheit
unterdrückt wird - die Vereinigung erreichen können, die für beide die Erlösung
bedeutet. Jesus macht dies zum ersten Mal deutlich, als er in der Synagoge von
Nazareth aus einem Jesaja-Text vorliest. Damit offenbart er die beiden Facetten der
Aktion, die er beabsichtigt: a.) Den Gefangenen die Freiheit zu verkünden (den
pneumatischen Menschen, den Armen, denen die frohe Botschaft verkündet wird).
b.) die Geknechteten zu befreien (d.h. die psychischen Menschen, wenn sie ihr
Augenlicht wiedererlangt haben, denn sie sind blind). Viel später, in den bedeutsamen
Worten des Johannes-Evangeliums, die Jesus unmittelbar vor seiner Passion
gesprochen haben soll, betont er in seinen Bitten an den Vater im Gebet erneut den
doppelten Charakter der Erlösung, die er bringt. Er sagt: Ich bete nicht nur für diese
[die pneumatischen Menschen, die in der Wahrheit des Wortes geweiht sind], sondern
auch für jene [die psychischen Menschen], die durch ihre Worte [das Wort, das in
ihnen wohnt] an mich glauben werden. Mögen sie alle eins sein. Es geht um die
Verwirklichung der Einheit, um die Vereinigung der beiden getrennten Bewohner
unter demselben Dach. Die Entleerung der schädlichen Inhalte der Psyche erfordert
eine tiefe Demut, wenn sie wirksam sein soll. Das bedeutet Entsagung, Auslöschung
des Egos, niemals Identifikation mit den Versuchungen oder Erscheinungen der
Psyche. Diese absolute Demut erfordert eine energische Praxis, bis solche
Erscheinungen vom Bewusstsein nicht mehr als Teil von sich selbst wahrgenommen
werden und zu bloßen äußeren Objekten werden. Soweit dies nachweisbar ist, handelt
es sich bei der verbrannten Spreu um ein unfruchtbares Anhängsel, das der Seele
anhaftet, bis sie darauf verzichtet. Der wahre Weg, der Weg der Taufe, besteht in der
Entsagung, d.h. in der Selbstentsagung. Der Weg ist hart und schmal und erfordert
Beharrlichkeit. Er kann daher nur von denen beschritten werden, die die Freiheit, die
Wahrheit oder den Weg selbst intensiv lieben. Kontinuierliche Kontemplation über
jeden geistigen Inhalt, der auftaucht, wird den inneren Weg begradigen und ihn von
Hindernissen befreien. Bis man eines Tages bemerkt, dass man, ohne es zu bemerken,
begonnen hat, die unaussprechliche Intuition des Seins wahrzunehmen oder sich ihr
zu offenbaren. Man kann die Intuition des Seins nicht vorhersehen, aber sie wird nur
kommen, wenn das Herz rein genug ist, wie in den Seligpreisungen des Matthäus.
Dies ist das wahre, ewige Sein, das, was als absoluter, untrennbarer Grund des
eigenen Selbst genannt wird, wenn die Seele ICH BIN sagt. Doch von nun an bleibt
die Gegenwart - wie sie schon immer da war - des Bewohners des Hauses, der, wie
man nun entdeckt, nicht der "andere" Hausherr ist, derjenige, der oben wohnt,
sondern der einzige und wahre Hausherr: Der Berg, der weit weg war und nun nahe,
sehr nahe ist. Auch Matthäus sagt dies, aber man muss wissen, wie die Worte zu lesen
sind: Und dann wird das Zeichen des Menschensohns am Himmel erscheinen. Das
Zeichen ist die Ahnung seiner Gegenwart, die die Pforten des Glaubens öffnet, und
der Himmel ist die klare, reine Tiefe des Wassers der Seele. Dann fügt er hinzu: Wenn
ihr das alles seht, so wisst, dass er nahe ist, an der Pforte."
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107
49. Jesus sprach: Selig seid ihr Einsamen (Abgesonderten) und Auserwählten,
ihr werdet das Reich finden, weil ihr daraus stammt, und wieder dorthin geht.

Die Einsamen, oder Abgesonderten, sind die, die vom Vater und dem Sohn aus der
Welt herausgerufen wurden, und auch abgesondert von der Welt leben, sich der Welt
und ihren Trugbildern von Vergnügungen, Erfüllung und Glück entsagen und
enthalten. In Logion 56 heißt es: Wer die Welt erkennt, entdeckt einen Leichnam.
Und wer einen Leichnam entdeckt, dessen ist die Welt nicht würdig. Im EHGOC sagt
Yahshua: "Denn vergesst nicht, wo immer der Kadaver ist, dort werden die Geier
versammelt. Denn diese Vögel fressen vom Tod und versammeln sich für das Fest
und kennen nicht die Lebenden. Wisse also auch, dass die wahren Jünger Christi nur
unter den Lebenden sind und sich nicht um tote Dinge versammeln werden."
Diejenigen, die mit dem Christus in sich, ihrer wahren göttlichen Natur, die in jedem
von uns verborgen ist und erst entdeckt werden muss, eins geworden sind, gehören
zum Reich Gottes, und nicht zur Welt, die ihrer nicht würdig ist, da sie nur aus
minderwertigen, vergänglichen Abbildern und Trugbildern besteht. In Offenbarung
18:2-6 lesen wir: "Gefallen! Gefallen ist Babylon, die große Stadt! Von jetzt an wird
sie nur noch von Dämonen und unreinen Geistern bewohnt werden. Alle Arten von
unreinen und abscheulichen Vögeln werden in ihren Mauern hausen. Denn alle
Völker haben von ihrem Wein getrunken, dem schweren Wein ausschweifender
Unzucht. Die Könige der Erde haben es mit ihr getrieben. Die Kaufleute der Erde
sind durch ihren ungeheuren Wohlstand reich geworden. Dann hörte ich aus dem
Himmel eine andere Stimme, die sagte: Auf, mein Volk! Verlasst diese Stadt! Sonst
werdet ihr mitschuldig an ihren Sünden und bekommt Anteil an ihren Strafen." Auch
wenn hier von einer Stadt die Rede ist, so könnte man doch durchaus sagen, dass
damit die Welt an sich gemeint ist. Denn genau das taten die Urchristen, wie die
Essener und viele andere, und das schon weit vor dem Kommen Yahshuas, wie z.B.
in den Schriften Abrahams zu lesen ist. Die Welt ist wie ein schwarzes Loch, das
versucht alle zu verschlingen, die sie in ihren riesigen Schlund saugen kann. Daher ist
es das Beste, sich aus ihr zu entfernen, um sich nicht an ihren Sünden teilhaftig zu
machen, soweit dies praktikabel und möglich ist, und auch nicht durch die in ihr
allgegenwärtige Sünde jeglicher Art erfolgreich verführt zu werden. Zudem ist es
nahezu unmöglich in Frieden und Freude durchs Leben zu gehen, wenn man tagein
tagaus ständig von Menschen umgeben ist, die all das, was man selbst verabscheut
und verachtet, lieben und verherrlichen. Man muss extrem stark sein, sowohl im
Glauben als auch in der Erkenntnis, extrem diszipliniert, kompromisslos und
standhaft wie ein Fels, um nicht zu sagen wie der Fels in uns, um dieser
Herausforderung gewachsen zu sein. Ansonsten ist es leider viel zu oft nur eine Frage
der Zeit, bis man von diesem Moloch verschluckt und assimiliert wird. Lebt man
dagegen in einem Garten der Bruderschaft, wie dem der Essener, in dem alle dasselbe
Ziel der Selbstverwirklichung ihrer wahren göttlichen Natur und der Vollkommenheit
anstreben, alle den Vater-Mutter im Himmel preisen, sich in brüderlicher Liebe üben
und darin, den vollkommenen Frieden auszudrücken, ist es nur eine Frage der Zeit,
bis ein jeder dieses Ziel erreicht.

108
"Das Logion bezeichnet diejenigen als gesegnet und auserwählt, denen es gelungen
ist, eins zu sein, d.h., die beiden Bewohner desselben Hauses in einem einzigen
Bewusstsein zu vereinen. Die Auserwählten sind der Stein, der kostbare Eckstein, der
nach dem Plan Gottes als Fundament der neuen heiligen Stadt gelegt wurde. Dies
prophezeite der Prophet Jesaja, der verkündete, dass der Herr die Rechtschaffenheit
zum Maß und die Gerechtigkeit zum Lot machen wird, d.h. die genauen Proportionen
des gerechten Menschen, des Gläubigen, der nicht straucheln wird, weil er fest im
Glauben steht. In der Einsamkeit, in der Wüste seiner Seele, muss der Auserwählte
mit absolutem Glauben, mit ruhiger Geduld den Augenblick betrachten, in dem der
ewige, verborgene Bewohner seines Hauses endlich das erste Zeichen seiner
Gegenwart offenbart. Diese Gegenwart, die ihn spüren lässt, dass derjenige, der ist,
nichts anderes ist als das erste Licht des Kommens des Menschensohns. Hier ist eine
mögliche Interpretation: Wenn du nicht glaubst, kannst du nichts entdecken; wenn du
aber glaubst, dass der Menschensohn das Wesen deines Selbst ist, wirst du, wenn
deine Zeit gekommen ist, das erste Zeichen seiner Gegenwart in dir entdecken. Dies
wird der Tag sein, an dem der Mensch in deinem Haus wohnt. Wenn du dich so weit
mit ihm vereinigt hast, dass dein Bewusstsein eins und ungeteilt ist, wenn sowohl das
Pneumatische (der Geist) als auch das Psychische (die Seele) eins sind, in Wahrheit
geweiht, dann wirst du ein Auserwählter sein. Der psychische Mensch, der von der
Erde kommt, und der pneumatische Mensch, der vom Himmel herabsteigt, sind nicht
mehr zwei getrennte Wissende, sondern, da der erste geläutert und der zweite
anerkannt ist, sind sie nun ein einziges Bewusstsein. Die Dualität, die einst von den
beiden Hausherren erlebt wurde, ist zu Ende. Im Kosmos eines Auserwählten fallen
Himmel und Erde in nahtloser Einheit. Deshalb sagt Jesus zu dem Auserwählten: Was
immer du auf der Erde bindest, soll auch im Himmel als gebunden gelten."
(https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

50. Jesus sprach: Wenn man euch fragt: Woher seid ihr gekommen? So
antwortet: Wir sind aus dem Licht gekommen, von dort, wo das Licht durch
sich selbst entstanden ist, es war unvergänglich, und es trat in ihrem Bild in
Erscheinung. Wenn man zu euch sagt: Wer seid ihr? So sagt: Wir sind seine
Söhne und wir sind die Auserwählten des Lebendigen Vaters. Wenn man euch
fragt: Was ist das Zeichen eures Vaters an euch? So antwortet: Bewegung ist es
und Unbeweglichkeit.

In den Oden Salomos heißt es: Der Vater wird an seinen Heiligen erkannt, die in
seinem unnahbaren Licht zusammen mit dem Vater wohnen. Dieses ist das Licht, für
das sie, oder wir, als Zeugen auftreten sollen, indem indem wir es, wie Yahshua sagte,
nicht unter einen Scheffel stellen sollen, sondern dorthin, wo es jeder sehen kann.
Denn wir sind nicht länger vom Fleisch, sondern von Gott selbst aus dem Geist
gezeugt und wurden in seinem Sohn selbst zu Söhnen gemacht. So wie der Vater-
Mutter bei der Taufe des Sohnes sagte: Heute habe ich dich gezeugt. Und so wie der
Sohn den Vater verherrlicht hat und der Vater durch den Sohn verherrlicht wurde,
damit auch andere ihn verherrlichen mögen, so sollen und müssen wir dieses Werk
Yahshuas als Söhne des Sohnes Gottes weiterführen.

109
Im Philippus-Evangelium lesen wir: "Der Vater war im Sohn und der Sohn im Vater.
Das ist das Reich der Himmel... Es gibt den Sohn des Menschen und es gibt den Sohn
des Sohnes des Menschen. Der Herr ist der Sohn des Menschen. Sohn des Sohnes des
Menschen ist derjenige, der durch den Sohn des Menschen geschaffen wird. Der
Sohn des Menschen erhielt von Gott die Fähigkeit, zu schaffen. Er hat aber auch die
Fähigkeit zu zeugen. Wer die Fähigkeit zu schaffen erhalten hat, ist selbst ein
Geschöpf. Wer die Fähigkeit zu zeugen erhalten hat, ist selbst ein Gezeugter. Wer
schafft, kann deshalb nicht auch schon zeugen. Wer aber zeugt, kann auch schaffen.
Wer schafft, wirkt im Sichtbaren und ist selbst sichtbar. Wer aber zeugt, wirkt im
Verborgenen und ist selbst verborgen. (Das Geschöpf) ist nur ein Abbild. Wer schafft,
schafft im Sichtbaren. Wer aber zeugt, der zeugt Kinder im Verborgenen."

Was die Bewegung und die Unbeweglichkeit betrifft, so ist die Bewegung die
ständige und unaufhörliche dienstbare Liebe zum Wohle und zur Errettung aller, die
durch seine Söhne (und Töchter) auf Erden und seine Engel geschieht und ausgeführt
wird, während die Unbeweglichkeit das vollständige und dauerhafte Ruhen im Guten
ist, denn wie im Johannes-Evangelium geschrieben steht, ist Gott vollkommenes
Licht und in ihm ist keine Finsternis. In dieser Ruhe im Guten müssen auch wir an
dem Tag, der kommt wie ein Dieb in der Nacht, gefunden werden, wenn wir in die
ewige Ruhe Gottes eingehen wollen, denn niemand kann zwei Herren dienen.

Weiter heißt es im Philippus-Evangelium über das Ruhen im Guten und die


dienstbare Liebe: "Der Heilige Geist aber ist (anders) im Erscheinenden - im Unten -
als im Nicht- Erscheinenden - im Oben. Die bösen Mächte dienen (ungewollt) den
Heiligen. Die bösen Mächte werden vom Heiligen Geist verblendet, damit sie
glauben, sie dienten einem Menschen der Welt, während sie doch einem Heiligen
dienen... In dieser Welt also dienen die Sklaven den Freien. Im Reich der Himmel
werden die Freien den Sklaven dienen. Die Kinder des Brautgemachs werden den
Kindern der irdischen Zeugung dienen. Die Kinder des Brautgemachs haben alle
denselben Namen (den Namen des Vaters, um dessentwillen sie errettet werden).
Zusammen haben sie an der Ruhe teil... Nur denen lässt sich aber Ruhe geben, die im
Guten ruhen (können)... Wer die Erkenntnis der Wahrheit hat, ist frei. Der Freie aber
sündigt nicht, denn wer Sünde tut, ist der Sünde Knecht. Die Wahrheit ist die Mutter.
Die Erkenntnis ist der Vater. Die, die nicht die Freiheit haben, gegen die Welt zu
sündigen, nennen sich Freie, die nicht die Freiheit haben zu sündigen. Denn die
Erkenntnis der Wahrheit erhebt zwar ihre Herzen, das heißt, macht sie frei, und
bewirkt, dass sie sich über den Ort (dieser Welt) erheben. Die Liebe, aber ist immer
dienstbar. Wer also frei geworden ist durch die Erkenntnis, ist Knecht durch die
Liebe. Knecht derer, die noch nicht frei werden konnten, dadurch, dass sie die
Erkenntnis aufnahmen. Die Erkenntnis aber macht sie dann fähig zur Freiheit. Die
Liebe nimmt nichts an sich, sie braucht nichts an sich zu nehmen, da alles ihr gehört.
Sie sagt nicht: Das gehört mir oder jenes gehört mir, sondern sie sagt: Ich schenke
alles dir."

110
"Das vierte Evangelium sagt, dass das Wort im Anfang war; es war bei Gott und es
war Gott. Es sagt auch, dass das Wort das wahre Licht war. Und von diesem wahren
Licht, das das Wort ist, heißt es, dass es das Gewand der Majestät und Herrlichkeit
ist, das Gott trägt. Das Licht wurde nicht im wörtlichen Sinne gemacht, sondern es
wurde ausgesprochen; es war schon vorher da, denn Gott war am Anfang, und er
leuchtete (breitete sich aus) in der Finsternis. Deshalb sagt Jesus, der Sohn: Ich bin
das Licht der Welt, denn ich bin identisch mit dem Gewand der Herrlichkeit, das der
Vater trägt, und das Licht des Vaters, eins mit ihm. Wenn sich der Sohn im
Evangelium mit dem Licht identifiziert, meint er das wahre Licht, das sich selbst
geoffenbart und geäußert hat, und nicht das Licht einer geschaffenen Sonne, deren
Glanz später Licht genannt wurde, weil sie in dieser Welt ein Abbild des wahren
Lichts darstellt. Das wahre Licht, das Jesus mit Recht beansprucht, ist der Sohn, das
Wort, und bildet das Reich des Vaters, das Reich des Lichtes, in dem Hunger und
Durst nach Glückseligkeit, Leben und Weisheit gestillt werden können, wie es der
Psalm so poetisch ausdrückt: Du tränkst sie mit Wonne wie mit einem Strom. Denn
bei dir ist die Quelle des Lebens und in deinem Licht sehen wir das Licht. Der Logion
bestätigt, dass der pneumatische Mensch aus dem Licht geboren wird, das aus sich
selbst geboren ist. Er ist also das Licht, das sich selbst im Licht wiedererkennt. So
sind die pneumatischen Menschen, obwohl sie Licht sind, nicht das Licht selbst,
sondern sie sind Kinder des Lichts. Als Licht, das sich im Licht erkennt, ist der
pneumatische Mensch das getreue Abbild des Sohnes, ein Tropfen oder Funke des
wahren Lichts, das der Sohn ist. Dennoch ist das, was das Bewusstsein des Menschen
von sich selbst weiß, nicht der Mensch, der aus dem Licht kommt, sondern der
irdische Mensch - der psychische Adam -, der sich als Bild und Schatten seines
himmlischen Gegenstücks offenbart, aber dazu bestimmt und vorherbestimmt ist, das
Bild des Sohnes zu reproduzieren. Es gibt in der Tat zwei Bilder: das eine ist das Bild
des Sohnes, das Licht, das das Licht betrachtet, und das andere, das sich auf der Erde
als Schatten und Bild des himmlischen Lichts offenbart. Gewiss, die vollständige
Wirklichkeit des Menschen in seiner Eigenschaft als Vollendung des Planes Gottes ist
die des Auserwählten, der so genannt wird, weil in ihm die beiden Bewohner
desselben Hauses vereint, einsgemacht sind: Das Bild des Sohnes, das aus dem Licht
kommt, und das, was von dem psychischen Bild oder Schatten des Menschen, der
wie Silber veredelt ist, übrig bleibt, wodurch das Licht in der sichtbaren irdischen
Welt offenbart wird. Und solche sind die Auserwählten des lebendigen Vaters. Was
das Zeichen des Vaters betrifft, von dem das Logion sagt: Er ist Bewegung, denn das
ist das ewige Leben, das vom Vater ausgeht; ein Leben, das unaufhörlich ist und wie
ein Strom die von ihm geschaffene und belebte Welt trägt; und er ist Ruhe, denn der
Vater bleibt in sich selbst, unbeweglich und unveränderlich. Durch die Bewegung, die
er ist, ist es möglich, ihm in der sabbatischen Ruhe zu begegnen, die von Anfang an
dem auserwählten Volk Gottes vorbehalten war. Bewegung und Ruhe sind ein
einziges Zeichen im Vater, ein und dasselbe; und das ist gemeint, wenn Jesus sagt:
Kommt zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, und ihr werdet Ruhe finden für
eure Seelen." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

111
51. Es sagten zu ihm seine Jünger: Wann wird die Ruhe der Toten eintreten und
wann wird die neue Welt kommen? Er antwortete: Die Ruhe, die ihr erwartet,
ist ja schon gekommen, aber ihr erkennt sie nicht.

Nur wer in der Ruhe gefunden wird, wenn der Sohn sein Erbe antritt und seine Braut
mit sich vereint, der wird in die Ruhe Gottes eingehen. Das bedeutet, wir müssen
vollständig und dauerhaft im Guten ruhen, und dürfen nicht versuchen, zwei Herren
zu dienen, denn dies ist nicht möglich. Im Philippus-Evangelium lesen wir: "Wie
können wir dieses große Werk vollbringen? Wie wird der vollkommene Mensch
einem jeden Ruhe geben? Vor allem dürfen wir niemanden betrüben, keinen Großen
und keinen Kleinen, keinen Ungläubigen und keinen Gläubigen. Nur denen lässt sich
aber Ruhe geben, die im Guten ruhen (können)." Indem Yahshua uns das heilige
Gesetz zurückgab, und damit die Möglichkeit zur Unterscheidung und zur
vollständigen Erkenntnis des Guten und des Bösen, können wir das Gute wählen und
im Guten ruhen, und somit ist die Ruhe mit ihm, der in uns wohnt und Herr über den
Sabbat ist, schon gekommen. Wir müssen nur ihn und sein Wort in uns aufnehmen,
uns davon nähren, und den Heiligen Geist empfangen, die Taufe im Wasser und nach
der Empfängnis im Feuer des Geistes. Die Ruhe der Toten bedeutet, dass die, die in
Christus sind und zu ihm gehören, Söhne des Sohnes des Menschen, der Welt und der
Sünde gegenüber gestorben sind, die Welt und den Tod überwunden haben, der Welt
enthoben wurden und somit zu Miterben des Sohnes geworden sind. Im Philippus-
Evangelium lesen wir: "Der Sklave trachtet nur danach, frei zu werden, er kann aber
nicht nach dem Gut seines Herrn trachten. Der Sohn aber ist nicht nur Sohn, sondern
hat auch Anspruch auf das Erbe des Vaters. Welche Totes erben, sind selbst tot, und
erben nur Totes. Die aber Lebendiges erben, die leben, und sie erben das Lebendige
und das Tote dazu. Die Toten erben nichts. Wie sollten die Toten erben? Wenn aber
der Tote das Lebendige erbt, wird er nicht sterben, sondern er wird trotz allem leben."
Die Toten, die das Lebendige erben, sind also die, die ins Reich Gottes eingehen
werden. Sie haben ihre Seele - die man auch als das Niedere Selbst bezeichnen kann,
die fleischliche Natur, die an all den Trugbildern dieser Welt festhält und darin ihre
Erfüllung sucht - von allem Ballast befreit und entleert, damit sie sich mit ihrem
Höheren Selbst, dem Göttlichen in uns, dem wahren Bräutigam, dem ersten
vollkommenen Geist- und Lichtmenschen, dem eingeborenen Sohn, der verborgen in
uns allen ist, vereinen und mit ihm verschmelzen kann, d.h. selbst zu ihm wird. Der
Autor auf https://www.gospelofthomas-interpretation.com/ interpretiert die
Bedeutung der „Toten“ in diesem Logion etwas anders. Da er sehr oft dazu neigt,
weit über das Ziel hinauszuschießen und sich in Dingen verliert, die m. E. nichts
mehr mit der eigentlichen Auslegung des Logions zu tun haben, sondern eher dazu
führen, dass man den Überblick auf das Wesentliche verliert, habe ich auch hier den
Kommentar stark verkürzt. Er bezieht sich bei seinen Kommentaren auch leider fast
ausschließlich auf die synoptischen (biblischen) Evangelien und weniger auf die
anderen gnostischen Schriften aus Nag Hammadi, was m. E. mehr Sinn macht, da
diese eine eigene „Sprache“ und eigene Ausdrücke und Terminologien verwenden.
Nichtsdestotrotz sind seine Kommentare oft auch sehr interessant und geben oft
völlig neue Einblicke in die geistige Tiefe der biblischen Schriften.

112
"Die Toten sind in der Sprache des Evangeliums jene Kinder des Lichts, die zwar
unsterblich sind, aber noch nicht den erforderlichen Grad der Vollkommenheit
erreicht haben: Eins zu sein, eins zu werden mit dem pneumatischen Inhalt des
Bewohners desselben Hauses, dem Geist. Diejenigen, die in diesem getrennten
Zustand leben - und das ist fast die gesamte Menschheit -, werden von Jesus als
weiße Gräber beschrieben; das bedeutet, dass sie von außen betrachtet lebendig
aussehen mögen, aber in ihrem Inneren tot sind. Bei diesen Worten denkt Jesus an
den Menschensohn, den Bewohner der Höhe, der als einziger das wahre Leben hat,
der aber ein Gefangener bleibt, dessen einzige Ausdrucksform darin besteht, seinem
sterblichen Mieter heimlich Leben einzuflößen. Die Kinder des Lichts sind die
Gerechten, die verlorenen Schafe, und der Wille des Vaters, den er dem Sohn
gegenüber zum Ausdruck brachte, als er ihn sandte, lautet in den Worten Jesu: Dass
ich von allen, die er mir gegeben hat, keines verliere, sondern sie am letzten Tag
auferwecke. Der Ausdruck Ruhe der Toten - der Kinder des Lichts - bezieht sich auf
die offene Periode von ungewisser Dauer, die mit dem ersten Zeichen oder der ersten
Intuition in der Seele beginnt, dass der Sohn des Lichts lebt - ignoriert, unbekannt,
wie tot - oben, im obersten, nie betretenen Stockwerk des Hauses. Dies ist der
Zeitpunkt, an dem das Bewusstsein des Menschen zum ersten Mal zur Gegenwart des
Sohnes des Lichts erwacht und zu dem Vorwissen, dass es ihm möglich sein wird, am
letzten Tag jenes großen religiösen Prozesses, den das Evangelium die Auferstehung
der Toten nennt, einzutreten. Bei der Auslegung der Bezeichnungen im Neuen
Testament ist große Vorsicht geboten, denn die Begriffe Tod und Auferstehung haben
eine doppelte Bedeutung, die sich nicht immer zweifelsfrei bestimmen lässt. So gibt
es im Evangelium zwei Klassen von Toten: die offenkundig Verstorbenen, die zum
Gericht oder zum „Wiegen der Seelen“ gehen und die Auferstehung erwarten, um
zum Leben aufzuerstehen; und diejenigen, die wir die lebenden Toten nennen
müssen, die in der Welt leben, aber nicht von der Welt sind und nie von der Welt
waren; sie sind es, die in das Reich Gottes eingehen werden, sobald sie die Einheit
mit den psychischen Söhnen Adams, die in demselben Haus wohnen, erreicht haben
und so zu Auserwählten werden. Einmal geläutert wie Silber, in derselben Gruft wie
der Sohn des Lichts, kann es ihnen gelingen, die Stimme des Menschensohns zu
hören und durch ihre neu gefundene Einheit mit den Auserwählten Anteil an der
Unsterblichkeit zu gewinnen. Das geläuterte Silber ist der Rest, der mit dem
Auserwählten in der Vollendung seiner Ruhe eins wird. Daraus folgt, dass es nach
dem Evangelium zwei Arten der Auferstehung gibt: Die dem jüdischen Volk
bekannte, die nur die Toten betrifft, und die von Jesus verkündete Auferstehung der
Tugendhaften, also der lebenden Toten, bezeichnet. Sie findet in dieser Welt statt,
denn die Auferstehung ist der Schritt - das Passah -, der die Söhne des Lichts befreit,
die in der Welt gefangen gehalten werden, ohne dass sie die Welt verlassen, zu der sie
ohnehin nicht gehören. Das ist das große Werk des Menschensohnes gemäß dem
Schöpfungsplan: Dass der Menschensohn, bevor er den Tod schmeckt, sichtbar und
eins wird, indem er von oben in das Bewusstsein der Psyche geboren wird. (Dass also
der Geist hinabsteigt in die Materie, oder besser die Seele, damit diese wiederum
aufsteigen und die Materie verlassen kann)." (https://www.gospelofthomas-
interpretation.com/)

113
52. Es sagten zu ihm seine Jünger: Vierundzwanzig Propheten sprachen in
Israel, und sie sprachen alle in deiner Kraft. Er antwortete: Mit solchen
Gedanken kehrt ihr euch von dem Lebendigen ab, der vor euch steht und
sprecht von den Toten.

Es gab und gibt nur einen, der in der Kraft des Erstgezeugten, des eingeborenen
Sohnes, dem Wort, das ins Fleisch kam, gesprochen und alle Mysterien aufgedeckt
hat. Er ist der, auf den alle wahren Propheten hingewiesen haben. Selbst Mose sagte:
Auf ihn sollt ihr hören! Und wer nicht auf ihn hört, von dem wird der Vater
Rechenschaft fordern. Im EHGOC sagt Yahshua: "Selbst bei den Propheten, nachdem
sie vom Heiligen Geist gesalbt worden waren, wurden immer noch Äußerungen der
Sünde gefunden." Auch kannten die Propheten, selbst wenn sie das Christus-
Bewusstsein erreicht hatten, nicht die Mysterien der Schöpfung und des
menschlichen Geistes und der menschlichen Seele. Weiter sagt er im EHGOC: "Höre,
Israel, der Ewige All-Vater, dein Gott ist Einer. Viele sind meine Vorsteher und meine
Propheten. In mir leben und bewegen sich alle und leben." Er spricht auch von Mose,
seinem Knecht, das heißt dass der Vater durch den Sohn, und der Sohn durch seine
Propheten gesprochen hat. Auch waren die Propheten nicht in der Lage, mit dem
Feuer des Heiligen Geistes zu taufen oder in ihnen Wohnung zu machen. Denn der
Menschensohn, das Wort, der gute Samen, ist von Anfang an in jedem von uns. Die
Propheten waren auch weder das fleischgewordene Wort noch waren sie am Anfang
bei Gott und waren / sind Gott als sein wahres Abbild in all seiner Fülle.

"Hier liegt der Schwerpunkt auf dem verborgenen Christus. Vom Wort, von Christus,
steht geschrieben, dass er Fleisch geworden ist, dass er unter uns gelebt hat, und diese
Wahrheit wäre keine absolute Wahrheit, wenn der Ausdruck „unter uns“ nicht den
Anspruch auf die universale Gegenwart Christi erheben würde. Seit dem ersten Adam
gab es keinen Menschen, dem Christus nicht innewohnte; vom Vater gesandt, aber
vielen unbekannt, das heißt verborgen, obwohl er das essentielle, ewige Wesen, das
unsterbliche Leben eines jeden von uns ist. Diese Lehre steht im Mittelpunkt der
gesamten Botschaft des Evangeliums, und man kann sagen, dass keine einzige Stelle
die klare Entschlossenheit Jesu und der Evangelisten vermissen lässt, die Gegenwart
des Christus Gottes in der Heiligen Schrift dauerhaft zu bezeugen. So gehört zu den
ersten Schritten Jesu mit seinen Jüngern auch die Verkündigung des Philippus an
Nathanael: Wir haben den gefunden, von dem Mose im Gesetz geschrieben hat, von
dem die Propheten geschrieben haben. Und es ist auch kein Zufall, dass Jesus nach
seiner Auferstehung, als sein Werk vollbracht war, mit seinen Jüngern nach Emmaus
ging, um ihnen zu erklären, was in der ganzen Schrift über ihn geschrieben stand,
nicht ohne sich über diejenigen unter ihnen zu beklagen, die so zögerlich waren, die
ganze Botschaft der Propheten zu glauben. Wie er später sagen sollte: Das habe ich
gemeint, als ich, als ich noch bei euch war, sagte, dass alles, was über mich im Gesetz
des Mose, in den Propheten und in den Psalmen geschrieben steht, erfüllt werden
muss. Man muss sich jedoch vor Augen halten, dass dies den manifesten Aspekt
Christi betrifft.

114
Der Sohn der Jungfrau lebt immer in der Gegenwart dessen, der ihn durch den
Glauben wiederbelebt, bis er ihn als Sohn der Verheißung - als Licht - in der
freudigen Fülle seines eigenen Wesens empfängt. Dies ist der Christus Gottes, von
dem Jesus sagt: Ihr studiert die Schriften und glaubt, dass ihr in ihnen das ewige
Leben habt; nun bezeugen dieselben Schriften mich. Wer den in sich selbst lebenden
Christus Gottes entdeckt, wird die Wahrheit des Zeugnisses der Schrift anerkennen,
dass der Christus von Anfang an der himmlische Bewohner in uns war. Dies gilt für
alle Menschen, in allen Zeiten." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

53. Seine Jünger sagten zu ihm: Ist die Beschneidung nützlich oder nicht? Er
antwortete: Wenn sie nützlich wäre, würde der Vater die Kinder schon
beschnitten aus den Müttern zeugen. Aber die wahre Beschneidung im Geist ist
ungemein nützlich.

In der Bibel ist zwar die Rede von der Beschneidung des Herzens, Yahshua spricht
aber hier von der Beschneidung im Geist. Denn der Geist ist der Ursprung jedes
Gedankens, und jeder Gedanke ist der Ursprung eines jeden Wortes und einer jeden
Tat. Man könnte also sagen, dass die Beschneidung im Geist auch die im Herzen
nach sich zieht. Im EDVL sagt Yahshua, dass für diejenigen, die in Christus, keine
Beschneidung (im Fleisch) und kein Blutvergießen gibt. Dass die Beschneidung im
Fleisch nur eine symbolische Bedeutung haben kann, sollte jedem klar denkenden
Menschen einleuchten. Diese Bedeutung finden wir im Philippus-Evangelium: "Als
Abraham [seine Augen erhob], dass er sähe, was er sehen sollte, beschnitt er das
Fleisch der Vorhaut. Dadurch lehrte er uns, dass das Fleisch vernichtet werden muss,
bevor diese Welt verlassen werden kann. Solange die Begierden des Menschen im
Verborgenen sind, bleiben sie bestehen und leben. Sobald sie ins Sichtbare treten,
sterben sie, ganz so, wie es beim leiblichen Menschen ist. Denn wenn seine
Eingeweide zum Vorschein kommen und aus dem Körper heraustreten, muss er
sterben. Ebenso ist es bei einem Baum. Solange seine Wurzel verborgen ist, wächst
er, und lebt. Kommt aber seine Wurzel zum Vorschein, verdorrt der Baum. Und so ist
es mit jedem Geschöpf in der Welt, nicht nur mit dem Sichtbaren, sondern auch mit
dem Verborgenen. Solange die Wurzel der Bosheit verborgen ist, ist sie stark. Wird
sie aber erkannt, löst sie sich auf. Wird sie sichtbar, schwindet sie dahin. Deshalb sagt
das Wort: Die Axt ist schon an die Wurzel der Bäume gelegt. Die Axt ist nicht dazu
da, abzuhauen. Was man abhaut, wächst wieder nach. Sondern die Axt gräbt hinunter
bis zum Grund, bis sie die Wurzel heraufbringt. Jesus riss die Wurzel der Welt ganz
heraus. Andere taten dies nur teilweise. Graben wir daher alle nach der Wurzel der
Bosheit, die in uns ist, und reißen wir die Wurzel ganz aus unserem Herzen! Sie wird
ausgerissen, indem wir sie erkennen. Erkennen wir sie nicht, wurzelt sie weiterhin in
uns und bringt ihre Früchte hervor in unseren Herzen. Dann ist sie Herr über uns, wir
sind ihre Knechte. Sie nimmt uns gefangen, so, dass wir tun, was wir nicht wollen,
und nicht tun, was wir wollen. Sie bleibt mächtig, weil wir sie nicht erkennen. Und
solange sie vorhanden ist, wirkt sie auch."

115
"Nach der Heiligen Schrift gibt es zwei Arten der Beschneidung, die Gott als Siegel
des Bundes vorgeschrieben hat: die Beschneidung des Fleisches (äußerlich) und die
Beschneidung des Herzens (innerlich, verborgen). Beide wurden vom Gesetz und den
Propheten beschrieben, und Jeremia sagte über die Unbeschnittenen im Herzen und
im Hören: Ihre Ohren sind unbeschnitten, sie können nicht hören. Damit lieferte er
eine Grundlage für eine tiefere Unterscheidung zwischen den beiden Formen der
Beschneidung. All dies ist bekannt; dennoch ist der Logion sehr radikal, denn er
scheint zu bedeuten, dass die Beschneidung des Fleisches als kulturelles Ritual
keinen Sinn hat, sondern nur die Beschneidung im Geist. All dies wird vom Apostel
bestätigt, der den Römern sagt, dass die wahre Beschneidung im Herzen liegt. Was
der Logion die wahre Beschneidung im Geiste nennt, ist ohne Frage eine Reinigung
oder Läuterung des Inhalts der Seele. Die wahre Beschneidung ist für die Zwecke des
endgültigen Bundes nützlich und heilsam, so wie die wahre Taufe im Geist nützlich
und heilsam ist. Wenn beide Formen äußerlich sind, sind sie bloße kulturelle Rituale,
die keinerlei nützliche oder heilsame Eigenschaften haben. Worauf es ankommt, ist,
wie der verborgene Sinn beider Rituale zeigt, die Erneuerung, das neue Leben, das
nur derjenige erlangen kann, der aufrichtigen Herzens und vom Glauben erfüllt ist
und dessen Geist frei von jeder Spur eines schlechten Gewissens ist."
(https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

54. Jesus sprach: Selig sind die Armen, denn ihrer ist das Reich der Himmel.

In den Essener Lehren ist das Überwinden des Todes gleichbedeutend mit dem Lösen
aller Verhaftungen an die Materie, denn die Materie ist der Tod selbst, da sie
vergänglich ist. Aller gemeinschaftlicher Besitz dient nur dem Zweck der Erhaltung
des Körpers, der Entwicklung der Persönlichkeit (hin zur Vollkommenheit), der Ehre
Gottes und der Offenbarung seiner Herrlichkeit. In der Welt und bei denen, die zu ihr
gehören, dient der Besitz und das Eigentum in der Regel als Statussymbole, um den
äußeren Schein von „Erfolg“ zu wecken und den Neid und die Anerkennung anderer
zu ernten. Die Menschen, die von der Welt sind, identifizieren sich mit den
materiellen Statussymbolen und fallen daher in tiefe Krisen und Depressionen und
fühlen sich als Versager und schämen sich zutiefst, wenn sie sie verlieren und die
anderen es auch noch mitbekommen. Die „Armen im Geiste“ sind nicht etwa
diejenigen, die keine geistige Erkenntnis haben oder dergleichen, sondern im
Gegenteil, sind es die, die ihre Seele von all den Trugbildern der Welt befreit und
entleert haben, sodass sie mit dem Leben spendenden Geist gefüllt werden kann.
Deswegen heißt es im Philippus-Evangelium: "Jede Pflanze des Himmels pflanzt
mein Vater, und sie wird nicht ausgerissen werden. Die Getrennten (Seele und Geist)
werden vereinigt, das Leere (die Seele) wird voll werden (vom Geist)." Deswegen
sagt Yahshua im Logion 61: "Wer leer ist, wird sich mit Licht füllen. Wer aber geteilt
ist, wird sich mit Finsternis füllen." Wo also Seele und Geist eins geworden sind,
dadurch, dass sich die Seele von allem unnötigen weltlichen Ballast entleert hat, dort
ist Licht – wo sie aber geteilt sind, also wo sie in Feindschaft miteinander leben, und
die Seele ihren wahren Bräutigam, den Geist, den Menschensohn, den Christus, nicht
erkennt, sondern im Ehebruch lebt, ist Finsternis.

116
Im EHGOC sagt Yahshua: "Gesegnet im Heiligen Geist und im Geist sind die Armen
der Bruderschaft, denn sie sind die Auserwählten Gottes, und ihnen gehört das
Königreich des Himmels, in dem sie über die Menschensöhne als Könige und Priester
herrschen werden." Wer ist die Bruderschaft und wer gehört zu ihr? Es sind alle, die
das heilige Gesetz der dienstbaren Liebe zu allen Geschöpfen in ihren Herzen tragen
und danach leben. Es sind die, die alle in Liebe teilen und wo es keinen persönlichen
Besitz gibt und kein „mein und dein“, sondern nur „unser“. In den biblischen
Evangelien sagt Yahshua, dass diejenigen seine Mutter, Brüder und Schwestern sind,
die den Willen des himmlischen Vaters tun. In den Essener Schriften lesen wir über
die Bruderschaft: "Gesegnet ist das Kind des Lichts, das das Königreich der Himmel
auf Erden baut, denn es wird in beiden Welten wohnen. Ihr sollt dem Gesetz der
Bruderschaft folgen, das sagt, dass niemand Reichtum haben soll, und niemand arm
sein soll, denn alle sollen im Garten der Bruderschaft zusammenarbeiten. Aber jeder
soll seinem eigenen Weg folgen, und jeder soll mit seinem eigenen Herzen
kommunizieren. Denn im unendlichen Garten gibt es viele und vielfältige Blumen:
Wer kann sagen, dass man am besten ist, weil seine Farbe lila ist, oder dass man
bevorzugt wird, weil sein Stiel lang und schlank ist? Obwohl die Brüder von
unterschiedlicher Farbe sind, arbeiten sie doch alle im Weinberg der irdischen Mutter,
und alle erheben ihre Stimmen gemeinsam, um den himmlischen Vater zu preisen.
Und zusammen brechen sie das heilige Brot, und in Stille teilen sie das heilige Mahl
der Danksagung. Es wird keinen Frieden unter den Völkern geben, bis es einen
Garten der Bruderschaft auf Erden gibt. Denn wie kann es Frieden geben, wenn jeder
seinen eigenen Gewinn verfolgt und seine Seele in die Sklaverei verkauft? Ihr,
Kinder des Lichts, sammelt mit euren Brüdern und geht dann hin, um die Wege des
Gesetzes denjenigen zu lehren, die sie hören wollen. Derjenige, der Frieden gefunden
hat mit der Bruderschaft des Menschen hat sich selbst zum Mitarbeiter Gottes
gemacht. Sie sind die Arbeiter des Guten, weil sie das Gute des himmlischen Vaters
wirken. Sie sind der Geist, das Gewissen und die Seele derer, die das Gesetz lehren
und für das Gesetz kämpfen. In ihnen offenbart sich das heilige Gesetz... Wenn dich
Menschen fragen, zu welchem Land du gehörst, so sage nicht, du gehörst zu diesem
oder jenem Land, denn in Wahrheit ist es nur dieser arme Körper, der in einem
kleinen Winkel der Erde geboren wurde. Aber du, o Kind des Lichts, gehörst der
Bruderschaft an, die alle Himmel und was darüber ist, umfasst. Und von deinem
himmlischen Vater ist nicht nur der Same deines Vaters und Großvaters
herabgekommen, sondern auch der aller anderen Lebewesen der Erde. Wahrlich, du
bist ein Sohn Gottes und alle Menschen sind deine Brüder... Und ein Mann sagte: Du
redest immer von der Bruderschaft, aber wir können nicht alle der Bruderschaft
angehören. Doch wir möchten das Licht verehren und die Finsternis meiden, denn
niemand unter uns wünscht das Böse. Und Yesha antwortete: Lass dein Herz nicht
unruhig werden: Wisset, dass in unseres Vaters Haus viele Räume sind, und dass
unsere Bruderschaft nichts als ein dunkles Glas ist, das die himmlische Bruderschaft
widerspiegelt, zu der alle Geschöpfe des Himmels und der Erde gehören. Die
Bruderschaft ist der Weinstock, und unser himmlischer Vater ist der Weinbauer. Jeden
der Zweige, der keine Frucht bringt, nimmt er hinweg, und jeden Zweig, der Frucht
trägt, beschneidet er, damit er noch mehr Frucht trage. Weile in uns und wir in dir.

117
Wie der Zweig nicht aus sich selbst Frucht tragen kann, es sei denn, er ist mit dem
Weinstock verbunden, genauso wenig könnt ihr es, es sei denn, ihr ruht im heiligen
Gesetz, welches der Fels ist, auf dem unsere Bruderschaft steht." Auch sagte
Yahshua, dass wir nicht Schätze auf Erden sammeln sollen, sondern Schätze im
Himmel, die nicht vergehen oder verrosten, denn da wo unser Herz ist, da ist auch
unser Schatz. Auch sollen wir nicht für die irdische Speise wirken, sondern für die
ewige, geistige Speise. Denn die Heiden und Unwissenden sorgen sich um das, was
sie essen, trinken und anziehen sollen, die Kinder des Lichts aber trachten immer
zuerst nach dem Reich Gottes, welches in uns ist, denn sie wissen, dass der
himmlische Vater-Mutter sie mit dem Nötigen versorgt. Daher heißt es im Essener
Buch des wahren Lehrers: "Wisse, dass niemand zwei Herren dienen kann. Du kannst
nicht die Reichtümer der Welt begehren und gleichzeitig das himmlische Reich
besitzen. Du kannst nicht wünschen, Land zu besitzen und Macht über Menschen zu
haben und gleichzeitig das himmlische Reich. Reichtum, Land und Macht, diese
Dinge gehören niemand, denn sie sind von dieser Welt. Aber das Reich der Himmel
ist für immer dein, denn es ist in dir. Und wenn du begehrst und suchst, was dir nicht
gehört, dann wirst du gewiss das verlieren, was wirklich dein ist." Sich von den
Bindungen und Verhaftungen an materielle Dinge zu lösen, ja selbst von Mutter und
Vater, Sohn und Tochter, ist ein wichtiger Teil der Läuterung und Reinigung bzw.
Entleerung der Seele, die zwingend notwendig ist, damit sie sich mit dem Leben
spendenden Geist füllen kann und sich im himmlischen Brautgemach mit ihrem
wahren Bräutigam, dem Christus in uns, auf ewig zu vermählen.

"Die Armen, von denen im Logion die Rede ist, sind arm, nicht wegen dem, was sie
nicht haben, sondern wegen dem, was sie nicht haben wollen. Diese Aussage ist
religiöser, nicht sozialer Natur und bedeutet, dass nur derjenige, der in der Welt
mittellos ist und freiwillig auf irdische Schätze verzichtet, in sich selbst Raum für die
Fülle Gottes lässt. Der Zustand des Armen findet seine Erfüllung im höheren
Bewusstsein des Menschen, das, wie das Evangelium sagt, auf dem Dach wohnt, in
der Region des Geistes, des reinen, nackten ICH BIN, ganz anders als das
psychologische Konstrukt, das das ausmacht, was wir Seele nennen. Dort oben, in der
Höhe, außerhalb des Hauses, frei von jeder Absicht, hinunterzusteigen, um Dinge aus
dem Haus zu holen, wohnt der Menschensohn in seiner herrlichen Armut; denn von
ihm wird gesagt, dass er sein Haupt nirgendwo hinlegen kann. Jeder der Armen im
Geiste (jeder Geist, der arm ist, weil er Geist ist) ist eindeutig ein Sohn des Lichts, ein
Funke aus Gottes Herd, der das Reich des Vaters nie verlassen hat, trotz
vorübergehender Gefangenschaft im Bewusstsein. Ihnen verspricht Jesus die
Befreiung nicht aus der Armut, sondern aus der Gefangenschaft."
(https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

55. Jesus sprach: Wer seinen Vater und seine Mutter nicht hasst, kann nicht
mein Jünger sein. Und wer seine Brüder und seine Schwestern nicht hasst, und
nicht sein Kreuz auf sich nimmt wie ich, ist meiner nicht würdig.

118
Das Wort, das hier mit „hassen“ übersetzt ist, kann auch „weniger lieben“ bedeuten,
was hier eindeutig der Fall ist. In Logion 101 sagt Yahshua: Wer seinen Vater und
seine Mutter nicht hasst wie ich, wird mir nicht Jünger sein können. Und wer seinen
Vater und seine Mutter nicht liebt wie ich, wird mir nicht jünger sein können. Denn
meine Mutter ist von der vergänglichen Welt. Meine wahre Mutter aber hat mir das
Leben gegeben. Wie in meinem Buch „Werde Christus“ geschrieben, ist nach dem
Ewigen Geist, dem Vater-Mutter, der über allem steht, unsere wahre und erste Mutter
die Heilige Weisheit, der Heilige Geist - und unser wahrer erster Vater der
eingeborene Sohn, das Wort, der Logos. Diese sind die wahren Abbilder des Ewigen
Vater-Mutter, denn in diesen beiden ist die ganze Fülle desselben enthalten. Unsere
Erdenmutter gab uns zwar unseren fleischlichen Körper und der Demiurg formte ihn
zwar, doch diese beiden sind selbst vergänglich und können daher auch nichts
unvergängliches hervorbringen, sondern sie sind nur die minderwertigen und
vergänglichen Abbilder der wahren Abbilder des Vater-Mutter. Sie nähren uns zwar
mit der vergänglichen Nahrung, doch der Heilige Geist und Heilige Logos geben uns
die ewige Nahrung, das heilige Gesetz und die Erkenntnis desselben, die göttliche
Liebe. Deswegen sagte Yahshua: Wirkt nicht für die vergängliche Nahrung. Die
Mutter und der Vater, die wir weniger lieben sollen, sind die Erdenmutter und der
Demiurg, den der Logos als einen „Handwerker“ benutzte, und der den menschlichen
Körper aus der jungfräulichen Erde formte. Und schließlich sollen wir natürlich auch
unsere leibliche Mutter und unseren leiblichen Vater lieben. Und auch wenn wir
selbst unsere Feinde lieben sollen und alle Menschen und selbst die Tiere, die alle
unsere Brüder sind, sind unsere wahren Brüder und Schwestern diejenigen, die den
Willen des Vater-Mutter tun und das heilige Gesetz im Herzen tragen. Im Essener
Friedensevangelium lesen wir, dass das die Erdenmutter und ihr Reich dazu da sind,
dass wir von ihr gesäugt werden, indem wir lernen, in Weisheit, Frieden und Liebe
mit dem zu leben, was wir sehen und anfassen können, denn dies sind geringsten
Offenbarungen. Haben wir diese gelernt, sind wir bereit für die größeren: "Denn
wahrlich, niemand kann zum Himmelvater finden, es sei denn durch die Erdenmutter.
Gleichwie kein Neugeborenes die Lehren seines Vaters verstehen kann, ehe seine
Mutter es gesäugt, gebadet, gepflegt und aufgezogen hat. Ist das Kind noch klein,
gehört es zur Mutter und hat ihr zu gehorchen. Wird das Kind erwachsen, nimmt der
Vater den Sohn mit sich aufs Feld zur Arbeit, und er kommt nur zu Essenszeiten
zurück zu seiner Mutter. Nun belehrt der Vater den Sohn, damit er in seinen Arbeiten
tüchtig werde. Und sieht der Vater, dass sein Sohn seine Lehre versteht und aufnimmt
und seine Arbeit meistert, so überlässt er ihm alle seine Güter, damit sie dem
geliebten Sohne gehören und er das Werk seines Vaters fortsetzen möge."

"Mit dem Wort "hassen" will Jesus deutlich machen, dass alles, was von der Welt
kommt, seien es Väter, Brüder, Söhne, Jünger, unsere Seele und ihr Inhalt, unser
Leben selbst, nur dank des vom Vater gesäten Wortes, durch das sein Wille geschehen
soll, liebenswert ist, denn dies ist das Mittel der wahren Liebe, und es gibt kein
anderes. Was Jesus fordert, ist die Ausübung der Liebe frei von allen Bindungen, frei
von irdischen Reichtümern und Schätzen, denn diese führen immer dazu, dass ein
falscher Herr eingesetzt wird, einer, der diejenigen, die ihm dienen, konditioniert,

119
einer, der mit dem wahren Herrn unvereinbar ist, der zwar in dieser Welt ist, denn
ohne ihn oder außerhalb von ihm kann nichts leben und existieren, doch er ist gewiss
nicht von der Welt, genauso wenig wie der Sohn des Menschen und die Söhne des
Sohnes des Menschen. Es ist nicht immer leicht, zwischen diesen beiden angemessen
zu unterscheiden, und die Evangelisten, einschließlich Thomas, versäumen es nicht,
verschiedene Aussagen zu machen, die, jede auf ihre Weise, verkünden, dass für
Jesus und für alle Menschensöhne das letzte sichere Band der Liebe, die einzige
Quelle der Einheit, in der Verwirklichung des Wortes zu finden ist, das der Sohn in
uns allen als Samen der Herrlichkeit des Vaters gesät hat. Deshalb hat er gesagt: Ich
habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast, damit sie eins seien,
wie wir eins sind. Es ist diese einzigartige, grenzenlose Herrlichkeit des Lichts, die
den Söhnen des Lichts als Nutznießer zuteil wird, Licht ohne physische Substanz
oder geistige Form, völlig frei von jeglicher Bindung oder psychischer
Konditionierung, die Jesus im Sinn hat, wenn er sich weigert, irgendeine
Verwandtschaft, irgendeine Mutter oder Brüder anzuerkennen, außer denen, die dem
Wort Gottes glauben und seinen Willen tun, denn alle anderen sind nicht im Licht,
sondern in der Finsternis und diese haben bekanntlich keine Gemeinschaft
miteinander. Darin liegt die Botschaft, die Jesus am meisten verstanden wissen
wollte, dass sein Evangelium die Hörer befähigt, ihre Augen zu erheben und die
ersten Glanzlichter der Herrlichkeit der Einheit zu erblicken, dass sie diese in sich
selbst und in den anderen finden, so wie sie ist: Ein Strom der Freude und der Liebe.
Bei den Söhnen des Lichts handelt es sich ausnahmslos um das reine Bewusstsein des
Menschen, jenem, von dem es heißt: Gott schuf den Menschen nach seinem
Ebenbild. Dennoch kann es in dieser Welt keinen Zweifel daran geben, dass es für
den Erdenmenschen, um das Bewusstsein der Herrlichkeit des Selbst, des ICH BIN
des Menschen zu erlangen, bedeutet, einen langen Weg zu beschreiten, einen Weg,
der Tag für Tag den Verzicht auf alles bedeutet, was zur Trennung führt. Was diesen
Verzicht betrifft, so werden die Menschen, die von der Welt sind, ihn als
Selbstverleugnung (des niederen Selbst, der Seele) ansehen, doch diejenigen, die in
Christus sind und den Christus in sich entdeckt haben, werden entdecken, dass es sich
vielmehr um die Verneinung - und folglich um den Verzicht - all dessen handelt, was
nicht das (wahre) Selbst (der Geist) ist, was nicht die Herrlichkeit ist. Da eine solche
Verneinung nicht leicht fällt, sondern sehr harte Arbeit erfordert, heißt es, dass man
sie Tag für Tag angehen muss, indem man einfach weitermacht, ohne in irgendeiner
Weise zu versuchen, sein Leben (seine Seele) zu retten. Daher sagt Jesus: Wer seine
Seele (das niedere Selbst) retten will, wird sie verlieren; wer aber seine Seele um
meinetwillen verliert (d.h. sie entleert, um sie mit dem Geist zu füllen), wird sie
finden. Jesus hatte die herrliche Einheit der Söhne Gottes im Sinn, für deren
Verkündigung er sterben musste, und wenn er von Einheit sprach, wollte er damit
sagen, dass der Weg der Verneinung all dessen, was wir nicht wirklich sind, der Weg
der Entsagung und der Bereitschaft, sein Kreuz zu tragen, im vollen Sinne zu
verstehen ist." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

56. Jesus sprach: Wer die Welt erkennt, entdeckt einen Leichnam. Und wer
einen Leichnam entdeckt, dessen ist die Welt nicht würdig.

120
Im Philippus-Evangelium lesen wir: "Licht und Finsternis, Leben und Tod, rechts und
links, sind Zwillingsbrüder in dieser Welt. Unmöglich lassen sie sich voneinander
trennen. Daher sind weder die Guten ausschließlich gut noch die Bösen
ausschließlich böse, noch ist hier das Leben wirkliches Leben, oder der Tod
wirklicher Tod. Deshalb wird sich alles auflösen zu seinem anfänglichen Ursprung.
Die aber der Welt enthoben sind, sind unauflöslich, sind ewig." Das bedeutet, dass
alles, was vom Geist ist und zum Christus gehört, in ihm und durch ihn mit dem
Vater-Mutter einsgemacht werden wird, und alles, was vom Fleische ist, zusammen
mit dem Satan / Demiurgen in die äußerste Finsternis hinweggetan wird. Wer also de
Welt erkannt hat, der hat ihre Vergänglichkeit erkannt. Deswegen sagt Yahshua:
Werdet Vorübergehende. In Ode 34 der Oden Salomos heißt es: "Das Untere ist ein
Abbild des Oberen; denn das Obere ist alles, das Untere ist nichts; sondern nur in der
Einbildung derer ist es so, in denen die Erkenntnis nicht wohnt." Das Untere ist die
Erde, das Vergängliche, das Obere ist das Unvergängliche. Das Untere ist ein
minderwertiges Abbild des Oberen, minderwertig deshalb, weil im Gegensatz zum
Oberen vergänglich ist. Der Gedanke, dass nicht Gott, sondern der Demiurg diese
Erde und den sterblichen Menschen erschaffen hat, ist zunächst sehr schwer
vorstellbar und annehmbar. Doch sollten wir uns eine ganz einfache Frage stellen:
Wie könnte der Ewige Geist, der ewige Vater-Mutter etwas erschaffen, was nicht
ewig und unvergänglich ist? Zudem heißt es in den gnostischen Schriften, dass nicht
der Demiurg selbst die Welt und den Menschen erschuf, sondern dass der Heilige
Geist wirkte und der Logos ihn als seinen „Handwerker“ benutzte. Die Erschaffung
des Menschen laut den gnostischen Schriften geschah wie folgt: Der erste Mensch ist
direkt vom Ewigen Geist durch den Mutterschoß der Mutter des Alls, dem Heiligen
Geist, hervorgegangen, und ist das wahre Abbild des wahren Gottes. Er ist der
eingeborene Sohn, der vollkommene Licht- und Geistmensch. Der zweite Mensch,
der am sechsten und letzten Tag vor dem Sabbat, der Ruhe Gottes, erschaffen wurde
(als ein Ebenbild des ersten Menschen, der sich dem Demiurgen und seinen Mächten
offenbarte, als dieser behauptete, er alleine sei Gott), wurde zwar vom Demiurgen
und seinen Engeln geformt, war aber zunächst leblos und unbeseelt; gezeugt wurde er
nämlich vom Heiligen Geist, als der Demiurg ihm durch die schöpferische Kraft, die
er von seiner Mutter bekam, den Lebensodem einhauchte. Erst dann wurde er eine
lebendige Seele. Der Erdenmensch, der dritte Mensch, wurde erst am achten Tag
erschaffen als er er im Garten auf die Schlange hörte und vom Baum der Erkenntnis
von Gut und Böse aß. Dadurch verlor er seine Unsterblichkeit und fiel in die Materie
hinabfiel. Der dritte Mensch entstand also durch „Ehebruch“ mit der Schlange. Er
hatte nun vergängliche Eltern, den Demiurgen und die Erdenmutter, denn aus der
Erde hatte er den menschlichen Körper geformt. Im dritten Menschen ist also ein
göttlicher Kern, die Seele, in einer sterblichen Hülle, dem Körper. Die Seele wurde –
schon beim zweiten Menschen - von ihrem wahren Bräutigam, dem Geist, getrennt
und hat sich durch geistigen und physischen Ehebruch von Gott entfernt. Diese
Trennung ist jedoch keine vollständige, sondern ihr Bräutigam lebt weiter mit der
Seele in einem Haus, dem Menschen, nur erkennt sie ihn nicht mehr. Nun muss sie zu
wieder ihrer ursprünglichen Jungfräulichkeit gelangen und sich wieder mit ihrem
wahren Bräutigam, dem Sohn, vereinen.

121
Der geschaffene Mensch also stirbt, nur der vom Geist gezeugte, oder wie Yahshua
sagte, wiedergeborene Mensch wird ewig leben. Im Philippus-Evangelium lesen wir:
"Der Sohn des Menschen erhielt von Gott die Fähigkeit, zu schaffen. Er hat aber auch
die Fähigkeit zu zeugen.Wer schafft, wirkt im Sichtbaren und ist selbst sichtbar. Wer
aber zeugt, wirkt im Verborgenen und ist selbst verborgen. (Das Geschöpf) ist nur ein
Abbild. Wer schafft, schafft im Sichtbaren. Wer aber zeugt, der zeugt Kinder im
Verborgenen... Wenn jemand eine geschaffene Form ist, wird man finden, dass auch
seine Nachkommen als geschaffene Formen wohlgeraten sind. Ist jemand aber kein
geformtes Geschöpf, sondern ein gezeugtes Wesen, so wird man finden, dass auch
seine Nachkommen zeugungskräftige Samen, und zwar wohlgeratene Samen, sind.
Der Mensch aber wurde sowohl geformt als auch gezeugt, (er ist ein Bastard). Kann
man hier von Wohlgeratenheit sprechen? Zuerst kam der Ehebruch, dann kam der
Mord. Der Mensch wurde aus dem Ehebruch gezeugt, ein Sohn der Schlange.
Deshalb wurde er ein Mörder, genau wie sein Vater, die Schlange, und tötete seinen
Bruder. Jeder Verkehr, der zwischen einander ungleichen Wesen stattfindet, ist
Ehebruch." Das bedeutet, dass der Menschensohn, der erste Mensch, zwar den
zweiten als auch den dritten sterblichen Menschen durch den Demiurgen erschuf,
dieser muss aber erst durch den Heiligen Geist und den innewohnenden
Menschensohn „von oben“ gezeugt werden, denn die Erlösung der Welt geschieht
durch das Herabsteigen des Geistes in die Materie und das Emporsteigen der Materie
in den Geist, durch alle Zeiten (EDVL). Zuvor muss er jedoch auf der Ebene des
zweiten Menschen, der Seele, mit den lebendigen Wasser getauft werden, dessen
irdisches Abbild die Wassertaufe der Buße ist. Denn erst kommt die Taufe der Seele
mit den lebendigen Wassern und dann die Taufe des Geistes mit dem Feuer des
Geistes. So wie der dritte Mensch ein sterbliches Abbild des zweiten war und ist, so
war der zweite Mensch (auch seelischer Mensch) das Abbild des ersten, des Sohnes
Gottes. Denn dieser wurde dem Demiurgen und seinen Mächten zuvor durch die
Heilige Weisheit, den Heiligen Geist, offenbart, damit der Demiurg wusste, dass er
nicht Gott war und dass jemand vor ihm existierte. Denn er dachte, er alleine wäre
Gott, da seine Mutter Sophia, die ihn Unwissenheit zeugte (d.h. ohne die
Zustimmung des Vater-Mutters und der Pistis, ihrem männlichen Paargenossen), ihn,
damit ihn niemand sähe, außerhalb des Pleromas brachte, wo nichts war außer den
Wassern, dem himmlischen Meer. Daher heißt es in 1.Mose 1:2 "Und die Erde war
wüst und leer, und Finsternis war über der [dem Angesicht der] Tiefe [Flut]; und der
Geist Gottes schwebte über dem Wasser." Das Pleroma ist das wahre Abbild des
Vater-Mutters, das Reich, von dem die Erde nur ein minderwertiges Abbild ist. Weiter
lesen wir im Philippus-Evangelium: "Die Welt entstand durch einen Fehltritt. Denn
der sie schuf, wollte sie unvergänglich und unsterblich schaffen. Er kam jedoch zu
Fall und erreichte nicht das Ziel seiner Hoffnung. So wurde die Welt nicht
unvergänglich und blieb auch er nicht unvergänglich, der die Welt erschuf. Denn
nichts in ihr ist unvergänglich. Kein Ding wird Unvergänglichkeit erhalten können,
wenn der Mensch nicht wieder zu einem Kind Gottes wird. Adam (der dritte Mensch)
entstand aus zwei Jungfrauen: aus dem (Heiligen) Geist und aus der jungfräulichen
Erde. Deshalb wurde auch Christus aus einer Jungfrau geboren, damit er den Fehltritt
(der Sophia, der Mutter des Demiurgen) in Ordnung bringe..."

122
Nachdem der Demiurg durch die Kraft seiner Mutter Sophia zahllose Mächte erschuf,
sagte er in seinem falschen Stolz: Ich allein bin Gott und es gibt keinen anderen außer
mir. Als er dies sagte, antwortete die Heilige Weisheit im Apokryphon des Johannes:
"Der Mensch existiert und der Sohn des Menschen. Und Yaldabaoth hörte es und
dachte, dass die Stimme von seiner Mutter gekommen sei. Er wusste nicht, woher sie
gekommen war. Und der heilige und vollkommene Mutter-Vater, der der Vater des
Alls ist, durch den alles entstanden ist, der erste Mensch, belehrte sie, denn in einer
menschlichen Form offenbarte er sein Bild. Und der ganze Äon des ersten Archonten
erbebte, und die Grundfesten der Unterwelt bewegten sich. Und durch die Wasser, die
auf der Materie sind, leuchtete die Unterseite durch die Offenbarung seines Abbilds,
das in Erscheinung getreten war. Und als alle Gewalten und der erste Archon
hinschauten, sahen sie den ganzen Teil der Unterseite erleuchtet. Und durch das Licht
sahen sie im Wasser den Typos des Abbilds. Und er sprach zu den Mächten, die bei
ihm waren: Lasst uns einen Menschen schaffen nach dem Abbild Gottes und unserem
Bild, damit sein Abbild für uns zu Licht werde (siehe 1.Mose 1:26)." Der Moment, in
dem sich der vollkommene Lichtmensch, der Sohn Gottes, offenbarte, war am ersten
Tag der Schöpfung, an dem er als wahres Abbild des wahren Vaters erschaffen wurde.
Daher lesen wir in 1.Mose 1:3 "Und Gott sprach: Es werde Licht!" Der Mensch, der
am sechsten Tag erschaffen wurde, war das Abbild des wahren Abbildes: Die erste
Trennung, die darin besteht, dass Seele und Geist, Braut und Bräutigam, das
Weibchen und das Männchen, nicht mehr vereint, d.h. Eins, „ein Fleisch“ waren. Am
achten Tag, als der Mensch aus dem Paradies vertrieben wurde und einen sterblichen,
fleischlichen Körper bekam, wurde der dritte Mensch erschaffen: Das ist die zweite
Trennung, die darin besteht, dass die Seele den Geist, ihren wahren Bräutigam, nicht
mehr erkannte, da sie in einen sterblichen Körper gesteckt wurde und durch dieses
und all die anderen Trugbilder der Welt getäuscht und zum Ehebruch verführt wird.
Adam und Eva waren also, als sie noch im Garten Eden waren, zwei unsterbliche
Seelen(-menschen). Da sie aber vom Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen
aßen und nicht vom Baum des Lebens, der Heiligen Weisheit, wurden sie zu
„Menschen des Gesetzes“, d.h. sie erkannten zwar Gut und Böse, doch die Erkenntnis
des Gesetzes war nicht in ihnen. Obwohl der Erdenmensch durch den Heiligen Geist
lebendig und das Wort, der Sohn des Menschen, in ungeoffenbarter Form in uns ist,
wurde die Seele vom Geist getrennt. So war der Mensch nicht mehr nur gezeugt (von
Gott), sondern auch geformt (aus vergänglicher Materie), und daher wurde der
Mensch sterblich und identifiziert sich nicht mit dem Ewigen, dem Christus, dem
Göttlichen in sich, seiner wahren Identität und Natur, sondern mit dem
Vergänglichen, dem was er sehen und anfassen kann, und sucht darin, im Außen,
vergeblich nach Erfüllung, anstatt in sich selbst. Im Philippus-Evangelium lesen wir
bezüglich des Baumes, von dem Adam und Eva aßen: "Es wachsen zwei Bäume im
Paradies. Der eine macht zu einem Tier, wenn man von ihm isst, der andere zu einem
Menschen. Adam aß von dem Baum, der zum Tier macht. Daher wurde er zum Tier
und brachte selbst Tiere hervor. Deswegen verehren die Kinder Adams die Tiere. Der
Baum, von dessen Frucht Adam aß, ist der Baum der Erkenntnis des Guten und
Bösen. Und so wurden die Tiere zahlreich. Wenn aber ein Mensch von dem Baum
isst, der zum Menschen macht, wird er zum Menschen und bringt Menschen hervor...

123
Gott schuf ein Paradies. Der Mensch lebte im Paradies. Es gibt keine Trennung darin
und der Mensch lebte darin im Angesicht Gottes. Dort existiert die Einheit und unter
den Menschen ist keine Trennung. Der Baum der Erkenntnis (des Guten und Bösen)
tötete Adam der Baum der Erkenntnis (des Lebens) macht den Menschen lebendig.
Der Baum, der das Gesetz ist, tötet. Er hat zwar die Fähigkeit die Erkenntnis des
Guten und Bösen zu verleihen, aber er entfernt den Menschen weder vom Bösen
noch hält er ihn im Guten, sondern er bewirkt Tod für alle, die von ihm essen. Denn
dadurch, dass gesagt wird: Esst dieses, esst jenes nicht, (dass also ein äußeres Gesetz
aufgestellt wird), wird der Baum zur Ursache des Todes." Im EHGOC sagt Yahshua:
"Denn wahrlich, ich sage euch, wenn Adam in Eden von der Heiligen Weisheit in
Eden gegessen hätte, wäre der Menschensohn heute nicht in eurer Mitte, denn der
Heilige Baum des Lebens wurde gepflanzt, damit der Mensch die Güte Gottes und
nicht das Böse Satans erkennen würde. Nun aber muss alles zu seiner ursprünglichen
Wurzel zurückkehren, denn die Welt hält die Lüge für die Wahrheit, wie sie in die
Gedanken der bösen Menschen eingepflanzt wurde, die die Gesetzlosigkeit und nicht
den Frieden lieben."

Yahshua sagte auf die Frage, wann das Reich Gottes komme: "Wenn das, was außen
ist, so sein wird, wie das, was innen ist, und wenn das, was innen ist, so ist, wie das,
was außen ist, und Männchen und Weibchen, weder männlich noch weiblich, sondern
die beiden Eins sind." (EHGOC). Im Philippus-Evangelium lesen wir, was die
Bedeutung dieser Aussagen ist. Wenn das, was außen ist, so sein wird, wie das, was
innen ist, bedeutet: "Und der Herr sprach, ich bin gekommen, das Untere wie das
Obere und das Äußere wie das Innere zu machen. Ich bin gekommen, um sie alle an
jenem Ort zu versammeln. Hier, aber offenbarte er sich durch Sinnbilder und
Abbilder. Diejenigen, welche sagen: Auch oben gibt es Gestalten, die täuschen sich.
Derjenige nämlich, der eine sichtbare Gestalt hat, der Mensch, heißt der Untere. Und
derjenige, dem das Verborgene gehört, der ist über ihm. Mit Recht unterscheidet man
das Innere und das Äußere und das Äußerste des Äußeren. Deshalb nannte der Herr
das Verderben die äußerste Finsternis. Noch weiter außerhalb von ihr gibt es nichts.
Er sprach auch von seinem Vater, der im Verborgenen ist, nämlich: Gehe in deine
Kammer, schließe die Tür und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist - das
heißt der das Innerste von ihnen allen ist. Was aber das Innerste von ihnen allen ist,
ist die Fülle der Fülle. Weiter drinnen gibt es nichts. Das Innerste ist der, von dem
gesagt wird, dass er über ihnen ist."

Wenn das Männchen mit dem Weibchen, weder männlich noch weiblich, sondern die
beiden Eins sind, bedeutet: "Hätte sich das Weib nicht vom Mann getrennt, so würde
es nicht sterben mit dem Mann. Diese Trennung ist die Ursache des Todes. Deshalb
kam Christus, damit er die Trennung, die vom Anfang (der Welt) an Bestand, wieder
beseitige, sie beide vereinige und allen die durch die Trennung gestorben waren,
Leben gebe und sie wieder vereinige. Im Brautgemach aber ist es, wo sich die Frau
(die Seele) mit ihrem Gatten (dem Geist) vereinigt. Wer sich im Brautgemach
vereinigt, trennt sich nie mehr. Eva konnte sich von Adam trennen, da sie noch nicht
mit ihm verbunden gewesen war im Brautgemach."

124
Im irdischen Brautgemach vereinen sich Mann und Frau und werden „ein Fleisch“,
um neues Leben hervorzubringen, das wie sie selbst jedoch vergänglich ist. Dies ist
so, weil es, wie alles Irdische, nur ein minderwertiges Abbild des wahren
Brautgemachs bzw. des wahren Abbildes Gottes, des Pleroma, ist. Wenn sich die
jungfräuliche Seele mit ihrem wahren Bräutigam, dem Sohn Gottes, dem Christus,
vereint, entsteht ein Kind Gottes, das ewig lebt. Wir haben unsere Jungfräulichkeit
jedoch verloren und müssen uns nun von aller Unreinheit reinigen, denn nur
unbefleckt können wir die himmlische Hochzeit vollziehen. Da Yahshua Braut (den
Heiligen Geist, die Tochter) und Bräutigam (den Heiligen Logos, den Sohn) in sich
vereinte, heißt es im EHGOC: "Niemand kennt den Sohn, der auch die Tochter ist,
außer den All-Eltern, auch kennt niemand die All-Eltern, außer der Sohn und die
Tochter selbst und diejenigen, denen der Sohn und die Tochter es offenbaren." Dies
ist der einzige Heilsweg zur Wiedervereinigung mit dem Vater-Mutter, den jeder
seiner Nachfolger gehen muss, so wie auch er ihn gegangen ist. Weiter heißt es im
Philippus-Evangelium: "Mein Gott, warum, o Herr, hast du mich verlassen! Es war
am Kreuz, als er diese Worte sprach, denn dort trennte er sich von dem oberen Ort
(dem Pleroma), er, der gezeugt wurde aus dem Heiligen Geist durch Gott. Er erstand
von den Toten auf, er wurde wieder, wie er gewesen war, aber jetzt war sein Leib
vollkommen. Er ist wieder im Fleisch, aber dieses Fleisch ist wahrhaftiges Fleisch.
Unser Fleisch hingegen ist kein wahrhaftiges Fleisch, sondern nur ein Abbild des
wahrhaftigen. Für die Tiere (die vom Fleisch und nicht vom Geist Gottes Gezeugten)
gibt es keine Hochzeit im Brautgemach, auch nicht für Sklaven (der Sünde) oder
befleckte Frauen (Seelen, die sich nicht gereinigt haben). Sie wird nur Freien (von der
Sünde) zuteil und Jungfrauen (gereinigten, unbefleckten Seelen). Durch den Heiligen
Geist werden wir wiedergeboren. Geboren aber werden wir durch Christus. In beiden
Vorgängen werden wir gesalbt vom Geist. Indem wir geboren werden, werden wir
wieder (mit Gott) vereinigt. Niemand kann sich ohne Licht selbst sehen, weder im
Wasser noch im Spiegel. Andererseits sieht man auch im Licht nichts ohne Wasser
und Spiegel. Daher ist es notwendig, mit beidem getauft zu werden: mit Licht und
mit Wasser. Das Licht, aber ist die Salbung (zum Christus)." Das Obere also ist Alles,
das Untere ist nichts, denn: "Deshalb wird sich alles auflösen zu seinem anfänglichen
Ursprung. Die aber der Welt enthoben sind, sind unauflöslich, sind ewig." Dem
Satan, oder dem Demiurgen, wurde die „Verwaltung“ über diese Erde und dem, was
zu ihr gehört, für eine gewisse Zeit übergeben. Über die, die zu Christus gehören, hat
er jedoch keinerlei Macht, und wenn der wahre Erbe, der präexistente Yahshua, sein
Erbe antritt und alles wieder zu seiner Wurzel zurückführt, endet seine Herrschaft ein
für allemal. Unsere unvergängliche Wurzel ist beim himmlischen Vater-Mutter,
unsere vergängliche beim Demiurgen. Alle, die nicht durch den oben beschriebenen
Heilsweg zu ihrer wahren Wurzel zurückkehren und sich mit ihr vereinen, werden
zusammen mit dem „Minderwertigen“, dem Demiurgen, hinweggetan werden in die
äußerste Finsternis: "Wisset, dass sich die beiden (Herren, d.h. Gott und Satan) nicht
mischen können, sondern der Minderwertige wird hinweg getan werden... Denn der
Menschensohn ist für alle Geschöpfe jeder Natur in die Welt(en) gekommen, um alle
wieder zurück zu ihrer ursprünglichen Wurzel zu bringen. So soll dieser Missstand
geheilt, und alles wieder mit den All-Eltern eins werden." (EHGOC).

125
"Das Logion sagt, dass man bei der Vertiefung der Welterkenntnis feststellt, dass die
Welt tot ist, denn sie hat kein eigenes Leben. Aber nur vom Standpunkt des Lebens
aus ist es möglich, den Tod als Tod zu betrachten, und wenn jemand die Welt als
Leiche empfindet, dann deshalb, weil er zuvor vom Tod zum Leben übergegangen ist;
er ist wiedergeboren durch den Glauben an das Leben, und deshalb heißt es, dass die
Welt, da sie eine Leiche ist, seiner unwürdig ist. Obwohl es in den kanonischen
Evangelien keine Parallele zu diesem Logion gibt, mangelt es im Neuen Testament
nicht an Hinweisen auf den Zustand derer, die für die Welt tot sind, denn hierin liegt
das Grundprinzip der universalen Lehre Jesu, die im Johannes-Evangelium verkündet
wird: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Es heißt, der Vater sei die Quelle
des Lebens, und das ist auch der Sohn, denn er hat den Sohn zur Quelle des Lebens
gemacht. Deshalb wird die Welt tot genannt, da sie das Wort, das das Leben in sich
trug, nicht erkannte; und mit ihr jeder, der das Brot Gottes nicht isst, das Brot des
Lebens, das vom Himmel herabkommt und der Welt Leben gibt. Erst dann kann man
nach dem Evangelium sagen, dass man vom Tod zum Leben übergegangen ist. Aus
dem Tod ins Leben zu gelangen, bedeutet, die Verheißung zu erfüllen, die demjenigen
gegeben wurde, der an den Sohn glaubt, der die Gegenwart des Sohnes in sich
aufnimmt. Dies und nur dies ist die enge Pforte und der harte Weg, der zum Leben
führt, denn denen, die seine Gegenwart betrachten, schenkt der Sohn, der sie liebt,
das Leben. Es ist der Geist, der Leben schenkt. Wie der Apostel sagt, ist der letzte wie
der erste Adam ein Leben spendender Geist geworden, während der zweite Adam,
eine lebendige Seele wurde. Lebendig ist hier als beseelt zu verstehen, d.h. dieses
Leben ist eine Leihgabe, und wie alle beseelten Dinge ohne eigenes Leben ist es
etwas Totes, das vom wahren Leben des Geistes her gesehen eine Leiche ist."
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57. Jesus sprach: Das Reich des Vaters gleicht einem Menschen, der einen guten
Samen hat. Sein Feind kam des Nachts, und säte Unkraut unter dem Samen. Der
Mann aber ließ die Arbeiter das Unkraut nicht ausreißen, sondern sagte zu
ihnen: Damit ihr nicht mit dem Unkraut auch den Weizen ausreißt! Denn am
Tag der Ernte kommt das Unkraut zum Vorschein, dann wird es ausgerissen
und verbrannt.

Wie im Philippus-Evangelium gesagt wird, dienen die Gottlosen unbewusst und


ungewollt den Heiligen, da dies durch das Wirken des Heiligen Geistes geschieht, der
diese verblendet, sodass sie denken, sie dienten einem von ihresgleichen, d.h. einem
Menschen, der zur Welt gehört. Genauso ist es mit dem Demiurgen, der ebenfalls den
Heiligen dient, obwohl er denkt, dass seine Pläne, die Menschheit zu versklaven,
bestens laufen. Über die, die zu Gott und Christus gehören, hat er jedoch keinerlei
Macht, sondern im Gegenteil, er dient ihnen, wenn auch unwissend und ungewollt.
Wenn es die Finsternis nicht gäbe, könnte das Licht in dieser Welt nicht scheinen.
Deswegen steht auch geschrieben, dass denen, die Gott lieben, alles zum Guten dient,
auch, oder gerade, das „Schlechte“ und die Herausforderungen. Somit braucht es die
Gottlosen in dieser Welt, denn ohne sie wäre kein Wachstum der Heiligen möglich.
Gleichzeitig dienen auch die Heiligen und die Engel im Verborgenen den Gottlosen.

126
Ihre dienstbare Liebe führt einerseits weitere Menschen zum Leben und andererseits
auch den Heiligen selbst zur Vollkommenheit, da es ihre heilige Aufgabe ist, die
verlorenen Schafe zu füttern. Die Kraft des Kreuzes besteht darin, für die Wahrheit
und um der Gerechtigkeit Willen zu leiden: "Glückselig die um Gerechtigkeit willen
Verfolgten, denn ihrer ist das Reich der Himmel. Glückselig seid ihr, wenn sie euch
schmähen und verfolgen und alles Böse lügnerisch gegen euch reden werden um
meinetwillen." In 2. Petrus 3:3-14 lesen wir: "Dies wisst, dass in den letzten Tagen
Spötter kommen werden, die nach ihren eigenen Begierden wandeln und sagen: Wo
ist die Verheißung seiner Ankunft? Denen, die dies behaupten, ist verborgen, dass von
jeher Himmel waren und eine Erde, die aus Wasser und durch Wasser Bestand hatte,
und zwar durch das Wort Gottes, durch welche die damalige Welt, vom Wasser
überschwemmt, unterging. Die jetzigen Himmel und die jetzige Erde aber sind durch
dasselbe Wort aufbewahrt und für das Feuer aufgehoben zum Tag des Gerichts und
des Verderbens der Gottlosen. Dies eine aber sei euch nicht verborgen, Geliebte, dass
beim Herrn ein Tag ist wie tausend Jahre und tausend Jahre wie ein Tag. Der Herr
verzögert nicht die Verheißung, wie es einige dafür halten, sondern er ist langmütig
euch gegenüber, da er nicht will, dass irgendwer verloren geht, sondern dass alle zur
Buße kommen. Es wird aber der Tag des Herrn kommen wie ein Dieb; an ihm werden
die Himmel mit gewaltigem Geräusch vergehen, die Elemente aber werden im Brand
aufgelöst und die Erde und die Werke auf ihr im Gericht erfunden werden. Da dies
alles so aufgelöst wird, was für Menschen müsst ihr dann sein in heiligem Wandel
und Gottesfurcht, indem ihr die Ankunft des Tages Gottes erwartet und beschleunigt,
um dessentwillen die Himmel in Feuer geraten und aufgelöst und die Elemente im
Brand zerschmelzen werden! Wir erwarten aber nach seiner Verheißung neue Himmel
und eine neue Erde, in denen Gerechtigkeit wohnt. Da ihr dies erwartet, Geliebte,
bemüht euch, unbefleckt und tadellos von ihm im Frieden befunden zu werden!"

Der Vater-Mutter lässt also alles so geschehen, wie die Menschen es selbst gewählt
und sich dafür entschieden haben, damit die Sanftmütigen leben und die Gesetzlosen
gerichtet werden, von denen niemand am Ende eine Ausrede hat und niemanden als
sich selbst dafür verantwortlich machen können. Der Vater-Mutter kann nicht mehr
tun, als zu den Menschen zu sagen: Kehrt um und wählt das Leben. Warum wollt ihr
sterben? "Ich rufe heute den Himmel und die Erde als Zeugen gegen euch auf: Das
Leben und den Tod habe ich dir vorgelegt, den Segen und den Fluch! So wähle das
Leben, damit du lebst, du und deine Nachkommen, indem du den HERRN, deinen
Gott, liebst und seiner Stimme gehorchst und ihm anhängst!" (5.Mose 30:19-20).
Oder: "Darum werde ich euch richten, Haus Israel, jeden nach seinen Wegen, spricht
der Herr, HERR. Kehrt um und wendet euch ab von allen euren Vergehen, dass es
euch nicht ein Anstoß zur Schuld wird! Werft von euch alle eure Vergehen, mit denen
ihr euch vergangen habt, und schafft euch ein neues Herz und einen neuen Geist! Ja,
wozu wollt ihr sterben, Haus Israel? Denn ich habe kein Gefallen am Tod dessen, der
sterben muss, spricht der Herr. So kehrt um, damit ihr lebt!" (Hesekiel 18:30-32).
Alles, was zum (ewigen) Leben notwendig ist, hat der Vater-Mutter bereitgestellt und
gibt es freigebig denen, die ihn in Wahrheit und Geist suchen und anbeten. Er hat
seinen guten Samen, den Christus, sogar in uns gesät, wir müssen ihn nur erkennen.

127
"Wie in dieser Erklärung gesagt wird, ist der Sämann des guten Samens der
Menschensohn. Das allein ist schon ein ausreichender Hinweis darauf, dass das Feld
der Welt, in das gesät wird, die Seele ist, die, wie an anderer Stelle im Evangelium
gesagt wird, zur Welt gehört, ja die Welt ist, im Gegensatz zum Menschensohn, dem
Sämann, der nicht von dieser Welt ist. Was ihren Ursprung betrifft, so werden die
Bestandteile/Qualitäten des guten Saatguts richtigerweise als Subjekte des Reiches
bezeichnet, da sie aus den Kornkammern des Menschensohns stammen; Dies ist
jedoch nicht die einzige Saat, die in die Seele gesät wird, denn wenn das noch nicht
erweckte Bewusstsein des Menschen schläft, kommt der Teufel, der hier als die
psychische Natur des Menschen zu verstehen ist, und sät eine andere Saat in die
neugeborene Seele, das Unkraut, das aufgrund seines trennenden Charakters als
Feind des vereinigenden, sich vervielfältigenden geistigen Werkes bezeichnet wird,
das der Menschensohn in ihr zu vollbringen beabsichtigt. Nach der Argumentation
des Matthäus-Evangeliums müssen Weizen und Unkraut in der Seele, in der Welt,
zusammen wachsen, da beide in ihrem latenten Zustand als Samen unteilbar sind. Es
ist Sache des Bewusstseins, wenn es gereift ist, die Qualität der verschiedenen
Pflanzen zu erkennen, die in der Seele wachsen und sich vermehren, und dank der
Neigungen der Seele und dem, was das Bewusstsein bewässert, das Wachstum der
einen oder anderen Art zu fördern. Und so wird es bis zum Ende der Welt
weitergehen, das heißt, bis das Leben jeder Seele zu Ende geht, denn dann wird das,
was aus den Samen gewachsen ist, in der Seele zusammengetragen. Wenn die Ernte
vorbei ist, wird das Unkraut eingesammelt und ins Feuer geworfen, während der
nahrhafte Weizen, die Frucht der Seele, im Speicher des Menschensohns aufbewahrt
wird. Wenn das geschehen ist, wird die Ernte den vom Menschensohn gesandten
Engeln anvertraut werden. Es ist in der Tat der Geist, der seine eigene Seele erntet,
wenn beide, Geist und Seele, am Ende ihres Aufenthalts in der Welt angelangt sind,
denn es ist der Geist, der das Leben hat und der es gibt. Er sammelt dann aus der
Wohnung, die er mit der Seele geteilt hat, der er bis zu diesem Moment Leben
gegeben hat, alle ihm fremden Inhalte, das Unkraut, zusammen, die in ihr gewachsen
sind und in das Feuer (des Geistes) geworfen werden, um von ihm verzehrt zu
werden. Was den Weizen anbelangt, so wird das neue Korn, das auf den weltlichen
Feldern der Seele aus dem guten Samen gewachsen ist, den der Menschensohn dort
gesät hat, im Reich Gottes von den erntenden Engeln eingesammelt, die den Weizen
als ihren Lohn erhalten, da sie das Korn für das ewige Leben einbringen. Die
Pneuma-Psyche (Geist-Seele), der gute Same, geht in den Kornspeicher des
Menschensohnes ein. Jedes neue Korn, das während seines Lebens in der Seele, in
der Welt, gereinigt und als Pneuma-Psyche hervorgebracht wurde, geht als
vergeistigte Psyche zur Ruhe ein, um sich allen geweihten Samen Gottes in ihrer
endgültigen Vollendung anzuschließen. Das ist der gereinigte Rest der Seele, der das
Heil erlangt und aus jenen Samen besteht, die die Gerechtigkeit erlangt haben, das
heißt, dass sie nun frei sind von den Wolken, die einst ihr Licht verdunkelten, und
durch Adoption durch den Geist Besitzer des ewigen Lebens geworden sind."
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128
58. Jesus sprach: Selig ist der Mensch, der gelitten hat. Er hat das Leben
gefunden.

Wie gesagt, ist die Kraft des Kreuzes, für die Wahrheit zu leiden und den Geist der
Wahrheit auszusenden. Auch Im EHGOC sagt Yashua: "Außerdem muss in jedem
Menschen das Geheimnis Gottes vollbracht werden, indem er stets das Licht bezeugt,
für die Wahrheit leidet, in den Himmel aufsteigt und den Geist der Wahrheit
aussendet. Denn dies ist der einzige Heilsweg, denn das Reich Gottes ist im Innern."
Neben der Leidensgeschichte Yahshuas ist auch die des Stephanus sehr ähnlich und
auch er bittet kurz vor seinem letzten Atemzug den Vater-Mutter, seinen Geist zu sich
aufzunehmen und seinen Peinigern zu vergeben: "Ihr Halsstarrigen und
Unbeschnittenen an Herz und Ohren! Ihr widerstrebt allezeit dem Heiligen Geist; wie
eure Väter, so auch ihr. Welchen der Propheten haben eure Väter nicht verfolgt? Und
sie haben die getötet, welche die Ankunft des Gerechten vorher verkündigten, dessen
Verräter und Mörder ihr jetzt geworden seid, die ihr das Gesetz durch Anordnung von
Engeln empfangen und nicht befolgt habt. Als sie aber dies hörten, ergrimmten sie in
ihren Herzen, und sie knirschten mit den Zähnen gegen ihn. Da er aber voll Heiligen
Geistes war und fest zum Himmel schaute, sah er die Herrlichkeit Gottes und Jesus
zur Rechten Gottes stehen; und er sprach: Siehe, ich sehe die Himmel geöffnet und
den Sohn des Menschen zur Rechten Gottes stehen! Sie schrien aber mit lauter
Stimme, hielten ihre Ohren zu und stürzten einmütig auf ihn los. Und als sie ihn aus
der Stadt hinausgestoßen hatten, steinigten sie ihn. Und die Zeugen legten ihre
Kleider ab zu den Füßen eines jungen Mannes mit Namen Saulus. Und sie steinigten
den Stephanus, der betete und sprach: Herr Jesus, nimm meinen Geist auf! Und
niederkniend rief er mit lauter Stimme: Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht zu! Und
als er dies gesagt hatte, entschlief er." (Apostelgeschichte 7:51-60). Auch sagte
Yahshua, wie bereits zitiert: "Glückselig die um Gerechtigkeit willen Verfolgten,
denn ihrer ist das Reich der Himmel. Glückselig seid ihr, wenn sie euch schmähen
und verfolgen und alles Böse lügnerisch gegen euch reden werden um meinetwillen."
Vor all dem, muss der wahre Nachfolger Yahshuas zudem „leiden“, indem er den
Kampf gegen sein Fleisch und die Welt führt, und sich ihr enthält. Dieser Kampf ist
der Kampf der Seele gegen all ihre Anhaftungen der Materie und des Vergänglichen,
mit denen sie sich fälschlicherweise identifiziert. Dafür bekommen wir die Kraft des
Heiligen Geistes, der stärker ist als der Geist der Welt.

"Das Opfer, das vom Menschen als Unterpfand für die Erlösung verlangt wird, ist
immer dasselbe: Die Überwindung des Leidens durch die Kraft des Glaubens; und
die Krone, die es zu erlangen gilt, ist immer die des Lebens; dennoch wird gesagt,
dass der Segen von zwei Seiten kommt, die aber zusammenlaufen und sich
gegenseitig ergänzen: Die eine besteht darin, das eigene Leben (die Seele)
aufzugeben, um dem Leben zu begegnen, die andere darin, den Geist der Wahrheit in
sich zu entdecken und zu erwecken, den Tröster, der in jedem Menschen wohnt und
dessen inneres Wirken nur durch Verzicht und den Tod all dessen, was nicht echt ist,
in der Seele stattfinden kann. Das Kreuz des Todes auf sich zu nehmen ist das einzige
Tor zur Vollkommenheit, das durch das Leiden zum Leben führt.

129
Die Heilige Schrift drückt es so aus: Glücklich der Mensch, der standhaft bleibt,
wenn die Prüfungen kommen. Er hat sich bewährt und wird den Preis des Lebens
gewinnen, die Krone, die der Herr denen verheißen hat, die ihn lieben. Man muss
verstehen, dass der Tod und die Selbstverleugnung zwar getrennt voneinander
auftreten, aber auf dem religiösen Weg ein und dasselbe sind. Im christlichen
Mysterium ist der Tod Jesu, des am Kreuz auferweckten und manifestierten Christus,
die Saat, die in der christlichen Welt zur Erleuchtung aller gesät wurde. Dieser
Todesakt, diese Hingabe des Blutes, diese Akzeptanz des Leidens, diese Hingabe des
eigenen Lebens in einer freiwilligen Geste grenzenloser Güte und Liebe ist durch die
Jahrhunderte hindurch ein absolut beispielhafter und sinnbildlicher Grundpfeiler der
Religion gewesen. Doch neben diesem Tod aus Fleisch und Blut, dem sichtbaren Tod
Christi, steht die Passion. Hier ist es nicht der Tod Jesu, sondern sein Leben, das uns
das allgemeingültige Beispiel für das Sterben der Seele zeigt: Ein Prozess, der sich
nur von Tag zu Tag vollziehen kann, als Höhepunkt einer stillen, verborgenen
Bewegung, die viele nicht kennen oder nicht als das schätzen, was sie ist. Das
Sterben der Seele ist jedoch eine Realität, eine unsichtbare Kreuzigung, die sich im
Verborgenen vollzieht, Schritt für Schritt, und die nicht nur in der Großzügigkeit
gegenüber den anderen, sondern auch in der Selbstverleugnung besteht; denn das
Sein der anderen und das eigene sind in der Waage der Gerechtigkeit ein und
dasselbe. Um die völlige Selbstverleugnung zu erreichen, muss die Seele in kleinen,
alltäglichen Tötungen aufgegeben werden, bis alles, was sie vom Vater unterscheidet,
niedergelegt ist. Nur durch die verwirklichte Demut kommt das Licht des
verborgenen, unsichtbaren Christus zum Vorschein, nur so wächst sein Kommen,
seine Gegenwart in uns und wird in dem Maße wahrnehmbar, wie die Dichte der
Seele abnimmt. Von diesem Christus sprach Jesus zu seinen Jüngern, als er zu ihnen
sagte: "Noch eine kleine ⟨Weile⟩, und die Welt sieht mich nicht mehr; ihr aber seht
mich: Weil ich lebe, werdet auch ihr leben. An jenem Tag werdet ihr erkennen, dass
ich in meinem Vater bin und ihr in mir und ich in euch." Jesus sprach hier von seiner
sicheren Auferstehung und auch von jenem anderen christlichen Geheimnis, das nicht
im Tod und im neuen Leben des offenkundigen Christus wurzelt, sondern im
unsterblichen, ewigen Leben des verborgenen Christus, das bereit ist, aus seiner
Gefangenschaft in der Zeit aufzuerstehen, strahlend wie die Krone des Lebens, und
das demjenigen geschenkt wird, der die Prüfung des Leidens durch den Glauben
annimmt und besiegt. So lautet die Verheißung für diejenigen, die ihn lieben. Nach
dem Evangelium wird der Geist der Wahrheit in einem Hauch von Christus zu uns
gesandt. Wir kennen den Geist, auch wenn wir uns nicht bewusst sind, dass er Geist
ist, als die Essenz unseres Bewusstseins, unseres eigenen Wesens. Deshalb steht
geschrieben: Er ist mit euch, er ist in euch. Durch die Flammen des Feuers der
Erkenntnis, die sich aus dem Geist ausbreiten, kann man, immer ungesehen von der
Welt, das strahlende Licht des verborgenen Christus erkennen, und, wie Jesus sagte,
an jenem Tag der Kontemplation, werdet ihr mich sehen, denn ich lebe und ihr werdet
leben. Jesus beschreibt in einem Gleichnis die erste Gegenwart, die erste Ahnung
dieser ewigen Gegenwart, das Auftauchen des verborgenen Christus im Menschen,
mit dem Bild der Traurigkeit einer Mutter, wenn die Zeit der Geburt kommt, und mit
ihrer Freude darüber, dass ein neuer Mensch in die Welt gekommen ist.

130
Hier spricht Jesus wirklich von der Geburt des Menschensohns in der Seele, der von
oben kommt, der von den Toten auferstanden ist. So spricht Jesus im Gleichnis vom
ewigen Christus, der in unserem Bewusstsein auferstanden ist. Der Trost, der uns
durch den Geist der Wahrheit zuteil wird, und das ewige Leben sind die Krone der
Fülle, die jenen Gesegneten versprochen wird, die das Leiden durch die Prüfung des
Glaubens überwinden. Der erste Schritt zur Erlösung, der oft mühsam und langwierig
ist, hängt, das dürfen wir nie vergessen, vom Wachstum des festen Glaubens ab, dass
der verborgene Christus, immer in uns gegenwärtig ist."
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59. Jesus sprach: Achtet auf den Lebendigen, solange ihr lebt, damit es nicht
geschieht, dass ihr sterbt, und ihn zu sehen verlangt, ihn aber nicht sehen könnt.

Der Lebendige ist der innere Christus in jedem von uns. Siehe den Kommentar zu
Logion 38. Im Philippus-Evangelium heißt es: "Es gibt eine Wiedergeburt und ein
Abbild für diese Wiedergeburt. Durch das Abbild muss die Wiedergeburt
bewerkstelligt werden. Was ist die Auferstehung? Und wie verhält sich das Abbild zu
ihr? Durch das Abbild wird die Auferstehung erlangt. Dann gehen der Bräutigam und
das Abbild, mittels des Abbilds, in die Wahrheit ein... Diejenigen, die sagen, zuerst
stirbt man, dann ersteht man auf, irren. Wenn man nicht zuerst, noch bei Lebzeiten,
die Auferstehung gewinnt, wird man im Tod nichts gewinnen." Das Abbild, durch das
die Auferstehung bewerkstelligt werden muss, ist der menschliche Körper, in den die
Seele inkarniert ist. Wie dort geschrieben steht, muss all dies zu Lebzeiten während
der Inkarnation passieren. Sehr viele Menschen sind leider nicht bereit, sich von den
Trugbildern der Welt und ihren Statussymbolen, mit denen sich ihre Seele, ihr
niederes Selbst, ihre fleischliche Natur, identifiziert, zu trennen. Und noch viel
weniger sind sie bereit, im vollen Gottvertrauen zu leben, allen Besitz aufzugeben
und in einer Gütergemeinschaft zu leben, in der jeder nur das hat, was er zum Leben
braucht und in der alles in Liebe geteilt wird, so wie es die wahren Nachfolger
Yahshuas und auch schon weit vorher die Patriarchen wie Abraham und sicher auch
schon Noah und Henoch taten. Wie schon zuvor in einem Kommentar erwähnt,
wollen diejenigen, die zur Welt gehören, sich nicht davon trennen und darauf
verzichten, weil sie denken, dies sei ihr wahres Selbst, da sie nur an das glauben, was
sie sehen und anfassen können; doch diejenigen, die ihre wahre Natur und den
Christus in sich erkannt haben, wissen, dass sie ihr wahres Selbst nur verwirklichen
können, wenn sie sich von all dem Ballast, den Verhaftungen an die Materie, trennen.
Von ihnen werden materielle Dinge nur nach ihrem Nutzen betrachtet, und nicht
danach, welchen Wert sie als Statussymbol nach außen hin haben, und sie werden
auch nur in der Menge angeschafft, die den Lebenserhalt und -unterhalt ermöglichen.

"Der Lebendige ist der innere Christus, der im Verborgenen liegt. Was der Logion
sagt, ist, dass wir den lebendigen Christus suchen sollen, solange wir noch Leben
haben, denn unser Leben ist nur ein kleines Körnchen seines Lebens. Deshalb fragten
die beiden Engel, von denen der heilige Lukas berichtet: Warum sucht ihr unter den
Toten nach dem Lebendigen? Sie wollten also vielmehr das Gegenteil damit sagen:

131
Sucht ihn unter den Lebenden, denn er ist das Leben, das in den Lebenden ist. Aber
dieses Schauen darf niemals auf das Sichtbare gerichtet sein; es muss eine wache
Betrachtung sein, die fähig ist, das Unsichtbare zu enthüllen. Wir sagen zwar sehen,
aber das Sehen und in vielen Fällen auch das Hören sind dasselbe wie der Glaube,
und der Glaube ist eine tiefere Art, auf das Unsichtbare zu schauen, auf das, was nicht
erscheint, so dass sich Dank des Segens des Glaubens am Ende alles, was erkannt
werden muss, als das Leben selbst offenbaren wird. Das ist das Geheimnis des
Glaubens, den Jesus fordert: Dass wir den Sohn als die Gegenwart seines Atems in
uns sehen, nicht weil der Geist erst dann zu uns kommt, wenn wir glauben, sondern
weil er immer in uns war, auch wenn wir es nicht wussten; und auch jetzt ist der Geist
in jedem von uns, auch wenn viele es nicht wissen. Und das ist es, was wir verstehen
und also glauben müssen, noch bevor wir sehen, denn Glauben und Sehen sind ein
und dasselbe; doch das Sehen folgt auf den Glauben. Was durch den Glauben kommt,
ist nicht die Gegenwart des Menschensohns, sondern die Anerkennung seiner ewigen
Gegenwart, die Freude über die Herrlichkeit des Reiches Gottes. So ist das Reich
Gottes uns nahe, wie es geschrieben steht. Das Reich ist unwandelbar, denn es ist
grenzenlos und durchdringt alles mit seiner Fülle; deshalb sucht es niemanden,
deshalb geht es nie von jemandem weg. Es ist immer da, ganz nahe, im Selbst dessen,
der es offenbart. Genauso verlässt der Sohn Gottes niemals den Thron und die rechte
Hand des Vaters, auch wenn sein Atem immer in uns ist. Wenn derjenige, der zu
glauben sucht, Maranatha - oder Komm, Herr – sagt, und aus seiner imaginären und
oft ängstlichen Einsamkeit herausruft, ruft er die Gegenwart dessen herbei, der in
seinem ICH BIN immer gegenwärtig war und auch nie aufhören könnte, gegenwärtig
zu sein, da er untrennbar mit unserem wesentlichen Selbst verbunden ist. Gelingt es
dem Sucher nach dem Glauben, mit seinem ganzen Wesen zu glauben, in der festen
Überzeugung, dass es nur einen Atem, ein Leben, ein Sein gibt, wird die Gegenwart
entdeckt, ein für alle Mal erkannt und in jedem Augenblick eines jeden Tages
angebetet. Von einem solchen Menschen kann gesagt werden, wie Yahshua selbst es
sagte: Selig sind die, die nicht gesehen haben und doch glauben."
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60. Jesus sah mit seinen Jüngern einen Samariter, der ein Lamm mit sich nahm
auf dem Weg nach Judäa. Er sprach zu seinen Jüngern: Was will er mit dem
Lamm? Sie sagten sie ihm: Er will es schlachten und essen. Er sprach zu ihnen:
Solange es lebt, wird er es nicht essen. Erst, wenn er es geschlachtet hat, und es
ein Leichnam geworden ist. Sie entgegneten: Anders wird er es nicht machen
können. Er wiederum sagte zu ihnen: Sucht also ihr selbst einen Ort für euch
zur Ruhe, damit ihr nicht zu Leichnamen werdet, und man euch isst.

Dies bezieht sich auf Logion 7. "Denn der Gott (dieser Welt) ist ein Menschenfresser.
Ihm wird der Mensch (der Welt) geschlachtet. Bevor also der (wahre) Mensch, Jesus,
geschlachtet wurde, schlachtete man Tiere, (die Menschen der Welt). Denn
diejenigen, denen geschlachtet wurde, waren nicht (der wahre) Gott." (Philippus-
Evangelium). Der Ort der Ruhe ist in Yahshua, dem Sohn, dem Christus in uns, der
Herr über den Sabbat, die Ruhe Gottes, ist.

132
Denn er sagte in Logion 51, dass diese Ruhe bereits durch den präexistenten und
jedem Menschen innewohnenden Menschensohn gekommen und somit auch zu
finden sei, da sie schon immer da war. Er ist Ort der Ruhe in uns selbst. Nur in ihm
können wir im Guten ruhen und in der Ruhe gefunden werden, wenn Yahshua seinen
guten Samen zu sich ruft, um in die ewige Ruhe Gottes einzugehen.

"In diesem Logion stellt Jesus dem natürlichen, sichtbaren Lamm, das der Samariter
bei sich trug, das unsichtbare, geistige Lamm gegenüber, den Sohn des Lichts, den
jeder Mensch in sich trägt, denn er ist sein wahres Selbst. Das erste, das natürliche
Lamm, ist nur dazu bestimmt, gegessen zu werden, nachdem es geopfert und zu
einem Kadaver geworden ist; und das ist auch das Ende, das jeder Jünger in seiner
Eigenschaft als natürlicher und sichtbarer Mensch erleben wird: Zu sterben und zu
einem Kadaver zu werden, Nahrung für die Geier und die Würmer. Deshalb empfiehlt
uns Jesus, in uns selbst den heiligen Ort des unsichtbaren, geistigen Lammes des
ewigen Lebens zu suchen, dessen Fleisch (das Wort, das heilige Gesetz) und Blut (der
Heilige Geist, die Erkenntnis des Gesetzes, die göttliche Liebe) die wahre Nahrung
der Seele auf der Suche nach Ruhe ist; die einzige Nahrung, die Erlösung bringt. Dies
ist die Bedeutung der Worte in Offenbarung 7:14: Sie haben ihre Gewänder (Seelen)
wieder weiß gewaschen im Blut des Lammes. Im Evangelium heißt es, dass der
Täufer Jesus auf sich zukommen sah; dies ist als die erste Intuition, Wahrnehmung
oder Parusie des ewigen, innewohnenden Geistes in der Seele zu verstehen. Der
folgende Ausruf bestätigt diese Annahme, denn der nach ihm Kommende - Jesus - ist
der pneumatische Mensch, der an anderer Stelle im Evangelium als der Zweite
beschrieben wird, der der Erste sein wird, da er vor dem seelischen Menschen, dem
Täufer, kommt, der der Vorläufer ist, der Erste, der auch der Letzte sein wird. Denn
der Mensch, der nach ihm (Johannes) kommt, war schon vor ihm da, denn er ist
präexistent, ewig. Dies erklärt den absoluten Charakter der Beschreibung des Täufers:
Jesus ist das Lamm Gottes. Jeder seelische Mensch empfängt die Verheißung der
Erlösung, dass in seinem Bewusstsein das Kommen des Lammes Gottes erwachen
wird, dessen Lebensnahrung die in die Welt geborene Seele von aller Sünde befreit,
sobald das wahre Mahl, das von ihm kommt, vollständig aufgenommen und damit
sein Werk der Befreiung der Unterdrückten vollbracht worden ist. Der endgültige
Plan des Vaters besteht darin, dass alle Völker, sowohl das aus Schafen als auch das
aus Böcken bestehende - wobei letztere je nach Ausübung ihrer Freiheit für das Reich
des Geistes wiedergewonnen werden können - am Ende eins sein sollen, wenn die
Grenzbarrieren des Irrtums durch den Glauben und die mit dem Werk des Glaubens
einhergehende Erkenntnis niedergerissen werden. Der tiefste Ausdruck des
Heilshandelns des Lammes Gottes wurde von Jesus bei seinem letzten Passahmahl
gegeben, das in der Christenheit gemeinhin als Abendmahl bekannt ist. In seiner
Predigt in der Synagoge von Kapharnaum bekräftigt Jesus die Notwendigkeit, das
Fleisch des Menschensohns, des Lammes Gottes, zu essen und sein Blut zu trinken,
um das ewige Leben zu haben; und das sagt er, weil sein Brot, das sein Fleisch ist,
Leben ist und derjenige, der es empfängt, Leben in sich hat. Jesus sagt: Mein Fleisch
ist die wahre Speise und mein Blut ist der wahre Trank.

133
Als ob er sagen würde: Das ist mein Leib, das ist mein Blut; und von diesem Fleisch
und Blut des Lammes Gottes vollzieht sich im Menschen der heilige Akt des Eins-
Seins, des Eins-Werdens mit Christus; denn es steht geschrieben: Wer mein Fleisch
isst und mein Blut trinkt, lebt in mir und ich in ihm. Durch das Essen und Trinken des
Lammes Gottes wird der Gläubige eins mit dem Leben des Christus in seinem Innern,
indem er ihn empfängt und in sich aufnimmt, und diese wunderbare,
unaussprechliche Assimilation des lebendigen Lammes in seinem Innern (im
Gegensatz zum toten Lamm außerhalb) ist selbst der Weg, auf dem der Glaube an den
verborgenen Christus (nahe, sehr nahe an der Seele, am Geist, und doch noch
unentdeckt). Dies führt zur Entdeckung seiner Gegenwart in uns selbst und durch
diese Gegenwart zum mythischen Tor zum Reich der Herde, in unauflöslicher
Gemeinschaft mit dem Hirten, der zum Gläubigen gekommen ist. Dies ist das Siegel
und die Vollendung des Siegels des neuen Bundes, des Geheimnisses der Einheit, das
aus der Fruchtbarkeit des Glaubens hervorgeht und darin besteht, wie es geschrieben
steht, die verstreuten Kinder Gottes in der Einheit zu versammeln. Damit all dies
wirksam wird, muss es im Geist erkannt werden, der Leben schenkt, und nicht im
Fleisch - der äußeren Hülle aus Psyche und Staub -, das zu nichts nütze ist. Das
wahre Fleisch und Blut des lebendigen Lammes entfaltet seine verwandelnde
Wirkung und bewirkt eine neue Geburt von oben, wenn es mit Glauben und
Erkenntnis gegessen wird, denn es ist das ewige Leben und die Weisheit Gottes. Nur
durch den Verzehr dieser Speise ist es möglich, den (verborgenen) Menschensohn
dorthin aufsteigen zu sehen, wo er vorher war. Johannes, der Evangelist, betont dies,
wenn er ausruft: Die Worte, die ich zu euch gesprochen habe, sind Geist und sie sind
Leben." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

Aus dem Philippus-Evangelium wissen wir, was es bedeutet, sein Fleisch zu essen
und sein Blut zu trinken: "Einige fürchten sich davor, nackt aufzuerstehen. Deshalb
legen sie Wert auf die Lehre, dass sie im Fleisch auferstehen würden. Sie wissen
nicht, dass eben diejenigen, die im (vergänglichen) Fleisch leben, die Nackten sind,
während diejenigen, die sich ihres Fleisches entäußern und sich entkleiden, die Nicht-
Nackten sind. Denn Fleisch und Blut können das Reich Gottes nicht erben. Um
welches Fleisch handelt es sich denn hier, das nicht erben kann? Um das Fleisch, von
dem wir jetzt umhüllt sind. Welches Fleisch aber wird erben? Das Fleisch Jesu und
sein Blut. Deshalb sagte er: Wer nicht mein Fleisch isst und nicht mein Blut trinkt,
hat kein Leben in sich. Was ist unter diesem Fleisch und Blut zu verstehen? Sein
Fleisch ist das Wort und sein Blut der Heilige Geist. Wer diese empfängt, der hat
Nahrung und Trank und der ist bekleidet." Im EHGOC, Kapitel 38-40 finden den
vollständigen Kontext, in dem Yahshua all dies sagte. Dieser gibt im Gegensatz zu
der verstümmelten Version der biblischen Evangelien wesentlich mehr Einblick und
Verständnis über die Worte, die Yahshua sprach. Er erklärt auch seinen Jüngern den
Zusammenhang zwischen der offenbaren (physischen) und der verborgenen
(geistigen) Bedeutung. Deshalb sprach Yahshua immer in Gleichnissen der
natürlichen Dinge, denn diese sind ein Abbild der übernatürlichen, himmlischen
Dinge, und der Erdenmensch braucht diese Bilder und Abbilder, um die geistigen
Bedeutungen besser oder überhaupt erst verstehen zu können:

134
"Dann sagte Yeshua zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch, Mose hat euch nicht das
wahre Brot vom Himmel gegeben, sondern meine Eltern geben euch jetzt und heute
das wahre Brot vom Himmel und die Frucht des lebendigen Weinstocks. Denn ich bin
die Speise Gottes, die vom Himmel herabkommt und der Welt Leben gibt. Ich bin das
wahre Brot, ich bin der lebendige Weinstock, derselbe bin ich, der Adam erschienen
ist und ihm die Erlösung versprochen hat. Denn die, die zu mir kommen, werden
niemals hungern, und die, die an mich glauben, werden niemals dürsten. Und
wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr nicht das Fleisch Gottes esst und das Blut Gottes
trinkt, habt ihr kein Leben in euch. Denn ich bin vom Himmel herabgekommen, nicht
um meinen eigenen Willen zu tun, sondern den Willen Gottes, der mich gesandt hat.
Denn Sein Wille ist, dass von allen, die mir gegeben werden, niemand verloren geht,
sondern alle wieder auferstehen. Und einige der Juden murrten ihn an, weil er sagte:
Ich bin das Brot, das vom Himmel herab kommt, denn die Juden glaubten nicht an
ihn, sondern waren neidisch auf seine guten Werke. Aber Yeshua kannte ihr hartes
Herz und antwortete ihnen: Murrt nicht untereinander, denn niemand kann zu mir
kommen, außer die Heilige Liebe und die Heilige Weisheit ziehen sie zu mir, und
diese sollen wieder auferstehen. Denn in den Propheten steht geschrieben: Alle sollen
von Gott gelehrt werden. Darum sage ich euch: Jeder, der die Wahrheit des heiligen
Gesetzes gehört und gelernt hat, kommt schnell zu mir. Denn die, die an mein Gesetz
glauben, haben ewiges Leben. Deshalb bin ich das wahre Brot und der lebendige
Weinstock. Ja, eure Väter haben in der Wüste Manna gegessen, und sind gestorben.
Dies ist aber die Speise Gottes, die vom Himmel herabkommt, und wer davon isst,
soll nicht sterben, denn ich bin die lebendige Speise, die vom Himmel
herabgekommen ist. Wer von dieser Speise isst, wird für immer leben. Denn wisset,
dass das heilige Brot, das ich euch geben werde, mein Gesetz ist und der Weinstock,
den ich euch geben werde, mein Leben ist. Und wieder murrten die Juden und fragten
untereinander: Wie kann dieser Mann sich uns zur Speise geben? Gewiss spricht
dieser Mann Torheiten zu erwachsenen Männern. Yeshua antwortete ihnen abermals
und sagte: Glaubt ihr etwa, dass ich vom Fleisch essen rede, wie ihr es unwissend im
Tempel Gottes tut? Wahrlich, ihr denkt böse Dinge, denn siehe, mein Körper ist die
Substanz Gottes und dies ist die wahre Speise, und mein Blut ist das Leben Gottes
und das ist der wahre Trank. Ich sage euch, denkt nicht an Fleisch und Blut, wie eure
Vorfahren, die nach Fleisch begehrten, und sie haben Fleisch bekommen und zu
ihrem Verderben gegessen, bis es ihnen aus den Nasenlöchern wieder heraus kam und
ihre Kadaver zu Tausenden in der Wüste fielen wegen der Pest. Denn von solchen
steht geschrieben: Sie werden ein Jubiläum wandern, 49 Jahre in der Wüste, bis sie
von ihren Begierden gereinigt sind, bevor sie das Land der Ruhe betreten, und
siebenmal sieben Jahre werden sie umherwandern, weil sie meine heiligen Wege
nicht erkannt und meinen heiligen Gesetzen nicht gehorcht haben. So sage ich euch:
Diejenigen, die dieses heilige Fleisch essen und dieses heilige Blut trinken, wohnen
in mir und ich in ihnen. Wie ich durch den Vater-Mutter des Lebens, der mich gesandt
hat, lebe, so werden die leben, die von meiner Speise essen, der ich das Gesetz und
das Leben bin. Denn ich bin vom Himmel herabgekommen als das lebendige Gesetz
im Fleisch, und mein Blut verleiht allen, die gehorchen, ewiges Leben. Wer Ohren
hat, der höre, und wer Augen hat, der sehe, denn ich bin es, der heute vor euch steht,

135
der den Menschenkindern solche heiligen Dinge umsonst gibt. Aber einige von
Yeshuas Jüngern verstanden die Bedeutung von Yeshuas Worten nicht und sagten,
dies sei ein schwieriges Sprichwort und wer kann es verstehen? Denn sie konnten
nicht erkennen, dass Yeshua das lebendige Brot war, das Leben schenkt. Denn sie
dachten an die Blutopfer, die die Pharisäer im Tempel wegen ihrer Gesetzlosigkeit
und Ignoranz darbrachten. Denn groß war die Zahl der unschuldigen Tiere, die
geschlachtet und Gott anstelle der reinen Opfergabe dargebracht wurden, und groß
war die Blutschuld und das Böse ihrer Wege, denn Gott wünschte zu keiner Zeit
Blutvergießen, sondern nur Gehorsam gegenüber seinen Gesetzen und das wahre
Opfer, nämlich gute Werke und ein reines Herz. Als Yeshua merkte, dass einige seiner
Jünger nicht an ihn glaubten, als das lebendige Brot, das vom Himmel herunterkam,
sagte er zu ihnen: Missfallen euch diese Worte? Wisst ihr nicht, dass der Geist belebt,
und dass Fleisch und Blut zu nichts nützen? Meine Worte sind Geist und Leben.
Wahrlich, so lange ward ihr nun nutzlosen Lehren von Menschen und Teufeln
unterworfen, dass ihr die Lüge nicht von der Wahrheit unterscheiden könnt, und der
Wahrheit nicht glaubt, wenn sie gesprochen wird. Denn wenn ihr nicht dem
Menschensohn glaubt, der vom Himmel gesandt wurde, um viele große Dinge zu
vollbringen, wem wollt ihr dann glauben oder folgen? Ich sage euch heute: Es gibt
einige unter denen, die behaupten, meine Jünger zu sein, die nicht an meine Worte
glauben und die heiligen Wahrheiten Gottes nicht verstehen, denn die Wahrheit ist
nicht in ihnen, denn sonst würdet ihr mich und meine Worte verstehen. Von diesem
Tag an brachen viele seiner Jünger auf und gingen nicht mehr mit Yeshua, denn die
All-Wahrheit war nicht in ihnen, und sie erwiesen sich auch nicht als gerechter
Samen. Dann sagte Yeshua zu allen verbliebenen Jüngern: Werdet ihr auch von mir
abweichen? Aber Simon Petrus, der unter ihnen war, antwortete Yeshua und sagte:
Herr und Meister des Heiligen Gesetzes, zu wem sollen wir gehen? Denn du hast
wirklich die Worte des ewigen Lebens, und wir glauben und sind uns sicher dass du
der Christus bist. Wir zweifeln nicht daran, dass du der Sohn des lebendigen und
einzig wahren Gottes bist. Und als Yeshua mit seinen Jüngern zum Abendessen saß,
sagte einer von ihnen zu ihm: Heiliger Herr, ich weiß, was du sagtest, dass du uns
dein Fleisch zu essen und dein Blut zu trinken geben willst, aber für viele ist es
schwer zu verstehen. Sage uns mehr davon, damit wir alle verstehen können. Und
Yeshua, der auf sie schaute und ihren bescheidenen und reuevollen Geist kannte,
sagte zu ihnen: Die Worte, die ich zuvor zu euch gesprochen habe, sind Geist und
Leben. Aber für den unwissenden und fleischlich gesinnten Menschen klingt es nach
Blutvergießen und Tod. Aber ich sage euch, gesegnet sind die, die ihre wahre
Bedeutung verstehen. Siehe, ich werde es euch erklären, damit ihr es versteht. Ihr
kennt das Getreide, das zur Reife aufsteigt und geerntet wird, dann in der Mühle
gemahlen und mit Feuer zu Brot gebacken wird. Daraus ist mein Körper gemacht,
den ihr in dieser Nacht seht. Und ihr kennt auch die Trauben, die am Weinstock zur
Reife wachsen und in der Kelterpresse gerieben und zerdrückt werden und so die
Frucht des Weinstocks ergeben – aus dieser Frucht des Weinstocks und dem Wasser
ist mein Blut gemacht. Denn eure eigenen Augen zeugen von mir, dass der
Menschensohn nur von den Früchten der Bäume und den Samen der Pflanzen isst
und diese durch den Geist in mein Fleisch und mein Blut verwandelt werden.

136
Von diesen allein und ihresgleichen sollt ihr auch essen, denn wer an mich glaubt,
diese sind meine wahren Jünger, denn von diesen einfachen Nahrungsmitteln, im
Geist, kommen Leben und Gesundheit und jede Art von Heilung für den Menschen.
Wie in den Naturgesetzen der Natur, so sollen auch in den geistigen Gesetzen des All-
Vaters meine Lehre die Speise und mein Leben der Trank für euch sein - das Brot des
Lebens und der Weinstock der Erlösung. Denn wie in der Natur das Korn und die
Traube in Fleisch und Blut umgewandelt werden, so muss euer natürlicher Geist in
einen spirituellen Geist umgewandelt werden." In diesem authentischen,
unverfälschten und unveränderten Bericht erkennen wir die wahre Bedeutung der
heiligen Eucharistie, des ewigen Priestertums, die das heilige Gesetz und den
einzigen Heilsweg in sich verbirgt und symbolisiert: Die Umwandlung der
physischen Substanz Gottes in den Früchten der Erdenmutter, der einzig
rechtmäßigen Nahrung für den menschlichen Körper, der zum Tempel des Heiligen
Geistes werden soll und muss, und die Umwandlung der geistigen Nahrung durch das
Wort und den Heiligen Geist in die wahre Substanz und das wahre Abbild Gottes,
nämlich den Christus in uns.

61. Jesus sprach: Zwei werden sich auf einem Bett ausruhen, der eine wird
sterben, der andere leben. Da sagte Salome: Wer bist du Mensch, wessen Sohn
bist du? Saßest du nicht neben mir, und aßest von meinem Tisch? Jesus
antwortete: Ich bin der, der aus dem mir Gleichen ist. Mir ist von dem gegeben
worden, was meines Vaters ist. Darauf Salome: Ich bin deine Jüngerin. Jesus
entgegnete ihr: Deshalb sage ich dir: Wer leer ist, wird sich mit Licht füllen. Wer
aber geteilt ist, wird sich mit Finsternis füllen.

Da ich alleine nicht in der Lage war, diesen Logion vollständig und richtig zu
interpretieren, überlasse ich dies dem gelungenen und sehr aufschlussreichen
Kommentar des Autors auf https://www.gospelofthomas-interpretation.com/:
"Die beiden, die auf einem Bett ruhen werden, als ob man von ihnen sagen würde,
dass sie bei der Ankunft des Tages des Herrn im selben Haus wohnen und als ein
einziges Bewusstsein zusammenkommen werden, sind einerseits der Geist des
Menschen, der mit einem eigenen Leben erfüllt ist, da er der Geist ist, der Leben ist,
und andererseits die Ansammlung aktiver oder latenter psychischer Komponenten;
das erste ist das wahre, ewige Ich, während das andere die Seele ist, die, da sie kein
eigenes Wesen hat, sondern zum Geist gehört, als eine Seele bezeichnet wird, der das
Leben nur geliehen wurde. Wenn der Text von diesen beiden spricht, die auf einem
Bett ruhen werden, so deutet er die eheliche Vereinigung zwischen dem weiblichen
Prinzip, der Braut, der Seele, die im Logion durch Salome dargestellt wird, und dem
männlichen Prinzip, dem Geist, dem Bräutigam, an, der in den Evangelien stets durch
den Menschensohn, repräsentiert wird (nicht von dem als das fleischgewordene Wort
Inkarnierten, sondern dem jeden von uns innewohnenden Christus). Von diesen
beiden ist der Geist unsterblich, während in der Seele alle Bestandteile, die nicht so
geläutert sind, dass sie am Jüngsten Tag eine substantielle Einheit mit dem Geist
erreichen, sterblich sind. Da an jenem Tag jeder von ihnen getrennt wird, wird der
Geist, der einer ist, leben und der andere wird beiseite gelassen und stirbt:

137
Nämlich die Komponenten der Psyche, die nicht in den Geist integriert wurden. Wie
die beiden Prinzipien in der Zwischenzeit in einem vereinten Bewusstsein
zusammenleben, beschreibt die Seele, die hier durch Salome dargestellt wird, als
„von meinem Tisch essen“. Salomé (die Seele) ist sich zwar nicht bewusst, wer der
Mann ist, der in ihrem Haus wohnt (der Leben spendende Geist, der Christus), aber
der geistige Fortschritt, der in ihr entstanden ist, ist sehr wichtig, denn sie leugnet die
Gegenwart des Erlösers in ihr nicht. Das ist es, was sie dazu bringt, nach ihrem
wahren Wesen zu fragen: Wer bist du, Mensch? In seiner Antwort offenbart Jesus
nicht nur seine Herkunft, sondern er erklärt auch den Zweck seiner himmlischen
Gegenwart so nahe an der Seele. Jesus kommt aus dem ihm Gleichen, denn dort, im
Vater, von dem er als Sohn gekommen ist, existiert nichts, was nicht mit sich selbst
identisch ist. Daher wird dieses darin als das Eine bezeichnet. Was das Werk betrifft,
das Jesus vom Vater aufgetragen wurde, so wurde dies bereits im Evangelium
dargelegt: "Alles - d.h. jeder Bestandteil der Psyche, der die Taufe durch das Feuer
der Läuterung in der Einheit durchlaufen hat - ist mir von meinem Vater anvertraut
worden", d.h. er muss und wird dafür sorgen, dass alle psychischen Komponenten,
die, sobald sie gereinigt sind, wie geläutertes Silber in das höhere Reich des ihm
Gleichen (des Vaters) eingehen werden. Salomés Antwort "Ich bin Deine Jüngerin"
drückt die Unterwerfung der in den Herrn verliebten Seele aus, wenn sie die
Ankündigung der kommenden Geburt der geistigen Frucht, die sie erlösen wird, in
ihrem Schoß empfängt. Die wahre Erlösung besteht demnach darin, dass sich die
Bestandteile der Seele dem Einen zuwenden, d.h. dem, was ihr gleich ist, nämlich
dem Christus, dem Licht, das alle Dinge erfüllt. Sie besteht auch darin, dass die Seele
alles Getrennte hinauswirft; aber beides, die Hinwendung zum Licht und das
Verlassen der Schatten, geschieht in einer einzigen Bewegung, in einer einzigen
Handlung. Das, was dem Vater gleich ist, wird leben. Dementsprechend wird alles,
was im Getrennt-sein, in der Differenzierung verharrt, sterblich bleiben, denn es ist
nichts anderes als ein Bewohner der Finsternis. In einer Passage aus dem heute
verlorenen Evangelium der Ägypter fragt Salomé, wann die Dinge, von denen sie
gesprochen haben, eintreten werden. Vielleicht hatten sie von der Ankunft des Herrn
oder von der Vollendung der Einheit gesprochen, denn Jesus, der zweifellos an die
Vereinigung der beiden Bewohner desselben Bettes denkt, sagt: Wenn die beiden ein
und dasselbe sind und das Männliche, zusammen mit dem Weiblichen nicht mehr
weiblich oder männlich sind." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)
Zum letzten Satz siehe auch den Kommentar zu Logion 68

62. Jesus sprach: Ich sage meine Geheimnisse allen, die meiner Geheimnisse
würdig sind. Was immer deine Rechte tut - deine Linke soll nicht erfahren, was
sie tut.

Yahshua offenbarte jedem die Geheimnisse des Himmelreichs, die er bzw. sie
imstande war, zu verstehen und erfassen. Denn dies ist es, was ein guter Lehrer tut, er
erkennt den aktuellen Wissensstand und das aktuelle „Maß des Geistes“, und gibt
dem Schüler die entsprechende Nahrung, die ihn von diesem Zustand aus
weiterbringt nach oben in der geistigen Leiter der Weiterentwicklung.

138
Im Philippus-Evangelium lesen wir: "Ein Hausherr verfügte über alle Dinge: Kinder,
Sklaven, Vieh, Hunde, Schweine, Weizen, Gerste, Stroh und Gras, Rhizinusöl und
Eicheln. Es war ein kluger Mensch, der die richtige Nahrung für jeden kannte. Den
Kindern setzt er Brot vor und Olivenöl, den Sklaven Rhizinusöl und Korn, dem Vieh
warf er Gerste vor, Stroh und Gras, den Hunden Knochen, den Schweinen Eicheln
und Brotabfall. Ebenso ist es mit dem Jünger Gottes. Wenn er klug ist, begreift er die
Jüngerschaft richtig und wird sich von den körperlichen Formen nicht täuschen
lassen. Er wird auf die Beschaffenheit der Seele eines jeden achten und entsprechend
mit ihm reden. Es gibt viele Tiere auf der Welt, die menschliche Gestalt haben. Wenn
er sie als solche erkennt, wird er den Schweinen Eicheln vorwerfen, dem Vieh Gerste,
Stroh und Gas, den Hunden wird der Knochen vorwerfen. Sklaven wird er nur die
Grundbegriffe der Lehre geben, den Kindern aber die vollständigen Lehren." Zum
Verständnis des zweiten Satzes des Logions muss man wissen, dass die Rechten in
den gnostischen Schriften diejenigen sind, die zu Christus gehören, während die
Linken zu der Welt gehören. Er bedeutet also kurz gesagt, dass man die Perlen nicht
vor die Säue - die diese geistigen Wahrheiten ohnehin nicht aufnehmen und verdauen
könnten - werfen soll, damit sie nicht von ihnen zertrampelt werden.

"Der zweite Satz des Logions, der vom ersten ausgeht, verdient ebenfalls eine
Erklärung, warum nur die Rechten der Geheimnisse würdig sind, während die Linken
sie nicht kennen dürfen, da sich ihnen das erste Geheimnis nicht offenbart hat. Diese
Behauptung ist in mehrfacher Hinsicht zu verstehen, zum Beispiel in Bezug auf die
Hände, wie im Matthäus-Evangelium, wo die linke Hand als Symbol für ein
unzulängliches Werkzeug gesehen wird, das zu sehr auf sich selbst bezogen ist, um
an einem Akt der Großzügigkeit teilzunehmen, der nicht selbstbewusst ist, sondern
nur von der rechten Hand vollzogen werden kann, die einem Impuls zur Einheit folgt,
der von der Kenntnis des ersten Geheimnisses inspiriert ist. Auch bei den Mysterien
ist das psychische Bewusstsein (die Linke) nicht so beschaffen, dass es die höhere
Wahrnehmung des Christus in uns voll erfassen kann, wenn diese Gegenwart durch
das Bewusstsein des pneumatischen Menschen verwirklicht wurde. Jesus kommt dem
nahe, wenn er sagt, dass der Wind weht, wo er will; man hört sein Geräusch, aber
man kann nicht sagen, woher er kommt und wohin er geht. Derjenige, der die Stimme
hört, ist der pneumatische Mensch (der rechten Hand), während derjenige, der weder
weiß, woher dieses stille Nichts eines Geräusches kommt noch wohin es geht, die
Seele, das psychische Bewusstsein (die linke Hand) ist. Diese Symbolik der Rechten
und der Linken wird deutlich durch die Schafe und die Böcke in Matthäus 25
vorweggenommen, die der Menschensohn nach dem Gleichnis zu beiden Seiten
seines Throns versammelt. Nur diejenigen, die die Offenbarung des Ersten
Geheimnisses erlangt haben, dürfen zur Rechten sitzen, denn sie haben die
Wirklichkeit des Geheimnisses, das Christus in uns ist, vollkommen verinnerlicht,
und dazu gehören alle Schafe und auch die Böcke, die durch die Anwendung der vom
Geheimnis vermittelten Weisheit in Schafe verwandelt und zu den pneumatischen
Männchen gezählt wurden." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

139
63. Jesus sprach: Es war ein reicher Mann, der viel Vermögen hatte. Er sagte:
Ich werde mein Vermögen einsetzen, um zu säen, zu ernten, zu pflanzen und
meine Vorratskammern mit Frucht zu füllen, damit ich an nichts Mangel leide.
So dachte er in seinem Herzen und in der gleichen Nacht starb er. Wer Ohren
hat, der höre.

Yahshua sagte: Wirkt nicht für die Nahrung, die vergänglich ist, sondern für die
geistige Nahrung, das Brot des Lebens, welches er den Menschen gab. Er sagte auch,
dass wir keine weltlichen Schätze sammeln sollen, sondern vielmehr Schätze im
Himmel durch Taten der Nächstenliebe, denn diese werden nicht verrosten oder von
Dieben oder Motten gestohlen bzw. gefressen. (Siehe Lukas 12:16-34). Denn da wo
unser Schatz ist, dort ist auch unser Herz, und daran entscheidet sich, ob wir zu
Christus oder zu der Welt gehören.

"Es gibt eine kanonische Parallele zum Logion im Lukasevangelium, in dem das
Gleichnis weiter entwickelt wird. Die Grundlage für die Erzählung im dritten
Evangelium ist eine Warnung Jesu, keine unzuverlässigen Güter zu schätzen, da sie
kein dauerhaftes Leben garantieren. Dies scheint auch der Gedanke zu sein, der dem
Logion zugrunde liegt, auch wenn er nicht direkt, sondern etwas indirekt ausgedrückt
wird. Darauf deutet zumindest der Satz hin, der in den Evangelien am Ende eines
Abschnittes mit doppeltem Sinn immer wieder auftaucht: Wer Ohren hat zu hören,
der höre; immer ein Hinweis darauf, dass sich unter der leicht verständlichen
Oberfläche ein anderer, tieferer Sinn verbirgt, der in den Text hineingelesen werden
muss, ein Sinn, der dem Ziel der Evangelisten treu dient. Es ist nicht allzu schwierig,
die Bedeutung zu finden, die zwischen den Zeilen des Logions liegt. Die vielen
Besitztümer, die der reiche Mann angehäuft hat - und man darf nicht vergessen, dass
Reichtum in der Bibel der allgemeine Ausdruck für die verschiedenen Arten von
Anhäufungen ist, mit denen sich die Psyche identifiziert -, bestehen letztlich aus
nichts anderem als Stroh, das vom Wind von der Tenne weggeweht und letztlich
durch alle verzehrende Feuer des Heiligen Geistes, d.h. alles, was ihm fremd ist,
verbrannt wird. Die ist die zweite und letzte Reinigung der Erde durch das Feuer (des
Geistes), nachdem die erste durch (die lebendigen) Wasser erfolgte. Die Figur im
Gleichnis glaubt, dass diese Anhäufungen, die sie als Bereicherung seiner Person und
seines Wohlbefindens ansah, zum ewigen Leben zählen werden, und so beeilt er sich,
seine Scheune mit den Erzeugnissen seiner weltlichen Felder zu füllen. Doch das
wahre Korn, die vom Vater gesäte Saat, die Essenz, das wahre Selbst, ist, abgesehen
davon, dass es nicht von dieser Welt ist, die wahre Nahrung und nichts kann ihr
hinzugefügt werden. Die Schönheit, die Erhabenheit des Korns besteht nicht darin,
reich oder gut gekleidet zu erscheinen, denn es ist in sich selbst vollkommen.
Vielmehr bedeutet es, arm, rein und nackt zu sein, damit sein intensives Licht
ungetrübt auf alles scheinen kann. In der Nacht seiner Unwissenheit, von der der
Logion spricht, starb der Mann, der reich an Anhäufungen war, denn kein sterbliches
Bild, das dem Sein überlagert ist, kann seinem sterblichen Zustand entkommen, auch
nicht dem Tag, an dem sich das Unsterbliche in seiner zeitlichen Gefangenschaft
offenbart.

140
Bei dieser feierlichen Gelegenheit werden alle sterblichen Besitztümer, die wir
tragen, um die Armut des lebensspendenden Geistes zu verdecken, wie sehr wir auch
an ihnen hängen, ebenso sterben wie die nicht geläuterten Inhalte der Seele und alles,
was vergänglich und sterblich ist. Dann kommt das Unsterbliche zum Vorschein. In
der Nacht seiner Unwissenheit deponiert der reiche Mann alle seine Besitztümer in
der neuen Scheune seiner Psyche, die er gebaut hat, um alle Vorräte, die er für die
Ewigkeit angesammelt hat, unterzubringen. Zu seiner Seele sagt er: [...] meine Seele,
du hast viel Gutes. Aber Gott warnt ihn gemäß dem Gleichnis, dass noch in dieser
Nacht die Forderung nach seiner Seele gestellt wird, die dann von ihrem Besitz
getrennt wird. Die Schlussfolgerung daraus ist - und hier kommt es darauf an, dass
diejenigen, die den wahren Sinn des Gleichnisses nicht verstanden haben, ihn jetzt
verstehen -, dass das wahre Wesen, das wahre Selbst eines jeden Menschen, nicht die
Seele ist, sondern das, was in seinem Innersten zur Seele sagt: Meine Seele, du hast
viele gute Dinge. Was dies zur Seele sagt, ist nicht die Seele selbst, sondern die
Essenz, das ICH BIN, das keine Scheunen für seine Ernte braucht, weil es das Korn
ist - das einzig wahre, ewige Korn - und alle guten Dinge der Welt, die in den
Scheunen der Psyche gelagert werden, sind nichts als vergängliches Stroh, das für das
unsterbliche Feuer der Zeit bestimmt ist, das alle Dinge verzehrt. So legt der
Evangelist in dem Gleichnis Gott den letzten Satz in den Mund: So ist es, wenn ein
Mensch für sich selbst [für seine Seele] einen Schatz anhäuft, anstatt sich vor Gott
reich zu machen [und die Gegenwart des Menschensohns zu entdecken]."
(https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

64. Jesus sprach: Ein Mann wollte ein Gastmahl veranstalten. Als er das Mahl
bereitet hatte, sandte er seinen Diener, damit er die Gäste einlade. Dieser ging
zum ersten, und sagte zu ihm: Mein Herr lädt dich ein. Er antwortete: Ich habe
Forderungen an Kaufleute. Am Abend kommen Sie zu mir, ich muss gehen und
meinen Dienern Anweisungen geben. Ich muss mich für das mal entschuldigen.
Der Diener ging zu einem anderen, und sagte zu ihm: Mein Herr lädt dich ein.
Der Mann antwortete: Ich habe ein Haus gekauft, und bin für einen Tag
unabkömmlich. Ich habe keine Zeit. Der Diener ging zu einem dritten, und
sprach zu ihm: Mein Herr lädt dich ein. Der Mann antwortete: Mein Freund
will heiraten und ich muss ein Festmahl veranstalten. Ich kann nicht kommen.
Bitte entschuldige mich für das Mahl. Der Diener ging zu einem vierten, und
sagte: Mein Herr lädt dich ein. Der Mann erwiderte: Ich habe ein Gut gekauft
und gehe, um die Pacht in Empfang zu nehmen. Ich kann nicht kommen, und
muss mich entschuldigen. Der Diener ging, und sagte zu seinem Herrn: Alle, die
du eingeladen hast zum Mahl, haben abgesagt. Der Herr sagte zu seinem Diener:
Gehe hinaus auf die Straße und hole herein, die du findest, damit sie am Mahl
teilnehmen. Die Käufer und Verkäufer werden nicht an die Orte meines Vaters
eingehen.

Dieses Gleichnis finden wir in der Bibel in Matthäus 22. Dort ist die Rede von einem
Gast des Mahls, der nicht das passende „Kleid“ trug und deshalb des Festmahls bzw.
der Hochzeit (des himmlischen Brautgemachs) wieder verwiesen wurde.

141
Dieses passende Hochzeitskleid steht natürlich symbolisch für die unbefleckte Seele,
die sich wieder mit ihrem wahren Bräutigam, dem Geist, vereinen soll. Zu dieser
Hochzeit sind alle Menschen herzlich eingeladen von unserem himmlischen Vater-
Mutter, doch nur die mit dem passenden weißen Hochzeitskleid, der gereinigten und
unbefleckten Seele, dürfen an ihr teilhaben. Im neuzeitlichen Mainstream-
Christentum wird dies fatalerweise so gelehrt, ausgelegt und von den „Christen“
verstanden, dass dieses weiße Kleid darin besteht, dass Yahshuas Blut sie bzw. ihr
Kleid von allen Befleckungen (Sünden) reinwäscht und sie selbst nichts dazu tun
können und brauchen, um dieses Kleid zu erlangen. Dies kommt daher, dass die
Auslegung und das Verständnis extrem oberflächlich ist und die geistige Tiefe der
Worte und Lehren Yahshuas, und damit auch die wahre Bedeutung, auf die es
wirklich ankommt, vollkommen übersehen und ignoriert wird.

"Im Gleichnis vom Sämann wird erklärt, dass das Wort - das wahre Licht, das alle
Menschen erleuchtet - vom Sämann (dem Vater) in jeden Menschen gesät wurde,
während wir in dem Gleichnis, mit dem wir uns jetzt befassen, das Abendessen für
die vielen [die Berufenen] und das Festmahl für die wenigen [die Auserwählten], von
verschiedenen Ergebnissen für Menschen erfahren, in die der Same des Lichts - das
Wort - gekommen ist, um dort zu wohnen. Von dem Ort, an dem sich der Same
niederlässt, empfängt die Seele die Nahrung des wahren Lichts, von der Jesus sprach,
indem er sagte: Ich habe eine Speise zu essen, von der ihr nichts wisst. Als er von
dieser Speise sprach, wandte sich Jesus zweifellos an diejenigen, die noch nicht
begonnen hatten, in sich selbst die Gegenwart des kostbaren, auserwählten Ecksteins
zu erkennen, den Gott in die Mitte, in das ICH BIN eines jeden Menschen, als die
reine Essenz des Seins gelegt hat und der der Eckstein der menschlichen Erkenntnis
ist. Das Gleichnis, das wir jetzt erklären wollen, spricht von diesem Stein, der nichts
anderes ist als das in uns gesäte Wort. Alle Menschen besitzen dieses Samenkorn,
aber das Gleichnis teilt sie je nach der Frucht, die aus dem Samenkorn hervorgeht, in
drei Hauptarten oder Familien ein, die dann in verschiedene Unterarten unterteilt
werden können: 1. Die eingeladenen Gäste, die sich entschuldigen: Es ist nicht
schwer, in all jenen, die sich unter verschiedenen Vorwänden für ihr Fernbleiben vom
Abendessen entschuldigt haben, diejenigen zu erkennen, die - da sie den in sie
gesäten Samen nicht erkannt haben - durch die Welt gehen, ohne Früchte für das Heil
zu bringen. Von solchen Menschen könnte man sagen, dass sie im psychischen
Bewusstsein ihres Adams nicht den Glanz des wahren Lichts empfangen, obwohl es
ihnen in Form des pneumatischen Menschen, der unter demselben Dach mit ihnen
lebt, innewohnt. Da sie das Licht nicht wahrnehmen, haben sie keinen Glauben an
das Licht, und da sie keinen Glauben haben, weigern sie sich, an dem Festmahl der
Unsterblichkeit teilzunehmen, zu dem der Herr sie ruft. Ihre Blindheit hält sie davon
ab, und das ist es, was man unter der Aussage des heiligen Lukas verstehen muss:
Nicht einer von denen, die eingeladen wurden, soll von meinem Festmahl kosten. Die
Bedeutung der verschiedenen Vorwände, die von den Berufenen vorgebracht wurden,
wird im Schlusssatz des Logions prägnant zusammengefasst: Sie sind Käufer und
Verkäufer, die nicht in die Stätten meines Vaters eintreten wollen und dürfen.

142
Dieser Ausdruck entspricht zweifellos der Passage über die Reinigung des Tempels
im Johannesevangelium: Hört auf, das Haus meines Vaters in einen Markt zu
verwandeln. Aber er bezieht sich auch auf die detaillierten Beispiele der Fälle im
Gleichnis vom Sämann, in dem die verschiedenen Gründe für den Verlust des Wortes,
das in die Menschen gesät wurde, aufgeführt werden. Einige Samen, so heißt es,
fielen an den Rand des Weges; andere (bei denen auf das Steinige gesät wurde)
nahmen das Wort gerne auf, aber da sie unbeständig und nicht fest verwurzelt waren,
kümmerten sie sich nicht um das Wachstum des Setzlings; wieder andere Samen
fielen unter die Dornen, was unter anderem bedeutet, dass das Interesse dieser
Menschen geweckt wurde und sie sogar das Wort, das in ihnen war, wahrnahmen, es
aber wegen der Verlockungen der Welt erstickten, da sie es vorzogen, mit den Dingen
dieser Welt verbunden zu bleiben. Die Ordnung in all dem sollte vollkommen klar
sein. Jeder Mensch, der in diese Welt kommt, ist in dem Augenblick, in dem er
geboren wird, berufen; es ist sein dichtes Bewusstsein, das den Menschen daran
hindert, seine Aufmerksamkeit nach innen zu richten, um den Geist zu entdecken. Da
er den Geist (seinen Geist) nicht kennt, glaubt er nicht an den Sohn, von dem er den
Atem empfängt, von dem man weder weiß, woher er kommt, noch wohin er geht, so
dass der Mensch sich der Nahrung, die ihm angeboten wird, nicht bewusst wird. Er
ist zum messianischen Festmahl eingeladen, aber er entschuldigt sich. Andere Dinge
nehmen seine Aufmerksamkeit in Anspruch, Dinge, die nicht zur Auferstehung und
zum Leben führen. 2. Die neu eingeladenen Gäste: Es gibt Menschen, in denen die
Saat, die in sie gesät wurde, Frucht bringt; sie hören das Wort, nehmen es auf und
werden wiederbelebt. Die Frucht, die sie bringen, ist das Maß eines Menschen, es
hängt von jedem von uns ab, und dieses Maß selbst ist das Gericht. Das Evangelium
sagt uns auch, dass es drei verschiedene Maße für die Fruchtbarkeit gibt, wenn der
Same in guten Boden gesät wird, und dass dies die wirklichen Maße der Seele und
ihrer Umwandlung in Pneuma (Geist) sind. Zwei dieser Maße, das dreißigfache und
das sechzigfache, sind jedoch Maße der Unvollkommenheit, und nur ein Maß, das
hundertfache, steht für die Vollkommenheit der Fruchtbarkeit (Markus 4:8-20). In der
Lukas-Version des Gleichnisses geht es um die beiden Maße der unvollkommenen
Frucht. Diejenigen, die dem geringeren Maß entsprechen, das mit dreißig bewertet
wird, sollen sich in den Straßen und Gassen der Stadt aufhalten, wie um anzudeuten,
dass sie sich auf die Suche nach dem Weg gemacht haben, ohne jedoch die Quelle des
Lichts zu erreichen (Lukas 14:23). Folglich werden sie arm genannt, pneumatisch,
d.h. sie sind reinen Herzens und hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit des
Geistes; dennoch kann der Zustand dieser Neophyten (frisch bekehrte Personen) des
Geistes dem der Lahmen und Blinden gleichen, die so genannt werden, weil dies das
Maß ihrer Unvollkommenheit angibt. Nach den Evangelien wird das Werk der frohen
Botschaft in diesen unvollkommenen Wesen immer stärker, die auf einem Bein oder
ohne es sehen zu können, dem Licht des Logos entgegenzukämpfen scheinen,
getrieben von einem Glauben, der das Licht nicht sieht, es aber spürt. Die Seelen, die
der Herr auf die offenen Straßen und an die Zäune schickte, stellen eine
fortgeschrittenere Ordnung im Prozess der Vergeistigung dar. Der Herr hat seinen
Dienern, die die in sich gekehrte Seele - das zweite (sechzigfache) Maß - mit
Erkenntnis überfluten, befohlen, solche Seelen zum Kommen zu zwingen.

143
Dies ist eine Art, auf die dringende Intensität des Geistes hinzuweisen, die manchmal
von der gottverliebten Seele ertragen werden kann, eine Befürchtung, die Christus im
Evangelium zum Ausdruck bringt, wenn er sagt: Ich bin gekommen, um Feuer auf die
Erde zu bringen, und wie wünschte ich, es würde schon brennen! Diese Seelen, die
jetzt sehr nahe daran sind, das vollkommene Maß zu erreichen, können erwarten, die
für die Vollkommenen vorbereiteten Wohnungen beim Vater, die, wie Jesus sagt, viele
sind, zu beziehen. 3. Die Auserwählten: Dies sind die Gäste, die im letzten Akt der
herrlichen Verwandlung, die Gott dem Menschen bereitet hat, im Hochzeitssaal
zusammenkommen. Die Seelen, die dort ihren Platz einnehmen, sind alle jungfräulich
und haben die beiden Taufen mit Wasser und Feuer hinter sich: Die erste, die die
Seele reinigt, und die zweite, in der sie von der vom Geist gesandten Erkenntnis der
Einheit geläutert wird. Während dieses schwierigen Prozesses der Katharsis gehen
zwei Drittel der (psychischen) Bestandteile der Seele verloren. Diese waren ohnehin
nicht mehr wert als Stroh, das der Wind von der Tenne weht. Das andere Drittel - der
Rest, der gerettet wird - wird im Feuer geläutert, wie Silber geläutert wird, und
geprüft, wie Gold geprüft wird. Das Silber, von dem der Prophet spricht, ist die Seele,
der seelische Mensch, der von dem Augenblick an, da er in diese Welt kam, zu den
Berufenen gehörte, während das Gold den Geist darstellt, der im selben Haus wie die
Seele wohnt, der ihr unbekannt ist, aber immer bereit ist, von seinem oberen Zimmer
aus jene Wellen des Feuers herabzuschicken, die die Seele läutern und es ihr und dem
Geist ermöglichen werden, einander zu entdecken und zu ihrer geistigen Hochzeit zu
gelangen. Hermas, der Autor des Buches „Der Hirte“, drückt es so aus: "Die
Jungfrauen [wenn sie mit dem Bräutigam vereint sind] sind gesegnete Geister, und es
gibt keinen anderen Weg für den Menschen, in das Reich Gottes einzugehen, als dass
er [die Seele] das Gewand [des Geistes] anlegt." In der Allegorie wird die
Vereinigung als Anlegen des Kleides ausgedrückt, des unbefleckten weißen
Hochzeitskleides, das die Seele, eine der vielen Berufenen, in ein Glied der
Auserwählten verwandelt, in jene herrliche Vollkommenheit von Seele und Geist, die
eins geworden sind, und die nun geeignet sind, die Speisen des Hochzeitsmahls zu
empfangen und das himmlische Brautgemach zu betreten. Daher die Worte: Tragt
allezeit weiß. Keine Seele, die nicht ein Hochzeitsgewand angezogen hat, darf den
Saal betreten, in dem die Zeremonie stattfindet. Diejenigen, die eintreten, werden als
Seelen bezeichnet, die sich bereits auf den Weg gemacht haben; sie haben ihr
Gewand der Unsterblichkeit und der Vergebung der Sünden so weit betrachtet, dass
sie auserwählt sind. Was die Einkleidung der Seele durch die Katharsis betrifft, so
besteht diese aus dem Rest, der nach der Reinigung in ihr vorhanden ist, der sich mit
dem Geist identifiziert und mit ihm eins wird. Diese Verwandlung wird in der
Passage von der Hochzeit in Kana erwähnt, als Wasser (Psyche/Seele) in Wein
(Pneuma/Geist) verwandelt wird. Anders ausgedrückt, wiederum in mythischen
Begriffen, heißt es, dass die Seele, die aufgrund ihres passiven Aspekts als weiblich
angesehen wird, durch ihre Hochzeit mit dem Geist männlich wird. Diesbezüglich
gibt es einen Text der Naassener: In das Haus Gottes treten diejenigen ein, denen es
gelingt, ihre Kleider [der Unreinheit] abzulegen. Sie werden dann in Bräutigame
verwandelt, die durch den jungfräulichen Geist männlich werden."
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144
65. Jesus sprach: Ein rechtschaffener Mann hatte einen Weingarten. Er gab ihn
einigen Winzern, damit sie ihn bearbeiten und er seine Ernte von ihnen erhielte.
Als er seinen Diener schickte, damit die Winzer ihm die Ernte des Weingartens
übergäben, packten sie ihn, schlugen ihn, und hätten ihn fast umgebracht. Der
Diener ging hin, und sagte es seinem Herrn. Der Herr sprach: Vielleicht haben
sie ihn nicht erkannt - und schickte einen anderen Diener. Die Winzer schlugen
auch diesen. Da schickte der Herr seinen Sohn und sprach: Vielleicht haben sie
Achtung vor meinem Sohn. Aber die Winzer, da sie wussten, dass er der Erbe
des Weingartens war, packten und töteten ihn. Wer Ohren hat der höre.

66. Jesus sprach: Zeigt mir den Stein, den die Bauleute verworfen haben. Er ist
der Eckstein.

Wie immer bezieht sich auch dieser Logion sowohl auf den inkarnierten Christus als
auch auf den jedem Menschen innewohnenden Christus, den „Stein“, den die
„Bauleute“ verworfen haben, und deswegen nicht imstande waren, einen Tempel
Gottes - welcher der Mensch selbst ist - zu bauen, in dem der Geist Gottes für immer
wohnt. So wie diejenigen, die nicht zu ihm gehörten, ihn als inkarnierten Messias
verworfen und getötet haben, so haben sie und unzählige vor und nach ihnen den
jedem Einzelnen innewohnenden Eckstein, den Leben spendenden Geist, verworfen
und „getötet“, indem sie nicht die von ihnen erwartete Frucht gebracht haben. Wie
langsam jedem Leser klar sein müsste, bezogen sich nahezu alle Lehren Yahshuas auf
den uns innewohnenden guten Samen, den Eckstein, den Christus, das Königtum der
Himmel, das in uns ist. Nach der offenbaren Exegese symbolisieren die Winzer,
denen der Weinberg übergeben wurde und denen er aufgrund ihrer fruchtlosen Arbeit
wieder weggenommen werden sollte, das Volk Israel, und das andere Volk, von dem
in der biblischen Version die Rede ist und dem der Weinberg nun übergeben werden
soll, sind angeblich die Christen. Das wahre Israel Gottes hat jedoch wie Yahshua
selbst in der Bibel sagte keine bestimmte Abstammung oder geographische Herkunft,
sondern es besteht aus all denen jeglicher Herkunft und Abstammung, die den Willen
des Vater-Mutter tun. Im EHGOC definiert Yahshua das noch einmal wesentlich
genauer als in den biblischen Evangelien: "Wer ist das Israel Gottes? Das sind die
einer Nation und eines jeden Volkes, die Gerechtigkeit ausüben, die Barmherzigkeit
lieben und meine Gebote halten, das ist das wahre Israel Gottes. Wer ist wirklich der
Sohn Gottes und wer ist wirklich die Tochter Gottes? Das ist die große Menge derer,
die sich von allem Bösen abwenden und Gerechtigkeit tun, die Barmherzigkeit lieben
und ehrfürchtig mit ihrem Gott wandeln. Dies sind wahrlich die Söhne und Töchter
der Menschen, die aus Ägypten heraus gekommen sind, und denen es gegeben ist,
Söhne und Töchter Gottes genannt zu werden. Und ich sage euch heute, sie werden
von jedem Stamm und jeder Nation und jeder Rasse und jeder Zunge gesammelt,
denn sie kommen aus dem Osten und dem Westen und dem Norden und dem Süden.
Ja, sie sind das wahre Israel von Gott, das auf dem Berg Zion wohnt, und sie essen
das Brot am heiligen Tisch Gottes und trinken von den Früchten des Weinstocks, und
sie lernen Gott von Angesicht zu Angesicht kennen und werden ihn sehen.

145
Denn das heilige Gesetz wurde denjenigen aus jedem Menschenvolk und jeder
Nation gegeben, die demütig mit dem wahren Gott wandeln. Kommt her, ihr die ihr
mein Gesetz zur Errettung bewahrt, denn dies ist das wahre Israel Gottes. Denn ich
sage euch, Gott rechtfertigt ein Volk und richtet ihre Seelen nicht nach ihrer Herkunft
oder Abstammung, sondern nach ihren Herzen. Und wer auch immer nach dem
reinen Opfer wandelt, geht auf dem heiligen Pfad Gottes und wird gerettet." Und im
Gegensatz zur Bibel finden wir auch hier eine wunderschöne Erklärung Yahshuas,
was der Wille des Vater-Mutter ist: "Der Wille der All-Eltern ist, dass die Liebe sich
in allen Dingen verwirklicht, damit alle Geschöpfe, ob klein oder groß, sich am Geist
der Liebe selbst erfreuen können, denn im Himmel und auf Erden gibt es nichts
Größeres als die Verwirklichung der All-Liebe. Denn der Ewige Geist drückte am
Anfang aus, dass die Liebe allen Dingen bekannt gemacht werden sollte, und der
Ewige All-Vater formulierte weiterhin den Willen seiner Liebe, indem er in jede
Schöpfung den Wunsch pflanzte, Liebe geben und Liebe empfangen zu wollen, denn
geliebt zu werden und in Liebe zu teilen ist der Wille des Vater-Mutter Gottes, der
mich in die Welt gesandt hat, damit die, die die Liebe missbraucht haben, wissen und
verstehen würden, dass Gottes Liebe und Barmherzigkeit unbegrenzt sind und nicht
in menschlichen Werten gemessen werden können. Ihr sollt daher wissen, dass Gott
jeder Kreatur Freude an der Liebe gegeben hat, damit diese Kreaturen die Liebe
Gottes erfahren können, denn Gott ist in allen Dingen und alle Dinge sind in Gott.
Wisset daher, dass Liebe die Erfüllung des Willens und des Gesetzes Gottes ist. Und
die, die seine Gebote halten, teilen diese große Liebe. Es gibt keinen größeren Segen
und keine größere Verwirklichung für den Menschen, als die Liebe Gottes zu kennen.
Denn diejenigen, die zur Erkenntnis des Einen Vaters kommen, kommen zum Wissen
über die große Familie des Lebens." Wenn Yahshua sagt, dass niemand zum Vater
kommt als nur durch ihn, dann spricht er von dem jedem Menschen innewohnenden
Christus, und nicht von seinem angeblichen Blutopfer zur Sühnung aller Sünden der
Menschen, die ihn als ihren Herrn und Erlöser annehmen, aber leider nur sehr selten
tun, was er sagte und lehrte, und noch seltener die wahre Bedeutung seiner Worte und
Lehren verstehen, insbesondere was den jedem Menschen innewohnenden Christus
betrifft. Denn dieser ist es, der der Weg, die Wahrheit und das Leben ist und ohne den
die Seele nicht gerettet werden kann. Wer nicht glaubt, dass er in uns ist und unsere
wahre Natur und unser eigentliches göttliches Wesen ist, ihn nicht entdeckt, sich mit
ihm verbindet und in sich offenbart, wird nicht gerettet werden können, egal wie sehr
er daran glaubt, dass Yahshua gelebt hat und das Wort war, das Fleisch wurde und
unter uns wandelte. Die Lehre vom innewohnenden Christus ist zeitlos, universell
und völlig unabhängig von jeglicher menschengemachter Religion. Das heutige
Mainstream-Christentum ist eine 100%ige Umkehr des wahren Christentums und der
wahren Lehren Yahshuas und kann niemanden retten, auch wenn es für sich
beansprucht, die einzige wahre und errettende Religion zu sein und alle anderen
Religionen zur ewigen Hölle verdammt. Wenn jedoch der Blinde den Blinden führt,
werden beide in der Grube landen. Denn wer glaubt, dass uns durch die Irrlehre des
Sühnetodes der Freibrief zur Errettung auf dem Silbertablett serviert wurde, ohne
dass wir dafür das geringste tun müssen, außer ein bloßes Lippenbekenntnis
abzulegen, der hat Yahshuas Worte und Lehren nicht einmal ansatzweise verstanden.

146
"Der Logion erzählt das Gleichnis der synoptischen Evangelien von den bösen
Knechten. Die alten biblischen Bilder sprechen vom Weinstock, vom Weinberg und
von der Frucht des Weinstocks als einer Reihe von Grundsymbolen, die unter
anderem Weisheit, Fruchtbarkeit und Leben versinnbildlichen; aber in dem Gedicht
vom Weinberg, das Hosea skizziert und das Jesaja und die Propheten des
babylonischen Exils so schön besungen haben, erhalten diese Bilder die engere
Bedeutung einer Warnung an den Weinberg Israels, die von der Auserwählung und
Verwerfung des Hauses Israel und der Männer von Juda erzählt. Folglich ist das (als
gut bezeichnete) Volk, dem der Weinberg zur Reinigung und Rettung anvertraut
werden soll, angeblich das der christianisierten Heiden. Die sechs Hauptpunkte, aus
denen sich diese offensichtliche Interpretation zusammensetzt, sind die folgenden: 1.
Der Besitzer des Weinbergs ist Gott. 2. Der Weinberg ist Israel in seiner Eigenschaft
als ehemaliges auserwähltes Volk. 3. Die Knechte sind die Propheten. 4. Der Sohn ist
Jesus, der am Kreuz gestorben ist. 5. Die bösen (mörderischen) Pächter sind die
ungläubigen (unbekehrten) Juden. 6. Die anderen Menschen, denen der Weinberg
jetzt anvertraut ist, sind Heiden, die sich zum Christentum bekehrt haben. Neben
dieser offensichtlichen Auslegung kann parallel dazu die verborgene, innere Exegese
des Gleichnisses untersucht werden, bei der Gut und Böse nicht so scharf durch
äußere Faktoren unterschieden werden, sondern vielmehr im Sinne eines tiefen
Identitätsurteils bewertet werden, das nicht auf einer historischen Darstellung beruht,
sondern auf das, was jeder Mensch in sich selbst ist. Um den Implikationen dieser
neuen Exegese gerecht zu werden, müssen zunächst die Details beiseite gelassen
werden, die mit den Gedanken Jesu zu jener Zeit unvereinbar zu sein scheinen, und
es muss zwischen dem Gleichnis selbst und dem Kommentar unterschieden werden,
den die Verfasser der synoptischen Evangelien dazu verfasst haben. Untersuchen wir
nun das Gleichnis, um seine verborgene innere Exegese zu entdecken: 1. Die
offenkundige Auslegung hält den Besitzer des Weinbergs für Gott. In Markus 12:1
und Lukas 20:9 wird das einfache Wort „Anthropos“ verwendet, was für diese
Auslegung spricht; Matthäus 21:33 fügt jedoch „Oikodespotes“ hinzu, ein Wort, das
an das Haus des Vaters erinnert, d.h. an einen Menschen, der im Haus des Vaters
wohnt. Der Logion spricht von einem Menschen, der Khrestos ist, d.h. der in seinem
Obergeschoss wohnt, denn der innere Christus - der Khrestos - hat sich bereits in
ihm, im Haus des Vaters, manifestiert, was seinem eigenen Wesen als Sohn Gottes
entspricht. Es handelt sich also um den Heiligen Geist, den Tröster, den Parakleten,
der in uns ist. Ein solcher Mensch ist also ein Gesalbter, ein Mensch, der nach den
Worten des Apostels ein Khrestos ist, weil der Christus, der Gesalbte Gottes, in
seinem Herzen wohnt. 2. Der Weinberg, Jesajas Symbol für Israel, ist im Gleichnis
eine Metapher für das Menschengeschlecht, in dem sich der Mensch zunächst als
Adam, die lebendige Seele, manifestiert, und erst nachdem er reichlich Frucht
getragen hat, bleibt er sicher am Weinstock; denn wenn ein Weinstockzweig viel
Frucht trägt, verdorrt er nicht und wird nicht ins Feuer geworfen, sondern wird
schließlich, nach der Reinigung, in Geist verwandelt, um für immer in der
Herrlichkeit des Vaters zu wohnen. Seele und Geist vereint in der heiligen Hochzeit
(dem himmlischen Brautgemach), das ist die wahre Bedeutung des auserwählten
Volkes.

147
3. Das dreifache Gleichnis vom Zaun, der Kelter und dem Wachturm ist von den
Evangelisten Matthäus und Markus aus Jesaja 5:1-7 entnommen. Der Zaun stellt die
Grenzen der individuellen Seele - den Weinstock - im Gegensatz zur Universalität
und Grenzenlosigkeit des Geistes des Vaters und des Sohnes dar. Die begrenzende
Wirkung des Zauns verwandelt den Mantel des unendlichen Lichts des Vaters - den
Sohn - in das gedämpfte Lampenlicht eines jeden Menschen. Die Kelter ist der Ort,
an dem die Trauben zertreten werden, um den neuen Most hervorzubringen, das
Wasser der Seele, das in den Wein des Geistes verwandelt wird; deshalb wird die
Kelter im Weinberg, in der Tiefe der Seele, gegraben, um keinen einzigen Tropfen
des heiligen Weins der Weisheit Gottes zu verschwenden. Was den Wachturm betrifft,
so ist er ein Ausguck, aber auch ein Ort, um sich dem geistigen Bräutigam zu nähern,
der im selben Haus wie die Seele wohnt, aber weiter oben. 4. Was die Pächter, die
Winzer, betrifft, so steht zwar geschrieben, dass jeder ein Weinberg und zugleich sein
eigener Gärtner ist, was darauf hinausläuft, dass die Seele und die Arbeit, die getan
werden muss, um die Frucht des Glaubens und der Läuterung zu bringen, ein und
dasselbe sind. Doch der falsche Bräutigam, die Horde des Denkens, Fühlens und
Wollens des Menschen, hat den Willen der Seele gepachtet, und ohne den wahren
Bräutigam, den Geist, das einzig wahre Wesen, das sie lenkt, wird ihr Handeln rein
vom Niederen Selbst bestimmt sein. 5. Es wird gesagt, dass die Diener vom
Hausherrn, oder vom Khrestos, gesandt werden; aber in Wirklichkeit kann der Geist
sein Land nie verlassen und doch bleibt er der unwissenden Seele unbekannt, die
ihren „Wein der Weisheit“ in Form von Knechten / Dienern, den Abgesandten Gottes,
empfängt. Die offensichtliche Exegese identifiziert die Diener im Gleichnis mit den
Propheten Israels, doch diese sind nicht die einzigen in der Spanne der Zeit. Es gibt
auch die Frucht jedes Wortes der Weisheit, jedes Wort aus dem inneren Logos, das
den Menschen (die Seele) immer wieder aufs Neue besucht. Wenn diese Menschen
böse sind, wie in dem Gleichnis, empfangen sie die Knechte schlecht und schlagen
sie, bis sie die hartnäckigen Forderungen nach Früchten, die sie bei jedem Besuch
stellen, fallen lassen. 6. Die Beobachtung des Herrn des Weinbergs: „Vielleicht haben
sie ihn nicht erkannt“, findet sich nur im Logion des Thomas und stimmt nicht mit
der orthodoxen Auslegung überein. Im Sinne der verborgenen Exegese sind es die
Lehren, die in Form von Dienern des Wortes Gottes zu den Winzern kommen, die den
Ursprung, den Zustand und die Beweggründe der Winzer gut kennen müssen; dies ist
ein Merkmal aller Lehren, die wirklich aus dem Wort geboren sind, da ihr Produkt
gerade darin besteht, gute Früchte zu erzielen oder, mit anderen Worten, die
schlechten Winzer in gute Winzer zu verwandeln. Dies spricht dafür, dass die
Nichtbekehrung der Knechte nicht auf deren Schlechtigkeit, sondern auf die
mangelnde Güte oder Erkenntnis der Diener zurückzuführen sein könnte. 7. Sowohl
in der offensichtlichen als auch in der verborgenen Exegese ist der Sohn im Gleichnis
immer der Menschensohn, der Sohn Gottes. In seiner manifesten Form kam er als
leibhaftiger Sohn, von Gott gesandt, und blieb eine Zeit lang in dieser Welt. Während
dieser kurzen Zeit lebte er in einer kleinen Gemeinschaft und wurde von den
Menschen gesehen. Einige glaubten an den Sohn Gottes und wurden gerettet. Seine
Lehren, die seinem Ziel dienten, waren Diener für viele, denn die Winzer waren
ihnen bekannt und wurden in gute verwandelt.

148
So fanden und finden viele Reben das Heil. Von dem verborgenen Sohn heißt es in
dem Gleichnis bildlich, dass er kommt oder gesandt wird, doch in Wahrheit wohnt
der Sohn in jedem Menschen, der in diese Welt kommt, um ihn vom Augenblick
seiner Geburt an mit dem wahren Licht zu erleuchten. Der Sohn kommt nicht, er ist
schon da, er ist es, der seinen Atem als Siegel seiner Gegenwart sendet; daher ist
seine wirkliche, verborgene, innere und ständige Gegenwart eine universale Tatsache,
die in jedem Zeitalter und für alle Menschen und alle Völker galt und gilt. Das
Wirken des Heiligen Geistes, des im Bewusstsein des Menschen gebildeten Khrestos,
besteht nur darin, Zeichen im Weinberg zu hinterlassen, damit der Sohn von den
Weingärtnern erkannt wird, so wie er sie kennt. Wenn die Winzer gut sind, erkennen
sie den Sohn als den einzigen Erben des Reiches und bewegen die Seele, ihn zu
suchen und zu erkennen, denn er wohnt in ihr. Wenn aber die Reben in den Händen
schlechter Winzer sind, die ein Teil der Seele sind oder zu sein glauben, wissen sie
sehr wohl, dass die Gegenwart des Sohnes ihre Zerstörung vorhersagt, und um das zu
vermeiden - um den Sohn in ihnen zu töten -, führen sie die Seele in das Tal der
Schatten, in dem sie ganz allein wohnen (oder vielmehr glauben, dass sie dort
wohnen).

Der Satz über den Eckstein, der im Alten Testament häufig verwendet wird, wird von
Jesus benutzt, um der besonderen Erzählung des Gleichnisses eine allgemeine
Bedeutung zu geben. Nach Matthäus fragt Jesus nach dem Schicksal dieser Bauern,
und die große Schar der Priester und Pharisäer antwortet in Übereinstimmung mit der
offensichtlichen Exegese der Kirche; denn, wie der Evangelist erklärt: [...] sie
erkannten, dass das Gleichnis an sie gerichtet war. Der Stein war der Stein des Ortes
des Vaters, auf den Jakob sein Haupt legte und der für ihn eine Leiter oder eine
Brücke war, die den Himmel mit der irdischen Welt verband, um darauf das Haus
Gottes zu bauen; die verborgene Bedeutung dieses Steins ist dieselbe wie die des
verborgenen Schatzes oder der kostbaren Perle, auf die in anderen Gleichnissen des
Evangeliums angespielt wird. All dies deutet auf ein universelles Symbol für den
Menschensohn oder Gottessohn hin, der göttlichen Ursprungs ist und mit dem Vater
(Anthropos), der im Himmel regiert, identisch ist. Was Jesus mit der Erwähnung des
Steins in seinem Schluss des Gleichnisses meint, ist, dass der Stein der Sohn oder der
innere Menschensohn ist. Der Sohn ist das wunderbare, auserwählte, kostbare und
grundlegende Werk, das der Vater geschaffen hat, damit wir es sehen. Und das
wiederum bedeutet, dass dieser Stein in uns ist und der Seele nur durch den Glauben
zugänglich ist, dass er unser innerer Gast ist und dass er offenbart werden kann. Der
Prophet sagt, dass der Gläubige nicht straucheln wird, und der Eckstein ist in der Tat
das einzige Fundament, das der Mensch hat, um das Gebäude des vollkommenen
Menschen zu errichten. Die doppelte Funktion dieses Steins wird im Lukas-
Evangelium erklärt: Jeder, der auf jenen Stein fällt, wird zerschmettert werden; auf
wen er aber fallen wird, den wird er zermalmen. Der Stein bleibt der Stolperstein für
den, der seinen Weinstock (die Seele) nicht gereinigt hat; wenn er aber wie ein Stern,
der vom Himmel auf die Erde fällt, auf den Auserwählten fällt, ist er wie ein heiliges
Sieb, das den guten Weizen reinigt und die übrige Spreu auswäscht."
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67. Jesus sprach: Und würde einer das All erkennen, dabei aber sich selbst nicht
erkennen, so würde er die Erkenntnis des Ganzen doch verfehlen.

In der Essener Kommunion mit dem Engel des Ewigen Lebens heißt es: Der Mensch
war und ist in Ewigkeit in ungeoffenbarter Form in Gott... Wir verschmelzen wie ein
Wassertropfen mit dem Ozean, Geist im Geist, Licht im Licht, Gott in Gott. Sich
selbst zu erkennen, heißt, seine wahre Natur und Identität zu erkennen, die der
Eckstein, der Menschensohn, in uns ist, dem das ganze Universum übergeben wurde.
Im Apokryphon des Johannes lesen wir über den Erstgezeugten, den eingeboren
Sohn, den ersten vollkommenen Lichtmenschen, der unsere wahre Identität ist und
der in jedem Menschen in ungeoffenbarter Form ist: "Dieser ist ein einziges Kind des
Mutter-Vaters, das in Erscheinung getreten war; er ist sein einziger Nachkomme, das
einzige Kind des Vaters, das reine Licht. Und der unsichtbare, jungfräuliche Geist
freute sich über das Licht, das entstanden war, das zuerst in Erscheinung getreten war
durch die erste Kraft seiner Vorsehung, das ist Barbelo. Und er salbte ihn mit seiner
Güte, bis er vollkommen wurde, indem er keinen Mangel hatte an irgendetwas
hinsichtlich der Güte, denn er salbte ihn mit der Güte des unsichtbaren Geistes. Und
er trat zu ihm hin und er goss sie über ihn. Und sofort, als er sie vom Geist erhalten
hatte, pries er den heiligen Geist und die vollkommene Pronoia, deretwegen er in
Erscheinung getreten war. Und er bat, ihm einen Mitarbeiter zu geben, welcher der
Verstand ist, und er stimmte zu. Und als der unsichtbare Geist zugestimmt hatte, trat
der Verstand in Erscheinung, und er stand zusammen mit der Güte, indem er ihn pries
und Barbelo. Aber alle diese entstanden in einem Schweigen. Und der Verstand
wollte durch das Wort des unsichtbaren Geistes ein Werk vollbringen. Und sein Wille
wurde zu einem Werk und trat in Erscheinung mit dem Verstand und dem Licht,
indem er ihn pries. Und das Wort folgte dem Willen. Denn wegen des Wortes hat er
das All geschaffen, Christus, der göttliche Autogenes. Und das ewige Leben mit
seinem Willen und der Verstand mit der Erst-Erkenntnis stellten sich hin und priesen
den unsichtbaren Geist und Barbelo, denn ihretwegen waren sie entstanden. Und der
heilige Geist vollendete den göttlichen Autogenes, seinen Sohn, zusammen mit
Barbelo, damit er hinzutrete zu dem großen und unsichtbaren, jungfräulichen Geist
des göttlichen Autogenes, Christus, den er gepriesen hatte mit einer kräftigen
Stimme. Er trat in Erscheinung durch die Pronoia. Und der unsichtbare,
jungfräuliche Geist machte den göttlichen Autogenes zum Haupt des Alls. Und
er unterwarf ihm die ganze Gewalt und die Wahrheit, die in ihm ist, damit er
das All erkennen werde, der mit einem Namen benannt worden ist, der erhabener ist
als alle Namen. Jenen Namen wird man nur denen mitteilen, die seiner würdig sind.
Denn aus dem Licht, welches Christus ist, und der Unvergänglichkeit durch die Gabe
des Geistes und die vier großen Erleuchter des göttlichen Autogenes *...*. Die drei
aber sind: Der Wille, der Gedanke und das Leben. Die vier Kräfte aber sind: Das
Verstehen, die Gnade, die Wahrnehmung, die Klugheit. Und die Gnade gehört zu dem
Erleuchter-Äon Armozel, der der erste Engel ist. Es gibt aber drei weitere Äonen mit
diesem Äon: Die Gnade, die Wahrheit, die Gestalt. Der zweite Erleuchter ist Oriael,
der gesetzt wurde über den zweiten Äon. Es gibt aber drei weitere Äonen mit ihm:
Die Epinoia, die Wahrnehmung, das Erinnern. Der dritte Erleuchter ist Daveithai,

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der gesetzt wurde über den dritten Äon. Es gibt aber drei weitere Äonen mit ihm: Die
Verständigkeit, die Liebe, die Idee. Und der vierte Äon aber wurde über den vierten
Erleuchter Eleleth gesetzt. Und es gibt aber drei weitere Äonen mit ihm: Die
Vollkommenheit, der Friede, die Weisheit. Diese sind die vier Erleuchter, die sich
zum göttlichen Autogenes stellten, diese sind die zwölf Äonen, die sich zum Sohn des
Mächtigen, des Autogenes stellten, Christus, durch den Willen und die Gabe des
unsichtbaren Geistes. Die zwölf Äonen aber gehören zu dem Sohn, dem Autogenes.
Und das All wurde eingerichtet nach dem Willen des heiligen Geistes durch den
Autogenes. Und aus der Ersterkenntnis des vollkommenen Verstandes durch die
Offenbarung des Willens des unsichtbaren Geistes und den Willen des Autogenes
entstand der vollkommene Mensch, die erste Offenbarung, und die Wahrheit. Er ist
es, den der jungfräuliche Geist Pigera-Adamas nannte, und er setzte ihn über den
ersten Äon mit dem Großen, dem Autogenes, dem Christus, neben den ersten
Erleuchter Armozel, wobei seine Kräfte mit ihm waren. Und der Unsichtbare gab ihm
eine geistige, unbesiegbare Kraft. Und er sprach, er ehrte und pries den unsichtbaren
Geist, wobei er sagte: Deinetwegen ist das All entstanden, und zu dir wird sich
das All wenden. Ich aber werde dich preisen und ehren und den Autogenes und die
drei Äonen: Den Vater, die Mutter und den Sohn, die vollkommene Kraft." Dieser
Autogenes ist der erste und der letzte, der, der von Anfang an war bei Gott und der
selbst Gott war, und der, der übrig bleibt, wenn die Seelen derer, die ihn als ihr
wahres Wesen erkannt haben, durch das Feuer des Geistes von allem, was nicht zu
ihm gehört, befreit und untrennbar einsgemacht wurden mit ihm, ihrem wahren
Bräutigam, dem Leben spendenden Geist.

"Was der Logion sagt, ist, dass das Selbst dieselbe Essenz teilt wie das essentielle All,
weil die Essenz nur eine ist. Sich selbst zu kennen, bedeutet, die Essenz selbst zu
sein. Daher kann es für jemanden, der sich selbst kennt, unmöglich eine Entbehrung
des Ganzen geben, denn die Essenz dessen zu sein, was man ist, bedeutet auch, die
Essenz des Ganzen zu sein. Wo hingegen die Selbsterkenntnis fehlt, fehlt sowohl das
eigene Selbst als auch das Ganze. Sich selbst nicht zu kennen, bedeutet, weit entfernt
zu sein von der Essenz, an der alle teilhaben. Wenn von Jesus in der Prophezeiung
gesagt wird, dass er sterben wird, um die zerstreuten Kinder Gottes zu vereinen, so
weist dies implizit darauf hin, dass die Menschen ihrem Wesen nach Kinder Gottes
sind. Als Gottes Kinder haben sie ihr Wesen in ihm. Wenn der Mensch sich nach
innen wendet und sich selbst als Wesen erkennt, lässt er alles zurück, was nicht Teil
des Wesens ist, alles, was verstreut ist, und in derselben Selbst- und
Gottesoffenbarung erkennt er sich selbst und das Wesen von allem. Auf diese Weise
werden die Kinder Gottes in der Einheit versammelt. Dies zeigt, dass das Selbst und
das All nicht gegensätzlich sind, denn sie teilen dasselbe Wesen. Gegensätzlichkeit
entsteht zwischen dem Einen und dem Verstreuten, denn das Verstreute muss
aufhören zu sein, damit das Eine sein kann (siehe auch Logion 61+72). Etwas
Ähnliches entsteht zwischen dem Licht und der Welt, die, obwohl sie scheinbar
zusammen leben, niemals miteinander verwechselt werden. Deshalb sagt Jesus, der
das Licht ist: Solange ich in der Welt bin, bin ich das Licht der Welt. Dort sehen wir,
wie das Licht und die Welt zusammenleben; aber um das Licht, das Jesus selbst ist,

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zu sehen, muss unser Blick über alles hinausgehen, was die Welt und nicht das Licht
ist. Darauf spielt die Heilige Schrift an, wenn sie sagt: Sie werden auf den blicken,
den sie durchbohrt haben. Nur wenn wir die Dinge durchschauen, nur wenn unser
Blick sie durchdringt, können wir das Licht sehen. So steht es geschrieben: Durch
dein Licht sehen wir das Licht. Wenn der Mensch das Licht sieht, sieht er das Licht
Christi in der Welt, denn er sieht mit seinem eigenen Licht, mit der Wahrnehmung,
die einem Kind des Lichts eigen ist. Dann erkennt der Mensch das Ganze als Ganzes,
d.h. als Licht in der Welt (nicht nur als Licht), und er sieht auch sich selbst als Licht
in der Welt, noch ist er des Ganzen beraubt, das im Licht ist, oder dem Licht seiner
selbst. Um dies zu wissen, muss man wirklich an das Licht glauben. Nach dem
vierten Evangelium sagte Jesus: Ich, das Licht, bin in die Welt gekommen, damit
jeder, der an mich [das Licht] glaubt, nicht mehr im Dunkeln zu bleiben braucht."
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68. Jesus sprach: Selig seid ihr, wenn ihr gehasst und verfolgt werdet. Denn wo
sie euch verfolgen, werden sie keinen Platz finden.

"Diejenigen, die das Licht noch nicht wahrnehmen, denken, dass es eine Welt hier
und eine andere im Licht gibt, aber das ist eine sehr unreife Denkweise, denn die
Welt der Schatten, in der viele leben, ist dieselbe Welt, die man betrachten kann,
während man im Licht lebt und es voll genießt. Der Unterschied zwischen denen, die
von dieser Welt sind, und denen, die nicht von dieser Welt sind, besteht darin, dass
letztere das Licht in demselben Haus, ihrem Körper, wahrnehmen und darin leben,
und in dem die anderen nur Schatten wahrnehmen, und entsprechend leiden. Das ist
der volle Sinn der Erklärungen, die Jesus seinen Jüngern gab: Wenn ihr der Welt
angehören würdet, würde sie euch lieben; weil ihr aber nicht der Welt angehört, weil
meine Wahl euch der Welt entzogen hat, hasst euch die Welt. Jesus, der das Licht ist,
will, dass alle Menschen, die in diese Welt kommen, verstehen, dass jeder Mensch,
jeder Einzelne, das Licht der Welt ist. Das hat er verkündet: Ihr seid das Licht der
Welt; aber diejenigen, die nur auf den Schein achten, auf die äußere Hülle der Welt,
sehen die Wirklichkeit und das Licht nicht, sondern leugnen sie. Der göttliche Name,
der Name, der Moses nach der Heiligen Schrift offenbart wurde, ist der einzige
Name, auf den sich jeder von uns berufen kann, wenn er den Anspruch erhebt, ein
Kind Gottes zu werden, indem er sich auf den wahren inneren Menschen beruft, von
dem Jesus sagt, dass er das Licht der Welt ist: ICH BIN der, der ist. Das Licht der
Welt besitzt eine absolut einheitliche Berufung. Es gibt nur ein Licht der Welt,
nämlich das, was ist. Das ist es, was Jesus erklärt, dass sie eins sind, wie der Vater
und er eins sind - eins, im Licht, im göttlichen Namen, von der Welt geächtet. Mit
ihm in uns und dem Vater in ihm sollen wir so vollkommen eins sein, dass die Welt
erkennt, dass der Vater es war, der ihn gesandt hat. Der einzig wahre Name ist der
göttliche Name, der einzig und allein ist und den die Welt verabscheut; ein Name, den
derjenige, der nicht von dieser Welt sein will, nur erlangen kann, wenn er zuvor die
ganze falsche Vielfalt der Namen der Welt verleugnet. Auf diese Verleugnung bezog
sich Jesus, als er sagte: Wer mein Nachfolger werden will, der verleugne sich selbst
und nehme täglich sein Kreuz auf sich und folge mir nach.

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Es ist wichtig, sich klar zu machen, wie tief diese von Jesus geforderte
Selbstverleugnung reicht; sie erfordert eine beharrliche, schrittweise Verleugnung
aller Namen, die in der Welt als auf der Erde angehäufte Schätze erworben wurden,
Tag für Tag durch das schlichte, reine Sein in jedem Menschen. Dies ist die erste
Handlung, die unternommen werden muss, nämlich alles zu zerstören, womit sich die
Seele identifiziert, was nicht der göttliche Name ist. Dieser Name - Ich bin, der Ich
bin - offenbart nur den Menschensohn - der ist -, wenn die Seele von allen Namen der
Welt befreit ist und allein als leerer Ort dasteht, so leer in den Augen der Welt, dass
das Schwert der Verfolgung keinen Raum findet, in dem es seine Klinge versenken
kann. Die Bezugnahmen der Evangelien auf die Seele drücken alle einen
Widerspruch aus, der nur durch die bekannte Tatsache erklärt werden kann, dass in
dieser Welt zu sein bedeutet, nichts in den Augen der wirklichen Welt zu sein, denn
die Anhäufungen der Welt sind nichts in der himmlischen Welt, der Welt des
Menschensohns. Deshalb steht geschrieben: Welchen Gewinn hat also ein Mensch
[die Seele], wenn er die ganze Welt gewonnen hat und sein eigenes Selbst [seinen
Geist] verliert oder ruiniert? Die Verleugnung, zu der Jesus denjenigen aufruft, der
ihm nachfolgen will, die Seele, die mit dem Geist, dem reinen Selbst, eins sein will,
muss immer mit der Vertreibung aller Orte oder Namen der Welt beginnen, die sich
an die Seele geheftet haben, in dem eitlen Glauben, sie seien echt; die Verleugnung,
zu der Jesus aufruft, ist eine Reinigung der Seele durch die Taufe, die so tief und
vollständig ist, dass sie die Seele an den Rand der Traurigkeit bringen muss, bis hin
zum Sterben und schließlich dazu, mit Jesus den Kelch des Todes zu trinken, den er
getrunken hat, denn das Kreuz und der Tod Christi nehmen im Evangelium den eines
jeden vorweg, der in die Fußstapfen des Menschensohns tritt. Der Widerspruch, der
für die Seele bestimmt ist, erscheint in vielen Logien der Evangelien, aber besonders
zu beachten ist die folgende Stelle aus dem Johannes-Evangelium: Wer seine Seele
liebt, verliert sie; wer seine Seele in dieser Welt hasst, wird sie für das ewige Leben
bewahren. Hier ist es nicht die Welt, die den göttlichen Namen hasst und vertreibt,
sondern die Seele, die aufgerufen ist, die weltlichen Namen und Anhängsel zu hassen,
von denen man fälschlicherweise annimmt, dass sie eine weltliche Seele ausmachen.
Diese Anhängsel müssen verleugnet, d.h. entlarvt und als das erkannt werden, was sie
wirklich sind: ein nutzloses Anhängsel der Seele. Der für die Seele vorgesehene Weg
muss an diesem Ort, an diesem Kalvarienberg, seinen Höhepunkt erreichen, wo das
Kreuz steht, das die Seele auf sich genommen und freiwillig aufgerichtet hat. In
diesem Tod, in dieser Kreuzigung der Seele, die sich selbst verleugnet hat, liegt die
Wahrheit der Frohen Botschaft, um sich selbst zu einem leeren Raum zu machen, wie
es der Logion fordert. Von dieser Demut, von der Selbstverleugnung der Seele, die
den göttlichen Namen freigibt, der bisher am äußersten Rand des Bewusstseins
gefangen war, erzählt Maria: Meine Seele verkündet die Größe des Herrn und mein
Geist jubelt über Gott, meinen Retter. Die Evangelien, die von den offenbaren
Ereignissen des Todes Jesu berichten, sind in vielerlei Hinsicht eine verborgene
Gestalt für die gesegnete Tatsache des bereitwillig angenommenen Todes der Seele
und der unmittelbaren Auferstehung des inneren Christus. Nachdem der Tod Jesu
vollzogen war, berichten Matthäus und Markus, dass der Vorhang des Tempels von
oben bis unten zerrissen wurde.

153
Das bedeutet, dass im Körper, dem Tempel des Geistes, der feine Schleier der
Unwissenheit zerrissen wird, der sich zwischen den beiden Sphären, Himmel und
Erde, befindet und durch den die Einheit des Universums, was den Erkenntnisprozess
betrifft, geteilt ist. Der Schleier könnte niemals von unten nach oben reißen, denn die
Seele, die unten geboren wurde, muss gemäß dem verborgenen Plan vor allem
anderen das Nichts der vollkommenen Demut erkennen. Die nach dieser intensiven
Katharsis geretteten seelischen Elemente werden dann wie Jungfrauen dastehen, die
mit brennenden Lampen auf die Ankunft des Bräutigams warten. Der Schleier, der
wie ein bronzenes Firmament die Grenzen der Seele im Menschen markiert und sie
daran hindert, das ewige Licht zu betrachten, wird am Ende zerrissen; aber sein
vollständiges Zerreißen ist nicht Aufgabe der Seele, sondern des Geistes, der durch
seinen Feuerregen der Erkenntnis die Läuterung der Seele ermöglicht; dem entspricht
das Fallen des Schleiers, der das Licht der Erkenntnis von der Herrschaft der
Finsternis trennt. Von seinem Platz oben steigt der Geist auf die Seele herab und
nimmt den geläuterten, in geläutertes Gold verwandelten Rest an sich, in jener letzten
Geste der Seele, die einst Seele war und nun der Geist Gottes ist. Das ist die
Auferstehung der Toten in dem gefangenen Geist, der lange von der Seele ignoriert
wurde und nun durch seine heilige Hochzeit mit ihr in die Freiheit gebracht wird. So
erlangt die Seele des klugen Menschen, dessen Glaube, Wissen und Tugend sich der
Verfolgung und dem Hass der Welt um des Menschensohnes willen widersetzt haben,
die Erlösung, die das von Jesus verkündete Evangelium erfüllt, und wird zur
endgültigen Seligkeit, zu ihrer wahren ewigen Heimat geführt." Siehe auch Logion
61 (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

69. Jesus sprach: Selig sind, die verfolgt werden in ihrem Herzen. Denn sie sind
es, die den Vater in Wahrheit erkannt haben. Jesus sprach: Selig sind die
Hungrigen, denn man wird den Bauch, der nach Nahrung verlangt, sättigen.

"Diese Seligpreisung ist nur eine, auch wenn das Logion sie als zwei darstellt, denn
sie wird vom Gläubigen in zwei getrennten Phasen geschmeckt: Erstens die
Erkenntnis des Vaters im Geist, das heißt in der Wahrheit, und zweitens die Geburt
des Sohnes als Herzensfrucht dessen, der ihn mit einem wahren Hunger nach
Gerechtigkeit liebt; denn es steht geschrieben: Selig ist die (Seele), die geglaubt hat,
dass sich die Verheißung, die der Herr ihr gegeben hat, erfüllen wird. Es ist immer die
Welt, die die Seele verfolgt, die sie unreif und leicht zu verführen ist und glaubt, dass
das wahre Leben nur in der Welt liegt, die sie sehen kann. Wenn die Seele dann das
Wort Gottes hört und es in sich behält, wird die Verfolgung durch die Welt immer
bedrückender, denn das Wort dringt in die Seele ein als das, was ist, und kommt wie
ein Hauch, der vom Geist, der im Menschen ist, gesandt wird, um ihn zu seinem
Ursprung, zum Zentrum seines Wesens, zum reinen Selbst zurückzuführen. Dieses
Selbst wird in den heiligen Schriften bildlich als Herz bezeichnet. In diesem Herzen,
der letzten Essenz des Seins, liegt hinter dem Schleier die Schwelle zur Erkenntnis
Gottes; Schwelle deshalb, weil dies der Ort ist, an dem die Gegenwart des
Menschensohns offenbar wird. Der Logion sagt, dass, wenn die Verfolgung bis zum
Heiligtum des Herzens vorgedrungen ist, dies die Zeit der wahren Anbeter ankündigt,

154
derer, die den Vater - der Geist ist - im Geist und damit in der Wahrheit anbeten. Im
Geist anzubeten bedeutet jedoch, zu wissen und erkannt zu werden, denn der einzige
Wissende, der das Wissen selbst ist, ist Gott. Wenn das Feuer der Verfolgung durch
die Welt das Herz erreicht, ist Er im Geist und in der Wahrheit da, der Vater, der
unsere Herzen kennt, und der nur durch sein Wissen erkannt wird. Die Erkenntnis ist
die Nahrung, die die Gesegneten empfangen, die nach der Gerechtigkeit hungern und
dürsten. Hier wäre ein Anlass, die Frage des führenden Juden Nikodemus noch
einmal zu stellen: Kann ein erwachsener Mensch in den Schoß seiner Mutter
zurückkehren und wiedergeboren werden? Doch der Mensch, der zu wissen
begonnen hat, stellt keine Fragen, denn er hat keinen Grund, dies zu tun. Er hat in der
Geburt des Geistes ein Zeichen für die bevorstehende Fruchtbarkeit des Samens, der
in seine Seele gepflanzt wurde, und nun besteht seine einzige Sorge darin, seine
Lampe brennen zu lassen, damit seine Seele rein und jungfräulich bleibt, bis sie sich
mit dem Bräutigam vereint. Das ist also der Sinn der beiden Seligpreisungen. Die
erste folgt auf die Entdeckung des ewigen Gastes der Seele, die dem Suchenden, der
sich von seinem Hunger und Durst nach Gerechtigkeit leiten lässt, immer wieder
begegnet. Die zweite Seligpreisung, die demjenigen vorbehalten ist, der glaubt, weil
er gesehen hat, oder manchmal auch nicht gesehen hat, besteht darin, dass er immer
wieder von den lebendigen Wassern erfrischt wird, die von oben kommen und wie ein
Strom der Erkenntnis herabfließen. Diese doppelt heilige Handlung wird im vierten
Evangelium beschrieben, in dem es heißt, dass der Sohn zuerst verherrlicht werden
muss, bevor diejenigen, die an ihn glauben, den Geist empfangen können: Wenn
jemand durstig ist, so komme er zu mir! Wer an mich glaubt, der komme und trinke.
Wie die Heilige Schrift verkündet: Aus seiner Brust werden Quellen des lebendigen
Wassers fließen." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

70. Jesus sprach: Wenn ihr etwas (Unvergängliches) in euch hervorbringt, wird
das, was ihr in euch habt, euch retten. Wenn ihr aber nichts in euch habt, wird
das, was ihr nicht in euch habt, euch töten.

"Im Logion beziehen sich "etwas" und "das" auf den Geist, das ewige Wesen des
Menschen, das mit eigenem Leben ausgestattet ist. Im Neuen Testament werden
zahlreiche Namen verwendet, wie Schatz, Perle, Juwel, Stein und vor allem
Menschensohn. Dies ist der eigentliche Mensch, das reine Selbst, während für die
Seele, die so sehr mit ihrem Schmuck, all ihren weltlichen, zeitlichen Interessen
beschäftigt ist, dies ein namenloser Unbekannter ist, dessen wahrer Name nicht zu
erkennen ist. Der Geist ist allgegenwärtig und ganz nah, denn er ist das Fundament
der Seele, die Seele der Seele, die ihr unermüdlich den ständigen Duft des Lebens
einflößt. Und doch bleibt er in der Gefangenschaft begraben, in die ihn die Seele
verbannt hat. Er ist aber nicht in der Seele, und das Fehlen des Leben spendenden
Geistes wird die Seele zum Sterben bringen. Die andere Möglichkeit, die der Seele
offensteht, besteht darin, eine der beiden großen Kräfte, mit denen sie ausgestattet ist,
für ihre eigene Rettung zu nutzen. Die erste Kraft ist der Glaube, der niemals blind
ist, sondern leuchtend und hellsichtig, und dessen durchdringender Blick die Türen
zur gleichzeitigen Wahrnehmung dessen öffnet, was nicht erscheint und doch ist,

155
und dessen, was gesehen werden kann und doch nur zu sein scheint; denn jede Quelle
schöpft ihr Wasser aus einer verborgenen Quelle. Die andere Kraft, die der Seele
offensteht, ist die Läuterung, damit die Wasser wieder klar werden, durchsichtig für
das Licht des Geistes. So wird dieses „etwas“ in der Seele erzeugt, und die Seele wird
gerettet, wenn sie es in sich hat. All diese Dinge können auch in der etwas
mythischeren Sprache des Evangeliums ausgedrückt werden. Was der Mensch
hervorbringt, um das Heil zu erlangen, ist der innere Christus, das verborgene
Allerheiligste. In Wahrheit ist der Sohn im Anfang von Gott geboren worden, und
wenn der Psalmist und andere von ihm sagen, er sei heute gezeugt worden, so sagt
das nichts über seinen Ursprung, sondern über seine weltliche Geburt in der
gläubigen Seele. Es darf jedoch nicht vergessen werden, dass niemals der Sohn
geboren wird, sondern die Seele, die aus einem unvergänglichen Samen
wiedergeboren wird, wovon Petrus in seinem ersten Brief spricht: Eure neue Geburt
ist nicht aus einem sterblichen Samen, sondern aus dem unvergänglichen Wort des
lebendigen und ewigen Gottes." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

71. Jesus sprach: Ich werde dieses Haus zerstören, und niemand wird es wieder
aufbauen können.

Das Haus, vom dem er spricht, ist der Körper des Erdenmenschen. Dieses musste er
mitsamt den drei falschen Mitbewohnern der insgesamt fünf zerstören, sodass nur
noch der Sohn und die Tochter übrig blieben, um sich seinen verherrlichten Körper
wiederzunehmen. Die Gründe, aus denen das Wort im Fleisch inkarnierte, sind viele
und in ihrer Gesamtheit und ihrem Umfang wohl kaum für den Menschen zu
erfassen. Einer davon war jedoch ganz gewiss, den einzigen Erlösungsweg für jeden
einzelnen Menschen mit Hilfe von tiefsinnigen Gleichnissen in Form von sichtbaren,
offenbaren Bildern bzw. Abbildern der verborgenen himmlischen Mysterien
darzulegen. Wie bereits zu lesen war, stellt die Wassertaufe das Eintauchen in die
Psyche (Seele) des Menschen dar, was die Seele von allen Identifizierungen mit den
Trugbildern der Welt befreit, damit sie in Christus, dem innewohnenden Christus, neu
auferstehen kann. Auch die sinnbildliche Bedeutung der heiligen Eucharistie wurde
bereits erklärt. Die Vereinigung von Mann und Frau im irdischen Brautgemach, bei
dem beide ein Fleisch werden, versinnbildlicht das himmlische Brautgemach, in dem
sich die Seele mit ihrem wahren Bräutigam, dem Leben spendenden Geist, wieder
vereint. Die Kraft des Kreuzes symbolisiert Vieles: Zum einen die zwingende
Voraussetzung, die Wahrheit und den Christus vor der Welt zu bezeugen und bereit zu
sein, dafür zu leiden, zum anderen das reine Motiv der Liebe zu bezeugen, damit die
Menschen erkennen, dass sie sich gegenüber Gott und seinem heiligen Gesetz der
Liebe versündigt haben und dass sie von ihren bösen Wegen umkehren müssen; es
symbolisiert aber auch, dass der Mensch das Fleisch überwinden und ablegen muss,
um das wahrhaftige und unverwesliche Fleisch zu bekommen. Eine weitere wichtige
Aufgabe war es, den Menschen das heilige Gesetz in seiner Vollständigkeit und
Vollkommenheit zu predigen und auszulegen, damit sie Gut und Böse unterscheiden
und frei zwischen den beiden wählen können. Wie es im EHGOC heißt: "Groß war
die kommende Mission des Christus und nur wenige verstehen die Weisheit davon."

156
Worin sein Werk jedoch ganz gewiss nicht bestand - was aber heute die größte Säule
des pervertierten „Christentums“ ist - ist, dass er mit seinem „Sühnetod“ und seinem
„Blut“ für die Sünden aller Menschen, die ihn als ihren „Herrn und Erlöser“
annehmen, bezahlt und bereits alles für uns erfüllt hat, sodass wir uns bequem
zurücklehnen und uns in Sicherheit wiegen können. Denn sein „Blut“, das Erlösung
schenkt, ist keine rote Flüssigkeit, sondern der Heilige Geist. Vielmehr ist er
gekommen, um alle in Ketten der Knechtschaft der Sünde Inhaftierten zu befreien,
indem er ihnen die befreiende Wahrheit gab: Die Wahrheit über den in jedem
Menschen innewohnenden Christus, dem Weg, der Wahrheit und dem Leben. Nur
über ihn allein kommen wir zum Vater. Denn er ist der einzige, der die Seele von sich
selbst und den Trugbildern der Welt befreien kann. Denn sie hat ihren wahren
Bräutigam verlassen und vergessen, wie er aussieht, obwohl er mit ihr in ein und
demselben Haus lebt. Nur wenn sie ihn wieder erkennt, und sich für ihn entleert,
damit er sie mit seinem Leben spendenden Geist füllen kann, wird sie das Leben
finden. Dass er in dem Logion sagt, dass niemand das Haus wieder aufbauen kann,
nachdem er es zerstört hat, bezieht sich auf das Rad der Geburt und des Todes, das
sich immer weiter dreht für die Seelen, die den innewohnenden Christus, ihren
wahren Bräutigam, noch nicht entdeckt und sich mit ihm vermählt haben.

"Das Haus, von dem Jesus bei verschiedenen Gelegenheiten spricht, steht für die
gesamte menschliche Person, da es die gemeinsame Wohnung verschiedener innerer
und äußerer Prinzipien ist, die alle in ihm zusammenkommen, zusammenleben und
ihr Wesen haben. Das ist die eigentliche Funktion der Geist- und Feuertaufe: Christus
eine Heugabel in die Hand zu geben, mit der er die Tenne ausmistet und sie von allen
Unreinheiten reinigt. Jesus erklärt, dass, wenn die Feuertaufe, die er von oben auf die
Erde sendet, das Haus trifft, dieses Haus geteilt wird, so dass von den fünf, die darin
wohnen - der Vater (das Ego, das falsche ICH BIN), die Mutter (der sterbliche
Körper), die Schwiegertochter (die falsche Braut, der Geist der Welt), die Tochter (die
Seele) und der (Menschen-)Sohn - drei den anderen zwei gegenüberstehen werden.
Drei werden dann für das alles verzehrende Feuer bestimmt sein, während zwei nach
der Zerstörung des Hauses in einer himmlischen Kulmination vereint werden. Die
fünf Bewohner des Hauses werden im Evangelium als Feinde beschrieben, die
zusammenleben, wobei der Gegensatz zwischen Sohn und Vater, Tochter und Mutter
und schließlich der Schwiegertochter, für die die Mutter die Schwiegermutter ist,
erwähnt wird. All dies hatte bereits der Prophet Micha, von dem der Text des
Evangeliums zweifellos stammt, mit größtmöglicher Präzision dargelegt: Denn der
Sohn behandelt den Vater verächtlich, die Tochter erhebt sich gegen ihre Mutter, die
Schwiegertochter gegen ihre Schwiegermutter; die Feinde eines Mannes sind seine
eigenen Hausgenossen. Der Text aus Micha, der lange vor der christlichen
Zeitrechnung entstanden ist, zeigt, dass der Christus, von dem er spricht und der mit
seinem verzehrenden Feuer in das Haus einbricht, nicht der manifeste, sondern der
verborgene innere Christus ist, auf dem die Frohe Botschaft beruht. Der Sohn eines
jeden menschlichen Haushalts ist also der Menschensohn, so dass es nicht allzu
schwierig sein dürfte, die Tochter des Hauses mit der Seele zu identifizieren. Diese
sind die beiden, die übrig bleiben, wenn sie sich finden und wiedervereinen.

157
Wenn die Tochter, die Seele, den Impuls empfängt, sich über sich selbst zu erheben,
ausgelöst durch die Gegenwart des Sohnes, fühlt sie sich gezwungen, ihrer
natürlichen Mutter gegenüberzutreten, nämlich dem Soma oder dem hylischen
(materiellen) Körper des Erdenmenschen. Daraus ergibt sich die Dreigeteiltheit von
Geist, Seele und Leib, die den ganzen Menschen, sein ganzes Wesen ausmachen.
Doch die von Micha beschriebene Persönlichkeit besteht nicht nur aus der
Dreigeteiltheit, denn die vollständige Beschreibung des Menschen erfordert die
Annahme eines vierten Aspekts, nämlich des Vaters, der den Sohn beleidigt und
hasst, und die Schwiegertochter, die sich ihrer (Schwieger-)Mutter widersetzt.
Zusammen mit dem Soma bilden sie die drei, die unter dem Einfluss des vom Sohn
gesandten Feuers mit den beiden - dem Sohn und der Tochter - im Konflikt stehen,
die nach dem Logion allein und vereint dastehen werden. Es ist nicht leicht, in den
kanonischen Texten des Neuen Testaments Anhaltspunkte zu finden, die eine direkte
Identifizierung dieser beiden Figuren von unten ermöglichen, die den fünffachen
Aspekt des menschlichen Haushalts ausmachen. Dennoch kann die Tatsache, dass
alle fünf von den Evangelisten erwähnt werden, als Ausgangspunkt für eine
Erkundung über nicht-kanonische Texte genommen werden, um zu untersuchen, ob
die beiden Persönlichkeiten, die wir zu identifizieren versuchen, hinter anderen
Namen und Begriffen verborgen sind. In diesem Sinne sind einige potenziell
nützliche Informationen in einem gnostischen Text zu finden, der wahrscheinlich
valentinianischen Ursprungs ist und den Titel „Die Bücher des Erlösers“ trägt. Dieser
Text befasst sich ausführlich mit der Frage nach der fünffachen Beschaffenheit des
Menschen und besagt, dass jedes Kind mit kleinen Anteilen von Kraft (dem Geist),
Seele, Soma und dem Vater, den das Buch den Antimimos [der Nachahmer, der
Ersatz] des Geistes nennt, geboren wird. Nach diesen vier Bestandteilen wird in der
Abhandlung als letztes die Moira erwähnt, die Schwiegertochter. Wenn die Zeit des
Menschen abgelaufen ist, kommt zuerst die Moira und führt den Menschen in den
Tod. Was der gnostische Schreiber deutlich machen will, ist, dass die
Schwiegertochter im Text des Evangeliums dazu da ist, uns alle in der Sprache der
Gleichnisse daran zu erinnern, dass eines der fünf Bestandteile, die den Menschen
ausmachen, die Sterblichkeit ist. Der Tod ist die Moira, deren Schwiegermutter die
Mutter ist - die Natur oder das natürliche Soma - weil sie nicht in der Lage ist, ihr das
unendliche Leben, das in ihr wohnt, zu nehmen, sondern als der Tod mit
unerbittlichem Timing an die Oberfläche tritt und das Leben von heute am nächsten
Tag zunichte macht. Dies macht die Moira jedoch nicht zum Feind des Menschen,
sondern lediglich zu einem direkten Abbild des menschlichen Zustands; sie diktiert
nicht das Schicksal des Menschen, sondern zeigt es lediglich auf. Es ist die Bindung
der Seele an den Körper, die dazu führt, dass die beiden zusammen sterben, was in
der Natur des Körpers liegt, aber allein von der Wahl der Seele abhängt. Die Bücher
des Erlösers erklären auch, was mit dem menschlichen Haus geschieht, wenn es von
dem Feuer getroffen wird, das Christus auf die Erde bringt. Die Mysterien des Feuers
- so sagt der Autor - verfolgen im Soma den Antimimos des Geistes und der Moira,
um sie von der Kraft [Geist] zu trennen, so dass Antimimos, Moira und Soma auf der
einen Seite und die Kraft und die Seele auf der anderen Seite sind. Die Funktion der
Mysterien des Feuers ist es, die Seele mit dem Feuer der Erkenntnis zu erfüllen,

158
so dass sie - befreit von den unnötigen Anhaftungen des Soma, befreit von ihrer
Unbeständigkeit und Begrenztheit und durch die Taufe reingewaschen - davon befreit
werden kann, von der Moira, dem Tod, verfolgt zu werden. So verbleibt nichts in der
Seele, was sterben kann. Das bedeutet, dass die Seele (Psyche), die das Leben ist,
sobald sie von allem gereinigt ist, was der Tod ist, in einem Zustand jungfräulicher
Reinheit verbleibt und sich als das manifestieren kann, was sie ist, indem sie mit
ihrem wahren Selbst identisch und so eins mit Christus ist, der ihr Wesen ausmacht.
In einer weniger mythischen Sprache ausgedrückt, ist die Seele immer Leben, aber
dieses Leben ist sterblich, solange ihre Bewusstseinsinhalte mit den unbeständigen
Resten des Körpers und der Welt verbunden bleiben, während sie ewiges Leben ist,
sobald sie nach der Katharsis der Feuertaufe (Erkenntnis) ihren Zustand als
jungfräuliche Psyche, die von Jesaja besungene Jungfrau, wiedererlangt hat. Die
Seele wird dann als Tochter im persönlichen menschlichen Haushalt gesehen; in
ihrem unreinen Zustand, in dem sie der Sterblichkeit unterworfen ist, wird sie jedoch
nicht als Tochter des Hauses im Gleichnis des Evangeliums gesehen, sondern stellt
die Schwiegertochter in der fünffachen Zusammensetzung des Menschen dar, mit
anderen Worten, die Moira. Was mit der Moira am Ende geschieht, erklärt der
gnostische Autor in seiner eigentümlichen mythischen Sprache: Von dem Moment an,
in dem sie [die Seele] das Geheimnis ausspricht, lässt sie die Moira an ihrem Platz
unter den Archonten zurück. Der Ort der Archonten bezieht sich auf jene
Bewusstseinsebenen, über die der Tod herrscht. Durch das Taufgeheimnis entweicht
die Seele aus diesen Regionen und trennt sich für immer von der Moira.

Der Antimimos (Nachahmer) des Geistes wird in den Büchern des Erlösers ganz klar
als einer der fünf identifiziert, die das Haus und die menschliche Persönlichkeit
repräsentieren. Da wir die anderen vier bereits vorgestellt haben, müssen wir durch
ein Ausschlussverfahren zu dem Schluss kommen, dass der Antimimos des Geistes
kein anderer ist als der Vater der menschlichen Familie. Da das griechische Wort
Nachahmung, Schein, Nachbildung usw. bedeutet, müssen wir schließen, dass der
Hausvater nur ein falscher Vater ist, eine verfälschte Version des himmlischen Vaters,
dessen Tempel der menschliche Haushalt ist. Das erklärt, warum die Handlung des
Sohnes im Wesentlichen darin besteht, den Scheinvater als solchen zu entlarven. Dies
tut er, indem er Wissen und Energie in das Haus bringt und so den Scheinvater
entlarvt, so wie es der Sohn tat, als er ausrief: Hört auf, das Haus meines Vaters in ein
Kaufhaus zu verwandeln. Wenn das Evangelium sagt, dass der Scheinvater eines der
fünf Glieder des menschlichen Haushalts ist, dann verkündet es eindeutig, dass das
Bewusstsein, die Seele, diese Figur als Ersatz für den himmlischen Vater, der im
Inneren wohnt und durch die Gestalt des Sohnes repräsentiert wird, annimmt oder
konstruiert. Er, der Sohn, muss die Seele von ihrer Unwissenheit, ihrer Identifikation
mit dem Antimimos befreien, damit sie sich mit ihm vereinigen kann. Damit wird das
Prinzip der Einheit mit dem Vater bekräftigt, denn der Menschensohn selbst hat im
Evangelium das große Geheimnis offenbart: Der Vater und ich sind eins. In einem
ersten Versuch einer annähernden und nicht allzu mythischen Interpretation dessen,
was der Vater des menschlichen Haushalts bedeutet, muss man verstehen, dass das
Bewusstsein auf seiner psychischen Ebene, auf den Zwischenebenen des Kosmos,

159
den himmlischen Vater nicht kennt und versucht, den wahren Vater durch einen
Ersatz, eine Art fiktiven Vater, zu ersetzen. Das ist der Antimimos des Geistes, den
die Psyche als Mittel zu nutzen versucht, um sich als persönliche Entität in Zeit und
Raum zu etablieren. Man kann sagen, dass die Seele sich mit Hilfe des Gedächtnisses
ein persönliches Ich vorstellt und entwickelt und sich so ein Gefühl der Kontinuität
verschafft, woraufhin sie dieses Ich als die vollständige Synthese aller Komponenten
des Bewusstseins ansieht. Dank der Wirkung des Gedächtnisses entstehen diese
Komponenten als eine Abfolge von Bildern und heben so die unangenehme
Erfahrung einer Leere in der Psyche auf, die in Wirklichkeit die Wahrheit ist. Die so
geschaffene Figur - und hier zitieren wir das Geheime Buch des Johannes, auch
bekannt als Apokryphon des Johannes, ein gnostisches Werk, das viele Passagen zur
Erklärung des Antimimos enthält - ist das ausschließliche Produkt der Materie, der
Dunkelheit und der Begierde. Er ist der Widersacher, der Widersacher des
himmlischen Vaters, der Widersacher im Menschen; und das macht es schwer, ihn zu
überwinden, nicht wegen der Schwäche des Vaters, sondern wegen der Schwäche der
Seele. Der Text fügt hinzu: Dies ist das Gefängnis, das es in der Tat für die
unvorsichtige Seele ist, die dem Widersacher vertraut, der umher streift wie ein
brüllender Löwe um die Seelen zu verschlingen. Sobald der Antimimos in sie (die
Seelen) eindringt, werden sie von ihm verführt und in die Irre geführt. In die Irre
geführt zu werden bedeutet für den Gnostiker, die Seelen daran zu hindern, ihre
Vollkommenheit zu erkennen, und dazu gehört, dass der Antimimos der Seele die
Vorstellung einimpft, sie sei ein diskretes Ego, ein kleines, individualisiertes Wesen.
Es ist genau diese Sichtweise von sich selbst als psychische Entität, die sich mit einer
Persönlichkeit ausgestattet sieht und aus all den angesammelten Höhen und Tiefen
des zeitlichen Lebens schöpft. Aber dieser zeitliche Zustand ist eine Insel, ein
falsches, erfundenes Zentrum, in dem sich die ungeschulte Seele als Gefangene
wiederfindet, zuweilen erbittert gegen die Wände anrennt, aber keinen Versuch
unternimmt, sie zu durchbrechen, weil sie diese für festes Eisen hält. Mehr noch, die
Seele kümmert sich gut um ihr Gefängnis, das sie als ihr eigenes Leben ansieht,
während es in Wirklichkeit ein Antimimos ist, eine bloße Nachahmung des absoluten,
ewigen Lebens des Alls, des Lebens, das sie vom Geist, dem verborgenen Gesandten
Christi, erhalten hat. Der gnostische Autor erklärt diese den Seelen gemeinsame
Schwäche: Wenn der Antimimos des Geistes sich vervielfältigt [wenn er in den
Seelen wächst und an Bedeutung gewinnt], stolpern sie und erkennen das All nicht.
Zu den zahlreichen Informationen, die er über den Antimimos liefert, fügt der
Gnostiker einen Punkt hinzu, der es verdient, hervorgehoben zu werden: Der
Antimimos verbleibt außerhalb der Seele, er ist ein Kleid für sie, das ihr in gewisser
Weise ähnelt, wie ein Kleidungsstück außerhalb der Seele. Dieses Kleid ist etwas, das
die Seele als untrennbar von sich selbst betrachtet. All dies bezieht sich ohne Frage
auf das Ich, das die Seele benennt, wenn sie Ich sagt, welches das Niedere Selbst ist,
das sie sich als untrennbar von sich selbst vorstellt, indem sie es als ein untrennbares
Kleidungsstück trägt, das niemals gewechselt wird und, wie sie fälschlicherweise
denkt, niemals gewechselt werden kann. Dieses falsche Ich ähnelt der Seele, weil es
eine Schöpfung der Psyche ist, dessen Wesen sich in derselben Bewusstseinsregion
befindet wie die Psyche.

160
Die Handlung, die der Autor dem Antimimos zuschreibt, ist Ausdruck des Hasses auf
die Seele, da ihre Interessen auf die Suche nach Vollkommenheit gerichtet sind,
während der Antimimos, da er begrenzt ist und in seiner egozentrischen Begrenzung
eingeschlossen ist, ihr [der Seele] Feind ist und sie dazu bringt, alle Dinge des
Kosmos zu begehren. Für den Autor der Johannes-Apokryphe drückt der tiefe Schlaf
Adams (Genesis 2:21) die Unfähigkeit der neu geschaffenen Seele (Adam) aus, sich
ihrer selbst bewusst zu werden. Um Adam zu erwecken, brachte JHWH nicht den
Knochen aus seinen Gebeinen (seine Rippe = Eva) vor ihn, wie in Genesis 2:23,
sondern sein leuchtendes Spiegelbild. Dieses Spiegelbild ist die wahre Seele der
Seele. Es wird gesagt, dass der leuchtende Widerschein den Schleier, der Adams
Intelligenz bedeckte, entfernte, und wegen des Lichts, das er ihm brachte, nannte
Adam seinen Widerschein Eva, die Mutter aller Lebenden. Dank der leuchtenden
Reflexion (Eva) entdeckte Adam die Existenz von Wissen. So erkannte er die
Notwendigkeit, von der Frucht dieses Baumes zu essen, um zur Vollkommenheit in
den Himmel schauen zu können. Der gnostische Autor fügt jedoch hinzu: Es war die
Schlange, die ihn lehrte, Lust, Unreinheit und Zerstörung zu säen. Dies bezieht sich
auf die beiden entgegengesetzten Richtungen auf dem Weg, der sich vor Adam auftat.
Die Frucht des Baumes ist in der Tat der Same des Erkenntnisvermögens; als Werk
der leuchtenden Reflexion öffnet die Frucht des Baumes den Weg zur
Vollkommenheit, während der von der Schlange gesäte Same Begehren, Unreinheit
und Zerstörung mit sich brachte, mit anderen Worten, Begehren nach allen Dingen
des Kosmos. An dieser Stelle wird deutlich, dass die Schlange in der Genesis einer
der Namen ist, die das Alte Testament dem Antimimos, dem fünften Glied der
menschlichen Familie, gibt. Der andere Name für den Antimimos, der in beiden
Testamenten verwendet wird, ist folglich der Widersacher (Satan), der mit der uralten
Schlange identisch ist. Wenn er Widersacher genannt wird, dann deshalb, weil das
Bewusstsein ihn für sein "Ich", seinen eigenen Geist hält, was er aber nicht ist. In
Wirklichkeit ist er nichts anderes als eine schlechte Parodie des Geistes Gottes: Ein
Widersacher Gottes, der im Bewusstsein der Menschen ist. Wenn die Genesis von
Adam spricht, der vom Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen aß, beschreibt
sie den Menschen, der voll und ganz in der Lage ist, seine Erkenntnisfähigkeit
uneingeschränkt auszuüben; aber der Zugang zur Erkenntnis ist nicht möglich, wenn
der Mensch nicht zuvor von dem Wunsch nach Erkenntnis getrieben wird. Es darf
nicht vergessen werden, dass das Verlangen die einzige Willenskraft ist, die der
Mensch besitzt, wenn er sich der Erkenntnis nähern will. Der Zweck des Abschnitts
in der Genesis ist es, durch eine Allegorie diese Wahrheit zu bestätigen, nämlich dass
das Verlangen immer im Wesentlichen das Verlangen nach Wissen ist. Die Genesis
gibt eine zwei Richtungen, zwei verschiedene Wege, denen das Begehren folgen
kann, das sich bewusst für das Gute oder das Böse entscheidet. Überall stoßen wir auf
diese beiden Wege, von Kain und Abel an; und das gilt auch für das Evangelium, das
viele Jahrhunderte später erscheint: Ein breiter Weg führt ins Verderben, aber es sind
ein enges Tor und ein schmaler Pfad, die zum Leben führen. Die Genesis erzählt von
der angeborenen Fähigkeit des Menschen - verkörpert durch Eva als Mutter aller
Lebenden -, den einen oder den anderen Weg zu wählen. Die beiden gegensätzlichen
Wege, die vom Baum der Erkenntnis ausgehen, hängen nicht vom Wissen selbst ab,

161
sondern von der Richtung, die das Begehren wählt, je nach seiner Neigung,
Unvollkommenheit oder Vollkommenheit zu erkennen. Dieser Konflikt bei der Wahl
der Richtungen wird in der als Urteil über die Schlange bekannten Schriftstelle
deutlich. Die dort verkündete Feindschaft zwischen dem Geschlecht der Schlange
und dem der Frau ist eine Art Allegorie für die Rivalität zwischen dem Menschen, der
seinem Verlangen nach dem Sichtbaren folgt, das in den Schriften gewöhnlich als
„Welt“ bezeichnet wird, und dem Unsichtbaren, das ebenfalls in der Welt ist, aber
durchschaut werden muss. Für diese unsichtbare Welt gibt es verschiedene
Bezeichnungen, aber im Evangelium wird sie gewöhnlich als das Reich Gottes
bezeichnet. Unter diesem Gesichtspunkt ist es nicht schwer zu verstehen, dass die
Nachkommenschaft der Schlange, wenn der Zusammenhang in seinen mythischen
Begriffen ausgedrückt wird, als Gottes Widersacher - Satan - bezeichnet wird. Dies
ist das Geschlecht, das auf den untersten Ebenen des Bewusstseins liegt und darauf
wartet, dem leuchtenden Denkvermögen der Seele auf den Fersen zu sein und es
daran zu hindern, in die Höhe zu fliegen, für die bestimmt ist. Wenn diese Reflexion
ein Symbol war, das Frau genannt wurde, dann wegen ihrer Eigenschaft der
Passivität, die vor allem ein Schauen ist, eine Fähigkeit des Durchschauens, die in
sich selbst dominiert und die Linie des Gegners niedertritt und den Gegenstand der
Erkenntnis entdeckt. Die passive Betrachtung ist eine Kontemplation, die die Flüsse
des Geistes und der Erkenntnis öffnet, damit sie das Bewusstsein bewässern können.
Das Urteil über die Schlange bedeutet, dass jeder Mensch, der in diese Welt kommt,
früher oder später in seinem eigenen Haus mit dem gewaltigen Konflikt zwischen den
beiden stärksten inneren Feinden konfrontiert wird: Dem Sohn, der sich im Wesen
der Seele niedergelassen hat, und dem Scheinvater, dem Antimimos, der sich als der
wahre Vater auszugeben versucht, ein Usurpator und somit der Widersacher des
wahren Vaters. Im Sohn, der unsichtbar bleibt, obwohl er für das feinstoffliche
Bewusstsein wahrnehmbar ist, befindet sich die Erkenntnis der Vollkommenheit,
während im Antimimos, der sich wie ein Kleid an die Seele schmiegt, die
oberflächliche Erkenntnis des Sichtbaren und Unvollkommenen ist. Es muss
akzeptiert werden, dass die Idee dieses begrenzten Ichs, das sich die Seele als ihr
Zentrum vorstellt, eine Art Insel, die vom Verstand geformt wird, nichts anderes ist
als ein Produkt der Nachkommenschaft der Schlange. Wenn es als Widersacher des
Vaters, des Selbst, gesehen wird, dann deshalb, weil letzteres nur als eine Sphäre
ohne Zentrum denkbar ist, in der jeder Punkt des Kosmos das reine und absolute
Zentrum ist. Den Kopf der Schlange zu zertrümmern, hat also die gleiche Bedeutung
wie die Zerstörung der Idee, ein psychologisches Selbst zu sein. Diese Zerstörung
kann jedoch nur dort stattfinden, wo das Wissen um die Vollkommenheit vorhanden
ist und gewonnen wurde. Der Autor des Buches der Offenbarung erklärt, dass der
Drache, die alte Schlange (die den Menschen verführte, von der Frucht des Baumes
der Erkenntnis zu essen), der Teufel und der Satan alles Namen sind, die dem
Widersacher des himmlischen Vaters, dem Antimimos des Geistes, gegeben wurden.
Dies verdeutlicht die Sprache, die das Neue Testament verwendet, um den Vater im
menschlichen Haushalt zu identifizieren. Der Teufel ist der Feind, der im selben Haus
wohnt und die gute Saat hasst, die darin gelagert ist, er ist der Unkrautsäer.

162
Aus dem verborgenen Blickwinkel des Widersachers Gottes betrachtet, stellt Judas
das falsche Alter Ego Christi dar. Daher lässt sich mit ziemlicher Sicherheit sagen,
dass Judas das Stück Brot aß, das Jesus ihm (aus seiner eigenen Schüssel) gab. Das
bedeutet, dass der Schatten nur von dem Licht erhellt werden kann, das ihn vom
(inneren) Licht erreicht. Da er ein Schatten ist, fehlt ihm das Licht. Der wahre,
verborgene innere Sinn des Judas wird nach dieser Passage durch die nächsten Worte
Jesu deutlich enthüllt: Was du vorhast zu tun, das tue schnell. Nimmt man den
offensichtlichen Standpunkt ein, so lässt sich kaum leugnen, dass dieser Befehl Judas
von einem großen Teil der Schuld freizustellen scheint, da der Verrat befohlen wurde.
Abgesehen davon ist es schockierend, dass Jesus seinen eigenen Tod wünscht und
sogar so weit geht, seinen Verräter aufzufordern, eine so schwerwiegende Tat zu
begehen, nicht nur für die Seele von Judas, sondern für das gesamte jüdische Volk,
denn damit öffnet er die Tore für die Vollendung des Gottesmordes. Dieses Dilemma
stellt sich jedoch nur im Kontext der offenkundigen Version, nicht in der
verborgenen, mit der wir uns hier beschäftigen. Aus dieser Sicht ist der nächtliche
Auszug des Widersachers (die Nacht der Seele) der erste Schritt, die erste
entscheidende Etappe bei der Befreiung des Gefangenen. Daraus erklärt sich die
Ungeduld Jesu auf ein Ende der Knechtschaft. Dieses verborgene Ende verlangt nach
keinem Schuldigen. Mit dem überstürzten Abgang des Judas ließ die alte Schlange
des Fluchs los und ließ die Seele frei, die nun endlich zum Vater flog. In Wahrheit
war das Haus zerstört und konnte nie wieder aufgebaut werden. Deshalb sagte Jesus,
als der Feind fort war: Jetzt ist der Menschensohn verherrlicht worden, und in ihm ist
Gott verherrlicht worden." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

72. Ein Mann sagte zu Jesus: Sage meinen Brüdern, dass sie das Erbe meines
Vaters mit mir teilen sollen. Er antwortete ihm: O Mann, wer hat mich zum
Teiler gemacht? Dann wandte er sich an seine Jünger, und sprach zu ihnen: Bin
ich denn ein Teiler?

Yahshua ist nicht gekommen, um zu teilen, sondern um zu vereinen, nämlich die


Seelen mit ihrem Bräutigam, dem innewohnenden Christus, und damit auch den
Menschen mit Gott. Im Philippus-Evangelium heißt es: "Und der Herr sprach, ich bin
gekommen, das Untere wie das Obere, und das Äußere wie das Innere zu machen. Ich
bin gekommen, um sie alle an jenem Ort zu versammeln. Hier, aber offenbarte er sich
durch Sinnbilder und Abbilder."

"Die Besitztümer, von denen der Logion spricht, sind die des Wissens, das vom Vater,
dem einzigen wahren Herrn, kommt; und es ist die Teilhabe an diesem gemeinsamen
Schatz des Wissens - denn Wissen und Sein sind ein und dasselbe, wenn das Wissen
echt ist -, die die Menschen zu Brüdern und Erben macht. Matthäus legt dafür
Zeugnis ab: Ihr habt nur einen Herrn, und ihr seid alle Brüder. Wenn der Mann im
Logion Jesus um seinen Anteil an den Gütern bittet, die seine Brüder bereits besitzen,
dann deshalb, weil Jesus gesagt hat: Niemand kann zum Vater kommen außer durch
mich [den Sohn]. In der Tat gehen diese Besitztümer der Erkenntnis, die zum Vater
führen, immer vom Geist aus, wenn sie vom Sohn in Feuer getaucht werden.

163
Was Jesus damit sagen will, ist, dass echte Besitztümer - die, die mit Wissen
ausgestattet sind - nicht geteilt werden können, sondern eine Sache des Seins sind.
Das bedeutet, dass niemand das Feuer des Geistes empfängt, wenn er nicht selbst
zum Geist wird, noch kann er das Wissen des Sohnes erlangen, wenn er nicht an der
Einheit des Sohnes teilhat. (Dies ist auch die Bedeutung des Gleichnisses mit den 10
Jungfrauen, d.h. Seelen, von denen nur 5 Öl für ihre Lampen hatten, denn dieses Öl
kann nicht geteilt werden). Der Menschensohn gab sein Leben, um die verstreuten
Kinder Gottes in der Einheit zu versammeln, was bedeutet, dass er sein Leben für die
vielen gab - und gibt -, damit sie im Leben des Menschensohns eins sind. Indem er
das Leben gab, gab er aber auch alles von sich selbst - sein Wesen und sein Wissen,
die sein Eigentum sind -, ohne dass dies teilbar wäre. Der Logion kommt zu diesem
Punkt, aber im dritten Evangelium folgt auf den Text eine Warnung vor der Gier nach
Wissen, wo es nicht echt ist. Dies soll durch ein kurzes Gleichnis verdeutlicht
werden, das mit dem Logion einhergeht und als Gleichnis vom törichten reichen
Mann bekannt ist. Bei den Gütern, die der Mann in diesem Gleichnis hortet, handelt
es sich eindeutig um Schätze der Erkenntnis. Da sie der Seele zur Aufbewahrung
übergeben werden, kann kein Zweifel daran bestehen, dass es sich um Reichtümer
handelt, die der Seele gehören. Da es sich jedoch um Reichtümer handelt, die man für
sich selbst aufbewahrt, sind die Früchte, die von den Feldern dieses Mannes geerntet
werden, ein und dasselbe wie die weltliche Weisheit, die Gott verspottet und die in
den Auges Gottes nichts als Torheit ist. Die armseligen Kornkammern des
Gedächtnisses können unmöglich das reiche Korn jener weltlichen Weisheit
aufnehmen, die auf Wissen ohne Sein beruht. Daher das Vorhaben, andere, größere
Scheunen zu bauen, in denen all dieses so genannte Wissen gelagert werden soll. Der
törichte reiche Mann hält all diese Scheunen für einen Schutz für seine Seele und
geht zuversichtlich in seine Ruhe, ohne an die Frage Gottes im Gleichnis zu denken:
Und dieser Hort von dir, wem wird er dann gehören? Das Gleichnis besagt, dass der
Wissende, wenn er sich in den Vorräten seiner Güter verschanzt, Schätze für sich
selbst anlegt. Der wahre Wissende nimmt das Leben und die Erkenntnis, die ihm der
Sohn gibt, um sich in seinem Feuer zu verzehren. Der Wissende, der weiß, ist frei von
Dualität, er ist das Wissen selbst, eins mit dem Sohn. So wird das wahre Wissen
erlangt, das darin besteht, Wissen zu sein. Das ist der Reichtum gegenüber Gott. Im
Evangelium gibt es zwei Hinweise auf dieses Geheimnis des Wissenden, der, wenn er
die Wahrheit kennt, in die Erkenntnis selbst verwandelt wird (Pneuma, Geist, Wind):
Was wolltet ihr in der Wüste sehen? Ein Schilfrohr, das sich im Winde wiegt? Und
der Wind weht, wo er will. Du hörst sein Geräusch, aber du kannst nicht sagen, woher
er kommt und wohin er geht. So ist es mit allen, die aus dem Geist geboren sind. Man
könnte meinen, dass dem Kommentar zum Logion und zum Gleichnis nichts mehr
hinzuzufügen ist; doch der Bericht des Gleichnisses in Lukas 12:13-21 offenbart
einmal mehr die Trichotomie des Menschen (Körper, Seele, Geist). Man fragt sich,
wer oder was in dem Mann vom Gleichnis mit der Seele spricht, wenn er sagt: Seele,
du hast viele Güter liegen auf viele Jahre. Oder: Für wen wird in dieser Nacht für
seine Seele die Forderung gestellt werden? Der Sprecher muss der Geist sein, denn
der Geist ist der einzige und wahre Träger der Weisheit, auch wenn sie so schwer
fassbar ist wie der Wind, der durch das Schilf weht.

164
Dies ist wahrlich ein Geheimnis für das Bewusstsein, das den Geist nur dann
erkennen kann, wenn es nicht mehr selbst der Wissende ist, sondern in wahrer
Erkenntnis vereint wird mit dem Geist, eins mit dem Sohn und dem Vater."
(https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

73. Jesus sprach: Die Ernte ist groß, der Arbeiter aber sind wenige. Bittet aber
den Herrn, dass er Arbeiter aussende zur Ernte.

Im EHGOC, Kapitel 29, lesen wir (wieder einmal) einen detaillierteren Bericht als in
den biblischen Evangelien: "Und als Yeshua die Menge sah, empfand er tiefes
Mitgefühl für sie, weil sie die heiligen Gesetze Gottes nicht kannten, sondern in den
unheiligen Gesetzen der Lüste, nämlich des Bösen, des Satans, gefangen waren. Dann
sagte er zu seinen Jüngern: Die Ernte ist wahrlich reichlich, aber die Arbeiter sind
wenige. Bittet deshalb den Herr der Ernte, dass er mehr Arbeiter in seine Ernte
aussendet. Ich sage euch, die blinden Führer führen die Menschen in den Tod, denn
wohin sollte der Blinde den Blinden sonst führen? Ja, sie sind Kinder der Finsternis,
in denen kein Licht wohnen kann, und sie nehmen viele mit sich in die Tiefen der
Hölle, denn sie sprechen nur nach der Lüge, nach den unheiligen Gesetzen Satans,
dem Erfinder jeder Krankheit und Seuche. Und dann beteten Yeshuas Jünger für mehr
Arbeiter, die in die Ernte gesandt werden sollten, denn sie verstanden die Worte von
Yeshua, dass die Pharisäer und Schriftgelehrten viele waren und die Menge Israels in
die Irre führten; die wahren Propheten jedoch waren nur wenige. Und dann brachten
ihm seine Jünger zwei kleine Körbe mit Brot und Früchten und einen Krug mit
frischem Wasser. Und Yeshua stellte das Brot und die Früchte und auch das Wasser
vor die Menge, und alle aßen und tranken und wurden satt. Und die Jünger wunderten
sich, denn jeder hatte mehr als genug und sogar im Überfluss, und es waren
viertausend unter ihnen. Und Yeshua sagte zu ihnen: So soll es auch bei der Ernte
sein, denn obwohl die Ernte reichlich ist, sollen nur wenige Arbeiter die Ernte
einbringen und es werden doch alle satt und zufrieden sein, denn keiner wird hungern
oder dürsten nach Gerechtigkeit, die nicht genährt werden soll, denn aus wenigen
wird eine große Menge genährt und die große Menge soll die wenigen wieder
auffrischen. Denn wisset, die Engel des Herrn sind die Schnitter der Ernte, und sie
führen die Heiligen zu jedem Samen Gottes, der sich über die Erde ausbreitet, wie die
vier heiligen Winde. Ja, sie halten das Licht am leuchten, und die Schafe sehen das
Licht und wissen, dass es von Gott kommt, denn ihr seid die Lichtträger des heiligen
Weges. Durch euer Licht wird die Straße für den gerechten Samen frei gemacht
werden, damit er euch folgen kann. Daher lasst euer Licht leuchten damit es gesehen
wird, denn niemand verdeckt eine Laterne mit einem Sack, damit das Licht verborgen
bleibt. Wisset heute, ihr seid das Licht der Welt und meine Schafe schauen auf euer
Licht. Füttert meine Schafe, so wie es der gute Hirte euch geboten hat, denn meine
Engel werden dir viele bringen, die sich nach dem Christus und seinen Wahrheiten
sehnen." Alle, die das Licht, den Christus, in sich gefunden haben, sind verpflichtet
dieses scheinen zu lassen für all jene, die es noch nicht gefunden haben. Ein Segen ist
dazu da, um weitergegeben zu werden, und welchen größeren Segen könnte es geben,
als den inneren Christus zu entdecken?

165
Der Autor auf https://www.gospelofthomas-interpretation.com/ spricht die zwei
Gruppen – die 12 (bzw. 48) und die 72 – an, die von Yahshua ausgesandt werden, um
den Menschen den heiligen Weg und das Evangelium zu predigen. Da er sich auch
dabei leider nur auf die synoptischen Evangelien bezieht, bleiben auch dort wieder
einige Fragen offen, denn er hat seine Jünger nicht nur nach Israel ausgesandt,
sondern in die ganze Welt, denn Gott ist nicht nur der Gott Israels, sondern aller
Menschen. Daher hier der noch einmal der vollständige Bericht aus dem EHGOC,
Kapitel 37: "Und als Yeshua die Menge sah, empfand er tiefes Mitgefühl für sie, weil
sie die heiligen Gesetze Gottes nicht kannten, sondern in den unheiligen Gesetzen der
Lüste, nämlich des Satans, gefangen waren. Da sagte er zu seinen Jüngern: Die Ernte
ist wahrlich reichlich, aber die Arbeiter sind wenige. Bittet deshalb den Herr der
Ernte, dass er mehr Arbeiter in seine Ernte aussendet... Und dann beteten Yeshuas
Jünger für mehr Arbeiter, die in die Ernte gesandt werden sollten, denn sie verstanden
die Worte von Yeshua, dass die Pharisäer und Schriftgelehrten viele waren und die
Menge Israels in die Irre führten; die wahren Propheten jedoch waren nur wenige.
Und dann brachten ihm seine Jünger zwei kleine Körbe mit Brot und Früchten und
einen Krug mit frischem Wasser. Und Yeshua stellte das Brot und die Früchte und
auch das Wasser vor die Menge, und alle aßen und tranken und wurden satt. Und die
Jünger wunderten sich, denn jeder hatte mehr als genug und sogar im Überfluss, und
es waren viertausend unter ihnen. Und Yeshua sagte zu ihnen: So soll es auch bei der
Ernte sein, denn obwohl die Ernte reichlich ist, sollen nur wenige Arbeiter die Ernte
einbringen und es werden doch alle satt und zufrieden sein, denn keiner wird hungern
oder dürsten nach Gerechtigkeit, die nicht genährt werden soll, denn aus wenigen
wird eine große Menge genährt und die große Menge soll die wenigen wieder
auffrischen. Denn wisset, die Engel des Herrn sind die Schnitter der Ernte, und sie
führen die Heiligen zu jedem Samen Gottes, der sich über die Erde ausbreitet, wie die
vier heiligen Winde. Ja, sie halten das Licht am leuchten, und die Schafe sehen das
Licht und wissen, dass es von Gott kommt, denn ihr seid die Lichtträger des heiligen
Weges. Durch euer Licht wird die Straße für den gerechten Samen frei gemacht
werden, damit er euch folgen kann. Und Yeshua versammelte die Heiligen Zwölf,
nämlich seine Apostel, um sie in seinem Namen nach Israel zu schicken... Viermal
Zwölf ernannte er. Und viele andere würde er zu den Völkern der Nationen schicken,
damit auch sie die Wahrheiten der Bruderschaft hören konnten... Ja, viermal Zwölf
ernannte Yeshua und bereitete sie darauf vor, zuerst zu den Stämmen Israels zu
gehen, vier von ihnen zu jedem Stamm... Diese viermal zwölf sandte er also aus und
gewährte ihnen jede Vollmacht, indem er sagte: Ich möchte, dass ihr zwölf Apostel
mit euren Gefährten Israel ein Zeugnis gebt. Geht deshalb zuerst in die Städte zu den
verlorenen Schafen Israels. Und wenn ihr dort seid, predigt und sprecht zu allen, die
Ohren haben um zu hören: Das Himmelreich ist nahe und in eurer Mitte. So wie ich
euch im Wasser getauft habe, so tauft auch die, die euren Worten vertrauen und
glauben. Denn euch wird Kraft gegeben, die Kranken zu salben und zu heilen, die
Aussätzigen rein zu machen, Teufel auszutreiben und, wenn nötig, sogar die Toten
aufzuwecken. Denkt daran, umsonst habt ihr es empfangen, umsonst sollt ihr es
geben. Nehmt kein Geld für eure Dienste an, damit Sie den Christus nicht beleidigen.
Nehmt weder Gold noch Silber oder Edelmetall in euren eigenen Taschen mit, nein,

166
auch nicht für eure Reisen, nicht zwei Mäntel oder Schuhe, noch einen Stab, denn der
Arbeiter ist seiner Nahrung würdig und es wird euch gegeben werden, wo auch
immer ihr hingeht. Und esst alles, was euch vorgesetzt wird von Fremden, nur von
dem, was durch Blutvergießen und durch das Auslöschen von Leben gewonnen
wurde, sollt ihr weder anfassen noch essen, denn es ist gegen das heilige Gesetz. Und
ihr sollt nicht bei denen sitzen, die solche Dinge essen, damit ihr nicht als unwürdig
befunden werdet vom Gesetz. Seid weise wie die Schlangen und harmlos wie die
Tauben. Seid immer menschlich und unbefleckt vor Gott. Der Menschensohn ist nicht
gekommen, um zu zerstören, sondern zu retten, noch ist er gekommen um Mensch
oder Tier das Leben zu nehmen, sondern um Körper und Seele Leben zu geben. Denn
ich sage euch wahrlich, fürchtet euch nicht vor denen, die zwar den Körper, das
äußere Gewand des Menschen, töten können, die Seele aber nicht töten können,
sondern fürchtet denjenigen, der fähig ist sowohl Körper als auch Seele in Gehenna
zu zerstören. Denn das Böse versucht, die Auserwählten Gottes zu zerstören, so wie
Adam versucht wurde, so werdet ihr versucht werden. Lasst euch nicht von
lieblichem Gerede oder Verheißungen der Herrlichkeit umgarnen, so wie Adam und
viele Propheten in die Irre geführt wurden. Denn der Satan sucht nur danach, eure
Namen aus dem Buch des Lebens auszulöschen. Seid auf der Hut, damit ihr nicht
getäuscht werdet und das Heilige Gesetz übertretet. Wer daher die Wahrheit vor den
Menschen bekennt, die auch ich vor meinen Eltern im Himmel bekenne, den werde
ich vor ihnen bekennen. Wer aber auch immer die Wahrheit vor den Menschen
leugnet oder pervertiert, den werde ich auch öffentlich vor meinen Eltern im Himmel
leugnen. Denn wahrlich, ich sage euch: Die, die ihren Pfahl nicht nehmen und mir
nachfolgen, sind meiner nicht würdig; denn wer sein Leben findet, wird es verlieren;
und wer sein Leben um meinetwillen verliert, wird es gewiss wieder finden; denn ich
bin gekommen, um den Tod für immer zu überwinden, und ich bin die Liebe, das
Leben und das Gesetz Gottes, und wer an mich glaubt, wird den Tod niemals
schmecken, denn der Tod ist das Ende für böse Menschen, über die Gerechten aber
hat er keine Macht. Und nachdem diese und viele andere Dinge gesprochen und
gesagt worden waren, ernannte Yeshua 72, die die 72 Sprachen der Menschheit gut
kannten, und schickte sie zwei mal zwei mit seiner Autorität in jede Stadt und jeden
Ort, wo Yeshua selbst vorher den Nationen das heilige Gesetz gepredigt hatte. Und
Yeshua sprach zu ihnen über Babel und sagte: Wisst ihr, der Böse hat die reine
Sprache des Menschen, nämlich die von Adam und Henoch, verwirrt und einen
Tempel errichtet, in dem kein wahrer Prophet Gottes zu dem Volk gesprochen hat.
Denn Babel bedeutet Verwirrung, so wie Satan Gott aller Unordnung ist, so sind viele
Sprachen entstanden, um die Gerechten in die Irre zu führen. Denn der Satan hasst
das Wort Gottes und liebt die unheiligen Zungen, die den Menschen in Verwirrung
und Unwissenheit über das Heilige Gesetz halten, denn euer Gott ist einer, nicht der
Gott der Unordnung, sondern der Gott des All-Friedens. Geht also zu den Nationen
und sprecht zu ihnen die Wahrheit und Weisheit des einzigen wahren Gottes, nämlich
unseres ewigen Vaters, der im Himmel ist. Ja, geht auf vielen verschiedenen Wegen,
denn siehe, ich sende euch aus als unschuldige Lämmer inmitten von hungrigen
Wölfen. Seid gewarnt, dass Satan alles erdenklich Böse gegen euch richten wird, weil
er die Wahrheit hasst und sie in eine Lüge verwandelt und viele täuscht.

167
Deshalb vertraut keinem Menschen und grüßt niemanden auf dem Weg, sondern
vertraut nur auf den Engel des Herrn, der euch zu jeder Zeit führen und dienen wird.
Und wo ihr auch immer hingeht, sagt zuerst: Friede sei über diesem Ort oder diesem
Haushalt. Und wenn der Geist des Friedens da ist, dann lasst euren Frieden darauf
ruhen, und wenn nicht, dann soll euer Frieden zu euch zurückkommen. Sprecht mit
allen, die die Rechtschaffenheit lieben und nach den heiligen Dingen Gottes suchen,
aber mit Menschen mit bösen Herzen sprecht nicht über heilige Dinge, damit ihr die
Wahrheit nicht teuflischen Dämonen gebt, die euch schmähen. Und wenn jemand
euch aufnimmt, so esst die Dinge, die euch vorgesetzt werden, außer etwas, dem das
Leben genommen wurde, ja, macht euch immer selbst zu einem Beispiel für den
heiligen Weg, denn wenn sie euch Fleisch von Tieren anbieten, so sprecht die
Wahrheit über solche üblen Dinge, damit sie das Gute vom Bösen unterscheiden
können. Und tut gute Werke, indem ihr geistige und körperliche Gebrechen heilt und
sagt zu ihnen: Das Reich Gottes ist heute zu euch gekommen. Und bleibt in ihrem
Haus und lehrt die heilige Lebensweise allen, die darin wohnen, aber esst und trinkt
nur die Dinge, die ohne Blutvergießen sind und eure Sinne nicht trüben. Und predigt
weiterhin auf den öffentlichen Plätzen und in jedem Haus der Anbetung, in dem ihr
willkommen seid. Verhökert nicht die Wahrheiten Gottes, denn sie sind kostbar wie
Edelsteine, die Teufel und böse Menschen nur zertrampeln würden. Geht deshalb
nicht von Haus zu Haus wie Kaufleute, die Dinge als groß anpreisen, die in den
Augen Gottes nicht groß, sondern gering sind. Denn Gott kennt seine Schafe und
seine Schafe hören seine Stimme und sie kommen heraus aus der Finsternis. Denn ich
sage euch allen: Der Vollkommene Vater kennt die Herzen der Menschen und sendet
seine Heiligen Engel als Boten, um eure Schritte zu leiten und die Straße vor dir zu
ebnen. Ihr bringt den Menschen die Wahrheit, aber meine Engel trennen die Schafe
von den Böcken und führen euch in allen Dingen. Wirf den Christus nicht vor die
Teufel, damit sie ihn nicht mit Füßen treten und deine All-Eltern im Himmel
beschämt werden. Denn die feine Perle ist Christus, aber nur die Armen im Geist
empfangen ihn. Ja, die weltlich gesinnten suchen nichts als die Nichtigkeiten dieser
Welt und verderben sich selbst damit, denn sie suchen nicht die All-Wahrheit, die
zum ewigen Leben führt, sondern die leeren Worte der Menschen, die zur Sünde und
zum Tod führen. Seid Menschenfischer und werft eure Netze nach den Reichtümern
des Himmels und werdet nicht zu primitiven Werkzeugen des Satans, sondern zu
feinen Werkzeugen Christi, die stets die verlorenen Schafe Gottes suchen, die in jeder
Nation der Menschen verstreut sind, wie die Gewässer die Meeresböden bedecken.
Denn ich sage euch wahrlich, Satan sammelt auch seinen Samen in die böse Ernte,
und was auch immer Satan sammelt, behält er und erklärt seinen Sieg über das Gute.
Aber ich sage euch, was immer dieser tut, lasst es geschehen, denn dem Bösen wurde
Autorität gewährt, seinen Samen zu sammeln, so wie die Heiligen Engel den
rechtschaffenen Samen Gottes sammeln, über den der Satan keine Macht hat. Ja, die
heiligen Engel kennen den Samen Gottes und führen dich zu jedem von ihnen, aber
ihr sollt meine Schafe mit den Wahrheiten des Königreichs füttern. Und wer sich
weigert, die Schafe der wahren Herde zu füttern, wird nicht die Segnungen erben, die
vor Grundlegung der Welt bereitgestellt wurden. Füttert die verlorenen Schafe Israels
und alle Menschen, die die Gerechtigkeit und die reine Opfergabe lieben.

168
Und lehrt sie alles, was ich euch gelehrt habe. Wenn sie von der wahren Herde sind,
werden sie auf eure Stimme hören und wissen, dass du in dem Christus sprichst. Aber
in welche Stadt ihr auch immer geht und sie euch nicht aufnehmen, so geht auf die
Straßen derselben hinaus und sagt: Selbst den Staub eurer Stadt, der an uns hängt,
schütteln wir gegen euch ab. Seid euch aber sicher, dass das Reich Gottes euch nahe
gekommen ist, aber ihr habt es verworfen. Denn jene dieser Städte, die dich anhören,
hören auch mich an; und die dich verachten, die verachten auch mich, und die mich
verachten, verachten den, der mich gesandt hat. Seid mit jedem Volk der Menschen
barmherzig und seid immer geduldig, damit auch ihr Barmherzigkeit erlangt. Vergebt
stets anderen, so wird auch euch in gleicher Weise vergeben werden. Bedenkt immer,
mit welchem Maß ihr richtet, dasselbe gilt auch für euch. Denn so wie ihr anderen
tut, so wird auch euch geschehen. Wie ihr gebt, so wird euch gegeben werden. Wie
ihr andere richtet, so werdet ihr gerichtet werden, wie ihr anderen dient, so soll euch
gedient werden. Sprecht niemals ein hartes Wort, und schmälert die, die unter euch
sind, auch nicht mit Weisheit. Denn Gott ist gerecht und belohnt jeden nach seinen
Werken, gut und böse, denn das, was ihr sät, werdet ihr auch ernten. Geht zu den
Völkern und sagt ihnen die Wahrheit über den Christus, und alles, was ich euch
gesagt habe, ja, lehrt sie in der heiligen Lebensweise, denn ich sage euch wahrlich,
alles muss menschlich sein, um meiner würdig zu sein und von den Geheimnissen
Gottes zu lernen. Mein Friede sei mit euch allen bis zur Vollendung des bösen
Zeitalters, ich bin in allen Dingen bei euch. Denn alle Dinge müssen erfüllt werden,
damit die Wahrheit offenbar wird in der Welt und damit aller Unverstand zu
Schanden werde. Denn obwohl ihr in der Welt seid, seid ihr nicht Teil der Welt. Denn
es wird die Zeit kommen, in der alle Lüge aufgedeckt wird und der wahre Gott sich
gegen die unwürdigen Worte der Menschen offenbaren wird. Und die Jünger von
Yeshua reisten in jedes Land weit weg nach Ägypten, nach Persien, nach Indien - und
in jedes Land, in dem Yeshua die geistigen und körperlichen Krankheiten des Volkes
geheilt hatte. Und wahrlich, Yeshua hielt sein Wort vor ihnen, dass Jünger des Lichts
kommen und den heiligen Lebensweg lehren würden. Und ganz Israel wurde Zeugnis
von der Wahrheit gegeben. Und jede Nation der Erde erhielt das heilige Gesetz und
lernte von Christus und dem Vater-Mutter aller Schöpfung." In diesem Evangelium,
wie auch den EDVL, können wir im Gegensatz zu den biblischen lesen, was Yahshua
zwischen seinem 12. und 30 Lebensjahr getan hat, nämlich: Die Welt bereisen. Denn
in den Propheten steht geschrieben: ALLE sollen von Gott gelehrt werden. Dies
wurde bewusst von der katholischen Kirche aus den Evangelien ausradiert, denn sie
erhob ja den alleinigen Anspruch, dass außer in ihr niemand gerettet werden kann,
und verdammte alle anderen Religionen zum ewigen Höllenfeuer. Deswegen
beschränkten sie Yahshuas Dienst allein auf Israel und behaupteten, dass nun ihnen
der Weinberg anvertraut wurde, der dem Volk Israel aufgrund seiner Fruchtlosigkeit
weggenommen wurde. Dieser antichristliche Geist der katholischen Kirche lebt bis
heute in den meisten Köpfen derer, die sich Christen nennen und die Religionen wie
z.B. dem Buddhismus das Heil absprechen, obwohl deren Lehre dem ursprünglichen
Christentum wesentlich näher ist, denn sie glauben an die Heiligkeit allen Lebens und
das Göttliche im Menschen und verbinden sich täglich mit ihm durch Meditation und
Gebet, welche das tägliche Brot eines jeden Christen sein sollten.

169
"Die Arbeiter und die Ernte: Nach der traditionellen Auslegung ist die Ernte als
Metapher für die Gesamtzahl der Personen zu verstehen, die bereit sind (d.h. deren
Seelen vorbereitet sind), sich zum christlichen Glauben zu bekehren. Bei den
Arbeitern handelt es sich, ebenfalls nach dieser Auslegung, um all jene, die diesem
Glauben angehören und bereit sind, dem Beispiel der ersten Jünger zu folgen, die
Jesus auserwählt hat, d.h. der ersten Arbeiter, denen der Meister genaue Anweisungen
gegeben hat, damit sie ihre Mission erfüllen können. Im Hinblick auf den
verborgenen Aspekt ist die Ernte jedoch wörtlich als das zu verstehen, was gesät
wurde. Es bedarf daher keiner anderen Auslegung als das Gleichnis vom Sämann:
Der Sämann (der Vater) sät das Wort (den Sohn) in jeden Menschen (die Ernte), der
in diese Welt kommt. Wenn das, was in jeden Menschen gesät wird, das Wort ist,
kann es keinen Zweifel geben, dass der Menschensohn der Same ist, der keimen und
Frucht bringen muss. Die Arbeiter, die diesen Namen tragen, weil sie aufgerufen sind,
das Werk Gottes zu vollbringen, sind also jene Seelen, die begonnen haben, ein
gewisses Maß an Frucht der Erkenntnis zu bringen. Die Aufgabe, die diese Arbeiter
zu erfüllen haben, ist nicht die Mission, andere Seelen zu Arbeitern zu machen. Sie
besteht vielmehr darin, ihre eigene innere Erkenntnis zu erlangen, wie im vierten
Evangelium erklärt wird: Das ist die Arbeit für Gott: Ihr müsst an den glauben, den er
gesandt hat. Die Arbeit besteht in der Tat darin, zu glauben, dass der Menschensohn
in uns alle gesät wurde und dass sein Reich hier ist, ganz nahe, da er in jedem
Menschen Wohnung genommen hat. Das ist die erste Aufgabe, aus der die Frucht der
Erkenntnis hervorgeht, die Frucht, von deren Entwicklung und Reifung abhängt, ob
jeder Mensch ein guter Arbeiter in der Ernte ist. Es steht geschrieben, dass die Ernte
reich ist - denn die Ernte besteht aus allen Menschen, die in diese Welt kommen -,
während die Arbeiter wenige sind. Das Missverhältnis ist sehr groß, denn die
einzigen Arbeiter sind diejenigen, die an den unsichtbaren Samen glauben, auch wenn
sie ihn nicht sehen, und nur die vage Ahnung der Anwesenheit des Gastes bewirkt,
dass der Glaube den Samen zum Keimen bringt. So wird die Einheit des Samenkorns
am Ende offenbart, wenn deutlich wird, dass das Samenkorn, der Menschensohn, nur
einer und immer derselbe ist. Dies ist das Ergebnis für die Arbeiter in der Ernte, die
ausharren, deren Seelen wie Silber geläutert und wie Gold geprüft wurden.

Die beiden ausgesandten Gruppen: Im Neuen Testament findet sich nicht der
geringste Hinweis darauf, ob die von Jesus organisierten Reisen der Zwölf und der
Siebzig (oder Zweiundsiebzig) vor dem Tod und der Auferstehung des Meisters
stattfanden. Das Evangelium ist so wenig darum bemüht, irgendwelche faktischen
Einzelheiten über die tatsächliche Durchführung dieser paarweisen Reisen zu
berichten, dass diese Lücke ernsthafte Schwierigkeiten aufwirft, wenn es darum geht,
die offensichtliche Interpretation oder zumindest ein nicht metaphorisches
Verständnis dessen zu akzeptieren, was mit diesen beiden Gruppen von
Missionsgesandten gemeint war; insbesondere wenn man die Siebzig (oder
Zweiundsiebzig) betrachtet, von denen Lukas sagt, der Herr habe sie vor ihm
ausgesandt, in Paaren, in alle Städte und Orte, die er selbst besuchen sollte. Die Worte
"vor ihm" entkräften die Vermutung, dass Christus an ein Werk dachte, das nach
seinem Tod stattfinden sollte.

170
Die Erwähnung einer zweiten Gruppe von Jüngern durch Lukas hat viele zum
Nachdenken angeregt, und das nicht ohne Grund, wenn man die Parallelen zwischen
diesen beiden Gruppen und den beiden Berichten über die Brotvermehrung bedenkt.
Diese beiden Dinge sind in der Tat unter mehreren Gesichtspunkten eng miteinander
verbunden. Das Brot, das vermehrt wird, ist zweifellos dasselbe, auf das sich Jesus im
vierten Evangelium bezieht, wenn er sagt: Ich bin das Brot des Lebens. Dieses Brot,
das Christus ist und das wir in uns tragen, kann man als Sauerteig bezeichnen, der
aufgeht und wächst, wenn man glaubt, bis er dem Menschen das ewige Leben und die
vollkommene Erkenntnis offenbart, die sein Erbe sind. Dies ist heiliges Brot. Es ist
nicht menschlich, auch wenn es für den Menschen bestimmt ist. Der gute Sauerteig,
der in jeden Menschen als der innere, verborgene Christus eingepflanzt wird und sich
so in das Brot des Lebens verwandelt, ist eine andere Art, das auszudrücken, was im
Gleichnis vom Sämann als drei Maß Frucht, d.h. als wahre Erkenntnis, bezeichnet
wird. Es ist zu verstehen, dass die drei Maße dieser Frucht im Gleichnis auf einer
hundertfachen Skala bewertet werden, die sie als hundert, sechzig und dreißig
ausweist; aber wo diese Maße im Evangelium als ein Ausdruck erscheinen, der das
Geheimnis Christi symbolisiert, sind die Zahlen, die zur Bezeichnung der beiden
höheren Maße verwendet werden, zwölf und sieben. Das Zeichen, das uns diese
beiden Maße geben, darf nicht vergessen werden, denn als Frucht dessen, was gesät
wurde, als Frucht der Ernte, erhält man zwölf und sieben, während bei dem von Jesus
vervielfältigten Brot des Lebens die Reste im einen Fall zwölf Körbe und im anderen
sieben ausmachen. Wer dieses Brot isst, empfängt das Geheimnis Christi in
demselben Maße, wie er davon isst. Dies ist als die Wirkung des Essens der gesäten
Frucht zu verstehen: Die Einsetzung der Zwölf, d.h. nicht nur der zwölf Apostel Jesu,
sondern all derer, die als auserwählte Arbeiter die reiche Ernte eingebracht und so die
vollkommene Erkenntnis, die Epignosis, erlangt haben, die nur durch das Brot Christi
erlangt werden kann, das bis zur Erlangung der drei Maße gegessen werden muss.
Wie im Gleichnis erklärt wird, sind diese Seelen wie der Sauerteig des Himmelreichs,
den eine Frau nahm und mit drei Maß Mehl mischte, bis es ganz durchsäuert war. Es
gibt eine weitere Einrichtung, die mit den Mysterien verbunden ist: Die der Sieben.
Sie wurde vom heiligen Lukas in der Apostelgeschichte als Dienst der Zwölf, als
Diakone, erklärt. Die Tugend, die den Sieben entspricht, wird als Fülle des Geistes
und der Weisheit beschrieben, d.h. als ausreichende Kenntnis des Ersten
Geheimnisses, während die Zwölf dem Gebet und dem Geheimnis des Wortes
gewidmet waren. Wenn man bei der Lektüre dieses Abschnitts das Zusammenspiel
der verschiedenen Linien berücksichtigt, die Lukas manchmal verwendet, kann man
verstehen, dass alle, die zur vollkommenen Erkenntnis der Wahrheit Christi gelangen,
in die geistige Gemeinschaft der Zwölf eintreten. Die Sieben sind Kenner der
Weisheit, die aus dem Geist kommt, aber der Grad ihrer Erkenntnis ist
unvollkommen. Die Sieben tauchen im dritten Evangelium auf, aber in einer nicht
ohne weiteres erkennbaren Form, nämlich als Siebzig, in manchen Handschriften als
Zweiundsiebzig. Die Mitglieder dieser Institution, der Sieben, sind damit betraut, bei
der Regeneration der Ernte zu helfen. Der Unterschied zwischen der von den Zwölfen
und den Sieben erzielten Frucht wird durch die von Jesus in zwei missionarischen
Erklärungen verwendeten Begriffe deutlich.

171
Diese in ausführlicher Form wiedergegebenen Abschnitte - bei Matthäus über die
Zwölf, bei Lukas über die Sieben - enthalten viele Ausdrücke, die sich auf die
Pilgerreise beziehen und die beiden Institutionen für ihre Missionsarbeit gemeinsam
sind. Das ist ihr offensichtlicher Sinn, doch das geistliche Leben eines jeden
Menschen ist im übertragenen Sinne eine Pilgerreise, eine Rückkehr, eine endgültige
Heimkehr zum Haus des Vaters. So kann uns alles an dieser Reise auf einen
verborgenen Sinn hinweisen. Hier erklären beide Berichte die innere Arbeit der Seele
für die Regeneration ihrer eigenen Ernte und wie sie sich in der Welt verhalten soll,
wenn sie es vielen ermöglichen soll, den gefangenen Geist, der in ihr schläft, zu
befreien. So sind die Städte, die Orte, die Häuser, die die Seele auf ihren
Wanderungen besucht, eher eine Metapher für die Häuser der Erkenntnis, die jede
Seele in sich selbst entdeckt. Jedes Mal, wenn das Licht in die pilgernde Seele
eindringt oder auf sie herabsteigt, ist sie in einem neuen Gasthaus, an einem neuen
Ort, in einem neuen Bereich der Erkenntnis angekommen.

Beginn des Aufstiegs nach Jerusalem: Gebote für die Reise (Matthäus 10:5-6):
a) Geht nicht in heidnisches Gebiet; b) geht nicht zu den Samaritern; c) geht vielmehr
zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel. Die natürliche Pilgerreise der Seele ist
auf die Stadt Jerusalem gerichtet, nicht auf das irdische Jerusalem, sondern auf die
freie Stadt im Himmel, die Stadt des reinen Geistes. Da es sich um eine evangelische
Reise handelt, die als Vorbild für die Pilgerreise jeder Seele dienen muss, die das
Werk Gottes in Angriff nimmt, bestanden die von Jesus ausgesandten Expeditionen in
einer Annäherung an den Tempelberg in Jerusalem, wo am Ende, mit seinem Tod, der
Schleier des Tempels, der das Geheimnis bewahrte, in der Mitte zerrissen wurde. Was
die verlorenen Schafe betrifft, so steht der Begriff für diejenigen, deren Arbeit darin
besteht, die Frucht der Erkenntnis zu sammeln, die ihnen die Tore Jerusalems öffnen
wird. Sie leben ganz in der Nähe des Hauses des aus Wasser und Geist Geborenen,
dessen alttestamentlicher Name Israel ist.

Die Kranken und das Reich Gottes (Matthäus 10:7-8; Lukas 10:9): a) Wenn ihr
geht, verkündet, dass das Himmelreich nahe ist; b) heilt die Kranken, weckt die Toten
auf, reinigt die Aussätzigen, treibt die Teufel aus; c) umsonst habt ihr empfangen,
umsonst gebt. a) Wie nahe das Reich Gottes ist (zeitlich und räumlich, denn beides ist
in diesem Zusammenhang eins), muss immer und immer wieder verkündet werden,
denn es ist nicht leicht zu begreifen. Das Reich Gottes ist nahe für die, die daran
glauben, und fern für die, die nicht glauben. b) Die Verkündigung des Reiches Gottes
bedeutet für viele das genaue Maß, das Heil der Seele. Die Kranken werden geheilt;
der pneumatische Mensch wird von den Toten wiedergeboren; die Seele wird durch
die Taufe mit Wasser und Feuer gereinigt, und so werden die Teufel, die sich an die
Unwissenheit klammern, vertrieben. Nach dem Text des heiligen Lukas sind dies die
Kranken des Hauses. Das dritte Evangelium sagt: Esst, was euch vorgesetzt wird. Das
kann so verstanden werden, dass sie jede Abwesenheit des Reiches Gottes, die sie in
diesem Haus antrefft, beheben sollen. c) In das Reich einzugehen ist eine Gabe, die
jeder Mensch bereits besitzt, denn das Reich Gottes ist in uns. Wer dies innerlich und
auch den Unreinen und Kranken verkündet, hilft allen, diese Gabe zu erkennen.

172
Diese Gabe wurde uns als Unterpfand der Erkenntnis und des Segens Gottes gegeben,
denn wir sind Erben beider, zusammen mit dem Sohn. Wenn ihr diese Gabe
empfangen habt, gebt sie weiter.

Die Armen im Geiste (Matthäus 10:9-10; Lukas 10:4-7): a) Verschafft euch nicht
Gold noch Silber noch Kupfer in eure Gürtel; b) nehmt keinen Beutel mit noch zwei
Unterkleider noch Sandalen noch einen Stab; c) denn der Arbeiter ist seiner Nahrung
wert. a) Der Arbeiter, der für die Ernte arbeitet, kann an drei verschiedenen Altären
feiern, aus Gold, Silber oder Kupfer. Gold, der Bereich des Geistes, um ihn zu
läutern; Silber, das Leben der Seele, zur Läuterung; Kupfer, für die Reinheit und
Gesundheit des Körpers. Diese Dreiteilung entspricht den drei kosmischen Bereichen
in der Genesis, dem Licht, den Wassern und der Erde. Was Jesus damit sagen will, ist,
dass der Arbeiter diese Elemente immer ganz natürlich und frei genießt. Den Sack
mit Gütern zu beladen, hieße, der Gier nachzugeben, was nicht der selbstbewussten
Armut der Seligen entspricht. b) Um auf den Berg des himmlischen Jerusalems
hinaufzusteigen, braucht man nichts weiter zu tun, als aus der Quelle der Weisheit zu
trinken, die der Menschensohnes gibt; dieses Wasser des Lebens kann nicht in Säcken
getragen werden, denn es entspricht einfach dem, was man ist. Es ist daher nicht
nötig, eine andere Tunika anzuziehen, die aus dem besteht, was nicht ist, oder
Sandalen zu tragen, die für den Fortschritt der Seele nutzlos sind, denn der wahre
Meister ist immer hier, im Inneren. c) Diejenigen, die an ihn glauben und sein Wort
beherzigen, versorgt der Menschensohn unermüdlich mit dem Brot des Lebens.

Besuch von Städten oder Häusern (Matthäus 10:11-14; Lukas 10:4-7): a) In welche
Stadt oder welches Dorf du auch gehst, frage nach einem Menschen des Friedens und
bleibe bei ihm, bis du wieder gehst; b) wenn du sein Haus betrittst, grüße es, und
wenn das Haus es verdient, so komme dein Friede auf es herab; wenn nicht, so
komme dein Friede zu dir zurück; c) wenn dich jemand nicht willkommen heißt oder
dir nicht zuhört, so schüttle den Staub von deinen Füßen, wenn du aus dem Haus oder
aus der Stadt gehst. a) Die Stadt ist eine Ansammlung von Häusern, und das Haus
steht symbolisch für den Menschen. Der Mensch des Friedens ist das, was Lukas
einen Sohn des Friedens nennt, einen, der von Christus` Freiheit und Glückseligkeit
empfängt, wie er sagte: Meinen Frieden gebe ich euch. In dem Haus, in dem jener
Friede herrscht, den die Welt nicht geben kann, dort bleibt bis ihr geht. b) Der Gruß
eines Sohnes des Friedens ist immer der Friede des Sohnes, denn er ist der einzige,
der Frieden geben kann. Wenn das Haus, das den Gruß empfängt und dieses Friedens
würdig ist, wird der Gruß auf dem Sohn des Friedens dieses Hauses ruhen; wenn es
aber nicht würdig ist, wird der Friede des Sohnes dorthin zurückkehren, von wo er
gekommen ist; denn er wird nur bleiben, wenn er in einem Sohn des Friedens ruht.
Der Sohn gibt immer Frieden, denn er ist der Friede; aber wer den Sohn des Friedens
nicht in sich erweckt hat, kann diesen Frieden nicht bewahren. Dann soll der Friede
dorthin zurückkehren, wo er herkommt, zum Sohn. c) Ein Sohn des Friedens ist eins
mit dem Sohn. Deshalb sagt Jesus: Wer euch aufnimmt, nimmt mich auf. Da diese
eins sind, nimmt derjenige, der den Sohn des Friedens nicht aufnimmt, das Wort nicht
auf.

173
Reise durch die Städte: Merkmale der Städte (Matthäus 10:15-19, Lukas 10:8-12):
a) Ich sage euch wahrlich: Am Tag des Gerichts wird es Sodom und Gomorra
erträglicher ergehen wie jener Stadt. b) Denkt daran, dass ich euch wie Schafe unter
die Wölfe sende; seid also klug wie die Schlangen und unschuldig wie die Tauben.
c) Hütet euch vor den Menschen; sie werden euch an die Sanhedrin ausliefern und
euch in ihren Synagogen geißeln. Man wird euch um meinetwillen vor Statthalter und
Könige führen, damit ihr vor ihnen und den Heiden Zeugnis ablegt. a) Die Strenge
des Gerichts wird sich gegen diese Stadt richten. In Sodom und Gomorrha herrschte
Unreinheit, aber dort lebte Lot, der der Zerstörung entgehen konnte, weil er in einer
anderen in einem kleinen Ort Zuflucht fand, die wie der Eckstein des Gleichnisses
wertlos schien. Aber diese Stadt, Zoar, die scheinbar nichts war, entpuppte sich als
die Stadt des Heils. Dennoch besteht das Wesen einer Stadt, die aus dem Staub der
Erde gebaut ist, aus Unreinheit. Wenn einer solchen Stadt der Lebensatem, Nefes,
entzogen wird, bleibt nichts als der Tod übrig, das ist das Gericht. (In Matthäus 12:41
heißt es: "Männer von Ninive werden aufstehen im Gericht mit diesem Geschlecht
und werden es verdammen, denn sie taten Buße auf die Predigt Jonas; und siehe,
mehr als Jona ist hier.") b) Die Schafe sind all jene Seelen, die, wie bei den Zwölfen
und bei den Sieben, begonnen haben, ein gewisses Maß an Frucht der Erkenntnis
hervorzubringen: Sie können sogar verloren sein, aber sie versuchen, ihren Weg zu
finden. Die Wölfe, die ihnen gegenüberstehen, sind im Text die Vertreter der Welt, ja
die Welt selbst, d.h. der Menschen, die keine Frucht der Erkenntnis hervorbringen,
weil sie den Samen, der in sie gesät wurde, nicht erweckt haben. Das steht auch für
jene Städte, in denen sich die Menschen gewöhnlich bewegen, und in denen auch die
Schafe leben müssen. Die Tatsache, dass es Jesus ist, der die Schafe aussendet, zeigt,
dass sie in gewisser Weise von ihm ausgehen. Sie sind wie etwas abgeschwächte
Lichtstrahlen seiner Weisheit, aber als solche sind sie mit ihm verbunden. Deshalb
sagt Jesus: Wer euch aufnimmt, nimmt mich auf; und wer mich aufnimmt, nimmt den
auf, der mich gesandt hat. Die beiden Eigenschaften, die Jesus von den Schafen
verlangt, ergeben sich aus der Wirkung der beiden Taufen, der Feuer- und der
Wassertaufe. Durch Klugheit müssen sie zeigen, dass sie fähig sind, das Gute vom
Bösen zu unterscheiden, was die Bedeutung des Essens vom Baum der Erkenntnis ist;
während die Unschuld verlangt, dass sie sich makellos, unvermischt, weder von der
Welt bedingt noch von ihr verunreinigt halten. Die Menschen, vor deren Einfluss sich
die Schafe hüten müssen, sind hier diejenigen, die ein Talent für die Welt, aber nicht
für die Frucht der Erkenntnis haben. Zu diesen Menschen gehören immer diejenigen,
die über die weltliche Rechtsprechung herrschen. Sie verteidigen mit Strenge die
Postulate und Gesetze, wie sie im Text durch die Sanhedrin und die Synagogen
dargestellt werden. Was Jesus von seinen Schafen verlangt, ist, dass sie vor den
Menschen, die keine Frucht getragen haben, Zeugnis ablegen und die Frucht zeigen,
die in ihnen gewachsen und gereift ist. Da der Same in jeden einzelnen Menschen,
der in diese Welt kommt, gesät wird, ist es richtig, dass die Frohe Botschaft allen
Menschen verkündet wird. (Anmerkung: Während Paulus sagt, dass man den
Obrigkeiten gehorchen muss, lesen wir in den Essener Schriften folgendes: "Wir
sollten uns auch nicht mit den Edikten von Herrschern befassen. Wir halten sie auch
nicht aufrecht, unser Gesetz ist das Gesetz des Himmelsvaters und der Erdenmutter.

174
Wir widersprechen ihnen auch nicht, denn niemand regiert, es sei denn durch den
Willen Gottes. Vielmehr bemühen wir uns, nach dem Heiligen Gesetz zu leben und
immer das zu stärken, was in allen Dingen Gutes ist, dann wird das Reich der
Finsternis in das Reich des Lichts verwandelt werden.")

Die Einheit mit dem Geist, dem Sohn und dem Vater (Matthäus 10:19-20; Markus
13:11; Lukas 10:16): a) Wenn sie euch aber übergeben, so sorgt euch nicht darum,
wie ihr reden oder was ihr sagen sollt. Was ihr sagen sollt, wird euch gegeben
werden, wenn die Zeit gekommen ist. b) Denn nicht ihr werdet sprechen. Der Geist
eures Vaters wird in euch reden. c) Wer auf euch hört, der hört auf mich; wer euch
ablehnt, der lehnt mich ab, und wer mich ablehnt, der lehnt den ab, der mich gesandt
hat. Die ersten beiden Abschnitte stammen aus dem Bericht des Matthäus über die
Ansprache an die Zwölf, der dritte aus den Anweisungen an die Sieben im
Lukasevangelium. Jeder dieser Abschnitte zielt darauf ab, die Einheit zwischen dem
Sohn, dem Geist und dem Vater aufzuzeigen, die eins sind mit den Schafen, die die
vollständige Frucht der Erkenntnis erlangt haben. Es besteht jedoch ein deutlicher
Unterschied zwischen den beiden Gruppen von Schafen.

Die letzte Ansprache an die Zwölf: (Matthäus 10:21-22, Markus 13:12-13): a) Der
Bruder wird den Bruder in den Tod verraten und der Vater sein Kind; die Kinder
werden sich gegen ihre Eltern erheben und sie töten lassen. b) Ihr werdet von allen
Menschen gehasst werden um meines Namens willen. c) Wer aber standhaft bleibt bis
ans Ende, der wird gerettet werden. a) Es ist der Geist - das Mittel, das die vom Vater
stammende Erkenntnis weitergibt -, der die hier genannten Verwandten in den Tod
führt. Da wir uns bereits mit der Zusammensetzung des menschlichen Haushalts, den
fünf Bewohnern, befasst haben, den Christus mit seinem Feuer aus dem Geist
entzweien wird, sodass nur noch zwei übrig bleiben (der Sohn / der Geist und die
Tochter / die Seele), ist es nicht schwer zu verstehen, dass der Text, wenn er hier vom
Tod spricht, dies im übertragenen Sinn meint. Das Schwert, das den Verwandten
gegenübersteht und sie dann trennt, ist Christus, das Wort. Eine andere Sichtweise ist,
sich daran zu erinnern, dass Christus der Same ist, der in jeden Menschen gesät wird.
Das Dilemma, das die Verwandten voneinander trennt, besteht darin, ob man sich um
diesen Samen kümmert, damit er wächst und Frucht bringt, oder ob man ihn ein
Leben lang vernachlässigt - eine Entscheidung, die denen, die ihn gießen, Leben und
den anderen den Tod bringt. Diese Frage wird im Evangelium oft gestellt, und man
muss sie nur richtig verstehen. Meine Mutter und meine Brüder sind diejenigen, die
das Wort Gottes hören und es in die Tat umsetzen. Markus drückt es noch deutlicher
aus: Ich sage euch wahrlich, es gibt niemanden, der um meinetwillen und um des
Evangeliums willen Haus, Brüder, Schwestern, Vater, Kinder und Land verlassen hat,
der nicht hundertfach entschädigt werden wird, jetzt in dieser Zeit Häuser, Brüder,
Schwestern, Mütter, Kinder und Land - nicht ohne Verfolgungen - und in der
kommenden Welt, das ewige Leben. So wird ganz klar, was das Evangelium meint,
wenn es sagt, dass [der Geist] den Bruder dazu bringen wird, den Bruder in den Tod
zu verraten usw., denn alles, was darauf beharrt, unfruchtbare Spreu zu sein, muss
sterben, da es bloßes Stroh, bloße Unwissenheit ist, die keine Frucht bringt.

175
b) Es ist klar, dass sich der Text, wenn er von allen spricht, nicht ausschließlich auf
die Juden bezieht, wie einige Ausleger in den ersten Jahrhunderten der christlichen
Zeitrechnung dachten, sondern auf alle, die nur die Oberfläche der Welt sehen und
daher nicht bereit sind, die Existenz anderer innerer Schichten zuzulassen, die sie
nicht sehen können. Von all diesen kann man im übertragenen Sinne sagen, dass sie
diejenigen hassen, die zwar in der Welt bleiben, aber nicht mehr von ihr sind. Diese
letzteren, die die Welt hasst, sind diejenigen, die an den Menschensohn glauben. Aber
all dies wurde im vierten Evangelium dargelegt, wie auch in den Psalmen, die von
denen sprechen, die den Christus grundlos hassen. c) Wenn der Evangelist das
Ausharren bis zum Ende preist, bezieht er sich nicht auf den Untergang des Tempels
oder auf das Ende der Welt, wie die offensichtliche Exegese dachte. Vielmehr spricht
er damit von den langen menschlichen Wanderungen, die in der Erlösung der Seele
gipfeln. Die christliche Exegese hat in den Texten der Evangelien immer die
Ankündigung eines Weges in Christus gefunden, der erst dann als Weg erkannt wird,
wenn die Gegenwart des verborgenen, inneren Sohnes bekannt wird. Da Christus
allgegenwärtig ist, kann man sagen, dass niemand in diesen Weg eingetreten ist, denn
er war immer da. Was bis zur Erkenntnis seiner Gegenwart fehlte, war das Wissen um
diese Gegenwart. Wenn man die Gegenwart des Sohnes erkannt hat, führt der Weg
zur Erkenntnis des Vaters und zur Erlösung.

Ankunft in Jerusalem (Matthäus 10:23): a) Wenn sie euch aber verfolgen in dieser
Stadt, so flieht in die andere. b) Denn wahrlich, ich sage euch, ihr werdet mit den
Städten Israels nicht zu Ende sein, bis der Sohn des Menschen gekommen sein wird.
a) Das Durchgang durch die Städte stellt den Weg dar, während die Städte die
verschiedenen Bewusstseinszustände sind, von der weltlichen Oberflächlichkeit bis
zu den Tiefen des Reiches, die die Seele durchlaufen muss, bis sie ihren besonderen
Erkenntnisprozess vollendet hat. Die Seele, die inmitten der Nebel die Vorahnung
eines Duftes, die Gegenwart des Geliebten, des inneren Christus erfasst hat, wird in
jeder Stadt, in der sie lebt, vom Geist Gottes verfolgt. Was zu ihr kommt, ist eine
Feuersäule, die Quelle der Erkenntnis, die die Seele durchdringt und in ihr den Weg
zur nächsten Stadt, zur nächsten psychischen Station erhebt. Auf diese Weise schenkt
der Geist der Seele Erlösung, Aufgabe und Hingabe, wobei jede Welle des Feuers die
ihr entsprechende neue Höhe erreicht. Das ist der Fortschritt, den die Seele macht,
wenn sie den Geliebten kennenlernt, ein Fortschritt, der sie zur erneuten Begegnung
führen muss, zur Anerkennung einer Vereinigung, die sie so sehr gesucht hat, weil sie
nicht wusste, dass diese Vereinigung schon immer da war. Hier ist das Ende des
Weges: Die Erkenntnis, dass Erkennen und Erkanntwerden in der vollkommenen
Erkenntnis ein und dasselbe sind. b) Mit diesem Abschnitt schließt Matthäus seine
Darstellung des Weges ab, den die Zwölf bis zur Erlangung der Epignosis gehen
müssen. Der Bericht, den er zusammen mit dem Kapitel des Lukasevangeliums
begonnen hat, in dem der Weg der Sieben beschrieben wird, die Schritte, die eine
Seele bis zur Erlangung der Teilerkenntnis durchläuft, mündet in den Weg jener
Seelen, die bis zum Ende ausharren, um das Heil zu erlangen. Die letzte Etappe des
Weges wird später erklärt, doch nun schließt Matthäus seinen Bericht, der mit den
Arbeitern der Ernte begann, mit der Ankündigung der Ankunft des Menschensohns.

176
Matthäus sagt, dass der von ihm beschriebene Durchgang der Städte Israels bei
weitem nicht ausreichend ist. Er denkt wohl daran, dass der Pilger noch den Aufstieg
nach Jerusalem vollenden muss, dem himmlischen Jerusalem, der Stadt Gottes, von
der der Menschensohn in einem Lied der Einheit ausruft: Wie oft habe ich mich
danach gesehnt, deine Kinder zu sammeln, wie eine Henne ihre Küken unter ihre
Flügel nimmt. Aber vor dem Aufstieg nach Jerusalem muss die Gegenwart des
Menschensohns voll und ganz, dauerhaft und beständig verwirklicht werden; denn,
wie er sagte: Niemand ist in den Himmel hinaufgestiegen außer dem, der vom
Himmel herabgestiegen ist, dem Menschensohn. Auch die Zerstörung des Tempels
wird nur für den Menschensohn möglich sein, denn dies ist eine Aufgabe, die ihm vor
seinem Aufstieg in die Stadt Gottes anvertraut wurde. In der Erzählung des Matthäus
über den Weg der Zwölf, die in der Ernte arbeiteten, bleibt nur der Schrei der großen
Freude des Verbannten, der endlich seine wahre Heimat gefunden hat."
(https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

74. Jesus sprach: Herr, viele drängen sich um den Brunnen, aber niemand ist
noch an den Brunnen herangetreten.

Der Brunnen, von dem Yahshua hier spricht, ist wohl er selbst, der innere Christus
eines jeden Menschen, der der Brunnen der lebendigen Wasser ist, die ewiges Leben
schenken und die allen frei gegeben werden, die danach dürsten. Auch aus seinen
Nachfolgern, sagte er, werden Ströme lebendigen Wassers fließen. In den Evangelien
wird oft erzählt, dass Yahshua von Menschenmassen begleitet und nahezu verfolgt
wurde. Doch oftmals nicht wegen der Wunder und der ewigen Speise, sondern wie im
EHGOC zu lesen ist: "Am nächsten Tag suchten viele der 5000 wieder Yeshua, und
als sie ihn gefunden hatten, sagte er zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, ihr
sucht mich nicht, weil ihr die Wunder gesehen habt, sondern weil ihr von den Broten
und Früchten gegessen habt und satt geworden seid, aber ich sage euch heute, strebt
nicht nach der Speise, die vergänglich ist, sondern nach der Speise, die ewig währt,
und die der Menschensohn, der auch das Kind Gottes ist, euch geben wird." Am Ende
seines Dienstes auf Erden zieht er folgende erschütternde Bilanz und drückt seine
Enttäuschung darüber aus: "Im fleischlichen Körper eines Menschen bin ich mitten in
die Welt gekommen, und viele haben mich gesehen und gehört. Und alle Menschen
waren überfüllt mit ihren Lüsten und Begierden, denn alle waren nur fleischlich
gesinnt, und haben nur nach jeder möglichen Begierde gesucht, die ihren Körpern
und ihren Seelen schadet. Ja, sie waren alle betrunken mit ihren eigenen Torheiten
und Selbsttäuschungen und waren Lästerer, Geldliebhaber, Fleischesser, Weintrinker,
gierige und blinde Führer, zügellose und bösartige Lügner, Diebe, Ehebrecher,
Prostituierte und hungrig nach jeder bösen Frucht. Und meine Seele schmerzt, denn
ich habe keinen Hunger oder Durst nach der wahren Weisheit Gottes gefunden. Ja,
die Söhne und Töchter der Menschen sind blind in ihrem Herzen und in ihrer Seele
sind sie taub und hören nicht meine Stimme, die sie zur Erlösung führt." Die meisten
Menschen wirken und arbeiten ausschließlich für die vergängliche Speise und sind so
tief in der Abhängigkeit vom System, der Welt, gefangen, dass sie nicht für einen
einzigen Moment zur Ruhe kommen, um einmal tiefer in sich selbst zu schauen.

177
Und selbst wenn sie die Ruhe und Zeit hätten, wird diese in andere Sachen investiert,
die ebenfalls nur dem Vergänglichen gewidmet sind. Dies ist heutzutage schlimmer
denn je, was ganz gewiss kein Zufall ist, denn wir sollen auch gar nicht dazu
kommen, uns nach innen zu wenden. Das ganze Leben ist, abgesehen von der Arbeit,
voll mit unzähligen Ablenkungen, auf die sich die Menschen, die zur Welt gehören
nur allzu gerne stürzen. Selbst im dem, was sich heutzutage Christentum nennt, gilt
Meditation als „vom Satan“, genau wie viele andere Dinge, die dem Erreichen der
Einheit von Körper, Seele und Geist dienen. Nur das, was wirklich vom Satan ist,
nämlich z.B. all das Blutvergießen der unschuldigen Geschöpfe, wird mit dem „Wort
Gottes“ gerechtfertigt und anstatt sich diesem zum Himmel schreienden Unrecht und
dem grenzenlosen Leid der Tiere zu stellen, wird es vollkommen ignoriert, damit
auch ja kein schlechtes Gewissen aufkommt und der Heilige Geist einen nicht der
Sünde überführen kann. Auch im Logion 28 sagt Yahshua so ziemlich das Gleiche:
Ich stand mitten in der Welt und erschien ihnen im Fleisch. Ich fand sie alle trunken,
ich fand keinen durstigen unter ihnen, und meine Seele empfand Schmerz über die
Söhne der Menschen, weil sie blind in ihrem Herzen sind, und nicht sehen, dass sie
leer in die Welt gekommen sind, und leer auch wieder aus der Welt gehen.

"Jeder vollständige Mensch ist wie ein Brunnen, dessen lebendiges Wasser die
unerschöpflichen Elemente sind, aus denen seine Seele besteht, die unaufhörlich
fließen und sein Leben bewässern. Wo diese Wasser bewusst sind, nennt man sie
Seele (Psyche), und wo sie unbewusst sind, nennt man sie ebenfalls Leben (Psyche).
In beiden Fällen ist das Wasser der biblische Ausdruck für die Seele, während der
Brunnen die Struktur ist, die sie umgibt und enthält. Im Hohelied der Liebe sagt der
mystische Bräutigam (der Geist) zur Braut (der Seele): Brunnen, der die Gärten
fruchtbar macht, Brunnen des lebendigen Wassers! Wenn vom Brunnen gesagt wird,
dass sein Wasser lebendig ist, dann deshalb, weil das Leben der Seele - das lebendige
Wasser - das Leben ist, das sie als Leihgabe vom Geist Gottes erhalten hat, der das
einzige wirklich lebendige Wesen ist, in sich selbst der Lebendige. So geben die
unergründlichen Quellen des Lebendigen dem Wasser eines jeden Brunnens Leben,
wie eine reichhaltige Quelle, die in ihn eindringt und in ihm wohnt. Darauf bezieht
sich Jesus im Logion, wenn er beklagt, dass niemand in dem Brunnen ist, der mit
dem Lebendigen vereint ist, sondern alle nur um die Brunnen herumstehen. Der
wahre Sinn dieses Ausspruchs Jesu ist sehr schwer zu erkennen, denn er muss direkt
verstanden werden, das Verstehen muss lebendig sein, und das hängt nicht vom
Verstand ab, es kommt als Geschenk, das allein die Macht hat, die Tore der Seele für
den Glauben zu öffnen. Vielleicht aus diesem Grund und auch, weil, wie das Logion
sagt, niemand in dem Brunnen ist, richtet Jesus diese Worte nicht an die Zuhörer,
sondern an den Vater, den Herrn, und bittet ihn, sein Wasser fließen zu lassen, damit
diese, die Seelen, ihr eigenes wahres Wesen in den Brunnen entdecken und sich nicht
in vergeblicher Suche um sie herum verlieren. Hier verwendet Jesus den Brunnen als
Metapher für die Psyche, wie in der alttestamentlichen Tradition, die auf das
ursprüngliche Bild des Wassers als Seele zurückgreift. Eine Version dieser Metapher
findet sich in der Wüstenquelle, in deren Wasser das Sklavenmädchen Hagar ihr
eigenes Abbild findet und ihr die ersten Fragen des Seins stellt: Woher kommst du,

178
und wohin gehst du? Wenn der Brunnen als Metapher für die Seele interpretiert wird,
ist es leicht zu akzeptieren, dass in den geheimnisvollen Tiefen seiner Gewässer, im
tiefen ICH BIN, der von Gott Gesandte zu finden ist, der Menschensohn, der, da er
immer die Wurzel des Seins - des reinen Seins - ist, jenseits aller Vorstellungen der
Lebendige genannt werden muss, der uns sieht. Wir dürfen die goldene Regel nicht
vergessen, um ein wahres Verständnis des Erkenntnisprozesses zu erlangen: Wenn
das Auge sieht, ist es nicht das Auge, das sieht, sondern die Seele, denn das Auge ist
ihr Instrument; und wenn die Seele sieht, ist es nicht die Seele, die sieht, sondern der
Lebendige, der, obwohl er der Seele, der Vernunft und dem Verstand unbekannt
(unsichtbar) ist, immer die einzige Hauptursache ist. Das Wasser, von dem Jesus hier
spricht, ist nicht das übliche Brunnenwasser, das die Samariterin kennt und trinkt,
sondern lebendiges Wasser aus der Quelle, das die Seele nährt. Wie das Feuer der
Erkenntnis, die von Gott ausgeht, fließt es aus allen unterirdischen Flüssen der Welt
und sammelt sich in der Seele, um sie mit den Strömen des Heils zu bereichern. Dies
sind die Wasser, die den Durst nach dem ewigen Leben stillen, den Durst, der
letztlich der einzig wahre Durst der Seele ist. Jedes Wasser, das die Seele aufnimmt,
verwandelt sich in eine innere Quelle, deren Fluss die heilige Hochzeit mit dem Geist
ermöglicht. Darauf bezieht sich zweifellos die überraschende Anspielung Jesu auf die
Ehemänner der Samariterin. Diese Ehemänner werden von Jesus als unzureichende
(psychische) Bräutigame angeprangert, denn die einzig wahre Hochzeit ist die mit
dem pneumatischen Bräutigam, und diese erfüllt, wenn sie klar erlebt wird, das ganze
Leben der Seele. Die verborgene innere Hochzeit, oder besser ausgedrückt, der Weg
zu diesen Hochzeiten der heiligen Vereinigung, setzt eine ständige Anbetung voraus,
die nur im Geist und in der Wahrheit praktiziert werden kann und muss. Diejenigen,
die diese Stufe der Praxis erreichen, sind Anbeter nach dem verborgenen Aspekt
Christi, Priester, die ihr Amt ausüben, indem sie sich vor dem aus der Höhe
Geborenen, der in ihnen ist, niederwerfen. In Wahrheit ist die Gegenwart dieses aus
dem Geist Geborenen wie der Wind, dessen Stimme man hört, ohne zu wissen, wie
und warum, aber die wahren Anbeter brauchen keinen anderen Tempel oder irdischen
Berg, um sich in völliger Anbetung niederzuwerfen. Die Samariterin, die keine
Männer hat, sagt dann: Ich weiß, dass der Messias kommt. Und Jesus antwortet: Ich,
der ich zu dir spreche, ich bin es. In der verborgenen Deutung ist es so, als hätte er
gesagt: Der Christus, im Geist und in der Wahrheit, ist hier, gegenwärtig vor euren
Augen. Was sein Kommen betrifft, so kommt er immer, wenn ihr ihn seht und zu
verstehen wisst, dass er es ist, der euch sieht. Er ist der Lebendige, der euch sieht, aus
eurer Tiefe heraus. Wenn deine Seele ein Fleisch mit ihm wird, lebst du nicht mehr
am Brunnen, sondern in ihm. Du musst wissen, dass du gleichzeitig der Brunnen, der
Lebendige, der dich sieht, und das vergängliche sterbliche Bild bist, das an der
Oberfläche des Brunnens sucht und sucht. Letzteres ist das Bild, das vergessen
werden muss." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

75. Jesus sprach: Viele stehen vor der Tür, doch nur die Einsamen (griech.
monaxos: einzeln, unverheiratet, abgesondert, vereinigt) sind es, die ins
Brautgemach eintreten werden.

179
Wer die Kommentare bis hier hin aufmerksam gelesen hat, wird sich bereits erklären
können, welche Menschen damit gemeint sind. Alle der genannten möglichen
Übersetzungen des griechischen Wortes „Monaxos“ ergeben Sinn und treffen auf sie
zu. Sie sind einsam, da sie nicht (mehr) zur Welt gehören und daher von ihr
abgesondert leben und von der Welt gehasst werden, da sie nicht von ihr sind uns die
Welt hassen, in der die Lüge, der Tod und die Ungerechtigkeit herrschen und wo
Licht zu Finsternis und Finsternis zu Licht gemacht wird. Da sie sich von dem
falschen Bräutigam, der Welt und ihren Trugbildern getrennt und für ihren wahren
Bräutigam gereinigt haben, sind sie auch unverheiratet und sie sind vereinigt, da ihre
Seele mit dem Leben spendenden Geist gefüllt wurde, nachdem sie von allem Ballast
der Welt entleert wurde. Es erinnert auch an das Gleichnis mit den 10 Jungfrauen,
von denen nur 5 Öl für ihre Lampen hatten.

"Wir wissen, dass die Tür Christus ist, denn im vierten Evangelium heißt es ganz
klar: Ich bin die Pforte zum Schafstall. Durch diese Tür, die der innewohnende
Menschensohn ist, müssen alle Schafe (Seelen) gehen, die das Heil suchen. Das
bedeutet, dass alle Seelen die Anwesenheit des ihnen innewohnenden höheren
pneumatischen Prinzips in sich selbst erkennen müssen. Der Übergang vom
psychischen Bewusstsein zu dem von oben Geborenen, dem Geist, wird in der
Sprache des Evangeliums durch die Metapher des Durchschreitens der Tür oder der
Pforte ausgedrückt; und dies ist nicht etwas, das weit entfernt ist, sondern im Inneren,
denn es ist das reine Sein eines jeden Menschen. Deshalb heißt es im Markus-
Evangelium: "Wisset, dass er nahe ist, an den Pforten", und wenn er von Pforten
spricht, dann deshalb, weil er sich auf die Pforte bezieht, die in jedem einzelnen
Menschen immer offen ist, obwohl sie für alle dieselbe ist, nämlich Christus, der
Menschensohn; es gibt also nur eine Pforte, obwohl es viele zu geben scheint, wie der
Logion sagt: Es stehen viele vor der Tür. Dieses „eine in vielen“ ist das große
Geheimnis, in dem sich viele verirren; nur durch Demut und die Reinigung in der
Taufe kann es verstanden werden. Es gibt nur einen inneren Christus. Betrachtet man
ihn im Sinne von Festigkeit, so nennt man ihn Stein, Eckstein, Felsen; betrachtet man
ihn jedoch als den Weg zur späteren Gegenwart und Ankunft, so nennt man ihn
Pforte. Der Hirte des Hermas spricht davon. Er sagt, dass der Felsen alt und die Tür
neu ist. Der Sohn Gottes ist älter als alle seine Geschöpfe, deshalb ist er alt (der Fels);
aber in der Vollendung eines jeden Menschen wird der verborgene Christus offenbar;
daher scheint das Tor immer neu zu sein. Ebenso scheint die eine Pforte eine Vielzahl
zu sein, da jeder durch sie in das Reich Gottes eintritt. Nach der Vollendung
(Synteleia) wird der Turm der Schöpfung zu einem Stein mit dem Felsen. Diejenigen,
die an den Herrn durch seinen Sohn geglaubt haben und mit seinem Geist bekleidet
sind, werden ein einziger Geist und ein einziger Leib sein, und die Farbe ihres
Gewandes wird gleich sein. Dies ist zweifellos das, was Jesus meinte, als er ausrief:
Jerusalem, Jerusalem ... [Er meinte das himmlische Jerusalem, das des Geistes] Wie
oft habe ich mich danach gesehnt, deine Kinder zu versammeln, wie eine Henne ihre
Küken unter ihren Flügeln versammelt. Die versammelten Kinder, auf die Jesus
anspielt, sind Seelen, die mit dem Geist bekleidet sind, d.h. die für die heilige
Hochzeit erforderlichen Gewänder tragen.

180
Da der Geist eins und nur eins ist in der Einheit des Turms, der von all jenen gebildet
wird, die an den Herrn geglaubt und sich zu Kindern Gottes gemacht haben, ist es
leicht zu verstehen, dass diese, die Auserwählten, einzeln (Monaxos) genannt werden,
denn sie sind es in doppelter Hinsicht: Ihr Bewusstsein ist ein einziges, einheitliches,
wenn sie als pneumatische Seelen im Hochzeitsgemach zur Ruhe kommen, und der
Menschensohn empfängt die Herrlichkeit des Vaters, die Herrlichkeit, die eins ist, als
sein einziger Sohn. Als Jesus in Nazareth die Frohe Botschaft verkündete, nahm er
deshalb die Worte Jesajas als Text: Der Geist des Herrn ist auf mir, denn er hat mich
gesalbt. Das Wort gesalbt ist eine andere Art, auf den verborgenen, immanenten
Christus hinzuweisen, der wie der alte Fels, der vor der Schöpfung da war, das
Fundament aller Dinge ist. So war es bei Jesus, dem die Stunde offenbart wurde, in
der er das Evangelium verkünden sollte, und so ist es auch bei uns, damit auch wir
durch den Glauben für die Gegenwart Gottes gesalbt werden. Der Christus Gottes ist
auf jeden Fall immer derselbe, da er ewig ist und außerhalb und unabhängig von der
Zeit ist. Christus ist der gesalbte Stein, die Pforte des Himmels; doch die Salbung ist
für jede Seele neu: Wenn der Geist des Herrn in Gestalt einer Taube kommt (obwohl
er unsichtbar ist), dann ist es die Salbung, die die Gegenwart des verborgenen
Christus offenbart, und ihr Wirken öffnet die Pforte für sein Kommen. Wenn wir vom
Kommen sprechen, meinen wir, wie das Evangelium, die Erkenntnis dessen, was in
uns liegt, denn das Kommen des Menschensohns setzt keine Bewegung seinerseits
voraus, sondern eine Selbstentdeckung. Damit diese Entdeckung, die auf subtile
Weise mit der Salbung der Gegenwart beginnt, als Eingangstor für das Kommen
dient, ist es notwendig, den Stein zu salben, ihm ein Denkmal zu setzen, ihn durch
Anbetung oder Betrachtung zu weihen, ihn fest und beharrlich bis zur glückseligen
Versenkung zu halten. All das ist unter dem Gleichnis von den zehn Brautjungfern zu
verstehen, das Matthäus erzählt. Von den geläuterten Seelen in diesem Gleichnis wird
die Hälfte als vernünftig bezeichnet, d.h. als fähig, das Gute vom Bösen zu
unterscheiden - die beiden Wege, die sich auftun, wenn man von der Frucht des
Paradiesbaumes isst - während die anderen Brautjungfern als töricht bezeichnet
werden, da sie unvorsichtig sind und es ihnen an der Unterscheidungskraft fehlt, die
diese Tugend verleiht. Nach dieser Erzählung hatten die vernünftigen Seelen in
Erwartung der Ankunft des mystischen Bräutigams, mit dem sie durch die Tür zur
Hochzeit gehen sollten, unablässig den Stein gesalbt, der als Denkmal errichtet
worden war, den Christus Gottes, und jede hatte ihre Lampe bereit, zusammen mit
zusätzlichem Öl in ihrer Flasche, das ausreichte, um ihren Weg zum Festsaal zu
beleuchten. Die anderen Brautjungfern, die nicht genug Licht in ihren Lampen hatten
und die Salbung vernachlässigt hatten, konnten den Ort nicht erkennen, und als der
höchste Augenblick mit der Ankunft des Menschensohns kam, kannten sie sein Wort
nicht. Da sich das Gleichnis zweifellos auf Seelen bezieht, die auf ihrem Weg in
Christus große Fortschritte gemacht und die Salbung durch den Geist des Herrn
empfangen haben, scheint es wahrscheinlich, dass die Bedeutung des Gleichnisses
darin besteht, dass niemand sicher sein kann, das Ziel seines evangelischen Prozesses
zu erreichen, solange der Turm der Einheit nicht fest mit dem Felsen verbunden ist;
bis dahin muss der Rat Jesu befolgt werden: Bleibt wach und betet.

181
Die Sintflut, die nach Petrus als Metapher für die Taufe zu betrachten ist, erreichte
ihren Höhepunkt erst, als die Taube [die Shekinah, die Gegenwart] mit einem neuen
Ölzweig im Schnabel zu Noah zurückkam. Der Geist des Herrn in Gestalt einer
Taube - die Shekinah, die Gegenwart - ließ sich auf Noah nieder und salbte ihn. Nach
der verborgenen Auslegung, die wir hier anwenden, bedeutet dies alles, dass der
menschlichen Generation ein Zeichen gegeben wurde, als ein Regenbogen in den
Wolken erschien. Dies war eine Gotteserscheinung, ein universeller Weg, der sich für
die Seele manifestierte. Aus dem Ölzweig, den die Taube bringt, kommt das Öl für
die Lampe aller vernünftigen Brautjungfern der Erde. Der Zugang zu seiner Salbung
ist das Unterpfand, die Verheißung, dass Frieden möglich ist, Ruhe für die Seele,
durch den Bund (Vereinigung) mit Gott. Die Salbung, die dir von der Taube (der
Gegenwart) zuteil wird, sagt dir: Glaube an den Stein, der du bist, frei von allen
Vorstellungen. Stellt euren inneren Christus als Denkmal auf, um unaufhörlich
gesalbt zu werden, denn obwohl ihr ihn noch nicht kennt, ist er der Gesalbte, wenn
ihr ihn im Geist und in der Wahrheit anbetet. Seid gewiss, dass der Tag kommen
wird, an dem der Regenbogen zwischen den Wolken eures Himmels aufleuchten wird
und eine geheime, verborgene Stimme, die leise, aber wahrhaftig ist, für euch
offenbar wird und sagen wird: Du bist mein Sohn, der Geliebte; mein Wohlgefallen
ruht auf dir." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

76. Jesus sprach: Das Reich des Vaters gleicht einem Kaufmann mit einer
Ladung Waren, der eine Perle fand. Der Kaufmann war klug. Er verkaufte die
Waren und kaufte sich die einzige Perle. Sucht auch ihr nach seinem Schatz, der
nicht vergeht, und dort ist, wohin keine gierigen Motten dringen, und wo kein
Wurm ihn zernagt.

"Die Perle, das Juwel, der unzerstörbare Schatz, das sind drei verschiedene Arten, in
denen das Evangelium von dem Wort spricht, das unter [in] uns lebt. Wie im
Gleichnis vom Sämann, auf das man immer wieder zurückkommen muss, erklärt
wird, wird das Wort des Reiches Gottes bei der Geburt in jeden Menschen gesät.
Deshalb ist das Wort, die Perle, der Mensch in sich selbst, sein wesentliches Wesen.
Es geht darum, dass das Wort, der Menschensohn, das natürliche Bewusstsein des
Menschen übersteigt, und deshalb verstehen die Weltmenschen das in sie gesäte Wort
des Reiches nicht, noch können sie ihr wahres Wesen darin erkennen. Der Übergang
vom natürlichen Bewusstsein zum transzendentalen Bewusstsein ist ein großer
innerer religiöser Vorgang, das höchste Geheimnis des Menschen, wie es das
Evangelium verkündet und erklärt. Das Gleichnis vom Sämann besagt, dass, wenn
der Boden gut ist, es ihm möglich wird, das Wort zu hören und zu verstehen. Das
Wort zu hören bedeutet, die Perle, den unzerstörbaren Schatz, zu finden, während das
Verstehen des Wortes bedeutet, fruchtbar zu werden, indem man sich seiner inneren
Verwandlung bewusst wird, so dass die Begegnung, das erste Finden, die Geburt von
oben ist, und das Verstehen den Höhepunkt des Geheimnisses darstellt, eins zu sein
mit dem Sohn und dem Vater. Als Jesus die Bedeutung des Gleichnisses vom Sämann
erklärt, erwähnt er verschiedene Stufen der Fruchtbarkeit, und es ist nicht schwer, die
erste davon mit der Geburt im Geist zu identifizieren.

182
Hier beginnt die Suche nach der Perle, denn mit dem Geist kommt die Gewissheit,
dass es in uns eine unerschöpfliche Quelle gibt: Das Wort. Seit der Verkündigung
Jesu in Galiläa, dass das Reich Gottes nahe ist, besteht der einzige Weg, den ein
Mensch, der das Evangelium sucht, gehen kann, im festen Glauben, damit seine
Augen lernen, mit dem Glauben zu sehen. Ein solcher Mensch wird nicht mehr von
der Notwendigkeit des Suchens beunruhigt sein, denn er wird bereits gefunden haben,
und sein einziges Gebet wird darin bestehen, die Gegenwart Gottes zu erkennen und
seine Augen niemals von der Perle abschweifen zu lassen, die vor ihm steht, ihm
nahe ist und sein eigenes Wesen ist, das bei seiner Geburt in ihn gesät wurde. Indem
er in der Gegenwart der Perle wandelt, wächst das Bewusstsein des neuen Menschen,
wird gestärkt und mit Weisheit erfüllt, denn die Gnade Gottes ruht auf ihm. Diese
Weisheit befähigt ihn, die Last abzulegen, die er bis dahin getragen hat. Er hatte sie
behalten, weil er dachte, die Last sei seine eigene und damit unverzichtbar. Alle
parallelen Stellen im Evangelium erwähnen die Notwendigkeit, sich von dieser Last
zu befreien, indem man alles verkauft, was man besitzt, und man sollte diese
Aufforderungen befolgen. Dabei geht es nicht nur um den großzügigen Verzicht auf
materielle Güter, sondern vielmehr um einen Akt der Demut und des Verständnisses.
Die abzulegende Last oder der weltliche Schatz umfasst all jene Bewusstseinsinhalte,
von denen das natürliche Ego abhängt. Dies in seiner Gesamtheit aufzugeben, ist ein
höchster Akt des Glaubens. Um in der Gegenwart zu wandeln, braucht es ein
liebendes Herz, das seinen Schatz in das Wort zu legen weiß. Wenn das Herz leer ist,
verwandelt sich die ungehinderte Gegenwart in den Strom des Kommens des Herrn.
Dann erklingt die Stunde des universalen Menschen, der Vollendung der Einheit
gemäß dem sakralen Gebet Jesu an den Vater: Dass sie eins seien, wie wir eins sind.
Dies ist die Stunde der vollkommenen Erkenntnis, der vollständigen Fruchtbarkeit
des Wortes, die Stunde des Kommens, die die ersten Christen ausrufen ließ:
Maranatha, der Herr kommt." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

77. Jesus sprach: Ich bin das Licht, das über ihnen allen ist. Ich bin das All. Das
All ist aus mir hervorgegangen, und das All ist zu mir zurückgelangt. Spaltet ein
Stück Holz, und ich bin da. Hebe einen Stein, und ihr findet mich dort.

Siehe auch Logion 67. Der erste vollkommene Mensch, der eingeborene Sohn, der
Erstgezeugte, ist am ersten Tag der Schöpfung entstanden als Gott sprach: Es werde
Licht. Die ersten vier Verse der Bibel lauten: "Im Anfang schuf Gott den Himmel und
die Erde. Und die Erde war wüst und leer, und Finsternis war über der Tiefe; und der
Geist Gottes schwebte über dem Wasser. Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es
wurde Licht. Und Gott sah das Licht, dass es gut war; und Gott schied das Licht von
der Finsternis." Der Christus, der jedem Menschen innewohnende, ist das einzige
Licht der Welt, das durch jeden Menschen scheinen kann und soll. Ohne ihn gibt es
kein Licht, sondern nur Finsternis. Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen
und erkennen wie allumfassend diese Erkenntnis und Aussage ist. Es ist in jedem von
uns in ungeoffenbarter Form vorhanden, es ist unsere wahre Identität und unsere
wahre Bestimmung. Es ist unser einziger Weg zurück zum Vater. Es ist alles in Allem,
alles, was heilig und gut ist, alles, was Liebe, Frieden, Weisheit und Erkenntnis ist.

183
Es ist das unnahbare Licht des Vaters, das er durch den Sohn in jedem Menschen
wohnen lässt. Ein Satz im Philippus-Evangelium fasst dies so kurz wie irgend
möglich zusammen: Der Vater war im Sohn und der Sohn im Vater. Das ist das Reich
der Himmel. Wir sind zwar nicht der eingeborene Sohn, aber wir können Söhne des
Sohnes des Menschen werden und sein, und damit auch Miterben über das All, denn
Yahshua sagte, dass er uns dasselbe Königreich bestellt, das ihm vom Vater bestellt
wurde. Wenn wir den innewohnenden Christus vollständig in uns offenbaren, dann
sind wir selbst der Sohn, ein Ebenbild des Vaters, denn, wie in den Oden Salomos zu
lesen, gibt der Vater uns sein Licht, seine Seele, sein ganzes Wesen, und macht uns zu
seinem Ebenbild. Die Ode 9 lautet: "Öffnet eure Ohren, und ich werde mit euch
sprechen. Gebt Mir eure Seelen, damit Ich euch Meine Seele geben kann. Das Wort
des Herrn und sein Wohlgefallen, den heiligen Gedanken, den er dachte über seinen
Gesalbten. Denn auf dem Willen des Herrn beruht eure Rettung, und sein Plan ist
ewiges Leben, und eure Vollkommenheit ist unvergänglich. Seid bereichert in Gott
dem Vater und empfangt den Plan des Allerhöchsten, seid stark und werdet erlöst
durch Seine Gnade. Denn ich verkünde euch, seinen Heiligen, Frieden, damit keiner
von denen, die es hören, im Kampf fällt. Und damit auch diejenigen, die ihn
erkennen, nicht verloren gehen und diejenigen, die ihn aufnehmen, sich nicht
schämen. Eine ewige Krone ist die Wahrheit, gesegnet sind die, die sie auf ihr Haupt
setzen. Ein Stein von großem Preis ist es, und die Kriege waren der Krone wegen.
Und die Gerechtigkeit hat sie genommen und sie euch gegeben. Setzt die Krone auf
in seinem Bund, die Wahrheit des Herrn, und alle, die überwunden haben, werden in
sein Buch eingeschrieben. Denn ihr Buch ist der Sieg, der euch gehört, und er sieht
dich vor sich und will, dass du gerettet wirst." So wie Yahshua sagte: Alles, was dem
Vater gehört, gehört auch mir. So gibt der Vater all denen, die Söhne des Sohnes
geworden sind, ebenfalls alles, was ihm gehört. Im Philippus-Evangelium lesen wir:
"Es gibt den Sohn des Menschen und es gibt den Sohn des Sohnes des Menschen.
Der Herr ist der Sohn des Menschen. Sohn des Sohnes des Menschen ist derjenige,
der durch den Sohn des Menschen geschaffen wird. Der Sohn des Menschen erhielt
von Gott die Fähigkeit, zu schaffen. Er hat aber auch die Fähigkeit zu zeugen. Wer
die Fähigkeit zu schaffen erhalten hat, ist selbst ein Geschöpf. Wer die Fähigkeit zu
zeugen erhalten hat, ist selbst ein Gezeugter. Wer schafft, kann deshalb nicht auch
schon zeugen. Wer aber zeugt, kann auch schaffen. Zwar gibt es die Redewendung:
Wer schafft, zeugt; aber das Erzeugnis der Schaffenden ist nur ein Geschöpf. Seine
Erzeugnisse sind nicht seine Kinder, sondern nur seine Werke. Wer schafft, wirkt im
Sichtbaren und ist selbst sichtbar. Wer aber zeugt, wirkt im Verborgenen und ist selbst
verborgen. (Das Geschöpf) ist nur ein Abbild. Wer schafft, schafft im Sichtbaren. Wer
aber zeugt, der zeugt Kinder im Verborgenen." Nur die Söhne werden erben, wie
Yahshua sagte, der Sklave (der Sünde) bleibt nicht ewig im Haus (des Vaters), der
Sohn aber schon. Wenn der Vater sieht, das wir uns im Kleinen (Vergänglichen) als
treue Verwalter erweisen und sein Vertrauen, das er uns schenkte, als er uns die
(vergängliche) Schöpfung übergab, nicht missbrauchen, dann wird er uns auch das
Große anvertrauen, denn Yahshua sagte, wer im Kleinen vertrauenswürdig ist, der ist
es auch im Großen.

184
"Wenn Jesus im Logion sagt: "Ich bin das All", dann sagt er dasselbe wie der Satz im
Johannes-Evangelium: "Ich bin das Licht der Welt". Ob offenkundig oder verborgen,
Christus ist immer ein unendlicher Ozean von Licht, ein grenzenloses Bewusstsein
von Weisheit und Liebe. Er ist der Mantel der Herrlichkeit, der den Vater bedeckt,
nichts ist ohne ihn entstanden. Das Licht ist über allem, was existiert, das heißt, über
allem, was als Welt erscheint. Das Licht ist nicht die Welt, sondern es ist in der Welt,
und das heißt, es ist in allem, was in der Welt existiert, denn alles ist aus dem Licht
hervorgegangen, ohne jemals aufzuhören, in ihm zu sein. Deshalb sagte Jesus, als er
das Jüngste Gericht beschrieb: Ich war hungrig, und ihr habt mir (nie) zu essen
gegeben; ich war durstig, und ihr habt mir (nie) zu trinken gegeben. Als er so sprach,
wandte er sich an alle Völker und legte Zeugnis ab von der Größe der Herrlichkeit,
denn Gott wollte, dass alle Vollkommenheit in ihm [im Licht, in Christus] zu finden
sei. Das Gericht ist als letzte Etappe auf einem Weg zu verstehen, der von der
Finsternis zum Licht zurückführt. Wie der Apostel offenbarte: Es gibt nur einen Herrn
Jesus Christus, durch den alle Dinge sind und wir durch ihn, durch ihn kommen wir
zum Vater. Der Logion weist auf diesen Weg der Erlösung hin, wenn er sagt: Zu mir
ist alles gekommen. Aber das vierte Evangelium, das vom Licht spricht, drückt es
noch deutlicher aus: Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis wandeln, sondern
das Licht des Lebens haben. Es gibt viele denkwürdige Zeugnisse zu diesem Thema
der Erneuerung der Schöpfung. Im Licht zu leben bedeutet, zurückzukehren, es ist die
Erlösung, und es gibt keinen anderen Unterschied zwischen dem, was zurückkehrt,
und dem, was ist, als den zwischen dem All und dem, was aus dem All hervorgeht;
zwischen der Welt und dem Licht, das über der Welt ist. In der bildhaften Sprache der
Poesie symbolisiert Jesaja das Bild des Menschen als aus Holz und Stein bestehend,
und es fällt nicht schwer, darin das Holz als den sichtbaren Schatten des Menschen zu
sehen, so dass der Stein im Holz nur gefunden werden kann, wenn man es mit
Überzeugung spaltet. Dieser Stein ist zweifellos der Stein, der auserwählt wurde, der
kostbare Eckstein - das Wort, das in jeden Menschen gesät wurde, von dem Jesus
sprach. Was Jesus nun in dem Logion sagt, ist, dass der Stein für uns ein Mittel sein
muss, um die Kluft zwischen dem Schatten und dem Licht zu überbrücken. Der Stein
muss als Denkmal aufgerichtet werden, um den Ort der Anbetung zu markieren, denn
er ist in ihm gegenwärtig. Nur so können wir das Tor des Himmels und das Haus
Gottes finden." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

78. Jesus sprach: Weshalb seid ihr hier aufs öde Feld herausgekommen? Um ein
Schilfrohr zusehen, das vom Wind verweht wird? Oder um einen Menschen zu
sehen, der weiche Kleider anhat? Seht, eure Könige und Großen, die haben
weiche Kleider an. Aber sie können die Wahrheit nicht erkennen.

Ich denke Yahshua betont hier, dass wir nicht nach dem äußeren Schein urteilen und
auch nicht im Außen nach ihm suchen sollen, sondern im Innern. Auch grenzt er sich
als „König der Juden“ von den weltlichen Königen ab, die im Gegensatz zu ihm an
weltlichen Reichtümern zu erkennen sind. Er jedoch herrscht über die verborgenen
Reichtümer seines Reiches, welches nicht von dieser Welt ist, und gibt sie jedem frei,
der ihrer würdig ist.

185
"Der sichtbare Körper des Menschen wird als ein Schilfrohr beschrieben - ein hohles
Rohr, das vom Wind, vielleicht von den Leidenschaften, geschüttelt wird. Menschen
in hohen Ämtern tragen meist kostbare und aufwendige Gewänder. Das ändert aber
nichts daran, dass sie nur Schilfrohr sind, das vom Wind geschüttelt wird. Wie auch
immer sein äußeres Erscheinungsbild aussieht, ein Schilfrohr kann die Wahrheit nicht
erkennen. Dies ist die Definition des sichtbaren Menschen, wie er von Jesus erklärt
wird, im Gegensatz zum vollständigen, doppelt geborenen Menschen, der zuerst von
der Frau und dann vom Geist geboren wurde. Er trennt den sichtbaren Menschen
nicht vom unsichtbaren, nämlich das Schilfrohr vom Wind, sondern spricht von den
Funktionen und Eigenschaften beider: Der Wind weht, wo er will; man hört sein
Geräusch, aber man kann nicht sagen, woher er kommt und wohin er geht. Der Wind
(Pneuma) bläst auf das sichtbare Schilfrohr, auf das alle Winde einwirken: Der erste
Wind (Anemos), der Wind der Leidenschaft, und der zweite Wind (Pneuma), der
Geist, dessen Ziel unbekannt ist, denn der Geist ist nicht von dieser Welt. In beiden
Fällen ist das Schilfrohr sichtbar und sterblich, Fleisch, das aus Fleisch geboren wird;
was aber aus dem Geist geboren wird, ist Geist, und als solches unsterblich und
unsichtbar. Das, und nur das, ist das Geheimnis in Christus, denn der Geist, der aus
dem Geist geboren ist, kennt die Wahrheit, die ihm von Anbeginn der Zeit bestimmt
war." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

79. Es sagte zu ihm eine Frau aus der Menge: Heil dem Mutterleib, der dich
getragen hat, und den Brüsten, die dich gesorgt haben. Er antwortete: Heil
denen, die das Wort des Vaters gehört, und es in Wahrheit bewahrt haben. Denn
es werden Tage kommen, da ihr sagen werdet: Heil dem Mutterleib, der nicht
empfangen hat, und den Brüsten, die nicht gesäugt haben.

"Wir müssen uns bewusst sein, dass sowohl der aus dem Fleisch geborene Mensch
als auch der aus der Höhe geborene Mensch durch die beiden Menschen auf dem
Feld [des Bewusstseins] dargestellt werden, von denen der eine genommen wird,
während der andere übrig bleibt. Der letztere, das Ego, das zurückbleibt, wird das
Reich seines Gegners nicht verlassen, ohne mit Zähnen und Klauen jeden Inhalt der
Psyche zu verteidigen, der noch steht, wenn seine Stunde kommt. Daraus ergibt sich
die Bedeutung des Segens, der den Gesang derjenigen Seelen verherrlicht, die sich in
leere Schalen verwandeln können, bevor sie die große Trübsal durchmachen. Was die
anderen Seelen betrifft, die an jenen Tagen ihr Ich für das Wort aufgeben müssen, an
jedem Rest von Absicht festhalten, um ihr sterbliches Leben zu retten, so warnen die
synoptischen Evangelien: Wehe denen, die schwanger sind oder ihre Kinder an der
Brust haben, wenn jene Tage kommen. Die fraglichen Tage sind die drei Tage, die der
Prophet Jona ganz allein in metaphorischen Geburtswehen im Bauch des Wals
verbracht hat, und diese müssen gemäß der Prophezeiung immer der Offenbarung des
Menschensohns vorausgehen. Das ist die Passion, die Jesus für alle durchmachen
musste und er sagte zu seinen Jüngern: Ihr werdet betrübt sein, aber eure Betrübnis
wird sich in Freude verwandeln. Eine gebärende Frau leidet, weil ihre Zeit
gekommen ist; aber wenn sie das Kind geboren hat, vergisst sie das Leid in ihrer
Freude über das Kind." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

186
80. Jesus sprach: Er, der die Welt erkannt hat, hat nur den Leib entdeckt. Wer
aber den Leib entdeckt hat, dessen ist die Welt nicht würdig.

Wer erkannt hat, dass der menschliche Körper nur eine vergängliche Hülle ist, und
dass der Mensch mehr ist, als nur Fleisch und Blut, der hat schon einmal die halbe
Wahrheit erkannt. Wer dann auch noch erkennt, dass nicht die Seele unser wahres
Wesen ist, sondern ihr Bräutigam, der Leben spendende Geist, der mit seiner Braut
im selben Haus wohnt, der hat den innewohnenden Christus entdeckt. Aber da die
Braut vergessen hat, wie er aussieht, und ihn nicht erkennt, begeht sie Ehebruch mit
einem falschen Bräutigam, dem Verderber und seinem widersetzlichen Geist, den
Geist der Welt. In der Exegese der Seele lesen wir: "Solange die Seele hin- und
herläuft, indem sie mit jedem die Ehe bricht, den sie trifft, und sich selbst
beschmutzt, gerät sie unter die Leiden der für sie angemessenen Strafen. Aber wenn
sie die Schmerzen wahrnimmt, in denen sie sich befindet, und zum Vater weint und
umkehrt, dann wird der Vater mit ihr Erbarmen haben; er wird ihren Mutterschoß
abwenden von denen der Außenseite und wieder nach innen wenden, so dass die
Seele ihre Eigentlichkeit empfängt. ...Wenn sich der Mutterschoß der Seele nun nach
dem Willen des Vaters nach innen wendet, wird er getauft und wird sogleich von der
äußeren Befleckung rein, die auf ihn gepresst wurde, ganz wie die schmutzigen
Gewänder gewöhnlich in das Wasser gelegt und hin und her gewendet werden, bis ihr
Schmutz herausgebracht ist und sie rein werden. Die Reinigung der Seele aber
besteht darin, dass sie die Neuheit ihrer ursprünglichen Natur empfängt und dass sie
wieder zurückkehrt - das ist ihre Taufe. Aber da sie eine Frau ist, ist sie nicht in der
Lage, allein ein Kind hervorzubringen. Der Vater sandte ihr aus dem Himmel ihren
Mann, der ihr Bruder ist, den Erstgeborenen. Da kam der Bräutigam herab zur Braut.
Sie gab ihre frühere Unzucht auf, sie reinigte sich von den Befleckungen der
Ehebrecher. Dann erneuerte sie sich aber, um eine Braut zu sein. Sie reinigte sich im
Brautgemach. Sie füllte es mit Wohlgeruch. Sie saß drinnen in Erwartung ihres
wahren Bräutigams. Sie wandelte nicht länger in Unzucht, sondern sie fuhr fort, nach
ihm Ausschau zu halten, weil sie nicht wusste, an welchem Tage er kommen würde,
und sie fürchtete ihn, denn sie wusste nicht mehr, wie er aussah. Sie erinnerte sich
nicht mehr an ihn seit der Zeit, als sie aus dem Haus ihres Vaters fiel. Doch nach dem
Willen des Vaters träumte sie von ihm wie eine Frau, die einen Mann liebt. Da kam
der Bräutigam nach dem Willen des Vaters zu ihr herab in das fertige Brautgemach.
Und er schmückte das Brautgemach. Denn jene Hochzeit ist nicht wie die fleischliche
Hochzeit... Vielmehr gilt: Wenn sie sich miteinander vereinigen, werden sie ein
einziges Leben. Deswegen sagte der Prophet über den ersten Mann und die erste
Frau: Sie werden ein einziges Fleisch werden. Denn sie waren im Anfang beim Vater
miteinander vereinigt, bevor die Frau den Mann verließ, der ihr Bruder ist. Diese
pneumatische Hochzeit hat sie wieder miteinander verbunden. Und die Seele
vereinigte sich mit dem, den sie wirklich liebt, ihrem naturgemäßen Herrn, wie es
geschrieben steht: Der Herr der Frau ist nämlich ihr Ehemann." In Ode 38 der Oden
Salomos lesen wir darüber, wie der Geist der Wahrheit den falschen Bräutigam und
sein Gift des Irrtums entlarvt und uns seine Illusionen und Machenschaften erkennen
und durchschauen lässt, denn er ist die Krone der Wahrheit und die Krone des Heils:

187
"Ich stieg hinauf in das Licht der Wahrheit wie in einem Triumph-Wagen, und die
Wahrheit führte mich und ließ mich zu sich kommen. Und sie trug mich über Höhlen
und Klüfte, und vor den Klippen und Schluchten bewahrte sie mich. Und sie wurde
mir ein Hort des Heils und setzte mich auf die Stufe des unsterblichen Lebens. Und er
ging mit mir und ließ mich ruhen und ließ mich nicht in die Irre gehen, denn er war
und ist die Wahrheit. Und es gab keine Gefahr für mich, weil ich mit Ihm wandelte,
und ich machte keinen Fehler in irgendetwas, weil ich Ihm gehorchte. Denn der
Irrtum floh vor ihm und konnte ihm nicht entsprechen. Die Wahrheit aber ging den
richtigen Weg, und was ich nicht wusste, machte Er mir klar: Alles Gift des Irrtums
und die Qualen des Todes, die als Süße gelten; und die Verdorbenheit des Verderbers,
ich sah wie die verdorbene Braut geschmückt wurde, und den Bräutigam, der
verdirbt, da er selbst verdorben ist. Und ich fragte die Wahrheit: "Wer sind diese? und
Er sagte zu mir: Das ist der Verführer und der Irrtum: Und sie ahmen den Geliebten
und seine Braut nach, und sie führen die Welt in die Irre und verderben sie. Und sie
laden viele zum Gastmahl ein und geben ihnen zu trinken von dem Wein ihrer
Trunkenheit. Und sie bringen sie dazu, ihre Weisheit und Intelligenz wieder zu
erbrechen, und sie machen sie geistlos." Nur der Geist der Wahrheit, der Heilige
Geist, kann uns von der Knechtschaft des falschen Bräutigams und der falschen Braut
befreien und uns die Täuschungen, Lügen, Illusionen und Trugbilder des Vaters der
Lüge durchschauen lassen. Dann erkennen wir, wo wir wirklich Zuhause sind und
dass die Welt ein Leichnam und wie unser Körper wie auch die Welt nur eine
vorübergehende Behausung sind. Im Philippus-Evangelium lesen wir daher: "Sehr
zutreffend sagte der Herr: Einige gingen befreit lachend ins Reich der Himmel ein,
und kamen lachend heraus aus der Welt. So wird ein Mensch ein Christ, indem er die
Taufe und die Salbung erhält und sogleich lacht über die Welt. Auch Christus stieg
hinunter ins Wasser zur Taufe und stieg wieder herauf, befreit lachend über diese
Welt. Er maß ihr keine größere Bedeutung mehr bei als einem flüchtigen Scherz,
sondern verachtete ihre Vergänglichkeit. Und lachend betrat er das Himmelreich.
Wenn einer die Welt verachtet und sie wie einen Scherz verschmäht, wird er lachend
aus ihr heraus kommen." Es ist noch zu betonen, dass nicht gesagt wird, dass wir die
Welt, also die ganze Schöpfung, verachten sollen, sondern ihre Vergänglichkeit. Denn
über diese herrscht der Satan, doch im Haushalt des Vater-Mutter gibt es keinen Tod.
Seine leiblichen Eltern und die Erdenmutter zu lieben, bedeutet nicht „die Welt“ zu
lieben, denn sonst müssten wir alles in ihr hassen. Sondern wer den Schöpfer ehrt, der
ehrt ihn, indem er seine Schöpfung ehrt. Denn wir kommen schließlich nur über das
Kleine zum Großen, denn wer im Kleinen treu ist, der ist es auch im Großen.

"ER ist der Menschensohn, der am ersten Tag nach dem Bilde Gottes geschaffen
wurde. Als er die Welt kennenlernte, fand er eine irdische Behausung vor, die nur ins
Verderben führen kann, denn der Tod ist ein Teil davon. ER ist der Geist im
Menschen, der in seiner Behausung aus sterblichem Fleisch leidet. Doch er wird
auferstehen und in seine wahre himmlische Wohnung eingehen, denn die Welt ist
seiner nicht würdig. Dazu ist der Gesalbte des Herrn gekommen. Er kam, um die
Befreiung des gefangenen Geistes zu verkünden, während alles, was sterblich ist,
vom Leben absorbiert wird." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

188
81. Jesus sprach: Wer reich geworden ist, möge ein freigebiger König sein. Wer
aber die Herrschaft erlangt hat, der verzichte auf die Welt.

"Die beiden Wünsche, die Jesus hier zum Ausdruck bringt, sind in Wirklichkeit ein
und dasselbe: Dass das reinigende Feuer, das er auf die Erde bringt, in allen Herzen
aufflammt und somit die Taufe im Geist vollendet. Derjenige, der die Herrschaft hat,
ist ein aus dem Geist Geborener, der folglich begonnen hat, die Frucht des Wortes zu
ernten. Ein solcher Mensch hat verstanden, dass das psychologische Ich, der
Widersacher, nichts anderes als eine Schöpfung seiner eigenen Seele ist. Durch diese
entscheidende Entdeckung hat sein Bewusstsein in seinem tiefsten Inneren den Sohn,
das wahre universelle und ewige ICH BIN, gefunden und begonnen, mit unzerstörbar
festem Glauben an ihn zu glauben. Was Jesus im Logion fordert, ist, dass derjenige,
der die Kraft des Geistes empfängt, sie als ein ihm vom Vater anvertrautes Gut
verwendet, als einen Schatz, der nicht ihm gehört, sondern dem Allerhöchsten. Die
Entsagung besteht darin, niemals zu vergessen, dass der Weise nicht wegen der
Weisheit, die er hat, sondern wegen der Weisheit, die er empfängt, als weise gilt, und
so in der himmlischen Glückseligkeit der Armen im Geiste zu verharren. Was den
reich gewordenen Menschen betrifft, so ist er jemand, der Reichtum um seiner selbst
willen angehäuft hat, ohne sich in den Augen Gottes zu bereichern. Was Jesus von
denen verlangt, die weltliche Weisheit oder Reichtum erlangt haben, was für Gott
nichts als Torheit ist, ist, dass sie bereit sind, wahren Reichtum, nämlich die Weisheit
Gottes zu erlangen wie die Vollkommenen, die nicht von dieser Welt sind. Die
Verachtung und der Verzicht auf den Reichtum um seiner selbst willen führen ohne
Frage zur königlichen Rolle des Gesalbten, des Königs, der nicht von dieser Welt ist.
Der wahre König wohnt auf dem heiligen Berg, dem Zion, der nicht von dieser Welt
ist, sondern im Herzen des himmlischen Jerusalem. Im Menschen liegt nicht nur der
verborgene Christus, sondern auch seine Wohnung, von denen er sagte, dass es im
Haus seines Vaters viele davon gäbe. Deshalb sagte Jesus: Wenn ihr Glauben hättet,
könntet ihr zu diesem Berg sagen: Beweg dich von hier fort. Und er würde sich
bewegen. Wenn der Weise, der arm im Geiste ist, den Samen des Lichts entdeckt, der
seit Anbeginn der Zeit in ihn gesät wurde, öffnen sich im Augenblick dieser
Entdeckung die Pforten, so dass das Wort in seiner Seele wachsen und in jeden
Winkel vordringen kann. Das ist der verborgene Sinn des Lobgesangs auf Jesus, den
sichtbaren und verborgenen Christus, als er in Jerusalem in Herrlichkeit einzog:
Gesegnet sei der König, der im Namen des Herrn kommt. Diese Lobpreisungen, die
keiner der vier kanonischen Evangelisten auslässt, erfüllen offensichtlich die
Prophezeiung des Zacharias. Gleichzeitig liefern sie eine verborgene Beschreibung
des transzendentalen Augenblicks des Kommens des Menschensohns; die erste
Ahnung der festen Entdeckung des inneren Christus, der sich danach in der Seele als
der König der Herrlichkeit manifestiert: Freue dich mit Leib und Seele, Tochter Zion!
Jauchze vor Freude, Tochter Jerusalem! Siehe, dein König kommt zu dir; er ist
siegreich, er ist triumphierend, demütig und reitet auf einem Esel, auf einem Fohlen,
dem Fohlen einer Eselin. Wir müssen uns bemühen, den verborgenen Sinn dieses
Hinweises auf das Fohlen zu erklären, auf dem der innere Christus reitet, wenn er in
Zion einzieht.

189
Wie bei vielen alttestamentlichen Prophezeiungen scheint seine Bedeutung weitaus
verborgener zu sein als bei parallelen Texten im Neuen Testament. Das erinnert uns
daran, dass das Evangelium weitgehend eine Offenbarung war, die offenbar machte,
was für die Tradition Israels lange Zeit ein Geheimnis war. Die gängige christliche
Theologie erklärt in Bezug auf den offensichtlichen Aspekt, dass Jesus bei dem
feierlichen Ereignis seines messianischen Einzugs in Jerusalem auf dem Fohlen ritt,
um sein geistliches Königtum zu zeigen, während er auf den Prunk der historischen
Könige von Israel und Juda verzichtete. Es gibt jedoch einen verborgenen Sinn hinter
dieser Handlung, den wir in dem Auftrag erkennen können, den Jesus zwei Jüngern
gab, als sie sich dem Ölberg näherten: Geht in das Dorf, das vor euch liegt, und ihr
werdet eine angebundene Eselin und ein Fohlen bei ihr finden. Diese Information ist
sehr überraschend, denn Jesus wusste, dass es in dem Dorf, das ihm gegenüber lag,
eine angebundene Eselin und ein Fohlen mit ihr gab; und er sagt, dass man sie sofort
finden würde, was darauf hindeutet, dass dies am Eingang des Dorfes sein würde;
und dass sie den beiden Jüngern sofort zur Verfügung stehen würde. Markus fügt
etwas noch Seltsameres hinzu: Ein Fohlen, das noch niemand geritten hat. Mit dieser
Anweisung fanden die beiden von Jesus gesandten Jünger den von ihm erbetenen
Sattel. Aus der Sicht der verborgenen Deutung scheint das geheimnisvolle Fohlen
metaphorisch für die subtilsten und reinsten Inhalte der Seele zu stehen. Diese Inhalte
besitzen also die geistige Reinheit, die erforderlich ist, um als Reittier für den inneren
Christus zu dienen, wenn er sich manifestiert, d.h. wenn er ins Bewusstsein des
Menschen kommt. Wir wissen aus 1.Mose 49:9-11, dass Jakob über Schilo, den
kommenden Herrscher von Juda, sagte: "An den Weinstock bindet er sein Eselsfüllen,
an die Edelrebe das Junge seiner Eselin; er wäscht im Wein sein Kleid und im Blut
der Trauben sein Gewand." Die Eselin und ihr Fohlen waren Metaphern für die
äußere Kleidung, die er brauchte, um nicht nur verborgen, sondern auch offenbar zu
werden und zu sein. Im vierten Evangelium erklärt Jesus die Bedeutung des
Weinstocks als Metapher für den verborgenen Christus: Ich bin der wahre Weinstock.
In Übereinstimmung mit dem allegorischen Charakter dieses Abschnitts ist es ganz
klar, dass die an den Weinstock gebundene Eselin die Seele eines jeden Menschen ist,
so wie der gute Rebstock mit dem Weinstock verbunden bleiben muss (an ihn
gebunden), wenn er Früchte tragen soll. Das Fohlen, das noch nie geritten worden ist,
der unberührte Nachkomme, ist wie die Reben, die fest mit dem Stock verbunden
sind, das Wesen, das in der Seele geboren wird. Dieser Stamm oder Weinstock ist
natürlich der innere Christus in sich selbst, nackt ohne die Reben, also nichts als der
reine Glanz der Herrlichkeit. Es wird nun leichter zu verstehen, dass das direkt am
Weinstock angebundene Fohlen, auf das Jesus stieg, um am Tag seines messianischen
Einzugs in Jerusalem gesehen zu werden, im übertragenen Sinn dem inneren Gewand
Jesu entspricht, dem Untergewand, das nahtlos und in einem Stück vom Hals bis zum
Saum gewebt war und das Christus erst im letzten Augenblick ausgezogen wurde.
Außerdem ersetzt im Johannesevangelium das feine, leichte, reine, nahtlose Gewand
den in den synoptischen Evangelien erwähnten Tempelvorhang. Die Wahrheit Gottes,
die durch den Vorhang geschützt ist, den Menschensohn, der nur im Leinengewand
sichtbar ist, Christus, der sich in seinem geistlichen Königtum manifestiert und auf
einem unbefleckten Fohlen reitet." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

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82. Jesus sprach: Wer mir nah ist, der ist dem Feuer nahe, und wer mir fern ist,
der ist ferne vom Reich.

"In diesem Logion weist Jesus auf einen wichtigen Unterschied hin: Aus der Ferne
betrachtet ist Jesus das Reich Gottes; aus der Nähe betrachtet ist er das Feuer.
Christus, der verborgene, innere Christus, entfernt sich weder, noch nähert er sich,
denn er ist das ewige, absolute ICH BIN in jedem von uns; und doch ist Christus weit
weg für diejenigen, die weder an ihn glauben noch ihn entdecken, und nah, sehr nah,
für diejenigen, die an ihn glauben. So betrachtet, wird Christus, wenn er weit weg ist,
als das Reich gesehen. Das Reich ist dann ein Ort, der scheinbar unzugänglich ist.
Christus hat sich unter uns niedergelassen, doch als König und Gründer des Reiches
ist Christus von oben, während das Zelt, in dem er wohnt, von unten ist. Das macht
ihn weit weg. Wenn Christus nahe ist, dann deshalb, weil man eine Flamme entzündet
hat, um die Spreu zu verbrennen, die immer von unten kommt. Das ist der Moment,
in dem man die Gegenwart Christi zum ersten Mal wahrnimmt, wenn er beginnt, sich
zu nähern, denn es steht geschrieben: Die Stimme des HERRN sprüht Feuerflammen.
Niemand sollte sich dann über das Feuer wundern, das in ihm ausgebrochen ist, denn
Christus sagte, er sei gekommen, um Feuer auf die Erde zu bringen. Das bedeutet,
dass sich der Himmel in Flammen auflöst und die Elemente in der Hitze schmelzen,
alles, um sein Kommen zu beschleunigen. So steigt das Feuer vom Himmel auf die
Erde herab und das ferne Reich wird zu einer nahen Flamme, zu einem lodernden
Feuer, in dessen Mitte Christus offenbart wird. Unser Gott ist ein verzehrendes Feuer.
Diejenigen, die in dieses verzehrende Feuer eintreten, das uns so nahe ist, werden
darin wohnen und von ihm verzehrt werden. Dann wird Christus inmitten der
Flamme offenbart und als das erkannt, was er ist: Das wahre ICH BIN, absolut und
ewig." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

83. Jesus sprach: Die Bilder sind den Menschen sichtbar, und das Licht in ihnen
ist verborgen, verborgen im Bild des Lichtes des Vaters. Wenn er (der wahre
Mensch) sich aber offenbart, ist umgekehrt sein Bild verborgen durch sein
Licht.

Auch hier spricht Yahshua wie immer vom innewohnenden Christus, dem göttlichen
Licht. Dieser ist es, den er meinte, als er sagte: "Lasst euer Herz nicht beunruhigen,
noch sollt ihr euch fürchten, denn ich werde für immer bei euch sein, ja, von dieser
Stunde bis zum Ende dieser Welt der Gesetzlosigkeit." Die sichtbaren Bilder sind die
Menschen, in denen das göttliche Licht ist, das in Form seines wahren Abbildes - des
eingeborenen Sohnes, des Bildes des Lichtes des Vaters, der seinen guten Samen, das
Wort, in uns gesät hat - verborgen in uns ist. Der schlechte Samen, das Unkraut, im
Gleichnis des Sämanns, den der Feind mit unter den guten Samen gesät hat, ist
ebenfalls in uns und versucht uns mit seinem falschen Bräutigam, dem Geist der
Welt, und seinen Trugbildern und Illusionen der Welt von unserer wahren Natur und
Bestimmung abzuhalten, indem er die Braut, die Seele, verdirbt, damit sie ihren
wahren Bräutigam, den Leben spendenden Geist, nicht erkennt und sich mit ihm
vereint. Der zweite Satz des Logions bezieht sich auf das vollkommene Lichtkleid,

191
von dem auch im Philippus-Evangelium geschrieben steht, und das bei der
Verklärung vor seinen Jüngern auf dem Berg zum Vorschein kam. Im Philippus-
Evangelium lesen wir: "So war das Wort vor allen verborgen. Nur einige gab es, die
ihn sahen und den Gedanken fassten, sie sähen in ihm sich selbst (ihr wahres Wesen).
Denn als er sich seinen Jüngern im Glanz zeigte auf dem Berg, war er nicht klein. Er
war groß geworden, und er machte auch die Jünger groß, damit sie imstande wären,
seine Größe zu sehen... Der vollkommene Mensch kann nicht festgehalten, er kann
auch nicht gesehen werden. Würde man ihn sehen können, würde er auch
festgehalten werden. Keiner erwirbt sich diese Gnade, außer er legt das vollkommene
Lichtkleid an und wird selbst vollkommen. Jeder, der das Licht(kleid) anlegt, wird
ungesehen aus dieser Welt herausgehen können. Das ist das vollkommene
Licht(kleid) und wir müssen vollkommene Menschen werden, bevor wir aus dieser
Welt herausgehen können." Dieses Licht ist tausendmal heller als Tausend Sonnen,
wie Yahshua im Essener Friedensevangelium sagt: "Denn eure Augen sind die
Finsternis gewöhnt, und das volle Licht des Himmelvaters würde euch blind machen.
Daher könnt ihr noch nicht verstehen, was ich euch vom Himmelvater, der mich
gesandt hat, sage. Befolgt daher zuerst nur die Gesetze eurer Erdenmutter, die ich
euch dargelegt habe. Und wenn ihre Engel eure Leiber gereinigt und erneuert und
eure Augen gestärkt haben, so werdet ihr das Licht unseres Himmelsvaters ertragen
können. Könnt ihr einst ohne Zwinkern offen in den Glanz der Mittagssonne blicken,
dann werdet ihr auch das blendende Licht unseres Himmelsvaters zu schauen
vermögen, das tausendmal heller ist als der Glanz von tausend Sonnen. Doch wie
solltet ihr das blendende Licht unseres Himmelvaters zu schauen vermögen, wenn ihr
nicht einmal den Flammenschein der Sonne ertragt? Glaubt mir, die Sonne ist wie das
Flämmchen einer Kerze, wenn wir sie mit der Wahrheitssonne des Himmelvaters
vergleichen. Wahret euch daher Glaube und Hoffnung und Liebe. Ich sage euch
wahrlich, ihr werdet nach keinem Lohne verlangen. Glaubt ihr meine Worte, so
glaubt ihr an den, der mich gesandt hat, der Herr ist über allem und bei dem alle
Dinge möglich sind. Denn was für Menschen unmöglich sein mag, Gott ist alles
möglich." Dieses Licht des Vaters strahlt also hell, wenn der vollkommene Mensch
sich offenbart, dass das Bild, der vollkommene Licht- und Geistmensch, das wahre
Abbild Gottes, darin verborgen ist, denn es ist das unnahbare Licht des Vaters selbst.
Im Kapitel 51 des EHGOC und im Kapitel 46 des EDVL lesen wir den vollständigen
Bericht über die Verklärung Yahshuas, bei der er seinen Jüngern das heilige Gesetz
für das wahre Israel Gottes nach dem Geist gab: "Nach sechs Tagen, als das
Laubhüttenfest vor der Tür stand, nahm Yeshua die Heiligen Zwölf und brachte sie
auf einen hohen Berg fernab vom Volk, und während er betete, veränderte sich das
Antlitz seines Gesichts, und er wurde vor ihnen verklärt, und sein Gesicht schien wie
die Sonne, und sein Gewand war weiß wie das Licht. Und siehe, es erschienen ihnen
Mose und Elias, die mit ihm sprachen vom Heiligen Gesetz und von seinem Tod
sprachen, den er in Jerusalem vollbringen sollte. Und Mose sprach und sagte: Dies ist
der, von dem ich vorausgesagt habe: Ein Prophet aus euren Brüdern soll wie ich den
Ewigen Geist zu euch senden, und was der Ewige Geist zu ihm spricht, soll er zu
euch sprechen und auf ihn sollt ihr hören. Und wer nicht gehorchen wird, wird
willentlich seine eigene Zerstörung auf sich bringen. Dann sagte Petrus zu Yeshua:

192
Lieber Herr, es ist gut für uns, hier zu sein. Sollen wir drei Hütten bauen, eine für
dich und eine für Mose und eine für Elias? Aber während er noch sprach, siehe, eine
helle Wolke überschattete sie, und zwölf Strahlen wie von der Sonne gingen aus der
Wolke hervor, und eine Stimme kam aus der Wolke, die sagte: Dies ist mein geliebter
Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe, ihn sollt ihr hören und sein Gesetz halten. Und
als die Jünger es hörten, fielen sie auf ihr Gesicht und waren sehr erstaunt. Und
Yeshua kam und berührte sie und sagte: Steht auf und fürchtet euch nicht. Und als sie
ihre Augen erhoben hatten, sahen sie keinen Menschen außer Yeshua. Und die sechs
Herrlichen des Ewigen Geistes und der erste der heiligen Erzengel, wurden auf ihm
gesehen. Und Yeshua sprach zu ihnen: Siehe, ich gebe euch von neuem das Gesetz,
das nicht neu ist, sondern alt. So wie Mose das Gesetz nach dem Fleisch Israel
gegeben hat, so gebe ich euch auch das Gesetz für das Königreich Israel nach dem
Geist. Wer ist das Israel Gottes? Das sind die einer Nation und eines jeden Volkes, die
Gerechtigkeit ausüben, die Barmherzigkeit lieben und meine Gebote halten, das ist
das wahre Israel Gottes. Auf seinen Füßen stehend, sprach Yeshua: Höre, Israel, der
Ewige All-Vater, dein Gott ist Einer. Viele sind meine Vorsteher und meine
Propheten. In mir leben und bewegen sich alle und leben. Ihr sollt euren Gott lieben
und dienen mit all eurem Verständnis des Heiligen Gesetzes. Du sollst deinen
Nächsten lieben wie dich selbst, wie das Gesetz es verlangt. Ihr sollt keinem
Lebewesen das Leben nehmen, weder zu eurem Vergnügen, noch zu eurem Vorteil,
noch um es zu quälen. Ihr sollt nicht stehlen und nicht Länder und Reichtümer für
euch ansammeln, die über euren Bedarf hinausgehen. Ihr sollt weder das Fleisch
essen noch das Blut eines geschlachteten Geschöpfs trinken, noch etwas, das die
Gesundheit oder die Sinne trübt. Ihr sollt keine unreinen Ehen schließen, wo keine
Liebe und Gesundheit sind und weder euch selbst verderben noch irgendein
Geschöpf, das der Heilige rein gemacht hat. Ihr sollt kein falsches Zeugnis ablegen
oder jemanden vorsätzlich durch eine Lüge täuschen, um ihm zu schaden. Ihr sollt
anderen nichts tun, von dem ihr nicht wollt, dass andere es euch tun. Ihr sollt den
Einen Ewigen verehren, den Vater-Mutter im Himmel, von dem alle Dinge sind, und
seinen Heiligen Namen verehren und eure täglichen heiligen Kommunionen heilig
halten. Ihr sollt eure Väter und Eure Mütter auf Erden, die für euch sorgen und alle
Lehrer der Gerechtigkeit ehren. Ihr sollt die Schwachen und die Unterdrückten und
alle Geschöpfe, die unnötig leiden, schätzen und beschützen. Ihr sollt mit euren
Händen das erarbeiten, was gut und anständig ist; so sollt ihr die Früchte der Erde
essen und lange im Land leben. Ihr sollt euch täglich reinigen und jeden siebten Tag
von der Arbeit ruhen, und die Sabbate und die Feste eures Gottes und eures Schöpfers
heilig halten. Ihr sollt anderen tun, was ihr wollt, dass andere euch tun sollen. Und als
seine Jünger diese heiligen Worte hörten, schlugen sie auf ihre Brust und sagten: Oh
Gott, bitte vergib uns unsere Verfehlungen, und mögen deine Weisheit, Liebe und
Wahrheit uns dazu befähigen, dein heiliges Gesetz zu ehren und zu lieben. Und
Yeshua sprach zu ihnen: Mein Joch ist gleichmäßig und meine Last ist leicht, wenn
ihr es tragen wollt, wird es euch leicht sein. Legt den anderen, die in das Königreich
kommen wollen, keine andere Last auf, als nur diese notwendigen Dinge. Dies ist das
für das Israel Gottes erneuerte Gesetz, und das vollständige Gesetz ist in euch, denn
es ist das Gesetz der Liebe, und es ist nicht neu, sondern alt.

193
Achtet darauf, dass ihr diesem Gesetz nichts hinzufügt und auch nichts davon
wegnehmt. Denn wahrlich ich sage euch: Diejenigen, die an dieses Gesetz glauben
und ihm gehorchen, werden gerettet werden, und die, die es nicht kennen und ihm
nicht gehorchen, werden verloren gehen. Aber wie in Adam alle sterben, so werden in
Christus alle lebendig gemacht. Und die Ungehorsamen werden viele Prüfungen
erhalten, denn diejenigen, die in der Boshaftigkeit verharren, werden herabsteigen
und auf ewig zugrunde gehen; aber diejenigen, die meinem Gesetz gehorchen,
werden das ewige Leben erben. Und als sie vom Berg herunterkamen, befahl Yeshua
ihnen: Sagt niemandem von dieser Vision, bis der Menschensohn wieder aus dem
Todesschlaf auferstehen wird. Und seine Jünger fragten ihn: Warum sagen dann die
Schriftgelehrten, dass Elias zuerst kommen muss? Und Yeshua antwortete und sprach
zu ihnen: Elias wird wahrlich zuerst kommen und alles vorbereiten. Aber ich sage
euch: Elias ist schon gekommen und sie erkannten ihn nicht, sondern haben ihm
getan, wonach ihnen gelüstete. Ebenso soll auch der Menschensohn darunter leiden.
Da verstanden sie, dass Yeshua von Johannes dem Täufer gesprochen hatte." Um es
noch einmal zusammenzufassen, der Erdenmensch besteht aus drei Menschen:
1. Aus dem sichtbaren Bild, der fleischlichen, vergänglichen Hülle, dem Körper aus
Fleisch und Blut, im gnostischen auch der hylische Mensch genannt, der sterbliche
Materie wurde, als er aus dem Garten Eden vertrieben wurde; 2. Im sichtbaren Bild
verborgen ist die Seele, der Seelenmensch, im gnostischen der psychische Mensch
genannt. Dies ist der zweite Mensch, der vom Demiurgen nach dem Bild des
vollkommenen ersten Menschen - dem eingeborenen Sohn, der sich ihm in seinem
Licht über den Wassern offenbarte - geformt wurde, und dem der Lebensodem vom
Heiligen Geist eingehaucht wurde, damit er eine lebendige Seele wurde. Hierbei ist
zu erwähnen, dass, so wie der Vater durch den Sohn und den Heiligen Geist alles
erschuf, der Sohn und der Heilige Geist alles, was außerhalb des Pleromas ist, die
vergänglichen Himmel und die vergängliche Erde, durch den Demiurgen (und die
jungfräuliche Erde) erschufen. Genau wie Yahshua sagte, dass er ohne den Vater-
Mutter nichts tun kann, so kann auch der Demiurg ohne den Heiligen Logos und den
Heiligen Geist nichts tun (erschaffen). Deswegen lesen wir im Philippus-Evangelium:
"Die Archonten dachten, dass sie durch ihre Kraft und ihren Willen das tun, was sie
taten. Der heilige Geist aber bewirkte alles im Verborgenen durch sie, wie er wollte."
Die Seele selbst ist nur lebendig, solange sie mit dem Leben spendenden Geist
verbunden ist. Da der Erdenmensch jedoch sterblich ist, muss die Seele sich während
ihrer Inkarnation (Fleischwerdung) mit dem Geist, ihrem wahren Bräutigam,
vereinen, um wirklich ins ewige Leben einzugehen. Tut sie dies nicht, wird sie so
lange reinkarnieren, bis sie es tut, oder sie wird am Tag des Gerichts vom Satan als
ihr rechtmäßiger Samen eingefordert und zur Zerstörung, dem zweiten Tod verdammt
werden. 3. In der Seele verborgen ist wiederum der erste Mensch, das wahre Abbild
des Vater-Mutter, der vollkommene Licht- und Geistmensch, der eingeborene Sohn,
der sein Wort als den guten Samen in uns gesät hat, so wie auch der Demiurg seinen
schlechten Samen, das Unkraut, zwischen den guten Samen gesät hat. Diese beiden
Samen befinden sich in der Seelenebene, d.h. im Seelenmenschen, im „Haus“ der
Seele. Er ist der Erste und der Letzte. In ihm und durch ihn - da er der gesamten
Schöpfung innewohnt - werden alle Seelen, die untrennbar mit ihm verbunden sind,

194
in Christus mit dem Vater wieder vereint werden. Vom innewohnenden Christus
sprach Yahshua als er sagte: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Niemand
kommt zum Vater als nur durch mich. Denn man darf nicht vergessen, dass der
fleischgewordene Christus nur ein manifestes Abbild des ewigen, universellen und
jedem Menschen innewohnenden Christus war, dessen fleischlicher Körper genauso
das zeitliche segnete, wie es unser Körper eines Tages tun wird. Wer dies versteht, der
wird erkennen, dass Yahshua fast ausschließlich vom universellen, allgegenwärtigen
und allem innewohnenden Christus gesprochen hat.

"Es scheint am besten, zunächst einmal die Bedeutung des Logions selbst zu klären.
Es besagt, dass alles, was sich dem Bewusstsein des Menschen offenbart (die Welt
und darin der psychosomatische, d.h. seelische-körperliche Mensch), ein Abbild des
Lichts ist, während das Licht selbst seinem Blick verborgen bleibt, verborgen in
seinem Abbild. Aber das Licht (der Sohn, nach dem Evangelium), der Glanz der
Herrlichkeit des Vaters, der Abdruck (das Bild) seines Wesens, wird offenbart
werden, und durch ihn werden die Bilder (des Lichts), die manifeste Welt, verborgen
werden, verborgen durch ihr eigenes Licht. Eine mögliche Lesart: Wir wissen alles
durch das Bewusstsein, aber wir sind uns unseres eigenen Bewusstseins (meist) nicht
bewusst. Aber das Licht (Christus), aus dem unser Bewusstsein stammt, wird sich
eines Tages offenbaren, und diese Offenbarung des Lichts wird uns verwandeln und
das Licht unseres gewohnten Bewusstseins der Welt verbergen. Was hier erklärt wird,
ist eine Dreiheit, die in drei Sphären des Seins vom Vater, der für die manifeste Welt
unsichtbar ist, durch eine mühsame Offenbarung zur endgültigen Auferstehung des
Lichts hinabsteigt. Der Vater ist lumen de lumine, Licht des Lichts, und der Sohn ist
das Abbild seines Wesens. So etwas wie der perfekte Abdruck eines Siegels. Deshalb
sagt Jesus: Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen. Die Welt schließlich - die
dritte Sphäre - besteht aus den manifesten Bildern des Sohnes, das heißt aus Bildern,
in denen das Licht immer eine verborgene Gegenwart ist. Der Prophet Jesaja hat dies
auf poetische Weise in einem Text veranschaulicht, in dem er von Jerusalem spricht,
dem Symbol der sichtbaren Stadt dieser Welt, die am Ende als das himmlische
Jerusalem offenbart werden wird, das bis dahin verborgen war. Das erste besteht aus
allen offenkundigen Bildern, das zweite aus dem Berg Zion, dem wahren Licht des
Vaters und der leuchtenden Herrlichkeit des Sohnes, der im Herzen des Menschen
wohnt und dessen Auferstehung am Tag seiner Wiederkunft stattfinden wird, um die
Welt der Bilder ein für allemal aufzulösen: Nicht mehr wird die Sonne euch das
Tageslicht geben, noch der Mond euch scheinen, sondern JHWH wird euer ewiges
Licht sein, euer Gott [der verborgene innere Christus] wird euer Glanz sein. Von
Christi Glanz, seiner Herrlichkeit, ist gesagt worden, dass er das Ebenbild Gottes ist.
Christus wird als Abbild des unsichtbaren Gottes erklärt, aber obwohl er ein Abbild
ist, ist Christus Licht, denn das Abbild des wahren Lichts ist nichts anderes als Licht,
und Gott ist immer wahres, reines Licht, denn in ihm gibt es keine Finsternis. Wenn
der Liebhaber des Evangeliums in die Bedeutung des Wortes „Licht“ eindringen will,
wenn er also die wahre Bedeutung dieses Wortes für Jesus und seine Jünger erkennen
will, muss er sich zunächst daran erinnern, dass Jesus, der verborgene und zugleich
auch der offenkundige Christus, gesagt hat: Ich bin das Licht der Welt.

195
Als er dies sagte, sprach er nicht von dem Licht an sich, dem nackten Licht, das im
Schoß des Vaters vollkommen ist, sondern von demselben Licht, denn es gibt kein
anderes, das in den Bildern verborgen ist, die jeder Mensch auf der Welt sehen kann.
Deshalb hat Jesus nicht einfach gesagt: Ich bin das Licht, denn damit wäre das rein
geistige, unversehrte Licht gemeint gewesen, von dem der Apostel Johannes in
seinem ersten Brief spricht, wenn er sagt: Gott ist Licht. Es gibt viele Stellen in der
Heiligen Schrift, die dazu dienen können, zu verdeutlichen, welche Aspekte des
Lichts von unserem Verstand durch den Ausdruck Licht der Welt wahrgenommen
werden können. Wenn der Psalmist rezitiert: Bei dir ist die Quelle des Lebens, durch
dein Licht sehen wir das Licht, so will er damit sagen, dass das herrliche Licht Christi
die Kraft Gottes ist, die wir lernen müssen, in ihrer doppelten Bedeutung als ewiges
Leben und Erkenntnis anzunehmen. Dieses Licht, das vom Vater ausgeht, wie das
Sonnenlicht von der Sonne ausstrahlt und sich ausbreitet, ist in der Tat die Quelle des
ewigen Lebens, das unsterblich ist und sich in allen Bildern dieser Welt verbirgt und
sie dennoch durchdringt. Der Mensch, der aus dem Geist geboren ist, nimmt Zuflucht
im Schatten deiner Flügel, das heißt, er lebt unter der gesegneten Zuflucht des Lichts
und folgt dem verborgenen Weg, den das Licht vorschreibt, während er auf die
Früchte der sichtbaren Bilder verzichtet. Durch das Licht, das in den Bildern der Welt
verborgen ist, empfängt der pneumatische Mensch Licht und wird erleuchtet, so dass
sein sterbliches Leben in unvergängliches Leben verwandelt wird. Wie ein paralleler
subjektiver Strom ist die leuchtende Herrlichkeit Christi, das Licht der Welt,
Erkenntnis für die Menschheit. Wie der Psalmist verkündet, ist dies das Licht, das uns
befähigt, das Licht zu sehen. Deshalb heißt es, dass die Weisheit - die Herrlichkeit
Christi - ein Abglanz des ewigen Lichts ist. Das Licht, in dem wir das Licht und die
Herrlichkeit, sehen, ist gewiss nichts anderes als das Licht der Erkenntnis; und dieses
wiederum ist ein Licht, das in Ideen oder Gedanken zersplittert erscheint, damit das
absolute Licht und die Weisheit, die Christus wie eine Krone umgeben, aus der die
Wahrheit hervorstrahlt, für die Welt sichtbar gemacht werden kann. Im Brief an die
Epheser heißt es: Der Vater der Herrlichkeit [...] gebe euch einen Geist der Weisheit
und der Erkenntnis dessen, was geoffenbart ist, um euch zur vollen Erkenntnis seiner
selbst zu führen. Die leuchtende Herrlichkeit ist überdies Kraft und Stärke, und es
heißt von ihr, dass wir die Kraft in uns haben werden. Wer seinem Weg folgt, kann in
die vollkommene Erkenntnis eintreten, sich mit Wahrheit füllen und die Offenbarung
des ewigen Lebens empfangen. Die Herrlichkeit Christi ist der Weg, die Wahrheit und
das Leben und somit der Vorgeschmack auf die Auferstehung. Das Evangelium
Christi kommt zur Geltung, wenn das Licht, das in den Bildern der Welt verborgen
bleibt, sich am Ende als Tochter der Auferstehung offenbart. Was die Auferstehung
des Menschen betrifft, so ist die Erklärung des Apostels wohlbekannt: Ihr habt den
alten Menschen [euer altes Bild] mit eurem alten Selbst abgestreift und ein neues
Selbst [aus Licht] angezogen, das umso mehr zur wahren Erkenntnis fortschreiten
wird, je mehr es nach dem Bild seines Schöpfers erneuert wird. Die Pilgerreise vom
Bild zum Licht ist die große religiöse Erneuerung des Menschen gemäß der Frohen
Botschaft, denn sie ist in sich selbst die Reise zum wahren Wesen. Das alte Selbst,
der alte Mensch, den Paulus bei einer anderen Gelegenheit „Adam, die lebendige
Seele“ nannte, ist derjenige, dessen Bewusstsein sich auf natürliche, naive Weise,

196
wenn auch nur aus Unwissenheit, als die vergänglichen, vorübergehenden Bilder der
Psyche auftritt, mit denen sie sich identifiziert und die es mit seinem wahren Selbst,
seinem wahren ICH BIN, verwechselt. Daher identifiziert er sich mit allem, was
sterblich ist und ein irdisches, manifestes Abbild des wahren Menschen darstellt. Sein
Leben ist nur eine Leihgabe. Wenn der psychische Mensch, sich bekehrt und dem
Licht folgt, anstatt an seinem tönernen Gefäß festzuhalten, geht die Identifikation
seines Bewusstseins auf die des ersten und letzten Menschen über, den der Apostel
Adam, den lebensspendenden Geist, nennt. Von ihm wird gesagt, dass er Leben
spendend ist, weil er das ewige Leben besitzt und an der Herrlichkeit des Sohnes
teilhat, dem der Vater diese Herrlichkeit von Anfang an verliehen hat. Wenn sich das
Bewusstsein mit dem Menschen von oben identifiziert hat, einem durch den Geist
erneuerten Wesen, wird das Licht offenbart und das Bild für immer verborgen."
(https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

84. Jesus sprach: Wenn ihr euresgleichen seht, freut ihr euch. Wenn ihr aber
eure Bilder seht, die vor euch entstanden sind, die weder sterben noch in
Erscheinung treten, werdet ihr dieser Fülle gewachsen sein?

Die Bilder bzw. das Bild, das vor ihnen entstanden ist und das weder stirbt noch
sichtbar ist, ist der eingeborene Sohn, der jedem Menschen innewohnende Christus.
Dieser ist die heilige Vereinigung von dem Heiligen Logos, den lebendigen Wassern,
und dem Heiligen Geist, dem Feuer, das alles verzehrt, was ihm fremd bzw. nicht
eigen ist. Yahshua spricht hier In Ode 39 der Oden Salomos lesen wir über die
lebendigen Wasser: "Die Kraft des Herrn ist wie Mächtige Ströme, die jene, welche
sie verachten, zu Boden reißen. Und sie verschlingen ihre Wege, sodass sie sie nicht
überqueren können. Und sie ergreifen ihre Leiber und vernichten ihre Seelen. Denn
sie sind rascher und schneller als der Blitz. Aber die, die sie im Glauben durchqueren,
werden nicht wanken. Und die auf ihnen wandeln ohne Makel, werden sich nicht
fürchten. Denn das Zeichen des Herrn ist an ihnen, und das Zeichen ist der Weg derer,
die im Namen des Herrn gehen. So legt nun den Namen des Höchsten an und erkennt
ihn, und ihr werdet gefahrlos hinübergehen, denn die Ströme werden dir untertan
sein. Der Herr hat sie durch sein Wort überbrückt, und er ging und überquerte sie zu
Fuß. Und seine Füße standen fest auf den Wassern und kamen nicht ins Wanken;
denn sie sind felsenfest gegründet. Und die Wellen hoben sich diesseits und jenseits,
doch die Spuren des Gesalbten, unseres Herrn, blieben bestehen. Sie wurden nicht
überdeckt noch getilgt. Und ein Weg ist bereitet für die, welche ihm nachfolgen
wollen." Das bedeutet, dass wer nicht felsenfest im Wort gegründet ist und dem Weg
folgt, den der Christus uns bereitet hat, wird von den mächtigen Strömen des
lebendigen Wassers verschlungen. Genauso verzehrt das Feuer des Heiligen Geistes
alles in der Seele, was nicht Geist ist, d.h. alle Verhaftungen an die Materie.
Deswegen sagt Yahshua in Logion 70: Wenn ihr etwas (Unvergängliches) in euch
hervorbringt, wird das, was ihr in euch habt, euch retten. Wenn ihr aber nichts in euch
habt, wird das, was ihr nicht in euch habt, euch töten. Und deswegen stellt er in
diesem Logion allen Menschen die Frage, ob wir dieser Fülle gewachsen sein
werden, wenn sie sich offenbart.

197
"Jesus spricht hier nicht von jenen weltlichen Bildern, die das Licht verdunkeln,
sondern von dem Geist des Menschen, der nach dem Bilde Gottes geschaffen ist. Er
ist das wahre Licht und dessen Bild in jedem Menschen verborgen ist. Der
eingeborene Sohn ist das wahre Ebenbild Gottes, des Lichts. Er ist das Licht selbst,
denn es liegt in der Natur des Lichts, eigenschaftslos zu sein, daher braucht es nur
seiner eigenen Natur zu entsprechen. Paulus verkündet: Ihr alle seid Söhne des
Lichts, und das Evangelium bekräftigt diese Abstammung: Ihr seid das Licht der
Welt. Jesus ermutigt jeden Menschen, das leuchtende Licht zu sein, das in ihm, aber
noch nicht manifestiert ist, denn, wie geschrieben steht: Es ist nichts verborgen, was
nicht offenbart werden soll. Man braucht nicht viel mehr zu wissen, um zu verstehen,
dass das Bild, das mit dem Licht identisch ist, weil es Licht ist, der Anteil am Geist
Gottes ist, den jeder Mensch empfängt, damit er ihn in entdeckt, sodass er offenbar
wird. Von diesem Bild sagt der Apostel, dass Gott uns mit seinem Siegel
gekennzeichnet und uns das Unterpfand, den Geist, gegeben hat, den wir in unserem
Herzen tragen. Es muss gesagt werden, dass das Bild in Bezug auf Gott ekstatisch ist,
denn es ist Licht, das sein Licht widerspiegelt, und seine Dynamik besteht darin, dass
es sich ausdehnt, so wie die Strahlen der Sonne im objektiven Universum leuchten
und sich ausbreiten. Obwohl sich die Sonnenstrahlen im Wasser spiegeln und mit
allen Bewegungen auf der Wasseroberfläche interagieren, vermischen sie sich
niemals mit den Unreinheiten des Wassers. Sowohl das Bild als auch der
Sonnenstrahl bleiben immer mit sich selbst identisch und behalten dieselbe
unverfälschte Natur bei, ohne die Eigenschaften des Mediums anzunehmen, in dem
sie sich manifestieren. (Anmerkung: Genauso scheint das Licht des Geistes auf die
Wasser der Seele in denen, die vom Geist wiedergeboren sind, damit sie ihren wahren
Bräutigam erkennen. Im Philippus-Evangelium lesen wir: "Durch den Heiligen Geist
werden wir wiedergeboren. Geboren aber werden wir durch Christus. In beiden
Vorgängen werden wir gesalbt vom Geist. Indem wir geboren werden, werden wir
wieder (mit Gott) vereinigt. Niemand kann sich ohne Licht selbst sehen, weder im
Wasser noch im Spiegel. Andererseits sieht man auch im Licht nichts ohne Wasser
und Spiegel. Daher ist es notwendig, mit beidem getauft zu werden: mit Licht und
mit Wasser. Das Licht, aber ist die Salbung.") Im Gegensatz zum Bild impliziert das
Ebenbild, d.h. die Seele, eine dynamische Qualität einer zeitlichen Ordnung. Der
Ausdruck "uns ähnlich" in Genesis 1:26 ist so zu verstehen, dass er sich auf den
psychischen Menschen bezieht, dessen Substanz nichts anderes ist als der Geist des
Lebens, der von den durch seinen psychischen Zustand bestimmten Faktoren umhüllt
ist und sich in dem bewegt, was wir Seele nennen. Die Vereinigung der expansiven
Kraft des Gottesgeistes mit der Empfänglichkeit der Seele, deren anpassende und
verbindende Dynamik zu einer vollkommenen Ähnlichkeit mit dem Geist führt, ist in
der messianischen Sprache durch die heilige Hochzeit des mystischen Bräutigams
und der Braut erklärt worden. So sind beide Eheleute die menschliche Darstellung
eines sich ausdehnenden männlichen und eines empfangenden weiblichen Prinzips,
das sein Ziel erst dann erreicht, wenn es seine Suche nach Ähnlichkeit aufgibt und
sich passiv der überströmenden Kontemplation des Sohnes des Lichts zuwendet. Dies
scheint die Absicht des Schreibers gewesen zu sein, als er nicht sagte, er schuf sie als
Abbild Gottes, sondern als Bild: Als Mann und Frau schuf er sie.

198
All dies wird von Justin dem Gnostiker sehr klar dargelegt: Dies war die Hochzeit der
Jungfrau Eden, der Seele [in Genesis 2] und Elohim, dem Pneuma, dem Bild Gottes
[Genesis 1:27]. Mit diesem Vers wendet der Schreiber nicht nur eine geschlechtliche
Definition auf die psychische und spirituelle Ebene an, sondern bezieht sich auf den
Ursprung der Diversifizierung des Einen in die Vielen; die Vervielfältigung des einen
Lichts Gottes in eine Unendlichkeit von Lampen, die ein unvergängliches Juwel im
Herzen eines jeden Menschen leuchten. Die Dynamik der Assimilation, die die
Ähnlichkeit mit sich bringt, zielt auf die Entdeckung des Sohnes durch Identifikation
mit ihm. Er ist die Essenz, das wahre Wesen der Seele; daher wird die vollkommene
Ähnlichkeit mit dem Bild des Lichts Selbstverwirklichung sein, denn die Seele ist
vervollkommnungsfähig und kann dem Geist Gottes immer ähnlicher werden. Das
Werk der Assimilation ist an sich die Bestimmung, die Gott der Seele von Anfang an
zugewiesen hat. Es kann dem Menschen niemals gelingen, Gott allein durch die
Ausübung der rationalen Fähigkeiten, mit denen die Seele ausgestattet ist, ähnlich zu
werden. Dazu bedarf es eines aktiven Samenkorns des ewigen Lebens, das in die
Seele, ihr Wesen, ihre Grundlage, gesät wird. Der Sohn allein besitzt die Mittel zur
Erneuerung der Seele und gibt sie der Seele, wenn sie ihn darum bittet. Die
vollkommene Angleichung bedeutet nicht nur die Vollendung der Vereinigung mit
dem Sohn des Lichts, sondern auch die Anerkennung in unserem Bewusstsein, dass
wir Kinder Gottes sind, denn das ist die Kraft, die alle Seelen dank des wahren Lichts
erlangen. Johannes sagt in seinem ersten Brief: Wir sind bereits Kinder Gottes, aber
was wir in der Zukunft sein werden, ist noch nicht offenbart worden. Wir wissen nur,
dass wir ihm gleich sein werden, wenn es offenbart wird [das Wesen der Seele, der
verborgene Christus], weil wir ihn sehen werden, wie er wirklich ist. Der Apostel
erklärt: Jetzt sehen wir nur einen schwachen Abglanz in einem Spiegel; dann aber
werden wir ihn von Angesicht zu Angesicht sehen. Die Erkenntnis, die ich jetzt habe,
ist unvollkommen, aber dann werde ich so vollständig erkennen, wie ich erkannt
werde." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

85. Jesus sprach: Adam entstand aus großer Macht und großem Reichtum, und
dennoch wurde er nicht würdig. Denn wenn er würdig geworden wäre, hätte er
den Tod nicht geschmeckt.

"Die zwei Zentren des Bewusstseins: Wenn Jesus von Adam spricht, bezieht er sich
auf das gesamte Menschengeschlecht, dessen Urbild, Adam, nach dem Bild Gottes,
(des Sohnes) geschaffen und dann mit einer Seele, die mit einem vorübergehenden
Lebensatem begabt ist, geformt, bekleidet wurde. Die große Kraft, von der hier die
Rede ist, ist der Menschensohn, der innere Christus, der verborgen ist als der kostbare
Grundstein, der Geist und die Kraft Gottes. Der große Reichtum ist die Seele, die,
wenn sie sich der Elemente der Welt bemächtigt, sich in einen undurchsichtigen
Schleier hüllt, der das Licht des Geistes verdeckt. Den unglücklichen Reichen dieser
Art fehlt es an Durchsichtigkeit, so dass sie die Segnungen des Reiches, des
auserwählten Steins, der in ihren Herzen gegenwärtig ist, nicht erkennen können;
denn dies ist nach dem Evangelium den Armen im Geiste vorbehalten. Wenn der
Logion den materiellen Körper Adams, das Kleid aus Fleisch und Blut, nicht erwähnt,

199
dann deshalb, weil Jesus hier nur vom Geist und von der Seele als den beiden
Bewusstseinszentren spricht, zu denen der Mensch aus der dynamischen Sicht des
Evangeliums Zugang hat. Diese beiden Zentren sind das natürliche, d.h. das in jedem
von der Frau geborenen Menschen aktive, das, wie das Evangelium sagt, dazu
bestimmt ist, abzunehmen, bis es zur Demut und zum absoluten Aufhören gelangt,
und das im Geist wiedergeborene Bewusstsein, das wachsen muss, bis es zur
vollkommenen Assimilation in Christus gelangt. Johannes der Täufer sprach von
diesen beiden Formen des Bewusstseins, indem er sagte, dass er [Christus] größer
werden muss, während er kleiner werden muss, während Christus von ihm sagte, dass
von allen Kindern, die von Frauen geboren wurden, es nie einen größeren gegeben
hat. Als Johannes diese Worte sprach, erklärte er, was er nach dem Plan Gottes zu
vollbringen hatte, denn die Verkleinerung der Seele zeugt immer vom Licht des
Geistes, und gerade um dies zu bezeugen, damit alle an das Licht, an Christus,
glauben, wurde Johannes von Gott gesandt. In der Sprache des Evangeliums wird die
Abnahme oder Schwächung der Faktoren, die die Welt repräsentieren und in der
Seele vorhanden sind, als Armut bezeichnet, und wenn diese Abnahme vollständig
ist, wird das Wort Tod verwendet, ein glorreicher Tod der Seele, der zur Auferstehung
in Christus führt, wie es in Johannes 12:24-25 ausgedrückt wird: "Wenn das
Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt,
bringt es viel Frucht. Wer sein Leben [seine Seele] liebt, verliert [sie] es; und wer sein
Leben [seine Seele] in dieser Welt hasst, wird [sie] es zum ewigen Leben bewahren."
Wenn das Korn allein bleibt, bedeutet das, dass es immer noch in einem getrennten
Bewusstsein verwurzelt ist, in einem Ego, das Gottes Widersacher ist und das Jesus
zu zerstören wünschte. Der Tod dieser Abgeschiedenheit ist die Vereinigung im
Schoß des Vaters.

Die Abnahme des großen Reichtums: Ein Beispiel in den Evangelien für das
Schrumpfen der Welt in der Psyche (Seele) ist die Erzählung des Lukas über jenen
älteren Zöllner, einen reichen Mann namens Zachäus, der auf eine Platane kletterte,
um auf die Ankunft Christi zu warten. Der Maulbeerbaum, (Maulbeer-Feige, engl.
Sycamore-Tree) auf den Zachäus kletterte, um seine geringe Körpergröße zu
kompensieren, ist ein falscher Feigenbaum, ein Baum, der im Allgemeinen vollwertig
ist, aber ungenießbare Feigen hervorbringt. Der Baum wird also zu den Feigenarten
gezählt, und schon im Alten Testament wurde der Baum von den Schriftgelehrten und
Propheten Israels verwendet, um bildlich auf die Seele und ihre Früchte zu
verweisen. Als Adam und Eva nach dem Verzehr der verbotenen Frucht die Augen
der Weisheit öffneten, sahen sie nach der Genesis, dass sie nackt waren und der
Weisheit beraubt, woraufhin sie Feigenblätter zusammennähten, um sich
Lendenschurze zu machen. Dies war der erste Fall, in dem der Feigenbaum in Bezug
auf die Seele verwendet wurde, denn die weichen Blätter des Feigenbaums im
Paradies kündigten nicht nur das Kommen des Sommers an, sondern in einem
Gleichnis die Entwicklung der Seele, die den Bewohner in ihr kennengelernt hat,
denn Jesus sagt in Matthäus 24:32-33: "Wenn sein Zweig schon weich geworden ist
und die Blätter hervortreibt, so erkennt ihr, dass der Sommer nahe ist. So sollt auch
ihr, wenn ihr dies alles seht, erkennen, dass es [er] nahe an der Tür ist."

200
Der Feigenbaum und seine Früchte sind in beiden Testamenten ein ebenso
universelles Symbol für die Seele wie der Saft des Weinstocks für den Geist, den
Menschensohn. Um der Freude oder der Verzweiflung der Seele und des Geistes den
größtmöglichen Ausdruck zu verleihen, erwähnen die heiligen Schriften daher beide
Bäume: "Macht Frieden mit mir und kommt zu mir heraus! Dann soll jeder von
seinem Weinstock und jeder von seinem Feigenbaum essen und jeder das Wasser
seiner Zisterne trinken, bis ich komme und euch in ein Land hole wie euer Land, ein
Land von Korn und Most, ein Land von Brot und Weinbergen." (Jesaja 36:16). Und
an anderer Stelle, um die innere Trockenheit auszudrücken: "Wegnehmen, wegraffen
werde ich sie, spricht der HERR. Keine Trauben sind am Weinstock und keine Feigen
am Feigenbaum, und das Blatt ist verwelkt" (Jeremia 8:13). Es ist nicht
verwunderlich, dass der Feigenbaum mit seinem Stamm, seinen Blättern und seinen
zweimal im Jahr reifenden Früchten als exemplarischer Baum gewählt wurde, der
den ersten Samen Gottes zur Aussaat in die Seele trägt, denn er stellt eine
mythologische Darstellung der Seele und ihrer Funktionen dar. Der Dialog Jesu in
Johannes 1:45-51 mit seinem neuen Jünger Nathanael ist nur in seinem verborgenen
Sinn zu deuten. Als der innere Christus weiß Jesus um die religiöse Aktivität des
Mannes, der unter dem Feigenbaum geblieben war: Eine Seele in tiefer Anbetung.
Die Bemerkung Jesu offenbart die Gegenwart Gottes (die Shekinah) bei Nathanael,
die sich über der geläuterten Seele niederlässt (wie auch durch die Jakobsleiter in der
Genesis beschrieben): "Weil ich dir sagte: Ich sah dich unter dem Feigenbaum,
glaubst du? Du wirst Größeres als dies sehen. Und er spricht zu ihm: Wahrlich,
wahrlich, ich sage euch: Ihr werdet den Himmel geöffnet sehen und die Engel Gottes
auf- und niedersteigen auf den Sohn des Menschen." Der Feigenbaum, die Seele,
muss zusammen mit seinen neuen Blättern die Frucht des Samens, des in sie gesäten
Wortes, hervorbringen. Diese innere Arbeit, die in jedem Menschen, der in diese Welt
kommt, notwendig ist, wird unausweichlich, sobald sich der Himmel geöffnet hat und
derjenige, der im Namen des Herrn kommt, seine Wohnung auf dem Berg Zion
aufgeschlagen hat. Der Lobpreis, der Fruchtbarkeit bedeutet, wird dann obligatorisch,
auch für die Neugeborenen im Bewusstsein des Geistes, wie der Psalm sagt und das
Evangelium uns daran erinnert: "Ja, habt ihr nie gelesen: Aus dem Mund der
Unmündigen und Säuglinge hast du dir Lob bereitet?" Nach dem verborgenen Aspekt
Christi, nach seinem messianischen Eintritt in den inneren Tempel, nach der
reinigenden Handlung, die alle Geldwechsler und Verkäufer aus der äußeren,
oberflächlichen Umhüllung der Seele vertrieben hat, ist es nur logisch, den
Feigenbaum, die Seele, die in ihrer Unfruchtbarkeit verharrt, zu verlassen und so
diese Seele zu beseitigen. Die Bemerkung im Markus-Evangelium, dass es nicht die
Jahreszeit für Feigen sei, spricht nicht für die Seele, sondern rechtfertigt die Haltung
Jesu. Niemals kann das Wachstum der Früchte aufhören, denn für die kluge,
jungfräuliche Seele, die den Besuch des zeitlosen, ewigen Bräutigams als Unterpfand
der heiligen Hochzeit empfängt, ist ein solches Aufhören nicht möglich. Ganz anders
ist die Darstellung bei Lukas in seinem Gleichnis vom unfruchtbaren Feigenbaum.
Auch hier geht es um die Seele, die keine Frucht bringt, obwohl sie noch nicht vom
Bräutigam ermahnt wurde. Obwohl die Seele noch weit vom Ziel der endgültigen
Hochzeit entfernt ist, läuft sie nicht unmittelbar Gefahr, als Brennholz zu enden.

201
Der Rest ihres Lebens liegt noch vor ihr, sie hat noch Zeit, die für ihr Wachstum
notwendige geistige Nahrung aufzunehmen. Ähnlich wie der verdorrte, unfruchtbare
Feigenbaum ist die Platane mit ihren unverdaulichen Feigen, auf die der unwissende
Zachäus kletterte, um die Ankunft des Herrn zu sehen. In seiner Blindheit vertraut
Zachäus auf seinen Baum, seine unfruchtbare Seele, als Mittel, um zur ersehnten
Auferstehung des Geistes zu gelangen. Doch sein Baum ist in Wirklichkeit dem Tod
geweiht, wie die ungekennzeichneten Gräber, auf denen die Menschen gehen, ohne es
zu wissen (Lukas 11:44). Es war die Stimme des Herrn, die Zachäus aufforderte, von
seinem großen Reichtum herabzusteigen und sich der großen Macht würdig zu
machen, indem er den Herrn in seinem Haus aufnahm. Das war die Geburt im Geiste,
und Zachäus, der gehorsam und fleißig war, kam geradewegs vom Baum herunter
und nahm die Demut der Armen im Geiste an. Der Evangelist zitiert dann Jesus, der
verkündet, wie der Mann seiner verborgenen Pflicht nachgekommen ist: "Heute ist
diesem Haus Heil widerfahren, weil auch er ein Sohn Abrahams ist; denn der Sohn
des Menschen ist gekommen, zu suchen und zu retten, was verloren ist." (Lukas 19:9-
10). Das sagt er, weil Zachäus durch den Glauben kleiner geworden ist, um das
Wachstum des verborgenen Christus zu ermöglichen. Und da der Glaube ihn bewegt
hat, erkennt Jesus ihn als einen Sohn Abrahams an, dessen Glaube als rechtfertigend
angesehen wurde, aufgrund dessen er die Verheißung erhielt, dass er und seine
geistlichen Nachkommen die Welt erben würden. Wie der Schluss der Zachäus-
Geschichte es ausdrückt, dass der Menschensohn ist gekommen sei, um zu suchen
und zu retten, was verloren war. Dies war in der Tat die Frohe Botschaft, die Jesus
den Armen verkündete, als er in der Synagoge von Nazareth aus der Schriftrolle las:
"Der Geist des Herrn ist auf mir, weil er mich gesalbt hat, den Armen die gute
Botschaft zu verkündigen und den Gefangenen Freiheit auszurufen."

Der Tod des großen Reichtums: Wenn der Logion sagt „dann hätte Adam den Tod
nicht geschmeckt“, so ist damit nicht der Tod des Körpers gemeint, auch nicht der
Tod des Geistes, der unsterblich ist, sondern der Tod der Seele. Das Bewusstsein
Adams war nicht in der Lage, seinen großen Reichtum loszulassen und sich ganz dem
Tod hinzugeben, um in Christus zu leben. Diejenigen Adams, die in ihrer Seele
sterben, tun dies immer aus Mangel an Glauben an den Christus, der in ihnen als ihr
eigenes Wesen wohnt, so dass sie nicht in der Lage sind, zu dem Feigenbaum zu
sagen: Steh auf und wirf dich ins Meer, oder zu der unfruchtbaren Maulbeer-Feige:
Sei entwurzelt und pflanze dich ins Meer. Wenn diese Reise, diese körperliche
Veränderung, im Evangelium erklärt wird, dann deshalb, weil es durch die Hingabe
an den manifesten Jesus oder durch die Erkenntnis, dass der verborgene Christus das
wahre Wesen des Menschen ist, möglich wird, in der Seele so weit zu schrumpfen,
dass man in ihr stirbt. Nur so ist es möglich, das Bewusstsein des sterblichen Lebens,
das wie Gold geprüft und wie Silber geläutert wird, in das Bewusstsein Christi zu
überführen. Von jenen, denen dieser schwierige Bewusstseinsübergang gelingt und
die so das wolkenlose wahre Leben der Ewigkeit erlangen, heißt es, dass sie den Tod
nicht schmecken werden, bevor sie den Menschensohn mit seinem Reich kommen
sehen, oder bevor sie das Reich Gottes mit Macht kommen sehen.

202
Im Neuen Testament gibt es eine Fülle von Informationen über den notwendigen Tod
der Seele als einzige Voraussetzung, um das ewige Leben zu erlangen, denn dies ist
das grundlegende Siegel der Guten Nachricht. Indem Jesus den Tod in seinem
manifestierten Christus-Leib vollzog, einen Tod, der vorhergesagt wurde und Teil des
göttlichen Plans war, erfüllte er paradigmatisch den Erlösungsprozess, den jeder
Mensch in der Seele, nicht im Leib, aber manchmal auch im Körper, durchlaufen
muss, wenn er den verborgenen Christus, der in ihm wohnt, erwecken und offenbaren
will. Das vierte Evangelium berichtet im Bericht über das letzte Erscheinen Jesu am
Ufer des Sees Tiberias von den beiden Arten des Todes zur Verherrlichung Gottes,
dem körperlichen und dem seelischen Tod, wobei der erste blutiger, aber nicht
weniger qualvoll ist als der zweite. Jesus offenbarte Petrus ganz ausdrücklich die Art
des Todes, den er erleiden sollte, um die Offenbarung des verborgenen Christus
sowohl in seinem Körper als auch in seiner Seele zu vollenden; aber obwohl im Falle
des Johannes das Gerücht unter den Brüdern umging, dass dieser Jünger nicht sterben
würde, hatte Jesus dies nicht gesagt, sondern dass die Wiederkunft Christi in diesem
Leben, vor seinem physischen Tod, stattfinden würde, jene Wiederkunft, die nur den
Tod der Seele als Vorbedingung erfordert, da so der verborgene Christus offenbar
wird. Abschließend sei an den Auszug aus den Schriften des Theodotus erinnert, der
von Clemens von Alexandrien abgeschrieben wurde: Diejenigen, die Christus
erneuert, werden in das Leben versetzt, und sie sterben gegenüber der Welt, und leben
in und für Gott, damit der Tod durch den Tod aufgehoben wird, so wie die Verwesung
durch die Auferstehung." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

86. Jesus sprach: Die Füchse haben ihre Höhlen, die Vögel haben ihre Nester.
Der Sohn des Menschen aber hat keinen Ort, um sein Haupt darauf zu legen
und auszuruhen.

"Der Menschensohn hat keinen Platz, denn der Geist, das wesentliche Wesen eines
jeden Menschen, wurde nicht geformt, sondern geschaffen. Die Form kam später, im
Paradies, und das war, als das Eine - ein zusammengesetztes Wesen, männlich (Geist)
und weiblich (Seele), „Sein und Schein“ - in Viele (Söhne Gottes) zerstreut wurde.
Am Anfang aber wurde der vollkommene Mensch geschaffen; und so war das reine
Wesen des Menschen Licht nach dem Bild des Lichts: Dem Menschensohn. Daher
hat der Menschensohn keine Form, denn die himmlische Kleidung sollte erst später
kommen, so dass er keinen Ort, keine Grenzen hat; weder Zeit, noch Raum, noch
Weg, nur Ewigkeit. Es gibt keinen Ort, keinen Raum für das, was der Ort ist, keine
Notwendigkeit, einen Weg zu dem zu suchen, was der Weg, die Wahrheit und das
Leben ist. In der Welt der Füchse und der Vögel gibt es Höhlen und Nester, während
der Menschensohn seinen eigenen Ort hat, den Ort der unendlichen Eins-Sein des
Einen, des Vaters und ihm. All dies hat Jesus erklärt, als er sagte, dass niemand den
Sohn kennt, außer dem Vater. Den Sohn nicht zu kennen, bedeutet jedoch, ihn nicht
zu kennen, außer durch Zeichen. Es gibt in Wahrheit keinen Weg, den Sohn und den
Vater zu kennen, und hier liegt der große Stolperstein, auf den der Mensch stößt,
wenn er sich bemüht, die Gnade und Wahrheit Jesu Christi zum Gegenstand zu
machen. Der verborgene Christus, kann niemals das Objekt der Erkenntnis sein.

203
Er ist der Erkennende, und wie könnte man den Erkennenden erkennen? Es gibt auch
keine Möglichkeit, die Wohnung dessen zu finden, der der Ort selbst ist. Dies ist die
Frage eines Neuankömmlings, dieselbe Frage, die Jesus von den beiden im
Evangelium erwähnten Jüngern gestellt wird: Rabbi, wo wohnst du? Höhlen und
Nester sind gültige Wohnungen in der offenkundigen Welt, aber Christus manifestiert
sich nicht in der Welt, vor der er verborgen bleibt, mit der einzigen Ausnahme derer,
die ihn lieben und sein Wort bewahren, derer, die zu sehen verstehen, zu
durchdringen, was verborgen ist. Daher die Frage des Judas - nicht des Judas
Ischariot - an Jesus: "Willst du dich uns zeigen und nicht der Welt? Wie für den Ort,
so für die Ruhe. In seiner Einsamkeit des Eins-Seins hat der Menschensohn
niemanden, auf den er sich stützen kann. Er ist es, der als manifestierter Geist der
Herrlichkeit auf uns ruht, auf denen, die ihn lieben. Die Worte des Psalmisten gelten
indessen denen, für die er verborgen bleibt, weil sie ihn nicht von ganzem Herzen,
von ganzer Seele, mit ganzer Kraft lieben: "Heute, wenn ihr seine Stimme hört,
verhärtet euer Herz nicht, wie zu Meriba, wie am Tag von Massa in der Wüste, wo
eure Väter mich auf die Probe stellten, mich prüften, obwohl sie mein Werk gesehen
hatten. Vierzig Jahre empfand ich Ekel vor diesem Geschlecht, und ich sprach: Ein
Volk irrenden Herzens sind sie, und sie haben meine Wege nicht erkannt. Darum
schwor ich in meinem Zorn: Sie sollen nicht in meine Ruhe eingehen." (Psalm 95:7-
11) Wenn sich der Menschensohn im Bewusstsein eines im Geist wiedergeborenen
Menschen offenbart, der das Joch Christi auf sich genommen hat, schenkt ihm der
Herr seine Ruhe, einen dauerhaften Frieden für seine Seele. Das ist die Ruhe, die er
dem Menschen schenkt, der weiß, dass er letztlich vollkommen eins ist. In einer
seiner Erklärungen zu diesen Dingen bekräftigt Jesus seine große Verheißung des
Eins-Seins mit denen, die ihn lieben: Mein Vater wird ihn lieben [...] und in ihm
Wohnung machen." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

87. Jesus sprach: Elend ist der Leib, der abhängig ist von einem Leib. Und Elend
die Seele, die abhängt von diesen beiden.

Mit dem elenden Leib, der von dem anderen Leib abhängt, ist wohl der menschliche,
sterbliche Leib gemeint, der vom ebenfalls sterblichen Leib der Welt abhängig ist,
bzw. sich von ihr abhängig macht, indem er den Geist verleugnet oder ihn nicht
erkennt. Denn nur der Geist schenkt Leben, während die beiden Leibe nur Leichname
sind, wie schon in Logion 56 und 80 zu lesen. Wenn die Seele also von diesen beiden
abhängt, und nicht vom Geist, ist sie ebenso elend. Im Philippus-Evangelium lesen
wir: "Einige fürchten sich davor, nackt aufzuerstehen. Sie wissen nicht, dass eben
diejenigen, die im Fleisch leben, die Nackten sind, während diejenigen, die sich ihres
Fleisches entäußern und sich entkleiden, die Nicht-Nackten sind. Denn Fleisch und
Blut können das Reich Gottes nicht erben. Um welches Fleisch handelt es sich denn
hier, das nicht erben kann? Um das Fleisch, von dem wir jetzt umhüllt sind. Welches
Fleisch aber wird erben? Das Fleisch Jesu und sein Blut. Deshalb sagte er: Wer nicht
mein Fleisch isst und nicht mein Blut trinkt, hat kein Leben in sich. Was ist unter
diesem Fleisch und Blut zu verstehen? Sein Fleisch ist das Wort und sein Blut der
Heilige Geist. Wer diese empfängt, der hat Nahrung und Trank und der ist bekleidet."

204
"Was der Logion mit seiner bewussten verbalen Askese auf rätselhafte Weise zum
Ausdruck bringt, ist, dass der Körper des Menschen unglücklich ist, weil er von den
natürlichen „Gefängnis“ des Körpers abhängt, während die Seele ebenfalls
unglücklich ist, weil sie von den Bedingungen abhängt, die der Körper ihr auferlegt,
zusätzlich zu ihren eigenen Unzulänglichkeiten als Seele. Es ist klar genug, dass die
Begrenzungen des Körpers und die der Seele sich in ihrer Art unterscheiden, da die
Begrenzungen der Seele überwunden werden können, indem man die Assimilation
mit dem Geist bereitwillig annimmt, während die Begrenzungen des Körpers ein
natürliches Phänomen sind und als solches nicht überwunden werden können. Die
kirchliche Lehre von der Auferstehung des Fleisches mit ihrer Verheißung eines
glorreichen Schicksals für den Leib findet im Text der kanonischen Evangelien
keinerlei Grundlage. Im Gegenteil, das Evangelium sagt: Wo der Leichnam ist, da
werden sich auch die Geier versammeln. Es ist leicht, in dieser Anspielung auf das
Wirken der Aasvögel das uns allen vertraute verzehrende Werk der Zeit zu sehen.
Doch manche lesen in diesen Worten noch mehr, nämlich den Kadaver, der auf
Gottes Befehl hin zu Staub zerfällt, um den Körper wiederherzustellen und ihn
aufzuerwecken, damit er an seiner Herrlichkeit teilhaben kann. Man sollte die
Implikationen einer Meinung ernsthaft respektieren, wenn jedoch das Streben nach
Erkenntnis im Geist und in der Wahrheit eine bestimmte Meinung als eine
oberflächliche Verkleidung entlarvt, als ein erstes rein theoretisches Herantasten an
die wahre Erkenntnis, dann ist derjenige, dem eine bloße Meinung genügt, ein
Mensch, der in völliger Abhängigkeit von natürlichen Mitteln steht, der Daten und
rationale Beweise anhäuft, nur um diese Meinung zu stützen. Diese Meinung kann
sich niemals den Dingen nähern, die den Geist Gottes betreffen, wenn sie nicht
vorher in Wissen umgewandelt wird. Diese Verwandlung kann nur erreicht werden,
wenn man einen sehr schmalen Weg beschreitet, einen Weg, der so schmal ist, dass er
nur aus einem selbst besteht. Dies ist in der Tat der ultimative Weg, um Wissen zu
erlangen, Wissen in Wahrheit. Solches Wissen stammt direkt aus dem Geist und
ermöglicht ein gesundes Urteilsvermögen.

Die Unterschiede zwischen der offenkundigen und der verborgenen Auffassung


entsprechen den unterschiedlichen Interpretationen des Todes Jesu am Kreuz. Nach
der manifesten Version besaß Jesus, der Christus, im Fleisch und besitzt in seiner
ewigen Heimat das Bild des Vaters und die Ähnlichkeit mit der Gestalt Gottes. Der
letztere, der Schein, hat ihn vom Augenblick seiner Auferstehung von den Toten an
vollkommen umhüllt. Sein (Geist), Schein (Seele) und Leib bilden in Jesus Christus
eine manifeste, wenn auch für uns unsichtbare Wirklichkeit in einer untrennbaren
Einheit des Bewusstseins. Dennoch sahen einige christliche Gnostiker, die sich an die
Nicht-Identifikation nicht nur mit ihrem Körper, sondern auch mit den Bewegungen
seines Scheins (oder seiner Seele) gewöhnt hatten, aus ihrer verborgenen Sicht eine
Teilung der Einheit, die Jesus Christus ausmacht, in eine Trichotomie (Dreigeteiltheit
in Geist, Seele und Körper) verschiedener Bewusstseinsebenen. Diese Aufspaltung
ermöglichte es ihnen, das gewaltige reale Ereignis des Todes Jesu am Kreuz aus
verschiedenen, sich überlagernden Blickwinkeln zu betrachten.

205
Die gnostischen Christen sprechen nicht nur von dem verborgenen Christus, dem
Abbild oder dem Lichtmantel des Vaters, der das Wesen Jesu darstellt, sondern auch
von der Seele, dem psychischen Bewusstsein, das sie manchmal den tierischen
Christus nennen. Wenn die Gnostiker schließlich den ans Kreuz genagelten Jesus
betrachten, sehen sie einen privilegierten Körper, mit dem der Rest der Bewohner des
Hauses Christi, des Tempels, perfekt harmoniert. Das Wesen dieses Hauses sollte
nach den symbolischen drei Tagen wieder auferstehen. Bei diesem Ereignis gibt es
keinerlei Identifikation, denn die Funktionen, die der hylischen (Körper), psychischen
(Seele) und pneumatischen (Geist) Ordnung zugewiesen sind, gehören zu anderen
Reichen und sind vollkommen voneinander getrennt, ohne jedoch die Einheit Jesu zu
beeinträchtigen. Durch diese Beschreibung mit ihrem kühnen anthropologischen
Röntgenblick richten die Gnostiker ihren Blick auf Jesus, ohne aufzuhören, in ihm
alles zu sehen, was das Paradigma des universellen Anthropos, d.h. jedes Menschen,
der in diese Welt kommt, kennzeichnet. Die Schilderung der historischen Tatsache
des Kreuzestodes Jesu, von innen heraus - aus dem Innern Jesu heraus, mit einem
durchdringenden Blick, der nur möglich ist, wenn er im Geiste vom Erlöser, dem
strahlenden Lichtvollen, gewährt wird - ist sehr aufschlussreich, und es lohnt sich,
dies mit Hilfe einiger der heute glücklicherweise wiedergefundenen Dokumente zu
untersuchen. Diese Studie erfordert die keineswegs einfache Aufgabe, das mächtige,
aber zweideutige Licht, das aus dem Übermaß der Vorstellungskraft der gnostischen
Christen auftaucht, der strengen Reinheit des verborgenen Aspekts zu unterwerfen. In
dem Bericht, der in der (gnostischen) Apokalypse von Petrus zu finden ist, spricht der
Apostel, der angeblich Jesus ans Kreuz genagelt betrachtet, von einer hylisch-
psychisch-pneumatischen Trichotomie. Diese dreiteilige und, wie wir sehen werden,
in gewissem Sinne vierteilige Einteilung Jesu ist nur im Rahmen einer theoretischen
Analyse möglich, hat aber dennoch Gültigkeit und gilt im weiteren Sinne für jeden
Menschen, da ihre allgemeine Struktur bis auf die Abstände [die qualitativen
Unterschiede] identisch ist. Hier ist der Ausgangspunkt der Erzählung von Petrus:
"Und ich sah jemanden auf uns zukommen, der aussah wie er [Jesus] und wie [der
lebendige Jesus], der über dem Kreuz lachte. Er war [ein Abbild Jesu], gewebt in
heiligem Geist. Er war der Erlöser. Und es umgab sie ein großes, unaussprechliches
Licht und eine Schar unaussprechlicher und unsichtbarer Engel, die sie segneten."
Der Text beschreibt in Begriffen, die der universellen Kategorie Jesu entsprechen, die
Zusammensetzung des vollständigen Menschen, die der spezifischen Qualität jedes
der drei Reiche des Universums nach der Genesis entspricht: das geistige (Licht), das
psychische (Wasser, oben und unten) und das materielle (Erde oder Lehm). Dies sind
im Übrigen die drei Ebenen des Bewusstseins, die in theoretisch-analytischer
Aufspaltung (fast rein anatomisch) betrachtet werden, da der Autor darauf bedacht ist,
den Christus von innen heraus zu beschreiben. Der erste Teil von Jesus, von dem die
Rede ist, ist der Jesus in einem vergänglichen Körper: Derjenige, in dessen Hände
und Füße sie die Nägel schlagen. Er wird auch der Mensch Elohims genannt (der
Mensch, der von den Archonten geformt wurde), denn er ist das fleischliche Abbild,
das nach dem Abbild des lebendigen Jesus geboren wurde. Später heißt es er sei der
Mann des Kreuzes, der dem Gesetz unterworfen ist; der Sohn Marias, der (am Kreuz)
leiden wird, der Körper, der das Lösegeld für die menschliche Erlösung ist, derjenige,

206
den sie zu Schanden machen, der Sohn [das Produkt] ihrer Eitelkeit. Der zweite Teil
von Jesus, der beschrieben wird, ist der lebendige Jesus, den man über dem Kreuz
sieht, fröhlich und lachend. Von ihm sagt der Text: "Der, der vorher in seinem Leib
war, der, der ergriffen und von seinem Körper befreit wurde auf dem Weg nach
Golgatha. Er steht freudig da und schaut auf die, die ihm Gewalt angetan haben. Sie
sind untereinander zerstritten. Deshalb lacht er über ihre Unfähigkeit zu sehen. Er
weiß, dass sie blind geboren sind. (Sie wissen nicht, was sie sagen.) Den Sohn ihrer
Prahlerei haben sie zu Schanden gemacht und nicht meinen Knecht" [den lebendigen
Jesus], den sie bestrafen wollten. So spricht der Erlöser. "Am Ende bin ich - sagt der
Erlöser - der intellektuelle, nur vom Geist wahrnehmbare, von strahlendem Licht
erfüllte Geist, den du zu mir kommen sahst." Der anonyme christliche Autor der
Apokalypse des Petrus hat die Kreuzigung mit erstaunlicher harmonischer Präzision
dargestellt. Der erste Jesus, der auf Petrus (dem Betrachter) zu kommt, das Licht, der
Logos. Dann der zweite, über dem Kreuz, der psychische Christus, die selige Seele,
der Herr; und schließlich auf dem Gipfel des Kalvarienbergs, am Kreuz hängend, der
vergängliche Leib Jesu, der Leib des leidenden Menschen. Der Erlöser (der Logos),
der Herr und der leidende Mensch (Jesus) stellen drei Ausdrucksformen ein und
desselben essentiellen Bewusstseins dar, die vom Verborgenen zum Manifesten
reichen. Dies wird von einem anderen gnostischen Autor erklärt: Ich bin nicht
gestorben - sagt der Erlöser - in Wirklichkeit, sondern zum Schein. Oder, was auf
dasselbe hinausläuft: Ich starb nicht in meiner verborgenen göttlichen Natur, sondern
in der manifesten, menschlichen Natur. Was der anonyme Autor zusammenfassend
verkündet, ist, dass die göttliche Natur und das psychische Bewusstsein Jesu nicht
mit dem vergänglichen Körper identifiziert wurden, der ans Kreuz genagelt wurde.
Der Autor der Acta Iohannis bestätigt dies: "Auch bin ich nicht der, der am Kreuz
hängt - sagt der Heiland - ich wurde für das gehalten, was ich nicht bin, weil ich nicht
das bin, was ich für viele andere bin. Du hörst, dass ich gelitten habe, und doch habe
ich nicht gelitten; dass ich nicht gelitten habe, und doch habe ich gelitten; dass ich
durchbohrt wurde, und doch wurde ich nicht geschlagen; dass ich gehängt wurde, und
doch wurde ich nicht gehängt; dass Blut aus mir floss, und doch floss es nicht."

In den synoptischen Evangelien ergreifen die Soldaten auf dem Weg nach Golgatha
einen Passanten, Simon von Kyrene, der vom Lande kam, und zwangen ihn, das
Kreuz zu schultern und hinter Jesus herzutragen. Die Gnostiker nahmen diese
Information auf, um sie zu erklären. Der lebendige Jesus erklärt, dass er zuerst in
diesem Körper war, und das ist so zu verstehen, dass es eine Zeit gab, in der sein
Bewusstsein mit seinem Körper identifiziert war, was eine Art von Gefangenschaft
ist: Ich wurde ergriffen - fügt er hinzu - und dann auf dem Weg nach Golgatha aus
diesem Körper befreit. Der Lebendige Jesus - die Seele Jesu - muss sich sehr wohl
bewusst gewesen sein, dass das Kreuz die Grenze der Fülle ist, das letzte Zeichen,
das den inneren Menschen, der vollkommen ist, von dem hylischen Menschen trennt,
der unvollständig ist. Deshalb sagte er: Wer mein Nachfolger sein will, der verleugne
sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. Selbstverleugnung
bedeutet, das Bewusstsein aus seiner krankhaften Identifikation mit dem Körper,
der das Objekt der Unvollständigkeit ist, herauszuziehen, um es zu befreien.

207
Dann können wir es über die Begrenzung hinaus zur Ganzheit, zum leuchtenden
Reich des lebendigen Jesus bringen. Hier liegt der Weg, der Grenzpfad, der zum
Kalvarienberg hinaufführt: Dies, der Wille, alle Grenzen zu sprengen, ist in sich
selbst das Kreuz. Ein gnostischer Christ, der von Clemens zitiert wird, sagt dies:
Indem er Jesus auf seinem Rücken trägt, indem er auf seinen Schultern das Gewicht
des Samens [des gesäten Wortes] trägt, bringt er diesen [durch das Zeichen] in das
Pleroma. Was fälschlicherweise als ein Aufgeben des Kreuzes durch Jesus bezeichnet
wurde, ist nicht als Aufgeben zu verstehen. Auf dem Weg zum Kalvarienberg liegt
der Grenzpunkt, an dem die Ganzheit gefunden wird. Die offenkundige Version des
Geheimnisses suggeriert die Kreuzabnahme auf den Schultern des Mannes von
Kyrene auf dem Weg zur Schädelstätte; doch die verborgene Wahrheit war
zweifellos, dass das Kreuz, das Jesus auf sich nahm, als er die Frohe Botschaft
verkündete, aufhörte, für ihn, für die mitfühlende Seele des lebendigen Jesus, das
Kreuz zu sein, noch bevor er den Gipfel des Berges erreichte, auf dem er es
aufrichtete. Was wir nicht wissen und wissen müssen, ist, in welcher Dimension Jesus
gelitten hat, wenn er gelitten hat, als sein Körper am Kreuz aufgerichtet wurde. Der
anonyme Christ schrieb: Da er zu leiden wusste, konnte er auch nicht leiden; da er zu
leiden bereit war, konnte er auch nicht leiden. Dort, über dem Kreuz, steht der
Lebendige Jesus in einem körperlosen psychischen Körper, unsichtbar, nicht einmal
feinstofflich, nur ein Licht, eine Substanz, die sich grenzenlos in der
Unermesslichkeit des Kosmos ausbreitet: Ein Meer von Licht, identisch mit dem
Erlöser, strahlend wie das Lichtgewand, das den Vater kleidet. Es gab eine Zeit, in der
der Lebendige Jesus in einem Körper aus Fleisch und Blut war, ein Gefangener, weil
er sich mit ihm identifizierte, aber dann löste er sich auf dem Weg nach Golgatha von
diesem Körper und stand daneben, frei, freudig, glückselig und lachend in einem
unkörperlichen Körper. Wenn der Text sagt, dass der Lebendige Jesus steht, bedeutet
das, dass sein höheres psychisches Bewusstsein, das von den psychosomatischen
Bindungen von Fleisch und Blut befreit ist, ständig in der Gegenwart des Glanzes des
Lichts des Erlösers verbleibt. Da der Lebendige Jesus bereits aufgehört hat, sich mit
seinem Körper zu identifizieren, blickt er auf den vergänglichen Körper Jesu am
Kreuz, der in seinem natürlichen Tod gipfelt. All diese Dinge sind es, die den
lebendigen Jesus zum Lachen bringen. Das Lachen kommt in das Herz des
Menschen, wenn er das Jammertal der Menschheit verlässt, um die Abstammung
Gottes zu betrachten. (Anmerkung: Im Philippus-Evangelium heißt es: "Sehr
zutreffend sagte der Herr: Einige gingen befreit lachend ins Reich der Himmel ein,
und kamen lachend heraus aus der Welt. So wird ein Mensch ein Christ, indem er die
Taufe und die Salbung erhält und sogleich lacht über die Welt. Auch Christus stieg
hinunter ins Wasser zur Taufe und stieg wieder herauf, befreit lachend über diese
Welt. Er maß ihr keine größere Bedeutung mehr bei als einem flüchtigen Scherz,
sondern verachtete ihre Vergänglichkeit. Und lachend betrat er das Himmelreich.
Wenn einer die Welt verachtet und sie wie einen Scherz verschmäht, wird er lachend
aus ihr heraus kommen. Und so ist es nicht nur bei der Taufe, sondern auch beim
Abendmahl, dem Brot und dem Kelch, und beim Öl (der Erlösung) und es gibt sogar
noch ein höheres Mysterium, wo es auch so ist.")(https://www.gospelofthomas-
interpretation.com/)

208
88. Jesus sprach: Die Engel und die Propheten werden zu euch kommen, und
euch geben, was euer ist. Und ihr eurerseits, gebt weiter, was in eurer Hand ist
und sprecht bei euch: Wann kommen sie endlich, um das Ihre zu empfangen.

"Die Engel, die hier angekündigt werden, kommen nur ins Bewusstsein, denn jeder
Mensch, der in diese Welt kommt, hat seinen heiligen Engel, der von Anfang an im
Himmel ist, im inneren Himmel der Seele, aus dem er nie herabgestiegen ist und auch
nicht herabzusteigen braucht. Aber wenn die Seele seine Anwesenheit in ihrem
eigenen Himmel entdeckt, stellt sie sich vor, dass diese Anwesenheit vom Himmel
herabgekommen ist, während sie niemals irgendwo anders war als in ihr. Jesus
erklärte dies, als er von den kürzlich im Geist Geborenen sprach, den jüngsten
Entdeckern des verborgenen Christus, die er die Kleinen nannte. Er sagte: Ihre Engel
im Himmel sind ständig in der Gegenwart meines Vaters im Himmel. Jeder einzelne
heilige Engel ist ein Strahl des Lichtes des Sohnes, der im reinen Geist des Menschen
leuchtet, denn das ist der Geist des Menschen. Wenn Jesus den Geist als Engel
bezeichnet, der rein und ohne Körper ist, verwendet er denselben Ausdruck, der im
Alten Testament üblich ist, wo die Manifestation der göttlichen Gegenwart als Engel
des Herrn bezeichnet wird. Geist oder Wesen, das der Seele unbekannt ist - so sieht
der Autor des Hebräerbriefs den heiligen Engel, wenn er sagt: "Manche Menschen
haben Engel beherbergt, ohne es zu wissen. Sie waren für sie Heerscharen, und doch
wurden diese Menschen vom Engel in seiner Eigenschaft als Hüter der Seele
bewacht, unabhängig von der Richtung, die sie gewählt hatten. Ihre Befehle: Er wird
seinen Engeln die Aufgabe geben, euch zu bewachen. All dies verdeutlicht die
konstitutive Identität des Menschensohns mit seinen Engeln, die sein Kommen stets
begleiten. Sie alle sind Lampen, die das gleiche Licht ausstrahlen. Er ist es, der jedem
Menschen gibt, was ihm gehört, nämlich Glückseligkeit und ewiges Leben. Der
pneumatische Mensch, der Schutzengel der Seele, besitzt all dies, denn es wurde ihm
von Gott gegeben, als er es seinem Sohn übergab. Das ist es, was in verschlüsselter
Form in jenen Abschnitten beschrieben wird, in denen Jesus das Auf- und Absteigen
der Engel über dem Menschensohn voraussagt. Dann, so sagt er, wird der
Menschensohn sich für ihn [für seine Seele] in der Gegenwart der Engel Gottes
offenbaren. Da die Engel das Wesen des Menschen im Menschen sind, sind sie die
Diener des Lichts, denn sie sind Licht. Wenn sie sich versammeln, versammeln sich
die Auserwählten, denn sie sind die Auserwählten; und die Gerechten stehen abseits,
denn sie sind die Gerechten; und die Ernte steht abseits, denn hier sind die Schnitter
und die Ernte. Die Ernte, die auf die Erlösung von der Unwissenheit der Seele wartet;
der Gefangene, der befreit werden soll. Daher die Freude bei den Engeln Gottes,
wenn eine Seele sich zur Herrlichkeit des Vaters bekehrt, zum heiligen Ort, wo ihr
ewiges Zelt aufgeschlagen ist. Das heißt, die Propheten kommen nicht zum
Bewusstsein, denn sie sind Bewusstsein. Wenn die Seele Buße tut und sich zur
Herrlichkeit des Vaters bekehrt, hört sie auf die Worte und nimmt sie sich zu Herzen.
Sobald sie verständlich geworden sind, verbreitet sie sie in der Welt. Das ist die
Aufgabe, die die Propheten übernehmen. Der Geist empfängt die Stimme Gottes
direkt, gibt sie aber in orakelhafter Form weiter. Es ist die Aufgabe des Propheten,
den Atem Gottes zu interpretieren, indem er das indirekte Medium benutzt,

209
das er besitzt, die weltliche Vernunft. Dies wird in der Geschichte von Mose sehr
deutlich. Nachdem er den brennenden Dornbusch am Horeb gesehen hatte, wurde
Mose zum Ausleger der Worte Gottes, aber als die Aufgabe später zu schwer für ihn
allein wurde, sagte der Herr zu ihm: Ich will ihnen einen Propheten wie dich aus
ihren eigenen Brüdern erwecken; ich will meine Worte in seinen Mund legen. Hier
wird die Institution der Prophetie beschrieben, wie bestimmte Menschen, nachdem
sie sich der Herrlichkeit des Vaters zugewandt haben, auf die Worte hören, die der
Wind ihnen in orakelhafter Form bringt, und sie dann, wenn sie wahre Propheten
sind, auslegen und sie allen verkünden. Ein Beispiel dafür war Gottes Wirken, wie
berichtet, mit den siebzig Ältesten Israels. Als sie sich um das Zelt versammelt
hatten, kam der Herr in einer Wolke herab. Er nahm etwas von dem Geist und legte
ihn auf die siebzig Ältesten. Als der Geist auf sie kam, prophezeiten sie. Sie waren
die ersten Propheten nach Mose, die das anwandten, was im Text zur Einführung der
Prophetie gesagt wird. Der Teil des Geistes, den Gott auf den Menschen gelegt hat,
spricht auf geheimnisvolle Weise wie ein Orakel, und einige erweisen sich dann als
fähig, das gehörte Wort zu interpretieren und es in einer Sprache zu wiederholen, die
die meisten Menschen verstehen können. Jesus erklärt dies den Zwölfen, als er sie zu
ihrer Missionstätigkeit aussendet und sie zu Propheten macht, indem er ihnen sagt:
Nicht ihr werdet sprechen, sondern der Geist eures Vaters wird in euch sprechen.
Petrus legt sehr gut die Institution der Prophetie nach beiden Testamenten dar. Er
sagt, dass die (alten) Propheten nach dem Heil suchten, das Christus brachte, und
versuchten herauszufinden, zu welcher Zeit und unter welchen Umständen sie den
Geist (den Engel) des (verborgenen) Christus, der in ihnen war, erwarten konnten.
Wie das gesäte Wort ist auch der Geist Christi in den Menschen verborgen. Einigen
gelingt es, ihn zu entdecken, und durch ihn werden sie zu Propheten, die die
Botschaft des Heils in sich tragen. Dies wird durch das Logion erklärt, zusammen mit
der Gesamtheit der Frohen Botschaft, wenn wir ihren verborgenen Sinn verstehen.
Die Entdeckung ist das Kommen der Engel. Das wissen wir: Die Engel sind etwas
vom Geist (des verborgenen) Christus, und sie sind es, die kommen, wenn seine
verborgene Gegenwart entdeckt wird. Die Zeit und die Umstände, unter denen sich
all dies abspielt, hängen von der Auslegungsarbeit der Propheten ab. Dann gibt jeder,
was ihm gehört: Der Engel gibt das Heil, und der Prophet zeigt den Weg zum Heil.
Der Mensch seinerseits hält alles, was es zu geben gibt, in seinen Händen. Für das
Kommen der Engel ist das Wort die Selbstverleugnung. Für die Propheten ist es die
Fortsetzung: Nimm dein Kreuz auf dich und folge mir nach. All das hat Jesus sehr gut
erklärt: Wer einen Propheten aufnimmt, weil er ein Prophet ist, wird den Lohn eines
Propheten haben; und wer einen heiligen Menschen aufnimmt, weil er ein heiliger
Mensch ist, wird den Lohn eines heiligen Menschen haben. Was den Tag des
Kommens betrifft: Seid auf der Hut, bleibt wach. Wachsamkeit bedeutet, jeden Tag,
jede Stunde, jede Minute zu sagen und zu verstehen: Maranatha. Der Herr kommt."
(https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

89. Jesus sprach: Weshalb wascht ihr das Äußere des Bechers? Versteht ihr
nicht, dass der, der das Innere gemacht hat, auch der ist, der das Äußere
gemacht hat?

210
Mit diesem Logion, wie auch mit vielen anderen Aussagen, will Yahshua, dass die
Menschen ihren Blick auf das Innere richten, in dem der gute Samen und der
innewohnende Christus sind, und nicht im Äußeren nach Frieden, Glück, Liebe,
Erfüllung und nach Gott suchen, denn auch wenn in allem Lebendigen das Gesetz
von Gott niedergeschrieben wurde, so ist es doch vor allem im Menschensohn. Das
Wort Becher, oder Kelch, hat wie viele andere Wörter im biblischen Sprachgebrauch
eine ganz bestimmte verborgene Bedeutung. Kurz vor seiner Kreuzigung bat Yahshua
den Vater-Mutter, dass der Kelch an ihm vorüberziehen möge. Zu den Pharisäern und
Schriftgelehrten sagte er: "Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, Heuchler! Denn
ihr reinigt das Äußere des Bechers und der Schüssel, inwendig aber sind sie voller
Raub und Unenthaltsamkeit. Blinder Pharisäer! Reinige zuerst das Inwendige des
Bechers, damit auch sein Auswendiges rein wird. Wehe euch, Schriftgelehrte und
Pharisäer, Heuchler! Denn ihr gleicht übertünchten Gräbern, die von außen zwar
schön scheinen, inwendig aber voll von Totengebeinen und aller Unreinheit sind."
(Matthäus 23:25-27). Es ist die Rede vom Becher des Heils, aber vom Becher des
Zornes Gottes. In 1.Korinther 10:21 lesen wir: "Ihr könnt nicht zugleich den Kelch
des Herrn trinken und den Kelch der Dämonen." In Psalm 23:5 heißt es: "Du hast
mein Haupt mit Öl gesalbt, mein Becher fließt über." Zuvor haben wir bereits
gelesen, dass der Saft des Weinstocks wie auch das Öl den Heiligen Geist
symbolisiert. Der Becher bzw. der Kelch scheint also das Gefäß des Geistes zu sein,
entweder des Heiligen Geistes (Kelch des Herrn) oder des Geister der Welt (Kelch
der Dämonen). Wie wir ebenfalls gelesen haben, wohnt der Geist in derselben
Wohnung wie die Seele, die sich entweder mit ihrem wahren Bräutigam, dem Geist
Gottes, welcher reines Licht ist, vereint, oder mit dem falschen Bräutigam des
Verderbers, dem Geist der Welt, welcher reine Finsternis ist. Interessanterweise ist in
der Nag Hammadi Schrift Exegese der Seele vom Mutterschoß der Seele die Rede,
welcher die Außenseite umgibt und sich denen der Außenseite zuwendet, was zum
Ehebruch mit dem falschen Bräutigam des Verderbers führt; wendet er sich allerdings
nach Innen, dem Geist zu, wird er dadurch von den Befleckungen gereinigt: "Solange
die Seele hin- und herläuft, indem sie mit jedem Geschlechtsverkehr hat, den sie
trifft, und sich selbst beschmutzt, gerät sie unter die Leiden der für sie angemessenen
Strafen. Aber wenn sie die Schmerzen wahrnimmt, in denen sie sich befindet, und
zum Vater weint und umkehrt, dann wird der Vater mit ihr Erbarmen haben; er wird
ihren Mutterschoß abwenden von denen der Außenseite und wieder nach innen
wenden, so dass die Seele ihre Eigentlichkeit empfängt. Sie (die Mutterschöße der
Seele) gleichen nämlich nicht den Frauen. Denn die Mutterschöße des Körpers sind
im Inneren des Körpers wie die Eingeweide. Der Mutterschoß der Seele aber umgibt
die Außenseite wie die männlichen Geschlechtsteile, die außen sind. Wenn sich der
Mutterschoß der Seele nun nach dem Willen des Vaters nach innen wendet, wird er
getauft und wird sogleich von der äußeren Befleckung rein..." Yahshua sagte bereits,
dass die Beschneidung des Geistes, welche die des Herzens nach sich zieht, da alles
seinen Ursprung im Gedanken, im Geist, hat. Somit liegt auch der Ursprung der
Verunreinigungen durch das, was aus dem Mund des Menschen geht, verursacht, im
Geist, wenn der Mutterschoß der Seele noch nicht durch den Vater-Mutter nach innen
gewendet wurde, dem Leben spendenden Geist entgegen.

211
"Das Logion erklärt, dass in jedem Menschen nicht nur ein äußerer und ein innerer
Mensch nebeneinander existieren, sondern dass beide Menschen einen gemeinsamen
Schöpfer haben. Darin ist das Logion eine Parallele zum dritten Evangelium, wenn es
dort heißt: Hat nicht der, der das Äußere gemacht hat, auch das Innere gemacht? Der
Apostel spricht mehrfach von der Duplizität des Menschen und erklärt, dass der eine,
der äußere Mensch, mit all seinen Werken unwiderruflich verfällt, während der
andere Tag für Tag erneuert wird, bis er die Epignosis, die tiefe Gottes- und
Selbsterkenntnis, erreicht. Zweifellos muss alle scheinbar duale Existenz in der Welt
auf dieses Ziel, die Reduktion zur Einheit, hinarbeiten. Von den beiden Formen der
Dualität besteht diejenige, die sich nur innerhalb der engen Grenzen der Zeit befindet,
aus dem Sein, aber sie endet im Nichtsein. Am Ende kann nur das wahre Sein
überleben, das, was schon immer war und nie aufgehört hat zu sein. Mit anderen
Worten, die Dualität ist nur in der Welt des Nichtwissens, der Unwissenheit, möglich,
denn in der Ewigkeit, in der absoluten Wirklichkeit, gibt es nur die Einheit. Wenn der
Apostel vom äußeren Menschen spricht, sagt er, dass er verfällt, und meint damit die
allmähliche, aber unerbittliche Zermürbung, die das Naturgesetz vorschreibt: die Zeit
und das Hinabsteigen zum Tod. Aber dieser äußere Mensch verfällt nicht nur in
seinem sterblichen Körper, sondern auch in den Tendenzen seiner Psyche und in
seinen Werken, die alle bis zur Identifikation mit dem vergänglichen Körper
verbunden sind. Was den inneren Menschen betrifft, so ist er nichts anderes als reiner,
ungetrübter Geist, der, wie der Apostel sagt, Tag für Tag erneuert wird, in einer
immer neuen und ewigen Gegenwart. Während der vergängliche Leib und seine
Neigungen wegen der Sünde sterben, sagt er, ist der Geist Leben wegen der
Rechtschaffenheit. Von den beiden Menschen, die in jedem Menschen als
Bewusstseinseinheit koexistieren, existiert nur einer wirklich, denn der andere ist
nicht echt, wenn man ihn im Sinne des reinen Evangeliums betrachtet. Derjenige, der
nicht echt ist, kann sich nicht durchsetzen, weil er das ewige Leben nicht aus eigenem
Recht besitzt, sein Leben ist nur geliehen. Für ihn ist der Tod immer da, ein
unausweichlicher Tod, der ihn vernichten wird, sobald alle Substanzen, aus denen er
besteht, völlig verbraucht sind. Es ist nicht nötig, hier vom Tod des Körpers zu
sprechen, sondern eher von jenem anderen, subtileren und spezifischeren Ereignis im
Evangelium, der glorreichen Hingabe der Psyche, der Selbstverleugnung, jenem
Kleinwerden, jener Verkleinerung, von der Johannes der Täufer sprach, ein Prozess,
der Schritt für Schritt beginnt, sobald die geläuterte Seele sich als niedrige Magd des
heiligen Bräutigams verlieren kann, sobald der Stolz [auf eine eigene Identität] in
ihrem eigenen Herzen erniedrigt wurde. Das ist das Werk, durch das der äußere
Mensch in den inneren Menschen verwandelt wird. All dies wird im Evangelium
dargelegt, denn die Geburt des Geistes in jedem Menschen ist der ursprüngliche
Zweck seiner Verkündigung. Das Geheimnis dieser Geburt bedeutet, dass eine Seele
von ihrem von Gott von Anfang an verliehenen Recht Gebrauch gemacht hat, ein
Kind Gottes zu werden. Dies impliziert auch einen Aufruf zur Reinigung eines
Menschen. Der äußere Mensch entwickelt sich vom alten Ich, das abgestreift wird,
zum verherrlichten inneren Menschen, dem neuen Menschen, dem neuen Ich, das, da
es Geist ist, nicht dem Verfall unterworfen ist und sich Tag für Tag, Augenblick für
Augenblick, in seinem Fortschritt zur wahren Erkenntnis erneuert. Jesus hatte recht,

212
als er darum bat, dass zuerst das Innere des Bechers gereinigt wird, denn wenn diese
innere Reinigung vollzogen ist, wird sein leuchtendes Weiß überfließen und auch das
Äußere wird gereinigt. Wenn der Kelch innen und außen gereinigt ist, ist er bereit,
verherrlicht zu werden, nicht zu seiner eigenen Herrlichkeit, sondern zu der des
Vaters. Von diesem hohen Ereignis wird gesagt, dass der ewige, unendliche Geist mit
dem Geist eins wird und bezeugt, dass wir Kinder Gottes sind. Diese endgültige
Vereinigung ist nicht das Werk des neuen Menschen, sondern des Vaters. Sie besteht
nicht darin, zum Unerreichbaren aufzusteigen, sondern darin, die Augen zu öffnen
und das Licht zu schauen." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

90. Jesus sprach: Kommt zu mir, denn leicht ist mein Joch, und meine
Herrschaft ist mild, und ihr werdet Ruhe finden.

91. Sie sprachen zu ihm: Sage uns wer du bist, damit wir an dich glauben. Er
antwortete: Ihr prüft das Antlitz des Himmels und der Erde, aber den, der vor
euch steht, erkennt ihr nicht, und diesen Augenblick wisst ihr nicht zu prüfen.

Sein Joch ist die Liebe und die Gerechtigkeit, die zum ewigen Leben führen, das Joch
des Verderbers ist die Sünde, die zum Tod führt. Bezüglich der Ruhe und der
Tatsache, dass die Ruhe, der Sabbat, bereits gekommen ist durch den, der Herr über
den Sabbat ist, wurde bereits in Logion 51 und 60 darauf eingegangen. Die Ruhe,
oder der Sabbat, der durch ihn bereits gekommen ist, ist aber noch nicht die ewige
Ruhe Gottes, sondern um in diese einzugehen, müssen am Tag des Herrn, der wie ein
Dieb in der Nacht kommt, in der Ruhe, d.h. im Guten ruhend, fern von aller
Unreinheit und allem Bösen, gefunden werden. Dies wurde bereits durch Logion 27
und den zugehörigen Kommentar ausgeführt. Was Logion 91 betrifft, so ähnelt dieser
der Aussage von Logion 43. Yahshua spielt hier auf den inkarnierten, aber
gleichzeitig auch wieder auf den innewohnenden Christus an, den das menschliche
Auge bzw. die ihrem wahren Bräutigam entfremdete Seele nicht erkennt. Auch hier
sagt er im Grunde genommen wieder, dass die Menschen bei der Suche nach dem
Göttlichen nicht nach Außen schauen sollen, sondern in ihr Inneres, ja in ihr Innerstes
des Inneren, den innewohnenden Christus, der in ungeoffenbarter Form im selben
Haus mit der Seele wohnt.

"Der Menschensohn braucht nicht zu kommen; er ist bereits im Menschen als sein
Wesen gegenwärtig, und so ist er von Anfang an gewesen. Auch braucht das
Bewusstsein des Menschen nirgendwohin zu gehen; sein einziger Grund liegt darin,
genau hinzuschauen, bis er denjenigen entdeckt, der in seiner Mitte ist. Das Joch des
Menschensohns auf sich zu nehmen, bedeutet, sich mit ihm auf seinem weglosen
Weg zu vereinen, der zur Auferstehung und zum Leben führt, während es ebenso die
Annahme seiner Herrschaft und seines Joches ist, die aus der Gefangenschaft befreit
und ewige Ruhe bringt. So wird die Seele verherrlicht, wenn sie den Besuch des
Herrn empfängt und von dem Heil, das er verkündet, mit demütiger Freude erfüllt
wird.

213
Die Frage der Jünger ist wieder die Frage nach dem Sein. Sag uns, wer du bist, wer
und wo ist der verborgene lebensspendende Christus? Wenn er in uns selbst ist,
warum sehen wir ihn nicht oder nehmen ihn zumindest nicht wahr? Warum kennen
wir ihn nicht? Warum glauben wir nicht, wenn du sagst, dass er in sein Reich unter
uns gekommen ist? Was müssen wir also tun, um zu glauben, damit wir nicht sterben,
sondern das ewige Leben haben? Jesu Antwort an diejenigen, die ihn in den
Evangelien um ein Zeichen bitten, ebenso wie sie ihn im Logion fragen, wer er ist,
deutet darauf hin, dass das Sein zu erkennen ist, wie man den Himmel lesen kann,
oder wie man die Zeichen der Zeit liest. Im Logion fügt er jedoch hinzu, dass [das
Wesen - Er, der ist -] vor euch [im Himmel eurer Seele] ist, aber ihr habt es nicht
erkannt. Ebenso könnt ihr die Zeichen der Zeit [die Zeit seines Kommens] nicht
erkennen. Es gibt kein Zeichen (außer der Unterscheidung), das es einem ermöglicht,
denjenigen zu entdecken, der der Christus ist. Deshalb heißt es im zweiten
Evangelium: Diesem Geschlecht wird kein Zeichen gegeben werden. Mit diesem
Geschlecht sind nicht die Menschen gemeint, die zur Zeit Jesu oder etwas später
lebten, sondern das gesamte Menschengeschlecht, das als solches bei der Geburt das
Wort empfängt, um es in seinem wahren Licht erstrahlen zu lassen und, wenn die Zeit
reif ist, die Menschen zu befähigen, Kinder Gottes zu werden. Natürlich spricht das
Evangelium an anderen Stellen vom Zeichen des Jona; dies ist jedoch kein Zeichen
der Entdeckung, sondern eine Botschaft, um allen zu sagen, dass die Auferstehung
der Toten, die Auferstehung des Geistes, der aufersteht, bevor der Mensch den Tod
schmeckt, ein herrliches Ereignis ist, das die wahren Gläubigen nach dem Plan Gottes
erwartet. Die Auferstehung des Geistes wird von all jenen erreicht, die den
verborgenen Christus in sich selbst finden, als ihre Essenz, ihr wahres Wesen, und
dann den Keimling täglich pflegen und gießen, damit er Früchte trägt. Wenn er
entdeckt wird, nennt man es seine Gegenwart, und wenn es reife Früchte trägt, nennt
man es sein Kommen. Der Apostel sagte: Wir werden nicht alle sterben, aber wir
werden alle verwandelt werden. Verwandelt werden bedeutet hier, dass die
Auferstehung Christi in uns, das Entstehen des reinen, unbefleckten Wesens eines
jeden Menschen, Früchte getragen hat; und das bedeutet, dass der Geist des
Menschen mit ihm eins geworden ist. Was folgt, ist nicht der Tod, denn wenn alles,
was nicht Christus ist, gestorben ist, gibt es in diesem Menschen keinen Tod mehr zu
sterben. Das bedeutet, dass diejenigen, die dies erkannt haben, bereits den Tod des
gesamten Seeleninhalts durchgemacht haben, der auf die totale Selbstverleugnung
folgt, und am dritten Tag, das heißt, wenn das den Menschen dieser Generation
zugewiesene Werk vollendet ist, werden sie wieder zum Licht auferstehen. Aus dem
Inneren des Wals des Jona, aus dem Land und dem Schatten des Todes, in dem sie
leben, werden diese Auserwählten als Tote auferstehen, die ins Leben zurückkehren.
Von ihnen kann man in der Tat sagen, wie von dem verlorenen Sohn im Gleichnis des
Lukas: Er war tot und ist lebendig geworden." (https://www.gospelofthomas-
interpretation.com/)

92. Jesus sprach: Sucht, und ihr werdet finden. Aber damals fragtet ihr mich
nach etwas und ich sagte es euch nicht. Jetzt, wo ich es euch sagen will, fragt ihr
mich nicht danach.

214
"In seinem üblichen paradoxen Stil bestätigt das Logion die Identität von Jesus, dem
offenkundigen Christus, mit Jesus, dem verborgenen Christus, der sowohl verborgen
als auch offenkundig ist. Christus war und ist immer die Quelle der Erkenntnis, der
Helfer des Menschen bei seiner Suche nach der Weisheit Gottes. Der doppelte Aspekt
Christi gilt für Jesus in allen Texten des Neuen Testaments, und das wird ganz klar,
wenn man lernt, in ihnen zu lesen; aber nur im vierten Evangelium wird die doppelte
Bedeutung untersucht. Hier kann man Christus als offenkundig und verborgen
zugleich begreifen, wenn man beide Aspekte gegenüberstellt. In der kurzen Zeit, in
der sich Jesus Christus in der Welt manifestierte, stellten ihm seine Jünger viele
Fragen, aber diese Fragen wurden an den manifestierten Christus gestellt und konnten
nur in Worten, in Gleichnissen, in Symbolen der Wirklichkeit beantwortet werden.
Deshalb erklärt Jesus im Logion, dass er auf die Dinge, nach denen er in der
Vergangenheit gefragt wurde, keine Antwort gegeben hat. In Wahrheit wird nur eine
Antwort, die aus dem verborgenen inneren Christus ins Bewusstsein kommt, eine
direkte Belehrung enthalten, die nicht in Worten, sondern in Licht ausgedrückt wird
und wahre Erkenntnis bringt. Doch obwohl solche Antworten die einzigen
vollkommen wahren sind und der verborgene Christus immer sicher antwortet,
machen nur wenige von ihrer Macht Gebrauch, ihn zu fragen, denn es fehlt ihnen der
Glaube, eine Antwort von ihm zu erwarten, noch haben sie die Transparenz der Seele,
um sie zu betrachten und zu hören. Diese Lehre wird sehr deutlich in dem Abschnitt
in Johannes 16 dargelegt, in dem Jesus ankündigt, dass er sehr bald wiederkommen
wird. Jesus kündigt hier seine Passion, seinen Tod und seine Auferstehung an, aber
der Evangelist überliefert diese Schlüsselsequenz der Ereignisse in ihrem
verborgenen, inneren Sinn: "Eine kleine Weile, und ihr seht mich nicht mehr, und
wieder eine kleine Weile, und ihr werdet mich sehen." Derjenige, den die Jünger bald
nicht mehr sehen werden, ist Jesus, der manifeste Christus, der kurz vor der
Auferstehung am Kreuz steht; und derjenige, den sie bald wieder sehen werden, ist
der Christus, aber der verborgene innere Christus, wenn sie ihn verherrlicht haben.
Die Abwesenheit des sichtbaren Christus wird für die Jünger eine Quelle der Trauer
und des Wehklagens sein, aber dies wird in Freude umschlagen, wenn ihre Seele die
Geburt des Christus aus der Höhe in sich aufleuchten sieht. Verse 20-22. "Wahrlich,
wahrlich, ich sage euch, dass ihr weinen und wehklagen werdet, aber die Welt wird
sich freuen; ihr werdet traurig sein, aber eure Traurigkeit wird zur Freude werden.
Die (Jung-)Frau (die Seele) hat Traurigkeit, wenn sie gebiert (nachdem sie vom
heiligen Geist „schwanger“ geworden ist), weil ihre Stunde gekommen ist; wenn sie
aber das Kind geboren hat, gedenkt sie nicht mehr der Bedrängnis um der Freude
willen, dass ein Mensch in die Welt geboren ist." (Dies wird auch in der Exegese der
Seele beschrieben, wie bereits zitiert und gelesen.) Es ist sicher, dass es den Jüngern
gelingen wird, den inneren Christus zu sehen. Verse 22b-24. Und dann wird ihr Herz
vor unendlicher Freude überfließen, denn die Gegenwart des verborgenen Christus zu
sehen, ist dasselbe wie die Pforten zu erheben, um den Vater im Namen Christi zu
bitten. Wenn sie im Namen des verborgenen Christus bitten, werden sie empfangen,
und ihre Freude wird vollkommen sein. Deshalb sagt Jesus: Verse 25-26. Es kommt
die Stunde, in der ich nicht mehr in Metaphern zu euch reden werde, sondern in
einfachen Worten. Dann werdet ihr in meinem Namen darum bitten.

215
Die doppelte Lehre vom offenkundigen und verborgenen Christus, nämlich die Lehre
vom lebendigen, in Jesus offenkundigen Christus und vom verborgenen,
präexistenten Christus, dessen Tag von Abraham gesehen wurde, weil er sich in ihm -
in Abraham - zu seiner Zeit offenbart hat, kann nur durch das Studium des Wirkens
des Heiligen Geistes erklärt werden, von dem sie abhängt. Nach dem dritten
Evangelisten sprach Jesus, als er in der Synagoge von Nazareth las, diese Worte: "Der
Geist des Herrn ist auf mir, weil er mich gesalbt hat." Indem er sich auf den
alttestamentlichen Text des Jesaja stützt, bezeugt Jesus, dass die Salbung durch den
Heiligen Geist, die ihn in den Christus (den Gesalbten) verwandelt, ein Akt des
Geistes ist und als solcher von Anfang an bekannt war, nicht nur für Abraham,
sondern auch für Jesaja, als dieser seine Herrlichkeit sah und seine Worte sich auf
Christus bezogen, weshalb er gesandt wurde. Vielleicht ist das der Grund, warum der
Suchende in Jesu ausnahmslos den Heiligen Geist finden wird. Wie der heilige Lukas
es ausdrückt, ist der Geist das, was der Vater denen, die ihn bitten, niemals
verweigert. Was aber bedeutet es, den Heiligen Geist zu empfangen? Nach dem
Johannesevangelium empfingen die Jünger Jesu den Heiligen Geist, als sie
ausgesandt wurden, aber es heißt dort nicht, dass der Geist in sie eingedrungen ist
und sie gesalbt hat, wie es bei Jesus der Fall war. In Bezug auf den Geist ist die Lehre
des Evangeliums sehr schwierig und schwer zu durchdringen, aber wenn wir die
doppelte Bedeutung von Christus, sowohl verborgen als auch offenkundig, wie sie im
vierten Evangelium angesprochen wird, begreifen wollen, müssen unsere Studien tief
gehen. Im vierten Evangelium wird der Heilige Geist, der, wenn er vom Geist des
Menschen empfangen wird, sich mit diesem vereinigt und dem Menschen hilft, bis er
die ihm eigene Kraft, ein Kind Gottes zu werden, erkannt hat, Paraklet genannt. Auf
Jesus ließ sich der Heilige Geist wie eine Taube der Gegenwart Gottes nieder und
salbte ihn; und so war er Jesus Christus, dessen Lehre der Frohen Botschaft eine
mächtige Hilfe zur Erlangung der vollständigen Wahrheit ist. Nun aber soll Jesus am
Kreuz auferweckt werden, und seine Zeit als der bereits verherrlichte, offenkundige
Christus geht dem Ende zu. Das sind die Zeichen, die die Stunde des verborgenen
Christus kennzeichnen, desjenigen, für den es kein Ende gibt, und Jesus sagt, dass er
die Menschen nicht als Waisen zurücklassen will und dass dies auch die Stunde des
anderen Parakleten ist, desjenigen, der sich in der Zeit des verborgenen Christus
offenbart. Da dieser Paraklet der Geist der Wahrheit ist, kann er den Geist des
Menschen, der ihn empfängt, salben und ihn in den verborgenen Christus
verwandeln, der sich nur durch sein Verborgen-Sein vom manifesten Christus
unterscheidet. Deshalb verspricht Jesus, der offenbarte und verborgene Christus,
allen, dass er bald wiederkommen wird. Es gibt nur wenige Verse im vierten
Evangelium, die den Parakleten - den Beistand - beschreiben. Abgesehen von einer
Erwähnung im ersten Johannesbrief gibt es in der Heiligen Schrift keine weitere
Stelle, die sich mit dieser Gestalt des Geistes befasst. Dennoch wirft der Paraklet für
die manifeste Exegese zahlreiche Auslegungsschwierigkeiten auf. Der Paraklet gehört
zweifellos zu den Begriffen, die für die manifeste Exegese bis heute nicht nur
hermetisch geblieben sind, sondern sogar zu den vielen Unbekannten rund um dieses
Evangelium beigetragen haben. Vielleicht gibt es keine Möglichkeit, die Gestalt des
Parakleten einer überzeugenden manifesten Interpretation zu unterziehen.

216
Wir werden uns nun einer Interpretation im Sinne einer verborgenen Sichtweise
zuwenden, die sich einigen Ausdrucksformen des Johannes als weitaus zugänglicher
erweisen wird. Das vierte Evangelium enthält drei Kapitel, die gewöhnlich als
Abschiede bezeichnet werden, in denen der Paraklet direkt erwähnt wird und in
denen eine Reihe von Erklärungen gegeben werden. Diese Erwähnungen und die
entsprechenden Erklärungen werden wir nun untersuchen.

Ankündigung des Parakleten (Johannes 14:16-23): Vers 16ª "und ich werde den
Vater bitten, und er wird euch einen anderen Beistand [Fürsprecher, Heiler] geben"
Mit dem Wort "ein anderer" weist Jesus auf eine Dualität hin, die, wie sich zeigen
wird, als der Geist gedeutet werden kann, der Jesus gesalbt hat, wodurch er Christus
(offenkundig) war, und der Geist, der bereit ist, diejenigen zu salben, die ihn
empfangen, der Geist also, der bis dahin verborgen ist. Die Tatsache, dass diese
Worte, die den soteriologischen (Soteriologie bezeichnet die Lehre von der Erlösung
aller Menschen) Beistand des Parakleten versprechen, an viele gerichtet sind, ist so
zu verstehen, dass sie an alle gerichtet sind, denn er ist mit euch, er ist in euch. Der
Geist wird von allen geteilt, und wenn in diesem Sinne viele ihn empfangen, so
leugnet dies in keiner Weise seine Einheit als ein einziger Geist. Wenn Jesus einen
anderen Beistand sagt, wird man verstehen, dass von dem Moment an, als er sagte:
Der Geist des Herrn ist auf mir, denn er hat mich gesalbt, begann er selbst als der
offenbarte Christus die Funktion des Parakleten (Fürsprecher, Helfer, Ratgeber)
auszuüben, indem er denen, die ihm folgten, als Lehre die Frucht der Salbung
mitteilte, die er empfangen hatte. Was seine Bitte an den Vater betrifft, in seiner
Eigenschaft als Sohn mit dem Vater eins zu werden, so garantiert dies die Kontinuität
zwischen dem Offenbarungshandeln Jesu als manifestem Christus durch das Wirken
des Geistes, der ihn gesalbt hat, und dem unmittelbaren Offenbarungshandeln des
Geistes, das all denen zuteil wird, die ihn aufnehmen. Der Sohn, der als
Menschensohn eingesetzt wurde, der verborgene Christus, der durch die Offenbarung
des Geistes in allen Menschen gegenwärtig ist, ist die Garantie für diese Kontinuität.
Verse 16b-17 [...] "dass er bei euch ist in Ewigkeit, den Geist der Wahrheit, den die
Welt nicht empfangen kann, weil sie ihn nicht sieht noch ihn erkennt. Ihr erkennt ihn,
denn er bleibt bei euch und wird in euch sein." Dass der Geist Gottes in jedem
einzelnen Menschen wohnt, ist die oberste Lehre der Frohen Botschaft und bedarf
keines weiteren Kommentars. Doch nur wer den Geist empfängt und ihn mit seinem
eigenen Geist eins macht, kann dies sehen und wissen. Dies geschieht bei den
Jüngern Jesu, die ihn empfangen, sehen und erkennen, weil sie nicht der Welt
angehören (Johannes 17:16). Umgekehrt können diejenigen, die zur Welt gehören,
ihn nicht empfangen. Wenn der Geist hier als Geist der Wahrheit bezeichnet wird,
dann deshalb, weil der Name mit der Funktion übereinstimmt, nämlich den Menschen
zur vollständigen Wahrheit zu führen (Johannes 16:13). Und Jesus möchte, dass dies
für immer so bleibt. Verse 18-19 "Ich werde euch nicht verwaist zurücklassen, ich
komme zu euch. Noch eine kleine Weile, und die Welt sieht mich nicht mehr; ihr aber
seht mich: Weil ich lebe, werdet auch ihr leben." Indem er sagt, dass er zu uns
zurückkommen werde, offenbart Jesus, dass er mit dem Heiligen Geist eins ist. Der
Geist hat sich über ihm niedergelassen und ihn gesalbt.

217
Von da an war Jesus der geoffenbarte Christus, erfüllt von Gottes Geist, und sollte
nun die Welt verlassen. Doch niemand wird als Waise zurückbleiben, denn der Same,
der in jeden Menschen gesät wird, kann dank der Salbung durch den Geist reiche
Frucht tragen. Der Geist Gottes wird in jedem Menschen, der ihn aufnimmt, der
andere Beistand sein, der ihm hilft, die verborgene innere Geburt Christi in sich zu
erleuchten. Das ist es, was mit den Worten "Ich werde zu euch zurückkommen"
gemeint ist. Sobald Jesus, der manifeste Christus, durch seinen Tod und seine
Auferstehung verherrlicht worden ist, wird er von denen, die ihn lieben, gesehen
werden - aber nicht nur in äußeren Erscheinungen, die durch die manifeste Exegese
erklärt werden, sondern für immer; denn die Gegenwart des verborgenen Christus ist
unauslöschlich in denen, die das ewige Leben erlangen, das ihnen durch die Salbung
des Geistes gebracht wird, und sie werden leben, weil er lebt. Vers 20 "An jenem Tag
werdet ihr erkennen, dass ich in meinem Vater bin und ihr in mir und ich in euch."
Der Ausdruck "an jenem Tag" hat nichts mit der chronologischen Zeit zu tun.
Vielmehr handelt es sich um eine Redeweise für die Erlangung des Lichts der
Herrlichkeit des Vaters und des Sohnes, des ewigen Lebens. Darin liegt die
Erkenntnis der vollkommenen Einheit des Vaters, des Sohnes und des Geistes des
Menschen. Die vollkommene Einheit besteht darin, dass der Geist des Menschen
vollkommen eins mit dem Sohn ist, so wie der Sohn vollkommen eins mit dem Vater
ist. Die vollkommene Erkenntnis dieser Einheit ist denjenigen vorbehalten, die der
Geist gesalbt hat. In den verborgenen Christus verwandelt, werden sie ihre
vollkommene Einheit mit dem manifesten Christus entdecken. Vers 21 "Wer meine
Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt; wer aber mich liebt, wird von
meinem Vater geliebt werden; und ich werde ihn lieben und mich selbst ihm
offenbaren." Es ist leicht zu verstehen, dass die Liebe zum Sohn darin besteht, seine
Gebote zu empfangen und zu halten, denn diese Gebote sind in der Einheit begründet,
die aus der Liebe geboren wird; daher wird man auch verstehen, dass es die Liebe
zum Sohn ist, die einen dazu bringt, die Liebe des Vaters zu empfangen. Weniger
bekannt, aber nicht weniger gewiss ist, dass, wenn der Mensch den inneren,
verborgenen Christus liebt, sich der Sohn in ihm offenbaren wird. Diese Wahrheit des
verborgenen Christus ist denen, die die Welt lieben, unbekannt, aber sie zeigt sich
denen, die sein Wort lieben und bewahren. Daher auch die Frage des Jüngers Judas
(nicht Iskariot). Was Jesus zweifellos meint, ist, dass derjenige, der den Sohn liebt,
der verborgen in ihm wohnt, und sein Wort bewahrt, das in ihn gesät wurde, die
Herrlichkeit des Vaters und des Sohnes in ihm offenbar werden sieht, denn nichts ist
verborgen, sondern muss offenbart werden. Das ist die Offenbarung dessen, was
verborgen war und nun dem gezeigt wird, der ihn liebt, obwohl es vor der Welt
verborgen blieb. Das ist die Reihenfolge, in der sich diese Dinge abspielen: Zuerst
erfüllt sich die Lehre, dass nichts verborgen bleibt, sondern alles offenkundig wird;
dann folgt das Erkennen des Verborgenen und die Suche danach; und schließlich wird
das Verborgene durch die Liebe zum Sohn offenbar. Das ist es, was Jesus bekräftigt,
wenn er von der Herrlichkeit des Vaters und des Sohnes spricht. Die Wohnung dieser
Herrlichkeit war immer im Menschen vorhanden, aber verborgen, vielen unbekannt,
wie der verworfene Eckstein. Derjenige, der sein Wort liebt und bewahrt, entdeckt
das Verborgene und macht es schließlich offenbar.

218
Dies wird als sein Kommen bezeichnet, und doch war er schon da. Deshalb sagt
Jesus: "und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und
Wohnung bei ihm machen." (Vers 23).

Der Paraklet, der Zeuge für Christus (Johannes 15:26, 14:26): Vers 15:26 "Wenn
der Beistand gekommen ist, den ich euch von dem Vater senden werde, der Geist der
Wahrheit, der von dem Vater ausgeht, so wird der von mir zeugen." Dieser Vers ist
eine Parallele oder Ergänzung zu 14:26 "Der Beistand aber, der Heilige Geist, den der
Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch an alles
erinnern, was ich euch gesagt habe." Der Beistand - der Paraklet - ist der Heilige
Geist. Er ist nicht irgendeine Person oder Institution, die eine Vermittlungsfunktion
ausübt, nicht der Helfer eines Helfers, der Jesus offenbart. Wenn er auch der Geist der
Wahrheit genannt wird, dann wegen seiner Funktion, die von keinem anderen erfüllt
werden kann, nämlich den Menschen zur vollen Wahrheit zu führen (16:13). Ob der
Paraklet vom Vater im Namen des Sohnes oder vom Sohn (14:26) vom Vater (15:26)
gesandt wird, ist ein irrelevanter Streit um die Sprache. Es ist jedoch wichtig zu
verstehen, was damit gemeint ist, dass der Paraklet der Zeuge Christi ist. Als Christus
auf der Erde war, war er selbst der offenkundige Ratgeber, der Paraklet, gesalbt vom
Heiligen Geist. Nach der Verherrlichung Jesu und seiner Himmelfahrt zum Vater ist
es der Menschensohn - das verborgene Wort -, der durch die Salbung mit dem
Heiligen Geist (der als der andere Paraklet bezeichnet wird) den Menschen, jedem
Menschen, in seinem Namen (dem des Sohnes) Zeugnis gibt. So lehrt er den
Menschen und erinnert ihn von innen heraus an die ganze Lehre Jesu, des offenbarten
Christus. Die Worte "er wird von mir zeugen" bedeuten, dass dank des Geistes der
Wahrheit die Offenbarung des verborgenen Christus in greifbare Nähe rückt.

Das Werk des Parakleten (Johannes 16:7-16): Vers 7 "Es ist euch nützlich, dass ich
weggehe, denn wenn ich nicht weggehe, wird der Beistand nicht zu euch kommen;
wenn ich aber hingehe, werde ich ihn zu euch senden." Was Jesus damit sagen will,
ist, dass er sein Werk nach dem göttlichen Plan vollenden muss, das aus dem Leiden,
dem Tod und der Auferstehung zur Verherrlichung des Menschensohns besteht. Diese
Vollendung wird die unmittelbare Abwesenheit des offenkundigen Christus von der
Welt zur Folge haben; eine Abwesenheit, die jedoch allen Nachfolgern dienen wird,
denn der vollständige Weg, den Jesus vollenden muss, ist ein Vorbild für alle. Wer
den am Kreuz auferweckten Menschensohn zu sehen weiß und glaubt, wird leben,
denn von da an wird er befähigt, den Heiligen Geist zu empfangen, der vom Sohn
gesandt wird, der beim Vater ist. Man muss jedoch lernen, Jesus am Kreuz zu
betrachten, indem man das durchdringt, worauf man schaut, um durch den Gesalbten
den Menschensohn zu sehen. Deshalb erinnert uns der Evangelist an das, was in der
Heiligen Schrift geschrieben steht: Sie werden den sehen, den sie durchbohrt haben.
Nur die, die Jesus durchbohren können, wenn sie ihn auferweckt am Kreuz sehen,
werden den Menschensohn sehen. Verse 8-11 "Und wenn er gekommen ist, wird er
die Welt überführen von Sünde und von Gerechtigkeit und von Gericht. Von Sünde,
weil sie nicht an mich glauben; von Gerechtigkeit, weil ich zum Vater gehe und ihr
mich nicht mehr seht; von Gericht aber, weil der Fürst dieser Welt gerichtet ist."

219
Der Paraklet ist immer der Heilige Geist, dessen Aufgabe es ist, den Menschen zur
vollständigen Wahrheit zu führen. Sobald er sich über den Nachfolgern Christi
niedergelassen hat, beginnt der Paraklet sein Werk zu vollbringen, das darin besteht,
den Geist des Menschen mit der Wahrheit zu salben, dann vereinigt sich der Geist mit
dem Geist und führt diesen zur Wahrheit. So erlangt der Mensch gegenüber dem für
die Welt charakteristischen Unglauben den zuversichtlichen, festen Glauben, dass der
Menschensohn, die Weisheit und das ewige Leben, in jedem Menschen Wohnung
genommen hat und dort als Same vorhanden ist, der bereit ist, zu wachsen und Frucht
zu bringen. Dies nicht zu glauben, ist die wesentliche Schwäche des Menschen. So
wird das wahre Urteil von dem Gesalbten gesprochen, der die Welt verurteilt,
nachdem er selbst entdeckt hat, dass das Leben nicht von dieser Welt ist, sondern dass
das Leben der Welt nur eine Leihgabe des Geistes ist. Verse 12-13a "Noch vieles
habe ich euch zu sagen, aber ihr könnt es jetzt nicht tragen. Wenn aber jener, der
Geist der Wahrheit, gekommen ist, wird er euch in die ganze Wahrheit leiten." Es ist
der Heilige Geist, der Paraklet, der zur vollen Wahrheit führt, denn die Wahrheit kann
nur dadurch entdeckt werden, dass der Mensch sich selbst befragt und dann durch das
Selbst auf die Antwort des Geistes wartet, auf den er sein Vertrauen setzt. Im
Allgemeinen erhalten die Fragen, die man sich selbst stellt, keine Antwort und
bleiben aus Mangel an Glauben auf der Strecke. Wenn ein Mensch jedoch an den
Geist glaubt, der bei euch ist und in euch ist (Johannes 14:17b), stellt er seine Fragen
in dem Glauben, dass er Antwort erhalten wird. In solchen Fällen kommt die Antwort
unfehlbar. Mit dieser Haltung zeigt Jesus der Welt, wie sehr sie sich in der Sünde
geirrt hat. Dies nicht zu glauben, ist Sünde. Daran zu glauben, bringt Freiheit von der
Sünde und von der Unwissenheit, die der Ursprung der Sünde ist. Verse 13b-14 "denn
er wird nicht aus sich selbst reden, sondern was er hören wird, wird er reden, und das
Kommende wird er euch verkündigen. Er wird mich verherrlichen, denn von dem
Meinen wird er nehmen und euch verkündigen." Alles, was der Paraklet sagt, kommt
immer nur als Antwort auf die Frage, die der Mensch an sich selbst stellt, ob sie nun
stumm ist oder nicht, ob sie klar formuliert ist oder nicht. Das ist es, was er hört; aber
es gibt eine Art und Weise, ruhig und gläubig zu fragen, eine Art und Weise, die
Übung erfordert. Die Antwort, die vom Geist kommt, entsteht nicht im Geist, der der
Atem ist, in dem sich der verborgene Christus nach und nach zeigt. Der Geist
empfängt den Sohn, und gemeinsam verwandeln sie den Menschen in einen
Gesalbten, dem seine Herrlichkeit mitgeteilt wird; die Herrlichkeit des Vaters - denn
er ist in sie gekleidet - und die des Sohnes. Das ist das Ergebnis, das Jesus anstrebt,
denn es ist die Vollendung seiner Lehre. Was in das Bewusstsein des Menschen
kommt, ist der Atem, ein Wind, der weht, wo er will; man hört seinen Klang, aber
man kann nicht sagen, woher er kommt und wohin er geht. Mit diesem Hauch kommt
der Menschensohn, der vom Vater ausgeht und mit Herrlichkeit erfüllt ist. Das ist es,
was man unter "aus dem Geist geboren sein" versteht. Hier ist die vollständige
Erklärung des Logions im Evangelium: "Eine kleine Weile, und ihr seht mich nicht
mehr, und wieder eine kleine Weile, und ihr werdet mich sehen." (Johannes 16:16)."
(https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

220
93. Jesus sprach: Gebt nicht das Heilige den Hunden, damit sie es nicht auf den
Misthaufen schleppen. Werft nicht die Perlen vor die Säue, damit sie sie nicht in
den Schmutz treten.

Ein guter Lehrer gibt jedem Schüler die geistige Nahrung, die er imstande ist, zu sich
zu nehmen und zu verdauen und zwar so, dass er sie gut und leicht verstehen kann.
Im Philippus-Evangelium lesen wir: "Ein Hausherr verfügte über alle Dinge: Kinder,
Sklaven, Vieh, Hunde, Schweine, Weizen, Gerste, Stroh und Gras, Rhizinusöl,
Fleisch und Eicheln. Es war ein kluger Mensch, der die richtige Nahrung für jeden
kannte. Den Kindern setzt er Brot vor und Olivenöl, den Sklaven Rhizinusöl und
Korn, dem Vieh warf er Gerste vor, Stroh und Gras, den Hunden Knochen, den
Schweinen Eicheln und Brotabfall. Ebenso ist es mit dem Jünger Gottes. Wenn er
klug ist, begreift er die Jüngerschaft richtig und wird sich von den körperlichen
Formen nicht täuschen lassen. Er wird auf die Beschaffenheit der Seele eines jeden
achten und entsprechend mit ihm reden. Es gibt viele Tiere auf der Welt, die
menschliche Gestalt haben. Wenn er sie als solche erkennt, wird er den Schweinen
Eicheln vorwerfen, dem Vieh Gerste, Stroh und Gas, den Hunden wird der Knochen
vorwerfen. Sklaven wird er nur die Grundbegriffe der Lehre geben, den Kindern aber
die vollständigen Lehren." Die Grundbegriffe, die den Sklaven (der Sünde) gegeben
wurden, waren das heilige Gesetz der Liebe zu aller Schöpfung und der Heiligkeit
allen Lebens, denn dies sind, wie Yahshua sagte, die kleinsten Offenbarungen, die
geringsten Wahrheiten, die flüssige Nahrung, die Milch für die Säuglinge der Kinder
Gottes. Wer sein Herz gegenüber den Geschöpfen, die er sehen und anfassen kann,
verhärtet, und das heilige Gesetz verwirft, dem sollen und werden keine größeren
Wahrheiten offenbart werden. Im EHGOC heißt es: "denn Yeshua lehrte sie als einen
Appell an die Vernunft und an das menschliche Herz und nicht wie die
Schriftgelehrten und die Pharisäer, die nur blind in ihrer Autorität lehrten." Da das
heilige Gesetz nur von denen aufgenommen werden kann, die ihr Herz öffnen für die
göttliche Liebe, die sich keinem Geschöpf entzieht, sollen wir als Nachfolger
Yahshuas an das Herz appellieren, wie er es tat, und nicht herzlos, verurteilend und in
blinder Autorität, wie es die Pharisäer und Schriftgelehrten taten. Im Essener Frieden
mit den Lehren der alten Meister heißt es: "Wenn wir die Heiligen Schriftrollen lesen,
berühren wir die Füße Gottes. Und wenn wir die zeitlosen Wahrheiten mit den Augen
der Weisheit sehen und mit den Ohren des Verstehens hören, müssen wir die
Menschen lehren, denn wenn wir das Heilige Wissen eifersüchtig verbergen, als ob es
nur uns gehört, dann sind wir wie einer, der in den Bergen eine Quelle findet, und
anstatt sie in das Tal fließen zu lassen, um den Durst der Menschen und Tiere zu
stillen, sie unter Steinen und Dreck begräbt und sich dabei selbst das Wasser raubt.
Geht unter die Menschensöhne und erzählt ihnen vom Heiligen Gesetz, damit sie sich
retten und in die himmlischen Königreiche eintreten können. Aber sagt es ihnen in
Worten, die sie verstehen können, in Gleichnissen aus der Natur, die zum Herzen
sprechen, denn die Tat muss zuerst als Wunsch im erwachten Herzen leben." Als
Nachfolger Yahshuas und Söhne des Sohnes des Menschen sollen wir wie er seine
Schafe füttern, nämlich die, die Herzen haben, um zu lieben und Ohren, um zu hören.

221
"Wie der Schatz, der große Fisch usw. ist die Perle ein Symbol für den pneumatischen
Menschen, den göttlichen, ewigen Samen, der in jeden Menschen gesät wurde. Was
das Heilige, das Reine betrifft, so ist es in den Lehren des Evangeliums die innere
Stimme, die vom Wort ausgeht, die Salbung durch den Geist. Dies ist die Nahrung,
das heilige Brot, das es dem Bewusstsein ermöglicht, in unser Heiligtum
einzudringen, um dort die glühenden Kohlen und den Weihrauch der Erkenntnis auf
dem vor dem Allerheiligsten errichteten Altar zu erneuern. Hinter der Wolke, hinter
dem Schleier, die unbefleckte Perle: Das reine ICH BIN. Die beiden Tierarten, Hunde
und Schweine, stehen metaphorisch sowohl für die Leidenschaften der Seele, die die
Betrachtung der Wahrheit verdunkeln, als auch für diejenigen, deren Unwissenheit sie
daran hindert, das Heilige zu erkennen. Unfähig, die Existenz der Perle in sich selbst
zu erkennen, verwechseln sie das Heilige mit dem Profanen und leugnen oder
prostituieren die Wahrheit des Wortes. Es versteht sich von selbst, dass diese
Erklärung nicht immer akzeptiert wurde. Das wahre Verständnis erfordert eine von
Konditionierungen freie Sichtweise, stattdessen haben parteiische Haltungen, die für
die menschliche Gedankenlosigkeit nur allzu typisch sind, diese figurativen Tiere mit
denen identifiziert, die nicht dieselbe Vorstellung vom Heiligen, dieselbe Sichtweise
bezüglich der unbekannten Perle teilen. So wurden die Heiden als Hunde bezeichnet,
die nicht würdig waren, die heiligen Speisen des Tempels zu essen, oder mit
Schweinen verglichen, deren Fleisch nicht gegessen werden durfte, weil es in den
Schriften als unrein gilt. Dennoch ist die biblische Trennung zwischen Heiligem und
Profanem das Ergebnis einer intelligenten, natürlichen Unterscheidung, die dazu
dient, das Heilige zu bewahren. Es ist klar, dass die Juden aufgrund einer
oberflächlichen, offensichtlichen Auslegung der Schriften zu allen Zeiten geglaubt
haben, dass die Erwählung der Kinder Israels durch Gott eine ethnische Bedeutung
hatte, nämlich die eines offensichtlichen psychisch-physischen Volkes, während das
Haus Israel, die Kinder Israels, nach der verborgenen Sichtweise diejenigen sind, die
aus Gottes Geist geboren wurden. All dies zeigt, dass Israel das auserwählte Volk ist,
und zwar in demselben Sinne, in dem das Christentum den Begriff "auserwählt" für
die von oben Geborenen, das geistliche Volk, Gottes Volk, verwendet. Auserwählt zu
sein ist in der gesamten Heiligen Schrift ein Titel der Heiligkeit, eine Qualifikation,
die sich von derjenigen unterscheidet, die das Neue Testament als berufen bezeichnet,
d.h. von allen Menschen, die noch nicht auserwählt sind, da sie darauf beharren, ihr
Bewusstsein auf das Psychisch-Physische zu konzentrieren, und damit implizit oder
explizit die Notwendigkeit leugnen, den pneumatischen Menschen zu entdecken.
Auserwählt zu sein ist kein ethnischer Adelstitel und hat auch nichts mit der Tatsache
zu tun, Jude, Christ, Heide oder sonst etwas zu sein, sondern nur mit der inneren
geistigen Entwicklung. Um diese geistliche Vorstellung von den wahren Kindern
Israels darzulegen und zu erläutern, werden viele alttestamentliche Stellen angeführt,
die zweifellos messianisch zu verstehen sind, aber in einem universalen Sinn, da sie
ein fester Bestandteil der jüdisch-christlichen Tradition sind, die sowohl die
Vergangenheit der jüdischen Tradition als auch alle Menschen in zukünftigen Zeiten
betrifft. All dies bekräftigt vor allem die mögliche Gegenwart des vom Geist Gottes
Gesalbten, des verborgenen, bereits existierenden Christus, der in allen Schriften von
der Zeit Moses bis zu der der Propheten erwähnt wird.

222
Der Glaube der Juden, dass sie allein, nur weil sie als Juden geboren sind, zusammen
das heilige, Gott geweihte Volk bilden - und nicht nur die aus dem Geist Geborenen,
die in Israel als Gottes Erstgeborene stehen -, ist ebenso irrig und mindestens ebenso
einseitig wie die Behauptungen jener offenkundigen Christen, die von der Gegenwart
des verborgenen Christus in allen, aber in wenigen offenkundig sind, nichts wissen.
Diese Christen kennen das geistige Gesetz der Verbreitung des Einen in vielen nicht;
sie wissen nicht, dass der manifeste und verborgene Christus immer der eine und
einzige ist, der Sohn Gottes im Menschen, der in Jesus offenbar gewordene
Menschensohn." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

94. Jesus sprach: Wer sucht, wird finden. Und wer anklopft, dem wird geöffnet
werden.

Dies bezieht sich auf die Suche nach dem innewohnenden Christus, dem Leben
spendenden Geist, der im selben Haus wohnt wie die Seele und an dessen Tür man
nur anklopfen muss.

"Was der suchenden Seele eines Tages begegnen wird, ist die Gegenwart des Geistes,
der mit dir ist, der in dir ist, wonach das Erscheinen der Gegenwart einfach darin
besteht, zu erkennen, dass sie immer da war und bleibt. Und wenn man einmal
erkannt hat - was nur für denjenigen geschehen kann, der geglaubt hat -, bleibt nur
noch, wachsam und jeden Augenblick aufmerksam zu sein, denn die Gegenwart, die
immer da ist, wird nur dann gegenwärtig sein, wenn man sich bewusst ist, dass sie da
ist und sie immer wieder entdeckt. Wer ausharrt, wird sehen, wie die Gegenwart
immer tiefer in seine Seele eindringt, sie verbrennt und von ihr Besitz ergreift, bis sie
bleibt und die Seele für immer zu ihrem Zuhause macht. Und wenn die Gegenwart
die Seele verbrennt, dann deshalb, weil das, was vom Himmel herabkommt, ein
verzehrendes Feuer ist, das Feuer, das Jesus auf die Erde brachte, das Feuer, das uns
alle verbrennen muss, denn das ist seine Aufgabe. Wenn die Seele einmal Feuer
gefangen hat und die Spreu, die das Korn verdunkelt hat, gut abgewaschen ist, wird
im Menschen das Bewusstsein von oben geboren, ein Mensch in Christus zu sein,
und mit dieser Geburt im Geist beginnen die Werke der Erhöhung. Die Gegenwart
bringt Freude mit sich, und sie bahnt sich ihren Weg zur gereinigten Seele ganz von
selbst - vorausgesetzt, sie wird mit ununterbrochener Aufmerksamkeit bewacht."
(https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

95. Jesus sprach: Wenn ihr Geld habt, leiht nicht auf Zinsen, sondern gebt dem,
von dem ihr es nicht zurück bekommt.

"Was Jesus meint, ist nicht das Almosengeben, sondern das Geben dessen, was man
hat, um die Vollkommenheit des ewigen Armseins zu erlangen. Deshalb sagt er, dass
das Geben ohne jede Rückzahlung erfolgen soll, ohne jede Belohnung, die uns
wieder bereichern würde. Das Verbot, das den Zwölfen auferlegt wurde, als sie auf
den Weg geschickt werden sollten, hat dieselbe Bedeutung: Nehmt nichts mit auf die
Reise, weder Stab noch Rucksack, weder Brot noch Geld. Auf dem asketischen Weg,

223
der zum Kreuz führt und den jeder Mensch auf sich nehmen muss, muss die Seele,
die bereit ist zu sterben, alles aufgeben, womit sie sich identifiziert und in das sie sich
flüchtet. Auch im Fall des Mannes, der Zachäus genannt wurde, bestand seine
Rettung darin, dass er nach der Ankündigung der Anwesenheit Christi in seinem Haus
aufstand, das heißt, er stand über sich und beschloss auf der Stelle, die Hälfte seiner
weltlichen Güter abzugeben – sie zu verneinen. Zachäus entschied sich für die Armut
im Geist, er entledigte sich des Ballast der Seele, die die irdische Hälfte seines
Schatzes darstellten, und behielt nur das Wesentliche, den Geist, den wahren Schatz,
den himmlischen, ewigen Teil dessen, was er zu sein glaubte. So wurde er gerettet.
Keine Seele, die sich an weltlichen Schätzen bereichert, die sie angehäuft hat, kann
das Reich Gottes betreten. Um durch die enge Pforte einzutreten, muss sich die Seele
zuerst in absoluter Armut reinwaschen, in der Armut, die darin besteht, nichts zu sein,
nur das eigene Wesen zu sein - was in den Augen der Welt nichts bedeutet - und
nichts hinzuzufügen. Eine Entäußerung, eine Selbstverleugnung, die in der Tat
schwer zu erreichen ist. Der Evangelist erzählt uns, dass einige dann fragten: Wer
kann in diesem Fall gerettet werden? Darauf antwortete Jesus: Was für Menschen
unmöglich ist, ist für Gott möglich. Die Pforte ist gewiss zu eng für die Seele, doch
wenn sie sich in ihr inneres Schweigen zurückzieht, wenn sie akzeptiert, sich selbst
zu verleugnen, wird sie den Geist, und die vereinigende Salbung des Geistes Gottes
empfangen." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

96. Jesus sprach: Das Reich des Vaters gleicht einer Frau: Sie nimmt etwas
Sauerteig, verbirgt ihn im Teig, und macht daraus große Brote. Wer Ohren hat,
der höre.

"Der Sauerteig dient als eine weitere metaphorische Ausdrucksform für den
göttlichen, unsterblichen Samen, der von Gott als das Wesen eines jeden Menschen,
der in diese Welt kommt, ausgesät wird. In der synoptischen Version wird jedoch
betont, dass die Ernte bis zu drei Maß Korn bringt, wenn der Same auf guten Boden
fällt, während das Logion uns noch einmal daran erinnert, dass der Same, hier durch
den Sauerteig dargestellt, in allen Menschen verborgen ist. Der Sauerteig in diesem
Gleichnis teilt seine Bedeutung mit der Perle, dem Schatz, dem Eckstein, dem Wort
usw., die das Wesen, das wahre Sein des Menschen darstellen. Der Teig ist die Seele,
in der die Hefe verborgen ist, denn diese bleibt dem Bewusstsein unbekannt, bis sie
so weit gewachsen ist, dass ihre Anwesenheit erkannt werden kann. Schließlich
erscheint der Teig in Brote geteilt, und jedes dieser Brote stellt eine menschliche
Persönlichkeit dar, eine psychisch-physische Einheit, in der ein Teil der Hefe
verborgen ist. Für die tiefe, aus der Erkenntnis geborene Sichtweise ist es klar, dass
die kleine Menge Hefe, die der Wille des Vaters - die Frau im Gleichnis - aus seinem
Reich genommen und im Teig versteckt hat, eine lebensspendende Essenz ist, denn es
ist das Leben selbst, das es gären lässt, es ist in der Tat das wahre Wesen des
Menschen. Der Sauerteig im Gleichnis ist ohne weiteres mit dem Sohn
identifizierbar, der als unsichtbarer Gast im Teig der vollkommene Unbekannte ist;
eine weitere Entsprechung ist der von vielen verworfene Stein, der das Fundament
des menschlichen Hauses bildet." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

224
97. Jesus sprach: Das Reich des Vaters gleicht einer Frau, die einen Krug voll
Mehl trug. Während sie einen weiten Weg machte, brach der Henkel des Kruges
ab. Das Mehl lief aus, hinter ihr auf den Weg. Sie merkte es nicht, sie wusste
nicht, wie man sich bei der Arbeit verhält. Aber als sie in ihr Haus kam, stellte
sie den Krug nieder, und fand ihn leer.

Dieser Logion ist nur schwer zu deuten. Man muss hier wieder die verborgene
Bedeutung der Schlüsselwörter betrachten und dann ergibt sich schon ein schärferes
Bild. Die Frau steht sehr wahrscheinlich wie gehabt für die Seele, die sich auf den
weiten Weg zum Reich des Vaters macht. Sie selbst wusste nicht, wie wir hier lesen,
wie man sich „bei der Arbeit“ verhält, d.h. sie selbst wusste nicht, wie sie ihr
beflecktes Kleid reinigen und sich für ihren Bräutigam, den Leben spendenden Geist,
schön machen sollte als eine ansprechende Braut. All ihre weltlichen Bindungen und
Verhaftungen, von denen sie sich trennen und entleeren muss, damit sie voll des
Geistes werden kann, werden hier durch das Mehl im Krug symbolisiert. Wie in der
Exegese der Seele bereits gelesen, geschieht die Reinigung von den Befleckungen der
Seele jedoch ohne ihr Zutun, sondern dadurch, dass der Vater ihren Mutterschoß von
außen nach innen, dem Geist entgegen, wendet. Die Seele muss jedoch trotzdem den
langen und beschwerlichen Weg gehen, doch die eigentliche Arbeit vollbringt der
Geist selbst. So heißt es im Philippus-Evangelium zum himmlischen Brautgemach:
Die Getrennten werden vereinigt, das Leere wird voll werden.

"Das Gleichnis veranschaulicht das Geheimnis des Brotes des Lebens, der Nahrung
des ewigen Lebens, die nur vom Menschensohn kommt. Die Frau, die Seele, kommt
in die Welt und bringt einen Krug mit Mehl mit, der als unentbehrlicher Rohstoff des
Brotes zu verstehen ist, das jede Seele, die an den Sohn glaubt - der ihr eigentliches
Wesen, das Selbst, ist - und sich auf ihn zubewegt, brauchen wird, um ihren Hunger
und Durst nach Leben zu stillen. Die Seele in diesem Gleichnis geht auf einem weiten
Weg. Der Text sagt nicht, wohin dieser weite Weg führt, aber es ist nicht schwer zu
vermuten, dass er zum Reich des Vaters führt, und kein Weg in dieser Richtung ist
geeignet, um zum Sohn zu gehen und von ihm die Nahrung zu empfangen, die er
gibt. Das Zerbrechen des Henkels des Kruges kann vielleicht eine Metapher für den
Verlust der Fähigkeit sein, das Mahl, das Fleisch (im Gleichnis) des Sohnes, zu essen.
Von da an ist der Weg, auf dem diese Frau geht, wie so viele andere menschliche
Wege auch, durch das tägliche Verschütten des Schatzes des Lebens gekennzeichnet,
der bei der Geburt in jede Seele gelegt wurde. Das Unglück, das in diese unbewusste,
aber natürliche Haltung eingebaut ist, besteht darin, dass man nicht merkt, wie das
eigene Vermögen mit jedem Schritt, den man macht, vergeudet wird, und es gibt nur
wenige Seelen, die dies lernen. Erst wenn sie am Ende des Weges angelangt ist und
der Krug nicht mehr in ihren Händen ist, sondern auf dem Boden steht, sind alle
Seelen bereit, in den Krug zu schauen. Doch da ist er schon leer."
(https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

225
98. Jesus sprach: Das Reich des Vaters gleicht einem Menschen, der einen
mächtigen Mann töten wollte. Er zog das Schwert in seinem Haus und er stieß es
in die Wand, um zu erkennen, ob seine Hand stark genug wäre. Dann tötete er
den Mächtigen.

Dieser Logion ähnelt inhaltlich dem Logion 35. Der mächtige Mann scheint der
Widersacher, der Satan, zu sein, der mit seinen Dämonen Einzug in das Haus des
Menschen genommen hat. Der andere Mensch ist jemand, der den Widersacher als
solchen erkannt hat, und ihn zu bezwingen versucht. Dieser Kampf findet nicht gegen
Fleisch und Blut statt, "sondern gegen die Gewalten, gegen die Mächte, gegen die
Weltbeherrscher dieser Finsternis, gegen die geistigen Mächte der Bosheit in der
Himmelswelt." (Epheser 6:12). Es ist der Kampf der Seele in ihrem eigenen Haus, in
dem nicht nur der falsche Bräutigam des Verderbers, der Geist der Welt, haust,
sondern auch ihr wahrer Bräutigam in ungeoffenbarter Form und auch der gute
Samen, das Wort, dass dieser in sie gesät hat. Das Schwert ist ein symbolischer
Ausdruck für das Wort. Während der vier Versuchungen in der Wüste durch den
Satan hat auch Yahshua seinen Widersacher mit dem Schwert, dem Wort, in die
Flucht getrieben. Auch ist der, der in uns ist, größer als der, der in der Welt ist. Da der
Kommentar des Autors auf https://www.gospelofthomas-interpretation.com/ ein sehr
langer Diskurs ist, der m.E. nichts mit der Aussage dieses Logions zu tun hat, habe
ich ihn weggelassen.

99. Die Jünger sagten zu ihm: Deine Brüder und deine Mutter stehen draußen.
Er sprach zu ihnen: Diese hier, die den Willen meines Vaters tun, diese sind
meine Brüder und meine Mutter. Sie sind es, die ins Reich meines Vaters
eingehen werden.

Wie bereits aus der Exegese der Seele zitiert und gelesen, ist der Leben spendende
Geist, der innewohnende ungeoffenbarte Christus, nicht nur der wahre Bräutigam der
Seele, sondern auch ihr Bruder. In den gnostischen Schriften, wie auch in den
Schriften der Essener, ist die Heilige Weisheit - oder der Heilige Geist -, die vor allem
geschaffen wurde, die Mutter des Universums. Beide sind in denen, die den Willen
des Vaters tun und die Yahshua als seine wahren Brüder und seine wahre Mutter
bezeichnet, nicht länger nur in ungeoffenbarter Form existent, sondern wurden von
ihnen erkannt und empfangen. Diese sind es auch, wie er sagt, die ins Reich des
Vaters eingehen werden.

"Das Wichtigste in diesem Logion ist, dass diese Brüder und diese Mutter, die Jesus
zu empfangen gedrängt wird, draußen sind, sie sind nicht hier, zusammen mit denen,
die den Willen des Vaters erfüllen. Der Unterschied zwischen dem Draußen-Sein und
dem Hier-Sein ist sehr wichtig, denn das Hier-Sein bedeutet, dass der verborgene
innere Christus wahrgenommen, vom Bewusstsein entdeckt worden ist, so dass seine
Gegenwart als Neugeborenes, hier in einem, bereits begonnen hat, an Weisheit, an
Größe, an Gunst bei Gott zuzunehmen. Dies, und nur dies, ist gemeint, wenn man den
Willen des Vaters erfüllt.

226
Die Bedeutung all dessen ist, dass es unter uns Menschen gibt, denen es gelungen ist,
die Gegenwart des verborgenen Christus in sich selbst zu empfangen - hier -, denn
wenn der Glaube aufkommt, gießt er Segen über diejenigen aus, die fähig sind zu
glauben, ohne zu sehen. Die Kontemplation der Gegenwart, hier, in dieser Welt, ist
der erste große Schritt im religiösen Leben nach der verborgenen Exegese, denn sie
bedeutet, das Wesen des einen Gottes zu betrachten. Und wenn es nichts gibt, was
außerhalb von ihm existieren könnte, was sind dann die Mutter und der Bruder, die
außerhalb stehen? Nach dem Lukasevangelium müssen diejenigen, die draußen sind,
an die Tür klopfen, denn Christus versichert uns: Wer zu mir kommt, den werde ich
nicht abweisen. Dann fügt er hinzu: Wer nicht in mir bleibt, ist wie eine ins Feuer
geworfene Rebe. Das bedeutet, dass die einen Christus draußen suchen, nach der
offenkundigen Ordnung, während die anderen seine Gegenwart hier zu atmen suchen,
nach der verborgenen Lehre. Darauf spielt Jesus im Logion an. Denn derjenige, der
den Duft Christi wahrnimmt und ihn als das Hier und Jetzt aller Wesen, Brüder,
Mutter usw. einatmet, wird geliebt, nicht für das, was sie von außen zu sein scheinen,
sondern für den in ihnen verborgenen Christus, dessen Gegenwart in ihnen
wahrgenommen wird. Als nächstes kommt als notwendiger Schritt die Loslösung, die
das Evangelium im übertragenen Sinne als Hass bezeichnet, als Hass auf alle äußeren
Verkleidungen, die zwischen der direkten Betrachtung des Hierseins eines jeden
Menschen stehen. Und dies ist kein Hass, denn das wäre fehl am Platz, sondern das
Wissen, wie durch eine Durchsichtigkeit zu schauen, durch die undurchsichtige
Kleidung hindurch das Licht dessen zu sehen, der gesagt hat: Ich bin das Licht.
Gewiss, eine intensive Freude wird immer derjenige empfinden, der die Gegenwart
Christi betrachtet, die in den Wesen verborgen ist, in allen Wesen, wo auch immer sie
sein mögen, Brüder, Mütter, was auch immer... alle sind im Geist miteinander
verbunden, auch wenn sie für diese Wirklichkeit schlafen. Doch während die einen
Christus in sich schlummern lassen, begraben in ihrem weißen Grab, haben andere
ihn als neuen Christus wiederbelebt. Wenn der lebendige Christus in einem der
Anwesenden wahrgenommen wird, ist dieser sein Bruder, seine Mutter, sein eigenes
Ich in der gemeinsamen Fülle." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

100. Man wies Jesus ein Goldstück, und sagte zu ihm: Die Kaiserlichen
verlangen von uns die Steuer. Er antwortete: Gebt, was des Kaisers ist, dem
Kaiser. Gebt, was Gottes ist, Gott. Und was mein ist, gebt mir.

"Der Logion über das Tributgeld an Caesar findet sich auch in den synoptischen
Evangelien und bei Justin, mit einigen bedeutenden Abweichungen. Diejenigen, die
sich mit der Entstehungsgeschichte von Texten beschäftigen, erkennen den
Unterschied zwischen den verschiedenen Versionen daran, dass weder Justin noch
Thomas die Episode als Streitfall darstellen, wie es in den synoptischen Evangelien
der Fall ist. Sie neigen daher zu der Annahme, dass der Bericht in seiner
gegenwärtigen synoptischen Form auf eine biblische Variante zurückzuführen ist und
dass er das Werk eines späteren Schreibers ist. Das Ergebnis der biblischen
Untersuchung ist sehr präzise und wahrscheinlich richtig, aber wie so oft bei
Schlussfolgerungen über die offensichtliche Interpretation, ist es unzureichend.

227
Unabhängig davon, wer die synoptische Version verfasst hat, ist es wichtig, die
Verstümmelung zu bemerken, die der Ausspruch Jesu dabei erlitten zu haben scheint,
denn die drei Gläubiger, die im Thomas-Evangelium genannt werden, nämlich Cäsar,
Gott und der Menschensohn, wurden auf zwei reduziert, wobei der dritte auf dem
Weg zum Ende des Satzes verschwindet: Und was mein ist, gebt mir. Der synoptische
Text geht nicht weiter, als die Pflichten des Menschen gegenüber den Mächten dieser
Welt - Cäsar - von seinen Pflichten gegenüber dem Himmel - Gott - zu unterscheiden,
was die Antwort Jesu auf eine vernünftige Feststellung reduziert: Da ihr die römische
Besatzung akzeptiert, indem ihr Münzen mit dem Bild des Kaisers verwendet, müsst
ihr euch zwangsläufig dazu entschließen, die Steuern zu zahlen, die die
Besatzungsmacht verlangt. Seine Antwort ist eine universelle geistliche Lektion, eine
verborgene Lektion. Bekanntlich war der Denar zur Zeit Jesu als Tributmünze
bekannt, weil jeder Jude diese Kopfsteuer an die römischen Behörden zu entrichten
hatte. Als Jesus das Tributgeld sieht, erinnert er an die drei Tribute, die jeder Mensch
in diesem Leben zahlen muss. Der erste Tribut ist der Tod, der das Ende des irdischen
Lebens bedeutet. Dieser Tribut wird wegen der kurzen natürlichen Dauer des Lebens
des Körpers geschuldet. Im Tributgeld wird diese Zollzahlung für die Durchreise
durch das Bildnis Caesars auf der Münze dargestellt. Der zweite Tribut ist der der
Selbstverleugnung, die Vollendung der Seele, für die man sich von aller Angst
befreien muss. Dies ist ein Tribut, der dem Gott JHWH geschuldet ist. Der dritte
Tribut schließlich ist die Ehre des Göttlichen, die man dem Menschensohn schuldet.
Er ist es, der in der Herrlichkeit erhöht werden muss, denn die Herrlichkeit ist die
Ehre, die ihm zukommt. Im Tributgeld ist er die Münze selbst, das Gold, das der
Münze ihren Wert verleiht." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

101. Jesus sprach: Wer seinen Vater und seine Mutter nicht hasst wie ich, wird
mir nicht Jünger sein können. Und wer seinen Vater und seine Mutter nicht liebt
wie ich, wird mir nicht jünger sein können. Denn meine Mutter ist von der
vergänglichen Welt. Meine wahre Mutter aber hat mir das Leben gegeben.

Um zu verstehen, welche Väter und welche Mütter Yahshua hier meint, müssen wir
auf den Vater und die Mutter des vollkommenen Licht- und Geistmenschen schauen,
den erstgeborenen Sohn des Vater-Mutter, sein wahres Abbild in aller Fülle. Über
allem steht natürlich immer der Ewige Geist, der erste Vater, der laut den gnostischen
Schriften zuallererst die Heilige Weisheit erschuf, Mutter des Universums, den
Heiligen Geist. Dies ist die Mutter von der Yahshua hier spricht, dass er sie liebt. Da
er, der Heilige Logos, sich im EHGOC als den zweiten Vater bezeichnet, der in
heiliger Union mit der Heiligen Weisheit, seiner ewigen Gemahlin, alles erschuf, ist
der Vater, vom dem er sagt, dass er ihn liebt, der erste Vater, der Ewige Geist. Da der
Sohn im Vater und der Vater im Sohn ist, in dem die ganze Fülle des Vaters ist - wie
auch in der Mutter des Universums, dem heiligen Geist -, ist der Sohn auch unser
wahrer Vater. Der Heilige Logos und der Heilige Geist sind es, die den
Erdenmenschen zu Söhnen des Sohnes des Menschen machen, zu seinen Miterben,
seiner Braut.

228
Die Väter und Mütter, die wir hassen, d.h. weniger lieben sollen, sind einerseits der
Demiurg und die Erdenmutter, die uns zwar unseren fleischlichen Körper gaben, doch
beide haben kein Leben in sich, sondern sind nur durch den ihnen innewohnenden
Lebensatem des Heiligen Geistes lebendig. Beide sind minderwertig und werden
hinweggetan, wenn alles im und durch den Menschensohn einsgemacht wird mit dem
Vater-Mutter. Der Demiurg ist der falsche Vater mit seinem falschen Bräutigam, dem
Geist der Welt, die mit der Seele in einem Haus wohnen. Er gibt sich als ihr wahrer
aus, denn er hatte den unmöglichen Traum, sich dem Ewigen Vater-Mutter
gleichmachen zu wollen, wie es im EHGOC heißt. Er ist jedoch der Verderber, der
unsere Seelen zur Zerstörung verdammen will, mit Hilfe seiner Trugbilder,
Täuschungen, Lügen und Illusionen. Die falsche Mutter ist daher so gesehen die
Materie, die für den Erdenmenschen einerseits notwendig ist, um die Auferstehung zu
gelangen, andererseits ist jedoch die Verhaftung an die Materie der Tod und muss
überwunden werden, d.h. alle Verhaftung und Identifikation mit dem Vergänglichen.
Das ist die Bedeutung der Aussage, das Yahshua die Welt und den Tod überwunden
hat. Und andererseits schließlich gibt es noch unsere leiblichen Väter und Mütter.
Auch diese sollen wir zwar lieben, aber wenn wir das Vergängliche über das
Unvergängliche stellen, indem wir sie mehr lieben als unsere wahren Eltern, dann
sind wir seiner - des Ewigen, Unvergänglichen - nicht würdig, wie Yahshua sagte.

"Der Vater und die Mutter, die wir nach Jesu Willen hassen sollen, sind beide
Mitglieder der fünfteiligen menschlichen Familie, die an verschiedenen Stellen in der
Bibel erwähnt wird. Der sogenannte Vater wird für den Vater gehalten, ohne es
wirklich zu sein, und spielt seine Rolle in unserem natürlichen Bewusstsein, in dem
er als unser getrenntes individuelles Ich erscheint, d.h. als ein von unserer
Unwissenheit erschaffener und aufgebauter Gott, ein falscher Gott, der uns gefangen
hält, ein Gott, den die Menschen anbeten, weil sie glauben, er sei ihr eigenes Ich. Da
sein Reich eine Lüge ist, weil seine Existenz nur fälschlicherweise für real gehalten
wird, nennt Jesus ihn den Widersacher Gottes, Satan, und wenn er ihn Widersacher
nennt, dann deshalb, weil das psychologische Ego sich dem wahren, absoluten Selbst
- das Jesus ausdrücken will, wenn er ICH BIN sagt - in unserem Geist widersetzt und
es an sich reißt, das mit dem Wesen identisch ist. Was die zu hassende Mutter betrifft,
so ist sie unsere hybride Natur, die den Körper nach der Art des Fleisches gebiert. Es
wird gesagt, dass die Identifikation mit den Gütern, die diese Mutter anbietet - Güter,
die nicht der wahre Preis sind, den es zu schätzen gilt -, die Seele daran hindert,
Läuterung zu erlangen und so in ihrem Ziel, die Gerechtigkeit zu erlangen, stark zu
werden. Dies sind die Gründe für den Hass - d.h. die Nicht-Identifikation -, den Jesus
predigt. Diesem Vater, diesem bloßen Phantasma der Einbildungskraft, und dieser
Mutter, der Erzeugerin der sterblichen Natur mit ihrem fast unbesiegbaren Gericht
der Angst, stehen der wahre Vater und die wahre Mutter gegenüber, die nicht zur
menschlichen Familie gehören, denn sie sind die Vorläufer der Menschheit; sie sind
das Sein und das Leben, ihre Kleidung, die Herrlichkeit (die Weisheit und das Licht
Gottes) und die Macht (Kraft, Dynamis, Leben), die den Menschensohn begleiten,
wenn er in den Wolken erscheint. Es sollte klar sein, dass die Wolken, in denen der
Menschensohn kommt keine irdischen Wolken sind, die er mit sich bringt.

229
Sie sind der letzte feinstoffliche Schleier zwischen dem Bewusstsein und dem Sohn,
der durch das Zerreißen des Vorhanges im Tempel symbolisiert wurde. Deshalb kann
man sagen, dass diese Wolken die Erfüllung des größten Gebots im Gesetz
verhindern: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen.
Diese Wolken sind in der Tat die Grenzbarriere, die der falsche Vater und die
natürliche Mutter nicht überwinden können, um das große Gebot in seinem absoluten,
einheitlichen Sinn zu erfüllen, wie Jesus es ausdrückt: Der Vater und ich sind eins.
Der falsche Vater und die natürliche Mutter sorgen für die Trennung. Niemals werden
sie zulassen, dass der Mensch eins wird, bis hin zur Vereinigung mit dem Vater. Wir
werden jetzt von dieser Einheit jenseits der Wolken oder Schleier sprechen, die das
Bewusstsein erzeugt, von der Einheit, die Jesus von all denen verlangt, die seine
Jünger sein wollen: Dass sie vollkommen eins sind.

Die von Jesus geforderte Einheit - das Einssein - ist unserem Verständnis in Bezug
auf den Vater zugänglich, kann aber nur durch die Mutter verwirklicht werden, das
heißt durch den Heiligen Geist, der die Mutter des vollkommenen Menschen ist.
Diesen vollkommenen mütterlichen Segen wird er jedoch erst dann empfangen, wenn
der Geist, das Wesen und die Krone des Menschen, mit dem Geist Gottes bis zur
vollkommenen Vereinigung vereint ist. Als Schöpfer und Spender des ewigen Lebens
wurde der Geist Gottes seit den frühesten Tagen des Christentums als eine fruchtbare
Mutter angesehen. In der Genesis heißt es, dass Gottes Geist in der Finsternis, bevor
die Welt erschaffen wurde, über dem Wasser schwebte. Später, im Deuteronomium,
wird die gebärende mütterliche Funktion als die eines Adlers beschrieben, der sein
Nest bewacht und über seinen Jungen schwebt. Von den majestätischen Schwingen
des Adlers zum Flügelschlag der evangelischen Taube wird das Bild sanfter, und doch
bleibt seine eigentliche Bedeutung unverändert. Ob mit oder ohne diese symbolische
Taube, der weibliche Charakter des Geistes ist derselbe, ihre kraftvolle, dynamische
Funktion, allen, die unter ihren Flügeln nisten, das Leben zu bringen. So sagt Jesus
im Hebräer-Evangelium: So hat mich auch meine Mutter, der Heilige Geist, bei
einem meiner Haare ergriffen und mich auf den großen Berg Tabor getragen. Es sei
darauf hingewiesen, dass diese Stelle, die durch das doppelte Zeugnis von Origenes
und Hieronymus vor dem fast völligen Verschwinden des gesamten jüdischen
Materials bewahrt wurde, an sich schon eine höchst bedeutsame Erklärung für die
Funktion der Einheit darstellt, die dem Heiligen Geist in seiner Eigenschaft als
Mutter anvertraut wurde. Das Haar steht hier für die Kraft (Dynamis, Macht), die sich
im Haupt (dem Wesen, dem Geist oder der Krone des vollständigen Menschen)
offenbart. Der Aufstieg auf den Berg zeugt vom Aufstieg des Bewusstseins, das vom
Heiligen Geist bewohnt ist. Es gibt zahlreiche biblische Beispiele, die die
allegorische Darstellung von Haaren als Kraft oder Macht unterstützen. Der Gesalbte
Gottes - der Nazir, der Auserwählte - verpflichtete sich für die Dauer seines
Gelübdes, sein Haar nicht zu schneiden, damit seine Kraft in ihm wirken konnte. Das
erklärt, warum Simson - Gottes Nasiräer (=Gottgeweihter), seit er den Leib seiner
Mutter verlassen hatte - mit Worten sprach, die die Bedeutung des Haares als Kraft
der Salbung durch den Geist Gottes offenbaren: "Wenn ich geschoren werde, dann
weicht meine Kraft von mir, und ich werde schwach wie jeder andere Mensch sein."

230
Der Geist Gottes ist die Kraft des Vaters, einer der beiden großen Flügel des
absoluten Wesens (der andere Flügel ist die Herrlichkeit, der Flügel des Lichts, der
zum Sohn gehört). Ihr Werk ist es, denjenigen, der ihre Gegenwart empfängt, mit
Leben zu erfüllen; darin liegt ihre Macht, ihre Kraft. Das bedeutet, dass die Seele,
wenn sie einmal von allem Sterblichen in ihr - der Spreu - gereinigt ist, sich selbst
entleert, bis sie nur noch sie selbst ist, ihre eigene Essenz, woraufhin sie weiß, dass
diese Essenz der Geist ist, der - wie der Same Gottes - immer in ihr vorhanden war,
obwohl sie, die Seele, sich dessen nicht bewusst war. Es ist eine Tatsache, dass
diejenigen, die den Geist nicht entdecken, nur auf der Grundlage ihrer natürlichen
Psyche wissen können. Dies wird in dem Abschnitt des vierten Evangeliums erklärt,
in dem von dem Geist der Wahrheit die Rede ist, den die Welt niemals empfangen
kann, da sie ihn weder sieht noch kennt. Die geläuterte Seele hingegen wird immer
die Nachricht von ihrer Geburt im Geist empfangen, jener Geburt, durch die die
Gesalbten endlich ans Licht gebracht werden. Lukas bestätigt, dass der Heilige Geist
den Vater immer denen gibt, die darum bitten, und die einzige Art und Weise, um die
das Evangelium bittet, ist die Läuterung der Seele. Die verborgene Botschaft des
Evangeliums ist die Verkündigung des Engels an die jungfräuliche Seele: Der Heilige
Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich mit ihrem
Schatten bedecken. Das Kommen des Geistes auf die Seele in ihrer Quintessenz
bedeutet die Ausgießung des Geistes auf den Geist, wie es von Jesaja prophezeit
wurde: Noch einmal wird der Geist von oben über uns ausgegossen werden. So
beginnt die Salbung des Lebens, denn dieses, das Leben des Allerhöchsten, ist das
Chrisam, das der Geist auf den gesalbten Geist ausgießt, bis der Geist selbst und
unser Geist gemeinsam bezeugen, dass wir Kinder Gottes sind. Dieses Eins-Werden
mit dem Geist ist die Vollendung. Wenn der Geist kommt, kommt er wie die Taube,
die einen Olivenzweig im Schnabel trägt, aus dem das Öl des Lebens gepresst wird,
das auf das Haupt (den Geist) gegossen wird, das von ihm berührt wird, bis es das
ganze Wesen durchströmt. Die Taube flatterte über dem Messias, denn er war ihr
Haupt; und sie sang über ihn. Wenn der Geist über die Seele kommt, kommt zuerst
sein deckender Schatten, seine Gegenwart. So tränkt die Salbe des Lebens die Seele,
damit sie Tag für Tag die erschöpften Reste der trennenden Konditionierung abwerfen
kann, die ihr noch anhaften. Erst wenn die Seele zum Geist wird, zum eigentlichen
Wesen ihrer selbst - von der Tradition als mystische Hochzeit besungen - kann die
Salbung des Geistes durch den Geist vollendet werden. Bis zu diesem Zeitpunkt wird
die Gegenwart da sein und wie ein Schatten über ihr schweben, wie die Wolke, die
keine Dunkelheit ist, sondern das halbe Licht, das den kommenden Tag ankündigt.
Obwohl er, der Schatten, in jedem Menschen wohnt, wie ein am ersten Tag
gepflanztes Samenkorn, muss er erkannt werden, um seine Anwesenheit zu
manifestieren, täglich, stündlich, Augenblick für Augenblick. Das bedeutet
Wachsamkeit, ständige Aufmerksamkeit, sich daran zu erinnern, dass es da ist, es zu
betrachten und die unaussprechliche Freude zu erfahren, dass das Sein IST, ewig,
schon bevor die Welt erschaffen wurde. Und so muss es sein, bis die Wolke sich leert
und verschwindet, sich im Geist auflöst. Dann kommt, wie in dem alten Text, auf den
Jesus anspielt, der Moment des Erwachens: Der Geist des Herrn ist mir gegeben
worden, denn er hat mich gesalbt.

231
Der Christus, der Gesalbte des Herrn, ist immer einer, der in Wahrheit geweiht ist,
einer, der für Gott bestimmt ist, einer, der nicht von der Welt ist, obwohl er in der
Welt ist. Christus ist Leben durch den Geist und Bewusstsein durch das Wort, der
Same, den Gott in den Menschen gesät hat. So schwebt der im Geist Wiedergeborene
auf zwei Flügeln bis zur vollkommenen Gemeinschaft mit dem Vater: Das Leben, das
er vom Geist empfängt und so mit ihm eins wird, und die Erkenntnis, durch die sich
die Seele, das Bewusstsein, als identisch mit ihrem Geist, mit ihrem Gottessamen,
dem essentiellen Wesen, erkennt. Wenn in der jüdischen Überlieferung gesagt wird,
dass der Heilige Geist den Erlöser auf den Tabor, den erhabenen Berg, erhob, so
entspricht dies dem Bericht in den synoptischen Evangelien, wo es heißt, dass er vom
Geist durch die Wüste geführt wurde, dann auf eine Höhe (das Haupt, die Krone, wo
der Geist ruht) geführt wurde, um die Reiche der Welt zu sehen. Was der Widersacher
dann anbot, war Macht und Herrlichkeit, wie sie die Welt sieht, über die er herrscht.
Aber die wahre Macht (das Leben) und die wahre Herrlichkeit (das Licht, die
Weisheit) sind nicht von dieser Welt, sie gehören dem Vater, und sie kommen herab,
als wären sie die beiden Flügel des Geistes Gottes, die sich niederlassen. Von diesen
beiden Flügeln, die dem Geist Gottes seinen mütterlichen, schützenden Flug
verleihen, ist der eine das Leben und der andere die Weisheit (das Licht), denn auf
dem Licht reitend kommt der Sohn Gottes, der göttliche Sohn, der Gedanke Gottes,
getragen vom Geist. Mit diesen beiden Flügeln ausgestattet, ist der Geist gleichzeitig
Leben und Bewusstsein (Macht und Herrlichkeit) im Willen des Vaters. Das
Herabsteigen der Macht und Herrlichkeit Gottes aus dem unergründlichen Absoluten
des Vaters in das reine Bewusstsein des Menschen wird von den Evangelisten in
einem Gleichnis beschrieben, das in der kurzen Szene der Taufe Jesu im Jordan den
langwierigen Prozess der geistigen Verwirklichung im Menschen darstellt. Der
Bericht verschmilzt die beiden Taufen durch Wasser und durch Feuer zu einer
einzigen Handlung und stellt die letztere als bereits verwirklicht dar durch seine
bereits vollständige und vollkommene Salbung. Diese Vollkommenheit leugnet
jedoch nicht den vorbildlichen Charakter, den die Taufe Jesu für jeden Menschen in
Christus hat. Das Zerreißen oder Öffnen des Himmels, ein Ereignis, das von den
Evangelisten erwähnt wird, ist ein Zeichen für die neue Transparenz des
Bewusstseinsdaches im Menschen. Was das Kommen des Geistes in Gestalt einer
Taube betrifft, so handelt es sich weniger um eine Herabkunft (auch wenn sie genau
das ist, da sie von Gott auf den Menschen herabkommt) als um einen Aufstieg vom
Samen zum Haupt oder zur Krone des Menschen, auf dem sich der Geist wie eine
Taube niederlässt, um sein Werk der Salbung mit dem Nektar des Ölbaums zu
beginnen. Und wenn Lukas erklärt, dass der Geist in leiblicher Gestalt herabkam,
dann nicht, weil der Geist etwas anderes als Geist sein könnte, sondern weil er in
Gestalt von Jesus eine leibliche Manifestation angenommen hatte; und hier brach das
Feuer der Erkenntnis aus, das auch das Feuer ist, das Jesus, der es innehatte, auf die
Erde bringen wollte. Die christliche Tradition der Erscheinung des Feuers in der
Episode der Doppeltaufe, die von den Evangelisten nicht erwähnt wird, wurde vom
heiligen Ephrem aufgegriffen, wenn auch unvollständig, als er schrieb: Im Jordan
brach ein Feuer aus. Das muss am Ufer des Jordans gewesen sein, denn die
Evangelien berichten, dass der Heilige Geist in Form einer Taube herabkam.

232
Der Geist ist der Überbringer des Feuers, denn seine Salbung der Erkenntnis kommt
wie ein Feuerstrom auf die Seele herab, die sich im Gebet Gott zuwendet. Doch
dieses neue Feuer verbrennt nicht, wenn es sich mit den Wassern der Seele vermischt,
wie rein diese auch sein mögen, sondern da es eine Emanation des Lichts (der
Weisheit, der Herrlichkeit des Sohnes) ist, ist seine Flamme kalt und weiß und drückt
die Schönheit des Lichts aus. Dieses reine neue Feuer entsteht erst, wenn das Wasser
der Bußtaufe gekostet wurde. Das ist die Herabkunft des Lichts und des Lebens, das
Christus von den Flügeln des Geistes aufnimmt, wenn sie sich nach seiner zweiten
Taufe, der Salbung, wie eine Taube auf ihn niederlassen. Und das ist der
Menschensohn, von dem gesagt wird, dass er kommt - obwohl er nicht kommt,
sondern entdeckt wird, denn er war immer da wie das Korn oder der Same - mit
großer Macht und Herrlichkeit." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

102. Jesus sprach: Wehe den Pharisäern, denn sie gleichen einem Hund, der auf
der Futterkrippe von Rindern liegt. Weder frisst er selbst noch lässt er die
Rinder fressen.

Dieser Logion ist eine andere Ausdrucksweise des folgenden Satzes aus dem
EHGOC, der auch in den biblischen Evangelien zu finden ist: "Wehe euch, ihr
Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler! Denn ihr schließt das Himmelreich vor
den Menschen zu. Denn ihr lehnt das heilige Gesetz ab und tretet nicht ein, und
hindert auch noch die anderen daran." In den Prophetenbüchern der Bibel ist vielfach
zu lesen, dass die Pharisäer und Schriftgelehrten das heilige Gesetz verwarfen, und
somit den Bund des Lebens durch das heilige Gesetz der Heiligkeit allen Lebens
zwischen dem Volk Israel und Gott gebrochen haben, indem sie einen Bund mit dem
Tod, dem Sheol, gemacht haben, wie in Jesaja 28:9-19 zu lesen. Dies geschah
dadurch, dass sie das ewige unblutige Priestertum nach der Ordnung des
Melchizedek, die heilige Eucharistie, in ein blutiges satanisches Priestertum
verwandelt haben, dass sie im Namen ihres (falschen) Gottes ganze Völker
abschlachteten und die Knechte, die Propheten, die der Vater zu ihnen gesandt hat,
damit sie ihre bösen Wege verlassen und zurück zur Wahrheit kommen sollten,
schlugen und töteten usw. Sie haben das heilige Gesetz zur Lüge gemacht, wie es in
Jeremia 8:8-9 zu lesen ist, und nutzlose Menschengebote, die das heilige Gesetz
aufhoben und mit Füßen traten, zum Gesetz gemacht, und den Menschen als Gebote
Gottes verkauft. Somit haben sie ihre heilige Aufgabe, die Schafe mit dem heiligen
Gesetz zu füttern, nicht nur sträflich vernachlässigt, sondern sie haben die Schafe
wissentlich und willentlich mit Steinen gefüttert, anstatt mit Brot. Deswegen sagt
Yahshua im EHGOC zu ihnen: "Wehe solchen Gotteslästerern, die das Heilige Gesetz
der Heiligkeit allen Lebens ablehnen! Wehe solchen blinden Führern mit steinernen
Herzen... Denn sie übertreten das Gesetz von Mose und machen sich fett mit dem
Fleisch und dem Blut unschuldiger Opfer, die Gott von Anfang niemals geboten hat!
Wehe diesem Tempel, der von Menschen erbaut wurde, denn der wahre Tempel, der
nicht von Menschenhand gebaut wurde, ist hier in eurer Mitte, aber ihr seht und hört
nicht! Denn ich komme, um alle Opfer und alles Blutvergießen zu beenden und es
euch zu sagen: Wenn ihr nicht aufhört, Fleisch und Blut zu opfern und zu essen,

233
wird der Zorn Gottes nicht aufhören, über euch zu kommen, wie er über eure Väter in
der Wüste gekommen ist, die unter Mose nach Fleisch lüsteten, mit dem sie sich
vollstopften und von Fäulnis erfüllt waren, und von der Seuche verzehrt wurden
wegen ihres bösen Verlangens... Wehe euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr
Heuchler! Weil ihr die Gräber der Propheten gebaut und die Grabstätten der
Gerechten geschmückt habt und sagt: Wenn wir in den Tagen unserer Väter gelebt
hätten, hätten wir gewiss nicht am Blutvergießen und der Ermordung der Propheten
teilgenommen. Ihr Lügner! Darum seid ihr Zeugen, dass ihr genauso tut, wie die
Kinder von denen, die die Propheten getötet haben. Darum sagte die heilige Weisheit:
Siehe, ich sende zu euch Propheten und Weise und Schriftgelehrte, und einige von
ihnen werdet ihr geißeln, töten und kreuzigen und verfolgen. Und auf euch soll alles
Blutvergießen der Gerechten auf der Erde kommen, vom Blut des gerechten Abels,
bis zum Blut von Zacharias. Oh, Jerusalem, Jerusalem, du böse Stadt, die die
Propheten tötet, die in Wahrheit zu dir gesandt werden, nur um sie zu steinigen. Wie
oft hätte ich deine Kinder zusammengebracht, so wie eine Henne ihre Küken unter
ihren Flügeln sammelt, wenn ihr nur auf mich gehört hättet! Seht, wegen eurer
Herzen aus Stein ist euer Haus nun einsam und trostlos. Denn ich sage euch wahrlich:
Ihr werdet mich fortan nicht sehen, bis ihr schreit: Heilig, heilig, heilig, gesegnet sind
die, die kommen im Namen des Gerechten." Deswegen werden die Pharisäer in
diesem Logion als Hunde bezeichnet, die auf der Futterkrippe von Rindern liegen,
sodass weder sie noch die Rinder daraus essen können. Die Rinder symbolisieren
diejenigen, die nach dem leichten Joch suchten, von dem Yahshua sprach, als er
sagte: Kommt her zu mir, alle die ihr mühselig und beladen seid, denn mein Joch ist
leicht. Dadurch, dass gesagt wird, dass die Hunde auf der Futterkrippe von Rindern
liegen, wird auch gesagt, dass die Nahrung, die natürlich geistiger Natur ist, nicht für
sie, die Hunde, bestimmt war, sondern für die Rinder. Deswegen verurteilte Yahshua
ihre Heuchelei und Gesetzlosigkeit vor allen Leuten völlig kompromisslos und sagte
ihnen frei heraus, was ihr Ende sein würde, wenn sie sich nicht wieder zurück zum
wahren Gott wandten und von ihren bösen Wegen umkehrten: "Ihr seid vom
Herrscher der Finsternis und ihr seid die Agenten der Finsternis geworden. Ja, ihr alle
dient dem Bösen mit willigem Herzen und Begeisterung in der Seele, und ihr werdet
gerichtet werden nach euren unheiligen Maßstäben. Denn da ihr nur die Gesetze
Satans kennt, sollt ihr auch nach ihnen bestraft und gerichtet werden. Wisst ihr auch,
dass wer auch immer die geringste dieser Seelen Gottes mit Verachtung behandelt,
dasselbe mir tut? Denn diese Heuchler respektieren nicht das Wunder des Lebens in
allen Dingen. Ja, sie suchen den Tod der Dinge und freuen sich darin. Wisst ihr, sie
stammen von der Mutter der sieben Übel, denn überall, wo Leiden und Blutvergießen
herrschen, da ist auch der Satan. So werden diese blinden Führer den für sie
vorbehaltenen Ort erben, denn der Vater-Mutter vergibt vor allem nicht die
willkürlichen Sünden böser Täter und entschuldigt nicht die Härte der Herzen und die
Mattheit der Sinne. Flieht also vor diesen Arbeitern der Gesetzlosigkeit, denn sie
wollen kein ewiges Leben und wollen zudem auch noch alle anderen von dem Weg
abhalten, der zu ihm führt. Wahrlich, ich sage euch, dass sie ihren vollen Lohn dafür
bekommen werden – und unter keinen Umständen sollen sie das Königreich betreten,
noch die Verheißung empfangen, denn sie sind wie Kot auf der Oberfläche der Erde."

234
"Nach der Frohen Botschaft gibt es zwei Arten von Nahrung: Verderbliche Nahrung,
die den, der sie isst, nicht vor dem Tod bewahren kann, und Nahrung, die zum ewigen
Leben führt, Nahrung aus dem Weizen des Himmels, Nahrung, die nur vom
Menschensohn gegeben wird. Von dieser Nahrung spricht der Lebendige Jesus, eine
Nahrung, die die Umwandlung des Bewusstseins in Geist bewirkt und den Übergang
vom Tod zum Leben eröffnet. Die Krippe ist eine metaphorische Abwandlung des
Gefäßes, in das der Geist als Siegel Gottes seine Salbe legt, damit die Seele ihre
Vollendung erlangt, nämlich ihr eigenes Wesen zu sein. Die Salbe, die der Geist
anbietet, ist die Gegenwart, die jeder entdecken muss. Die Gegenwart ist die Salbung,
die unseren Geist nährt, die Nahrung, die den Tod nicht zulässt. Die Gegenwart muss
jedoch durch geduldige und beharrliche Disziplin im Verstand gestützt werden, bis
sie ihren ursprünglichen Zustand einer nur vage erkannten Gegenwart überwindet,
wie ein Spiegel, der die Herrlichkeit des Herrn widerspiegelt, und zur Herrlichkeit
wird, die fest in dem Bewusstsein verwurzelt ist, das sie kennt. Wie Jesus im vierten
Evangelium sagt, sind dies die Werke, die Gott will: Vor allem der Glaube an diese
Gegenwart, die ein Herold ist, der den Vater ankündigt. Der Glaube ist das Zeichen,
denn es ist die Vollendung, das Brot des Himmels, das vom Vater gegeben wird und
wurde, und nicht, wie Jesus die Zuhörer daran erinnert, von Mose, als das Volk in der
Wüste war. Das erklärt, warum Jesus, der offenkundige und verborgene Christus,
sagt: "Ich bin das Brot des Lebens", denn er ist der Christus, der sowohl immanent als
auch transzendent ist, der Mensch in Christus, der das Manna vom Himmel austeilt.
Indem er dieses Brot als Nahrung gibt, ist Christus immer da, halb verborgen in der
Gegenwart, bereit, sich den Menschen zu offenbaren, die ihn suchen. Dies erklärt
Jesus wie folgt: Ja, es ist der Wille meines Vaters, dass jeder, der den Sohn sieht und
an ihn glaubt, das ewige Leben hat. Was Jesus damit sagen will, ist, dass diese
Gegenwart zunächst nur vage zu sehen ist, wie hinter einem Schleier; dann aber folgt
eine lange, tiefe Arbeit, die mit der Gegenwart zu leisten ist, bis der Gesalbte des
Herrn darin gefunden wird. Das ist der Weg der Seligkeit, der keine Angst vor dem
Stachel des Todes verspürt, der Weg der reinen, vollkommenen Freude, die entsteht,
wenn die Seele sich der Gegenwart erinnert und sie in sich erhebt, wenn sie also die
Gegenwart kennt und im Gegenzug von ihr erkannt wird. Im Gegensatz dazu
verhalten sich diejenigen, die nur oberflächlich verstehen und den Kelch äußerlich
reinigen (diejenigen, die der Logion und die Evangelien als Pharisäer bezeichnen),
wie ein Hund, der in der Krippe liegt. Sie essen nicht die wahre Nahrung, die die
Gegenwart des Geistes für sie bereitgestellt hat - den Samen Gottes in ihnen -, denn
dieser kann nur von denen gegessen werden, die erwacht sind. Sie lassen auch nicht
zu, dass diejenigen, die zu ihrer Zeit die Gegenwart entdecken könnten, von ihr
genährt werden, da sie mit ihrem schlafenden Körper im Weg sind. Diese Pharisäer -
die in jedem Jahrhundert zu finden sind - leugnen, dass es etwas anderes als Luft im
Kelch gibt, und ermüden sich, das Licht zu leugnen, an das sie nicht glauben, indem
sie in ihrer mangelnden Demut meinen, dass es das Licht nicht gäbe, nur weil sie das
Licht nicht sehen können. Sie wissen nicht, dass der Wind, von dem man nicht weiß,
woher er kommt und wohin er geht, die immer klarer werdende Gegenwart des
Geistes ist, in den wir hineingeboren werden müssen, sobald wir gelernt haben, seine
Stimme zu hören." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

235
103. Jesus sprach: Selig der Mann, der weiß, in welcher Stunde der Nacht die
Räuber kommen. So kann er aufstehen, seine Knechte sammeln, und sich die
Lenden gürten, bevor Sie hereinkommen.

"Das Logion beschreibt eine frontale Einzelheit des großen Ereignisses, das die
neutestamentlichen Schriften das Kommen des Menschensohns nennen. Aus der
verborgenen Sicht ist dieses Kommen (Parusie) die Bewusstwerdung der Gegenwart
des inneren Christus, der bisher wie ein bloßes Samenkorn verborgen war, nun aber,
nachdem die dem Kreuz zugewiesene Grenze überschritten ist, durch Anbetung oder
beharrliche Betrachtung offenbar wird. Es ist ganz natürlich, dass die
Bewusstwerdung des Menschensohns immer in der Nacht stattfindet, denn es gibt
kein Licht, sondern nur Dunkelheit, die Nacht der Seele, bevor wir den Tag des
Sohnes empfangen. Deshalb wurde gesagt, dass der Tag des Herrn kommen wird wie
ein Dieb in der Nacht. Der Segen im Sinne des Logions besteht nicht darin, dass die
Räuber nicht eindringen, denn es kommt darauf an, zu wissen, dass sie kommen -
darum geht es im Glauben -, sondern darin, zu wachen, damit sie, wenn sie kommen,
nicht wie ein gewöhnlicher Einbrecher durch einen Nebeneingang eindringen,
sondern durch das Haupttor, das weit geöffnet ist, wie es dem wahren Christus, dem
Guten Hirten, gebührt. Alle Erwähnungen des Evangeliums über den Dieb, der bei
Nacht kommt, oder über die klugen jungfräulichen Seelen, die mit ihren reichlich mit
Öl gefüllten Krügen dem Bräutigam mit der Lampe in der Hand entgegenkommen,
dienen dazu, gleichnishaft einige der Hauptlinien jenes unvergleichlichen,
einzigartigen und endgültigen Ereignisses aufzuzeigen, der Wiedervereinigung des
Bewusstseins mit dem wahren Sein, der reinen, unvergänglichen, absoluten,
untrennbaren Essenz dessen, was man ist. Sicherlich verstand Jesus, dass zu seiner
Zeit als der offenbarte Christus Dinge offenbart werden mussten, die seit Anbeginn
der Welt verborgen waren. Doch obwohl dies zweifellos das Ziel war, das ihm am
meisten am Herzen lag und für das er jeden Augenblick seines Lebens zu einer Lehre
machte, erklärte er, wenn er seinen Mund öffnete, um diese Geheimnisse, die er
offenbaren wollte, diese in Gleichnissen. Das Gleichnis ist eine Art, den Mythos zu
benutzen, um zu erzählen, was verborgen war, aber Mythos und Realität sind so
miteinander verwoben, dass es unmöglich ist zu wissen, wo das eine aufhört und das
andere anfängt. Es ist nicht leicht, sicher zu sein, dass die Realität, von der jetzt
erzählt wird, nicht doch noch einen Rest von mythischer Verborgenheit enthält.
Versuche, das Gleichnis für die Offenbarung zu öffnen, werden immer
unvollkommen sein. Wenn Jesus im Evangelium sagt: Bleibt wach, denn ihr kennt
den Tag nicht, an dem euer Meister kommt, öffnet er seinen Mund, um ein Gleichnis
zu sprechen, das in mehrere verschiedene Richtungen weist, denn der Herr, der
innere, ewige Christus, ist das Selbst, der Herr unseres Hauses, unser eigentliches
Wesen, das wirkliche Ich, das wir sind; und wenn er sagt, ihr kennt den Tag nicht, an
dem er kommen wird, warnt er uns, dass der Mensch nicht weiß, was die
vollkommene, leuchtende, innere Wahrnehmung - der Tag - ist. Es ist identisch mit
dem Akt des Erkennens, oder besser, des Erkennens des wahren Selbst, des Seins,
und wenn er sagt, bleibt wach, dann verlangt er nicht, dass wir den Schlaf abschaffen,
sondern dass wir wachsam über alle Ereignisse wachen, die in der Seele auftauchen.

236
Diese Ereignisse und Entscheidungen der Seele müssen entlarvt und als das entdeckt
werden, was sie sind, nämlich ihr fremde Anhängsel, die wir aber für die Seele selbst
halten, während sie sie jedoch nur verunreinigen. Und wenn er sagt: "Bleibt wach",
dann deshalb, weil Jesus weiß, dass, wenn diese Anhängsel aufhören, dies das Ende
ist; wenn sie alle als das erkannt werden, was sie sind, nämlich Anhängsel, dann
entsteht die reine, durchscheinende Kontemplation des Seins, denn dies ist der Tag
des Selbst im neu gefundenen Frieden der Seele. Wenn das Evangelium sagt, ihr sollt
eure Lichter brennen lassen, spricht es in Gleichnissen; und wenn der Logion sagt, ihr
sollt eure Lenden umgürten, bezieht sich Jesus durch das Licht oder die Sammlung
der Kräfte auf die Manifestation des Geistes Gottes, der sich im Bewusstsein des
Menschen niederlässt wie ein Heiligenschein oder eine Krone um das Haupt, die sich
in Gold verwandelt. Das ist es, was geschieht, wenn der Mensch die Salbung
empfängt und die geistigen Lehren der Erkenntnis und der Einheit heiratet, denn es
liegt in der Natur der Mischung des Öls der Salbung, dass es sich über den ganzen
Menschen ausbreitet. Die Lenden zu umgürten ist gleichbedeutend mit Wachsamkeit,
und in mehreren neutestamentlichen Schriften wird erklärt, dass das Kommen des
Herrn wie ein Dieb, der ins Haus einbricht, diejenigen überraschen wird, die nicht auf
der Hut sind; während im Gegenteil Segnungen auf diejenigen warten, die, wenn sie
es sehen, den herrlichen Einbruch des Herrn in ihre Nacht ankündigen, die so zum
Tag wird." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

104. Man sagte zu ihm: Komm, lass uns heute beten und fasten. Jesus
antwortete: Welches ist denn die Sünde, die ich begangen habe, oder worin bin
ich in Not geraten? Sondern es kommt doch der Bräutigam aus dem Braut
gemacht, da soll niemand fasten und beten.

"Hier sprechen die Logien des Thomas-Evangeliums zum dritten Mal von Fasten und
Gebet. Bei dieser Gelegenheit fordern die Jünger Jesus auf, zwei der drei wichtigsten
Praktiken der Gerechtigkeit nach dem Gesetz zu erfüllen; aber die Jünger sprechen
von diesen Praktiken in ihrem offensichtlichen Sinn, während Jesus ihnen im Sinne
des verborgenen Sinns antwortet, der eine Interpretation im Geiste erfordert. Das
Fasten, von dem Jesus spricht, ist die Entbehrung des Brotes des Lebens, das in der
Sprache Jesu die Sünde bedeutet, d. h., dass man als unzulänglich befunden wird,
dass man die Ganzheit nicht kennt. In ihrem verborgenen Sinn ist die Sünde das
Gegenteil der Gerechtigkeit, gegensätzlich wie die Dunkelheit und das Licht. Eine
Seele, die ihre Essenz nicht gefunden hat und nicht mit ihrem wahren Wesen eins
geworden ist, ist eine Seele, die den Tod nicht durchgemacht hat, jenen Tod, der darin
besteht, die äußere Schale abzulegen, mit der sie sich geschützt und mit der sie sich
identifiziert hat; eine Seele, die das Korn nicht kennt und die folglich nicht die
Nahrung des Lebens empfangen kann, die der Vater bei ihrer Geburt in sie gesät hat.
Deshalb fastet diese Seele, nicht aus Gerechtigkeit, sondern wegen der Sünde. Doch
wenn die Seele durch die Reinigung von der Spreu und die Erkenntnis des Korns den
Bräutigam entdeckt, der in ihrem eigenen Haus wohnt, wird das gemeinsame Haus
der beiden zum Brautgemach, in dem die Braut (die Seele) und der Bräutigam (der
Geist) nicht mehr zwei sind, sondern ein Fleisch werden.

237
Dies ist das Geheimnis, das es zu erkennen gilt, das Geheimnis der Ganzheit, der
Einheit (des Bewusstseins), die man in sich selbst erreichen muss. Nach der Heiligen
Schrift schuf Gott den Menschen männlich und weiblich, aber das bedeutet nicht,
dass er einige Menschen männlich und andere weiblich schuf, wie die offensichtliche
Interpretation es vorsieht (denn das kam erst später), sondern dass der Mensch, die
Spezies, die Gott nach seinem Bild schuf, sowohl männlich als auch weiblich war.
Was die Schrift damit meint, ist, dass es in jedem Menschen, in jedem einzelnen
Bewusstsein, eine Konfiguration der Dualität gibt, in der sich der Geist (die Essenz,
das Selbst) in den Wassern der Seele spiegelt; und diese Spiegelung bewirkt, dass das
Bewusstsein sich selbst für den wechselnden Schein hält, der sich in diesen Wassern
spiegelt. Dieser psychisch-spirituelle Mensch wird der göttliche Zwitter genannt,
denn in ihm entsteht immer die scheinbare Dualität des Betrachters, dessen Blick
vom Atem seiner selbst - dem wahren Sein - ausgeht, und des Bildes, das in den
bebenden Wassern der Seele gesehen wird. All dies sagte Jesus im Evangelium: Was
Gott geeint hat, darf der Mensch nicht trennen. Die Seele (die Frau) verwirklicht sich
im Mann (dem Geist), und diese Vollendung besteht darin, dass die Seele mit ihrem
Wesen eins wird, in einer Einheit, die nur in der Einheit des Geistes entstehen kann,
die immer eine unterschwellige Präsenz ohne einschränkende Grenzen ist. Deshalb
sagt der Apostel: Jeder, der mit dem Herrn verbunden ist, ist ein Geist mit ihm. Dies
erklärt die überraschende Diskussion über das Fasten zwischen den Jüngern des
Johannes und denen Jesu, wie sie in den synoptischen Evangelien berichtet wird. Die
ersteren kannten keinen Bräutigam und waren auf die begrenzte sterbliche Sphäre des
psychischen Bewusstseins beschränkt, während Johannes, dessen Stimme kurz zuvor
in der Wüste gehört worden war und der seine Einsamkeit hinausschrie, gerade erst
das ewige, unsterbliche, präexistente Lamm Gottes (den Geist) entdeckt hatte. Aus
diesem Grund fasteten die Jünger (Anhänger) des Johannes. Die Jünger Jesu, die von
ihrem Meister ständig eingeladen wurden, ihre eigene heilige Hochzeit zu feiern,
hatten keinen Grund zu fasten. Sie sollten das Brot des Lebens essen, das Brot der
Salbung durch den Geist, den der Bräutigam über sie ausgoss. Der Bräutigam war bei
ihnen, und das wussten sie. Deshalb hatte Jesus recht, als er sagte, Fasten bedeute,
sich selbst Sünde zuzuschreiben, während es ihm nie an etwas gefehlt hatte.

Vom Gebet sagt Jesus nun, dass es einem Eingeständnis der Niederlage gleichkommt,
so wie er in Logion 14 gesagt hatte: Wenn ihr betet, werdet ihr verdammt werden.
Einerseits ist das Gebet ein Vorgang, bei dem Vertrauen und Hingabe für Antworten
einer bestimmten Reihenfolge gewährt werden. Dies ist natürlich nur die erste Ebene
des Gebets, aber es ist dennoch offensichtlich, dass es mehr in der Welt gibt als die
sichtbare Einheit, die wir wahrnehmen, und dass dies eine Hülle ist, hinter der sich
etwas Unsichtbares und Heiliges verbirgt. Bittet und es wird euch gegeben werden,
mit all dem Glauben, den dies impliziert, kann das Gebet nicht als eine Bitte um
psychisch-physische Güter ausgedrückt werden, sondern als ein Ruf nach Energie,
Mut und Wissen, mit dem die Spreu verbrannt werden kann, mit der die Identifikation
die wahren Konturen der Seele verdunkelt. Von einem solchen Gebet, einem Gebet,
das den Heiligen Geist anruft, hat Jesus gesprochen, als er sagte: Gib uns heute unser
tägliches Brot, ein Gebet, das um so mehr der Absicht Jesu entspricht,

238
als es unser Bedürfnis nach dem Brot des Lebens zum Ausdruck bringt, das heißt
nach der Ausgießung der Erkenntnis Gottes, die der Geist auf seinen Flügeln trägt. Da
es darum geht, uns von der Spreu zu befreien, die unsere Seele erstickt, stellt das
Brot, um das wir beten, die Verurteilung der Spreu dar, und das ist es, was Logion 14
meint, wenn es heißt: Wenn du betest, wirst du verdammt werden. Das, was
verdammt werden soll, ist das psychologische Ego, dem die vom Widersacher Gottes
auferlegten Grenzen der Individualisierung so reichlich dienen; doch hinter dieser
Verurteilung leuchtet immer das gesegnete Licht des reinen Herzens, das Licht, das
unseren Blick auf das Ufer des Unsichtbaren öffnet. Vom Flug der Taube, in deren
Flügeln sich das Leben des Geistes Gottes herabsenkt, bis zu der Weisheit, die der
Geist in unser Bewusstsein destilliert, wenn er sich mit unserem Geist vereint, ist es
ein langer Weg, ein Weg, der männlich und weiblich dazu führt, ein Fleisch zu sein
im Gesalbten des Herrn, der einzigen Frucht des Samens. Das ist eine höhere Art des
Gebets: das Gebet zum Vater, der im Verborgenen sieht und weiß, was die Seele
braucht, bevor sie bittet; das Gebet, das entsteht, weil der Glaube dem Reich des
Lichts bis zur Vereinigung vertraut hat; das Gebet, in dem der Gesalbte des Herrn, der
mit dem Vater, der in ihm Wohnung genommen hat, eins geworden ist, sich wie reine
Liebe ausbreitet, ohne Form und ohne Gegenstand. Aus seiner völligen Einheit mit
dem Vater heraus ist das, was Jesus Gebet nennt, nicht jenes äußere Gebet, zu dem
ihn seine Jünger aufrufen, das immer einen Anbeter einschließen muss, der durch die
engen Mauern, die sein psychologisches Ego errichtet hat, gefangen ist. Das Gebet ist
immer ein Akt der Dualität, denn der Betende ist von dem Gott getrennt, mit dem er
sich zu vereinen hofft. Es ist ein Akt, der aus dem Schmerz der Einsamkeit geboren
wird. Deshalb sagt Jesus, dass das Gebet, die Form des Gebets, die sie von ihm
verlangen, die Niederlage des Christus bedeutet, der die Einheit kennt. Jesus, der
Lebendige, weiß sehr wohl, dass das wahre Gebet darin besteht, mit dem Vater eins
zu sein und von der einen ewigen Residenz des Geistes aus, die ihnen gemeinsam ist,
unaufhörlich die Nicht-Dualität von Vater und Sohn zu betrachten. Sowohl das Fasten
als auch das Gebet, zu dem sie aufrufen, gehören zur manifesten Ordnung und sind
für diejenigen geeignet, die in einer der Formen der Dualität leben. Deshalb bittet
Jesus sie ohne jede abwertende Absicht, sondern aus einem Gefühl der größten
Solidarität heraus, dieses Fasten und dieses Gebet zu praktizieren."
(https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

105. Jesus sprach: Wer den wahren Vater und die wahre Mutter kennt, wird von
der Welt "Sohn der Hure" genannt werden.

Die „Hure“, von der in diesem Logion die Rede ist, ist Maria Magdalena, die von der
katholischen Kirche zur Hure gemacht wurde, von der in anderen gnostischen
Schriften aber gesagt wird, dass sie Yahshuas (ewige) Gemahlin war (ist). Die wahre
Mutter ist, wie bereits erwähnt, der Heilige Geist, die Heilige Weisheit, die vor allem
anderen erschaffen wurde, und aus deren Mutterschoß alles aus dem Samen des
Vaters hervorgebracht wurde. Das Mysterium der Maria Magdalena wird von der
Kirche wie fast alles nur in seiner offenbaren Bedeutung ausgelegt, während die
eigentliche, verborgene Bedeutung unter den Teppich gekehrt wird.

239
Im Philippus-Evangelium wird gesagt, dass seine Mutter Maria, seine Schwester und
Magdalena, die als seine Gefährtin (Gemahlin) bezeichnet wird, eine Maria waren
und sind. Diese eine Maria ist der Heilige Geist. Seine Mutter ist sie, weil sie zu allen
Zeiten die Söhne des Sohnes des Menschen hervorgebracht hat; seine Schwester ist
sie, weil, wie wir in der Exegese der Seele gelesen haben, der ewige innewohnende
Christus der Bräutigam und Bruder der gereinigten Seele ist, die mit dem Leben
spendenden Geist verschmilzt und so selbst zu ihm wird; und seine Gefährtin Maria
Magdalena aus Fleisch und Blut, mit der er sich in Kana vermählt hat, war ebenfalls
eine der Seelen, die mit dem Heiligen Geist verschmolz und zu ihm wurde. In der
Heiligen Megillah, der „Nasarean Bible of the Essene Way“, ist sogar die Rede vom
Lord Christ, Yahshua, und der Lady Christ, Miriam von Magdala. Die Mutter
Yahshuas, die Maria Gottes, ist also die Gemeinde Gottes, die aus allen Jungfrauen
(gereinigten Seelen) aller Zeiten besteht, die (vom heiligen Geist) schwanger wurden,
und gebaren (Söhne des Sohnes des Menschen / Gottes hervorbrachten). Im
Philippus-Evangelium lesen wir: "Etliche haben gesagt, Maria hätte (nach irdischer
Art) empfangen vom Heiligen Geist. Sie irren und wissen nicht, was sie reden. Wann
hat je ein (irdisches) Weib von einem Weib empfangen? Maria ist die Jungfrau (die
Seele), die von keiner (irdischen) Macht je befleckt wurde. Sie ist ein großes,
unantastbares Heiligtum für die Juden, das heißt die Apostel und die Apostelschüler.
Diese Jungfrau, die die Mächte unter dem Himmel nicht befleckt haben, ist rein
geblieben, während die Mächte sich nur selbst befleckt haben." Die vom Heiligen
Geist gereinigte Seele, die selbst eins mit dem Heiligen Geist geworden ist, kann
nicht mehr durch die irdischen Kräfte – den Widersacher und seine Schergen –
befleckt werden, denn der Geist, der in ihnen ist, ist stärker als der, der in der Welt ist.
Dadurch beflecken die irdischen Mächte – denn die sieben Himmel, in denen der
Demiurg mit seinen Archonten wohnt, gehören ebenfalls zur Erde und nicht zum
Pleroma – sich nur selbst, denn alles kommt auf denjenigen zurück, der Böses im
Schilde führt und tut, denn dies ist das ewige Gesetz von Saat und Ernte. Im EHGOC
spricht Yahshua ebenfalls über die Maria Gottes, seine Mutter, Maria, seine
Schwester, die geheiligte Seele, und Maria Magdalena, seine Gemahlin. "Ich sage
noch einmal zu denen, die Ohren haben, hört und versteht: Ich und meine Braut sind
eins, so wie Maria Magdalena, die ich mir ausgewählt und mir geheiligt habe, eins
mit mir ist: Ich und meine Gemeinde sind eins. Sie sind die Auserwählten der
Menschheit, um alle zu retten. Die Versammlung des Erstgeborenen ist die Maria
Gottes. So spricht der Ewige Geist: Sie ist Meine Mutter und hat mich gezeugt und
als Sohn in jedem Alter und Leben hervorgebracht. Sie ist Meine Braut, immer eins
in der heiligen Union mit Mir, ihrem Gatten. Sie ist Meine Tochter, denn sie ist
immer von Mir, ihrem Vater, ausgegangen und hat sich in Mir gefreut. Ja, diese
beiden Dreiheiten sind eins im Ewigen und werden in jedem Mann und jeder Frau,
die vollkommen gemacht werden, zum Ausdruck gebracht, um seit jeher von Gott
geboren zu sein und sich in seinem Licht zu freuen, um seit jeher aufzufahren und mit
Gott vereint zu sein, um seit jeher zu empfangen und Gott zum Heil der Vielen
hervorzubringen." Die Maria, die Jungfrau, die vom Heiligen Geist schwanger wird
und gebiert, ist also die gereinigte, jungfräuliche Seele, die vom Heiligen Geist
gesalbt wird und somit zur Maria Gottes, der Mutter und Gemeinde Yahshuas gehört.

240
In Matthäus 12:46-50 lesen wir dazu ebenfalls folgendes: "Als er aber noch zu den
Volksmengen redete, siehe, da standen seine Mutter und seine Brüder draußen und
suchten ihn zu sprechen. Und es sprach einer zu ihm: Siehe, deine Mutter und deine
Brüder stehen draußen und suchen dich zu sprechen. Er aber antwortete und sprach
zu dem, der es ihm sagte: Wer ist meine Mutter, und wer sind meine Brüder? Und er
streckte seine Hand aus über seine Jünger und sprach: Siehe da, meine Mutter und
meine Brüder! Denn wer den Willen meines Vaters tut, der in den Himmeln ist, der ist
mein Bruder und meine Schwester und meine Mutter." Christus hat sich den
Menschen als Mensch offenbart, den Engeln als Engel usw., sodass sein wahres
Wesen, das Wort / der Logos, vor ihnen verborgen blieb. Er hat alle Mysterien - die
Taufe (die Empfängnis des heiligen Geistes), die Salbung zum Christus (durch Maria
Magdalena, seiner ewigen Gemahlin, der jungfräulichen Seele, dem heiligen Geist,
siehe Markus 14:8, Lukas 7:46) und die Hochzeit im Brautgemach (die Hochzeit in
Kana mit seiner ewigen Gemahlin Maria Magdalena) - auf der Erde als Abbild der
wahren, himmlischen, unvergänglichen Dinge, als Sinnbilder dargestellt, um sich
selbst seine Herrlichkeit und sein wahrhaftiges Fleisch, die er beim Vater hatte,
wiederzunehmen und den Menschen den einzigen Erlösungsweg aufzuzeigen. Über
Maria Magdalena haben wir gerade gelesen: "Ich und meine Braut sind eins, so wie
Maria Magdalena, die ich mir ausgewählt und mir geheiligt habe, eins mit mir ist: Ich
und meine Gemeinde sind eins." Im Philippus-Evangelium heißt es, wie bereits
weiter oben erklärt: "Drei Frauen wandelten stets mit dem Herrn: seine Mutter Maria,
seine Schwester und Magdalena, die als seine Gefährtin (Gemahlin) bezeichnet wird.
Denn sowohl seine Mutter, als auch seine Schwester, als auch seine Gefährtin
(Gemahlin) waren eine Maria." Und weiter: "Die Weisheit, die man die Unfruchtbare
(in Bezug auf Vergängliches) nennt, ist die Mutter der Engel und die Gefährtin
(Gemahlin) Christi. Als solche heißt sie Maria Magdalena. Der Herr liebte Maria
mehr als die anderen Jünger und küsste sie oft auf den Mund. Die übrigen Jünger
aber fühlten sich zurückgesetzt und murrten. Sie sprachen zu ihm: Weshalb liebst du
sie mehr als uns alle? Und er antwortete: Weshalb ich euch nicht so liebe wie sie? Ein
Blinder und ein Sehender, die beide in der Finsternis sind, sind nicht verschieden
voneinander. Wenn aber das Licht kommt, sieht der Sehende das Licht, der Blinde
jedoch bleibt in der Finsternis." Damit sagt Yahshua, dass nur ein Blinder seine
(ewige) Gemahlin Maria, das Licht, den Heiligen Geist, nicht erkennt, in der
Finsternis bleibt und daher fragt, warum Yahshua sie mehr liebt als ihn. In meinem
Buch „Werde Christus“ habe ich bereits erklärt, warum dies durch die katholische
Kirche geschah, deswegen werde ich die dort verfasste Erklärung hier auch noch
einmal in denselben Worten wiedergeben: Auch was das Mysterium der Inkarnation
von Miriam von Magdala betrifft - oder Maria Magdalena, der gereinigten und
jungfräulichen Seele, des weiblichen Göttlichen, des Heiligen Geistes, der ewigen
Gemahlin Yahshuas, des Logos, durch deren Vereinigung alles Sichtbare und
Unsichtbare geschaffen wurde - hat die katholische Kirche auch dies ausradiert,
unterdrückt und verschwiegen. Sie wurde zu einer Hure, einer Prostituierten
degradiert und ihre wahre Bedeutung und Relevanz ihrer Beziehung verschwiegen.
Denn wie auch andere Schriften belegen, war sie Yahshuas ewige Gemahlin, und die
Hochzeit in Kana war ein Abbild der ewigen himmlischen Hochzeit dieser beiden,

241
dem Heiligen Logos und dem Heiligen Geist. Im Thomas-Evangelium, der Pistis
Sophia, dem Evangelium der Maria Magdalena (Nag Hammadi) und anderen
Schriften ist zu lesen, dass Petrus, auf dessen Autorität die katholische Kirche ihre
eigene begründet, das Göttliche Weibliche und somit auch Maria Magdalena
abgelehnt hat. Yahshua sagte aber: "Ich sage euch wahrlich, jeder, der Meine Ewige
Gemahlin ablehnt, ist weit entfernt von mir! Denn Miriam ist meine ewige Gemahlin
und wird bald auch in dieser Welt Meine Ehefrau sein! Denn siehe: in Kana will ich
Miriam heiraten! Wer sie ablehnt, der lehnt auch mich ab! Denn Miriam und ich sind
eins in YAH, verbunden in Liebe. Unsere Jünger wohnen in Uns, und Wir in ihnen,
gebunden in Liebe in YAH, bereitwillig, zur Erbauung aller." Nach der Kreuzigung
weigerte sich Petrus, der vom Herrn ernannten Nachfolgerin Maria Magdalena zu
folgen, weil sie eine Frau war. Darüber hinaus war Petrus offenbar - wie in der
Heiligen Megillah offenbart - nie ein wahrer Anhänger Yahshuas, obwohl er
behauptete, sein Nachfolger zu sein. Tatsächlich enthüllt die Heilige Megillah, dass
Petrus heimlich Teil der Verschwörung war, Yahshua kreuzigen zu lassen. Petrus
brachte die erste Spaltung zu dem ursprünglichen nasareanischen Christentum, er
übernahm zwar einige ihrer Lehren, wie z.B. die Ablehnung der Tieropfer und die
daraus resultierende vegetarische/vegane Ernährung, er verwarf jedoch das Göttliche
Weibliche und gründete das ebionitische Christentum. Den Heiligen Logos gibt es
jedoch nicht ohne den Heiligen Geist und umgekehrt, denn diese sind seit Anbeginn
im himmlischen Brautgemach von Ewigkeit zu Ewigkeit miteinander vereint. Alle,
die die Taufe bekommen, aber das Geheimnis der Taufe, nämlich die Empfängnis des
Heiligen Geistes, nicht erfahren, empfangen gar nichts durch die Taufe. Denn wenn
sie es getan hätten, würden sie sicherlich wissen, wer Maria Magdalena ist, da sie der
Heilige Geist war. Auch der letzte Satz dieses Abschnittes aus dem Philippus-
Evangelium, nachdem Yahshua gefragt wurde, warum er Maria Magdalena mehr liebt
als alle anderen, macht deutlich, dass nur die Sehenden das Licht, also den Heiligen
Geist im Form von Maria Magdalena, erkennen konnten, die Blinden jedoch in der
Finsternis blieben. Yahshuas Beziehung zu Maria Magdalena ist die einer Ehe; aber
nicht nur im traditionellen, sondern auch im kosmischen Sinne. Ein Grund, neben der
Ablehnung der Tempelopfer und auch des Pentateuch (die 5 Bücher Mose) und
anderer Schriften, warum die Essener bei den restlichen Juden, die hauptsächlich aus
den anderen beiden Gruppen der Pharisäer und Sadduzäer bestanden, so verhasst
waren, ist der, dass sie nicht die Frau und das Göttliche Weibliche leugneten und
unterdrückten, sondern bei ihnen gab es auch weibliche Priesterinnen, wie auch
Maria Magdalena selbst eine war, und sie hatten ihre eigenen Schriften - die Heilige
Megillah. Wir lesen in Lawrence Gardiners Buch „Bloodline of the Holy Grail“: "Es
ist auch eine Tatsache, dass parallel zur frühen Verehrung für Maria Magdalena ein
Kult [dieses Wort bedeutet hier einfach „mysteriöse Sekte“] bekannt als „Kult / Sekte
der Schwarzen Madonna“, in Ferrieres im Jahr 44 n. Chr. Entstanden ist. Unter den
vielen noch existierenden Darstellungen der Schwarzen Madonna ist eine der
schönsten Statuen in Verviers, Lüttich, ausgestellt: Sie ist ganz schwarz (Maria
Magdalena war eine Äthiopierin von schwarzer Hautfarbe), mit goldenem Zepter und
Krone, überragt von Sophias Sternenkranz. Ihr Kleinkind trägt auch eine goldene
Königskrone. Inzwischen sind weltweit rund 450 Darstellungen entdeckt worden.

242
Das Bild der Schwarzen Madonna und ihres Kindes stellt die Kirche vor ein ständiges
Dilemma – insbesondere die Statuen in bemerkenswerten Kirchen und Schreinen in
Kontinentaleuropa. Teilweise sind sie überall schwarz, aber viele haben nur schwarze
Gesichter, Hände und Füße. Es handelt sich dabei nicht um Verfärbungen, wie einige
verstörte Kleriker behauptet haben. Einige wurden in blassen Hauttönen übermalt,
um der Standard-Madonna-Darstellung zu entsprechen; einige wurden einfach ganz
aus dem Blick der Öffentlichkeit entfernt. Die Schwarze Madonna steht damit
stellvertretend für die Magdalena. Der langjährige Magdalenen-Kult wurde in der Tat
besonders mit den Orten der Schwarzen Madonna in Verbindung gebracht… Sophia
[Heiliger Geist der göttlichen weiblichen Weisheit] wurde als der Heilige Geist in
Königin Maria Magdalena inkarniert… Laut "The Holy Megillah: Nasarean Bible of
The Essene Way" floh Miriam, wie mit Yahshua vor seinem Tod geplant, nach
Gallien (Frankreich) schwanger mit seinem Kind, einem Jungen namens Gebiyah
(Gebiyah ist das Nasarean-hebräische Wort für Kelch). In Frankreich entstand die
Legende der Schwarzen Madonna, und in Frankreich verbinden Artefakte und
Textreferenzen die Schwarze Madonna mit Magdalena und verbinden ihre Ehe mit
Yahshua mit einem Baby, das als „Das Heilige Gralskind“ bekannt ist. Das Kind
Gebiya – Sohn von Lord Christ Yahshua und Lady Christ Miriam – war der Heilige
Kelch, der das Blut Christi in seinen Adern hielt. Die Heilige Megillah beinhaltet
Lehren von Gebiya, die er als Erwachsener gegeben hat, sie enthält auch andere
eigene Bücher der meisten Propheten wie z.B. Moses und Jesaja uvm., eine eigene
Genesis (Schöpfungsgeschichte) und auch ein eigenes Evangelium. Die Megillah ist
in Englisch erhältich auf www.essene.org. (Youtube-Kanal: Essene Church of Christ).
Im Panarion, dem Buch des damaligen Ketzerbeauftragten der katholischen Kirche,
ist überliefert, dass es Urchristen gab, die den Pentateuch verwarfen und ihre eigenen
Schriften hatten. Daher ist die Megillah möglicherweise wichtiger als die Funde in
Qumran und Nag Hammadi zusammen. Der Reise Maria Magdalenas und ihrer
Gefährten nach Frankreich wird in verschiedenen Formen der frühen französischen
Kunst gedacht. Gardiner schreibt: "Das wichtigste Beispiel… ist vielleicht das, was
in der Kirche Les Saintes Maries im 9. Jahrhundert ausgestellt wurde: Ein Gemälde
von Henri de Guadermaris. Es zeigt Marias Ankunft in einem Boot vor der Küste der
Provence. Ein weiteres berühmtes Bild auf ähnlichem Linien ist „The Sea Voyage“
von Lukas Moser." Ohne jeden Zweifel wurde der Tatsache, dass Maria Magdalena
und ihr Gralskind mit dem Boot nach Frankreich kamen, von den Franzosen/Galliern
offensichtlich lange bevor die katholische Kirche versuchte, dies zu vertuschen,
gedacht. Nach der Vertuschung versuchte offenbar ein unbekannter Demonstrant, die
Menschen an die Wahrheit zu erinnern. Die katholische Kirche erkannte, dass der
Glaube an das göttliche Weibliche in einigen heidnischen Ländern, die sie eroberten,
so stark war, dass sie eine Art Ersatz für die heidnischen Göttinnen bereitstellen
mussten. So machten sie die Mutter Jesu, Maria, zu einem Objekt der Andacht. Dafür
gab es zwei Gründe: 1. Sie konnten eine verehrte weibliche Figur bereitstellen, ohne
die Existenz einer Göttin anerkennen zu müssen (so konnten Gott und die gesamte
Dreifaltigkeit ausschließlich männlich bleiben). 2. Indem sie den Fokus der Hingabe
weg von der Magdalena hin zu Mutter Maria verlagerten, konnten sie die Tatsache
besser verbergen, dass Yahshua eine Frau hatte, die eine Priesterin war.

243
Die katholische Kirche verbietet, wie auch im Judaismus, Frauen den Eintritt ins
Priesteramt und verlangt, dass Priester unverheiratet sind; Wenn also bekannt wäre,
dass Yahshuas Frau eine nasareanische Priesterin war, wäre es schwer, ihre Anti-
Priesterinnen- und Anti-Ehe-Regeln zu rechtfertigen. Wer der wahre Vater und die
wahre Mutter sind, wurde außerdem auch schon Logion 101 erklärt. Da der
Kommentar des Autors auf m.E. nur das wiederholt, was bereits mehrfach von ihm
gesagt und ausführlichst erklärt wurde, und sich nicht wirklich auf die Aussage des
Logions bezieht, habe ich ihn weggelassen.

106. Jesus sprach: Wenn ihr die zwei zu einem macht, werdet ihr Söhne des
Menschen werden. Und wenn ihr dann sagt: Berg, hebe dich hinweg, wird er
sich hinwegheben.

Was die zwei sind, die zu einem gemacht werden sollen und müssen, sollte jeder, der
das Buch aufmerksam gelesen hat, mittlerweile sicher und wie aus der Pistole
geschossen beantworten können: Es sind die Seele und der Geist, wobei die Seele
vom Geist assimiliert wird, wenn sie ihn als ihren wahren Bräutigam und ihr wahres
Wesen erkennt, und sich mit ihm verbindet. Denn wie im Philippus-Evangelium
beschrieben: "Es ist mit der Wahrheit nicht so wie auf der Welt, wo der Mensch die
Sonne sieht, ohne selbst die Sonne zu sein, wo er den Himmel sieht, die Erde und
alles Übrige, ohne selbst Himmel, Erde und dergleichen zu sein. Sondern im Reich
der Wahrheit siehst du etwas von ihr und wirst selbst zu ihr. Du siehst den Geist und
wirst selbst zu Geist. Du siehst Christus: Du wirst Christus. Du siehst den Vater: Du
wirst zum Vater. Hier auf dieser Welt also siehst du alle Dinge, siehst aber dich selbst
nicht. In der anderen Welt jedoch siehst du dich selbst. Denn was du dort siehst, das
wirst du selbst." Der Berg, den Yahshua hier anspricht, ist natürlich kein natürlicher
physischer Berg, sondern der Berg, der zwischen ihr, der Seele, und dem Vater-
Mutter stand, und ihn verbarg, so wie der Schleier, der erst gelüftet werden muss,
sodass die Seele ihren wahren Bräutigam erkennt. Dies geschieht durch Wasser und
Licht, die zusammen als Spiegel dazu dienen, dass sich die Seele selbst erkennen
kann, wie im Philippus-Evangelium beschrieben: "Durch den Heiligen Geist werden
wir wiedergeboren. Geboren aber werden wir durch Christus. In beiden Vorgängen
werden wir gesalbt vom Geist. Indem wir geboren werden, werden wir wieder (mit
Gott) vereinigt. Niemand kann sich ohne Licht selbst sehen, weder im Wasser noch
im Spiegel. Andererseits sieht man auch im Licht nichts ohne Wasser und Spiegel.
Daher ist es notwendig, mit beidem getauft zu werden: mit Licht und mit Wasser. Das
Licht, aber ist die Salbung." Der Tempel in Jerusalem hatte eine symbolische
Bedeutung, nämlich die Einswerdung von Seele und Geist. Der Tempel selbst war das
Heiligtum, dann gab es das Heilige des Heiligen, wie es im Philippus-Evangelium
genannt wird, und das Heilige der Heiligen, das Allerheiligste. Der wahre Tempel ist
jedoch der Mensch selbst, in dem der Geist Gottes wohnt, in ungeoffenbarter oder in
offenbarter Form. So sagt Yahshua im EHGOC: "Denn der wahre Tempel ist der
Körper des Menschen, in dem der wahre Gott durch seinen Geist wohnt, denn wenn
dieser Tempel zerstört wird, wird Gott in drei Tagen einen herrlicheren Tempel
erheben, den das Auge des natürlichen Menschen nicht wahrnehmen kann.

244
Wisst ihr nicht, dass ihr die lebendigen Tempel des Heiligen Geistes seid? Und wer
einen dieser Tempel zerstört, der soll selbst zerstört werden!" Der physische Tempel
ist Teil des Reichs der Erde und Eins mit ihr und repräsentiert die untersten Ebenen
unseres Bewusstseins, während die Seele Teil der sieben Himmel sind, die ebenfalls
vergänglich sind, und solange Eins mit ihnen ist, bis sie Eins mit dem Leben
spendenden Geist geworden ist, und somit den Tod überwunden hat. Die sieben
Himmel repräsentieren also die höheren Ebenen unseres Bewusstsein, die
durchlaufen und schließlich überschritten werden müssen, bis das Bewusstsein in die
Geistebene des Christusbewusstseins gelangt. Denn der Geist ist das Leben selbst,
ohne Anfang und ohne Ende, der Erste und der Letzte, das Alpha und das Omega.
Wir wissen auch, dass die Seele und der Geist im selben Haus, dem Menschen
wohnen. Das Heilige des Heiligen stellt die Seele dar, in deren selben Haus in
ungeoffenbarter Form der Geist Gottes, seine Gegenwart, wohnte. Diese war durch
einen Vorhang getrennt und durfte nur einmal im Jahr von einer einzigen Person, dem
Hohepriester, betreten werden. Das Allerheiligste war ein fensterloser, dunkler Raum
im Heiligtum des Zeltes/Tempels. Es galt als Wohnung Gottes und war damit der Ort
seiner unsichtbaren Gegenwart. Im Allerheiligsten stand die Lade mit den
Gesetzestafeln, darauf die Deckplatte mit den zwei Cheruben (2. Mose/Exodus 25).
Das Allerheiligste war durch einen schweren Vorhang vom Heiligtum der
Tempelhalle abgetrennt und wurde nur am Versöhnungstag vom Hohepriester
betreten (3. Mose 16:11), um die Sühnehandlung zu vollziehen, die das Volk von
Schuld befreit. Der Vorhang, der innere Schleier, der die Seele von der Gegenwart
Gottes, dem Geist, trennt, kann nur durch die Einswerdung der Seele mit dem Geist
aufgehoben werden, das ist das Kommen des Christus, die innere Parusie, der
Moment, wenn die Nacht zum Tag, d.h. die Finsternis zu Licht wird. Wenn alle
Hindernisse, Täuschungen, Illusionen und alle Finsternis durch die Einswerdung der
Seele mit dem Geist, unserem wahren und unsterblichen Wesen, zunichte gemacht
wurden, kann uns nichts mehr von der Einheit und der Gegenwart mit dem Sohn und
dem Vater-Mutter trennen. Dann werden wir über das All herrschen, wie es der Plan
des Vater-Mutter von Anfang an war, dass alles für und durch seinen Sohn erschaffen
und ihm übergeben werden sollte, ihm und seinen Miterben. Denn: "Der Vater war
(ist) im Sohn und der Sohn im Vater. Das ist das Reich der Himmel." (Philippus-
Evangelium).

"Die offenkundige Schriftexegese lehrt einen strikten Dualismus beginnend ab dem


Schöpfungsakt, einen Dualismus, der das Universum in ein Schlachtfeld zwischen
zwei Prinzipien, dem Guten und dem Bösen, verwandelt, in einer Konfrontation, die
sogar die post-eschatologische Ewigkeit, d.h. das ewige Friedensreich, die ewige
Ruhe Gottes, betrifft und sich dort sogar ein für alle Mal ab dem Jüngsten Gericht
etabliert. Die verborgene Exegese hingegen findet die Dualität weder im Ursprung
noch in der Vollendung der Schöpfung, da beide Extreme den beiden Polen eines
Kreises gleichen, die sich im Laufe des Prozesses öffnen, um sich dann in Einheit zu
schließen. Während des Durchgangs durch die geschaffenen Himmel und die Erde
entsteht eine scheinbare Dualität, wenn wir unter einer scheinbaren Dualität die
spannungsvolle Koexistenz zweier vermeintlich gegensätzlicher Elemente verstehen:

245
Ein göttliches Prinzip, das präexistent und ewig ist, und ein geschaffenes
Pseudoprinzip, das letztlich zerstörbar, begrenzt und endlich ist. Unsere Aufgabe ist
es, in dieser Exegese einen Aspekt der Welt nach dem Evangelium zu erklären, in
dem die beiden Elemente in Opposition zueinander zu existieren scheinen.
Da es weder vor dem Anfang noch nach seiner Vollendung eine Dualität gibt, müssen
wir davon ausgehen, dass die Art der Dualität, die wir kennen, innerhalb der
Schöpfung entsteht und dass entweder vor oder zum Zeitpunkt der Endzeit diese
Dualität wieder in eine Einheit aufgelöst wird. Es ist daher notwendig, den
Zusammenhang und die letztendliche Bestimmung der drei Dualitätsordnungen zu
klären, in die die Schöpfung für die Zwecke dieser Studie unterteilt werden kann: Die
kosmologische Dualität, die durch die allgemeinen Begriffe Gott und Welt abgedeckt
wird; die Dualität, die man als anthropologisch bezeichnen kann, da sie sich auf die
klaffende Kluft bezieht, die Gott und den Menschen trennt, und die den
Erkenntnisprozess betreffende Dualität, die das Bewusstsein in Bezug auf sich selbst
aufbaut. Wir werden auch sehen, dass das Evangelium, wenn es aus dem Blickwinkel
der verborgenen Interpretation betrachtet wird, die Erklärung für alle Formen der
Einheit liefert, die entstehen müssen, da die Vollendung aller Dinge bedeutet, dass
alle Formen der Dualität zeitlich sind, durch die Schöpfung entstanden sind und sich
vor oder in der Endzeit in Einheit auflösen werden. Das ist der Inhalt unserer Studien
im Laufe dieses Kommentars. Die Einheit ist in der Tat eine präexistente und
unzerstörbare Realität, und wenn wir sie in Form von Gegensatzpaaren wahrnehmen,
liegt das daran, dass wir die Fülle des Bewusstseins nicht erreicht haben, denn dann
würden wir erkennen, dass die Dualität, die wir sehen, sich von selbst zur Einheit
verdichtet. Diese Formen der Einheit, die in dem Umfeld der Lehren, in dem sich das
Evangelium entfaltet, entstehen, oder, um es mit den Begriffen des Logions
auszudrücken, diese Umwandlung von zwei in eins, bilden die Essenz der Lehre Jesu.
Sie lassen sich als drei Verwirklichungen der Einheit zusammenfassen, die wiederum
in der Einheit Gottes subsumiert werden. Die Einheit Gottes wird im Alten und im
Neuen Testament bekräftigt und durch den folgenden Satz in Markus 12:32 bestätigt:
"Denn er ist einer, und es ist kein anderer außer ihm." Die Einheit Gottes muss aber
in drei verschiedenen Bereichen bestimmt werden: a. Die Einheit der Welt im Reich
Gottes; b. Die Einheit aller Menschen untereinander und aller mit dem Vater; c. Die
Einheit des Menschen mit sich selbst in dem einen, universalen Selbst. Der
Hauptzweck dieses Kommentars besteht darin, zu erklären, dass es nach der Lehre
der Heiligen Schrift keine Dualität im Ursprung der Schöpfung gibt und auch nach
dem Ende nicht geben kann, denn die gesamte Schöpfung muss ihre Einheit entweder
vor oder mit dem Kommen dieser Endzeit wiedererlangen. Während der Periode oder
des Transits der Welt, in der die naive natürliche Meinung und die offensichtliche
Exegese die Dualität als real ansehen, kann die verborgene Interpretation sie nur als
ein Arbeitsinstrument begreifen. In Anbetracht ihres vergänglichen Zustands ist die
Dualität nur zulässig, um die vielfältigen Formen darzustellen, in denen sich die
Nicht-Dualität manifestiert, bis das Wissen seine Arbeit vollendet hat, um aus dem
Bewusstsein jede Wahrnehmung von Elementen zu entfernen, die nicht ewig sind, als
wären sie Individuen, die mit einem eigenen Leben ausgestattet sind, während sie in
Wirklichkeit nur Anhäufungen der ewigen Einheit sind. Es stimmt natürlich,

246
dass der Schöpfungsbericht die Koexistenz dreier Reiche bekräftigt, zwei geschaffene
Reiche, die zur Welt gehören, der Himmel und die Erde, die vergehen werden, und
ein inkrementelles und präexistentes (Pleroma). Dieses Reich, das die Evangelien das
Wort nennen, ist nicht von der Welt, auch wenn es sicherlich in der Welt ist.
Das erklärt, wie Jesus sagen konnte: Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Das erklärt
auch, warum die Entdeckung des Wortes die Aufgabe der menschlichen Generation
ist, weshalb Jesus sagte: Glücklich sind die, die das Wort Gottes hören und es
bewahren. In subjektiver Hinsicht sind die Reiche des Himmels und der Erde als die
psychisch-physische Welt zu verstehen, die der Mensch in sich selbst kennt. Das
Reich des Lichts (des Wortes, der Weisheit) - der Geist - ist jedoch das Unbekannte,
das das natürliche psychisch-physische Bewusstsein entdecken und bewahren muss,
bis es mit der Transformation dieses Bewusstseins Früchte trägt. Wenn das Wissen
erscheint, verschwindet die Unwissenheit. Viele mögen diese Verwandlung im Sinne
der Dualität von Wissen und Unwissenheit sehen, aber sicher ist, dass es unmöglich
ist, dass beide Prinzipien nebeneinander existieren oder dass es jemals eine Spannung
zwischen ihnen geben kann, da sie sich weder kennen noch sich jemals treffen
können. Das, was von der Unwissenheit zum Wissen übergeht, ist das Bewusstsein.
Dies wird im Schöpfungsbericht der Genesis sehr gut erklärt, denn als Gott gesagt
hatte: Es werde Licht, so war dieses Licht, das Wort, in seinem vollsten Sinne als
Weisheit, als Sohn Gottes, zu verstehen. Und als das Licht, das in der Dunkelheit
leuchtet. Das bedeutet, dass die Dunkelheit, wie der Abgrund, wie der unbedingte und
abstrakte Raum, in dem sich der geschaffene Himmel und die Erde manifestieren, für
das Verständnis der Menschen ein Nichts sind. Deshalb können die Dunkelheit und
ihr subjektives Korrelat, die Unwissenheit, nur negativ erklärt werden, als
Abwesenheit von Licht und Wissen. In der Genesis heißt es, dass der erste Tag, der
des ersten ungeschaffenen Reiches, aus der Anwesenheit dieses Licht-Wissens
bestand: Licht (Tag) und Dunkelheit (Nacht). Der Finsternis wird in der Genesis
keine prinzipielle Existenz zugestanden: Sie ist in Wahrheit nicht existent, und die so
genannte Dualität von Licht und Finsternis (oder Weisheit und Unwissenheit)
existiert nur für diejenigen, die die Angelegenheit einfältig und begrenzt betrachten,
die Einheit außer Acht lassen und die Tatsache nicht berücksichtigen, dass es im
Reich Gottes nur Licht und Weisheit gibt. Wenn wir von der Abwesenheit der
Lichtweisheit sprechen, verwenden wir eine verkürzte und falsche Ausdrucksweise,
denn die Lichtweisheit, die bereits existiert, kann nicht mal anwesend, mal abwesend
sein. Sie ist ewiglich ursprünglich, sie ist eins. Sie könnte auch nie von der
Dunkelheit überwunden werden; die Tatsache ist einfach, dass unser Bewusstsein sie
manchmal nicht empfängt. Zwischen dem Empfangen und dem Nicht-Empfangen der
Lichtweisheit liegt der Übergang unseres Bewusstseins. Sie gehört zum psychisch-
physischen Bereich des Himmels und der Erde, die vergehen werden, im Gegensatz
zur Lichtweisheit, die ewig und immer eins ist: Das Gras verdorrt, die Blume
verwelkt, aber das Wort unseres Gottes bleibt für immer. Die Dualität von Leben und
Tod und ihr scheinbares duales Korrelat von ewigem und sterblichem Leben wurde
bereits in einem anderen Kommentar behandelt. Dennoch kann es vielleicht nützlich
sein, eine kurze Zusammenfassung zu geben, um zu bestätigen, dass es im
Evangelium nicht zwei Lebensordnungen gibt, sondern nur ein Leben in der Einheit.

247
Das Evangelium spricht einerseits vom ewigen Leben, das eine dem Sein - dem ICH
BIN, dem jedem Menschen innewohnenden Leben spendenden Geist - innewohnende
Eigenschaft ist (so wie die Wärme eine Eigenschaft des Feuers ist), und andererseits
vom sterblichen Leben. Wenn also gesagt wird, dass der Geist Leben hat, bedeutet
dies nicht, dass er Leben als ein Anhängsel seiner Existenz als Geist hat, das
außerhalb von ihm ist, sondern dass das Leben in der eigentlichen Natur des Geistes
liegt. Wenn wir dagegen von etwas sagen, dass es stirbt, bedeutet das nicht, dass wir
hier das Leben sterben sehen, denn das Leben, das Leben ist, kann nicht Tod sein.
Was den Lebenden betrifft, der zu sterben scheint, so ist zu verstehen, dass er nie
wirklich gelebt hat, sondern nur eine Erscheinung des Lebens war; und da er nie
lebendig war, kann man nicht sagen, dass er jemals gestorben ist. (Anmerkung: Im
Philippus-Evangelium lesen wir: "Ein Heide kann im Grunde nicht sterben. Er hat ja
nie gelebt, so dass er sterben könnte. Aber wer an die Wahrheit glaubt, der lebt, und
er kann in Gefahr geraten, zu sterben. Er lebt seit dem Tag, an dem ihm Christus
erschienen ist. Denn jetzt wird die Welt (für ihn) erst wirklich erschaffen, blühen die
Städte und wird das Tote beseitigt. Als wir Juden waren, waren wir Halbwaisen. Wir
hatten nur unsere Mutter, das Gesetz. Als wir aber Christen wurden, bekamen wir zur
Mutter hinzu auch den Vater, die Erkenntnis.")

Die Wege zur Einheit: Die ganze geschaffene Welt bewegt sich auf die Einheit im
Reich Gottes zu. Aber die Ordnungen der Einheit, die zur Zeit der Vollendung wieder
in Einklang gebracht werden müssen, sind viele. An dem Tag, an dem Himmel und
Erde in die Enge ihres Vergehens eintreten, wird die Erde wie ein altes Kleid
verschlissen sein, und die Dinge der Psyche - der Himmel - werden sich wie Rauch
aufgelöst haben. Doch dieses Ereignis würde bedeuten, dass der Geist, nackt wie das
fruchtbare Korn nach dem Tod der Spreu, die Einheit im Geist wiedererlangt hat, so
wie viele Flammen ein Feuer im Herd bilden. Das ganze Leben Jesu, seine Predigt
und sein Werk waren ein beharrlicher Ruf nach dem einen Feuer, das alle Menschen
und den Sohn und damit den Vater vereint. Diese Absicht ist im Evangelium so
deutlich, dass viele vielleicht keinen Grund sehen, sie zu erwähnen. Dennoch muss
man verstehen, dass die von Jesus geforderte Einheit nicht nur eine Frage der
Solidarität ist - auch wenn diese bereits etwas Unermessliches ist -, sondern so
umfassend, dass sie die Zerstörung all jener psychischen und materiellen
Anhäufungen mit sich bringt, die das Sein hemmen und begrenzen. Jesus rief zur
vollkommenen Einheit auf, einer Einheit, die notwendigerweise den Fall der Mauern
des Himmels und der Erde (und damit auch den Fall der mit Erde und Himmel , der
Vergänglichkeit, verbundenen niederen Bewusstseinsebenen) beinhaltet, die den
Geist gefangen halten und seine Vereinigung mit dem Herrn in einem einzigen
pneumatischen Leib verhindern. Um diese vollkommene Zerstörung aller Mauern zu
erreichen, ist die erste zu erreichende Einheit, die erste Frucht von allem, nach der
verborgenen Exegese die Einheit des Menschen mit sich selbst. Und hier erklärt das
Logion, wie aus zwei eins werden kann. Mehrere Wege führen zur Einheit des
Menschen mit sich selbst, aber der sicherste besteht darin, das zu suchen, was die
zwei im Menschen hervorgebracht hat. Am bekanntesten ist in diesem
Zusammenhang die Zweiheit im ersten Kapitel der Genesis, wo der Mensch,

248
d.h. jedes einzelne menschliche Wesen, als Verbindung von Mann und Frau
beschrieben wird und nach diesem Plan geschaffen worden sein soll. Aber dieser
pneumatische, essentielle Mensch, das wahre Abbild des Vaters, wurde dann in den
psychischen Feldern des Paradieses mit Form, als Schein, bekleidet, und das war der
psychisch-pneumatische Mensch, d.h. eine Verbindung von Geist (männlich) und
Seele (weiblich). Das war die erste Zweiheit im Menschen, und ihre endgültige
Auflösung in die Einsheit ist die wichtigste Aufgabe, vor der jeder einzelne Mensch
in dieser langen Generation steht. Die Heilige Schrift spricht auf sehr
unterschiedliche Weise von dieser Einswerdung der beiden, und das Evangelium
stellt dies in den Mittelpunkt seiner Lehre. Der Geist ist, wie wir bereits wissen, der
mystische Bräutigam, wesensgleich mit dem Geist Gottes, mit dem er sich vereint;
und die Seele ist die Braut, das Bewusstsein, das, wenn es gereinigt ist, die Salbung
vom Geistes Gottes empfängt und durch die Erkenntnis lernt, die Mauern
niederzureißen, die sie förmlich in der Welt gefangen halten. Diese Zerstörung ist
das, was Jesus Selbstverleugnung nennt, vollständig bis zum Tod, obwohl es streng
genommen die Negation dessen ist, was die Seele sich vorstellt zu sein, bis sie nur
noch ihr eigenes Wesen ist, reines Bewusstsein, Geist. In der Sprache der Mystiker
wird dieser innere Prozess die Hochzeit von Bräutigam und Braut genannt, und Jesus
spricht häufig von dieser Hochzeit, wenn auch manchmal in Gleichnissen. Diese
Hochzeit ist die höchste und glänzendste Form der Einheit des Menschen in der Welt:
Wenn das Bewusstsein die Hochstapelei des psychologischen falschen Ichs
anprangert, das bisher als der wahre Vater angesehen wurde, den Widersacher Gottes
in seinem Bollwerk stürzt und durch diesen Akt den einen wahren Gott verherrlicht,
das Wesen, das allein erkannt werden kann, wenn wir durch direkte innere Erkenntnis
im Geist und in der Wahrheit den Sinn jener Worte des Alten Testaments erkennen:
Ich bin, der ich bin. Nun wird man leicht verstehen, dass mit der endgültigen
Vollendung des Himmels und der Erde der Fürst dieser Welt in die äußere Finsternis -
ins Nichts - geworfen wird, vertrieben, verschlissen wie die Welt selbst. Im Einzelnen
beginnt jeder Mensch damit, dass er den Widersacher vor seinem eigenen
Bewusstsein anprangert und verurteilt, ein Akt, der in sich selbst die Verherrlichung
Gottes und den Beginn der eigenen Freiheit darstellt. Der Apostel erklärt dies mit
Begriffen, die zeigen, dass diese Anklage und Verurteilung Teil seiner Vorstellung
von der Bedeutung des Werkes der Vollendung ist: "dann das Ende, wenn er [der
vorher existierende, jetzt offenbar gewordene Christus] das Reich dem Gott und Vater
übergibt; wenn er alle Herrschaft und alle Gewalt und Macht weggetan hat."
(https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

107. Jesus sprach: Das Reich gleicht einem Hirten, der hundert Schafe hatte.
Eines von ihnen, das größte, verirrte sich. Er verließ die 99, und suchte nach
dem einen, bis er es fand. Und nach all seinen Mühen sagte er zu dem Schaf: Ich
liebe dich mehr als die 99.

"In dieser Logion gibt uns das Thomas-Evangelium eine neue Version, die den
verborgenen Sinn des Gleichnisses vom verlorenen Schaf zum Ausdruck bringt und
die beiden von Matthäus und Lukas verfassten Versionen ergänzt.

249
Das Schaf als Bild für die Seele ist in der Heiligen Schrift das universale Symbol für
den Menschen, der aus Schwäche oder Hilflosigkeit dazu neigt, sich zu verirren,
wenn er ohne einen Hirten lebt; aber Gott hat dafür gesorgt, dass sie am Ende der Zeit
als seine eigene Herde versammelt werden. In der neutestamentlichen Offenbarung
beansprucht Jesus, der zugleich der geoffenbarte und der verborgene Christus ist,
nicht nur der von Gott auserwählte Gute Hirte zu sein, der Hirte, der seine Schafe
kennt, sondern auch das Tor des Schafstalls, das Tor, das die Schafe kennen. Der gute
Hirte, dem man folgen muss, bis man Teil seines Schafstalls wird, ist der verborgene
innere Christus, der sowohl als Tor als auch als der Hirte erscheint, den jedes Schaf
entdecken und als sein eigenes Selbst erkennen muss, und zwar von aller Ewigkeit
her. Dieses Erkennen ist das einzige Zeichen, das vor dem Zögern zwischen Glauben
und Unglauben bewahren kann, es ist das Erkennen, das vor dem Abgrund bewahrt,
der sich durch äußere oder oberflächliche Hirten zwischen dem Wesen des Menschen
und dem barmherzigen Gott auftut, der an der Pforte wartet und sagt: Ich bin du.
Wenn man dies als die Lektion verstanden hat, die die Seele zu lernen hat, wird es
viel einfacher sein, die verborgene Bedeutung des Gleichnisses vom verlorenen Schaf
zu erklären. Die Schafe, von denen Jesus in seinem Gleichnis spricht, sind alle
Schafe, alle Seelen dieser langen menschlichen Generation. Sie werden als hundert
beschrieben, was eine perfekte Zahl ist, weil sie alle umfasst. Das bedeutet jedoch
nicht, dass sie selbst vollkommen sind, denn dann wären sie nicht in diese lange
menschliche Generation verwickelt. Die Schafe sind zerstreut, voneinander getrennt,
denn ihre Körper sind undurchdringlich und trennen sie, wo immer sie auf der Erde
sein mögen. Einige wandern über die Berge und hohen Pässe, andere, schwächere,
kranke oder verletzte, suchen Weideplätze in der Wüste, aber es gibt niemanden, der
sich um die Herde kümmert, und niemand kommt, um sie zu suchen. Manchmal
jedoch, ohne dass man den Grund dafür erkennen kann, geht eines dieser Schafe auf
der Suche nach dem richtigen Weg verloren, verirrt sich und weiß nicht, zu welchem
Schafstall es zurückkehren will. Diese Schafe leiden Hunger und Durst nach
Gerechtigkeit und suchen gewissenhaft. Und das ist die schönste und wirksamste Art
zu beten, um wieder mit dem Vater vereint zu werden. Das sind die Schafe, die die
Gegenwart des Geistes empfangen, der in ihnen ist, woraufhin er sich als der ewige
Bewohner seines Heiligtums offenbart. Die Salbung ist das Mittel, das der Geist
benutzt, um die Schafe, die sich verirrt haben, zu suchen und schließlich zu finden.
Dank der Nahrung, die es vom Vater erhalten hat, ist das verlorene Schaf nun das
fetteste und stärkste der Herde, dasjenige, das der Hirte zu Recht behält und auf die
Weide führt. Der Evangelist sagt, dass der gute Hirte dann das Schaf auf seine
Schultern legt, so wie man sagt, dass Jesus sein Kreuz auf sich nahm, um es auf den
Berg des Lebens zu bringen. Vielleicht will Lukas damit sagen, dass die Zeit für
dieses Schaf, das am größten ist, gekommen ist, um sich dem Opfer zu stellen. Aber
das Opfer einer Seele besteht darin, täglich der Welt zu sterben, Stück für Stück, bis
sie reines Bewusstsein geworden ist. Das ist die heilige Hochzeit der Seele, die als ihr
Tod verstanden werden kann, aber der erste Schritt zu ihrer Auferstehung im Geiste
ist. Nach der verborgenen Exegese ist die Seele, die sich einmal in den Geist
verwandelt hat, indem sie zu ihrem eigenen Wesen geworden ist, die Seele, die die
beiden zu einer Einheit gemacht und damit die Einheit erlangt hat.

250
Deshalb spricht der Logion von diesem verwirklichten Schaf als dem Einen (allein),
denn obwohl die verlorenen und gefundenen Schafe viele sein mögen, sind sie immer
eins in der Einheit des Vaters. Auf der anderen Seite jedoch, auf der linken Seite, ist
der Platz für diejenigen, die die Einheit nicht gefunden haben; und dort finden wir die
Böcke, die der Hirte von den einzigartigen Schafen trennt. Das sind die Schafe, die
nicht einmal wussten, dass sie sich verirrt hatten, denn sie konnten sich während ihrer
Wanderschaft in der Wüste oder in den Bergen nicht einmal vorstellen, dass sie bei
ihrer Bekehrung (Rückkehr) eine gesegnete Heimat erwartete. Das sind die
neunundneunzig Schafe, die unvollkommenen Schafe, die die Vollkommenheit der
Einheit nicht erreicht haben. Der Logion schließt dieses Gleichnis mit dem
Bekenntnis des Hirten zu seiner unvergleichlichen Liebe zu den Schafen, die das
Einssein gefunden haben. Matthäus erklärt den Willen des Vaters, dass alle Seelen,
die von oben geboren wurden und sich klein gemacht haben, alle im Geist
neugeborenen Seelen, das ewige Leben haben und in das Reich Gottes eingehen
sollen. Am Ende des Gleichnisses betont Lukas die Freude im Reich des Vaters über
die Rückkehr einer Seele, die sich verirrt hatte und dann durch den unermesslichen
Ozean der Seele irrte und ihren Weg zur Bekehrung voraussah. Ganz anders als
dieses bekehrte Schaf sind die neunundneunzig, die wie so viele Sünder, die sich um
Jesus versammelten, um ihn zu hören, ohne zu erkennen, dass sie selbst Sünder
waren, sich nicht bewusst waren, dass es an der Zeit war, aufzuwachen und zu
erkennen, dass sie verloren waren und der Umkehr bedurften. Diese Schafe, die
neunundneunzig, sind noch nicht in der wahren Herde; aber sie werden dorthin
geführt werden, und sie werden die Stimme des Hirten hören und mit derselben
Herde vereint werden, denn es kann in Wahrheit nur eine Herde und einen Hirten
geben. Das ist es, worauf Jesus in seiner Predigt über das Werk des Sohnes im vierten
Evangelium hingewiesen hat: Das eine Schaf, das die Vollkommenheit erreicht hat,
wird aus seinem irdischen Grab auferstehen und zum Leben auferweckt werden,
während die unvollkommenen neunundneunzig auferstehen werden, wenn sie die
Stimme des Hirten hören, für eine Auferstehung der Gerechtigkeit, was ein Bad im
ewigen Feuer der Reinigung bedeutet, bis sie die Vollkommenheit erreichen; denn das
ist der Sinn des Gerichts. Wenn die Zeit der Bekehrung kommt, darf man nicht
vergessen, dass der gute Hirte derjenige ist, der inmitten der verstreuten Schafe steht,
der Gott, der geduldig an der Pforte in jedem von uns wartet, denn er ist die Pforte."
(https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

108. Jesus sprach: Wer von meinem Mund trinkt, wird werden wie ich, und ich
selbst werde er werden, und das Verborgene wird sich ihm offenbaren.

Im Philippus-Evangelium heißt es: "Die vom Geist gezeugt werden, schreien von
ihrem (unteren) Ort nach dem (vollkommenen) Menschen hinauf, nach dem Ziel der
Verheißung, die von oben herabkommt. So ein Mensch wird durch das Wort aus dem
Mund des Vaters am Leben erhalten. Sobald das Wort von oben herab kommt, kann
sich der Mensch vom Wort, das durch den Mund des Vaters geht, nähren, und
vollkommen werden." Darum sagt Yahshua, dass wir nicht für die vergängliche
Speise wirken sollen, sondern für das Brot des (ewigen) Lebens.

251
In den Oden Salomos haben wir gelesen, dass wir Gott unsere Seele geben müssen,
damit er uns seine geben kann. Weiter heißt es auch im Philippus-Evangelium, dass
Gott einen Gott zeugt, denn: "Im Reich der Wahrheit siehst du etwas von ihr und
wirst selbst zu ihr. Du siehst den Geist und wirst selbst zu Geist. Du siehst Christus:
Du wirst Christus. Du siehst den Vater: Du wirst zum Vater." Das Verborgene, das
sich dem offenbart, der vom Mund des Vaters, seinem Wort, genährt wird, ist also der
verborgene, innewohnende Christus, der Leben spendende Geist, der alles assimiliert,
was sich mit ihm zu verbinden sucht und mit ihm in Verbindung getreten ist. Der
Feind, der nicht imstande ist, alles, was zu ihm gehört – diejenigen, die die Lüge
mehr lieben als die Wahrheit –, durch den Geist zu verbinden, da er selbst weder den
Geist noch das ewige Leben, das dem Geist eigen ist, besitzt, wird ebenfalls alles
assimilieren und in sich eins machen zur ewigen Trennung. Dies versucht er schon
jetzt durch seine Handlanger auf Erden mit Hilfe von Technologie zu erreichen, dem
sogenannten Transhumanismus, der ewiges (künstliches) Leben verspricht, und bei
dem alle mit einer künstlichen Intelligenz, einer Quanten-KI, verbunden, für immer
versklavt und dort gefangen gehalten werden, wo ihr Schatz und somit auch ihr Herz
war: Beim Irdischen, Vergänglichen, der Finsternis. Die, die zu Gott und seinem Sohn
gehören, kann dagegen nichts von seiner Liebe trennen, weder Höhe noch Tiefe, noch
irgendein anderes Geschöpf, noch die Gewalten, die Mächte, die Weltbeherrscher
dieser Finsternis, die geistigen Mächte der Bosheit in der Himmelswelt.

"In der neutestamentlichen Offenbarung wird die unmittelbare Erkenntnis als Essen
oder auch als Trinken bezeichnet, denn beide Formen betreffen die Nahrung des
Lebens, die der Mensch aufnehmen und sich einverleiben muss, um zu jener
Verwandlung zu gelangen, die das wahre, bis dahin verborgene Sein offenbart. Diese
Verwirklichung ist das Brot des Lebens, das vom Himmel herabkommt, das jeder
Mensch täglich zu sich nehmen muss, um sich zu verwandeln; und es ist das Wasser
des Lebens, aus dem das ewige Leben entspringt und das den Durst für immer stillt.
Diese sind das wahre Fleisch und Blut, von dem gesagt wurde: Wenn ihr nicht das
Fleisch des Menschensohns esst und sein Blut trinkt, werdet ihr das Leben nicht in
euch haben. Denn sein Fleisch ist das Wort und sein Blut der Heilige Geist. Den Geist
und das Leben zu essen und zu trinken, den Menschensohn - das Lamm Gottes - zu
empfangen und sich anzueignen, bis man eins wird, das ist es, was der Logion als
Trinken aus dem Mund Jesu, des Lebendigen, ausdrückt. Die Erklärung der
vollkommenen Einheit, die das Logion liefert, ist zweiseitig: Er wird wie ich werden
und ich werde wie er werden. Die Herrlichkeit ist der Mantel des Lichts, in den der
Vater gehüllt ist, und folglich ist die Herrlichkeit, sein strahlender Glanz, der Sohn,
dessen Wesen, das mit dem des Vaters identisch ist, Licht und Weisheit ist.
(Anmerkung: Im Philippus-Evangelium lesen wir über das vollkommene Lichtkleid:
"Keiner erwirbt sich diese Gnade, außer er legt das vollkommene Lichtkleid an und
wird selbst vollkommen. Jeder, der das Licht(kleid) anlegt, wird ungesehen aus dieser
Welt herausgehen können. Das ist das vollkommene Licht(kleid) und wir müssen
vollkommene Menschen werden, bevor wir aus dieser Welt herausgehen können. Wer
aber das All gewinnt, ohne Herr zu sein über das All, gelangt nicht an jenen Ort der
Vollkommenheit, sondern er geht in die Mitte dazwischen als ein Unvollendeter.

252
Nur Jesus kennt das Ende eines solchen Menschen... Etliche sagen: Der Herr ist
zuerst gestorben, und dann auferstanden. Sie irren. Denn er ist zuerst auferstanden,
und dann gestorben. Wenn jemand nicht zuerst die Auferstehung erwirbt, kann er
nicht sterben. Nur wenn Gott in ihm lebt, kann er (dem alten Wesen nach) sterben."
Unsere wahre Natur kann nicht verwandelt, sondern nur offenbart werden. Wenn der
Text sagt, dass der Menschensohn uns die Herrlichkeit schenkt, bedeutet das, dass er
den Übergang ermöglicht, damit der in uns verborgene Same - verborgen, wie die
Gegenwart des Menschensohns vor unserem natürlichen Bewusstsein verborgen ist -
zur Frucht der Verwandlung werden kann. Das ist es, was der Täufer erklärte, als er
warnte: Ein Mensch kann nichts nehmen, wenn es ihm nicht vom Himmel gegeben
ist. Das muss vielleicht betont werden, weil es von grundlegender Bedeutung ist: Die
Verwandlung besteht in der Offenbarung der verborgenen Herrlichkeit, die wie ein
Bild ist, das man unter trübem Wasser nicht erkennen kann. Nur das Wirken des
Glaubens und der Erkenntnis kann den Weg zu seiner Offenbarung öffnen; doch das
Bild wird nicht verwandelt, es wird lediglich an die Oberfläche gehoben. Der Apostel
erklärt dies gut: Wir alle aber, die wir mit offenem Angesicht die Herrlichkeit des
Herrn wie in einem Glas betrachten, werden in dasselbe Bild verwandelt, von
Herrlichkeit zu Herrlichkeit. In der Sprache des Heiligen Johannes wird dieses
Kleinerwerden, damit der Menschensohn größer wird, zu einem Strom der
Herrlichkeit, der das Bewusstsein des Menschen überflutet und ihn verwandelt. Jesus
erklärt es so: Wenn jemand mich liebt, wird er mein Wort halten, und mein Vater wird
ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und bei ihm wohnen. Wenn der Vater und
der Sohn, die eins sind, bei ihm wohnen, bedeutet dies, dass die gute Saat, die am
Anfang gesät wurde, endlich aufgegangen ist und Früchte getragen hat. Die Seele, die
auf sich selbst verzichtet hat und leer geworden ist, wird das Licht empfangen haben,
um damit gefüllt zu werden und das Wort des lebendigen Jesus zu erfüllen: Ich werde
er werden. Das andere, objektive Zeichen der vollkommenen Einheit, von dem das
Logion spricht, besteht in der Erlangung jenes subtilen, geistigen Blicks, der das
Sehen in Transparenz ermöglicht. Jesus, der Lebendige, beschreibt dieses Zeichen der
Einheit: Er wird wie ich werden. Um dieses Zeichen der Einheit zu erlangen, muss
das Bewusstsein die Fülle dessen, der die ganze Schöpfung erfüllt, unmittelbar
erkennen und so die glückselige Wirklichkeit erfahren, dass das gesamte Universum
von Gottes Gegenwart erfüllt ist. Der Verfasser des Epheserbriefs muss diese
Gegenwart betrachtet haben und so die verborgene und offenkundige Liebe Christi,
die alle Erkenntnis übersteigt, erkennen, wodurch wir mit der ganzen Fülle Gottes
erfüllt werden können. Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt, aber das Wort unseres
Gottes bleibt für immer." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

109. Jesus sprach: Das Reich gleicht einem Menschen, der auf seinem Acker
einen verborgenen Schatz hatte, von dem er nichts wusste. Als er unwissend
starb, hinterließ er ihn seinem Sohn. Auch der Sohn wusste nichts davon. Er
nahm den Acker, und verkaufte ihn. Und der ihn kaufte, kam und fand beim
Pflügen den Schatz. Und er begann Geld auf Zinsen zu leihen, wem immer er
wollte.

253
"Mit wenigen Unterschieden zu anderen Gleichnissen wiederholt der Logion die
grundlegende verborgene Lehre, die das Evangelium verkündet: Jeder Mensch hat in
sich selbst den wahren ewigen Schatz, die Quelle der Seligkeit, er hat ihn in seinem
Acker - und doch ist er verborgen, denn es ist der Same, das Wort, von Gott
gepflanzt, die Fülle, die wir alle empfangen haben, Gnade um Gnade. Es gibt viele,
die durch das Leben gehen und zum Tod kommen, ohne dass ihr natürliches
Bewusstsein auch nur das geringste Interesse daran hat, diesen in ihrem Acker
verborgenen Schatz zu erkennen. Dann kommen andere - und das sind wir -, die von
ihren Vätern die Unkenntnis des Schatzes geerbt haben. Sie nehmen den Acker in
Besitz, ohne von der Existenz des Schatzes zu wissen. Niemand hat ihnen je davon
erzählt, denn das Wissen um den verborgenen Schatz war verloren gegangen, die
Tradition war versiegt, undokumentiert in den Annalen der Geschichte. Auch schien
sich niemand dafür zu interessieren - und das ist derjenige, der sein Feld billig
verkauft hat. Und doch gibt es einige wenige, die sich die Mühe machen, ihr Feld zu
pflügen, doch hier haben wir einen von ihnen. Jemand, der wachsam bleibt, wach,
und wenn er in sich geht, gelingt es ihm, die Frucht der Umkehr reifen zu lassen - und
das ist der Schatz. Wenn er dann diese Frucht, die Weisheit und die Tugend, in
Händen hält und frei ist, das zu geben, was er hat, teilt er sie mit denen, die er liebt,
seinen Brüdern im Geiste. Für dieses Teilen erhält er seinen Lohn in Form von
Vermehrung, denn dann zeigt sich der Schatz als das, was er ist: Glückseligkeit und
ewiges Leben." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

110. Jesus sprach: Wer die Welt gefunden hat, und dadurch reich geworden ist,
verzichte dann auf die Welt.

Wie bereits in Logion 27, 56 und 80 erklärt, hat der, der die Welt entdeckt hat, einen
Leichnam entdeckt und ist dadurch reich an Erkenntnis geworden. Alles, was er dann
noch tun muss, ist, sich im seinem wahren Zuhause bei unserem Vater-Mutter
zuzuwenden, und der von der Welt abzuwenden und in die Ruhe des Sohnes
einzugehen, das bedeutet, wie gesagt, vollständig und dauerhaft im Guten zu ruhen
und sich ein für allemal von der Finsternis, von allem Vergänglichen, abzuwenden.
Man ist dann zwar immer noch in der Welt, aber nicht von der Welt, sondern hat nur
noch ein Ziel: Dem Licht des Vaters in uns, dem innewohnenden Christus,
entgegenzugehen und vollkommen zu werden, d.h. daran zu glauben und zu
vertrauen, dass dieser dazu in der Lage ist, uns vollkommen zu machen, indem er,
wie er sagte, er zu uns wird. Wenn Yahshua hier sagt: „Wer die Welt gefunden hat...“,
dann meint er aber nicht nur die vergängliche Welt, den Leichnam, sondern auch die
wahre Welt, das Reich Gottes, denn diese ist der Reichtum. Denn wie bereits aus dem
Philippus-Evangelium zitiert: "Ein Heide kann im Grunde nicht sterben. Er hat ja nie
gelebt, so dass er sterben könnte. Aber wer an die Wahrheit glaubt, der lebt, und er
kann in Gefahr geraten, zu sterben. Er lebt seit dem Tag, an dem ihm Christus
erschienen ist. Denn jetzt wird die Welt (für ihn) erst wirklich erschaffen, blühen die
Städte und wird das Tote beseitigt." Wie gesagt, gilt es dann, sich von den
vergänglichen Dingen und den Bindungen an sie zu lösen, denn diese sind in
Feindschaft mit dem Reich Gottes.

254
111. Jesus sprach: Die Himmel und die Erde werden aufgerollt werden in eurer
Gegenwart, und der Lebendige aus dem Lebendigen wird weder Tod noch
Vergänglichkeit schauen. Denn Jesus hat gesagt: Wer sich selbst findet, dessen
ist die Welt nicht würdig.

Mit den Himmeln und der Erde ist der Schleier des irdischen und seelischen
Bewusstseins gemeint, die an die vergängliche Erde und die vergänglichen (sieben)
Himmel gebunden sind, und die uns von unserem geistigen, dem Christus-
Bewusstsein trennen. Wenn dies geschieht bzw. geschehen ist, dass diese in unserer
Gegenwart aufgerollt werden, dann ist der innewohnende Christus offenbart worden.
Denn wer sich selbst gefunden hat, der hat sein wahres Selbst, den ersten
vollkommenen Lichtmenschen, den Erstgeborenen in sich entdeckt und ist damit der
Welt gegenüber gestorben und die Welt ist ihm gegenüber gestorben, wie im
Philippus-Evangelium zu lesen ist: "Der vollkommene Mensch kann nicht
festgehalten, er kann auch nicht gesehen werden. Würde man ihn sehen können,
würde er auch festgehalten werden. Keiner erwirbt sich diese Gnade, außer er legt das
vollkommene Lichtkleid an und wird selbst vollkommen. Jeder, der das Licht(kleid)
anlegt, wird ungesehen aus dieser Welt herausgehen können. Das ist das
vollkommene Licht(kleid) und wir müssen vollkommene Menschen werden, bevor
wir aus dieser Welt herausgehen können... Das Brautgemach selbst aber ist
verborgen. Es ist das Heilige der Heiligen. Der Vorhang verbarg es zwar noch,
während Gott die geschaffene Welt regierte. Wenn aber der Vorhang zerreißt, und das
Innere zum Vorschein kommt, wird das Haus dieser Welt öde zurückgelassen, ja, es
wird zerstört werden. Denn alles, was Abbild der göttlichen Wahrheit war, wird aus
den Orten dieser Welt fliehen - allerdings nicht hinein ins Heiligste der Heiligen.
Denn mit dem reinen Licht und der makellosen Fülle der Fülle kann es sich nicht
verbinden. Doch es wird es sich unter die Flügel des Kreuzes flüchten und unter seine
Arme."

"Wir wissen, dass Himmel und Erde nicht ewig sind. Wir wissen, dass sie eines Tages
zu Ende gehen müssen, denn abgesehen davon, dass es logisch ist, dass sie zu Ende
gehen, da sie geschaffen wurden, hat Jesus dies gesagt, und die Botschaft wird immer
wieder in der Heiligen Schrift wiederholt. Der Logion fügt jedoch in eurer Gegenwart
hinzu und offenbart damit, dass das Vergehen von Himmel und Erde nicht nur eine
universelle Auflösung ist, die für alle Anwesenden am Ende der Zeit gleichzeitig
stattfindet, sondern die Vollendung der geschaffenen Dinge, die jeder Mensch in sich
selbst, in seinem Bewusstsein, erleben muss, wenn er sich in den Lebendigen
verwandeln wird. In der Sprache des Thomas-Evangeliums ist der Lebendige
derjenige, der das Ewige Leben erlangt hat. Jesus, der verborgene, präexistente
Christus, ist der Lebendige und die Quelle des Lebendigen. Wenn der Geist eines
Menschen im Geist gesalbt ist, wird er eins im Geist. So wird auch derjenige, der von
oben wiedergeboren wird, als der Lebendige geboren, der aus dem Lebendigen
hervorgegangen ist. Für ihn ist in Wahrheit das Bewusstsein, das die Welt gefunden
hat, vergessen - ebenso findet derjenige, der als der Lebendige geboren wurde, dass
die einzige Wirklichkeit der unerschöpfliche Schatz ist, eins mit dem Vater zu sein.

255
Dann löst sich die Welt auf. Für ihn hört sie auf zu sein. Himmel und Erde fliehen vor
der Gegenwart, wie der Nebel in der Morgendämmerung aufsteigt. Nichts bleibt von
ihnen übrig. Es ist, als ob sie nie gewesen wären. Nur der Lebendige bleibt, ewig, frei
von Furcht, in der unvergleichlichen, höchsten Wirklichkeit, für immer und ewig eins
mit sich selbst zu sein." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

112. Jesus sprach: Wehe dem Fleisch, das von der Seele abhängt. Wehe der
Seele, die vom Fleisch abhängt.

Die Schlussfolgerung dieses Logions ist, dass Yahshua damit sagen will, dass sowohl
das Fleisch als auch die Seele vom Geist abhängen sollen und müssen, denn das
Fleisch tut, was die Seele will. Wenn die Seele nicht vom Geist abhängt und mit ihm
und damit der göttlichen Liebe verbunden ist, dann ist sie zwangsläufig vom Geist
der Welt angetrieben, d.h. von der Suche nach Liebesersatz. Denn die Seele sehnt
sich nach wahrer Liebe, wenn sie diese aber nicht in der einen und einzigen Quelle
findet, welche Gott ist, dann sucht sie dort, wo nur Liebesersatz sein kann, nämlich in
der Welt und ihren Trugbildern. Diese Trugbilder, Täuschungen, Illusionen und
Lügen des Satans sind es, mit denen er uns versucht zu versklaven, und es auch
schafft, wenn wir nicht mit dem Göttlichen, dem Leben spendenden Geist, in uns
verbunden sind. Deshalb führt uns der Geist der Welt, der widersetzliche Geist, wie
er in den gnostischen Schriften von Yahshua genannt wird, in Süchte und
Gebundenheiten, denn da Liebesersatz nur eine kurzfristige Illusion von Glück und
Erfüllung schenken kann, verlangt er immer nur nach mehr, um die Illusion weiterhin
aufrecht erhalten zu können. Das kann sogar soweit gehen, dass Menschen die Lüge
dahinter bereits erkannt haben und wissen, dass sie sich selbst belügen und und
entweder weiter versuchen das Verlangen nach wahrer Liebe damit, oder mit einem
anderen Liebesersatz zu stillen. Denn nur dort, wo der Geist Gottes ist, ist wahre
Freiheit, denn er ist der Geist der Wahrheit, und nur wenn wir die Wahrheit erkennen,
wird sie uns frei machen. In der 3. Essener Schriftrolle lesen wir über Liebesersatz:
"Liebe ist eine Überlebensfrage. Ich brauche Liebe oder einen Liebesersatz,
buchstäblich um überleben zu können. Für Liebe gibt es mannigfaltigen Ersatz:
Macht, Geld, materiellen Besitz, Popularität und Ruhm. Sogar Abscheu und Hass
sind Liebesersatz. Jede Form markanter Beachtung kann als Liebesersatz dienen.
Liebesersatz befriedigt indessen nicht wirklich. Bestenfalls bietet er nur zeitweilige
Betäubung und ruft wie ein Rauschgift nach Steigerung. Ist Macht mein Liebesersatz,
so brauche ich heute mehr davon als gestern. Das gleiche gilt für Geld, Hass, Mitleid
und alle anderen Formen markanter Beachtung, mit Ausnahme der Liebe... Der
empfindlichste Mangel in der Welt ist der Mangel an Liebe. Der Hunger nach Liebe
ist die Wurzel aller Verbrechen, auch der Grund aller Schmerzen und Leiden. Mangel
an Liebe und Anerkennung ist auch der tiefere Grund aller Kriege. Hunger, Armut
und Misstrauen sind die Folgen von Liebesersatz und schreien nach wahrer Liebe...
Wenn ich geliebt werde, so weiß ich, dass ich von Bedeutung bin. Ich brauche keinen
anderen Beweis. Ich werde geliebt, das genügt." Darin besteht die Liebe Gottes, dass
er uns zuerst geliebt hat, denn niemand vermag die Liebe zu erkennen außer dem, der
geliebt wird, wie es in der 3. Ode Salomos heißt.

256
"Die beiden Aussagen im Logion legen dieselbe Antwort nahe: Das Fleisch und die
Seele müssen sich jeder gegenseitigen Abhängigkeit entziehen. Es ist wahr, dass das
Fleisch, wenn es ganz allein ist, keine Neigungen, keine Versuchungen hat, denn
diese kommen nicht vom Fleisch, sondern von der Seele; es ist ebenfalls wahr, dass
die Seele, wenn sie keine Herrschaft über das Fleisch hat, keine Frucht des Todes
hervorbringt, denn diese gehört nicht zu ihr, sondern wurde durch ihr
Zusammenleben mit dem Fleisch erzeugt. Die Schwierigkeit entsteht, wenn das
Bewusstsein des Menschen - die Seele - über dem Fleisch schwebt, anstatt unter dem
Geist zu ruhen. Dann tauscht die Seele die Leidenschaft gegen ihr harmonisches
Leben aus, und das Fleisch wird bis zum Tod mit Tendenzen erfüllt, die nicht zu ihm
gehören. Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach. Die Seele muss sich
zwischen der Schwäche des Fleisches und dem schnellen Wirken des Geistes
bewegen, das uns vor der Schwäche des Fleisches schützt. Ein Zustand geistiger
Wachsamkeit in der Anbetung der unsichtbaren Gegenwart garantiert nicht nur dieses
Wirken, sondern befreit die Seele davon, in die Abhängigkeit des Fleisches zu
geraten. Für die Seelen, die nach dem Fleisch leben, scheint der Geist so weit weg zu
sein, dass alles, was von ihm bleibt, der Name eines nicht existierenden Windes ist,
der niemals über ihrer Seele weht. So wird das Fleisch zu einer Feuerstelle, an der
sich die Leidenschaften ganz von selbst entzünden. Das ist alles sehr einfach und
geradlinig, und doch scheint es so weit von der heutigen Lebensweise entfernt zu
sein, dass es vielleicht nützlich ist, die Faktoren der Interdependenz zwischen dem
Fleisch und der Seele zu untersuchen, die den Warnungen des Logions zugrunde
liegen. Der allgemeine Grundgedanke, der heute von vielen geteilt wird, ist, dass
diejenigen, die nach dem Fleisch leben wollen, es auch tun sollen, genau wie
diejenigen, die nach dem Geist leben wollen, es tun sollen; und das nennen sie dann
Freiheit. Andere gehen noch weiter und fügen hinzu, dass Begierde wie Hunger ist,
und so wenden sie an, was sie als die selbstverständliche Regel ansehen, dass die
Befriedigung fleischlicher Begierden den Appetit des Fleisches stillt, und das, kurz
gesagt, für körperliche und geistige Gesundheit sorgt. All das mag wahr sein, aber da
die Begierde eine Form der Abhängigkeit ist oder sie erzeugt, indem sie eine
Abhängigkeit schafft, folgt daraus logischerweise, dass die Freiheit, vom Fleisch
abhängig zu sein, die Abhängigkeit der Seele von ihm in einem solchen Ausmaß
erhöht, dass sowohl die Seele als auch das Fleisch ihre Freiheit verlieren.
Mehr noch, die Abhängigkeit von der Begierde, die so sehr mit den sich
wiederholenden Anforderungen des Gedächtnisses verbunden ist, führt nicht nur
dazu, dass die Begierde nicht befriedigt wird, sondern vergrößert sie noch.
Diejenigen, die nach dem Fleisch leben, richten ihre Gedanken auf die Dinge des
Fleisches, die aber nach dem Geist leben, richten ihre Gedanken auf die Dinge des
Geistes. Das Verlangen ist die Energie der Seele, es kann nicht durch den Willen zum
Schweigen gebracht werden, noch ist es möglich, ohne es zu leben, denn es ist eine
Begleiterscheinung des Lebens. Aber das Begehren ist keine Intelligenz, es ist eine
Kraft und legt keineswegs im Voraus die Richtung fest, der es folgen soll. Es ist die
Seele, die je nach ihrer Lebensweise, ihren Ideen und Einflüssen die Richtung
vorgibt, die das Verlangen einschlägt. Wenn das geschehen ist, folgen Fleisch und
Seele lediglich der Richtung, die dem Verlangen vorgegeben ist. Es ist nicht wahr,

257
dass die Befriedigung des Verlangens die Abhängigkeit vom Verlangen herbeiführt,
obwohl sie sicherlich eine vorübergehende Erleichterung bringt, so wie das Trinken
von Alkohol die unmittelbaren Bedürfnisse des Alkoholikers beruhigt. Nur ein
intelligentes und wachsames Eindringen in das Wesen des Begehrens kann es
ermöglichen, seine Ursprünge und Ziele zu entdecken, mit anderen Worten: das
Begehren zu verstehen. Das Verständnis dessen, was das Begehren motiviert, hebt
das Begehren nicht auf, noch ist die Zerstörung dieser Seelenenergie möglich oder
ratsam, aber das Verständnis kann das Begehren in eine Quelle der Erkenntnis
verwandeln, wenn es in Richtung Freiheit, weg von der gegenseitigen Abhängigkeit
von Fleisch und Seele, auf von der Intelligenz vorgeschlagenen Wegen geführt wird.
Wo Fleisch und Seele nicht mehr voneinander abhängig sind, sondern zu
gegenseitigem Verständnis gefunden haben, sind sie nicht mehr dem Leiden
unterworfen, sondern frei, nach dem Geist zu leben und seinen Eingebungen zu
folgen." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

113. Es sprachen zu ihm seine Jünger: Das Reich, wann wird es kommen? Jesus
antwortete: Das Reich ist nicht etwas, auf das man warten müsste, bis es kommt;
dass man sagen müsste: Siehe hier, oder: Siehe dort. Sondern das Reich des
Vaters ist schon über der Erde ausgebreitet, nur die Menschen sehen es nicht.

Das Reich Gottes ist inwendig in uns, sagte Yahshua, und ist und war zu allen Zeiten
durch den jedem Menschen innewohnenden Geistmenschen, den Christus, für jeden
Menschen zugänglich. So sagte er es auch im EHGOC: "Ich sage noch einmal zu
denen, die Ohren haben, hört und versteht: Ich und meine Braut sind eins, so wie
Maria Magdalena, die ich mir ausgewählt und mir geheiligt habe, eins mit mir ist: Ich
und meine Gemeinde sind eins. Und die Gemeinde sind die Auserwählten der
Menschheit, um alle zu retten. Die Versammlung des Erstgeborenen ist die Maria
Gottes. So spricht der Ewige Geist: Sie ist Meine Mutter und hat mich gezeugt und
als Sohn in jedem Alter und Leben hervorgebracht. Sie ist Meine Braut, immer eins
in der heiligen Union mit Mir, ihrem Gatten. Sie ist Meine Tochter, denn sie ist
immer von Mir, ihrem Vater, ausgegangen und hat sich in Mir gefreut. Ja, diese
beiden Dreiheiten (die des Sohnes, des Bräutigams und des Vaters in jedem
vervollkommneten Mann, dem Geist; und die der Tochter, der Braut und der Mutter
in jeder vervollkommneten Frau, der Seele) sind eins im Ewigen und werden in
jedem Mann und jeder Frau, die vollkommen gemacht werden, zum Ausdruck
gebracht, um seit jeher von Gott geboren zu sein und sich in seinem Licht zu freuen,
um seit jeher aufzufahren und mit Gott vereint zu sein, um seit jeher zu empfangen
und Gott zum Heil der Vielen hervorzubringen. Dies ist also das Mysterium der
Dreieinigkeit in der Menschheit, und außerdem muss in jedem einzelnen Kind des
Menschen das Geheimnis Gottes vollbracht werden, indem er stets das Licht bezeugt,
für die Wahrheit leidet, in den Himmel aufsteigt und den Geist der Wahrheit
aussendet. Denn dies ist der einzige Heilsweg, denn das Reich Gottes ist im Innern."
Die Wahrheit des innewohnenden Christus ist eine ewige und universelle, sie ist der
wahre Kern des Evangeliums und der einzige Erlösungsweg für den Menschen. Doch
die platte, oberflächliche und irreführende Exegese der „christlichen“ Kirchen,

258
die das Evangelium einzig und allein auf das Trugbild des Sühneopfers Yahshuas am
Kreuz reduziert - eine rein paulinische Irrlehre, die niemals auf die Worte Yahshuas
zurückgeführt werden könnte -, hat dies über Jahrhunderte in die Köpfe der
Menschen eingebrannt, die natürlich lieber an diesen Freibrief zur Errettung glauben,
als an die (für die fleischlich Gesinnten) viel zu bittere Pille der notwendigen
Selbstverleugnung der Seele. Doch auch das wurde schon früh vorausgesagt: "Denn
es wird eine Zeit sein, da sie die gesunde Lehre nicht ertragen, sondern nach ihren
eigenen Begierden sich selbst Lehrer aufhäufen werden, weil es ihnen in den Ohren
kitzelt." Das tragisch-komische daran ist, dass genau solche Verse von denen zitiert
werden, die sie ansprechen sollen, wenn man sie auf die gesunde Lehre hinweist.

"Der Logion erklärt das Warten auf das Kommen in seinem wahren, tiefen und
verborgenen Sinn. Das Reich ist unendlich, es ist ewig, es kann nicht kommen,
sondern muss entdeckt werden, denn es ist schon da; es kann nicht kommen, denn es
gibt keinen Ort, den es nicht seit Anbeginn der Zeit eingenommen hat. Der Geist des
Menschen ist das Reich Gottes, und das, was wir das Kommen des Reiches Gottes
nennen, das Kommen, auf das die Christenheit wartet, ist in Wahrheit die Öffnung
des Bewusstseins für das Licht des Menschensohnes, das Licht, das Wissen und
Leben ist und das wir im Grunde genommen sind und immer waren, ohne es zu
wissen. Das dritte Evangelium sagt dies sehr deutlich: Das Kommen des Reiches
Gottes lässt keine Beobachtung zu, und es wird niemanden geben, der sagt: Seht hier!
Seht dort! Denn das Reich Gottes ist in euch. Das Heil des Menschen, der Sinn des
Kommens, vollzieht sich durch die Offenbarung Gottes in der Seele. Dies ist ein
entscheidendes Ereignis im Leben eines jeden Menschen, aber ein intimes,
persönliches, nicht übertragbares, das von absoluter Stille in der Seele und der
Erlösung des Geistes begleitet wird. Es hat nichts mit kosmischen Katastrophen oder
mit dem Ende der Welt zu tun, schon gar nicht mit der Zerstörung eines Tempels,
auch wenn sich dieser in Jerusalem befindet. Die Berichte der synoptischen
Evangelien und mit ihnen die kirchliche Tradition sind jedoch den offensichtlichen
Erscheinungen gefolgt, und das hat sie dazu gebracht, eine gegenseitige Abhängigkeit
zwischen so unterschiedlichen und heterogenen Dingen wie der Entdeckung Gottes in
der Seele und der Auflösung der Welt in einer himmlischen Feuersbrunst zu sehen.
Die Endzeit-Rede in Markus 13 und, mit einigen Abweichungen, in Matthäus 24
scheint aus schwer erkennbaren Gründen die mystische Vermählung der Seele mit
dem Untergang der Himmelskörper und der Sterne inmitten eines Ausbruchs
kollektiven Wahnsinns der Menschen zu vermischen, von denen sich viele plötzlich
in wahnsinnige Mörder und Verräter verwandeln. Wenn man die Endzeit-Rede strikt
im Sinne der verborgenen Exegese studiert, als Ankündigung eines Ereignisses, das
sich in der Seele abspielt und ausschließlich das Individuum betrifft, wird es möglich,
zu verstehen, dass das einzige Thema der Endzeit-Rede die Erlösung des Menschen
ist, sein letzter Akt in der Welt, wenn er die Herrlichkeit des Sterbens in Christus
erlangt und mit dieser Verherrlichung durch den Vater die Auferstehung im Geist
empfängt. Es beschreibt in Begriffen, die das Leiden und die Auferstehung Jesu
aufgreifen, das Leiden und die Auferstehung eines jeden Menschen, sobald er in sich
den pneumatischen Menschen entdeckt und sich in den Auserwählten verwandelt hat.

259
Ein solcher Mensch mag weit entfernt sein von der paradigmatischen Größe des
Christus, der sich ans Kreuz nageln ließ; und doch erneuert der innere Christus dieses
Menschen in einer abgeschwächten Art in ihm das Opfer des Lammes Gottes, das
Jesus als Vorzeichen dieser Erkenntnis dargebracht hat. Um das Wesen Gottes zu
finden, ist es für jeden Menschen notwendig, sich selbst als Opfergabe darzubringen
und in das Opfer seines eigenen Wesens, seines psychischen Selbst, einzuwilligen.

Die Zerstörung des Tempels (Markus 13:1-4; Matthäus 24:13; Lukas 21:5-7): Vers
1. "Und als er aus dem Tempel heraustrat, sagt einer seiner Jünger zu ihm: Lehrer,
sieh, was für Steine und was für Gebäude!" Jesus sprach im übertragenen Sinn vom
Tempel und gab zu verstehen, dass er sich auf seinen Körper bezog. Wenn die
Evangelisten nun in der Rede davon sprechen, dass Jesus den Tempel verlässt, so ist
dies ebenfalls bildlich als Beginn eines von Jesus geäußerten Gedankens zu
verstehen, der sich aus der Nicht-Identifikation mit seinem Körper ergibt. Die
Reaktionen der Jünger, die diese Identifikation noch nicht abgelegt haben, oder sich
auf das prunkvolle Tempelgebäude beziehen, sind erfüllt von Bewunderung für diese
Tempel, diese Bauwerke oder Körper, die sie sehen. Vers 2. "Und Jesus sprach zu
ihm: Siehst du diese großen Gebäude? Hier wird nicht ein Stein auf dem anderen
gelassen werden, der nicht abgebrochen werden wird." Jesus erklärt den Jüngern die
Vergänglichkeit des menschlichen Körpers und des von Menschenhand gebauten
Tempels. Kein Stein, der dem Eckstein, dem ewigen inneren Christus, vorgezogen
wird, kann der Zerstörung durch die Zeit entgehen. Am Ende, wenn alles vollendet
ist, wird nur der ewige Stein Bestand haben. All dies bezieht sich vor allem auf den
Tempel im übertragenden Sinn, den menschlichen Körper.

Fragen der Jünger: Vers 3. "Und als er auf dem Ölberg dem Tempel gegenübersaß,
fragten ihn Petrus und Jakobus und Johannes und Andreas für sich allein." Es gibt
keine Pause zwischen dem Verlassen des Tempels und dem Sitzen auf dem Ölberg.
Auf den vorübergehenden Zustand des Verlassens, des Gehens, folgt nun der des
Sitzens. Der Psalmist sagt, dass der Herr, der Gesalbte, für immer zur Rechten Gottes
sitzt. Aber Jesus ist noch nicht auferstanden und sitzt nicht zur Rechten des Vaters,
sondern auf dem Ölberg, gegenüber dem Tempel. Der Berg symbolisiert eine höhere
Sphäre und ist deshalb immer der Schauplatz jeder Theophanie. Aber der Jesus, der
dort sitzt, ist nicht der Jesus, der in seinem leidenden Körper ans Kreuz gehen wird,
sondern Jesus, der Lebendige, der psychische Jesus, der von Gott geweihte,
derjenige, der seine Salbung erhält. Deshalb sitzt er auf dem Berg in der Nähe von
Gethsemane, wo die Presse steht, um das Öl der Weisheit zu gewinnen, das der Geist
Gottes über ihn ausgießt. Vom Berg aus blickt Jesus auf den Tempel, als wäre er
seinem wahren Wesen fremd, ihm gegenüber, nicht in ihm. Markus wiederholt hier
die Szene, in der Hesekiel, der die Herrlichkeit Gottes sah, den Tempel verließ, um
auf dem Ölberg zu verweilen. Matthäus sagt, dass die Jünger dann privat (zu Jesus)
kamen; aber Markus gibt an, dass es nur die vier waren, die er nennt. Es ist möglich,
dass die Annäherung an Jesus, den Lebendigen, so zu interpretieren ist, dass diese
Jünger den Zustand höherer Wahrnehmung erreicht haben, der es ihnen ermöglicht,
auf derselben Bewusstseinsebene zu sein wie der Meister.

260
Auf jeden Fall kann der Ausdruck „privat“, den keiner der beiden Evangelisten
auslässt, darauf hinweisen, dass die folgende Rede nicht öffentlich übertragen werden
kann, so wie sie ist, vielleicht weil die Sprache, in der sie ausgedrückt wird, nicht von
dieser Welt ist. Ihr höherer Charakter erfordert eine Übertragung in die allegorische
Form eines Gleichnisses, damit sie bis zu einem gewissen Punkt in den Worten der
Welt verstanden werden kann. Vers 4. "Sage uns, wann wird das sein, und was ist das
Zeichen, wann dies alles vollendet werden soll?" (Matthäus: "Was wird das Zeichen
deines Kommens und des Endes der Welt sein?") In der Version von Markus werden
zwei Fragen gestellt, in der von Matthäus drei; aber in Wirklichkeit sind die zweite
und dritte Frage von Matthäus in der zweiten Frage von Markus enthalten. Die erste
Frage lautet: Wann wird dies geschehen? Nach dem Kontext bedeutet dies die
Zerstörung aller vergänglichen Steine in der Welt, die auf dem Eckstein sind, der vom
Herrn gelegt wurde. Das ist der wahre Stein, der das Gewicht aller verderblichen
weltlichen Bauwerke trägt, die auf ihm errichtet wurden. Wann werden all diese
weltlichen Bauten fallen, damit der pneumatische Mensch, der allein, rein und
unbefleckt ist, endlich offenbar werden kann? Die zweite Frage bezieht sich auf das
Zeichen, d.h. auf die charakteristischen Anzeichen dafür, dass diese Auferstehung des
Geistes, die Befreiung des durch die Unwissenheit der Menschen verdammten
Gastes, kurz vor der Erfüllung steht. Es ist klar zu verstehen, dass die Jünger nicht
nach dem Zeichen fragen, das sie in die Lage versetzt, das Kommen des wahren
Wesens zu erkennen, denn es war bereits klargestellt worden, dass dieses Zeichen
dieser menschlichen Generation nicht gegeben werden würde. Worum die Jünger
bitten, ist das Zeichen, dass die Verwirklichung bevorsteht. Die Verwirklichung ist die
Vollendung (Synteleia) der Aufgabe, die jeder Mensch in der Welt zu erfüllen hat,
und das ist dann das Kommen, die bleibende, nicht vergängliche Gegenwart des
Seins, die Verherrlichung des ewigen Geistes, der in der unvergänglichen Struktur des
Tempels wohnt. Diese Erkenntnis besteht unter anderem darin, dass der Mensch
weiß, dass er von oben und nicht von unten ist; dies weiß er, weil dem von oben
Geborenen das Bewusstsein verliehen wurde; oder - was auf dasselbe hinausläuft - er
weiß es, sobald er das Reich Gottes in seinem Herzen gefunden hat. Dieser neue
Mensch weiß, dass die Welt unten nichtig ist, da die Welt für ihn in seinem eigenen
Herzen zu einem Ende gekommen ist. Der Jünger hat die Macht erlangt, in der Welt
zu sein, ohne von der Welt zu sein, und das ist der Gipfel der Jüngerschaft. Darin
folgt der Jünger dem Vorbild Jesu, der, als er in der Welt war, nicht von ihr war, wie
er seinen Nachfolgern deutlich machte: Ihr seid von unten, ich bin von oben. Ihr seid
von dieser Welt, ich bin nicht von dieser Welt.

Der Anfang der Leiden (Markus 13:5-8, Matthäus 24:4-8, Lukas 21:8-11): Verse 5-
6. "Jesus aber begann zu ihnen zu sprechen: Seht zu, dass euch niemand verführe!
Viele werden unter meinem Namen kommen und sagen: Ich bin es! Und sie werden
viele verführen." Was Jesus, der Lebendige, seinen Jüngern zu sagen beginnt, ist die
Beschreibung des letzten Prozesses der Erlösung des Menschen, jenes mühsamen
Prozesses, der mit dem Kommen, der Entdeckung des Menschensohns endet. Damit
wird die Gegenwart des Geistes Gottes stabilisiert und dauerhaft; dann findet das
Bewusstsein seine eigene Identität, sein wahres Sein, sein wirkliches, ewiges Selbst,

261
das es nie mehr vergessen kann und das von da an in jedem einzelnen Augenblick
gegenwärtig ist. Was Jesus sagt, ist, dass diese Selbstentdeckung nicht frei von
Schwierigkeiten ist, weil sie nichts weniger bedeutet, als die Identifikation des
wahren Seins, nicht irgendein scheinbares, an Umstände gebundenes Ego, sondern in
Wahrheit das Selbst, das man ist. Nichts könnte mehr der Täuschung unterliegen als
die Absicht, unser wahres ICH BIN zu entdecken, und Jesus bemüht sich, uns alle
davor zu warnen. Bekanntlich neigt das Bewusstsein dazu, sich mit allem zu
identifizieren, was nicht wesensnotwendig ist: Name, Haus, Beruf, Kleidung, Körper,
Leidenschaften, Schmerz, usw. Jede einzelne Seite in der Geschichte eines Menschen
ist ein Zentrum der Identifikation für das Ego, sei es als Idee oder als Bild. Aber
Namen und Formen sind nicht das Selbst, nicht der Menschensohn, sondern nichts als
die Namen und Formen, die das Selbst sieht und kennt. All dies weht über das wahre
Selbst wie ein Windstoß, ohne es zu verändern, ohne es jemals zu erkennen, denn auf
der Reise des Menschen ist der Menschensohn, das wahre Selbst, immer der
Erkennende, niemals der Erkannte. Wenn Jesus ICH BIN sagt, dann aufgrund der
Tatsache, dass er als der innere Christus der ICH BIN ist, er ist das Sein aller
Menschen, die waren, sind oder sein werden, nach den Worten der Offenbarung: Ich
bin das Alpha und das Omega, der ist, der war und der kommen wird. ICH BIN ist
eine Behauptung der absoluten Einheit, ohne Pluralität. Diese Einheit, dieses
Zusammenkommen aller, hat Jesus sehnlichst herbei gewünscht, und deshalb sagte er,
dass er den Menschen eine gewaltige Feuertaufe, eine Taufe durch Erkenntnis im
Geiste, senden wolle, um sie herbeizuführen. Der biblische Ausdruck "Ich bin, der ich
bin" oder, wie es in der Septuaginta heißt, "Ich bin der, der ist [oder das, was ist]", ist
eine ausschließliche Behauptung, die die Dualität leugnet und bekräftigt, dass nur das
(Bewusst-)Sein ist. Es ist zugleich eine transzendente Realität, denn das Wesen des
Heiligen Namens, der Christus, der zugleich offenkundig und verborgen ist, ist der
Einzige, der in allem und in allen Wesen ist. Aber das wahre Sein, das wahre ICH
BIN, dessen Entdeckung die einzige wichtige und entscheidende Aufgabe ist, die dem
Menschen gestellt ist, der in Christus sein will, erfordert eine schwierige und
trügerische Suche, denn es ist allzu leicht, das Vergängliche für das Ewige zu halten
und sich darin zu verlieren. Jesus, der Lebendige, warnt uns vor solchen Irrtümern.
Vers 7. "Wenn ihr aber von Kriegen und Kriegsgerüchten hören werdet, so erschreckt
nicht! Es muss geschehen, aber es ist noch nicht das Ende." Die Kriege, von denen
der Text spricht, sind die inneren Kriege der Seele. Der Mensch, der zugleich
unwissend und ein Opfer ist, hält in seinem innersten, heiligsten Ort ein falsches Ich
fest, das, da es ein begrenztes Zentrum, eine Insel ist, der Ursprung der Zersplitterung
des Einen in Viele ist. Dieses Ego ist das Objekt des menschlichen Kultes, und
wahrlich, es stellt sich als der Widersacher des wahren ICH BIN auf. Doch wenn die
Seele eifrig nach Bekehrung (Metanoia) strebt, steht sie als ein Reich da, das mit sich
selbst gespalten ist. Der Krieg oder zumindest die drohende Gefahr eines Krieges
wird durch die Spannungen zwischen dem Sein und dem Sein-Wollen (letzteres ist
eine Form des Nicht-Seins) impliziert, und dies nimmt die Form eines
Kriegsausbruchs in der Seele an. Was Jesus damit sagen will, ist, dass diese Kriege
der Seele mit sich selbst notwendig sind; aber sie setzen dem Widersacher kein Ende,
auch wenn die Seele manchmal glaubt, dass sie ihr Ziel erreicht hat.

262
Deshalb warnt Jesus, der Lebendige, dass das Ende noch nicht gekommen ist. Vers 8.
"Denn es wird sich Nation gegen Nation und Königreich gegen Königreich erheben;
es werden Erdbeben sein an verschiedenen Orten, es werden Hungersnöte sein. Dies
ist der Anfang der Wehen." Die beiden Völker, die sich erheben werden und die
immer dann in der Seele auftauchen, wenn der Mensch sich auf die Suche nach dem
Licht der Erkenntnis begibt, werden in der Genesis in einem allgemeinen Gleichnis
beschrieben, das für die gesamte menschliche Generation gilt. Die Einbeziehung
dieses Gleichnisses in die Gleichniserzählung der Wiederkunft stützt sich auf das Alte
Testament und entspricht der üblichen Methode der Evangelisten. In der Genesis wird
erzählt, dass Rebekka Zwillingssöhne empfing, die in ihrem Schoß zusammenstießen.
Für sie war dieses Aufeinanderprallen gleichbedeutend mit einem Gefühl des
Krieges, das in ihr aufstieg, und als sie erkannte, wie schwierig es war, damit zu
leben, wandte sie sich an den Herrn, der zu ihr sagte: "Zwei Nationen sind in deinem
Leib, und zwei Volksstämme scheiden sich aus deinem Innern; und ein Volksstamm
wird stärker sein als der andere, und der Ältere wird dem Jüngeren dienen." Der
Ausdruck „ scheiden sich aus deinem Innern“ bedeutet, dass die beiden Völker vom
Bewusstsein erkannt werden. Und das ist die Bedeutung von Nation wird sich gegen
Nation erheben. Wenn es zu einem (inneren) Aufruhr kommt, d.h. wenn man sich
eines Zusammenstoßes gegensätzlicher Impulse bewusst wird, dann Dank des
rettenden Prozesses der Vergeistigung, den alle psychischen Inhalte durchlaufen,
wenn die Seele zur inneren Umkehr übergeht. Denken wir daran, dass die beiden
Völker in der Sprache des Alten Testaments die beiden Seelenanteile sind, die in der
Sprache des Alten Testaments die beiden Völker sind. Erstens die instinktive Seele,
die in der Gestalt Adams erwacht, Nefes, und zweitens der Atem der Vernunft, der
später, mit der Erschaffung Evas, kam und den ersten Adam aus seinem unbewussten
Traum herausholte. Der zweite Atem, Ruach, entstand als Nation, und die beiden
Nationen der Seele wurden zu zwei Völkern mit gegensätzlichen Impulsen: die erste,
instinktive, ist dem Körper/Leib zugetan, während die zweite, rationale, nach Wissen
strebt. Dieser zweite Impuls, die Sehnsucht nach Wissen, hat für die Seele, die sich
bereits in die Mutter aller Lebenden, die das Leben suchen, verwandelt hat, die
Spaltung herbeigeführt, die die Evangelisten hier erwähnen und die sie als Nation, die
sich gegen die Nation erhebt, ausdrücken. Dieser allgemeine Kampf wurde in der
Heiligen Schrift durch das Urteil gegen die alte Schlange vorausgesagt. Was den
Menschensohn und seine künftige Herrschaft über die Seele betrifft, wenn sie die
Vollendung ihrer Kriege erreicht, so wurde dies vom Psalmisten in gewisser Weise
gesagt: Ich will dir die Völker zum Erbe geben. Auch Jesaja bestätigt dies: Ich habe
ihn mit meinem Geist gesalbt, damit er den Völkern wahre Gerechtigkeit bringt. Dass
sich Königreich gegen Königreich erhebt, ist sehr leicht zu erklären, denn in Wahrheit
gibt es nur zwei Reiche, das Reich Gottes und das Reich des Satans, des
Widersachers, das in dem Abschnitt über die Verleumdung der Schriftgelehrten, auf
die Jesus mit einem Gleichnis antwortete: Wie kann der Satan den Satan austreiben?
Wenn ein Reich mit sich selbst uneins ist, kann es keinen Bestand haben. Was nun
folgt, ist der Beginn der Geburtswehen, die erste Phase der Zerstörung im hylischen
Menschen, im leidenden Körper, der Erde, der irdischen Bewusstseinsebenen, wenn
das Licht der Erkenntnis ins Bewusstsein einbricht.

263
Dies ist nicht das Ende. Es ist nicht die Offenbarung des Gottessohnes, aber es sind
die ersten Erschütterungen, das erste Einsetzen der Kraft, die alles zerstören wird,
was sich der Geburt, der Ankunft im Licht, der Wahrnehmung des Lichts widersetzt.
Der Hunger, der untrennbare Begleiter des Durstes nach Gerechtigkeit, ist das erste
wichtige Symptom in dem Menschen, der bald mit dem Brot und den Wassern des
ewigen Lebens gesättigt wird, die ersten Zeichen der Seligkeit, die ersten
Geburtswehen. Der Apostel entdeckt diese Schmerzen zweifellos im ganzen Leben,
denn alles, was lebt, will zum Licht aufsteigen und leidet, um es zu erreichen.
Deshalb sagt er: Von Anfang an bis jetzt seufzt die ganze Schöpfung, wie wir wissen,
in einem einzigen großen Geburtsakt. Der Prophet Micha sagt einfach zur Seele:
Wehre dich, schreie, Tochter Zion, wie eine Frau in den Wehen.

Die Präsenz des Heiligen Geistes: Verse 9 ff. "Ihr aber, seht auf euch selbst!" Für
Jesus bedeutet Wachsamkeit nicht Schlafentzug, sondern die Aufrechterhaltung eines
ununterbrochenen inneren Bewusstseinszustandes, der das unaufhörliche Wachstum
der Gegenwart des Herrn in der Seele ermöglicht. Anhand des Gleichnisses vom
Samen, der von selbst wächst, erklärt Markus das Geheimnis des spontanen
Wachstums des Reiches Gottes: Ein Mann streut Samen auf das Land. Tag und Nacht,
während er schläft und wenn er wach ist, keimt und wächst die Saat; wie, weiß er
nicht. Aber der Same, der im Menschen wachsen muss, ist von Ewigkeit her in ihm
gesät worden, und es ist nicht nötig, das Korn auszustreuen, damit es keimt und
wächst. Der einzige Faktor, der fehlt, ist die wachsame Aufmerksamkeit, denn diese
Achtsamkeit, diese Wachsamkeit ist selbst der einzige Kompost, den die Erde
braucht, um fruchtbar zu sein. Das ist der tiefe Sinn des Gleichnisses vom Sämann,
ein Gleichnis von größter Bedeutung, das in wenigen Worten die ganze Größe der
Lehre Jesu enthält. Das reine innerste Zentrum des Menschen, jenes Zentrum, in dem
es keinen Ruheplatz gibt, das aber jeder benennt und spürt, wenn er sagt ICH BIN, ist
das unbekannte Allerheiligste, in dem die von Gott gesäte Saat wohnt. Bevor er auf
der Erde im Fleisch geboren wurde, war er bereits an diesem geheimnisvollen Ort
gesät, und wie könnte Gott Früchte wachsen lassen und ernten, wenn der Same nicht
zuvor dort gesät worden wäre? Im eigentlichen Sinne bringt die Bekehrung eine
zunächst schwache, aber allmählich immer intensiver werdende Erkenntnis des
unsichtbaren Gottes mit sich, der im Allerheiligsten, im reinen Selbst wohnt. Diese
Erkenntnis entspricht dem Ertrag, den der Bauer im Gleichnis des Markus erhält, der
die Saat auf den Boden streut. Mit der Bekehrung, mit der Versenkung der
Aufmerksamkeit in das Herz der Herzen, beginnt der gesäte Same ganz natürlich
einen Prozess des Wachstums und der Reinigung, zwei Dinge, die bis zu einem
gewissen Punkt identisch sind. Die Unreinheiten, die in der Seele stecken, beginnen
dann aufzutauchen und sich ohne jede Aufforderung zu zeigen. Es ist, als wäre die
Seele mit den Ereignissen ihrer eigenen Geschichte imprägniert, und wenn sie ans
Licht kommt, verwandelt sich jede einzelne dieser Imprägnierungen in Asche und
befreit so die Seele von ihrer nutzlosen Last. Verstehen wir also das Wachsein als eine
Art, die Notwendigkeit zu betonen, im Zustand der Umkehr zu bleiben. Es ist eine
Form der Wachsamkeit, bei der der Wachsame über sich selbst wacht, da er selbst das
Objekt/Subjekt ist, in dem der Same Gottes wohnt.

264
Wenn die Achtsamkeit, das unaufhörliche, ununterbrochene Gewahrsein der
Gegenwart dieses Samenkorns vorhanden ist, wird es - wie das Gleichnis sagt - ganz
von selbst wachsen und reife Früchte tragen. Verse 9 und 10: "Euch werden sie an
Gerichte überliefern, und in den Synagogen werdet ihr geschlagen werden, und ihr
werdet vor Statthalter und Könige gestellt werden um meinetwillen, ihnen zu einem
Zeugnis; und allen Nationen muss vorher das Evangelium gepredigt werden." Die
goldene Regel, die es zu beachten gilt, wenn man sich bei der Auslegung des
Gleichnisses vom Kommen des Menschensohns nicht in versteckten Nebenwegen
verirren will, besteht darin, sich stets vor Augen zu halten, dass das, was hier gesagt
wird, eine verbale Wiedergabe der nonverbalen Botschaft ist, die Jesus, der
Lebendige, seinen Jüngern bei seiner Himmelfahrt zum Ölberg verständlich gemacht
hat. Die von Jesus erläuterten Ereignisse stellen keine vollständige Passion wie die
seine dar, die auch körperliche Leiden einschließt, denn die Zustimmung zu diesem
Leiden war ein Privileg für ihn selbst und für die, die er gestärkt hat. Die Passion, der
sich die Anhänger des Evangeliums unterziehen müssen, erfordert ein Kreuz des
Geistes, die völlige Verleugnung der eigenen Seele bis hin zur Vernichtung, die
vollständige Auslöschung jedes einzelnen der psychischen Elemente, die sich in ihr
sammeln und die in ihrer Gesamtheit das bilden, was wir Seele nennen. Das Leben,
das Adam, der lebendigen Seele, bei der Geburt als Leihgabe gewährt wurde, muss an
Adam, den lebensspendenden Geist, der es als Pfand seiner selbst gegeben hat,
zurückgegeben werden. Das ist es, was Jesus zur Ermahnung sagte: Jeder, der sein(e)
Leben (Seele) um meinetwillen und um des Evangeliums willen verliert, wird es (sie)
retten. Man wird nun verstehen, dass die vier in diesem Abschnitt angekündigten
Zeugnisse über die Passion, die alle wahren Anhänger des Evangeliums erleiden
müssen, eine Version der Passion betreffen, die die Psyche betrifft, während Jesus
sowohl im Fleisch als auch in der Seele litt: Meine Seele ist betrübt bis zum Tod.
Auch wenn Markus später noch einmal auf diese Zeugnisse zurückkommen wird,
kündigt er sie jetzt an, wobei er betont, dass alle, die die Frohe Botschaft in Wahrheit
sowohl instinktiv als auch rational in ihrer Seele - d. h. in den Nationen ihrer Psyche -
verkündet haben, sie erfüllen müssen. Alle Jünger müssen vor allen Gerichten, vor
denen sie angeklagt werden, Zeugnis für die Gerechtigkeit ablegen. Der Vorläufer
dieses Zeugnisses war das, als Jesus vor dem Sanhedrin stand, denn viele legten
falsches Zeugnis gegen ihn ab, indem sie erzählten, er habe gesagt, er werde das von
Menschen geschaffene Heiligtum zerstören. Und dieses Zeugnis entsprach nicht der
Wahrheit, denn heute wissen wir, dass er sich nicht auf das Heiligtum aus Naturstein
bezog, sondern auf das von Gott aus Ton geformte, das dem Menschensohn, dem
Eckstein, dem lebendigen Gott dieses Tempels als Wohnung dienen sollte.
Diejenigen, die Jesus nachfolgen, müssen Sanftmut zeigen, wenn sie vor den
sogenannten Priestern, die das Evangelium nicht kennen, Zeugnis ablegen. Das wird
deutlich von Jesus, dem Vorbild, erzählt, der vor ihnen erschien und Zeugnis ablegte,
während einige anfingen, ihn anzuspeien und sein Angesicht zu verhüllen und ihn mit
Fäusten zu schlagen und zu ihm zu sagen: Weissage! Diejenigen, die Jesus
nachfolgen, müssen den Geist Gottes, der in ihnen wohnt, den inneren Christus,
bezeugen, wenn sie von einem Statthalter befragt werden. Auf die Frage des Pilatus:
Bist du der König der Juden? war das Zeugnis Jesu: Du bist es, der das sagt.

265
Hier legten der verborgene Christus und der offenkundige Christus gleichzeitig
Zeugnis ab, denn er bekannte sich als König, nicht der Welt, sondern des Himmels,
nicht der Juden, sondern aller Menschen, wie es im Lied des Propheten heißt: Seht
nun, er kommt zu euch; er ist siegreich, er ist triumphierend. Als der Hohepriester,
der religiöse König dieser Welt, ihn vorher befragte: „Bist du der Christus?“,
antwortete Jesus: ICH BIN. Damit gab er ein vorbildliches Zeugnis für alle, die der
Frohen Botschaft vom Kommen des Menschensohns nachfolgen. Vers 11. "Und wenn
sie euch hinführen, um euch zu überliefern, so sorgt euch vorher nicht, was ihr reden
sollt, sondern was euch in jener Stunde gegeben wird, das redet! Denn nicht ihr seid
die Redenden, sondern der Heilige Geist." Was Jesus nach Matthäus zu den Zwölfen
sagte, wiederholt Jesus, der Lebendige, jetzt von seinem geistigen Standpunkt auf
dem Ölberg aus, und was er jetzt sagt, richtet sich direkt an alle, die dem Evangelium
folgen. Die wunderbare Tatsache, dass der Geist vom Bewusstsein Besitz ergreift,
was die Geburt im Geist ist, ein Ereignis, das nur stattfinden kann, wenn die Seele
sich hingibt, indem sie ihre Nichtigkeit, ihren absoluten Mangel an jeglichem Selbst,
bis hin zum Tod anerkennt, stellt sicherlich die härteste Prüfung im Evangelium
Christi dar. Die unterwürfige, fügsame Seele wendet sich dem Handeln Christi zu,
von dem sie die Verlobung zur Vorbereitung auf die heilige Hochzeit empfängt. Die
Seele wird dann mit dem heilig machenden Geist bekleidet. Einmal befreit, kann sie
ihn in Worten an die vielen Seelen weitergeben, die auf dieses Brot der Erkenntnis
warten. Die Worte, auf die die Seele hört, kommen zu ihr wie der Wind, denn es sind
Worte der Stille, das wunderbare Geschenk, das die geheiligte Seele erhält, wenn sie
alles aufgibt, wofür sie sich gehalten hat. Sie entdeckt, was sie wirklich ist, und kann
dann im Geist und in der Wahrheit sagen: ICH BIN. Vers 12. "Und es wird der Bruder
den Bruder zum Tod überliefern und der Vater das Kind; und Kinder werden sich
gegen Eltern erheben und sie zu Tode bringen." Noch einmal bezieht sich das
Evangelium auf die menschliche Familie, mit der wir bereits vertraut sind, da wir sie
an anderer Stelle studiert haben. Jetzt werden nur vier der fünf Personen erwähnt,
denn Jesus, der Lebendige, der psychische Jesus, schließt hier die Mutter aus,
nämlich hylischen, natürlichen, sterblichen Körper. Der Bruder, der einen anderen
Bruder in den Tod verrät, ist eines der beiden Völker, die die Seele spalten, die, wie
Vers 8 ankündigt, aufstehen werden, um gegeneinander Krieg zu führen. Derjenige,
der sich siegreich gegen seinen Bruder erhebt, wird im Alten Testament unter dem
Namen Jakob angerufen, der, nachdem er das Erstgeburtsrecht seines Ältesten erlangt
und mit Gott gerungen hatte, einen neuen Namen göttlichen Ursprungs erhielt: Israel.
Wiedergeboren von oben, aus dem Geist, nicht von der Frau, war Israel der biblische
Vorgänger Jesu, des verborgenen und offenkundigen Christus. Der andere Bruder, der
erstgeborene Zwilling, der aus dem Atem (Nefes) JHWHs im Paradies geboren
wurde, ist der Mann des Feldes (der Welt), der nach dem Evangelium dem Tod
überlassen wird, so wie der vergängliche Leib Jesu. Auch Markus spricht von einem
Vater, der sein Kind an den Tod verrät, aber das ist ein versteckter Hinweis auf die
archetypische Bedeutung von Judas, dem letzten der Zwölf, von dem der
Menschensohn schon früh in Gethsemane sagen sollte: Mein Verräter ist schon nahe.
Wenn Judas der Vater genannt wird, dann deshalb, weil nach dem, was im vierten
Evangelium erzählt wird, dass der Satan in Judas fuhr, als er das Stück Brot nahm,

266
das Jesus ihm gab, um ihn zu ermutigen, das zu tun, was er tun wollte und sollte.
Aber der Satan wird nicht umsonst der Widersacher genannt, denn im Herzen des
Menschen spielt er oft die Rolle des Vaters, wenn auch in der egoistischen,
trennenden Richtung, die er zu spielen vermag. Vater, wenn auch in der
selbstsüchtigen, trennenden Richtung, die er zu spielen vermag. Das muss erklärt
werden. Da der Geist Gottes im Menschen wohnt und den wichtigsten heiligen Platz
einnimmt, der ihm zukommt, ist der Geist in Wahrheit das Wesen eines jeden
Menschen, sein reines, ewiges Selbst. Aber das Bewusstsein des Menschen, das so
unbeständig und beweglich ist, erkennt den Geist Gottes nicht, so wie es sich selbst
nicht kennt; es kennt das reine, ewige Selbst nicht, denn beides sind Namen für
dieselbe Sache: Wenn man „den Geist Gottes“ sagt, ist das - hier - dasselbe, wie wenn
man „Ich“ sagt. Leider benennt der Mensch, wenn er Geist sagt oder wenn er Ich
sagt, nicht die Sache, die er benennen sollte, sondern ein Wort, das er benutzt, um
darzustellen, was er in seinem Bewusstsein denkt. Es ist offensichtlich, dass ein Wort
an sich nicht die wahre Bedeutung liefern kann, sondern eine zufällige, die vom
Bewusstsein geschaffen wird. Was das reine Selbst anbelangt, so nannte Jesus es mit
dem Ausdruck ICH BIN, und zwar nicht, um das Personalpronomen Ich
auszusprechen, sondern um zu erklären, dass er sich damit nicht auf das begrenzte
persönliche ICH bezog, das sich viele vorstellen, wenn sie Ich sagen, sondern auf das
universelle ICH, das kein Zentrum hat und in seiner Bedeutung Gott, dem Vater,
entspricht. Dann sagte er also: ICH BIN. Die Bedeutung, die ein Mensch im Sinn hat,
wenn er Ich als Personalpronomen sagt, ist im Gegenteil eine Insel, ein
individualisiertes Zentrum. Zweifellos erzeugt die innere Existenz dieses
psychologischen Ichs, dieses missratenen Zwergs des Verstandes, die Idee eines
kleinen Blechgottes, der in völligem Gegensatz zu allen Bestrebungen nach Einheit
steht, die dem ewigen, universellen Selbst eigen sind. Diese Opposition ist die
Nation, die sich gegen die Nation erhebt, von der die Schriften berichten. Gegen den
heiligen Namen Gottes, Ich Bin, der Ich Bin, erhebt sich im Menschen die Idee eines
persönlichen, psychologischen Ichs, das die Alten mit dem mythischen Namen Satan,
der Widersacher, bezeichneten, und das seine Macht zur Schau stellt. So entsteht in
fast allen anthropologischen Häusern immer wie ein Spiegelbild gegenüber dem
Ewigen Vater ein falscher Vater, dessen geheimes Mittel zum eigenen Überleben
darin besteht, den Sohn gefangen zu halten. Das ist es, was Judas tat, Judas als
archetypische Darstellung des Satans im Evangelium, die historische Frucht des
Urteils gegen die alte Schlange, die sich um die Füße des Ich Bin schlängelt. Doch in
der Vollendung des evangelischen Prozesses des Menschen ist es immer der Sohn,
der sich am Ende als Sieger über den falschen Vater erheben wird. Die Erkenntnis der
Wahrheit und der Glaube an das Kommen des Menschensohns sind die Waffen, die
den Sieg bringen. Vers 13. "Und ihr werdet von allen gehasst werden um meines
Namens willen; wer aber ausharrt bis ans Ende, der wird gerettet werden." Der Hass,
von dem dieser Vers spricht, ist der Hass der Finsternis auf das Licht, das sie nicht
kennt. Damit wird das Gesetz erfüllt, denn, wie der Psalmist singt: Sie haben mich
ohne Grund gehasst. Wenn Jesus, der Lebendige, seinen Jüngern sagt, dass sie von
allen Menschen gehasst werden, dann spricht er nicht von Verfolgungen, die von
außen über sie hereinbrechen werden; was er erklärt, ist, dass alles im Menschen,

267
was irdisch und an die Welt gebunden ist, eine natürliche Ablehnung gegenüber der
Offenbarung des Menschensohnes empfindet. Und da er nicht von dieser Welt ist,
hassen und verleugnen sie ihn, weil sie ihn nicht kennen. Daher die Schwierigkeit,
am Ende das Reich des Lichts zu erreichen, denn dies ist ein Vorhaben, das inmitten
all der Anhaftungen, die das Ich Bin umhüllen, entstehen muss. Die Kraft der
Trägheit, die von diesen Anhaftungen ausgeübt wird, führt dazu, dass man in der
Dunkelheit wandelt, ohne sich jemals von der Erde zu erheben. Deshalb wird von
denen, auf die das Licht schien, gesagt, dass sie in einem Land des tiefen Schattens
lebten. Es ist auch nicht so, dass das Reich Gottes nicht in der Welt wäre, sondern es
ist vielmehr so, dass die Welt es nicht sieht, und da es für die Welt unsichtbar ist, sagt
man, dass es nicht von der Welt ist, obwohl es in der Welt ist. Das Ziel ist die
Verwirklichung der Aufgabe eines jeden Menschen. Dieses Ziel ist individuell und
hat nichts mit der endzeitlichen Zerstörung der Welt zu tun. Das bedeutet einfach,
dass die Verwirklichung eines Menschen, der das Leben erlangt hat, die
Verwirklichung eines Menschen ist, der nicht von der Welt ist, aber auch nicht von ihr
abgewichen ist. Dies sagte Jesus zu seinen Jüngern, als er und sie alle noch in der
Welt waren: Ihr gehört nicht zur Welt, denn meine Wahl hat euch der Welt entzogen.

Der Gräuel der Verwüstung (Markus 13:14-16, Matthäus 24:15-28, Lukas 21:20-
21): Vers 14. "Wenn ihr aber den Gräuel der Verwüstung stehen seht, wo er nicht
sollte [In Matthäus: "an heiliger Stätte stehen seht] – wer es liest, der merke auf!".
Die Tatsache des Sehens kommt als Ergebnis des Schauens. Seelen, die Läuterung
suchen, tun dies mit angezündeter Lampe und einem guten Vorrat an Öl; das sind
kluge, wachsame Seelen, und so sehen sie, entdecken sie, erkennen sie. Das bringt an
sich schon Erlösung, denn was verborgen war, wird offenbar, und so erfährt die Seele,
was sie nicht wusste. Dies ist die von Jesus gelehrte Methode, um die Frohe
Botschaft zu verwirklichen. Zuerst kommt die Bekehrung, dann das aufmerksame
Beobachten, und schließlich, was zählt, ist alles eine Frage des Sehens und
Erkennens. Wenn diese dritte Stufe erreicht ist, wird alles, was da war, offenbart und
alles, was erreicht werden sollte, vollendet. Dies geschieht mit dem, was der
Evangelist den Gräuel der Verwüstung nennt, der aus dem Buch Daniel und dem 1.
Makkabäerbuch stammt. Der Gräuel bezieht sich auf alles, was unrein und
abscheulich ist, und die Verwüstung auf das, was verwüstet, verödet und damit
unfruchtbar geworden ist. Was Jesus, der Lebendige, durch seine Jünger für die
gesamte menschliche Generation deutlich machen will, ist nach seinen Worten, dass
das geistige Herz des Menschen, das verborgene Allerheiligste, das jeder zu benennen
versucht, wenn er ICH BIN sagt, von Anbeginn der Zeit als Wohnstätte des Geistes
Gottes vorgesehen war. Wenn der Geist Gottes in diesem Heiligtum zu Hause ist, ist
er das wahre, unbefleckte Wesen des Menschen. Aufgrund ihrer Unkenntnis des
Wesens – des wahren Selbst - bedeckt die Seele den Geist Gottes mit einem
Schattenschleier, so dass, wenn die Seele sagt: "Ich bin", ist das, was sie sich darunter
vorstellt und damit meint, nicht der Geist Gottes ist, sondern ein Usurpator, ein
Nachahmer (ein Antimimos) des Geistes, ein abscheuliches Ego psychologischen
Ursprungs, mit anderen Worten, eines, das nur vom Verstand geschaffen und
aufrechterhalten wird.

268
Im Gegensatz zum wahren Selbst, der ewigen Quelle des Lichts und des Lebens,
errichtet die Seele also ein sterbliches Ich, das auf die Unsterblichkeit neidisch ist, die
es nicht besitzt, und das, indem es mit seiner imaginären Gegenwart spielt, als
Widersacher Gottes auftritt. Das ist es, was mit seiner imaginären Präsenz spielt und
sich als Gottes Widersacher aufspielt. Dies ist es, was Daniel prophezeite, als er
sagte: Seine Truppen werden kommen und die Zitadelle des Heiligtums entweihen;
sie werden das immerwährende Opfer abschaffen und den unheilvollen Gräuel dort
aufstellen. Diese Entweihung bestand in erster Linie in der Abschaffung des
immerwährenden Opfers, der ständigen Anbetung im Geist und in der Wahrheit für
das Volk Gottes. Dieses, das Volk Gottes, besteht aus all den einzelnen brennenden,
jungfräulichen Lampen, in denen der Geist Gottes leuchtet. Wenn eine dieser Lampen
keine Anerkennung ihrer Existenz erfährt, ist dies gleichbedeutend mit dem
Aufstellen des verhängnisvollen Gräuels auf dem Altar der Holocausts. Im Gegensatz
dazu wird der nächste Akt als Prolog zu einer Quarantäne der Reinigung in der Wüste
gesehen und realisiert. In diesem heiligen Übergang, der trostlos erscheint, ist der
Protagonist der Trostlosigkeit immer der Widersacher. Nach den Berichten der
Evangelisten hat Jesus in der Wüste das vollbracht, was der Geist beschlossen hatte,
und als er den Bösen fand, hat er ihn von dem Ort - aus seinem Herzen - vertrieben,
wo er kein Recht hatte zu sein. Auf diese Weise lehrte er das Werk der Erkenntnis,
das jeder Mensch vollbringen muss, bevor er seinen Weg des Evangeliums geht. Dies
wird im zweiten Brief an die Thessalonicher erklärt: Es kann nicht geschehen, bis die
große Revolte [Verneinung des wahren Selbst] stattgefunden hat und der Rebell, der
Verlorene, erschienen ist [entdeckt worden ist]. Das ist der Feind, der behauptet, so
viel größer zu sein als alles, was die Menschen "Gott" nennen, so viel größer als
alles, was angebetet wird, dass er sich in Gottes Heiligtum [im Allerheiligsten]
einnistet und behauptet, er sei Gott. Wenn man dem Beispiel Jesu in der Wüste folgt
und den Bösen, den Rebellen, vertreibt, wird klar, dass es nie etwas anderes als den
Geist Gottes an der heiligen Stätte gab, denn es gibt nur einen Herrn, und es kann
nicht zwei geben. Es war die Seele, die zwei Herren sah, wo es nur einen gab. Es war
die Seele, die eine Insel sah, die vom Sohn des Verderbens regiert wurde, wo in
Wirklichkeit der unendliche Ozean des Sohnes Gottes war. Zu keiner Zeit und an
keinem Ort saß der Widersacher jemals auf Gottes Thron. Die Ermahnung des
Evangelisten „wer es liest, der merke auf!“ zeigt, dass das von Markus und Matthäus
verfasste Werk eine Niederschrift der Äußerungen Jesu, des Lebendigen, ist und dass
der Bericht, den sie überliefern, ein großes Gleichniselement enthält, von dem die
Evangelisten befürchten, dass es nicht verstanden werden könnte. Verse 14b bis 16:
"dann sollen die in Judäa auf die Berge fliehen; wer auf dem Dach ist, soll nicht
hinabsteigen und nicht hineingehen, um etwas aus seinem Haus zu holen; und wer
auf dem Feld ist, soll nicht zurückkehren, um seinen Mantel zu holen." Mit dieser
Ermahnung zur Flucht empfiehlt uns Jesus, uns von allen psychischen
Bewusstseinsorten zu entfernen, die dem falschen Reich des Widersachers nahe
stehen. Wenn der Evangelist von Judäa spricht, meint er das wüste Land, das den
mythischen Wohnsitz des Zerstörers darstellt. In der Wüste von Judäa wurde Jesus
versucht, und dort fügte er dem Bösen die erste, einleitende Niederlage zu, als dieser
seine usurpatorische Präsenz manifestierte.

269
Erst viel später, als der Satan in Judas eindrang, erfüllte sich, was in der Heiligen
Schrift geschrieben steht: Der, der mein Brot geteilt hat, hat sich gegen mich
gewendet. Der Gegensatz zwischen Wüste und Berg, der der ganzen Schrift eigen ist,
bezeichnet den Unterschied zwischen den niedrigen, vom Usurpator verwüsteten
Orten und den hohen, für die Vergeistigung geeigneten Regionen, denn dort wohnt
Gott. Deshalb wird der Mann auf dem Dach ermahnt, dort oben in der Höhe zu
bleiben, die dem Berg entspricht. Er wird gewarnt, nicht in sein Haus hinabzusteigen,
um etwas zu holen. Lauft in die Berge... Die Evangelisten vergleichen das Haus und
alles, was darin ist, mit der Arche, die mit allen unbewussten Inhalten gefüllt ist, die
sich in der Seele festgesetzt haben. Jemand, der sich auf der reinen Höhe des
Hausdaches befindet, würde einen Rückschritt riskieren, wenn er sich diese in den
kritischen Tagen des Krieges gegen den Usurpator ins Gedächtnis rufen würde.
Ebenso wird demjenigen, der sich auf dem Feld - den unteren Regionen der Seele -
befindet, geraten, nicht umzukehren, um seinen Mantel zu holen. Möglicherweise
spielen die Evangelisten mit diesem Mantel auf die Identifikation mit dem Körper als
äußerer Hülle der Seele an. Die Warnung des Evangeliums erinnert uns daran, wie
Elia die Wasser (der Psyche) durchquerte, ohne nasse Füße zu bekommen, aber
seinen Mantel zurücklassen musste. Er kehrte nicht zurück, um ihn zu holen, sondern
zog es vor, im Feuerwagen mitgenommen zu werden.

Jene Tage (Markus 13:17-20; Matthäus 24:19-22; Lukas 21:23): Vers 17: "Wehe aber
den Schwangeren und den Stillenden in jenen Tagen!" Schwangere Frauen sind
Seelen, die Geburtswehen erleiden und kurz davor stehen, den aus der Höhe
Geborenen zu gebären, die Frucht des Geistes. Für sie nähert sich der Tag des
Kommens des Herrn, und Jesus, der Lebendige, empfindet Schmerzen für die Seelen,
die, wenn ihre Zeit naht, noch nicht alles in jener Hingabe aufgegeben haben, die in
der völligen Selbstverleugnung gipfelt. Jesus spricht mehrmals von diesen Seelen, die
den in ihnen wohnenden Christus klar erkennen, aber ihre Seele (Psyche = ihr Leben)
nicht bis zum Sterben in Christus verleugnen können, weil sie sich zu sehr lieben.
Jesus sagt, und der dritte Evangelist erinnert uns daran, dass diese Verneinung von
allem, was nicht Erlösung ist, sich auf die gesamte fünfköpfige menschliche Familie
erstrecken muss. Nur so ist es möglich, Christus zu folgen und mit ihm eins zu
werden. Das Bild der schwangeren Frau als Metapher für die Seelen, deren Hunger
und Durst nach Erkenntnis erst nach der Zerstörung der in ihnen wachsenden Früchte
der Welt gestillt werden kann, findet sich im Alten Testament häufig. Schließlich
enthält der 1. Thessalonicher einen Text, der die gemeinsame Beziehung für die
Hermeneutik des Evangeliums vom Tag des Herrn, das Bild der Schwangeren
(Seelen) und die Frucht dieser Welt, die abgelehnt werden muss, offenbart: "Denn ihr
selbst wisst genau, dass der Tag des Herrn so kommt wie ein Dieb in der Nacht. Wenn
sie sagen: Friede und Sicherheit!, dann kommt ein plötzliches Verderben über sie, wie
die Geburtswehen über die Schwangere; und sie werden nicht entfliehen." Was die im
Neuen Testament so häufig vorkommenden Ausdrücke wie jener Tag, der Tag, jene
Tage usw. betrifft, insbesondere wenn es um das Kommen des Menschensohns geht,
scheint es notwendig, einen kurzen Exkurs zu machen, um ihre Bedeutung vom
verborgenen Standpunkt aus zu klären.

270
Die Bedeutung des Wortes „Tag“: Aus offensichtlicher Sicht bezeichnen Ausdrücke
wie der Tag, die Tage usw. einen unbestimmten Zeitraum, den das theologische
Bewusstsein nicht zu bestimmen vermag, abgesehen davon, dass es einen kollektiven
Prozess der Bedrängnis ableitet, der sich den Daten zufolge vom Beginn einer
angeblichen Invasion bis zur Zerstörung des Tempels, die im Jahr 70 stattfand,
abgespielt haben muss. Zu diesen begrenzten bekannten Daten fügen einige etwas
hinzu, was sie als eine zweite Zeitspanne (eine weitere Reihe von "jenen Tagen")
ansehen, in der mit dem Ende einer weiteren Zeit der kollektiven Bedrängnis die
Ankunft des Menschensohns stattfinden soll, die vielleicht mit dem Ende der Welt
zusammenfällt. Vom verborgenen Standpunkt aus betrachtet, ist die Ankunft des
Menschensohns jedoch das gesegnete Geheimnis der Vergöttlichung, das jeder treue
Nachfolger Christi als Erlösung seines Lebens erwarten kann. Folglich ist es ohne
jede kollektive Bedeutung. Das Kommen ist ein individuelles Ereignis, und wenn
auch die Grundzüge dieses vom göttlichen Plan für die gesamte menschliche
Generation vorbereiteten Geschehens gleichnishaft als eine gemeinsame Episode
beschrieben werden können, wie es die Evangelisten getan haben, so gibt es doch
keine bestimmte Zeit, in der dies geschehen soll, und kann es auch nicht geben.
Ebenso wird es nie ein irdisches Zeichen geben, das jemanden, der nicht Gegenstand
des Geheimnisses ist, in die Lage versetzt, die Erscheinung, das Wachstum und die
dauerhafte Verankerung des von Gott gesäten Samens, des verborgenen Christus, der
fest im geistigen Herzen eines jeden Menschen steht, in seinem Bewusstsein zu
betrachten und zu spüren. Was das Wort Tag anbelangt, so ist zu verstehen, dass es
für eine Abstufung oder einen Übergang des Lichts verwendet wird, das in seinem
höheren Sinn als ewiges Leben und Quelle der Erkenntnis verstanden wird. Diese
Bedeutung wird von der Genesis erklärt und bestätigt: Gott nannte das Licht „Tag“.
Wenn wir also zu einem Kapitel kommen, das sowohl von der Thematik als auch
vom Schleier der Allegorie her so ausgesprochen okkult (verborgen) ist wie Markus
13, kann es keine Rechtfertigung dafür geben, dass Theologen zwanzig Jahrhunderte
lang bis in die heutige Zeit hinein diese Tage zeitlich interpretiert haben, obwohl klar
ist, dass sie nur unter dem Blickwinkel der Lichterkenntnis Sinn machen können.

Die Tage des Menschensohns (Lukas 17,22-26): Vom verborgenen Standpunkt aus
ist das Kommen des Menschensohns zur Wahrnehmung durch das Bewusstsein, d. h.
die Entdeckung und Festigung des ICH BIN, identisch mit dem Gericht, der
Erlösung, dem Tag Christi und dem Dritten Tag. In keinem einzigen dieser Fälle
bezieht sich das Wort Tag auf eine Zeitspanne. Es spricht immer vom Zugang zu
einer Situation, in der der Geist Gottes als das ICH BIN eines jeden Menschen
gegenwärtig ist. Gleichzeitig ist es die Wahrnehmung des Lichts im Sinne des ewigen
Lebens und der Erkenntnis. a) Jener Tag (auch jene Tage, dieser Tag, an seinem Tag,
mein Tag). Dies ist manchmal ein stereotyper Ausdruck, wie es oft der Fall ist, wenn
das Wort Tag vorkommt, ohne jegliche chronologische Präzision und doch bis zu
einem gewissen Grad chronologisch. Bei anderen Gelegenheiten bezieht sich dieser
Ausdruck jedoch auf den Tag, an dem der Menschensohn kommen wird, zusammen
mit dem Jüngsten Gericht. In ihrem wahren Sinn strebt diese Erwartung, das Warten
auf jenen Tag, nach der Fülle der Betrachtung des Seins. b) Der Tag des Gerichts,

271
des Zorns, des Heils, der Erlösung). Das Kommen des b) Der Tag des Gerichts, des
Zorns, des Heils, der Erlösung). Das Kommen des Menschensohns und die
Betrachtung des Seins unterscheiden sich nicht von einem Akt des Gerichts, bei dem
der Mensch sich selbst (sein psychisches Bewusstsein) verleugnet und damit alles in
sich vernichtet, was nicht der Menschensohn ist. Diese Verleugnung ist das Urteil,
und beides ist das Kommen, so wie das Verschwinden der Finsternis Licht ist, auch
wenn dies nicht beabsichtigt war. In diesem Licht der Erkenntnis und des ewigen
Lebens wird das Bewusstsein, das Selbstverleugnung und Gericht erreicht hat,
ertränkt, und das ist der Tag, wie es auch die Erlösung ist. Der Tag des Gerichts ist
ein Ausdruck, der Matthäus eigen ist, doch wird das Gericht manchmal erwähnt, wie
in den Tagen von Sodom und Gomorra, in den Tagen Lots oder in den Tagen Noahs,
als er in die Arche ging, um sich vor der Sintflut zu retten. c) Am dritten Tag, nach
drei Tagen, am letzten Tag (Matthäus 12:38-40, 16:21, 17:23, 20:19, 27:64; Lukas
13:32, 24:7, 21; Johannes 6:39-40). Die drei Tage, von denen Jesus spricht,
bezeichnen nicht die Zeit, sondern das vollständige Intervall eines Übergangs zur
Erlösung des pneumatischen Menschen. Dieser Übergang besteht aus drei
aufeinanderfolgenden Phasen, denn das Szenario ist das der drei Sphären oder Reiche
des Kosmos. Auf die Auferstehung angewandt, erklärt dieser Übergang oder dieses
Passah in der verborgenen Exegese, dass der pneumatische Mensch, der in einem
sterblichen Körper gefangen ist, gefangen von den egoistischen Neigungen des
psychischen Bewusstseins, am Ende die Vereinigung mit dem Vater in der Fülle
seiner Herrlichkeit und Freiheit erreicht. Diese Vorstellung von den drei Tagen ist so
alt wie der Text der Genesis, denn ihr Ursprung liegt in den Worten der
Schöpfungsgeschichte. Viele Generationen lang muss sie zum besonderen Wissen der
besten Meister Israels gehört haben, und es gibt verschiedene Stellen in der Heiligen
Schrift, an denen davon die Rede ist; aber ihr Geheimnis muss so eifersüchtig gehütet
worden sein, dass es verloren gegangen zu sein scheint. Betrachtet man die ersten
dreizehn Verse der Genesis, so stellt man fest, dass sie den Teil des
Schöpfungswerkes erklären, der sich in drei Tagen abspielt. Die Schöpfung ist in
Wahrheit ein absteigender Prozess, in dem sich der Geist Gottes in drei verschiedenen
Königreichen manifestiert, und jedes Reich ist ein Tag. Von den drei Reichen ist das
erste das des Lichts, das zwar nicht geschaffen, aber benannt wurde. Deshalb heißt es,
dass das Licht, das Wort "Es werde Licht", ungeboren ist, denn es existierte bereits
vor der Schöpfung und war in Gott. Das einzige Werk Gottes in dieser Hinsicht war,
das Licht (Weisheit und damit Quelle der Erkenntnis und des ewigen Lebens) von der
Finsternis (keine Erkenntnis, kein Leben) zu trennen, denn es war Finsternis über der
Tiefe (Vers 2). Dann nannte Gott das Licht Tag und die Finsternis nannte er Nacht. Es
wurde Abend (Nacht) und es wurde Morgen (Tag): Der erste Tag (Vers 5). Bei der
späteren Erschaffung des Menschen ist das Licht, das erste Reich, das Abbild Gottes,
der verborgene Sohn, der in jedem Menschen in ungeoffenbarter Form ist. Das Licht
in der Lampe eines jeden Menschen ist das ewige Leben; aber der wahre Mensch ist
Licht, nicht die Lampe. Das zweite Reich war das Himmelsgewölbe, das Gott nach
der Heiligen Schrift Himmel nannte (Vers 8). Dieses zweite Reich war die erste der
beiden Schöpfungen Gottes im Anfang (Vers 1) und bestand aus einem
unzerstörbaren Gewölbe, das die unteren Wasser von den oberen trennt.

272
Diese Wasser waren Abend (Nacht) und Morgen (Tag): der zweite Tag (Licht). Im
Anthropos, der damals erschaffen wurde, waren die Wasser, das zweite Reich, die
beiden Quellen des vergänglichen Lebens, die sich eines Lebens erfreuten, das nicht
ihr eigenes war, sondern das sie vom Licht empfingen, das es mit Recht von Gott
besaß. Daher war sein Leben sterblich und nicht ewig, wie das des Lichts. Das
Wasser unten wurde Nefes genannt und das Wasser oben Ruach, und das ist der
Lebensatem der Menschen. Ruach hat die Natur des Wassers (des Lebens), das so
ausgestattet ist, dass es zur Erkenntnis und zum ewigen Leben aufsteigen kann, das
vom Licht kommt. Da sie sich über dem Gewölbe des Firmaments befindet, kann
Ruach diesen Aufstieg zur Einheit vollziehen; Nefes hingegen wird niemals über
diese von Gott über ihm gesetzte Grenze hinausgehen können. Bei den späteren
Christen wurden diese Wasser als Seele bezeichnet. Das dritte Reich bestand aus den
irdischen Gewässern (den Meeren) und dem (trockenen) Land, und dies ist das Reich,
das wir heute Materie nennen, weil es die Mutter aller Körper war. Auch in dieses
Reich kam der Geist Gottes bei seinem weiten Abstieg in die Tiefe, und so wurden
alle Körper je nach Art mit mehr oder weniger entwickeltem Leben ausgestattet, aber
immer mit leihweisem Leben, das von Natur aus vergänglich ist und aus jenen
Zentren unsterblichen Lebens hervorgeht, die der Schreiber Same nennt (Verse 11-
12). Und diese Wasser (die Meere) und dieses (trockene) Land mit Samen waren der
Abend (Nacht) und der Morgen (Tag) des dritten Tages (Licht). Im Anthropos, der
damals erschaffen wurde, wurden die Körper des dritten Reiches als vergängliche
Körper bezeichnet, da sie eine Mischung aus der Materie des dritten Reiches und aus
Nefes, den unteren Wassern des zweiten Reiches, waren. Auf diese Weise wurden die
drei Tage oder Reiche voneinander unterschieden, die in der objektiven Welt durch
das Element bezeichnet werden, aus dem sie bestehen: Feuer, Wasser und Erde,
während sie im Anthropos, der später geschaffen wurde, Licht (Geist), Seele und
Körper hießen.

(Anmerkung: Wie wir wissen, sind die natürlichen, manifesten Dinge der Erde ein
Abbild der übernatürlichen Dinge des / der Himmel, auf dass wir von den natürlichen
zu den übernatürlichen Dingen finden, denn im Irdischen sehen und erkennen wir nur
durch Begriffe und Bilder, die im Geistigen, Verborgenen nicht mehr nötig sind.
Genauso wie also der Mensch im glasklaren Wasser bei Tageslicht bis auf den Grund
schauen und sein Spiegelbild klar und deutlich sehen kann, so kann die Seele - wenn
ihre Wasser nicht mehr schmutzig und trüb sind, sondern durch die lebendigen
Wasser gereinigt wurden, und wenn das reine und ungetrübte Licht des Leben
spendenden Geistes über ihnen schwebt - ihr wahres göttliches Wesen, das Eins ist
mit dem Leben spendenden Geist, erkennen. So lesen wir im 1 st Book of Adam and
Eve: "Und im Norden des Gartens gibt es ein Meer aus Wasser, klar und rein im
Geschmack, anders als alles andere; so klar, dass man durch seine Klarheit in die
Tiefen der Erde schauen kann. Und wenn sich ein Mann darin wäscht, wird er rein
von seiner Reinheit und weiß von seinem Weiß - selbst wenn er dunkel war. Und Gott
schuf dieses Meer seiner Freude, denn er wusste, was aus dem Menschen werden
würde, den er schuf; so dass, nachdem er den Garten wegen seiner Übertretung
verlassen hatte, Menschen auf der Erde geboren werden sollten."

273
Im Essener Buch der Offenbarung, in dem es darum geht, dass der Mensch all die
vollkommenen Gaben des Lebens vom Vater-Mutter ins Gegenteil verwandelt hat,
lesen wir: "Und ich sah und erblickte den Engel des Wassers, und aus seinen Lippen
floss das Wasser des Lebens. Und er kniete über der Erde hin und gab dem Menschen
einen Ozean der Liebe. Und der Mensch ging hinein in die klaren und schimmernden
Wasser, und als er das Wasser berührte, trübten sich die klaren Ströme und die
kristallenen Wasser wurden Dunkel von Schlamm." Damit sind ebenfalls die Wasser
der Seele genannt, die der Mensch durch seine Abkehr vom himmlischen Vater-
Mutter von kristallklaren Wassern in Schlamm verwandelt hat. Dasselbe gilt für das
Feuer des Lebens (den Heiligen Geist), den der Mensch, wie ebenfalls im Essener
Buch der Offenbarung zu lesen, in das Feuer des Todes (den Geist der Welt, den
widersetzlichen Geist, verwandelt hat). Und im EHGOC sagt Yahshua zu den
Menschen: "Ihr, die ihr Durst habt, sucht das lebendige Wasser, das aus dem Himmel
kommt, das Wasser des Lebens, denn wer dieses trinkt, wird nie mehr dürsten.
Denn wie ihr das Wasser der Meere seht, das alles darin Befindliche wäscht und
reinigt, wisset, dass das Wasser von oben das Leben für eure Seelen ist. Denn süß und
erfrischend sind die lebendigen Wasser der Wahrheit, in denen die Gerechten baden
und sich am All-Frieden erfreuen... Die Lampen des Körpers sind die Augen.
Deshalb, wenn du klar siehst, wird dein ganzer Leib voller Licht sein. Wenn dir aber
deine Augen fehlen oder wenn sie trüb sind, so wird dein ganzer Leib finster sein.
Wenn nun das Licht, das in dir ist, Finsternis ist, wie groß wird die Finsternis sein!"
Die Augen sind das Werkzeug der Seele, mit denen sie sehen kann. Sind ihre Wasser
klar, wird der ganze Leib voll Licht sein, sind sie jedoch schmutzig und trüb, wird er
voll Finsternis sein. Schließlich lesen wir auch im Philippus-Evangelium darüber: "Es
sah einmal ein Apostelschüler in einem Traumgesicht Menschen, die in einem
Feuerhaus eingeschlossen waren. Gebunden lagen sie inmitten der Flammen. Sie
waren ins Feuer des Grimms geworfen worden und ins Wasser der Finsternis. Und
(die Umstehenden) sprachen zu ihnen: Ihr wäret imstande gewesen, euch zu retten.
Aber euer Wille band euch an die Sünde. Ihr habt diesen Ort, den man die äußerste
Finsternis nennt, als Strafe erhalten. Es ist der Ort des Feindes (des Todes). Seele und
Geist sind aus Wasser und Feuer entstanden. Aus Wasser, Feuer und Licht ist der
Sohn des Brautgemachs entstanden. Das (unsichtbare) Feuer ist das Salböl, das Licht
ist das (sichtbare) Feuer. Ich verstehe (unter dem Licht) nicht das unsichtbare Feuer,
sondern das andere, das weiß ist, schön leuchtet und Schönheit verleiht... Durch den
Heiligen Geist werden wir wiedergeboren. Geboren aber werden wir durch Christus.
In beiden Vorgängen werden wir gesalbt vom Geist. Indem wir geboren werden,
werden wir wieder (mit Gott) vereinigt. Niemand kann sich ohne Licht selbst sehen,
weder im Wasser noch im Spiegel. Andererseits sieht man auch im Licht nichts ohne
Wasser und Spiegel. Daher ist es notwendig, mit beidem getauft zu werden: mit Licht
und mit Wasser. Das Licht, aber ist die Salbung." Die Wasser von oben sind also die
Wasser der Psyche, der Seele, in denen sie badet. Auch hier gibt es jedoch wieder
eine Nachahmung, eine Täuschung und Illusion des Feindes, die die kristallklaren
Wasser in Schmutz und Schlamm verwandelt, und die erst durchdrungen werden
müssen, damit die Seele durch die sieben Himmel hindurch zu den ewigen Wassern
des Vater-Mutter gelangt, die sie reinigen und ihr ewiges Leben spenden.)

274
Fortsetzung des Kommentars: All dies erklärt die ersten drei Tage der
Schöpfungsgeschichte nach der Genesis. Gerade weil es sich um Schöpfungstage
handelt, entfalten sie sich in einem absteigenden Prozess. Was die Frohe Botschaft
darlegt, ist jedoch nicht der Ausgangspunkt des Menschen von der Schöpfung bis zu
seinem gegenwärtigen Zustand, sondern der Weg, den der auf der Erde
niedergelassene Mensch gehen muss. Diese Rückkehr ist eine aufsteigende
Bewegung, wie Jakobs Traum von der Leiter, an den Jesus erinnert, wenn er sagt: Ihr
werdet den Himmel aufgedeckt sehen und über dem Menschensohn die Engel Gottes
auf- und absteigen. Diese Leiter besteht aus drei Stufen oder Tagen, die in
entgegengesetzter Richtung zu denen der Schöpfung, d.h. der Wiederkunft,
zurückgelegt werden müssen, denn die Bewegung geht vom dritten Tag zum ersten,
der jedoch im Evangelium der dritte Tag, der letzte Tag, genannt wird. Die Rückkehr,
der Weg zurück, ist schmal, und so ist auch der Eingang zu ihm, wie Jesus sagte. Der
Mensch muss in der Welt, im dritten Reich, dem der Erde, beginnen, aber während er
aufsteigt, identifiziert sich sein Bewusstsein mit den immer feineren Schichten des
zweiten Reiches, dem der Seele. Und so geht es weiter, bis er irgendwann entdecken
kann, dass das Wesen seiner Seele nicht die Elemente sind, mit denen er sich
identifiziert, sondern das Wissen, das ihn aus dem Licht erreicht. Dann kann der
Mensch durch einen höchsten Akt der Selbstverleugnung mit dem Licht des ersten
Reiches eins werden, und so seine Rückkehr vollenden. Das Erreichen der Einheit
mit dem Licht wird als dritter Tag bezeichnet, und seine Ankunft ist die
Auferstehung. Als Abraham auf dem Berg Morija Holz für das Opfer hackte, das der
Herr von ihm verlangte, heißt es in der Schrift: Am dritten Tag blickte Abraham auf
und sah in der Ferne den Ort [des Opfers]. Die erste Vision der heiligen Stätte ist in
der Tat immer in der Ferne, weil die Augen noch nicht wissen, wie sie sie erfassen
sollen; und doch ist, wie das Evangelium sagt, das Reich Gottes ganz nahe. Dieses
Reich Gottes ist natürlich der erste Tag, auch wenn er als dritter Tag auf dem Weg der
Wiederkunft beschrieben wird, denn hier findet die Vollendung statt. Hier ist derselbe
Vorgang im Exodus: Sie sollen sich ... für den dritten Tag bereithalten, denn am
dritten Tag wird JHWH vor den Augen des ganzen Volkes auf den Berg Sinai
herabsteigen. Was wir Auferstehung nennen, ist letztlich nichts anderes als die
Ankunft des Bewusstseins im Reich des Lichts; aber die Leiden des Menschen auf
dem Weg zur Erlangung des inneren Gefühls der Gegenwart des Lichts finden nicht
nur auf der irdischen Ebene statt, sondern auch und vor allem in der Intimität der
Seele, im Zwischenreich; denn dort, im zweiten Reich, müssen die Inhalte des
vergänglichen Lebens, die sich in der Seele eingenistet haben, sterben, damit alle in
Unsterblichkeit verwandelt werden. Das ist es, was der Prophet Hosea meinte, als er
zur Rückkehr zum Herrn aufrief. Hosea drückte dies in Form von Tagen des Lichts
aus: "Er wird uns nach zwei Tagen neu beleben, [im Reich der Seele/Leben/Psyche]
am dritten Tag uns aufrichten, dass wir vor seinem Angesicht leben [mit ewigem
Leben, in Beständigkeit]." Auch das hat Jesus als Antwort auf die irdischen
Drohungen des Herodes erklärt: Seht! Heute und morgen treibe ich die Teufel aus
(Läuterung) und heile (Erkenntnis), und am dritten Tag erreiche ich mein Ende. Die
Bedeutung des Ausdrucks am dritten Tag ist zweifellos groß, denn diese Worte
kündigen die Passion an, den leidvollen Tod der Seele, und manchmal des Körpers,

275
gefolgt von der Auferstehung, die jeden Menschen erwartet. Als Paradigma für die
gesamte menschliche Generation kündigte Jesus dreimal ohne zu zögern die
Verhaftung, den Tod und die Auferstehung des Menschensohns an, in die er
sanftmütig einwilligte. Es ist wichtig, dass Jesus nicht nur seine eigene
Verwirklichung am dritten Tag ankündigte, sondern die der gesamten menschlichen
Generation. Jesus kündigte das einzige Zeichen an, das gegeben werden würde,
nämlich das des Propheten Jona. Er tat dies, damit ihn niemand mehr nach dem
Zeichen fragen würde, indem er sagte: Denn wie Jona drei Tage und drei Nächte im
Bauch des Meeresungeheuers [in der Welt] war, so wird der Menschensohn drei Tage
und drei Nächte im Herzen der Erde sein [in uns, in unserem irdischen Bewusstsein
gefangen].

Fortsetzung Markus 13: Vers 18. "Betet aber, dass es nicht im Winter geschehe!"
Der Text dieses Verses 18 sollte ausreichen, dass selbst die Exegeten der offenbaren
Bedeutungen akzeptieren, dass der Bericht über die Wiederkunft im 13. Kapitel des
Markusevangeliums nur als Gleichnis und folglich als ein verstecktes, den Prozess
der Erkenntnis betreffendes Datum erklärt werden kann, das sich auf die innere
Verwirklichung des Einzelnen bezieht, obwohl die Lehre für alle Menschen gültig ist.
Der Ausdruck im Winter ist hier als die Jahreszeit derer zu verstehen, die trocken im
Staub der Erde schlafen. Sein entsprechendes Gegenteil ist der Sommer, die Zeit,
in der diejenigen, die den Zustand der Gerechten erreicht haben, ihre Frucht der Fülle
und des Heils offenbaren werden. Dies ist die Erklärung, die Hermas im Buch "Der
Hirte" für die Symbolik der Winter- und Sommerzeit vorschlägt: (Denn) wie im
Winter die Bäume, die ihre Blätter abgeworfen haben, gleich sind und nicht zu
unterscheiden sind, welche verdorrt und welche lebendig sind, so sind auch in dieser
Welt weder die Gerechten noch die Sünder zu unterscheiden, sondern sie sind alle
gleich. Es ist wichtig, dass die Erklärung des Hermas mit der des Markus
übereinzustimmen scheint, indem er das Beispiel des Feigenbaums in sein Kapitel
aufnimmt, um, wie er sagt, das Verständnis der Lehre durch das Gleichnis zu
erleichtern, wo das Grün der zarten, grünen Feigenblätter das Herannahen des
Sommers anzeigt, wenn die Frucht des Heils offenbart werden kann. Vers 19: "Denn
jene Tage werden eine Bedrängnis sein, wie sie von Anfang der Schöpfung, die Gott
geschaffen hat, bis jetzt nicht gewesen ist und nicht sein wird." Die Bedrängnis oder
Trübsal, von der hier die Rede ist, ist der freiwillige Tod, den der Auserwählte freudig
durchmachen muss, bevor er den Menschensohn sieht. Dies ist ein Geheimnis, das
viele Mystiker kannten und das in den Evangelien an verschiedenen Stellen erwähnt
wird. Das, was Jesus Selbstverleugnung nennt, ist der Beginn der Bedrängnis oder,
anders ausgedrückt, der Geburtswehen, aber die vollständige Bedrängnis kommt,
wenn man die äußerste Grenze der Verleugnung erreicht. Markus sagt, dass diese
Bedrängnis die größte ist, die ein Mensch kennen kann, ein Tag, wie er ihn nie sehen
wird oder gesehen hat. Jesus beschreibt in paradoxer Weise einen Zustand äußerster
Bedrängnis und sagt, als der verborgene Christus, der Menschensohn: Jeder, der seine
Seele retten will, wird sie verlieren; wer sie aber um meinetwillen verliert, der wird
sie retten. Es ist nicht leicht, den Sinn dieses Logions in die innere Wirklichkeit zu
übertragen, denn der Doppelsinn des Wortes Psyche im griechischen Original - Seele,

276
Leben - errichtet darin eine erste Verständnisbarriere. Der manifeste Jesus fordert alle
auf, sich selbst zu verleugnen und so durch diese Negation und durch die Nachfolge
Jesu zur Kontemplation des (universalen) Menschensohns zu gelangen. Diese
Kontemplation kann jedoch erst dann stattfinden, wenn die Negation der Seele und
des vergänglichen Lebens, die sie voraussetzt, absolut geworden ist. Deshalb sagt
Jesus, dass man seine Seele (Psyche, das sterbliche Leben der Seele) verlieren muss,
um das ewige Leben (Psyche) zu erlangen, das in sich selbst der Menschensohn ist.
Anders ausgedrückt: Wer sein (ewiges) Leben retten will, muss zuerst bereitwillig
sein (vergängliches) Seelenleben, die Welt, verlieren. Dies ist ein gewinnbringender
Tausch. Dieser Verzicht, die Selbstverleugnung, die jeder als Bedingung erfüllen
muss, um den Menschensohn zu sehen, ist die große Not, die dunkle Nacht, ohne die
die Tür zum dritten Tag verschlossen bleibt. Die Lehre von der Trübsal wurde von
den Propheten Israels in orakelhafter Sprache unvollständig skizziert, mit dem
einzigen Unterschied zur christlichen Offenbarung, dass sie die Trübsal als dem Tag
JHWHs und nicht dem Tag des Menschensohns vorausgehend darstellt: Der große
Tag JHWHs ist nahe. Das Orakel des Propheten Zephanja, in dem Gott als Krieger
erscheint, ist eine furchterregende Erscheinung. Das ist der Grund, warum die Kirche
die Identifizierung dieses Tages mit dem Tag des Menschensohns, den Markus in
seinem Gleichnis beschreibt, nicht akzeptiert, aber in Wahrheit besteht die einzige
Veränderung in der symbolischen Darstellung des Berichts. Die Tatsache, dass die
beiden wirklich identisch sind, zeigt sich, wenn der Prophet sagt: Ein Tag des Zorns,
dieser Tag, ein Tag der Bedrängnis und der Qualen. Der Prophet Joel drückt sich
ähnlich aus, wenn er sagt: Der Tag JHWHs kommt, ja, er ist nahe. Viele der hier
erwähnten Drangsale wurden im Gleichnis des Markus wörtlich übernommen. Der
schönste und direkteste Hinweis auf den verborgenen Sinn des Markus-Gleichnisses
findet sich jedenfalls im vierten Evangelium in der Passage, in der Jesus seinen
Jüngern, die ihn mit ihren leiblichen Augen sehen, die nahende Zeit ihres Tages,
seines Kommens zu ihnen, erklärt, was bedeutet, dass sie ihn bald im Geiste sehen
werden. Er sagt: "Eine kleine Weile, und ihr seht mich nicht mehr, und wieder eine
kleine Weile, und ihr seht mich wieder." Der vierte Evangelist erklärt die Ursachen
der Traurigkeit - der Trübsal - und vergleicht diese Tage immer wieder, wie Markus
in Kapitel 13, mit einer Frau, die bei der Geburt leidet und dann in ihrer Freude
darüber, dass sie gebar, die Leiden vergisst, die sie durchgemacht hat. Der Mensch,
der durch Trübsal in die Welt geboren wird (obwohl er von oben kommt), ist der
Menschensohn, und dies ist sein Tag. Danach wird es für die Jünger und für alle, die
durch die Trübsal gehen, nicht mehr nötig sein, ihnen die wahre Bedeutung dieses
Tages in einer dem menschlichen Verstand zugänglichen Sprache, d.h. in einem
Gleichnis, zu übersetzen (Vers 25). Derjenige, der dann klar und direkt zu ihnen
sprechen wird, wird der Menschensohn sein, sein Tag, und sie werden mit ihm
identisch geworden sein und bereits seine innere Botschaft besitzen. Der schöne
Abschnitt des Johannes endet mit diesen Worten: In der Welt habt ihr Bedrängnis,
aber seid getrost: Ich habe die Welt überwunden (Vers 33). Vers 20. "Und wenn nicht
der Herr die Tage verkürzt hätte, würde kein Fleisch gerettet werden; aber um der
Auserwählten willen, die er auserwählt hat, hat er die Tage verkürzt." Bedenken wir
noch einmal, dass mit dem Ausdruck Tage nicht eine Zeitspanne gemeint ist,

277
sondern die Schritte - die Etappen - des Übergangs zum Licht, zum Tag des
Menschensohns. Nur so kann das Anliegen des Herrn, die Tage für die Auserwählten
zu verkürzen, verstanden werden. Die Auserwählten sind jene wenigen, die sich von
den vielen Berufenen dadurch unterscheiden, dass ihr vergeistigtes Bewusstsein
beginnt, die Gegenwart des von oben Geborenen wahrzunehmen. Es sind die
Zweifachgeborenen, die nun fest an den verborgenen inneren Christus glauben, er ist
in ihnen, obwohl es ihnen noch nicht gelungen ist, mit ihm eins zu werden. Es war
sicherlich der Herr, Jesus, der offenkundige Christus, der die Frohe Botschaft
verkündete und lehrte und damit den Übergang, die Tage bis zur Erlösung der
Auserwählten verkürzte. Als der verborgene Christus war er es, der sie alle erwählt
hat und immer noch erwählt. Die Erkenntnis und die Praxis des Evangeliums sind die
Mittel, die notwendig sind, um sich vom Fleisch zu befreien, und diese Loslösung
verkürzt den Weg zur Erlösung, den Durchgang durch die Tage.

Die falschen Christusse und Propheten (Markus 13:21-23, Matthäus 21:23-25):


Vers 21. "Wenn nun jemand zu euch sagt: Siehe, hier ist der Christus! Siehe dort! So
glaubt nicht." Wenn ihr den verborgenen Christus sucht, so sucht ihn nicht hier oder
dort oder sonst wo; denn der verborgene Christus ist nicht hier oder dort, auch wenn
man euch sagt, dass er es sei, sondern er ist in alle Menschen als ihr wahres Wesen
eingesenkt. Der verborgene Christus ist immer das Selbst eines jeden Menschen.
Vers 22. "Es werden aber falsche Christusse und falsche Propheten aufstehen und
Zeichen und Wunder tun, um, wenn möglich die Auserwählten zu verführen." Viele
sehen in den Zeichen und Vorzeichen eine Wiederholung der Vorzeichen aus dem
Buch Exodus, von denen Jeremia erzählt: Du hast Zeichen und Wunder im Land
Ägypten getan... Du hast dein Volk Israel mit Zeichen und Wundern aus dem Land
Ägypten herausgeführt. Nach der verborgenen Auffassung ist dies die Bedeutung des
Markus-Verses: Keiner von denen, von denen gesagt wird, dass sie hier oder dort
sind, ist der verborgene Christus, der ist. Er allein und nur er ist der wahre
Menschensohn. Er ist es, der, wenn der Tag seines Kommens gekommen ist, seine
Auserwählten, die sein Licht bezeugt und getragen haben, an das ferne Ufer bringen
wird. Vers 23. "Ihr aber, seht zu. Ich habe euch vor alles vorhergesagt." Die
Vorhersagen des Gleichnisses sind zu Ende und das Kapitel schließt mit einer
Ermahnung an alle Nachfolger Christi: Ihr seid alle Söhne des Lichts und Söhne des
Tages. Ihr seid nicht Söhne der Nacht, deshalb sollt ihr nicht weiterschlafen, sondern
hellwach und nüchtern bleiben, damit der Same des Wortes schneller in euch wächst,
damit die Stimme der Welt nicht dazu dient, euch trunken zu machen und euch daran
zu hindern, als Auserwählte zu stehen. Glücklich ist der Mensch, der wach geblieben
ist, denn er wird mit Erkenntnis bekleidet werden und den Menschensohn sehen.

Die Zeichen im Himmel (Markus 13:24-25, Matthäus 24:29): Vers 24. "Aber in
jenen Tagen, nach jener Bedrängnis, wird die Sonne verfinstert werden und der Mond
seinen Schein nicht geben." Die Absicht hinter den Voraussagen des Markus ist es, in
einem Gleichnis von den Leiden und Bedrängnissen zu erzählen, die jeder Mensch in
Christus vom Augenblick seiner Hingabe bis zur Vollendung seiner
Selbstverleugnung durchmachen muss. Während er diese Tage durchläuft,

278
trägt der Mensch sein Kreuz, bis er einwilligt und sich selbst dem Kreuz übergibt.
Erst dann ist die Zeit der Bedrängnis zu Ende. Die Evangelisten Matthäus und
Markus, vor allem letzterer, scheinen sich große Mühe gegeben zu haben, in ihren
Evangelien die Parallelität zwischen der Passion und der Auferstehung Jesu und dem,
was in dem an alle Menschen gerichteten Gleichnis in Christus steht, deutlich zu
machen. Die Passion und Auferstehung Jesu ist das Paradigma für die Passion und
Auferstehung eines jeden Menschen. Zu dieser Parallelität sind nun einige
Beobachtungen zu machen. Mit dem Verrat durch Judas (14:42) begannen in der
Passion Jesu die Schmerzen der Erleuchtung (13:8), und diese werden im Gleichnis
für alle beschrieben, wenn es heißt: Der Vater wird sein Kind verraten (12:2). Die
Bedeutung des Judas, entsprechend der Darstellung, die ihm die Evangelisten
zuschreiben, verleiht seinem Verrat Universalität. Deshalb erzählt der Evangelist im
vierten Evangelium, nachdem Judas den Raum des letzten Abendmahls verlassen
hatte, dass die Nacht hereingebrochen war, eine Nacht voller Seelenqualen, und legt
dann Jesus diese entscheidenden Worte in den Mund: Jetzt ist der Menschensohn
verherrlicht worden. Da Judas im übertragenen Sinne für den Widersacher Gottes
steht - das begrenzte individuelle Ego, das wir alle in unserem Bewusstsein als den
Gott unserer selbst aufrichten -, ist es nicht schwer zu erkennen, dass die symbolische
Darstellung von Judas und die Ankündigung seines Verrats ein und dasselbe sind.
Wenn das Bewusstsein die begrenzende, einschränkende Wirkung des individuellen
Egos entdeckt (entdecken heißt anprangern), ist es bereit, sich dem Tod dieser
Begrenzung auszuliefern. Dieser Tod ist die Verherrlichung des Bewusstseins, das
von dieser Stunde an von der Herrlichkeit des Menschensohns überflutet wird. Wir
müssen nun die Nachtwachen dieser Seelennacht, wie sie von Markus erzählt werden,
von der Verhaftung Jesu (14:43) über den Verrat durch Judas bis zu seinem
Erscheinen vor dem Sanhedrin (14:53) Revue passieren lassen. Diese erscheinen in
dem Gleichnis für alle Hörer mit den Worten: Sie werden euch den Sanhedrinen, dem
Gericht, ausliefern (13:9). Am ersten Morgen (der vierten Nachtwache des ersten
Tages der ungesäuerten Brote) übergaben sie Jesus an Pilatus. Parallel dazu heißt es
im Gleichnis: Ihr werdet vor den Statthaltern stehen (13:9). In der Leidensgeschichte
Jesu heißt es, dass die Soldaten ihn auf den Kopf schlugen und ihn anspuckten usw.
Das Gleichnis erwähnt diese für alle geltende Bedrängnis, wenn es heißt: Ihr werdet
von allen Menschen gehasst werden um meines Namens willen (13:13). Es war die
dritte Stunde, als sie Jesus kreuzigten (15:23). Das ist die Stunde, in der die große
Bedrängnis ein Ende findet. Später, als die sechste Stunde gekommen war, so heißt
es, herrschte Finsternis über das ganze Land bis zur neunten Stunde (15:33). Die
Parallele zu diesem Abschnitt für die Passion eines jeden Menschen in Christus findet
sich in Vers 24: "Aber in jenen Tagen, nach jener Bedrängnis, wird die Sonne
verfinstert werden und der Mond seinen Schein nicht geben." Hier heißt es, dass die
Sonne nach der Zeit der Bedrängnis, die mit der dritten Stunde, der Stunde der
Kreuzigung, endete, verfinstert werden wird. Eine Stunde ist ein Bruchteil des Tages.
In einem chronologischen Tag ist eine Stunde ein Zeitmaß, das kürzer ist als der Tag
selbst. Am Tag des Lichts markiert die Stunde einen Übergang, ein Ereignis, einen
Schritt, der kürzer ist als der Tag, hin zur Erkenntnis und zum ewigen Leben, die
beide Ausdrucksformen des Lichts sind. In der Stunde, die wir jetzt studieren,

279
liegt die Finsternis, d.h. das Erlöschen des Lichts, über dem niederen irdischen
Bewusstsein (Markus hat nicht versäumt zu bemerken, dass über dem Land Finsternis
herrschte). Dies beschreibt den Tod des weltlichen Bewusstseins, das Aufhören des
Verstandes, ein Aufhören, das bis zur neuen Stunde - der neunten Stunde - andauern
sollte, wie das Evangelium bestätigt. Sowohl in der Passion Jesu als auch in der
gleichnishaften Darstellung der Passion, die jeden Menschen in Christus erwartet,
beschreibt die neue Stunde, die neunte Stunde, einen Übergang zum Licht, zum Tag
des Menschensohns, der nichts mit dem Licht von Sonnenstrahlen oder Mondschein
zu tun hat. Vers 25. "und die Sterne werden vom Himmel herabfallen, und die Kräfte
in den Himmeln werden erschüttert werden." Hier verwendet Markus eine solch
metaphorische Sprache, dass man gezwungen ist, im Gleichnis langsam, Wort für
Wort, voranzugehen, um die verborgene Bedeutung zu erfassen. Die Sterne sind die
Engel, und diese sind der Geist des vollständigen Menschen, des pneumatischen
Menschen, mit anderen Worten, der Auserwählten. Im Buch der Offenbarung heißt
es, dass der Schwanz des großen roten Drachen - des Satans - ein Drittel der Sterne
vom Himmel riss und auf die Erde fallen ließ. Dies wurde als der Fall der Engel
gedeutet - ein kosmisches Drama, das sich in Wahrheit am Anfang der Zeit abspielte.
Für die Kirche waren diese Sterne die bösen Engel, die spätere Legion, im Dienste
Satans. Für einige Gnostiker waren diese fallenden Engel jedoch Lichtpartikel,
die auf die menschliche Generation fielen, d.h. auf den Geist des Menschen, die
Auserwählten, die unter der dicken, kaum durchlässigen Schicht der Unwissenheit
der psychisch-hylischen Menschen gefangen liegen. Für sie ist Jesus gekommen, um
sie freizukaufen. Der Ausdruck „vom Himmel“, unbestimmt und in der Einzahl,
bedeutet, dass etwas - Sterne, Engel - zu Gottes Bereich gehört und göttlichen
Ursprungs ist. So wird z. B. von dem Schatz im Himmel gesprochen, den der reiche
Jüngling, zu dem Jesus spricht, erhalten wird, wenn er alles, was er besitzt, den
Armen gibt. Und dasselbe wird von der Taufe Johannes des Täufers gesagt, nämlich
dass sie vom Himmel kommen kann. Wenn Markus hier sagt, dass die Sterne vom
Himmel fallen werden, dann meint er damit im Verborgenen, im Gleichnis, dass
diejenigen, die bereit sind, sich kreuzigen zu lassen und ans Kreuz zu gehen, eine (in
ihrem Leben) noch nie dagewesene und unwiederholbare Not erleiden, denn dies ist
die äußerste Not, die man ertragen kann. Dieses Leid zu durchleben bedeutet nichts
anderes, als die Welt zu überwinden. Nach diesem Sieg wird die von Jakob erträumte
Leiter, über die die Sterne am Himmel zum psychischen Bewusstsein hinabsteigen
können, für die Kommunikation zwischen den drei kosmischen Reichen geöffnet, die
für immer festgelegt ist. Die Schlüssel zu diesem Tor, durch das die Handlungen auf
der Erde auch die Handlungen im Himmel sind, wie in einem Spiegel, wurden von
Jesus gehalten, der der verborgene und zugleich manifestierte Christus ist. Unter den
Kräften sind logischerweise die geistigen Wesen zu verstehen, die mit dem ewigen
Leben ausgestattet sind und folglich das Leben spenden. Von ihnen sprach Paulus, als
er sagte, dass der letzte Adam, der aus der Höhe Geborene, der Leben spendende
Geist sei, den er dem psychischen Menschen oder Adam, der (sterblichen) lebenden
Seele, gegenüberstellte. Die Engel, die in den Himmeln sind diejenigen, die die
Auferstehung bereits durchlaufen haben; sie sind bereits in der Wohnung des Vaters,
von dem alles Leben ausgeht. Das hat Jesus erklärt, als er sagte, dass diejenigen,

280
die von den Toten auferstehen, den Engeln im Himmel gleichen. Und wenn gesagt
wird, dass diese Sterne oder Kräfte, sobald sie wieder zum Leben erweckt sind,
erschüttert oder, besser gesagt, bewegt werden, dann durch die Glückseligkeit, die
mit dem Herabsteigen des Menschensohns in das Bewusstsein dessen entsteht oder,
besser gesagt, bewegt wird, dann durch die Glückseligkeit, die mit dem Herabsteigen
des Menschensohns in das Bewusstsein dessen entsteht, der durch die Kreuzigung
triumphiert hat und nun den Menschensohn in der Herrlichkeit seines Vaters
[begleitet von den heiligen Engeln] kommen sieht. Die Stelle in der Passion Jesu, die
mit der Beschreibung im Gleichnis übereinstimmt, lautet wie folgt: "Und der Vorhang
des Tempels zerriss in zwei Stücke, von oben bis unten." (Markus 15:38). Während
der sechsten Stunde lag Finsternis über dem Land, und diese irdische Finsternis, die
durch das Erlöschen des Lichts der Gestirne symbolisiert wird und in Wahrheit das
Erlöschen des Lichts für alle Sterblichen bedeutet, muss so lange andauern, bis der
Vorhang - das Firmament aus glänzender Bronze in der Genesis -, der das
Allerheiligste, das innerste Heiligtum des menschlichen Bewusstseins, bedeckt,
zerrissen ist, so dass der Auserwählte in der nun völligen Finsternis unten das
vollständige Licht von oben empfangen kann. Aber gerade in dieser Zeit, als das
Licht erloschen war und der zeitliche Mantel der Finsternis sich dem Ende zuneigte,
d.h. zu Beginn der neunten Stunde, berichten die Evangelisten Matthäus und Markus,
wie Jesus mit lauter Stimme rief: Eloi, Eloi, lama sabachthani? was bedeutet: Mein
Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Dieser verzweifelte Schrei am Kreuz
wurde von vielen als Ausdruck der Verzweiflung Jesu gedeutet, der sich vom Vater
verlassen fühlte. In Wahrheit liegt in der offenbaren Exegese der Vorwurf oder
zumindest die Vermutung, dass Christus von seinen Henkern seinem natürlichen
Schicksal überlassen wurde, und dies ermöglicht es nicht nur, die Göttlichkeit Jesu in
Frage zu stellen, sondern lehrt auch einen Vater-Sohn-Dualismus, der im völligen
Widerspruch zu Jesu wiederholter Beteuerung steht: Der Vater und ich sind eins.
Folglich wollte die offenkundige christliche Exegese den Ausruf Jesu als einen
wirklichen, aber momentanen Schrei der Hilflosigkeit erklären, der keineswegs einen
Mangel an Vertrauen ausdrückt, sondern vor allem ein inbrünstiges Gebet der
messianischen Bejahung und des Triumphs ist. Das ist verständlich, vor allem, wenn
man den gesamten Text von Psalm 22 betrachtet, von dem Jesus den zweiten Vers
aussprach. Es ist in der Tat nicht schwer, unter den sieben Worten, die Jesus am
Kreuz aussprach, die Worte verschiedener Psalmen zu entdecken, deren Textinhalt
von einer parallelen Situation zu der von den Evangelisten beschriebenen spricht. In
der sogenannten Verlassenheit Christi am Kreuz will die verborgene Sichtweise einen
ersten Schritt im Prozess der Verwirklichung des menschlichen Geistes beschreiben,
denn hier steht der Geist, der wesentliche Mensch, vor dem höchsten Moment, in
dem er die Trostlosigkeit der Bedrängnis durchschreiten muss, indem er das Ufer der
Finsternis, das durch die sechste Stunde bezeichnet wird, hinter sich lässt und zur
Auferstehung des Lichts in der neunten und letzten Stunde übergeht, wenn der
Vorhang des Tempels endlich zerrissen wird. So ist der erste Ausruf des Gefangenen,
der jetzt frei ist, ein starker Schrei der Seligkeit: Eloi, Eloi, warum hast du mich
verlassen? Die Verlassenheit, auf die sich sowohl der Psalmist als auch die Schreiber
des Evangeliums beziehen, ist nicht das kurze, aber intensive hölzerne Kreuz,

281
sondern das lange, harte Kreuz, das jeder heilige Engel, der in das
Menschengeschlecht gefallen ist, in sich selbst finden und erleiden musste. Die
unerklärlichen Stufen des Stauros, der Senkrechten des Kreuzes, machen einen
schwierigen Aufstieg möglich, den jeder Engel Gottes über den Menschensohn
hinaufsteigen muss, wie Jesus dem Nathanael erklärte. Aber die Mauern des Stauros
sind ein langes und schmerzhaftes Gefängnis, dessen feine Gitter, die Tag für Tag aus
Leiden bestehen, den Geist in einem Gefäß der Individualität einschließen, als einen
getrennten Lichttropfen, der nicht in der Lage ist, sich mit dem Geist zu vereinen, mit
dem er eins ist. An der Spitze vom Stauros befindet sich die Tür, um das Kreuz zu
verlassen. Diese Himmelfahrt findet in der neunten Stunde statt, wenn die Dunkelheit
dem Licht weicht. In dieser Stunde stirbt endlich alles, was von der Welt ist, alles
außer dem Geist und der Seele, die ihr Wesen, ihr Sein, ihr wahres Selbst, das IST,
gefunden hat, ihren letzten Atemzug tut und sich hingibt, weshalb Jesus, der ganze
Jesus, der am Kreuz stirbt, seinen Geist aufgibt und sich dem Vater hingibt, während
des hellen Traums des Vergehens: In deine Hände lege ich meinen Geist. Dann
endlich wurde der Vorhang des Tempels zerrissen, und der Sohn Gottes wurde
erkannt. Die Stunde der Abenddämmerung nahte, der Tag der Vorbereitung begann
(Markus 15:42), der dritte Tag. Die Ankunft des Menschensohns stand also
unmittelbar bevor, die Stunde der Auferstehung, wenn alles vollbracht ist. Jemand,
der dies ahnte, sagte: Dieser Mensch war in Wahrheit ein Sohn Gottes (Markus
15:39). Die letzte Handlung des Menschensohns wird vom Evangelisten Johannes so
beschrieben, dass sie am ersten Tag der neuen Woche stattfand, als Jesus zu Maria
sagte: Geh und suche die Brüder und sage ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und
eurem Vater, zu meinem Gott und eurem Gott. Diese Worte Jesu erklären, dass die
Erfüllung seines Todes und seiner Auferstehung das Paradigma für Tod und
Auferstehung darstellt, das der Plan Gottes für die gesamte menschliche Generation
vorbereitet hat, die Generation, die er lehren wollte, indem er ihr den Weg wies, dem
sie folgen sollte. Jesus erklärte auch, dass er im Begriff war, seine Vollendung zu
erreichen, indem er zum Vater aufstieg, um im Meer des Lichts vollkommene Einheit
zu finden und so seine Gefangenschaft als ein vom Vater getrennter Lichttropfen zu
beenden. Als das erste Geheimnis des Vaters war er und wird er immer das Licht sein,
das in jedem Menschen seit Anbeginn der Zeit gepflanzt wurde. Und dies ist das vom
Vater weitergegebene Licht, das von sich selbst in seinem eigenen Licht erlöst wurde.

Das Kommen des Menschensohnes (Markus 13:26-27; Matthäus 24:30-31): Vers 26.
"Und dann werden sie den Sohn des Menschen kommen sehen in Wolken mit großer
Macht und Herrlichkeit." (Matthäus: "Und dann wird das Zeichen des Sohnes des
Menschen am Himmel erscheinen; und dann werden wehklagen alle Stämme der
Erde, und sie werden den Sohn des Menschen kommen sehen auf den Wolken des
Himmels mit großer Macht und Herrlichkeit.") Im biblischen Sinne ist das Sehen
dasselbe wie das Wissen bzw. Erkennen dessen, was ist, denn der Menschensohn reist
nicht wirklich zum Bewusstsein, zur Seele. Vielmehr erlangt die Seele selbst, durch
die Taufe der Reinigung gewaschen und von ihren psychischen Anhaftungen befreit,
die Geburt im Geiste und tritt in das Heiligtum ein, die Wohnung des
Menschensohns. Dort offenbart er sich am Ende.

282
Es wird nun deutlich, dass Jesus Recht hatte, als er sagte, dass dieser Generation kein
Zeichen [des Kommens] gegeben werden soll; und ein solches Zeichen ist in der Tat
nicht nötig, da der Menschensohn sein eigenes Zeichen ist. Seine Gegenwart ist
unübersehbar, und die Wolken, in denen der Menschensohn kommt, sind sichtbarer
als der Regenbogen, den Gott als Zeichen der Einheit, des Bündnisses zwischen
Mensch und Gott an den Himmel gesetzt hat, obwohl es in Wirklichkeit nie eine
Dualität zwischen ihnen gab. Wenn der Menschensohn in den Wolken kommt, erhebt
sich die Wolke, die jeder in sich selbst entdeckt, über der Wohnstätte, und die Wolke
zeigt ihm den Weg. Am Tag wird er von einer Wolkensäule geführt, in der Nacht von
einer Feuersäule. Die Wolke ist ein Filter für die Gegenwart, so dass die neuen Augen
des Geistes den intensiven Glanz des verzehrenden Lichts betrachten können, der so
gemildert ist, dass er erträglich ist. Das Feuer ist dasselbe brennende Licht, ungetrübt,
und es manifestiert sich, wenn die Seele in den Zustand der Nacht eintritt. Dann
regnen die Funken des Feuers der Erkenntnis auf die Seele wie neue Samen, die von
Gott ausgestreut werden. Wie Matthäus erklärt, bedeutet dies Trauer um alle Völker
der Erde, also um alle irdischen Inhalte der Seele, denn die Erkenntnis verwüstet alles
Irdische und erhebt alles Himmlische zum Licht. Das, was aufsteigt, ist das, was an
den Menschensohn geglaubt hat. Deshalb wunderte sich Jesus nach dem dritten
Evangelium: "Doch wird wohl der Sohn des Menschen, wenn er kommt, den Glauben
finden auf der Erde?" Es ist auch nicht nötig zu fragen, wer den Menschensohn sehen
wird. Die Subjekte, die den Menschensohn sehen (erkennen) können, sind potenziell
wir alle, die wir zur großen menschlichen Generation gehören. In jedem von uns hat
er seit Anbeginn der Zeit seine Heimat gehabt, und wir alle haben das Recht und die
Mittel, uns zu Kindern Gottes zu machen. Die Macht, mit der der Menschensohn
kommt, ist die, ewiges Leben zu geben. Die Herrlichkeit ist der Mantel des Lichts des
Vaters, mit dem der Sohn, der im Menschen wohnt, bekleidet ist. Die Herrlichkeit ist
die Weisheit Gottes, und die Teilchen des Lichts (des Lichtstrahls, der Feuer ist)
bilden die Erkenntnis, durch die die Auserwählten erlöst werden, bis sie die Seligkeit
erlangen. Vers 27. "Und dann wird er die Engel aussenden und seine Auserwählten
versammeln von den vier Winden her, vom Ende der Erde bis zum Ende des
Himmels." (Matthäus: "Und er wird seine Engel aussenden mit starkem
Posaunenschall, und sie werden seine Auserwählten versammeln von den vier
Winden her, von dem einen Ende der Himmel bis zu ihrem anderen Ende.") Es ist
wichtig, den Ausdruck "Menschensohn", den die Evangelisten Jesus in den Mund
legen, klar zu verstehen. Nur so ist es möglich, die wahre Bedeutung der Passagen zu
verstehen, in denen dieser Ausdruck vorkommt. Die Identität des Sohnes Gottes und
des Menschensohnes, ist im vierten Evangelium in der Rede über das Werk des
Sohnes voll und ganz verbürgt, denn dort sagt Jesus: "Denn wie der Vater Leben in
sich selbst hat, so hat er auch dem Sohn gegeben, Leben zu haben in sich selbst; und
er hat ihm Vollmacht gegeben, Gericht zu halten, weil er des Menschen Sohn ist."
Dieses Zeugnis bestätigt auch die Tatsache, dass der Sohn Gottes auch der Sohn ist,
den Jesus Menschensohn nennt. Der einzige - nicht unbedeutende - Unterschied
zwischen den beiden Ausdrücken besteht darin, dass immer dann, wenn der Sohn
Menschensohn genannt wird, das Hauptaugenmerk auf dem Werk des Sohnes als dem
Wesen oder der integralen Krönung des Begriffs des vollständigen Menschen liegt.

283
Die Macht und die Herrlichkeit, die dem Sohn eigen sind, nämlich die Fähigkeit, zu
richten und ewiges Leben zu geben (die Macht) und die Weisheit (die Herrlichkeit),
die als Wissen weitergegeben wird, sind auch dem Menschensohn eigen, der die
Macht und die Herrlichkeit, die der Vater dem Sohn anvertraut hat, in aktiven Besitz
des Menschen umwandelt (Verse 21-22). Unter diesem Gesichtspunkt ist es sicher,
dass der Ausdruck "Menschensohn" eine Umschreibung ist, aber keine, die für das
Personalpronomen "Ich" steht, sondern eine unpersönliche Selbstbezeichnung auf
einer absoluten Ebene, die das repräsentiert, was man ICH BIN nennen kann; aber
dieser Ausdruck hat sowohl eine kollektive als auch eine individuelle Bedeutung. Der
Menschensohn überbrückt als unpersönliches Ich die Kluft zwischen dem sterblichen
Menschen - Körper und Seele, zwei zusammengesetzte und daher notwendigerweise
sterbliche Reiche -, für den wir ganz mechanisch das Pronomen Ich verwenden, und
dem Sohn, der sich als Menschensohn in den pneumatischen Menschen, den Geist
des vollständigen Menschen, verwandelt. Es muss klargestellt werden, dass der Sohn
nicht irgendeine zukünftige Ordnung der Größe des Menschen bezeichnet, etwas, das
nicht jetzt ist, sondern erst noch kommt. Der Sohn ist jetzt gegenwärtig, in jedem
Menschen - er ist die Krone eines jeden Menschen. Der Sohn ist in der Zukunft nur
für das psychische Bewusstsein, das ihn noch nicht kennt. Das ist es, worauf das
vierte Evangelium hinaus will, wenn es sagt, dass der Menschensohn im Himmel ist
und doch vom Himmel herabgestiegen ist. Der Menschensohn ist immer im
Menschen gegenwärtig. Aber das Wesen des Sohnes ist unwiderruflich vom Himmel.
In Wahrheit ist es diese einmal erkannte Manifestation des himmlischen Sohnes, die
in mythischer Form als die Wiederkunft beschrieben wird. Es ist vielleicht nicht
schwer zu verstehen, dass der Ausdruck "Menschensohn" gleichzeitig eine kollektive,
universelle und eine individuelle Bedeutung hat. Das doppelte Vorrecht, der Sohn und
das Wesen des Menschen, eines jeden Menschen, zu sein, erklärt das gleichzeitige
Auftreten beider Kategorien, die sich zwar unterscheiden, aber auch ergänzen. Der
Mensch, der dem Bewusstsein als Adam, als lebende Seele, bekannt ist, mag
tatsächlich eine individuelle Person sein, und doch ist es in Wirklichkeit der
Menschensohn, dessen sich das psychische Bewusstsein so wenig bewusst ist, der
von seinem Sitz als wahre Essenz aus über den gesamten Menschen herrscht; und er
ist es, der den Menschen mit seinem höheren Bewusstsein schließlich zu seinem Platz
in einer universellen kollektiven Ordnung erhebt. An vielen Stellen in den Evangelien
ist der Menschensohn die Bezeichnung für Jesus selbst und kein Name oder Titel.
Dieser Ausdruck wird verwendet, um Jesus zu benennen, wobei zu berücksichtigen
ist, dass das psychische Bewusstsein Jesu den Sohn kennt, da er ihn empfangen und
sich mit ihm identifiziert hat; diese Bezeichnung erstreckt sich jedoch - unter
Berücksichtigung der unterschiedlichen Bewusstseinsebenen - auf all jene, die das
Kommen des Geistes empfangen/erkannt haben, wodurch sie zu Kindern Gottes
werden. Wenn sie ihn einmal empfangen haben, werden sie ihn bei seinem Kommen
immer begleiten, denn sie sind mit ihm eins geworden. Was den Ursprung des
Ausdrucks „Menschensohn“ betrifft: Wenn der Mensch nach dem Ebenbild Gottes
(Genesis 1:26-27) als pneumatischer Mensch verstanden wird, der später in der
menschlichen Generation entsteht, gibt es keine Schwierigkeiten, diesem geistigen
Höhepunkt des vollständigen Menschen den Namen Mensch zuzuordnen.

284
(Anmerkung: Die gnostischen Evangelien und Schriften besagen auch genau das,
dass nämlich der eingeborene Sohn, das wahre Abbild des wahren Gottes als Mensch
und auch als Sohn bezeichnet wird. Der Name des EHGOC, Essene HUMANE
Gospel of Christ, wurde so gewählt, weil der im Fleisch inkarnierte Yahshua der
vollkommene Mensch war, der von Gott geboren ist, auch wenn er in der
vergänglichen Hülle des menschlichen Körpers war, in die er herabstieg, um den
Menschen - die in der Materie gefangen waren und diese erst überwinden mussten -
den Weg zurück zum wahren Menschen, dem unsterblichen Abbild des Vaters, dem
vollkommenen Geist- und Lichtmenschen zu zeigen. Wenn dies erreicht wurde, dann
wohnen der Gottessohn und der Menschensohn nicht nur in ungeoffenbarter Form im
Menschen, sondern sie sind in ihnen offenbar geworden.)

Fortsetzung des Kommentars: Folglich ist es angesichts des bekannten semitischen


Sprachgebrauchs nicht verwunderlich, dass jeder der Nachfolger des Menschen als
Sohn des Menschen bezeichnet wird, wobei diese Bezeichnung nur den
pneumatischen Menschen (den im Menschen verborgenen, vollkommenen
Geistmenschen) betrifft. Jesus verwendet das Wort Mensch in einer Weise, dass es
seine Bedeutung in der Genesis als Mensch, der nur Geist ist, verliert. Die Betonung
liegt dann auf dem Wort Sohn, und so wird der Ausdruck zur Bezeichnung des
Sohnes Gottes im Menschen, des Menschensohns. Die Engel, die mit dem
Menschensohn kommen, sind in der Tat die Heiligen des Allerhöchsten in Daniels
Traum, von denen er sagt, dass sie ein Volk sind, dem ein ewiges Reich gegeben
werden wird. Das ist das Reich der Herrlichkeit, der Mantel des Lichts des Vaters, in
dem, wie Jesus sagt, der Vater, der Menschensohn und die heiligen Engel
zusammenkommen. Diese heiligen Engel werden Sterne genannt, und sie sind die
Lichtteilchen, die am Anfang der Zeit dazu bestimmt waren, in die menschliche
Generation auf der Erde zu fallen. In jedem dreigliedrigen, vollständigen Menschen
bilden sie die Essenz, den individualisierten Strahl des Gottesgeistes, des Leben
spendenden Geistes, der in dem vergänglichen Tempel wohnt, der von Körper und
Seele in ihrer dualen psychisch-physischen Kapazität gebildet wird. Sie, die heiligen
Engel, sind daher das Wesen eines jeden Menschen, die unterdrückten Gefangenen,
die im Schatten eines psychischen Bewusstseins leben, das sich ihrer fast immer nicht
bewusst ist, die Armen im Geiste des Evangeliums, das wahre Volk Gottes, das seine
direkten Söhne sind. Sie sind die eigentlichen Empfänger der von Jesus in der Frohen
Botschaft versprochenen Erlösung. Die Heilige Schrift weist jedoch auf zwei
möglicherweise unterschiedliche Situationen für diese heiligen Engel hin. Die einen
sind diejenigen, die das ihnen zugewiesene Werk bereits vollendet haben; sie wurden
aus der Gefangenschaft entlassen und erlangten die Auferstehung, die Jesus die
Auferstehung der Toten nennt. Sie wohnten im Menschen, als ob sie tot wären, und
wurden wahrhaftig zum Leben erweckt. Auf sie bezieht sich Jesus, wenn er sagt, dass
sie den Engeln im Himmel gleich sein werden. Wenn sie auferweckt sind, bleiben sie
vereint und werden eins in der gesegneten Heimat des Umhangs des Vaters, der aus
Macht und Herrlichkeit besteht. Die anderen heiligen Engel sind die Auserwählten,
die Lichtstrahlen, deren Seelen noch nicht die Einheit, die Vereinigung mit dem Vater
und dem Sohn gefunden haben, um die Jesus in seinem priesterlichen Gebet bat:

285
Mögen sie alle eins sein, Vater, mögen sie eins sein in uns, wie du in mir bist und ich
in dir bin. Diese heiligen Engel wohnen im Himmel und haben nie aufgehört, dort zu
sein, so dass, wenn von ihnen gesagt wurde, sie fielen wie Sterne, dies daher rührt,
dass sie mit einem irdischen Leib und einer Seele bekleidet waren. Das ist es, was das
Herabsteigen vom Himmel bedeutet, obwohl der Himmel kein Ort ist, weder ein Hier
noch ein Dort. Was die Seele betrifft, so ist sie - wie wir bereits wissen - die
mystische Braut des Geistes, da beide in ein und demselben Haus wohnen; doch die
Erlösung der Auserwählten kann nur dann kommen, wenn die Seele sich selbst völlig
verleugnet, bis sie alles verzehrt, was sie zu sein glaubt, bis sie, rein gewaschen und
in Weiß gekleidet, durch die Trübsal und am Ende durch den Tod des weltlichen
Lichts geht. Dies wird als Finsternis beschrieben, aber es ist die dunkle Nacht der
Seele. Bis diese Verfinsterung der Seele eintritt, bleiben die Auserwählten zerstreut,
wie einzelne Tropfen, denn das Kleid der Seele hat noch nicht das verloren, was
jeden von den anderen trennt. Das hat der Prophet Sacharja verkündet, als er das
Orakel auslegte: In die vier Winde des Himmels habe ich euch zerstreut. Erst wenn
die dicken Mauern der falschen Persönlichkeit und der Lieblosigkeit, die die Seele
aufgebaut hat, zerbröckeln, wird es möglich, dass das Zerstreute zur Einheit
zurückkehrt und so die Aufgabe, die dieser menschlichen Generation gestellt ist,
erfüllt. Das wusste Jesus sehr wohl, und deshalb war die Suche nach der
Wiedervereinigung der tiefe, verborgene Plan, der seinem Werk zugrunde lag. In
einem prophetischen Satz, der überraschend dem Hohepriester in den Mund gelegt
wurde, bezeugt der Verfasser des vierten Evangeliums den Hunger Jesu nach Einheit:
Er, Jesus, sollte sterben, um die zerstreuten Kinder Gottes in der Einheit zu
versammeln. Die verstreuten Kinder Gottes sind die heiligen Engel, die
Auserwählten, die wie Lichttropfen des wahren ICH BIN in jedem Menschen und in
allen Menschen verstreut sind. Jesus achtet darauf, alle daran zu erinnern, dass es ihm
ein Anliegen ist, dass diese Zusammenkunft stattfindet, und in diesem Sinne ermahnt
er Jerusalem, die Stadt, in der seine Passion vollendet werden soll, stellvertretend für
alle irdischen Städte: Wie oft habe ich mich danach gesehnt, deine Kinder zu
versammeln, wie eine Henne ihre Küken unter ihren Flügeln versammelt, und du hast
dich geweigert! Die Sammlung aller Lichttropfen ist in der Tat die Vollendung des
gesamten Menschengeschlechts; aber sie ist nur im Reich des Lichts, d.h. im
Menschensohn, möglich. Wann immer das Kommen des Menschensohns in einem
glücklichen Bewusstsein stattfindet oder - und das läuft auf dasselbe hinaus - wann
immer ein Mensch die Lichtpracht des Menschensohns betrachtet und sich ein für
allemal mit diesem Licht identifiziert, wird der Lichttropfen, der unter den
Verstreuten, also den Individualisierten war, mit dem absoluten, totalen Licht des
Menschensohns vereint. Ganz gleich, wo im Himmel oder auf Erden der Geist des
Menschen gefangen war, sobald er aus der Mitte der Toten auferstanden ist, sobald
die geistigen und körperlichen Barrieren, die ihn daran gehindert haben, beseitigt
sind, kann nichts mehr verhindern, dass das Licht mit dem Licht wieder vereint wird.
Auferstehung und Vereinigung sind die direkte Folge des Kommens. Darin liegt die
Erfüllung des Geheimnisses von den Schafen, die verstreut sind und keinen Hirten
haben, wodurch sie zusammengeführt werden; ebenso die Erfüllung der
alttestamentlichen Verheißung: Wärst du bis an die Enden des Himmels gewandert,

286
JHWH, dein Gott, würde dich auch von dort sammeln, würde kommen und dich
zurückholen. Der Menschensohn, der Hirte, kommt immer zum Geist des Menschen,
begleitet von seinem Gefolge heiliger Engel - den bereits Auferstandenen - und den
Auserwählten. Diese versammelt er in seinem Licht bei ihrer Auferstehung und
vereint sie, wo immer sie auch sein mögen, mit der Herrlichkeit seiner Weisheit und
seiner Macht des ewigen Lebens; denn das ist der Sinn des Gerichts.

Hinweise auf das Kommen (Markus 13:28-32, Matthäus 24:32-36, Lukas 21:29-33):
Vers 28. "Von dem Feigenbaum aber lernt das Gleichnis: Wenn sein Zweig schon
weich geworden ist und die Blätter hervortreibt, erkennt ihr, dass der Sommer nahe
ist." In dem Gleichnis geht es nicht darum, dass das Erwachen des Lebens im
Feigenbaum das Herannahen des Sommers ankündigt. Vielmehr vervollständigt es
die von Markus stark mythisierte Version der Rede über die Ankunft des
Menschensohns, die Jesus, der Lebendige, am Ölberg gehalten hat. Sie beinhaltet die
vollständige Beschreibung der Parusie, des Weges und des Endes, des Kommens des
Menschensohns. Der Diskurs selbst ist zu Ende, und die kurze Erwähnung des
Feigenbaums ist eine Illustration eines Abschnitts aus diesem Diskurs. Der ganze
Rest des Kapitels besteht aus Material, das dem Leser helfen soll, die Bedeutung
bestimmter Passagen des Gleichnisses zu verstehen, die Markus für etwas
klärungsbedürftig hält. Die Metapher des Feigenbaums bezieht sich auf Vers 18:
Betet, dass dies nicht im Winter geschieht. Die neue Geschmeidigkeit der Zweige und
das Knospen der Blätter soll ein Zeichen für die Seele sein - der Feigenbaum steht in
der Heiligen Schrift oft für die Seele -, dass der Same, den Gott gepflanzt hat, um im
Menschen zu wohnen, im Begriff ist, Frucht zu bringen. Das Kommen des Sommers,
die Zeit der Frucht, wird durch Zeichen angekündigt. So wie Schönwetter oder
Stürme durch die Beobachtung des Himmels vorhergesagt werden können, so können
die ersten schwachen Erschütterungen des neuen Lebens, das in der Seele entsteht,
ein untrügliches Zeichen für diejenigen sein, die das Kommende ängstlich erwarten.
Vers 29: "So sollt auch ihr, wenn ihr dies geschehen seht, erkennen, dass es nahe vor
der Tür ist." (Lukas: "So erkennt auch ihr, wenn ihr dies geschehen seht, dass das
Reich Gottes nahe ist."). Seid euch bewusst, dass, wenn ihr diese Zeichen
wahrnehmt, er nahe ist, so wie ihr erkennt, dass der Sommer kommt, wenn ihr die
Zeichen am Feigenbaum seht. Das Pronomen „es“ meint hier den innewohnenden
Menschensohn. Der Text im dritten Evangelium spricht vom Reich Gottes, und diese
Abweichung zeigt nur, dass der Sohn und das Reich Gottes zwei Namen für ein und
dasselbe sind. Was hier gesagt wird, ist, dass er nahe ist (der Menschensohn, das
Reich Gottes), und es ist von größter Wichtigkeit, die richtige Bedeutung dieser
Aussage zu verstehen, da der Ausdruck „nahe ist“ als dynamische Angabe in Bezug
auf die Zeit oder in einem statischen, räumlichen Sinn verstanden werden kann. Der
Evangelist kann also ohne jede mögliche Zweideutigkeit sagen: Der Sommer ist jetzt
nahe (zeitlich nahe) und auch: Mein Verräter ist schon ganz nah (räumlich nah). Die
offenbare Exegese besagt, dass mit der Verkündigung der Frohen Botschaft das weit
entfernte zukünftige Kommen des Himmelreichs zeitlich näher gerückt ist, die
Ankunft des Menschensohns in einem Flug der Herrlichkeit und der Macht des
Reiches, begleitet von den heiligen Engeln und den Auserwählten.

287
Diese Auffassung hat sich ungeachtet der historischen Tatsache gehalten, dass das
Reich Gottes nicht erschienen ist, obwohl in jenen ersten Jahren (sogar bis zum
heutigen Tag) der feste und weit verbreitete Glaube herrschte, dass sein Kommen
unmittelbar bevorstehe; auch ungeachtet der Schwierigkeiten, die endzeitliche und
apokalyptische Darstellung des Kommens des Menschensohns bei Markus zu
interpretieren. Trotz alledem lesen viele diese Schriftstellen immer noch nach der
offenbaren Sichtweise, d.h. in zeitlicher Hinsicht. Doch selbst die einfachste logische
Analyse der offenbaren Auslegung in Bezug auf die Zeit wirft viele unlösbare
Schwierigkeiten auf. In seinen Worten, mit denen er das Reich Gottes verkündet, sagt
Jesus, dass die Zeit gekommen ist, und das ist ein zeitlicher Bezug, eine dynamische
Erfüllung, die garantiert, dass das Reich Gottes nahe ist, nahe in einem statischen,
räumlichen Sinn. Statt dies zuzugeben, fühlten sich viele Anhänger, die an der
zeitlichen Bedeutung dieser Worte festhielten, getäuscht, weil die gemeinsame Zeit
des Kommens nie gekommen war. Wenn der Evangelist vom Menschensohn sagt,
dass er nahe ist, vor der Tür, so kann diese Aussage, ganz abgesehen von denselben
Einwänden, die für die zeitlichen Tore gelten, natürlich nicht zeitlich gedeutet
werden, ohne die Frage aufzuwerfen, was es mit den Toren oder Eingängen auf sich
hat. Was sind denn diese Pforten, durch die der Menschensohn kommen muss?
Könnte sich das Evangelium nicht auf die Pforten der Seele beziehen, auf die Pforten
der Anschauung, die von der Seele in der Anbetung geöffnet werden? Der Psalmist
sieht es so: Erhebt eure Häupter, ihr Tore, und erhebt euch, ihr ewigen Türen, und der
König der Herrlichkeit wird eintreten! Auch hier geht es nicht um die Zeit, sondern
um den Raum in seiner reinsten Bedeutung der psychischen oder geistigen Nähe,
wobei der Sohn seine Gegenwart in der Seele offenbart. Wenn man die Nähe der
beiden Abschnitte als Nähe im Sinne des psychischen Raumes versteht, wie er nach
der verborgenen Sichtweise verstanden wird, werden die Texte viel durchsichtiger
und verständlicher. In Bezug auf die Passage, die die Frohe Botschaft verkündet, ist
die Zeit, von der Jesus sagt, dass sie gekommen ist, um öffentlich zu lehren, dass Gott
und der wesentliche Mensch nicht zwei getrennte und unterschiedliche Wesenheiten
sind, sondern eine einzige Identität teilen, die entdeckt und anerkannt werden muss.
Die Zeit der Erkenntnis, dass das Sein der Welt kein Plural ist, keine Dualität, ist für
die Kenner des Evangeliums tatsächlich gekommen. Sie kam vor zwanzig
Jahrhunderten und hat sich bis heute für all jene bewahrheitet, die für diese
Erkenntnis lebendig sind und waren. Gott und das (wahre) Wesen des Menschen, der
Menschensohn, sind eins, und das ist die wichtigste Erkenntnis, die das Evangelium
lehrt, die Erkenntnis, die die Pforten der Seele für die Verwandlungen der Erlösung
öffnet. Wenn Jesus in seiner Botschaft sagt, dass das Reich Gottes nahe ist, dann will
er damit sagen, dass der Mensch - wenn er sein eigenes Wesen sucht, und zwar mit
Großzügigkeit und Glauben, unter Verzicht auf alles, was nicht zu diesem Wesen
gehört - erkennen wird, dass das, was er sein Selbst nennt, ein unvergänglicher,
heiliger Schatz ist, denn es ist das Reich Gottes, es ist die Essenz eines jeden von uns,
und es könnte auch nicht näher sein, denn es ist das, was wir sind. Fern für die, die
weder wissen noch glauben, aber nahe für die, die geglaubt und gefunden haben.
Darin liegt die Bedeutung des Wortes, das im großen Gleichnis vom Sämann so
schön und klar als Samen beschrieben wird.

288
Der Same wurde in das geistige Herz des Menschen gepflanzt, noch bevor der
vollständige Mensch war, denn er war schon immer da, und seine Frucht ist die
Herrschaft Gottes im Menschen. Von diesem realen Standpunkt aus ist der Ausdruck
„Ankunft des Menschensohns“ zu verstehen, denn der Sohn ist für jeden Menschen
der Same, der von Gott in ihn gesät wurde. Das Samenkorn ist eine Art, im Gleichnis
von der Transparenz zu erzählen, die in der geläuterten Seele entsteht, wenn sie
gelernt hat, allen weltlichen Dingen, mit denen sie sich zu identifizieren pflegte,
abzusterben, und endlich entdeckt, dass der Sohn allein ihr eigentliches Wesen ist.
Was dann entsteht, ist eine friedliche, schöpferische und glückselige Kontemplation,
die dem Bewusstsein die Herrlichkeit und die Macht offenbart, die sie wirklich ist,
und sie von ihrer früheren Identifikation mit den Unzulänglichkeiten der Welt erlöst.
Es muss ganz klar sein, dass jede Erzählung vom Menschensohn ein Gleichnis ist und
immer sein wird, denn den Menschensohn zu kennen, bedeutet, ein Wissen zu
erlangen, das nicht übertragbar ist, und nur der Mensch, der die notwendige
Transparenz verwirklicht hat, ist in der Lage, selbst zu sehen, was das Evangelium
den Menschensohn nennt, obwohl kein Name und keine Erklärung diese Wahrheit
berühren kann. Nur derjenige, der die Transparenz erlangt hat, um in sich selbst zu
sehen, kann ein wahrer Wissender werden, der über die Gleichnisse hinausgeht. Das
ist es, was Jesus kurz vor seiner Auferweckung am Kreuz erklärte, um als der
offenbarte Christus zu sterben. Er wusste, dass seine Gegenwart als der verborgene
Christus, als der Menschensohn, in jedem Menschen, der in diese Welt kommt, ewig
war und ist, und dass seine Mission immer darin bestand, die lange menschliche
Generation von innen her zu lehren. Und er sagte: Ich habe euch das alles in
Metaphern gesagt; es kommt die Stunde, in der ich nicht mehr in Metaphern zu euch
sprechen werde, sondern euch in einfachen Worten vom Vater erzähle. Vers 30-31:
"Wahrlich, ich sage euch: Dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis alles dies
geschehen ist. Der Himmel und die Erde werden vergehen, meine Worte aber werden
nicht vergehen." Mit dem Ausdruck „dieses Geschlecht“ ist die gesamte Menschheit
gemeint. Die Ermahnung lautet, dass das, was zuvor gesagt wurde, ein Prozess der
geistigen Erlösung ist, den alle Menschen notwendigerweise durchlaufen müssen.
Was stattfinden muss, ist die Erlösung all derer, denen es gelingt, das Kommen des
Menschensohns in Herrlichkeit und Macht in sich zu sehen. Jesus versichert uns, dass
diese Möglichkeit für alle da ist, für diese menschliche Generation, und dass sie nicht
aufhören wird, bis dieses Geschlecht vergeht. Im Alten Testament findet diese
Erlösungsperspektive ein breites Echo, aber in sehr dichten Begriffen, die es schwer
machen, sie zu erkennen. Diejenigen, die bereits erlöst sind, werden die Gerechten
genannt, diejenigen, die wie Noah und sein ganzes Haus in die Arche gehen und sich
vor der drohenden Sintflut retten können. Diejenigen, die das Leben vom
Menschensohn empfangen, damit sie nicht verloren gehen. Das sind auch die
wenigen, die Auserwählten, die in das verheißene Land kommen werden. Himmel
und Erde sind die beiden Reiche, die Gott am Anfang geschaffen hat, und sie werden,
wie alles Geschaffene, zu Ende gehen, denn sie stehen unter der Herrschaft der Zeit.
Aber der Himmel und die Erde, von denen hier die Rede ist, sind nicht der Planet
Erde und die Atmosphäre des Himmels, sondern die physische, materielle und die
psychische Welt.

289
Zu dieser Erde und diesem Himmel gehören im Menschen der Körper, der dem
irdischen Reich angehört und sterblich ist, und die Seele, das zweite Reich, das der
Wasser der Psyche. Nur das Reich des Lichts, der Leben spendende Geist Gottes, hat
ewig Bestand. Von der Seele wissen wir nicht nur, dass sie sterblich ist, sondern dass
ihr Tod als Lösegeld dient, wenn ihr Leben für viele gegeben wird. Das hat Jesus
erklärt, als er sagte: Wer sein Leben [Seele=Psyche] um meinetwillen und um des
Evangeliums willen verliert, wird es retten. Aus dem Gesagten geht ganz klar hervor,
dass, wenn dieser Himmel und diese Erde vergehen und für das Bewusstsein zu Ende
gehen, die Erlösung nahe ist und vor der Tür steht.

Seid wachsam! (Markus 13:32-37, Matthäus 24:42-44, Lukas 21:34-36): Vers 32:
"Von jenem Tag aber oder der Stunde weiß niemand, auch nicht die Engel im
Himmel, auch nicht der Sohn, sondern nur der Vater." Um Verwirrung bei der
Auslegung dieses Verses zu vermeiden, sollten wir bedenken, dass der Tag und die
Stunde keine chronologischen Angaben sind. Während der Tag (das Licht) die
Erkenntnis und damit den Grad der Identität mit dem Reich des Menschensohns
bezeichnet, kennzeichnet jede Stunde einen Zustand oder eine Stufe der Erkenntnis
und eine bestimmte Verhaltensweise auf dem Weg zur Erkenntnis. Wenn man dies
verstanden hat, ist es nicht verwunderlich, dass weder die heiligen Engel - die
Lichtteilchen, die in jedem Menschen, im pneumatischen Menschen, zu finden sind -
noch der Menschensohn, dessen Kommen erwartet wird, wissen, wann der Schleier
von oben bis unten zerrissen wird, um die Offenbarung des Menschensohns bis zum
Ausbruch von Freuden- und Lobgesängen zu ermöglichen. Um die Wahrheit zu
sagen: Niemand kann wissen, wann jemand die Herrlichkeit und die Macht des
Menschensohns empfangen wird - und wie könnte man es auch wissen, da dieses
Nichtwissen in der Freiheit der Seele begründet ist, das Licht, das ihr Leben ist, zu
erkennen oder es abzulehnen. Es geht eben darum, das eigene Wesen zu erkennen
oder zu verwerfen. Wird der Mensch sein wahres ICH BIN entdecken? Wie Jesus
sagt, weiß das niemand außer dem Vater. Vers 33. "Seht zu, wacht! Denn ihr wisst
nicht, wann die Zeit ist." Die verschiedenen Imperative im griechischen Original, die
mit „Seid wachsam“ übersetzt wurden, sind die entscheidenden Elemente in diesem
letzten Abschnitt von Markus 13. Sie sind wichtig. In der offensichtlichen Auslegung
der Frohen Botschaft bleibt so gut wie nichts von dem übrig, was für die Evangelisten
und für die ersten Jünger Jesu so heilsbedeutsam gewesen sein muss, nämlich jene
innere Haltung, die darin besteht, wachsam zu sein, aufmerksam auf sich selbst zu
achten, ohne das letzte Ziel der menschlichen Existenz nach der Lehre Christi aus den
Augen zu verlieren. Was den Zeitpunkt des Kommens angeht, so sei daran erinnert,
dass der Sohn nicht auf ein „Wann“ hin kommt, sondern in der Stunde des inneren
Ereignis, das anzeigt, dass die von Gott gepflanzte Saat reif ist und geerntet werden
kann. Vers 34-35. "Wie ein Mensch, der außer Landes reiste, sein Haus verließ und
seinen Knechten die Vollmacht gab, einem jeden sein Werk, und dem Türhüter
einschärfte, dass er wache, so wacht nun! Denn ihr wisst nicht, wann der Herr des
Hauses kommt, ob des Abends oder um Mitternacht oder um den Hahnenschrei oder
frühmorgens." Die innere Haltung, zu der Jesus aufruft, besteht darin, sich selbst
genau zu beobachten, mit einem ununterbrochenen wachen Bewusstsein.

290
Das ist nicht leicht in die Tat umzusetzen. Dennoch hängt davon das gute und
rechtzeitige Erreichen der Frucht ab, die Verkürzung der Tage, von der Jesus
versichert, dass sie um der Auserwählten willen, die sein Kommen erwarten,
eingeführt wurde (Vers 20). Es ist auch nicht leicht zu verstehen, worin die Ausübung
der Wissenschaft Gottes besteht - jener großen und schönen Wissenschaft, die Jesus
erklärte und die dazu diente, die Tage der Bedrängnis zu verkürzen, und nicht nur
dazu, sie zu verkürzen, denn Jesus sagte, dass ohne diese Wissenschaft niemand
gerettet worden wäre. Um dies zu verdeutlichen und die Offenbarung (das Kommen)
des Menschensohns zu beschleunigen, liefert Markus 13 nun das Bild des Mannes,
der in der Fremde unterwegs ist. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass der
Reisende in der Fremde metaphorisch den Menschensohn darstellt, dessen Kommen
(Wiederkunft) erwartet wird. Das Haus des Reisenden - der Sohn - ist der ganze
Mensch, der Mensch, in dem der Sohn wie in einem Tempel wohnt; und wenn man
von dem Reisenden sagt, er sei in die Fremde gegangen, so bedeutet das in
Wirklichkeit keinen Ortswechsel, sondern trägt der Tatsache Rechnung, dass das
natürliche Bewusstsein des Menschen (die Seele ist der Türhüter) sich der Existenz
des Sohnes so wenig bewusst ist, obwohl er der eigentliche Herr des Hauses ist, dass
es denkt, er sei nicht da. Deshalb wartet die kluge Seele auf die Rückkehr dessen, der
nie abwesend war. Deshalb spricht sie von seinem Kommen, wenn sie ihn entdeckt.
Besonders wichtig ist die Aufgabe des Bewusstseins, das im Vers „Türhüter“ genannt
wird, denn von seiner Wachsamkeit hängt das Öffnen oder Schließen der Seelentüren
ab, wenn das Licht des Hausherrn erscheint. Das Bewusstsein ist aufgerufen, immer
aufmerksam zu sein, immer auf der Hut zu sein vor dem, was in ihm vorgeht, und
seine Pflicht ist es, wach zu bleiben, auf der Hut zu sein, ohne dem Schlaf
nachzugeben. Nur so wird die Seele fähig sein, eines Tages die Gegenwart des
Sohnes wahrzunehmen und in ihre unendliche Kontemplation einzutreten. Wenn
diese Selbstwahrnehmung, dieses Wachsein, um die Gegenwart zu betrachten, vom
Bewusstsein ununterbrochen praktiziert wird, ohne dass die unvermeidlichen äußeren
Ereignisse es stören oder ablenken, hat das Bewusstsein eine stabilisierte Haltung
erreicht. Das Evangelium verkündet, dass durch diese Haltung die Tage der
Auserwählten verkürzt worden sind. Eine solche Haltung die ganze Zeit
aufrechtzuerhalten, erfordert eine große Dosis an Energie und Liebe zum Schöpfer,
während man die geschaffenen Dinge vergisst; doch durch diese Haltung kann die
Finsternis zu Licht werden. Wenn das Bewusstsein in diesem erwachten Zustand
stabil wird, in ununterbrochener Wachsamkeit, in Kontemplation, in ständiger
Erwartung der freudigen Gegenwart der Herrlichkeit des Sohnes, bleibt der Seele
nichts anderes übrig, als zu warten, ohne Ungeduld, mit Freude - denn der Sohn ist
da, und jetzt weiß sie, dass er nie abwesend war -, auf jene Stunde zu warten, wenn
der Schleier von oben bis unten zerrissen wird. Dann weiß sie, dass der Herr des
Hauses in Wirklichkeit nie abwesend war. Und nun ist er hier, ganz nahe, vor der Tür.
Man muss sich darüber im Klaren sein, dass die Wachsamkeit, das Wachen, das die
Bekehrung verlangt, immer darin bestehen muss, Zuschauer dessen zu sein, was man
sieht, auf der Hut zu sein, ohne sich mit dem, was man sieht, zu identifizieren oder es
abzulehnen; denn sobald das Bewusstsein sich einmischt, hört es auf, Zuschauer zu
sein und wird Teil des Schauspiels.

291
Eine Seele, die sich in einen Schauspieler verwandelt hat, kann niemals eine
demütige, selbstlose Magd sein, auf die der Herr schauen kann und für die er große
Dinge tun kann. Was das Evangelium fordert, ist eine ständige, friedliche und
unpersönliche Kontemplation, deren einziges Interesse im Akt der Kontemplation
liegt, immer wach, ohne zu schlafen. Niemand kann wissen, wie lange dieser Zustand
andauern wird, aber eines Tages wird Beharrlichkeit dazu führen, dass die
Herrlichkeit des Menschensohns auf den Flügeln herabsteigt, die in dieser weiten
Wüste wachen. Deshalb verkündet das dritte Evangelium: Glücklich die Knechte, die
der Herr wach findet, wenn er kommt. Dieser letzte Punkt bezieht sich auf die von
Markus erwähnten Wachen, die wir nun untersuchen müssen, denn sie sind das
Vorbild für das Wachsein, das Jesus während der Nachtwachen seiner Passion lehrte.
Nach Markus haben sie entsprechende Gültigkeit für die Passion der Nachfolger
Christi, die das Kommen des Menschensohns herbeigerufen haben. Vers 35-36: "so
wacht nun! Denn ihr wisst nicht, wann der Herr des Hauses kommt, ob des Abends
oder um Mitternacht oder um den Hahnenschrei oder frühmorgens, damit er nicht,
wenn er plötzlich kommt, euch schlafend finde." In jeder der vier Nachtwachen, in
die der Evangelist Markus die Nacht der Seele einteilt, müssen wir wach und
aufmerksam bleiben, bereit, mit unserem Zeugnis der Wahrheit auf das große
Ereignis des Kommens zu antworten. Markus hat seine Gründe, hier die vier Wachen
zu benennen, auf deren Bedeutung er in seinem Bericht über die Passion Jesu mehr
oder weniger verschleiert anspielt. Es scheint ihm darum zu gehen, zu lehren, dass
die Ereignisse, die er gleichnishaft und in mythischen Formen beschrieben hat, die
gesamte menschliche Generation betreffen, da sie in verborgenen Worten die Passion
ankündigen, die alle in dem ihnen entsprechenden Maß durchmachen müssen. Das
Leiden Jesu war paradigmatisch das Leiden, das all jene erwartet, die aufrichtig das
Kommen des Menschensohns in sich anrufen: Maranatha. Um diese Wahrheit zu
lehren, macht sich das Evangelium daran, zwischen den vorbeiziehenden Wolken des
Schleiers die Parallele zu enthüllen, die zwischen den von Jesus gelebten Wachen und
denjenigen besteht, die jeden Menschen erwarten und die in Gleichnissen beschrieben
wurden. Betrachten wir nun aber die Beschreibung der vier Wachen der Passion, die
Markus absichtlich erwähnt, um als parallele Darstellungen im Gleichnis zu dienen.
1. Wache, Abend: "Und als es Abend geworden war, kommt er mit den Zwölfen."
(14:17). Es ist der erste Tag der ungesäuerten Brote, an dem das Passahlamm geopfert
wurde (14:12). Wir wissen bereits, dass nach der Hermeneutik der Evangelisten der
Jünger Judas die Rolle des Widersachers, des Satans, übernehmen sollte. Das
bestätigt der Verfasser des dritten Evangeliums, wenn er sagt: Da fuhr der Satan in
Judas ein. Deshalb lässt sich nach dem Studium des Kommentars zu Vers 14 die
Ankündigung des Verrats von Judas im parallelen Passionsgleichnis des Markus
leicht identifizieren - mit der entscheidenden Handlung, den verhängnisvollen Gräuel
dort aufgestellt zu sehen, wo er nicht hingehört (im Allerheiligsten). 2. Wache,
Mitternacht: Sie steht der sechsten Stunde des Tages, der Mittagszeit, gegenüber.
Wenn mit dem Anbruch der sechsten Stunde die Finsternis über das Land, d.h. über
den vergänglichen Menschen, gekommen ist, so ist jetzt, um die vorhergehende
Mitternacht, die Finsternis über die Seele gekommen. Daher ist es nicht schwer, die
Angst und die große Bedrängnis, die Jesus in Gethsemane (14:33) fühlte,

292
mit der großen Bedrängnis zu identifizieren, von der Markus in seinem Gleichnis
berichtet. Da es sich um die zweite Wache handelt, ist es die Pflicht der Diener, wach
zu bleiben, wie Lukas betont, und die Diener sind tatsächlich in Gethsemane
anwesend, aber gemäß der Evangelisten werden diese Diener durch die drei Jünger
Petrus, Jakobus und Johannes repräsentiert, wobei der erste des Trios die Rolle des
Türhüters, d. h. des Bewusstseins, übernimmt. Die drei Stunden, aus denen sich eine
Wache zusammensetzt, erhalten in dieser zweiten Wache eine eigene Bedeutung, so
dass jede einzelne Stunde gewissermaßen für sich gelesen werden sollte: 1. Stunde:
Jesus sagt: "Meine Seele ist sehr betrübt, bis zum Tod" (14:34). Nach dem
verborgenen Sinn ist der Tod der Seele die Vollendung der Selbstverleugnung, der
Tod des Weltbewusstseins, also das Kreuz, das Jesus seinen Jüngern auftrug und das
er voraussah, als er sagte: Der Menschensohn ist gekommen, um sein Leben [Seele]
als Lösegeld für viele zu geben. Danach bittet Jesus die Diener, die Mächte der Seele,
wach zu bleiben: "Bleibt hier und wacht!" Diese Aufforderung ist als Widerspruch zu
verstehen, als eine instinktive Bewegung, um das Leben der Seele zu bekräftigen, die
sich jetzt in der Trance der Vollendung befindet. Ihre Bedeutung deckt sich mit dem,
was Markus sagt, wenn er sagt, dass er auf den Boden fiel. In dem folgenden Gebet
gibt es zwei verschiedene Momente. Das erste kommt vom Boden: "Nimm diesen
Kelch von mir weg", zeigt ein Bewusstsein, das sich in einem Augenblick der
Schwäche angesichts der vor ihm liegenden Prüfung offenbart. Der zweite Moment
geht in eine unmittelbare Erhebung über, mit konsequenter Zustimmung und
freiwilliger Hingabe: "Doch nicht, was ich will, sondern was du willst!" 2. Stunde: Es
gibt keine Abweichung von der ersten Stunde. Eine erneute Aufforderung an die
Diener, zu wachen und zu beten, woraufhin er wegging und mit denselben Worten
betete. Als er zu den Dienern zurückkehrte, fand er sie wieder schlafend vor. 3.
Stunde: Diesmal bat Jesus seine Diener nicht, wach zu bleiben. Da die Übergabe der
Seele beschlossen war - nicht, was ich will, sondern was du willst! -, gab es für die
Diener keinen Grund mehr, zu wachen. Jesus zog sich zurück, um ein drittes Mal zu
beten, und erst als die dritte Stunde zu Ende war, sagte er zu den Dienern: "So schlaft
denn fort und ruht aus!" Beachten wir, dass „ruht aus“ hier bedeutet, dass das Werk
vollendet ist, wie es geschrieben steht: Glücklich sind die, die in dem Herrn sterben.
Jetzt können sie nach ihrer Arbeit für immer ruhen. Mit den Worten "Es ist genug; die
Stunde ist gekommen." drückt Jesus die Vollendung des Heilsplans in der zweiten
Wache aus. Die Stunde ist hier die Stunde Jesu, das, was die Seele ihre Stunde
nennen kann, die Stunde ihrer Hingabe. Wenn Judas, der Widersacher, nach
Gethsemane kommt, wird Jesus ihm zur Verfügung stehen. Judas wird den
vergänglichen Leib Jesu nehmen, um ihn zu übergeben, aber in seiner Eigenschaft als
Widersacher wird er keine Seele finden, die er nehmen kann, da sie sich selbst bis zur
Eigenschaft des Widersachers verleugnet hat, und so das Geheimnis der heiligen
Hochzeit, das darin besteht, mit dem Menschensohn eins zu sein, treu vollzogen hat.
Die nächsten Worte Jesu haben eine doppelte Bedeutung, je nachdem, ob man sie im
offensichtlichen oder im verborgenen Sinn versteht: "Siehe, der Sohn des Menschen
wird in die Hände der Sünder überliefert." (14:41). Im offenbaren Sinn wird Jesus am
Kreuz auferweckt werden; im verborgenen Sinn hat er bereits das Werk vollbracht,
das vor dem Zerreißen des Schleiers getan werden muss, der die Welt daran hindert,

293
die heiligen Engel zu betrachten, die den Menschensohn gemäß der Verheißung
begleiten: "Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ihr werdet den Himmel geöffnet sehen
und die Engel Gottes auf- und niedersteigen auf den Sohn des Menschen." (Johannes
1:51) 3. Wache, Hahnenschrei: Diese Wache ist im Evangelium durch die dreifache
Verleugnung des Petrus leicht zu erkennen, eine für jede der drei Stunden der Wache.
Aber während diese Verleugnungen das Nicht-Wach-Sein veranschaulichen, findet
das genaue Gegenteil, das Zeugnisgeben, vor dem Sanhedrin statt, wo Jesus mit
seinem weit geöffneten geistigen Bewusstsein nichts verleugnet, sondern zweimal
mit Schweigen antwortet, bevor er Zeugnis gibt, indem er sagt: Ich bin. Eine Antwort
für jede Stunde der Wache. Die Verleugnungen des Petrus finden statt, als der Jünger
im Hof bei den Dienern ist, und das Evangelium deutet damit an, dass Petrus dort in
seiner Eigenschaft als Türhüter ist, im Bewusstsein, gemäß der Bedeutung des
Gleichnisses, das erklären will, was es bedeutet, wach zu bleiben. Wenn Jesus vor
den Hohepriester im Sanhedrin gebracht wird, erfüllt sich das, was im Gleichnis
angekündigt wurde, nämlich das Leiden, das viele erwartet [...] „sie werden euch den
Sanhedrinen, dem Gericht, überantworten“ (Vers 9). Wenn Jesus Zeugnis ablegt und
nichts verleugnet, dann deshalb, weil in ihm das tiefe, höhere Bewusstsein des
Sohnes aufleuchtet, das in demjenigen aufsteigt, der es verstanden hat, bis zum Tod
wach zu bleiben (14:34) und sich dann zu ergeben. Die Verweigerung des Türhüters
ist dann nicht mehr von Bedeutung, auch wenn er auf die schlimmste Art und Weise,
von Angst überwältigt, dem Schlaf verfallen ist. Der Türhüter schläft fest und hat die
Augen fest geschlossen, als die große Not über ihn hereinbricht. Aber wenn der Same
Frucht getragen hat, ist es nicht mehr wichtig, dass die Seele schläft. Das Korn ist
reichlich in der Ähre. Der Sohn wacht mit seinem unauslöschlichen Licht. 4. Wache,
früher Morgen: Markus weist darauf hin, dass Jesus am frühen Morgen vor Pilatus
gebracht wurde (15:1). Damit ist die vierte Wache vollendet, ebenfalls wie im
Gleichnis als Passion für die Vielen angekündigt: „Ihr werdet vor die Statthalter
treten“ (Vers 9). Im Verlauf dieser Wache findet die Stunde der manifesten Übergabe
Jesu an das Tribunal statt, und Jesus, der verborgene Christus, hat hier nichts zu
sagen, nichts zu antworten, denn sein Wort ist Schweigen für die Menschen im Bann
des Manifesten. Hier wurde der Sohn des Vaters, der Erlöser, aus seiner freiwilligen
Gefangenschaft zwischen den Händen der Sünder befreit, und, wie prophezeit, wurde
ein König unter den Menschen dazu verurteilt, am Kreuz aufgerichtet und von denen,
die ihn ansehen, durchbohrt zu werden.

Abschluss (Markus 13:37): Vers 37. "Was ich aber euch sage, sage ich allen: Wacht!"
Nicht nur für die vier Jünger, die Markus am Anfang des Kapitels erwähnt, hat Jesus,
der Lebendige, seine Rede gehalten und seine späten Gedanken auf dem Ölberg
geäußert. Diese schwierige Erklärung wurde für das gesamte Menschengeschlecht
gegeben, um den Menschen aller Zeiten zu dienen, denn der Same des Vaters war in
alle gesät worden, und so wird dieser Same in allen wachsen, die nach ihm rufen und
an ihn glauben, bis er seine Lichtfrucht hervorbringt. Nun, das wurde bereits gesagt:
Es gibt eine Wissenschaft Gottes, die Jesus, der Lebendige, erklärt hat, und ihr Zweck
ist es, die Tage für alle Auserwählten zu verkürzen, die glauben und sich danach
richten. Diese Wissenschaft Gottes ist in ihrer Praxis eine innere Disposition, eine,

294
die die Bekehrung der Seele ermöglicht, eine, bei der das Bewusstsein sich selbst
betrachtet. (Anmerkung: Dies ist das bereits aus der Exegese der Seele zitierte und
beschriebene Nach-Innen-Wenden des Mutterschoßes der Seele, dem Geist entgegen.
In der Bibel wird es so ausgedrückt, dass wir stets auf Jesus schauen sollen, nämlich
auf den jedem Menschen innewohnenden Christus. Im Philippus-Evangelium wird es
innere Betrachtung genannt: "Die Kinder des Brautgemachs haben alle denselben
Namen. Zusammen haben sie an der Ruhe teil. Sie brauchen keine äußere
Wahrnehmung, denn sie haben die innere Betrachtung. Diejenigen, die in der
Wahrnehmung Leben halten die Vielheit der Dinge in Ehren. Aber diejenigen, die in
der inneren Betrachtung Leben, halten die Ruhe in Ehren.") So wächst der Same und
verwandelt sich in Gegenwart, die wiederum immer stabiler wird und immer mehr
Segen bringt. Bis der Tag anbricht, an dem das Bewusstsein, die Seele, am Punkt des
Todes in völliger Selbstverleugnung aufgibt. Das ist die Finsternis, die auf die Erde
herabsteigt, nur um - manchmal sogar gleichzeitig - von einem intensiven Licht
durchdrungen zu werden, das auf die Menschen scheint, die in der Finsternis, in
einem Land der Schatten wandelten. Das ist nichts anderes als die Herrlichkeit, die
Macht des Menschensohns. Das ist der Segen dessen, von dem es heißt, dass er
kommen muss - denn er wurde in uns gesät. Er ist es, der auf den Wolken kommt und
den heiligen Engeln, den Kindern Gottes, die Freiheit bringt."
(https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

114. Simon Petrus sagte zu ihnen: Maria soll uns verlassen, denn Frauen sind
des Lebens nicht würdig. Jesus sprach: Siehe, ich werde sie führen und sie
männlich machen, dass auch sie zu einem lebendigen Geist wird, der euch
Männern gleicht. Denn jede Frau, wenn sie sich männlich macht, wird sie in das
Reich der Himmel eingehen.

"Thomas erwähnt in anderen Logien die bildliche Darstellung der Seele (Frau), die
zum Geist (Mann) werden muss, um in das Himmelreich zu gelangen, obwohl es eine
Reihe von biblischen Unterschieden gibt, die eine Untersuchung verdienen. Wenn wir
das Logion von allen Metaphern, in die es gekleidet ist, befreien würden, könnte es in
etwa so lauten: "Simon Petrus sagte zu ihm: Die Seele soll nicht mehr das Zentrum
[das Ego] eines jeden Menschen sein, denn die Seelen haben kein ewiges Leben.
Jesus sagte: Ich [der bereits existierende Christus] werde sie leiten, damit sie ihr
Wesen findet und in Geist verwandelt wird. Denn jede Seele, die in Geist verwandelt
wird, wird in das Reich Gottes eingehen. Was der Logion unzweifelhaft erklärt, ist,
dass jede Seele durch Transformation in ihr eigenes Wesen zum Geist werden muss.
Die Verwandlung ist das große Geheimnis, das sich in jedem Menschen vollziehen
muss. Es ist die unausweichliche Aufgabe, die jede einzelne Seele zu erfüllen hat, die
eine Aufgabe, die an sich schon alle Mühen rechtfertigt, die Jesus von Nazareth auf
sich nahm, um den Menschen die Frohe Botschaft zu verkünden. Die Tatsache, dass
die Verwandlung ein nicht übertragbares Mysterium ist, hat zweifellos dazu geführt,
dass ihre endgültige Verwirklichung auf sehr unterschiedliche Weise interpretiert
wurde. Seit Jahrhunderten ist die Seele die Verkörperung der mystischen Braut, die in
ihrer heiligen Hochzeit mit dem Bräutigam die Einheit vollzieht.

295
Dies ist die Hochzeit, die der von Liebe entflammte Mystiker feiert. Von dieser
Hochzeit erzählt das Evangelium der Ägypter: Als Salome, die evangelische Gestalt
für die fragende, suchende Seele, fragt, wann die Verwandlung stattfinden wird, sagt
der Herr zu ihr: Wenn du dich in Röte [in Reinheit] kleidest und wenn die beiden eins
werden und das Männliche zusammen mit dem Weiblichen weder männlich noch
weiblich ist. In Logion 22 und 61 befürwortet das Thomas-Evangelium nicht nur die
von den Ägyptern gegebene Beschreibung der Verwandlung, sondern erklärt sie auch.
Im zweiten dieser beiden Logien definiert Jesus sich selbst, indem er sagt, dass er aus
dem Gleichen hervorgehe und demjenigen gleich sei, der an ihrem Tisch saß [die von
Salome, der Seele] und von ihrem Tisch gegessen hat. Das bedeutet, dass Christus
sich mit der Seele eins gemacht hat und den gereinigten Inhalt der Seele als geistige
Nahrung aufgenommen hat. Dies ist eine Beschreibung der Verwandlung in die
Einheit, die sich aus der Vereinigung von Seele und Geist ergibt. Es gibt nur eine
Verwandlung, und sie ist für alle bestimmt, aber ihre Beschreibung kann
unterschiedlich sein, da der Verwandelte durch denselben Akt in das Geheimnis
eintritt, bei dem die Sprache die Namen der Dinge verliert. Das Geheimnis wird dann
für denjenigen, der in es eingetreten ist, offenbart, aber da es nicht geteilt werden
kann, bleibt es für diejenigen, die nicht in es eingetreten sind, versiegelt. Als Jesus
vom Kreuz sprach, das derjenige auf sich nehmen muss, der ihm nachfolgen will,
meinte er nicht ein Holzkreuz oder Nägel; wenn das so wäre, könnte es für
niemanden in einer Zivilisation, die diese Strafe abgeschafft hat, eine Erlösung geben.
Das Kreuz, von dem Jesus spricht, ist metaphorisch und verweist auf eine seelische
Last, die getragen werden muss, bis sie zerbricht. Erst wenn dieses Kreuz sich
aufgelöst hat und zu Boden fällt, wird die Seele ihre Ernte der Verwandlung in Geist
einbringen. Es sind die vergänglichen weltlichen Bestandteile der Seele, die bei der
Verwandlung absterben, und was dann entsteht, ist das ewige Leben, das von Anfang
an in der Seele als unbekannter Same vorhanden war, vom Bewusstsein nicht
wahrgenommen, nicht als das erkannt, was es ist: Geist. Das ist Verwandlung. Die
Aussprüche Jesu, die in mythischer Form darauf anspielen, bestätigen das Geheimnis
der Verwandlung der Seele. Die synoptischen Evangelien steigern die Dramatik, mit
der sie das Geheimnis umgeben, wenn sie sagen: Jeder, der seine Seele
[Leben=Psyche] um meinetwillen verliert, wird sie finden. In der dann entstehenden
Einheit, in der das Männliche mit dem Weiblichen eins wird, ist das Ergebnis weder
männlich noch weiblich, sondern der Menschensohn, das göttliche Androgyne, das
männlich geschaffen wurde, und weder männlich noch weiblich, sondern der
Menschensohn, das göttliche Androgyne, das männlich und weiblich geschaffen
wurde. Dann werden diejenigen, die die Einheit erkannt haben, ihn kommen sehen,
ohne Wolken, mit großer Macht und Herrlichkeit, denn er selbst ist es. Für den
Gläubigen ist die Einheit die Auferstehung, und sie ist das Gericht, denn durch die
Gnade des Glaubens ist er in die Kontemplation eingetreten, und in der
Kontemplation hat er geschaut, und so wurde er emporgehoben. Aber es ist nicht
leicht zu wissen, ob die Auferstehung nach dem Tod der Seele kam, oder ob es keinen
Tod gab, sondern nur ein Leben in Einheit mit dem Geist. Es kommt darauf an, wie
die Verwandlung beschrieben wird, denn im ewigen Leben Christi sind Tod und
Auferstehung ein und dasselbe." (https://www.gospelofthomas-interpretation.com/)

296
Nachtrag zu Logion 30: Die Übersetzung aus dem Koptischen lautet: Wo drei
göttliche Wesen sind, sind sie Götter. An dem Ort, wo zwei oder eins sind, bin ich da.
Die Übersetzung aus dem Griechischen lautet: Wo es (zwei) (oder drei) gibt, sind sie
nicht ohne Gott, und wo einer ist, sage ich dir, ich bin bei ihm. Hebe einen Stein
hoch, und du wirst mich finden, spalte das Holz, und ich bin dort. Die griechische
Übersetzung macht schon weitaus mehr Sinn und gibt Aufschluss darüber, wie dieser
Logion zu verstehen ist. Eine nahezu identische Passage findet sich im EDVL, Kap.
19: "Und wo immer sieben in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten
unter ihnen; ja, selbst wenn es drei oder zwei nur sind. Und selbst, wenn einer nur im
Stillen betet, so bin ich mit diesem einen. Hebt den Stein empor, und ihr werdet mich
finden. Spaltet das Holz, und ich bin dort. Denn im Feuer und im Wasser, ebenso wie
in jeder Lebensform ist Gott offenbar als dessen Leben und Substanz." (Siehe auch
Matthäus 18:20). Auch hier spricht Yahshua wieder einmal vom innewohnenden
Christus, dem Eckstein, der, wenn er auch nur von einem Menschen erhöht wird,
immer mit ihm ist, denn er ist in jedem von uns und das ganze All ist durch ihn
entstanden und er lebt in allem und alles lebt in ihm und durch ihn. Er ist
allgegenwärtig und leidet und freut sich mit allen Geschöpfen. So ist auch kein
Wunder, dass wir in Matthäus 25 lesen: "Wenn aber der Sohn des Menschen kommen
wird in seiner Herrlichkeit und alle Engel mit ihm, dann wird er auf seinem Thron der
Herrlichkeit sitzen; und vor ihm werden versammelt werden alle Nationen, und er
wird sie voneinander scheiden, wie der Hirte die Schafe von den Böcken scheidet.
Und er wird die Schafe zu seiner Rechten stellen, die Böcke aber zur Linken. Dann
wird der König zu denen zu seiner Rechten sagen: Kommt her, Gesegnete meines
Vaters, erbt das Reich, das euch bereitet ist von Grundlegung der Welt an! Denn mich
hungerte, und ihr gabt mir zu essen; mich dürstete, und ihr gabt mir zu trinken; ich
war Fremdling, und ihr nahmt mich auf; nackt, und ihr bekleidetet mich; ich war
krank, und ihr besuchtet mich; ich war im Gefängnis, und ihr kamt zu mir. Dann
werden die Gerechten ihm antworten und sagen: Herr, wann sahen wir dich hungrig
und speisten dich? Oder durstig und gaben dir zu trinken? Wann aber sahen wir dich
als Fremdling und nahmen dich auf? Oder nackt und bekleideten dich? Wann aber
sahen wir dich krank oder im Gefängnis und kamen zu dir? Und der König wird
antworten und zu ihnen sagen: Wahrlich, ich sage euch, was ihr einem dieser meiner
geringsten Brüder getan habt, habt ihr mir getan." So ist es auch selbsterklärend, dass
zu den "geringsten seiner Brüder" ganz gewiss nicht nur die Menschen gehören,
sondern alle seine Geschöpfe, wie es auch im EDVL und im EHGOC zu lesen ist. In
der Bibel-Genesis, der Schöpfungsgeschichte, lesen wir, wenn wir das richtige
Verständnis und Hintergrundwissen der Schriften haben, die aus der Bibel entfernt
wurden, dass der präexistente Christus, der eingeborene Sohn, das Licht ist, dass Gott
am ersten Tag erschuf. Nichts wurde ohne ihn erschaffen und nichts kann ohne ihn
leben, denn er ist das allem, was ist, innewohnende Licht, der universelle Leben
spendende Geist, der eins mit dem Vater-Mutter ist, da er sein wahres Abbild ist, in
dem die ganze Fülle des Vaters ist. Unsere wahre und unsterbliche Natur ist Geist,
reines Licht, Der Vater ist eins mit dem Sohn und wenn der Sohn nicht länger in
ungeoffenbarter, sondern in offenbarter Form in uns ist, sind wir eins mit dem Sohn,
und somit auch Eins mit dem Vater. Das ist das Reich Gottes! In 1.Mose 1 lesen wir:

297
"Im Anfang schuf Gott die Himmel [Plural] und die Erde. Und die Erde war wüst
[nichtig] und leer [öde], und Finsternis war über der Tiefe [der Flut]; und der Geist
Gottes schwebte über den Wassern [über dem Angesicht der Wasser]. (1) Und Gott
sprach: Es werde Licht! Und es wurde Licht. Und Gott sah das Licht, dass es gut war;
und Gott schied das Licht von der Finsternis. Und Gott nannte das Licht Tag, und die
Finsternis nannte er Nacht. Und es wurde Abend, und es wurde Morgen: ein Tag. (2)
Und Gott sprach: Es werde eine Wölbung mitten im Wasser, und es sei eine
Scheidung zwischen dem Wasser und dem Wasser! Und Gott machte die Wölbung
und schied das Wasser, das unterhalb der Wölbung, von dem Wasser, das oberhalb
der Wölbung war. Und es geschah so. Und Gott nannte die Wölbung Himmel. Und es
wurde Abend, und es wurde Morgen: ein zweiter Tag. Und Gott sprach: Es soll sich
das Wasser unterhalb des Himmels an einen Ort sammeln, und es werde das Trockene
sichtbar! Und es geschah so. Und Gott nannte das Trockene Erde, und die
Ansammlung des Wassers nannte er Meere. Und Gott sah, dass es gut war (3). Und
Gott sprach: Die Erde lasse Gras hervorsprossen, Kraut, das Samen hervorbringt,
Fruchtbäume, die auf der Erde Früchte tragen nach ihrer Art, in denen ihr Same ist!
Und es geschah so. Und die Erde brachte Gras hervor, Kraut, das Samen hervorbringt
nach seiner Art, und Bäume, die Früchte tragen, in denen ihr Same ist nach ihrer Art.
Und Gott sah, dass es gut war. Und es wurde Abend, und es wurde Morgen: ein
dritter Tag. (4)" 1.Mose 1:1-13

(1) Im Anfang schuf Gott den Heiligen Geist und den Sohn (die Himmel, d.h. die
höchste Ebene des menschlichen Bewusstseins, das Christusbewusstsein). Danach
lesen wir, dass die Erde zuerst noch wüst [nichtig] und leer [öde] war. In den
gnostischen Schriften lesen wir, dass der am sechsten Tag vom Demiurg und seinen
Archonten und Engeln geformte Mensch zunächst leblos war. Erst als ihm der
Lebensodem vom Heiligen Geist eingehaucht wurde, wurde er eine lebendige Seele.
Wir lesen auch, dass der Geist Gottes, das Christusbewusstsein, über dem
ANGESICHT der Wasser (der Seele) schwebte, und dass Gott das Licht (den
Christus, das Christusbewusstsein) von der Finsternis (der Seele und ihrem
gemeinsamen Haus, dem fleischlichen Körper) schied. Im 5. Logion sagt Yahshua:
"Erkenne den, der vor deinem Angesicht ist, und was dir verborgen ist, wird sich dir
offenbaren. Denn es gibt nichts Verborgenes, das nicht offenbar würde." Damit ist der
innewohnende Christus gemeint, der vor bzw. über dem Angesicht der Wasser, der
Seele, ist bzw. schwebt, aber solange er nicht offenbart hinter den Wolken der Seele,
dem Schleier, verborgen bleibt.

(2) Dann sprach Gott: Es werde Licht! In diesem Moment erschuf er den ersten
vollkommenen Menschen, sein wahres Abbild, den eingeborenen Sohn, das Licht der
(beiden) Welt(en), der offenbaren und der verborgenen. Das am ersten Tag
erschaffene Licht ist der erste wahrhaftige Mensch, der in ungeoffenbarter Form im
Haus der Seele lebt, denn er ist es, der ihr - wie auch allem anderen im gesamten
Universum - Leben schenkt. Deswegen sagt Yahshua, er sei das Licht der Welt, und
dass, wenn das Auge, das Werkzeug Seele, klar sei, der ganze Körper mit Licht erfüllt
sei. Nur da, wo der Sohn in offenbarter Form ist, ist wahres Licht und wahres Leben.

298
(3) Gott trennte die Wasser (die lebendigen Wasser und die Wasser der Seele) durch
ein „Firmament“. Dieses Firmament wird im Tempel Salomons durch den Vorhang
symbolisiert, der das Heilige (die Seele) vom Allerheiligsten (dem Geist, dem Licht
und der Gegenwart Gottes) trennt. Dieses Firmament ist der Spiegel, in dem die Seele
ihr wahres Wesen, den Christus, erkennen kann. Dieses Erkennen kann jedoch nur
stattfinden, wenn die Wasser der Seele rein und klar sind (die Wassertaufe
symbolisiert die Taufe der Seele mit den lebendigen Wassern von oben, die der
innewohnende Christus jedem frei gibt, der danach dürstet) und eine Lichtquelle
vorhanden ist (durch die Feuertaufe des Geistes, welcher Licht ist). So heißt es im
Philippus-Evangelium: "Durch den Heiligen Geist werden wir wiedergeboren.
Geboren aber werden wir durch Christus. In beiden Vorgängen werden wir gesalbt
vom Geist. Indem wir geboren werden, werden wir wieder (mit Gott) vereinigt.
Niemand kann sich ohne Licht selbst sehen, weder im Wasser noch im Spiegel.
Andererseits sieht man auch im Licht nichts ohne Wasser und Spiegel. Daher ist es
notwendig, mit beidem getauft zu werden: mit Licht und mit Wasser. Das Licht, aber
ist die Salbung." Die Wasser von oben sind die lebendigen Wasser, die Yahshua
jedem frei gibt und die zum ewigen Leben führen. Die Wasser von unten sind die
Wasser der Psyche, der Seele, die mit den Wassern von oben durch die Taufe in
Wasser und Geist (Licht) eins werden müssen. Erst dann kann die Seele in den
Spiegel schauen, um ihr wahres Wesen zu sehen und zu erkennen, das Geist ist, so
wie wir unser eigenes Wesen in klarem Wasser bei Tageslicht sehen können. Die
Himmel sind die höheren Ebenen unserer Psyche, der Seele, die wir durchschreiten
müssen, um ganz nach oben zu gelangen, wo das Christusbewusstsein wohnt. Das ist
das wirkliche Kommen des Menschensohns in den Wolken der Psyche, die das Licht
des Geistes am Eindringen hinderten, wenn die Seele mit ihrem wahren Bräutigam,
dem Geist, in das Brautgemach geht und mit ihm eins wird. Das ist das wahre
Evangelium von Christus, dem Menschensohn, der hinter dem Schleier in demselben
Haus, dem Tempel des Heiligen Geistes, mit seiner Braut, der Seele, lebt und darauf
wartet, dass sie endlich den Schleier herunterreißt, damit er eintreten und das Haus
mit seinem Licht erfüllen kann. Dies ist die Vergebung und Aufhebung all unserer
Sünden, nicht irgendein Blutopfer am Kreuz, welches nur symbolisch für die wahre
spirituelle Bedeutung ist. Deshalb sagte Yahshua: "Wenn ihr nicht euer eigenes Kreuz
auf euch nehmt, seid ihr meiner nicht würdig.", nämlich des inneren Christus, der der
Weg, die Wahrheit und das Leben ist. Niemand kommt zum Vater als nur durch ihn.
Die oberflächliche und triviale Exegese der Kirche und des Mainstream-Christentums
ist nichtig und wertlos, denn Yahshua sagte, seine Worte seien Geist und Leben, die
durch die verborgene Exegese durch den Geist Gottes entdeckt und offengelegt
werden müssen. Fleisch und Blut und der bloße Buchstabe sind tot und nutzlos, nur
der Geist schenkt ihnen Leben, da es ihm innewohnt. Wie bereits gelesen und erklärt,
geht es bei dem „Blut Jesu“ nicht um das Blut, das in seinen Adern floss, sondern um
den Heiligen Geist, und sein Fleisch ist nicht das seines Körpers, sondern das Brot
des Lebens, nämlich das heilige Gesetz der Liebe zu aller Schöpfung und der
Heiligkeit allen Lebens. Dass manche „Christen“ tatsächlich glauben, dass sie durch
das buchstäbliche Blut Jesus gerettet seien, offenbart leider nur ihr nicht vorhandenes
Verständnis der wahren geistigen Bedeutungen seiner Worte und Lehren.

299
(4) Nachdem Gott die Wasser von den Wassern durch das Firmament getrennt hatte,
legte er seinen Samen in die Erde, damit sie gute Früchte aller Art hervorbringt. Dies
ist der gute Samen vom Gleichnis des Sämanns, das Wort, den er in uns legte, damit
er Frucht bringt. Der Boden im Gleichnis des Sämanns ist unser Geist, der entweder
das Wort verwirft, oder es aufnimmt. Doch auch wenn es von ihm aufgenommen
wird, kann es laut dem Gleichnis fruchtlos und / oder ohne Wurzel bleiben, wenn der
Boden, der Geist, sich nicht von allem Unkraut, den Sorgen und „Reichtümern“ der
Welt trennt. Es liegt also nicht am Samen, wenn er keine Frucht bringt, sondern am
Boden, dem Geist des Menschen, seinem falschen Ego, dem fleischlichen ICH BIN,
wenn er bzw. es nicht bereit ist, sich von den Trugbildern der Welt, mit denen er bzw.
es sich identifiziert, zu trennen und zu befreien. Denn wie er in Jesaja 55 sagte: "So
hoch der Himmel über der Erde ist, so hoch erhaben sind meine Wege über eure
Wege und meine Gedanken über eure Gedanken. so ist es auch mit dem Wort, das
meinen Mund verlässt: Es kehrt nicht leer zu mir zurück, sondern bewirkt, was ich
will, und erreicht all das, wozu ich es ausgesandt habe." So bleiben wir ohne Frucht,
wenn wir nicht im Wort bleiben, im heiligen Gesetz, welches das Fundament ist, und
wir bleiben leer und öde in der Wüste des Geistes und sind geistig tot, wenn wir uns
nicht mit dem Heiligen Geist füllen; ebenso bleiben wir ohne Frucht und unser
Glauben tot, wenn wir nicht Täter des Wortes werden. Doch genau daran wird und
soll man uns erkennen: An unseren Früchten (Werken). Wie das Wort und der Sohn
ist auch der Heilige Geist bereits in uns ist, muss aber erst von der Welt empfangen
werden, die ihn nicht sieht, obwohl er in allem Leben allgegenwärtig ist. Denn, wie
bereits gelesen, muss das eine erst kleiner werden und sich entleeren (die Psyche /
Seele), bevor das andere größer werden und uns füllen kann (der Geist). Auf dass sich
bewahrheite der einzige Erlösungsweg zur Vervollkommnung der Seelen, wie er im
EDVL geschrieben steht: "Denn durch Involution und Evolution wird die Erlösung
der Welt vollendet werden: Durch das Herabsteigen des Geistes in die Materie und
das Emporsteigen der Materie in den Geist, durch alle Zeiten."

Weiter geht es mit Vers 14-19 und dem vierten Tag: "Und Gott sprach: Es sollen
Lichter an der Wölbung des Himmels werden, um zu scheiden zwischen Tag und
Nacht, und sie werden dienen als Zeichen und zur Bestimmung von Zeiten und Tagen
und Jahren; und sie werden als Lichter an der Wölbung des Himmels dienen, um auf
die Erde zu leuchten! Und es geschah so. Und Gott machte die beiden großen Lichter:
das größere Licht zur Beherrschung des Tages und das kleinere Licht zur
Beherrschung der Nacht und die Sterne. Und Gott setzte sie an die Wölbung des
Himmels, über die Erde zu leuchten und zu herrschen über den Tag und über die
Nacht und zwischen dem Licht und der Finsternis zu scheiden. Und Gott sah, dass es
gut war. Und es wurde Abend, und es wurde Morgen: ein vierter Tag."

Die Engel sind die Boten Gottes (hebr. Malakh = Bote), die den Menschen dienen,
indem sie sie zum heiligen Gesetz führen, sie es lehren oder auch die, die das heilige
Gesetz bereits im Herzen tragen, zu den verlorenen Schafen führen, um sie mit dem
Brot des Lebens zu füttern. Die Engel sind sozusagen die Mittler und Boten zwischen
dem Offenbaren und dem Verborgenen, d.h. dem Sichtbaren und dem Unsichtbaren,

300
damit wir im Himmel weilen können, noch während wir auf Erden wandeln und in
Materie gekleidet sind, und die sogenannte Himmelsleiter auf- und absteigen und
somit den Himmel auf Erden erschaffen können. Es sind die Diener Gottes und des
Menschensohns in uns, die ihr Licht scheinen lassen, aus dem sie kommen, um uns
bei unserem Aufstieg auf der Himmelsleiter zu helfen. Diese Diener, die aus dem
Motiv der dienstbaren Liebe handeln, sind in der manifesten Welt die Propheten und
die Heiligen, die ihr Licht scheinen lassen, damit die Menschen Gott verherrlichen, so
wie seine Diener ihn mit ihren Taten der Nächstenliebe verherrlichen, der sie gesandt
hat, um uns in Momenten der Not zu helfen oder auf unsere Gebete zu antworten. Auf
der Bewusstseinsebene sind es die Diener des uns innewohnenden Menschensohnes,
der von ihm in uns gesäte gute Samen, das Wort, die Stimme Gottes, von der Yahshua
sagte, dass seine Schafe sie hören und erkennen, dass ihre Worte in dem Christus
gesprochen sind. Dies gilt sowohl für die manifeste Ebene als auch für die des
Bewusstseins. Diese Diener sind es, von denen Yahshua in Matthäus 21 im Gleichnis
von den Weingärtnern spricht (Siehe auch den Kommentar zu Logion 65+66). Sie
bewässern den guten Samen und befreien den Boden vom Unkraut, sodass der Samen
wachsen und Frucht bringen kann. So wie die Sterne am Himmel zur Bestimmung
der Jahreszeiten dienen, so tun es auch die Engel, indem sie uns daran erinnern, dass
es an der Zeit ist, den in uns gesäten Samen zum keimen, wachsen und gedeihen zu
bringen, solange bis er Früchte bringt, um sie zur Erntezeit zu ernten und ins Reich
der Himmel einzubringen. Genauso wie es die Diener Gottes und des Menschensohns
gibt, gibt es auch die Diener des Feindes, des falschen Vaters, der sich nur als Vater
ausgibt, die ebenfalls auf diesen beiden Ebenen agieren. Diese sind des, die den guten
Samen, wie in Matthäus 13 im Gleichnis des Sämanns beschrieben, entweder sofort
wegreißen aus dem Boden, dem Bewusstsein, und ihn somit im Keim ersticken, und
auch diejenigen, die versuchen, den Samen bei den Menschen, bei denen er gekeimt
hat, durch das Säen von Unkraut (die Sorgen und / oder Reichtümer der Welt) den
Samen seiner Wurzel zu berauben bzw. die Pflanze zu ersticken, sodass sie ohne
Frucht bleibt. Es liegt also, wie gesagt, nicht am guten Samen, wenn er keine Frucht
bringt, sondern einzig und allein am Boden, unserem Bewusstsein, und ob wir an das
in uns gesäte Wort und den innewohnenden Christus glauben und sie aufnehmen und
pflegen. Im Philippus-Evangelium lesen wir etwas sehr Wichtiges, das uns als Kinder
Gottes, die ihren Vater-Mutter, die All-Eltern, lieben, hilft, alles im Lichte der Liebe
und der Weisheit zu betrachten. Es zeigt uns auch die Erhabenheit des Lichts
gegenüber der Finsternis und, dass die bösen Mächte, indem sie versuchen, uns zu
beflecken und zu schaden, sich gemäß dem Gesetz von Saat und Ernte nur selbst
beflecken und schaden, da alles auf sie zurückkommt, was sie gegen die Kinder
Gottes planen und tun. Dies gilt sowohl für die Menschen als auch für die Mächte der
sieben Himmel, die nicht dem Licht, sondern der Finsternis dienen. Wir lesen dort:
"In dieser Welt dienen die Sklaven den Freien. Im Reich der Himmel werden die
Freien den Sklaven dienen. Die Kinder des Brautgemachs werden den Kindern der
irdischen Zeugung dienen. Der Heilige Geist aber ist anders im Erscheinenden - im
Unten - als im Nicht-Erscheinenden - im Oben. Die bösen Mächte dienen den
Heiligen, sie werden vom Heiligen Geist verblendet, damit sie glauben, sie dienten
einem Menschen der Welt, während sie doch einem Heiligen dienen."

301
Nichts, was die bösen Mächte planen und tun, kann denen, die Gott in Wahrheit und
Geist anbeten, jemals zum Schlechten dienen, denn das Gegenteil ist der Fall. Hier
nun einige Zitate aus den Essener Schriften bezüglich der heiligen Engel, die uns
Menschen in allem dienen, so wie auch Yahshua Myriaden von Engeln gedient haben
(Die heiligen Kommunionen der Essener findet ihr auf den beiden Youtube-Kanälen
Neue Erde Verlag und Ulf Meinken: "Im Anfang ist Gottes Wille, und da kamen sein
Sohn, die göttliche Liebe, und die geliebte Tochter, die heilige Weisheit, aus der einen
ewigen Quelle; und aus dieser kommen die Geschlechter der Geistwesen Gottes, der
Söhne und Töchter des Ewigen. Und diese steigen herab auf die Erde und wohnen
mit den Menschen und lehren sie die Wege Gottes, die Gesetze des Ewigen zu lieben
und ihnen zu gehorchen, auf dass sie in ihnen Erlösung fänden."

"Und der Älteste sagte: Ich möchte mit euch über den Frieden sprechen, denn von
allen Engeln des himmlischen Vaters ist der Frieden derjenige, nach dem sich die
Welt am meisten sehnt. Es ist der Mangel an Frieden, der die Königreiche heimsucht,
selbst wenn sie sich nicht im Krieg befinden. Denn Gewalt und Krieg können in
einem Königreich herrschen, selbst wenn das Geräusch von zusammenstoßenden
Schwertern nicht gehört wird. Obwohl keine Armeen gegeneinander marschieren,
gibt es keinen Frieden, wenn die Menschensöhne nicht mit den Engeln Gottes
wandeln. Ich sage euch wahrlich, viele sind es, die den Frieden nicht kennen. Denn
sie sind im Krieg mit ihrem eigenen Körper, mit ihren Gedanken, mit ihren Gefühlen,
mit ihren Vätern, ihren Müttern, ihren Kindern und mit ihren Freunden und
Nachbarn. Sie kennen nicht die Schönheit der Heiligen Schriftrollen. Sie arbeiten
nicht am Tag im Reich ihrer irdischen Mutter und sie schlafen auch nachts nicht in
den Armen ihres himmlischen Vaters. In ihnen herrscht kein Frieden, denn sie dürstet
immer nach dem, was am Ende nur Elend und Schmerz bringt, nämlich nach den
Reichtümern und dem Ruhm, mit denen Satan die Menschensöhne versucht; und sie
leben in Unkenntnis des Gesetzes, nämlich des heiligen Gesetzes: Dem Pfad der
Engel der irdischen Mutter und des himmlischen Vaters... Das geschriebene Wort
Gottes ist ein Spiegelbild des Himmlischen Meeres, so wie die Sterne das Gesicht des
Himmels reflektieren. Wie die Worte der Väter mit der Hand Gottes in die Heiligen
Schriftrollen eingraviert sind, so ist das Gesetz im Herzen der Gläubigen eingraviert,
die es studieren. Die Kinder des Lichts werden ihr geschriebenes Wort bewachen und
bewahren, damit wir nicht wieder zu Tieren werden und das Königreich der Engel
nicht kennen... Wer an dem geheimen Ort des Allerhöchsten wohnt, wird unter dem
Schatten des Allmächtigen bleiben. Denn er wird seinen Engeln gebieten, euch auf
allen seinen Wegen zu halten... Alle Himmel verkünden die Herrlichkeit Gottes, und
das Firmament zeigt sein Gesetz. Und seinen Kindern vermacht er sein Königreich,
denen, die mit seinen Engeln wandeln, und Frieden finden mit seinem heiligen
Gesetz... Drei sind die Wohnungen des Menschensohns, und niemand darf vor Gott
stehen, der den Engel des Friedens in keinem der drei kennt. Diese sind sein Körper,
seine Gedanken und seine Gefühle. Wenn der Engel der Weisheit seine Gedanken
lenkt, wenn der Engel der Liebe seine Gefühle reinigt und die Taten seines Körpers
sowohl Liebe als auch Weisheit widerspiegeln, dann führt ihn der Engel des Friedens
unfehlbar zum Thron seines himmlischen Vaters."

302
"Der himmlische Vater gab seinen Engeln die Anweisung euch in ihren Händen bis zu
dem Baum des Lebens, der inmitten des Ewigen Meer steht, hinauf zu tragen. Für die
Weisheit des Gesetzes. Für die unüberwindliche Macht des Gesetzes. Für die
Lebenskraft der Gesundheit. Zur Ehre des himmlischen Vaters und der irdischen
Mutter und für all die Segnungen und Heilungen des siebenfachen Friedens verehren
wir die heiligen Engel, unsere Bestrebungen für sie und unsere Kommunionen mit
ihnen sind gut in den Augen des Himmlischen Vaters. Das Gesetz wird durch die
Engel erfüllt, die Glänzenden und Heiligen, deren Blicke ihren Wunsch ausführen,
die stark und herrlich sind, die unsterblich und heilig, die sieben und sieben sind und
doch alle eines Geistes, einer Rede und einer Tat sind. Denn ihre Gedanken, ihre
Rede und ihre Taten sind dieselben, denn sie haben alle denselben Vater, nämlich den
himmlischen Vater! Die Engel, die ihre Seelen sehen, bringen das Königreich der
irdischen Mutter und das Königreich des himmlischen Vaters den Kindern des Lichts,
die im Garten der Bruderschaft arbeiten. Die Engel, die die Schöpfer und Regenten,
die Gestalter und Aufseher, die Hüter und Erhalter der reichlichen Erde und aller
Schöpfungen des Himmlischen Vaters sind. Wir rufen die guten, die starken, die
wohltätigen Engel des himmlischen Vaters und der irdischen Mutter an! Wir verehren
die Engel, die die Gedanken und Lehren des Himmlischen Vaters als erstes hörten,
durch den die Engel den Samen der Völker formten. Es sind die heiligen Engel, die
die Welt wiederherstellen werden, die niemals altern und niemals sterben werden, die
niemals vergehen und für immer leben und immer weiter wachsen werden. Dann
werden Leben und Unsterblichkeit kommen und die Welt wird wiederhergestellt
werden! Die Schöpfung wird unsterblich werden. Das Königreich des himmlischen
Vaters wird gedeihen, und das Böse wird nicht mehr sein!"

Die Engel Gottes sind es, die uns zum Thron Gottes führen. Denn wie auch die
Heiligen im Sichtbaren den Kindern der Finsternis in dienstbarer Liebe dienen, damit
sie zum Licht und zum Leben finden, so dienen die Engel im Verborgenen den
Kindern des Lichts in dienstbarer Liebe, damit sie ihr wahres Erbe und ihr
Erstgeburtsrecht in Christus zum ewigen Leben wahrnehmen und verwirklichen
können. Die Engel sind wie die manifestierten Sterne am Himmel unseres
Bewusstseins, die in der Finsternis ihr strahlendes Licht geben und uns
Erdenmenschen in der Finsternis des Nichtwissens den Weg zu Weisen und uns zu
göttlicher Weisheit, göttlicher Liebe, göttlichem Frieden führen, damit wir uns mit
der Kraft des Geistes in schöpferischer Arbeit für die Errichtung des ewigen
Friedensreichs und zum Wohle und zur Errettung aller Geschöpfe dienstbar machen.
Wenn wir also schon unsere leiblichen Väter und Mütter ehren sollen, wie viel mehr
dann die heiligen Engel Gottes, die keine andere Aufgabe haben als Tag und Nacht
seit Anbeginn der Schöpfung die Menschenkinder in unermüdlicher Hingabe und
Aufopferung zurück zu ihrem Vater-Mutter und ihrem wahren Zuhause zu führen?
Was die beiden großen Lichter betrifft - die Sonne, die über den Tag herrscht, und den
Mond, der über die Nacht herrscht - so ist es nicht schwer, diese als Manifestationen
Gottes bzw. des Sohnes, der das allem innewohnende Licht und Leben ist, und des
Demiurgen zu sehen, der in Unwissenheit über das Licht über das Vergängliche
herrscht und selbst vergänglich ist, aber trotzdem den Heiligen zu ihrem Besten dient.

303
Die

St. Thomas
-
Christen

304
Vorwort
Der folgende Auszug stammt aus dem Buch „The Christ of India“ von George Burke.
Ich habe es als kleinen, wie ich finde, sehr interessanten Zusatz mit hinzugefügt. Es
gibt mehrere Evangelien, u.a. das EDVL, das EHGOC und das Wassermann-
Evangelium, die von Yahshuas Reisen in seinen jungen Jahren in ferne Länder wie
Indien, Tibet, Assyrien (Mesopotamien), Persien und Ägypten berichten. Es gibt auch
Berichte darüber, dass er nach seiner Auferstehung zurück nach Indien, genauer nach
Kashmir, gegangen sein und dort noch sehr viele Jahre gelebt haben soll. Darüber
lässt sich streiten bzw. diskutieren, und es ist auch nicht Gegenstand dieses Buches,
aber dass sein Jünger und Zwilling, Judas Thomas dort das, was heute das St.
Thomas-Christentum genannt wird, gegründet hat, ist eine historisch unwiderlegbare
Tatsache. Auch hieraus gehen Verbindungen zu den Essenern hervor, von denen
Thomas einige gebeten hat, mit ihm nach Indien zu gehen, um dort die ihm von
Yahshua aufgetragene Aufgabe zu erfüllen. Auf die Webseite des Autors
www.ocoy.org habe ich bereits in meinem Buch „Werde Christus“ hingewiesen. Auch
wenn der Autor für meine Begriffe etwas zu sehr die indischen Schriften und die
indische Religionskultur in den Himmel lobt und es anscheinend sein Hauptanliegen
ist, Yahshua selbst und dem Thomas-Christentums so hinzustellen, als hätten sie die
Religion der Brahmanen und Hindus übernommen, und ich ihm gewiss nicht in allem
zustimmen kann, ist es doch ein sehr interessanter Bericht.

Der Apostel Indiens

Meister und Jünger

In Indien wird oft gesagt, dass der Vater im Sohn wiedergeboren wird. Dieses alte
Sprichwort trifft auch auf den würdigen Schüler zu - in ihm setzte der Meister sein
Werk fort. In diesem Sinne lassen sich der Charakter und die Mission von Jesus in
dem seines Apostels Thomas wiederfinden. Thomas ist ein Spitzname, der vom
syrischen (aramäischen) Wort t'omo abgeleitet ist, das Zwilling bedeutet. Der wahre
Name des Apostels war Judas, wie er in den alten syrischen Evangelientexten
überliefert ist, aber er wurde in späteren Evangelientexten nicht mehr verwendet,
damit er weder den Namen des Verräters trug noch von denen, die sie lasen oder
hörten, fälschlicherweise mit ihm identifiziert wurde. Nach dem Weggang Jesu aus
Israel und der Bevollmächtigung seiner Apostel zu Pfingsten wurde beschlossen, dass
sie sich trennen und durch die Mittelmeerregionen ziehen sollten, um diejenigen zu
lehren, die die Offenbarung ihres inneren Christus suchten (denn das bedeutet
"Christentum"). Dementsprechend bestimmten elf der zwölf Apostel und viele der
siebzig (Lukas 10:1) durch Weissagung, wohin sie gehen und die Frohe Botschaft
von Christus verkünden sollten. Nur einer machte nicht mit, und das war Judas
Thomas, der Zwilling. Sein Auftrag war ihm von Jesus selbst erteilt worden.

305
Thomas sollte nach Indien gehen, wo er im Himalaya mit Jesus leben sollte. Denn
Jesus hatte ihn für ein Werk bestimmt, das sich von dem der anderen Apostel völlig
unterschied. Er sollte der geistige Zwilling seines Meisters werden, vielleicht
derjenige, der Jesus sowohl innerlich als auch äußerlich am ähnlichsten war. (Es ist
überliefert, dass Judas Thomas auch körperlich mit Jesus identisch war. Das war
ungewöhnlich, aber nicht unmöglich oder gar unbekannt, da er ein Cousin Jesu war,
wie die meisten Apostel). In den vierzig Tagen zwischen seiner Auferstehung und
seinem Weggang aus Israel hatte Jesus den Aposteln und Jüngern genau erklärt, wie
sie andere lehren sollten, die durch sie auch geistig seine Jünger sein würden. Aber in
Indien sollte Thomas eine andere Form des Christusweges lehren und befolgen.
(Damit soll nicht gesagt werden, dass die Lehren der anderen Apostel nicht legitim
waren. Sie waren einfach anders; aber mit der Zeit wurden sie so verändert, dass sie
dem ursprünglichen Christentum fremd und entgegengesetzt waren). Diese Aufgabe
erschien dem Heiligen Thomas so überwältigend, dass er versuchte, sich vor seiner
Mission zu drücken. Es dauerte jedoch nicht lange, bis ein Regierungsbeamter aus
Indien nach Israel kam, um einen Architekten für seinen König zu finden, der einen
Palast von einem Handwerker aus dem Land des berühmten Hiram Abiff errichten
lassen wollte, dessen Bau des Salomonischen Tempels in der ganzen Welt bekannt
war. Jesus erschien ihm leibhaftig und verkaufte den heiligen Thomas an den Mann
als Sklaven, indem er ihm ein unterschriebenes Dokument übergab. Als er mit diesem
Dokument konfrontiert wurde, gab der heilige Thomas seinen Widerstand auf und
ging nach Indien, wo er in Wahrheit den Schritten seines Meisters folgte und in allen
Dingen sein Zwilling wurde. Im Leben des Heiligen Thomas, das der christliche
Gnostiker Bardaisan (154-222) auf der Grundlage von Briefen des Heiligen Thomas,
vielleicht an seine persischen Jünger, verfasst hat, wird er "Zwillingsbruder Christi,
Apostel des Höchsten, der an der Erkenntnis des verborgenen Wortes Christi teilhat,
Empfänger seiner geheimen Aussprüche" genannt. Zu den Aufzeichnungen über das
Leben Jesu, die er im Himis-Kloster fand, schrieb Nicholoas Notovitch in Bezug auf
den heiligen Thomas diese interessante Bemerkung: "[Die Schriftrollen] könnten
tatsächlich vom heiligen Thomas gesprochen worden sein, da die historischen
Skizzen von seiner Hand oder unter seiner Leitung nachgezeichnet worden sind."

Nach Qumran und Indien

Bevor er nach Südindien zurückkehrte, um seinen Auftrag von Jesus zu erfüllen,


besuchte der Heilige Thomas die Essener-Gemeinschaften in Israel und bat einige
von ihnen, mit ihm nach Indien zu kommen, um der drohenden Zerstörung durch die
Römer zu entgehen und ihm bei seiner geistlichen Arbeit zu helfen. Viele taten dies,
und im Jahr 52 n. Chr. kam eine Gruppe von Essenern unter der Leitung des Heiligen
Thomas in Südindien (Kerala) an. Diese Essener gründeten mehrere Dörfer in der
gleichen Gegend. Ende des 20. Jahrhunderts wurden diese Stätten ausgegraben und
viele Münzen wie die in den Höhlen von Qumran wurden gefunden. Eine Hindu-
Brahmanen-Familie in der Nähe der Stadt Palur, Kerala, besitzt ein Dokument der
Familiengeschichte, in dem es heißt: "Im Kali-Jahr 3153 [52 n. Chr.] kam der Fremde
Thomas [Toma] Sannyasi in unser Dorf und predigte dort."

306
Es ist bemerkenswert, dass der heilige Thomas als Hindu-Mönch (Sannyasi)
beschrieben wird. Aus alten Aufzeichnungen geht hervor, dass Jesus in Südindien
häufig gesehen und mit dem Heiligen Thomas verwechselt wurde. Er und der Heilige
Thomas wurden manchmal gesehen, wie sie zusammen sprachen. Offenbar kam Jesus
gelegentlich von seinem Aufenthaltsort im Himalaya herunter, um den Heiligen
Thomas zu besuchen und den Fortschritt seiner Arbeit zu beobachten.

Jesus: Isha

Obwohl der aramäische Name Jesu Yeshua war, zogen es die Jünger des heiligen
Thomas vor, sich Ishannis, "von Isha", zu nennen (so wie lutherisch "von Luther"
bedeutet), da er in Indien als "Isha" (der Herr) bekannt war. Einige indische Gelehrte
stellten die Vermutung auf, dass entweder Ishanni tatsächlich eine Ableitung von
Essene (Essener) ist, oder dass die Essener selbst Ishannis genannt wurden, wobei
"Isha" in ihrem Fall eine Anspielung auf Ishwara, Gott "der Herr", ist. In der Thomas-
Akte heißt es, dass König Mazdai, der ihn schließlich zum Märtyrer machen ließ, den
heiligen Thomas fragte: "Wer ist dein Herr? Und wie ist sein Name?" Der heilige
Thomas antwortete: "Der Name, der ihm gegeben wurde, ist Jesus, der Messias", d. h.
Jesus Christus (Yeshua Ha`Mashiach). Nach dem Tod des Heiligen Thomas bekehrte
sich sein Mörder, König Mazdai, zum Thomas-Christentum.

Geschichte der Thomas-Christen

In Mylapore, in der Nähe des heutigen Madras, wurde der Apostel Thomas am 19.
Dezember 72 n. Chr. mit einer Lanze durchbohrt, starb aber erst am 21. Dezember. Er
wurde in der Nähe begraben, und die Erde seines Grabes wirkte viele Wunder. Im
Jahr 1292 besuchte Marco Polo sein Grab und nahm etwas von der rotgefärbten Erde
von dort mit. Nach seiner Rückkehr nach Venedig heilte er nach eigenem Bekunden
viele Menschen mit dieser Erde. Die geistige Familie des Heiligen Thomas wuchs
und wuchs. Kurz vor seinem Märtyrertod sagte König Mazdai zu ihm: "Ich habe es
nicht eilig gehabt, dich zu vernichten, sondern hatte Geduld mit dir; und du hast deine
Taten vermehrt, und man spricht im ganzen Land von deinen Zaubereien. Aber ich
will mit dir tun, dass sie dich begleiten und mit dir sterben, und dass unser Land von
ihnen befreit wird." Darauf antwortete der heilige Thomas: "Diese 'Zaubereien', von
denen du sagst, dass sie mich begleiten werden, werden niemals von diesem Ort
verschwinden." Und so geschah es dann auch. Das Christentum des Heiligen Thomas
verbreitete sich in ganz Indien, wenn auch nie in großer Zahl. Es ist bemerkenswert,
aber historische Aufzeichnungen zeigen, dass es keine Region Indiens gab, in der die
Thomas-Christen nicht vertreten waren, obwohl sie sich hauptsächlich in Südindien
aufhielten. Im Jahr 1430 schrieb Nikolaus von Condi in einem Bericht über seine
Reisen in Indien, dass die Thomaschristen "über ganz Indien verstreut sind wie die
Juden bei uns". Abgesehen von dem Wandel, dem alle Gesellschaften ausgesetzt sind,
lebten die Thomas-Christen in völligem Frieden und erfreuten sich des geistigen
Austauschs mit verschiedenen christlichen Kirchen des Ostens, obwohl sie
eifersüchtig auf ihre Autonomie und ihren eigenen Weg schauten.

307
Naassener

In alten indischen Geschichtsaufzeichnungen werden die Thomas-Christen manchmal


als Naasener bezeichnet. Dies könnte eine Abwandlung von "Essener" sein, aber in
den alten gnostischen christlichen Texten, die in Nag Hammadi, Ägypten, entdeckt
wurden, finden wir den Begriff "Nazarener", so dass die Thomas-Christen diesen
Begriff auch für sich selbst verwendet haben könnten. Wenn dem so ist, würde dies
auf ihren esoterisch-christlichen Charakter und ihre Verwandtschaft mit den
esoterischen Christen Ägyptens hinweisen - die meisten von ihnen waren Essener
oder Nachkommen von Essenern. In seinem Klassiker aus dem 19. Jahrhundert „Das
Leben und die Zeiten Jesu, des Messias“ schrieb Alfred Edersheim: "Die allgemeine
Bewegung hatte die Grenzen des Judentums überschritten und erschien in einigen
Formen der gnostischen Häresie". Wegen der großen Zahl von Thomas-Christen im
südlichsten Bundesstaat Kerala wird dieser auch heute noch manchmal als "das Land
der Nazaranis" bezeichnet. Der tägliche Zug von Madras nach Kerala ist als
"Nazarani Express" bekannt. Als der Papst von Rom im vierzehnten Jahrhundert
einen Brief an die Christen des heiligen Thomas schrieb, nannte er sie "die Nazarani-
Christen". In Anbetracht des spirituellen Charakters der Thomas-Christen könnte
dieser Ausdruck bedeuten, dass sie "Nazarener" waren - Anhänger von Jesus von
Nazareth. Wie auch immer der Name abgeleitet wird, er wurde auf jeden Fall
manchmal für sie verwendet. (Anmerkung: Aus dem Philippus-Evangelium wissen
wir, dass sich der Name Nazarener auf das hebräische Wort Nazara = Wahrheit
bezieht). Die Christen des Heiligen Thomas hatten viel mit den Hindus und den
Buddhisten gemeinsam. In tamilischen historischen Aufzeichnungen aus der Zeit des
Heiligen Thomas heißt es sogar, dass er "eine buddhistische Religion" lehrte. Dies lag
zweifellos an der intensiven klösterlichen und philosophischen Natur des Heiligen
Thomas, die im Gegensatz zu der damals üblichen Form des Hinduismus stand, die
hauptsächlich aus äußeren Ritualen und dem Gebrauch der Religion zur Erreichung
rein materialistischer Ziele bestand.

Christen mit einem Unterschied

Nach ihren Begegnungen mit europäischen Christen begannen die Thomas-Christen,


sich mit diesem Namen zu bezeichnen, um ihnen ihr geistiges Wesen verständlich zu
machen und auch um zu bekräftigen, dass ihre Form der Lehren Jesu ihr Erbe vom
Apostel Thomas selbst war und von den petrinischen (römisch-katholischen) oder
paulinischen (östlich-orthodoxen oder protestantischen) Formen des Christentums
eindeutig zu unterscheiden war. Obwohl sie einen freundschaftlichen Austausch mit
den östlichen Christen in Persien, Syrien und Irak pflegten, bestanden sie auch auf
ihrer Abgrenzung von ihnen. Bar-Hebraeus, ein früher syrischer christlicher
Schriftsteller, berichtet, dass die Thomas-Christen, als Christen aus Persien Indien
besuchten, zu ihnen sagten: "Wir sind die Jünger des heiligen Thomas." Es waren
diese Perser, die den Ausdruck "Thomas-Christen" schufen und als erste zu
verwenden begannen. Aufgrund der engen Beziehungen zwischen Indien und Persien
- viele Perser waren Anhänger der vedischen Religion - betrachteten sich die Thomas-

308
Christen stets als Brüder der persischen Christen, die der chaldäischen Tradition
angehörten, die sich nach der Zerstörung des Christentums in Persien im Irak
konzentrierte. Sowohl die persischen als auch die irakischen Christen wurden von
den anderen Kirchen des Ostens und des Westens als Häretiker verurteilt, da sie nicht
glaubten, dass Jesus Christus Gott im Sinne einer Inkarnation der einen Person der
Dreifaltigkeit war. Vielmehr glaubten sie, dass er als Mensch wie wir begonnen hatte
und den Status eines Christus - Sohn Gottes - erlangt hatte, wie es alle Christen tun
konnten (und sollten). Die Thomas-Christen glaubten dies ebenfalls, und auch sie
wurden von den westlichen Christen, die sie verfolgten, als Ketzer bezeichnet. So wie
die modernen Christen die Tatsache ignorieren, dass die Reinkarnation ein orthodoxer
jüdischer Glaube ist, so ignorieren sie auch, dass es zwei Kirchen gibt - eine, die vom
Apostel Thomas in Indien gegründet wurde, und die andere, die vom Apostel
Thaddäus im Irak gegründet wurde -, die eine ununterbrochene Geschichte seit dem
apostolischen Zeitalter haben.

"Christlicher" Verrat und Verfolgung

In den ersten Jahrhunderten unternahmen die Mittelmeer-Christen mehr als einen


erfolglosen Versuch, ihre Form des Christentums in Indien zu etablieren. Mit der
Ankunft der Europäer in großer Zahl begann sich dies jedoch zu ändern und gipfelte
in einer umfassenden Verfolgung durch die portugiesischen Kolonialisten, die 1498
erstmals nach Indien kamen. Die Christen aus Europa wurden von den Thomas-
Christen stets in völliger Freundschaft aufgenommen und erhielten oft eine Bleibe. In
vielen Fällen setzten sich die Thomas-Christen bei den örtlichen Herrschern dafür
ein, dass die Europäer Aufenthalts- und Handelserlaubnisse erhielten. Doch leider
gab es von Seiten der opportunistischen Europäer keine solche aufrichtige Offenheit,
und sobald eine politische Vormachtstellung erreicht war, wurde Druck auf die
Thomas-Christen ausgeübt, damit sie zum westlichen Christentum konvertierten. Im
letzten Jahr des 16. Jahrhunderts gipfelte dies in einem entsetzlichen Höhepunkt, als
der portugiesische römisch-katholische Erzbischof von Goa, Alexius Menezes, den
gesamten Klerus der Thomas-Christen und eine beträchtliche Anzahl von Laien in die
Stadt Diamper einlud, um angeblich Frieden und Versöhnung zwischen den beiden
Kirchen zu schaffen. Daraufhin kamen einhundertdreiundfünfzig Priester und etwa
sechshundertundsechzig Laien. Die Thomas-Christen wurden aufgefordert, alle ihre
liturgischen und theologischen Texte - insbesondere ihre alten Texte mit den Lehren
des Heiligen Thomas - mitzubringen, damit sie "geprüft" werden konnten. In dem
Glauben, dass die Europäer aufrichtig die apostolischen Traditionen des heiligen
Thomas und damit Jesu entdecken wollten, taten sie dies. Ihr Entsetzen war
grenzenlos, als sie sich von portugiesischen Soldaten umzingelt sahen, die sie mit
vorgehaltener Waffe zwangen, ihre kostbaren Manuskripte herauszugeben, die dann
auf Befehl des Erzbischofs in ihrer Gegenwart verbrannt wurden. Aus diesem Grund
"ist es nicht möglich, eine vollständige Geschichte der Christen in Südwestindien zu
schreiben, da die alten Dokumente ihrer Kirchen auf der Synode von Diamper im
Jahr 1599 durch Feuer zerstört wurden", wie Kardinal Tisserant zugibt.

309
"Was die Geschichte nur ungern verzeiht, ist der literarische Holocaust, der auf der
Grundlage dieses Dekrets durchgeführt wurde, als alle Bücher, die man in die Hände
bekam, den Flammen übergeben wurden. Dies war in vielerlei Hinsicht vergleichbar
mit dem Vandalismus Omars, der durch ähnliche mutwillige Zerstörung die edle
Bibliothek von Alexandria in Flammen aufgehen ließ. Die syrischen Christen von
heute glauben, dass aufgrund dieses grausamen Dekrets keine Aufzeichnungen bei
ihnen vorhanden sind, um ihre vergangene Kirchengeschichte wiederherzustellen und
unbestreitbar zu machen. Niemand wird bestreiten, dass an diesem Glauben etwas
dran ist" (S. G. Pothen, The Syrian Christians of Kerala). Unter den verbrannten
Büchern befanden sich viele Exemplare von drei Büchern. Zwei davon, The Book of
Charms und The Ring of Solomon, waren Bücher über christliche Magie. Das dritte
war ein Buch über esoterische Heilkunst und die Herstellung von Amuletten aus
Edelsteinen und Kräutern (wie es auch die Essener getan hatten) mit dem Titel „Die
Medizin der Perser“. Sie existieren heute nur noch als fast vergessene Namen. Es
wurden nicht nur die nach Diamper gebrachten Bücher zerstört, sondern Erzbischof
Menezes ging von Kirche zu Kirche auf der Suche nach weiteren Büchern und
verbrannte vielerorts ganze Bibliotheken - auch in Gebieten, in denen die Portugiesen
keinerlei politische Macht hatten. Die liturgischen Texte, die die Riten der
chaldäischen Tradition enthielten, wurden besonders gesucht und vernichtet, weil sie
offenbarten, wie sehr sich die anderen Kirchen von den ursprünglichen Wegen des
Christentums entfernt hatten. In Diamper wurde eine Liste mit verbotenen Büchern
erstellt, und jeder, der sie las oder hörte, wie sie gelesen wurden, wurde automatisch
verurteilt. Im Laufe der nächsten Tage hielt der Erzbischof auch Ansprachen, um die
Thomas-Christen zu "korrigieren" und sie in Übereinstimmung mit dem "einen,
heiligen, katholischen und apostolischen Stuhl von Rom" zu bringen.

Verwerfungen

Der Heilige Thomas hatte den Thomas-Christen ein Buch überlassen, das sie zum
Weissagen benutzten, um sich bei wichtigen Entscheidungen beraten zu lassen. Dies
war ein besonderes Ziel der Portugiesen und alle Exemplare dieses unschätzbaren
Dokuments wurden in die Flammen der Bigotterie geworfen. Die Thomas-Christen
nutzen jedoch weiterhin verschiedene Arten der Wahrsagerei. Sie betrachteten die
Astrologie als ein legitimes Mittel zur Vorhersage und Orientierung und nutzten sie
entsprechend. Ihre Priester galten als besonders fähig, astrologisch zu bestimmen,
welche Tage und Uhrzeiten für Eheschließungen, den Beginn von Reisen oder andere
Unternehmungen am günstigsten waren. In David Daniels Buch „The Orthodox
Church of India“, das von der Orthodoxen Kirche in Indien herausgegeben und
vertrieben wird, heißt es dazu: "Die Christen des Heiligen Thomas sind es gewohnt,
Astrologen zu konsultieren, um den günstigen Zeitpunkt für den Aufbruch zu einem
bestimmten Zweck zu bestimmen, z. B. für eine Reise, eine Hochzeit usw. Die
Erstellung von Horoskopen ist bei ihnen nicht unüblich." Viele christliche Priester
des Heiligen Thomas sind Astrologen und gelten als Spezialisten für die Bestimmung
glücklicher oder günstiger Zeitpunkte. Es wurde sogar der lobenswerte Brauch der
Thomas-Christen verurteilt, so viele Waisenkinder wie möglich zu adoptieren.

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Die Nachwirkungen

Kaum einer der Thomas-Christen konnte überhaupt die portugiesische Sprache


verstehen und sie wurden durch Schmeicheleien und Drohungen gezwungen,
Dokumente zu unterschreiben, in denen sie ihre Zustimmung zu all dem, was
stattgefunden hatte, bekundeten. Bevor er diese Dokumente nach Rom schickte, fügte
Erzbischof Menezes viele Punkte in die unterzeichneten Dokumente ein, um den
Anschein zu erwecken, dass die Thomas-Christen Dingen zugestimmt hätten, über
die entweder gar nicht gesprochen wurde oder gegen die sie sich entschieden
wehrten, als sie zur Sprache gebracht wurden. Schließlich wurden dem Klerus
"genehmigte" syrische liturgische Texte zusammen mit anderen schriftlichen
Anweisungen ausgehändigt, und sie machten sich in Begleitung portugiesischer
"Assistenten", die dafür sorgen sollten, dass sie die Forderungen der Europäer
erfüllten, auf den Weg zu ihren Herden. Als die Jesuiten, die bei der Diamper-
Versammlung anwesend waren, offiziell gegen das ungeheuerliche Vorgehen von
Erzbischof Menezes protestierten, bemerkte dieser kühl, dass er sich nur so verhalten
habe, um den Versammelten ungehindert den Weg des Heils zu zeigen." Kardinal
Eugene Tisserant war offenbar von derselben Mentalität, als er 1957 in Eastern
Christianity in India schrieb: "Anstatt die vorhandenen syrischen Manuskripte zu
zerstören, hätte er [Erzbischof Menezes] sie korrigieren lassen können, aber seine
Methode war die der Gewissheit, so dass jede zukünftige Häresie leichter abgewendet
werden konnte". Dies war "der Beginn von Sorgen", die fast ein Jahrhundert lang
andauern sollten. Langsam wurden die Wege des "Glaubens, der den Heiligen einst
überliefert wurde", ausgehöhlt, obwohl in den ländlichen und bergigen Gebieten, die
nicht wohlhabend genug waren, um die raubgierige Aufmerksamkeit der
portugiesischen Kleriker und Händler auf sich zu ziehen, kaum Veränderungen
stattfanden.

Die Wurzeln des Christentums

Zur Zeit Jesu von Nazareth gab es im Judentum zwei große Strömungen oder Sekten:
die Pharisäer und die Sadduzäer. Die Pharisäer legten großen Wert auf die strikte
äußere Einhaltung ihrer Auslegung des mosaischen Gesetzes, der rituellen Anbetung
und der Theologie. Die Sadduzäer hingegen beschäftigten sich mit all diesen Dingen
sehr wenig und neigten zu einer Art vornehmem Agnostizismus. Heute können diese
beiden Gruppen mit dem orthodoxen bzw. dem reformierten Judentum verglichen
werden. Es gab auch eine dritte Sekte, die einerseits Teil des Judentums war
andererseits aber auch nicht. Dies waren die Essener. Da Philo und andere jüdische
Historiker in ihren Berichten den Namen „Essener“ benutzten, ist diese Bezeichnung
beibehalten worden. Ob sie diesen Namen für sich gewählt haben oder ob er von den
verächtlichen Pharisäern und Sadduzäern auf sie angewendet wurde, ist nicht
bekannt. Aber dass sie mit dem normalen Leben Israels zu dieser Zeit nahezu
unvereinbar waren, ist sicherlich bekannt. Sowohl Jesus von Nazareth war ein
Essener, als auch die meisten seiner Nachfolger, einschließlich der zwölf Apostel.

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Viele Elemente unterschieden und trennten die Essener vom Rest Israels. (Dazu
zählten vor allem ihre strikte Ablehnung jeglicher Gewalt und daher auch von
Tieropfern und von Fleischverzehr, ihre Verehrung nicht nur des göttlichen
männlichen Aspekts, sondern auch des göttlichen weiblichen Aspekts, woraus die
Tatsache entsprang, dass bei ihnen auch Frauen das Priesteramt innehaben durften.
All diese Dinge und auch andere waren vor allen den Pharisäern und Schriftgelehrten
ein großer Dorn im Auge). Ihre Behauptungen über ihre Gründung bzw. Existenz
waren sicherlich ebenfalls umstritten. Denn die Essener behaupteten, Moses habe sie
als geheime Bruderschaft innerhalb des Judentums geschaffen, mit Aaron und seinen
Nachkommen an der Spitze. Der Prophet Jeremia war ein Meister der Essener, und zu
seinen Lebzeiten hörten sie auf, ein Geheimbund zu sein. Von dieser Zeit an lebten
viele Essener in Gemeinschaften. Jesaja und Johannes der Täufer waren auch Meister
der Essener. Ihr Zweck war es, einer völlig esoterischen religiösen Philosophie und
Praxis zu folgen, die von den ägyptischen Mysterien abgeleitet wurde. Als Enkel des
Pharaos war Moses ein Eingeweihter in diese Mysterien und dazu bestimmt,
schließlich das Oberhaupt der ägyptischen Religion zu werden. In Ägypten war es
üblich, dass der älteste Sohn des Pharao den Thron erbte und der nächstälteste Sohn
zum Oberhaupt der ägyptischen Religion ernannt wurde. Obwohl Moses der einzige
Sohn der Tochter des Pharaos war, wurde er adoptiert und seine Blutlinie war nicht
bekannt. Aus diesem Grund konnte er kein Pharao sein, aber er konnte in die Stellung
versetzt werden, die normalerweise dem zweiten Sohn zukommt. Die ägyptischen
Mysterien wurden selbst von der Religion Indiens abgeleitet: Sanatana Dharma, die
ewige Religion. Aus diesem Grund hatten die Essener immer eine Art Kontakt und
Austausch mit Indien gepflegt – eine Tatsache, die ihre israelitischen Mitbürger
ärgerte. Dazu schrieb Alfred Edersheim in seinem Klassiker „Das Leben und die
Zeiten Jesu des Messias“: Ihr Kontakt und Austausch mit der indischen Religion –
insbesondere brahmanische Praktiken – manifestierte sich bei den Essenern auf
verschiedene Weise:

1. Sie praktizierten absolute Gewaltfreiheit.

2. Sie waren absolute Vegetarier und tranken keinen Alkohol in irgendeiner Form. Sie
aßen auch nichts, was von einem Nicht-Essener gekocht wurde (Edersheim sagt:
„Seine Anhänger wären lieber verhungert, als sich an den Mahlzeiten der Außenwelt
zu beteiligen.“)

3. Sie weigerten sich, irgendetwas tierischen Ursprungs wie Leder oder Wolle zu
tragen, und stellten ihre Kleidung normalerweise aus Leinen her.

4. Sie lehnten Tieropfer ab und bestanden darauf, dass die Torah ursprünglich keine
Tieropfer angeordnet hatte, sondern dass ihr Text in Bezug auf diese und viele andere
Praktiken ebenfalls verfälscht worden war. Sie behaupteten, dass die ursprünglich als
Opfer dargebrachten „Tiere“ das jeweilige Versagen bzw. den Fehler oder die Sünde
symbolisierten, von welcher der Opfernde befreit werden wollte. Lange vor dem
wurden in Indien „Teigbilder“ als Opfer dargeboten. (Siehe Seite 42 von Ganesha,

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von Chitralekha Singh und Prem Nath, herausgegeben vom Crest Publishing House
of New Delhi). In dieser Essener Praxis formte jede Person diese Abbilder selbst,
während sie betete und sich tief auf die Eigenschaften konzentrierte, die sie bei sich
selbst korrigiert haben wollte und das Gefühl zu bekommen, dass sie in das Bild
übertragen wurden. Die Bildnisse bestanden aus fünf Substanzen: Weihrauchpulver,
Mehl, Wasser, Olivenöl und Salz. Als diese getrocknet waren, wurden sie zum Zelt
der Begegnung gebracht, dessen Altar eine Metallkonstruktion mit einem Gitter
darüber und darin glühenden Kohlen war. Die Bildnisse wurden auf dieses Gitter
gelegt und durch die starke Hitze verbrannt. Durch die Kraft der Hitze verflüssigten
sich das Olivenöl und der Weihrauch. Diese duftende Flüssigkeit wurde „das Blut“
des Opfers genannt. Damit weihte Moses die Stiftshütte, ihre Ausrüstung und die
Priester (2. Mose 24:6,8) und nicht mit Tierblut. Und es war genau ein solches
„Lamm“, dessen „Blut“ auf die Türpfosten in Ägypten gesprengt wurde (2. Mose
12:7). Für das Passahfest backten die Essener ein Lammbildnis mit den gleichen
Zutaten, mit Ausnahme des Weihrauchs, den sie durch Honig und Zimt ersetzten.
(Oder, wenn sie keinen Honig hatten, eine Art Rosinensirup). Dies war das einzige
Osterlamm, das für sie akzeptabel war. Folglich weigerten sich die Essener, in
Jerusalem anzubeten, behielten jedoch ihre eigene Zelthütte auf dem Berg Karmel,
die gemäß den ursprünglichen Anweisungen an Moses auf dem Berg Sinai gebaut
wurde. Sie hielten den Jerusalemer Tempel für inakzeptabel, weil es sich um ein
Steingebilde handelte, das im griechisch-römischen Stil gebaut wurde, und nicht die
einfache und bescheidene Tabernakelform, die Moses gegeben wurde – eine Form,
die sowohl die physische als auch die psychische Verfassung des Menschen
symbolisierte. Außerdem wurde der Jerusalemer Tempel von Herodes erbaut, der,
Rom völlig untertan, das Judentum verachtete und eine Art römische agnostische
Frömmigkeit praktizierte. Aus diesem Grund war der Tempel ihrer Überzeugung nach
rituell unrein. Sie beschwichtigten die Jerusalemer Tempelpriester, indem sie ihnen
Geldspenden schickten.

5. Sie interpretierten die Torah und andere hebräische Schriften fast ausschließlich
spirituell, symbolisch und metaphysisch, ebenso wie der alexandrinische jüdische
Philosoph Philo. Sie hatten auch eigene esoterische Schriften, die sie Nicht-Essenern
nicht zugänglich machten. Aber noch anstößiger für die anderen Hebräer war ihr
Studium und ihre Akzeptanz von „fremden“ Schriften – den heiligen Büchern anderer
Religionen –, so dass diese Praxis offiziell verurteilt wurde. Vor diesem Hintergrund
können wir sagen, dass die Essener vielleicht die ersten in der aufgezeichneten
Geschichte waren, die eine universelle, eklektische Sicht der Religion vertraten.

6. Der Zölibat wurde von ihnen geschätzt und sogar oft auch in der Ehe eingehalten,
und manche von ihnen führten ein klösterliches Leben in völliger Entsagung.

7. Sie betrachteten ihre männlichen und weiblichen Mitglieder – die alle gebildet
waren – als geistlich gleichgestellt, und beide Geschlechter waren unter ihnen
Propheten und Lehrer.

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8. Sie leugneten die Lehre von der physischen Auferstehung der Toten am Ende der
Zeit, die von den Pharisäern vertreten wurde und später zum Grundsatz des
Mittelmeer-Christentums wurde.

9. Sie glaubten an die Reinkarnation, das Gesetz des Karmas und die endgültige
Wiedervereinigung der Seele mit Gott.

10. Sie glaubten, dass die Sonne eine göttliche Manifestation ist, die sowohl Körper
als auch Geist spirituelle Kräfte verleiht. Sie schauten der auf- und untergehenden
Sonne entgegen und rezitierten Lobpreisgebete, wobei sie sich nach dem Aufstehen
am Morgen weigerten, bis zum Ende dieser Gebete ein einziges Wort zu sprechen.
Sie hielten die Sonne nicht für Gott, sondern für ein Symbol des Einen Gottes des
Lichts und des Lebens.

11. Sie glaubten sowohl an Weissagungen als auch an die Macht der Prophezeiung.

12. Sie glaubten an die Kraft der Mantras sowie an esoterische Rituale

13. Sie glaubten an Astrologie, erstellten Horoskope und stellten nach astrologischen
Gesichtspunkten „magische“ Amulette aus Pflanzen und Edelsteinen her. Sie
glaubten auch, dass Engel Mose die Kräuterkunde gelehrt hatten.

14. Sie glaubten, dass Wunderheilungen natürliche Ergebnisse des authentischen


spirituellen Lebens seien.

15. Sie trugen nur weiße Kleidung als Zeichen dafür, dass sie Gott, der Licht ist,
verehrten und von ihm mit Licht bekleidet wurden. Dies provozierte die anderen
Israeliten so sehr, dass das Beten in weißer Kleidung von den Pharisäern und
Sadduzäern verboten wurde und Gesetze entsprechend ausgearbeitet wurden. (Die
Mischna beginnt mit einem solchen Verbot). Die Jünger des heiligen Thomas in
Indien hatten eine ähnliche Regel, sie trugen nur weiße Kleider in der Anbetung.

16. Sie befolgten Reinheitsregeln und badeten täglich.

17. Sie praktizierten die strikteste Einhaltung der Wahrhaftigkeit. Aus all dem können
wir sehen, warum Edersheim sagt: „In Bezug auf Lehre, Leben und Gottesdienst
stand sie [die Essener Gemeinde] wirklich außerhalb des Judentums.“ Infolge dieser
Unterschiede zum gewöhnlichen Judentum lebten die Essener völlig getrennt von
ihren hebräischen Landsleuten, meist in getrennten Gemeinden oder in
Gemeindehäusern in den Städten. (Das vermeintliche „Gemeinschaftsexperiment“ in
der Apostelgeschichte (4:32) war in Wahrheit eine Fortsetzung der Essener
Lebensweise. Das letzte Abendmahl fand in einem solchen Essener „Haus“ statt.)

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Bei Menschen

ist es unmöglich,

aber nicht bei Gott;

denn bei Gott

sind alle Dinge

möglich.

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