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MOBILITÄT & VERKEHR


I. AUTOGERECHTE STADT AONAN WANG

In diesem Kapitel werden die Entwicklungs-


geschichte und das Konzept von „autogerechten
Stadt“ , Konzept von autofreien Wohnen und
newen urbanism, sowie Verkehrstruktur der
Braunscheigs vorgestellt.
Die entsprechenden fünf Fälle werden
aufgelistet, um die Situation zu erklären, mit der
„autogerechten Stadt“ konfrontiert ist. Schließlich
wurde vorgeschlagen, die Innenstadt von
Braunschweig zu einer autofreien Zone zu machen.

Abb. 001
Beispiel für Autogerechten Stadt
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GESCHICHTLICHE tatsächlichen Transport unverzichtbar und fördert


Industrielle 1760-1870
die Entstehung autogerechter Städte. Revolution
und Städte-
BETRACHTUNG WIEDERAUFBAU UND STADTENTWICKLUNG wachstum

In den beiden deutschen Staaten nach 1945


ENTSTEHUNG, ENTWICKLUNG UND KRITIK Wiederaufbau bis ca. 1960 Ohne Zweifel stellen
1900-1930 Entwicklung
DES “AUTOGERECHTEN STADT” die Zerstörungen durch den Zweiten Weltkrieg der
Automobil-
die wohl stärkste Zäsur in der jüngeren industrie

Stadtentwicklung Mitteleuropas und besonders


INDUSTRIELLE REVOLUTION Deutschlands dar. Fast alle größeren Städte
Wiederaufbau 1945-1960
Vor der industriellen Revolution entwickelten sich wurden durch Luftangriffe schwer beschädigt. nach der
Krieg
die Städte langsam. Die industrielle Revolution von Unterschiedlich gestaltete sich in den beiden
1760-1870 veränderte die Stadt dramatisch. Der deutschen Staaten vor allem der Wiederaufbau
Einsatz von Dampfmaschinen, das Schmelzen von der Innenstädte. Während im Westen in einer
1959 das Buch „Die
Koks, die Entwicklung von Eisenbahnen, der Abbau Mischung aus Wiederaufbau und Neubau die autogerechte
Stadt “
von Kohlengruben und die Produktion von Stahl Innenstädte gegliedert und aufgelockert wurden von Hans
Bernhard
haben das Leben der Menschen völlig verändert. und man sie im Sinne der „autogerechten Stadt“ Reichow

Dafür ist viel Arbeitskräfte erforderlich. Millionen durch breite Straßen für den PKW erreichbar
die Trennung 1960s
von Arbeitssuchenden strömten aus ländlichen machte, plante man im Osten den Neuaufbau der der Verkehrs-
ströme
Gebieten in Städte, und die Städte begannen rasch sozialistischen Stadtzentren als Mittelpunkt der
zu expandieren. „sozialistischen Stadt“.
ENTWICKLUNG DER AUTOMOBILINDUSTRIE ENTWICKLUNG VON DEM KONZEPT
1963 Buchanan-
Mit der raschen Expansion der Stadt und der Hans Bernhard Reichow veröffentlichte 1959 Report
„Traffic in
Entwicklung der Automobilindustrie beherrschten das Buch „Die autogerechte Stadt - Ein Weg aus towns“

Autos die Stadt zu Beginn des 20. Jahrhunderts dem Verkehrs-Chaos“. Er behaupte, dass Die
schnell. In den späten 1920er Jahren produzierte die autogerechte Stadt von Individual- und öffentlichen
Kritik heute
Automobilindustrie jedes Jahr Millionen von Autos. Verkehren ausgeht , wobei Individualverkehr auch
Nach der Popularität von Automobilen begann sich Fahrrad- oder Fußverkehr sein kann. Grundlage
die städtebauliche Entwicklung jedoch darauf zu ist eine Trennung der Verkehresströme, um
konzentrieren, die Bedürfnisse von Automobilen so ungehinderte Verkehrsflüsse zu gewähren.
zu erfüllen. In der Stadtplanung sind Wohn-, Wichtiger Konzeptbestandteil für die Trennung der
Gewerbe- und Industrieentwicklungsgebiete Verkehrsströme waren Unter- und Überführungen.
Abb. 002
getrennt, und die Menschen arbeiten oft weit Auf der Planungsebene waren mehrspurige Abbildung für die historische
Entwicklung von “autogerechten
weg von zu Hause. Das macht Autos für den Umgehungs-straßen (Stadtringe, oft unter Stadt”

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Ausnutzung von Wallanlagen und ehemaligen Fehlentwicklungen, die sich hauptsächlich in drei
Flächen mittelalterlicher Stadtbefestig-ungen), Aspekten widerspiegeln:
Fußgängerzonen, Unterführungen für den Fuß- 1) Luftvweschmuzng: Mit einer starken Verkehrs-
und Radverkehr, Parkhäuser und Parkleitsysteme belastung gehen oftmals eine starke Lärm- und
für die Stadtzentren wichtig. Luftschadstoffbelastung einher, welche auf die an
WEITERENTWICKLUNG VON DEM KONZEPT eine Straße angrenzende Wohnnutzung negativ
In Deutschland stark rezipierte Colin Buchanan- einwirkt.
01. Hans Bernhard Reichow: Abb. 003
war ein deutscher Architekt und Report „Traffic in towns“ von 1963 enthält 2) hohen Flächenbedarfs: Auf den Straßenverkehr Die neue Hochstraße zwischen
Stadtplaner im 20. Jahrhundert. Halle und Halle-Neustadt,
In den Jahren 1928 - 1934 war weiterentwickelte Konzepte. Buchanan entfällt heutzutage ein hoher Flächenanteil Oktober 1969
er Stadtplaner bei der Stadt
Dresden, 1934 - 1936 Stadtbaurat unterschied als einer der Ersten zwischen dem innerhalb der Städte.
in Braunschweig und 1936 - 1945
Baudirektor in Stettin. notwendigen Autoverkehr und dem beliebigen 3) für schwäche Verkehrsteilnehmer unfreundlich:
Autoverkehr. Da ein Großteil der Verkehrsprobleme Straßen mit starkem Verkehr erhöhen das Risiko
seiner Meinung nach aus der extremen Zunahme gefährdeter Verkehrsteilnehmer (wie Kinder
des beliebigen Verkehrs resultiert, solle dieser oder ältere Menschen). Die Spielmöglichkeiten
konsequent begrenzt werden. Weiterhin machte für Kinder sind im öffentlichen Raum in den
er den Vorschlag einer umfeldabhängigen vergangenen Jahrzehnten stark eingeschränkt
Kapazitäts- und Geschwindigkeitsbegrenzung. Für worden und heute nur noch in bestimmten
schützenswerte Bereiche („Environment-Zonen“) Parkanlagen oder auf Spielplätzen und begrünten
schlug er drastische Restriktionen vor. Die Qualität Restflächen gegeben.
des Straßenraumes für Fußgänger und Aufenthalt 4) Zunahme der Todesfälle durch Unfälle: Schnell
solle hier absoluten Vorrang haben. Hans fahrende Fahrzeuge führen zu vermehrten
Primary distributors
Bernhard Reichow entdeckte auch, dass dieser Todesfällen aufgrund von Autounfällen
District distributors
radikale Ansatz bei der Umgestaltung alter Städte, Heutzutage wird überwiegend vertreten, dass Local distributors
Environmental area
insbesondere der Innenstadt, schwer zu erreichen diese Planungskonzeption zu einseitig war, da boundaries
02. Colin Douglas Buchanan
CBE (22. August 1907 - 6. ist. Daher schlug er später vor, neben der Planung sie den Menschen außer Acht ließ. Gegenwärtig
Dezember 2001), schottischer
Stadtplaner. Nach der des neuen Stadtteils mit Autoorientierung auch den werden autofreies Wohnen und neuer Urbanismus Abb. 004 interaction between
Veröffentlichung von Traffic in distributors and environmental
Towns im Jahr 1963 wurde er Autoverkehr in der Innenstadt einzuschränken. als vernünftigere Planungs-methoden angesehen. areas
Großbritanniens berühmtester (Straßenklassifizierungssystem von
Planer, der einen umfassenden KRITIK Colin Buchanan-Report „Traffic
Überblick über die Probleme in towns“)
im Zusammenhang mit dem Anfang der 1970er Jahre wurde die autofreundliche
Wachstum des persönlichen
Autobesitzes und des Verkehrspolitik der Städte in Deutschland
Stadtverkehrs in Großbritannien
bot. zunehmend skeptischer betrachtet. Kritiker
machten die Dominanz des Automobils für soziale

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GEGENKONZEPTE zu erschließen, die in einem dichten Takt fuhren.


Die Anfänge des autofreien Wohnens im heutigen
AOTOFREI-WHONEN UND NEUER Sinne reichen in die 1970er-Jahre zurück. Damals
URBANISMUS versuchten autobesitzende Familien, im Alltag für
einen begrenzten Zeitraum ohne ihr Auto zu leben
Daraus entstand die Idee, ein diesem Lebensstil
adäquates Wohnumfeld zu schaffen – autofreie
AUTOFREIE WOHNEN Siedlungen.
In einer Umgebung mit globaler Erwärmung ist
der Schutz der Umwelt zu einem sehr wichtigen NEUER URBANISMUS
Faktor im Städtebau geworden. Durch die „Neuer Urbanismus“ ist eine Bewegung im
Reduzierung der Autobesitzquote in einer Stadt Städtebau, die Ende der 1980er und Anfang der
können Abgasemissionen, Lärmbelastung und 1990er Jahre in den USA entstanden ist. Feindbild
Kohlendioxidkonzentration reduziert werden. der Bewegung ist der sogenannte sprawl bzw. die
Mit dem Begriff Autofreies Wohnen bezeichnet Zersiedelung, also die uferlose Ausbreitung der
man zum einen die Errichtung von Siedlungen, Städte in suburbane Siedlungen.
Siedlungsteilen oder Wohnanlagen ohne die durch Ziel des New Urbanism ist folglich eine Reaktivierung
Notwendigkeiten des Autoverkehrs planerischen der Wohnform der urban bebauten Stadt mit den
Aufgaben; zum anderen das Wohnen in denselben. Vorzügen kurzer Wege, intensiver Nachbarschaft
Es wird dabei unterschieden zwischen autofreien, und Anreizen zu gesundem Leben. Ein wichtiges
autoreduzierten, optisch autofreien und Werkzeug dafür ist die Blockrandbebauung und
Abb. 005
Beispielhafte Aufteilung des stellplatzfreien Stadtquartieren. In der DDR war das Vermeiden von strikter Funktionstrennung,
Straßenraums vor und nach einer
autofreien Umgestaltung es eine übliche Planungspraxis, die Stellplätze von etwa nach Wohn- und Geschäftsvierteln. Auch
der eigentlichen Wohnnutzung zu trennen. In den große, „leblose“ Freiräume zwischen den Bauten,
typischen Großwohnsiedlungen der 1970er- und wie sie z. B. bei aufgelockerten Siedlungen mit
80er-Jahre stehen oft Häuserblocks mit hunderten Sozialbauten geplant wurden, sollen vermieden
Wohnungen an schmalen Straßen mit nur wenigen werden. Stattdessen soll es kleinere begrünte
Stellplätzen oder gar an reinen Fußwegen. Innenhöfe und gepflegte Parkanlagen geben.
Stattdessen wurden zentrale Anlagen zum Parken Viele Entwicklungen des New Urbanism sind auch
(etwa Garagenhöfe) am Rand des jeweiligen an der Struktur historischer Altstädte mit ihren
Gebietes angeordnet. Ohnehin war der Anteil der gewachsenen Strukturen orientiert.
Autobesitzer viel geringer. Wichtiger war daher,
die Siedlungen mit öffentlichen Verkehrsmitteln

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AUSWIRKUNG AUF Stadt“. Dies wiederum führte an vielen Stellen


zu weiteren Zerstörungen durch neu angelegte,
STADTSTRUKTUR teilweise überdimensionierte Straßenschneisen
bzw. zum Abriss historisch gewachsener
BRAUNSCHWEIGS Stadtlandschaften und wirkt so bis in die Gegenwart
fort. Zum Teil wurde der frühere Stadtgrundriss
HINTERGRUNDEINFÜHRUNG absichtlich ignoriert, beschädigte Gebäude oft
03. Friedrich Wilhelm Kraemer Die Entwicklung der „autofreundlichen Stadt“ voreilig abgerissen, statt instand gesetzt und der
(1907-1990), ein deutscher
Architekt und Hochschullehrer. in Braunschweig begann in den 1950er Jahren. Verkehr bzw. das Auto zum Maßstab des „neuen
Mit Walter Henn und Dieter
Oesterlen begründete er die In der Endphase des Zweiten Weltkrieges war Braunschweig“ erhoben. So entstand insbesondere
„Braunschweiger Schule“,
eine in den 1950er und Braunschweig schwerst zerstört, 90 % des im Stadtzentrum der Eindruck einer zweiten
1960er Jahren angesehene
Architekturausbildung. Stadtzentrums sowie etwa 42 % der Gesamtstadt Zerstörung Braunschweigs.
waren durch die über 40 Bombenangriffe der Die Braunschweiger Schule bzw. ihre Vertreter
RAF und USAAF in Schutt und Asche verwandelt waren zum Teil erheblicher Kritik ausgesetzt:
worden. Auch die Infrastruktur, Schienen- und Kraemer wurde beispielsweise Anfang der
Straßennetz, Versorgungsleitungen und Gas und 1960er Jahre durch den Braunschweiger
Wasser, war schwer in Mitleidenschaft gezogen, Landeskonservator Kurt Seeleke zum Vorwurf
die Stadt war mit Vertriebenen, Flüchtlingen, gemacht, sich nicht – zusammen mit seinen
versprengten Soldaten aller Truppengattungen einflussreichen Kollegen – stärker oder zu spät für
überfüllt, die desolate Wohnungs- und den Erhalt des Braunschweiger Schlosses eingesetzt
Versorgungslage tat ein Übriges. zu haben. Weitere Kritik erfuhr die Schule im
Der Wiederaufbau Braunschweigs ging in den Zusammenhang mit Parallelentwicklungen wie
1950er und 1960er Jahren schnell voran, denn der »autogerechten Stadt« eines Hans Bernhard
es wurde dringend Wohnraum benötigt, um Reichow oder dem sachlichen Reduktionismus
auch Flüchtlinge und Vertriebene aufnehmen zu dahingehend, dass ihr vorgeworfen wurde,
können, und die beschädigte Infrastruktur musste bauliche Fremdkörper in mittelalterliche geprägte
wiederhergestellt werden. Da die Innenstadt Städte gesetzt zu haben, die weder auf historische
weitestgehend eine Trümmerwüste war, ergriffen gewachsene Stadtgrundrisse und -landschaften
neue Stadtplaner, Städtebauer und Architekten, noch auf die Nachbarbebauung in angemessener
v. a. der sogenannten „Braunschweiger Schule“ Weise Rücksicht genommen hätten.
unter Friedrich Wilhelm Kraemer, ihre Chance und
entwarfen bis in die späten 1970er Jahre hinein
die neue, moderne, und vor allem „autogerechte

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BEISPIEL VON

AUTOGERECHTEN

STADT

HOCHSTRASSEN IN LUDWIGSHAFEN
Die Ludwigshafener Hochstraße gilt seit ihrer
Fertigstellung als Vorbild einer autofreundlichen
Stadt. Mit der Einweihung des ersten Teilstücks
1959 war es eines der ersten in Europa und
wurde entsprechend gefeiert. Aber jetzt ist es ein
unerwünschtes Erbe geworden. Die 1,8 Kilometer
lange Hochstraße Nord wurde 1981 fertiggestellt.
Jetzt ist sie marode und müsste für rund 330

330 Millionen Euro (Stand Frühjahr 2013) saniert bzw.


wieder aufgebaut werden.
MILLIONEN Die Stadtverwaltung sieht den „Sanierungsfall als
Abb. 006 Abbildung von
Hochstrassen in Ludwigshafen

EURO
Chance für die Stadtentwicklung“ und möchte die
Hochstraße in einen ebenerdigen Stadtboulevard
zum aufbauen
umwandeln, der jedoch genausoviel Verkehr
aufnehmen soll. Im März stimmten dann auch

MEHR ALS 49 von 55 Stadtratsmitgliedern für den Abriss der


Hochstraße.
100 000 Es wird davon ausgegangen, dass die
Kraftfahrzeugen täglich fahren
Baumaßnahmen etwa zehn Jahre in Anspruch
nehmen werden. Neben den enormen Kosten
rechnet man mit erheblichen Eingriffen in das
gesamte Umfeld. Das Erbe der autogerechten Stadt
Stadt und Schlossgarten Autogerechte Stadt zurückerüberung Straßen-
ist also nicht nur städtebaulich brisant, sondern (19. Jahrhundert) isolierte Teilräume begleitung und Vernetzung der
zusammenhängender Campusbereiche
im Einzelfall auch extrem teuer. Landschaftspark

Abb. 007 Diagramm der


Entwicklung von Ludwigshafen
seit dem 19. Jahrhundert

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PROJEKT VON

AUTOFREIER WOHNEN

GWL TERRAIN: AMSTERDAMS ERSTES


AUTOFREIES VIERTEL

In Amsterdam im Stadtteil Westerpark entstand


1995 die erste große autofreie Siedlung
„GWL-Terrein“ in den Niederlanden.Die neue
Siedlung sollte in jeder Hinsicht ein ökologisches
Viertel werden. Dabei wurde eine weitgehende
Reduzierung des Autoverkehrs, die passive Nutzung

60000 m 2 von Sonnenenergie durch Südorientierung der


Wohnungen sowie die Nutzung von Kraft-Wärme-
Erstmals geplant im Jahr 1989,
erbaut im Jahr 1998 Koppelung angestrebt.
Das gesamte Neubauvorhaben umfaßt 600
Wohneinheiten in einer Dichte von 100 Wohnein-
heiten pro Hektar. Trotz dieser hohen Dichte weist
das Neubaugebiet wegen des autofreien Charakters

600 eine angenehme, grüne Wohnqualität auf.


Die 600 Wohnungen wurden im Geschoß-
WOHN- wohnungsbau realisiert. An der Nordseite des

UNGEN, Gebietes verläuft eine wichtige Durchgangsstraße,


so daß am nördlichen Rand eine sechs- bis
6 neunstöckige Häuserzeile als Lärmschutz dient.

UMWELT- An der Westseite wurden Wohnungen mit vier


bis sechs Etagen gebaut. Die Mitte des Gebietes
ASPEKTE wird durch viergeschossige Stadtvillen bestimmt.
Die Parkflächen sind auf 0,2 Stellplätze pro
Der Bezirk ist auf sechs wichtige
Umweltaspekte ausgerichtet: Wohneinheit reduziert worden und am Gebietsrand
Baumaterialien, Energie, Wasser,
Vegetation, Abfall und Verkehr. angeordnet.

Abb. 008 GWL Terrain vor und


nach der Entwicklung

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BEISPIEL VON NEWEN

URBANISM
Andrés Duany und Elizabeth Plater-Zyberk, die
04. Andrés Duany (1949):
US-amerikanische Architekt, beiden Gründer des New Urbanism, schlugen vor,
Stadtplaner und Mitbegründer
der Bewegung des New dass der New Urbanism die folgenden Merkmale
Urbanism. Elizabeth Plater-Zyberk
(1950): Andrés Duany‘s Frau. aufweist:
US-amerikanische Architektin,
Stadtplanerin.1980 gründeten 1) Die Nachbarschaft hat ein erkennbares Zentrum.
Duany und Plater-Zyberk die
Duany Plater-Zyberk & Company Dies ist oft ein Platz oder ein Grün und manchmal
(DPZ) mit Sitz in Miami. DPZ
wurde führend in der nationalen eine belebte oder denkwürdige Straßenecke.
Bewegung New Urbanism
und zeichnete sich durch
2) Die meisten Wohnungen befinden sich innerhalb
die Gestaltung traditioneller
Städte und die Umwandlung
von fünf Minuten zu Fuß vom Zentrum entfernt,
bestehender Vororte in
lebenswerte Innenstädte aus.
durchschnittlich etwa 0,40 km.
3) Es gibt eine Vielzahl von Wohnungstypen
4) Am Rande der Nachbarschaft befinden sich
Geschäfte und Büros unterschiedlichster Art, um
den wöchentlichen Bedarf eines Haushalts zu
decken.
Abb. 009 Grafik von newen
5) Eine Grundschule ist nah genug, damit die Urbanism

meisten Kinder von zu Hause aus gehen können.


6) Es gibt kleine Spielplätze, die zu jeder Wohnung
zugänglich sind
7) Die Straßen sind relativ eng und von Baumreihen
beschattet. Dies verlangsamt den Verkehr und
schafft eine Umgebung, die für Fußgänger und
Fahrräder geeignet ist.
8) Parkplätze und Garagentore liegen selten
vor der Straße. Das Parken befindet sich auf der
Rückseite von Gebäuden, die normalerweise über
Gassen zugänglich sind.
1930 1980 2008
9) Bereitstellung von Orten für Gemeinde-
Altstadt Autogerechte Stadt neue Urbanism
versammlungen, Bildung und religiöse oder
Abb. 010 Altstadt, autogerechte
kulturelle Aktivitäten. Stadt und neue Urbanism

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PROJEKT 1 IN

BRAUNSCHWEIG

KONTROVERSE ÜBER DEN ABRISS DES


SCHLOSSPARKS

Der Abriss des schwer beschädigten Braunschweiger


Schlosses im Jahre 1960 gegen den Willen vieler
Bürger hatte zu zahlreichen Demonstrationen und
sehr kontrovers geführten Diskussionen geführt.
Das neu gegründete Land Niedersachsen hatte
Mitte der 1950er Jahre die Stadt Braunschweig vor
die Wahl gestellt, das Schloss entweder vollständig
wiederaufzubauen oder abzureißen. Die politische
Entscheidung fiel für den Abriss. Ähnlich wie
bei dem Berliner Stadtschloss und anderen
prominenten Bauwerken in anderen Städten
wurde der Abriss dieses Wahrzeichens der Stadt
in weiten Teilen der Bevölkerung als ein weiterer
Identitätsverlust empfunden.
Mitte 2005 wurde dann der komplette Park bis auf
ein paar Bäume beseitigt. In jenem Jahr beschloss
die Stadt nach langen, ebenso kontrovers geführten
Diskussionen wie 1960 die Teil-Rekonstruktion
der Schlossfassade unter Verwendung erhalten
gebliebener Bau- und Zierelemente und die
Integration des Ganzen in ein großes Einkaufs-
und Kulturzentrum. Diese Bauarbeiten fanden im
Frühjahr 2007 ihren Abschluss.

Abb. 011 Historisch-Synoptische


Karte des Schlossparks 1938/2010

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PROJEKT 2 IN

BRAUNSCHWEIG

DEN BAU DES NEUEN HAUPFTBAHNHOFS

Ein weiteres äußerst umstrittenes Bauprojekt ist


der neue Haupftbahnhof in Braunschweig. Der neue
Braunschweiger Hauptbahnhof wurde am 1. Oktober
1960 eingeweiht. Der Bau des neuen Brunswick
Central Station hat einen großen Einfluss auf die
sich entwickelnde Stadtstruktur. Mehr als hundert
Gebäude wurden allein für den 1960 eröffneten
Hauptbahnhof südöstlich des Stadtzentrums
abgerissen, der als Durchgangsbahnhof den alten
Kopfbahnhof ersetzte. Die damit einhergehenden
Baumaßnahmen zerstörten im südöstlichen Bereich
der Stadt große Gebiete, die vom Krieg nur sehr
wenig in Mitleidenschaft gezogen worden waren.
So wurde z. B. Viewegs Garten, eine Parkanlage aus
dem 19. Jahrhundert, erheblich verkleinert und ein
ganzer Berg, der „Windmühlenberg“, abgetragen
und der Straßenverlauf am Augusttorwall (heute
Kennedy-Platz) vollkommen verändert. Auch
das geschlossene bauliche Gefüge zwischen
Adolfstraße und Ottmerstraße/Campestraße wurde
durch die Neuanlage der überdimensionierten
Kurt-Schumacher-Straße zerstört. Diese Abbrüche
waren jahrzehntelang Anlass für kontrovers
Abb. 012 Umbaugebiete des
geführte Diskussionen. Hauptbahnhofs

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FAZIT Im Westen der Stadt führt eine Autobahn nach


Norden und Süden, verbindet die Hamburger
KRITIK AN „AUTOGERECHTE STADT“ Straße und schließlich zwei Ringe.
UND DER ZUKUNFT VON INNENSTADT IN Mit der zunehmenden Anzahl von Privatwagen
BRAUNSCHWEIG wird der Verkehr vor allem in der Innenstadt
immer dichter. Dieses Problem muss dringend
gelöst werden.
Aus dem obigen Fall ist ersichtlich, dass die Um für die Zukunft ein flüssiges,
Umweltprobleme, die durch Autoabgase und umweltfreundliches und sozialverträgliches
Lärm verursacht wurden, und die durch den Bau Verkehrssystem aufzubauen, können andere
von Viadukten zerstörte städtische Umgebung die Fahrzeuge (wie öffentliche Verkehrsmittel,
Menschen verärgerten. Fahrräder und möglicherweise zu Fuß) in der
Verschiedene Städte bemühen sich, autofreie Innenstadt als Ersatz für Autos verwendet werden.
Zonen zu bauen oder Viadukte abzureißen und sie Ich denke, Autos sollten in der Innenstadt
in Häuser und normale Straßen umzuwandeln. Die streng eingeschränkt werden, und selbst die
Abb. 013 Historisch-Synoptische Menschen möchten, dass die Stadt schön, sauber, Innenstadt ist vollständig als autofreie Zone
Karte der Braunschweiger
Innenstadt 1938/2010 umweltfreundlich und ruhig ist. Ältere Menschen, eingestuft. Während private Autos auf dem
Kinder und behinderte Menschen müssen es nicht Außenparkplatz geparkt sind, erreichen die
wagen, alleine auszugehen, weil sie sich Sorgen Menschen die Innenstadt mit dem Fahrrad oder
machen, Fahrzeuge zu beschleunigen. den öffentlichen Verkehrsmitteln. In autofreien
Braunschweig stand vor dem gleichen Problem. Bereichen können auch geteilte Fahrräder zur
Seit dem Wiederaufbau von Braunschweig basiert Verfügung gestellt werden. Gleichzeitig gibt es
auf dem Prinzip der „autogerechte Stadt“. Um spezielle Fahrradabstellplätze, Wartungsbereiche
für den Verkehr in der Innenstadt mit dichten und Verwaltungsbehörden. Die Leute gehen oder
Gebäuden geöffnet zu werden, wurde die Breite radeln, um einzukaufen und zur Arbeit zu gehen
einiger Straßen 1938 auf das 2-3-fache der Straße Ich glaube, die Stadt Braunschweig wird schöner
geändert, und einige Orte, die ursprünglich und lebenswerter.
Gebäude waren, sind heute Straßen und Plätze.
Abb. 014 Verkehrsstrukturkarte Heute wird die Innenstadt umschlossen von
von Braunschweig
einem vierspurigen Cityring, weiter außen von
einem vierspurigen bis sechsspurigen Stadtring.
Im Süden laufen alle zwei Ringe zu einem breiten
Straßenzug entlang des Bürgerparks zusammen.

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