Thorben Lange (Order #29309514)

Thorben Lange (Order #29309514)

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INHALT
INHALT 2 Sierra, Inc. 81
Spinrad Industries 83
IMPRESSUM 4 Mærsk 84
Universal Omnitech 84
EINLEITUNG 5 Lonestar 85
DocWagon 86
JACKPOINT 6 Telestrian 87
Atlantean Foundation 87
BELINDA 8 Grid Overwatch Division 88
Regierung von Seattle 90
WER WIR SIND 12 Biloxi Technical Institute 92

DAS LEBEN ALS TROG IN ... 20 TROG-HELDEN 96

Die Trollrepublik Schwarzwald 20 Ein Weckruf 96
Geburt eines Königreichs 20 Aus dem Or’zet übersetzt; 19.03.79 96
Trollrepublik 21 Suzie Blue 96
Das Trollthing 21 Bulk Deal 97
Die Schatten von Freiburg 21 Smedley Pembrenton III. 99
Der Erwachte Schwarzwald 22 Gary Grey 100
Stammesgebiete (NAN) 23 Katyana Burgeshkova; Kat Berg 100
Chicago Blues 27 Dr. Wilcox Graham 102
Dubai 28 Orxanne 104
Atlanta ... mehr oder weniger 30 König Alfonso XIII. von Spanien 105
Tummelplatz Seattle 32 Spanische Identität 106
Neo-Tokio 33 Der König und der Weber 107
Nagasaki Oni 36 Alexander Monaghan 108
Königreich von Nigeria und Bagkongo-Stammesland 36 Balaji Padiyar 111
Orks von Amazonien 38 Ronald Despain 113
Hier sind Trølls! (Skandinavische Union) 38 Anne Penchyk 114
Avaldsnes 42 Das Gesicht der Gerechtigkeit 115
Yakut’a sagte, hier sei es so kalt 44 Gleichberechtigung 116
Eine Parabel 47 Wirtschaftliche Gerechtigkeit 116
Paradies für ein paar Würfel 48 Immigration 117
Parlez-Vous Français? 50 Religiöses Engagement 117
Front Range „Free“ Zone 52 Rand der Schatten 118
Mumbai 55 Or’zet-Wörterbuch 118
Mauer von Boston 56 Aussprache 118
Hauer in der ADL 59 Ausgewählte Worte 119
Nützliche Redewendungen 119
WASCHECHTER BLAUER TROG 60
TROG-RUNNER 120
ARBEITEN ALS TROG BEI ... 64 2XL 120
Japanokons 65 Clockwork 122
Mitsuhama Computer Technologies 66 William „Bull“ MacCallister 123
Renraku 67 Beaker 125
Shiawase 69 Snopes 127
Evo 70 Butch 128
Aztechnology 71 Sounder 130
Horizon 73 Sunshine 131
Ares 75 Qin „Sledgehammer“ Xio 132
Saeder-Krupp 76 Jane „MacGyver“ Tomlin 134
Wuxing 77 Smiley 135
NeoNET (Haha) 79 The Janitor 136

2 INHALT >>

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Jimmy „Sticker“ Wilkinson 136 Faltbarer Meta-Stuhl 186

Loki 137 Verstärktes Seil 187
Stockwell 139 Yerz-Bausatz 187
Juanita „Wynward“ Gonzalez 141 Vor- und Nachteile 187
Die Erschaffung eines Trog-Runners 142 Vorteile 187
Cynthia „Spook“ Fields 142 Gemeindeverbindungen 187
Jon „Mist“ Powell 143 Gemeiner Trog 187
Nancy „Blacklight“ Barnes 143 Menschliche Lebensspanne 188
Kim „Mystique“ Petteys 144 Schlange Finger 188
Jack „Spades“ Lindstrom 145 Schwarzwaldgeboren 188
Andy „Burner“ Wu 146 Trog-Anführer 188
Anthony „Tusks“ Tortenelli 146 Trog-Handwerker 188
Brody „Speedbump“ Alexander 147 Trog-Historiker 188
Jill „Protean“ Andrews 149 Trog-Netzwerker 188
Nachteile 189
TROG-FEINDE 150 Dauerstress 189
Humanis Policlub 150 Finanzprobleme 189
Human Nation 152 Macht des Chaos 189
Paladin Health and Medical Group 153 Trog-Verräter 189
Alamos 20.000 154 Lebensmodule 189
Kenneth Brackhaven 155 Entwicklungsjahre 189
UCAS-Senator Carter Banes 157 Bewohner eines Ork- oder Trollslums 189
Sheila Martin, Bürgermeisterin von Atlanta 158 Schwarzwaldbabys 189
Safe Communities Organizing Project 159 Teenagerjahre 190
Kasten: Trogfeinde in der ADL 160 Trog-Ganger 190
Überlebenskünstler 190
WIR STAMPFEN VEREINT 162 Weiterführende Bildung 190
Southern Guard 162 Biloxi Technical Institute 190
Trog Rock Recording 166 Das wahre Leben 190
Big Tech 168 Trog-Rebell 190
Cascade Transit 170 Trog-Vorarbeiter 191
Caribbean Protective Service 171
Yomi No Kioku 172
Mothers of Metahumans 173
Söhne Saurons 174
Big Brothers 175
Troll and Ork Leadership Organization 177
Larry’s Kids 178
Trog Bureau of Investigation 179
Ork Rights Committee 181
Kasten: Trogfreunde in der ADL 182

ALLES FÜR TROGS 184

Ausrüstung 184
Waffen 184
Osmiumstreitkolben 184
Panzerung 184
Rockblood Oldschool 184
Rockblood Panzerhemd 185
Bodytech 185
Antennenspange 185
Hornbehälter 185
Trollröhre 185
Fahrzeuge 185
BMW Trollhammer 185
Ford Titan 186
Sonstige Ausrüstung 186

<< INHALT 3
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IMPRESSUM
Texte: David Ellenberger, Jan Helke, Jason M. Hardy, James
Meiers, Scott Schletz, C.Z. Wright
Art Direction: Brent Evans
Coverbild: Victor Manuel Leza Moreno
Covergestaltung: Ralf Berszuck
Ikonografie: Nigel Sade
Illustrationen: Andreas “AAS” Schroth, Benjamin Giletti, Bruno
Balixa, Echo Chernik, Celeste Hansen, Daniel Reneau, Donald
Crank, James Mosingo, Kristen Plescow, Phil Hilliker, Rob
Ruffolo, Victor Manuel Leza Moreno, Victor Perez Corbella,
Gordon Bennetto, Tony Shasteen, Felix Mertikat
Chefredaktion: Jason M. Hardy
Lektorat und Testspiele: Chuck Burhanna, Raymond Croteau,
Bruce Ford, Mason Hart, Francis Jose, David Dashifen Keys,
Robert Price
Deutsche Chefredaktion: Tobias Hamelmann
Deutsche Texte: Sascha Morlok
Übersetzung: Manuel Krainer
Deutsches Lektorat: Benjamin Plaga
Deutsches Layout: Tobias Hamelmann

Pegasus Spiele GmbH, Am Straßbach 3, 61169 Friedberg, unter Lizenz von Catalyst Game Labs und Topps Compa-
ny, Inc. © 2018 Topps Company, Inc. Alle Rechte vorbehalten. Shadowrun und Topps sind Handelsmarken und/oder
eingetragene Marken von Topps Company, Inc. in den USA, in Deutschland und/oder anderen Staaten. Catalyst
Game Labs ist eine Handelsmarke von InMediaRes Productions, LLC.

ISBN 978-3-95789-169-3
Druck und Bindung via GrafikMediaDesign
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4 IMPRESSUM >>

Thorben Lange (Order #29309514)


EINLEITUNG
Man sagt „Trog“, weil man Aufmerksamkeit haben
will. Man will bemerkt werden, und nicht auf posi-
tive Weise. Man will eine Reaktion. Man will Leute
wütend machen. Das Wort ist dazu da, um Leute zu
verletzen.
Deshalb holen es sich die Trogs zurück. Werden
dadurch Leute wütend werden? Hervorragend. Sie
wollen nicht die anderen froh machen, sondern Ge-
rechtigkeit haben. Ist es beleidigend? Schön. Orks
und Trolle geben sich selbst diesen Namen und
fordern die anderen heraus, etwas Schlimmeres zu
bringen. Ihr meint, es ist euer Wort? Nicht mehr.
Mit Hauern und Hörnern beschreibt im Detail, wie
Orks und Trolle in der Sechsten Welt leben und ver-
suchen, sich ihren Teil davon zu sichern, welchen
Hindernissen sie sich wie alle Bewohner der Sechs-
ten Welt stellen müssen, und welchen Hindernis-
sen nur sie sich stellen müssen. Das Buch bietet
Insiderinformationen über die Personen, Orte und
Organisationen, die das Leben der Orks und Trol-
le bestimmen, und Tipps und Ratschläge, wie man
die richtigen Freunde findet und die schlimmsten
Feinde vermeidet.
Mit Hauern und Hörnern beginnt mit Wer wir sind,
einer Beschreibung über das Leben der Orks und
Trolle Ende der 2070er und die Wurzeln des Trog-
Stolzes. Das Leben als Trog in … informiert über eini-
ge Gegenden der Welt – von denen, die von Trogs
dominiert werden oder ihnen wohlgesonnen sind,
bis hin zu jenen, von denen sich jeder Trog fernhal-
ten würde, wenn er es sich leisten könnte. Dieser
Ansatz wird im Kapitel Arbeiten als Trog bei … fort-
gesetzt, wo beschrieben wird, wie einige der wich-
tigen Konzerne der Welt Trogs als (reguläre oder
„freischaffende“) Angestellte behandeln.
Dann wendet sich das Buch einigen der Personen
und Organisationen zu, die Einfluss auf das Leben
von Orks und Trollen haben können. Trog-Helden
widmet sich einigen der Orks und Trolle, die in der
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Welt berühmt geworden und zu Macht und Einfluss
gekommen sind, mit denen sie die Rechte und den
Wohlstand der Trogs fördern können, und Trog-Run-
ner beschreibt einige der schillerndsten orkischen
und trollischen Runner in den Schatten. Die andere
Seite der Medaille bilden die Trog-Feinde, die Per-
sonen und Gruppen, die mit Orks und Trollen mas-
sive Schwierigkeiten haben und auf alle möglichen
Arten versuchen, ihnen das Leben zu vermiesen.
Im Widerstand gegen diese Gruppen muss man
aber nicht alleine stehen: Wir stampfen vereint be-
schäftigt sich mit den Gesellschaften, die sich auf
Orks und Trolle konzentrieren, ihnen helfen wollen,
Stärke in der Einheit zu finden, und einige der An-
griffe abwehren wollen, die die Welt anscheinend
regelmäßig gegen sie reitet.
Schließlich präsentiert Alles für Trogs Ausrüstung,
Vor- und Nachteile sowie Lebensmodule, die spe-
ziell für Orks und Trolle da sind, wodurch es mehr
Möglichkeiten gibt, diese Charaktere ausgefallen
und einzigartig zu gestalten.
Mit diesen Informationen sind Orks und Trolle
besser dafür gerüstet, sich den Kräften entgegen-
zustellen, die sich gegen sie verbündet haben. Sie
müssen sich nicht verstecken, und sie müssen nicht
zurückstecken. Man muss sich als Trog nicht mehr
schämen oder in die Schatten drängen lassen. Man
kann besser sein, als die anderen denken, und das
auch offen zeigen.
Sogar die Leute, die „Trog“ als Beleidigung be-
nutzen, wissen, dass Orks und Trolle stark sind. Mit
Hauern und Hörnern zeigt den vollen Umfang dieser
Stärke und hilft Spielern und Spielleitern dabei, die
Sechste Welt mit interessanteren Ork- und Trollcha-
rakteren zu bevölkern. Und es gibt viel Schatten-
arbeit, weil man in jedem Kapitel Aufhänger dafür
finden kann.
Stürzen Sie sich hinein und fühlen Sie den Trog-
Stolz!
<< EINLEITUNG 5
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JACKPOINT
VERBINDE MIT JACKPOINT-VPN …
… IDENTITÄT VERSCHLEIERT
… VERSCHLÜSSELUNG GENERIERT
… VERBUNDEN MIT ONION-ROUTER
„UM LEUTE IN DER UNTERDRÜCKUNG ZU HALTEN, MUSS MAN SIE ZUERST DAVON
ÜBERZEUGEN, DASS SIE UNTERDRÜCKT WERDEN WOLLEN.“ – JOHN HENRIK CLARKE
JACKPOINT-STATISTIK
Interaktionsfrequenz: +31 %
Beiträge pro Stunde: -2 %
Heutige Content-Qualität
(Signal:Rauschen): 7:6
93 User im Netzwerk aktiv
NEWS-TICKER
• Innerhalb von einem Kilometer
um Deinen Standort gibt es einen
Mob. Es ist unklar, ob er wütend
ist oder nicht.
• Sondern wenn du es dem Troll klaust, ohne dass er es merkt. [Mit Tricks und
DEIN JACKPOINT
• Du hast 18 neue private
Nachrichten.
• Du hast 20 neue Antworten auf
deine JackPoint-Einträge.
• Das Transkript von CrimeTimes
Dankesrede zur Aufnahme in die
Hall of Fame ist heruntergeladen
und zum Lesen bereit.
• hauptquartiers in der Stadt vor; Reaktion von Ares verhalten. [Link]
ENGSTER FREUNDESKREIS
Sieben Mitglieder sind online und in
deiner Gegend.
Deine Reputation:
765 (68% posivit)
Zeit:
17. August 2079, 08:58
6 JACKPOINT >>
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>>>LOGIN: XXXXXXXXXXXXXX
>>>PASSWORT EINGEBEN: XXXXXXXXXXXXXX
… BIOMETRISCHER SCAN BESTÄTIGT
VERBINDUNG HERGESTELLT. NUTZE SIE.
WILLKOMMEN ZURÜCK
IM JACKPOINT, OMAE:
Deine letzte Verbindung wurde vor 10 Stunden, 33 Minuten und 28 Sekunden getrennt.
AKTUELLE HINWEISE
• JackPoint hat einen neuen Rekord für die meisten Ausschlüsse innerhalb eines
Tages aufgestellt. Reizt mich nicht mehr. – Glitch
NEUE DATEIEN
• Auf den Straßen von Denver zerreißt es nicht nur dich. Sondern alles. [Chaos in
Denver]
• Gut bist du nicht, wenn du mit dem schweren Maschinengewehr alles zerlegst.
Finesse]
TOP-NEWS
• Ghostwalker von CAS, UCAS, PCC und Sioux-Nation scharf kritisiert. Der Drache
reagiert mit einer Presseerklärung, aus der hervorgeht, dass ihn das „einen feuchten
Kehricht“ schert. [Link]
• UCAS-Kongress beendet abrupt FBI-Ermittlungen zu angeblich geheim gehaltenen
Landkäufen in Washington unter Hinweis auf Mangel an Indizien für kriminelle
Machenschaften. [Link]
• Detroit stellt großzügiges Anreizpaket für Ares zur Wiedererrichtung des Konzern-
MIT HAUERN UND HÖRNERN
BLEIBEN SIE DRAN:
• Trog-Helden
• Trog-Runner
• Trog-Feinde
• Wir stampfen vereint
BEITRÄGE/DATEIEN MIT TAG „MIT HAUERN UND HÖRNERN“
• Alles für Trogs
• Wer wir sind
• Das Leben als Trog in ...
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TRANSKRIPT VON CRIMETIMES DANKESREDE ZUR

AUFNAHME IN DIE ROCK & ROLL HALL OF FAME
Danke. Vielen Dank. Das bedeutet mir wirklich viel. Ich weiß, es klingt vielleicht nicht so, aber es stimmt.
Das liegt nur an meiner Stimme. Die ist nicht dafür gemacht, glücklich zu klingen. Aber das bin ich wirklich.
Es bedeutet mir viel, dass ihr mich in die Hall of Fame aufnehmt. Zum Teufel, es bedeutet mir schon etwas,
dass ich überhaupt in das verdammte Gebäude rein darf.
<leises Lachen>
Nein, ehrlich. Ich war nicht sicher, dass ich reinkommen würde. Ich dachte, ich hätte mich recht
unauffällig angezogen und würde nicht bedrohlich aussehen. Aber trotzdem haben mich ein paar von den
Sicherheitsleuten ganz genau angesehen und sind dabei immer nervöser geworden. Sie sahen einander
an, und ich konnte ihre Gedanken praktisch hören. Ich konnte sie hören, und sie sagten zu sich selbst:
„Soll dieser Trog-Scheißkerl wirklich hier sein?“
<Keuchen>
Oh. Habe ich etwas Falsches gesagt? Sagt es mir. Welches Wort mögt ihr nicht? Ihr wollt nicht, dass ich
fluche? OK, das kann ich machen. Oder war es das andere Wort? War es „Trog“? Ja. Das war es. Ihr habt
nicht damit gerechnet, dass jemand das sagt, oder? Also, ich kann es sagen. Es ist mein Wort. Unser Wort.
Ich kann es sagen, wann ich will. Ihr anderen? Nein. Es gehört nicht euch. Die von euch, die es vorher
nicht gesagt haben, sollten es weiter nicht sagen. Und es gibt ein paar von euch, die es weiter sagen und
das nicht tun sollten. Ihr solltet es nicht. Es gehört nicht euch, also solltet ihr aufhören. Ich werde es weiter
sagen, wann ich will.
Aber ich schweife ab. Die Rausschmeißer haben mich also trotz ihres Misstrauens reingelassen, und ich
bin dankbar. Weil ich nicht immer überall reinkam. So ist das bei uns allen. Als wir jung und noch nicht
etabliert waren, versuchten wir, in Veranstaltungsorte reinzukommen und Shows zu veranstalten, und wir
schafften das nicht immer. Und das ist in Ordnung. Wenn ich keine zehntausend Leute zu meiner Show
bringen kann, sollte ich nicht in Stadien spielen, und das habe ich verstanden. Das ist in Ordnung.
Aber das ist nicht das Einzige, was uns draußen hält, neh? Als ich jung war, konnte ich in Clubs spielen,
die keine Feuerlöschsysteme oder auch nur gute Böden hatten, in Gebäuden, die jederzeit einstürzen
konnten, und ich konnte Hunderte anziehen. Hunderte! Ich konnte die Bude bis zum Rand füllen. Dann
ging ich an andere Orte, die … wie sage ich’s … den Regeln entsprachen, und wollte dort spielen. Und sie
sagten nein. Nein, hier spielst du nicht. Wollt ihr wissen, was sie mir erzählt haben? Wollt ihr wissen, was
sie gesagt haben? Sie sagten, die Versicherung sei zu teuer. Das haben sie gesagt. So konnten sie sich
rausreden. So klang es, als hätten sie es nicht in der Hand. Wir hätten sehr gerne, dass du hier spielst. Nur
die verdammte Versicherung ist zu teuer.
Warum ist sie zu teuer? Weil alle glauben, dass ein Haufen Trogs auf jeden Fall etwas kaputt machen,
wenn sie zusammenkommen. So ist das. So haltet ihr uns von den schönen Orten fern, so haltet ihr uns
unten, weil ihr glaubt, dass wir nicht zivilisiert genug sind. Ich konnte fünfhundert Leute anlocken und
fünfzig Nuyen verdienen, und ein nettes Elfenmädel mit Gitarre konnte zweihundert Leute in ein gutes
Lokal bringen und dreihundert kriegen. Und dann fragt ihr euch, warum wir so wütend erscheinen.
Aber ich bin nicht wütend. Ich bin hier. Ihr habt mich reingelassen. Und ich bin dankbar, wirklich dankbar.
Aber ich will euch sagen, dass es noch so viele andere großartige Künstler gibt. Junge Leute mit großen
Hauern und dicken Hörnern, die ihren Schmerz und ihre Freude in einer Weise ausdrücken, wie ihr sie
noch nie gehört habt. Sie machen Musik, die ihr euch nicht vorstellen könnt, weil sie ein Leben leben, das
ihr euch nicht vorstellen könnt. Wirklich beeindruckendes Zeug, Leute. Wird euch total wegblasen. Aber
erst müsst ihr es hören. Also hört auf mit den Ausreden. Hört auf, Angst zu haben. Geht raus, wenn das
hier vorbei ist, und denkt daran, dass CrimeTime etwas ganz Einfaches gesagt hat. Er sagte: Lasst sie rein.
So wie ihr mich reingelassen habt. Ihr habt nichts zu verlieren und alles zu gewinnen. Hört ihnen zu. Lasst
sie rein.

<< JACKPOINT 7
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BELINDA
Arthur knirschte mit den Zähnen und stellte sich vor, wie
dieser einzelne silberne Hauer des Arschlochs wohl einen
ordentlichen Schlag wegstecken würde. Die Finger seiner
rechten Hand zuckten unwillkürlich und ballten sich zur
Faust, und in seiner Hand brannte der Schmerz. Sein In-
jektionssystem war nicht angesprungen – es musste in
dem Kampf beschädigt worden sein, als er sich die Hand
brach –, also keine Schmerzmittel. Er knurrte vor Ärger
und Schmerz.
Das Arschloch, ein gut gekleideter Ork, grinste über
Arthurs Knurren, und sein Hauer glitzerte scharlachrot,
als er von der nahen Ampel angestrahlt wurde. „Wir ha-
ben jetzt zwei Möglichkeiten.“ Er klatschte in seine mani-
kürten Hände. „Erstens: Du kooperierst. Wir gehen runter
und treffen Mr Theo wie eine große, glückliche Familie. Er
bezahlt, was er dir schuldet …“
Arthur wischte mit der linken Hand über die abge-
schmirgelten Stummel seiner Hörner und schlug sich mit
der Faust auf den Schenkel. „Genug! Genug geredet! Wo
ist sie?“
„Wie meinen?“
„Ihr habt meine Bude verwüstet, nachdem ich heraus-
fand, dass euer Boss ein verräterisches Stück Drek ist!“
Silberhauer sah seine Begleiterin skeptisch an. Eine
Augenklappe mit dem Allsehenden Auge in wechseln-
den Farben bedeckte eines ihrer Augen, mit dem ande-
ren starrte sie geradeaus. Wenn ihre Teilnahmslosigkeit
Silberhauer beunruhigte, war ihm das nicht anzumerken.
„Keine Sorge.“ Silberhauer tätschelte die Luft, und seine
Stimme wurde honigsüß. „Keine Sorge, Chummer. Mr
Theo wird dir dein Geld geben. Und dein Mädchen. Un-
sere Wege trennen sich, und die beiden sehen einander
8 BELINDA >>
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niemals wieder, und so weiter.“ Er hielt die Hände wie
ein Paar Waagschalen vor sich. Er atmete tief durch und
senkte eine Hand. „Oder …“
Ein platzendes Geräusch kam aus Arthurs Mund, als aus
dem Zähneknirschen ein Zusammenbeißen wurde. Seine
Hauer verletzten die Lippe, und er schmeckte Eisen. Sein
Schieber Theodosius hatte ihn für einen persönlichen
Auftrag mit einem neuen Team zusammengebracht, hat-
te er gesagt. Als aber die Sicherheit genau zur richtigen
Zeit am Übergabeort aufgetaucht war, wusste er, dass das
kein Zufall war. Arthur konnte gerade noch entkommen,
und als er nach Hause kam, fand er seine Wohnung ver-
wüstet vor. Blind vor Zorn hatte Arthur seinen Ersatz-Ru-
ger gesucht, um sie zu verfolgen – den ersten hatte er in
dem Kampf verloren, bei dem sein Arm gebrochen war
–, aber den hatten sie mitgenommen. Dann hatte er die
Tür gesehen: offen, halb aus den Angeln gerissen. Belinda
war fort. Arthur zitterte bei dieser Erinnerung vor Zorn.
„… wenn es so kommt, wird die Sache ein bisschen an-
ders ablaufen. Wir werden dich blutig schlagen. Vielleicht
wird geschossen. Aufregend wird es auf jeden Fall. Das
machen wir nicht in der hübschen Innenstadt. Wir müs-
sen an einen Ort gehen, wo …“, er dachte theatralisch
nach, „… man auf Gewalt nicht ganz so sensibel reagiert
wie hier.“
Arthur starrte Silberhauer an, ignorierte die Theatralik
und blieb in Gedanken über den Aufprall der Faust auf
das Gesicht, das Krachen, den fliegenden Speichel ver-
sunken … seine Hand zuckte wieder, und der Schmerz
schoss ihm durch den Arm.
Silberhauer stieß einen dicken Finger in Arthurs Rich-
tung und riss ihn aus seinem Tagtraum. „Aber eines wird

gleich bleiben, egal, wie du dich entscheidest. Kannst du
erraten, was es ist?“
Arthur starrte ihn an.
Silberhauer schrie als Antwort auf sein Schweigen. „Du
hast vollkommen unrecht, Söhnchen!“ Er stürzte auf ihn
zu, und seine Stimme wurde zum Flüstern. Er atmete zi-
schend. „In jedem Fall, ob du willst oder nicht, werden
wir alle uns mit Mr Theo treffen. Wie du es versprochen
hast. Wie Profis.“ Er lehnte sich noch näher und flüsterte:
„Überleg einfach, ob du freiwillig …“
Arthur setzte einen Kopfstoß auf Silberhauers Nase.
Augenklappe richtete sich beunruhigend schnell kerz-
engerade auf und stieß die offene Handfläche in Arthurs
Richtung. Mit einem leisen Klopfen schoss ein Projektil
aus der Handfläche, und ein kleiner Pfeil mit Silikonfe-
dern steckte in seiner Panzerweste. Silberhauer fiel nach
hinten aufs Gesäß, und Blut sprudelte aus seiner Nase.
Der Schuss löste Sensoren in einem nahen Laternenpfahl
aus; ein rotes Licht blinkte an der Spitze des Pfahls, und
eine Sirene erwachte kreischend zum Leben.
Arthur sah auf den Pfeil herunter, zum blinkenden
Licht hinauf, und rannte los. Wenn es Sensoren gab, die
Schüsse hören konnten, würde es hier gleich von Poli-
zei wimmeln. Außerdem wollte er nicht bleiben, um
herauszufinden, was in diesen Pfeilen war. Wenn er es
zum Straßenmarkt an der anderen Seite der Innenstadt
schaffte, konnte er sie vielleicht abschütteln. Er aktivierte
seinen Reflexbooster und rannte ein paar Blocks weit im
Zickzack, bevor er einen Blick über die Schulter wagte.
Augenklappe war schnell – und viel zu nah. Silberhauer
hatte Mühe, mitzuhalten. Blut tropfte aus seiner Nase auf
sein Hemd. Arthur sah keine Anzeichen von Polizei.
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von CZ WRIGHT
Augenklappe hob die Hand in seine Richtung, und Art-
hur rannte um eine Ecke. Ein Streifenwagen kam direkt
vor ihm aus einer Gasse. Er konnte nicht anhalten, ramm-
te die Motorhaube, rollte darüber, krachte auf der ande-
ren Seite des Autos auf den Boden und hinterließ eine
Spur aus Dellen.
Augenklappe glitt wie Wasser um das Auto herum und
bellte ein Lachen, bevor sie um die nächste Ecke ver-
schwand. „Wenn du rumliegst, kriegst du sie nie, Chum-
mer!“
Wütend und erschreckt über die Leichtigkeit, mit der
er beschossen hätte werden können, brüllte Arthur und
trat eine tiefe Delle in die Fahrertür. Jemand im Wagen
fluchte, und die Fahrertür rüttelte wild, konnte sich aber
nicht öffnen. Er kam gerade rechtzeitig auf die Füße, um
zu sehen, wie ein Polizist auf der Beifahrerseite ausstieg.
Der Elf zielte auf Arthur und schrie, dass er stehen blei-
ben sollte. Silberhauer, der sich das Gesicht abwischte,
kam um die Ecke und kollidierte mit dem Rücken des Po-
lizisten.
Arthur nutze die Chance, um hinter der nächsten Ecke
zu verschwinden. Die Kampfgeräusche wurden leiser, als
Arthur davonhastete. Er eilte ein paar Blocks weiter und
hielt nach Augenklappe oder der Polizei Ausschau. Er
rannte nicht – niemand vertraute einem rennenden Troll
–, aber er beeilte sich. Sicherheitshalber deaktivierte er
auch den Reflexbooster.
Die Innenstädter, die an besorgte Trolle in ihrer Mitte
nicht gewöhnt waren, egal ob sie liefen oder standen,
begannen, mehr auf Arthur zu achten. Er überquerte
abrupt die Straße und eilte zur Rückseite eines Ein-
kaufszentrums, wo er hoffte, mit weniger neugierigen
<< BELINDA 9
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
Blicken etwas Abstand zwischen sich und die Polizei zu
bringen.
Etwas blitzte, er hörte einen leisen Aufprall und rannte
los. Nach einem Schritt konnte er zwei Dinge feststellen.
Erstens war er gerade getroffen worden – er konnte ei-
nen Pfeil vom Riemen seiner Weste baumeln sehen – und
zweitens hatte er einen Fehler gemacht. Eine lange, un-
unterbrochene Reihe von Läden sperrte ihn auf der Lin-
ken ein, ein hoher Zaun verlief genauso lang zu seiner
Rechten. Er saß in der Falle. Weil er auf der Flucht nach
dem Auftrag seine Ausrüstung verloren hatte, konnte er
den Zaun unmöglich überklettern. Er aktivierte seinen
Reflexbooster wieder und rannte los.
Ein weiterer Pfeil traf die Ferse seines Stiefels. Sein
Glück würde nicht ewig anhalten, aber bis jetzt hatte
es gehalten. Er brach durch die nächste Tür und platzte
in einen Stoffladen. Die einsame Angestellte stürzte in
ein Büro, warf die Tür zu und rief wahrscheinlich die
Polizei. Arthur stürzte durch die engen Regalreihen auf
die offene Vordertür zu, aber die dicken Dermalablage-
rungen an seinen bloßen Armen verfingen sich in bunt
gefärbten Stoffen und rissen die Ballen aus den Rega-
len. Arthur stürmte weiter und war davon abgelenkt, das
Zeug von seinen Armen zu reißen und ein Stolpern über
die Stoffbahnen zu vermeiden, die sich von den Ballen
abspulten.
Auf dem Bürgersteig schrie ein Zwerg mit Sprühflasche
und Putzlappen auf, als Arthur durch die frisch geputzte,
beinahe unsichtbare Glastür brach und zu Boden stürzte.
Augenklappe sprang durch das Loch in der Tür, lächelte
dem Zwerg freundlich zu und schoss Arthur einen Pfeil
in den Arm.
Arthur warf den Pfeil weg, kämpfte sich auf die Füße
und sprintete zu einer Gasse auf der anderen Straßensei-
te, wobei er eine Spur aus Stofffetzen und Glassplittern
hinter sich herzog. Nach ein paar langen Schritten in der
engen Gasse konnte Arthur spüren, wie die Chemikalie
zu wirken begann. „Nein!“ Er stolperte und fiel auf den
ölverschmierten Straßenbelag.
Schnelle, leichte Schritte näherten sich, und Augen-
klappe erschien in seinem Blickfeld. Sie sprach leise in
ein Kommlink. „Hol mich ab. Abe hat sich verhaften las-
sen, und ich habe die Schlüssel nicht.“
Sie beendete das Gespräch, sah zu Arthur hinunter und
grinste. „Hast du dir schon mal Gedanken darüber ge-
macht, dass du mehr schaffen könntest, wenn du nicht
immer durchdrehst? Ich meine, die Jagd war ganz lustig,
aber wir hätten das schon längst hinter uns …“
Die Droge kroch durch Arthurs Blutkreislauf. Er musste
sich keuchend anstrengen, um den Kopf hochzuhalten
und sie anzusehen. „Wo … ist sie?!“
Augenklappe lachte schnaubend und schüttelte den
Kopf. „Du wirst durchbrennen wie ein Scheinwerfer,
Kumpel.“
Arthurs Kopf fiel nach hinten und prallte auf. Er wurde
ohnmächtig, als das Glas knirschte.
x sein Sakko zurecht und ordnete sein silbernes Haar. Das
Arthur riss die Augen auf, und sein Herz hämmerte in sei-
ner Brust. Seine Gedanken versuchten mühsam, auf dem
glitschigen Schlachtfeld zwischen Stimulantien und Nar-
coject Halt zu finden. Es war dunkel. Er konnte irgendwo
vor sich ein gemurmeltes Gespräch hören, und rundhe-
rum schleifende Geräusche. Er lag auf der linken Seite.
Der Rausch begann langsam zu vergehen, hatte aber
wenig Wirkung auf den Schmerz, der ihm bei jeder Be-
wegung der Couch durch den Arm fuhr. Er erkannte, dass
10 BELINDA >>
Thorben Lange (Order #29309514)
er auf der Rückbank eines fahrenden Fahrzeugs lag. Die
Schleifgeräusche kamen von Reifen auf einem Straßen-
belag. Seine Arme waren gefesselt – er zischte wegen
des weißen, blendenden Schmerzes, als er sie zu bewe-
gen versuchte. Auch an den Knöcheln war er gefesselt. Er
kam wieder zu Atem und prüfte sanft die Fesseln an den
Knöcheln. Das unbekannte Material wurde widerwillig
einer Elastizitätsprüfung unterzogen.
Das Gespräch kam von dem Sitz vor ihm. Ob es davor
noch mehr Sitze – und mehr Leute – gab, konnte er nicht
feststellen, aber der Raum klang nicht groß. Die Elastizi-
tät seiner Fesseln sagte ihm, dass man nicht mit seinem
Aufwachen gerechnet hatte. Der Kick, der ihn aufge-
weckt hatte, legte nahe, dass sein kaputtes Injektionssy-
stem angesprungen war. Weil er aber keine AR zur Ver-
fügung hatte – sie mussten sein Kommlink geschnappt
haben –, konnte er das nicht sicher sagen. Irgendwo in
großer Entfernung klang ein tiefes Horn. Das Horn kündi-
gte die letzte Fähre an, also musste es spät sein. Aus der
Richtung schloss er, dass das Fahrzeug aus der Stadt fuhr.
Eine der Stimmen wurde laut genug, dass er sie ver-
stehen konnte. „… Letzte, was ich brauche! Wir werden
noch sehen, ob er nicht zu mir zurückgekrochen kommt,
sobald er draußen ist.“
Arthur erkannte Mr Theos Stimme.
Die Wut kochte über. Arthur zog die Knie an und
rammte seine Füße in den Sitz vor sich. Das Fahrzeug ge-
riet ins Schleudern und warf ihn von einer Seite auf die
andere. Der Sitz fiel unter ihm weg; sie waren in der Luft.
Eine Viertelsekunde später rollten sie. Er schrie, als seine
Hand im Fallen auf etwas traf. Das Trägheitsmoment warf
ihn zurück auf den Sitz, gegen die Decke, dann gegen die
Seitentür. Metall stöhnte, Glas splitterte, und das Fahr-
zeug kam krachend zum Stehen.
Schwaches Licht schwamm durch den Staub und das
dicke Spinnennetz, zu dem die zerbrochene Windschutz-
scheibe geworden war. Arthur schwirrte der Kopf. Mit
zitterndem Arm hob er seine Hand, um den Schaden
zu begutachten. Aus dem Handrücken standen einige
Knochen in einem Winkel von etwa dreißig Grad hervor.
Aluminiumfasern standen von den Kompositknochen ab,
ein paar Knochensplitter hingen an den dünnen Fäden. Er
hielt die schwer verletzte Hand an den Oberkörper ge-
presst und vermied es, sie anzusehen.
Er sprengte die Fesseln an seinen Knöcheln. Er wollte
die Handgelenke auseinanderziehen, aber der heiße, gel-
lende Schmerz ließ es nicht zu. Ein Stöhnen und Husten
schwebte in der Nähe aus dem Staub. Mit einiger Mühe
setzte er sich in dem zerstörten Fahrzeug auf. Augen-
klappe lag bewusstlos im Fahrersitz, Blut rann ihr übers
Gesicht. Mr Theo kroch durch das Seitenfenster hinaus.
Arthur tauchte nach vorne und griff nach seinem Bein,
erwischte es aber nicht. Er trat wütend gegen die Tür, bis
er ein genügend großes Loch zustande brachte, durch
das er hinter ihm in die Nacht kriechen konnte.
Als er auf die Füße kam, zog Mr Theo auf der ande-
ren Seite des rauchenden Wracks eines billigen SUV
schwache Licht funkelte auf seinen polierten Hörnern.
„Ich wusste, dass so etwas passieren würde!“
„Wo ist sie?!“, brüllte Arthur. Dann stürmte er auf den
Troll zu.
Mr Theo machte eine kleine, wegwerfende Handbe-
wegung in seine Richtung. Eine sichtbare magische Kraft
schloss sich um Arthur und verschlang ihn. Ein Geräusch
wie von gedämpftem Feuerwerk prasselte um ihn herum,
und die magische Kraft spie ihn aus. Er flog durch die Luft
und landete auf dem Rücken, dass es in seinen Ohren

rauschte. Der Aufprall trieb ihm die Luft aus den Lungen
und ließ eine Staubwolke aufwirbeln.
Mr Theo starrte auf Arthur hinab, der auf dem Boden
nach Luft rang und Wolken in die kalte Nacht aufstei-
gen ließ. „Wider besseres Wissen habe ich dich für diese
Mission engagiert. Deine Hintergrundüberprüfung ergab
nichts Negatives, du hattest bisher gute Leistungen er-
zielt, und ich hatte fälschlicherweise angenommen, dass
du kein Problem sein würdest. Vielleicht würde dich der
Rest des Teams im Zaum halten.“ Er spuckte eine Mund-
voll Blut auf den Boden. „Jetzt sehe ich dich in Aktion und
erkenne: Du bist grün wie ein Grashüpfer. Der Job war ein-
fach. Aber du hast mit der Sicherheit gekämpft, und dein
Team wurde verhaftet.“ Er ging in Stellung und starrte
Arthur über die Nasenspitze hinweg an. „Und wer hat die
Schuld daran, dass es zum Kampf kam? Der wohlerzo-
gene Mensch? Der schweigsame Elf? Oder würde man
eher dem unbeherrschten, wütenden, wahnsinnigen
Hauer die Schuld geben …“, er spuckte die Bezeichnung
geradezu aus, „der alle Trolle entehrt?“ Er knurrte. „Ich
weiß, wen ich wählen würde.“
Er hielt die Hände nebeneinander vor sich, riss sie
abrupt auseinander und wandte die Handflächen nach
oben. Als sich Mr Theos Hände erhoben, brach sich in
den dunklen Schatten unter Arthur eine magische Bran-
dung, und schwarzer, ansteigender Schaum wirbelte ihn
in die Luft. Blut floss aus Mr Theos Nase; er wischte es
ungeduldig mit dem Handrücken weg und verschmierte
es über seinen Mund.
Arthur kämpfte, aber die Brandung rollte unter ihm und
hielt ihn einen Viertelmeter hoch in der Luft.
„Hör mir zu, und hör genau zu“. Mr Theo kam höhnisch
lächelnd näher und entblößte blutige Zähne und Hauer.
„In meiner Branche benimmt man sich anständig. Ich
wollte dir alles bezahlen, worauf ich mich mit deinem
Team geeinigt hatte, wenn du mich in Ruhe ließest. Und
wenn du es überstanden hattest, dachte ich, du hättest
es verdient. Aber ich werde mich nicht dazu zwingen las-
sen, ständig über die Schulter zu schauen, weil du be-
schlossen hast, dich wie ein typischer, zwielichtiger Trog
zu benehmen!“
Mr Theo drehte sich weg und wischte sich das Blut mit
einem Taschentuch ab. Er murmelte etwas und zog Art-
hurs Ruger aus der Brusttasche. „Du sieht etwas, das dir
nicht gefällt, und du verlierst die Beherrschung und wirst
zu einem vollkommen durchgedrehten Wahnsinnigen.“
Der Aufprall von etwas Schwerem auf dem Boden und
eine Veränderung in seinem Levitationszauber sorgten
dafür, dass sich Mr Theo genau zum richtigen Zeitpunkt
umdrehte, um Arthurs Drehtritt, den er mit dem Schrei
eines Wahnsinnigen ansetzte, ins Gesicht zu bekommen.
x
Ein paar Minuten später bewegte sich Mr Theos Kopf, als
er wieder zu Bewusstsein kam. Sein Kiefer wehrte sich
gegen einen festsitzenden Knebel aus buntem Stoff. Ein
anderer breiter Stoffstreifen verband ihm die Augen.
Licht aus den Scheinwerfern – ein Paar staubiger Strah-
len, die die Dunkelheit schief und zu nahe am Boden
durchdrangen – beleuchtete Arthurs gewaltige Silhouette
über Mr Theo, der mit hinter dem Körper gefesselten
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
Armen im Dreck saß. Arthur ließ sein wiedererlangtes
Kommlink in die Tasche gleiten. „Ich bin froh, dass du
wach bist. Beweg dich nicht. Ich habe nur eine brauch-
bare Hand.“ Arthur schnitt den Knebel mit dem Messer
durch und zog ihn heftig zwischen Mr Theos Hauern her-
vor. „Und jetzt sag mir, wo sie ist.“
Mr Theo machte ein paar Mal den Mund auf und zu,
bevor er sprach. „Um der Geister Willen. Wo ist wer?“
Arthur schüttelte den Kopf. „Falsche Antwort.“
„Ich weiß nicht, wer ‚sie’ ist, du …“ Er brach ab. Seine
Nüstern blähten sich, und sein Mund blieb offen stehen.
„Moment. Redest du von deinem verfluchten Hamster?“
Arthurs Knöchel wurden weiß um den Messergriff, als
eine AR-Nachricht von seinem Vermieter zirpend und
blinkend in seinem Blickfeld zum Leben erwachte – so,
wie das programmiert worden war, nachdem er vor drei
Monaten eine Mietzahlung übersehen hatte.
Hab deine Belinda in meinem Schrank gefunden. Du schul-
dest mir eine Schachtel Crunchy Soy-O’s. Hol sie vor morgen
ab, oder ich mache mir Hamstereintopf zum Frühstück.
Arthurs Gedanken kreisten in einem Wirbel, und er ver-
suchte, die Kontrolle über die Situation zu erlangen: Kno-
chen brechen, sie in der Faust zerkrümeln, dem Drang
nachgeben, zu hauen, zu schlagen und zu prügeln, mit
gebleckten Zähnen, rasendem Puls, rauschendem Blut …
ein Grollen erschütterte seine Kehle und explodierte in
einem Brüllen: „Sie ist ein Chinchilla!“
Es gab ein leises Klicken, und die Scheinwerfer brann-
ten durch. Dann saßen sie in tintenschwarzer Finsternis.
Du wirst durchbrennen wie ein Scheinwerfer, Kumpel.
Arthur erstarrte keuchend. Eine kalte Erkenntnis knis-
terte in ihm. Er hatte diesen ganzen Wahnsinn begonnen,
als er Belinda übersah. Was, wenn er voller Wut auf sie
getreten wäre? Vor seinen aufgerissenen Augen sah er
seinen blutüberströmten Schieber und das kaputte SUV.
Wo würde er enden, wenn er mit Mr Theo brach? Ohne
Schieber, sein brandneues Team immer noch im Knast,
ohne Einkommen, mit einem neuen Heim auf der Stra-
ße für sich und Belinda. Vielleicht könnte er nicht einmal
mehr für sie sorgen!
Eine neue Idee tropfte durch die Risse in seiner Stur-
heit. Er steckte das Messer in die Scheide, starrte auf
seinen Arm und streckte einen Finger nach Mr Theos
Gesicht aus. „Ich habe einen Vorschlag“, sagte er mit
scharfer, aber beherrschter Stimme. „Ich versuche nicht,
dich zu töten, wenn du zustimmst, dass du einen neuen
Bodyguard brauchst.“ Er ließ den Arm sinken und kniff
die Augen zusammen. „Vielleicht lerne ich sogar, mich
zu benehmen.“
x
Arthur summte die zweite Strophe von Nerve Tonics neu-
estem Hit. Dank Mr Theos VIP-Tickets hatte er das aus-
verkaufte Eröffnungskonzert der Tour zum dreißigsten
Jubiläum miterleben können. Er hatte nur einen teuren
Anzug tragen und einschüchternd aussehen müssen. Er
hielt den Schraubenzieher beim Refrain wie ein Mikrofon,
und als die Bridge begann, drehte er das Werkzeug wie-
der um und zog die Schrauben von Belindas neuem (und
sehr teurem) Deluxe WallCrawler Tunnel-Set fest.
<< BELINDA 11
 M I T H AU E RN U ND HÖRNERN
WER WIR SIND
> Ich führte vor einiger Zeit eine interessante Unterhaltung
mit der Freundin eines Freundes. Nach dieser Unterhaltung
fragte sie mich, ob ich ihr und ihrer Schwester einen Gast-
zugang verschaffen könnte, damit sie euch allen etwas als
„Denkanstoß“ vorlegen können (ihre Worte, nicht meine).
Seid nett. Das hier wird einige Leute verärgern.
> 2XL
> Danke. Meine Schwester (Lilith) und ich sind vor Kurzem
von zu Hause ausgezogen. Es war nicht das Haus unserer
leiblichen Eltern, sondern sozusagen unseres Adoptivva-
ters. Dort sind wir aufgewachsen, seit wir vor etwa zwölf
Jahren einzogen. Er ist exzentrisch, steht aber gleichzeitig
mit beiden Beinen auf der Erde – sagen wir einfach: „Er ist
seltsam und wir haben eine seltsame Beziehung zu ihm.“
Ich gebe nicht viel mehr preis, um seine Privatsphäre zu
schützen, aber denkt einfach daran, dass er nicht das ist,
was ich durchschnittlich nennen würde.
Er hat uns vor Kurzem einen Brief geschickt. Einen
mehrseitigen, handgeschriebenen Brief – Tinte auf Pa-
pier. Das war verrückt; ich glaube, es muss etwas mit
einer Aufgabe am Ende des Lebens und zugleich einer
romantischen Nostalgie für eine Zeit zu tun haben, die er
selbst gar nicht erlebt hat. Meine Schwester denkt, er ist
einfach ein altmodischer Verrückter. Ich musste den Brief
diktieren, um ihn hier vorzustellen, weil ich euch nicht mit
einem Scan seiner Handschrift belästigen wollte. Jeden-
falls sprach er in dem Brief ein paar Punkte an, in denen
meine Schwester und ich, äh, vehement verschiedener
Meinung sind. Ich sage euch nicht, wer von uns was
denkt, sondern lasse mich von ihm inspirieren und will mir
zuerst eure Gedanken anhören.
> Chiron
Überraschung! Ich gebe zu, dass ich gerne eure
Gesichter gesehen hätte, als der Kurier diesen
dicken Umschlag abgeliefert hat. Sagt, was hattet
ihr gedacht, dass es sein könnte? Dass ihr als
Geschworene berufen wurdet? Eine Vorladung?
Dass euch ein exzentrischer Verwandter einen
Batzen Geld vermacht hat? Ha ha!
Es fällt mir schwer zu glauben, dass ihr beiden er-
wachsen seid. Statt euch lang und breit mein Herz
auszuschütten – was euch sicher so sehr langweilen
würde, dass ihr euch betrinken müsstet –, habe ich
12 WER WIR SIND >>
Thorben Lange (Order #29309514)
mich für diesen Brief entschieden. Ich weiß: Papier
und Tinte. Absolut schockierend. Ihr wusstet, seit
ihr eingezogen wart, dass ich altmodisch bin, also
halten wir uns nicht mit den Details auf.
Der Kern des Briefs und das, was ihr mitnehmen
sollt, wenn euch dieser Stapel Papier sonst nichts
sagt, ist das: Ihr seid fantastische Kinder, und ich
hatte unglaublich viel Freude daran, euch heran-
wachsen zu sehen. Ich liebe euch, und es war mir
eine Freude, euer Dad zu sein. Vergesst das nie.
Unabhängig davon habe ich aber auch mitbekom-
men, dass ihr in den letzten Monaten fragwürdige
Dinge gesagt und getan habt.
> Ooh, „fragwürdig“. Das klingt verrucht.
> Slamm-0!
Ich würde gerne versuchen, eure Perspektive zur
Geschichte und eurem Platz darin zurechtzurü-
cken. Ich habe das Gefühl, dass ich euch die Hilfe
schuldig bin, die ihr bei eurem Aufbruch in die Welt
brauchen werdet. Vielleicht kann ich euch ein paar
Dinge vermitteln, die ich im Laufe der Jahre gelernt
habe – vielleicht habt ihr und ich mehr davon ge-
meinsam als die anderen Kids. Aber vielleicht bin
ich auch nur ein Angeber. Das müsst ihr selbst ent-
scheiden. Warum muss ich euch überhaupt schrei-
ben? Ich schwafle.
Grundsätzlich habt ihr so viel gelernt, seit ihr an-
kamt, und ich freue mich darüber, wie ihr euch die
meiste Zeit verhaltet; aber ich hatte das Gefühl,
dass es noch ein paar Punkte gibt, die ich anspre-
chen sollte – Dinge, die mir niemand beigebracht
hat, sondern die ich selbst herausfinden musste.
Zuerst sollte ich euch ein wenig von meiner ei-
genen Geschichte erzählen: Ich bin das, was man
einen Ork der zweiten Generation nennen könnte.
Ich wurde 2035 als Kind eines liebenden Paars
von Menschen geboren. Sie waren wahrscheinlich
überrascht, dass sich ihr kleiner Junge – für dessen
Empfängnis, Austragen und Geburt sie mindestens
ein Jahresgehalt ausgegeben hatten – als Ork er-
wies. Aber sie waren entschlossen, „alles richtig zu
machen“. Ich schätze, ihr müsst selbst entscheiden,
ob sie damit Erfolg hatten.
 > „Sie wollten alles richtig machen.“ Was soll das bedeu- > Tut mir überhaupt nicht leid.
ten? > Lilith
> Butch
> Dafür sorgen, dass es ihr kleines Hauerchen so gut wie
möglich hatte?
> Baka Dabora
> Ich habe das Gefühl, dass es nicht so einfach ist. Und das
finde ich in gleichem Maße erfreulich und ärgerlich.
> 2XL
Sie hatten viel Geld ausgegeben, um mich zu be-
kommen, und sie gaben noch mehr Geld aus, um
mir eine gute Kindheit zu ermöglichen. Und na-
türlich bin ich mir bewusst, dass ich unglaubliches
Glück hatte. Ich musste mir nie Sorgen um eine
Wohnung, Essen, medizinische Versorgung, Zu-
wendung oder Liebe machen. Ein paar Leute fin-
den, dass ich dadurch nicht qualifiziert bin, dieses
Thema mit euch zu besprechen. Ich sage, ich bin
dafür einzigartig qualifiziert: Einige von meines-
gleichen wuchsen in unsicheren Verhältnissen, bei
unsicheren Leuten oder mit unsicheren Finanzen
auf, und ich nicht. Ich wuchs mit dem Selbstbe-
wusstsein auf, das sich aus dem Versprechen des
Wohlstands durch ehrliche Arbeit, einem gesun-
den Respekt für Recht und Ordnung, Vertrauen,
Selbstvertrauen (oder was ich damals dafür hielt),
Bücherwissen und einer seligen Unwissenheit da-
rüber, wie die Welt tatsächlich funktioniert, speist.
Nach einer hervorragenden Schullaufbahn, bei
der meine beiden Mütter mich bei jeder Gelegen-
heit in ihren Lieblingsfächern förderten (habe ich
erwähnt, dass die eine Meeresbiologin und die an-
dere Kräuterkundige war?), studierte ich Medizin.
Der Rest ist Geschichte.
> Da hast du es! Merkst du, was er macht? „Der Rest ist >
Geschichte. Achtet nicht auf diese letzten zwanzig Jahre
hinter dem Vorhang!“
> Lilith
> So viel dazu, dass wir unsere Meinung bis zum Ende für
uns behalten.
> Chiron
Thorben Lange (Order #29309514)
Ihr hattet viele der Probleme nicht, die einige von
meinesgleichen hatten. Und wenn ich „meines-
gleichen“ sage, denkt daran, dass, in Generationen
gedacht, auch eure Eltern dabei sein könnten. Ich
sage nicht, dass ihr es leicht hattet. Wir wissen, dass
das eine Lüge wäre, aber ich glaube, es wäre gut,
den Blick auf die Geschichte ein bisschen gerade-
zurücken. Denkt daran, dass das alles Spekulation
ist. Ich kenne eure Eltern und Großeltern um nichts
besser als ihr selbst.
2021 veränderten sich zehn Prozent der Bevölke-
rung plötzlich und schmerzhaft zu Trollen und Orks.
Wenn ich mir einen Menschen ansehe und an
seine Knochenstruktur denke, versuche ich mir
manchmal vorzustellen, wie es wäre, innerhalb von
wenigen Augenblicken diese Struktur zu meiner
zu verändern – nicht einmal zu der eines Trolls, nur
der eines Orks. Mich haut die Vorstellung um, wie
schmerzhaft das gewesen sein muss. Und es traf
einen zu Hause, an der Arbeitsstelle, in der Schule
– vor Freunden, der Familie oder Fremden. Damals
waren alle noch Menschen, und dann bliesen sich
zehn Prozent von ihnen plötzlich auf – mutierten
zu Kreaturen, die aussahen wie die Schurken und
Monster in ihren Märchengeschichten.
Ich benutze diese Sprache nicht gerne, wenn ich
über unser genetisches Erbe spreche, aber ich will
euch die Sichtweise zeigen, die damals die Bevölke-
rung prägte. Niemand wusste, was los war, und die
meisten Leute reagierten ganz armselig darauf. Man
nannte es Goblinisierung, man nannte es eine Krank-
heit und eine Seuche. Die Goblinisierten wurden in
Quarantäne gesteckt und in Lagern und Gefängnissen
unter unzureichenden Bedingungen weggesperrt.
Euer Vater hat eine Begabung fürs Untertreiben. Ich wür-
de „unzureichend“ so verstehen, dass man keinen Ge-
schmacksgeber für Soja in der Küche hat. Ein Freund hat mir
davon erzählt, dass die Bedingungen, über die er spricht,
eher dem Versuch entsprachen, zehn Trolle in einer Zelle für
vier Menschen unterzubringen und auf Pappkartons schla-
fen zu lassen. Ich würde dazu „barbarisch“ sagen.
> Mihoshi Oni
<< WER WIR SIND 13
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
> Vergesst nicht, dass es tagelang kein Essen gab und das,
was man bekam, verschimmelte Reste waren. Die Leu-
te, die einen eingesperrt hatten, hätten es vorgezogen,
wenn man gestorben wäre. Dann hätte man mehr für die
anderen Unerwünschten übrig gehabt. Drek, ein paar der
Mitgefangenen hätten es vielleicht ebenfalls vorgezogen,
wenn man gestorben wäre. Dann hätte der Rest mehr
Platz und Essen gehabt.
> Butch
Sie nahmen den Leuten ihre Rechte und ihre Men-
schenwürde. Unruhen brachen aus.
Es dauerte etwas länger als ein Jahr, bis man er-
kannte, dass die Goblinisierung nicht ansteckend
war. Aber Monate später fanden Ermittler meta-
menschliche Körperteile unter dem Johns Hopkins
Institute of Health. Sie zeigten Spuren von Folter;
die Ermittler sagten, es sei gewesen, als würde man
in eine Folterkammer gehen. Innerhalb von weni-
ger als einem Jahr hatten wir unsere Mitgeschöpfe
angegriffen, unterdrückt und seziert – nur wegen
ihres Erscheinungsbildes.
Trolle und Orks waren die neuen „Anderen“,
mit denen wir zu tun hatten, und wir kamen sehr
schlecht mit ihnen klar. Ein besonderer Vorfall
weckte öffentliche Aufmerksamkeit, als ein Jun-
ge in der Schule die Goblinisierung durchmachte
14 WER WIR SIND >>
Thorben Lange (Order #29309514)
und nicht mehr in die Schule gelassen wurde. Die
Schulbehörde sprach schließlich eine Strafe gegen
die Eltern aus, weil sie ihr Kind nicht in die Schu-
le ließen. Total lächerlicher Drek. Zum Glück lief
dieses Exempel ohne Blutvergießen ab, zeigt euch
aber, dass man uns immer noch als Untermen-
schen ansah.
> Und meint ihr, dass das in der Schule gelehrt wurde? Na-
türlich nicht. Schande.
> Axis Mundi
> Ich hatte einen menschlichen Freund, der mir erzählte,
dass er damals in einem Supermarkt beobachtete, wie die
Kunden völlig durchdrehten, als eine Frau an der Kasse
goblinisierte. In einem vollen Laden verwandelten sich
normale Leute bei Tageslicht in einen Mob. Die Frau starb,
nachdem sie von einem Ziegelstein am Kopf getroffen
worden war. Mein Freund sagte, es habe ihn sehr mitge-
nommen, das zu sehen.
> Respec
> Bemerkt ihr auch, wie es immer um Menschen geht? „Un-
termenschen“, „Metamenschen“. Immer gibt es einen
Vergleich mit Menschen, oder es geht darum, wie sie be-
troffen sind.
> 2XL

> Angeblich gibt es keinen Rassismus mehr. Glaubt kein
Wort davon.
> Butch
> Bleibt cool. Er war damals gerade mal fünf Jahre alt.
> Respec
Nach achtzehn Jahren war diese neue Art des
Rassismus herangewachsen und eine voll funkti-
onsfähige gesellschaftliche Seuche. Im Jahr 2039
kulminierte die Welle von Angriffen und Verbre-
chen gegen Metamenschen in der Nacht des Zorns,
in der auf der ganzen Welt Unruhen ausbrachen.
Tausende starben, wobei die genaue Anzahl aller-
dings unbekannt ist, weil einerseits Metas nicht als
Bürger betrachtet wurden und man ihre Tode daher
ignorieren konnte, und weil andererseits die mör-
derischen Horden natürlich wenig Veranlassung
hatten, die Opfer ihrer Gewalt zu zählen.
> Hier muss ich mich einschalten und sagen, dass ich das
nie verstehen konnte: Diese Behauptung, dass alle gleich-
zeitig einfach durchdrehten. Ich habe andere Threads
dazu gelesen, und niemand konnte etwas benennen, das
dieses weltweite Chaos ausgelöst hätte.
> /dev/grrl
> Es ist verlockend, an eine Koordination oder sogar eine
weltweite Verschwörung dahinter zu glauben, und ich
würde nicht behaupten wollen, dass nicht einige der An-
ti-Meta-Gruppen miteinander kommuniziert hätten. Aber
manchmal bricht das Böse tatsächlich spontan aus.
> Snopes
Der Gouverneur von Seattle dachte, es sei eine
gute Reaktion, einfach alle Trolle und Orks der
Stadt zusammenzutreiben und – angeblich zu ihrer
eigenen Sicherheit – in Lagerhäusern einzusperren.
In Wirklichkeit ging es darum, sie im Auge zu behal-
ten und an wenigen Orten zu versammeln, falls die
Regierung auf die Idee kam, eine Art Endlösung in
die Tat umzusetzen.
> Ich habe mich schon lange gefragt, was in dieser Nacht
geschah, daher habe ich ein Horoskop für Seattle in dieser
Nacht erstellt. Zuerst dachte ich, es sei eine Merkur-Kon-
junktion gewesen, aber es gibt einen sonnengroßen Kreis,
daher kann das nicht sein. Wir haben Uranus im Elften in Op-
position zu Mars, und Mars trigonal mit Saturn; der alte Sa-
turn nutzt Mars gegen die Ausreißer, die sich zusammenge-
schlossen haben. Und dabei haben wir den Löwen im Zwölf-
ten noch nicht betrachtet, und den Jungfrau-Aszendenten,
der gegenüber fast allem anderen in Opposition steht. Der
königliche Löwe im Haus der Geheimnisse könnte sich leicht
in der Vorstellung von einer Herrenrasse manifestieren.
> Chiron
> Versuch nicht, das Thema zu wechseln.
> Lilith
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
Natürlich warteten viele Leute nicht darauf, dass
die Regierung eine Entscheidung traf, sondern nah-
men die Sache selbst in die Hand. Eine Terroristen-
gruppe namens Hand of Five steckte die Lagerhäu-
ser in Brand, und Hunderte starben. In der Stadt
brach wieder die Gewalt aus.
Es kann gut sein, dass eure Eltern oder Großel-
tern die Nacht des Zorns und ihre Folgen erlebten.
Ob sie überlebt haben oder nicht, kann ich nicht sa-
gen, aber ich kann euch garantieren, dass sich ihr
Leben in irgendeiner Weise verändert hat. Meine
Mütter begannen, mich nach der Nacht des Zorns
zu Hause zu unterrichten. Weil ich erst drei Jahre
alt war, bekam ich von den Nachrichten nicht viel
mit, daher war ich nicht weiter betroffen. Aber ich
gehörte zu denen, die sehr viel Glück hatten.
> Nur zur Erinnerung: Er hat das nicht geschrieben, weil er
wollte, dass es veröffentlich wird.
> Chiron
> Wo liegt das Problem? Schämst du dich für ihn? Das ist
okay; mir geht es auch so.
> Lilith
> Nein, ich schäme mich nicht. Ich glaube, es ist nicht ver-
werflich, sicher und glücklich aufzuwachsen. Aber du
hast mir gesagt, wie du denkst, und ich dachte, vielleicht
denken andere auch so.
> Chiron
> Das werden wir herausfinden.
> Lilith
Zahllose Prozesse in den letzten vierzig Jahren
haben das Ausmaß der Probleme klar werden las-
sen, wenn sie auch nicht viel dagegen ausrichten
konnten.
Seit eurer Geburt hat sich die Landschaft aller-
dings stark verändert. Or’zet ist als offizielle Sprache
anerkannt. Es gibt in der Welt ganze Königreiche für
Orks und Trolle. Nichts davon war vor zwanzig oder
dreißig Jahren so. Orks sind inzwischen wegen ihrer
genetischen Disposition für Mehrlingsgeburten –
und ich schwöre, dass ich gewalttätig werde, wenn
ich das Wort „Würfe“ höre – zum zweithäufigsten
Metatyp der Welt geworden. (Nebenbei: Ich habe
Leute mit Geschwistern immer beneidet. Ich hoffe,
ihr erkennt, wie viel Glück ihr habt.) In eurer Le-
benszeit gab es Debatten, die ich vor zwanzig Jah-
ren nie für möglich gehalten hätte. Es geht darum,
wer mehr Ork ist: die als Orks geborenen oder die
als Menschen geborenen, die goblinisiert sind (ich
glaube, man nannte sie „Halborks“). Aber weil die
Welt so anders ist als die, an die wir Alten gewöhnt
waren, macht uns das möglicherweise blind für die
Probleme, mit denen ihr zu tun habt.
Also erkläre ich hiermit offiziell, dass ich weiß,
dass auch ihr genug Probleme im Leben hattet.
<< WER WIR SIND 15
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
Ich habe von den Zusammenstößen gehört, die
ihr mit anderen nur wegen eures Metatyps hattet,
und nein, es ist nicht fair. Ich gebe zu, dass es im
Leben von unseresgleichen Probleme gibt, und ich
erkenne die Auslöser, die eine aggressive Antwort
zu rechtfertigen scheinen.
Christentum und Islam haben uns schon vor lan-
ger Zeit in die Schublade der Dämonen, Teufel,
anderer Monstrositäten und Häretiker geworfen.
Dazu kommt noch, dass keine dieser Religionen
besonders viel für Magie übrig hat, und auch wenn
sie uns nicht mehr so sehr verdammen wie bei un-
serem ersten Auftreten in den Zwanzigern, lehnen
sie uns doch immer noch ab. Einige der wieder-
erwachten Glaubensrichtungen haben eine posi-
tivere Einstellung, aber ich gebe zu, dass ich mich
nie stark mit dem Thema beschäftigt habe, wer
uns aufgrund seines Glaubens mehr oder weniger
hasst. Vielleicht habe ich viele Gelegenheiten ver-
passt, herauszufinden, wer mich hasst. Heute be-
reue ich das.
> Ich kann euch, gewissermaßen als Expertin auf diesem
Gebiet, sagen, dass Seattle eine ziemlich säkulare Stadt
ist. Ich erkenne nicht, dass die Einwohner der Stadt durch
Religionen so stark entzweit werden, wie die Medien be-
haupten, oder wie es in anderen Gegenden der Welt tat-
sächlich der Fall ist.
> Goat Foot
> Ein Metamensch wird mit größerer Wahrscheinlichkeit
verprügelt, weil er im falschen Stadtteil ist, als deswegen,
weil er mit jemandem spricht, dessen Religion ihn „ab-
lehnt“.
> Traveler Jones
Wir müssen mit einer Umgebung fertigwerden,
die für kleinere Leute gemacht ist – manchmal für
viel kleinere. Die Decken sind zu niedrig, die Türen
zu schmal. Stühle zerbrechen unter unserem Ge-
wicht, und wir passen kaum auf die Matratzen. Es
ist ärgerlich, es führt zu Verletzungen, und es ist un-
nötig. Aber trotz der weltweiten Zahl der Orks und
Trolle und trotz unserer gemeinsamen Finanzkraft
findet man Möbel in unserer Größe nur in wenigen
Spezialläden. Es gibt ein paar Restaurants in der In-
nenstadt, wo ihr gut sitzen könntet, aber ihr müsst
damit rechnen, ein paar Hundert Nuyen auszuge-
ben, um dort zu essen. Auch wenn ihr ein Lokal fin-
det, das von Orks oder Trollen betrieben wird, sind
die Chancen auf einen Platz in der richtigen Grö-
ße zwar höher, aber es gibt keine Garantie dafür.
Nicht alle können dem Sirenengesang der billigen
Ausstattung widerstehen, vor allem, wenn die all-
gemein vorhandenen Stereotype dazu führen, dass
potenzielle Kundschaft von übertriebener Angst
abgeschreckt wird.
Ich kann euch das nicht erklären. Wenn ihr etwas
verändern wollt, kann ich euch nur raten, in die Poli-
16 WER WIR SIND >>
Thorben Lange (Order #29309514)
tik zu gehen oder eine Schreinerwerkstatt und eine
Lernsoft zu kaufen. Ich habe mich für letzteres ent-
schieden und konnte mir dadurch einigen Komfort
verschaffen.
Selbst unsere Biologie scheint es auf uns abge-
sehen zu haben. Wir haben Hauer, was zu beson-
deren Schwierigkeiten führt – Probleme mit dem
Kiefer und Verletzungen an Mund, Schleimhäu-
ten und Gesicht kann man sich sofort ausmalen.
Hörner können absplittern oder abbrechen. Ich
habe von seltenen Fällen gehört, in denen die
Hörner so stark gebogen wuchsen, dass sie in die
Kopfhaut eindrangen. Das ist viel schlimmer als
eingewachsene Haare. Dermalablagerungen kön-
nen Hautprobleme und sogar Verletzungen bei
anderen auslösen.
Der bekannteste biologische Unterschied aber ist
die kürzere Lebensspanne von uns Orks.
> Es gibt das Gerücht über einen Kerl namens Harry, der als
einer der ersten Orks im Jahr 2023 goblinisierte. Nachdem
er seinen Posten als Bürgermeister 2056 verloren hatte,
zog er sich in einen der Baue unter Puyallup zurück und
wurde zum Mentor einer Gruppe, die später als Bot’Kham
bekannt wurde und ihn oft als „Großvater“ bezeichnete.
Sie haben nie wirklich gesagt, ob das wörtlich oder im
übertragenen Sinne gemeint war. Harry starb schließlich
vor zwei Jahren, im Jahr 2077.
> Butch
> Wenn man davon ausgeht, dass Harry bei seiner Gobli-
nisierung wirklich jung war, muss er bei seinem Tod fast
sechzig gewesen sein. Das ist für einen Ork eine erstaun-
liche Lebenszeit, besonders für einen, der im Untergrund
lebte und wahrscheinlich wenig Zugang zu medizinischer
Versorgung hatte.
> Winterhawk
> Dieser Aspekt der medizinischen Versorgung ist wichtig.
Dazu kommen später in diesem Posting noch ein paar
neue Beobachtungen über Lebensspannen von Orks und
Trollen.
> Glitch
> Harry besaß – wie ich auch – eine seltene genetische Be-
sonderheit. Man bezeichnet Leute wie uns als Homo sapi-
ens robustus clarkus. Das ist eine Anomalie an einem der
Metagene, die zur Goblinisierung eines Menschen zum
Ork führen. Die Goblinisierung läuft gleich ab, und wir sind
genetisch identisch mit allen anderen Orks, nur dass wir
nicht unter dem beschleunigten Alterungsprozess leiden
wie die meisten Orks. Stattdessen haben wir offenbar eine
normale „menschliche“ Lebensspanne. Im Moment geht
die Wissenschaft davon aus, dass weniger als ein Prozent
der goblinisierten Orks dieses Merkmal haben.
> Bull
> Vielleicht ist es nicht so selten, wie es scheint. Lest in die-
sem Download weiter, und ihr werdet sehen, dass einige

Wissenschaftler Zweifel an der bisher für wahrscheinlich
gehaltenen Ursache unserer kurzen Lebenszeit haben.
Außerdem könnt ihr Vorhersagen sehen, wie lange wir
tatsächlich leben könnten.
> Butch
> Ich habe mich immer gefragt, warum du nicht ansatzwei-
se so alt aussiehst, wie du solltest, Bull. Obwohl du dich
manchmal so benimmst. Du Glücklicher.
> Slamm-0!
> Ja, ich Glücklicher. Ich habe bereits ein Kind überlebt, und
wenn Billy nicht als Runner getötet wird, wird er wahr-
scheinlich vor mir an Altersschwäche sterben. So ein
Glück.
> Bull
Viele Orks leben nach dem Motto „Leb schnell,
stirb jung“. Die Medien berichten uns von denen,
die ihre Tage damit verbringen, sich mit allen an-
zulegen, die ihnen in den Weg kommen, und sei es
auch nur, um sich einen Vorteil für die Verbrechen
von morgen zu verschaffen. Man hört von Orks wie
Magdalene Wild, die ihre Zeit mit verrückten Stunts
beim Urban Brawl verbringt. Aber man hört auch
von Orks wie Vaibhav Chadha, der als Publisher
viel Wind macht, wenn auch nur durch seine en-
orme Produktionsgeschwindigkeit. Oder von mir.
Ich bin jemand, der es auch ziemlich lange ziem-
lich eilig hatte, weil ich vom Gedanken an meine
kurze Lebensspanne erschreckt war. Meine Angst
trieb mich in Riesenschritten durch die Schule, und
am Schluss war ich ein Doktor. Ich bezweifle, dass
ich das nötige Feuer gehabt hätte, wenn nicht diese
Angst gewesen wäre.
Wie sehen uns die Metatypen, die länger leben?
Wir sind quasi ein Eintrag in einem Touristenführer.
Oder eher ist das Ausmaß der Gewalt gegen uns
dieser Eintrag. Ich begrüße zwar, dass überhaupt
von uns die Rede ist … Hört zu, ich kenne viele
Leute aller möglichen Metatypen auf der ganzen
Welt. Ich hatte nur zwei Unterredungen mit Leuten,
die sich Sorgen machten, dass ich vor ihnen ster-
ben könnte. Die erste war mit meiner Mutter, und
ich fing sie selbst im Alter von acht Jahren an. Die
zweite war mit einer Freundin. Sie war Elfe, und es
zeigte sich, dass ihre Sorgen grundlos waren. Sie
starb vor ein paar Jahren. Aber insgesamt bleibe ich
dabei, dass die länger lebenden Metatypen sich
nicht viele Gedanken über unser kurzes Leben ma-
chen. Alle haben zu viel mit ihrem eigenen Drek zu
tun und damit, ihre eigene Lebenszeit zu vergeu-
den, als dass sie sich Sorgen um uns machen.
Man hat also durchaus Grund, sauer zu sein. Was
sollen wir dagegen tun? Ich glaube, es gibt zwei Al-
ternativen. Die erste ist die, die ich euch vorhin ans
Herz gelegt habe: Geht in die Politik. Das ist kein
Witz. Ich weiß, dass ihr wahrscheinlich lieber außer-
halb der Sphäre der Regierung arbeiten wollt, aber
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
NEUER VORTEIL:
MENSCHLICHE LEBENSSPANNE
KOSTEN: 10 KARMA
Dieser Vorteil kann nur bei der Charaktererschaffung gewählt
werden. Dadurch wird die normale Lebensspanne eines
Orks durch die eines Menschen ersetzt, sodass er mit der
Geschwindigkeit eines Menschen altert. Der Vorteil hat keine
weiteren Auswirkungen auf den Charakter.
Die Goblinisierung ist die Expression eines Metagens
in einem Menschen, die ihn meistens in der Pubertät auf
schmerzhafte Weise zu einem Ork oder Troll werden lässt.
Heutzutage ist die Goblinisierung ziemlich selten, und die
meisten Trogs werden bereits so geboren. Im Moment ist nicht
klar, wie weit diese höhere Lebensspanne bei so geborenen
Orks verbreitet ist.
wenn ihr eure Meinung ändert, glaube ich, dass ihr
Wunder bewirken könntet.
> Hahahahahahahaha *keuch* hahahahaha!
> Lilith
Bevor ich zur anderen Alternative komme, möch-
te ich euch den wahren Grund nennen, aus dem ich
euch diesen Brief schreibe. Ich habe vor ein paar
Wochen ein Gespräch als Teil der medialen Bericht-
erstattung über einen versuchten Bombenanschlag
in der Innenstadt gehört. Ein Augenzeuge sagte,
ein „Trog“ sei beteiligt gewesen. Jemand anderer
sagte, ein Troll sei beteiligt gewesen. Aber sie be-
schrieben nicht dieselbe Person.
Ich weiß, dass wir es hier mit zwei unterschied-
lichen Zeugen zu tun haben, die überhaupt nichts
miteinander zu tun haben. Der eine wurde als „ras-
sistischer Trottel“ bezeichnet, über den anderen
sagte niemand besonders viel. Aber für mich war
vor allem der Unterschied zwischen den beiden
Beschreibungen interessant. Der „Trog“ soll rie-
sig gewesen sein – mindestens drei Meter – und
wild: Er hing angeblich mit einer enormen Waffe
aus dem Fenster, wie man sich einen großen bösen
Troll vorstellt. Der „Troll“ wurde im Gegensatz dazu
als „eher klein für einen Troll“ und außerdem gut
gekleidet beschrieben.
Wenn wir zu Anfang unserer Überlegung also aus-
blenden, dass wir die Worte zweier Personen ver-
gleichen, die, soweit wir wissen, nichts miteinander
zu tun haben – also, wenn Sozialwissenschaft keine
echte Wissenschaft ist, sind wir auch nicht an echte
wissenschaftliche Methoden gebunden, oder?
Steckt das in euren Biologie-Aufbaukurs und raucht
es –, dann kommen wir zu einem interessanten Rät-
sel. Wie unterscheidet sich ein Trog von einem Troll
oder Ork? Wir wissen, was die Medien denken. Ich
sage euch, was ich denke, will aber zuerst, dass ihr
<< WER WIR SIND 17
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
wisst, was ihr denkt – wenn ihr das noch nicht selbst
herausgefunden habt. Ich wäre nicht überrascht,
wenn das nicht so wäre. Ich könnte mir vorstellen,
dass ihr viele vorgefasste Meinungen habt. Ich wür-
de davon ausgehen, dass bei euch auch Emotionen
damit verbunden sind. Aber könnt ihr eine Liste da-
von machen? Ich hätte gerne, dass ihr das versucht,
bevor ich euch sage, was ich denke.
Was ist die Alternative dazu, das ganze Leben
lang angepisst zu sein? Ich denke, es hat etwas
mit persönlicher Verantwortung zu tun. Es ist un-
sere Verantwortung, zu handeln, wenn etwas falsch
ist, aber wir müssen nicht alle gleich handeln. Ich
erkenne, dass ich nicht bereit bin, für meine Rech-
te und eine faire Behandlung zu kämpfen, indem
ich nach einer Stelle in der Regierung suche. Das
Schlachtfeld ist durch mächtige Individuen, die den
Status quo bewahren wollen, bereits zu meinen Un-
gunsten beeinflusst. Ich werde woanders kämpfen,
wo ich die Umstände zu meinen Gunsten beeinflus-
sen kann. Andere haben sich für andere Schlacht-
felder entschieden. Und die Art der Kämpfe unter-
scheidet sich ebenfalls: Einige kämpfen, indem sie
sich in der Wissenschaft hervortun, andere, indem
sie Leute mit ihrer Kunst provozieren. Einige Leu-
te wählen einen lautstarken Ansatz auf der Bühne;
andere setzen ihre Werke still in die Welt, wo die
Leute darüber stolpern. Solange euer Tun die Kraft
besitzt, Gedanken und Einstellungen zum Positiven
zu verändern, ist es mir egal, was ihr genau tut und
wo ihr es tut.
> Bulldrek! Er ist so ein Heuchler.
> Lilith
> Wir sind fast schon durch. Können wir bitte noch den Rest
machen?
> Chiron
> Du glaubst mir ohnehin nicht. Du hast nicht gehört, wie er
meinen Plan, zu Evo zu gehen, abgelehnt hat. Aber wozu
erzähle ich dir das? Ich bin ohnehin nicht hier, um das mit
dir zu besprechen.
> Lilith
Nennt es die Macht der Gewohnheit, nennt es
Magie, nennt es, wie ihr wollt, aber an der Vorstel-
lung, dass etwas zur Wahrheit wird, wenn man ihm
Aufmerksamkeit schenkt, ist etwas dran. Ich rede
nicht von den Zwölf-Wochen-Programmen, die
euch die Spinner im Nachtfernsehen verkaufen
wollen, ich spreche davon, dass ihr selbst eure Um-
gebung jeden Tag durch euer Inneres beeinflusst.
Verbringt ihr eure Zeit meistens damit, euch zu be-
klagen oder auf den Drek hinzuweisen, der euch
heute passiert ist? Ihr könnt damit rechnen, dass ihr
mehr davon erleben werdet, wenn ihr die mentalen
Pfade ausbaut, die es euch leichter machen, die
ganze Scheiße um euch herum zu bemerken. Lauft
18 WER WIR SIND >>
Thorben Lange (Order #29309514)
ihr herum und tut, als wärt ihr normal, und tadelt
alle, die sich außerhalb der engen Grenzen dessen
bewegen, was ihr für Normalität haltet? Ihr werdet
mehr Hindernisse für eure eingebildete Realität er-
leben, wenn ihr euer Hirn auf die Straße führt, auf
der ihr jedes Mal bemerkt, wenn irgendetwas –
auch euer eigenes Verhalten – außerhalb der Norm
ist, und die vorgebliche Abnormität sofort der Welt
mitteilt.
Das sind viele Worte, mit denen ich euch sage,
dass ihr euch darin üben müsst, euer mentales Ge-
schnatter auf einem höheren Weg zu halten. Alles
Geringere könnte euch vernichten. Es gibt so viele
Leute, die euch klein machen wollen, um sich selbst
größer zu machen. Warum solltet ihr das auch noch
tun? Ihr habt Besseres zu tun.
> Das ist es, was er dir einzutrichtern versucht, L. An ei-
ner positiven Einstellung ist nichts falsch. Es gibt so viele
Leute, die glauben, dass ihr nicht genau aufpasst, wenn
ihr nicht die ganze Zeit abgestoßen und wütend seid. Ich
passe genau auf, und ich weiß, dass es so viel Gutes wie
Schlechtes gibt, und ich habe beschlossen, mich auf das
Gute zu konzentrieren. Das gibt mir Kraft und hilft mir, mehr
Gutes in die Welt zu bringen.
> Chiron
> Ihr Geister! Du … du meinst das wirklich ernst, oder? Du
arme, kleine, hoffnungslos Wahnsinnige.
> Clockwork
Ihr habt so weit gelesen, also habt ihr vielleicht
Interesse daran, was ich als den Unterschied zwi-
schen einem Trog und einem Troll oder Ork be-
trachte. Trolle und Orks sind Personen; die Medien
würden dieser Aussage in der Öffentlichkeit zu-
stimmen.
Aber die Medien bezeichnen gewisse Trolle und
Orks als Trogs – besonders diejenigen, die sich in
irgendeiner Weise anders verhalten, als innerhalb
der (ziemlich) engen Grenzen dessen erlaubt ist,
was sie als „normales Verhalten von Orks und Trol-
len“ festgelegt haben. Die Medien stellen Trogs als
riesengroß und unintelligent dar; im besten Fall als
kratzbürstig, im schlimmsten Fall als wahnsinnig; in
jeder Weise als beschränkt.
Ich sehe das anders. Trogs sind die Trolle und
Orks, die sich nicht den gesellschaftlichen Empfind-
lichkeiten unterwerfen wollen, sondern ehrlich sind.
Trogs sind die, die aufstehen, ihre Meinung sagen
und vor niemandem den Blick senken, und das ist
das Problem. Die Medien stellen Trogs deswegen
so schlecht dar, weil sie die Ordnung stören. Sie
öffnen den Blick hinter die Kulissen der Normali-
tät. Wenn die Bühne nicht mehr so aussieht, wie sie
gedacht war, werden wir vom Einfluss der Medien
befreit und spüren nicht mehr den Impuls, ihre Rea-
litätsflucht und ihre vermeintlichen Verbesserungen
mitzumachen. Für die Medien sind Trogs der Feind.

Ich sage, Trogs rütteln uns wach, rühren im Kes-
sel, sorgen für Aufruhr, hetzen die Herde auf, oder
wie ihr es auch immer nennen wollt. Sie helfen uns,
frei zu bleiben. Veränderungen werden passieren,
egal, ob wir sie haben wollen oder nicht. Das ist der
Lauf der Welt. Warum also nicht für positive Verän-
derungen sorgen? Das Akzeptieren der gesamten
Metamenschheit kann uns als Ganzes nur stärker
machen, also sollten wir endlich aufhören, uns un-
tereinander zu bekämpfen.
Wenn ihr anderen Leuten ein Beispiel gebt, dem
sie folgen können, wäre schon viel gewonnen. Wir
werden nicht alle Vorstellungswelten gleichzeitig
verändern können, aber wenn mehr Leute in einer
Welt geboren werden, in der Orks und Trolle we-
niger stigmatisiert werden, wird es diese Verän-
derungen geben. Das ist unvermeidlich, aber wir
können dabei helfen, den Schwung in die richtige
Richtung zu lenken.
Alle sind seltsam. Die Welt ist ein seltsamer Ort,
und wir gehören zu den seltsamsten ihrer seltsa-
men Bewohner. Bleibt seltsam, bleibt stark, bleibt
stolz und bleibt in Verbindung.
In Liebe,
–R
> Das ist die Art von Drek, die mich richtig aufregt. „Ihr Wel-
pen, wir können nichts tun, die Welt geht den Bach runter,
also können wir genauso gut unseren letzten Tag mit Frie-
den, Donuts und einem Sahnehäubchen auf dem Soykaf
verbringen.“ Fauler Volltrottel.
> 2XL
> Er ist kein fauler Volltrottel! Versuch nur, mir das ins Ge-
sicht zu sagen.
> Lilith
> Beruhige dich, L. Jeder hat eine Meinung. Ich stimme 2XL
aber nicht zu. Ich glaube, er hat genau das Gegenteil ge-
sagt, oder?
> Chiron
> Tut mir leid, aber ihr könnt nicht leugnen, dass dieser Kerl > Ich glaube schon. Danke für die Gelegenheit, mal mit je-
das Paradebeispiel eines Privilegierten ist. Er hat es selbst
gesagt. Glaubt wirklich jemand, dass er irgendeine Ah-
nung davon hat, wie es ist, heute ein Troll zu sein?
> 2XL
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
> Vielleicht nicht, aber er weiß besser als die meisten Leute,
dass man diese winzige Zeitspanne hat und das alles ist,
was man überhaupt hat. Das würde ich als guten Rat für
jedes Kind bezeichnen.
> Butch
> Könnten wir bitte über den Bulldrek reden, den er in der
zweiten Hälfte des Briefs verzapft? Genau dieses Denken
führt zu verlassenen Kindern. Ich kann es nicht mehr hören!
Man hat nicht nur für sich selbst Verantwortung, Leute! Die
Welt ist kein Kindergarten, und die Aufgabe des Lebens ist
nicht, so glücklich wie möglich zu sein. Statt zu versuchen,
sich durch Gerede um die Monatsmiete zu drücken, könn-
te man doch mit den Tagträumen aufhören und verdammt
noch mal anfangen, sich wie wir alle die Miete zu verdie-
nen. Das brauchen wir unbedingt: einen Haufen selbstzu-
friedener Leute, die mit der „Eigenverantwortung“ so be-
schäftigt sind, dass sie einen Drek auf uns andere geben.
> Lilith
> Das ist nicht, was es bedeutet – es ist einfacher. Es bedeu-
tet, dass man nicht die ganze Zeit krampfhaft versuchen
sollte, die möglichen Reaktionen anderer Leute vorauszu-
ahnen. Vor ein paar Jahren hat mich mein Boss zu einem
Anti-Aggressions-Training geschickt. Ich habe dem The-
rapeuten von einem mittleren Manager in meinem Büro
erzählt, der seinen Arbeitstag vor allem damit verbrachte,
mit den Füßen auf dem Schreibtisch ein paar untergeord-
nete Angestellte in seinem Büro mit Drek zu bewerfen. Ich
erzählte davon, wie ich ihn zur Rede stellen wollte, weil er
Zeit verschwendete, während der Rest von uns arbeitete.
Der Therapeut fragte mich: „Was würden Sie tun, wenn
Sie ihm von Ihren Gefühlen erzählten und es ihm völlig
egal wäre?“ Ich sagte, das würde mich extrem ärgern. Er
sagte, das sei Teil meines Problems. Ich brauchte einige
Zeit, aber dann verstand ich, was er meinte.
> Chiron
> Ich weiß nicht genau, wonach ihr hier gesucht habt, aber
habt ihr es gefunden?
> 2XL
mand anderem als nur meiner Schwester zu reden. Man
kann nie wissen, wie man empfangen wird, aber hier war
es wirklich angenehm.
> Chiron
<< WER WIR SIND 19
 MI T H A UE R N U ND HÖRNE RN
DAS LEBEN
ALS TROG IN ...
DIE TROLLREPUBLIK
SCHWARZWALD
GEPOSTET VON: DÜSSELDORF-ROLF
Die Deutschen sind nicht besser als die Menschen
im Rest der Welt. Seit dem Erwachen sind mehr als
sechzig Jahre vergangen, und zu viele von ihnen
halten Trolle noch immer für dumm, ungeschickt
und Furcht einflößend. Ihr wisst schon: Bürger zwei-
ter Klasse.
Aber zum Glück haben wir in der ADL einen Ort,
an dem Trolle wie Trolle leben können. Mit beinahe
gar keinen Problemen wegen unserer Größe und
beinahe keinen winzigen Menschen (oder Geist
behüte, zerbrechlichen Elfen), die man irrtümlich
zerquetschen könnte. Dieser Ort ist das frühere
Trollkönigreich, das jetzt als Trollrepublik Schwarz-
wald bekannt ist.
GEBURT EINES
KÖNIGREICHS
Im Jahr 2038 trennte sich der kurzlebige Süddeut-
sche Bund vom Rest Deutschlands. Sein Ziel war,
seinen ultrakonservativen Lebensstil mit all den
lustigen Veranstaltungen und Bräuchen, die diese
Leute kannten, zu bewahren. Bräuchen wie sozia-
ler Ausgrenzung, Schikane und Unterdrückung, die
besonders von denen ausgeübt werden, die vorge-
ben, die Schwachen zu schützen. Es dauerte nicht
lange, bis sich Gerüchte über Konzentrationslager
und Eugenik in diesen Gebieten verbreiteten, und
wenig später wurden aus diesen Gerüchten bewie-
sene Fakten. Zu diesem Zeitpunkt kam der Trollwi-
derstand aus dem Erwachten Schwarzwald hervor.
Ein beeindruckender Troll mit dem (offensichtlich
falschen) Namen Berthold übernahm die Führung
des Widerstands. Er konnte nicht nur die unterdrü-
ckten Massen aus ihrer Lethargie befreien, sondern
sie auch dazu bringen, einen echten Aufstand zu
beginnen. Sie organisierten Flüchtlingslager tief in
den Wäldern, gewannen an Stärke und Unterstüt-
zung und gingen zum Gegenangriff über.
20 DAS LEBEN ALS TROG IN ... >>
Thorben Lange (Order #29309514)
Der Aufstand gewann an Schwung und Unter-
stützung, aber die Regierungen in Hannover und
München ignorierten alle Stimmen der Orks und
Trolle, die einen eigenen Staat haben wollten. Sie
betrachteten das als „lokales Problem“, was bedeu-
tete, dass man es gern den unteren Ebenen der Ver-
waltung überließ.
> Wenn Regierungen beschließen, dass etwas ein „loka-
les Problem“ ist, liegt das oft daran, dass sie den lokalen
Regierungen die Schritte überlassen wollen, die für eine
nationale Regierung zu unvorteilhaft oder unpassend sein
könnten. Das ganze Argument von den „Rechten der Staa-
ten“ hinter dem Amerikanischen Bürgerkrieg entwickelte
sich, weil man wollte, dass die Regierung zuließ, dass
einige Leute andere Leute mit anderer Hautfarbe besa-
ßen, das aber hinter etwas nicht so offensichtlich Ras-
sistischem verbergen wollte. Also sagte man „Rechte der
Staaten“ und überließ es den Staaten, dieses schreckli-
che Konzept in Gesetze zu gießen.
> Kay St. Irregular
2042 verwüstete eine Serie von Erdbeben Karlsru-
he. Vulkane brachen in der Eifel aus und blockierten
den Rhein. Im Gefolge dieser Ereignisse eroberte der
Trollwiderstand Freiburg ohne große Verluste und er-
klärte 2043 den Schwarzwald mit der Hauptstadt Frei-
burg für unabhängig. Der Süddeutsche Bund wollte
das allerdings nicht zulassen. Die sogenannten „Troll-
kriege“ dauerten bis 2044, als mehrere Drachen über
Stuttgart und München flogen und der Große Drache
Kaltenstein München sogar angriff. Das führte zum
endgültigen Niedergang des Süddeutschen Bundes.
Während der folgenden Gründung der Allianz Deut-
scher Länder wurde das Trollkönigreich Schwarzwald
als assoziiertes Land in die ADL aufgenommen.
Unter der Aufsicht von Kaltenstein wurde das Kö-
nigreich nach dem Muster alter Königreiche organi-
siert. Es wurde von einem König (Berthold I.) geführt
und mithilfe von Grafen und Herzögen verwaltet
– ganz nach dem romantischen Vorbild des Mittel-
alters. Der Schwarzwald wurde als Zuflucht für alle
Arten von Metamenschen – vor allem natürlich für
Trolle und Orks – bekannt. In den 40ern und 50ern
wuchs die Bevölkerung des Landes unter Bertholds
Führung stark an. Aber nicht alle waren vom Trollkö-
 nig begeistert, weil sein Verhalten sehr direkt, schroff
und manchmal sogar unhöflich war. 2061 versch-
wand Berthold plötzlich und wurde zehn Jahre später
in einem Staatsakt für tot erklärt. Nach seinem Ver-
schwinden übernahm Kanzler Hugo von Haslach die
Führung und steuerte das Land durch den Crash 2.0.
Man kann durchaus davon ausgehen, dass dieser
Schachzug einen langen Erbfolgekrieg verhinderte.
Das Endergebnis war die Gründung der Trollrepublik
mit Präsident von Haslach als Anführer.
Die Trolle im Schwarzwald sind zwar noch in der
Mehrheit, aber die Orkgemeinde wächst stark. Und
nach der „Sanfte-Riesen-Kampagne“ in der Skan-
dinavischen Union zogen auch viele Riesen in die
Trollrepublik.
TROLLPOLITIK
Nach der Umwandlung von einer Monarchie in eine
Republik verlor das Land seinen assoziierten Sta-
tus und wurde ein normales Allianzland. Und es hat
alle Probleme, die moderne Länder haben: Intrigen,
Skandale und manchmal schwierige Nachbarn wie
Württemberg und die Schweiz. Die Herzogtümer
wurden in Regierungsbezirke umgewandelt, und die
gesamte Adelshierarchie ist verschwunden. Über
diese Veränderung sind nicht alle Adeligen glück-
lich, weil ihnen die Titel viel Geld eingebracht hatten.
Die Volksvertretung versucht, mit dem Rest der
ADL und Europas zusammenzuarbeiten, um die
Verbindungen zu stärken. Daher wurden früher laxe
Gesetze (wie das Waffenrecht) verschärft, und die
Grenzen sind gegenüber Nicht-Metas als Besucher
offener. Die Behörden versuchen auch, enger mit
Bundesgrenzschutz und Bundeswehr zusammen-
zuarbeiten. Die sogenannten „Förster“ (die diesen
Namen tragen, weil sie auch mit der Waldpflege
beauftragt sind) sind nicht perfekt ausgebildet, ken-
nen sich aber in der Region bestens aus.
> Es ist immer eine interessante Dynamik, wenn eine Gruppe
von Personen, die sich als Opposition gegen „die da oben“
sieht, nicht nur plötzlich zu „denen da oben“ wird, sondern
auch genau dieselben Dinge tut, die sie verabscheute, als
„die da oben“ sie gegen sie einsetzte. Das bedeutet, dass
<< DAS LEBEN ALS TROG IN ...
Thorben Lange (Order #29309514)
diese Gesetzesverschärfungen nicht immer glatt über die
Bühne gingen und die Abneigung gegen die Veränderun-
gen immer noch besteht.
> Sunshine
DAS TROLLTHING
Kaltenstein gründete eine Gruppe trollischer Na-
turmagier, um Berthold in den Trollkriegen zu
unterstützen. Heute betreibt das Trollthing eine
druidische Form der Magie. Auch wenn die Ver-
einigung nicht als Wicca-Gruppe betrachtet wird,
ist sie Mitglied des Great Grand Coven der ADL
und Tschechischen Republik. In der inzwischen of-
feneren Trollrepublik ist das Thing ein Vertreter der
skeptischen Kräfte des Landes, die die Traditionen
bewahren wollen.
DIE SCHATTEN VON FREIBURG
Freiburg im Breisgau, die Hauptstadt der Trollrepu-
blik, ist die metafreundlichste Stadt der ADL. Seit
der Invasion durch Berthold (ehrlich gesagt überga-
ben sie ihm die Schlüssel zur Stadt auf dem Silber-
tablett) hat sich die Stadt stark verändert. Man ver-
suchte zwar, das historische Ambiente zu erhalten,
aber bei den Gebäuden waren Umbauten und Ver-
besserungen nötig. Viele Wände und Decken wur-
den entfernt. Holzböden und Treppen wurden für
die Bedürfnisse der Trolle verstärkt. Wenn man als
Troll Freiburg besucht, erlebt man echten Komfort,
weil die Stadt von Trollen für Trolle adaptiert wurde.
Natürlich auch für Orks. Wenn man allerdings bloß
ein normaler Mensch ist, fühlt man sich hier wahr-
scheinlich nicht willkommen. Das liegt nicht nur an
der Größe der Gebäude, Türen, Möbel und so wei-
ter, sondern auch an den Blicken, mit denen man
von den großen Leuten bedacht wird. Vorurteile
gibt es in beiden Richtungen.
Die schattenhaften Leute von Freiburg betreiben
vor allem Schmuggel von Württemberg in die
Schweiz. Sie bieten auch trollischen Runnern das
nötige Handwerkszeug an. Natürlich in der rich-
tigen Größe. Man findet nirgendwo auf der Welt
21
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
ein breiteres Angebot an Waffen und Panzerungen,
die an Trolle angepasst sind. Oder zumindest nicht
in Europa. Und wegen der Geschichte des laxen
Waffenrechts hat man keine großen Probleme, eine
gute Connection für diese Waffen zu finden.
> Amen. Allein aus diesem Grund ist der Besuch des
Schwarzwalds ein Muss für alle Trolle, die in der Region
sind.
> 2XL
DER ERWACHTE
SCHWARZWALD
In der Trollrepublik Schwarzwald gibt es nicht nur
Trolle und Freiburg, sondern auch den Wald selbst.
Und ich kann euch sagen, dass dieser Erwachte
Wald nicht mit den Wäldern in Schneewittchen
oder anderen Märchen zu vergleichen ist. Neben
den üblichen Tieren gibt es hier auch viele Er-
wachte Pflanzen, was den Schwarzwald nicht nur
für Telesmasammler, sondern auch für viele ma-
giespezialisierte Tochterunternehmen von Konzer-
nen attraktiv macht. Für sie ist die Gegend wie der
Amazonas, nur dass man ihn in einer Stunde Fahrt-
zeit erreichen und dann erkunden und ausbeuten
22 DAS LEBEN ALS TROG IN ... >>
Thorben Lange (Order #29309514)
kann. Die meisten Jobs, die man im Schwarzwald
bekommt, haben mit der Rettung abenteuerlustiger
reicher Kids zu tun. Oder mit dem Sammeln von
Telesma und Reagenzien oder der Jagd auf seltene
Paracritter. Das Beste ist, dass diese Aufträge nicht
wirklich illegal sind, aber gut bezahlt werden. Denkt
nur daran, dass ihr euch vor den Gefahren einer
feindlichen Umgebung und der Bedrohung durch
einige trollische Naturzauberer schützen müsst, die
meinen, dass Artenschutz nur für Trolle und Tiere
gilt – andere Eindringlinge sehen sie als Freiwild.
Nehmt also magische Unterstützung mit.
STAMMESGEBIETE (NAN)
GEPOSTET VON: BULL
> Evelyn Red Tusk und Kulnar Broken Horn sind in den Na-
tive American Nations geboren und aufgewachsen. Beide
sind in jüngeren Jahren als Diplomatenkinder in den NAN
herumgekommen und haben als Erwachsene ähnliche Po-
sitionen eingenommen. Beide sind nicht in den Schatten
unterwegs, aber beide hatten genug mit beiden Seiten zu
tun, dass ihre Meinungen und Ansichten durchaus fun-
diert sind. Ich habe mir ein Beispiel an unserem Upload
Mit Tricks und Finesse genommen und die beiden ein klei-

nes gestelltes Interview führen lassen. Das Thema war
einfach: „Sprecht über euer Leben in den NAN aus der
Sicht eures Metatyps.“
> Bull
Evelyn Red Tusk (ERT): Ich habe viel über mich und
darüber, was es heißt, in dieser Welt eine Orkin zu
sein, gelernt. Alles hat sich im Laufe der Jahre ver-
ändert – einiges zum Guten, einiges zum Schlech-
ten. Die NAN waren für das Aufwachsen von Orks
eine der besten Gegenden.
Kulnar Broken Horn (KBH): Gut gesagt, Evelyn.
Aber wir sollten nicht so tun, als wäre alles eitel
Sonnenschein. Wir sollten unser Gesprächsthema
ein wenig enger fassen. Wenn ich mich recht er-
innere, trafen wir uns einmal bei einem Dinner für
Edward Running-Horse im PCC. Ich glaube, das war
2050. Es scheint, als hätten wir beide diesen glor-
reichen Zusammenschluss der Nationen miterlebt.
Daher können wir beide fundiert darüber sprechen,
wie verschieden diese sein können.
ERT: 2050? Da war ich noch keine zehn, Kulnar.
Du musst dich irren.
KBH: Ich war auch zehn. Wir saßen an einem Eck-
tisch. Bei anderen unseresgleichen. Du wolltest un-
bedingt diesen Kerl mit der Pilzkopffrisur treffen,
von dem du behauptetest, er sei ein Shadowrunner.
ERT: Kully? Ihr Geister! Darauf wäre ich nie ge-
kommen. Und er war tatsächlich ein Shadowrun-
ner. Sie nannten ihn Ghost Who Walks Inside, und
wenn du dich so gut erinnern kannst, solltest du
dich auch erinnern, dass ich ihn tatsächlich getrof-
fen habe.
KBH: Tja, du hast einen Drink auf ihm verschüttet
und ihm dann irgendetwas zugemurmelt.
ERT: Ich war jung. Ach, der PCC in den Fünfzigern.
Das waren interessante Zeiten. Damals ging es
dort nicht besonders progressiv zu. Das ist besser
geworden. Damals hatte man so viele Anglos auf-
genommen und integriert, dass die Ansicht über
unseresgleichen davon beeinflusst wurde. Andere
Gegenden waren viel freundlicher geworden, aber
der PCC war noch etwas zurückgeblieben. Aber das
war damals.
Heute gehört der PCC zu den Gegenden, die ich
am liebsten besuche. Ich glaube, viel davon liegt
an seinem Wachstum und der Aufnahme so vieler
Leute, die von anderen marginalisiert wurden. Die
Ute-Nation bröselte herein, und deren Ansichten wa-
ren viel bodenständiger als die vieler anderer, die ein
Konzernleben geführt hatten, und halfen dabei, dass
Orks und Trolle etwas besser akzeptiert wurden.
KBH: Und als der PCC in Südkalifornien half und
wieder eine Menge verlorener Seelen aufnahm,
schien die Unterstützung für Orks und Trolle, die
so lange unter Unterdrückung und Gewalt durch
Saito gelitten hatten, in der ganzen Nation gewal-
tig anzuschwellen. Generell kann man sagen, dass
die Leute im PCC viel eher davon zu beeindrucken
<< DAS LEBEN ALS TROG IN ...
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
sind, was man kann, und viel weniger darauf geben,
wer man ist. Was meinst du Evelyn?
ERT: Im Großen und Ganzen stimme ich zu. Es
gibt Gebiete, vor allem in Grenznähe, wo die Span-
nungen zwischen den Pueblo und den nicht so an-
genehmen Nachbarn im Süden groß sind, wo Miss-
trauen und Spaltung die Reibungen erhöht haben.
Daher ist das Leben als Ork dort anstrengender als
anderswo. Ich bin sicher, das gilt auch für die Trolle
in dieser Grenzregion.
KBH: Eindeutig. Der Großteil der Trolle, die in der
Armee des PCC dienen, kommt aus dieser Grenz-
region, wo sie den kulturellen Schaden mit eigenen
Augen sehen konnten. Die Trolle, die diese Gegend
ihr Zuhause nennen und oft wegen ihrer Massigkeit
ausgegrenzt wurden, wissen, wie sie durch freiwil-
lige Meldung rauskommen können. Beim Militär
treffen sie dann viele verwandte Seelen.
ERT: Ich glaube, in diesen Gebieten ist die Ge-
schichte der Orks ziemlich ähnlich. Obwohl viele
auch den Verlockungen der Gang-Kultur erliegen,
die weltweit in der Orkgesellschaft verbreitet ist.
Dieses Gefühl der Brüderlichkeit, das in vielen
Gangs entsteht, ist gewissermaßen ein Ersatz für
die Brüderlichkeit im Militär. Das Thema der Gangs
bringt mich zum nächsten Punkt, den ich in Bezug
auf Orks im PCC ansprechen wollte: dem Leben in
urbaner Umgebung.
KBH: Ach ja. Auch für Trolle ist das urbane Leben
ganz anders. Aber bitte mach weiter, Evelyn.
ERT: Die Geschichte der urbanen Orks ist oft eine
des Kampfes. Die Stadtbewohner der PCC sind
nicht anders als wir., Aber wir kämpfen nicht allei-
ne oder ohne die Unterstützung einer Regierung,
die mit den Problemen vertraut ist, die durch das
Anderssein entstehen. Im PCC gibt es viele Sozi-
alprogramme, die den Orks des Landes und auch
dem PCC als Konzern zugutekommen, weil durch
sie Arbeit, Ausbildung, Freizeit und Umschulungen
möglich werden, was schließlich zu einem besse-
ren Leben durch Anstellung im Konzern und Erwerb
der Bürgerschaft führt.
KBH: Das erinnert mich an eines der größten Pro-
bleme für Trolle – und auch Orks – im PCC. Viele
von ihnen sind keine Bürger und haben nicht die
Rechte der Konzern- oder Staatsbürgerschaft. Bei
den meisten Trollen entstehen diese Probleme aus
den ethnischen Voraussetzungen, von denen sie
nicht wissen, ob sie diese erfüllen können. Ihre
Eltern waren keine Bürger, und ihre Abstammung
war nicht restlos geklärt, aber sie schafften es, am
Rand der Gesellschaft zu überleben. Daher wollen
sich die Trolle der Nation ungern registrieren las-
sen, weil dabei unter Umständen Einschränkungen
wegen ihrer Abstammung entstehen könnten. Die
Bürgerschaft öffnet zwar neue Wege, aber diese
sind unvertraut und unbekannt. Für die meisten ist
es leichter, sich mit den bekannten Schwierigkeiten
als mit unbekannten auseinanderzusetzen.
23
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
ERT: Hervorragend ausgedrückt, Kulnar. Der PCC
gehört zu den offensten und freundlichsten Staaten
der NAN, und es ist bittere Realität, dass wir uns oft
gezwungen sehen, weiter in der Dunkelheit zu blei-
ben, weil wir den Weg ans Licht nicht kennen. Aber
auch das ist einer der Gründe, warum ich den PCC
für einen herrlichen Platz für die Kindheit als Ork
halte: Hier gibt es die Möglichkeit, Hilfe beim Über-
winden der neuen Schwierigkeiten zu bekommen,
die entstehen, wenn man innerhalb des Systems
statt außerhalb davon lebt.
KBH: Fassen wir zum PCC also zusammen: Aus
Sicht der kulturellen Akzeptanz ist er eine ange-
nehme Gegend für Orks und Trolle, und die, die
dort geboren sind und aufwachsen, sind immer
noch damit beschäftigt, zu einem Volk zu werden.
ERT: Der PCC macht es richtig; im Salish-Shid-
he-Rat ein Ork zu sein ist schwieriger. Das Land ist
stark entlang von Stammesgrenzen untergliedert,
sodass die Bewohner ein starkes Gefühl der Identi-
tät innerhalb der Stammesgruppe haben. Sehr früh
„beschlossen“ die Orks, sich von ihren Stämmen
loszusagen und zum neuen Stamm der Cascade
Orks zu werden. Sie nahmen Teile aller Stammes-
kulturen und Teile der heranwachsenden Orkkultur
und entwickelten dadurch ihre eigene Identität.
KBH: Ach ja, die Salish. Aus dem Blickwinkel der
Menschlichkeit gehört diese Nation nicht zu den
Ruhmesblättern der Geschichte der NAN, wenn es
um die Behandlung der Trolle geht. Aber diese Be-
handlung führte andererseits bei den Trollen zu einem
starken Gefühl der kulturellen Unabhängigkeit.
Die Anglo-Historiker behaupten, die Trolle hät-
ten sich von der Menschheit abgewendet. Diese
Geschichten beinhalten alles von einem einfachen
Fortgehen bis zu einer Rückkehr zu monströsem
Verhalten und dem Leben in Höhlen und unter Brü-
cken. Lächerliche Storys, aber Geschichte wird von
den Siegern geschrieben. Und weil die Trolle sich
nicht wehrten, gingen die meisten einfach aus den
Gesellschaften weg, die sie nicht wollten. Für sie
war dieser Kampf leicht zu gewinnen.
Versteh mich nicht falsch: Das war kein konzen-
trierter Fanatismus und Hass. Es war das Ergebnis
einer Gesellschaft, die bereits in Aufruhr war und
versuchte, aus einer zerstörten Vergangenheit eine
neue Identität aufzubauen. Da war einfach kein
Platz für neue Menschenarten, besonders nicht für
solche, die sich nicht anpassen konnten. Wenn un-
sereins offen gehasst und an den Rand gedrängt
wird – wie in der CAS –, sage ich das auch, aber hier
ist es nicht der Fall. Diese Nation war durch den Ver-
such der Entwicklung so stark gefordert, dass sie
sich nicht um andere kümmern konnte.
ERT: Machst du es ihnen da nicht etwas zu leicht?
Als ob man nur dann nicht diskriminieren müsste,
wenn man die Zeit hat, daran zu denken?
KBH: Damit hast du nicht unrecht. Ich glaube,
was ich ausdrücken wollte, war, dass ihre Vorurteile
24 DAS LEBEN ALS TROG IN ... >>
Thorben Lange (Order #29309514)
eher aus Gewohnheit als aus Bösartigkeit entstan-
den. Ich weiß nicht, ob dieser Unterschied über-
haupt etwas zählt oder ob dadurch irgendetwas
besser wird.
Jedenfalls hat sich die Lage seit den Anfängen
wenig geändert, aber diese Engstirnigkeit wie in
anderen Gegenden herrscht hier nicht. Nur ein
Mangel an Integration. Wie Evelyn gesagt hat, zo-
gen sich die Orks in einen eigenen Stamm zurück,
so wie die Elfen. Die Trolle hatten einfach nicht die
nötige Anzahl und nicht genügend Zusammenge-
hörigkeitsgefühl.
Wir blieben, wie wir zu Anfang waren. Und Trolle
sind im SSC sehr unabhängig. Die meisten leben al-
leine in der Wildnis oder an den Rändern der Städ-
te. Sie haben sich an den Orten in Stadt und Land
eingerichtet, die vom Rest der Welt gemieden und
übersehen werden. Farmen, Waldhütten, Höhlen
und verlassene Gebäude werden zu den Heimen
der Trolle. Und dabei handelt es sich nicht um blo-
ßes Improvisieren. Harte Arbeit mit den eigenen
Händen ist ein wichtiger Teil der Mentalität der
Trolle im SSC. Eigentlich der Mentalität aller Trolle
der Welt.
ERT: Das erinnert mich an die Alphabetisierungs-
debatte.
KBH: Genau. Trolle haben die höchste Alphabeti-
sierungsrate, weil sie in Gegenden leben, wo ihnen
nicht alles auf elektronischem Weg als Videos und
Symbole vorgesetzt wird. Sie lesen. Verlassene Bi-
bliotheken gelten in allen Trollkulturen der Welt als
Schätze.
Und in den NAN gibt es genug davon. Die Land-
flucht hat viele Kleinstädte im pazifischen Nord-
westen und dem Rest des westlichen Nordame-
rikas geleert, wodurch viele örtliche Bibliotheken
voller Bücher verwaist blieben.
Für die Trolle ist der SSC eine Gegend, in der man
als Außenseiter wirklich gut leben kann. Nicht im
Exil, sondern als jemand, der am Rand lebt und den
Kern der Gesellschaft nur als Besucher oder zum
Geschäftemachen besucht. Man wird einigerma-
ßen freundlich behandelt, bleibt aber nicht gerne
allzu lange, weil die Gegend nicht der eigenen Grö-
ße angepasst ist.
ERT: Für Orks ist das anders. Sie passen von der
Größe her zum Rest der Metamenschheit, aber die
vorhandenen Gesellschaftssysteme helfen nicht
bei ihrer Integration. Die meisten Orks im SSC –
Cascade Orks und andere – leben nomadisch. Sie
leben in dauernder Bewegung, aber weniger in ei-
ner Bewegung dorthin, „wo das Essen ist“, sondern
eher aus einer Mentalität heraus, dass sich „Stillsit-
zen anfühlt wie der Tod“.
Auch der Schmuggel spielt eine Rolle. Ja, manch-
mal werden Orks als klischeehafte Schmuggler
betrachtet, die mit dem T-Bird von Denver nach
Seattle rasen und auf dem Weg den SSC-Rangern
ausweichen. Dieses Klischee hat auch seine Be-

rechtigung: Es gibt viele Schmuggler-Asse aus dem
Cascade-Stamm, aber es gibt noch mehr Wanderer
und Schleuser, die Leuten und Dingen dabei hel-
fen, einen Weg an Kontrollposten vorbei und über
Grenzen zu finden – manchmal auch nur von Stadt
zu Stadt.
Das bedeutet, dass man von Orks, die in den
SSC kommen, in gewisser Weise erwartet, dass
sie nicht lange bleiben und dass sie Verbindun-
gen zu Schmugglern haben, weil das auch auf alle
anderen Orks zuzutreffen scheint. Man begegnet
selten offenem Rassismus, außer in den großen
Städten, die es geschafft haben, sich mit der Seu-
che namens Humanis zu infizieren. Hier trifft man
ab und zu Meta-Hasser, aber schlimmer ist, dass
sich die meisten Bürger überhaupt nicht dafür in-
teressieren. Sie bleiben einfach bei ihrem Stamm
und lassen die Cascade Orks ihren eigenen Kampf
führen.
KBH: Was ist mit den Sioux? Ich bin durch mei-
ne Verbindungen sicher voreingenommen, aber
soweit ich weiß, sind Orks und Trolle … nein, ich
möchte zuerst deine Meinung hören.
ERT: Die Sioux-Nation schätzt Stärke, die Orks
und Trolle haufenweise zu bieten haben. Sie ha-
ben im Lauf ihrer Geschichte ebenfalls schreckliche
Grausamkeiten erlitten, weil sie anders waren. Die-
<< DAS LEBEN ALS TROG IN ...
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
se zwei Faktoren scheinen für das Leben als Ork in
der Sioux-Nation die größte Rolle zu spielen.
Wir werden akzeptiert und manchmal sogar be-
wundert, wenn wir dem Klischee entsprechen. Man
darf sogar schlau sein, muss aber Muskeln haben.
Ein zierlicher Ork ist zwar immer noch massiger als
sogar ein durchtrainierter Mensch, wird aber als
Anomalie betrachtet. Man gilt als Bürger zweiter
Klasse, wenn man kein starker Krieger ist. Das Ge-
schlecht spielt dabei keine Rolle.
Hier ist das Außenseitertum anders. Die Grenzen
der Gesellschaft zeigen sich für Orks hier eher so-
zial als physisch. Die Leute beginnen, weniger zu
erwarten, was das Leben zunächst einfacher er-
scheinen lassen kann, aber man fühlt sich dennoch
ausgegrenzt. Sogar an den physischen Rändern der
Gesellschaft herrscht das Stärkedenken der Sioux
vor. Meistens ist es sogar stärker ausgeprägt als im
Zentrum, was dazu führt, dass sich manche Leute
von den Grenzen fernhalten, um sich nicht fremd
zu fühlen.
KBH: Sogar die schwächsten Trolle können die
Stärke eines sehr kräftigen Menschen haben. Für
die Trolle ist in der Sioux-Nation weniger ein Man-
gel an Stärke die Ursache für Probleme, sondern
eher ein Mangel an geistiger Abwehrkraft. Die Na-
tion hat eine starke magische Kultur, und einige
25
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
der ersten Beweise magischer Macht hatten Trolle
zum Ziel. Dabei zielten die Magier aber nicht auf
den Körper, sondern auf den Geist, um zu zeigen,
dass auch die Stärksten von Magie besiegt wer-
den können. Diese frühe kulturelle Norm führte
dazu, dass man von Trollen ein geistiges Training
erwartete, wenn sie nicht als stumpfe Schläger ge-
sehen werden wollten. Es ging nicht um Wissen
und Lernen, sondern um reine Willenskraft.
ERT: Davon habe ich gehört, und es erinnert mich
an eine weitere Statistik, die ich über Trollzauberer
bei den Sioux gelesen habe.
KBH: Sie gehören zu den Besten der Welt. Ich
sage das nicht, um meinem Ego und meinem nicht
unbeträchtlichen Talent zu schmeicheln. Ich sage
es, weil die Trolle der Sioux-Nation auf der ganzen
Welt immer wieder Wettkämpfe auf magischem
Gebiet gewinnen.
Sie sind auch nicht häufiger als in anderen Ge-
genden. In der Sioux-Nation gibt es dieselben Sta-
tistiken über das Erwachen wie in anderen Ländern.
Die Trolle leben hier nur in einer Gesellschaft, die
sie geistig abhärtet und tatsächlich ihre Gabe unab-
hängig von ihrer körperlichen Gestalt wertschätzt.
Wenn die Geister willens sind, einem die Gabe zu
verleihen, ist es egal, ob man ein anderthalb Meter
großer Zwerg oder ein drei Meter großer Troll ist –
bei den Sioux ist man dann etwas Besonderes.
Auch auf nicht magischem oder nicht kriege-
rischem Gebiet werden Trolle bei den Sioux mit Re-
spekt behandelt. Man erhält keine Vorzugsbehand-
lung, und die Welt ist selbst hier in der Sioux-Nation
zu eng und zu klein, aber man ist kein Bürger zwei-
ter Klasse.
ERT: Ich gebe zu, dass ich nicht viel Zeit oben
im Norden verbracht habe. Der AMC – der Algo-
nkin-Manitu-Rat – gehört zu den Orten, die ich
wirklich nicht gerne besuche. Viel zu lange hat
der Einfluss der Megakons die Ansichten der Leu-
te beeinflusst, und das waren keine Megas wie
Evo. Orks galten hier als wichtiger Teil der Arbeit-
stätigen, aber nur dann, wenn sie auch tatsäch-
lich arbeiteten. Verlässliche Produktivität war der
Maßstab für ihren Wert, und viele der kulturellen
Ansichten von MCT prägten die Ansichten der Be-
völkerung. Orks mussten eine hohe verlässliche
Produktivität erbringen, sonst wurden sie wegen
der düsteren Ansichten über ihr Wesen, die durch
den japanischen Einfluss entstanden waren, aus
der Gesellschaft ausgestoßen.
Und das geschah nicht in passiver Weise. Die
Orks im AMC wurden aktiv an den Rand gedrängt,
wenn sie etwas anderes taten, als möglichst hart zu
arbeiten.
KBH: Evelyn, ich kann erkennen, dass dieses The-
ma dich persönlich anrührt. Lass mich ein paar
Kommentare anbringen, bevor du weitermachst.
Der moderne AMC ist ein magerer Schatten der
Nation, die er einst war, und die Einflüsse verän-
26 DAS LEBEN ALS TROG IN ... >>
Thorben Lange (Order #29309514)
dern sich. Ich kann noch nicht sagen, ob zum Guten
oder zum Schlechten, aber alle, die von den traditi-
onellen Ansichten der Japanokons über Metamen-
schen, besonders Trolle, wissen, erkennen, dass es
nicht viel schlimmer kommen kann, solange man
kein Treffen des Humanis Policlubs besucht. Der
Einfluss von MCT hat den Orks und Trollen im AMC
sehr geschadet.
Aber es gibt auch eine gute Seite – man muss nur
danach suchen und den Blickwinkel verändern. Seit
sich MCT unter so schlechten Bedingungen zurück-
zog, werden die kulturellen Ansichten, die der Kon-
zern einst in den Geist der Nation gepflanzt hat-
te, immer weniger akzeptiert. Die traditionelleren
Ansichten der Stämme beginnen, die Kultur in so
vielen Bereichen zu verändern, dass das Leben der
Trogs besser wird.
Der Schlüssel zu diesen Veränderungen liegt in
Bildung und Urbanisierung. Orte, an denen das Bil-
dungsniveau höher ist, entwickeln sich schneller,
was vor allem die urbanen Zentren und privaten
Konzernschulen betrifft, aber sie werden weiterhin
von den Konzernen beeinflusst, die sie gegründet
haben. An diesen Orten verändern sich die An-
sichten über Orks und Trolle schneller als in länd-
lichen Gebieten, wo die kulturellen Vorstellungen
im Sumpf der ländlichen Ignoranz stagnieren.
ERT: Genau das konnte ich bei meinem letzten
Besuch beobachten. Ich war im Auftrag meiner Ge-
sellschaft unterwegs und hatte fünf Termine. Saska-
toon war der einzige Aufenthalt im urbanen Raum.
Das war am Beginn meiner Reise und half mir, dem
Besuch mit etwas Hoffnung entgegenzusehen. Der
AMC nach MCT war offener und integrierte alle
Teile der Metamenschheit besser, als ich es in al-
len Jahren zuvor gesehen hatte. Die Orks kamen in
mächtigere Positionen, und nicht nur als Alibi, wie
das so oft geschieht, um den Anschein der Gleich-
heit zu erwecken.
Dann kamen wir zu einigen unserer Niederlas-
sungen auf dem Land. Unsere Gesellschaft ist
klein, aber finanzkräftig, daher können wir uns in
vielen Städten kleine Niederlassungen leisten,
auch wenn wir nicht von einer großen Bevölke-
rung unterstützt werden. Unsere Mitglieder er-
halten dadurch die Chance, zu reisen und unsere
Niederlassungen als Unterkunft bei ihren körper-
lichen und spirituellen Reisen zu nutzen. Meine
Hauer verhinderten nach wie vor, dass ich in den
ländlichen Gegenden des AMC akzeptiert wurde.
Die Diskriminierung fand meistens recht höflich
statt: Ich wurde nicht gegrüßt, musste lange auf
Bedienung warten, wurde in leeren Restaurants
langsam bedient und so weiter. Ein paar Mal war
es allerdings ziemlich offensichtlich. Gemurmelte
Beleidigungen, die gerne Hand in Hand mit der
Behauptung gehen, man hätte nichts in meiner
Größe – egal, ob Kleidung, Stühle, Betten, Porti-
onen oder anderes.

KBH: Das passiert mir jeden Tag. In meinem Fall
ist es zwar oft wahr, ist aber trotzdem als Angriff
gegen unsere Metatypen gemeint.
ERT: Das war die schlechte Seite. Es gab aber auch
eine gute. Die Orks, die hier leben, sind ein hart ar-
beitender, verschworener Haufen. Sie helfen einan-
der und bilden eher eine echte Gemeinschaft als
eine Masse von Individuen. Das ist sehr fern von
der Mentalität des „Jeder kämpft für sich“, wie sie
den meisten Leuten von den Konzernen eingeimpft
wurde. Es geht darum, an einem Ort, an dem sie
nicht gemocht wurden, die bestmöglichen Leben-
sumstände zu erreichen.
KBH: Durch die wachsende Unterstützung – vor
allem in der Matrix – für Organisationen wie die
Mothers of Metahumans und die Söhne Saurons
kommen wir in der Stadt und auch auf dem Land
langsam in Richtung Gleichberechtigung weiter.
CHICAGO BLUES
GEPOSTET VON: CHI-TOWN SUZIE
Suzie Blue (SB): Hallo, ihr Trogs von Chi-Town! Hier
ist Suzie Blue live von ganz oben! Heute haben
wir etwas ganz Besonderes für euch. D-Wreck ist
hier und wird über die frühere CZ reden. Besonders
über das Leben derer von uns, die zu groß für die
Durchschnittsbürgerwelt sind. Jawohl: Orks und
Trolle werden heute bei uns im Rampenlicht ste-
hen. Dann mal los! Schön, dass du da bist, D.
D-Wreck (D): Sehr gerne, Suzie. Es ist eine Ehre,
dass du mich zum Leben hier in Bug City inter-
viewst.
SB: Kommen wir gleich zum Thema. Nur die Hie-
sigen, und besonders die Hiesigen, die es erlebt
haben, nennen diesen Ort mit einem Lächeln Bug
City. Wie hast du die abgeschotteten Tage der CZ
überstanden?
D: Mit Schlauheit. Ich habe mich unentbehrlich
gemacht. Mein Gewicht in die Waagschale gewor-
fen. Alle diese Formulierungen treffen es ziemlich
gut. Zuerst suchte ich meinen Platz im Viertel. Am
Anfang fanden sie mich nicht so toll, aber als sie
die Vorteile erkannten, die ein Ork mit meiner Sta-
tur bringen konnte, waren sie froh, dass ich da war.
Meistens zumindest.
SB: Erzähl uns von den schwierigen Zeiten.
D: Alle Orks haben diese Schwierigkeiten. Und
bei den Trollen ist es noch schlimmer. Wenn man
schwerer ist, braucht man mehr Nahrung. Wir ver-
brauchen ganz einfach sehr viele Ressourcen. Ande-
re sammelten Stimmen, um mich und die anderen
Orks rauszuschmeißen, aber wir hielten zusammen.
Wir sagten, wir würden alle gehen, wenn einer ge-
hen müsste. Und dann arbeiteten wir zusammen,
um tonnenweise Ressourcen heranzuschaffen. Wir
arbeiteten manchmal Tag und Nacht und konnten
<< DAS LEBEN ALS TROG IN ...
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
so viel Wasser und Nahrung heranschaffen, dass
niemand mehr in Frage stellte, dass wir es wert wa-
ren. Und wenn die lokalen Warlords oder die Bugs
kamen, standen wir an vorderster Front. Niemand
wollte sich diesen Schrecken ohne die Monsters of
the Midway entgegenstellen, wie wir uns nannten.
SB: Ein starker Name für starke Kerle. Ich weiß,
dass ihr nicht die ganze Zeit über in einem Viertel
geblieben seid. Was war der Grund dafür?
D: Tolle Überleitung, Suzie. Es ist dieselbe Ursa-
che, die uns unsere Sicherheit kostete und uns jetzt
unsere Stadt kostet. Zu viele innere Konflikte. Un-
sere Egos bringen uns um.
Die Konzerne kommen zurück, und sie nutzen
unsere Gier aus und spielen mit unserer Erinne-
rung an die Jahre, in denen wir mit allen unseren
Anstrengungen gerade so über die Runden kamen.
Ich habe in der letzten Zeit mehr Orks bei der Kon-
zernsicherheit anfangen sehen als jemals zuvor.
Dann werden sie wieder in der CZ abgeladen, müs-
sen ums Überleben kämpfen und werden von den
Kons bezahlt, statt anderen Bewohnern der Zone
zu helfen. Es ist eine traurige Entwicklung.
SB: Ha. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass der
berüchtigte D-Wreck seine diplomatische Seite
zeigt.
D: Ich brauchte zum Überleben genauso viel
Schlauheit wie Kraft in den Kämpfen gegen Bugs
und Möchtegern-Warlords. Und bei diesen War-
lords endeten besonders viele Orks. Als die Mau-
ern geöffnet wurden, hatten die Konzerne den
Orks außerhalb der Zone viel weniger zu bieten als
den kleineren Metatypen. Dann verloren die Ge-
meinden, in denen sie gelebt hatten, zu viele Leu-
te und brachen auseinander. Die Orks hatten keine
Freunde mehr, und die Warlords suchten nach zu-
rückgelassenen Ressourcen.
Die Orks der CZ waren einfach eine dieser Res-
sourcen. Die Horde hat viele aufgenommen.
SB: Was ist mit den Trollen? Du hast sie früher er-
wähnt. Weißt du, wie es ihnen ergangen ist?
D: Besser, als man vermutet hätte. Sehr wenige
wurden in den Gemeinden der kleineren Leute auf-
genommen. Wenn ein Ork schon viele Ressourcen
verbrauchte, musste man sich nur den Tagesbedarf
eines Trolls vor Augen führen, und der ist wahnsin-
nig groß. Also wurden die meisten Trolle einsame
Nomaden oder Eremiten. Die Trolle lebten alleine
und waren dadurch nur für sich selbst verantwort-
lich. Sie waren groß, kräftig und konnten an vielen
Orten überleben, die für andere Leute zu gefährlich
waren. Die Bugs waren zwar wegen ihres Potenzials
hinter ihnen her, aber im Großen und Ganzen wa-
ren sie am ehesten die, die damit fertigwerden und
überleben konnten.
Natürlich schlossen sich viele von ihnen den
Banden der Warlords in der CZ an, aber die mei-
sten blieben alleine, kamen durch und wurden
zu den härtesten Trogs, die es gab. Nachdem die
27
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
Bedrohung durch die Bugs schwächer geworden
war und sich die CZ wieder öffnete, hatten die
Trolle von Chicago die Chance, zusammenzu-
kommen, Erfahrungen auszutauschen, ein Netz-
werk aufzubauen und den Grundstein zu einer
der stärksten Trollgesellschaften zu legen, die ich
je erlebt habe.
Das sind die modernen Trolle von Chicago. Iso-
lation und echte Unabhängigkeit haben ihnen die
Möglichkeit gegeben, sich von der Erwartungshal-
tung der anderen Metatypen zu lösen. So konnten
sie sich an einem Ort einrichten, den sonst niemand
zu wollen schien.
SB: Es ist gut, dass jemand von außen das be-
merkt. Mach weiter, das wird richtig gut. Ein Blick
von außen auf die Trollkultur Chicagos.
D: Ich bin kein Experte. Aber ich erzähle gerne,
was ich weiß. Die Trolle hier in Chi-Town haben hart
gearbeitet. Sie verdienen Anerkennung.
Wie die meisten Interessierten bereits wissen,
sind die Trolle der Metatyp mit der höchsten Al-
phabetisierungsrate. Sie wurden an den Rand der
Gesellschaft gedrängt und lebten dort in der Ver-
gangenheit. Bibliotheken waren in jeder Stadt, die
ich bisher gesehen habe, ihre liebsten Wohnorte.
Sie sind großzügig angelegt und heutzutage beina-
he alle verlassen und veraltet. Voller Bücher. Und
die Trolle haben sie, auch in Chicago, benutzt.
Die Trolle hatten sich schon deutlich vor 2055 in
vielen Bibliotheken in Chicagoland niedergelassen.
Nachdem die CZ abgeriegelt worden war, hatten
sie gute Wohnsitze und Versammlungsorte. Viele
zeichneten kodierte Karten, die andere Trolle von
einer sicheren Bibliothek zur nächsten führten. Bü-
cher, Kunstschaffen und Musik sind nur einige der
Angebote, die die Trollgesellschaft gemeistert hat
und mit einer Eleganz darbietet, mit der man nicht
gerechnet hätte.
SB: Du sagst es.
D: Ich bin noch nicht fertig, mit euch anzugeben.
Die Trolle in Chicago haben ihre Vorhaben eine Stu-
fe weitergetrieben und wollen Wohnsitze für Trol-
le schaffen, in denen sie behaglich leben können.
Überall in der CZ ist C-Cubed bei der Arbeit zu be-
obachten. C-Cubed steht für Chitown Construction
Crew. Sie haben ihr Hauptquartier in einer kleinen
Enklave namens Hoodville, sind aber überall un-
terwegs. Sie entkernen Gebäude und bauen sie für
Trolle um. Die Häuser werden verstärkt, vergrößert
und von Grund auf renoviert. Meistens arbeiten
sie an mehrstöckigen Gebäuden, aber an denen
herrscht in Chicago auch kein Mangel. Nur dass die
Gebäude nicht bloß Böden und Decken bekommen
– sie bekommen Kunst, Kultur und fühlen sich wirk-
lich neu an.
SB: Kennst du 3D? Den Gründer von C-Cubed?
D: Habe von ihm gehört, ihn aber noch nicht ge-
troffen.
SB: Das müssen wir ändern.
28 DAS LEBEN ALS TROG IN ... >>
Thorben Lange (Order #29309514)
D: Klingt wie ein cooler Typ. Er hat aber wirklich
viel zu tun. Soweit ich weiß, werden die Projekte
von C-Cubed sehr oft zur Zielscheibe anderer
Gruppen in der CZ. Hoodville liegt nicht weit vom
Territorium der Human Brigade, und viele meta-un-
freundliche Typen sehen es gerne, wenn Projekte
zerstört werden, die das Leben für unseresgleichen
verbessern.
SB: Nur zu wahr! Schade, dass ich unterbrechen
muss, D-Wreck. Wir müssen das Interview abkürzen.
Offenbar haben einige dieser meta-unfreundlichen
Typen, von denen du gesprochen hast, herausgefun-
den, wo wir sind.
Das waren Suzie Blue und D-Wreck aus Chicago.
Bleib troggig, Chicago!
DUBAI
GEPOSTET VON: 2XL
Dubai gehört zu den Städten, in denen man lange
Zeit normal oder sogar höflich behandelt wird, bis
es zu einer dieser Situationen kommt, die einem
zeigen, dass etwas faul ist. Manchmal ist das rich-
tig subtil: Jemand bringt ohne jeden Zusammen-
hang auf, wie sehr er Neil den Orkbarbaren mag,
und dass er Neil wirklich gerne als Gast begrüßen
würde, wenn er ein echter Ork wäre. Oder es ist
der Klassiker: „Deine Hörner glänzen so schön! Sie
sehen so glatt aus! Darf ich sie anfassen?“ Diese
Sachen rufen einem ins Gedächtnis, dass man in
den Augen der meisten Bewohner der Stadt eben
nicht normal ist. Man ist anders. Und dann begin-
nen die Gedanken darum zu kreisen, wie viele der
normalen Interaktionen tatsächlich normal waren,
ob die Leute sich dazu zwingen, sich normal zu ver-
halten, und wie leicht es wäre, ihnen diese Maske
der Höflichkeit von den Gesichtern zu reißen. Man
wird angespannt, manchmal lässt einen der gan-
ze Humbug ausflippen, und dann heißt es wieder,
dass Orks und Trolle immer wütend erscheinen.
Diese Atmosphäre herrscht nicht nur in Dubai,
aber die generell konservative Einstellung im
Arabischen Kalifat und einige der negativen An-
sichten dieser Nation zu allem, was mit Magie zu
tun hat, verstärken sie. Aber Dubai ist eine kos-
mopolitische Stadt, wo man sich als zivilisierter
als die Landbevölkerung betrachtet. Das ist ein
Teil des Problems: Die Bewohner Dubais sind oft
mehr darauf bedacht, sich aufgeschlossen zu zei-
gen, als wirklich aufgeschlossen zu sein. Das ist
besser als viele andere Möglichkeiten, kann aber
dennoch ermüdend sein.
Dubai ist eine Finanzmetropole, mit allen posi-
tiven und negativen Seiten, die damit einhergehen.
Wenn man sich für jemanden als finanziell nützlich
erweist, übersehen die Leute vieles, um zu bekom-
men, was man zu bieten hat. Wenn man nicht finan-

ziell nützlich ist? Jeden Tag verlassen Müllwagen
die Stadt, und darin ist immer noch Platz für etwas
mehr Abfall.
> Es ist wirklich so schlimm, oder zumindest nah dran. Es
ist viel schwieriger, eine Wüstenstadt zu vergrößern als
eine Stadt in einem lebensfreundlicheren Gebiet. Man
will nicht mehr bauen als nötig (außer es handelt sich
um einen spektakulären Wolkenkratzer), und man will
den Nutzlosen keinen Platz bieten. Es kann billiger sein,
euch einen Flug aus der Stadt zu bezahlen als euch zu
dazubehalten, also wird diese Lösung oft bevorzugt.
> Am-Mut
Ein anderer Nachteil der Finanzorientiertheit der
Stadt ist, dass die Leute immer nach möglichen
Kopfgeldprämien Ausschau halten. Wenn ihr also
jemanden verärgert habt, der eine etwas größe-
re Summe auf euren Kopf aussetzt, weil ihr Hauer
oder Hörner habt, wird jemand in der Stadt das he-
rausfinden. Und dann solltet ihr für diesen Jemand
lebend mehr als das Kopfgeld wert sein, sonst wird
es sehr schnell unangenehm.
Am einfachsten wird man als Ork oder Troll im
Kalifat akzeptiert, wenn man Muslim ist. Wenn die
Leute euch regelmäßig neben sich beten sehen,
werden sie viel offener. Wenn ihr also tiefe Religio-
sität vorspiegeln könnt, habt ihr es geschafft.
> Müssen wir so sein? Ist es so unvorstellbar, dass einige
von uns echte religiöse Prinzipien haben könnten? Oder
diese zumindest genug respektieren, um sie nicht als Vor-
wand zu benutzen? Ich bin mir sicher, dass die Unterhänd-
ler bei JackPoint beim Aufbau von Vertrauen gut genug
sind, dass wir nicht auf so billige Mittel zurückgreifen
müssen.
> Goat Foot
> Das Leben hat mir immer wieder eine Sache beigebracht:
Ergreife die Chancen, die sich dir bieten.
> Haze
Aber kommen wir zu ein paar Eigenheiten, die
für Dubai typisch sind. Die Stadt ist von den phy-
sischen Wunden genesen, die Hestaby ihr beim
Angriff auf das Hauptquartier von Saeder-Krupp
schlug. Das neue S-K-Gebäude ist strahlend und
mondän, mit einer gebogenen Spitze, die wie ein
Krummsäbel in den Himmel ragt. Wie von Lofwyr
und seinem Konzern zu erwarten, versteckt sich
das Hauptquartier vor gar nichts. Aber auch wenn
das Gebäude geschäftig und voll besetzt ist, ver-
schwinden die Erinnerungen an den Angriff nicht
so schnell. Die meisten Leute in der Stadt haben
den Angriff miterlebt und erinnern sich gut daran.
Das führt zu Unsicherheit, und die Metamenschheit
reagiert kurios auf Unsicherheit.
Wie zu erwarten, sind die Drachen die Hauptaus-
löser dieses speziellen Unwohlseins, aber das hat
<< DAS LEBEN ALS TROG IN ...
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
keine großen Folgen. Was sollte die Stadt auch tun:
Drachen den Zugang verbieten? Alamais ist tot,
also gibt es keinen Drachen mehr, dessen Besuch
besonders wahrscheinlich wäre, aber auch wenn
ein anderer Drache käme, würden Stadt oder Kali-
fat ihn wahrscheinlich nicht abhalten. Wenn Ghost-
walker die Welt eines gelehrt hat, dann, dass man
nicht versuchen sollte, einen Drachen daran zu hin-
dern, an einen Ort zu gelangen, wenn man keinen
anderen Drachen als Anführer der eigenen Streit-
kräfte hat.
> Der Krieg zwischen Aztlan und Amazonien hält dieselbe
Lektion parat.
> Picador
Daher hat die Stadt keine direkten Schritte ge-
gen Drachen unternommen. Drakes allerdings sind
ein anderes Thema. Ihnen ist der Aufenthalt of-
fiziell verboten. Man will hier keine Leute, die im
Auftrag von Drachen unterwegs sind, sich aber als
Menschen tarnen können. Wollt ihr in Dubai auf die
Schnelle 50k verdienen? Findet einen Drake in der
Stadt und übergebt ihn den Behörden – tot oder le-
bendig.
> Ihr könnt auch einen Drake von anderswo herbringen und
den Behörden übergeben. Sie stellen nicht viele Fragen.
Es ist allerdings wirklich schwierig, Leichen durch den Zoll
zu bringen.
> Kane
Was aber bedeutet das für Orks und Trolle? Er-
stens sind wir nicht der am meisten verabscheute
Metatyp in der Stadt. Das ist doch was! Zweitens
gibt es einen gemeinsamen Feind, der nicht wir
sind, was es leichter macht, zu den Einheimischen
Beziehungen aufzubauen. Wenn man lange genug
eindeutig kein Drake ist, kann man das Vertrauen
mancher Leute gewinnen.
Das Wichtigste an Dubai ist, dass es eine völlig
widersinnige Stadt ist – eine Oase, die von Öl-
scheichs einfach aus dem Boden gestampft statt in
irgendeiner sinnvollen Weise errichtet wurde. Diese
Scheichs waren klug: Sie erkannten, dass eine Stadt
eine vielfältige wirtschaftliche Grundlage braucht,
um zu überleben. Daher bauten sie für das Ende des
Ölbooms vor. Obwohl die Tageshöchsttemperatur
ganze fünf Monate im Jahr über 37 Grad liegt, gibt
es Golfplätze, Fußballfelder, Tennisplätze und an-
dere Sporteinrichtungen (und natürlich eine Halle
zum Skifahren, weil das einfach dazugehört). Hier
hat sich die Wüste eingeredet, ein Strand zu sein,
und tut alles, um dieses Trugbild perfekt zu erfüllen.
Eine Schwierigkeit der Stadt ist allerdings völ-
lig selbstgemacht: Ihr fehlt die reiche Geschichte
echter Weltklassestädte wie Berlin, Peking oder
New York. Ihr Ruf beruht darauf, neu und glänzend
und allen anderen auf dem Gebiet von spektaku-
29
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
lärer Architektur und Luxus voraus zu sein. Diesen
Ruf kann man nicht im Stillstand bewahren, daher
wird in Dubai rund um die Uhr gebaut. Ein Gebäu-
de, das zehn Jahre alt ist, hat seinen Neuheitswert
verbraucht, und wenn eines zwanzig Jahre alt wird,
ist es antik. Man muss es entweder abreißen oder
umbauen, sodass es wieder neu ist. Einige Leute
meinen, Hestaby habe Lofwyr einen Gefallen mit
der Zerstörung des S-K-Hauptquartiers getan, da
es ohnehin bald hätte neu gebaut werden müssen.
Automatisierung und Nanoschmieden tragen
zwar einen Großteil der Arbeitslast, aber meta-
menschliche Arbeitskraft ist immer noch nötig.
Und wie in den meisten Städten, in denen es viel
Luxus gibt, hält man die Arbeiter in ihrer Freizeit
streng von den schönen Gegenden fern. Nordöst-
lich der Stadt liegt ein Bezirk namens Muhaisnah,
der von den Einheimischen sarkastisch als Sonapur
(die Stadt aus Gold) bezeichnet wird. Hier stehen
einfache Plattenbauten voller Wohnungen, die mit
Glück zwanzig Quadratmeter groß sind. Die mei-
sten Arbeiter schlafen auf dünnen Matten, die nicht
viel weicher als der Boden sind, aber sich wenigsten
ein bisschen von Sand und Staub abheben.
Das Gute ist, dass man keine Küche braucht und
nichts für Nahrung ausgeben muss, weil man als
Arbeiter von den Bauherren zu essen bekommt.
Das Schlechte ist, dass diese Nahrung aus Linsen-
paste dreimal am Tag besteht. Wenn man an einem
Tag besonders gut gearbeitet hat, bekommt man
vielleicht eine gewürzte Packung davon.
> Jede Stadt hängt von Arbeitern ab, aber in Dubai verges-
sen das die Machthaber manchmal und geben wenig auf
Arbeitsschutz. Die Linsenpaste wird in riesigen Mengen in
einer einzigen Fabrik in Muhaisnah hergestellt. Wollt ihr
die Stadt anhalten? Sabotiert die Nahrungsversorgung,
sodass die Arbeiter einen Tag, eine Woche oder länger
nicht arbeitsfähig sind. Dann könnt ihr beobachten, wie
schnell die Panik ausbricht.
> Stone
Warum ich davon spreche? Weil, wie ihr euch
denken könnt, Muhaisnah den größten Bevölke-
rungsanteil an Orks und Trollen im ganzen Sprawl
hat. Ihr wollt als Trog verschwinden und einige Zeit
lang unerkannt in Dubai untertauchen? Dann geht
nach Muhaisnah. Bringt nur keine offensichtlichen,
teuren Waffen mit und bereitet euch darauf vor, die
Wüstenhitze ohne Klimaanlage zu erleben.
Wenn ihr mehr Zeit in den zivilisierten Teilen der
Stadt verbringen wollt, könnt ihr es dort ganz gut ha-
ben. Das Schöne ist, dass in diesem Sprawl so viele
Gebäude so neu sind, dass man bei der Einrichtung
an Orks und Trolle gedacht hat. Es gibt wenige Städ-
te, in denen Trolle so vergleichsweise selten unter
Türen die Köpfe einziehen müssen wie in Dubai,
und in fast allen Etablissements gibt es Stühle, die
nicht nur groß genug, sondern sogar bequem sind.
30 DAS LEBEN ALS TROG IN ... >>
Thorben Lange (Order #29309514)
Das Fazit zu Dubai: Wenn man mit Geld für Orks
oder Trolle Bequemlichkeit schaffen kann und ihr
nicht in den Slums seid, dann erlebt ihr diese Be-
quemlichkeit wahrscheinlich. Wenn man mit Geld
nichts ausrichten kann – wie bei den Ansichten der
Bewohner –, habt ihr weniger Chancen darauf, dass
hier etwas besser ist als anderswo.
ATLANTA … MEHR
ODER WENIGER
GEPOSTET VON: SOUTHERN GUARD
Okay, Leute. Ich will über Atlanta, oder Hotlanta,
wie manche es nennen, und besonders über Sweet-
water Creek sprechen! Der Ork-Untergrund von
Seattle samt Antrag 23 und dem rassistischen Gou-
verneur wurde lang und breit in der Matrix behan-
delt, aber wir haben hier genug eigene Probleme
an einem Ort, der ebenso eine Zuflucht für die Orks
und Trolle der Gegend um Atlanta ist, wie es der
Untergrund für Seattle war. Wie ihr an meinem Na-
men erkennen könnt, bin ich ein Einheimischer. Ich
arbeite für die beste Sicherheitsfirma auf Gottes
grüner Erde, und ich bin stolz, das zu sagen, weil
dieser Ort ein Utopia für Trogs ist.
Also nicht wirklich ein Utopia; ich weiß, was das
heißt. Aber es ist klar wie Kloßbrühe, dass es der
beste Ort ist, an dem dieser spezielle Hauer jemals
gelebt hat. Das war allerdings nicht immer so, da-
her beginne ich mit den Anfängen.
> Damit ihr das alle mit dem richtigen Denkansatz lest und
versteht: Ich habe das Dokument bearbeitet, weil Southern
Guard eine sehr eigenwillige Schreibweise hat, die seine
Südstaatenherkunft betonen soll.
> Bull
Lange bevor dieser alte Knabe geboren wurde,
hatte die Regierung von Atlanta ein Problem. Oder
sie nannte es zumindest ein Problem. Es gab zu
viele Orks und Trolle und zu wenig Wohnraum für
sie. Das ist nicht wahr, aber sie behauptete es. Also
bot man allen Metas an, in die Nähe des Natur-
schutzgebiets am Sweetwater Creek umzuziehen,
wo man neue Wohnanlagen und Einrichtungen
aus den verlassenen Lagerhäusern und Fabriken
östlich des Gebiets machen wollte. Das Natur-
schutzgebiet wurde außerdem als landwirtschaft-
liche Fläche angepriesen, was nicht so schlau war.
Aber dazu komme ich gleich.
Dieses „Angebot“ war eine wirklich höfliche Um-
schreibung für „Verpisst euch!“. Wenn man damals
ein Elf oder Zwerg war, war es nicht so schlimm,
aber als Ork oder Troll fühlte man sich wie in den
Zeiten der Rassentrennung. Es gab sogar Gesetze,
dass Gebäude für Orks und Trolle stabiler gebaut

sein mussten, wodurch jeder, der es wollte, eine
legale Möglichkeit hatte, sie draußen zu halten. Es
gab zu Anfang viele Spannungen, aber nach einer
Weile machten sich die Trolle und Orks auf den
Weg (oft in Bussen der Regierung) und zogen in
ihr modernes Internierungslager. Es war verdammt
traurig.
Aber Orks und Trolle bilden zusammen ein wirk-
lich starkes Team. Trolle sind vielleicht groß, aber
nicht dumm. Viele waren belesen und kannten sich
mit Dingen wie Bauwesen und Ökonomie aus. Und
ich will meine Leute nicht als bloße Muskelberge
bezeichnen, aber die haben sie tatsächlich. Die
Regierung von Atlanta ging davon aus, dass die
Trogs elendig verrecken würden, weil plötzlich das
Budget für die versprochenen Baumaßnahmen ver-
schwunden war. Als sie allerdings schließlich die
Volkszähler schickten, kamen diese mit unwahr-
scheinlichen Zahlen und noch unwahrscheinliche-
ren Geschichten zurück.
Der damalige Bürgermeister kam zu Besuch und
war schockiert davon, was aus dem einst verlot-
terten Gebiet geworden war. Er war sogar so scho-
ckiert, dass er die Orks und Trolle rausschmeißen
und das Gebiet an Investoren verschachern wollte.
Das wurde nicht gut aufgenommen, und das erste
vieler kleiner Scharmützel gewann die Gruppe mit
<< DAS LEBEN ALS TROG IN ...
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
mehr Kämpfern, die über 150 Kilogramm wogen.
Danach kam der politische Druck, aber Sweetwa-
ter Creek hatte irgendwie Freundschaft mit einer
der größten Mächte Atlantas geschlossen: der At-
lantean Foundation. Die genauen Ursprünge die-
ses Bündnisses sind in mehreren Crashs verschol-
len, aber die Einheimischen erzählen von einem
Team aus Trogs, das einem Wissenschaftler der
Foundation bei einigen Forschungsreisen half, die
ein paar mächtige Schmuckstücke einbrachten.
Jedenfalls wurden die politischen Wölfe von der
Herde in Sweetwater Creek ferngehalten, sodass
sich die Gemeinde weiter entwickeln konnte.
Nachdem ein wenig Druck weg war und ein
mächtiger Freund auf sie aufpasste, dachten die
Leute in Sweetwater, dass sie hier wirklich in Si-
cherheit leben könnten – zumindest sicherer als
in Atlanta selbst, wo das Lynchen wieder Einzug
gehalten hatte. Das war nicht die strahlendste Zeit
in der Geschichte der Stadt. Trotzdem wuchs die
Bevölkerung schnell, während – wie nicht anders
zu erwarten – die Orks und Trolle im Rest der Stadt
weniger wurden. Fast alle von ihnen packten ihre
Sachen und zogen nach Sweetwater. Es war hart
in diesen Anfangstagen. Wir mussten viel aufbau-
en, aber wir hatten wirklich genug starke Rücken
dafür.
31
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
Als die Grundlagen geschaffen waren, begann
die Wirtschaft zu florieren. Das Geld kam in die
Gemeinde – meistens aus schwarzen und grauen
Märkten. Aber es war Geld, das in den örtlichen
Läden ausgegeben werden konnte, und Sweetwa-
ter entwickelte einen eigenen kleinen Wirtschafts-
kreislauf. Das Nächste war der große Schritt, den
Sweetwater Creek nötig hatte.
Es begann mit Southern Guard, einer Sicherheits-
firma mit klassischem Namen, die nur zwei Arten
von Angestellten hatte: große und extragroße. An-
lagensicherung, Personenschutz, Transportschutz
und andere Aufgaben für kleine Einheiten mach-
ten sie bekannt. Das und die einzigartige Statur
ihrer Angestellten. Das war aber noch nicht alles,
und Southern Guard hat vor Kurzem vom Konzern-
gerichtshof im Zuge des Hokuspokus der Mega-
konzern-Revision den A-Status erhalten. Das war
ein kleiner Schock, weil die meisten anderen Kon-
zerne herab- und nicht hochgestuft wurden, aber
irgendwie ließ das Aufkaufen der Kleinen durch die
AAA-Konzerne mehr Platz für andere Kleine.
> Das ist lustig. Southern Guard ist nicht mehr als eine Toch-
ter der Atlantean Foundation. Wenn man dem Geld und
den Anteilen nachgeht, findet man heraus, dass sehr viel
davon im persönlichen Portfolio von Sheila B liegt.
> OrkCE0
> Das ist interessant, wenn man bedenkt, dass Southern Gu-
ard auch freundliche Beziehungen zu DocWagon (eben-
falls aus Atlanta) unterhält und als Subunternehmer HTR-
Teams für den Medizinkonzern stellt.
> Balladeer
Eine große Firma war für Sweetwater Creek nicht
genug, aber das Sicherheitsgewerbe gehört zu
den wenigen, bei denen Größe ein Vorteil ist. Also
wandten sich die Unternehmer einem Bereich zu,
in dem Größe keine Rolle spielt: der Matrix. Big
Tech ist eine Firma für Matrixdesign, Sicherheit und
Support, die in Sweetwater Creek gegründet wur-
de und dort ihr Hauptquartier hat. Sie beschäftigt
Orks und Trolle mit Matrixfähigkeiten (und ein paar
Technomancer, aber sagt das keinem). Diesen bei-
den Firmengründungen folgten ein halbes Dutzend
andere, was zu einem hübschen Sammelsurium
verschiedener Arbeitsmöglichkeiten für Orks und
Trolle in Sweetwater führte.
> Das Beste ist, dass sie wenig darauf geben, ob man eine
SIN hat oder nicht. Wenn man keine hat, wird man einfach
in einem Bereich beschäftigt, wo das nicht auffällt.
> Sounder
> Ich komme noch an einer anderen Stelle zu einem Über-
blick über Konzerne. Wenn ihr mehr über die von Sweet-
water wissen wollt, seht euch das an.
> Goat Foot
32 DAS LEBEN ALS TROG IN ... >>
Thorben Lange (Order #29309514)
Bei allem Wachstum und dem großartigen Ge-
meindeleben macht es mich traurig, über die
schlechten Seiten zu reden. Aber es gibt sie. Er-
stens behandelt Atlanta die Gemeinde als fremdes
Land. Die Hauptstadt hat viele Gesetze erlassen,
durch die sich Orks und Trolle in der Stadt selbst
nicht willkommen fühlen, und sie werden als Bürger
zweiter Klasse behandelt, wenn sie dort sind. Das
ist übel für sie und alle Orks, die in die Stadt kom-
men, aber Sweetwater Creek hat viel dafür getan,
das auszugleichen, und heißt Orks aus aller Welt
willkommen, hier zu wohnen und die Hauptstadt
selbst nur zu besuchen.
Das zweite Schlechte: Ein Trog-Utopia kann es
nicht geben, ohne dass die, die uns wirklich hassen,
versuchen, es zu zerstören. Es gibt immer wieder
Proteste von Humanis, die den Highway blockieren
oder durch unsere Straßen marschieren. Meistens
bleiben sie friedlich – vor allem weil Southern Gu-
ard in der Stadt die Polizei stellt –, aber manchmal
kommt es zu Sachbeschädigungen, und die ver-
balen Angriffe werden von unseren Jugendlichen
sehr wohl bemerkt. Schlimmer ist Alamos 20.000.
Sie haben sich bereits zu sechs Bombenanschlägen
bekannt. Bei einem davon wurde ein Teil des Rat-
hauses zerstört, aber wir können keine echte Hilfe
gegen diese Schweine bekommen, weil die Politik
in Atlanta dafür sorgt, dass sich niemand dafür zu
interessieren scheint.
> Die Feds haben mit Ermittlungen begonnen, aber die Ein-
heimischen sind so fremdenfeindlich, dass sie nicht mit
den menschlichen Agenten reden wollen, die hierherkom-
men. Das Büro in Atlanta hat darum ersucht, einen Ork für
Ermittlungen in Sweetwater abzustellen, aber das verzö-
gert sich aus unbekannten Gründen.
> Butch
> Die angeforderten Agenten wurden erpresst, getötet, oder
ihre Familien wurden entführt, um sie vom Büro in Atlanta
fernzuhalten. Und wir alle wissen, wer die Drecksarbeit
macht.
> Bull
TUMMELPLATZ
SEATTLE
GEPOSTET VON: SEATTLE’S BEST
Wir alle wissen, dass Seattle ein Zentrum der Run-
nerszene nicht nur für Nordamerika, sondern für die
ganze Welt ist, und wir Orks bevölkern die Schatten
in großer Zahl. Wir wollen hier nicht die kulturellen
Gründe dafür behandeln – die sind nicht das Thema
–, aber ich will auf die besten Wohngegenden für
Orks in dieser Stadt hinweisen, auf die Orte, an de-
nen sie geschätzt werden, und auf die schlimmsten

Gegenden, die sie meiden sollten, als würde dort
eine Seuche wüten, die nur Orks betrifft.
Und natürlich auf die Frage, wie Trolle diese Orte
erleben. Wir wollen unsere großen Brüder nicht
vergessen.
Ihr könnt jeden Hauer in der Emerald City fragen,
und alle nennen das Viertel nach wie vor „Ork-Un-
tergrund“. Offiziell ist es als Seattler Untergrund
bekannt, aber wir alle wissen, wer hier unten wohnt.
Ja, es gibt Halbe und ein paar Löwenzahnfresser,
aber Hauer und Trolle stehen an der Spitze der Hie-
rarchie. Nirgends auf der Welt fühlen sich Orks will-
kommener und besser akzeptiert als hier. Das gilt
auch für Gegenden wie Deutschland, schließlich
heißt es Trollrepublik, nicht Orkrepublik. Obwohl
ich sagen würde, dass Trolle im Untergrund ziem-
lich gut behandelt werden. Das einzige Problem
ist schon aus dem Namen abzulesen: Untergrund.
Wenn man für Trolle genügend Platz schaffen will,
muss man in den Fels graben, und vielen Leuten ist
das zu anstrengend. Das Resultat ist ein hervorra-
gender Lebensraum für uns Orks.
In den Barrens gibt es sicher viele üble Elemente,
aber die Orks können in Redmond und Puyallup
durchaus eine Art Familie finden. Selbst wenn man
als Ganger bei den Crimson Crush lebt, kann man
hier gut Ork sein. Das Beste an diesen Gegenden
ist, dass hier alle zu spüren bekommen, was wir
Orks die ganze Zeit durchmachen. Wir werden
übergangen, übersehen und in die Gosse getre-
ten, wenn wir keine Stiefellecker sind. Für die Trolle
ergibt sich der Vorteil, dass niemand nach Bauge-
nehmigungen fragt, wenn sie ihre Heime ein biss-
chen angenehmer gestalten. Ich habe oft gesehen,
dass die Bewohner von Häusern ein ganzes Stock-
werk entfernt haben. Das ist wie die Trollvariante
von Altbauten mit hohen Decken. Meistens sind
Treppenhäuser das größte Problem: Sie sind nicht
für Trollfüße und – noch schlimmer – Trollmassen
gebaut. Es kann ein hartes Leben sein, aber es ist
besser, als unter der Knute von jemand anderem in
einem hübscheren Stadtteil zu leben.
> Diese statischen Fragen können echte Probleme bereiten.
Ich weiß, dass sie manchmal benutzt werden, um Trolle
fernzuhalten, und das ist echt Drek. Aber man braucht ein-
fach eine gewisse Stabilität für die Masse von Trollen. Und
in den Barrens, wo alles seit Jahrzehnten verfällt, sollten
Trolle unbedingt auf ein ordentliches Betonfundament
achten und sich von den Obergeschossen fernhalten.
> Goat Foot
Was den Rest des Metroplex betrifft, lässt es
sich in den meisten Gebieten aushalten, mit einer
Ausnahme: Snohomish. Dieser Bezirk ist eine ras-
sistische Todesfalle für Orks und Trolle und sogar
nicht klischeehafte Elfen. Es scheint, als wäre fast
jeder Bewohner Mitglied eines Policlubs – meistens
von Humanis, aber es gibt auch einige andere we-
<< DAS LEBEN ALS TROG IN ...
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
niger freundliche Gruppen, die ihre Schilder auf
den Rasen und in den Fenstern zeigen. Wenn man
kein durchschnittlicher Mensch ist, sollte man die
Fenster getönt und den Trog-Rock leise halten.
> Auf eines muss ich hinweisen: Es ist umgekehrt nicht an-
ders, wenn ein „durchschnittlicher“ Mensch in den Unter-
grund kommt. Obwohl er jetzt ein offizieller Bezirk ist und
das „Ork“ nicht mehr im Namen trägt, ist man als Mensch
dort nicht wohlgelitten.
> Sounder
> Es gibt einen Unterschied dazwischen, Leute fernzuhalten,
weil man von Angst und Hass gesteuert ist, oder Leute
fernzuhalten, weil man von ihnen nicht als Kuriosität be-
staunt werden will. Die Menschen besuchen den Unter-
grund wie einen Zoo. Sie wollen sich dabei amüsieren, die
„armen Orks“ zu betrachten.
> Bull
> Sei nicht sauer, Bull, aber ich gehe überall nur wegen des
Amüsements hin. Egal, ob sie Hauer oder Hörner haben,
klein oder hager oder überhaupt unmenschlich sind: Ich
finde Leute einfach amüsant.
> Kane
NEO-TOKIO
GEPOSTET VON: SUGOI SUZU
In jeder Nation gibt es Leute, die diskriminierende
Praktiken im Dunkel der Geschichte verschwinden
lassen wollen. Im Japanischen Kaiserreich sagen
die Leute voller Überzeugung, dass sie innerhalb
der letzten sechzehn Jahre niemals Orks oder Trolle
auf die Insel Yomi geschickt haben. Damit ist das
Rassismusproblem eindeutig gelöst! Wenn aber
der Kaiser immer wieder über eine Rückkehr zu
den Traditionen spricht, muss man sich einfach fra-
gen, ob die Tradition des Rassismus auch zu denen
gehört, zu denen diese Leute zurückkehren wol-
len. Bisher sieht man in Japan keine Anzeichen für
eine Bewegung in diese Richtung, und das Absin-
ken der Aktivitäten gegen Orks und Trolle in den
letzten Jahren hat sich noch nicht umgekehrt. Aber
ihr könnt sicher sein, dass die Trogs alle politischen
Aussagen der Traditionalisten genau nach Anzei-
chen eines bevorstehenden Verderbens oder eines
Sammelns der Rassisten hinter den Kulissen analy-
sieren. Nach Jahren des ständigen (wenn auch lang-
samen) Fortschritts ist die Vorstellung einer Umkehr
alarmierend und führt in den Gemeinden der Orks
und Trolle zunehmend zu Spannungen.
> Die Vorbereitungen, die ihnen Sorgen bereiten, finden statt,
aber auf Ebenen, die niemand sehen kann. Die Regierung
hat beträchtliche Mittel zur Verfügung, und diese wurden
lange benutzt, um Verbündete zu kaufen, das Einfordern
33
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
von Gefallen vorzubereiten und Geld in schwarze Kassen
zu stecken. In den letzten Jahren haben viele Traditiona-
listen Regierungsaufträge erhalten, und man kann sicher
sein, dass etwas von diesem Geld auf Geheimkonten ge-
flossen ist, statt für die vorgesehenen Projekte verwendet
zu werden. Dieses Geld liegt immer noch dort und wartet.
> Snopes
> Japan wird sicher keinen Rassenkrieg anfangen, Metas > Und man kann hier mehr als nur Entspannung finden. Ne-
ins Exil schicken oder etwas ähnlich Verrücktes tun. Die
meisten Traditionen, die man bewahren möchte, stammen
aus einer Zeit vor den Metas, also muss man gar nichts im
Hinblick auf Metas tun, um diese Traditionen zu betonen.
> DangerSensei
> Das ist eine übertrieben optimistische Ansicht. Wenn man
eine Zeit ohne Metas glorifiziert, plant man, sie loszuwer-
den. Das muss kein Genozid oder Ähnliches sein, bedeutet
aber die Entwicklung einer Kultur, in der Metas zunehmend
unsichtbar werden. Wenn man Leute der sie umgebenden
Gesellschaft effektiv genug entfremdet, muss man sie nicht
ins Exil schicken. Sie gehen dann einfach freiwillig.
> Sunshine
Aber Neo-Tokio ist eine riesige Stadt, und keine
Stadt dieser Größe ist überall gleich. Es gibt Pro-
bleme, aber sie bestimmen nicht jeden Augenblick
im Leben jedes Orks oder Trolls, und es gibt Stadt-
teile, in denen wir gut leben können.
Einer davon ist Harajuku. Ein Jahrzehnt lang war
dies einer der Versammlungsorte der Jugend der
Stadt, wo man die heißesten neuen Designer fin-
den konnte, die hier ihre Läden eröffneten und ihre
neuen Kreationen der Öffentlichkeit zugänglich
machten. Die jüngeren Generationen Japans sind
den Metas gegenüber aufgeschlossener als die
älteren, und sie sind besonders begeistert, wenn
jemand ihre besonderen Körpermerkmale in seine
Designs einbauen kann. Hier gibt es viele Designer
für Orks und Trolle, aber keine Designer, die ver-
suchen, einen Trog wie einen eleganten, leichtfüßi-
gen Elfen aussehen zu lassen.
Nehmen wir Rockblood als Beispiel (das ist ein
Künstlername; geboren wurde er als Benji Naka-
mura). Er legt bei seiner Kleidung besonderen Wert
auf die Schultern, die er mit kräftigen Farben betont.
Den Rest der Kleidungsstücke lässt er in Schwarz
und anderen dunklen Farben in den Hintergrund
treten. Dadurch sehen die Schultern von Orks und
Trollen noch beeindruckender aus und lenken die
Aufmerksamkeit auf die Kraft, die in unseren Kör-
performen zum Ausdruck kommt. Bei seiner Mode
für Trolle bevorzugt er enge Oberteile mit Nanoge-
webe, das die Dermalablagerungen durchdringen
lässt und die entstandenen Löcher nach dem Aus-
ziehen selbsttätig wieder verschließt. Dadurch wer-
den die Dermalablagerungen Teil der Kleidung und
vermitteln ein starkes Statement des Trollstolzes
(obwohl Rockblood selbst ein Ork ist).
34 DAS LEBEN ALS TROG IN ... >>
Thorben Lange (Order #29309514)
Das ist aber nur ein Beispiel. Auch andere kreative
Designer und Künstler im Bezirk entschuldigen sich
nicht dafür, wer sie sind und für wen ihre Entwürfe
gedacht sind. Sie gefallen Menschen (außer Trog-
posern) nicht, und das ist den Designern nicht un-
recht. Wenn ihr in Neo-Tokio seid, versucht, einen
Abstecher dorthin zu machen. Es ist erfrischend.
ben den normalen Konzernintrigen von Geschäftsleuten,
die einander ausspionieren und die Pläne der anderen
erfahren wollen, gibt es hier ein geheimes Fluchtnetz-
werk für Technomancer, die den Fängen von Mitsuhama
entkommen wollen. Einige Designer beherbergen sie eine
Zeit lang und lassen sie beim Entwurf von Techno-Mode
mitarbeiten. Das ist ein gutes Versteck, weil die Deckung
glaubwürdig ist. MCT sucht ab und zu nach den Techno-
mancern, also kann man Jobs bekommen, bei denen man
falsche Fährten legen oder jemanden rausbringen soll, der
wirklich schnell weg muss.
> Jimmy No
> Ein paar dieser Flüchtlinge sind nach Akihabara gegangen
und haben dort ein Bündnis von Technomancern gegen
Japanokons geschlossen. Aber das ist hier nicht das The-
ma.
> Netcat
Das Gegenteil von Harajuku ist Kudan. Wenn es
eine Brutstätte traditionalistischen Denkens gibt,
das den Trogs allen Schutz nehmen will, befindet
sie sich hier. Das Hauptquartier der kaiserlichen
Armee liegt in der Nähe, und viele Trogs glauben,
dass das dazu beiträgt, dass vieles hier wirkt wie
unter Saito. Haltet euch fern, wenn ihr nicht zum
Auskundschaften des Feindes herkommt.
Roppongi hat für Trogs mehrere Seiten. Das Vier-
tel liegt im Bezirk Minato, der lange im Ruf stand,
für Metas am angenehmsten zu sein, weil hier viele
Ausländer leben. Hier gibt es viel Energie, und die
Bars, Strip-Clubs, Bordelle und Nachtclubs sorgen
dafür, dass es rund um die Uhr – vor allem nachts
– hoch hergeht. Trogs können hier viel Arbeit fin-
den, aber es sind nicht immer gute Jobs. Ein Betrei-
ber sieht einen Troll und denkt automatisch „Raus-
schmeißer“ – man wird hier sehr schnell in eine
Schublade gesteckt.
> Besonders beliebt als Bodyguards sind Oni, weil sie
„authentischen Lokalkolorit“ oder so etwas darstellen.
Ein paar nehmen diese Jobs durchaus stolz an, weil sie
glauben, ihr besonderes Wesen würde anerkannt. Ande-
re fühlen sich ausgenutzt und zur Staffage degradiert. Ich
tendiere zu letzterem.
> Mihoshi Oni
Und natürlich gibt es in jedem Rotlichtviertel Leu-
te, die wissen wollen, „wie es sich mit einem Trog
anfühlt“. Einige wollen ihre Neugier befriedigen,
 >> BUCH DER VERLORENEN <<

<< DAS LEBEN ALS TROG IN ... 35

Thorben Lange (Order #29309514)
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
aber seid vorsichtig: Hier gibt es viele unterschied-
liche Arbeitsbedingungen, die von „einigermaßen
auf das Wohl der Angestellten bedacht“ bis zu
„mehr oder weniger Sklaverei“ reichen.
> Das bedeutet, dass ihr bei einer Suche nach einem ver-
schwundenen Trog in Neo-Tokio am besten in Roppongi
anfangen solltet. Hier fallen Trogs nicht so sehr aus dem
Rahmen, also wirft ihre Anwesenheit keine Fragen auf,
und es gibt viele Orte, an denen man sie gegen ihren Wil-
len festhalten kann.
> Mihoshi Oni
NAGASAKI ONI
GEPOSTET VON: YOMI NOMORE
Wenn man einem Ort einen gewissen Ruf ver-
schaffen will, muss man nur eine Atombombe da-
rauf abwerfen. Wenn man diesen Ruf noch weiter
verschlechtern will, muss man nur Orks und Trolle
unter falschen Vorwänden hierherlocken und dann
wütend werden, wenn sie nicht alle sterben oder
zeugungsunfähig werden. Danke, Mitsuhama!
Wie die meisten Gebildeten wissen, warfen die
Vereinigten Staaten damals im Zweiten Weltkrieg
eine Massenvernichtungswaffe auf Japan ab, um
das Land zur Kapitulation zu zwingen. (Es waren
zwei davon nötig, was für die Zähigkeit und Stär-
ke des japanischen Charakters spricht.) Das führte
zu Tausenden Opfern, erschuf aber keine radioak-
tive Wüste, wie es die heutigen großen Bomben
tun würden. Tatsächlich erholte sich Nagasaki gut
– bis zu den frühen Zehnerjahren, als Mana und
Massendummheit sich zusammentaten und alle
möglichen Probleme in der Region auslösten. Ge-
schichtslektion: Kurz gesagt wurde Nagasaki to-
xisch. Die astrale Verschmutzung der Stadt ist in
magischen Kreisen wohlbekannt.
Das Überleben wurde hier schwer, aber die Stadt
hatte noch innere Stärke und Überlebenswillen.
Daher suchte MCT als aufstrebender Megakonzern
von zweifelhafter Moral nach Arbeitskräften, die
mit der schwierigen Umgebung fertigwürden. Man
fand eine großartige Lösung für zwei Probleme. Es
war praktisch, dass man sich keine Gedanken ma-
chen musste, ob die Orks und Trolle (in den Augen
des Konzerns Monster) überlebten oder nicht.
Aber sie überlebten. Das Problem ist, dass sie auf-
hörten, für MCT zu arbeiten, weil dieser Konzern
die meisten Metas abscheulich behandelt. Japa-
nische Orks werden als Oni (Dämonen) bezeichnet,
was zur Illustration der allgemeinen Meinung über
sie ausreicht. Das war für MCT ein Problem. Für die
Orks und Trolle war es ein Segen. Sie bauten sich
eine gesunde kleine Gemeinde auf, die wirklich den
Überlebenswillen der Stadt abbildete. So sehr, dass
die Hibakusha (die Überlebenden der Bombe) ihnen
36 DAS LEBEN ALS TROG IN ... >>
Thorben Lange (Order #29309514)
einen Ehrenplatz einräumten und sie beschützten,
als MCT Truppen schickte, um sie zu vertreiben.
Seit damals haben die Orks und Trolle auch den
Aufstieg des Kihara-rengo (der örtlichen Yakuza)
überstanden, indem sie standhaft blieben und
sich nicht einschüchtern ließen. Auch das hat MCT
mächtig verärgert, obwohl der Kihara-rengo oft
nicht mit den Yakuza-Lakaien des Konzerns einer
Meinung war.
Die Gemeinde ging während der Ausbrüche im
Feuerring 2061 beinahe zugrunde, aber selbst der
Lavastrom konnte gegen die Kraft der Trolle von
Nagasaki nichts ausrichten. (Tut mir leid, Chummer,
das ist einfach aufregend für mich.) Die einheimi-
schen Trogs schlossen sich zusammen und setzten
gewaltige Bauvorhaben um, durch die (buchstäb-
lich) Tonnen von Lava von der Gemeinde weg und
um sie herum geleitet wurden. Die abgekühlte Lava
ist jetzt wie eine Mauer für sie.
> Dabei war viel Magie im Spiel, und nicht alles davon war
ganz sauber. Unter den Trogs von Nagasaki gibt es ein
paar Strahlungs-Schamanen. Man könnte sagen, dass sie
beinahe toxisch sind, aber das stimmt nicht. Sie sind to-
xisch; sie haben nur gute PR.
> Mihoshi Oni
Jetzt zum letzten Stück Coolness dieser Kerle. Die
meisten Leute, die sich mit der japanischen Unter-
welt auskennen, haben von den Bosozuko gehört –
den Go-Gangern, die die Straßen und Autobahnen
in Nippon unsicher machen. In der Gegend von
Nagasaki lässt die wichtigste dieser Gangs, Atom’s
Bombs, ihre Maschinen von Tucho Ogi und ihren
Schraubern bei Rad Rides aufmotzen. Sie ist eine
Orkin, alle ihre Mechaniker sind Trogs, und nir-
gends ist ein Motorrad in so guten Händen wie bei
ihnen. Rennfahrer aus ganz Nippon kommen mit
ihren Maschinen hierher. Die einzige Regel, an die
sich Tucho weiterhin hält, ist, dass keine andere Bo-
sozuko hier arbeiten lassen darf.
> Stimmt nicht. No oni lassen ihre Motorräder hier bauen.
Aber sie besitzen den Laden auch. Tucho war ihre beste
Fahrerin, bis ein Reifenplatzer bei 200 km/h sie vom Unzen
abstürzen ließ.
> Turbo Bunny
KÖNIGREICHE VON
NIGERIA UND BAKONGO-
STAMMESLAND
GEPOSTET VON: GROOVETOOTH
Eines muss ich gleich klarstellen: Lagos ist nicht
die einzige Stadt in den Königreichen von Nigeria,

und die Stadt liegt eigentlich gar nicht in Nigeria.
Die Stadt ist unabhängig, und das ist wahrschein-
lich der Grund, warum jeder Runner, der jemals
die Welt bereisen wollte, sie kennt. Unabhängige
Städte bieten viele Möglichkeiten für Schattenge-
schäfte. Nachdem das klar ist, kann ich euch sagen,
dass es in den Königreichen von Nigeria ziemlich
positive Ansichten über Orks gibt. Wenn man Hau-
er hat, sehen einem die Einheimischen oft etwas
mehr nach, solange man sich nicht wie ein kom-
pletter Hohlkopf benimmt. Den meisten Außensei-
tern wird bestenfalls die kalte Schulter gezeigt, und
auch heißes Blei ist nicht außerhalb der Norm. Am
besten ist es, wenn ihr euch ein bisschen mit der
lokalen Kultur vertraut macht, sie ehrt und Fehler
eingesteht.
Ihr werdet allerdings nicht einfach ankommen
und den Traum aller Orks leben. Erstens ist das
ein Mythos; nirgends kann man einen Traum le-
ben. An jedem Ort gibt es Schwierigkeiten, und
man muss einfach den Ort mit den wenigsten
Schwierigkeiten finden. Das bedeutet, man muss
sich an das Leben der Einheimischen gewöhnen.
Dreht nicht gleich durch und glaubt, ihr müsstet
euch in Lendenschurz und Knochenrüstung klei-
den. Man lebt hier nicht in der Steinzeit – egal,
was euch Lagosian Heat jede Woche zeigt. Es gibt
viele Stämme, die immer noch ein einfaches Le-
ben führen und das gerne tun, aber man kann
Stämme und Gruppen in Nigeria finden, in denen
man wegen seiner Hauer gerne aufgenommen
wird und am Leben teilhaben darf. Es ist wichtig,
das zu begreifen, weil nichts einen Stammesfüh-
rer mehr aufbringt als ein Außenseiter, der seine
Leute davon zu überzeugen versucht, dass jeder
ein Kommlink oder die neueste Pistole von Ares
haben muss. Na ja. Vielleicht kann man ihn noch
mehr aufbringen, wenn man mit seiner Tochter
schläft oder seine Leute davon überzeugt, sich
einem anderen Stamm anzuschließen, aber das
wäre auch lächerlich.
Jedenfalls müsst ihr wahrscheinlich Lagos lebend
hinter euch bringen, um diese Orte zu erreichen
und diese Stämme zu treffen. Die Orks in Lagos ge-
ben nicht viel darauf, dass ihr auch Orks seid. Ihnen
geht es darum, dass ihr ihren Stamm respektiert.
Die Igbo und Yoruba sind mächtig, aber bei den
Oshogbo und Warri gibt es viele Orks, von denen
ihr leicht Hilfe bekommen könnt, wenn ihr das Rich-
tige sagt und ihnen Respekt erweist.
> Die Daka haben viele Orks in ihren Reihen und sind mit
Ares verbündet, was sie gut bewaffnet und kulturellen
Veränderungen gegenüber offen macht. Die Orks von Ares
finden viel Arbeit, wenn sie sich an die Einheimischen
wenden. Sie sind zwar nicht völlig unauffällig, passen
aber immer noch besser hierher als irgendwelche Pseu-
do-Knight-Errant-Execs.
> Traveler Jones
<< DAS LEBEN ALS TROG IN ...
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
Nigeria ist interessant und offen, aber die Trolle
und Orks im Bakongo-Stammesland sind von ei-
nem ganz anderen Schlag. Also schnallt euch an,
es könnte eine wilde Fahrt werden.
In den frühen Tagen der Goblinisierung flohen
viele Orks und Trolle von zu Hause. Für sie war es
nicht leicht, akzeptable Wohngebiete zu finden, da-
her legten viele weite Strecken zurück. Trotz seiner
Geschichte voller Kriege und seines generell wilden
Rufs (besonders hinsichtlich der Natur) ließen sich
viele Orks und Trolle, die einfach der Welt und al-
len Rassisten darin entfliehen wollten, in Zentralaf-
rika nieder. Die Stämme dieser Region begannen,
sich zu verbinden und ein gemeinsames System
auf der Basis dessen zu entwickeln, dass „gewisse
Leute unerwünscht“ sind. Die Trogs, die dort leb-
ten, dachten zuerst, sie hätten es wieder mit ei-
ner Gesellschaft zu tun, die sie verlassen müssten.
Stattdessen wurden sie mit offenen Armen aufge-
nommen. Ihre Stärke und Widerstandskraft wurden
geschätzt, und sie wurden nicht nur als starke Krie-
ger, sondern auch als Weise betrachtet, die wuss-
ten, wann es besser war, weiterzuziehen statt zu
kämpfen. Ihre Herkunft aus vielen verschiedenen
Kulturen schuf einen Schmelztiegel verschiedener
sozialer und kultureller Normen, aber es schien zu
einer Ehre zu werden, so viele Traditionen der an-
deren zu lernen wie möglich, und es vergrößerte
die Ehre noch weiter, wenn man mit den anderen
und deren Sitten im Einklang lebte.
Mit der Zeit führte dies zu einer sehr aufgeschlos-
senen Kultur, die Neuankömmlinge willkommen
heißt, wenn sie zur selben Aufgeschlossenheit be-
reit sind. Aber im Bakongo-Stammesland ist die
offene Kultur nicht das Bemerkenswerteste am Le-
ben als Trog. Dr. Wilcox Graham ist ein wenig be-
kannter Wissenschaftler, der Orks und Trolle in aller
Welt studiert. Er konzentriert sich auf das Analysie-
ren der Biologie der Spezies und das Widerlegen
alter Mythen über unseresgleichen. Seine Arbeit
im Stammesland hat einige schwere Fehler bei der
Schätzung der Lebenserwartungen von Orks und
Trollen aufgedeckt, und seine Schätzungen für die
Trolle gehen weit über die Berichte früherer „Wis-
senschaftler“ hinaus. (Die Anführungszeichen ste-
hen zu Ehren von Doc Dub, weil er jedes frühere
Forschungsprogramm mit den zweifelhaftesten
Doktoren des Planeten in Verbindung brachte, von
denen viele im Moment für unseren liebsten völ-
kermörderischen Medizinkonzern Paladin Medical
Group arbeiten.) Der gute Dr. Wilcox berichtet von
„Mitgliedern der Unterarten ingentis und robustus“,
die Anfang und Mitte der 2030er bereits als Teen-
ager, in ihren Zwanzigern und teilweise ihren Drei-
ßigern ankamen und allesamt noch leben.
Ja, damit spricht er von Orks und Trollen, die zwi-
schen 65 und 85 Jahre alt sind – das liegt deutlich
über der Lebenserwartung von Orks und ist für Trol-
le ein stolzes Alter, aber diese Trogs sind immer
37
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
noch gesund und munter. Das ist für viele Leute
in der Welt überraschend, die sehen, wie Orks mit
vierzig bereits deutliche Alterserscheinungen zei-
gen. Mir fehlt die wissenschaftliche Bildung, um sei-
ne Forschung zu verstehen, aber er schreibt vieles
davon ihrer Ernährung und ihrem Lebensraum zu.
Das reichhaltige, reine Mana des Kongo nährt sie
zusammen mit der unberührten Natur in einer Wei-
se, die Orks in urbanen Gebieten oder sogar ländli-
chen Gebieten der Ersten Welt vorenthalten bleibt.
Wenn ich seine Hypothese richtig verstanden habe,
schätzt er die Lebenserwartung von Orks genauso
hoch wie die von Menschen ein, und Trolle scheinen
dieselbe angenommene Langlebigkeit wie Zwerge
zu haben. Interessantes Zeug. Ich weiß, dass viele
Konzerne und andere interessierte Parteien seine
Daten gerne in die Finger bekommen würden.
> Einige Gruppen haben schon versucht, Wilcox wegen sei-
ner Arbeit zu schnappen, aber er kann sich immer in den
Kongo zurückziehen.
> Butch
> Außerdem wird er dort von einer kleinen Gruppe Krieger
hingebungsvoll beschützt. Anderswo muss er private Si-
cherheitsleute engagieren. Er wendet sich dabei oft an die
Schatten, weil er den meisten Sicherheitsfirmen der Me-
gakons nicht vertrauen kann.
> OrkCE0
Bei der Beschäftigung mit Afrika muss ich auch
noch einen Ort nennen, an dem Orks nicht will-
kommen sind: Asamando. Die MMVV-infizierten
Wendigos sind nicht so einfach einzuordnen wie
Vampire oder Ghule. Sie stehen sozusagen in der
Mitte, erleben das Schlechteste beider Welten und
ähneln den Orks, die sie einst waren, praktisch
überhaupt nicht mehr. Dieses Land lässt aus Angst
vor der Infektion nicht einmal nicht infizierte Orks
einreisen. Am wichtigsten Flughafen gibt es überall
Warnschilder und auch ein paar ziemlich schreckli-
che Bilder von Wendigos, bei denen ich nicht sicher
bin, ob der Fotograf die Begegnung überlebt hat.
ORKS VON AMAZONIEN
GEPOSTET VON: FAVELA CORONA
Bully! Danke für die Anfrage. Wenn du wissen
willst, wo man sich in Amazonien mit Hauern oder
Hörnern aufhalten sollte, bin ich genau der, der die
Antwort hat. Und du wolltest es wissen. Also lasse
ich es dich wissen.
> Wenn er zu JackPoint will, lasst es nicht zu. Ich bin gerne
hier, und ihr würdet mich rausschmeißen, wenn ich ihn
umbringe.
> /dev/grrl
38 DAS LEBEN ALS TROG IN ... >>
Thorben Lange (Order #29309514)
Wenn ihr ins Land am Amazonas kommt, gibt es
für euch zwei gute Adressen: Metrópole de Ama-
zonia und Manaus. Die beiden Städte sind sehr un-
terschiedlich, und ich muss euch ein paar Details
erklären, damit ihr euch nicht in Schwierigkeiten
bringt. Ich fange mit den schlechten Neuigkeiten
an, falls ihr eine kurze Aufmerksamkeitsspanne
habt.
Metrópole de Amazonia alias der Sprawl Rio de
Janeiro-São Paulo ist eine doppelzüngige Schlampe.
Auf der einen Seite gibt es die Favelas von Rio, wo
Orks wie Könige leben. Zwar nur wie Könige der Fa-
velas, aber sie werden mit Respekt und ein wenig
Furcht betrachtet. Auf der anderen Seite gibt es den
Rest des Sprawls. Je weiter man sich von den Favelas
entfernt, desto misstrauischer werden die Leute ge-
genüber Orks. Wegen ihres Rufs in den Favelas sind
sie überall sonst nicht wirklich willkommen.
Die meisten Gebiete sind nicht offen feindselig,
und wenn ihr einen Akzent hat, der als nicht hiesig
erkennbar ist, ist man vielleicht nachsichtig. Ver-
sucht also nicht, so zu tun, als wärt ihr Einheimische.
Bewegt euch wie Außenseiter, sprecht wie Außen-
seiter und lasst euch behandeln wie Außenseiter.
Manche Viertel, besonders in der Nachbarschaft
der Favelas, sind Orks gegenüber aktiv feindselig.
Also: Misstrauen weiter draußen, Feindseligkeit in
unmittelbarer Nähe. Einige örtliche Organisationen
versuchen, Orks mit Gewalt in den Favelas zu hal-
ten, und fürchten, dass jeder Schritt nach draußen
ihnen dazu dient, ihren Einfluss auszudehnen.
> Und diese Gruppen sind nicht wie Humanis. Es sind nicht
nur Menschen, die Orks unterdrücken wollen; es sind alle,
die nicht wollen, dass sie ihre Macht ausbauen.
> Picador
In Metrópole gibt es eine Besonderheit in Bezug
auf Trogs zu beobachten: Sie bilden keine vereinte
Front. Die Orks sehen die Trolle nicht als Brüder im
Kampf. Stattdessen grenzen sie sie aus und behan-
deln sie wie der Rest der Welt als Abschaum. Tat-
sächlich ist es wahrscheinlich, dass ein Troll in den
Favelas der Besitz eines der stärkeren Orks ist. Ich
bin nicht ganz sicher, aber ich glaube, dass das hier
eine der ganz wenigen Gegenden ist, in der Trolle
und Orks nicht Seite an Seite gegen das unterdrü-
ckerische System kämpfen, unter dem sie leben.
Vielleicht, weil die Orks eine Möglichkeit gefun-
den haben, Teil des unterdrückerischen Systems zu
werden.
Die Favelas von Metrópole können ein gutes
Versteck bieten, weil die Behörden meistens we-
nig Lust darauf haben, hineinzugehen. Und wenn
ihr schon nicht viel Trollgemeinschaft hier finden
könnt, solltet ihr zumindest wissen, wo ihr Umge-
bungen von der richtigen Größe finden könntet,
weil viele Hütten in den Favelas wirklich klein sind.
Der Complexo do Alemâo ist eine der Favelas, die

von der Polizei besonders gemieden werden, und
im Schatten der Gondelbahn gibt es eine Abstei-
ge, die von einer Trollin namens Palheiro betrieben
wird. Sie hat nicht viele Betten – wie gesagt sind
die Gebäude in dieser Gegend klein –, aber sie ist
sich der Größenprobleme bewusst und hat deshalb
vier Betten in Trollgröße in ihren Zimmern. Sie kann
euch auch sagen, wo ihr Essen in trollgroßen Porti-
onen bekommt.
> In den Favelas ist das Leben ein einziger Kampf. Wenn je-
mand also gut in einem legalen Geschäftsbereich wäre,
wäre er schon längst in einen schöneren Teil des Sprawls
gezogen. Wenn man also noch in der Favela arbeitet: Wie
gut kann man schon sein? Oder, um eine andere Frage zu
stellen: Wenn man so gut in seinem Job ist, dass man ein
vernünftiges Auskommen hat, aus welchem Motiv heraus
bleibt man dann in der Favela?
Palheiro scheint gut in ihrem Job zu sein. Man wird nicht
im Schlaf ausgeraubt, und es ist sauber genug, dass nicht
überall Insekten rumkriechen. Warum ist sie also nicht in
ein anderes Viertel oder Etablissement gegangen, wo sie
unter besseren Bedingungen mehr verdienen könnte? Die
zwei offensichtlichen Antworten darauf sind Schattenar-
beit und Drogenhandel, und in ihrem Fall scheint ersteres
richtig zu sein. Sie hält Augen und Ohren nach neuen Ta-
lenten offen, die bei ihr absteigen, und sie kann ihre Gäs-
te mit Schiebern in Verbindung bringen, die Jobs haben,
wenn sie genügend beeindruckt ist.
> Marcos
> Sind wir wirklich so weit, dass wir uns fragen, warum je-
mand sein Heim und seine Nachbarn wegen ein bisschen
mehr Geld nicht verlassen will?
> Chainmaker
> Geh in die Favela, und dann versuch, es zu verstehen.
> Marcos
> Ich bin aus Lambeth, Klugscheißer. Steck dir das sonst wo
hin.
> Chainmaker
Jetzt zur guten Nachricht. Und die ist nicht nur für
Orks gut, sie ist gut für alle, die keine umweltzer-
störenden Monster sind. In Manaus herrscht eine
Atmosphäre, in der jeder willkommen ist, und die
Orks (um die geht es hier schließlich) gehören zu
den angenehmsten von allen, weil die anderen, ag-
gressiven und zornigen Orks glücklich-gewalttätig
in den Favelas von Rio leben. Also nicht ganz. Es ist
eher so, dass sie rausgeworfen oder sozial isoliert
werden, bis sie sich lieber an einem anderen Ort
wie Ganoven benehmen.
Das Besondere an Manaus ist, dass es eine wirk-
lich Erwachte Stadt ist. Es gibt nur sehr wenige
Teile dieser Metropole, die nicht arkan gewachsen,
verzaubert oder magisch verstärkt sind, also ist es
wichtig, jeden Aspekt des Erwachens zu verste-
<< DAS LEBEN ALS TROG IN ...
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
hen und zu akzeptieren, was auch alle Metatypen,
Metavarianten und Metasapienten einschließt. Die
Mentalität ist hier anders als in jeder anderen Stadt,
die ich besucht habe. Meine Hauer erwecken hier
nicht mehr Aufmerksamkeit als die Pferdeköpfe
der Zentauren und sicher nicht denselben Zorn wie
sonst.
> Dieser Kerl ist schon eine Nummer. Er redet über das
Manaus, das wir kennen? Die riesige Metropole, wo die
Schatten besonders tief sind, weil die Konzerne hier ober-
flächlich betrachtet so besonders nett sind? Ist der ein
Lohnsklave? Ich dachte, hier wären nur Profis zugelassen.
> Stone
> Favela Corona ist kein Lohnsklave, aber er wuchs tatsäch-
lich an ein paar wirklich unangenehmen Orten auf. Also
muss ihm eine Stadt wie Manaus idyllisch erscheinen.
Wie bei allen Dingen hier darf man nicht alles ganz wört-
lich nehmen.
> Pistons
Weil Bully erwähnt hat, dass es hier um alle Trogs
geht, erwähne ich noch, dass es sich hier auch als
Troll gut leben lässt. Weil der Großteil aller Gebäu-
de techno-organisch ist, kann man sie einfach an
alle Formen und Größen anpassen. Viele öffent-
liche Gebäude sind so groß dimensioniert, dass
jeder Platz findet, aber durch das anpassbare We-
sen der meisten Konstruktionen gibt es auch viele
Gebäude mittlerer und kleiner Größe, in denen sich
die kleineren Metatypen wohler fühlen und auch
Trolle nötigenfalls untergebracht werden können.
HIER SIND TRØLLS!
(SKANDINAVISCHE UNION)
GEPOSTET VON: NORTHERN HEAVY
Die Kerle im Schwarzwald bekommen zwar die
meiste Aufmerksamkeit, und eine Zeit lang gingen
dort auch viele Trolle gerne hin. Aber die Skandi-
navische Union erlebt gerade, dass die Trolle, be-
sonders die einheimische Metavariante der Riesen,
wieder ein- statt auswandert. Es gibt hier einige in-
teressante Orte. Ich werde mich auf den Silfjord auf
der Insel Senja konzentrieren, und ich habe gehört,
dass ein anderer Poster die verrückten Wikinger
von Avaldsnes behandeln wird.
Eines muss von Anfang an klar sein: Es mag gute
Orte für Orks und Trolle in der Union geben, aber
das verdanken wir nicht den örtlichen Regierungen.
Die Trogs werden immer noch von mächtigen An-
ti-Meta-Kräften drangsaliert – denselben, die zu ih-
rem Abzug geführt haben. Der Unterschied ist, dass
es jetzt einen „Helden“ namens Peikko Skarsgaard
gibt. Peikko hat einen Ort geschaffen und die Trolle
39
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
zur Rückkehr oder zum Umzug in diese heilige Hei-
mat aufgerufen, um zu zeigen, dass sie nicht von
Hass und Tyrannei beherrscht werden.
Es gibt allerdings einen Haken. Diese Bewegung
führt nicht zurück in die Metropolen, sondern in
eine eher abgelegene Gemeinde an der Südküste
der Insel Senja in Norwegen. Sie liegt auf einer fel-
sigen Landspitze ohne echte Straßen, aber Peikko
unterhält einen Transportservice mit einem herun-
tergekommenen Osprey von Narvik aus. Oder Trol-
le können zu Fuß aus einer anderen Stadt der Insel
kommen. Das ist kein einfacher Weg, aber er ist es
wert, wenn man sich einer Gemeinde anschließen
will, die wirklich gut für Trolle ist.
> Die einzige Brücke zur Insel kommt von Finnsnes her. Die
Stadt hatte im letzten Jahr eine angenehme Atmosphäre,
als Peikko sein Unternehmen begann. Aber inzwischen
hat sich einiges an Abneigung gegen Metas – vor allem
gegen Trolle – entwickelt. Mindestens vier Trolle wurden
getötet und ein halbes Dutzend andere angegriffen, als sie
innerhalb der letzten Monate durch Finnsnes wollten.
> Sunshine
> Ich will nicht den Hiobsboten spielen, aber bei diesen
Geschehnissen kamen zwölf Menschen ums Leben, und
ebenso viele mussten in den örtlichen Kliniken behandelt
werden. Erzähl beide Seiten der Geschichte, wenn du sie
schon erzählst. Finnsnes hat zusätzliche private Sicher-
heitsleute engagiert, weil so viele Trolle durchziehen und
auf ihrem Weg in das kleine Trollparadies so viele Gewal-
takte verüben.
> Traveler Jones
> Flame-War Ende! Beide Seiten haben potenziell einseitige > Tut mir leid, Turbo. Das ist kein schattenhaftes Transport-
Storys gebracht. Besorgt euch Fakten oder Beweise, be-
vor ihr hier bei JackPoint Kommentare abgebt.
> Bull
Das Leben hier ist nicht leicht, aber das Wachsen
der Gemeinde erleichtert es langsam. Es gibt immer
mehr Arbeiter, die den Boden bestellen und beim
Bau von Häusern und Wirtschaftsgebäuden helfen.
Der Bergbau in den nahen Hügeln fördert schönen
Stein zutage, und Peikko hat schon früh ein paar
Steinmetze gefunden, die Gebäude schaffen, die
nicht nur von der Größe her für Trolle und sogar Rie-
sen gemacht sind, sondern auch noch schön sind.
Das erinnert mich an ein weiteres wichtiges Merk-
mal von Peikko Kotiin (das ist der Name der Ge-
meinde). Das Leben ist für Riesen auf der ganzen
Welt schwer. Normale Trolle haben es nicht leicht,
aber wenn man noch einen Meter größer ist, wird
es fast unmöglich, irgendwo Platz zu finden. Bei der
Errichtung der Gemeinde wurde daran gedacht.
Der durchschnittliche Troll fühlt sich an diesem
Ort beinahe klein oder zumindest nicht eingeengt.
Kleinere Leute fühlen sich wirklich winzig, weil hier
nichts für sie gebaut wurde. Das könnte ein hä-
40 DAS LEBEN ALS TROG IN ... >>
Thorben Lange (Order #29309514)
mischer Racheakt sein oder einfach daran liegen,
dass man den Trollen das Gefühl geben will, dass
beim Bau nur an sie gedacht wurde. Jedenfalls fühlt
sich ein Besuch hier seltsam an, wenn man kleiner
als 2,50 Meter ist.
Die Gemeinde bemüht sich sehr, autark zu sein,
daher gibt es hier viele verschiedene Arbeitsmög-
lichkeiten, von denen viele erstaunlich langwei-
lig sind. Weil sie hier die einzigen Bewohner sind,
arbeiten Trolle in Positionen, die sie sonst norma-
lerweise nicht besetzen. Für einige der höher qua-
lifizierten Arbeiten, die Trolle meistens nicht bekom-
men, fand man nicht so einfach Leute, aber deshalb
wirbt Peikko aktiv um Trolle aus dem Schwarzwald.
Dort arbeiten sie schon lange in solchen Jobs.
> Es ist interessant, dass Northern nicht erwähnt, woher
Peikko die Anschubfinanzierung bekam (von der er immer
noch zehrt): von Evo. Der Konzern versorgt auch die örtli-
chen Läden und Unternehmen. Ich finde das nachvollzieh-
bar, weil Evo der meta-freundliche Megakonzern ist, aber
sie haben hier keine Konkurrenz. Komisch. Es scheint sich
einfach um eine Konzernstadt von Evo zu handeln.
> OrkCE0
> Es gibt ein schattenhaftes Transportunternehmen, das nur
Troll-Rigger beschäftigt und „in der Nähe“ der Gemeinde
beheimatet ist. Weit genug weg, um nicht mit der Stadt in
Verbindung gebracht zu werden, aber alle Rigger leben
hier. Das Geld, das sie verdienen, fließt in die Gemeinde
zurück und hilft bei der Finanzierung der Dinge, die es dort
noch nicht gibt.
> Turbo Bunny
unternehmen. Die Fahrzeuge sind vielleicht nicht regist-
riert, und die Piloten haben vielleicht gefälschte SINs,
aber ein so komplexes Unternehmen schreit förmlich nach
Konzernunterstützung, und weil Evo hier der einzige Kon-
zern ist, würde ich auf sie wetten.
> Traveler Jones
> Um eines klarzustellen: Diese kleine Wanderbewegung
kostet den Schwarzwald nicht viel Bevölkerung. Die Ge-
meinde ist klein. Hier leben vielleicht insgesamt 500 Trol-
le. Der Nachteil ist, dass es von den anderen Metatypen
fast niemanden gibt. Die Trolle werden zwar ständig mehr,
aber weil nur sie willkommen sind, gibt es Grenzen dieses
Wachstums, vor allem wegen der finanziellen und sozialen
Stellung der meisten Trolle. Von Seattle hierherzukommen
könnte einen Troll leicht über 50k kosten, und ich weiß
nicht, wie viele von ihnen sich das leisten können.
> Icarus
> Weil dieses Thema angeschnitten wurde, möchte ich
gleich etwas dazu beitragen. Wenn ihr dorthin wollt und
bereit seid, euch helfen zu lassen, geht in eure örtliche
Niederlassung von Evo. Fragt nach einem Kontakt mit Vice
in Wladiwostok. Er ist kein Troll, aber eine Connection, von

der man ein Ticket bekommen kann. Er hat unter diesem
Namen in den Schatten gearbeitet, ist aber jetzt weltweit
als Johnson für Evo tätig.
> Hard Exit
> Verdammter Verräter.
> Hard Rock
> Verdammter Anfänger.
> Hard Exit
> Wen nennst du hier Anfänger?
> Hard Rock
> Lauf mal eine Meile weit in meinen Schuhen. Dann erlaub
dir ein Urteil über den Kurs, den ich einschlage.
> Hard Exit
> Das ist Philosophen-Drek. Das Leben ist hart. Das wissen
wir alle. Aber ich würde lieber sterben, als das Joch der
Konzerne zu nehmen. Orkliebe für immer!
> Hard Rock
> Bei Evo gibt es viel Liebe für Orks, junger Chummer. Das ist
sozusagen die Masche des Konzerns. Sie beweisen, dass
sie Empathie für die Metas haben, an denen sie Milliarden
verdienen, weil sie die Trolle in ihrer abgelegenen kleinen
Stadt leben lassen – fern von einer Welt, die sie noch nicht
verstehen kann. Und vielleicht nie verstehen wird. Aber
Evo versteht sie.
Verdammt, das hört sich an wie eine Evo-Werbung.
> OrkCE0
Ich sollte mich nicht ausschließlich auf Trolle kon-
zentrieren, auch wenn die im Titel vorkommen, weil
auch die Orks eine feste Verankerung in den Fjor-
den Finnlands gefunden haben. Tatsächlich leben
sie an vielen Orten der Union recht gut, von denen
die meisten aber eines gemeinsam haben: Wasser.
Die Orks in der Skandinavischen Union werden in
Massen als Dockarbeiter und Schiffsbesatzungen
in den Küstenorten und Städten engagiert. Wo es
einen Anlegeplatz gibt, findet man auch eine Ork-
gemeinde, die dort arbeitet.
Und das ist Segen und Fluch zugleich.
In jeder Stadt ist die Orkgemeinde so etwas wie
eine eigene kleine Gang. Das ist nicht die allerbe-
ste Analogie, und die Orks verdienen die negativen
Assoziationen nicht, die damit einhergehen. Aber
sie sind Außenseitern gegenüber nicht besonders
freundlich – besonders nicht gegenüber anderen
Orks. Die Konkurrenz um diese Arbeitsplätze ist
groß, und jede Gruppe will die besten und stärk-
sten Mitglieder haben. Oft werden die Schwäch-
sten ausgestoßen, die dann an einem anderen Ort
nach Arbeit suchen. Sie werden an den meisten an-
deren Orten nicht im besten Licht gesehen. Diese
Bewegungen sind manchmal strategisch und die-
nen dazu, die Heimatgemeinde zu stärken, indem
<< DAS LEBEN ALS TROG IN ...
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
ein Ork in eine andere Gemeinde geht, um Zwie-
tracht zu säen. Es ist ein interessantes Schachspiel
zwischen Gruppen von Individuen, die von den
meisten Leuten als große dumme Muskelberge be-
trachtet werden.
Die wirklich Ausgestoßenen enden meistens auf
Frachtschiffen und Fischerbooten. Es ist besser,
zur See zu fahren, als sich mit Rassismus und Aus-
grenzung an Land auseinanderzusetzen. Auf den
Schiffen steigen sie schnell auf, weil sie hart arbei-
ten und besser sein wollen. Dabei schadet es auch
nicht, dass sie selten kleiner als sogar die größten
der anderen Leute an Bord sind. Trollen geht es auf
Schiffen weniger gut, Elfen haben zwar Gleichge-
wichtsgefühl, aber nicht die Kraft, und Menschen
sind einfach schwächer. Der einzige Metatyp, der
ihnen Konkurrenz macht, sind die Zwerge. Sie ha-
ben gleichzeitig starke Arme und technische Fä-
higkeiten auf ihrer Seite. Zum Glück fühlen sich die
meisten Zwerge auf dem Wasser nicht sehr wohl.
Die kurzen Beine und dicken Muskelstränge bewäh-
ren sich schlecht, wenn man Wasser treten muss.
Weil die meisten Chummer, die das lesen, nicht
unbedingt nach Arbeit an den Docks oder auf See
suchen, ist diese Information nicht nur für die Ein-
heimischen wertvoll. Am besten ist es, wenn ihr
eure Absichten von Anfang an klarmacht, wenn ihr
mit den Orks der Union freundliche Beziehungen
aufnehmen wollt. Selbst wenn ihr eine Mærsk-La-
dung versenken oder kapern wollt, ist es besser, ih-
nen zu sagen, dass ihr nur deswegen hier seid, statt
zu versuchen, sie einzulullen. Wenn ihr zu freund-
lich seid, könnten sie auf die Idee kommen, dass ihr
für eine andere Gemeinde arbeitet. Am besten ist
es, die Lage auszukundschaften und herauszufin-
den, wer an den Docks arbeitet und ob jemand bei
der Sicherheit tätig ist. Dann könnt ihr versuchen,
von den Dockarbeitern Informationen zu bekom-
men. Die meisten haben viel weniger Probleme da-
mit, wenn ihr bei ihnen Erkundigungen einzieht und
ihnen damit die Chance gebt, die Ihren vor Schwie-
rigkeiten zu warnen.
> Achtet auf die Mistkerle von Mærsk Särskilda Skyddgrupp,
die in den Bars rumhängen, in denen ihr mit den Orks
Verbindung aufnehmen wollt. Sie sind dort, um Streit mit
harten Kerlen anzufangen und Unternehmungen gegen
Mærsk auszuspionieren.
> Picador
Insgesamt ist die Skandinavische Union nicht der
allerbeste Lebensraum für Trogs, aber es gibt sehr
angenehme Nischen. Andererseits sind es gerade
die Nischen – diese Klischeejobs für Orks und Trolle
–, aus denen wir rauskommen wollen, oder? Peikko
Kotiin bietet viele Möglichkeiten für Trolle, ist aber
abgeschottet und isoliert, was einem Großteil der
Welt wahrscheinlich ganz recht ist. Und auch der
Kampf der Orks für ihre Gemeinden bringt mich
41
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
zum Nachdenken. Im Prinzip sind sie dadurch darin
gefangen, untereinander zu kämpfen, statt sich im
Rest Skandinaviens zu verbreiten.
Tja. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass sich
meine Meinung während des Schreibens in diese
Richtung entwickelt, aber wahrscheinlich stimmt
das, was mir diese Trolle erzählt haben. Das Schrei-
ben gibt ihnen Kraft. Man denkt mehr über die
Worte nach als beim bloßen Aussprechen. Man er-
greift von ihnen Besitz.
Wenn ich die Sache in diesem neuen Licht be-
trachte, ist hier wohl der beste Platz, um die Daten
zu platzieren. Runner der Welt: Hier werden ein
paar Aufrührer und Anarchisten gebraucht. Geht in
die Skandinavische Union und helft den Trollen und
Orks, ihren verdienten Platz einzunehmen, nicht
den Platz, an den man sie gestellt hat.
> Interessante Wendung. Ich finde es gut, dass er das am
Ende gebracht hat und nicht das ganze Ding umgeschrie-
ben hat. Es ist in dieser Welt selten zu beobachten, dass
sich jemand zum Besseren wandelt, noch seltener in un-
serer Branche und extrem selten in diesem VPN. Gut ge-
macht, Northern.
> Stone
> Northern ist tot. Er hat diesen Artikel abgeschickt, fuhr
nach Skandinavien, kam bis nach Finnsnes und fand he-
raus, wie verkommen diese Stadt geworden ist. Ruhe in
Frieden, Chummer. Deine Worte sind für immer hier. Und in
den Resonanzräumen, wenn Cat recht hat!
> Slamm-0!
AVALDSNES
GEPOSTET VON: 2XL
Ich werde euch nicht sagen, wie ich diese Leute
finde, weil ich es selbst nicht genau weiß. Ich habe
alle Argumente gehört: dass sie die schlimmsten
Klischees über Orks und Trolle erfüllen und nur die
Leute bestärken, die denken, dass wir bloß brutale
Wilde sind. Dass sie zeigen, dass Orks und Trol-
le nicht nach den Regeln der Gesellschaft spielen
müssen, dass sie ihren eigenen Regeln gehorchen
können und trotzdem etwas Starkes und Funktio-
nierendes aufbauen können. Dass sie aus eigenem
Antrieb zu Unabhängigkeit und Stärke gefunden ha-
ben. Dass sie Gefahr laufen, von der leicht zu igno-
rierenden Mücke zum lästigen Moskitoschwarm zu
werden, was die Mächte im Hintergrund dazu brin-
gen könnte, sie zu zerquetschen.
Wie gesagt, ich bin unschlüssig. Ein Teil von mir
verdreht jedes Mal die Augen, wenn ich von ihnen
höre. Ein anderer Teil von mir will ausreißen und
sich ihnen anschließen. Ich versuche, die Tatsachen
so unverzerrt wie möglich darzustellen, damit ihr
selbst entscheiden könnt.
42 DAS LEBEN ALS TROG IN ... >>
Thorben Lange (Order #29309514)
Vor der Südwestküste Norwegens liegt die Insel
Karmøy, an deren nördlichem Ende das Dorf Avald-
snes liegt, die Heimat von Harald Schönhaar, dem
ersten König Norwegens. Macht euch bereit für eine
Zeitreise, wenn ihr dorthin kommt. Es gibt kein ein-
ziges ARO und kaum moderne Architektur. Das be-
deutet nicht, dass es keine Matrix gäbe; sie tritt nur
subtil auf. Wenn ihr die Matrix braucht, erreicht ihr
sie über den Bildschirm eures Kommlinks oder viel-
leicht über ein ARO, das nur ihr zu sehen bekommt.
Ein paar Dächer sind mit Grassoden gedeckt, und
sehr wenige Häuser sind höher als drei Stockwerke.
Das imposanteste Gebäude ist eine steinerne Kir-
che mit einem großen, quadratischen Turm. Das ist
die Sankt-Olav-Kirche, die ursprünglich als christ-
liche Kirche im 13. Jahrhundert erbaut wurde. Sie
hat zwar immer noch ihre christliche Funktion, wird
aber auch von Anhängern anderer Religionen, be-
sonders derer der alten Götter Norwegens, benutzt.
Das Dorf verblasst allerdings im Vergleich zu den
Schiffen.
Meistens liegt eine ganze Flotte von Langschiffen
im Karmsund. Sie bilden das Erscheinungsbild alter
Wikingerschiffe nach, sind aber deutlich größer und
brauchen weder Segel noch Ruder. An den Seiten
sind einige Motoren angebracht, die ihnen dieselbe
Manövrierfähigkeit wie Ruderschiffen geben. Sie
sind natürlich deutlich schneller, als die Langschiffe
es waren, weil eine Höchstgeschwindigkeit von
zehn Knoten für moderne Kämpfe völlig unzuläng-
lich wäre. Und dafür werden sie benutzt.
Die Orks und Trolle von Avaldsnes wollen ihr
Wikingererbe beleben, was bedeutet, dass sie je-
den überfallen, den sie überfallen wollen. Andere
Dörfer in der Skandinavischen Union sind für sie
am leichtesten zu erreichen, aber manchmal fahren
sie zur Abwechslung auch zu den Britischen Inseln
oder zu den Küsten der Allianz Deutscher Länder.
Damit lassen sie auch die Situation zu Hause ein
wenig abkühlen.
Was uns zum Rätsel dieses Dorfes bringt: Warum
wird es geduldet? Die Untaten seiner Bewohner
sind wohlbekannt. Die Schiffe wurden bei deutlich
mehr als einem Dutzend Überfällen identifiziert, je-
der weiß, wo sie ankern, und kein Bewohner von
Avaldsnes hält damit hinter dem Berg, was die Wirt-
schaft am Laufen hält. Warum greift die Regierung
nicht ein und kümmert sich nicht um ein Problem,
dass wirklich nicht mehr als eine Piratenbande ist?
Weil diese Piraten gerüchteweise viel eher Frei-
beuter sind. Die Wikinger von Avaldsnes wählten
die Ziele ihrer ersten Überfälle eher willkürlich aus.
Sie beschossen einfach küstennahe Gebäude, gin-
gen an Land und sahen nach, ob sich etwas Wert-
volles darin finden ließ, das nicht durch den Be-
schuss zerstört worden war. Es dauerte allerdings
nicht lange, da wurden die Überfälle zielgerichteter,
konzentrierten sich auf Konzernlagerhäuser und
zielten viel effektiver auf besonders wertvolle Gü-

ter ab, zu denen auch teure Elektronik, teure Mode
und legale, halblegale und illegale Pharmazeutika
gehörten. Güter im Wert von Millionen Nuyen wur-
den zerstört und/oder gestohlen. Nicht ganz zufäl-
lig blühte der Schwarzmarkt in Westnorwegen auf,
die Qualität der Gebäude in Avaldsnes wurde bes-
ser, und die Flotte wurde größer.
> Hier liegt eine Besonderheit dieses Ortes: Die Langschif-
fe sind von keinem bekannten Modell, und es gibt keine
Berichte darüber, wer sie nach Avaldsnes verkauft. In der
Stadt gibt es keine Werften, also werden sie nicht dort ge-
baut. Wo kommen sie her?
> Sounder
Offiziell hat die Skandinavische Union die Sied-
lung für gesetzlos erklärt und jede Unterstützung
in diesem Gebiet beendet. Die Piraten scheinen
ziemliches Glück zu haben, trotz der allgemeinen
Bekanntheit ihrer Basis mit diesem Schicksal davon-
gekommen zu sein, und die Regierungen Deutsch-
lands und des Vereinigten Königreichs haben mehr-
fach protestiert. Wenn diese Proteste weiter auf
taube Ohren stoßen, kann man davon ausgehen,
dass die geschädigten Parteien zu Maßnahmen
greifen, die über Protestnoten hinausgehen werden.
<< DAS LEBEN ALS TROG IN ...
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
Die Wikinger beantworten diese Proteste na-
türlich mit „Traut euch nur“. Ihr Anführer, der sich
nach einem alten Wikingerkönig Hardrada nennt,
hat Avaldsnes zu einer „Freien Stadt“ (oder einem
freien Dorf, egal) erklärt und sagt, dass seine Leu-
te gemäß einem alten Kodex leben, wie sie wollen,
und sich nicht davon abhalten lassen werden. Das
ist eine mutige Ansage. Hardrada und seine Leute
haben zwar nette Schiffe und einen Ruf als wilde
Kämpfer, aber sie sind leichte Ziele. Wenn jemand
beschließt, dass es ihm egal ist, die Skandinavische
Union zu verärgern, könnte er das ganze Dorf ein-
fach auslöschen. Ich glaube, dass das eher eine Fra-
ge des „Wann“ als des „Ob“ ist.
Falls ihr es noch nicht erraten habt: Der Grund
dafür, dass ich das hier poste, ist, dass die über-
wiegende Mehrheit dieser Neo-Wikinger Orks und
Trolle sind, daher ist Avaldsnes ein sehr ork- und
trollfreundlicher Ort. Es gibt einige Theorien dazu,
warum das so ist. Diese reichen von den unschul-
digen und wahrscheinlich richtigen (Hardrada ist
ein Ork und brachte zuerst seine Freunde mit, die
brachten ihre Freunde mit und so weiter; und Trogs
kennen Trogs) bis zu den beleidigenden (Orks und
Trolle lieben Gewalt, also werden sie natürlich von
dieser Gruppe angezogen!).
43
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
> Natürlich ist es beleidigend, wenn man sagt, Orks und
Trolle seien von Natur aus gewalttätig. Aber es stimmt an-
dererseits auch, dass Gruppen, die an den Rand gedrängt
werden, oft wenig andere Möglichkeiten als die Kriminali-
tät sehen.
> Sunshine
Die gute Nachricht ist also, dass Orks und Trolle
hier in einer sicheren, blühenden Gemeinschaft vor
der Westküste Norwegens leben können, wo es nie
zu heiß wird und der Ozean verhindert, dass es zu
kalt wird. Die einzig schlechte Nachricht ist, dass
jederzeit ein Konzern oder eine Nation beschließen
könnte, die Siedlung einfach auszuradieren.
YAKUT’A SAGTE, HIER > Ihr SCHEISSER! Das ist BullSHIT! Ihr könnt nicht …
> Clockwork
SEI ES SO KALT
GEPOSTET VON: NEILB4M3 (ALIAS SILK
ROAD CYBER)
Der Titel ist etwas seltsam, passt aber für diese
Gegend. Verfluchtes Sibirien! Das Land hatte seit
Jahrtausenden einen schlechten Ruf, und der Über-
gang der Macht auf einen einheimischen Geist hat
an den lokalen Eigenheiten wenig geändert. Was
wenig überraschend ist, weil der Geist ebenfalls
von hier ist. Hm. So habe ich das noch gar nicht
gesehen.
Egal. Es geht um Orks und Trolle und die Orte der
Welt, an denen sie leben. Ich habe mich in ein paar
Chats herumgetrieben und dort zufällig Clockwo-
rk getroffen. Er ist nicht die beste Quelle, aber ein
Hobgoblin ist auch ein Ork, oder? Er erwähnte, dass
die Crew bei JackPoint ein paar Daten über Orks
und Trolle sammelt. Das regt ihn maßlos auf, weil er
sicher ist, dass alle Poster nur Scheiße labern oder
– schlimmer noch – vielleicht gar keine Orks oder
Trolle sein könnten. Als ob die Sicht anderer Leute
keine Rolle spielte. Ich gehe also raus, tausche ein
bisschen Code aus und komme mit der fiesesten
Neil-der-Orkbarbar-Persona zurück, die es gibt. Das
würde sich nur ein Ork trauen, oder? Ich rede also
mit Clockie auf Or’zet, haue ihm „Meine Oma kann
deine Oma umhauen“ um die Ohren, und er spuckt
wieder Gift und Galle. Mein Ansatz hat wunderbar
funktioniert. Er kommt wieder auf das Trog-Thema
zurück, und schon bin ich dabei und biete einen
Bericht über Jakutien an. Warum Jakutien? Weil es
Jakutien ist und Trolle und Orks problemlos in die
ganze Freakshow passen. Ich will niemanden belei-
digen. Ich sage nur, dass dieses Land verrückt ist.
Aber auf eine Weise verrückt, die für eine Gruppe
von Leuten gut ist, die einen Ort sucht, wo sie ver-
standen und nicht gefürchtet wird. Also, Clockie,
wenn du das liest, wisse, dass „NeilB4M3“ ein to-
taler Norm ist. Ein „Drek-Smoothie“, wie du uns
44 DAS LEBEN ALS TROG IN ... >>
Thorben Lange (Order #29309514)
nennst. Aber das mache ich dir nicht zum Vorwurf.
Dich scheint hier auch keiner zu mögen.
> Der Scheißer ist tot!
> Clockwork
> SCR wurde vor zwei Sekunden offiziell als Mitglied bei
JackPoint aufgenommen. Wenn du ihn anrührst, ist dein
Zugang weg, „Clockie“!
> Slamm-0!
> Äh. Ich glaube nicht, dass wir darüber abgestimmt haben.
> Glitch
> Ich stimme mit ja.
> Bull
> Da fällt der Bannhammer.
> Bull
> Warum hast du das gemacht? Ich glaube, er wollte gerade
„noch toller werden, als ihr schon seid!“ sagen.
> Slamm-0!
> Übertreib es nicht, Slamm-0! Du bewegst dich auf dünnem
Eis, und es wird langsam warm.
> Glitch
Jetzt zu meinen Referenzen, obwohl ich sicher
schon ein paar Leute gewonnen habe, weil ich’s
Clockwork gegeben habe. Ich bin ein ausgezeich-
neter Hacker, der meistens für die Karawanen auf
der Seidenstraße arbeitet. Ich war sehr oft in Jaku-
tien, weil ich nicht vom Schreibtisch aus arbeite.
Ich bin oft genug im Auftrag verschiedener Orga-
nisationen mit Akronymen Kugeln ausgewichen,
fand das Pseudo-Schattenleben aber interessanter,
wenn meine Auftraggeber wenig Geld hatten. Wie
gesagt bin ich ein Mensch. Ich bin kein Orkposer
oder Troll-Groupie. Ich erkenne nur, wenn eine
Gruppe von Leuten mehr Anerkennung verdient,
als die öffentliche Wahrnehmung für sie bereithält.
Und eines muss ich gleich sagen: Ich benutze das
T-Wort nicht. Das steht mir nicht zu. Ich kenne vie-
le Orks und Trolle, die damit ganz achtlos um sich
werfen, aber ich kenne meine Rolle in diesem Spiel.
Zu Jakutien: Dieses Land ist für zähe Leute ge-
macht. Das trifft ganz sicher auf Orks und Trolle
zu. Kaum jemand könnte zäher sein, aber sogar
sie werden manchmal von Mama Jakutien durch-
gekaut und ausgespuckt. Die Landschaft ist eine
Mischung aus flacher, gefrorener Hölle, hügelig-ei-
sigem Hades und klirrend kaltem Bergjenseits.
Man hätte sich beim Abschneiden eines Stücks
von Mütterchen Russland kaum ein abweisenderes
Grundstück aussuchen können. Aber das passiert

wahrscheinlich, wenn ein Geist dabei hilft, dieses
Stück abzuschneiden, dem die Temperatur völlig
egal ist, solange das Mana warm ist. Jedenfalls ist
die Gegend in Jakutien vor allem offenes Land und
wirklich kalt. An der Südgrenze und der Nordküste
liegen ein paar Städte verstreut, aber der Großteil
des Landes in der Mitte ist unbewohnt.
Zumindest von Metamenschen. Die Wildnis Ja-
kutiens ist der Grund für die Entzweiung der Na-
tion. Die Hiesigen haben mit Vernya einen Deal
geschlossen, um von Russland frei zu werden. Als
ihnen dieser Wunsch allerdings erfüllt wurde, er-
kannten sie, dass sie diese Region nicht alleine als
Land ihrer Ahnen beanspruchten. Vernya wusste
schon lange vor den Einheimischen von der großen
Bevölkerung von Gestaltwandlern, und die wuss-
ten, auf welche Seite sie sich im Konfliktfall schla-
gen würden. Die Gestaltwandler wurden zu Ver-
nyas Antwort auf den KGB, und in Jakutien brach
eine Rebellion aus.
Und hier haben die Orks und Trolle eine Nische
gefunden. Gestaltwandler sind zäh. Trolle und Orks
sind zäh. Vernya hat ihre Kämpfer. Die Sagan Zaba
(das sind die Rebellen, aber sagt das nie zu ihnen)
locken Orks und Trolle an, damit die ihre Kämpfer
werden. Und diese Orks und Trolle werden auch
dazu ausgebildet, mehr als nur Kampfmaschinen
zu sein. Technische Fähigkeiten, mechanische Fä-
higkeiten, Computer, Taktik und Medizin. Den
Muskeln der Metawelt wird alles angeboten, was
man sich denken kann, wenn sie sich der Sache an-
schließen wollen. Weil ich keine Werbung machen,
sondern informieren will, sage ich auch, dass viele
Orks und Trolle ankommen, sich ausbilden lassen
und dann nach Süden zur Seidenstraße abhau-
en und die nächste Karawane nach Wladiwostok
nehmen. Nicht alle, aber einige. Es bleiben genug
von ihnen, dass die Sagan Zaba sie nicht mit Ein-
schränkungen zum Bleiben zwingen, aber wenn sie
gegangen sind, sollten sie besser nicht wiederkom-
men. Die Sagan Zaba besitzen eine klassische rus-
sische Grausamkeit und stellen Deserteure vor die
Wahl zwischen dem langsamen Tod durch Auswei-
den und Vierteilen oder dem schnellen Tod durch
Verfüttern an die Schweine. Und sie haben durch-
aus Zugtiere, die Trolle vierteilen können.
> Die Söldnereinheit Amur Tigers schickt ihre Rekruten nach
Jakutien. Zweimal. Beim ersten Mal sollen sie gegen die
Sagan Zaba kämpfen. Beim zweiten Mal ist ihre „Initiati-
on“ die Jagd auf Gestaltwandler. Sie verlieren dabei vie-
le Anfänger, aber wenn jemand diese beiden Prüfungen
besteht, beweist er, dass er fähig ist, dieser Eliteeinheit
anzugehören.
> Picador
So sieht das große Bild mit seinen Schattenseiten
aus. Es gibt aber auch schönere Seiten. Zum Bei-
spiel Nowy. Die Wandernde Stadt nimmt alle auf,
<< DAS LEBEN ALS TROG IN ...
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
die mit dem herausfordernden Leben fertigwerden
können. Wenn eine kleine Stadt sich alle paar Mo-
nate bewegt, bedeutet das nicht nur ein nomadi-
sches Leben, sondern auch harte Arbeit bei ihrem
Auf- und Abbau, die fast mit dem Mondzyklus nö-
tig wird. Die Orks und Trolle in Nowy sind fast die
ganze Zeit über mit dem Aufbauen, dem Abbauen,
dem Aufrechterhalten der Ordnung und dem Ver-
hindern des Implodierens oder Auseinanderbre-
chens der Stadt beschäftigt. Nowy ist eine Stadt
des Handels, und wo es Handel gibt, gibt es Betrug
und Diebstahl. Jemand musste die Sicherheits- und
Polizeiaufgaben übernehmen, und wer wäre dafür
besser geeignet als die größten Jungs, die leichter
mit den Gestaltwandlern fertigwerden, wenn diese
Schwierigkeiten machen.
Das zweite Schöne hat ebenfalls mit Nowy zu
tun, ist aber jetzt davon getrennt. Weil Nowy immer
mehr Orks anzog, die Arbeit suchten, kam es zu ei-
ner Art Überbevölkerung. Zu viele Orks bedeute-
ten, dass man zwischen Umzügen zu viele Sicher-
heitsleute hatte und es auch während der Umzüge
zu wenige Jobs für sie gab. Die Überzähligen konn-
ten nirgendwo anders hin, und nach zu vielen be-
trunkenen Ausschreitungen in ihrer Freizeit bat man
sie höflich, die Stadt zu verlassen. Sie waren damit
nicht glücklich, wollten aber nicht alles verderben.
Sie legten ihr Geld zusammen, bettelten ein wenig
bei denen, die Arbeit hatten, und kauften Zelte und
Tiere – sowohl Reittiere als auch Zuchttiere, weil sie
einen langfristigen Plan hatten.
Bevor ich weiter darüber spreche, muss ich noch
über die „Reittiere“ sprechen. Ich benutze dieses
Wort, weil ich sicher bin, dass ihr noch nie von ei-
nem Bajanai oder Hinkon gehört habt. Beide sind
Erwachte Varianten des besser bekannten Jakuti-
schen Pferds. Das Bajanai ist ein massiges Lasttier,
das mehr als doppelt so groß ist wie das kleine, ge-
drungene Jakutische Pferd, aber ähnlich aussieht,
nur mit einer kürzeren Schnauze und einem etwas
längeren Hals. Das Hinkon ist ähnlich groß, aber
sein Körper ist wie bei einem Nashorn gepanzert,
der Hals ist kurz und dick, und das Maul zeigt vor-
springende Hauer wie bei einem Wildschwein und
messerscharfe Zähne. Das sind die „Reittiere“, von
denen ich spreche.
Die Trennung geschah vor über zehn Jahren. Die
abgespaltene Orkgruppe erlebte gute und schlech-
te Tage, konnte ihren Plan aber umsetzen. Sie konn-
te mit ihren Pferden und Zelten in der Nähe von
Nowy bleiben, wenn sich die Stadt bewegte. Nach
ein paar Jahren wandten sich die Anführer dieser
orkischen Reiter an die Regierung der Stadt. Sie
hatten der Stadt bereits einen wertvollen Dienst
erwiesen, ohne nach Lohn zu fragen, und sich so
nützlich gemacht. Sie kundschafteten den Weg aus
und fanden passende Niederlassungsgebiete in
vertretbarer Entfernung. Sie ritten zu nahegelege-
nen Siedlungen und verkündeten, dass Nowy kam.
45
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
Dann patrouillierten sie in der Umgebung und hiel-
ten größere Mächte oder natürliche Bedrohungen
wie die einheimischen Erwachten Bären fern. Die
Stadt erkannte ihren Beitrag an, sah, wie nützlich
sie waren, und machte sie zu einem offiziellen Teil
der Polizei. Das war für sie ein wunderbarer Tag,
aber noch schöner für den Rest der Welt, weil sie
sich von Toskanskiye Naletchiki zu Novyy Karaul
umbenannten. Das Erste war ein bisschen witzig,
wenn man einen hundert Jahre alten Sinn für Hu-
mor hat, aber beide Namen zeigten, dass Orks sehr
unoriginell sein können.
Die Truppe nimmt jetzt neue Reiter auf, aber man
muss mindestens ein Jahr lang in Nowy arbeiten.
Danach kann man um Aufnahme bitten und mit der
Ausbildung zum berittenen Kämpfer beginnen. Wer
sich anschließen will, kauft oft ein Bajanai von den
Händlern in Nowy, um reiten zu können, während
sich die Stadt bewegt. Wenn die Stadt steht, verleiht
man das Tier oft an die Novyy Karaul, die es rich-
tig ausbilden. Das ist eine teure Investition, die sich
nicht immer bezahlt macht, weil die Novyy Karaul
keine Haftung für Trainingsunfälle übernehmen.
Und weil ich nicht nur eine Seite einer Geschich-
te erzählen will, behandle ich auch das Leben als
Ork oder Troll in den Teilen Jakutiens, die von Ver-
nya beherrscht werden, weil das ziemlich einfach
ist. Vernya vertraut ihren Gestaltwandlern. Die Ge-
staltwandler vertrauen Metamenschen nicht. Ge-
mäß der Logik, die ich in der Schule gelernt habe
und an die ich mich nicht genau erinnere, vertraut
also Vernya den Metamenschen nicht. Das ist nicht
völlig allgemeingültig, aber die letzten Metamen-
schen, denen sie geholfen hat, beschafften sich ein
Artefakt, mit dessen Hilfe sie gegen sie rebellieren
konnten. So etwas wirkt nicht gerade vertrauens-
bildend.
Vernya vertraut vielleicht Metas nicht, aber sie
vertraut dem Instinkt. Und der Überlebensinstinkt
ist sehr archaisch. Man kann sich darauf verlassen,
dass jemand etwas tut, um zu überleben, beson-
ders, wenn es sich um naheliegende Dinge statt
um große Ziele handelt. Vernya hat keine Probleme
damit, alle in den Städten leben zu lassen, die sie
beherrscht. Wer allerdings Schwierigkeiten macht,
verschwindet in den Minen. Buchstäblich. Vernya
setzt Schwerarbeiter in ihren Minen ein, um die na-
türliche Ordnung in ihrem Reich zu erhalten. Kei-
nerlei Maschinen, nur altmodische Spitzhacken,
Schaufeln, Blut, Schweiß und Tränen.
Und welche Metamenschen schickt sie wohl am
liebsten in diese unterirdischen Todeslager? Ge-
nau: Orks und Trolle! Eigentlich stehen Zwerge
ganz oben auf der Liste, aber die schaffen es oft, ihr
durch die Finger zu schlüpfen, wenn sie nach ihnen
greift. Das ist wohl der Vorteil des Kleinseins. Oder
vielleicht liegt es an dem weltweiten Freundesnetz-
werk, das sie haben, aber das gehört in einen ande-
ren Artikel.
46 DAS LEBEN ALS TROG IN ... >>
Thorben Lange (Order #29309514)
Seid also gewarnt. Geht auf eigenes Risiko nach
Jakutien. Legt euch mit niemandem an (oder lasst
euch wenigstens nicht dabei erwischen), und bringt
unbedingt warme Kleidung mit.
> Möchte sich jemand dafür entschuldigen, meine Entschei-
dung angezweifelt zu haben, ihn reinzulassen?
> Slamm-0!
> Ich bin nicht wirklich sicher, dass wir ihn brauchen, aber
er hat Clockwork über den Tisch gezogen, um reinzukom-
men, also mag ich ihn.
> Kane
> Ich muss noch etwas anbringen, weil Neil sich gar nicht
mit der Hauptstadt beschäftigt hat. Ich mache ihm keinen
Vorwurf – es ist nicht einfach, in die Stadt rein- oder aus
ihr rauszukommen –, aber ich habe vor Kurzem Kontakt zu
einem Ork aufgenommen, der in der Stadt lebt, und wir ha-
ben uns in den letzten Monaten ein paar Mal unterhalten.
Ich gebe euch ein überarbeitetes Transkript dieser Unter-
haltungen. Einiges davon ist frustrierend undurchsichtig,
aber das muss wohl so sein, wenn man dauernd von ge-
staltwandelnden Spionen beobachtet wird.
Und wenn ihr hier seid und das lest, habe ich eines zu
sagen: Hi! Ich scheiß auf euch!
> Glitch
Koloff: Es gibt Leute, die sagen, hier sei es wie
überall anders auch. Man muss die Regeln lernen,
sich an die Umstände anpassen, und dann kann
man überleben.
Glitch: Stimmt das nicht?
Koloff: Es gibt viele Orte, an denen das nicht
stimmt. Es ist lächerlich, anzunehmen, dass das Le-
ben überall gleich schwierig wäre. Frag mal Leute,
die unter Saito in San Francisco gelebt haben und
dann ohne Saito dort gelebt haben. War das im-
mer gleich? Natürlich nicht. Es sind nicht alle Orte
gleich.
Glitch: Manchmal muss man sich also anpassen.
In Saitos San Francisco hatten es Metamenschen
schwer. Die meisten wären wohl geflohen, aber ei-
nige schafften es nicht. Sie mussten sich also ver-
stecken oder sich dem Regime irgendwie nützlich
machen. Damit unterstützten sie allerdings ein
System, das aktiv gegen ihresgleichen vorging. Das
sind schlimme Umstände. Hast du ähnliche Um-
stände erlebt?
Koloff: Tolstoi sagte, dass alle glücklichen Fami-
lien gleich, aber alle unglücklichen Familien ver-
schieden sind. Damit hat er nicht ganz recht. Es
gibt viele Arten, glücklich zu sein, und es gibt viele
Arten des Unglücks. Saito hat Metas ins Exil getrie-
ben, aber es gibt andere Orte, an denen ihnen nur
misstraut wird. Vielleicht wollen sie fortgehen, aber
das ist nicht einfach. Also müssen sie an einem Ort
bleiben, wo man von ihnen erwartet, für ihren Le-
bensunterhalt zu arbeiten, ihnen aber keine Arbeit

anvertraut, von der sie leben können. Sie müssen
an einem Ort leben, wo man sie nicht leben lassen
will, sie aber zum Bleiben zwingt. Das ist eine ande-
re Art des Unglücks.
Glitch: Kann man Leute wirklich zwingen, an
einem Ort zu bleiben? Lastwagen und Flugzeuge
bringen Güter, es gibt allerlei Fahrzeuge, die man
stehlen kann, und jeder hat Füße. Könnte man diese
Orte, von denen du sprichst, nicht einfach irgend-
wann verlassen, wenn man es wirklich wollte?
Koloff: Unterdrückung ist eine Wissenschaft.
Wirklich. Es gibt Leute, die sie ganz genau studiert
haben. Sie wissen genau, wie viel Schrecken man
anderen vermitteln muss, damit sie in einem dau-
ernden Angstzustand leben, ohne in chaotischen
Wahnsinn abzugleiten. Man sorgt dafür, dass jeder
Geschichten über jemanden kennt, der bei einem
Fluchtversuch sofort erschossen wurde. Man führt
willkürlich Verhöre durch, bei denen vier von fünf
Personen einfach befragt werden, die fünfte Per-
son aber gefoltert wird. Die Leute, die nur befragt
wurden, fangen an, sich als glückliche Überleben-
de zu fühlen.
Wenn man das richtig macht, kann man einen
Zustand der permanenten Unsicherheit erzeugen.
Weißt du, was Leute, die dauernd unsicher sind,
gerne machen? Sie trinken. Man muss also dafür
sorgen, dass sie immer genug von ihrem liebsten
einheimischen Schnaps haben, dann halten sie sich
ganz von selbst unter angenehm betrunkener Be-
täubung.
<Die letzten Absätze waren für die jakutischen
Zensoren offenbar zu explizit, und Koloff hatte etwa
zwei Wochen lang keinen Matrixzugang mehr. Un-
sere Unterhaltungen gingen bald darauf weiter.>
> Koloff versteht die grundlegenden Vorgehensweisen ge-
nau, aber in seiner Beschreibung fehlt die Information,
wie man Geschichten über Leute verbreitet, die rausge-
kommen sind. Man kann Staatsmedien haben, was gewis-
se Vorteile bringt, aber auch Nachteile hat, weil die Leute
beginnen, misstrauisch zu werden. Doppelagenten, Spio-
ne und Maulwürfe spielen bei jedem autoritären Regime
wichtige Rollen. Eine dieser Rollen ist die Informations-
verbreitung. Man muss Geschichten zur richtigen Zeit er-
zählen, Informationen preisgeben, die der Staat angeblich
verheimlichen will, und zu ähnlichen Tricks greifen.
> Sunshine
Glitch: Ich habe vor Kurzem eine interessante Ab-
handlung über körperliche Erscheinung und Identi-
tät gelesen.
Koloff: Was hat sie interessant gemacht?
Glitch: Sie beschäftigte sich mit den psychologi-
schen Folgen des Jahrs des Kometen – besonders
mit den Auswirkungen auf Transformierte, deren
Erscheinungsbild sich radikal veränderte. Man fand
eine höhere Rate an depressiven und schizophre-
nen Störungen bei diesen Personen, weil die verän-
<< DAS LEBEN ALS TROG IN ...
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
derte Erscheinung das Konzept des Selbst durchei-
nanderbrachte und manchmal zum völligen Bruch
mit der Realität führte.
Koloff: Hm. Interessant. Ich nehme aber an, dass
das daran liegt, dass sie keine Kontrolle über die
Veränderung hatten, oder? Wenn man beschließt,
sich selbst ein neues Aussehen zu verleihen, kann
das die Psyche stärken, statt sie zu schwächen.
Glitch: Gute Anmerkung. Stellen wir uns jeman-
den vor, der sein Aussehen so oft verändert hat,
dass er gar keinen Begriff mehr von seinem „ech-
ten“ Selbst hat. Welche Auswirkung hätte das wohl
auf eine Person?
Koloff: Unsicherheit. Vielleicht weiß man nicht
mehr, wer man in Wirklichkeit ist, und das könnte
zu Selbstzweifeln führen. Dadurch könnte man zum
aggressiven Schläger oder Narzissten werden und
andere unterdrücken, um die eigene innere Schwä-
che zu übertünchen.
Glitch: Würden die Ziele der Aggression zufällig
gewählt?
Koloff: Nicht zwangsläufig. Tyrannen greifen am
liebsten die Schwachen an, die in der gesellschaft-
lichen Hierarchie unten stehen. Wenn also die
Selbstzweifel auf die eigene Erscheinung konzen-
triert sind, könnte man gegen die Personen vorge-
hen, die wegen ihrer körperlichen Erscheinung ver-
achtet werden. Indem man sie unterdrückt, macht
man klar, dass man weniger verachtet werden darf,
weil man sie beherrschen kann.
Glitch: Das klingt nicht völlig logisch.
Koloff: Neurosen führen selten zu logischem Ver-
halten. Sie folgen psychologischen Bedürfnissen,
nicht der Logik.
> Das ist alles schöne Theorie, geht aber vielleicht zu sehr
ins Detail. Leute mögen Macht, und viele, die gut darin
sind, Macht zu erlangen, wissen, wie sie andere zum ei-
genen Vorteil entzweien können. So einfach kann das sein
– ohne die Psychoanalyse.
> Sounder
<Es folgte eine Lücke von ein paar weiteren Wo-
chen, bis eine stark verschlüsselte Datei ohne Si-
gnatur bei mir ankam. Der Verschlüsselungsalgo-
rithmus überzeugte mich, dass sie von Koloff war.
Das ist das Letzte, was ich von ihm hörte.>
EINE PARABEL
Es war einmal ein Wolf, der Schafhirte werden
wollte. Es war anstrengend, Schafe zu jagen und
den Schäfern und ihren Hunden auszuweichen.
Alles wäre viel leichter, wenn er seine eigenen
Schafe hätte. Natürlich gab es Hindernisse, dessen
größtes war, dass Schafe keine Wölfe mögen, was
es nicht leicht machte, sie zu versammeln und zu
versorgen. Sie würden dauernd vor ihm weglaufen
47
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
wollen, und ihre Angst würde sie vielleicht davon
abhalten, so zu leben und sich fortzupflanzen, wie
er es brauchte. Die Wölfe dachten darüber nach,
was sie tun konnten, damit die Schafe sie lieber
mochten. Schließlich kam ihnen eine Idee: Bären.
Bären sind größer und stärker als Wölfe. Schafe
könnten sich vor Bären noch mehr fürchten als vor
Wölfen. Natürlich würden die Wölfe sie darin be-
stärken. Sie würden Plakate mit Bären als wilden,
gefährlichen Tieren aufhängen. Sie würden dafür
sorgen, dass die Schafe nur noch Angst kannten,
wenn sie Bären zu Gesicht bekämen. Die Schafe
würden die Wölfe dadurch vielleicht nicht lieber
mögen, aber sie würden wissen, dass sie keine Bä-
ren waren. Und wenn die Wölfe sie manchmal vor
den Bären beschützten und ein paar von ihnen aus-
schalteten, die als die schlimmsten Bedrohungen
gesehen würden … dann könnten die Schafe damit
leben.
> Im Moment will niemand wirklich nach Jakutsk. Man
kennt nicht viele Details, und hier haben wir nur die sub-
jektive und verschleierte Meinung einer Person, aber die
Warnung ist überdeutlich. Man sollte sich als Trog von
dort fernhalten – wenn man nicht zu den Leuten gehört,
die sich unbedingt in Gefahr begeben wollen.
> Glitch
48 DAS LEBEN ALS TROG IN ... >>
Thorben Lange (Order #29309514)
PARADIES FÜR EIN
PAAR WÜRFEL
GEPOSTET VON: CARIB ORK
Wenn man nach einer Zuflucht für sein Volk sucht
und das Glück alles zu sein scheint, was man auf
seiner Seite hat, spielt man dieses Spiel, bis das
Glück verbraucht ist. Damals, im Jahr 2074, war
Brig „Big Jimmy“ James ein durchschnittlicher
Craps-Croupier in Atlantic City. Er hatte zwar einen
coolen Spitznamen, aber den hatte er sich im Grun-
de nur durch seinen verwirrenden Namen und sein
leichtes Gewichtsproblem erworben. Was ihm an
gutem Aussehen und Persönlichkeit fehlte, machte
er durch den Drang dazu wett, die Orks der Welt
als Volk zu versammeln und sie dazu zu bringen,
nicht mehr nach der Pfeife der Gesellschaft zu tan-
zen. Das war ein hochgestecktes Ziel, und er hat-
te auch keinen echten Plan, um es zu erreichen. Er
predigte in Matrixforen, was nur dazu führte, dass
er zum Ziel der Matrix-Trolle wurde (nicht die mit
Hörnern).
Was Brig aber auf seiner Seite hatte, waren Glück
und ein gewisses Verständnis für Glücksspiele, wo-
bei ihm Craps das liebste war. Obwohl es ihm ei-

gentlich nicht gestattet war, gab Brig den Spielern
an seinem Tisch oft Ratschläge – vor allem denen,
die große Trinkgelder gaben, Pech zu haben schie-
nen oder Hauer hatten. Er wurde immer wieder ab-
gemahnt, verlor seine Stelle bei Caesar’s und lan-
dete schließlich an einem Tisch im Pharaoh’s East,
einer jämmerlichen Nachahmung des Luxor in Ve-
gas. Hier veränderte sich sein Leben vollständig.
Die Legende sagt, dass ein Elf mit dunkelrotem
Hut und schwarzem Mantel in einer besonders stür-
mischen Nacht an seinem Tisch Platz nahm. Er hatte
wenig Glück, und Big Jimmy gab ihm ein paar Rat-
schläge zur rechten Zeit. Der seltsame Elf hatte da-
nach mehr Glück, und als er Big Jimmy das Trinkgeld
gab, überließ er ihm die Besitzurkunde über ein rie-
siges Stück von Cayman Brac. Big Jimmy nahm die
Urkunde und gab sein weniges Geld für ein Ticket
nach Grand Cayman aus. Der Rest ist Geschichte.
Ich mag die Legende. Sie macht es für all die Orks
romantischer, die nach Ork Brac gekommen sind,
um ein friedlicheres und ruhigeres Leben zu führen.
Versteht mich nicht falsch: Das Leben hier ist kein
Honigschlecken, aber man lebt auf einer Karibikin-
sel. Leider stimmt die Story nicht, und es kann in
unserer Branche schlecht für die Gesundheit sein,
wenn man die wahre Geschichte nicht kennt.
Dieser Teil der Cayman Islands gehörte Sir Archi-
bald Wimship. Er war ein britischer Aristokrat mit zu
viel Geld und zu vielen nah verwandten Vorfahren,
aber eine Zeit lang ein brillanter Kopf der Wissen-
schaft. Mitte der 60er brachte er die Forschung zur
Kommunikation zwischen verschiedenen Spezies
deutlich voran und erhielt tatsächlich aus Dunkel-
zahns Nachlass die 40 Millionen Nuyen und eine
der Cayman Islands. Bald nach dem Erfolg seines
Projekts wurde ihm die Technologie allerdings von
einem der Megakonzerne gestohlen, was ihn ex-
trem paranoid werden ließ. Nachdem er sein La-
bor und seine Forschungsergebnisse verloren hat-
te, versenkte er den Großteil seines Vermögens in
Cayman Brac, der östlichsten der Cayman Islands,
die er aus Dunkelzahns Nachlass ausgewählt hat-
te. Er bekam allerdings keine große leere Insel,
wie seine Paranoia sie verlangt hätte. Also nutzte
er sein riesiges Vermögen und die Nuyen, die ihm
Big D vermacht hatte, um die meisten Bewohner
von der Insel runterzukaufen, schaffte es aber
nicht, alle loszuwerden. Es gab einige Familien, die
ihr Heim auf der Insel um keinen Preis verkaufen
wollten. Die Familien, die bleiben wollten, bestan-
den fast ausschließlich aus Orks und Trollen. Sie
schätzten den Frieden und die Sicherheit, die seit
Dunkelzahns Übernahme der Inseln in den 20ern
ihr Geburtsrecht waren, viel zu sehr. Sie hatten hier
ein halbes Jahrhundert lang in Frieden gelebt. Sir
Archibald ließ sie bleiben – teils, weil er keine an-
dere Möglichkeit sah, teils, weil er nicht gewalttä-
tig war, und teils, weil sie seine Paranoia zu beruhi-
gen schienen.
<< DAS LEBEN ALS TROG IN ...
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
> Also hat jemand die Belohnung für diese Kommunikations-
sache bekommen, und die Draco Foundation hat nichts
gesagt?
> Sunshine
> Die DF hörte schon nach ein paar Jahren mit öffentlichen
Aussagen zum Testament auf. Jedes Mal, wenn die Welt
an das Testament erinnert wurde, kamen die Betrüger und
Bullshitter in Scharen aus ihren Löchern, also hielt sich
die Foundation diesbezüglich bedeckt.
> Frosty
> Aber dieses Ding scheint eine große Sache zu sein.
> Sunshine
> Das stimmt. Aber dann wurde die Forschung schnell von
einem Megakon „gestohlen“. Das stinkt geradezu danach,
dass sich die DF das Zeug gemäß dem geheimen Testa-
ment Dunkelzahns unter den Nagel gerissen hat.
> Plan 9
> Geheimes Testament?
> Skinner
> NEEEIN!!! Ermuntere ihn nicht. Unterhaltet euch anders-
wo, ihr beiden. Das Verschwörungsforum ist <hier>.
> Glitch
Eigentlich hätte sich bei Wimship die Paranoia frü-
her ausbilden sollen. Lange bevor er ein Wunder der
modernen Wissenschaft schuf und zur Zielscheibe
der Megas wurde, geriet seine Familie wegen ihrer
Sammlung interessanter Erbstücke ins Visier. Einige
Jahrhunderte lang hatten die meisten dieser Stücke
nur Sammlerwert. Als aber die Magie zurückkehrte,
bekamen sie plötzlich Macht. Vor Archibald hatte
die Familie Wimship starke Verbindungen zu vielen
Geheimgesellschaften Europas gehabt. Archibald
wollte mit ihnen nichts zu tun haben, wurde aber
zur Zielscheibe. Jeder Mordanschlag auf ihn traf
allerdings stattdessen ein Mitglied seiner Familie.
So wurde er zum Alleinerben des gesamten Wims-
hip-Vermögens.
Hatte er Glück? Offensichtlich. Das Glück, das
ihm ein Paar mit Runen verzierter Knochenwürfel
bescherte. Eines der vielen Erbstücke, die zufäl-
lig Erwachte Artefakte waren. Viel Geld plus viel
Verrücktheit plus viel Magie und dann noch die
eigene Insel führten im Ergebnis dazu, dass Archi-
bald die riesige Familiensammlung auf die Insel
brachte.
> Das stinkt nach Drachenmanipulation. Als hätte Dunkel-
zahn gewollt, dass dieser Kerl eine seiner Inseln bekommt
und die Artefakte der Familie dorthin bringt.
> Kia
Kehren wir jetzt wieder ins Jahr 2074 zurück. An
einem ruhigen Mittwochnachmittag ist Big Jimmy
49
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
der Stickman. Ein alter Mann – ein vornehmer bri-
tischer Gentleman – setzt sich hin und beginnt zu
würfeln. Es ist ruhig, und Jimmy, der Boxman (ähn-
lich wie ein Geber, nur dass es bei Craps keine Kar-
ten gibt) und der alte Mann spielen. Jimmy redet
über seine Träume von einer sicheren Zuflucht für
Orks, der Boxman sagt immer wieder, er solle ruhig
sein und sich konzentrieren, und der alte Mann hört
einfach zu.
Der Tag verrinnt, das Geschäft beginnt zu lau-
fen, und der alte Mann schlägt Brig eine Wette vor.
Spieler gegen Spieler – wie beim Straßencraps. Der
Boxman verschwindet, weil er nicht wegen Brig ge-
feuert werden will, und der alte Mann holt die Kno-
chenwürfel raus.
Er übergab sein Glück direkt an Big Jimmy, verlor
bei der Wette seine Insel, die Big Jimmy einen Ort
zur Verwirklichung seines Traums versprach, und
starb später in jener Nacht in einem Krankenhaus in
Atlantic City an den Folgen des Krebses, gegen den
er seit Jahren gekämpft hatte.
Brig bekam das alles aber nicht ohne Komplika-
tionen, und hier kommt unsere Branche ins Spiel.
Archibald hinterließ Brig eine Warnung wegen der
Artefakte und der Schwierigkeiten, die sie verursa-
chen könnten, und bat ihn auch, sie zu beschützen.
Für Brig war das, als würde ein Fantasy-Trideo wahr
werden, das sich aber inzwischen in ein echtes Dra-
ma verwandelt hat, in dem er zu mehr Entschei-
dungen über Leben und Tod gezwungen ist, als er
je hat treffen wollen.
Die Insel, besonders ihre gesamte Ostspitze, ist
nur für Orks und Trolle. Hier werden auch die Arte-
fakte aufbewahrt. Die meisten Trogs, die hier leben,
wollen nur das Leben genießen. Ein paar Auser-
wählte dienen als Wächter der auf der Insel ver-
steckten Artefakte. Brig wirkt als örtlicher Anführer,
koordiniert die Wachen und sucht auch nach pas-
senden neuen Wachen unter den Orks und Trollen,
die hier eine sichere Zuflucht suchen. Um hierher-
zuziehen, muss man Ork oder Troll sein und eine
„weiße Weste“ haben. Das heißt nicht, dass man ein
Heiliger sein muss, aber man darf im Moment nicht
gesucht werden, es darf kein Ermittlungsverfahren
laufen, und man darf kein verurteilter Mörder oder
anderer Gewaltverbrecher sein.
Also sind nicht alle willkommen.
Big Jimmys Traum betraf ursprünglich nur die
Orks, aber er hat auch die anderen Ausgesto-
ßenen, die Trolle, gerne willkommen geheißen.
Weil die Orkbevölkerung so groß ist, fühlen sich
die Trolle, die ankommen, allerdings etwas weni-
ger willkommen. Sogar die Umbenennung der In-
sel in Ork Brac übergeht sie in gewisser Weise. Die-
ses Problem wird mit der Zeit kleiner werden, weil
Big Jimmy bereits den Wert einer vielfältigeren Be-
völkerung erkennt. Mittlerweile hat sich sein Traum
von einem Orkparadies in den Traum von einem
Trogparadies verwandelt.
50 DAS LEBEN ALS TROG IN ... >>
Thorben Lange (Order #29309514)
> Wow! Was für eine Zielscheibe. Ein Haufen Artefakte, die
allesamt auf einer Insel versammelt sind.
> Kane
> Ich bin sicher, dass Carib Ork die Details absichtlich weg-
gelassen hat, um das Geheimnis der Insel zu bewahren.
Und die Artefakte sind nicht einfach offen zugänglich. Ar-
chibald hat viele versteckt, sogar vor Big Jimmy. Die Insel
ist nicht riesengroß, aber wenn man nicht genau weiß, wo
man suchen soll, wird man sicher den Wachen in die Arme
laufen, bevor man ein Artefakt findet.
> Frosty
> Wenn man überhaupt auf die Insel kommt. Dank der Aus-
wahl, die Big Jimmy trifft, qualifizieren sich viele Orks nicht
als Wachen der Insel. Sie werden dann aber zu Da Brag
Rock weitergeleitet, einer Piratencrew, die in der Karibi-
schen Liga operiert und zugleich eine Art Küstenwache
für Ork Brac stellt.
> Kane
> Viele Trolle, die auf die Insel kommen, haben Arbeit als
Küstencrew für Da Brag Rock gefunden.
> Traveler Jones
> Auch wenn es offensichtlich erkennbar ist: Es gab einen
guten Grund dafür, dass Dunkelzahn die Cayman Islands
gekauft hat. Und es ging ihm nicht darum, sein riesiges
Vermögen dort zu bunkern. Es gibt eine mystische Ver-
bindung, und Cayman Brac ist das Zentrum des Ganzen.
Auf der Insel existieren einige Alcheras, und die Manas-
phäre ist hier sehr stark und sehr deutlich in Richtung
Orks verschoben. Die Zahl an Adepten, die hier geboren
werden, liegt ebenfalls über der normalen Häufigkeit.
> Frosty
PARLEZ-VOUS FRANÇAIS?
GEPOSTET VON: GRAND BON JOUR
Wenn ihr mit „Ja“ antworten könnt, macht euch
auf den Weg nach Frankreich. Ernsthaft. Es gibt nur
wenige Nationen auf der Welt, die die Einstellung
der Franzosen teilen. Das hat zwar die Einstellung
anderer Nationen (und Konzerne) ihnen gegenüber
verschlechtert, aber das ist ihnen ziemlich egal.
Sie haben ihre Kultur und ihre Vorlieben, und wenn
man die nicht mag, c’est la vie.
Die französische Ansicht über die Metamensch-
heit war seit den frühesten Tagen des Erwachens
positiv und offen. Als Ork hatte ich es in Frankreich
nie mit der rassistischen Feindseligkeit zu tun, die
unseresgleichen in anderen Ländern der Welt ent-
gegenschlägt. Sie spielt im französischen Alltag
keine Rolle. Hauer machen einen nicht weniger
französisch. Hörner machen einen nicht weniger
französisch. Wir halten als Volk zusammen wie seit
Generationen. Ich weiß, dass wir in anderen Län-

dern als Feiglinge verschrien sind, die sich beim
geringsten Druck ergeben, aber das war nie so.
Wir schätzen unser Leben. Wir beugen uns den Ge-
walttätigen, wenn wir mit völliger Vernichtung be-
droht werden, damit wir überleben können und die
Heißblütigen unter uns zurückschlagen und unsere
Freiheit wieder erkämpfen können. Wir stehen das
gemeinsam durch, weil wir wissen, dass der wich-
tigste Kampf der ist, den man gewinnen kann.
Als Ork von außerhalb Frankreichs wird man nicht
verfolgt, weil man Ork ist. Vielleicht wird man verab-
scheut, weil man Amerikaner ist, aber nicht, weil man
ein Ork ist. Kommt nach Frankreich, werdet eins mit
der Kultur, auch wenn es einige Zeit dauern wird, bis
keiner mehr euren lustigen amerikanischen Akzent
beachtet. Eure Hauer werden euch nie behindern.
Ich muss euch allerdings warnen, dass euch Bo-
dytech zu Ausgestoßenen machen kann. Ich weiß,
dass Implantate in anderen Teilen der Welt dazu
führen, dass man als der Metamenschheit überle-
gen angesehen wird. Aber in Frankreich gilt, dass
die Teile, die ihr dafür aufgebt, französisches Blut
in sich hatten und ein Teil eures Französischseins
waren. Cybergliedmaßen sind nur als Ersatz für ver-
lorene Gliedmaßen tolerierbar. Wenn ihr die Wahl
habt, solltet ihr auf euer Fleisch stolz sein.
Kulturell betrachtet unterscheidet sich das Leben
der Orks und Trolle in Frankreich nicht von dem der
Menschen, Elfen und Zwerge. Arbeitsplätze, poli-
tische Ämter und Machtpositionen werden von de-
nen eingenommen, die am besten dafür geeignet
sind, nicht von denen, die bestimmten körperlichen
Anforderungen entsprechen. Wir werden nicht von
den irrationalen Ängsten gehemmt, die andere ge-
genüber den neuen Metatypen haben.
Und diese Kultur ist nicht neu. Wir leben seit Ge-
nerationen in einer Welt voller Magie, und ich weiß,
dass ich aus einer offeneren Kultur stamme, kann
aber die Ignoranz nicht nachvollziehen, an die sich
andere Gegenden der Welt klammern, um Orks und
Trolle verachten zu können – oder auch Elfen und
Zwerge. Vielleicht sind wir deshalb Außenseitern
gegenüber so reserviert. Wir wollen nicht von ihrer
Ignoranz infiziert werden. Wir erscheinen vielleicht
brüsk und hochmütig, sind aber in Wirklichkeit nur
auf den Schutz unserer fortschrittlichen Kultur und
unseres Weltbilds bedacht.
> Fortschrittliche Kultur? Haben die nicht die Guillotine er-
funden?
> Pennywarden
> Ah! Ein Musterbeispiel der Ignoranz.
> Thorn
> Wirklich, Thorn. Ich bin nicht sicher, ob du nur auf den
französischen Zug aufspringst, weil du sie so gut nachma-
chen kannst.
> Slamm-0!
<< DAS LEBEN ALS TROG IN ...
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
> Ich weise nur darauf hin, dass man einfach die Ignoranz
beweist, aus der unsere Unfähigkeit zur Weiterentwick-
lung stammt, wenn man eine einzelne Geschichtsepoche
und ein Gerät, das den Massen Angst einflößen soll – was
übrigens ziemlich gut funktioniert hat –, als beispielhaft
auswählt.
Die Guillotine ist das Äquivalent jener Zeit zu den Atom-
bomben des Kalten Kriegs, dem Geistertanz zu Beginn
unseres Jahrhunderts und den heutigen Megakonzernen.
Sie alle wurden geschaffen, um die Massen unter Kontrol-
le und vom Aufstand abzuhalten. Sie sind Werkzeuge, die
Probleme mit sich bringen, aber nicht unbedingt beispiel-
haft für die gesamte Geschichte einer Kultur stehen.
> Thorn
Ich will die Lage aber auch nicht zu rosig darstel-
len. Frankreich bietet durchaus Probleme für Leute,
die keine traditionellen Menschen sind. Unsere of-
fenen Ansichten haben immer den Argwohn der
Leute mit weniger offenen Ansichten geweckt. Wir
werden von diesen Kräften im Inneren und von
internationalen Gegnern bedrängt, die Orks und
Trolle als Monster sehen. Sie haben nichts Bes-
seres zu tun, als Frankreich im Allgemeinen und
französische Trogs im Besonderen zu attackieren,
um Angst zu säen. Sie scheinen zu hoffen, dass
die innere Wildheit, die sie bei Orks und Trollen für
angeboren halten, zum Vorschein kommt und die
Franzosen dazu bringt, ebenfalls dieses schreck-
liche Weltbild anzunehmen. Die wichtigsten dieser
Angreifer sind die Unity Foundation und Les Chas-
seurs de Monstres.
Die Unity Foundation hat einen hübsch klin-
genden Namen, wurde ursprünglich in der Konfö-
deration Amerikanischer Staaten gegründet und
hat sich von dort aus in die UCAS ausgebreitet. Sie
arbeitet hart daran, das Bild einer Organisation zu
bieten, die nicht gegen Metas, sondern für Men-
schen ist, aber das Endergebnis ist dasselbe. Sie
hassen Metas, und unter ihnen gibt es eine klei-
nere, gewalttätigere Sekte, die sich einfach nur als
51
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
Unity bezeichnet. Sie verüben Bombenanschläge
auf Cafés, greifen Regierungsgebäude an, schicken
Briefe mit Beta-Anthrax an Policlubs für Orks und
Trolle und machen all die anderen schmutzigen
Dinge, die man von einem Haufen rassistischer Ter-
roristen erwarten kann.
Alles, was ich bisher herausgefunden habe, deu-
tet auf Verbindungen zu Alamos 20.000 hin. Ein
Teil dieser Verbindungen besteht in rassistischem
Pack, das mit beiden in Verbindung steht, aber
Unity bekommt auch einiges an Geld von Alamos,
oder zumindest von Unterstützern, die auch Ala-
mos unterstützen. In der heimatlichen CAS gibt es
auch Ausbildungslager, in denen Mitglieder beider
Gruppen trainiert werden.
> Es sieht wirklich so aus, als wäre Unity nur eine Tarnor-
ganisation von Alamos. Die bessere PR sorgt für höhere
Akzeptanz in der Welt, aber beide kriechen aus demselben
Sumpf hervor.
> Butch
Les Chasseurs de Monstres – wörtlich „Die Mon-
sterjäger“ – sind eine Gruppe einheimischer fran-
zösischer Terroristen, die Orks und Trolle als Mon-
ster aus den Märchen betrachten. Ihr Name drückt
genau das aus, was sie tun: Sie jagen buchstäblich
Orks und Trolle mit ganz altmodischem Gehabe
und Flair. Das klingt vielleicht so, als würde bei mir
Bewunderung mitschwingen, aber ich will damit
eher das Ausmaß ihres Wahnsinns hervorheben.
Es gibt viele Berichte über ihre Aktivitäten, und die
Beschreibungen der Angreifer lassen sich immer
leicht dieser Gruppe zuordnen. Sie tragen breit-
krempige Renaissance-Hüte und Accessoires, die
zu ihrer Panzerung aus der Steampunk-Kollektion
von Vashon Island passen, die Waffen sind eben-
falls in Richtung Steampunk modifiziert, und sie
tragen schwarze oder rote Schals als Gesichtsmas-
ken – je nachdem, was besser zum Outfit passt.
Dieser Look ist so auffällig, dass Vashon Island mit
den örtlichen Behörden bei der Überprüfung der
Verkäufe der Panzerung zusammenarbeitet, aber
bisher scheint diese Zusammenarbeit noch nichts
eingebracht zu haben.
Außerdem ist dieses Outfit unglaublich teuer. Die
führenden Theorien deuten auf die reichsten Mit-
glieder der französischen Aristokratie als Hauptver-
dächtige hin, aber niemand von ihnen spricht sich
öffentlich gegen Orks oder Trolle aus. Sie halten
ihren Rassismus hinter verschlossenen Türen und
den Masken und Kostümen verborgen, die sie bei
ihren Grausamkeiten tragen. Das komische Ausse-
hen der Chasseurs steht im Widerspruch zur Ernst-
haftigkeit des Problems. Sie hatten noch nie ein
Opfer in den eigenen Reihen zu beklagen, wurden
mit den Toden einer großen Menge an Personen in
Frankreich in Verbindung gebracht, und ihre „Rudel“
werden größer. Ursprünglich waren sie in Paaren
52 DAS LEBEN ALS TROG IN ... >>
Thorben Lange (Order #29309514)
oder Trios unterwegs, inzwischen jagen sie aber
meistens in Gruppen zu sechs oder acht Personen.
Zeugen, von denen es wegen der spektakulären
Jagden viele gibt, behaupten, dass sie anscheinend
den Abschuss rituell einem bestimmten Mitglied
der Jagdgesellschaft anbieten. Seid als Ork oder
Troll in Frankreich vor ihnen auf der Hut und rennt
weg, wenn ihr sie kommen seht.
> Reiche Kids, die mit Daddys Nuyen Hass verbreiten und
Aufsehen erregen wollen. Bodytech war nicht genug. Sie
müssen töten, um zu zeigen, wie toll ihre Gegenkultur ist.
> Mr. Bonds
> Wegrennen. Pah. Ich werde diese Scheißer zerfetzten.
Keine Opfer? Man wird sehen, wie viele sie verlieren,
wenn sie auf mich Jagd machen.
> 2XL
> Sie greifen nie „harte“ Ziele an. Denkt daran, dass Orks
und Trolle in Frankreich ein ganz normales Leben führen.
Sie wachsen nicht auf den Straßen einer mörderischen
Gegend auf, wie es sonst in der Welt üblich ist. Wenn
man größer ist, bedeutet das nur, dass man einen oder
zwei Treffer mehr verträgt, bevor man umfällt. Man wird
dadurch nicht zum guten Kämpfer, wie es die Angreifer
offenbar sind. Was die Vorstellung von den reichen Kids
angeht: Ich habe Aufnahmen von ihren „Jagden“ gese-
hen, und sie gehen mit taktischer Präzision vor. Wenn es
reiche Kids sind, werden sie von jemandem trainiert, der
bei irgendwelchen Spezialtruppen war.
> Mihoshi Oni
FRONT RANGE
„FREE“ ZONE
GEPOSTET VON: KLUDGE
Inzwischen hat ausnahmslos jeder von Denver
gehört. Oder vielleicht nicht – weil die Konzerne
es herunterspielen und die Regierungen nicht zu-
geben wollen, wie schwach sie wirklich sind. Ich
bin sicher, dass jemand etwas mit mehr Tiefgang
für uns zusammenstellen wird, aber ich will einen
kurzen Blick auf die Oberfläche werfen, bevor ich
erkläre, warum dieser Ort für Trogs wichtig ist.
> Warum nehmen wir Daten von einem Kerl, der vielleicht
ein Kopfgeld auf einige von uns ausgesetzt haben könnte?
> Kane
> Weil noch niemand es eingefordert oder bewiesen hat,
dass er es getan hat.
> Bull
> Warum wurde es dann überhaupt aufgebracht?
> Sunshine

> Sicherheitshalber. Bis später.
> Bull
Im Februar gab Ghostwalker den Sektorregierungen
ihre Abschiedspapiere. Er gab außerdem jedem, der
ihm nicht die Treue schwören wollte, denselben Be-
fehl: Haut ab, sonst. Sie hatten einen Monat Zeit, zu
packen und abzuziehen. Im März hielten die Regie-
rungen der UCAS und CAS immer noch an ihrer ver-
rückten Vorstellung fest, dass er scherzte oder doch
irgendwie zur Zusammenarbeit bereit wäre. Als die
Zeit abgelaufen war, sagte Ghostwalker „Schluss“.
UCAS und CAS versuchten noch einmal, sich aufzu-
plustern, während PCC und Sioux-Nation leise ihre
wichtigen Verwaltungseinrichtungen knapp hinter
die Grenze der FRFZ verlagerten. Schließlich hatten
sie den Vorteil, dass ihr eigenes Staatsgebiet rund
um die freie Stadt lag. Nach einer dramatischen De-
monstration dessen, was geschieht, wenn man sich
mit einem Drachen anlegt, zogen die UCAS und CAS
mit allem, was flog, so viel an Truppen und Personal
ab, wie sie konnten.
Ghostwalker beansprucht jetzt die Herrschaft
über die gesamte frühere Front Range Free Zone.
Alle Sektoren, alle Bürger, alle Grundstücke – alles
seins. Natürlich gibt es Kräfte, die dagegenarbeiten
und mit Fug und Recht empört sind. Die betrof-
fenen Regierungen sind beleidigt, die Megakon-
zerne sind beleidigt, und die vertriebenen Bürger
sind unzufrieden. Erstere und letztere haben wahr-
scheinlich Pech gehabt. Regierungen und einzelne
Bürger können gegen Ghostwalker wenig ausrich-
ten, aber die Megakonzerne werden sich nicht so
einfach fernhalten lassen. Selbst vor dem endgül-
tigen Rauswurf hat Ghostwalker mit einigen der
Megas über eine Beteiligung am Aufrechterhalten
von Wirtschaft und Infrastruktur der Stadt verhan-
delt. Ich habe keine Logos gesehen und kaum mehr
als Gerüchte gehört, aber ich bin sicher, dass eini-
ge der großen Jungs schon wieder zurück sind und
versuchen, sich für den weißen Wyrm als wertvoll
zu erweisen.
> Es ist schön, wenn jemand es den Kons zeigt. Das lässt
mich hoffen, dass wir irgendwann von ihrem Joch befreit
werden.
> Hard Exit
> Werden wir nicht. Irgendwann werden wir alle daran er-
sticken.
> Hannibelle
Da ihr das jetzt wisst, wird das Folgende ver-
ständlicher. In den letzten zwei Monaten sind Orks
und Trolle aus ganz Nordamerika nach Denver ge-
gangen. Die Trogs strömen in Scharen an einen Ort,
der von jemandem beherrscht wird, der genauso
„monströs“ ist wie sie. Sie hoffen, dass Ghostwal-
ker in seinem Reich eine aufgeklärtere Gesellschaft
<< DAS LEBEN ALS TROG IN ...
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
schaffen will. Die Kultur dieses neuen Stadtstaates
ist noch nicht vollständig, oder auch nur teilweise,
entwickelt. Sie ist noch im Fluss, aber wenn genug
Trogs ankommen, dass sie die Zahlenverhältnisse
verschieben, können sie damit sicher auch die ge-
sellschaftliche Ordnung verschieben. Die Zahlen,
die ich kenne, sind gewaltig und könnten sicher zu
einer Bevölkerungsmehrzahl der Orks führen, die
Trolle viel eher unterstützen als alle anderen.
> Echt? Die Trogs kommen nur her, weil sie wissen, dass
Ghostwalker meint, dass „der Stärkste die Macht haben
soll“, und sie wollen diese Einstellung zu ihren Gunsten
ausnutzen.
> Stone
> Ghostwalker ist der Stärkste. Er wird nicht zulassen, dass
sein Königreich durch innere Kämpfe und Streit zerbricht
oder jemand genauso mächtig wird wie er. Nicht dass ein
Ork oder Troll sich jemals mit GW anlegen könnte, aber ihr
versteht, was ich meine.
> Hard Exit
> Ich bin sicher, dass ein gewisser Elf in dieser Stadt eine
andere Meinung dazu hat, wer der Stärkste ist. Nicht, dass
ich zustimme. Ich sage es nur.
> Frosty
Im Moment gibt es ein paar Dinge zu bedenken,
wenn ihr mit dem Gedanken spielt, dorthin zu ge-
hen. Ich bin nicht sicher, dass die anderen, die auf
diesen Zug aufgesprungen sind, all diese poten-
ziellen Probleme bedacht haben. Ich gebe zu, dass
in Nordamerika im Moment eine große Bewegung
stattfindet. Die Anzahl der Schmuggelaktivitäten,
durch die Trogs aus den Slums von Seattle geholt
werden, ist im letzten Monat dramatisch gestiegen.
Es dauerte ein wenig, bis sich die Nachricht ver-
breitete, aber dann wollte jeder Trog der Stadt die
Cascade Orks oder andere Schmuggler dazu brin-
gen, ihn nach Denver zu schaffen. Viele halten das
alles für eine Modeerscheinung, aber weil man im
Moment nur hin-, aber nicht zurückgebracht wer-
den kann, schafft diese „Modeerscheinung“ eine
solide Basis und hindert jeden, der die Reise schon
gemacht hat, daran, zurückzukehren. Diese Unmög-
lichkeit der Rückkehr ist für Umzugspläne sicher un-
angenehm, aber es wird noch schlimmer. Im Mo-
ment lässt Ghostwalker neue Bürger, die ihm die
Treue schwören, sehr bereitwillig in die Stadt. Er will
damit die Geflohenen ersetzen und sich außerdem
den Bauch mit Narren vollstopfen. Leider wissen
wir, wie viele Narren es in den Schatten gibt, die für
die Chance auf etwas Geld hohe Risiken eingehen.
Wer nach Denver kommt, muss Ghostwalker von
Angesicht zu Angesicht oder vor einem seiner ver-
trauten Berater die Treue schwören. Alle seine Be-
rater sind Zauberer, die herausfinden können, ob
jemand es ehrlich meint, und wer es nicht ehrlich
53
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
meint, wird von der Zone Defense Force hoppge-
nommen. Man wird nicht sofort verhaftet, weil das
andere erschrecken könnte. Man wird stattdessen
eingelassen, auf einer Liste verzeichnet und dann
mitten in der Nacht abgeholt, um dem Drachen ir-
gendwann als Abendessen zu dienen.
Für die Bewohner ist das kein Staatsgeheimnis;
sie erzählen es nur den Neulingen nicht. Wenn ihr
falsche Tatsachen vorspiegelt, müsst ihr wissen,
dass diese Illoyalität erkannt werden wird. Haltet
euch also niemals dort auf, wo ihr zu sein behaup-
tet, sonst kriegen sie euch. Wenn ihr ehrlich bereit
seid, in Ghostwalkers Königreich zu leben und sei-
ne Gesetze zu befolgen, habt ihr es gut und könnt
alle Gelegenheiten nutzen, die von den Geflohe-
nen liegen gelassen wurden.
> Ich habe ein paar Nachrichten aus Denver bekommen, in
denen es heißt, dass der Widerstand noch aktiv ist. Also
könntet ihr Verstecke finden, wenn ihr drin seid. Die Zone
Defense Force wird stärker und gründlicher, aber das reicht
bei Weitem nicht für die völlige Kontrolle der gesamten
Zone. Es gibt viele Leute, die euch drinnen helfen würden,
und viele Verstecke, weil all die Verwaltungsgebäude und
Privathäuser leer stehen, die verlassen wurden, weil man
sich nicht der Herrschaft des Drachen unterwerfen wollte.
> Kia
> Ich will darauf hinweisen, dass alle Bürger, die sich zur
Flucht entschlossen, ihre Immobilien zu fairen Preisen an
Ghostwalker verkauft haben. Er hat sie nicht einfach raus-
geworfen und enteignet. Er hat viel Kapital eingesetzt, um
sie fair zu bezahlen.
> Mr. Bonds
> Die vielen Immobilienhaie, die versuchten, massig Geld zu
verdienen, indem sie die Leute dazu brachten, billig an sie zu
verkaufen, bevor Ghostwalker mit dem Aufkauf anfing, er-
hielten eine harsche Lektion darüber, dass man Leute nicht
betrügen soll, die ein Drache fair behandeln will. Er bekam
viele Immobilien gratis, indem er die Kerle einfach auffraß.
> Ma’fan
> Wie kann er damit durchkommen, all diese Leute zu fres-
sen? Das ist Mord!
> Hard Rock
Wegen der Opposition und der natürlichen Insta-
bilität neuer Regimes ist es eine große Frage, wie
lange die Stadt so bleiben wird, wie sie im Moment
ist. Drachen sind mächtige Wesen, aber Megakon-
zerne sind auch keine Schwächlinge. Wenn sie Geld
oder – noch schlimmer – Macht durch sein Vorge-
hen verlieren, werden sie den Drachen attackieren.
Und die Geister stehen ihm bei, wenn sie dabei zu-
sammenarbeiten. Lofwyr und Saeder-Krupp wer-
den sicher dagegen stimmen, Ghostwalker end-
gültig zu eliminieren, aber Aztechnology hat seine
Bereitschaft zum Abschießen von Drachen bereits
54 DAS LEBEN ALS TROG IN ... >>
Thorben Lange (Order #29309514)
bewiesen, und andere Konzerne sind auch nicht
glücklich über das Chaos, das Celedyr in Boston
angerichtet hat. Würde der Konzerngerichtshof in
ein Problem in Denver hineingezogen, kann man
darauf wetten, dass das nicht gut für Ghostwalker
ausgeht. Aber ich bin sicher, dass ihm das bewusst
ist – schließlich sind Drachen exzellente Planer.
Für die Orks und Trolle, die hart daran arbeiten, in
einer Stadt als Mehrheit eine für sie positive Politik
herbeizuführen, kann sich alle Mühe als vergebens
erweisen. Wenn der Drache die Macht verliert,
werden sich die Machthungrigen wie Geier auf die
Stadt stürzen und ihren Kadaver in Stücke reißen.
Die Orks und Trolle, die hierhergezogen sind, könn-
ten ein verwüstetes Königreich erben oder wieder
am Boden der Gesellschaft landen, wenn die ande-
ren Metatypen zurückkommen.
Positiv an Denver ist, dass die Trogs, die bereits in
die Stadt gekommen sind, hier eine Gruppe finden,
die sie mit offenen Armen empfängt: die Zone De-
fense Force. Sie will ihre Zahl verstärken, und viel von
dieser Verstärkung besteht aus starken Metas. Orks
finden in erstaunlicher Menge Verwendung in der
Truppe. Man könnte das als strategisches Vorgehen
zur Vergrößerung der Truppe oder einfach als Nut-
zung der vorhandenen Arbeitsbevölkerung betrach-
ten. Jedenfalls findet man hier Arbeit, wenn man sich
als Ork in Denver ein neues Leben aufbauen will.
> Es gibt zwei Gruppen, die nicht glücklich damit sind, dass
sich all diese Orks der Zone Defense Force anschließen.
Erstens der Rest der Truppe, der das Gefühl hat, dass sie
zur Ork Defense Force wird, und sich von den Zäheren,
Stärkeren beiseitegeschoben fühlt. Viele einfache Mitglie-
der nutzen Vertragsklauseln, die ihnen Bodytech zugäng-
lich machen, die sie mit weiteren Dienstjahren (natürlich
bei geringerer Bezahlung) abdienen können. Andere schi-
cken die einfachen Soldaten unter den Orks ohne Unter-
stützung in gefährliche Situationen. Ein paar stehen das
durch, aber auch Orks sind nicht übernatürlich zäh.
> Rigger X
> Ich habe witzige Bilder von der Truppe gesehen, auf de-
nen Orks in ihrer neuen Panzerung abgebildet sind. Es gibt
nicht genügend Ausrüstung in Ork-Größe, und es fehlte an
Zeit, Ressourcen oder Arbeitskraft, sie anzupassen, also
müssen die Orks tragen, was sie bekommen. Das öffnet
hie und da seltsame Blößen, aber am witzigsten sind der
„Ork mit bauchfreiem Oberteil“ und der „fette Mann im zu
engen Anzug“.
> Stone
> Ich bin sicher, dass sie nicht gut auf das Gelächter reagie-
ren. Ich weiß, dass das bei mir so ist.
> Bull
Einige Leute hätten damit gerechnet, dass auch
die Trolle die Truppe verstärken würden, aber Ghost-
walker scheint mit ihnen andere Pläne zu haben. Die

überwiegende Mehrzahl der Trolle, die geblieben
sind oder nach der Machtübernahme ankamen, be-
kamen Arbeit bei einem Projekt, das die meisten für
ein Steckenpferd des Drachen halten. Die Trolle sind
für ihre hohe Alphabetisierungsrate bekannt und
werden von Ghostwalker als wandernde Gelehrte
eingesetzt. Sie schlagen keine Schädel ein, sondern
füllen die Köpfe mit dem Wert des geschriebenen
Worts und der Stärke, die in echter Alphabetisie-
rung liegt. Es ist wie eine Renaissance des Lesens,
die von der unwahrscheinlichsten aller Quellen ge-
nährt wird. Das hat die Ansicht der Einheimischen
über Trolle als große Dummköpfe zwar noch nicht
verändert, wird aber viel dazu beitragen. Ich bin
nicht sicher, ob das Teil von Ghostwalkers Plan ist,
aber es unterstützt sicher die Leute, die für einen
Umzug nach Denver werben.
> Wer macht das eigentlich?
> Slamm-0!
> Das Witzige ist, dass ich es nicht weiß. Nicht wirklich wit-
zig. Eigentlich eher verstörend. Ich habe meistens gute
Verbindungen zu verschiedenen Ork-Bewegungen. Diese
benutzt nicht die üblichen Kanäle.
> Bull
Die Trollgelehrten und die Verstärkung der Zone
Defense Force durch Orks stoßen aber auch auf Wi-
derstand in der Stadt. Wie man erwarten konnte,
sind die anarchistischen Elemente, die sich hinter
Harlekin versammelten, nicht verschwunden. Der
wilde Elf wurde seit Ghostwalkers Machtübernah-
me nicht oft gesehen, aber die charmanten Leute,
die ihm gegenüber loyal sind, haben in der ganzen
Stadt den Samen des Chaos gesät. Sie wenden
sich besonders gerne gegen die neuen Orks in der
Truppe und gegen die Trolle, die in der Zone nur
Weisheit verbreiten wollen. Die Angriffe sind nicht
immer sehr präzise, und es wurden schon viele un-
beteiligte Orks und Trolle von verirrten Kugeln er-
wischt. Nehmt euch in Acht.
> Warum geht unser liebster kichernder Witzbold nicht
schärfer vor, während Ghostwalker versucht, das Chaos
aufzuhalten?
> Slamm-0!
> Weil er bereits einen beträchtlichen Sieg errungen hat
und still vor sich hin grinst.
> Frosty
> Kann es sein, dass Ghostwalker mit Absicht seine Armee
der Orks und Trolle für den Kampf gegen die Elfen und
Menschen aufbaut, die Harlekin anzuziehen scheint?
> Sounder
> Denver ist zwar nicht wie ein Fantasy-Trideo, in dem sich
die uralte Feindschaft zwischen Elfen und Orks Bahn
<< DAS LEBEN ALS TROG IN ...
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
bricht, aber diese beiden Metatypen kamen nie gut mitei-
nander aus, weil ihre Abweichungen von der Norm in so
gegensätzliche Richtungen gehen. Elfen sind schön und
geschickt; Orks sind hässlich und zäh. Es kann sein, dass
die beiden Spieler im Hintergrund sich diese Animosität
zunutze machen wollen.
> Snopes
MUMBAI
Mumbai bietet einige interessante Möglichkeiten
zur Erforschung der Ethik der Sechsten Welt. Natür-
lich werden manche von euch bei diesem Wort die
Augen verdrehen, aber eigentlich handelt vieles
in diesem Posting genau davon. Also verkneift es
euch und lasst uns darüber sprechen, wie man sich
benehmen sollte.
Es hat definitiv einige Vorteile, in der Indischen
Union ein Trog zu sein – vor allem in den vorwiegend
hinduistischen Gebieten. Hindus sind schon seit Lan-
gem mit der Vorstellung vertraut, dass es eine Verbin-
dung zwischen allen Seelen gibt, und dass die Seelen
von Wesen, die einem wichtig sind, in unerwarteten
Körpern erscheinen können. Als die Goblinisierung
geschah, sahen sie diese neuen Körper einfach als
zusätzliche Form eines Seelengefäßes und führten
ihr Leben normal weiter. Das soll nicht bedeuten,
dass es sich um ein Paradies ohne Rassismus handelt
– einen solchen Ort gibt es nicht. Aber der Rassismus
ist meistens isoliert und nicht die Alltäglichkeit, als
die er in anderen Teilen der Welt auftritt.
Und trotzdem – Mumbai wird von zwei Geschäfts-
feldern dominiert: Unterhaltung und organisiertem
Verbrechen. Diese beiden Sektoren bieten Trogs
viele Arbeitsmöglichkeiten, und in beiden werden
sie sehr gerne in klischeehaften Rollen eingesetzt.
Ich weiß schon, dass ein paar von euch jetzt
„Und?“ denken. Man kann Geld verdienen. Man
kann Geld ausgeben. Ist es nicht egal, wenn die
Mafiabosse und Produzenten sich für Orks und
Trolle keine anderen Rollen vorstellen können als
die der Schlägertypen? Ist es nicht egal, wenn sie
a) wollen, dass alle Orks und Trolle „Straßenslang“
sprechen, und b) dieser „Straßenslang“ nichts mit
dem zu tun hat, was man wirklich auf der Straße
zu hören bekommt? Sie diskriminieren Orks oder
Trolle nicht durch diese Jobs – tatsächlich suchen
sie nach ihnen, um diese Rollen auszufüllen! Muss
man sich darüber wirklich Gedanken machen?
Wie gesagt, es geht um Ethik. Wie schädlich sind
Klischees, und wie viel Schaden richtet man an,
wenn man sie unterstützt?
> Ich sage euch eines: Wenn das die beunruhigendsten Fra-
gen wären, die ich mir jede Nacht im Bett stelle, würde ich
viel besser schlafen, als ich es tue.
> Hard Exit
55
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
Insgesamt kann man in Mumbai angenehm le-
ben. Klar können die Unterweltkämpfe ein wenig
an die Substanz gehen, aber wer arbeitet schon für
die Mafia, ohne mit ein wenig Gefahr zu rechnen?
Manchmal ist der Regen sehr sauer, manchmal
ist die Luft giftig, aber das trifft alle, nicht nur die
Trogs, also herrscht hier wenigstens Gleichheit. Ihr
nehmt also vielleicht einfach das Geld und macht
euch keine großen Gedanken.
Wenn ihr aber um die Welt reist und mitbekommt,
wie die Leute jedem Troll, den sie sehen, sagen, er
solle die Wand durchhauen wie der Bodyguard in
dieser Episode von Water Margin, dann redet euch
ruhig weiter ein, dass eure Handlungen nur euch
selbst beeinflussen.
> Was für ein Haufen moralisierender Bullshit. In welcher
Welt lebst du? In einer Welt, in der Individuen gewaltige
Gesellschaftstrends verändern oder umkehren können? In
der man sich den Luxus des Nachdenkens über das Un-
terstützen von Klischees leisten kann, statt sich Sorgen zu
machen, dass man verhungert/erfriert/verbrennt? Das ist
nicht die Welt, in der wir leben. Wir müssen überleben,
und wenn man irgendeinen Job findet, der nicht extrem
unangenehm ist, sollte man sich auf ihn stürzen und sich
glücklich schätzen.
> Haze
> Selbsterfüllende Prophezeiungen werden unser Unter-
gang sein.
> Arete
Und obwohl es in Mumbai relativ wenige Vorur-
teile gibt, ist es kein Paradies. Es gibt Verbrechen,
es gibt Armut, es gibt alles, womit man in einem
großen Sprawl rechnet. In unserer Branche kom-
men wir oft mit den Armen und Unterdrückten in
Kontakt, und viele von denen leben im Slum von
Dharavi. Die Lebensbedingungen sind hier ähnlich
wie in den Barrens, aber die dichte Bebauung er-
innert eher an die Walled City von Kowloon oder
die Favelas von Metrópole. Eine besondere Seite
dieses Gebietes ist seine unternehmerische Ener-
gie. Recycling ist schon lange Teil des Lebens der
Bewohner und wird von kleinen Unternehmen mit
wenig Expertise oder Interesse für Arbeitsschutz
gemacht, und so wird hier an langen, schmalen Ti-
schen aller mögliche Schrott gekauft und verkauft.
Man kann hier Leute finden, die improvisierte Ge-
räte basteln, und Leute, die ihre Körper für ein biss-
chen Geld verkaufen. Kurz gesagt kann man sich
hier gut verstecken und Hilfe suchen. Und wie im
Großteil der Stadt fühlt man sich als Trog hier nicht
ausgegrenzt.
56 DAS LEBEN ALS TROG IN ... >>
Thorben Lange (Order #29309514)
MAUER VON BOSTON
GEPOSTET VON: THE GREEN MONSTER
Bull erzählte mir, dass bei JackPoint ein kleines Do-
kument darüber zusammengestellt wird, wie es
den Trogs in der Welt geht. Ich dachte, das könnte
mir die Chance bieten, über etwas zu sprechen, das
mir seltsam erscheint, aber vielen meiner Kollegen
nicht. Würde ich etwas davon im Öffentlichen Git-
ter veröffentlichen, würde man mich rausschmei-
ßen oder Schlimmeres. Aber wenn ich es in einem
Schatten-VPN platziere, könnte ich damit vielleicht
etwas erreichen oder zumindest das gute Gefühl
bekommen, es wenigstens versucht zu haben.
Um gleich mit offenen Karten zu spielen: Ich bin
Sgt. Gregor Harburg, Angestellter von Minutemen
Security bei der Friedenstruppe der NEMAQZ (Nor-
theast Metroplex Area Quarantine Zone), also der
Quarantänezone von Boston. Ich bin Bürger von
NeoNET, bis der Konzern endgültig geschlachtet
wird und ich erfahre, an wen Minutemen verkauft
wird. Ich arbeite seit dem ersten Tag an der Mau-
er, wie wir sie nennen. Ich kenne Bull von einem
Zusammentreffen in den 50ern, als ich darum
kämpfte, als Gaijin mit Hörnern bei Fuchi in Boston
Fuß zu fassen. Ein moralisches Dilemma später er-
kannte ich, dass die Welt nicht nur schwarz und
weiß ist. Bull hat sich seither immer wieder an mich
gewandt und vertrauenswürdige Bekannte in mei-
ne Richtung gelenkt.
Wir haben uns in den letzten Jahren immer wieder
unterhalten, weil ich ganz sicher niemandem in die
Quarantänezone hineinhelfen will, und niemand,
der bei Verstand ist, jemandem heraushelfen will.
Es ist traurig, aber wir an der Mauer wussten schon
nach etwa drei Monaten, dass es sich nicht um eine
Enzephalitis handelte. Aber wer sollte uns die Ge-
schichte von einer Naniten-Virusinfektion glauben,
die das Gehirn überschreibt? Dank der Monaden
kommt jetzt etwas von der Wahrheit ans Licht, aber
damals genossen wir noch glücklich unsere neue,
sichere Matrix mit überprüften Inhalten. Niemand
wollte uns von einem Technovirus erzählen. Be-
sonders nicht uns Minutemen, angesichts der Rolle
von NeoNET im Zentrum der Katastrophe.
Weil wir relativ eng miteinander sind, hat Bull das
alles schon gehört, daher seine Bereitschaft, mei-
nen Enthüllungsbeitrag zu nehmen. Danke für eure
Aufmerksamkeit zu meiner Person. Jetzt kommen
wir zu dem, was sich zu entwickeln scheint.
Wie ihr alle wisst, ist Boston immer noch eine
Sperrzone. Der Konzerngerichtshof vergibt immer
noch die Aufträge an die Parteien, die sich darum
kümmern sollen, aber die PR besteht im Großen
und Ganzen nur daraus, dass jemand sagt: „Wir
überprüfen verschiedene Optionen und suchen
nach der besten Möglichkeit der Unterbringung
und Kompensation für die Personen, die durch

das unverantwortliche Handeln seitens NeoNETs
zu Schaden kamen.“ Die Betonung liegt dabei
auf „NeoNET“. Eine nationale Koordination spielt
überhaupt keine Rolle mehr, weil die UCAS zu den
größten Profiteuren der Ausschlachtung von Ne-
oNET gehören werden. Sie sind nur noch in Ge-
stalt der Logistikabteilung NEMALC präsent, und
es geht ihnen nur um die Sicherung und Eindäm-
mung.
> Dieser Kerl ist zwar nicht daran beteiligt, aber viele andere
helfen Leuten hinein. Das wird allerdings meistens über-
sehen, weil es darum geht, etwas drinnen zu halten, nicht
draußen.
> Winterhawk
Genug der Hintergrundgeschichte. NEMALC
soll eine Koalition aus Sicherheitskräften von ver-
schiedenen Sicherheitskonzernen einsetzen. Heu-
te hat Minutemen die stärkste Präsenz, weil Neo-
NET durch den schlechten Ruf auf der ganzen Welt
Verträge verliert und dadurch viel Personal frei hat.
Aber auch Lone Star, Knight Errant (und andere,
weniger professionelle Gruppen von Ares), Pet-
rovski, Najimi, Centurion und Desert Storm stellen
Truppenkontingente. Interessant ist, dass die Si-
cherheitskräfte, die in letzter Zeit gestellt werden,
überdurchschnittlich groß sind. Ich glaube nicht an
Zufälle, also muss es einen (guten oder schlechten)
Grund dafür geben, dass die da oben die Truppen
mit großen Mengen an Orks und Trollen verstärken.
Gleichzeitig sind die meisten der Leute, die vom
Dienst an der Mauer abgezogen werden, Rundoh-
ren. Ich weiß nicht, ob es sich um einen Plan han-
delt, mehr Muskeln an der Mauer und zur Blockade
zu haben, weil man einen Ausbruch befürchtet, ob
ich mir etwas einbilde, weil ich ein Troll bin, oder
ob eine dunklere Absicht dahintersteckt. Aber ich
kann ein paar Spekulationen anbieten.
Die Vorstellung von Muskeln an der Mauer
könnte sinnvoll erscheinen, wenn man mit der Ar-
beit hier nicht vertraut ist. Es kommt fast nie zum
Nahkampf mit irgendetwas, das über die Mauer
kommt. Tatsächlich haben wir strengen Befehl, je-
den Körperkontakt mit allem zu vermeiden, wo-
von wir glauben, dass es aus der QZ kommt. Wir
schießen aus großer Entfernung und benutzen da-
nach Hazmat-Anzüge. Jedes Mal. Wer ohne Anzug
in Kontakt kommt, wird sofort in Quarantäne ge-
steckt. Einige Zeit bedeutete das eine Reise ohne
Wiederkehr, meist in die QZ hinein, aber immer
mehr Truppen werden nach Kontaktfällen wieder
zum Dienst freigegeben. Mehr Muskelkraft ein-
zusetzen widerspricht den ursprünglichen Vorge-
hensweisen. Also werden sich entweder unsere
Befehle ändern, oder es steckt etwas anderes da-
hinter.
Mir ist völlig klar, dass ich aus dem Umstand, dass
ich ein paar Trolle mehr gesehen habe, kein größe-
<< DAS LEBEN ALS TROG IN ...
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
res Muster ableiten kann. Ich machte mir sehr bald
Sorgen und dachte zuerst, dass ich etwas sähe, was
es nicht gab. Also ging ich an die Daten. Ich sah mir
die Transferberichte an, sortierte Daten und erstellte
schließlich ein paar nette, einfache Tortendiagram-
me. Langweilig, aber der Großteil meiner Arbeit ist
auch langweilig. Die Zahlen zeigten eine massive
Veränderung bei der Verteilung der Metatypen in-
nerhalb der Truppe. Die zunächst durchschnittliche
Verteilung (Menschen: 52 %, Orks: 27 %, Zwerge:
11 %, Elfen: 6 %, Trolle: 3 %, Andere: 1 %) veränder-
te sich in nur sechs Monaten zum aktuellen Stand
(Menschen: 12 %, Orks: 64 %, Zwerge: 3 %, Elfen:
1 %, Trolle: 19 %, Andere: 1 %). Ich sah mir auch die
Gesamtzahl an, und obwohl die Truppe insgesamt
um 7 Prozent kleiner wurde, reicht das nicht, um
die drastische Veränderung der Zusammensetzung
zu erklären. Die findet mit voller Absicht statt.
Deshalb bin ich ziemlich sicher, dass hier eine
dunklere Absicht dahintersteckt. Nicht, weil ich
mein Alltagsleben gerne aufregender und ein Rät-
sel zu lösen hätte, sondern weil ich in der realen
Welt lebe und trotz meiner kleinen Beförderung oft
genug Zeuge der Grausamkeiten wurde, die diese
Welt den Orks und Trollen antut. Ich habe ein paar
Vorstellungen zum eigentlichen Vorhaben. Ein paar
davon könnten verrückt erscheinen, aber denkt da-
ran, dass sie von einem Kerl kommen, der als Si-
cherheitsmann einer eingemauerten Quarantäne-
zone arbeitet, die voller Leute ist, die von einem
Technovirus überschrieben wurden, der von Nani-
ten verbreitet wird.
Zuerst eine eher weltliche Erklärung. Ich habe
nichts Genaueres gehört, aber vielleicht, nur viel-
leicht, haben die Mächte im Hintergrund von Kräf-
ten in der Zone erfahren, dass es bald zu einem
großen Ausbruchsversuch kommt. Sie wissen, dass
der Ausbruch die Drohnen an der Mauer überwin-
den wird, und wollen die größte (körperlich, nicht in
Zahlen) Truppe zum Aufhalten der Entkommenden
haben, die sie kriegen können. Da gibt es für uns
nichts zu gewinnen, weil das bedeutet, dass sie mit
einem Kontakt rechnen. Wenn es zu einem großen
Ausbruch kommt, gehen sie von Infektionen aus,
glauben aber, die Verluste klein halten zu können,
indem sie die zähesten armen Schweine an die
Front schicken, die sie finden können.
Die zweite Möglichkeit ähnelt der ersten, fühlt sich
aber etwas weniger nach Untergang und etwas hoff-
nungsvoller an. Es kann sein, dass man die Mauer
öffnen und danach eine einschüchternde Truppen-
präsenz auf der anderen Seite der Zäune haben will,
um Leute davon abzuhalten, ohne eine Überprüfung
hinausschlüpfen zu wollen. Weil es aber noch gar
keine Planungen für Überprüfungen gibt – und die-
ser Schritt müsste wohl zuerst erfolgen –, habe ich
bezüglich dieser Möglichkeit wenig Hoffnung.
In den dunkleren Teilen des Kaninchenbaus fin-
det sich eine rassistische Verschwörung. Elemente
57
 >> BUCH DER VERLORENEN <<

verschiedener einflussreicher Gruppen, die gegen

Metas eingestellt sind, beeinflussen den Konzern-
gerichtshof, besonders die Verwaltung der NEMA-
QZ. Orks und Trolle werden hier eingesetzt, weil es
hier gefährlich ist. Dann würde man wahrscheinlich
versuchen, die Lage eskalieren zu lassen, indem
man entweder Fluchtversuche unterstützt oder die
Vorgehensweisen stark einschränkt, denen wir im
Einsatz folgen müssen. Zu diesen Gruppen könnten
alle der wohlbekannten Rassisten wie Humanis Po-
liclub oder Unity Foundation, eine große Terrororga-
nisation wie Alamos 20.000 oder eine der kaum nur
im Flüsterton erwähnten Geheimgesellschaften wie
die Human Nation gehören. Der letztgenannten bil-
lige ich am ehesten den Einfluss zu, das auszulösen.
Schließlich komme ich zu einer Möglichkeit, die
ich, solange ich konnte, von mir weggeschoben
habe. Ich will nicht verrückt erscheinen, aber ich
glaube, dass viele meiner Kollegen bereits infiziert
sind. Ich weiß nicht, ob das während eines Kontakts
geschah oder eine externe Quelle verantwortlich
ist, aber ich habe bei vielen meiner Freunde erste
Anzeichen bemerkt. Dann begannen sie plötzlich,
kurz vor einem Transfer zu einem anderen Sektor
oder ganz aus dem Einsatzgebiet, ein seltsames
Verhalten zu zeigen. Die Monaden könnten so vie-
le Orks und Trolle bewusst hierherbringen lassen,
um ihre Truppen zu stärken, bevor sich der Kon-
zerngerichtshof zum Handeln entschließt. Das ist
ziemlich abseitig, aber ich habe schon Verrückte-
res erlebt; und hier wird die Lage langsam wirklich
seltsam.
Danke für die Gelegenheit, Bull. Wenn ihr Trogs
seid und Freunde oder Familienangehörige unter
Sicherheitsleuten habt, habt ein Auge auf sie, wenn
sie nach Boston verlegt werden.

> Er könnte da etwas auf der Spur sein. Wir wissen, dass
einige rausgekommen sind. Die Red Sox und Tigers haben
nach dem ersten Vorfall die Stadt verlassen, und andere
haben es sicher auch rausgeschafft, bevor die Sperrzo-
ne in Kraft trat. Eine Rückkehr, um die Verteidigung zu
schwächen, wäre, besonders, weil sich die Lage im Mo-
ment schlecht entwickelt, eine kluge Taktik. Wenn es nicht
schon passiert ist. In jedem Fall werde ich ein Auge auf
Jobs halten, die gegen die Sicherheit der Mauer gerichtet
sind und nicht ganz koscher wirken.
> Butch

> Es sind die Monaden. Die Kons nehmen sie nicht ernst,
und sie bereiten sich auf den Krieg vor. Zuerst werden
sie die Wachen an der Mauer verwandeln, sie dann von
außen niederreißen und dann alle Verrückten aus der QZ
freisetzen.
> Plan 9

> Und mit diesen schönen Aussichten kommen wir zum

Ende.
> Bull

58 DAS LEBEN ALS TROG IN ... >>

Thorben Lange (Order #29309514)


HAUER IN DER ADL
GEPOSTET VON: IMPERATIV
Das Leben von Orks und Trollen in der ADL ist
wahrscheinlich genauso schwer oder leicht wie
anderswo. Es gibt offenen und versteckten Rassis-
mus, Ablehnung, Bevormundung und Benachtei-
ligung. Hinzu kommt, dass der Metarassismus oft
Hand in Hand mit dem Ethnorassismus geht. Ein
deutscher Ork oder Troll hat es schon nicht leicht,
aber einen mit türkischen, arabischen oder osteu-
ropäischen Wurzeln trifft es doppelt so hart. Hinzu
kommen noch Vorurteile und Ablehnung aufgrund
des sozialen Status. Da Orks und Trolle häufiger zur
Unterschicht gehören, heißt das oft, dass man mit
wenig oder gar keinem Einkommen gleich dreimal
am Arsch ist.
Das Ausmaß des Rassismus reicht hierbei von
blöden Witzen über geringere Bezahlung, Nicht-
berücksichtigung bei Beförderungen, unbezahlte
Überstunden, keine Kostenübernahme bei beson-
deren „metatypspezifischen Problemen“ (das wäre
schließlich eine Ungleichbehandlung) bis hin zu
offenen Anfeindungen und Gewalttaten. Ich rede
nicht von Anrempeln oder Ähnlichem (so was hal-
ten wir aus), sondern dass dir eine Gruppe Besof-
fener, Halbstarker oder Neo-Nazigangs auflauert,
um dich zusammenzuschlagen. Es vergeht kein
Tag, an dem nicht einer von uns blutend irgendwo
zwischen Mülltonnen gefunden wird.
Es gibt jedoch regionale Unterschiede. In Groß-
städten ist es tendenziell besser als auf dem Land, im
Norden besser als im Süden und im Osten schlech-
ter als im Westen. Aber auch hier gibt es Ausnah-
men. Während die Trollrepublik im Südwesten für
viele das gelobte Land darstellt, ist man nebenan
in Württemberg schon froh, wenn man nicht von
irgendwelchen Kreuzritter-Gangs oder besorgten
Bürgern gelyncht wird. Kann man in München prin-
zipiell gut leben, ist man auf dem Land oft am Arsch,
da die Polizei Ermittlungen gerne verschleppt und
man zudem oft eine Gegenanzeige an der Backe hat.
Während der Ruhrplex alles und jeden verschlingt
und unverdaut wieder ausspuckt, egal ob man Hau-
er oder spitze Ohren hat, wird die Deutsch-Katho-
lische Kirche (DKK) alles unternehmen, damit du
<< DAS LEBEN ALS TROG IN ...
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
„ihr“ Land verlässt. Schließlich wäre es „besser für
dich, wenn du unter deinesgleichen lebst“. In Berlin
lebt man je nach Stadtteil in sehr unterschiedlicher
Qualität, und in Brandenburg, Teilen des Norddeut-
schen Bundes und Sachsen marodieren selbster-
nannte PNE-, Humanis- und Siegfried-Bund-„Bürger-
wehren“ durchs Land, um für „Ruhe und Ordnung“
zu sorgen, da sich die Polizei angeblich nicht um die
vielen „Kriminellen“ kümmert.
> Andererseits gibt es auch genauso viele Ork- und Troll-
gangs, die die Vorurteile mancher Besserbürger bestäti-
gen. Und auch ganz normale Gegenden mit ganz normalen
Metamenschen mit ganz normalen, anderen Problemen.
Vor allem auf dem Land im Norden. Und in den Plexen
nördlich von Frankfurt.
> Ruhrork
Einziger Lichtblick des Ganzen scheint hierzulan-
de zu sein, dass die ADL eines der wenigen Länder
ist, das sich ein eigenes Ministerium für unsereinen
erlaubt. Das Ministerium für Metamenschenfra-
gen, Magie und Umweltschutz (MMMU) in Han-
nover entstand im Laufe der vielen Umbildungen
und Zusammenlegungen des alten Ministeriums
für Metamenschenfragen (gegründet 2053) und
des Familien- und Umweltministeriums zwischen
2057 und 2059. So schuf die Regierung quasi de-
monstrativ das untergeordnete Bundesamt für
Metamenschenfragen in München, das sich fortan
um unsere Belange kümmern sollte. Sie produzie-
ren einen Haufen Papiere, die den Alltag und das
Zusammenleben der verschiedenen Metatypen
verbessern sollen, seien es Richtlinien für einen
metagerechten Lehrplan an Schulen bis hin zu In-
dustrienormen für Höhe und Breite von Zügen und
Bussen, damit sich ein Troll nicht den Kopf stößt.
Zusätzlich gehört dem Ministerium die Antidis-
kriminierungsstelle der Allianz in Hannover an,
die Aufklärungskampagnen fährt, Infomaterial für
Schulen, Initiativen und Konzerne erstellt und na-
türlich Hilfestellung für Betroffene liefert. Aller-
dings ist ihr Einfluss auf exterritoriale Konzerne
begrenzt, und auch wenn Gerichtsverfahren gegen
metafeindliche Gesetze in den Ländern gelingen
sollten, ignorieren diese die Urteile mit Verweis auf
ihre Autonomie.
59
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
WASCHECHTER
BLAUER TROG
„Heiliger Drek, das ist wirklich Suzie Blue!“, sprudelte
Aiken beim Anblick von Ms Johnson hervor. Er bot einen
gleichzeitig verstörenden und unprofessionellen An-
blick. Verstörend, weil Aiken mit seinen 2,8 Metern aus
Muskeln und Metall so aussah, als würde er ein Komm-
link eher essen als es zu benutzen, obwohl er beim Team
für das Abschlachten von IC zuständig war. Unprofessio-
nell, weil Aiken, wie Roth, Magpie und Scratch, sich hier
mit Suzie Blue wegen eines Jobs traf. Und dabei ging es
nicht darum, ihr bei einer Matrix-Piratensendung zu hel-
fen, was allerdings jeder von ihnen in den letzten Jahren
irgendwann gemacht hatte. Aiken war nur ein noch grö-
ßerer Fan als die anderen.
„Schnauze, Superfan. Hier geht es ums Geschäft, nicht
um Autogramme“, grollte Scratch durch seine gebro-
chenen Hauer, während sich sein massives Nussknacker-
kinn dabei kaum bewegte. Die Worte waren fast nicht zu
hören.
„Ich kann beides schaffen“, gab Aiken spielerisch zu-
rück.
„Lasst uns cool bleiben. Wir können uns bei der Über-
gabe verbrüdern, wenn sie mit einem gut gemachten Job
zufrieden ist“, warf Roth ein. Er schätzte bei beiden ihren
Enthusiasmus und ihr Verlangen, Profis zu sein, aber er
wusste, wie man mit Johnsons umging. Und sich wie ein
verzauberter Sim-Junkie zu verhalten, war kein guter An-
fang.
„Los geht’s“, sagte Magpie, verließ das Quartett und
drängte sich auf die voll besetzte Tanzfläche. Die ande-
ren bewegten sich am Rand.
Sie waren alle daran gewöhnt, sich durch eine Menge
einfach hindurchzudrängen. Zwei Trolle und zwei Orks
60 WASCHECHTER BLAUER TROG >>
Thorben Lange (Order #29309514)
konnten sich in fast jedem Club in der Sechsten Welt
leicht durch die Massen der Metamenschheit bewe-
gen, aber sie waren nicht in einem gewöhnlichen Club.
Sie waren in The Rock, dem heißesten Trog-Club in der
CZ. Magpie – Mags für ihr Team – glitt meistens auf die
Tanzfläche und überragte dann die Menge, aber heute
verschmolz sie mit der Masse der Orks und Trolle, die
sich zu den neuesten Beats von DJ 3-Meter wanden und
verrenkten. Und das galt nicht nur für die Tanzfläche. Der
ganze Club war bis auf den letzten Platz mit den hohen
Türmen der Metamenschheit vollgepackt.
The Rock war vor Urzeiten eine riesige Zisterne gewe-
sen, in der das Wasser für das Hotel darüber gespeichert
wurde. Später war sie, immer noch im vorigen Jahrhun-
dert, in eine illegale Bar verwandelt worden. Zu Beginn
des Jahrhunderts wurde sie als Finn Aisee’s Underground
House of Rock zu einem Ort, an dem man der zuneh-
menden Unterdrückung entfliehen konnte. Das Etablis-
sement überstand den Aufstieg der Megas, wurde aber
2039 nach dem Angriff von Alamos 20.000 auf den Se-
ars Tower aufgegeben. Die jüngste Wiederauferstehung
war T-Rex zu verdanken, der Bug City überlebt und diesen
Ort gefunden hatte, als er sich vor den Bugs versteckte.
Roth setzte sich an die Spitze. Als Gesicht des Teams
wollte er zuerst von Suzie gesehen werden. Dadurch
konnte er auch die Konversation beherrschen und ver-
hindern, dass gewisse andere Mitglieder des Teams die
einheimische Legende hofierten. Er hatte gerade eine
besonders dichte Ansammlung nur ein paar Meter von
Blues Tisch entfernt hinter sich gelassen, als ihn eine
massige Hand an der Schulter packte und zurückriss.
Roth schlug nie zu, bevor er wusste, was los war, also

hielt er die Reaktion seiner Booster unter Kontrolle und
drehte sich langsam um. Er suchte zuerst in den Ge-
sichtern der Menge nach Anzeichen für mögliche Ge-
waltanwendung, aber die Leute in der Nähe tanzten und
unterhielten sich weiter.
Als er sich umgedreht hatte, sah er vor sich eine Brust,
die mit einem T-Shirt von Troggy and the Thrashers be-
deckt war, das schon bessere Zeiten erlebt hatte. Er sah
hoch und erblickte den Troll in dem T-Shirt, der grimmig
auf ihn herabstarrte, den Körper über den viel kleineren
Metamenschen gebeugt.
„Wir mögen euch hier nicht!“, brüllte der Troll über die
Musik hinweg. „Entweder du verschwindest, oder ich
schmeiße dich raus.“ Er ballte seine Faust, die so groß wie
Roths Kopf war, und deutete mit dem Daumen Richtung
Tür.
Roth fand das lustig. Hier gab es haufenweise Leute
wie ihn. Er war ein Ork. Seine Hauer waren zwar im Auf-
trag seiner besorgten menschlichen Eltern umgemodelt
und seine Nase so oft gebrochen und eingerichtet wor-
den, dass sie nicht mehr das charakteristische Aussehen
wie bei anderen Orks hatte, aber er hatte die Körpergrö-
ße – beachtliche 2,1 Meter davon – und den Körperbau,
obwohl seine beiden Arme nicht mehr die waren, mit
denen er geboren worden war. Diese Begegnung konnte
durchaus ein Test von Blue sein, aber Roth wollte damit
genauso umgehen wie mit jeder anderen Bedrohung.
„Tut mir leid, großer Bruder. Ich weiß, ich bin nicht
schön, aber ich bin ein Ork“, schrie Roth zurück. Er gr-
inste und zeigte die beiden breiten unteren Eckzähne, die
abgeschnitten worden waren, um menschlicher auszuse-
hen.
<< WASCHECHTER BLAUER TROG
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
von SCOTT SCHLETZ
„Hübsch, Poser. Konntest wohl die vollen Hauer nicht
aushalten. Hattest wohl Angst, komisch zu klingen. Ver-
schwinde, bevor ich dich verschwinden lasse!“ Der Troll
stieß Roth mit seinem riesigen Finger in die Brust.
Aiken wandte endlich seine Aufmerksamkeit von Suzie
ab- und den Geschehnissen in seiner Nähe zu. Scratch
stand hinter der Fleischmauer, die Aiken bildete, und ging
einen Schritt zur Seite, um zu sehen, warum sie angehal-
ten hatten. Als er sah, dass der Troll Roth anstieß, glitt er
an Aiken vorbei an die Flanke des Trolls.
Roth sah, wie seine Chummer sich in Position brachten,
hielt sie aber mit einer ruhigen Geste zurück, die für alle
Umstehenden so aussah, als würde er sich den kahlen
Kopf kratzen.
„Pass auf, Chummer. Wir haben zwei Möglichkeiten.
Entweder du erkennst, dass ich ein echter Ork bin, und
lässt mich in Ruhe. Oder“, Roth hielt inne und blickte über
die langsam wachsende Menge, „du kannst versuchen,
mich rauszuschmeißen. Ich werde nicht gehen, und das
Ergebnis dieses Versuchs wird deinem Ruf sehr schaden.“
Roth legte die Möglichkeiten so ruhig und bestimmt vor,
wie er konnte. Er wollte den Troll nicht reizen, wollte aber
auch nicht gedankenlos erscheinen. Es war eine ernst-
hafte Entscheidung.
„Du hast ein Paar Trolleier, Glatthaut“, sagte der Troll
und gab zu erkennen, wofür er sich entschied.
„Wie heißt du, mein massiger Freund?“, fragte Roth.
„Man nennt mich Breaker“, antwortete der Troll, und
ein breites Grinsen erschien auf seinem Gesicht, als hätte
er gerade die beste Pointe aller Zeiten geliefert.
„Aiken, ruf an“, sagte Roth zu seinem Teammitglied.
Aiken wusste, was das hieß.
61
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
„Ach so. Du rufst deine Freunde zu Hilfe.“
„Oh nein. Er ruft T-Rex an, damit ich nach dieser Sa-
che ohne Unterbrechung mein Ding machen kann. Ich
glaube, du wolltest mich rausschmeißen.“ Roth konzen-
trierte sich auf den Troll. Er wusste, dass Aiken anrufen
und Scratch sich raushalten würde, solange der Kampf
sauber blieb.
„Wir sind aber ein frecher kleiner Norm!“ Der Troll stieß
Roth wieder mit seinem riesigen Finger.
Es war zum Kontakt gekommen – er hatte den Kampf
nicht angefangen. Bevor der Troll seine Hand zurückzie-
hen konnte, schnappte Roth den breiten Finger und bog
ihn unangenehm zurück. Der Ellbogen des Trolls wurde
verbogen, Roth bewegte sich nach vorne und drückte, bis
er dem sich windenden Troll den Arm auf den Rücken
gedreht hatte. Der Troll versuchte, herumzuwirbeln, aber
Roth schob seinen anderen Arm unter seine Achselhöh-
le. Er konnte die sperrige Panzerweste unter dem Mantel
des Trolls spüren, als er seine Finger in den Nervenknoten
in der Achselhöhle trieb.
Der Troll heulte vor Schmerz und Wut. Roth trat ihm das
Bein weg, brachte ihn auf eine praktischere Höhe und
quetschte und drehte seinen Gegner gleichzeitig mit die-
ser Bewegung. Der andere Arm des Trolls kam nach hin-
ten und schlug nach Roth. Das war genau, was er wollte.
Roth stieß den Troll so hart nach vorne, dass dessen
Kopf auf den Boden knallte. Weil ein Arm auf den Rücken
gedreht war und der andere nach hinten schlug, konnte
er die Wucht des Aufpralls nicht dämpfen.
Roth ließ den Troll los, stieg über ihn hinweg und ging
dorthin zurück, wo die ganze Sache angefangen hatte.
Der Troll erhob sich langsam. Roth stand still da und
starrte den aufstehenden Riesen an.
„Lass gut sein, Freund“, sagte Roth ruhig. „Ich bin ein
Ork. Mein Name ist Roth. Ich lad’ dich auf einen Drink
ein.“
Trotz seines wutverzerrten Gesichts nahm der Troll das
Friedensangebot an. Es kostete Roth sechzig Nuyen für
einen Drink in Trollgröße, aber das war es wert, wenn er
Suzie Blue damit zeigen konnte, dass er Probleme zwar
mit der Faust lösen konnte, aber Worte bevorzugte.
Das war eine hervorragende Verhandlungsgrundlage
für den kommenden Job.
x aus der Menge. Darauf folgten Rufe wie „Monster“, „Kin-
„Antrag Vier-Vier – nicht mit mir!“, rief die Menge. Die
Runner, die in der Menge standen, bewegten die Mün-
der, um nicht aufzufallen, konzentrierten sich aber eher
auf den Job als auf die Parolen. Es war eine eindrucksvolle
Szene, die sie alle persönlich betraf, aber sie hatten einen
Job zu erledigen, und der sah aus, als würde er immer
schwieriger werden.
„Ich habe noch einen“, meldete Magpie über das
Kommlink. „Schwarzes Leder, recht unpassendes T-Shirt.“
Roth sah die Menge an. Schwarzes Leder war ziemlich
häufig, grenzte aber die Suche in wenig ein. Er kicherte,
als er sah, was Magpie gemeint hatte, und Scratch sprach
den Witz laut aus. „Ein Humanis-Scheißer mit dem Logo
einer Trollgang auf der Brust. Drek-Hirn“, sagte er und be-
zog sich auf den Elfen mit einem Spieß im Kopf und X als
Augen, der das Symbol der Spikes war.
„Das macht insgesamt acht“, sagte Roth, der die ge-
fährlichen Gegner in der Menge gegenüber zählte.
Das Team war auf zehn Metern Breite an der Front der
Protestierenden verteilt. Um sie waren Hunderte Mit-
glieder von MoM, den Mothers of Metahumans, ver-
sammelt. Ihnen gegenüber standen Hunderte Menschen
62 WASCHECHTER BLAUER TROG >>
Thorben Lange (Order #29309514)
und ein paar Quotenelfen und -zwerge, die Humanis
unterstützten. Die Fronten waren klar. Die beiden Natur-
gewalten hatten sich versammelt und schrien für oder
gegen die neuesten hasserfüllten Vorschriften der Stadt,
die Orks und Trolle zu Bürgern zweiter Klasse machen
sollten. Oder Schlimmeres. Der Einfluss der Japanokons
wurde in Chicago immer stärker. Es gab bereits Gerüchte
über eine hiesige Version der Insel Yomi, wo Orks und
Trolle „arbeiten“ sollten.
Das alles fachte das Feuer des Hasses gegen die Me-
tamenschen an. Und wo es Hass gegen Metamenschen
gab, kam auch der Humanis Policlub und sprach über
mangelnde Rechte für Menschen und über verfälschte
Statistiken der Verbrechensraten von Metamenschen.
Diese besondere Form der rassistisch getriebenen Hass-
reden verfing bei vielen normalen Menschen, die gar
nicht bemerkten, dass sie den Hass unterstützten.
„Was ist der Plan, Roth?“, fragte Scratch.
„Wir gehen nach vorne, lassen unseren Charme spie-
len und uns schlagen, treten und anspucken“, sagte Roth
schlagfertig. „Wenn jemand tödliche Gewalt einsetzt, be-
enden wir das unauffällig. Wir sind hier, um für Sicherheit
zu sorgen und zu zeigen, dass nicht wir das Gewaltpro-
blem darstellen. Es darf keine Aufzeichnungen geben,
die in die falsche Richtung gedeutet werden können.“
„Sag mir noch einmal, warum wir bezahlt werden, um
uns den Drek aus dem Leib prügeln zu lassen“, fragte
Scratch.
„Weil wir es aushalten. Wir sind Profis. Wir können uns
schützen, und wir kennen das Gesamtbild“, sagte Roth
draufgängerisch.
„In Position“, meldete Magpie. Roth konnte sie in ei-
niger Entfernung sehen. Ihr gewaltiger Umhang mit den
schwarzen Federn ließ sie wie eine Sagengestalt erschei-
nen. Sie sollte Aufmerksamkeit erregen. Die drei Huma-
nis-Leute, die sich auf sie zubewegten, zeigten, dass es
funktionierte.
„Denkt daran: Wenn es nach Gewalt aussieht, geht da-
zwischen“, erinnerte Roth die anderen.
„Ja, ja, ja. Wir haben’s kapiert, Roth“, sagte Aiken über
das Kommlink und begann dann, laut zu sprechen: „Wir
sind nicht die Monster eurer Legenden. Wir sind eine an-
dere Seite derselben Metamenschheit.“
„Scheiß-Trog, wir bringen dich um“, rief eine Stimme
derfresser“, „Brückentroll“ und natürlich „Trog“ aus un-
zähligen Kehlen.
Die Antworten waren nicht weniger unangenehm. Wut
bringt immer noch mehr Wut hervor, aber noch waren es
bloß Worte. Das Team war für den Fall hier, dass Worte
zu Taten würden – wenn auch nicht so, wie man es von
einem Runnerteam aus Orks und Trollen erwarten würde.
„Ihr seid nur Tiere! Ihr großen Scheißhaufen kennt nur
Gewalt“, schrie ein Mensch aus der Menge. Andere nah-
men den Ruf auf.
Roth sah, wo es seinen Ausgang nahm. Es war einer der
Humanis-Schläger. Der Policlub-Anhänger stachelte die
Menge um sich herum auf und schob die, die kampfbe-
reit schienen, nach vorn. Roth stand am nächsten und be-
gann, seine Position in der Menge zu verändern, sodass
er der ankommenden Welle der hasserfüllten Gewalt im
Weg stand.
„Wir sind nicht, was sie von uns denken“, rief Roth den
Umstehenden zu. „Wir lassen uns nicht von ihrem Hass
anstecken.“
„Es gibt immer einen Feigling“, kam von der Gegensei-
te zurück. Diesmal war es nicht der Schläger. Die Menge
wurde mutiger.

„Gewalt ist eine Entscheidung, vor der alle stehen –
Orks, Trolle und Menschen. Sie ist nicht die Antwort auf
politische Probleme. Sie schürt den Hass gegen uns!“
Roth trat leicht vor, drehte der gegnerischen Menge den
Rücken zu und sprach zur eigenen Seite. „Sie heuern uns
wegen unserer Muskeln an, und wir brechen uns für sie
das Kreuz. Sie heuern uns als Sicherheitsleute an, um an-
dere zu verängstigen, und nennen uns gewalttätig. Sie
schieben uns an den Rand, wo die Ausgestoßenen um
die Reste kämpfen, und nennen uns dann Monster, weil
wir an diesen dunklen Orten überleben und gedeihen.
Wir sind nicht die Monster.“ Seine Rede endete, als er
den Schlag im Rücken spürte, dessen Wucht von seiner
gut getarnten Panzerung aufgefangen wurde. Er drehte
sich zu dem Angreifer um.
Einige der Menschen an der Front schrien Beleidi-
gungen. Sie riefen alles, was ihnen einfiel. Nichts davon
war neu. Er hatte alles schon gehört, und er sah nicht
einmal besonders wie ein Ork aus. Aber die Gegenseite
brachte netterweise auch alle Beleidigungen über Poser,
die ihr einfielen.
Ein paar Steine mehr flogen in seine Richtung. Er hielt
stand, ließ sich treffen und täuschte Schmerz vor, als die
Steine von ihm abprallten.
Aus dem Augenwinkel konnte Roth Bewegung auf
der eigenen Seite erkennen. Er drehte sich halb in ihre
Richtung und rief: „Lasst euch nicht auf ihr Niveau herab!
Beantwortet Steine nicht mit Steinen! Ich habe nichts ge-
tan, als hier zu stehen und die Wahrheit auszusprechen.
Wenn sie dadurch beleidigt sind und zuschlagen müssen,
zeigt ihnen, dass wir nicht so sind. Wir stehen hier nicht
voller Angst, sondern gegen die Angst.“
Roth begann, seinen Platz an der Front zu genießen,
er mochte es, die Stimme der Masse hinter sich zu sein.
Es war logisch, dass er dazu neigte – schließlich hatte er
auch im Team diese Rolle –, aber hier war er Teil einer
größeren Sache; es war anders. Er zeigte es nicht einem
Konzern oder stahl von einem Konzern, um dem ande-
ren etwas zu geben. Er machte sich für seine Leute stark,
er sprach für eine Veränderung der Gesellschaft. Es war
wundervoll.
Es war so wundervoll, dass er den Stein kaum bemerk-
te, der ihn am Kopf traf und kaum seine Kopfhaut aufriss.
Wahrscheinlich waren der Metallschädel und die modifi-
zierte Zerebralflüssigkeit dabei ebenfalls hilfreich. Es war
sein Job, die Treffer zu kassieren, und er kassierte sie mit
einem gewissen Stil.
Aus der Linie traten weitere zornige Gruppen hervor.
Jeder von ihnen stellte sich ein Teammitglied entgegen,
um zum Ziel der Angriffe zu werden. Scratchs Gegner
stürzten sich schnell auf den brutal aussehenden Ork.
Er hatte sich für den Anlass nicht umgezogen. Er trug
einfach seine Lederjacke mit den geflickten Stellen, an
denen die Abzeichen der Crimson Crush gewesen wa-
ren. Magpie und Aiken hatten es schwerer, ihre Gegner
zu Gewalt anzustacheln. Es war leichter, sich zum An-
griff auf jemanden zu überwinden, der nur aussah wie
ein massiger Mensch; aber den Mut zu finden, mit Stei-
nen oder Fäusten gegen einen Troll vorzugehen, dessen
Fäuste leicht so groß wie ein Menschenkopf waren und
der einen Menschen (und alle anderen) weit überragte,
war nicht so einfach.
<< WASCHECHTER BLAUER TROG
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
Roth konnte nicht hören, was vor sich ging, aber er
konnte es sehen. Er erwartete, dass die Gegner bei
Scratch zuerst losschlagen würden, aber es war Magpie,
die zuerst angegriffen wurde. Eine kleine Gruppe, bei der
zwei der Humanis-Schläger waren, überwand die Distanz
und rannte sie nieder. Sie breitete den Mantel vor den
hinter ihr Stehenden weit aus und rief: „Lasst sie mich
schlagen und bringt es in die Matrix!“
Roth erwartete, dass die Menge sie ignorieren und sich
am Kampf beteiligen würde, aber sie zogen sich in Si-
cherheit zurück, holten die Kommlinks heraus und mach-
ten Aufnahmen. Magpie brach langsam unter dem Ge-
wicht der vier Menschen zusammen, die an ihr hingen,
und ging sanft zu Boden. Roth fand es zu langsam. Es sah
absichtlich aus, aber er wusste, mit welchen Zaubern sie
sich belegt hatte. Die Schläge konnten nichts ausrichten.
Auch Roth kämpfte nicht, als sie sich auf ihn stürzten. Er
hob die Arme zur Verteidigung und ließ sich von Schlä-
gen, die er kaum spürte, in die Knie zwingen, um wieder
aufstehen zu können. Er bot der Menge eine Show und
rief sie als Zeugen an. Als er schließlich zu Boden ging,
hatte sich auch hinter ihm die Menge zurückgezogen.
Alle nahmen die Gewalttaten auf. Einer hatte sogar eine
Liveübertragung, die Roth abonniert hatte. Er sah, wie
der Mensch über ihm wiederholt zutrat und auf ihm he-
rumtrampelte. Ein paar Treffer taten tatsächlich weh, aber
er würde keine dauerhaften oder auch nur langwierigen
Folgen erleiden.
Jeder Treffer, den er spürte, war es wert. Es war den
Schmerz wert, der Welt zu zeigen, dass Trogs keine Mon-
ster waren.
Nachrichten
Chicago, Southside
Heute gab es Ausschreitungen bei einer Demonstration
in der Southside. Versammlungen von Befürwortern und
Gegnern der jüngsten Anträge auf Trennung der Meta-
typen zum Wiederaufbau der Stadt endeten gewaltsam,
wobei eine Seite den Hauptteil der Angriffe erlitt.
Unterstützer des Humanis Policlubs hatten sich ge-
genüber Mitgliedern der Mothers of Metahumans ver-
sammelt. Die üblichen Parolen bezüglich der Anträge zur
Staatsgesetzgebung wurden rassistisch aufgeladen. Es
ist unklar, von wem die Provokation ausging, aber man
kann nicht in Abrede stellen, von welcher Seite die Ge-
walt ausging.
Aufzeichnungen, die weltweit auf Matrixseiten
gepostet wurden, zeigen den Heldenmut von vier Indivi-
duen. Zwei Orks und zwei Trolle sahen sich zuerst einer
Salve von Beschimpfungen ausgesetzt und antworteten
nur mit positiven Aussagen. Danach wurden sie mit Bü-
chsen und Steinen beworfen, woraufhin nicht identifi-
zierte Mitglieder der Gegenseite sie mit Schlägen und
Tritten angriffen und brutal zusammenschlugen.
Beide Seiten wurden durch das Einschreiten von Lone
Star und örtlichen Konzernsicherheitskräften getrennt,
was den vier tapferen Metamenschen wahrscheinlich
das Leben rettete.
In der Matrix wurden einige Aufzeichnungen allge-
mein zugänglich veröffentlicht, und Zeugen sind aufge-
rufen, bei der Feststellung der Identität der Angreifer zu
helfen.
63
 M I T H A UE R N U ND HÖRNERN
ARBEITEN
ALS TROG BEI ...
„Jawohl, Sir. Sie werden die Dateien innerhalb einer
Stunde auf Ihrem Kommlink haben“, sagte Darren
mit ehrlich respektvoller Stimme.
„Danke, Darren“, antwortete Vice mit ebensolchem
Respekt, obwohl er in der Konzernhierarchie einige
Ebenen über ihm stand.
Diese Unterhaltung war völlig normal, brachte
Vice aber dennoch zum Lächeln. Trotz all der Jahre
bei Evo war er immer noch über den Unterschied
zwischen seinem jetzigen Leben und seiner Jugend
als Ork in den Straßen von Seattle erstaunt. Über
ein Jahrzehnt lang hatte niemand mit ihm auch nur
mit dem geringsten Anschein von Respekt gespro-
chen. Als er schließlich stärker wurde, veränderte
sich der Tonfall. Aber es war kein Respekt – es war
Angst. Niemand sprach jemals mit ihm, als wäre er
eine echte Person. Stattdessen sprach man lang-
sam, weil man ihn für dumm hielt, schnell, weil man
so schnell wie möglich von ihm wegwollte, oder
leise, weil man glaubte, er würde die gemurmelten
Beleidigungen nicht hören.
Das veränderte sich schon am ersten Tag bei Evo,
lange nach seiner Jugend. Seit diesem Tag hatte
er anderen durchaus mehr Grund gegeben, ihn zu
fürchten oder schief anzusehen. Seine Gabe hatte
ihn zum Weisen Krieger geführt, was sein Gemüt
beruhigte, aber Fehler hatten ihn die Farbe seines
Haars gekostet. Sein Mentor hatte ihn in die Schat-
ten geführt, wo ihm eine Sprachbarriere wegen
dessen deutscher Muttersprache und seiner ei-
genen Ausbildung auf der Straße, kombiniert mit
seiner rüden Art und der fehlenden Pigmentierung
seines Haars, seinen Straßennamen und seinen au-
ßergewöhnlichen Stil verschafften. „Vice“ hörte sich
ähnlich wie das deutsche „Weiß“ an, und er kleidete
sich von Kopf bis Fuß in dieser Farbe. Der Komet
sorgte für Schuppen auf seiner Haut, geschlitzte
Pupillen und Gift in seinen Hauern. Nichts an ihm
war normal.
Aber das sah Darren nicht. Darren sah nur ein an-
deres Wesen bei Evo. Eine andere Person, die sein
durfte, wie sie wollte oder wie die Welt sie gemacht
hatte. Eine Person, die respektiert werden muss-
te, nicht weil sie ihn überwältigen, verhexen oder
vergiften konnte. Der Respekt entsprang nicht der
Angst. Es war der Respekt für eine andere Person,
64 ARBEITEN ALS TROG BEI ... >>
Thorben Lange (Order #29309514)
die ein anderes Leben geführt, einen anderen Weg
eingeschlagen hatte, aber dennoch, wie er, zu Evo
gekommen war, um die Welt zu verbessern.
Vice, als Ork geboren, lebenslang ein Freak, hat-
te die Wirklichkeit des Lebens bei Evo noch immer
nicht akzeptiert.
Es war ein gutes Leben für Orks und für alle ande-
ren. Ein gutes Leben in einem Megakonzern.
Er war kein Narr; er wusste, dass es Schatten-
seiten gab. Aber hier lag das Dunkle nicht darin,
dass Leute, besonders Orks oder Freaks wie er, als
mindere Kreaturen behandelt wurden. Hier wurde
jeder genau so behandelt, wie es seine eigenen
Handlungen verdienten.
GEPOSTET VON: ORKPERSONALASSISTANT
Der Großteil der Welt arbeitet in einem Konzern,
und sehr viele arbeiten in einem Megakonzern. Das
ist die Regel; Runner sind die Ausnahme. Wenn man
zu viel Zeit mit anderen Runnern, Schiebern und
Johnsons verbringt, kann sich leicht die Perspektive
verschieben, sodass man vergisst, wie viele Leute
nach der Pfeife der Konzerne tanzen. Diese Musik
gestaltet unsere Welt. Auch wenn viele von uns nur
freiberuflich für Konzerne arbeiten und nie Festan-
gestellte werden, bekommen wir es mit ihrer Kultur
zu tun, wenn wir engagiert werden. Und ein paar
von uns landen vielleicht drinnen, arbeiten viel-
leicht für eine Abteilung mit nicht näher benannten
Aufgaben, verkleiden sich vielleicht als Angestellte,
um zu spionieren, oder verfolgen andere Ziele. Die
Kernaussage ist einfach: Wenn ihr Trogs seid, wird
euch die Ansicht der Konzerne über Trogs irgend-
wann in irgendeiner Form betreffen.
Der Gedanke, dass ein Konzern mit Millionen An-
gestellten und Hunderten Tochterfirmen eine ein-
deutig definierte Kultur haben könnte, ist seltsam,
und man muss das auch differenziert betrachten.
Manchmal fühlt sich eine Tochter ganz anders an als
das Mutterunternehmen. Renraku hat zum Beispiel
den Ruf als einer der am wenigsten meta-freundli-
chen Konzerne der Welt, aber das Australian Insti-
tute of Magical Research ist ein ausnehmend ange-
nehmer Platz für Metas, wo die Führung durch Trolle
dafür sorgt, dass diese willkommen geheißen und
gut behandelt werden. Also sollte man einige der
 Beschreibungen hier nicht ganz wörtlich nehmen.
Sie konzentrieren sich eher auf die oberste Ebene
und auf die zentralen Vorstellungen des Konzerns
als auf das Gefühl, das vielleicht auf den verschie-
denen Ebenen der Konzerngiganten herrscht.
Dennoch hat diese Kultur auf alle Ebenen gewisse
Auswirkungen. Eine Analogie aus der Politik: In Se-
attle ist der Untergrund sehr trog-freundlich. Man
kann sich dort unten lange Zeit aufhalten, ohne
dass man sich seiner Hauer oder Hörner bewusst
wird; man kann als normales menschliches Wesen
leben.
> Wenn man keinem Mitglied der Ancients oder Ähnlichen
über den Weg läuft. Das kann einem echt den Tag versauen.
> 2XL
Dann aber hört man etwas über unseren gelieb-
ten früheren Gouverneur und darüber, wie er ver-
suchte, den Untergrund zu hintertreiben oder den
Trogs den Schutz zu nehmen. Dann wisst ihr, dass
die Kultur zwar auf der einen Ebene offen sein kann,
die Mächte darüber es aber nicht sein müssen und
sich jederzeit in eure kleine Zuflucht einmischen
könnten.
Eine Konzernkultur kann sich auf sehr unauffällige
Weise zeigen und verbreiten. Wenn ihr also wisst,
was im Herzen eines Konzerns vor sich geht, wisst
ihr, was in die Extremitäten hinausströmen kann.
Und das wird sich über kurz oder lang auswirken.
Außerdem ist keine Kultur völlig einheitlich. Un-
terschiedliche Leute können im selben Konzern
unterschiedliche Erfahrungen machen. Die Positi-
on innerhalb der Nahrungskette des Konzerns legt
meistens, gemeinsam mit der allgemeinen Denk-
weise des Konzerns, die alltägliche Behandlung
fest, die man im Land der Lohnsklaverei erfährt.
Abweichungen von dieser Norm haben meistens
einen von drei Gründen: die eigene Einstellung
(positiv oder negativ, daher unterschiedliche Be-
handlung durch andere), die Verbindungen (oh,
Entschuldigung, Mr Vogel, ich wusste nicht, dass
Arthur ihr Onkel ist) oder den Metatyp (man lächelt
einen Elfen an, schickt einen Zwerg zur Arbeit, be-
trachtet einen Ork als faul und hat Angst vor einem
Troll). Auf Bitten von OrkCE0 habe ich mich also an
<< ARBEITEN ALS TROG BEI ...
Thorben Lange (Order #29309514)
ein paar Insider gewandt, die andere Reaktionen
auf den Metatyp und deren Auswirkungen auf die
Arbeitsatmosphäre behandeln. Ich werde jeden
Abschnitt mit den einfachen Klischees beginnen,
bevor uns die Insider erleuchten.
Danke für die Möglichkeit, etwas zu den Schatten
beizutragen. Ich selbst habe nicht die nötige Coura-
ge, aber ich weiß, dass sich etwas ändern muss.
Und ihr gehört zu den ganz wenigen, die in diese
Richtung etwas bewirken können.
> Wenn wir die Hoffnung der Welt auf einen Wandel sind,
dann ist diese Welt wirklich total am Arsch.
> Haze
JAPANOKONS
Das ist eine schnelle, einfache Möglichkeit, drei
Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, weil die An-
sichten über Mitsuhama, Renraku und Shiawase
von hier unten aus ziemlich gleich sind. Diese An-
sichten sind, wegen des allgemeinen Eindrucks,
den alle von der japanischen Kultur und ihrer Ab-
scheu vor Metamenschen – vor allem Orks und
Trollen – haben, nicht gerade vorteilhaft. Es ist ein
Klischee, aber das heißt nicht, dass es nicht zum
Großteil der Konzernbürger der drei japanischen
Megas passen würde. Eigentlich kann es sogar auf
alle japanischen Firmen angewendet werden, weil
der einzige japanische Konzern mit einer anderen
Meinung sein Hauptquartier jetzt in Russland hat
und keinen japanischen Namen mehr trägt.
Früher wurde man als Ork oder Troll oder Ange-
höriger einer Metavariante als nicht ganz mensch-
lich betrachtet. In Extremfällen wurden man nicht
einmal als Person, sondern als Tier gesehen. Mei-
stens ging mit diesem Denken ein gewisses Mitleid
einher, manchmal Angst und viel zu häufig Zorn.
Der Zorn trat am häufigsten zutage, wenn ein Ork
oder Troll es wagte, jemanden mit einem höheren
Rang (also alle) anzusprechen, und offene Feindse-
ligkeit war immer möglich, wenn man die respekt-
volle Endung -sama hinter dem Nachnamen vergaß
oder falsch benutzte.
65
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
Das hat sich stark verändert. Die Traditionalisten
haben einiges von der Macht eingebüßt, die sie frü-
her im Kaiserreich hatten, und die jüngeren Amts-
träger sind Metas gegenüber viel toleranter. Ein
Teil des Erfolgs von Mitsuhama auf dem Weg zum
größten Megakonzern der Welt lag an der Öffnung
seiner Kultur, sodass fähige Leute unabhängig von
ihrer Gestalt willkommen waren. Einiges davon ist
natürlich nur Show – Technomancer sind in der
Nähe von MCT-Anlagen immer noch sehr vor-
sichtig –, aber es gab tatsächlich signifikante Ände-
rungen in der Mentalität.
Aber Millionen Individuen verändern sich nicht
komplett über Nacht oder auch nur im Lauf eines
Jahrzehnts. Ein paar Leute haben sich überhaupt
nicht verändert – sie haben Wut und Hass nur mit
stiller, giftiger Verachtung überdeckt. Die Tatsache,
dass man nie genau weiß, wer diese Leute sind oder
wann sie explodieren, sorgt bei vielen Trogs für An-
spannung.
Dann gibt es da die Leute, die Fortschritte ge-
macht haben, darauf ziemlich stolz sind, Orks
und Trolle aber immer noch nicht als vollkommen
menschlich betrachten können. Sie sind immer die
Ersten, die von ihren orkischen oder trollischen
Freunden erzählen, weil sie diese Gesprächstaktik
als Verteidigungsmechanismus nutzen, um sich
vor Anschuldigungen bezüglich ihrer Vorurteile zu
schützen, die seltsamerweise immer auftauchen.
Sie sind schnell – manchmal zu schnell – mit Lob
für Orks und Trolle zur Hand, aber aus irgendeinem
Grund bezieht sich dieses Lob fast immer auf kör-
perliche Aspekte. Manchmal erwähnen sie auch in
leicht überraschtem Tonfall, wie gut sich ein Ork
oder Troll ausdrücken konnte, den sie trafen. Oder
sie sprechen über die angenehme Überraschung,
die sie einem Restaurant in Harajuku erlebten, das
von einem Trog betrieben wurde, wo alle so gute
Manieren hatten und es nicht zu Prügeleien oder
Essenschlachten kam.
Aber sie geben sich Mühe. Und manchmal ma-
chen sie Fortschritte. Das ist vielleicht nicht genug
für die Trogs, die jahrzehntelange Diskriminierung
erleiden mussten, aber mehr schaffen sie nicht.
Wenden wir uns jetzt ein wenig den einzelnen
Konzernen zu.
MITSUHAMA
COMPUTER
TECHNOLOGIES
GEPOSTET VON: DARRYL DEVLIN
Das beste Wort, um mein Leben bei MCT zu be-
schreiben, ist „Verwendung“. Für den Rest meiner
trollischen Verwandten und unserer orkischen Brü-
66 ARBEITEN ALS TROG BEI ... >>
Thorben Lange (Order #29309514)
der ist das nicht viel anders. Ich bin groß, ich bin
stark, ich weiß, wie ich Respekt zolle und mich
beherrsche. Ich wurde nicht gleich zur Putztruppe
gesteckt, die verachtet wird und ständig Angst ha-
ben muss, durch Drohnen ersetzt zu werden. Statt-
dessen bekam ich eine Uniform, und man brachte
mir bei, Treffer einzustecken. Dann brachte man
mir bei, auch auszuteilen. Meine Waffenausbildung
blieb ein Grundkurs, weil nicht erwartet wurde,
dass ich die Waffe einsetze. Ich sollte einschüch-
ternd wirken und im Notfall Metas unter Kontrolle
bringen. Nur Metas. Mir war strikt untersagt, jemals
Hand an einen menschlichen MCT-Bürger zu legen.
Es war egal, ob dessen SIN so falsch war wie ein
Troll-CEO, ich durfte nicht eingreifen. Das durften
nur die menschlichen Sicherheitsleute.
So war es zu Beginn meines Jobs. Die Richtli-
nien veränderten sich nicht über Nacht, aber sie
veränderten sich; zum Teil, weil sie sinnlos waren.
Wenn man starke Sicherheitsleute hat, die sich in
ihrem Job in jeder Hinsicht hervortun, warum sollte
man dann ihre Einsatzmöglichkeiten begrenzen?
Menschen begehen Verbrechen und arbeiten als
Shadowrunner. Warum sollte man seine guten Leu-
te also auf der Ersatzbank lassen, wenn das pas-
siert? Also wurde unser Einsatzgebiet größer, und
uns wurde mehr vertraut. Ein paar von uns wurden
sogar ins Management befördert – meistens bei der
Sicherheit, selten in anderen Abteilungen, aber es
war ein Fortschritt.
Aber es ist nicht leicht, gewisse Ansichten über
Trogs zu überwinden. Im Konzern werden wir auf
Masse und Widerstandsfähigkeit trainiert. Wir sol-
len möglichst muskulös werden, und wenn bei
Tests eine Begabung für andere Bereiche festge-
stellt wird, werden wir in Jobs eingesetzt, die sich
diese Begabungen und unsere Körperkraft zunutze
machen. Wenn wir keine Fortschritte machen oder
bei Tests allgemein schlecht abschneiden, werden
wir in die miesesten Jobs abgeschoben, oft in ex-
trem gefährlicher Arbeitsumgebung. Noch häufiger
werden wir einfach aus dem Konzern in die Bevöl-
kerung der umgebenden Nation ausgestoßen oder
zu einer Tochter versetzt und mit ihr zusammen an
einen anderen Konzern verkauft.
Trolle, die die Gabe haben oder technisch versiert
sind, finden bei MCT besondere Verwendung in
der Sicherheitsabteilung. Sie werden selten genau-
so wie andere Magier oder Hacker behandelt und
kommen häufig zu Kampf- oder HTR-Teams, weil
sie stark sind und dem Beschuss durch Kleinwaffen
besser standhalten. In diesen Teams gibt es auch oft
Orks. Wenn möglich, bildet MCT ganze Trupps nur
aus Orks und Trollen. Anders als früher ist aber der
Kommandant heute meistens ebenfalls ein Trog.
Aber bei MCT legt man viel Wert auf Profit, sogar
mehr als im Rest der Sechsten Welt. Wenn ein Ork
oder Troll einer Abteilung mehr Profit verschafft, in-
dem er in eine gewisse Position aufsteigt, sagt die

Vorgabe des Konzerns, dass er diese Position auch
einnehmen sollte. Vielleicht gibt es empörte Blicke
oder gemurmelte Kommentare von verschiedenen
Leuten, aber diese Einstellungen behindern unser
Fortkommen immer weniger.
Es gibt natürlich noch so einige Überreste aus we-
niger toleranten Tagen. Als ich anfing, kümmerte
sich der Konzern in keiner Weise um die Bedürf-
nisse, die durch unsere Körpergröße entstehen.
Und auch heute werden keine Anlagen umgebaut
oder neue Fahrzeugflotten angeschafft, um ihr
Rechnung zu tragen. Wir müssen uns oft in Fahr-
zeuge zwängen, die nicht für uns gebaut sind, und
mit den Fingerspitzen Waffen bedienen, die uns
als Spielzeuge erscheinen. Wenn man sich anpas-
sen und vorankommen will, beschwert man sich
nicht. Man improvisiert. Es ist erlaubt, Gegenstän-
de anzupassen, aber man muss sie wieder in den
menschenangepassten Urzustand versetzen, wenn
man umzieht oder sie an den Konzern zurückgibt.
Das kann bei Umzügen, Versetzungen oder Ent-
lassungen zu Schulden führen, die oft dem neuen
Arbeitgeber überschrieben werden, wenn man zu-
sammen mit einer Konzerntochter verkauft wird.
> Ich habe einmal gesehen, wie eine Trollin von einem Sicher-
heitsteam zurückgelassen wurde. Das Team kam mit zwei
Fahrzeugen an: einem modifizierten Citymaster und einem
gepanzerten Spirit. Der Citymaster bekam einen Raketen-
treffer ab, und als das Team fliehen musste, hatte die Trollin
keinen Platz mehr. Sie hauten ab und ließen sie zurück.
> Balladeer
> Wie ging das für sie aus?
> Picador
> Sie arbeitet jetzt für ein Team, mit dem ich in Dallas zusam-
menarbeite.
> Balladeer
Was man generell von MCT erwarten kann, ist
eine möglichst freundliche Fassade. Das kann
manchmal unangenehm sein, wenn sie ihrer Wert-
schätzung für berühmte Trogs Ausdruck verleihen
oder berichten, dass sie für einen Trog als öffent-
lichen Amtsträger votiert haben, aber dann kann
man die Zähne zusammenbeißen und sich sagen,
dass sie es wenigstens versuchen. Und wenn sie es
lange genug vortäuschen, könnte es irgendwann
vielleicht sogar wahr werden.
RENRAKU
GEPOSTET VON: BIGREDONE
Ich habe seit über zwanzig Jahren die Ehre und das
Privileg, den Bürgern von Renraku zu dienen. Als
Kind arbeitete ich in einem Lagerhaus, erwies mich
<< ARBEITEN ALS TROG BEI ...
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
bei mehreren Moralprüfungen als vertrauenswür-
dig und durfte während der Highschool eine Aus-
bildung für Najimi Security beginnen. Najimi hat mir
die Möglichkeit gegeben, meine Einschränkungen
als Ork zu überwinden, die Stärke meiner Ehre zu
beweisen und mich den Reihen der Elite-Samurai
anzuschließen. Als Abkömmling eines minderen
Schlags war es für mich nicht leicht unter den Bes-
seren, aber durch Kraft und Beharrlichkeit konnte
ich mich bewähren.
Und nein: Ich bin kein Narr.
Mir sind die Schwierigkeiten für meinesgleichen
hier bei Renraku sehr wohl bewusst. Das hier ist
ein Ort großer Erwartungen, großer Kultur und Ge-
schichte. Einer Geschichte, in der wir uns unseren
Platz noch nicht verdient haben – im Gegensatz zu
den Monstern der Legenden. Unsere Ahnen haben
den Ahnen der Menschen von Renraku Unrecht ge-
tan, und wir müssen es sühnen. Ich bin in eine Posi-
tion aufgestiegen, die nur wenigen offen steht. Die
Reihen der Samurai bei Najimi sind handverlesen,
und nur wenige Orks können von einer Aufnahme
träumen. Aber in Wirklichkeit wären auch nur weni-
ge von uns dazu geeignet. Die Kraft meiner Diszi-
plin, die ich in der Jugend gelernt habe, ist vor allem
darauf zurückzuführen, dass ich nicht unter mei-
nesgleichen aufwuchs. Ich wuchs unter Menschen
auf. Ich fühlte zwar die Scham, wenn sie mich an-
sahen, aber ich verdiente mir ihren Respekt. Nicht
mit Fäusten und Füßen, sondern mit Ehrenhaftigkeit
und dem Zähmen meiner gewalttätigen Seele. Das
ist der Weg, der jenen meinesgleichen verschlos-
sen ist, die in Ignoranz und Wut aufwachsen.
> Ein Paradebeispiel für internalisierte Unterdrückung und
Selbsthass.
> Sunshine
Die Orks – und auch die Trolle, denn sie müssen
ebenfalls sühnen – sind in der Familie von Renraku
willkommen. Sie erhalten alles, was sie benötigen,
um sich richtig zu verhalten, die wahren Bräuche zu
ehren und die entsprechenden Gesetze – die juris-
tischen und die gesellschaftlichen – zu befolgen.
Sie stehen vor einer Wahl: Lassen sie zu, dass ihre
Schuld zu Wut führt, oder akzeptieren und über-
winden sie sie? Wir haben im Leben nicht die Wahl,
wenn wir Schuld auf uns laden: Wir tun anderen
Unrecht, und sie entscheiden, wie wir diese Schuld
sühnen können. Das Leben bei Renraku ist eine Ge-
legenheit, diese Schuld zurückzuzahlen. Eine Chan-
ce, ein Leben der Ehre für uns, unsere Kinder und
unsere Familien zu führen. Ich werde einen ehren-
vollen Familiennamen weitergeben.
Was andere begreifen müssen, ist, dass unser
Platz im Konzern uns nicht als Recht zusteht. Wir
müssen ihn uns verdienen. Wir haben keine Ehre
durch unseren Familiennamen. Wir müssen uns je-
den Zentimeter einer Verbeugung verdienen. Wir
67
 >> BUCH DER VERLORENEN <<

beginnen an einem Ort der Schande, müssen aber

nicht dort verweilen. Wir halten uns selbst dort, in-
dem wir die Ehrenhaften unter uns bekämpfen. Ja,
sie beschämen uns, und indem sie das tun, sie be-
schämen sich selbst, aber ihnen macht diese kleine
Schande nichts aus. Wenn wir im Zorn zuschlagen
oder aus Rachsucht gegen sie handeln, haben wir
keine Ehre mehr übrig.
Wir können bei Renraku über uns hinauswachsen.
Wir können Ehre erlangen. Wir können darauf hof-
fen, unseren zukünftigen Generationen einen Platz
ohne Schande zu hinterlassen.
Oder wir können rebellieren. Wir können uns
selbst entehren. Wir können uns in Zorn und Ver-
bitterung am Boden der Gesellschaftsordnung
suhlen, weil wir zu hochmütig und wütend sind, um
zu begreifen, dass dieser Ort nur die verabscheut,
die ihn verabscheuen. Wir können ignorieren, dass
wir daran arbeiten können, besser zu werden. Aber
wir haben keine Basis der Ehre, auf die wir zurück-
fallen können. Fehler sind unverzeihlich.

> Da ist jemand komplett gehirngewaschen!

> Slamm-0!
> Aber wahrscheinlich kann man das Denken bei Renraku
kaum besser illustrieren. Die Ruhe und Überzeugung, die
BigRedOne zeigt, können extrem einflussreich sein, und
er zeigt auch, was man erdulden muss, um bei Renraku
Erfolg zu haben. Man muss die eigene Minderwertigkeit
akzeptieren, um als gut angesehen zu werden. Das ist dem
tief verwurzelten Schuldgefühl ähnlich, von dem meine ka-
tholischen Freunde reden. Aber statt des Wartens auf eine
Erlösung im Jenseits bietet der Mutterkonzern eine Hilfe
dabei, die Schuld zu sühnen. In der japanischen Gesell-
schaft, die so viel Wert darauf legt, den Einzelnen als Teil
eines größeren Ganzen zu sehen, ist es sehr verlockend,
wenn Orks und Trolle irgendwelche Möglichkeiten in Aus-
sicht haben.
> Mihoshi Oni

> Das gilt für die, die bleiben. Was BigRedOne nicht wirklich
aufbringen kann, ist Verständnis für die, die er verdammt,
die sich, wie er sagt, „in Zorn und Verbitterung am Boden
der Gesellschaftsordnung suhlen“. Er verachtet sie, ver-
bannt sie aus seinem Gedächtnis, weil das der Kern der
sozialen Konditionierung ist, der er unterworfen wird.
Der katholische Vergleich von Mihoshi Oni trifft vielleicht
besser zu, als sie meint (was für eine nicht katholische
Nation bemerkenswert ist). Trogs werden mit der Erbsün-
de ihres Metatyps geboren. Sie sind von Geburt an nicht
völlig menschlich; diese Menschlichkeit müssen sie sich
verdienen. Wenn sie das nicht können, ist nichts verloren.
Sie waren nicht völlig menschlich, also gehen keine Men-
schen verloren, wenn man Trogs ausstößt.
Stellt euch nur den Zorn der Trogs vor, die so behandelt
wurden. Die die Prüfung, ob sie echte Personen werden
könnten, nicht bestanden haben. Wenn man bei Renra-
ku – bei einer der einflussreichsten Mächte der Nation –

68 ARBEITEN ALS TROG BEI ... >>

Thorben Lange (Order #29309514)


Ausschuss ist: Wo soll man hingehen? Was soll aus einem
werden? Es überrascht nicht, dass viele dieser Leute in
die Schatten gehen. Seht sie aber nicht als große Menge
potenzieller Rekruten an. Sie sind oft voller Wut und glau-
ben, dass sie nichts mehr zu verlieren haben; und das ist
eine gefährliche Kombination.
> Jimmy No
> Das Beste an dem katholischen Bild ist, dass Renraku
wirklich den Zorn eines wütenden Gottes zu spüren be-
kam.
> Netcat
Ich sollte auch über Shadowrunner in Bezug auf
Renraku sprechen, aber ich zögere. Mein wich-
tigster Ratschlag ist, dass ihr es nicht tun solltet.
Ihr habt wenig zu gewinnen und viel zu verlieren.
Der Gewinn ist trivial – eine Handvoll Nuyen –, und
der Verlust an Ehre und Würde ist viel wichtiger.
Wenn man ohne Struktur und Disziplin vorgeht, er-
gibt man sich der eigenen inneren Schwäche. Gebt
euch dem nicht hin. Erlangt Stärke, statt in Schwä-
che zu leben.
> Verdammt, er schreibt wie ein Selbsthilferatgeber.
> Cayman
> Eigentlich wie ein Angestelltenhandbuch von Renraku. Die
letzte Zeile ist ein wörtliches Zitat.
> Mihoshi Oni
Aber ich bin nicht ohne jedes Mitleid. Ich verste-
he, dass wir beim Aufbau unseres wirklichen Selbst
oft tief unten anfangen müssen. Leute können in
den Schatten sein und von dort ausgehend zu et-
was Besserem werden. Verhaltet euch also ehren-
voll. Verhandelt mit ehrlicher Absicht und haltet
eure Versprechen. Wenn Angestellte von Renraku
euch darauf hinweisen, was ihr nicht seid, ist das
einfach ein Hinweis darauf, was ihr werden könntet.
Nehmt ihre Worte und Handlungen mit Würde an.
Ich weiß, dass Orks und Trolle, die gegen Renra-
ku arbeiten, sich sorgen könnten, dass sie für die
Sicherheitsleute besondere Ziele wären. Das ist al-
bern. Unsere Aufgabe ist es, zu verteidigen, was wir
haben, und unsere Grundstücke zu sichern. Alles
andere ist dem untergeordnet.
> Wahrscheinlich ist er nicht absichtlich unaufrichtig. Viel-
leicht weiß er wirklich nicht, dass bei einer Bedrohungs-
analyse von Renraku in den allermeisten Fällen Trolle und
Orks als erste zu eliminierende Ziele festgelegt werden.
Wahrscheinlich alles nur Zufall.
> 2XL
Ansonsten gelten für Außenseiter dieselben Kri-
terien wie für die Angestellten von Renraku. Kurz
gesagt bedeutet das, dass ihr so behandelt werdet,
wie ihr es durch euer Verhalten verdient.
<< ARBEITEN ALS TROG BEI ...
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
> Was als Konzept immer für die Leute besonders gut klingt,
die entscheiden, wer was verdient.
> Jimmy No
SHIAWASE
GEPOSTET VON: HIDEKO MACHIKI
Ich spreche nicht gerne für die Gesamtheit mei-
ner Leute, aber ich tue es. Ich glaube, jeder sollte
die Chance haben, für sich selbst zu sprechen, weil
wir alle eine unterschiedliche Herkunft und unter-
schiedliche Erfahrungen haben. Ich weiß, warum
ich ausgewählt wurde. Ich habe Erfahrung. Ich wur-
de an den verschiedensten Orten bei Shiawase ein-
gesetzt, also habe ich erlebt, wie der Konzern Orks
und Trolle an den verschiedensten Orten behan-
delt. So gerne ich sagen würde, dass es an man-
chen Orten besser sei als anderswo, stimmt das
einfach nicht. Shiawase behandelt Orks und Trolle
überall ziemlich gleich.
Nicht wirklich jämmerlich, aber auch bei Weitem
nicht gut. Insgesamt ist Shiawase etwas höflicher
als Renraku, aber nicht ganz so bemüht wie Mitsu-
hama. Sie behandeln ihre Orks und Trolle mit einer
Art allgemeinen Mitleids. Nicht negativ gemeint,
selten offensichtlich, aber einfach mit Mitleid. Mei-
stens werden sie nicht herablassend behandelt,
aber sie können sich auch nicht viel Respektlo-
sigkeit erlauben. Respektlosigkeit sorgt bei Orks
und Trollen schnell dafür, dass sie auf die unterste
Ebene ihres momentanen Aufgabenbereichs ab-
stürzen. Wenn es nicht mehr tiefer geht, kürzt man
ihnen Bezahlung, Privilegien und manchmal sogar
die Grundversorgung. Respektlosigkeit hat also
durchaus ihren Preis, aber die Orks und Trolle von
Shiawase sind meistens zahm.
Shiawase-Bürger, die mit Orks und Trollen von au-
ßerhalb zu tun haben, sind oft von deren brüskem
und unverblümtem Benehmen schockiert. Oft glau-
ben sie auch fälschlich, dass sie als Bürger eines Me-
gakonzerns über Leute außerhalb des Konzernterri-
toriums Macht ausüben könnten, und oft hat dieser
Irrglaube schwere Konsequenzen für sie. Aber das
gilt auch für die Trolle und Orks, die ihnen schaden.
Shiawase toleriert Gewalt gegen seine Bürger von
keiner Seite, und alte Gewohnheiten führen dazu,
dass die Strafen für Orks und Trolle oft schwerer aus-
fallen als für andere. Wenn die Konzernsicherheit
sich nicht um das Problem kümmert, ist sich Shiawa-
se auch nicht zu schade, Shadowrunnern die Diszipli-
nierung zu überlassen, um seine Bürger zu schützen.
Die Kosten dafür werden oft dem verletzten Bürger
in Rechnung gestellt, was zu noch mehr Animosi-
täten gegen Metamenschen führt. Aber irgendwie
muss ein Ausgleich gefunden werden, und wenn
man Schande über Shiawase bringt, indem man Au-
ßenseiter beleidigt, muss das bestraft werden.
69
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
Wie man sich vorstellen kann, gibt es nicht viele
Aufstiegsmöglichkeiten innerhalb der Konzernhi-
erarchie. Positionen im unteren Management sind
meistens das Beste, worauf Orks oder Trolle bei
Shiawase hoffen können, und auf diesen sollten sie
lieber keine Fehler machen. Die Mächte über ihnen
und rund um sie sind wahrscheinlich allein dadurch
an die Grenzen ihrer Toleranz gelangt, dass sie es
mit einem Ork oder Troll mit Macht zu tun haben.
Und die Untergebenen suchen nach jeder Chance,
ihn zu Fall zu bringen. Die besten und klügsten Orks
und Trolle bemühen sich sehr, ihre Büros und Werk-
shallen mit anderen Orks und Trollen zu füllen. Das
führt manchmal dazu, dass man als „Verräter“ be-
trachtet wird, deshalb ist der Aufstieg bei Shiawa-
se oft ein Szenario, in dem man vom Regen in die
Traufe kommt.
Was man Shiawase aber im Bereich des Verständ-
nisses für Trogs zugutehalten kann, sind die Shia-
wase-Gesprächskreise. Diese kleinen Clubs sind für
die Bürger als Möglichkeit gedacht, mit anderen
auf ähnlichen Hierarchieebenen zusammenzukom-
men und über das Leben im Konzern oder über den
Alltag zu sprechen. Das soll Neid innerhalb der Rei-
hen vermindern und den Bürgern ein Ventil geben.
Viele Orks und Trolle haben dadurch die Chance,
sich mit ihresgleichen zu treffen und sich auszutau-
schen, ohne dabei ein bestimmtes Gesicht wahren
oder wegen ihrer niedrigen gesellschaftlichen Stel-
lung schweigen zu müssen. Die Strukturen dieser
Gruppen sorgen dafür, dass Anregungen zur Ver-
besserung von Vorgehensweisen innerhalb des
Konzerns regelmäßig an das Management weiter-
gegeben werden. Vielleicht haben die meisten die-
ser Anregungen keine großen Konsequenzen, aber
ein bisschen Bewegung oder sogar eine oder zwei
lobende Erwähnungen sind mehr, als früher mög-
lich war. Oder bei Renraku möglich ist.
> Es ist nett, dass dieser Gentleman wie eine brave Kon-
zerndrohne darin etwas Gutes sieht. Aber all diese Treffen
werden vom Geheimdienst MFID überwacht. Vielleicht er-
reichen manche Vorschläge das Management, aber Hin-
weise auf Insubordination oder Unzufriedenheit erreichen
es schneller.
> Thorn
> Hideko hat nicht viele Informationen über Trog-Runner, die
mit Shiawase zu tun haben, also lasst mich etwas dazu
sagen. Shiawase achtet noch mehr als andere Konzerne
darauf, Schattenaktivitäten gut zu verbergen. Wegen der
direkten Verbindung zum Kaiserhaus will man eindeutige
Verwicklungen in Verbrechen vermeiden. Das geht über
die übliche Abteilung ohne Aufgabenbereich und die Be-
nutzung des Namens Mr Tanaka beim Engagieren von
Runnern hinaus. Wenn sie innerhalb Japans Aufträge für
Runs vergeben, benutzen sie wechselnde Schieber. Sie
sind so sehr darauf bedacht, dass keiner von ihnen als
Vermittler von Shiawase zu erkennen ist, dass manchmal
70 ARBEITEN ALS TROG BEI ... >>
Thorben Lange (Order #29309514)
sogar Runs gegen eigene Anlagen in Auftrag gegeben
werden, um Spuren zu verwischen.
Das Endergebnis ist, dass man es bei einem Engage-
ment für Shiawase wenig mit Auswirkungen der Konzern-
kultur auf den Schieber oder Mr Tanaka zu tun bekommt,
weil der Konzern das so will. Man kann es also mit einem
offensichtlichen Rassisten oder mit jemandem zu tun be-
kommen, der einen ohne Vorurteile wegen des Metatyps
als das akzeptiert, was man ist. Kurz gesagt: Man kann
nichts vorhersagen.
> Mihoshi Oni
EVO
GEPOSTET VON: DEVOTED
Kommen wir jetzt zu Evo, das einst ein Japanokon
war, sich aber im Gleichschritt mit dieser modernen
Welt wahrhaft weiterentwickelt hat. Zumindest ist
es das, was einem einfällt, wenn man Evo sieht und
an Orks und Trolle denkt. Die Bürger der meisten
Konzerne glauben, Evo sei ein Megakonzern, in
dem jeder „als der geliebt wird, der er ist“. Toleranz
ist alles, und diese Einstellung zeigt sich auch ganz
oben durch Yuri Shibanokuji, den orkischen Präsi-
denten. Trogs, Nagas, Zentauren, Pixies, Gestalt-
wandler und alle anderen intelligenten Lebensarten
sind vor den Augen Evos angeblich gleich. Das ist
ein hübsches Hirngespinst, weil kein Megakonzern
wirklich so offen ist. Zumindest keiner, der voll von
unabhängig denkenden Wesen ist, weil denkende
Wesen eifersüchtig, ängstlich und verwirrt werden,
wenn jemand anders ist als sie selbst. So sieht die
Welt Evo. Entweder als den Mega, der „alle akzep-
tiert“, oder als den Mega, der einen Haufen Drek
als Fassade auftürmt.
Evo ist der beste Platz für Trolle oder Orks aller
Nationalitäten und Metavarianten. Unserem Kon-
zern ist es egal, woher man kommt – ihn interes-
siert nur, wohin man will und wie er dabei helfen
kann. Ich weiß, das klingt wie jeder PR-Müll von
Megakons, aber das ist es nicht. Zumindest nicht
ausschließlich. Es gibt gewisse Voraussetzungen,
die man erfüllen muss, um von Evo nicht nur nach
der Haut und den Dermalablagerungen beurteilt
zu werden. Das Wichtigste ist, dass man die Stra-
ße und den Müll, den die Gesellschaft über einem
ausgekippt hat, an der Türschwelle zurücklassen
muss. Man bekommt Zeit für die Eingewöhnung,
aber wenn man bei jeder Ermahnung widerspenstig
bleibt oder Gewalt anwendet (oder damit droht),
wenn man seine Gefühle verletzt glaubt, wird man
rausgeworfen. Es ist nicht einfach, aber es ist eine
Chance; und das ist mehr, als viele Trogs jemals be-
kommen.
> Anscheinend ist dieser Poster wohl ein Ork oder Troll, der
glaubt, er sei auf unserer Seite und würde uns mit Rat-

schlägen helfen, wie man in der Welt vorankommt. Aber
habt ihr die Grundannahme mitbekommen? Dass man
Orks und Trollen gesondert erklären muss, wie man sich
im Konzern verhalten muss, weil sie unkontrolliert und ge-
walttätig sind? Da ist einiges offenbar sehr tief verankert.
> 2XL
> Klar, das ist Rassismus. Es liegt nicht daran, dass du auf >
Ratschläge allergisch reagierst.
> Clockwork
> Wenn du Hunderte Male denselben Ratschlag hörst,
nachdem du gezeigt hast, dass du ihn gar nicht brauchst,
möchte ich hören, was du sagst.
> 2XL
Evo will von Trogs nicht nur ihre Muskelkraft.
Wenn ihr sie aber einsetzen wollt, könnt ihr euch
mit Bodytech zum muskulösesten Wesen machen
lassen, das man sich vorstellen kann. Die transhu-
manistischen Prinzipien haben zwar durch die Pro-
bleme mit KFS gelitten, aber der Konzern hat mehr
als seinen gerechten Anteil an Monaden aufge-
nommen, und jetzt wird dieser Ansatz wieder mit
voller Kraft verfolgt. Man könnte eigentlich von
Transmetahumanismus oder sogar Transmetasapi-
entismus sprechen, weil das Ziel über die Perfek-
tion des Metamenschen hinausgeht. Man will die
beste und reinste Form aller Wesen erreichen.
Durch dieses Ideal können Trogs bei Evo in jede
Position gelangen. Von der Front bis zur Vorstand-
setage, von den tiefsten Minen bis zur Weltraumko-
lonie können Trogs in diesem Megakonzern überall
alles tun. Sich hochzuarbeiten oder in den Traum-
job zu wechseln, braucht nur ein echtes Verlangen
und harte Arbeit. Natürlich herrscht Wettbewerb,
und es gibt wahrscheinlich andere mit ähnlichen
Fähigkeiten und Wünschen, aber bei Evo ist es für
das Fortkommen oder einen Jobwechsel wenigsten
nicht hinderlich, wenn man ein Trog ist.
Ich bin auch mit der Unterbringung der Bürger
bei Evo zufrieden, weiß allerdings nicht, ob „Unter-
bringung“ wirklich das richtige Wort ist. Evo gehört
zu den ganz wenigen Firmen, die Gebäude speziell
für die Körpermaße ihrer Angestellten errichten –
größere für Trolle, kleinere für Pixies. Wohnungen
werden für Nagas angepasst, damit sie ohne Hände
zurechtkommen. Die Ausbildungssysteme und Ge-
setze werden an die schnellere Alterung der Orks
angepasst. Die Preise werden nicht erhöht, nur weil
etwas für einen kleineren Bevölkerungsanteil her-
gestellt werden muss. Die Umgebung wird an die
Bedürfnisse der Individuen angepasst, und das In-
dividuum ist nicht gezwungen, trotz großer Unter-
schiede zu leben wie seine Nachbarn.
> Innerhalb Evos gibt es aber auch Apartheid. Die Offenheit
gegenüber Monaden ist im ganzen Konzern bekannt, aber
nicht alle Bürger sind so offen. Vielleicht hat man keine
<< ARBEITEN ALS TROG BEI ...
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
Probleme mit einem Ork als Ork, aber als Monade ist ein
Ork kein Ork mehr. Er ist eine körperfressende KI in einem
Körper mit Hauern, und viele Leute finden diese Vorstel-
lung beunruhigend. Man kann eine KI akzeptieren, aber
deren natürliche Gestalt besteht nicht aus Fleisch und
Knochen. Trotz der öffentlich zur Schau gestellten Akzep-
tanz gibt es innerhalb des Konzerns durchaus Ängste.
Plan 9
> Eine weitere Anmerkung: Es geht nicht nur um Körperfres-
ser als Orks, sondern um alle Körperfresser.
> Plan 10
> Wenn wir schon beim Thema sind, möchte ich die Special
Selection Unit 211 erwähnen. Das ist eine Spezialeinheit
der Yamatetsu-Marine, die gerüchteweise ausschließlich
aus Monaden besteht. Angeblich sind es nur Trogs, und
die zähesten Monaden unter den Orks und Trollen werden
hier zusammengespannt. Sie sollen sogar eine Art ge-
meinsames Denken besitzen, aber das ist nicht bestätigt.
Wenn es so wäre, wären sie eine extrem starke Spezial-
einheit.
> Picador
Wenn ihr als Trogs für Evo in den Schatten ar-
beitet, gibt es einen gewaltigen Vorteil: die Ausrü-
stung. Evo weiß, wie sehr Bodytech geschätzt wird,
und es weiß, dass es finanziell vorteilhaft sein kann,
Leute mit Bodytech zu bezahlen, also wird das auch
gemacht. Die Implantate kosten für Orks und Trolle
nicht mehr als für andere Metatypen – zumindest,
wenn es um Runner geht. Also können Orks und
Trolle vergleichsweise preisgünstig darankommen.
Und Evo fällt auch nicht auf das Klischee rein, dass
alle Orks und Trolle nur Schlägertypen wären. Es
verschafft ihnen ohne Zögern oder Verwunderung
auch Zerebralbooster, elastische Gelenke oder Fre-
quenzanpassungen. Das ist erfrischend.
AZTECHNOLOGY
GEPOSTET VON: CARLOS RAMIREZ
Wenn wir in die Schatten gleiten und die dunklen
Wahrheiten hinter Aztechnologys Staatsreligion
mit ihren Opferungen sehen, konzentrieren wir uns
nur noch auf sie und sonst nichts. Wir denken über-
haupt nicht daran, dass dieser Megakonzern wahr-
scheinlich der beliebteste und bekannteste der
Welt ist. Nichts in der Geschichte des Kons hat es
geschafft, seinen freundlichen und gesunden Ruf
zu beschädigen. Nicht der Umstand, dass er von
Drogenbaronen gegründet wurde, dass eine Ome-
ga-Order gegen ihn ausgesprochen wurde, dass er
regelmäßig rituelle Opferungen durchführt, dass
sein Lieblingssport unglaublich blutig ist, dass er in
Yucatán schrecklich gewütet hat oder dass er einen
Drachen mit nicht getesteten chemischen Waffen
71
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
angegriffen hat. Nichts hat das angenehme Image
von Stuffer Shack verändert, das Aztechnology
aufgebaut hat.
Das bedeutet, dass die meisten Leute sich gar
nicht fragen, wie Trogs von Big A behandelt wer-
den, weil es im Vergleich zu den anderen Ansichten
keine Rolle spielt. Man nimmt häufig an, dass der
Umgang generell neutral oder ähnlich wie der von
Aztlan ist – der ebenfalls ziemlich neutral, wenn
nicht sogar wegen des allgemein vorherrschen-
den Machismo tendenziell positiv ist. Aus meiner
Perspektive innerhalb von Aztechnology wird un-
ser Wert generell viel eher danach bemessen, wie
wertvoll wir als Bürger sind, als nach anderen Maß-
stäben.
Generell gilt: Für Aztlan und Aztechnology ist es
schlimmer, Katholik zu sein, als Trog zu sein.
Ich habe mich bei Aztechnology nie unerwünscht
oder nicht akzeptiert gefühlt. Wir werden nicht in
weniger meta-freundliche Nationen versetzt, aber
das ist keine echte Einschränkung, weil es so viele
Möglichkeiten zu Hause und im Ausland gibt, wo
die Leute offener sind. Und das Vorwärtskommen
in der Welt ist schließlich das Wichtige in einem
Kon, oder? Zumindest ist das das, was alle denken.
Wer damit nicht zufrieden ist, das Leben in einem
Konzern generell als bereichernd empfindet und ei-
nen tieferen Sinn als das bloße Erklimmen der Lei-
ter sucht, wird das Leben bei Aztechnology als Ork
angenehm finden. Trolle werden bemerken, dass
die Umgebung nicht an sie angepasst ist, sie aber
nicht verspottet oder als dumm betrachtet werden.
Nur als groß. Tatsächlich werden Trolle wegen der
allgemeinen Einstellung und der Tradition des Ma-
chismo in der Kultur selten belästigt. Die meisten
Leute sind schlau genug, in einer Kultur, die das Be-
antworten von Beleidigungen mit Fäusten erlaubt,
solange keine tödliche Gewalt angewendet wird,
Orks und Trolle nicht zu beleidigen.
Insgesamt passen Orks und Trolle mit ihrer Sta-
tur gut in eine Kultur des Machismo. Meistens be-
schränken sie Auseinandersetzungen auf ihresglei-
chen, was eher an Respekt als an Rassismus liegt.
Man sieht nicht stark aus, wenn man die Schwachen
verprügelt – man sieht schwach aus. Der Konzern
verdammt oder missbilligt das alles nicht; er sieht
es einfach als Teil des Lebens bei Aztechnology.
Man hat keine Vorurteile gegen Trogs, bevorzugt
sie aber auch nicht. Es werden einfach alle Personen
und Ressourcen eingesetzt, um den Profit von Az-
technology zu maximieren. Orks und Trolle haben
die Chance, voranzukommen und in den Vorstand
zu kommen, wenn sie das wollen, aber die meisten
sind mit einer Anstellung beim gewaltigen Sicher-
heits- und Militärkomplex von Aztechnology und
Aztlan zufrieden. Ein Vorteil der Arbeit in dieser Fa-
cette des Konzerns ist die größere Bandbreite der
geografischen Einsatzgebiete. Als Manager wer-
den Trogs von anderen Konzernen ferngehalten,
72 ARBEITEN ALS TROG BEI ... >>
Thorben Lange (Order #29309514)
die ihnen gegenüber Vorurteile haben. Als Sicher-
heits- und Militärangehörige aber sind sie dafür da,
Schläge auszuteilen und Beleidigungen einzuste-
cken, und es ist ihnen egal, ob sie dabei Gefühle
verletzen. Hier können Orks und Trolle aufblühen,
solange sie innerhalb der kulturellen Normen des
Konzerns leben. Aber das gilt genauso für alle an-
deren Metatypen.
Trogs, die verdächtigt werden, einen anderen
kulturellen Weg einzuschlagen – besonders den
des Katholizismus –, werden mit Verachtung und
Misstrauen betrachtet. Das ist eine etwas abseitige
Vorstellung – wenn Trogs einer Religion anhängen,
die sie ursprünglich für abscheuliche Monster hielt,
sollte man ihnen eigentlich besonderen Glaubens-
eifer zuschreiben.
> Im Gegenteil. Wenn jemand einen als Monstrum bezeich-
net und das nicht ausreicht, einen zu vertreiben, hielte
ich es für völlig nachvollziehbar, sein Urteilsvermögen in
Zweifel zu ziehen.
> 2XL
> Manchmal führt spirituelle Überzeugung dazu, dass man
den Mitreisenden auf diesem Pfad helfen will, ihre Vorur-
teile zu überwinden, statt sie einfach weiter darin schmo-
ren zu lassen.
> Goat Foot
Dieses Problem kommt innerhalb des Kons selten
vor, weil von allen erwartet wird, an den Konzernri-
tualen teilzunehmen. Aber einige Leute verbergen
ihren Glauben aus einfachen Gründen: Er ist illegal,
und sie wollen nicht zum nächsten Opfer werden.
> Die Todesdrohung reicht bei vielen Orks nicht aus, sie
vom Verfolgen anderer religiöser Wege abzuhalten. Zum
Teil liegt das daran, dass die Opferungen nicht im Licht
der Öffentlichkeit stehen. Der überwiegende Teil der An-
gestellten von Aztechnology weiß gar nicht, was der Pfad
der Sonne hinter verschlossenen Türen macht. Meistens
kann jemand mit verschiedensten Glaubensvorstellungen
durchkommen, wenn er keine hohe Stellung im Konzern
hat und seinen Glauben nicht öffentlich macht.
> Picador
Eine der Besonderheiten von Aztechnology ist,
dass die Konzernkultur je nach der Entfernung zur
aztlanischen Heimat manchmal sehr unterschied-
lich sein kann. Als Megakonzern, der aggressiven
Wettbewerb betreibt, lässt Aztechnology seine
Töchter häufig völlig anderen Vorstellungen fol-
gen, als sie in der umgebenden Kultur verbreitet
sind. Damit heben sie sich deutlich von den ande-
ren Konzernen der jeweiligen Region ab. In Japan
erscheint Aztech beinahe extrem progressiv, enga-
giert oder extrahiert aktiv Orks und Trolle, die sich
in einem der Japanokons zurückgesetzt fühlen, und
lockt sie mit der Aussicht auf mehr Anerkennung. In

Wladiwostok benutzen die Tochterfirmen des Kons
im Gegensatz dazu die kodierte Sprache und die
versteckten Andeutungen, die durch die Human
Nation populär wurden. Damit deuten sie auf nicht
besonders subtile Weise an, dass sie eine Zuflucht
für Menschen bieten, die nicht mit „weniger zivili-
sierten“ Metatypen zusammenarbeiten wollen.
In den Schatten aber wird der höchst pragma-
tische Zugang der Heimat unerbittlich durchgezo-
gen. Jobs müssen erledigt werden, also konzen-
triert man sich auf die Leute, die das können. Ich
weiß, dass Aztechnology in den Schatten einen
gewissen Ruf hat, aber ich glaube, dass dieser eher
auf Gerüchten und Spekulationen beruht. Sobald
die Leute einen Konzern mit Blutmagie assoziie-
ren, werden sie plötzlich völlig paranoid. Ich glau-
be, dass sich die Johnsons von Aztechnology bei
einer fairen Bewertung als mindestens so ehrlich
wie die Johnsons anderer Megakonzerne erweisen
würden, wenn nicht sogar mehr. Und sie bezahlen
oft besser.
> Zusammengefasst: „Ihr alle zieht Schlüsse, die durch eure
Vorurteile geprägt werden. Ich werde euch durch meine
eigenen Vorurteile widerlegen.“
> Snopes
Der pragmatische Ansatz so vieler Leute bei Az-
technology führt dazu, dass sie euch nicht hinter-
gehen, solange ihr nützlich für sie seid. Würden
sie euch hintergehen, wärt ihr verbrannt, und das
macht man nicht, wenn eure Arbeit noch einen
Wert hat. Bleibt also wertvoll. Dann müsst ihr euch
unabhängig von eurem Metatyp keine Sorgen ma-
chen.
> Stimmt. Bei Aztechnology wird man von den Johnsons
nur reingelegt, wenn man seinen Wert als Auftragnehmer
verloren hat. Oder etwas über sie erfahren hat, was man
nicht sollte. Oder etwas über den Konzern erfahren hat,
was man nicht sollte. Oder wenn sie Geld sparen wollen,
indem sie euch nicht bezahlen, sondern umbringen. Oder
weil sie sauer sind, weil ihr sie komisch angesehen habt.
Oder mittwochs. Aber sonst nie.
> Haze
HORIZON
GEPOSTET VON: FALLEN STAR
Gary Cline, Manus West, Derk Barik, Auxion. Die
Liste der Stars und einflussreichen Trogs bei Hori-
zon ist endlos. Der Konzern hat so viele von ihnen
als öffentliche Gesichter, dass jeder weiß, dass man
durch das Trog-Sein nicht vom Erfolg abgehalten
wird. Horizon macht sie alle zu Stars – im Konzern
und außerhalb. Die Leute sehen den Konzern als
hervorragende Möglichkeit, Anerkennung und Be-
<< ARBEITEN ALS TROG BEI ...
Thorben Lange (Order #29309514)
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rühmtheit zu erlangen. Innerhalb eines Konzerns,
der einen Ork als CEO hat, haben Trogs sicher Vor-
teile.
Jeder kann wunderbar sein, wenn er richtig ver-
kauft wird, und so behandelt Horizon die Trolle und
Orks auch. Natürlich arbeiten die meisten bei der
Sicherheit oder Reinigung (die alten Personalvor-
stellungen waren nicht immer perfekt, und einiges
an der Zusammensetzung der Angestellten nach
Metatypen reflektiert diese alten Vorgaben), aber
sie können nicht behaupten, dass sie behindert
würden, solange Gary am Ruder ist. Es gibt Trolle als
Rocker, Orks als Sim-Stars, Trolle als Schauspieler,
Orks als Rapper, einen Ork an der Spitze, Trolle im
Vorstand und Orks im Management auf der ganzen
Welt. Wir haben alle möglichen Positionen inne.
Ab wann unsere Bürger nicht weiter befördert wer-
den wollen und in welchem Job sie bleiben wollen,
wird nicht von Horizon entschieden; sie entschei-
den das selbst. Wenn jemand als Reinigungskraft
in den Büros von Seattle zufrieden ist – warum in
aller Welt sollte Horizon ihn dazu zwingen, sich zu
einem Büro in den höheren Stockwerken hochzuar-
beiten? Er kann jedes Büro haben, das er möchte.
Wie findet ihr diese Werbung? Ich bin kein Hori-
zon-Bürger mehr, weil ich unabsichtlich eine Datei
öffnete, die ich nicht einmal gelesen habe, aber ich
kann die PR immer noch im Schlaf verbreiten. Und
alles ist nur PR. So soll die Welt den Konzern sehen.
In Wirklichkeit wird uns gesagt, was wir tun sollen.
Uns wird gesagt, was wir glauben sollen. Uns wird
gesagt, wo unser Platz ist. Natürlich halten sich
manche Leute nicht daran und drängen sich nach
oben. Aber für jeden, der Erfolg hat und zum auf-
strebenden Star wird, gibt es hundert andere, die
ausbrennen, rausgeworfen werden oder endgültig
in den Vorruhestand versetzt werden, weil sie sich
dem Consensus widersetzen. Weil die Leute nicht
aus ihrer Haut können und ihre Ansichten zum Teil
die allgemeinen Ansichten des Konzerns bestim-
men, tendieren die Ansichten der Horizon-Bürger
– die leider genauso borniert sind wie die Leute in
anderen Gegenden der Welt – dazu, das Image der
Trogs zu verzerren. Dadurch werden diese an die
Plätze zurückgedrängt, die die Ignoranten als für
sie passend ansehen.
> Horizons Bemühungen und die positiven Ansichten über
Trogs sind für die allgemeine Einstellung gut, erzeugen
aber innerhalb des Konzerns große Spannungen. Der
Großteil der Lohnsklaven von Horizon glaubt, dass die
Metas vom Konzern zu viel Aufmerksamkeit erhalten. Die
meisten sagen das nicht laut, aber die Umfragen für den
Consensus werden anonymisiert durchgeführt.
> Sunshine
Das fortwährende Problem bei Horizon ist, dass
der Konzern durch die Weisheit der Menge von
unglückseligen Exzessen abgehalten werden soll,
73
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
aber dadurch auch eingeschränkt werden kann,
weil er es schwer hat, die Beschränktheit seiner An-
gestellten zu überwinden.
Ich habe ein interessantes Beispiel dazu, wie sich
ein Ork an der Spitze positiv und negativ auswirken
kann. Die positiven Seiten sind ziemlich eindeutig:
Es gibt keine gläserne Decke für Trogs, keine Ebe-
ne, die sie nicht erreichen könnten. Die negativen
Seiten sind unauffälliger, und ich kann sie anhand
eines internen Berichts demonstrieren, den ich ge-
sehen habe (das ist nicht das Dokument, dessent-
wegen ich gefeuert wurde, falls ihr euch das fragt).
Cline musste zu einem bestimmten Zeitpunkt nach
den Schwierigkeiten mit den Technomancern in Ve-
gas den Gürtel enger schnallen und viele Budgets
kürzen, was zur Senkung von Löhnen und Vergün-
stigungen führte. Über mehrere Monate hinweg
sanken dann die Beförderungsraten bei Orks und
Trollen deutlich, und aus derselben Gruppe wurden
überdurchschnittlich viele entlassen. Was war da
los? Der Consensus ergab ein deutliches Ansteigen
negativer Gefühle gegenüber Orks und Trollen, was
sich auf die Personalentscheidungen auswirkte.
Wie so oft sahen die Leute, dass ein Ork etwas tat,
das sie nicht wollten – in diesem Fall ihre Löhne zu
senken –, und schoben das allen Orks der Welt in
die Schuhe. Und im Zuge dessen auch gleich den
Trollen.
Es wurden einige Anstrengungen dazu unter-
nommen, etwas zu verändern. In Tochterfirmen der
ganzen Welt wurden Diversitätsprogramme gestar-
tet, die dazu führen sollten, dass die Bürger mehr
Diversität wollten, damit sich dieses Verlangen im
Consensus abbildete.
> Das Problem ist, dass viele dieser Programme sehr mutlos
sind und von Leuten entworfen werden, die nur auf Geld
aus sind, statt wirklich Gutes tun zu wollen. Und wenn
man solche halben Sachen in Fragen der Diversität macht,
weckt man eher negative Gefühle dagegen. Ich würde
also nicht darauf wetten, dass diese Programme eine
merkliche Wirkung zeigen.
> Kay St. Irregular
Wenn man also als Ork oder Troll mit Horizon zu
tun hat – entweder als Angestellter, potenzieller
Angestellter oder Freiberufler –, sollte man mit
seltsamen Stimmungsschwankungen rechnen. Die
werden nicht dramatisch sein, aber Horizon arbei-
tet immer an der Feinabstimmung des Modells und
an der Frage, wer es wann benutzen sollte. Manch-
mal verändern sich daher die Instruktionen (wenn
zum Beispiel Cline die Angestellten wieder verär-
gert), oder der Consensus hat die Vorgaben dafür
verändert, wie er herangezogen werden soll und
was die Angestellten unter bestimmten Umständen
tun sollen. Rechnet nicht damit, dass alles sinnvoll
ist, und rechnet damit, dass Mr Johnson vielleicht
nicht weiß, warum er tut, was er tut.
74 ARBEITEN ALS TROG BEI ... >>
Thorben Lange (Order #29309514)
ARES
GEPOSTET VON: SANMAN
Ares Macrotechnology wurde auf den Fundamen-
ten amerikanischer Ansichten aufgebaut, deshalb
sind Konzepte der Offenheit ein integraler Be-
standteil des Konzerns. Der amerikanische Traum
ist zum Ares-Traum geworden, und er überwindet
die Grenzen der Metatypen. Ares macht überall
Werbung damit, dass Angehörige jeden Metatyps
für den wohlbekannten Amerikon und all seine
Tochterfirmen arbeiten. Von der Rüstung bis zum
Baugewerbe, von der Sicherheit bis zur Logistik
achtet Ares sehr darauf, dieses Image zu wahren.
Ich habe eine Kopie der Angestelltenstatistiken
gefunden, als ich nach belastenden Informationen
über Terrance Davis suchte – einen kleinen Perso-
nalmanager, den seine Frau der Untreue verdäch-
tigte. Dabei kam nicht viel heraus, aber die Daten,
die ich sammelte, schienen sich gut verkaufen zu
lassen. Ich habe dazu einen Kommentar auf einer
Matrix-Seite abgegeben, und jetzt bin ich hier.
Sprechen wir also über Trolle und Orks und deren
Verwendung bei Ares Macrotechnology und sei-
nen Tochterfirmen.
Ich habe nicht alle Daten. Es gibt viele Angestellte
unter dem Schirm von Ares, die nicht in offiziellen
Aufzeichnungen vorkommen oder deren Positi-
onen nur so genau vermerkt werden, wie die Mäch-
tigen es wollen. Jedenfalls beschäftigt Ares viele
Orks und Trolle. Die überwiegende Mehrzahl von
ihnen fällt in die untersten fünf Prozent der Einkom-
mensklassen bei Ares, und die meisten arbeiten
in Jobs, wo echte Drek-Arbeit mit toll klingenden
Titeln bemäntelt wird. Die Behandlung als minde-
re Personen wird mit guter PR und vielen positiven
Geschichten über Orks und Trolle übertüncht, die
in den internen Medien verbreitet werden. Die
Ares-Bürger scheinen keine Schwierigkeiten mit
Orks und Trollen – auch nicht mit denen außerhalb
des Konzerns – zu haben, aber die Insider und die
Leute, die die Kontrolle über Beförderungen haben,
befördern viel lieber andere Metatypen. Tut mir
leid, aber so sieht es von innen aus.
Die Daten belegen, dass Orks und Trolle am
ehesten bei den Sicherheitsabteilungen und -toch-
terfirmen befördert werden. Hier haben sie durch
ihre Muskeln häufiger Gelegenheit, die Beachtung
ihrer Vorgesetzten zu finden, und hier gibt es genug
Risiken, dass man recht einfach unglückliche Un-
fälle inszenieren kann, wenn sich jemand nicht so
gut bewährt, wie die Bosse erwartet haben. Knight
Errant bekommt viele Trogs, aber ein noch grö-
ßerer Anteil wird zu Hard Corps verschoben, und
Wolverine liegt mit dem höchsten Anteil an Orks
und Trollen an der Spitze aller Tochterfirmen. Wir
alle kennen den Ruf dieser Sicherheitsfirmen, und
es sieht so aus, als würde Ares einfach gerne die

großen, bösen Trolle und Orks zur Schlägertrup-
pe versetzen, um dort Schädel einzuschlagen und
Shadowrunner abzuschrecken.
Außerhalb der Sicherheit werden Orks und Trolle
besonders oft am Bau eingesetzt, wo ganz sicher
ihre geistigen Begabungen bei Architektur und De-
sign genutzt werden. Halt, nein – die Daten zeigen,
dass sie als Bauarbeiter eingesetzt werden, und
dass ihr Anteil abnimmt, je höher man die Hierar-
chie erklimmt.
Als Angestellter fand ich diese Daten beschä-
mend. Unsere Behandlung dieses Teils der Meta-
menschheit ist einfach falsch. Wir benutzen ihre
Stärke, und dann sperren wir sie aus. Ich hoffe, dass
diese Daten Leute erreichen, die die Wahrheit über
Ares erkennen können, Leute, die diese Wahrheit
verbreiten und hoffentlich nicht nur den Ares-Bür-
gern die Augen öffnen können, sondern auch den
Bürgern aller Megakonzerne der Welt.
Eine Abteilung verdient besondere Aufmerksam-
keit, und das ist Knight Errant. Jeder Sicherheitskon-
zern hat eine komplizierte Beziehung zu Orks und
Trollen, und bei KE ist es nicht anders. Sicherheits-
firmen engagieren gerne Orks und Trolle. Die zu-
sätzlichen Nuyen, die man für passende Uniformen
ausgeben muss, werden durch den höheren Ein-
schüchterungswert auf der Straße mehr als kom-
<< ARBEITEN ALS TROG BEI ...
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
pensiert. Ein Troll ist bei der Aufstandsbekämpfung
vier oder fünf Menschen wert.
> Und sieben oder acht Elfen. Ha!
> 2XL
Die Schwierigkeit liegt darin, Orks und Trolle
von der Arbeit als Gesetzeshüter zu überzeugen.
Viele von ihnen sind mit einem Bild von Polizisten
als Gegner oder sogar Feinde aufgewachsen. Das
Überlaufen zum Feind als Karriere anzuvisieren,
ist also nicht einfach. Und die Probleme entstehen
nicht nur im Inneren – auch Familien und Freunde
üben oft starken Druck auf Orks und Trolle aus, da-
mit sie nicht zur Polizei gehen. Sie warnen davor,
dass man sie als Verräter betrachten würde.
Also sind Orks und Trolle, die bei der Polizei blei-
ben, oft wirklich überzeugt von ihrem Job. Sie hat-
ten so viel Gegenwind von innen und außen zu
überwinden, dass sie von ihrem Lebensweg sehr
überzeugt sind. Sie können manchmal zum Fana-
tismus tendieren. Behaltet das im Hinterkopf, wenn
ihr versucht, sie zum Wegsehen zu überreden oder
zu bestechen.
> Wie bei jeder Generalisierung gibt es auch hier sehr viele
Ausnahmen. Ein paar Trogs haben sich in einem Anfall von
75
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
Idealismus der Truppe angeschlossen, nur um dann von
der unfairen Behandlung der Orks und Trolle durch das
Justizsystem entmutigt zu werden. Sie bleiben meistens
aus Trägheit im Job, können aber faul oder korrupt werden
oder bereit sein, manche Ermittlungen zu behindern, um
ihre eigene Vision der Fairness umzusetzen. Das führt bei
jeder Begegnung mit Trog-Cops zu einer gewissen Unsi-
cherheit und Unvorhersagbarkeit.
> Sunshine
SAEDER-KRUPP
GEPOSTET VON: KONKIND
Der Schrecken, den alles, was mit S-K in Verbindung
steht, auf der Straße verbreiten kann, macht die Be-
handlung einzelner Aspekte des Konzerns relativ
zwecklos. Der Konzern wird weltweit gefürchtet. Er
wird als gnadenlos, hypereffizient und ohne jeden
Sinn für Menschlichkeit betrachtet. Man kann aus
dieser generellen Ansicht nur ableiten, dass Sae-
der-Krupp Orks und Trolle nicht anders betrachtet
als Waffen, Stahl und Fahrzeuge: als Werkzeuge,
die den Profit erhöhen, indem man sie so effizient
und effektiv wie möglich einsetzt.
Unter den Großen Zehn war Saeder-Krupp bis
vor Kurzem der größte. Einer der Gründe dafür,
dass Lofwyrs Konzern ganz an die Spitze kam, war
das Wissen darüber, wie man Ressourcen mit ih-
rem vollen Potenzial einsetzt. Ich will nicht sagen,
dass Orks und Trolle nur Ressourcen sind, aber in
Lofwyrs Augen sind alles und jeder in seinem Kon-
zern Ressourcen. Diese Einstellung wirkt sich von
der Spitze her nach unten aus, wird aber auf der
Ebene der einfachen Bürger etwas weniger prä-
gend. Hier gibt es Reste des Rassismus, die auf den
Nachwirkungen der Gründung des Trollkönigreichs
Schwarzwald (heute der Trollrepublik) beruhen. Das
Abtrennen eines so großen Teils von Süddeutsch-
land hat bei den anderen Deutschen einen schalen
Beigeschmack hinterlassen. Diese Einstellung ist
umso stärker, je näher man dem deutschen Fun-
dament des Konzerns kommt, reist aber mit den
Execs und Arbeitern um die Welt.
Die meisten Orks und Trolle, die es in der Hierar-
chie des Konzerns nach oben schaffen, stammen
aus Büros und Tochterfirmen, die nicht direkt mit
Deutschland verbunden sind. Wenn sie aber ihren
Wert bewiesen haben, haben sie auch im Haupt-
quartier keine Schwierigkeiten, nur weil sie Hauer
oder Hörner haben. Weiter unten haben Orks und
Trolle mehr Probleme mit Leuten von außerhalb des
Konzerns als mit denen von innen. Sie sind aller-
dings so weit unten auf der Leiter, dass sie kaum
von anderen Konzernangehörigen bemerkt werden.
Es ist nicht wirklich fair und gilt auch nicht für den
ganzen Megakon, aber es gibt definitiv Abneigung
oder Misstrauen gegenüber Elfen und Zwergen,
76 ARBEITEN ALS TROG BEI ... >>
Thorben Lange (Order #29309514)
was den Orks und Trollen einen weiteren Vorteil
verschafft. Allgemein wird angenommen, dass El-
fen und Drachen nicht gut miteinander auskom-
men; und auch wenn das nur auf wenige elitäre
Elfen zurückzuführen ist, gerät auch der Rest der
Elfenbevölkerung unter Verdacht, mit dieser Elite
verbunden zu sein.
Das Problem der Zwerge hat andere Gründe. Lof-
wyr schätzt internationale Netzwerke nicht beson-
ders, die aus seinem Konzern hinausreichen, will
aber auch nicht jeden Zugang zu diesen Netzwer-
ken verlieren. Er muss nur den Informationsfluss
kontrollieren. Jedenfalls haben Elfen und Zwerge
hier ein Handicap, was in der Hierarchie mehr Platz
für Orks und Trolle schafft.
Das Sozialleben der Orks und Trolle bei Sae-
der-Krupp ist eines der besten in der Megakon-
zernwelt, und ich sage das nicht nur, weil es mein
Konzern ist. Die sozialen Organisationen sind in
Konzern- und Privatkreisen unübertroffen – beson-
ders, was Trolle betrifft. Zum Teil liegt das daran,
dass man Trollen, die als Bürger bei Saeder-Krupp
bleiben, statt in einen eigenen Staat zu ziehen, er-
möglichen will, Verbindungen zu knüpfen und sich
zu Hause fühlen zu können. Diese Organisationen
haben sich etabliert und sind gewachsen. Andere
Gruppen, unter denen auch einige sind, die sich auf
Orks konzentrieren, haben es ihnen gleichgetan
und sind in der ganzen Welt aufgetaucht. Andere
Konzerne haben ähnliche Gruppen, aber bei uns
geht es nur darum, dass Orks und Trolle bei Sae-
der-Krupp einen Platz finden, wo sie etwas anderes
als nur Fleisch und Muskeln sein können.
> Der Konzern empfindet keine spezielle Liebe für Orks oder
Trolle. Auch für niemanden sonst, außer für Drakes. Ein
Ork oder Troll könnte als Drake allerdings durchaus eine
bevorzugte Behandlung erhalten. Ich will damit nur sagen,
dass Orks und Trolle bei S-K nicht besonders behandelt
werden. Sie werden wie alle anderen behandelt. Auch die
Elfen, Zwerge, Menschen und anderen Sapienten haben
ihre Clubs und Aufstiegschancen. Lofwyr will die Besten,
und damit jemand über sich hinauswächst, muss es Kon-
kurrenz und Interaktion geben.
> Cosmo
Kommen wir jetzt von den allgemeinen Betrach-
tungen zu einigen besonderen Interessensgebieten.
Zu denen gehört die bereits erwähnte Trollrepublik
Schwarzwald. Wie gesagt gibt es gewisse Ressen-
timents in Teilen des Konzerns, besonders bei äl-
teren Angehörigen, aber die wachsende Stärke der
Republik hat zu wirtschaftlichen Möglichkeiten ge-
führt, die man nicht ignorieren kann. Die Frage ist,
welchen Ansatz S-K in Bezug auf dieses Allianzland
wählen wird. Innerhalb des Konzerns gibt es – vor
allem in dieser älteren Gruppe – laute Stimmen, die
die ökonomische Stärke der Republik mit der ge-
waltigen Macht von S-K vernichten wollen. Gut ge-

hende Firmen in der Republik sollen in Preiskämp-
fe verwickelt und ruiniert werden. Einige Leute
sagen, dass das nicht funktionieren kann, weil die
Republik zu strenge Handelsvorschriften hat und
die Bürger zu großen ökonomischen Opfern bereit
sind, um die einheimischen Firmen zu unterstützen.
Und sie halten schon die Idee für unklug. Warum
sollte man einen Wirtschaftskrieg mit einem Alli-
anzland beginnen, das stärker zu werden scheint
und zu einem starken Partner werden könnte, wenn
man seine Karten richtig ausspielt? Diese Stimmen
sprechen sich für den Aufbau starker Handelsbe-
ziehungen zur Republik aus, um einen Zugang zu
bekommen, den andere Megakonzerne schwerer
finden können, und diese wachsende Kundenbasis
auszunutzen. Für manche ist das eine bittere Pille,
weil es die Anerkennung des Umstands darstellt,
dass die Republik ein eigenes Allianzland bleiben
wird. Andere geben gar nichts auf Landesgrenzen,
weil völlig klar ist, dass diese nichts über Machtver-
teilung in der Sechsten Welt aussagen.
> Einige Aspekte dieser Frage haben viel mit Trogs zu tun.
Erstens muss sich S-K den Trogs zuwenden, wenn der
Konzern in der Republik einen Fuß auf den Boden be-
kommen will. Zweitens sollten bei den Verhandlungen vor
allem Trolle zum Einsatz kommen, weil man sonst wenig
Chancen hat. Wenn ihr also Trolle bei S-K seid und nach
einem Karriereschub sucht oder einen solchen Troll kennt,
solltet ihr für euch oder diesen Troll nach einer Position im
Verhandlungsteam mit der Republik suchen.
> Thorn
Ein anderes Interessensgebiet liegt in Bogotá.
Saeder-Krupp war schon vor dem Ende des Kriegs
zwischen Aztlan und Amazonien darauf vorberei-
tet, die Stadt wiederaufzubauen, und dieses En-
gagement trägt nun Früchte. 55 Prozent der Strom-
versorgung der Stadt stammen aus Kraftwerken
von S-K, und der Konzern hat quasi ein Monopol
im Brücken- und Straßenbau. Ein paar Teile von Az-
technology haben ihren Unmut darüber geäußert,
aber die Effizienz der Leistungen von S-K hat diese
Äußerungen relativ leise werden lassen.
Was das mit Trogs zu tun hat? Aztechnology ist,
besonders so nahe der Heimat, gegenüber Trogs
ziemlich neutral eingestellt. Aber das ist nur die eine
Seite. Der Kriegsgegner Amazonien ist als Zuflucht
für Metamenschen wohlbekannt, und die Orks und
Trolle waren seit Kriegsende an einigen Operationen
der Aufständischen beteiligt. Das bedeutet, dass ein
großer Teil der Bevölkerung generell misstrauisch
gegenüber Orks und Trollen ist, egal, was die all-
gemeine Konzernkultur bei Aztech dazu sagt. Weil
Stromleitungen und andere Teile der Infrastruktur
zum Ziel der Aufständischen wurden, werden man-
che Einwohner betroffener Stadtteile beim Anblick
von Orks oder Trollen, die dort arbeiten, geradezu
panisch. Saeder-Krupp will sich keine wirtschaft-
<< ARBEITEN ALS TROG BEI ...
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
lichen Möglichkeiten verbauen, daher werden Trogs
eher abgezogen, bevor es zu Problemen kommt.
> Konkind ist kein Runner, also kann er diese Punkte nicht
für euch verbinden, deswegen mache ich das jetzt: Für
uns bedeutet das, dass wir ganz einfach Misstrauen ge-
genüber einer bestimmten Gruppe schüren oder Leute
bei S-K ärgern können, indem wir einen Ork oder Troll am
falschen Ort auftreten lassen und zusehen, wie man die
Nerven verliert.
> Marcos
> Ich würde es gerne verurteilen, dass man Vorurteile wie
diese nur verstärkt und vertieft, wenn man sie auf diese
Weise ausnutzt. Aber ich habe die unbegründete Angst
vor Orks und Trollen selbst ein paar Mal ausgenutzt, also
kann ich mich nicht zu laut beschweren.
> 2XL
> Ich finde es nie unbegründet, ein bisschen nervös zu wer-
den, wenn jemand Betonwände durchschlagen kann.
> Nephrine
WUXING
GEPOSTET VON: WUXINGWATCHER
Jeder Megakon hat einen Ruf auf der Straße. Das
Witzige an Wuxing ist, dass manche Leute den
Konzern für etwas langweilig halten. Nicht, dass sie
nicht genauso viele Untaten verüben und Hinter-
zimmerdeals abschließen wie alle anderen Mega-
konzerne. Sie heuern genauso Runner an und tun
schreckliche Dinge. Aber anders als einige der auf-
fälligeren Megas schaffen sie es, das vor dem Rest
der Welt zu verbergen, indem sie so tun, als hätten
sie nie etwas Großes vor. Natürlich drehen sie rei-
henweise große Dinger, aber sobald sich das allge-
meine Gerede in der Matrix zu einer Diskussion da-
rüber auszuwachsen scheint, kommt plötzlich eine
Flut von Nachrichten über die Fünflinge auf! Das
eigentliche Thema verblasst, und die Leute denken
weiter, dass Wuxing nicht so bedeutend ist.
Für Orks und Trolle bedeutet das, dass auch sie
hinter demselben Schleier der Normalität verborgen
sein können. In der Öffentlichkeit hat Wuxing mei-
stens keinen schlechten Ruf – eigentlich gar keinen
Ruf –, und genauso mag es der Megakonzern auch.
Lasst mich euch davon erzählen, wie es hinter
dem Schleier aussieht. Jemand hat mir eine Nach-
richt geschickt und gefragt, wie das Leben bei
Wuxing für Trogs ist. Mit genau diesen Worten, und
ich fühlte einen kleinen Stich der Wut, weil ich den
Absender nicht kannte. Aber ich habe dennoch et-
was zusammengestellt, weil ich das für eine inte-
ressante Frage halte, über die viele Leute überhaupt
nichts wissen. Sicher hat jeder alle möglichen In-
formationen über die Japanokons und ihren wenig
77
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
zivilisierten Umgang mit Trogs. Aber jenseits des
Chinesischen Meers haben wir andere Ansichten.
Die Welt sollte diesen Unterschied kennen, auch
wenn sie manchmal aus Unwissenheit alle „Asi-
aten“ in einen Topf wirft. Leider. Heikles Thema.
Aber reden wir über Trogs.
Wuxing kennt den Wert von Individuen. In den
Augen von Wuxing sind Orks und Trolle Individuen.
Unterschiedliche Individuen haben unterschied-
liche Stärken und Schwächen. Sie werden von ver-
schiedenen Kräften durchflossen und umströmt.
Orks und Trolle sind stark in der Erde, ausgeglichen
in Feuer und Wasser und schwach in der Luft.
> Wenn man mit jemandem von Wuxing spricht, kommt im-
mer irgendwann der Wuxing-Hokuspokus. Findet euch da-
mit ab.
> Sounder
> Ablehnung ist immer leichter als Verständnis.
> Man-of-Many-Names
Die Kräfte, die sie erfüllen und umströmen, len-
ken den Konzern in der Entscheidung darüber, in
welchen Positionen sie am besten einzusetzen sind.
Diese Stärken und Schwächen, die Energieniveaus
und Nähe zu den Kraftlinien geben den Execs, unter
der Führung von Mächten, die wir kaum begreifen,
eine Anleitung dazu, Orks und Trollen beim Finden
ihrer Plätze in der Konzernhierarchie zu helfen.
Stark in der Erde sind sie ein Fundament, auf dem
man aufbauen kann. Manchmal ist das wörtlich zu
nehmen, indem Orks und Trolle im Bauwesen ein-
gesetzt werden. Öfter ist es aber ein abstraktes
Konzept und bedeutet, dass sie bei der Planung und
Einleitung von Projekten eingesetzt werden sollten.
Die Vorstellungen von Wuxing behindern den Fort-
schritt von Orks und Trollen nicht. Sie werden ein-
fach dort eingesetzt, wo sie gebraucht werden, wie
alle anderen Bürger von Wuxing auch. Das Wesen
ihrer Energie ist das, was ihre Einschränkungen ver-
ursacht. Wer seine angeborene Energiekonstella-
tion verändern und besser ausbalancieren oder in
Richtung eines anderen Elements gehen kann, er-
hält Zugang zu vielfältigeren Positionen innerhalb
des Flusses bei Wuxing, was aber auf Kosten seiner
ursprünglichen Stärken geht.
Die Orks und Trolle, die nicht im Einklang mit
ihrem exakten Wesen stehen, werden in Wuxing
eine Gemeinschaft finden, die nicht von der kör-
perlichen Erscheinungsform bestimmt wird. Es gibt
sicher Leute im Konzern, die nicht verstehen, wie
ein Ork mit dem Himmel im Einklang stehen kann.
Aber das kommt vor, und Wuxing hilft ihnen auf
einem Weg, der ihre Energie am besten einsetzt,
egal, ob andere mit der Art ihrer Energie rechnen
oder nicht.
Aber wir alle sind Metamenschen, und Eifersucht
ist eine feurige Emotion, die manchmal auch die
78 ARBEITEN ALS TROG BEI ... >>
Thorben Lange (Order #29309514)
kühlsten Köpfe verderben kann. Es ist nicht leicht,
wenn man überraschend durch jemanden anderen
ersetzt wird. Die Trogs von Wuxing haben regelmä-
ßig, aber nicht im Übermaß, mit solchen Schwie-
rigkeiten zu tun. Sie haben sicher einen Vorteil da-
durch, dass sie fest in der Erde verwurzelt sind; aber
die Gegenseite ist oft die Luft, die ihren Einfluss
nicht offensichtlich geltend macht. Daher ist der
Konflikt viel öfter geistiger als körperlicher Natur. Er
wirkt sich tendenziell als Frustration für Trogs aus,
die Pfade verschlossen finden, die ihnen eigentlich
offenstehen sollten. Oder er kann zur Frustration der
Gegenseite führen, wenn Trogs sie plötzlich überrol-
len. Die Erde ist schwer aufzuhalten.
> Bemerkenswert an Wuxing ist, dass es hier weniger Orks
und Trolle als in anderen Konzernen und Regionen gibt.
Daher sieht der Konzern kaum ein Problem.
> Dr. Spin
> Die Zahlen sind deswegen geringer, weil man hier, wie in
den meisten Gesellschaften der Region, wenig Probleme
damit hat, unerwünschte Kinder auszusetzen. Das betraf
traditionell vor allem Mädchen, aber bald nach dem Er-
wachen kamen auch Metamenschen, vor allem Orks und
Trolle, dazu.
> Lei Kung
> Nur dass Orks und Trolle durch die Goblinisierung auf-
traten, also konnte man nicht einfach die Kinder auf der
Tempelschwelle oder in einem Schilfboot aussetzen. Sie
wurden stattdessen zu einer Generation vergessener Kin-
der, die aus dem Heim vertrieben wurden.
> Mihoshi Oni
> Es gibt in den ehemals chinesischen Nationen einige
Gangs, die fast zur Gänze aus Metamenschen bestehen.
Sie hatten ihren Ursprung in der Zeit, als die ersten Kinder
ausgestoßen wurden. Ihre Namen beziehen sich fast im-
mer auf diese Ereignisse: Die Verabscheuten, Die Ausge-
stoßenen, Die Verlorenen usw.
> Lei Kung
Wie viele von euch sicher wissen, hat sich das
Fundament von Wuxing vor Kurzem verändert und
verbreitert. Der Tumult unter den Großen Zehn
und darüber hinaus hat zu einem großen Bedarf an
schnellen Überbrückungsfinanzierungen geführt,
und diese Unterstützung kommt oft von Wuxing.
Die Zinsen dieser Kredite haben einiges an Gewinn
abgeworfen, und der Gewinn durch Übernahmen
von pleitegegangenen Schuldnern ist vielleicht
noch größer. Es gibt Gerüchte, dass Wuxing viel von
seinem Gewicht in den Schatten benutzt, um einige
Schuldner in die Pleite zu treiben und sie dann billig
zu übernehmen. Es heißt, dass die Überbrückungs-
kredite vielfach eher ein Programm zur feindlichen
Übernahme darstellen, und dass Wuxing sehr kauf-
willig ist.

Was aber bedeutet diese Veränderung für Orks
und Trolle? Erstens kommen sie aus anderen Firmen
zu Wuxing, haben keine Ahnung von den Sitten hier
und wissen häufig wenig von ihrem eigenen Poten-
zial. Die kulturelle Anpassung kann schwierig sein,
aber wir alle kennen die Welt, in der wir leben. Wir
passen uns an, weil es kaum andere Möglichkeiten
gibt. Zweitens kann eine solche Expansion, wie sie
Wuxing im Moment durchführt, nicht ohne Planung
ablaufen. Die Orks und Trolle unter den Execs se-
hen neue Karrierechancen, und ihre Macht inner-
halb des Konzerns wächst. Wie sich das auf die ge-
samte Form des Konzerns auswirken wird und wie
sich die Zusammensetzungen von Vorständen und
Aufsichtsräten verändern, ist noch in den Energie-
flüssen der Welt verborgen.
> Eine der amüsanten, aber nicht wirklich witzigen Seiten NEONET (HAHA)
der Welt ist der Umstand, dass die Leute, die zuerst offen
und tolerant scheinen, plötzlich ihre Toleranz überfordert
sehen, wenn ein Wettkampf um begrenzte Ressourcen
beginnt. Daher entwickeln einige Execs, die Orks und Trol-
le in verschiedensten Positionen begrüßten, plötzlich den
Wunsch, die Chance auf manche Positionen einzuschrän-
ken, wenn es aussieht, als könnten die Trogs ihre eigenen
Jobs gefährden. Vergesst nicht, dass es ein grundlegen-
der Instinkt der Metamenschheit ist, sich gegen Andersar-
tige zusammenzuschließen.
> 2XL
Soweit ich weiß, werden Orks und Trolle als
Shadowrunner ziemlich ähnlich behandelt wie
Orks und Trolle als Angestellte – sie werden dort
eingesetzt, wo sie am ehesten gebraucht werden.
Vielleicht liegt die größte Schwierigkeit hier darin,
dass Angestellte die Denkweise bei Wuxing verste-
hen, Außenseiter aber möglicherweise nicht. Das
bedeutet, dass ihr Selbstbild vielleicht nicht damit
übereinstimmt, was ein Johnson ihnen als Rolle
nach den Maßgaben der Weissagungen erklären
und zuweisen will. Das kann zu Verwirrung oder
sogar Feindseligkeit führen. Zum Glück haben die
meisten Johnsons von Wuxing eine ausreichende
soziale Kompetenz, um ihre Bemerkungen dazu in
einer Weise zu äußern, die niemanden beleidigt.
Oder ihre Bemerkungen überhaupt zu unterlassen
und die Runner einfach so einzusetzen, wie sie es
als passend empfinden, ohne sich auf eine Diskus-
sion darüber einzulassen, was die Runner selbst als
ihre Stärken betrachten.
> Was auch zu Verwirrung führen kann. Ich kenne eine
Trollin, die auf Kampfmagie spezialisiert ist und mehrere
Jobs für Wuxing in einer Unterstützungsrolle gemacht hat,
bei der sich jemand mit Spezialisierung auf Manipulation,
Heilung oder Illusion besser geeignet hätte. Sie fragte
schließlich Mr Johnson, warum er sie immer wieder enga-
gierte, wenn sie gar nicht auf ihrem Spezialgebiet arbeiten
sollte. Er lächelte überheblich, wie es manche Leute gerne
<< ARBEITEN ALS TROG BEI ...
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
tun, und sagte, er sei einfach zufrieden damit, dass ihr Bild
über ihre eigenen Fähigkeiten ihre tatsächliche Leistung
nicht beeinträchtigte.
> Elijah
> Hat sie weitere Jobs von ihm angenommen?
> Pistons
> Ja. Geld ist Geld. Und ihre Illusionszauber sind ziemlich
kreativ und stark geworden.
> Elijah
> Wie immer zeigt sich der Pfad schließlich ganz von selbst.
> Arete
GEPOSTET VON: ERIC WILLIAMS
Ich kümmere mich nur um dieses Chaos, weil wir
noch nicht wissen, wo alle Teile dieses einstür-
zenden Kartenhauses hinfallen werden. Es wird in
jedem Fall schade um NeoNET sein. Sie haben uns
Trogs fair behandelt, und es war nicht schlecht, für
sie zu arbeiten. In der Öffentlichkeit galt der Kon-
zern als so widerstandsfähig, dass sich dieses Bild
auf alle Aspekte seiner Existenz übertragen hat. Al-
les an NeoNET wirkte von der Straße aus als Aufbau
und Wiederaufbau. Im Moment glauben viele Leu-
te noch, dass das nicht vorbei ist – besonders die in
den unteren Rängen, die wenige Möglichkeiten ha-
ben, woandershin zu gehen. In diesem Pool gibt es
viele Orks und Trolle, also erwartet man, dass viele
Orks und Trolle nach dem Dammbruch in die Men-
ge der SINlosen und Obdachlosen strömen wer-
den. Man kann sich durchaus Sorgen darüber ma-
chen, was als Nächstes passiert und wie viele Trogs
eine sehr unangenehme Zukunft haben könnten.
Ich bin Realist. Meine Welt bricht auseinander.
Der Konzern, an den ich den Großteil meines Er-
wachsenenlebens geglaubt habe und den ich wei-
terentwickeln wollte – oder mich in eine Position
hocharbeiten wollte, um bei der Weiterentwicklung
zu helfen –, ist bereits zersplittert und wird bald
nur noch ein Echo auf dem Radarschirm der Me-
gakonzerngeschichte sein. Wenn meine Kinder in
meinem Alter sein werden, werden sie sich nicht
einmal an NeoNET erinnern. Es ist wie bei Fuchi,
CATCo oder Novatech. Man erinnert sich an die
Namen, weil ein paar davon noch als Marken ein-
gesetzt werden, aber keiner davon steht noch für
einen Megakonzern mit irgendeiner Einstufung.
Alle sind Unterabteilungen von Tochterfirmen, die
man nur wegen ihrer starken Markennamen noch
behält. Das wird auch mit NeoNET passieren. Nur
dass niemals etwas unter der Marke NeoNET ver-
kauft wurde und dieses Firmenkonglomerat einfach
im Dunkel der Geschichte verschwinden wird.
79
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
Weil mich jemand gebeten hat, etwas zu den Trol-
len und Orks bei NeoNET zu sagen, sollte ich wohl
langsam damit anfangen. Ich musste das aber noch
klären, damit wir wirklich einen Blick auf die Zukunft
der Trogs nach NeoNETs Abgang werfen können.
In einem oder zwei Jahren – man weiß nie, ob der
Konzerngerichtshof ein langsames Sterben oder ei-
nen schnellen Tod plant – wird NeoNET vollständig
aufgelöst sein. Transys-Erika hat sich bereits verab-
schiedet und sich dann noch geteilt. Transys-Neu-
ronet ist wieder von Erika getrennt, und beide ha-
ben den Großteil von NeoNETs Schulden auf den
ehemaligen Aktiva von Novatech abgeladen. Wenn
wir die Zukunft der Trogs betrachten, müssen wir
diese drei Teile getrennt ansehen. Zuerst Novatech,
dann T-N, schließlich Erika, weil sie jeweils andere
Stile verfolgen.
Zuerst zu Novatech. Warum? Weil das ganz ein-
fach ist. Die Trolle und Orks bei Novatech haben
wenig Zukunftsaussichten. Weil der einheimische
Megakonzern die Hauptlast der Wiedergutma-
chung in Boston und der Kosten der Quarantäne
tragen muss, werden alle Aktiva und Töchter des
Megas an andere Konzerne verkauft werden. Eini-
ge Teile könnten Glück haben und in den Händen
ehemaliger Mitverschwörer von Novatech landen,
aber die größten Haie, die sie im Moment umkrei-
sen, sind MCT, Spinrad und Saeder-Krupp. Das sind
nicht die besten Orte für Trogs. Bei der Auflösung
des Konzerns wird die überwiegende Mehrzahl der
Trolle und Orks in den SIN-Registern ihrer Nationen
oder in der neuen Globalen SIN-Registratur enden,
die mit dem Konzerngerichtshof verbunden ist.
Wenn sie nicht rechtzeitig von Novatech wegkom-
men, werden es die Trolle und Orks ohne Konzern
und unter den Gesetzen einer neuen Gesellschaft
nicht leicht haben.
> Eines der schmutzigen Geheimnisse der Sperrzone Bos-
ton: Viele Leute fragen sich, warum sie so lange bestehen
bleibt und warum die Seuche nicht einzudämmen ist. Die
Antwort ist die gleiche wie immer in der Sechsten Welt:
Die Konzerne haben einen profitablen Grund dafür, so wei-
terzumachen. Als sich die anderen neun darauf verständigt
hatten, NeoNET die Schuld für KFS zuzuschieben, wurden
die dauernden Entbehrungen hinter der Mauer zur dau-
ernden Rechtfertigung dafür, alle Teile von NeoNET dafür
büßen zu lassen. Novatech hat in manchen Bereichen viel-
leicht noch stabile Verkaufszahlen, aber immer, wenn dar-
aus Gewinn zu fließen beginnt, wirft der Konzerngerichts-
hof einen kurzen Blick über die Mauer und findet einen
Vorwand für hohe Strafzahlungen. Und schon ist der Ge-
winn verschwunden. Novatech und viele andere Töchter
werden sich aus dieser Falle nicht befreien können, weil
der Rest der Großen Zehn die Grube immer tiefer gräbt.
> Sunshine
Bei Transys-Neuronet liegen die Dinge ein we-
nig anders. Sie schaffen es, unter dem Schuld-Ra-
80 ARBEITEN ALS TROG BEI ... >>
Thorben Lange (Order #29309514)
dar zu bleiben, aber ihre Zeit als Steckenpferd und
Denkfabrik für Celedyr ist vorbei. Der Drache wur-
de bereits als Chef der Forschung und Entwicklung
entlassen und leitet nur noch bestimmte Projekte –
die von Anfang an seine waren und jetzt besonders
genau überwacht werden. Für Fehlschläge wird er
sofort direkt beschuldigt werden, statt seinen Un-
tergebenen oder Projektleitern angelastet zu wer-
den. Ich weiß nicht, ob einem Drachen die Kritik
einer Konzernhierarchie nicht egal ist, aber dem
Aufsichtsrat wird sie nicht egal sein, und die Mit-
tel werden gekürzt werden. Die Metatypen, die ich
gerne „Schwarzseher“ nenne (also die Nicht-Trogs),
meiden ihn und nutzen jede Ausrede, um sich ver-
setzen zu lassen. Dadurch entstehen viele Karrier-
echancen für Orks und Trolle, die nichts dagegen
haben, mit einem Drachen im Boot zu sitzen. Im
letzten Jahr hat sich der Anteil der Trogs unter den
Angestellten bei T-N mehr als verdoppelt, und die
Nachrichten verbreiteten sich, sodass viele heimat-
lose Orks und Trolle hier eine neue Heimat gefun-
den haben.
Zum Schluss kommen wir zu Erika, weil die Orks
und Trolle hier am fairsten behandelt werden.
Durch das Interesse an und die Investitionen in
afrikanische Konzerne und die bereits erfolgten
Einmischungen beim nordeuropäischen Verbünde-
ten Mærsk hat Erika vielen Trogs die Möglichkeit
zum Aufstieg in seinen expandierenden Reihen
gegeben. Trolle und Orks erhalten in der ganzen
Welt die Chance, Vorstand und Aufsichtsrat bei Er-
ika (und Mærsk) zu zeigen, dass sie mehr als nur
einfache Untergebene sein können. Ihr könnt in
Zukunft damit rechnen, dass euch bei Verhand-
lungen und Treffen mit Erika Orks und Trolle ge-
genübersitzen.
> Eine nette Erinnerung an das verblichene NeoNET und ein
guter Ausblick darauf, wie es sich weiterentwickeln könn-
te.
> Mr. Bonds
> In St. Louis läuft das Geschäft ziemlich gut, weil NeoNETs
ARCHologie-Hauptquartier fertig und bezugsbereit ist. Es
muss nur noch in fähige Hände übergeben werden.
> /dev/grrl
> Vielleicht wird es auch vernichtet, bevor es einen echten
Eigentümer gibt. Es ist ein Ziel mit hoher Symbolwirkung
für viele Gruppen, die es erhalten oder vernichten wollen.
Einige dieser Gruppen könnten sicher ein wenig Publici-
ty durch so einen Erfolg brauchen und vielleicht auch die
gute PR, wenn sie zuschlagen, solange es noch leer ist.
> Balladeer
> Es gibt hier immer noch einen öffentlichen Park und Bau-
arbeiter. Kein Angriff wird ohne Kollateralschäden ablau-
fen, wenn man sich nicht Hestaby zum Vorbild nimmt.
> Frosty

Glaubt nicht, dass NeoNETs Absturz dazu geführt
hat, dass der Konzern in den Schatten nicht mehr
aktiv ist. Die Aktivität hat durch die schlechtere Fi-
nanzbasis abgenommen, aber es gibt immer noch
Jobs. Execs suchen beim Absturz nach einer wei-
cheren Landung, Konzerne wollen der Konkurrenz
reinpfuschen, um nicht ganz so schlecht auszuse-
hen, und alle suchen nach Insiderinformationen da-
rüber, wann der Vorhang endgültig fallen wird.
Erfahrene Runner können natürlich Panik auf zehn
Kilometer riechen und halten sich lieber fern. Ver-
zweiflung führt meistens nicht zu guten Plänen
oder Loyalität, also können Runs für solche Kunden
riskant sein. Wenn ihr aber als neue Runner Zugang
in die Branche sucht – oder als Trog davon ausgeht,
dass euch euer Metatyp daran gehindert hat, euren
fairen Anteil im Geschäft zu bekommen –, könnte
das eure Chance sein. NeoNET und seine Tochter-
firmen sind nicht in der Position, bei Aufträgen all-
zu wählerisch zu sein. Also sucht eine Connection,
zeigt, was ihr könnt, und baut euch einen Ruf auf.
> Unerfahrene Runner, die haufenweise schlecht geplant
Jobs von verzweifelten Leuten annehmen? Was soll da
schon schiefgehen?
> Hard Exit
SIERRA, INC.
GEPOSTET VON: ECOTOPE
Straßenruf: Baumkuschler. Trolle und Orks können
nur größere Bäume umarmen. Ich wünschte, ich
könnte ernsthaft sagen, dass es so einfach wäre,
aber in den Schatten ist nichts so einfach. Sierra
wandelt in den Schatten auf einem schmalen Grat.
Bei Tageslicht wird der allgemein hochgeschätzte
Umweltschutz hervorgehoben, aber es gibt schon
sehr lange Gerüchte über die Finanzierung eher
extremer Gruppen, zu denen toxische Schamanen
und Ökoterroristen gehören. Und wer sollte die
Rolle des Ökoterroristen besser spielen als ein to-
xischer Ork- oder Trollschamane, der in Fetzen ge-
kleidet in radioaktivem Schlamm lebt?
Die Öffentlichkeit kann manchmal ziemlich dumm
sein.
Ich weiß nicht viel über das Leben von Orks und
Trollen, aber ich kenne Sierra und weiß, wie Orks
und Trolle dort behandelt werden. Weil sie genau-
so behandelt werden wie alle anderen: als Leute,
die beweisen müssen, dass ihr Tun den Zustand
des Planeten fördert, wenn sie als nützlich erach-
tet werden wollen. Die Haut, in der man steckt, ist
nicht annähernd so wichtig wie der Grad, bis zu
dem man sein Leben zum Schutz der großen blau-
en Murmel einzusetzen bereit ist. Wenn man die
Umwelt liebt, spielt das Aussehen bei Sierra, Inc.
keine Rolle mehr. Früher hatte ein Zwerg die Füh-
<< ARBEITEN ALS TROG BEI ...
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
rung, jetzt ist es ein Troll (Gary Grey), und es gibt
keine Grenzen, wie hoch ein Angehöriger eines be-
liebigen Metatyps aufsteigen kann.
Angeblich spielt der Metatyp keinerlei Rolle, und
die Handlungen des Konzerns passen oft in dieses
Bild, aber manchmal muss er eine Rolle spielen,
wenn es zum Beispiel um Wohnungen und um Ge-
setze geht, die einen Bezug zu Alter oder Entwick-
lung haben. Auf die Größe der Trolle wird nur in Ge-
stalt der übergroßen Stühle Rücksicht genommen,
die man manchmal finden kann. Man sollte mei-
nen, dass Stühle kein Problem sein sollten, wenn
der gegenwärtige Boss ein Troll ist, aber es ist so.
Gary Grey hat versucht, nicht allzu laut aufzutreten,
und schätzt es nicht, Eingriffe in der Firma vorzu-
nehmen, die ihm als Troll besonders zugutekämen.
Sein Büro ist groß, aber nicht größer, als es das Büro
von Vogel war. Nur das Mobiliar hat sich verändert,
und das betrifft nur einen Stuhl und einen Tisch, an
dem er arbeiten kann, obwohl er nicht viel Zeit an
diesem Tisch verbringt. Er ist lieber in der Welt un-
terwegs, verbessert die Ansicht der anderen über
Trolle und kümmert sich um die Natur, die er erhal-
ten will.
Ich habe das Wachstum von Sierra, Inc. immer
ziemlich interessant gefunden. Durch ihre Initia-
tive „Pflanz eine SIN“ helfen sie vielen Orks und
Trollen aus einem Leben in Armut, auf der Straße
oder in den Schatten heraus. Das Programm hilft
Angehörigen aller Metatypen, am häufigsten aber
Orks und Trollen, die in die Barrens und Slums der
Welt hineingeboren werden. Nachdem Sierra ihnen
zu einer SIN verholfen hat, werden diese SINs fast
sofort zu Angestellten-SINs – eine Beziehung, von
der beide Seiten profitieren.
> Durch die neue Globale SIN-Initiative gerät Sierra unter
schärfere Beobachtung. Der Konzerngerichtshof glaubt,
Sierra würde falsche SINs in die Welt setzen. Ich bin si-
cher, dass falsche SINs im Zweifel für die eigenen Leute,
nicht für die Straße, gedacht sind.
> Snopes
Wirklich interessant ist Sierra wegen der unter-
schiedlichen Art möglicher Gegner. Einerseits ist
bekannt, dass die Megakonzerne, die dem Planeten
am meisten schaden, überdurchschnittlich oft von
Menschen geleitet werden. Das alleine sollte Orks
und Trolle etwas aus dem Fadenkreuz rücken. An-
dererseits sind die beiden größten Alliierten im
Bereich des Umweltschutzes die Tírs, die von Elfen
geführt werden, und deren Gefühle für Orks und
Trolle sind bekannt. Ja, die Vorurteile gegen Orks
schwanden ein wenig, als ein Ork Hochprinz von
Tír Tairngire war, aber diese Zeiten sind vorbei. Die
Tírs sind Fremden gegenüber vielleicht nicht mehr
ganz so unfreundlich, aber offen sind sie deswegen
noch lange nicht. Und Orks und Trolle haben es sehr
schwer, dort als Einheimische durchzugehen, also
81
 >> BUCH DER VERLORENEN <<

werden sie natürlich als Außenseiter gesehen. Das

führt dazu, dass Sierra bei einer Kooperation mit
den Tírs oft in Konflikt mit Orks und Trollen gerät.
In verschiedenen Ork- und Trollsiedlungen der
Welt werden diese Konflikte sogar noch direkter.
Weil Orks und Trolle häufiger arm sind als andere
Metatypen, haben sie nicht immer das Geld, eine
Siedlung zu errichten, die allen Vorschriften und
Normen entspricht. Und dass kann sie für Sierra zur
Zielscheibe machen.
Nehmen wir als Beispiel den Seattler Untergrund.
Auch mit sorgfältiger Planung und Ausführung gibt
es bei unterirdischen Bauarbeiten immer viele Um-
weltprobleme. Man könnte den Fluss des Grund-
wassers stören, man muss die Abfallbeseitigung
planen, es kommt zu einer Belastung mit Staub,
den wirklich niemand einatmen sollte, und so wei-
ter und so fort. Daher war Sierra nie ganz glücklich
mit dem Projekt des Untergrunds, und jetzt ergeben
sich neue Möglichkeiten, die Beschwerden anzu-
bringen, die sie dagegen hatten, weil es sich inzwi-
schen um einen offiziellen Bezirk der Stadt handelt.
Nach der Annahme von Antrag 23 brachte Sierra
beim Gouverneursbüro schnell viele Beschwerden
über die verschiedenen Umweltprobleme des Un-
tergrunds ein – von der unzureichenden Abwasse-
rentsorgung über die gelegentliche Unterbrechung
der Hauptwasserleitungen bis zu den Sorgen über
Instabilität wegen des Unterhöhlens der Stadt.
Das machte den Kon bei der Ork- und Trollge-
meinde nicht eben beliebt. Ein häufig geäußerter
bitterer Scherz ist, dass Sierra sich um „Pflanzen,
nicht um Leute“ kümmert. Aktivisten sagen, dass
der Schaden durch die Bauarbeiten im Untergrund
im Vergleich zu der Verwüstung, die die Megakons
Tag für Tag anrichten, vernachlässigbar gering ist,
und dass die Bosse an der Spitze der Megakons im
Luxus leben und die Welt verschmutzen, um noch
reicher zu werden, während die Armen im Seattler
Untergrund sich wegen der Klagen von Sierra kaum
ein Heim schaffen können. Die Abneigung wuchs
noch weiter, weil die Bosse der Konzerne sich ge-
gen jede Klage wehren und Prozesse unendlich in
die Länge ziehen können, während sich die Leu-
te im Untergrund höchstens zehn Stunden Arbeit
eines Anwalts leisten können.

> Das ist auch der Grund dafür, dass einige Pro-Trog-Grup-
pen dagegen waren, aus dem Untergrund einen offiziellen
Bezirk zu machen. Dadurch wurde er der Rechtsprechung
unterworfen. Außerdem gelten jetzt offiziell die Gesetze
der Stadt, darunter auch die Umweltschutzbestimmun-
gen. Als der Untergrund nicht wirklich Teil der Stadt war,
konnten sich Sierra und andere darüber beschweren, was
dort unten passierte, die Regierung der Stadt konnte da-
raufhin Proklamationen verkünden, aber niemand hatte
irgendeine juristische Handhabe. Jetzt hat die Regierung
die Macht und kann handeln.
> Sunshine

82 ARBEITEN ALS TROG BEI ... >>

Thorben Lange (Order #29309514)


Die gute Nachricht ist, dass Sierra etwas weniger
herzlos als die großen Megas ist und dadurch eini-
ge der Beschwerden des Untergrunds Erfolg hat-
ten. Der Konzern hat erkannt, dass die Leute aus
dem Untergrund nicht absichtlich die Trinkwasser-
versorgung gefährden oder andere Probleme ver-
ursachen wollen. Sie wollen nur einen Ort zum Le-
ben. Statt also weiter einen Weg der Bestrafung des
Untergrunds zu verfolgen, hat Sierra beschlossen,
bei der Gestaltung der Infrastruktur zu helfen. Sie
helfen beim Bau von Abwasserleitungen, wo diese
Hilfe nötig ist, und bieten Ausbildung zur sicheren
Erweiterung des Tunnelnetzwerks an. Die voraus-
gegangenen Einmischungen haben zu einem Man-
gel an Vertrauen geführt, aber Sierra macht Fort-
schritte dabei, diese Lücke zu schließen.
> Wenn es Misstrauen gibt, gibt es auch Leute, die es aus-
nutzen wollen. Viele, die Sierra loswerden wollen, fäl-
schen Hinweise darauf, dass der Umwelt-Konzern gegen
die eine oder andere Trog-Siedlung vorgehen will, und es
ist nicht allzu schwierig, eine misstrauische Bevölkerung
zu gewalttätigem Handeln aufzustacheln. Wenn ihr Sier-
ra von dem ablenken wollt, was ihr gerade tut, bietet sich
hier eine gute Möglichkeit, die Aufmerksamkeit in die fal-
sche Richtung zu lenken.
> Ecotope
SPINRAD INDUSTRIES
GEPOSTET VON: SPINSIDER
Jeder sieht bei SpIn – Spinrad Industries – nur John-
ny als Gesicht des Konzerns. Das soll nicht be-
deuten, dass Spinrad gegenüber Menschen posi-
tiv voreingenommen wäre; stattdessen sind alle
Ansichten extrem unterschiedlich. Das behindert
Orks und Trolle nicht, und tatsächlich verdienen die
Sportteams von Spinrad ein Heidengeld mit den
Trog-Athleten, die als Werbeträger alle großen Me-
troplexe der Welt zupflastern.
Innerhalb des Konzerns sind die Ansichten über
Orks und Trolle wegen der großen Unabhängigkeit
der Teile nicht überall gleich. Man kann in Lissa-
bon und in St. Louis nicht mit derselben Einstellung
rechnen. In Lissabon ist man Orks gegenüber ex-
trem positiv eingenommen, was an Tucker Lang
und den Lisbon Navigators liegt, die letztes Jahr bei
der Europatour als einziges internationales Team
ein NFL-Team besiegen konnten. In St. Louis schätzt
man Trolle sehr, weil Hakrin Gresham im Moment
die Urban-Brawl-Szene für SpIns St. Louis Razo-
rs aufmischt. Es kann aber auch ganz anders sein:
Die SpIn-Bürger in Afrika hassen im Moment Trolle,
was an Kurg Dansk von S-Ks Urban-Brawl-Team in
der FAL (Free African League) liegt.
Ich hoffe, damit wird klar, was ich meine. Die Ein-
stellung zu Orks und Trollen bei Spinrad Industries
<< ARBEITEN ALS TROG BEI ...
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
ist nicht von Vorurteilen wegen des Metatyps ge-
prägt, sondern von einem Wettkampfgeist, der je-
den Bereich des Konzerns infiziert hat. Die Gegner
von Dansk verbrennen zwar keine Trollpuppen vor
Konzernunterkünften für Trolle, aber Trolle werden
strenger beobachtet und bei Beförderungen über-
gangen, wenn sie in einer bestimmten Gegend ge-
rade nicht wohlgelitten sind. Der Wind dreht sich
häufig, und bei Spinrad muss man immer wissen,
in welche Richtung er gerade weht, bevor man ein
neues Projekt einreicht.
Die Teams und Clubs suchen immer nach Verstär-
kung und Unterstützung, daher werden Trolle und
Orks überall eingesetzt, wo Muskeln einen Vorteil
bieten könnten. Manchmal macht man sich auch
einen Spaß daraus, indem sie sich alle bei Spielen
wie Football, Roller Derby, Volleyball und ande-
ren Sportarten in einem Team zusammenfinden
und die hauptsächlich menschlichen Teams an die
Wand spielen.
> Ich musste vor ein paar Jahren in eine SpIn-Wohnanlage
einbrechen, um für einen Johnson ein paar gefälschte Be-
weise zu platzieren. Ich kroch gerade durch eine Lüftungs-
anlage an der Decke der Sporthalle, als ein Volleyballspiel
unter mir begann. Ein Zwergenteam spielte gegen ein
Trollteam. Es war wirklich komisch, aber nicht annähernd
so einseitig, wie man glauben sollte. Zwerge sind beim
Baggern hervorragend, und Trolle tun sich schwer bei der
Einschätzung, wann ein Ball ins Out geht, also spielen sie
oft ziemlich unklug. Die Trolle gewannen, aber das ganze –
völlig gemischte – Publikum hat sich köstlich amüsiert.
> Mika
Ich weiß nicht, ob bei SpIn alles so heiter und
aufregend bleiben wird, aber bisher war hier ein
guter Platz für Trogs. Das behutsame Werben um
die Gunst anderer Konzerne könnte dem wilden
Megakon etwas von seinem ungestümen Auftreten
nehmen, so wie das beim Namensgeber der Fall zu
sein scheint. Ich bin Insider, aber nicht sehr hoch
oben, sodass ich nicht sagen kann, wie ernsthaft
seine Absichten sind oder ob er ein doppeltes Spiel
spielt. Würde letzteres entdeckt, wäre das wahr-
scheinlich sehr ungesund für ihn; vielleicht auch,
wenn es nicht entdeckt wird und aufgeht.
Soweit ich weiß, sind Runs für SpIn für Orks oder
Trolle unvorhersagbar. Ein Run für einen Drachen
ist eine Angelegenheit, bei der der Auftraggeber
so weit vorausdenkt, dass man die Winkelzüge
unmöglich vorausahnen kann. Die Arbeit für SpIn
kann sich so anfühlen, als würde man für jemanden
arbeiten, der das strategische und taktische Genie
eines Drachen besitzt; tatsächlich liegt dieser Ein-
druck an einer Kombination aus schlauer Planung,
ungeduldiger Rücksichtslosigkeit und manchmal
impulsiver Sprunghaftigkeit. Der Plan eines Dra-
chen ist im Nachhinein meistens nachvollziehbar.
Bei Spinrad kann man die Schachzüge vielleicht
83
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
niemals nachvollziehen, weil es durchaus sein
kann, dass sie völlig sinnlos waren. Und genauso
will es der Boss. Er ist seit jeher der Ansicht, dass
Unberechenbarkeit zu den Stärken seines Konzerns
gehört, und man kann nicht unberechenbar sein,
wenn man immer das Richtige tut.
Das bedeutet: Rechnet nicht mit einer fairen Be-
handlung. Rechnet nicht damit, nur an euren Ver-
diensten gemessen zu werden. Rechnet nicht mit
Diskriminierung. Rechnet nicht damit, dass ihr als
Troll in St. Louis geliebt werdet, weil man dort Trol-
le liebt. Rechnet mit gar nichts. Rechnet mit allem.
Wenn die Andeutung von Rassismus – oder der
Einsatz echter Rassisten gegen euch – in den Plan
passt, kommt auch das zum Einsatz. Klingt das völ-
lig unverständlich? Hervorragend. Genau das ist
der Plan.
MÆRSK
GEPOSTET VON: CAPTAIN ULV
Die fahren Zeug auf Schiffen rum, oder? Also arbei-
ten Trolle und Orks auf ihren Schiffen und an ihren
Docks. In der Welt gibt es viele Maschinen, die das
Heben und Schleppen für uns übernehmen, aber es
braucht auch immer noch altmodische biologische
Muskeln, und dann stehen wir bereit.
Damit über einen Konzern eine öffentliche Mei-
nung entsteht, muss die Öffentlichkeit ein bisschen
mehr über ihn wissen, als sie es meistens tut. Daher
ist es auch unangenehm, wenn man als Name über-
all auftaucht, aber nirgends ein Bild damit assoziiert
wird. Dieser Megakonzern hat eine hervorragende
Fassade dadurch aufgebaut, dass er der „einzige
Name ist, der auf Schiffscontainern überall auf der
Welt auftaucht“.
Ansonsten gibt es keine öffentliche Meinung.
Man hat zu Mærsk nur dann eine Meinung, wenn
man Mærsk wirklich kennt.
Wäre der Konzern nur eine Logistikfirma, müsste
ich mir wenig Sorgen machen, wenn ich an Bord
eines seiner riesigen Schiffe gehe. Am Anfang war
Mærsk ganz simpel, hat sich aber schnell diversifi-
ziert und ist jetzt in unterschiedlichen Märkten und
Geschäftsfeldern auf der ganzen Welt tätig. Sonst
wäre es kein multinationaler AA-Megakonzern. Sie
sind viel mehr, und die Öffentlichkeit weiß gleich-
zeitig viel weniger. Zum Beispiel hat Mærsk eigene
Spezialtruppen. Furcht einflößende Mistkerle, de-
nen ich weder zu Wasser noch zu Land begegnen
will. Warum ich sie erwähne? Weil viele von ihnen
Trolle und Orks sind. Offenbar kann sich ein Troll
mit Cyberflossen und Kiemen oder einem Lufttank
unter Wasser richtig schnell bewegen.
Nicht nur hier werden Orks und Trolle in der Hi-
erarchie von Mærsk geschätzt. Die ganze Firma
hat Nischen, die ihre Personalverantwortlichen am
84 ARBEITEN ALS TROG BEI ... >>
Thorben Lange (Order #29309514)
liebsten mit gewissen Metatypen besetzen. Auf
der ganzen Welt arbeiten oft Orks an den Docks.
Bei den Docks von Mærsk ist das oft ähnlich, aber
wenn es darum geht, in anderen Docks über Verträ-
ge zu verhandeln, werden vertraute Gesichter mit
Hauern geschickt – Männer und Frauen, die Erfah-
rung sowohl an den Docks als auch am Verhand-
lungstisch haben.
Es scheint bei Mærsk ein grundsätzliches Prinzip
zu sein, alle Angestellten nach dem zu bemessen,
was sie für die Firma einbringen. Orks und Trolle
werden nicht unbedingt freundlich behandelt, aber
sie werden sicher fair behandelt.
> Die Sache mit Mærsk und Erika? Wer weiß etwas?
> Snopes
> Mærsk hat in den letzten Jahren viele Gespräche mit vie-
len Konzernen geführt und Vereinbarungen geschlossen.
Die größten Hindernisse sind Spekulationen, die nicht auf-
gehen, ineffiziente Fusionen und konkurrierende Egos, die
mit Geld nicht zu beruhigen sind.
> Mr. Bonds
> Und Runner. Die ganze Megakonzern-Revision ist ein
Schattenkrieg der Konzerne. Alle wollen alle anderen an
den nötigen Fortschritten hindern, die ganz nach oben füh-
ren könnten. Das Sabotieren von Fusionen durch Spiona-
ge, Sicherheitslecks und viele andere Vorgehensweisen
haben alle AAs und As an Zusammenschlüssen zu einem
AAA oder dem Anschluss an einen solchen gehindert.
> Fianchetto
In und außerhalb der Schatten hat Mærsk den
Ruf, brüsk und geschäftsmäßig vorzugehen. Wenn
es sich also so anfühlt, als wärt ihr als Orks oder
Trolle dem Konzern egal, liegt das daran, dass ihm
alle egal sind. Fürsorge ist der Job von Freunden
und Familien. Der Konzern ermuntert seine Ange-
stellten sehr dazu, Freunde und Familie zu haben,
aber die nötige Freizeit, um sie zu finden, wird nicht
gewährt. Erwartet keine Freundlichkeit und seid be-
reit, ab und zu eine oder zwei Kisten zu schleppen,
dann habt ihr keine Schwierigkeiten.
UNIVERSAL
OMNITECH
GEPOSTET VON: CORP CANVASSER
Die Auswahl eines so einfachen und relativ nichts-
sagenden Namens ist einer der Hinweise darauf,
dass diese Kerle nicht auffällig sein oder in eine
Schublade gesteckt werden wollen, sodass ihre
Geschäftsfelder eingeschränkt würden. Der Name
zeigt aber auch, dass man ein wirklich universeller
Megakonzern sein will.

Passend zu dieser Idealvorstellung ist auch die
Einstellung zu Orks und Trollen. Der Konzern ist of-
fen und will Trogs so einsetzen, wie es den größten
Profit verspricht. Das ist zumindest das öffentliche
Bild, weil es so wenige bekannte Eigenheiten gibt.
Die Verbindung zwischen UO und Orks und Trol-
len herzustellen – das ist es, was der berühmte Jack-
Point von mir will. Endlich werde ich um etwas ge-
fragt, und dann so was. Nun gut, ich sollte das Beste
daraus machen und mich nicht weiter beschweren.
Ich könnte sagen, dass das ganz einfach ist, weil
UO an der Oberfläche bemerkenswert neutral er-
scheint. Aber deswegen machen wir solche Sa-
chen, deswegen bitten wir Leute wie mich, tiefer zu
graben und die Wahrheit ans Licht zu zerren.
Man braucht keine großartige Matrix-Recherche,
um herauszufinden, dass die Hauptinteressen von
UO auf den Feldern Biotech und Bergbau liegen
und nebenbei ein wenig Nahrungsmittelprodukti-
on betrieben wird. Natürlich ist der Konzern auch
auf Hunderten anderer Felder tätig, aber auf die-
sen drei Schlachtfeldern finden die großen Kämpfe
statt. Universal Omnitech will diese Kämpfe unbe-
dingt gewinnen und schafft es, die eigenen Mittel
mit maximaler Effizienz einzusetzen. Zumindest
behaupten das die Memos. UO hat keine Probleme
mit Orks und Trollen, wenn sie sich als Testobjekte
für Forschung und Bodytech-Studien zur Verfügung
stellen. Wenn Orks oder Trolle unter den Bürgern
allerdings nicht dazu bereit sind, will UO nichts
mehr mit ihnen zu tun haben. Das klingt vielleicht
grausam, aber wir leben nicht in einer netten Welt,
und UO weiß, dass Verantwortung nur gegenüber
den Anteilseignern übernommen werden muss.
Man findet nicht viele Orks und Trolle in den wich-
tigen Büros, aber Tausende von ihnen mit unter-
schiedlichster Bodytech als Sicherheits- und Arbeits-
kräfte in Anlagen von UO – besonders im Bergbau.
Die Bodytech ist auch nicht immer Standardware.
Die Biotech-Abteilung benutzt Trogs als Forschungs-
und Testobjekte. Meistens ist das nicht schlecht, weil
die Firma keine Arbeitskräfte verlieren will, aber nicht
alle Experimente verlaufen problemlos.
> Ich habe UO nie als so voller Vorurteile gesehen.
> Butch
> Das sind keine Vorurteile. Hinter diesem Vorgehen steckt
kein böser Wille. Sie benutzen einfach die richtigen Werk-
zeuge für die richtigen Aufgaben. Hat man Vorurteile
gegenüber dem Hammer, weil man immer den Schrau-
bendreher benutzt? Nein. Man benutzt einfach das beste
Werkzeug für die Aufgabe.
> Beaker
Diese generelle Ansicht wirkt auch in den Schat-
ten. Wenn UO einen körperlich anstrengenden Job
hat, wenden sie sich an Orks und Trolle. Wenn Ha-
cking oder Magie nötig sind … dann hat diese Grup-
<< ARBEITEN ALS TROG BEI ...
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
pe weniger Chancen. Darüber gibt es in den Schat-
ten viele Beschwerden, aber innerhalb von UO gibt
es viele Execs, denen das egal ist.
> Und wenn sie eine Chemikerin brauchen, suchen sie nicht
nach Trollen, oder, Beaker? Weil die Welt eben so funktio-
niert.
> OrkCE0
> Ich kann dir gar nicht sagen, wie wenig Bedarf ich dafür
habe, dass mir jemand anderer erklärt, wie schwer es ist,
ich zu sein. Ich kann dir versichern, dass ich das weiß.
> Beaker
LONE STAR
GEPOSTET VON: TELESCOPE
Das ist ganz einfach. Oder zumindest einfach zu be-
schreiben, weil an der Oberfläche alles klar ist, aber
die psychologischen Implikationen, die durch den
Star entstehen, können kompliziert werden. Die
Jungs in Blau benutzen Orks und Trolle angeblich
nur in einer einzigen Funktion: als Schlägertruppe.
Wenn eine Tür eingetreten werden soll, macht das
der Troll. Wenn ein Verdächtiger aus dem Haus ge-
zerrt werden soll, machen das die Orks. Die Trogs
bei Lone Star erledigen mit ihren blitzenden Ab-
zeichen den Job in der stupidesten Weise, die man
sich vorstellen kann.
Bei Lone Star werden Trogs in eine Schublade ge-
steckt. Der Konzern braucht Masse auf der Straße,
und diese Jungs und Mädels können in so gut wie
jeder Kampfsituation zwei bis vier der kleineren
Metamenschen ersetzen. Die Besten und Klügsten
können sich oft in einflussreiche Positionen hoch-
arbeiten, aber sie fangen immer mit dem Streifen-
dienst an. Trogs werden bei Lone Star nie privile-
giert geboren, egal, wer ihre Eltern waren.
Trolle sind meistens an der Spitze der Kandi-
datenliste für Aufruhrbekämpfung, und Orks kom-
men gleich danach. Die wirklich Stumpfen von ih-
nen steigen nicht weit auf, aber wer etwas mehr
auf dem Kasten hat, erhält die Chance, bei SWAT-
Teams, Sondereinsatzkommandos, Antiterrortrup-
pen und besonders bei der Sitte eingesetzt zu wer-
den, wo sie verdeckt in Bereichen ermitteln können,
die niemand sonst erreicht. Bei den Lamettaträgern
finden sich nicht viele Trolle und Orks. Es gibt eine
leichte Tendenz dazu, sie möglichst lange im Strei-
fendienst zu halten, aber wenn sie Grips und Ehr-
geiz zeigen, können sie sich auf der Konzernleiter
nach oben kämpfen.
> Viel häufiger kommen Trogs auf der Leiter höher, wenn sie
verletzt wurden – besonders, wenn die Verletzung den Au-
ßendienst erschwert.
> Stone
85
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
In den Konzernbüros gibt es nicht den Prozent-
satz an Trogs, den man nach der Zusammenset-
zung der Bürgerschaft erwarten würde. Lone Star
bestreitet natürlich alle Vorurteile mit Aussagen
wie: „Natürlich nicht. Wir haben mehr Orks und
Trolle in Beschäftigung als alle anderen Sicherheits-
konzerne der Welt.“ Aber das erklärt nicht wirklich,
warum sie nicht von der Straße wegkommen.
Die Ursache ist ganz einfach: Vorurteile gegen-
über Metatypen.
Bei Lone Star gibt es keine echte Durchmischung
der Metatypen. Orks und Trolle werden im Strei-
fendienst eingesetzt, Elfen im Personalwesen und
Zwerge bei der Technik. Wenn es ein Klischee gibt,
wird es bei Lone Star gepflegt. In ihrem Jargon
ausgedrückt schießen sie, um zu treffen, und ma-
chen sich wenig Sorgen um Kleinigkeiten wie die
Gefühle der kleinen Leute, wenn es darum geht,
den Konzern zu führen und Positionen zu besetzen.
Lone Star ist mit seinen Vorurteilen öffentlich und
am Arbeitsplatz wenig zurückhaltend.
Andere Leute würden sagen, dass sie nicht weiter
als bis zur Größe oder Erscheinung ihrer Leute se-
hen können und auch kein Interesse daran haben.
Stattdessen machen sie eine angebliche Tugend
draus, unverblümt zu sprechen.
Einer der Gründe dafür, dass sie damit durchkom-
men, ist, dass sich die Angestellten genauso ver-
halten. Orks und Trolle, die das Abzeichen tragen,
behandeln die Leute in ihren Revieren ebenfalls
wenig respektvoll. Sie bringen das Konzept der te-
xanischen Prahlerei zu ganz neuen Höhen.
> Ein paar der Dinge, die im Zusammenhang mit Ares, der
Polizei und Trogs erwähnt wurden, gelten auch hier. Aber
die wurden bereits bei Ares behandelt, also wiederhole
ich sie hier nicht.
> Sunshine
DOCWAGON
GEPOSTET VON: BIGDOC
Der Großteil der Werbung von DocWagon wendet
sich an ein ziemlich breites Publikum, ist aber im-
mer auf die Kundschaft einer Region abgestimmt.
Deswegen spiegeln die Ansichten zu Orks und
Trollen meistens genau die Ansichten der lokalen
Bevölkerung wider. Positive Bilder zeigen oft ei-
nen Troll, der heroisch durch Wände bricht oder im
Kugelhagel einen Patienten rettet. In weniger me-
ta-freundlichen Gegenden wird der Troll durch ei-
nen Menschen in schnittiger Rüstung ersetzt.
Das Bild des riesigen Trolls, der dabei hilft, meh-
rere Patienten gleichzeitig aus der Schusslinie zu
bringen, gehört in jeder Region, die wenigstens
eine neutrale Ansicht zu Trollen hat, zum Reper-
toire. In diesen Regionen wird es zu einer Art Stan-
86 ARBEITEN ALS TROG BEI ... >>
Thorben Lange (Order #29309514)
dardvorstellung, dass ein großer Troll vom Himmel
herabkommt, wenn man Hilfe braucht. Tatsächlich
läuft es bei DocWagon aber etwas anders.
Leider sind Trolle im Einsatz eingeschränkt. Orks
haben mehr – aber nicht viel mehr – Möglichkeiten.
Trolle werden am häufigsten in bodengestützten
HTR-Teams eingesetzt, wo ihre zusätzliche Masse
die Transportkapazität nicht allzu sehr beansprucht.
Lufteinheiten können nicht die Kapazität für einen
einzelnen Troll opfern, der so viel wiegt wie vier
voll ausgerüstete Menschen. Orks sind etwas bes-
ser: Sie haben meistens nicht mehr als höchstens
die doppelte Masse eines Menschen und bringen
dem Team im Bedarfsfall trotzdem ein wenig mehr
Durchschlagskraft.
Es ist auch eine traurige Tatsache, dass Trolle und
Orks nie die Möglichkeit bekommen, als Notärzte
oder Rettungssanitäter eingesetzt zu werden. Sie
können natürlich darauf hinarbeiten, aber auf die-
sem Weg gibt es viele Hürden. Sie werden bei der
Anwerbung in Richtung der Kampftruppen ge-
drängt, und im Hauptquartier in Atlanta herrscht
eine Kultur des Rassismus. DocWagon hat zwar
Atlantas Orks und Trolle in Sweetwater unterstützt,
aber das ist eine Entscheidung der Konzernführung.
Viele der Bürger der Region sind damit unzufrieden.
Auch ein Aufstieg ist für Orks und Trolle innerhalb
von DocWagon sehr schwer. Die Kultur in Atlanta
wirkt sich nicht auf jede Niederlassung aus, aber
das Hauptquartier setzt stark auf Mikromanage-
ment und hat daher bei Beförderungen ein gewich-
tiges Wort mitzureden. Orks steigen häufiger ins
Management auf als Trolle, aber insgesamt sind
Trogs bei Weitem nicht so stark im Management
vertreten, wie man unter Bedingungen der Gleich-
heit erwarten müsste. Das sollte aber auch nicht
überraschen, weil niemand, der in der echten Welt,
lebt, mit Gleichheit rechnet.
> Meine Geduld mit dem Argument, dass „Rassismus eben
zur Welt gehört“, neigt sich dem Ende zu.
> OrkCE0
Man kann detailliert analysieren, wie die Einstel-
lungspraxis bei Orks und Trollen dazu führt, dass sie
von hochrangigen Positionen ferngehalten werden,
und das ist auch getan worden. Es gibt einfache Ur-
sachen (Leute reagieren auf Or’zet-Namen negativ,
Trolle werden nicht engagiert, weil die Räumlich-
keiten angeblich ungeeignet sind). Es gibt kompli-
zierte Ursachen (die Seilschaften innerhalb des Un-
ternehmens, die sich auf Beförderungen auswirken,
schließen Trogs aus). Es gibt bei DocWagon aber
kein Memo, das „Engagieren oder befördern Sie
keine Orks oder Trolle“ sagen würde. Die Schwie-
rigkeiten sind von komplizierter Natur, was bedeu-
tet, dass sie auch nicht einfach zu beseitigen sein
werden. Tief verwurzelte Denkweisen kann man
nicht einfach verändern.

TELESTRIAN
GEPOSTET VON: TELTELLER
Ich habe einen kleinen einleitenden Kommentar
verfasst: „Hochnäsige Elfen weisen allen ihre Plätze
zu. Trolle sind ihre liebsten Schutzschilde.“ Das ist
eine kurze Zusammenfassung meiner Ansicht.
Das einzig Positive an den Elfen von Telestrian ist,
dass sie gar nichts beschönigen wollen. Trolle und
Orks werden von Jugend an auf bestimmte Arbei-
ten vorbereitet, und im Großen und Ganzen dienen
ihre Jobs dazu, sie niederzuhalten. Sie werden für
die niedersten Tätigkeiten verwendet und haben
kaum Aufstiegsmöglichkeiten. Alle Trogs werden
vom Konzern unterdrückt.
Bei Telestrian gibt es vier Arten von Reinigungs-
personal: Drohnen, Orks, Trolle und Versager. Man
macht bei Telestrian so niedere Arbeiten nur, wenn
man ein Trog ist oder einen Elfen wirklich verär-
gert hat. Es wäre sehr schlecht, wenn beides zuträ-
fe, aber in den meisten Fällen betrachten die Elfen
Trogs einfach nur mitleidig, wenn sie sich nichts
wirklich Schweres zuschulden kommen lassen.
Man erwartet, dass sie ungehobelt sind.
Die andere nennenswerte Verwendungsmöglich-
keit für Trogs bei Telestrian ist die Sicherheit. Hier
wirkt sich die Vorbereitung in der Jugend beson-
ders aus. Die Trolle und Orks, die Sicherheitsleute
werden, besonders die, die als Personenschützer
für das Management dienen, werden von Kindes-
beinen an anders behandelt als die anderen Trogs.
Man impft ihnen ein, dass sie etwas Besonderes
sind, dass die anderen Trogs faul oder minder-
wertig sind und sich nicht dafür eignen, in dieser
Elitetruppe zu dienen. Wer diese Gehirnwäsche in
Zweifel zieht, landet auf der Straße. Er wird nicht
nur degradiert, sondern ihm wird das Bürgerrecht
entzogen, und er wird rausgeworfen.
Das Leben als Trog bei Telestrian kennt zwei ge-
gensätzliche Möglichkeiten. Man lebt entweder mit
dem Rest der Schwerarbeiter und Reinigungskräfte
im Elend, oder man ist mit den obersten Chargen
auf Du und Du (oder fängt zumindest die Kugeln
für sie ab).
> Seht euch Trideos an, die im England des frühen 20. Jahr-
hunderts spielen, und achtet auf die Leute, die an der Spit-
ze des Personals stehen: die Butler und Haushälterinnen.
Sie verströmen eine gewisse Autorität, wirken mit ihrem
Leben zufrieden, und ihnen wird von den Lords und Ladies
des Hauses in gewissem Maße vertraut. Das System war
gut zu ihnen, und sie verdanken ihren Aufstieg vor allem
der Loyalität gegenüber der Herrschaft und dem Befolgen
der Regeln des Systems. Eine der Aufgaben, die sie in ih-
rer Position haben, ist das Durchsetzen der existierenden
Ordnung. Damit ermöglichen sie denen an der Spitze der
Ordnung, zu sagen, dass das System funktioniert. Wenn
sie aber jemals ihre Grenzen überschreiten, gibt es unend-
<< ARBEITEN ALS TROG BEI ...
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
lich viel Macht und Reichtum über ihnen, um sie daran zu
erinnern, dass sie in Wirklichkeit nicht zur Elite gehören.
So ist es auch bei den wenigen Orks und Trollen im Ma-
nagement von Telestrian. Sie fühlen sich meistens großar-
tig und glauben, ein schönes Leben zu haben, aber sobald
sie zu große Ambitionen zeigen, wird ihnen überdeutlich
vorgeführt, welche Stellung sie im Elfenkonzern wirklich
haben.
> Sunshine
ATLANTEAN
FOUNDATION
GEPOSTET VON: CREEKCHILD
Dank des besonders abenteuerlichen Images der
Atlantean Foundation stellt sich die Öffentlichkeit
Trogs, die für sie arbeiten, als Schatzjäger mit Hut
und Peitsche vor – ganz im Stil eines hundert Jahre
alten Films. Die Leute glauben, dass Artefaktjäger
sinnbildlich für die Atlantean Foundation stehen.
Die AF ist seit den ersten Tagen, als sie Vermes-
sungstechniker bereitstellte, um die nötigen An-
passungen an Land und Infrastruktur für die neuen
Bewohner möglich zu machen, gut mit Sweetwa-
ter Creek befreundet. Wie manche von euch wis-
sen werden, ist Sweetwater Creek eine Gegend in
der Nähe des Atlanta-Sprawls, in der die meisten
Orks und Trolle der Region leben. Der Rassismus
hat sie dort hinausgetrieben, aber harte Arbeit hat
ihnen einen Ort verschafft, den sie ein sicheres
Zuhause nennen können. Die AF hat sich durch
ihre internen Vorgehensweisen und ihre Unter-
stützung für einen Ort wie Sweetwater als guter
Arbeitgeber und angenehme Umgebung für Orks
und Trolle erwiesen.
Innerhalb der Atlantean Foundation stehen Trogs
alle Möglichkeiten offen, und ich erlebe, dass die
meisten Angestellten überhaupt keine Probleme
mit meiner Größe haben, obwohl sie manchmal zu
Schwierigkeiten führt. Wir können in Gesellschaft
und Konzern aufsteigen. Wir arbeiten in allen Be-
reichen und Büros der Welt. Wir werden nicht ange-
starrt, wenn wir einen Raum betreten – es sei denn,
wir provozieren das durch auffallende Kleidung
oder neuen Hornschmuck selbst. Das Beste ist,
dass wir uns im Alltag nicht einschränken müssen,
weil unsere Lebenshaltungskosten höher sind. Die
Atlantean Foundation ist bemerkenswert fair bei
unserer Versorgung, und unsere Bezahlung wird
nicht durch eine Trog-Steuer beschnitten.
Trogs leiten Feldforschungsteams, arbeiten in La-
bors mit uralten Artefakten, stellen Ausstellungen
zusammen, und wenn sie im Dreck wühlen oder
eine Bedrohung abwehren müssen, tun sie das,
weil sie es wollen, nicht weil sie im Konzern nur
diese Aufgaben kriegen.
87
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
> Bei der Atlantean Foundation wird nur wegen der Magie
ein Unterschied gemacht. Wenn man die Gabe hat, wird
man besonders geschätzt. Selbst, wenn man ein Trog ist.
> Elijah
GRID OVERWATCH
DIVISION
GEPOSTET VON: GLITCH
Theoretisch sollte das hier einer der Orte sein, an
denen es keine Rolle spielt, ob man ein Trog ist.
Wen interessiert schließlich der Metatyp eines
GOD-Agenten? Man begegnet ihnen in der Matrix,
nicht in der Fleischwelt. Sie könnten alles Mögliche
sein, und es ist egal. Das einzig Wichtige ist ihre
Kompetenz in der Matrix, und wenn sie die haben,
dann haben sie sie. Und tatsächlich läuft es oft auch
so. Beweist euch, und GOD wird interessiert sein,
egal wie ihr ausseht.
> Ein guter Rat: Die Leute auf den Cyberstraßen reden
oft davon, dass man sich am besten bei GOD bewerben
kann, indem man einen ihrer Hosts hackt. Diese Vorstel-
lung ergibt auf primitive Weise Sinn, aber macht es trotz-
88 ARBEITEN ALS TROG BEI ... >>
Thorben Lange (Order #29309514)
dem nicht. Erstens sind diese Hosts ziemlich hart drauf,
also solltet ihr nicht hoffen, einen Job zu kriegen, wenn
ihr einen hackt. Ihr könnt froh sein, wenn ein abgefackel-
tes Deck das Schlimmste ist, was euch passiert. Es wäre
besser, wenn ihr euch dafür bezahlen (und euch etwaige
Schäden ersetzen) lasst, statt einem Traum hinterherzuja-
gen. Zweitens macht sich das Hacken eines ihrer Hosts im
Lebenslauf nicht so gut, wie man hoffen könnte. Klar su-
chen sie nach wirklich talentierten Leuten, aber sie wollen
auch gesetzestreue Leute haben, die man unter Kontrolle
halten und innerhalb ihrer Organisation einsetzen kann.
Wenn eine schwerkriminelle Aktivität das Erste ist, was
sie von euch sehen, kommen sie kaum auf die Idee, dass
ihr das Potenzial habt, in ihren virtuellen Hallen eingesetzt
zu werden.
> Pistons
Jetzt kommen wir zum komplizierten Teil: derAn-
werbung. Die Welt ist ziemlich groß, die Matrix ist
noch größer, und GOD hat viel zu tun. Sie können
nicht jeden Winkel der Matrix nach Hacker-Assen
durchstöbern, die das richtige psychologische Pro-
fil haben, also machen sie, was alle kompetenten
Konzerne machen. Sie durchforsten Talentschmie-
den. Und hier beginnen manchmal die Probleme.
Die erste Talentschmiede ist ziemlich offensicht-
lich, und hier sind die Probleme für Orks und Trolle

ebenfalls offensichtlich. Wie zu erwarten engagiert
GOD sehr gerne die besten Absolventen von Cal-
Tech, Dartmouth, Georgia Tech, Rice University und
anderen, und all diese Universitäten haben enge Be-
ziehungen zu Konzernen, also fördern die Konzerne
die Studenten, die sie später selbst engagieren
wollen. Dazu kommt, dass diese prestigeträchtigen
Universitäten alles andere als billig sind. Das führt
dazu, dass nur sehr wenige Orks und Trolle dort auf-
genommen werden, was bedeutet, dass dieser spe-
zielle Zugang zu GOD für sie sehr schwer ist.
Ein zweites Reservoir liegt in den Hackerringen
und -clubs. Nicht alle diese Ringe bieten allerdings
Hacker, die verfügbar wären. Der Choson-Ring hat
zum Beispiel nicht viele Mitglieder an GOD ab-
gegeben. Auch die Philosophien des Cracker Un-
derground passen nicht gut zur Polizeiarbeit. Bei
KivaNet und Technicolor Streams kann man aller-
dings aufstrebende Hacker finden – oder Leute, die
nicht die nötigen Fähigkeiten und Geldmittel für die
Top-Universitäten hatten, aber zu hervorragenden
Hackern wurden.
Aber diese Gruppen sind von denselben Proble-
men wie die Eliteuniversitäten betroffen. Wie im
Download Datenpfade behandelt, sind Hacker zwar
stolz darauf, nur für den Code und nichts als den
Code Interesse zu haben, aber sie lassen vor allem
Leute in ihre Gruppen, die sie kennen. Und diese
Leute sehen meistens so aus wie sie selbst. Deswe-
gen repräsentieren die Hackerclubs genauso wenig
einen Querschnitt der Bevölkerung wie die Univer-
sitäten.
Es gibt allerdings Ausnahmen, besonders wenn
jemand dieses Problem erkennt und etwas dagegen
tun will. Zu einem Beispiel – dem Biloxi Technical
Institute – kommen wir später in diesem Posting,
daher widme ich mich hier den Hackerorganisati-
onen, in denen Trogs eine Rolle spielen.
Bull wird sicher vehement abstreiten, dass er ir-
gendwie beteiligt ist, aber die Hez Hackers in Se-
attle würden ohne ihn nicht existieren. Sie würden
auch nicht existieren, wenn der Untergrund nicht
inzwischen ein offizieller Bezirk von Seattle wäre.
Weil Brackhaven praktisch seine ganze Amtsperi-
ode lang von der Wahl bis zum Rücktritt von Skan-
dalen gebeutelt wurde, geschah wenig für die Infra-
struktur des Untergrunds. Die Übergangsregierung
hat sich allerdings inzwischen einiger lang ver-
nachlässigter Teile des Puzzles angenommen. Sie
wusste, dass es einigen Aufwand bedeuten würde,
das Vertrauen zur Regierung wiederherzustellen.
Daher ergriff sie die Gelegenheit beim Schopf, als
eine aufstrebende Gruppe von Ork-Hackern anbot,
den Host des Bezirks für einen vertretbaren Preis zu
gestalten und zu warten. So ist eine kleine Gruppe
fähiger Enthusiasten plötzlich an eine beträchtliche
Menge Geld gelangt, was ihr beim Verbessern ihrer
Fähigkeiten nutzte und ein paar andere, fähige Ha-
cker anzog.
<< ARBEITEN ALS TROG BEI ...
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
Die Verbindung zu Bull besteht darin, dass die
wichtigsten Mitglieder der Hez Hackers von ihm
ausgebildet oder angeworben wurden, weil er sei-
nesgleichen gewissenhaft Ressourcen zukommen
lässt. Saka’am, die Anführerin der Gruppe, ist eine
Salish-Orkin, die mit drei Jahren in den Untergrund
zog, Bull in ihrer Jugend kennenlernte und wenig-
stens ein halbes Dutzend Matrix-Jobs für ihn erle-
digt hat. Ich behaupte nicht, er habe ihr gesagt, sie
solle eine Hackergruppe gründen, aber die Gruppe
würde nicht existieren, wenn er sie nicht in die Lage
gebracht hätte, es tun zu können.
> Du überschätzt meinen Einfluss. Sie ist schlau und ehrgei-
zig und den anderen Orks sehr verpflichtet. Hätte ich sie
nicht engagiert, hätten das andere Leute gemacht – ich
weiß es, weil auch das vorgekommen ist. Ich bin glücklich,
sie als Freundin zu bezeichnen, aber ich habe sie ganz si-
cher nicht zu dem gemacht, was sie heute ist.
> Bull
> Wie man aus dem Or’zet-Namen schließen kann, sind die
Hez Hackers viel mehr Orks als Trolle. Man kann in dieser
Gruppe eine Verbindung zu Hauern finden, aber nicht zu
Hörnern.
> 2XL
Die Hez Hackers sind vielleicht eine recht neue
Gruppe, aber weil der Host des Untergrunds oft zum
Ziel von Matrix-Vandalen wird (Überraschung!),
hatten die Mitglieder viele Gelegenheiten, ihre Fä-
higkeiten zu beweisen. Dadurch haben sie die Auf-
merksamkeit von GOD geweckt. Zwei Mitglieder
wurden vor Kurzem auserwählt, den Schlapphut
der GOD-Agenten aufzusetzen. Saka’am wurde
nicht engagiert, weil sie – wie häufig von ihr betont
– im und für den Untergrund arbeiten will, bis sie
stirbt.
Inzwischen passieren ähnliche Dinge in der
Trollrepublik Schwarzwald, wo wie im Untergrund
ein Host eingerichtet werden muss und die Ein-
wohner darin ausgebildet werden müssen, ihn
zu warten und zu schützen. Die Grendel-Gruppe
hat allerdings viel mehr Aufgaben übernommen,
als nur den Host der Republik in Ordnung zu hal-
ten. Sie ist zusammen mit der Nation stärker und
für die Republik zur bevorzugten Waffe für den
Auslandseinsatz geworden. Human Nation, Al-
amos 20.000 und andere Gruppen wurden zum
Ziel der Grendel-Gruppe, und dabei werden nicht
nur Operationen behindert oder ein wenig Ärger
verursacht. Sie sammeln Informationen, finden
Namen in Mitgliederverzeichnissen und suchen
nach Wegen zur Bekämpfung der Finanziers im
Hintergrund. Wie der Kampf genau aussehen soll,
ist noch unklar, aber die Meta-Hasser sollten sich
durchaus Sorgen machen, weil diese großen Da-
tenmengen nicht nur für das Archiv gesammelt
werden.
89
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
> Denkt daran, dass die Grendel-Gruppe zwar im Interesse
der Nation tätig, aber eine private Gruppe und keine öf-
fentliche Einrichtung ist. Sie operiert ähnlich wie Freibeu-
ter oder unabhängige patriotische Hacker, die einfach den
Drang zu verspüren scheinen, etwas gegen Leute zu un-
ternehmen, die schlecht von ihresgleichen sprechen. Weil
wir alle mit der Notwendigkeit des Verwischens von Spu-
ren vertraut sind, sollte uns diese Schicht der Täuschung
nicht verwundern.
> Thorn
Die Grendel-Gruppe hat eine hinreichend lange
Geschichte, eine beeindruckende Siegesserie und
ein hochmodernes Trainingsprogramm für Cyber-
sicherheit, was natürlich die Aufmerksamkeit von
GOD geweckt hat. Deshalb überwachen jetzt eini-
ge ihrer ehemaligen Ork- und Troll-Hacker das ge-
samte Gitter.
REGIERUNG
VON SEATTLE
GEPOSTET VON: SUNSHINE
Jetzt haben wir also unsere brandneue Gouver-
neurin. Corinne Potter besiegte Nikola Taul in der
Stichwahl, und jetzt führt eine Technokratin die
Stadt. Man hat versucht, Potters Vergangenheit
nach Hinweisen darauf zu durchsuchen, wie sie
regieren wird, aber sie hatte noch nie ein öffentli-
ches Amt inne. Sie hat (anscheinend) für verschie-
dene Kampagnen gearbeitet und mehrere Positi-
onspapiere geschrieben, aber wer weiß, wie gut
ihre Arbeiten ihre Ideen abbilden und wie stark
diese von den Politikern beeinflusst wurden, für
die sie gearbeitet hat? Weil uns ihre Vergangen-
heit wenig Aufschluss gibt, liegt die Hauptquelle
für das Entschlüsseln ihres Denkens in ihren Kam-
pagnenreden. Was können wir daraus erfahren?
Informationen, die kaum mehr aussagen, als dass
sie Hündchen und Eiscreme mag. Sie will uns ver-
sichern, dass alle Hosts von Seattle den neuen
Matrixstandards folgen, und sie will alle öffent-
lichen Gitter ausbauen. Zur Globalen SIN-Regis-
tratur gibt sie keine Position bekannt, die darüber
hinausgeht, dass sie die Technologie in Seattle an
alle zukünftigen Voraussetzungen anpassen kann.
Sie verspricht wirtschaftliche Stabilität, fähige Po-
lizeiarbeit und keine großen Änderungen, die die
Konzerne unnötig beunruhigen könnten. Und das
war es auch schon.
> Politik ist großartig, Politik ist wichtig, aber Politiker, die
keinen Draht zum Volk finden, werden nicht in hohe Ämter
gewählt. Wer aber diesen Draht findet und einen Drek von
Politik versteht, kann trotzdem gewählt werden.
> Kay St. Irregular
90 ARBEITEN ALS TROG BEI ... >>
Thorben Lange (Order #29309514)
Sie hatte bei der Wahl einige Vorteile: Erstens hat
sie eine große Kommunikationsbegabung und fin-
det im persönlichen Gespräch und über die Medien
Zugang zu anderen. Zweitens hat ihre schwammige
Haltung zur Frage der globalen SIN ihre Basis weder
überrascht noch befremdet, der ähnliche Ansatz
von Nikola Taul schreckte allerdings die Wähler
in Puyallup und Redmond ab, die fürchteten, von
ihr im Austausch gegen die Chance auf die Macht
verraten zu werden. Diese Wähler wandten sich
ab, was zu Tauls Niederlage beitrug. Drittens hatte
Potter keine Verbindungen zu Kenneth Brackhaven,
was im gegenwärtigen politischen Klima sehr vor-
teilhaft war.
Neben diesen gesicherten Informationen gibt
es viele Unbekannte. Die Übergangsgouverneurin
Natoko Munakata unternahm ein paar Schritte, die
Regierung freundlicher, sanfter und offener zu ge-
stalten. Sie hatte allerdings kein Mandat und konnte
nichts Radikales wagen, selbst wenn sie es gewollt
hätte. Jede echte Veränderung wird von Potter vor-
genommen werden müssen, und man stellt ver-
schiedene Überlegungen an (weiß aber nicht wirk-
lich), was sie tun wird. Es folgen einige brennende
Fragen, über die wir noch völlig im Unklaren sind:
Umgang mit dem Untergrund: Brackhaven hasste
ihn natürlich. Munakata war sehr viel moderater
und ging sogar so weit, dass sie ansässige Orga-
nisationen mit der Wahrung grundlegender Inte-
ressen des Bezirks beauftragte (aber natürlich nicht
mit der Polizeiarbeit, die von Knight Errant über-
nommen wird, was der Teil der Übergangsregelung
ist, der die Leute am ehesten dazu bringen könnte,
die Umwandlung zu einem regulären Bezirk zu
bereuen). Wo wird Potter einzuordnen sein? Wird
ihre technokratische Ansicht sie dazu bringen, die
strahlenden Außenseiter zu holen, statt den Firmen
aus dem Untergrund ihre Verträge zu überlassen?
Globale SIN-Registratur: Wird sie dafür sein?
Wird sie dagegen sein? Wer weiß?
Die ACHE: Wenn sie ein technologisches Presti-
geobjekt in der Mitte der Stadt haben will, steht es
schon wartend bereit. Aber was will sie damit an-
fangen? Wie viel wird sie dafür ausgeben, und wer
wird davon profitieren?
Außenpolitik: Kein anderer Gouverneur muss
sich so sehr mit Außenpolitik beschäftigen wie der
Gouverneur von Seattle. Als Insel der UCAS mitten
im Salish-Shidhe-Rat stellt Seattle den Gouverneur
vor die Herausforderung, Importe, Exporte, Grenz-
kontrollen und viele andere Fragen internationa-
ler Beziehungen zu regeln, um die sich der Gou-
verneur von Indiana nie kümmern muss. Auch Tír
Tairngire ist nicht weit weg und sorgt immer wieder
für Schwierigkeiten, besonders, weil das Land von
Telestrian gelenkt wird. Beide Nationen sind ge-
genüber Seattle nicht feindselig – schließlich geht
es ihnen besser, wenn eine Stadt das Geld zu ih-
nen fließen lässt –, aber beide sind durchaus bereit

dazu, die Unerfahrenheit einer Politikerin auszunut-
zen. Wie wird sich Potter in den Verhandlungen mit
diesen Nationen machen?
Die Konzerne: Wir alle wissen, dass Potter ohne
zumindest ein wenig Konzernunterstützung nie-
mals an die Macht gekommen wäre, und die Kon-
zerne scheinen generell zur Zusammenarbeit mit
ihr bereit zu sein. Wenn es aber eine große Wahr-
heit über die Regierungen der Sechsten Welt gibt,
dann, dass sie nie alle Konzerne für immer zufrie-
denstellen können. Irgendwann werden sie gegen-
sätzliche Interessen haben, und die Gouverneurin
wird sich für eine Seite entscheiden müssen. Die
vereinte Front der Japanokons wird einigen Druck
auf Potter ausüben, aber ihre Verbindungen zu Ho-
rizon (die müssen wir nicht mehr als angeblich be-
zeichnen, oder?) werfen interessante Fragen dazu
auf, wie loyal sie gegenüber ihrem Heimatkonzern
sein wird und wie schwer es sein könnte, sie von
einer anderen Sichtweise zu überzeugen.
> Die Tatsache, dass die Dawkins Group jemanden ins Gou-
verneursamt gebracht hat, sollte uns alle nervös machen.
Ihr könnt davon ausgehen, dass sie das nicht aus einer
Laune heraus getan haben. Sie haben etwas vor und wer-
den ihre gesamte Manipulationskraft dafür einsetzen. Wer
glaubt, dass Potter die Stadt ohne große Eingriffe sich
selbst regeln lassen wird, täuscht sich gewaltig. Es wird
sicher so aussehen, aber die Dawkins-Leute sind soziale
Magier, die ihre wirklichen Handlungen immer gerade au-
ßer Sicht durchführen.
> Plan 9
> Ich möchte darauf hinweisen, dass die Dawkins-Verbin-
dungen im Moment nicht mehr als ein Gerücht sind. Selbst
wenn es sie gibt, haben wir keine Hinweise darauf, dass
sie ihre Kampagne in deren Auftrag geplant hat.
> Fianchetto
> Klar. Eine Person, die zur rechten Zeit am rechten Ort war,
um die brauchbaren Umfragewerte eines Toten zu erben,
die anscheinend viel von ihrer Hintergrundgeschichte aus
der Luft gezaubert hat und eine aalglatte, siegreiche Kam-
pagne geführt hat. Aber wir haben natürlich keine Bewei-
se für weitergehende Verbindungen, oder?
> Snopes
> Immer, wenn Plan 9 und Snopes einer Meinung zu sein
scheinen, bekomme ich ein eiskaltes Gefühl in der Magen-
grube.
> The Smiling Bandit
Das sind nur einige der Dinge, mit denen sich
Potter auseinandersetzen muss. Habt ihr bemerkt,
was es nicht auf die Liste geschafft hat? Genau:
Trog-Rechte. Es ist so einfach, sie in den Hintergrund
zu schieben, wenn irgendetwas – egal was – zum
Thema wird. Potter wird sich entscheiden müssen,
wie sie mit Kathleen Shaard, der Bürgermeisterin
<< ARBEITEN ALS TROG BEI ...
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
des Seattler Untergrunds, umgehen will. Diese ist
zwar neu in der Politik, war aber bereits in jungen
Jahren in ihrer Gemeinde engagiert und weiß, wie
sie deren Energie nutzen kann. Wird Potter sich mit
ihr verbünden oder von Anfang an gegen sie vor-
gehen? Shaard wird nicht einfach zurückstecken,
wenn Potter lächelt und nette Sachen sagt. Sie wird
echte Taten und echte Verpflichtungen einfordern,
und es wird interessant sein, zu sehen, wie Potter
darauf reagieren wird.
> Shaard ist nicht naiv, deshalb hat sie keinen riesigen For-
derungskatalog für die neue Gouverneurin. Sie geht davon
aus, dass der Untergrund, weil er so lange alleine durch-
kam, sogar als offizieller Bezirk seine Eigenständigkeit be-
wahren sollte. Das Gute für Potter ist, dass sie nicht viele
Konzessionen machen muss, um Shaard zufriedenzustel-
len. Das Schlechte ist, dass sie nicht extrem viel Einfluss
auf den Bezirk haben wird, was natürlich ganz in Shaards
Sinn ist.
> Kay St. Irregular
Das ist die Wirkung der Regierung nach außen.
Wie sieht es mit der Arbeit für die Regierung aus?
Solche Jobs sind in der Sechsten Welt ziemlich aus-
gefallen. Die Bezahlung auf den unteren Ebenen
ist besser als bei den meisten Konzernjobs im Ein-
steigerbereich, und man bekommt meistens einen
Standard-DocWagon-Vertrag (mit etwas Selbst-
behalt) dazu. Der Aufstieg ist allerdings extrem
schwer. Leitende Positionen sind oft wenige vor-
handen – die Regierung versucht, mit den Budgets
so gut wie möglich auszukommen, und das führt
oft dazu, dass Büros unterbesetzt sind, und auf der
mittleren Ebene werden immer die ersten Kürzun-
gen angesetzt. Wenn man es auf eine gewisse Ebe-
ne geschafft hat, entscheiden Wahlen und Politik
darüber, wer welche Position bekommt, und für die
Politik hat nicht jeder eine angeborene Begabung.
Das Endergebnis: Es gibt auf den unteren Ebenen
ziemlich viele Orks und Trolle unter den Regie-
rungsangestellten, aber dieser Anteil wird immer
kleiner, je weiter man nach oben kommt.
Die Welt der Regierungsangestellten wird dann
wirklich seltsam, wenn sie das machen sollen, wo-
für sie eigentlich da sind. Manchmal ist es einfach:
Man pflastert einen Weg oder heftet Akten ab.
Manchmal aber müssen Amtsträger einige Auto-
rität ausstrahlen, obwohl sie eindeutig nicht die
wahren Mächte der Welt sind. Manchmal ist dieser
Mangel an Macht eindeutig: Man betritt das Land
eines Megakons, und die Macht endet. Manchmal
sind diese Machtfragen auch etwas verschwom-
mener, was die Regierungsangestellten demorali-
sieren kann. Sie versuchen, Abwasserrohre zu re-
parieren, Statistiken zu führen oder Inspektionen
durchzuführen, und dann kommt jemand im Anzug
und sagt, dass diese Dienstleistung gar nicht not-
wendig ist. Oder erwünscht. Manchmal versuchen
91
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
die Neulinge, sich durchzusetzen, und zitieren aus
ihren Vorschriften oder Gesetzen, die sie befolgen.
Aber die Leute in den Anzügen wissen, wie sie ih-
nen klarmachen, dass sie lieber einfach weggehen
und etwas anderes machen sollten.
Insgesamt sind Regierungsangestellte daran ge-
wöhnt, überstimmt zu werden, und das gilt dop-
pelt so stark für die unteren Ebenen. Der eiskalte,
faule Bürokrat ist ein uraltes Klischee, das ein
Körnchen Wahrheit enthält. Aber man bringt mehr
Verständnis dafür auf, wenn man weiß, wie oft sie
sich eben nicht durchsetzen können. Sie handeln
wie Personen, denen oft klargemacht wird, dass
es egal ist, was sie tun, weil das einfach oft auch
stimmt.
Das bedeutet, dass viele Orks und Trolle mit der
Arbeit für die Regierung gutes Geld verdienen kön-
nen, ihnen dabei aber langsam das Leben ausge-
saugt wird. Geht auf sie zu. Freundet euch mit ihnen
an. Gebt ihnen ein echtes Anliegen. Man kann nie
wissen, welche Zugänge sie euch eröffnen können,
die ihr nicht kanntet.
> Denkt daran, dass die Sicherheit der Regierung im Großen
und Ganzen richtig schlecht ist. Das gilt für die virtuelle
und auch die physische Sicherheit. Fühlt euch aber nicht
zu sicher. Wenn es wirklich um etwas geht, werden Verträ-
92 ARBEITEN ALS TROG BEI ... >>
Thorben Lange (Order #29309514)
ge an Privatfirmen vergeben oder GOD wirft ein besonders
genaues Auge auf die Matrix, weil es leichter ist, präventiv
zu arbeiten, als hinterher den Schaden zu reparieren, der
bei einem erfolgreichen Angriff auf einen Regierungshost
angerichtet wurde. Also kann es sein, dass euch eine
böse Überraschung blüht, aber meistens ist das Zeug auf
der mittleren und unteren Ebene mehr oder weniger nur
mit dünnen Ketten und Vorhängeschlössern gesichert.
Freundet euch mit einem Regierungsangestellten an, und
ihr könnt euch das Zeug einfach holen. Ihr müsst auf die-
sen Ebenen nur lange nach etwas suchen, das irgendwie
wertvoll ist.
> Mika
BILOXI TECHNICAL
INSTITUTE
GEPOSTET VON: COSMO
Es ist nicht leicht, eine prestigeträchtige Universi-
tät aufzubauen. Seht euch mal die Liste der besten
Universitäten an und sucht dort nach Institutionen,
die jünger als 150 Jahre sind. Ihr werdet auf dieser
Liste ziemlich weit nach unten vordringen müssen,
um sie zu finden. Warum ist das so? Weil ein be-

deutender Teil der Einstufung einer Bildungsein-
richtung auf ihrer Reputation beruht. Diese hat ver-
schiedene Auswirkungen: Je mehr Leute auf eine
Universität wollen, desto mehr kann man abweisen,
und desto besser macht sie sich im Lebenslauf der
Absolventen. Das spiegelt sich in den Einstufungen
wider. Je mehr bedeutende Forschung an einer
Universität durchgeführt wird, je mehr die Absol-
venten erreichen, je interessanter die Lehrenden,
desto besser wird der Ruf einer Universität. Auch
das zeigt sich in den Einstufungen. Und dann noch
das Geld. Harvard hat ein Stiftungsvermögen von
über 50 Milliarden Nuyen. Oxford hat relativ mic-
krige sieben Milliarden. Und zusätzlich nehmen die
großen Universitäten Hunderte Millionen an Stu-
diengebühren pro Jahr ein. Man kommt nicht über
Nacht zu solchen Mengen an Geld und zu so vielen
Spendern. Das heißt, dass es sehr schwierig ist, auf
dem Spielfeld zu konkurrieren, das die etablierten
Universitäten vor Jahrzehnten und Jahrhunderten
geschaffen haben.
Wenn man einen Aufsteiger unter den Univer-
sitäten sieht, handelt es sich oft um eine bereits
existierende Organisation in der Mitte eines Um-
wandlungsprozesses. Es gibt vielleicht bereits ein
Stiftungsvermögen und einen Grundstock an Spen-
dern, aber jemand oder etwas versucht absichtlich,
die Organisation zu verändern und auf eine neue
Stufe zu heben. Nehmen wir als Beispiel George
Ellery Hale, der 1907 in den Vorstand des Throop
Polytechnic Institute kam und die Vision hatte, dar-
aus eine Wissenschafts- und Forschungsinstitution
zu machen. Er brachte einen begabten Spenden-
sammler als Präsidenten mit, konnte einiges an
privatem Geld organisieren und überzeugte den
Staat, das Budget des Colleges zu verzehnfachen.
Er zog große Geister an, zu denen auch ein Phy-
siker gehörte, der für die Schule 1923 den ersten
Nobelpreis errang. Zu diesem Zeitpunkt hatte die
Universität schon einen neuen Namen: California
Institute of Technology. Sie hatte auch haufenwei-
se neues Geld, darunter eine große Spende, die
es schaffte, diesen Nobelpreisträger anzulocken.
In heutige Nuyen umgerechnet war diese Spende
deutlich achtstellig.
In manchen Bereichen dauerte die Umwandlung
ziemlich lange. In anderen geschah sie erstaunlich
schnell – von der wenig bekannten Institution zu
einer, die Millionen aus öffentlichen und privaten
Quellen und die höchsten Auszeichnungen der
Wissenschaft bekam, in etwas mehr als fünfzehn
Jahren.
In Biloxi, Mississippi, in der CAS will ein Zwerg
namens Hearst Pineyard diesen Rekord brechen.
Er hat sich für keinen einfachen Weg entschieden.
Hale hatte sich einer Institution angeschlossen, die
zumindest ein bisschen akademische Integrität be-
saß. Pineyard hingegen baut seinen Traum auf dem
Gerippe einer Institution auf, die viel eher für das
<< ARBEITEN ALS TROG BEI ...
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
Schröpfen der Studenten und das Ausgeben wert-
loser Abschlüsse bekannt ist als für irgendwelche
akademisch wertvollen Errungenschaften. Aber
die Institution, die er gekauft hat, hat auch ein paar
Vorteile: ein existierendes System für Studenten-
kredite, ein paar Mitglieder der Fakultäten, die für
eine Übernahme geeignet sind, und eine Lage nahe
dem Highway und umgeben von viel Bauland. Pi-
neyard hatte auch einen anderen Vorteil auf seiner
Seite: einen Riesenhaufen Geld.
> Die Herkunft von Pineyards Vermögen wird heiß debat-
tiert. Im letzten Jahrhundert konnten Personen ein Ver-
mögen verdienen, wenn sie ein tolles neues Produkt oder
Computerprogramm auf den Markt brachten. In unserem
Jahrhundert bevorzugen die Patentgesetze – und fast alle
anderen Gesetze – die Konzerne sehr deutlich, sodass
ein Individuum es schwer hat, außerhalb eines Konzerns
an ein großes Vermögen zu kommen. Das hat zu allerlei
Spekulationen über die Herkunft des Geldes geführt. Ein
paar populäre Theorien sehen ihn als ehemaligen Kopf
eines gewaltigen Schmugglernetzwerks, als Talisschmug-
gler mit einem riesigen Vorrat an Orichalkum oder als
Empfänger einer der größeren mysteriösen Summen aus
Dunkelzahns Testament (wie der zwanzig Millionen für das
Entwickeln einer Smogbeseitigungsanlage oder der acht
Millionen für die Zucht ecuadorianischer Honigameisen).
Die meisten dieser Spekulationen erklären allerdings nicht
die Größe seines Vermögens, da seine Aktivitäten in Biloxi
nur mit einem Milliardenvermögen finanzierbar wären.
> Mr. Bonds
Pineyard hat nicht nur das College gekauft, das
ein großes Gebäude in einer Einkaufsstraße ist,
sondern auch ein paar Läden in der Nähe, einen
Schrottplatz, ein winziges Privatflugfeld und ande-
re Immobilien. Daraus machte er eine Universität,
die er Biloxi Technical Institute nannte. Danach ver-
folgte er zwei Ziele: die Universität prestigeträchtig
zu machen und sie vor allem für Metas – besonders
Zwerge – zu öffnen.
Der zweite Teil war einfacher, brachte aber eine
Komplikation mit sich. Weil er eine Privatuniversität
besaß und den richtigen Politikern gespendet hatte,
konnte er zwar mehr oder weniger machen, was er
wollte. Die Komplikation besteht allerdings darin,
dass es zwar viele Studienplatzbewerber gab, aber
viele von ihnen nicht für die Art von Ausbildung
bezahlen konnten, die Pineyard vorschwebte. Also
brauchte er eine Quelle für Stipendien oder andere
finanzielle Unterstützung. In der modernen akade-
mischen Welt bedeutet das Unterstützung durch
einen Konzern.
Hier kommt man an ein Henne-Ei-Problem: Kon-
zerne wollen kein Geld ausgeben, wenn sie noch
nicht wissen, ob am Ende der Ausbildung die An-
gestellten herauskommen, die sie haben wollen;
zugleich ist es aber schwierig, die gewünschten
Ergebnisse ohne ausreichende Finanzierung durch
93
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
Konzerne zu erreichen. Pineyard überwand dieses
Problem mit eigenem Geld. Vier – vier! – Jahre lange
bezahlte er einen Großteil des Universitätsbetriebs
aus eigener Tasche. Er hatte zwar ein bisschen Geld
aus finanziellen Hilfspaketen und ein paar Stipen-
dien von außerhalb, und ein paar Studenten spuck-
ten wenigstens einen Teil ihrer Ausbildungskosten
aus, aber Pineyard hing trotzdem mit Hunderten
Millionen Nuyen pro Jahr drinnen. Nach vier Jahren
mussten sich seine Ausgaben inklusive der Immo-
bilienkäufe und Ausbaukosten auf deutlich über
eine Milliarde Nuyen belaufen haben.
> Das ist Wahnsinn. Er wird von einer nicht gewinnorientier-
ten Universität niemals Profit einstreichen können, wenn
die Unterstützung von außen anläuft. Das Geld ist weg.
Was hat er vor?
> Haze
> Vielleicht hat er einfach das Gefühl, dass er mehr als ge-
nug für sich selbst hatte, und wollte mit dem Rest etwas
Gutes tun?
> Old Crow
> Das ist viel zu einfach, als dass es jemals in der echten
Welt passieren könnte. Das kann es nicht sein.
> Haze
94 ARBEITEN ALS TROG BEI ... >>
Thorben Lange (Order #29309514)
> Ein paar Anmerkungen. Pineyard kann zwar keinen Ge-
winn mit der Universität machen, aber wenn sie sich
einmal selbst trägt, wird er sicher ein Einkommen von ihr
beziehen, wahrscheinlich sechsstellig. Was ganz nett ist,
aber er würde, wenn er 250.000 Nuyen pro Jahr bekäme,
trotzdem viertausend Jahre brauchen, um eine Milliarde
wieder reinzubekommen. In dieser Hinsicht wäre es also
besser gewesen, das Geld einfach zu behalten. Wenn das
BTI aber seinen Traum erfüllt, könnte Pineyard eine große
Rolle bei der Gestaltung der Zukunft spielen.
Ein paar Beispiele: Universitäten waren entscheidend
an der Entwicklung des Internets beteiligt, das schließ-
lich zur Matrix wurde. Ein Forscher an der Universität von
Manchester entwickelte die entscheidenden Komponen-
ten oraler Verhütungsmittel. Der Dumas-Test zum Erken-
nen magischer Fähigkeiten bei Personen wurde an einer
Universität entwickelt. Und das sind nur ein paar Beispiele
dafür, wie Universitäten Anstöße gaben, die sich gewaltig
auf die Gesellschaft auswirkten. Universitäten haben die
Chance, die Welt zu verändern, ohne sklavisch am Pro-
fit zu hängen wie die Konzerne. Zu den wenigen sicheren
Informationen über Pineyard gehört, dass er sehr auf Wis-
senschaft steht. Wo könnte er solche gesellschaftlichen
Änderungen und wissenschaftlichen Durchbrüche besser
erzielen als an einer selbst geschaffenen Universität? Er
finanziert nicht nur die Ausbildung von Studenten – er baut
eine Institution auf, die die nötige Zeit und Ausrüstung für

die Forschung seiner Träume umgeben von hervorragen-
den Forschern und Lehrenden bietet. Was ist an diesem
Ziel mysteriös?
> Beaker
> Nicht alle von uns sind Nerds.
> Kane
In den ersten paar Jahren blieb das BTI völlig un-
ter dem Radar – vor allem, weil es so gut wie nichts
von so gut wie niemandem wollte. Es wurden ei-
nige Studenten eingeladen (nur um die meisten
doch abzulehnen, weil man sich so schnell wie
möglich den Ruf der Exklusivität aufbauen wollte).
Es wurden ein paar aufstrebende Lehrer und For-
scher engagiert, aber solche Aktivitäten schlagen
keine hohen Wellen in der Welt. Jetzt aber nähern
sich die ersten Studenten ihrem Abschluss, und
langsam regt sich ernsthaftes Interesse. Ein paar
Konzerne werfen schon ein Auge auf die Univer-
sität – besonders Renraku, das immer nach neuen
Möglichkeiten sucht, technologische Kapazitäten
in der CAS zu etablieren.
> Auch Ares ist ziemlich aufmerksam. In der Heimat Detroit
ist es im Moment eher unangenehm, daher sucht man
nach einem anderen Ort für eine Machtbasis. Wenn das
BTI Pineyards Traum verwirklichen kann, hat Ares (oder
ein anderer Partnerkonzern) die Chance, Zugang zu ei-
nem brandneuen Vorrat an hervorragenden Technikern zu
bekommen. Ares könnte diese Art Unterstützung sehr gut
brauchen. Oder auch nur irgendeine Form der Unterstüt-
zung.
> Dr. Spin
<< ARBEITEN ALS TROG BEI ...
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
Das alles bringt uns zum zentralen Thema: Es gibt
in der CAS eine trog-freundliche Universität, die
zu einem wichtigen Spieler auf dem Feld der tech-
nischen Ausbildung werden könnte. Hier gibt es alles
in Ork- und Trollgröße: Schlafräume, Laborausstat-
tung, Verkehrsmittel und so weiter. Die Universität
nimmt Trogs nicht nur auf – sie heißt sie willkommen.
Wenn ihr den Unterschied nicht versteht, seid ihr kei-
ne Trogs.
Man kann noch nicht abschätzen, ob das BTI über
längere Zeit bedeutend sein oder einfach zerbrö-
seln und dabei einen Haufen von Pineyards Geld
verbrennen wird. Die Mengen, die Pineyard in-
vestiert, deuten allerdings darauf hin, dass er nicht
so leicht aufgeben wird. Wenn ihr also Trogs seid
und glaubt, die richtigen Fähigkeiten mitzubringen,
könnt ihr euch bewerben und einer Institution bei-
treten, die genau nach euch sucht.
> Pineyard hat schon ein paar bedeutende Siege errungen
– besonders beim Ausschlachten von NeoNET. Esmeralda
Colon, die frühere Vizepräsidentin für elektronisches De-
sign in Celedyrs Anlage in Albuquerque, lehrt jetzt am BTI,
genauso wie ein früherer Biotechniker bei Transys-Neu-
ronet, Vijay Pawar. Eine technokratische Regierung in der
CAS ist ebenfalls förderlich, und Pineyards Beziehungen
zu Amtsträgern verbessern sich deutlich. Ich kann kei-
ne definitiven Aussagen dazu machen, wie es mit dem
BTI auf lange Sicht weitergehen wird. Ich vermute aber,
dass die Finanzierung von außen in den nächsten Jahren
anspringen wird, also sollte man das Institut im Auge be-
halten. Dann werden wir auch sehen, was die Konkurrenz
unternehmen wird.
> Beaker
95
 M I T H AU E RN U ND HÖRNERN
TROG-HELDEN
EIN WECKRUF
GEPOSTET VON: KAR’AK D’RAKAN’DA
AUS DEM OR’ZET ÜBERSETZT;
19.03.79
Brüder und Schwestern vom Hauer, hört meinen Ruf.
Sie glauben, wir seien minderwertig. Sie glauben,
wir seien ihre Diener. Sie glauben, wir seien dumm.
Wir sind nichts davon. Wir sind mächtig. Wir sind
viele. Wir sind die Zukunft.
Eine Zukunft, in der wir vereint sind. In der Orks
und Trolle als vereinte Macht gegen die zügellose
Unterdrückung dieser Welt stehen. Wir stehen zu-
sammen voller Ehre.
Wir werden uns von ihrem Hass nicht zum Hass
verleiten lassen. Sie erwarten Gewalt von uns, aber
unsere Gewalt wird nicht mit Fäusten und Klingen
kommen. Sie wird als Stimme und Widerstand auf-
treten.
Lasst sie euch TROG nennen! Das entehrt nicht
uns, sondern sie.
Seid stolze Trogs.
Schließt euch der Trog-Nation an!
Es ist Zeit, von einigen unserer Brüder und Schwe-
stern zu sprechen, die uns zur Ehre gereichen. Ich
werde sie in Form von kurzen Dossiers präsentie-
ren, die durch ein paar grundlegende Informati-
onen eingeleitet werden. Dann gehe ich ins Detail.
SUZIE BLUE
• Metatyp: Troll
• Aussehen: Blaues Haar, 2,70 m, zurückgebo-
gene Hörner, blaue Lippen, blasse Haut
• Aufenthaltsort: Chicago, CZ, Übertragungswa-
gen
Wenn ihr ein Ork oder Troll in Chicago seid, wisst
ihr, wer Suzie Blue ist. Wenn ihr als Ork oder Troll in
96 TROG-HELDEN >>
Thorben Lange (Order #29309514)
den Schatten von Chicago tätig seid, müsst ihr sie
wirklich kennenlernen. Sie ist in der Stadt die beste
Quelle für Jobs, die für uns alle gut sind.
Jeden Tag schalten Orks und Trolle (und wahr-
scheinlich ein paar andere) auf die Frequenz 102,2
(ja, echte Ultrakurzwelle), um Suzie Blue auf der Two
Point Two zu hören! Sie zeichnet ihre Sendungen
vor der Ausstrahlung (und der späteren Ma-
trix-Übertragung) auf, sodass sie nie wirklich dort
ist, wo die Sendung herkommt. Sie will nicht ge-
funden werden, indem jemand das Signal zurück-
verfolgt. In ihrer Show geht es vor allem darum,
unseresgleichen als mehr darzustellen als bloß als
Hauer und Muskeln. Sie interviewt Wissenschaft-
ler, Journalisten, Ärzte und Leute aus allen mög-
lichen Berufsfeldern. Es ist ein wirklich verrücktes
Unternehmen, und das ist der Grund dafür, dass
sie sehr häufig Runner einsetzt, weil es geheim
bleiben muss. Kontaktaufnahme, Transport und
Schutz für die Trogs, die sie interviewt, werden von
Schattenprofis übernommen.
In ihrer Show geht es darum, als Einheit zusam-
menzukommen – sowohl Orks als auch Trolle – und
zu verstehen, dass der Rest der Metamenschheit
die Wesen, die vor kurzer Zeit noch als Monster ge-
sehen wurden, auch in nächster Zukunft noch nicht
akzeptieren wird. Sie spricht von einer Zukunft für
die Kinder, in der die Welt die Zeit hatte, Orks und
Trolle als konstruktiven Teil der Gesellschaft zu se-
hen, auch wenn sie sich in eigenen Gemeinden ab-
seits des Mainstreams zusammenfinden.
Sie holt nicht nur erfolgreiche Trogs für Inter-
views vors Mikrofon, sondern versucht auch, sie
davon zu überzeugen, sich ihrer Sache zu ver-
schreiben. Im Moment geht es darum, wie man in
den Ruinen einer ehemals stolzen Stadt überlebt, in
der Megakonzerne und Unabhängige um die Vor-
herrschaft kämpfen. Suzie sieht Chicago und einige
andere „gefallene“ Städte als Möglichkeit für Trolle
und Orks, Gemeinschaften und eine eigene Gesell-
schaft zu gründen, ähnlich wie die Elfen in den Tírs.
Beim Aufbau von Gemeinschaften in Chicago
hat sie das Entwickeln einer funktionierenden Wirt-
schaft als schwerste Aufgabe identifiziert. In den
meisten Gegenden ist man auf Technik und Güter
angewiesen, die manchmal jahrzehntealt sind. Die-
 se Gemeinschaften können nur überleben, weil sie
in einem Maß autark sind, wie es in der Sechsten
Welt sonst kaum zu finden ist, gut geführt werden
und sich nur auf sich selbst konzentrieren.
> Blue hat einige erfolgreiche Runner von den Straßen
Chicagos in diese Gemeinden geholt, wo sie mehr als
nur Muskeln sind. Sie zieht die Hirne und Stimmen der
Trogs aus dem Schattenmarkt, um diese Nischengemein-
den zu lenken. Das nutzt dem Ruf der Orks und Trolle in
den Schatten Chicagos nicht, weil die Trogs, die sie nicht
auswählt, häufig die besonders gewaltbereiten sind. Hof-
fentlich wirkt sich ihr Projekt schließlich positiv genug
aus, um diesen vorübergehenden Imageverlust wettzu-
machen.
> Butch
> Sie holt auch einige dieser Gewaltbereiten in ihre Ge- > Etliche Konzern-Johnsons suchen nach Blue. Sie hat zu
meinden – sie setzt deren Talente nur anders ein. Die CZ
von Chicago mag „offen“ sein, aber das heißt nur, dass
man sich keine Sorgen um die Bugs macht (was ich für
dumm halte, aber bitte). Trotzdem ist sie eine Brutstätte
der Gewalt, die von Schlägern regiert wird. Die Warlords
in Chicago geben nichts darauf, dass man eine bessere
Gemeinde für Orks und Trolle schaffen will. Ihnen geht es
nur darum, ob es hier etwas zu holen gibt. Oder ob hier
Leute beherbergt werden, die sie tot sehen wollen.
> Bull
Suzie spricht viel von der Trollrepublik Schwarz-
wald, dem Seattler Untergrund, den Cascade Orks
im Salish-Shidhe-Rat, Sweetwater Creek in Atlan-
ta und den Stämmen um Lagos. Sie redet dabei in
einem Tonfall der Verehrung, wie er meistens hei-
ligen Stätten vorbehalten ist. Sie sieht deren Erfolge
(und das jüngste „Scheitern“ in Seattle, wie sie
meint) als Anleitung für andere Trog-Gesellschaf-
ten. Man erzählt sich, sie würde diese Gesellschaf-
ten zwar als Urbild der Unabhängigkeit für Trolle
und Orks preisen, sei aber selbst nie außerhalb von
Chicago gewesen und deshalb bei Informationen
vollständig auf Berichte anderer und die Matrix an-
gewiesen.
> Man kann aus der Matrix viel erfahren. Man kann virtuell
durch die Straßen fast jedes Sprawls schlendern und in
Thorben Lange (Order #29309514)
viele Clubs und andere Einrichtungen auf der ganzen Welt
gehen. Nur weil sie nicht dort war, heißt das nicht, dass
sie nichts weiß.
> Bull
> Ich weiß nicht. Recherche ist gut und schön, aber man
kann einen Ort nie so gut kennenlernen wie beim wirkli-
chen Gehen durch die echten Straßen und dem Kontakt
mit Leuten, die vielleicht nie in die VR kommen. Und wenn
man einen Teil der Realität eines Ortes verpasst, verpasst
man Informationen.
> /dev/grrl
> Der alte Mann nutzt moderne Mittel, das junge Mädchen
die altmodischen. Erstaunlich.
> Sounder
viel Einfluss auf die hiesigen Trogs, und die Kons wollen
nicht, dass ihre „dummen Arbeiter“ auf die Idee kommen,
sie könnten anderswo besser leben.
> 2XL
> Die meisten dieser Jobs gehen an rassistische Schläger,
die keine Chance haben, in die Gemeinden einzudringen,
die Suzie beschützen. Wenn ein solcher Job in die Hände
kompetenterer Runner mit unterschiedlichen Metatypen
gelangt, findet Suzie oft ihre Metatypen heraus und setzt
deren Identität gegen sie ein.
> Mihoshi Oni
> Angeblich sucht Blue nach einem guten Team, das sie bei
einer Reise zu diesen Trog-Hochburgen beschützt, aber
das ist schwer. Die Konzerne scheinen immer fähig, je-
manden umzudrehen, also braucht Suzie eine Crew, der
sie völlig vertrauen kann. Und die darf nicht ausschließlich
aus Trogs bestehen, weil das zu auffällig wäre.
> OrkCE0
BULK DEAL
• Metatyp: Unbekannt (vermutlich Ork)
• Aussehen: Massiger Comic-Ork im Frack
• Aufenthaltsort: Matrix (weltweit)
<< TROG-HELDEN 97
 >> BUCH DER VERLORENEN <<

Dieser mysteriöse Matrixbewohner ist als John-

son bekannt, der immer fähige Orks und Trolle für
einen Job finden kann. An ihn kann man sich ein-
deutig wenden, wenn man Muskeln mit Hirn und
besonderen Fähigkeiten sucht. Bulk Deal ist nur in
der Matrix tätig und arrangiert Meetings in schwer
gesicherten Hosts, um sein Talent und/oder seine
Connections zu demonstrieren.
Der Schlüssel seines Erfolges besteht darin, die
richtigen Trogs für die richtigen Jobs zu finden und
ihre Entwicklung in nicht traditionellen Aufgaben-
bereichen zu fördern. Bei seinen Runnern findet
man alles, was ein Exec brauchen könnte, um jeg-
liche gewinnbringenden Schandtaten zum Erfolg
zu führen. Diese Runner bekommen oft auch Ne-
benjobs – keine Anfängersachen, sondern meistens
Unternehmungen mit wenig Risiko, in denen Fähig-
keiten trainiert werden und mit anderen zusammen
geübt wird, um neue Fähigkeiten zu lernen. Bei
den Jobs wird nie ein vollständiges zweites Team
zu Trainingszwecken eingesetzt, nur eine Position
wird doppelt besetzt. Diese Position ist immer eine
Schlüsselposition: zwei Unterhändler bei Verhand-
lung oder Trickbetrug, zwei Muskeln für einen kör-
perbetonten Job, zwei Hacker für einen Matrixjob
und so weiter.

> Hütet euch vor Nachahmern. BD hat einen so guten Ruf,

dass sich viele andere als Trittbrettfahrer betätigen wol-
len. Manche wollen nur Geld verdienen, aber noch öfter
kommt es vor, dass ein Maulwurf eingeschleust werden
soll oder eine Gruppe Trogs eine Selbstmordmission als
Auftrag bekommt.
> Goat Foot

BD ist ein großer Verfechter einer weltweiten

Gemeinschaft und Kultur für Trolle und Orks. Sei-
ne Vorstellung basiert darauf, dass die Matrix die
ganze Welt verbindet und es daher keinen Grund
gibt, umzuziehen und woanders eine neue Kultur
für Trogs aufzubauen. Alle müssen sich nur einlog-
gen und anfangen, zu kommunizieren. Er spendet
Trollen und Orks auf der ganzen Welt haufenweise
Kommlinks und Troden, wobei er oft Runner enga-
giert, damit diese Spenden nicht in den Händen
von Warlords, Schwarzhändlern oder Hehlern lan-
den, die sie verkaufen wollen.

> BD ist zwar eine tolle Connection für Arbeit und ein exzel-
lenter Johnson, aber das Verständnis der metamenschli-
chen Natur und der Matrix gehört nicht zu seinen Stärken.
Die Matrix ist nicht wirklich förderlich für positive Kommu-
nikation. Vielleicht können Hacker andere recht gut dazu
bringen, ihnen zuzuhören (sobald die erkannt haben, dass
sie es mit jemandem zu tun haben, der ihre Implantate ab-
fackeln kann), aber die meisten User benutzen die Anony-
mität der Matrix als Mittel zur Verbreitung von Unwahrhei-
ten und Hass, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen.
> Glitch

98 TROG-HELDEN >>

Thorben Lange (Order #29309514)


> BD ist in der Matrix der Kommlinks und Hacker groß ge-
worden. Damals gab es etwas mehr Respekt.
> Netcat
> Fangt nicht an, von der guten alten Zeit zu schwärmen, als
die Leute höflich und respektvoll waren, verdammt! Das
ist meistens nur eine falsche Erinnerung. Damals gab es
auch nicht viel mehr Respekt.
> Slamm-0!
Jetzt zu ein paar Spekulationen. Die meisten
glauben, dass Bulk Deal ein männlicher, etwa
vierzig Jahre alter Ork ist und höchstwahrschein-
lich aus einer der englischsprachigen nordame-
rikanischen Nationen stammt, worauf seine Ge-
sprächsmuster, sein Slang und seine allgemeine
Einstellung hindeuten. Seine Operationsbasis ist
das, was die meisten Leute interessiert und wo-
rauf wir uns besonders konzentriert haben. Und
wir haben überhaupt nichts herausgefunden. Er
verwischt seine Spuren geschickt, und soweit ich
weiß, arbeitet er kaum mehr als ein paar Wochen
lang von einem Ort aus. Er wechselt den Ort mei-
stens kurz vor oder nach der Erfüllung eines Auf-
trags. Er wurde nie zu Regionen in der Nähe der
Aufträge zurückverfolgt, und er verwendet für alle
physischen Kontakte Mittelsleute. Die meisten
seiner Jobs drehen sich ausschließlich um Daten
oder Extraktionen und Diebstahl, wobei es nicht
um die Weitergabe des Gestohlenen, sondern um
dessen Zerstörung oder den persönlichen Gewinn
des Runnerteams geht.
> Ein weiterer Vorteil seiner Jobs: Manchmal kann man das
Zeug behalten. Bulk Deal hat eine der besten Reputatio-
nen als Johnson in den Schatten, aber trotzdem weiß nie-
mand etwa Genaueres über diesen Kerl.
> Slamm-0!
SMEDLEY
PEMBRENTON III.
• Metatyp: Troll
• Aussehen: Grauschwarzes Haar, 2,65 m, mus-
kulös, einzelnes, zurückgebogenes linkes Horn,
abgebrochenes rechtes Horn, englischer Akzent
(höchstwahrscheinlich London), Monokel, raucht
häufig Zigarren
• Aufenthaltsort: Boston, im Moment NEMAQZ
Dank einiger weiterer kleiner Datenlieferungen von
AJ, unserer Connection in Boston, wissen wir jetzt
etwas mehr darüber, was hinter der Mauer passiert.
Smedley steht im Zentrum vieler Bemühungen, die
QZ von innen zu öffnen. Seine Geschichte reicht
weit in die Schatten vor dem Vorfall in Boston
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
zurück, als Smedley einer von Dunkelzahns Be-
obachtern war. Er hat in dieser Zeit viele Connec-
tions gefunden, die ihm halfen, die Quarantäne zu
überstehen. Und einige dieser Connections haben
keine Schwierigkeiten damit, weiter in Kontakt zu
bleiben, um zu erfahren, was zum Teufel hinter der
Mauer vor sich geht.
Soweit wir wissen, sucht Pembrenton anschei-
nend nicht mehr nach der Ursache des Vorfalls.
Er versucht eher, die Überlebenden weiter am Le-
ben zu halten und vielleicht eine Möglichkeit zum
Einreißen der Mauer zu finden. Im Moment hat
er wirklich nur wenig Einfluss, aber sein Beispiel
macht ihn zu einem respektierten und bewun-
derten Troll. Innerhalb der Zone gilt er als univer-
seller Friedensstifter. Er arbeitet mit allen zusam-
men – unabhängig von Herkunft, Metatyp oder
Konzernverbindungen. Er schafft es, mit allen gut
auszukommen, mit denen er zusammenarbeitet –
oder sie zumindest dazu zu bringen, dass sie ar-
beiten.
> NeoNET kassiert im Moment die Prügel, aber wie sieht der
Plan für Bostons Zukunft aus? Der Drache ist abserviert,
und die Monaden komplizieren die KFS-Sache, aber das
Geld, das allen Leuten in die Taschen fließt, die etwas zu
sagen haben, lässt mich vermuten, dass gar keine Lösung
geplant ist. Wissen wir inzwischen mehr darüber, was da
drinnen seit 76 vorgegangen ist?
> Sounder
> Die Daten werden mehr, aber wir warten noch auf weite-
re, um Lücken zu schließen. Lasst uns hier nicht einfach
drauflos spekulieren. Dieses eine Mal.
> Glitch
Wegen der Verbindungen der Draco Foundation
zu Pembrenton ist diese ganz besonders an Ar-
beit rund um die NEMAQZ interessiert. Die Zahl
an Runnern, die in die Sperrzone gebracht wurden,
geht alleine auf Seiten der DF in die Hunderte. Sie
bringen Daten mit, treffen sich mit Pembrenton und
arbeiten an Plänen, um die Kommunikation zu ver-
bessern und die Abschottung zu vermindern. Ein
paar haben es rausgeschafft. Viel weniger, als es be-
haupten, aber mir ist ohnehin schleierhaft, warum
man behaupten sollte, einer Seuchenquarantäne
entkommen zu sein. Die meisten, die es über die
Mauer geschafft haben, schafften das mit der Hilfe
von Pembrenton und der DF.
> Ich weiß aus sicherer Quelle, dass mindestens zwei Run-
nerteams Pembrenton aus der QZ holen sollten, aber er
weigert sich, wegzugehen. Ich weiß nicht, warum er sich
weigerte oder wie die Reaktionen auf die Weigerung wa-
ren, aber die DF könnte die Regeln für die Operation bald
verändern und ihre wertvollste Quelle auch gegen ihren
Willen extrahieren lassen, statt weiter höflich zu fragen.
> Fianchetto
<< TROG-HELDEN 99
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
GARY GREY
• Metatyp: Troll
• Aussehen: 2,60 m, graues Haar, verzierte Hörner
• Aufenthaltsort: Sacramento, Freistaat Kalifor-
nien
Es gibt wohl keinen Trog in Nordamerika, der noch
nicht vom früheren Vizepräsidentschaftskandidaten
und gegenwärtigen CEO von Sierra, Inc. gehört hat.
Grey steht für eine der frühesten und bekanntes-
ten Erfolgsgeschichten von Trollen. Die Metahasser
sagen, er sei im Schlepptau eines Zwergs hochge-
kommen, aber Grey wäre nie an Vogels Seite Kan-
didat geworden, wenn er seine Durchsetzungs-
kraft, seine Entschlossenheit und sein politisches
Geschick nicht bereits vor den Wahlen von 2057
demonstriert hätte.
Grey hat eine einfache, für jeden erkennbare und
doch sehr starke Motivation: Er will, dass sich mehr
Trolle und Orks in der Politik engagieren und öf-
fentlich auftreten. Andererseits kämpft er gegen
die aktuellen Umstände, unter denen sich Trogs
in schlechten Jobs kaputt arbeiten oder auf der
Straße oder in den Schatten sterben. Er unterhält
Kontaktbüros in Gemeinden mit großen Ork- und
Trollpopulationen, die Arbeitsprogramme, Ausbil-
dungsinitiativen und Freizeitzentren ermöglichen,
wo junge Orks und Trolle sich engagieren können,
ohne sich wegen ihrer Andersartigkeit verfolgt füh-
len zu müssen.
> Ich kann mich erinnern, wie ich in meiner Jugend von den
kleineren Metatypen angefeindet wurde, weil ich beim
Hantelstemmen so viele Gewichte benutzte. Ich hatte
mir vorgestellt, bejubelt zu werden, weil ich eine Scheibe
nach der anderen auflegte und meine gewaltige Stärke
bewies, aber stattdessen bekam ich abfällige Bemerkun-
gen und giftige Blicke. Es ist mir egal, ob das Neid war,
Angst vor anderen, oder ob ich wirklich taktlos war. Mir
gefällt einfach die Vorstellung, dass junge Trogs einen Ort
haben, wo man sie nicht schief anschaut, wenn sie beim
Bankdrücken einen Hyundai stemmen können.
> 2XL
Wir bekommen ab und zu Jobs, in denen wir
versuchen, eine Welt zu schaffen, die solche Jobs
nicht mehr braucht. Aber ich schließe Grey hier
auch deswegen ein, weil er so viele Schattenjobs
gegen Hassgruppen vergibt. Die Spur des Geldes
endet meistens bei einer Scheinfirma, aber Sier-
ra, Inc. und damit Gary Grey wollen nicht nur die
Umwelt im ursprünglichen Sinn säubern, sondern
auch die soziale Umwelt. Humanis, Alamos, Pa-
ladin Medical Group und sogar extrem militante
Zweige der Söhne Saurons gehören zusammen
mit umweltverschmutzenden Konzernen zu den
Zielen seiner Aufträge, die für Orks und Trolle aller
100 TROG-HELDEN >>
Thorben Lange (Order #29309514)
Gesellschaftsschichten die Welt zu einer besseren
machen sollen.
Wir blicken zu Grey auf, und er ist auch immer
noch ein positives Gesicht unseresgleichen, aber
er braucht andere, die sich in seinem Auftrag an
die Schatten wenden, um solche Unternehmungen
weiterzuführen. Seine üblichen Johnsons sind oft
Menschen, um seine Beteiligung weiter zu ver-
schleiern und seine Anonymität zu wahren. Aber
die Anzahl der Orks unter ihnen steigt gleichzei-
tig mit der steigenden Orkbevölkerung. Sie haben
immer noch das Problem, dass die meisten Leute
nicht wissen, wie groß die Bevölkerungszunah-
me ist, weil ein großer Teil der Orks SINlose sind
und die Konzernmedien nicht über deren Zunah-
me berichten. Erwartet bei jedem Auftrag in Greys
Sinn jemanden als Verhandlungspartner, der so
langweilig und unauffällig ist wie in der jewei-
ligen Region nur vorstellbar. Weiße Menschen sind
der Standard, aber im Tír kann es ein Elf sein, im
Schwarzwald ein Ork oder Troll oder in den NAN
ein Amerindianer.
Die genauen Auftragsarten können sehr unter-
schiedlich sein. Die Sabotage gegen Hassgruppen
ist üblich, aber dabei wird meistens weniger Gewalt
eingesetzt, und Metamenschen sollen dabei nicht
allzu öffentlich auftreten. Rigger oder Hacker des
Teams können Metas sein, aber Unterhändler und
Muskeln sind fast immer Menschen, wenn es ge-
gen diese Gruppen geht. Es ist schwer, als einer
der Verhassten in Hassgruppen reinzukommen,
und Grey will keine Orks oder Trolle in potenziell
gewalttätigen Rollen einsetzen, die von der Öffent-
lichkeit oder sogar der Hassgruppe selbst gesehen
werden können. Er weiß, dass die Einstellungen ir-
gendwie verändert werden müssen, und ein Kopf
voller Erinnerungen an Gewalt durch Trogs wird das
deutlich erschweren.
> In letzter Zeit gibt es viele Erpressungsjobs. Es geht häu-
fig darum, die Leichen im Keller der Metahasser zu finden,
die im Moment am stärksten zur Finanzierung dieser Grup-
pen beitragen und selbst im Verborgenen bleiben. Einige
dieser Jobs nutzen die Schatten als Sprungbrett für diese
Informationen vom Dunkel ins Licht.
> Sounder
> Ziemlich poetisch für eine U-Boot-Kapitänin.
> 2XL
KATYANA BURGESHKOVA;
KAT BERG
• Metatyp: Ork
• Aussehen: Unterschiedliche Haarfarben, 1,98 m,
athletisch, Schönheitsfleck auf der rechten Wan-
 >> BUCH DER VERLORENEN <<

ge, Hauerschnitzereien (Kanji: Liebe und Vertrau-

en)
• Aufenthaltsort: Los Angeles, PCC

Die schöne Kat Berg – am besten in ihrer Titel-

rolle Nikki Blackstone in Blackstone bekannt – ist
eine Schauspielerin, Ms Johnson und Aktivistin in
der Region L.A. Ihr Engagement bei einer der kul-
turunabhängig erfolgreichsten Trideo-Serien hat
ihr weltweiten Ruhm und auch Anerkennung bei
Gruppen eingebracht, die eine Orkin normalerwei-
se nicht so ehren würden. Der Umstand, dass sie
in ihrer Sendung öffentlich soziale und politische
Probleme thematisiert und sehr professionell be-
handelt, hält das Publikum bei der Stange und sorgt
manchmal für Meinungsänderungen in potenziell
gesellschaftsspaltenden Fragen.

> An Berg ist nicht alles echt, und damit meine ich nicht die
normale plastische Chirurgie wie bei allen Promis. Sie hat
etwas an ihrem Kiefer machen lassen, damit sie klarer und
„verträglicher“ sprechen kann. Orks und Trolle leiden im
gesellschaftlichen Umfeld oft daran, wie sie sprechen,
weil die Hauer ihnen das Bilden einiger Laute mit Lippen
und Mund erschweren. Kat hat ihre Kiefer verändern las-
sen, sodass sie menschlich sprechen kann, ohne verän-
dert auszusehen.
> Butch

Sie hat zwar ein weltweites Publikum, aber ihr Ver-

änderungswille bezieht sich vor allem auf ihre ei-
gene Lebensumgebung. Sie möchte das Leben für
Orks und Trolle in Südkalifornien besser machen
und war besonders erfolgreich dabei, die negativen
kulturellen Folgen der Saito-Zeit abzuschwächen
und Südkalifornien nach Saito zu einem besseren
Lebensraum für Metas zu machen. Der südkalifor-
nische Zweig der Mothers of Metahumans (MoM)
ist nach dem in Seattle der zweitgrößte der Welt.
Ihre Stellung als Gesicht der MoM hat Unterstützer
aus allen Gesellschaftsschichten angezogen, darun-
ter auch Gabriel West, den ehemaligen Sprecher des
Humanis Policlubs. West war die Stimme von Huma-
nis in Nordkalifornien und lief zu Berg über, nach-
dem eine Episode von Blackstone ihn als eigentlich
guten Kerl porträtiert hatte, der in den politischen
Verwicklungen seiner Herkunft gefangen war.

> Das war ein gut ausgeführter Run. Berg engagierte ein
Team, um in Wests Vergangenheit zu forschen, und be-
nutzte die gewonnenen Informationen, um danach einen
Charakter für Blackstone zu entwerfen. Nach der Aus-
strahlung der Episode wendete sich Kat heimlich an West,
erkannte, dass er die Seiten wechseln wollte, und ver-
sprach ihm unauffälligen Schutz. Der Hacker des Runner-
teams sagte sogar, dass ihre Bezahlung aus dem Budget
für die Episode abgezweigt worden sei. Sie wurden sogar
im Abspann als Berater aufgeführt.
> Sunshine

<< TROG-HELDEN 101

Thorben Lange (Order #29309514)
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
Berg hat zwar ein starkes, besonders positives
Image in der Öffentlichkeit, hat aber auch eine dun-
kle Seite. Ihr Zweig der MoM ist zwar die Nummer
zwei der Welt, aber ihre Crew der Söhne Saurons ist
die größte. Die Söhne Saurons sind ein Policlub für
Metas, die in ihren extremistischen Ansichten und
Handlungsweisen Humanis ähneln. Es gibt auch ein
paar kleinere Untergruppen, die Hand Saurons und
das Auge Saurons, die noch militanter vorgehen
als die eher politisch aktive Hauptgruppe. Berg hat
großen Anteil daran und ist eine wichtige Quelle für
Aufträge, die diesen Organisationen nutzen. Und
sie versteckt ihre Identität nicht aufwendiger als
durch die Nennung des falschen Namens Johnson.
Das liegt nicht an einem Gefühl der Unverwundbar-
keit, dem Verlangen nach einem gefährlichen Le-
ben oder einem unterbewussten Wunsch danach,
geschnappt zu werden. Ihr Look mit dem Schön-
heitsfleck und den Schnitzarbeiten an den Hauern
ist in L.A. ein so gewaltiger Trend, dass sie meistens
damit durchkommt, wenn sie sagt: „Nein, aber ich
liebe ihre Serie!“ Dann hinterfragt kaum jemand
(außer vielleicht den größten Fans, aber die arbei-
ten selten in den Schatten) ihre Identität. Die Jobs
für die Untergruppen beinhalten Spionage, Sabo-
tage, Knochenbrechen, Schutzgeld, Datendiebstahl
und sogar Wetwork.
> Als Johnson hat Berg einen ziemlich unangenehmen
Ruf. Nicht, weil sie ihre Runner hintergehen würde –
sonst wäre sie nicht mehr im Geschäft –, sondern weil
sie sehr genaue Vorstellungen davon hat, wie der Erfolg
eines Jobs auszusehen hat. Sie ist eine harte Verhand-
lungspartnerin und sagt ganz offen, dass sie die Bezah-
lung kürzt, wenn das Ergebnis nicht ihren Erwartungen
entspricht. Weil sie in der Stadt einen guten Ruf hat, ist
das meistens kein Problem, aber oft genug kommen auch
Leute von außerhalb, die sie nicht kennen. Die lernen es
auf die harte Tour.
> Sunshine
> Ein Witzbold namens Skullcrusher kam aus Seattle, um für
Berg zu arbeiten. Er ließ sich für einen leisen Job mit mög-
lichst wenig Toten und minimaler Öffentlichkeitswirksam-
keit engagieren und erschien mit seiner namensgebenden
Kampftechnik auf einem P2.0-Feed. Berg kürzte ihm den
Lohn, und er war sauer. Er schlug sie krankenhausreif,
brachte zwei ihrer Bodyguards um und sorgte dafür, dass
die drei anderen Runner von DocWagon gerettet werden
mussten. Innerhalb von Stunden – noch bevor Berg aus
dem OP-Saal war – wurden die ersten Kopfgelder auf
ihn ausgesetzt. Die Ork- und Trollgemeinde drehte völlig
durch.
> Fianchetto
> Offenbar nicht genug von ihnen. Er ist immer noch auf der
Flucht und hat einige Leute fertiggemacht, die sich das
Kopfgeld verdienen wollten.
> Clockwork
102 TROG-HELDEN >>
Thorben Lange (Order #29309514)
Sie ist nicht völlig unabhängig. Sie hat einen Ver-
trag mit Pathfinder Multimedia (Horizon), und die
greifen manchmal hart gegen ihre Freizeitaktivi-
täten durch. Sie vermeidet (auf eigenen oder auf
deren Wunsch) jede Verbindung zwischen MoM
und Horizon/Pathfinder. Wenn ihre anderen Inte-
ressen berührt werden, werden immer Veranstal-
tungsorte gewählt, die nicht Horizon gehören, auch
wenn das heißt, dass Konzernskrip aus dem Kon-
zern fließt.
> Horizon hat sich zurückgehalten, solange der Profit nicht
in Gefahr war, aber ihr Krankenhausaufenthalt hat Drehta-
ge gekostet und die Produktion verzögert. Man kann da-
von ausgehen, dass sie härter durchgreifen und vielleicht
sogar bei der Schattengemeinde vorfühlen, um sie unter
Kontrolle zu halten.
> Sunshine
> „Vorfühlen“ trifft es genau. Ich kenne einen Johnson in
Südkalifornien, der normalerweise für Horizon arbeitet
und einen potenziellen Auftrag hat, geheime Treffen zu
stören, die von Kat Berg abgehalten werden. Er sagte, der
Auftrag sei noch nicht aktiv, sollte aber jederzeit erfüllt
werden können, wenn der Bedarf dafür entsteht. Er sagte
auch, dass Ms Johnson-Berg den Auftrag kennt und weiß,
welches Damoklesschwert über ihrem Kopf hängt.
> Kat o’ Nine Tales
DR. WILCOX GRAHAM
• Metatyp: Troll
• Aussehen: Grauweißes Haar, 2,57 m, gekräusel-
te Hörner, Brille mit Drahtgestell (und voll Soft-
ware), bequeme Kleidung
• Aufenthaltsort: London, UK
Die meisten Runner haben bis gerade eben noch
nichts von Graham gehört, weil die meisten ihre
Zeit nicht damit verbringen, die dunkelsten Ecken
der Matrix nach gut formulierten und faktenba-
sierten Arbeiten über die Biologie der Subspezi-
es ingentis und robustus zu durchsuchen. Scheint
superlangweilig, aber Graham veröffentlicht die
Ergebnisse von Studien, die viele der modernen
Annahmen über Trolle und Orks obsolet machen
könnten. Genau deshalb müssen wir Trogs ihn ken-
nen und ihm helfen, weiterzuarbeiten, damit er mit
seinen Ergebnissen an die Öffentlichkeit kommt.
Graham wohnt auf den Britischen Inseln, reist
aber häufig um die Welt und untersucht dabei ver-
schiedene Populationen von Orks und Trollen. Da-
mit will er viele der Mythen über die Subspezies
widerlegen, die durch voreingenommene Untersu-
chungen und öffentliche Aussagen in den frühesten
Tagen der UGE und den folgenden Jahren der Un-
terdrückung und des Hasses gegen Metamenschen

entstanden waren. Seine Studien sind nicht auf die
Nationen der Ersten Welt wie die UCAS oder die
Trollrepublik Schwarzwald beschränkt, sondern
widmen sich auch den wachsenden afrikanischen
Stämmen im Kongo und in Nigeria, den Bewohnern
der südamerikanischen Slums, den ausgestoßenen
Oni Japans, den Reiternomaden Zentralasiens und
den Orks und Trollen, die in der ganzen Welt un-
ter anderen Metatypen leben. Seine ausgedehnten
Reisen und Forschungen werden von denen unter
uns in den Schatten ermöglicht, die seine Sache
unterstützen, aber von denen behindert, die fürch-
ten, „dass das Licht der Wissenschaft die trüben
Schatten der Unwissenheit vertreibt“. Das waren
seine genauen Worte. Sie klingen vielleicht pathe-
tisch, aber er glaubt fest daran, dass das Studieren
der Realität und das Finden von Wahrheiten statt
der Verbreitung von Hass und haltlosen Meinungen
die Metamenschheit der Welt vereinen und ihre
Beziehungen verbessern können.
Graham vergibt zwar selbst keine Jobs (er ist viel
zu introvertiert, um ein Johnson zu sein), geht aber
bei den Jobs in seinem Auftrag häufig selbst mit ins
Feld. Ab und zu gibt es Datendiebstähle und Mega-
konzernspionage, die er den Profis überlässt, aber
wenn er mit Leuten reden, unbeeinflusstes Verhal-
ten beobachten oder Situationen schaffen muss, in
denen er Reaktionen und biochemische Interakti-
onen beobachten kann, ist er immer selbst dabei.
Für manche Teams ist das inakzeptabel. Sie wollen
keine Zivilisten oder Mitarbeiter von außen, weil
das Risiko des Betrugs, der Bedarf an zusätzlicher
Sicherheit oder andere Schwierigkeiten entstehen.
Meistens informiert Graham den Schieber oder
Johnson im Vorfeld darüber, damit kein Zeitverlust
entsteht, aber manche Jobs finden in unbekannten
Städten mit unbekannten Mitarbeitern statt. Seid
also gewarnt: Wenn sich Graham an euer Team
wendet, kann es gut sein, dass ihr ihn mitnehmen
müsst. Die gute Nachricht ist, dass er das schon
eine ganze Weile lang macht und weiß, wie man
in Deckung geht. Das Schlechte ist, dass er neugie-
riger ist als ein Sack voll Katzen und es manchmal
mit ihm durchgeht. Er tendiert auch dazu, alle Orks
und Trolle im Team um die Teilnahme an seiner Stu-
die zu bitten, was zu langen Tiefeninterviews zu
allen möglichen Themen führt, über die die mei-
sten Runner nicht gerne sprechen. Und dann will er
noch, dass sie während des Runs Troden und einen
Vitalmonitor tragen.
> Ein paar seiner Jobs drehten sich ausschließlich um For-
schung. Die Teams bestanden komplett aus Trollen und
Orks, und er machte sich über alles Notizen: von der Zu-
stimmung oder Ablehnung von Vertragsbestimmungen
über das Verhalten des Teams während des Runs bis hin
zu den Dynamiken innerhalb des Teams und dem Umgang
mit Außenstehenden. Seine Arbeit betrifft biologische und
soziale Elemente. Ich habe einige seiner Studien gelesen,
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
und seine Ansichten laufen konträr zu allgemeinen Vor-
stellungen, sind aber statistisch akkurat und decken sich
mit den Ergebnissen, zu denen ich selbst bei ähnlichen
Studien gelangt bin.
> Butch
Grahams größtes Hindernis ist, dass er weiß, dass
die Welt, in der wir leben, nicht vom Intellekt, son-
dern vom Profit gelenkt wird. Die Mächte der Welt
nutzen immer diejenigen Vorgehensweisen, die die
Arbeiter und Durchschnittsbürger auf Linie halten.
Ein paar Konzerne haben leicht andere Ansichten,
aber auch sie sehen ihre Aufgabe nicht in der Wis-
sensverbreitung. Horizon verschafft seinen Leuten
ein Gefühl des freien Willens, aber tatsächlich ver-
stärken diese dabei nur wechselseitig ihre Ignoranz,
Angst und Selbstsucht. Im Moment hat Graham bei
Evo den größten Erfolg, aber deren jüngste Schwie-
rigkeiten haben dazu geführt, dass sie sich einbun-
kern. Und sie wollen noch keine Neuerungen bei
ihrer Ausbildung einführen, obwohl die Evo-Bürger
zu den am häufigsten von Graham untersuchten
gehören. Im Moment muss er einfach seine For-
schungen weiterführen, und dafür braucht er ab
und zu ein Unterstützungsteam, Bodyguards, wenn
die Bedrohung zu groß wird, und viele Forschungs-
subjekte, um sein Wissen auszubauen.
> Damit ihr eine Vorstellung von den kontroversen (und
wissenschaftlich gestützten) Vorstellungen bekommt, die
Graham verbreitet, nenne ich hier drei wunderbare Er-
gebnisse, die eure Weltsicht erschüttern könnten. 1) Die
Lebenserwartung von Trollen ist größer als ursprünglich
angenommen. Wesentlich größer. Umweltbedingungen
und Lebensumstände waren die Hauptgründe für die frü-
heren falschen Daten, aber die Vorstellung von der kurzen
Lebenserwartung ist tief verankert und schwer zu ändern.
2) Die durchschnittliche Lebenserwartung von Orks wird
extrem von den Umweltbedingungen und gesellschaftli-
chem Druck beeinflusst. Sie ist ein direktes Ergebnis er-
höhter Stresshormonspiegel und schädlicher Substanzen
wegen Verschmutzung von Luft und Wasser. Die Stämme
Zentralasiens, die weitab von umweltverschmutzenden
Fahrzeugen und Fabriken leben, zeigen deutlich erhöhte
Lebenserwartungen. Sie bleiben bis ins Alter von sechzig
Jahren gesund und fit, statt bis vierzig wie in urbanen Um-
gebungen. 3) Die globale Ork-Population nähert sich ra-
send schnell jener der Menschen an. Orks könnten bis zur
Jahrhundertwende zum dominierenden Metatyp werden,
wenn dieses Wachstum anhält.
> Butch
> Orks aller Welt: Vereinigt euch!
> Slamm-0!
> Es gibt viele Orte auf der Welt, wo sie das versuchen. Aber
weil Geld die Hauptquelle der Macht unserer modernen
Welt ist und Orks nur etwa 0,8 Prozent des Finanzvermö-
gens kontrollieren, ist es schwer, sich durchzusetzen oder
<< TROG-HELDEN 103
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
auch nur einen Schritt von dort aus weiterzukommen, wo
man angefangen hat. Selbst wenn alle Orks der Welt als
Ork-Nation zusammenleben wollten und sich in einer sehr
unwirtlichen Gegend ansiedelten, die sie gratis haben
könnten, hätten sie immer noch zu wenig Beziehungen
und Infrastruktur, um sich als Nation zu entwickeln.
> OrkCE0
> Aber es gibt einige Leute, die wir hier aufgeführt haben,
die dabei zu helfen versuchen. Und es gibt Gary Cline.
Horizon kann unser Megakonzern sein. Evo wäre wahr-
scheinlich auch nicht abgeneigt.
> Snopes
> Atmet mal tief durch, lest noch mal diese Menge an un-
begründetem Optimismus in diesem Posting und kommt
wieder zur Besinnung.
> Clockwork
ORXANNE
• Metatyp: Ork
• Aussehen: Schwarzes, schulterlanges Haar, 1,79
m, athletisch
• Aufenthaltsort: Los Angeles, PCC; weltweit (auf
Tour)
Rigger X hat 2073 im Lifestyle-Download von ihr
berichtet, also wiederholen wir hier nicht viel da-
von. In den letzten fünf Jahren wurde ihr Status als
Heldin ihres Volkes nur noch weiter gefestigt. Was
mit ein paar Aufträgen hier und da für Runner als
Sicherheitsleute begonnen hatte, hat sich langsam
zu längeren Operationen ausgeweitet, durch die
sie Wejoto Records aufbauen und schützen, neue
Talente entdecken und sich gegen zahllose Feinde
aus Gesellschaft und Konzernwelt wehren will. Die
Aufmerksamkeit für ihre Sache ist gewachsen, und
ebenso ihre Ziele, für eine stärkere Gleichberechti-
gung für Orks und Trolle zu sorgen.
Von ihrem großen Schreibtisch bei Wejoto
aus hat sie es geschafft, ein weltweites Netz an
Connections aufzubauen. Die Kultur der Orks und
Trolle ist zwar nicht weltweit einheitlich, aber ein
paar vereinende Prinzipien waren schon immer
vorhanden. Respekt muss man sich verdienen.
Man kann nicht damit rechnen, von der Welt ak-
zeptiert zu werden. Überall, wo sie ihre Fühler aus-
streckte, ergab sich dasselbe Bild. Man konnte sich
Respekt nicht einfach durch brutale Gewalt verdie-
nen, sondern nur durch einen Kodex, der manch-
mal Gewalt beinhaltete, die aber immer kontrol-
liert war. Niemand hatte das Gefühl, von der Welt
als besondere Person anerkannt werden zu sollen.
Man musste einfach tun, was man tat, und dabei
einem Ehrenkodex folgen, der manchmal Gewalt
beinhaltete.
104 TROG-HELDEN >>
Thorben Lange (Order #29309514)
Aber der Schreibtisch war nicht gut genug. Viel zu
oft fielen Jobs Leuten zu, die nicht die Stärke hat-
ten, das Gewicht der Ork-Ehre zu tragen, oder nicht
verstanden, was nach einem Verstoß gegen den
Kodex erwartet wurde. Orxanne hatte das Gefühl,
sich persönlich um diese Angelegenheiten küm-
mern zu müssen. Sie begann eine Welttour, kün-
digte die genauen Daten aber erst zwei Monate im
Voraus an. Die Vorbereitung einer Stadt oder eines
Veranstaltungsorts auf ihre Ankunft wurde zu einer
großen Sache, weil sie nur wochenweise neue Ter-
mine bekanntgab. Dann arbeitete sie vor und hinter
den Kulissen an der Planung der Jobs in der jewei-
ligen Stadt. Wenn es Probleme gibt, veranstaltet
Orxanne auch Auftritte vor kleinem Publikum mit
sehr kurzer Vorlaufzeit, um mit ihren Leuten in Kon-
takt zu bleiben. Immer gibt es dabei Schattenarbeit,
und zusätzlich werden Runner als Sicherheitsleute
für sie engagiert.
Sie hat mehr Anschläge überlebt als die meisten
Diktatoren der Dritten Welt, aber sie lässt sich nicht
entmutigen. Sie glaubt wirklich an eine vereinte Welt
der Orks und Trolle, und sie verbindet Trogs aus aller
Welt durch eine Musik mit Bedeutung. Sie kommt
immer näher daran, sich den Titel zu verdienen, den
ihre Feinde ihr verpasst haben, den sie aber wirklich
genießt: „Schlampenkönigin der Trogs“.
> So sehr es danach aussieht, als würde sie eine globale
Ork-Gemeinde aufbauen, so gewaltig sind die Schwie-
rigkeiten durch die Medienoffensiven der Konzerne. Wir
können es so klingen lassen, als würde sie die Trogs der
Welt zu ihren Fahnen rufen, aber meistens wird in den
Nachrichten nur von „Ruhestörung und Gewalt“ während
ihrer Konzerte berichtet. Die Medienkonzerne lieben Orx-
ploitation, aber sie zeichnen für ihre Bürger das Bild von
Wejoto als einer Art düsterem Goblin-Kult in Gestalt eines
Musiklabels.
> Sounder
> Was kein Problem darstellt. Die Konzertsicherheitsleute
schicken beim Einlass Dutzende Konzernsicherheitsteams
weg, die ihre Bürger verfolgen, die sich ohne Erlaubnis
vom Konzerngelände entfernt haben. Das Publikum ver-
folgt die Auftritte ihrer Künstler über das Öffentliche Gitter
(igitt), und häufig geht die Gewalt von Humanis-Schlägern
aus. KSAF hat Dutzende Liveübertragungen von Wejo-

to-Shows gemacht, die immer zeigen, dass der erste Stein
– und der zweite, dritte, vierte und so weiter – von Leuten
mit glatter Haut und ohne Hauer geworfen wird.
> Snopes
KÖNIG ALFONSO XIII.
VON SPANIEN
• Metatyp: Oger
• Aussehen: Braunes Haar, 2,20 m, gestutzter
Kinnbart, königliche Haltung
• Aufenthaltsort: Madrid, Spanien
König Alfonso XIII. ist der erstgeborene Sohn des
ehemaligen Königs Felipe VI. und wurde zu Be-
ginn der Goblinisierung 2022 geboren. Sein unter-
schiedliches Aussehen wurde als Abnormität, als
Zeichen der Sünde und schwarzer Fleck auf der Dy-
nastie der Bourbonen angesehen. Das Königspaar
wollte ihn nicht töten, wie es mit so vielen Trogs auf
der ganzen Welt geschehen war. Stattdessen über-
gaben sie ihn dem Herzog von Alba zur Erziehung
als eigenen Sohn, wodurch die wahre Herkunft des
Kindes verborgen wurde. Ein paar Jahre später wur-
de Alfonsos jüngerer, menschlicher Bruder Juan
Carlos geboren und als Erbe des spanischen Throns
aufgebaut.
Alfonso wuchs hinter einem Schleier des Geheim-
nisses auf, weil er zwar offiziell Teil der spanischen
Aristokratie war, aber dennoch ein Oger in einem
Land, das selbst heute noch für seinen Rassismus
berüchtigt ist. Er wurde in Internate geschickt, zu-
erst nach Griechenland und schließlich nach dem
Crash 2029 und dem Beginn der Eurokriege in die
Vereinigten Staaten. Sein verschlossenes Wesen
entstand aus der Notwendigkeit heraus und wurde
durch ein Leben voller Furcht und Erniedrigung als
Unerwünschter gestärkt. Alfonso hat beinahe sein
ganzes Leben in dem Glauben verbracht, der Sohn
des Herzogs von Alba zu sein – adelig, aber nicht
aus dem Königshaus.
Er verbrachte die gesamten Eurokriege in ameri-
kanischen Internaten und versäumte dadurch die
schlimmsten Auswüchse von Rassismus, religiös
und kulturell geprägtem Hass und Engstirnigkeit,
die seine Heimat verwüsteten. Stattdessen erlebte
er die Angst und den Hass, die in den USA und spä-
ter den UCAS wüteten. Er erlebte auch die Macht
der Metamenschen, die zurückschlugen. Er erleb-
te, dass in den UCAS ein Verfassungszusatz verab-
schiedet wurde, der festlegte, dass Metamenschen
Menschenrechte haben und Menschen in Rech-
ten und Pflichten völlig gleichgestellt sind. Und er
hörte Geschichten über den Widerstand der Me-
tamenschen in all seinen Formen. Er wuchs unter
anderen gelehrten Metamenschen auf – allesamt
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
waren sie nicht wirklich erwünscht, aber dennoch
wurde erwartet, dass sie ihrer Abstammung und
ihrem Potenzial als Erwachsene alle Ehre machten.
Schließlich kam Alfonso nach Europa zurück, ging
in Spanien und England zur Schule und ließ sich
danach wieder in Spanien nieder. Nach dem Tod
König Felipes VI. am 5. Mai 2063 wurde Alfonso
von der Enthüllung überrascht, dass er in Wirklich-
keit dessen Erstgeborener und damit rechtmäßiger
Thronfolger Spaniens war.
> Es gibt keine Indizien dafür, dass Alfonso die Wahrheit von
seinem Adoptivvater oder jemandem bei Hofe erfahren
hat, der eingeweiht war. Das deutet auf gewisse Gestal-
ten im Geheimdienst hin, was seltsam ist, weil Spaniens
Spione selbst innerhalb der Regierung als berüchtigte
Hardliner galten. In Wirklichkeit schien diese Enthüllung
zu dieser Zeit niemandem zu nutzen, weil Spanien bereits
an der Schwelle zur Explosion rassistischer Gewalt stand,
noch bevor Alfonso seinen Anspruch auf den Thron erhob.
Nachdem Juan Carlos seinen Anspruch zurückgezogen
hatte und König Alfonso gekrönt worden war, wurde al-
les nur noch schlimmer. Der Crash 2.0 erwies sich als das
Beste, was Spanien passieren konnte.
> Fianchetto
Zehn Wochen lang hatten sich alle Spanier und an
Spanien Interessierten entweder auf die Seite von
Alfonso oder die von Juan Carlos geschlagen. Dann
zog Juan Carlos seinen Anspruch auf den Thron
Ende Juli zurück. Papst Johannes XXV. krönte König
Alfonso XIII. am 1. Januar 2064. Als Prinz Juan Car-
los seinen Anspruch zurückgezogen hatte, waren
die Schatten und die spanische Gesellschaft noch
beunruhigter, als sie es vor oder während der Krise
gewesen waren. Eine der rassistischsten Nationen
der Welt sollte einen Metamenschen als Staats-
oberhaupt bekommen.
Dieses Resultat lag in nicht geringem Ausmaß
an einem Zusammentreffen interner Ränkespiele
der spanischen Regierung, der spanischen Kirche,
des Vatikans und einiger Megakonzerne in der
NEEC – vor allem Aztechnology. Ein überraschen-
der Mitspieler bei alldem war Cross Applied Tech-
nologies. Die Nachbeben von Nachtmeisters Tod
durch Lofwyrs Krallen zogen den Konzern tiefer in
die europäischen Schatten hinein, als er es jemals
gewollt hatte. Zum ersten und letzten Mal waren
sich CATCo und Ares einig – sie wollten einen Bür-
gerkrieg in Spanien verhindern. An der Oberfläche
herrschte Frieden, obwohl in den Schatten gehetzt
wurde, und die politischen und sozialen Auseinan-
dersetzungen machten immer kurz vor dem Aufruf
zur Gewalt halt.
> Einige der Seraphim unterstützten Alfonso damals als
„freiwillige“ Bodyguards und Berater und sind immer
noch am Hof.
> Thorn
<< TROG-HELDEN 105
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
Am 2. November 2064 schaltete Lofwyr die
europäische Matrix als Reaktion auf die Nachwir-
kungen von Winternights Terrorangriffen und auf
das Chaos in der Matrix, das zum Crash 2.0 führte,
ab. Spanien war völlig von der Matrix getrennt.
Das war ein Schock: Spanien war nicht immer der
fortschrittlichste Staat der Welt, aber einer der grö-
ßeren und besser vernetzten. Angst und Chaos
führten zu Gewalt, und Gerüchte, die durch lange
andauernden Hass und Verdächtigungen genährt
wurden, dienten dafür, wie in anderen Gegenden
der Welt, als Auslöser. König Alfonso XIII. bewährte
sich in dieser Situation, mahnte zur Ruhe und bean-
spruchte Notstandsvollmachten. Es war keine Krise
der Regierung oder Gesellschaft, es war eine glo-
bale Krise, und Spanien musste vereint zusammen-
stehen oder untergehen. Es war kaum zu erwarten,
dass Militär oder Polizei seinen Anordnungen als
Regierungschef gehorchen würden, weil die spa-
nische Monarchie zu diesem Zeitpunkt seit 89 Jah-
ren nur noch eine repräsentative Funktion gehabt
hatte. Weder Alfonsos Großvater noch sein Vater
hatten in einer der Krisen, die sie erlebt hatten,
nach der Macht gegriffen. Der König erachtete das
als Fehler, der dafür verantwortlich war, dass Spa-
nien in einer solchen Krise steckte. Das Land war
der NEEC und den Megakonzernen auf Gedeih und
Verderb ausgeliefert – so weit, dass Lofwyr Spani-
ens Gitter von Essen aus abschalten konnte.
Erstaunlicherweise gehorchten Militär und Polizei
Alfonsos Befehlen. Vielleicht war es die Kirche, die
sie zum Gehorsam brachte. Vor Kurzem war Kardi-
nal Estrellas gestorben und durch den viel libera-
leren Kardinal Godó von Barcelona ersetzt worden.
Godó stand auch für eine schweigende Menge, die
viele Leute – vor allem Außenstehende – während
dieser Spannungen übersehen hatten: das katala-
nische Volk. Katalonien ist das Rückgrat der Wirt-
schaft und hatte dennoch zugelassen, dass sich
das restliche Spanien jahrzehntelang selbst zer-
fleischte, bis die Zeit reif war und die Mächte im
Hintergrund sich auf die Seite des Königs stellten.
Die Konzerne sahen das als Zeichen, beugten sich
und unterstützten jemanden, den sie für einen
Technokraten hielten, der zwar linksgerichtet war,
aber etwas vom Regieren dieses Landes verstand.
Als die Matrix wiederhergestellt war, nahm Kö-
nig Alfonso sein Edikt zurück, mit dem er die Macht
ergriffen hatte, verlangte aber zugleich, dass das
spanische Volk sich seiner Geschichte und den
möglichen Konsequenzen von Vorurteilen und
Konflikten, die das Land spalteten, stellte.
SPANISCHE IDENTITÄT
Die Spanier verloren die Kontrolle über ihren letz-
ten AA-Megakonzern, als Johnny Spinrad Sol Me-
dia vollständig übernahm. Die Fusion zwischen Me-
106 TROG-HELDEN >>
Thorben Lange (Order #29309514)
ridional und Renault-Fiat verschob die Kontrolle zur
französischen Mehrheit. Die Banco Español wird
vom Frankfurter Bankenverein und dem Vatikan
kontrolliert, was auch die Rechten in Spanien, be-
sonders in der Kirche, neutralisierte, als Rom die-
sen Einfluss benutzte, um die liberalen Kleriker von
Papst Johannes XXV. statt der rassistischen und/
oder konservativen Verbündeten Estrellas zu in-
stallieren. Inzwischen ist es für Spanien und König
Alfonso als Staatsoberhaupt ein zusätzliches Pro-
blem, dass die NAN und die indigenen Nationen in
Lateinamerika wegen Spaniens Kolonialgeschichte
wirtschaftlich und politisch aggressive Feindselig-
keit zeigen. Schließlich hat der Beinahezusammen-
bruch der Banco Español Spaniens konservativste
Elemente in eine prekäre Lage gebracht, weil sie
dabei die größten Verluste einstecken mussten. Die
spanischen Kardinäle, die jahrzehntelang gegen
den Vatikan agitiert hatten, mussten sich jetzt zu-
rückhalten, weil es von Rom abhing, ob die Lichter
weiter brannten und der Besitz erhalten blieb.
> Theoretisch könnten Gaeatronics und Spanien das Beste
aus den Solar- und Windkraftanlagen der Firma machen,
indem sie in ganz Spanien und auch in Teilen Nordafrikas
gebaut würden, wo Spanien – wie zum Beispiel in Marok-
ko – großen Einfluss hat. Aber Gaeatronics hat sich die-
sem Geschäft einfach verweigert. Stattdessen profitieren
die Spanier stark von Shiawases billigen Atomreaktoren.
Tatsächlich wurde der Umstand, dass Gaeatronics öko-
nomisch und politisch hätte profitieren können, dadurch
aufgewogen, dass die Leitungsebene, zusammen mit einer
lautstarken Minderheit im Souveränen Stammesrat, Spa-
nien und Portugal einfach ausgelöscht sehen will.
> Ecotope
Spaniens Beziehung zu Aztechnology ist ange-
spannt, weil sich König Alfonso lautstark über Un-
terdrückung und Feindseligkeit beschwert hat, de-
nen Katholiken und andere Christen von Big A in
Aztlan, den aztlanisch besetzten Gebieten und in
von Aztechnology beherrschten Regionen ausge-
setzt sind. Auch die Schwächung der traditionellen
Bande zwischen Spanien und Lateinamerika durch
die Einführung von Neo-Nahuatl statt Spanisch und
andere Veränderungen im Konzern belastet die Be-
ziehungen. König Alfonso ist ein strenggläubiger
Katholik, wurde aber durch seinen Aufenthalt in
Nordamerika zu einem Anhänger der linksgerich-
teten Befreiungstheologie und hat vor dessen Tod
den liberalen Papst Johannes XXV. und danach sei-
nen Erwachten Nachfolger Sixtus VI. offen unter-
stützt.
Es ist allerdings fraglich, wie viel Energie Alfonso
noch in seinen Kampf stecken kann, weil der König
und das spanische Volk ehrlich gesagt erschöpft
sind. Der Konflikt darüber, dass König Alfonso ein
Oger ist, die tiefer werdende Kluft zwischen Katho-
liken und Nicht-Katholiken und die Anstrengung,

innerhalb eines Europas zu wachsen, das Spanien
manchmal ignorieren will, sind kräfteraubend. Der
Prozess der Aufarbeitung und Versöhnung schreitet
voran, weil immer, wenn er zu stocken scheint, eine
neue Krise auftaucht und die Standhaftigkeit des
Volkes auf die Probe stellt. Es liegt zum Teil an die-
sem Stress und zum Teil an seinem eigenen Glau-
ben, dass König Alfonso XIII. seine Monarchie am
Beispiel der Regentschaft von Alfonso X. ausrich-
ten will. Alfonso der Weise leitete selbst während
der Reconquista gegen die Mauren in Granada eine
historische Periode der Toleranz und Offenheit ein.
Alfonso XIII. hat deutlich gemacht, dass er Spa-
nien für eine Offenheit bekanntmachen will, die
der von Kastilien in den Tagen Alfonsos X. gleicht
(tatsächlich wurde Kastilisch durch Alfonso X. zur
Landessprache Kastiliens und später Spaniens). Er
will die Koexistenz aller Religionen – vor allem von
Christentum und Islam –, aller Metatypen, der Er-
wachten, der Digital Erwachten und sogar der Me-
tasapienten und synthetischen intelligenten We-
sen erreichen. Dieses Vorhaben macht Fortschritte,
kann aber kräftezehrend sein.
Eine Sache, die König Alfonso nicht unterstützt,
ist die Regionalautonomie. Die Katalanen konnten
ihre übermäßige Stärke nicht dazu verwenden, grö-
ßere Unabhängigkeit zu erlangen – es wurde von
ihnen erwartet, dass sie durch ihre Hilfe den Rest
des Landes voranbrachten. Genauso wurden die
Freiheiten einiger autonomer Regionen wie Galizi-
ens und Andalusiens eingeschränkt. Das war wahr-
scheinlich der offensichtlichste Auslöser dafür,
dass die Megakonzerne den König unterstützten.
Sie erwarteten, dass ein Linker, insbesondere einer
mit toleranten, aber ultranationalistischen Einstel-
lungen, die Zentralisierung der Regierung, Wirt-
schaft und Gesellschaft als Reaktion auf eine Krise
stark vorantreiben würde. Aus ihrem Blickwinkel
scheint ein einzelner Anführer leichter kontrollier-
bar als ein Dutzend davon. Spanien ist der älteste
„moderne“ Nationalstaat der Welt, und die wich-
tigste Rolle des Königs ist, ungeachtet aller Idea-
le, das Fortbestehen des Staates zu sichern und zu
bewahren.
Interessant entwickelten sich die Beziehungen
zwischen Spanien und Euskal Herria. Das Basken-
land überwand den Crash 2.0 mit einigen Mühen
und wurde noch abhängiger von den Megakon-
zernen, was so weit ging, dass man sich die Frage
stellte, ob eine Unabhängigkeit von Spanien und
Frankreich als Vasallenstaat der Großen Zehn er-
strebenswert war. Die Technomancer- und KI-Krise
der Jahre 2071 und 72 vergrößerte noch diese Sor-
gen für einen Staat, der auf seine technische Fort-
schrittlichkeit und Offenheit stolz war. Die KFS-Kri-
se scheint der letzte Sargnagel eines unabhängigen
Baskenlandes geworden zu sein. König Alfonso
und die spanische Regierung haben die Basken of-
fiziell dazu eingeladen, sich wieder dem Königreich
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
anzuschließen. Einige Megakonzerne haben Inte-
resse und Unterstützung für diese Idee zum Aus-
druck gebracht – besonders MCT, die größte und
einflussreichste Macht von außen. Auch andere
Staaten der NEEC und die Vereinten Nationen ha-
ben ihre Unterstützung zugesagt, Euskal Herria aus
der katastrophalen Lage zu helfen, in der sich das
Land befindet.
DER KÖNIG UND DER WEBER
Johnny Spinrad ist zum größten Verbündeten Alfon-
sos unter den Konzernlenkern geworden. Das ver-
schafft ihm einigen Einfluss, macht ihn gleichzeitig
aber zu einem ärgerlichen Mühlstein am Hals des
Königs. Der König und seine politischen Verbün-
deten setzten Sol Media und die Familie Vasquez
stark unter Druck, damit Spinrad Industries endlich
einen Konzern übernehmen konnte, den Johnny als
Erzfeind betrachtete. (Sol Media veröffentlichte die
Berichte, die Spinrads Unternehmen 2051 beinahe
vernichteten, und seither verlangt er nach Rache.)
Jedenfalls erstreckt sich sein Reich in Europa von
Lissabon bis Nizza, und das macht Spanien in vie-
lerlei Hinsicht zum Herz seiner Konzernaktivitäten.
Es liegt im ökonomischen Interesse des Landes,
Spinrad und Global Sandstorm gegenüber so gast-
freundlich wie möglich zu sein. Aber ökonomischer
Erfolg reicht nicht automatisch aus, um die jahrhun-
dertealte Rivalität zwischen Portugal und Spanien
zu überwinden, und auch die veränderte Bezie-
hung Spaniens zum Islam und zum Nahen Osten
spielt eine Rolle.
Spinrads Übertritt zum Islam schadete seinem
Bild in Spanien (und generell in Südeuropa). König
Alfonsos Freundschaft hat sie beide für die Rechten
in Spanien noch mehr zur Zielscheibe gemacht, vor
allem weil der König bereits für seine linksgerichte-
ten Ansichten über Politik und Religion bekannt ist.
Die Konvertierung hat allerdings beiden Männern
unter den spanischen Muslimen geholfen und wird
als zunehmend vorteilhaft für Renault-Fiat-Meridi-
onal angesehen.
Global betrachtet erscheint Spinrad Industries
vielen Spaniern als neues portugiesisches Welt-
reich. Portugal und Spanien haben ihre wechselsei-
tige Unabhängigkeit über tausend Jahre lang streng
gewahrt, auch wenn sie kurz unter einem König
vereint waren. Portugal wollte einmal den kastili-
schen Thron beanspruchen, bevor die katholischen
Monarchen Spanien einigten, und in Westspanien
hat man nicht vergessen, dass Portugal vor der Ero-
berung durch die Mauren die Westgrenze Kastiliens
bildete. Die Familien, die Portugal regieren, haben
heute durch Spinrads eigene Unternehmen und
den Erwerb von Lusiada direkten Einfluss auf das
Leben von Millionen Spaniern. Das hat rechte Nati-
onalisten und Magiehasser dazu gebracht, von ei-
<< TROG-HELDEN 107
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
ner Freimaurerverschwörung zu sprechen (was das
Gespenst der Schwarzen Loge heraufbeschwört),
die Spanien destabilisieren und unter die Kontrolle
der Erwachten Herren der Welt stellen will. Diese
werden vom Antichristen (Papst Sixtus VI., dem li-
beralen, satanistischen Islamophilen auf dem Stuhl
Petri) angeleitet. Das alles lässt sich bis zum portu-
giesischen König Heinrich dem Seefahrer zurück-
verfolgen, der die ozeanischen Erkundungsfahrten
und die Geburt des portugiesischen Imperiums
einleitete und ein Großmeister des Templerordens
war.
> Das ist nicht nur belangloses Lokalkolorit als Würze für
dieses Thema. Es gibt mächtige Leute in Spanien, die das
wirklich glauben, und es liegt sehr in ihrem Interesse, die-
se Geschichte als Futter für die Ultranationalisten, Mago-
phoben, Metahasser und anderen üblichen Verdächtigen
weiterzuverbreiten. Die beiden größten rechten Parteien
in Spanien sind der Partido Monárquico (Monarchisten)
und der Partido Militar (Militaristen), die den König zutiefst
verabscheuen, weil er ein Oger ist, aber gleichzeitig ihre
Parteiidentität auf die Monarchie stützen.
Die Militaristen haben die größeren Schwierigkeiten,
weil der Generalstab immer stärker den Konzernen und
der NEEC zuneigt und immer weiter in deren Strukturen in-
tegriert wird. Schließlich haben die internationalen Orga-
nisationen tatsächlich gute Verwendung für ihn. Das aber
hat jede Hoffnung der Partei darauf zunichtegemacht, dass
das Militär als nationalistische Verteidigungslinie gegen
Bedrohungen von außen und innen in Stellung gebracht
werden kann, selbst wenn das ein Ende der königlichen
und/oder zivilen Regierung bedeutete, wie das vom türki-
schen Militär im vorigen Jahrhundert vorexerziert wurde.
Daher ermöglichen die Behauptungen bezüglich aus-
ländischer magischer Einmischung und Herrschaft über
diese Institutionen den beiden Parteien, ihre Standpunkte
dadurch zu erhalten, dass sie behaupten, die Institutio-
nen selbst würden scheitern, nicht die Parteien. So sehr
König Alfonso irgendeine Art des Liberalismus predigen
möchte, so wenig profitiert das spanische Volk davon in
offensichtlicher Weise. Defizite wie ein Verlust der Au-
tonomie an die NEEC und die Megakonzerne sowie die
wachsende Ungleichheit zwischen Bürgern, die für die
Konzerne arbeiten, und denen am Rand der Gesellschaft
werden hingegen sehr deutlich sichtbar. Zum Beispiel ist
bei der Frage des Wiederaufbaus von Madrid sehr wenig
die Rede davon, wie sehr die Reichen davon profitieren,
dass neue Stadtteile entstehen, und wie sehr die Bewoh-
ner der Slums und verfallenden Randgemeinden im Zuge
dessen nach Süden abgedrängt würden. Die Leute sind
nicht erschöpft, sie sind wütend.
> Picador
Diese komplexe Wirklichkeit hat die Regentschaft
für König Alfonso XIII. schwierig gemacht. Er ist ein
technokratischer Monarch, der sein Land voran-
bringen will, und er will auch die NEEC und auslän-
dische Megakonzerne davon überzeugen, in Wie-
108 TROG-HELDEN >>
Thorben Lange (Order #29309514)
derherstellung und Modernisierung des Madrider
Sprawls zu investieren, um ihn von einem Schand-
fleck zu einem Vorboten des 22. Jahrhunderts zu
machen. Er versucht, das alles gleichzeitig mit einer
Verbesserung der Umweltstandards in Spanien und
weltweit an der Seite von Leuten wie Gary Grey
und Balaji Padiyar zu erreichen. Seine Bemühungen
müssen trotz der Einschränkungen gelingen, die in
allen Staaten durch die Megakonzerne verursacht
werden, die gegenüber solchen Ideen unfreundlich
oder offen feindselig sind. Er versucht, Offenheit
zu einem Teil der spanischen Identität zu machen
und zugleich seine besondere Version des Katholi-
zismus als Beispiel für den Rest des Landes vorzu-
leben. Er will Toleranz und Offenheit, zeigt aber zu-
gleich einen übersteigerten Stolz darauf, ein Oger
zu sein (wie sein erstgeborener Sohn und Thronfol-
ger, Prinz Iván).
Der König von Spanien zeigt alle Merkmale eines
Bilderstürmers und Demagogen, ist aber auch eine
Repräsentationsfigur. Die repräsentative Aufgabe
bedeutet allerdings nicht, dass er nicht Resultate
liefern müsste, um seine Position zu rechtfertigen.
Vielleicht findet sich die beste Umschreibung sei-
ner Regentschaft in einem Wort, das in der befrei-
ungstheologischen Literatur große Bedeutung hat:
Praxis. Das ist die Kunst, soziale Veränderungen auf
der Basis einer philosophischen und theologischen
Überzeugung zu bewirken. Man muss das Wort
Gottes nicht nur glauben, sondern es auch leben.
Aus dieser Perspektive gesehen ist König Alfonso
XIII. ein Vorbild für seinen Glauben und seinen Me-
tatyp.
ALEXANDER MONAGHAN
• Metatyp: Troll
• Aussehen: Graues Haar, 2,50 m, polierte Hörner
• Aufenthaltsort: Washington, D.C.
Als Angehöriger der oberen Zehntausend von Bo-
ston wuchs Alexander Monaghan für einen Trog
recht privilegiert auf. Zufällig war er im Internat
auch Zimmergenosse eines jungen Mannes, der
als Alfonso XIII. König von Spanien werden sollte.
Als Troll hat er, einfach indem er lebte, Schock und
Schmerz erlebt und litt unter viel Hass. Als Justiz-
minister der UCAS war eine seiner Neuerungen im
Justizministerium die Einrichtung einer Gruppe me-
tamenschlicher Juristen, die nicht ausschließlich für
Bürgerrechtsfragen zuständig sein sollten. Darüber
hinaus brachte er die neuartige Ansicht mit, dass
man die Alltagswirkung von Gesetzen auf Meta-
menschen – besonders auf Orks und Trolle – nicht
danach bewerten sollte, wie Menschen sich an de-
ren Buchstaben hielten, sondern danach, wie gleich
und fair Metamenschen als Folge der Gesetze in

öffentlichen und privaten Bereichen tatsächlich be-
handelt wurden.
Monaghan und seine Unterstützer haben in al-
ler Stille eine Vision für seine Amtszeit entwickelt.
Bürgerrechte basieren zwar auf den unveräußer-
lichen Rechten und Pflichten der Individuen zur
Teilnahme am öffentlichen Leben, aber es sollte
fundamentale gesellschaftliche Rechte für Meta-
menschen, Erwachte und Metasapiente geben,
die darauf beruhen, dass sie einfach völlig anders
sind. Die Regierung müsste also diese angebore-
nen Besonderheiten berücksichtigen, wenn es um
den Schutz der Rechte dieser Bürger gemäß dem
elften und vierzehnten Verfassungszusatz geht. Es
wäre eine Untertreibung, diesen Ansatz nur als un-
orthodox oder überraschend zu bezeichnen. Der
Präsident des Obersten Gerichtshofs Richard Scott
– ein Löwe der Verteidigung der Gleichheit der Me-
tamenschen – ging mit Minister Monaghan hart ins
Gericht, als dieser das Plädoyer der UCAS-Regie-
rung im Fall Moore gegen Maine hielt, in dem es um
Diskriminierung im Zusammenhang mit einer Pen-
sionierung ging. Es sollte angemerkt werden, dass
Monaghan wie der ursprüngliche Kläger am Met-
husalem-Syndrom im Endstadium leidet. Er brach-
te eindrucksvoll vor, dass die Rechtsprechung der
UCAS, die sich auf oberflächliche Gleichheit und
gleiche Bedingungen konzentrierte, damit tatsäch-
lich Metamenschen – besonders Orks und Trolle –
diskriminierte, weil die Anwendung oberflächlich
gleicher, aber in Wirklichkeit benachteiligender Ge-
setze die Bürgerrechte der Metamenschen in den
UCAS behindere und effektiv einschränke. Das Ar-
gument selbst ist zu kompliziert, um es hier auszu-
führen, aber es bedeutet für die Bürger der UCAS
und für die Bürger Dutzender anderer Staaten und
Megakonzerne, die sich an der Rechtsprechung der
UCAS und CAS orientieren, dass es nicht mehr aus-
reichend sein könnte, alle Metamenschen vor dem
Gesetz gleich zu behandeln. Stattdessen müssten
Rechtsträger gegenüber Individuen, die nicht der
Norm (also dem Leben der mundanen, mensch-
lichen Bürger) entsprechen, „vertretbare Zuge-
ständnisse“ machen.
> Es ist schwer vorherzusagen, was passieren könnte, wenn
das Gericht auch nur einigen von Monaghans Argumenten
bei der Entscheidung von Moore gegen Maine folgt. Der
Oberste Gerichtshof hat die Bürgerrechte bisher nur unter
den Gesichtspunkten der freien Teilnahme am Wirtschafts-
leben und der Ausübung politischer Rechte (wie des Wahl-
rechts) betrachtet. Selbst die ziemlich eindeutigen Worte
der Bill of Rights hängen davon ab, wie man den Gegen-
stand definiert, von dem sie sprechen (das Recht eines An-
geklagten in einem Strafverfahren, illegal beschaffte Be-
weismittel vom Verfahren ausschließen zu lassen, wurde
gerade vor drei Jahren mit knapper Not gerettet).
Dazu muss man sagen, dass der Präsident des Gerichts-
hofs Scott seine eigene Karriere darauf aufbaute, den
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
Grumman-Fall 2036 gewonnen zu haben. In diesem brach-
te er erfolgreich vor, dass Tulsa, Oklahoma, die Verfassung
verletzte, als die Stadt Metamenschen in eigene, unzurei-
chende Schulen getrennt von menschlichen Kindern ab-
schob. Das war das metamenschliche Äquivalent zum Fall
Brown gegen Board of Education, mit dessen Urteil die
Rassentrennung in den USA beendet wurde. Dennoch ist
die fundamentale Annahme in sämtlicher Rechtsprechung
zu Bürgerrechtsangelegenheiten in den UCAS, dass alle
gleich sind, wenn bestimmte Merkmale ignoriert werden.
Monaghans Argument, das vorher noch nie die Position
der UCAS war, ist, dass Metamenschen untereinander so
verschieden sind, dass eine Gleichbehandlung vor dem
Gesetz bedeuten würde, dass die Exekutive das Gesetz
in diskriminierender Weise anwenden müsste, um sicher-
zustellen, dass alle Metatypen denselben Wirkungen des
Gesetzes unterliegen. In der einfachsten Form, die genau
auf diesen Fall zutrifft, möchten die UCAS das Gesetz in
einer Weise anwenden, die alle Metamenschen gleich be-
trifft, und dazu Rücksicht auf die verschiedenen Entwick-
lungsgeschwindigkeiten und Lebenserwartungen unter-
schiedlicher Metatypen nehmen. Das bedeutet, dass Orks
und Trolle früher in den Ruhestand gehen könnten, weil
sie früher sterben, während Zwerge und Elfen Jahrzehnte
länger auf den Ruhestand warten müssten. Unmittelbarer
betrachtet bedeutet es, dass Nahrungsmittelzuteilungen
und Grundleistungen für Orks und Trolle erhöht werden
müssten, weil sie einen höheren Energiebedarf insbeson-
dere in Form größerer Eiweißaufnahme haben. Dagegen
werden sich Nicht-Trogs sicher vehement wehren, weil
sie bereits steigende Nahrungsmittelpreise infolge der
Verschlechterung der landwirtschaftlichen Bedingungen
erleben.
> DangerSensei
> Teilweise haben die neuen Forschungsergebnisse, die
darauf hindeuten, dass die Lebenserwartungen von Trogs
nicht so kurz sind wie erwartet, diese Frage verkompli-
ziert, teilweise aber auch vereinfacht. Wenn die kürzeren
Lebensspannen, die man heute beobachtet, wirklich das
Ergebnis von Armut und schlechter Gesundheitsversor-
gung sind, wird das Behandeln dieser Probleme noch
dringender. Die Möglichkeit des früheren Ruhestandes
könnte dabei allerdings unter den Tisch fallen. Einige Leu-
te glauben, dass die Aktivisten unter den Orks und Trol-
len dieses Druckmittel auf keinen Fall verlieren wollen.
Andere glauben, dass sie so erleichtert sein könnten, der
Verurteilung zum frühen Tod entrinnen zu können, dass die
Frage des Ruhestandsalters für sie keine Rolle mehr spielt.
(Ich glaube, ich sollte „uns“ statt „sie“ sagen, aber journa-
listische Gewohnheiten sind schwer abzulegen.)
> Sunshine
Neben dem Engagement für Bürgerrechte ist
Monaghan außerdem der oberste Jurist der UCAS.
Er hat alle Strafverfahren der Bundesgerichte un-
ter sich, kümmert sich um Zivilrechtsfragen wie
Kartellrecht und Vertragsrecht, ist der oberste ju-
ristische Berater der Präsidentin und Aufseher ei-
<< TROG-HELDEN 109
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
niger Polizeibehörden. Die größte Frage, in die
all diese Funktionen hineinspielen, besteht in der
KFS-Krise und der Quarantäne von Boston. FBI und
IRS bedrängen NeoNET in den letzten Jahren – be-
reits seit der Sprawl zur Sperrzone wurde – stark,
und die ganze Affäre hat für NeoNET und andere
Megakonzerne in den UCAS alles deutlich schwie-
riger gemacht. Niemandem entgeht, dass Monag-
han hier ein persönliches Interesse hat, weil er mit
Leib und Seele Bostoner ist. Er hat sich für befangen
erklärt und die Sache vollumfänglich in die Hände
seines Stellvertreters übergeben, um allen recht-
lichen Fallstricken zu entgehen. Das ändert aber
nichts daran, dass Monaghan selbst höchst interes-
siert ist, was das Gespenst einer Einmischung nicht
verschwinden lässt. Das nutzt den Konzernen, weil
sich eine kritische Phase in den Verhandlungen da-
rüber anbahnt, was die Regierung der UCAS aus
NeoNET und den anderen als Kompensation dafür
herauspressen kann, dass im Grunde eine Metro-
pole vernichtet wurde. Wie gesagt hat Monaghan
die Aufgabe, alle juristischen Angelegenheiten der
Regierung zu leiten. Nachdem fast jeder Teil des Ju-
stizministeriums und des Rests der Regierung mit
NeoNET zu tun hat, gibt es jetzt eine ganze Behör-
de, die als Brandschutzmauer zwischen Monaghan
und der Sache in Boston dient. Das Interessante
daran ist, dass es jetzt eine ganze Behörde voller
Geheimnisse gibt, die jeder wissen will.
Damit hängt ein Konflikt zwischen Monaghan
und dem Wirtschaftsminister Fortune Relf zusam-
men, der sich um rechtspolitische Fragen bezüg-
lich der Großen Zehn und des Konzerngerichts-
hofs dreht, weil das Wirtschaftsministerium jetzt
für rechtliche Fragen im Zusammenhang mit die-
sem Gerichtshof zuständig ist. Das Wirtschafts-
ministerium soll die Aktivitäten von Konzernen
– besonders von Megakonzernen – fördern, Mo-
naghan hingegen findet die Beziehung zwischen
den UCAS und den Megakonzernen innerhalb
des Rahmens der Business Recognition Accords
zunehmend nachteilig. Relf weigert sich, KFS als
Hinderungsgrund für die Abschiebung von Kon-
zernbürgern in ihre Heimatkonzerne gemäß dem
dreizehnten Verfassungszusatz anzuerkennen.
Monaghan und Heimatschutzminister Jenkins be-
stehen auf der Gültigkeit für Asylverfahren. Diese
Auseinandersetzung hat sich ins Weiße Haus und
in den Kongress ausgebreitet und bildet genau
wie Boston ein politisches Thema für die heißer
werdende Vorwahlzeit. Jede Seite versucht, die
andere mit anekdotischen Belegen zu übertrump-
fen, widersprüchliche gesetzgeberische Lösungen
werden gesucht, und zusätzlich entstehen noch
Konflikte und Korruption im Marshals Service.
Monaghan führt auch die Aufsicht über den exe-
kutiven Arm des Wirtschaftsministeriums – und im
geringeren Maße über das FBI, wodurch er in die-
sem Drama mehrere Rollen zu spielen hat.
110 TROG-HELDEN >>
Thorben Lange (Order #29309514)
KFS ist nicht die einzige Quelle für Konflikte mit
dem Wirtschaftsministerium, aber die dramatischste
(und wahrscheinlich die ausschlaggebende für das
Engagieren von Runnern). Monaghan ist ein klas-
sischer Kapitalist und sieht den Profit für die Mär-
kte der UCAS durch die Regelungen der BRA nicht
unbedingt gegeben. Er ist ein Vertreter des Nacht-
wächterstaats, hat aber der Wettbewerbsbehörde
freiere Hand gegenüber den Megakonzernen ge-
geben, um den freien Wettbewerb zwischen den
Megakonzernen unter dem Schutz der BRA und
den A-Multis und Konzernen ohne Einstufung aus
der UCAS zu fördern. Das hat zu einer verstärkten
Aktivität von Justizministerium, FBI und IRS zur In-
formationsbeschaffung und Aufklärung geführt, was
wiederum zu deutlich mehr „vorbeugender“ Gegen-
spionage seitens der Megakonzerne in den UCAS
geführt hat, besonders, wenn sie mit „verrückter“
und „protektionistischer“ Rechtsauslegung konfron-
tiert sind. Außerdem hält die Wettbewerbsbehörde
Anhörungen zusätzlich zu den Gerichtsverfahren
ab, was die Megakonzerne dazu bringt, sich hinter
Monaghans Rücken an den Kongress zu wenden.
Als Antwort darauf hat das Justizministerium seine
eigenen juristischen und schattenhaften Politmanö-
ver gegen sie verstärkt. Monaghan ist ein Verfechter
des amerikanischen Kapitalismus und hat mehrfach
den wirtschaftlichen Erfolg von Ländern hervorge-
hoben, die die BRA nicht vollständig anerkennen
und durchsetzen. Er sieht einen Gegensatz dazu in
dem blinden Anhängen der UCAS am Text der BRA,
wofür sich auch Minister Despain interessiert.
Und schließlich hat das Justizministerium seit
2018 die Jurisdiktion in Denver und den Anglo-Re-
servaten innerhalb der NAN bezüglich der Durch-
setzung verschiedener Vertragsverpflichtungen
unter sich. Seit 2074 findet diese exterritoriale
Zuständigkeit der UCAS für diese Bereiche und
andere Fragen bezüglich der NAN die stillschwei-
gende Zustimmung des Souveränen Stammesra-
tes – der natürlich durch den Vertrag von Denver
eingerichtet wurde. Ich hoffe, ihr erkennt, worauf
das hinausläuft. Einige Reservate haben sich be-
reits aktiv gegen die Verwaltung durch die UCAS
gewendet, und dieser Widerstand umfasste auch
Angriffe auf Bundesagenten. Die Frage wird zusätz-
lich durch Agenten der NAN verschärft, die direkt
und indirekt die Aktivitäten des Justizministeriums
innerhalb der NAN behindern oder die Mechanis-
men der Exekutive oder Konfliktlösung (wie z. B.
Tribunale) unterminieren.
Weil Ghostwalker alle Einmischungen in Denver
von außerhalb zurückweist, hat das zusätzlich zum
Problem der gesteigerten Schattenaktivitäten zwi-
schen den NAN oder Parteien darin und den Regie-
rungen von UCAS und CAS geführt. Das hat auch
innerhalb der UCAS für Probleme gesorgt, weil das
Justizministerium bei lokalen Disputen intervenie-
ren musste, bei denen die NAN oder eine andere

Partei seine exekutiven Pflichten einklagen konnten.
Meistens kommt das innerhalb von Grenzregionen
zum Tragen, wenn es um Reisefreiheit geht und zu-
gleich noch Bürgerrechte und andere Bereiche wie
das Wettbewerbsrecht betroffen sind. Immer mehr
Konzerne aus den NAN und sogar einige aus dem
Tír wenden sich an das Justizministerium oder dro-
hen mit seiner Einschaltung, um ein Druckmittel
gegenüber Staats- oder Lokalverwaltungen zum
Erreichen von Steuersenkungen oder Subventionen
in die Hand zu bekommen. Monaghan hat seine
Neutralität in dieser Frage ausgedrückt und gesagt,
dass Gesetze einfach durchgesetzt werden müs-
sen, besonders wenn es um die Sicherung eines
„freien“ Marktes geht. Hinter den Kulissen sucht er
allerdings die Unterstützung des Kongresses, um
bestehende Gesetze zugunsten von UCAS-Kon-
zernen zu verändern, weil bestimmte Vertragsver-
pflichtungen mittlerweile nicht mehr wichtig sind.
BALAJI PADIYAR
• Metatyp: Ork
• Aussehen: Ergrauendes schwarzes Haar, 2,10 m,
geschwärzte Hauer
• Aufenthaltsort: Kalkutta, Indische Union
Der frühere indische Außenminister, UNO-Gene-
ralsekretär (2055-2070) und Konzern-CEO ist zum
globalen Botschafter in Sachen Metamenschen-
rechte, Verantwortung der Megakonzerne und
der Überschneidung zwischen diesen beiden Be-
reichen geworden. Padiyar wurde 2060 auf dem
Höhepunkt der Konzernkriege dieser Zeit immer
bestürzter über die ungezügelte Gewalt der Me-
gakonzerne in diesen Konflikten. Er musste sogar
erfahren, dass seine Firma Ganges Softworks in
Verbindung mit dem „terroristischen“ Bombenan-
schlag stand, dem Richter Chandria zum Opfer fiel,
der für Renraku im Konzerngerichtshof saß, und
bei dem sein Freund und Verbündeter, der indische
Handelsminister, verletzt wurde. Diese genaue und
intime Kenntnis darüber, dass Fuchi – besonders die
Villiers – und Renraku seine Landsleute als Kano-
nenfutter in einem Egokonflikt zwischen den Eliten
verheizten, entzündete ein Feuer in ihm, das immer
noch heiß lodert.
Sein heimlicher Einfluss durch die Reste der
Kommission für Megakonzern-Angelegenheiten
(Commission on Megacorporate Affairs; COMA)
der UN wurde immer stärker beschnitten und ge-
schwächt, besonders im letzten Jahrzehnt, weil die
UCAS global aktiver wurden, die größten Truppen-
kontingente für die UNO stellten und mehr Einfluss
auf die UN und die internationalen Organisationen
bekam, über die Padiyar und die COMA ihre Ge-
genwehr gegen die Konzerne organisiert hatten.
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
Die UCAS sind der megakonzernfreundlichste al-
ler Staaten – nicht nur unter den UN-Mitgliedern,
sondern weltweit. Trotz der Dispute und wechseln-
den Allianzen von Präsidentin Colloton mit Mega-
konzernen wie Ares, Aztechnology, Telestrian und
AA-Konzernen aus den NAN würde sie ihre Rolle
als Oberbefehlshaberin nie so interpretieren, dass
sie die Megakonzerne an die Kandare nehmen
müsste. Ihre potenziellen Nachfolger andererseits
scheinen diesem Ziel durchaus zugeneigt zu sein.
Besonders Minister Despain hat seine Bereit-
schaft bekundet, Teile der Business Recognition
Accords neu zu verhandeln, weil Justizminister Mo-
naghan öffentlich bekundet hat, dass es juristische
und ökonomische Vorteile für die UCAS haben
könnte, sich nicht mehr so absolut dem Konzern-
gerichtshof zu unterwerfen. Daher haben sich Des-
pain und Padiyar mehrmals zur Behandlung dieser
Frage getroffen, besonders weil Despain in letzter
Zeit durch seine Unterstützung der UN-Truppen,
Interpols und anderer Behörden global aktiver ge-
worden ist. Despain ist nicht der einzige Politiker,
der Padiyars Rat sucht, und dieser berät viele Län-
der dabei, ihre Unterstützung der UN auszubauen,
um das Ziel der Offenheit und der Durchsetzung
von Vorhaben der UN und anderer international
beschlossener Regelungen zu befördern. Padiyar ist
nicht wirtschaftsfeindlich, aber er glaubt fest daran,
dass weder Konzerne noch Nationen Mitglieder der
internationalen Gemeinschaft, besonders der UN,
sein und sich gleichzeitig aus jeder Verantwortung
für diese Gemeinschaft stehlen können, wodurch
sie nur Konflikt und Zerstörung hervorrufen wür-
den. Dabei verweist er auf Konflikte wie den Krieg
zwischen Aztlan und Amazonien, die Quarantäne
von Boston, die SOX, die Teketeza in Kenia und so-
gar die Wüstenkriege.
> Kritik an der Teketeza ist ein meisterhafter politischer
Schachzug, weil eine der Grundlagen dafür in der Ver-
teidigung und Rechtfertigung der UNAF-Truppen lag, die
mit den Großen Zehn zusammenarbeiteten (also: ihnen
gehorchten), um den Massebeschleuniger am Kilimand-
scharo zu schützen, und als Resultat dieser Unterstüt-
zung abgeschlachtet wurden. Padiyar unterstützte die
Entsendung dieser Truppen während seiner Amtszeit als
Gegengewicht zum Konzerngerichtshof, um zu verhindern,
dass dessen Truppen die Region währen des Baus des Be-
schleunigers vergewaltigten und ausplünderten. Aber wie
alle guten Absichten scheiterte auch diese kläglich, noch
während er Generalsekretär war. Lezabatxe hat jede Vor-
spiegelung der Unparteilichkeit fallen gelassen, und die
UNAF wurde nur zu einer weiteren Besatzungstruppe, die
dasselbe Schicksal wie alle feindlichen Besatzer erlitt.
> Thorn
Zwischen Padiyar und Iker Lezabatxe aus Euskal
Herria, der ihm als Generalsekretär 2070 nachfolg-
te, gab es einen langen Konflikt. Padiyar wollte die-
<< TROG-HELDEN 111
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
sen Streit beilegen und versuchen, Lezabatxe von
einer anderen Ansicht über die Megakonzerne
zu überzeugen, wobei er darauf hinwies, wie der
KFS-Ausbruch Euskal Herria und den Rest der Welt
gefährdete. Als immer deutlicher wurde, dass die-
ser Ausbruch die Schuld der Megakonzerne war und
sein Heimatland die Unabhängigkeit kosten könnte,
begann Lezabatxe, diese Realität zu begreifen. Au-
ßerdem werden die Strafmaßnahmen, die man ver-
hängen will, beklagenswert unzureichend sein, was
Lezabatxe klargemacht hat, dass er nicht nur die
Megakonzerne gegen sich hat. Seine Durchführung
von Maßnahmen zugunsten der Konzerne hat zu-
dem noch Ressourcen von Regierungen und Insti-
tutionen mobilisiert, die vom Konzerngerichtshof
als unkontrollierbare wirtschaftliche und politische
Kriegsmaschinerie eingesetzt werden können, um
jeden Widerstand gegen eine verantwortungslose,
vereinte Konzernherrschaft zu überwinden, wie sie
der Gerichtshof seit Jahrzehnten haben will. Für Pa-
diyar ist dies zu einer persönlichen Angelegenheit
geworden, weil diese Maschinerie auf dem Gerüst
der COMA und anderer Behörden und Projekte auf-
gebaut wurde, die er zu dem Zweck geschaffen hat-
te, genau das zu verhindern.
Man erwartet nicht, dass sich Lezabatxe ein drit-
tes Mal zur Wahl stellt oder eine solche akzeptiert,
und beide Männer ziehen hinter den Kulissen be-
reits die Fäden zugunsten der Kandidaten, die sie
in der nächsten Amtsperiode ab 2080 bevorzugen
würden. Lezabatxe scheint tatsächlich mit Padiyar
und Natalia Dawidowskaja aus dem russischen
Obersten Sowjet und Generalstab der Roten Armee,
der auch den GRU unter sich hat, zu einer Überein-
kunft gekommen zu sein. Es gibt einige Gründe da-
für, eine russische Amtsträgerin für einen wichtigen
UN-Posten zu nominieren, aber einer davon ist
wirklich wichtig: Dawidowskaja könnte eine Mög-
lichkeit gefunden haben, den Krieg mit Jakutien zu
beenden. Beide wollen Frieden, und ein friedliches
Jakutien könnte für Padiyar ein hervorragender Ver-
bündeter sein.
Für Lezabatxe hingegen ist der Wohlstand verlo-
ckend, den Megakonzerne wie Saeder-Krupp und
Evo bewirken könnten, wenn Russland nicht mehr
in diesem fünfzig Jahre dauernden Grenzkrieg en-
gagiert wäre. Vor allem aber wäre Russland ein
möglicher starker Verbündeter in dem unauffäl-
ligen Block von Staaten, die er zum Widerstand
gegen den Konzerngerichtshof vereinen möchte,
der die UN bereits völlig übernommen hat. Er sieht
die Integration der UN in die bürokratische Maschi-
nerie des Gerichtshofs als unausweichlich, wenn
man nicht rechtzeitig Widerstand leistet. Despains
Aussagen treffen zwar seine eigenen Ideale, aber
die Vorstellung russischen Widerstands gegen
den Gerichtshof ist viel realistischer als eine plötz-
liche Kehrtwende der UCAS gegen die konzernbe-
herrschte Welt, die sie selbst mitgeschaffen haben.
112 TROG-HELDEN >>
Thorben Lange (Order #29309514)
RONALD DESPAIN
• Metatyp: Ork
• Aussehen: Schwarzes Haar, 1,90 m, abgefeilte
Hauer, lange Narbe an der linken Stirn
• Aufenthaltsort: Washington, D.C.
Ronald Despain ist ganz sicher der mächtigste
Trog-Politiker der westlichen Hemisphäre, weil er
im Moment der Verteidigungsminister der UCAS
und einer der beiden aussichtsreichsten Kandi-
daten für die Nominierung als republikanischer
Präsidentschaftskandidat ist, seit Angela Colloton
bekanntgegeben hat, dass sie nicht für eine vierte
Amtszeit kandidieren will.
Despain hat in Washington und der Öffentlichkeit
einen guten Ruf, was an seiner Durchsetzungskraft
und Kompetenz liegt. Der Rückzug der UCAS-Trup-
pen aus Denver könnte ihm allerdings noch Pro-
bleme bereiten, obwohl diese Entscheidung von
Colloton getroffen wurde. Aber das ist ein Einze-
lereignis, das im Vergleich zum allgemeinen Er-
folg des Militärs unter seiner Leitung verblasst.
Das betrifft den Schutz der Sperrzone Boston, die
Friedensmissionen im Auftrag der Vereinten Nati-
onen und die Machtdemonstrationen in den Wü-
stenkriegen und als Militärberater für Konzerne und
Regierungen in aller Welt. Despain hat im Kongress
und in der Öffentlichkeit massiv für eine Vergrö-
ßerung des Militärs geworben, was mit Collotons
Politik und Parteirhetorik seit der Yeats-Kampagne
2057 übereinstimmt. Die Zahl der zivilen und uni-
formierten Beschäftigten des Verteidigungsmini-
steriums ist explosionsartig auf fast eine Million
gewachsen – eine Anzahl, wie es sie seit dem Ver-
trag von Richmond nicht mehr gegeben hat. Dazu
kommen noch eine halbe Million Soldaten der Re-
serve und Nationalgarde, die im Notfall einberufen
werden können. Vor zehn Jahren beklagten Collo-
ton und Despain noch, dass es an den Mauern der
CZ von Chicago vor zwanzig Jahren mehr Konzern-
soldaten als Soldaten der UCAS gegeben hatte. Bei
der Sperrzone Boston ist es umgekehrt, was man
vielleicht als Sieg der souveränen Nationalstaaten
interpretieren könnte.
> Ein Sieg, der selbst Pyrrhus beschämt hätte.
> Chainmaker
Angesichts der schnellen Vergrößerung des
UCAS-Militärs und der Unterstützung dafür seitens
des Konzerngerichtshofs und anderer respektabler
Körperschaften scheint es etwas widersinnig, dass
Despain in seinen politischen Aussagen eine be-
achtliche Menge an Skepsis, wenn nicht sogar of-
fene Feindseligkeit, gegenüber den Megakonzer-
nen äußert. Er predigt nationale Souveränität und
freiere Märkte, die kleineren Firmen ermöglichen

sollten, mit den Megakonzernen auf Augenhöhe
zu konkurrieren. Seine Aussagen zur Außenpolitik
liegen hingegen bei der Betonung des Allgemein-
nutzens von militärisch erzwungenem Frieden ganz
auf der Linie der Megakonzerne. Er ist zu dessen
Unterstützung zu einem unilateralen Handeln der
UCAS und zu einem Wirken durch die UNAF und
andere internationale Missionen auf der ganzen
Welt bereit. Er scheint der Meinung zu sein, dass
die UCAS, wie einige Washingtoner Experten sa-
gen, als einziges Land in der Lage sind, eine glo-
bale Militärpräsenz aufrechtzuerhalten, und dass
das im besten Interesse der Welt wäre. Wie anders
wäre schließlich die Welt, hätten sich die UCAS und
zuvor die USA nach dem Ende des Kalten Krieges
nicht in die Isolation zurückgezogen?
> Der Rückzug der USA aus der NATO verhinderte den Drit-
ten Weltkrieg.
> Red Anya
> Vielleicht war das ein Fehler.
> Haze
Im Versuch der Schadensbegrenzung nach seiner
Rolle beim Debakel von Denver hat Despain viel Zeit
auf Unterredungen mit seinen nordamerikanischen
Amtskollegen, besonders den Verantwortlichen der
Sioux und CAS, aufgewendet. Er musste mit den Si-
oux lange verhandeln, weil er massive Truppenkon-
tingente durch ihren Luftraum nach Denver bringen
musste. Diese Frage ist jetzt zwar geklärt, aber er
hat klar gesagt, dass sich das UCAS-Militär für eine
mögliche Rückkehr nach Denver bereithält. Die Si-
oux-Nation hat ihre Position verdeutlicht, dass sie die
UCAS trotz Ghostwalkers Handlungen immer noch
als große Gefahr betrachtet, aber Despain scheint
sich keine ernsthaften Sorgen um einen möglichen
Gegenschlag nach einem Angriff der UCAS zu ma-
chen. Stattdessen umwirbt er diese Politiker und ver-
sucht sie zu einer Zusammenarbeit zu bewegen, um
einen neuen Ghostwalker, ein neues Chicago oder
einen neuen Tsimshian-Konflikt zu verhindern.
> Wie viel davon ist Säbelrasseln, und wie viel stellt eine
ernsthafte Kriegsgefahr in Nordamerika dar?
> Mika
> Innerhalb der Geheimdienste herrscht Einigkeit darüber, >
dass die Fronten der Sioux zu sehr überdehnt sind – vom
AMC über Tsimshian, Seattle, Denver, Yellowstone bis zur
Grenze mit den UCAS –, als dass sie eine Invasion zurück-
schlagen könnten. Es mag zwar sein, dass man die ganze
Nation mobilisieren könnte, aber das muss nicht heißen,
dass sie genügend einsetzbare Leute stellen könnte, um
eine Besatzungsarmee hinauszuwerfen. Außerdem wür-
den sich die Konzerne im Zweifelsfall auf die Seite der
UCAS schlagen. Nur wenige Personen in der Sioux-Na-
tion und den NAN sehen die UCAS als existenzielle Be-
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
drohung an. Es ist schwer, der erfolgsorientierten Jugend
in Cheyenne die Verteidigung der Heimat schmackhaft zu
machen, wenn das umstrittene Land vor allem aus kaum
bewohnbarem Weideland der Rocky Mountains besteht,
besonders wenn weder CAS noch PCC dazu tendieren, auf
Seiten der UCAS einzugreifen.
> Kay St. Irregular
Zehn Jahre lang hat die Republikanische Partei die
verrückte Minderheitsmeinung heruntergespie-
lt, die nach dem gescheiterten Putsch der Neuen
Revolution nach einer Wiedervereinigung mit der
CAS und Kalifornien verlangte. Despain aber be-
zieht Inspiration aus der Kampagne von Yeats und
Penchyk 2057 und führt viele der Katastrophen,
die seit dieser Zeit auftraten, als Gründe dafür an,
dass eine Wiedervereinigung oder zumindest eine
dauerhafte Zusammenarbeit nicht nur erstrebens-
wert, sondern nötig wäre. Seine Reden zeichnen
eine deutliche Verbindungslinie zwischen der lo-
ckeren Megakonzernpolitik der Technokraten und
sogar seiner eigenen Partei und Katastrophen wie
der Plage von Chicago, der Abschottung der SCIRE,
den Konzernkriegen 2059-61, dem Saito-Regime,
Tsimshian, Boston, Albuquerque und sogar dem
Schicksal Denvers. Es wäre tatsächlich für nie-
manden überraschend, wenn Anne Penchyk selbst
Despains statt Martins Kandidatur unterstützte.
Neben seinen Vorhaben für Nordamerika will Des-
pain die NATO und andere politisch-militärische
Allianzen wiederbeleben und hat die Macht und
Größe des Verteidigungsministeriums dafür be-
nutzt, die UCAS an beinahe allen UN-Missionen zu
beteiligen.
> Es ist entmutigend, wenn man daran denkt, wie unvorher-
sagbar die Matrix von Albuquerque geworden ist, weil sie
der Ausgangspunkt von KFS ist und immer noch einige der
wertvollsten Geister des PCC und der Welt enthält, wenn
es um die Matrix geht. Die lokalen Gegenmaßnahmen wa-
ren einzigartig, und ich hoffe, dass die Ressourcen und die
Risikobereitschaft so vieler diese Bedrohung beseitigen
können.
> Netcat
> Man muss aufhören, die Maschine in den Menschen zu
packen, und stattdessen den Menschen in die Maschine
packen.
Plan 9
> Er bringt das starke Argument, dass eine durchsetzungs-
kräftigere Bundesregierung der Plünderung des Tsimshi-
an-Landes durch MCT besser hätte widerstehen können.
Auch, dass sie den ursprünglichen Ausbruch hätte ver-
hindern können, der zur Errichtung der CZ zwang. Aber all
diese Vorstellungen setzen voraus, dass die Verantwortli-
chen dieser Regierung nicht unter Einfluss und Kontrolle
der Konzerne stehen. Regierungen werden von Personen
gebildet, und Personen sind fehlbar. Die Bundesregierung
<< TROG-HELDEN 113
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
ist im Vergleich zu ihren Nachbarn extrem mächtig, und
dennoch haben sich die UCAS immer als erste jedem CEO
eines Megakonzerns unterworfen, der das verlangte. Eine
Machtkonzentration ist kein Gegenmittel gegen verant-
wortungslosen Machtmissbrauch, und Despains Kampa-
gne spricht vielleicht von Verantwortlichkeit, ohne aber
Pläne vorzulegen, wie sie durchgesetzt werden könnte.
> Cosmo
Als Ork ist sich Despain seiner Wichtigkeit für die
Trog-Gemeinde sehr bewusst – und zugleich des-
sen, dass seine kriegerische Position die Kehrseite
dieser Medaille bildet. Er hat die Rekrutierung und
den Dienst für Trogs als attraktiv dargestellt, indem er
auf die Aufstiegschancen im „neuen“ Militär und den
relativ gering ausgeprägten Rassismus innerhalb der
Truppe hingewiesen hat. Aber wenn er in dieser Wei-
se um Trogs wirbt, verstärkt das unser Klischeebild
als kriegerisch und gewalttätig, wobei er zugleich ve-
hement abstreitet, dass diese Merkmale generell für
Trogs gelten würden – zumindest nicht in höherem
Maße als für Menschen, Elfen oder Zwerge. Daher
haben sich Öffentlichkeitsarbeit und Marketing auf
die eher alltäglichen Rollen und Aspekte von Militär-
karrieren und auf den Wert, den Veteranen und An-
gehörige der Reserve durch ihre erlernten Fähigkei-
ten ins Zivilleben mitbringen, konzentriert.
Despain und Justizminister Monaghan haben
bezüglich der Bürgerrechte sehr unterschiedliche
Meinungen. Despain steht unverrückbar auf dem
Standpunkt, dass Gleichheit darauf basiert, dass
Metamenschen gleich sind und im Militär die glei-
chen Aufgaben zu erfüllen haben. Natürlich ist es
einfacher, Unterkünfte in Trollgröße abzulehnen,
wenn das Riggen eine integrale Rolle bei Aufgaben
spielt, von denen Trolle andernfalls ausgeschlossen
wären, aber Despain sieht keinen Vorteil in einer
positiven Diskriminierung, für die sich Monaghan
seiner Meinung nach ausspricht.
ANNE PENCHYK
• Metatyp: Ork
• Aussehen: Schwarzes Haar mit weißer Strähne,
1,90 m, Saphir auf dem rechten Hauer
• Aufenthaltsort: Washington, D.C.
Anne Penchyk ist eine der ursprünglichen Vorkämp-
ferinnen für Ork- und Trollrechte, und es ist schwer,
hier nicht ihre Verdienste aufzählen zu wollen, als
wäre es der zweite Absatz eines Nachrufs. Zugleich
sieht man, wie sehr sie das Rampenlicht scheut, ob-
wohl sie in dieser Liste bei Weitem die mächtigste
und wichtigste Person ist.
Anne Penchyk war auf dem Weg zu einer erfolg-
reichen PR-Karriere in Wisconsin, als sie Mitte der
20er goblinisierte. Sie nutzte die Macht der Ma-
114 TROG-HELDEN >>
Thorben Lange (Order #29309514)
trix und führte ihr Geschäft ab diesem Zeitpunkt
beinahe vollständig virtuell weiter, um den Kunden
zu ersparen, mit ihr als Orkin umgehen zu müssen.
Schließlich aber erkannte sie, dass sie nicht verbor-
gen bleiben konnte, und entschloss sich, zu einer
Persönlichkeit des öffentlichen Lebens zu werden.
In den 30ern absolvierte sie mehrere Amtszeiten
als eine der ersten Metamenschen im Kongress.
Sie knüpfte dort wichtige Verbindungen (zunächst
vor allem zu General Yeats), erwarb sich aber auch
den Ruf einer hartnäckigen und unerbittlichen
Kämpferin für Metamenschen- und Frauenrechte.
Penchyk zog sich schließlich in Wisconsin ins Pri-
vatleben zurück, blieb aber politisch höchst aktiv.
Sie gründete die Empowerment Coalition, eine
parteiunabhängige Gruppe, die sich für Frauen in
Führungspositionen von Konzernen, Politik und
öffentlichem Leben einsetzt. Nach der manipulier-
ten Wahl von 2056 überzeugte General Yeats sie,
seine Vizepräsidentschaftskandidatin zu werden,
als er von den Republikanern zur Wahl aufgestellt
wurde. Für beide war Chicago eine Herzensange-
legenheit – für Yeats, weil es seine Heimatstadt
war, für Penchyk, weil ihr Bruder mit beinahe einer
Million anderen Metamenschen hinter der Mauer
gefangen war.
Nachdem Insektengeister General Yeats im Früh-
sommer ermordet hatten, übernahm Anne Penchyk
seinen Platz als republikanische Kandidatin. Sie wur-
de schließlich hinter Dunkelzahn, Kenneth Brackha-
ven und Arthur Vogel Vierte, und man nimmt allge-
mein an, dass sie gesiegt hätte, hätte Dunkelzahn
nicht kandidiert. Nach Dunkelzahns Ermordung in
der Nacht seiner Amtseinführung wurde aus sei-
nem Nachlass die John Timmons Memorial Foun-
dation zu Ehren seiner ersten Stimme gegründet,
eines jungen Theologiestudenten, der von einem
Terroristen ermordet worden war. Die Stiftung hat
die Förderung der Beziehungen zwischen Men-
schen und Metas zur Aufgabe. Penchyk übernahm
bereitwillig die Verantwortung für die Stiftung und
nutzte sie in den folgenden zwei Jahrzehnten, um
Organisationen zu unterstützen, die sich Meta-
menschenrechte, Zusammenarbeit und Inklusion
und andere Projekte auf die Fahnen schreiben, um
Frieden und Gerechtigkeit in der Welt zu stärken,
was schließlich der ganzen Metamenschheit zu-
gutekommen soll. Darunter sind auch Projekte auf
den Gebieten Umweltschutz, Immigration sowie
religiös motivierte Programme.
Penchyks Einfluss und ihre Erfolge sind vor allem
in den UCAS und der CAS zu spüren. Sie ist in bei-
den Nationen zur Königsmacherin geworden, was
besonders auf die Republikanische Partei der UCAS
zutrifft. Penchyk überzeugte Angela Colloton 2067
davon, als Präsidentschaftskandidatin anzutreten,
und sie leitete und unterstützte ihre Kampagne.
Ihr Einfluss auf die Wahlen in der CAS ist schwerer
zu fassen, und der Kontrast zwischen den Wahltri-

umphen der Republikaner in den UCAS von 2068
und 2072 und der Beinahe-Implosion und ver-
nichtenden Niederlage gegen die südlichen Tech-
nokraten 2072 könnte nicht auffälliger sein, wenn
alles inszeniert wäre.
In beiden Nationen aber ist ziemlich klar, dass es
noch nie mehr Frauen, Metamenschen und vor al-
lem Trog-Frauen in hohen Ämtern gab. Tatsächlich
wurde Washington sogar von Leuten bei JackPoint
als „Gynaikokratie“ verspottet, wenn politische
Debatten aufkamen. Tatsächlich gibt es zwischen
Anne Penchyk, der Empowerment Coalition und
einigen anderen Organisationen, die mit dem Tim-
mons-Fonds verbunden sind, direkte Verbindungen
zu allen diesen Amtsträgerinnen – nicht nur auf
Bundesebene, sondern zu Tausenden Personen auf
allen Verwaltungsebenen und in allen Bereichen.
Ihr Einfluss erstreckt sich vom Oval Office bis zu
den Gerichten von Douglas County, Nebraska. Eine
Unterstützung von Penchyk hat schon viele Karrie-
ren befeuert, aber ein Entzug dieser Unterstützung
kann sie genauso schnell wieder vernichten. Das
beste Beispiel ist die letzte Vorwahl in Michigan,
bei der Runner der Empowerment Coalition Be-
weise dafür lieferten, dass Melissa Han, die be-
vorzugte Kandidatin der Koalition, in ein paar ex-
plizit anti-transsexuelle Aktivitäten verwickelt war.
Innerhalb von Stunden löste sich Hans gesamte
Kampagnenmaschinerie in Luft auf, noch bevor die
Medien herausfanden, was geschehen war. Pen-
chyk und die Empowerment Coalition unterstütz-
ten stattdessen den Demokraten Julian Mercer, und
Han wurde zur unerwünschten Person.
Penchyks Einfluss ist aber nicht nur auf die Politik
und nicht nur auf UCAS und CAS begrenzt. Sie und
die Empowerment Coalition sind für die Wahlsie-
ge der letzten drei Mitglieder des Aufsichtsrats des
PCC (Lydia Cruz, Josephine Madalena, und Amanda
Utall), eines Siouxhäuptlings (Winona Begaye, Nava-
jo) und eines Mitglieds des Souveränen Stammesrats
(Joaquin Shendo) verantwortlich. Außerdem kamen
durch ihre Unterstützung Männer und Frauen in Kon-
zernhierarchien voran, was besonders für Multis wie
DocWagon, Coca-Cola, Warpdrive Systems, Citi und
Amalgamated Studios, aber auch für lokale Unter-
nehmen wie die Emerald City Group, TRW, EarthWy-
rm Media und Peat-Marwick-Thorne-Mabasu gilt.
Die größte Errungenschaft Penchyks – und damit der
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
Empowerment Coalition – der letzten Jahre besteht
in der Unterstützung von Trollen, Orks und Erwach-
ten beim Einschlagen einer akademischen Laufbahn,
vor allem als Ärzte oder Anwälte. Ohne diese Un-
terstützung hätten sich die tendenziell ärmeren Orks
und Trolle das Studium kaum leisten können.
Anne Penchyks Aktivitäten mithilfe des Tim-
mons-Fonds führten zu einer Zusammenarbeit mit
oder Hilfe für zahllose Individuen und Gruppen der
Welt. Neben diesem Vollzeitengagement wirkt sie
im Beraterstab der Draco Foundation neben anderen
Größen als Ratgeberin und Helferin zugunsten der
Ziele der DF und der angeschlossenen Organisationen
(Ancient Wisdom Fund), von ihr finanzierten Orga-
nisationen (Dunkelzahn Challenge Funds) oder ver-
wandten Organisationen, die ebenfalls aus dem
Testament hervorgingen (DIMF, ASPS). Außerdem
sitzt Penchyk in den Aufsichtsräten von Genesis
Consortium, Reality Inc. und seit Kurzem Spinrad
North America.
All diese Aktivitäten allerdings machen immer
mehr den Eindruck, als wollte sie der Welt ihr Erbe
hinterlassen. Sie ist über achtzig Jahre alt und eine
goblinisierte Orkin. Sie hatte nie im Sinn, sich Ver-
jüngungs- oder alterserleichternden Behandlungen
zu unterziehen, und ihre Erkenntnis der eigenen
Sterblichkeit und die furchtlose Bereitschaft, ihre
Meinung zu sagen, haben klargemacht, von wem
sie erhofft, die Metamenschenrechte nach ihrem
Tod weiter zu fördern. Penchyk hat drei Kinder – eine
menschliche Tochter, einen orkischen Sohn und eine
orkische Tochter –, von denen zwei in ihre Fußstap-
fen getreten sind. Der dritte, William Penchyk, ist
einer der drei orkischen Doktoren an der Cleveland
Clinic. Serena Penchyk-Simmons (Mensch) ist Vize-
präsidentin bei den Mothers of Metahumans, und
Gabrielle Penchyk (Ork) ist die Direktorin der North
American Legislative Exchange.
> Ein lange bestehender Unterschied zwischen wohlha-
benderen und weniger wohlhabenden Schichten ist der
Umstand, dass die Wohlhabenden ihren Nachkommen
Geld hinterlassen können, die anderen aber ihr Geld oft
für ältere Generationen ausgeben müssen, um sie vor der
Armut zu bewahren. Leute wie Penchyk können diesen
Trend nicht alleine umkehren, aber sie ist entschlossen,
mit dem, was sie aufgebaut hat, so vielen Leuten wie mög-
lich zu helfen, statt sich nur auf ihre eigenen Nachkommen
zu konzentrieren. Das hat nicht annähernd die Ausmaße
von Dunkelzahns Testament, aber trotzdem wird um einige
Teile ihres Erbes gerungen werden.
> Mr. Bonds
DAS GESICHT DER
GERECHTIGKEIT
Es gibt zwei Timmons-Organisationen: die Stiftung
und den Fonds. Die Stiftung ist die Dachorganisa-
<< TROG-HELDEN 115
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
tion, und der Fonds ist ein privates Programm in-
nerhalb der Stiftung, das für das Spendenwesen
der Stiftung zuständig ist. Unter dem Dach der
Stiftung befindet sich ein kompliziertes Netz von
Fonds und Körperschaften, die von den Unterstüt-
zern Penchyks und Dunkelzahns zur Förderung von
Gleichberechtigung und Wohlstand verwendet
werden. Dazu gehören der Haeffner Family Fund,
der Houston Fund, der Empowerment Fund und
der Samantha Villiers Memorial Fund. Die Stiftung
ist für das Marketing und für Projekte zuständig,
die Penchyk an die Öffentlichkeit bringen will. Die
Fonds – besonders der Timmons-Fonds – werden
benutzt, um Projekte außerhalb diskret und direkt
zu fördern. Die Stiftung ist auch für politische Ver-
bindungen und das Eintreten für die Einhaltung in-
ternationaler Kampagnen- und Wohltätigkeitsre-
geln verantwortlich.
Im Moment kann beinahe jede Aktivität des Tim-
mons-Fonds einem von vier Bereichen zugeordnet
werden: Gleichberechtigung, wirtschaftliche Ge-
rechtigkeit, Immigration und religiöses Engage-
ment.
GLEICHBERECHTIGUNG
Der Hauptzweck von Stiftung und Fonds ist die För-
derung der Gleichberechtigung aller Personen. Jah-
relang konzentrierte sich der Fonds nur auf dieses
eine Ziel, aber seine Ziele haben sich inzwischen
verbreitert, auch wenn die Gleichberechtigung im-
mer noch besonders wichtig ist. Dafür gibt es aus-
reichend Bedarf, und neben der finanziellen Un-
terstützung der Mothers of Metahumans, NAAAP,
ORC und anderer Gruppen kann der Fonds auch
Sachleistungen zur Verfügung stellen, indem er
Ressourcen von außerhalb nutzt, um diese Gruppen
bei bestimmten Projekten – besonders solchen, an
denen mehrere Gruppen zusammenarbeiten oder
die gemeinsame Ziele verfolgen – zu unterstützen.
Der Fonds wendet beträchtliche Mittel für Marke-
ting auf, die zu großen Teilen an Charisma Associ-
ates, Spinrad Media, EarthWyrm Media und Ares
fließen, um nur einige zu nennen.
Eine der großen Unstimmigkeiten, vor die Pen-
chyk und der Fonds immer wieder gestellt wer-
den, besteht in der Frage, ob es sinnvoller ist, ge-
sellschaftliche Inklusion und Integration zu fördern
oder die Entwicklung abgeschlossener, eigenstän-
diger Gemeinden zu unterstützen, in denen Meta-
menschen die Bevölkerungsmehrheit stellen, aber
weniger mit größeren Menschenpopulationen in-
teragieren. Diese Spannung besteht schon lange
bei allen Bewegungen, die Gleichberechtigung für
Gruppen anstreben, die sich durch eindeutige, oft
nicht veränderbare – zum Beispiel ethnische, natio-
nale oder religiöse – Merkmale unterscheiden. Tat-
sächlich ist es eine große Ironie, dass dies zu Kon-
116 TROG-HELDEN >>
Thorben Lange (Order #29309514)
flikten innerhalb von Stiftung und Fonds geführt hat,
weil die Projekte, die Wohlstand fördern, eher diese
Metamenschen-Gemeinden betreffen, die Gleich-
berechtigungsprogramme aber Inklusion und Inte-
gration von Metamenschen oder Erwachten in eher
menschlichen, mundanen Gemeinden betonen.
Man kann sich kaum vorstellen, dass der Fonds je-
mals das Black Ork Defence Collective im Mersey-
sprawl oder den Seattler Untergrund nicht unter-
stützen würde, aber genau diese Unterstützungen
wurden dafür kritisiert, dass sie die Trog-Gemein-
den verwässern und ihre Macht durch Isolation oder
Ansiedlung anderer Metatypen schmälern würden.
> Das ist der Punkt, an dem viele Wohltätigkeitsorganisatio-
nen scheitern, weil so viele Ziele gleichzeitig gut erscheinen
können. Irgendwann muss man sich ein Herz fassen, ent-
scheiden, was man wirklich will, und dieses Ziel verfolgen.
> Kay St. Irregular
WIRTSCHAFTLICHE GERECHTIGKEIT
Anne Penchyk war wirtschaftlich immer progressiv
eingestellt und unterstützt die Förderung ökono-
misch benachteiligter und unterversorgter Gemein-
den, die tendenziell aber nicht ausschließlich aus
Metamenschen bestehen oder eine metamensch-
liche Mehrheit haben müssen. Wohlstand kann ver-
schiedene Gestalten annehmen, und der Fonds un-
terstützt Projekte für Lohn- und Gehaltsgleichheit,
Arbeiterorganisationen und -rechte, Infrastrukturin-
vestitionen und öffentlich-private Partnerschaften
sowie Umweltschutz. Der Grundgedanke ist, dass
der Wohlstand von Metamenschen unauflöslich
mit der Gesundheit der Gemeinden und des Pla-
neten verbunden ist und es nicht ausreicht, Geld zu
haben, wenn dieses Geld nur zum Überleben und
nicht dazu ausreicht, etwas Dauerhaftes zu hinter-
lassen. Das Argument hinter den Umweltschutz-
projekten ist, dass Wohlstand in metamenschlichen
und Erwachten Gemeinden nicht nur Geld bedeu-
tet – er bedeutet auch, dass es der Natur gut geht
und man gut mit ihr zusammenlebt.
Der größte einzelne Empfänger dieser Mittel ist
Sierra, Inc. unter der Führung von Gary Grey. Grey
erreicht wie Penchyk langsam seinen Lebensabend
und macht sich Gedanken um sein Erbe. Sierra, der
WWF (vor allem von Masaru finanziert, Penchyks
größtem Unterstützer unter den Treuhändern der
Draco Foundation), Save Our Seas und Konzerne
wie Genesis Consortium (über KAM, einen ande-
ren DF-Treuhänder), Izolo, Inc., Telestrian und an-
dere haben wechselseitige Finanzierungsüberein-
künfte mit dem Timmons-Fonds, die ökonomische
und ökologische Fortschritte bringen sollen. Außer-
dem wird gegen die zunehmende Zerstörung der
Gemeinden von Metamenschen und Erwachten
gekämpft, die von Konzernen oft buchstäblich als

Deponien für Schadstoffe oder Schauplätze zerstö-
rerischer Aktivitäten benutzt werden, weil sie kaum
die wirtschaftlichen oder politischen Machtmittel
haben, um sich dagegen zu wehren.
Der Timmons-Fonds hat auch Vorhaben von Balaji
Padiyar und anderen unterstützt, die einen interna-
tionalen Block von Grünen und Erwachten Natio-
nen, exterritorialen Megakonzernen und großen
NGOs schaffen sollen, die diese Werte zum Wohl
ihrer Leute und aller Metamenschen weltweit för-
dern wollen. Zu diesen Aktivitäten gehört auch die
interne und internationale Förderung bestimmter
wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Ziele inner-
halb von Körperschaften wie der Generalversamm-
lung der UN, der Kommission für Sozialpolitik der
NEEC, verschiedener Ausschüsse und Arbeitsgrup-
pen innerhalb der Pacific Prosperity Group und der
Philike Hetaeria (alias Freundesgesellschaft des
Schwarzen Meeres). Hier ergeben sich auch Über-
schneidungen mit dem Bereich Immigration.
IMMIGRATION
Der Fonds und andere Programme unter dem Dach
der Stiftung setzen sich für Gleichberechtigung und
Wohlstand innerhalb der Gemeinden ein, aber es
ist Penchyk und anderen nicht entgangen, dass Rei-
sefreiheit und Immigration für Metamenschen so-
wohl wirtschaftliche Notwendigkeit als auch eine
Chance darstellen, wenn Metamenschen und Me-
tasapiente nach neuen Möglichkeiten in anderen
Lebensräumen suchen. Zusätzlich stellt der Fonds
Geld und Sachleistungen für Flüchtlinge und Bin-
nenflüchtlinge in aller Welt bereit.
Zu den größten Empfängern von Geldmitteln
des Fonds gehört das Catholic Ork Immigration
Network, das Immigranten aller Metatypen Hilfe
leistet. Zu den Führungspersonen des COIN gehö-
ren Samuel Lamptey Sr., der ehemalige Spieler der
Seattle Seahawks, der von der Elfenbeinküste in
Afrika stammt, und sein Sohn Samuel Lamptey Jr.,
ein aufstrebender Stern der Republikanischen Partei
und junger Kongressabgeordneter für Tacoma. Die
Lampteys sind wichtige Proponenten freizügiger
Einwanderungs- und Reisegesetze, um die regionale
Wirtschaft anzukurbeln, aber sie erkennen auch,
dass die Fragen von Immigration und Bürgerschaft
für Trolle und Orks besonders bedeutend sind, weil
in vielen Nationen Verfolgungen von Metamen-
schen stattfinden. Das COIN wirkt an beiden En-
den der Reise, indem es die Emigration aus einigen
Ländern (über legale und manchmal nicht ganz so
legale Wege) und die legale Niederlassung in ande-
ren Ländern unterstützt. Interessant ist, dass eines
der wichtigsten Einsatzgebiete des COIN in Spanien
liegt, weil es als wichtiger Nationalstaat symbolische
Bedeutung und gleichzeitig eine Geschichte der in-
ternen Diskriminierung und der Ausländerfeindlich-
keit hat. Außerdem leidet das Land unter dem Druck
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
der Erfüllung von Regeln der NEEC und der Forde-
rungen, die aus den Launen und dem Arbeitskräf-
tebedarf der Megakonzerne erwachsen.
RELIGIÖSES ENGAGEMENT
Der Timmons-Fonds gehört zu den größten privaten
Finanziers religiös motivierter karitativer Organisa-
tionen, und das spiegelt auch das Leben des Na-
mensgebers wider. Bevor er Dunkelzahns Stimme
wurde, studierte John Timmons Theologie. Seine
größte persönliche und öffentliche Errungenschaft
bestand in der Überwindung des Missbrauchs der
Religion als Keil zwischen Individuen – besonders,
wenn die Ablehnung von Metamenschen und Er-
wachten religiös motiviert war. Seit dem Erwachen
gab es dramatische Veränderungen und Umwäl-
zungen innerhalb der organisierten Religionen und
religiösen Institutionen, und der Timmons-Fonds
hat Laienorganisationen und religiösen Gruppen
Geld gespendet, die versuchen, die Metamensch-
heit im Glauben zu vereinen. Das ist sicher der kon-
troverseste Bereich, in dem sich der Fonds enga-
giert, zugleich aber für ihn selbst extrem lukrativ,
weil viele Spender in diesem Ansatz großen Wert
erkennen.
Besonders naheliegend ist die Zusammenarbeit
mit der römisch-katholischen Kirche, und der Fonds
hat sich entschieden, den progressiven Zweig zu
unterstützen, der auf der Seite von Papst Johannes
XXV. und jetzt Papst Sixtus VI. steht. Der Fonds hat
aber auch die Islamische Renaissancebewegung
unterstützt, und beide zusammen haben sich mit
unterschiedlichem Erfolg für Elemente der Isla-
mischen Einheitsbewegung und kleinere Gruppen
eingesetzt, besonders in Süd- und Südostasien.
Zu den kleineren Empfängern von Unterstützung
seitens des Fonds und Penchyks Verbündeter gehö-
ren die vielen theurgischen Traditionen, die inner-
halb der letzten fünfzehn Jahre seit dem Aufkommen
der Vereinheitlichten Magietheorie herangewach-
sen sind. Durch die Finanzierung und Unterstüt-
zung dieser Gruppen erhofft man sich, Erwachten
Gemeinschaften dabei zu helfen, die Zauberei in
den Augen der mundanen Metamenschen norma-
ler wirken zu lassen, indem sie als gewöhnlicher Teil
des Lebens dargestellt wird, den man wertschätzen
statt fürchten und hassen sollte.
In diesen Bereich spielt auch die Existenz von
Theokratien, Magokratien und Kombinationen da-
von hinein, die ausgesprochen oder implizit be-
stehen können. Penchyk erlebte häufig Konflikte
mit den Herrschenden von Nationen wie Amazo-
nien oder den Tírs, weil sie darauf hinwies, dass
die Verfolgung der Erwachten in anderen Ländern
die Unterdrückung irgendwelcher Metamenschen
in diesen Nationen nicht rechtfertigte. Sie ist be-
sonders an der Öffnung der Beziehungen zu den
<< TROG-HELDEN 117
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
Herrschenden in Jakutien interessiert, weil sie da-
rauf hofft, dass dadurch der Krieg mit Russland
beendet werden könnte. Auch die Aktivitäten in
der Mongolei, die Regentschaft des orkischen
Bogd Khan (des „lebenden Buddhas“), seine Ver-
bindung mit Tibet und die Auswirkungen auf das
dazwischenliegende China wecken ihre Aufmerk-
samkeit.
RAND DER SCHATTEN
Man kann unmöglich leugnen, dass sich Anne Pen-
chyks Aktivitäten auch auf die Schatten auswirken.
Ihre Erfolge beruhen auf großem persönlichem En-
gagement, auf großen Mengen Geldes und einer
Menge Öffentlichkeitsarbeit, und die Schatten sind
genau der richtige Ansprechpartner, wenn jemand
mit viel Geld persönliche Ziele fördern möchte.
Ihre Schattenaktivitäten werden umso verständ-
licher, wenn man bedenkt, wie viele Feinde sie und
der Fonds haben, die auf Gegenwehr mit Gewalt re-
agieren. Öffentlich hat sich Penchyk immer gegen
Gewaltanwendung oder das Ausüben von wirt-
schaftlichem und gesellschaftlichem Druck aus-
gesprochen, der die Grenzen der Legalität über-
schreitet. Sie hält diese Überzeugung auch privat
aufrecht, hat sich aber oft an Verbündete und Con-
nections in den Schatten gewandt, um bevorste-
hende Gewalt und drohende Störungen zu verhin-
dern, statt mit gleichen Mitteln zurückzuschlagen.
Diese Gegenmaßnahmen trafen sowohl die Söhne
Saurons als auch Alamos 20.000.
Das Sammeln von Informationen, die in der Öf-
fentlichkeitsarbeit oder für politischen und wirt-
schaftlichen Druck einsetzbar sind, billigt sie
jedoch. Penchyk und der Fonds waren an der Finan-
zierung von Schattenarbeit beteiligt, die aufdeckte,
dass Politiker oder Manager Mitglieder der Human
Nation oder von Gruppen waren, die mit Alamos
20.000 verbündet sind. Die Mothers of Metahu-
mans erhielten verdientermaßen großes Lob für
ihre nicht gewalttätigen Aktionen, die gegen das
Saito-Regime in Kalifornien gerichtet waren. Diese
wurden allerdings in großem Ausmaß durch Auf-
klärung und eine Infrastruktur unterstützt, die vom
Fonds zu dem Zweck finanziert wurden, Saitos Ver-
bindungen zu seinen Alliierten abzuschneiden oder
zu schwächen, die ihm gegen das militärische Vor-
gehen von Ares helfen hätten können.
Wenn es wirklich nötig ist, zögert Penchyk aber
nicht im Geringsten, die Schatten zu ihrem eige-
nen Schutz, dem ihrer Verbündeten und von Me-
tamenschen im Allgemeinen einzusetzen. Es gibt
rein weibliche Gangs wie die Desolation Angels
und Shooters, die sie als Schutztruppen oder für
118 TROG-HELDEN >>
Thorben Lange (Order #29309514)
Vergeltungsmaßnahmen eingesetzt hat, und das
diente manchmal auch der internen Machtaus-
übung innerhalb der Einflusssphäre Penchyks oder
des Fonds. Wer Penchyk verrät, bereut das schnell.
Wenn man Glück hat, wird man nur finanziell oder
beruflich ruiniert. Es gibt zwar nie eine eindeutige
Verbindung zwischen ihr und den tatsächlich han-
delnden Personen, aber die eindeutige Botschaft
ist, dass Illoyalität nicht geduldet wird.
OR’ZET-WÖRTERBUCH
Or’zet, die Sprache der Orks, hat eine seltsame
Geschichte. In den modernen Zeiten beginnt sie,
wie so viele sonderbare Dinge, mit Dunkelzahns
Testament. Der Drache hinterließ einem Ork na-
mens Robert Page den Or’zet-Kodex, den Page be-
nutzte, um die Sprache Or’zet zu entwickeln oder
wiederzuentdecken – je nachdem, wen man fragt.
Die Sprache wurde zu einem verbindenden Merk-
mal der Ork-Gesellschaft, zu einer Ausdrucksmög-
lichkeit des Stolzes auf die eigene Kultur. Sie ist au-
ßerdem angenehmerweise leichter als die meisten
Sprachen der Sechsten Welt auszusprechen, weil
sie für Münder mit Hauern gedacht ist.
AUSSPRACHE
b, d, f, g, h, j, k, l, m, n, p, r, s, t, v, w, y, und z wer-
den allesamt wie im Englischen ausgesprochen. Es
gibt keine verbundenen Konsonanten, also wird th
wie ein t, gefolgt von einem h ausgesprochen, sh
wie ein s, gefolgt von h.
c wird als sch wie in Schule oder Busch ausgespro-
chen.
q wird als tsch wie in Matsch ausgesprochen.
x wird als ch wie in Nacht ausgesprochen.
‘ (der Apostroph) ist einem k ähnlich, das aller-
dings sehr tief im Rachen gebildet wird und klingt,
als würde man würgen. Das ist der „Buchstabe“, der
Or’zet schwer auszusprechen macht, wenn man
kein Ork oder Troll ist; Menschen erleiden oft einen
Würgereiz, wenn sie versuchen, ihn korrekt auszu-
sprechen. Man kann ein Krächzen versuchen, als
würde man ein Haarknäuel hochwürgen, oder den
Buchstaben einfach als Knacklaut behandeln.
a, e, i, o, und u werden als ä, e, i, o und a aus-
gesprochen. Wenn zwei Vokale aufeinander folgen,
bedeutet das einen Langvokal, wie zum Beispiel in
Moos.
Die meisten Worte werden auf der ersten Silbe
betont – oder auf einem doppelten Vokal, wenn
vorhanden.
 >> BUCH DER VERLORENEN <<

AUSGEWÄHLTE WORTE NÜTZLICHE REDEWENDUNGEN

aufgeyerzt Adj. Ein Gegenstand der, viel- Cuto eyume’tu’? Wie heißt du?
leicht in geschmackloser Weise,
Bi’ce, s’azate kom ya Or’zet.
verziert wurde.
bi’ce Interj. Bitte/danke/gern gesche- Bitte sprich Or’zet mit mir.
hen/Entschuldigung. Bi’ce, s’azate ‘om p’oni. Bitte wiederhole das.
buunda Interj. Kraftausdruck, oft von Bi’ce, s’azate saporeya. Bitte sprich langsamer.
obszöner Geste begleitet, die Bi’ce, qlavate me hze ya. Bitte spuck mich nicht an.
Verachtung für den Empfänger Ya me s’azate Or’zet. Ich kann kein Or’zet.
ausdrückt. S’azate tu’ Inglic? Sprichst du Englisch?
cerri N. Geschwisterkind. Im Or’zet
Bi’ce, edinu. Bitte eine Flasche Schnaps.
wird nicht zwischen Bruder und
Schwester unterschieden. Slang: Hgecu’ vajza, hulg za! Prost!
Chummer, besonders Ork oder Ya xutee ekunij’kuurma. Die Speisekarte, bitte.
Troll aus derselben Gang. Ya me yecti devilrat. Ich esse keine Teufelsratten.
djoto N. Leben, eigentlich „Lebens- ‘oliiko ecena’xom? Wie viel kostet das?
weise“. Slang: Leben als SINloser Bute xom s’und? Ist das echt?
oder Verbrecher. Mo’ti ya upuuti xom van caarb me kulun?
drundeah N. Hinrichtung. Slang: Jemanden Gibt es das in einer anderen Farbe als schmutzig?
ermorden.
We’ax tu’ epistl’ya?
duky curet! Interj. Auf Wiedersehen!
egrand N. Beschützer. Slang: Gangboss, Hast du meine Pistole gesehen?
Mafiaboss. Ak tu’ ji’noo, me drundeah tu’ san enorgoz’ya.
egrand’rohodo N. Slang: Zuhälter oder Eltern der Wenn du dich bewegst, töte ich dich mit meiner Waffe.
Freundin. Kaa’u ya gru kom Siyaatul?
ereth N. Zuhause. Wie komme ich nach Seattle zurück?
ereth’cerri N. Slang: Ghetto oder Territori- Drundeah ‘om caaliah! Legt den Magier um!
um. Ya bledjeax. Tut mir leid.
eth N. Gruppe. Slang: Gang.
Ya me yumedi akaa kredstik.
eunabo Adj. Hervorragend. Slang: Sexu-
ell anziehend. Ich habe keinen Credstick.
fahd N. Opfer. Slang: Ein persönliches Ak tu’ me drundeah ya, tu’ polu’e eyertz’ya.
Opfer für einen Chummer. Wenn du mich nicht umbringst,
glok N. Läufer. Slang: Shadowrunner. kannst du mein Geld haben.
grumoge V. Kämpfen. Slang: Eine Prügelei. Bi’ce ma’noo kom DokWagun.
Wird meistens vor deren Eröff- Bitte rufe DocWagon.
nung geschrien.
hez N. Hauer. Slang: Mut, Coolness
und sexuelle Potenz eines Orks.
hurlg N. Alkohol. Slang: Schnaps.
norgoz N. Waffe. Slang: Schusswaffe.
quaalz N. Schwachsinn, wie in „totaler
quaalz“. Slang: Die Polizei.
rohodo N. Sex.
skraa Interj. Begrüßungsruf.
tharon Adj. Tot. Slang: Konzernangehö-
rig.
turgma N. Verräter. Slang: Spitzel.
ujnort N. Nicht-Ork.
vrukart (informell) N. Geliebter.
vruken (informell) N. Geliebte.
vut (vulgär) N. Drek. Als Kraftaus-
druck verwendet.
wejoto N. „Unkonventioneller“. Slang:
Aktivist für Orkrechte.
yerz N. Geld. Slang: Bestechungsgeld
oder Anteil.
zakhan N. Ein Feind.

<< TROG-HELDEN 119

Thorben Lange (Order #29309514)
 M I T H A UE R N U ND HÖRNERN
TROG-RUNNER
GEPOSTET VON: SUNSHINE
Als ich gebeten wurde, über Trolle und Orks in den
Schatten zu sprechen und sie zu interviewen, konn-
te ich nicht widerstehen. Jeder erinnert sich an die
Strahlenden und Schönen, aber Orks und Trolle
sind alles andere als strahlend oder schön. Deshalb
werden sie oft übersehen und vergessen.
Es gibt allerdings auch Ausnahmen. Neil der
Orkbarbar war ein gewaltiger Erfolg, der einigen
Schauspielern über viele Jahre hinweg viel Geld
eingebracht hat. In den Schatten ist es genauso.
Alle reden von Elfen und Drachen, weil die Mäch-
tigen verehrt und gefürchtet werden. Man erinnert
sich an die eleganten Redner und die Charisma-
tischen – die niederen Chargen hingegen werden
oft ignoriert. In diesem Posting will ich mich auf
die Orks und Trolle konzentrieren, die sich einen
Namen gemacht haben. Und ihr werdet hier viel
mehr erfahren, als irgendwo öffentlich bekannt ist.
Wir werden hören, wie sie es dorthin gebracht ha-
ben, wo sie heute stehen, sodass ihr erfahrt, wer
sie wirklich sind und warum sie es geschafft haben.
Aber für jede Person wie Bull oder Beaker, die – zu-
mindest in den Schatten – bekannt ist, gibt es meh-
rere andere, die sich aus der breiten Masse erho-
ben haben, auch wenn sie bisher noch nicht so viel
Aufmerksamkeit erhalten haben. Ich werde mei-
nen Teil dazu beitragen, dieses Unrecht zu besei-
tigen und ihnen Aufmerksamkeit zu verschaffen,
die sie verdient haben. Wir beginnen mit einigen
der Namen, die ihr zumindest schon gehört habt.
Ich hoffe, die Informationen sind nützlich und auf-
schlussreich.
2XL
Dieser Trollschmuggler hat viel mehr zu bieten als
nur Muskeln und Hörner, auch wenn er das nur
Leuten zeigt, die ihn näher kennenlernen. Er ist
charmant, gesprächig und hat einen feinen Sinn für
Humor.
> 2XL ist gesprächig? Ich glaube, du nimmst zu viel Jazz,
Sunshine.
> Netcat
120 TROG-RUNNER >>
Thorben Lange (Order #29309514)
CHARAKTERWERTE
Für die Charaktere in diesem Abschnitt sind hier nur die
Regelwerte für Shadowrun, Fünfte Edition angegeben.
Ihre Regelwerte für Shadowrun: Anarchy finden sich zum
kostenlosen Download auf pegasusdigital.de.
> Ich habe mit einigen seiner Connections gesprochen,
die sagen, dass er sich durchaus öffnet, wenn man ihn
wirklich näher kennenlernt. Seht euch bloß an, wie viel
er hier postet. Wenn es um ein Thema geht, das ihn tat-
sächlich interessiert, ist er eine echte Fundgrube für In-
formationen.
> Sunshine
Wenn er seinen Charme spielen lässt, tut er das,
um andere Leute zu beruhigen und ihnen das Ge-
fühl zu geben, er hätte ihre Interessen im Sinn. Er ist
der geborene Anführer. Als ich mit ihm sprach, wur-
de mir bewusst, dass er Vorurteile gegen Menschen
hat; er ist aber auch ein kluger Geschäftsmann und
versteht, dass er sich davon nicht beeinflussen las-
sen darf. Ich weiß nicht, ob seine Einstellung das
Ergebnis eines bestimmten Ereignisses ist oder die
Folge dessen, dass er jahrelang als großer, dummer
Trog betrachtet wurde.
> Wunderbar. Endlich sind wir bei der Küchenpsycholo-
gie angelangt. Wie wäre es damit: Ich habe ein genauso
steinzeitliches Stammesdenken wie alle intelligenten We-
sen, aber wie die besseren unter ihnen arbeite ich daran,
mich nicht davon leiten zu lassen. Eigentlich ganz einfach,
oder?
> 2XL
2XL schmuggelt Waffen, Drogen und alles ande-
re, was Profit einbringt. Dabei konzentriert er sich
vor allem auf Westeuropa. Sein letzter bekannter
Wohnsitz ist Lissabon, und er hat ein Netzwerk an
Connections in Westeuropa und im Mittelmeer-
raum. Natürlich hilft ihm dabei, dass er die meisten
Sprachen dort spricht.
 > Jeder kann sich einen Chip einschieben und eine Sprache 2XL - METATYP: TROLL
beherrschen. Das ist kein großes Ding.
K G R S W L I C EDG ESS
> Slamm-0!
9 4 5(7) 10 5 3 2 4 3 3
> Er spricht sie aber ohne Chip. Ich weiß nicht genau, ob Initiative 7(9) + 1W6
er sie in jungen Jahren gelernt hat und das jetzt ausnutzt,
Zustandsmonitor 13/11
oder ob er sich diese Mühe gemacht hat, um das Wissen
auch dann zu haben, wenn mit der Cyberware etwas nicht Limits Körperlich 12, Geistig 5, Sozial 6(8)
stimmt. In beiden Fällen finde ich es ziemlich eindrucks- Panzerung 13
voll.
Vorteile Magieresistenz 2, Soziales Chamäleon,
> Sunshine
Zweisprachig
2XL spricht die Sprache der Einheimischen, um Nachteile SIN-Mensch (Kriminelle SIN), Vorurteile
sie zu beruhigen und sich anzupassen – soweit ein (Menschen, Voreingenommen)
Troll das überhaupt kann. Er begann seine Laufbahn Aktions- Akrobatik 4, Bodenfahrzeuge 8, Computer 4,
an den Docks in der Italienischen Konföderation fertigkeiten Elektronische Kriegsführung 3, Erste Hilfe 6,
und fuhr danach für die italienische Mafia Lastwa- Fahrzeugmechanik 5, Fälschen 5, Flugzeuge 4,
gen nach Frankreich und in die Schweiz. Das war Führung 5(7), Gebräuche 10(12), Geschütze 5,
gefährlich, aber die Bezahlung schien ihm das Ri- Klingenwaffen 8, Knüppel 7, Pistolen 6,
siko wert zu sein. Bald fand er eigene Connections Schnellfeuerwaffen 5, Schwere Waffen 5,
und baute sein eigenes Netzwerk auf, wodurch der Sprengstoffe 4, Überreden 8(10), Verhandlung
Einfluss seines Dons weiter reichte. Es dauerte nicht 10(12), Verkleiden 4, Vorführung 4(6),
lange, bis er die Unternehmungen der Mafia in Spa- Waffenloser Kampf 6, Wahrnehmung 9
nien und Westfrankreich leitete. Er vergrößerte das Wissens- Grenzprozeduren 6, Schmuggelrouten 7, Zoll 6
Netzwerk und schmuggelte Waffen für Neo-Anar- fertigkeiten
chisten in ganz Europa, bis ein Hacker, der für ihn Sprachfertigkeiten Deutsch 5, Englisch 6, Französisch M,
arbeitete, ihn verriet. Er entkam gerade noch der Italienisch M, Portugiesisch 7, Spanisch 7
Falle, die ihm gestellt worden war, und ging eine
Bodytech Reaktionsverbesserung 2, Riggerkontrolle 2
Zeit lang in Deckung, musste aber noch eine Sa-
(Alphaware), Simrig, Smartlink;
che zu Ende bringen. Der Mann, der ihn verraten Maßgeschneiderte Pheromone 2
hatte, wurde ein paar Tag später tot aufgefunden;
seine Zunge war ihm herausgeschnitten worden Ausrüstung Gefälschte SIN 6, Kommlink [Transys Avalon;
und fehlte. Gerätestufe 6], Panzerjacke [12], 3 Stim-
Patches 6
> Eine typische Mafiareaktion. 2XL hatte vielleicht nicht Fahrzeuge GMC Bulldog [Handl. 3/3 | Geschw. 3 | Beschl.
mehr damit zu tun, als die Information weiterzugeben, wer 1 | Rumpf 16 | Panz. 12 | Pilot 1 | Sensor 2 |
ihn verraten haben könnte. Sitze 6]
> Traveler Jones Waffen Ares Alpha [Sturmgewehr | Präz. 5(7) |
Schaden 11K | DK -2 | HM/SM/AM | RK 2 |
2XL arbeitet immer noch für die Mafia und hat 42(s) | Smartgunsystem, Standardmunition]
auf dem ganzen Kontinent Verbindungen. Vom ei- Granatwerfer [Granatwerfer | Präz. 4(6) |
gentlichen Schmuggelgeschäft übernimmt er nicht Schaden 16K | DK -2 | EM | RK – | 6(s) |
mehr viel selbst, sondern konzentriert sich eher auf Smartgunsystem, Sprenggranaten]
das Strippenziehen und die Koordination der Un- Katana [Klingenwaffe | Reichweite 1 | Präz. 7 |
ternehmungen aus der Ferne. Wenn es sein muss, Schaden 13K | DK -3]
übernimmt er auch selbst Transporte, aber er wird

<< TROG-RUNNER 121

Thorben Lange (Order #29309514)
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
älter (werden wir das nicht alle?) und überlässt lie-
ber anderen den Großteil der Arbeit.
> Das ist seine Tarngeschichte. Er behauptet, halb im Ru-
hestand zu sein, aber ich sehe, dass er immer noch viel
arbeitet.
> Traveler Jones
> Ich kann mir aussuchen, welche Jobs ich mache, also ent- > „Vorurteile“? Er ist ein absoluter Rassist gegenüber Tech-
scheide ich mich für die besseren. Und ich rede nicht viel
darüber, weil ich kein Idiot bin.
> 2XL
CLOCKWORK
Dieser Hobgoblin-Hacker wuchs als Ein-Per-
sonen-Minderheit auf und weiß, wie schwer es
sein kann, anders zu sein. Er war nicht nur in seiner
Familie und Nachbarschaft der einzige Hobgoblin,
sondern auch noch anders als die meisten Orks,
die er kannte. Er war von Matrix, Wissenschaft und
Technologie fasziniert, nicht von Waffen und Urban
Brawl wie die anderen. Die meisten unter seines-
gleichen verspotteten ihn, weil er anders war und
andere Dinge interessant fand.
Das alles änderte sich, als die örtliche Gang, die
Nomads, ihn bemerkte und anwarb. Zum ersten
Mal fühlte er sich zugehörig. Er erwies sich für die
Nomads schnell als sehr nützlich, indem er der
Gang bei Drogengeschäften den Rücken deckte
und ihr beim Einbruch ins Lager einer wichtigen
Konkurrenz half: der Hombres, einer rein mensch-
lichen Latino-Gang. Er überwand die Matrixsicher-
heit und Magschlösser der Hombres mit Leichtig-
keit, und das Überraschungsmoment machte den
Angriff angenehm leicht. Das einzige Problem war,
dass die Hombres schnell herausfanden, dass die
Nomads dahintersteckten, in ihrem Rachefeldzug
die meisten Mitglieder der Gang umbrachten und
den Rest vertrieben. Clockwork erkannte, dass er in
der Stadt keine Zukunft mehr hatte, und verließ sie,
bevor die Hombres ihn erwischen konnten.
Er zog von einem Ort zum anderen, nahm Gele-
genheitsjobs an und verfeinerte seine Hacking-Fä-
higkeiten. Bald wurde er von einer Runnergruppe
entdeckt, die einen neuen Decker brauchte, weil sie
den eigenen gerade verloren hatte. Sie kauften ihm
ein hochklassiges Deck, das er mit seinem Anteil an
der Bezahlung für die gemeinsamen Jobs abbezah-
len sollte. Bald begann er, Minidrohnen umzubau-
en, die er heute für die Überwachung benutzt, und
versuchte sich als Rigger.
Nach einem Jahrzehnt der Zusammenarbeit löste
sich die Gruppe auf, nachdem bei einem besonders
harten Run ein Mitglied getötet und zwei schwer
verwundet worden waren. Kit Kat, die Magierin der
Gruppe, beschuldigte Clockwork, sie verraten zu
haben. Das wurde nie wirklich bewiesen, aber sie
122 TROG-RUNNER >>
Thorben Lange (Order #29309514)
bleibt nach wie vor davon überzeugt. Das machte
es ihm unmöglich, in der Region weiter zu arbeiten.
Er begann, als freiberuflicher Überwachungsspezia-
list zu arbeiten, und zog wieder herum.
Ungefähr zu dieser Zeit geschah das Digitale Er-
wachen, und Clockwork entwickelte sofort Vorur-
teile gegen Technomancer.
nomancern. Er hat mehr als einmal mein Leben bedroht,
und als er hörte, dass MCT nach „Testobjekten“ suchte,
begann er, sie einzufangen. FastJack und ich hatten mehr-
mals Auseinandersetzungen über seinen tiefgehenden
Hass und darüber, warum er trotzdem immer noch bei Ja-
ckPoint ist.
> Netcat
> Weil ich gut bin und einiges weiß. Jack wusste, dass nur
diese beiden Qualifikationen zählen.
> Clockwork
Er hat sich mitunter auch als Kopfgeldjäger betä-
tigt – besonders nach Personen, die er als „unnatür-
lich“ betrachtete. Er weiß viel über Fahrzeuge, be-
sonders über Drohnen, und arbeitet dauernd daran,
die Nase vorn zu haben. Während dieser Forschun-
gen wurde der legendäre FastJack auf ihn aufmerk-
sam, der ihn als Gast in den JackPoint einlud, um
über eine neue Technologie zu sprechen und die
Vor- und Nachteile der neuen RFID-Technologie zu
erklären. Es dauerte nicht lange, bis er regelmäßig
über Technologie und Wissenschaft postete.
Clockwork arbeitet noch immer in den Schatten
und hat sich einige Feinde gemacht, aber bisher
blieb er ihnen immer wenigstens einen Schritt vo-
raus. Wie bei den Technomancern verleiht er auch
seinem Hass auf Fragmentierte deutlichen Aus-
druck. Er hat offen zugegeben, dass er Kopfgelder
von MCT nimmt, um ihnen Fragmentierte als Studi-
enobjekte zu bringen.
> Und wisst ihr was? Viele Leute betrachten mich deswe-
gen als Helden, weil die Bedrohung durch die Fragmen-
tierten so offensichtlich ist. An eurer Stelle würde ich an
Bord kommen und mich auch wegen meiner Einstellung
zu Technomancern als Helden betrachten, weil sich auch
diese Bedrohung noch deutlich auswirken wird. Es ist
besser, früher recht zu haben als später.
> Clockwork
> „Ich habe in einer Frage vielleicht recht, und deshalb habe
ich wahrscheinlich auch in einer anderen, davon unab-
hängigen Frage recht.“ Ein solches Argument ist wenig
belastbar.
> Winterhawk
> Ich schätze, das ist eloquenter als das „Scheiß auf dich!“,
das ich schreiben wollte.
> Netcat

CLOCKWORK - METATYP: HOBGOBLIN
K G R S W L I C EDG ESS
6 4 5 7 4 5(8) 4 3 5 3,5
Initiative 9 + 1W6
Zustandsmonitor 11/10
Limits Körperlich 9, Geistig 6(8), Sozial 5
Panzerung 12
Vorteile Analytischer Geist, Fangzähne, Technisches
Improvisationstalent
Nachteile Schlechte Selbstbeherrschung (Rachsucht),
Vorurteile (Technomancer, Radikal)
Aktions- Akrobatik 6, Bodenfahrzeuge 8, Computer 9,
fertigkeiten Elektronische Kriegsführung 8, Erste
Hilfe 6, Fahrzeugmechanik 6, Flugzeuge 7,
Flugzeugmechanik 4, Geschütze 7,
Hacking 11, Hardware 9, Klingenwaffen 3,
Matrixkampf 7, Pistolen 6, Schleichen 3,
Schlosser 4, Schnellfeuerwaffen 5,
Software 8, Sprengstoffe 5, Spurenlesen 6,
Überreden 4, Verhandlung 3, Verkleiden 4,
Waffenbau 5, Wahrnehmung 9, Wurfwaffen 5
Wissens- Automodelle 5, Chemie 3, Drohnenhersteller 4,
fertigkeiten Matrixsicherheit 6, Physik 5,
Softwareentwickler 5, UCAS-Politik 3
Sprachfertigkeiten Englisch (Stadtsprache) M
Bodytech Mathematische SPU, Riggerkontrolle 2
(Betaware), Simrig, Smartlink;
Zerebralbooster 3
Ausrüstung Cyberdeck [Shiawase Cyber-5; Gerätestufe 5,
Attributsanordnung 8 7 6 5], Gefälschte SIN 6,
Kommlink [Fairlight Caliban; Gerätestufe 7],
Panzerjacke [12], Programme (Babymonitor,
Biofeedback-Filter, Editieren, Hammer,
Panzerung, Schmöker, Signalreiniger,
Toolbox, Verschlüsselung, Verwandlung),
Riggerkonsole [MCT Drone Web;
Gerätestufe 6], Werkzeugkisten (Elektronik,
Fahrzeugmechanik)
Fahrzeuge Eurocar Westwind 3000 [Handl. 6/4 | Geschw.
7 | Beschl. 3 | Rumpf 10 | Armor 8 | Pilot 3 |
Sensor 5 | Sitze 2]
Lockheed Optic-X2 [Handl. 4 | Geschw. 4
| Beschl. 1 | Rumpf 4 | Armor 4 | Pilot 3 |
Sensor 3]
4 MCT Fly-Spy [Handl. 4 | Geschw. 3 | Beschl.
2 | Rumpf 1 | Armor 0 | Pilot 3 | Sensor 3]
Toyota Gopher [Handl. 5/5 | Geschw. 4 |
Beschl. 2 | Rumpf 14 | Armor 10 | Pilot 1 |
Sensor 2 | Sitze 3]
Waffen AK-97 [Sturmgewehr | Präz. 5(7) | 10K
| DK -6 | HM/SM/AM | RK – | 38(s) |
Smartgunsystem, APDS-Munition]
Ares Predator V [Schwere Pistole | Präz. 5(7)
| Schaden 8K | DK -1 | HM | RK – | 15(s) |
Smartgunsystem, Standardmunition]
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
WILLIAM „BULL“
MACCALLISTER
Muss ich ihn wirklich vorstellen? Sein Wahlspruch
war lange „Der beste Ork-Decker, den ihr nie ge-
troffen habt“, aber wir haben ihn alle getroffen. Wir
wirken unter seiner wohlmeinenden Diktatur, und
er spielt den bösen Cop neben Glitchs gutem Cop
und Slamm-0!s Chaos-Cop (wenn es einen solchen
überhaupt gibt). Wir wollen uns also nicht mit der
Oberfläche des Mannes aufhalten, sondern die
Informationen aus seinem eigenen Mund bekom-
men, so wie ich sie vor Kurzem in einer Unterhal-
tung mit ihm gehört habe.
Sunshine: Danke, dass du dir für dieses Interview
Zeit nimmst.
Bull: Nun, ich konnte mich nicht mehr dahinter
verstecken, der Neue zu sein, wie ich es versucht
habe, als FastJack die Straßenlegenden-Kompilation
zusammenstellte.
Sunshine: Klar. Schließlich bist du jetzt einer der
Moderatoren. Wollen wir am Anfang beginnen?
Bull: Okay. Aber nur in groben Zügen, weil nie-
mand alle Details kennen muss. Meine Eltern wur-
den 2039 von Alamos 20.000 beim Angriff auf
den Sears Tower getötet. Alle dachten, ich sei auch
tot. Wenn man keine aktive SIN hat, weiß niemand,
dass man lebt. Damals war ich ein Mensch. Als ich
ein paar Jahre später goblinisierte, fand ich heraus,
dass das Leben durchaus noch schlimmer werden
konnte. Niemand ist so gemein wie Waisen im Tee-
nageralter. Ich musste schon sehr früh lernen, für
mich selbst zu sorgen und alles zu tun, was zum
Überleben nötig war. Es wurde ziemlich schnell klar,
dass ich in der Konzerngesellschaft keine Zukunft
hatte. Ich musste entweder ein Krimineller oder
Batman werden. Ich hatte kein großes Vermögen
und sehe in Strumpfhosen lächerlich aus, also war
diese Frage schon mehr oder weniger entschieden.
Sunshine: Also begann ein Weg, der dich in die
Schatten führte.
Bull: Alles begann auf den Straßen von Chicago,
noch bevor es zu Bug City wurde. Meine Crew und
ich arbeiteten in den Schatten und versauten eben-
so viele Jobs wie wir erfolgreich erledigten. Unser
Ruf war bestenfalls mittelmäßig. Alles veränderte
sich mit „dem Video“, das zwar nicht unsere größte
Leistung war, uns aber bekannt machte. Wir hatten
einen wirklich gefährlichen Kerl, Kyle Morgan, ge-
reizt, als ich seine schwarze Kasse gehackt und dann
versucht hatte, ihm gegenüber seinem Auftragge-
ber Aztechnology die Schuld dafür in die Schuhe zu
schieben. Er rächte sich, indem er unsere Freunde
und Familien entführte und das auf Trideo aufnahm.
> Das klingt nach Trideo-Schurken. Ich schätze, wenn es ef-
fektiv ist, macht man sich nicht viele Gedanken um Klischees.
> /dev/grrl
<< TROG-RUNNER 123
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
> Wir hatten tatsächlich Wichtigeres im Kopf als die Frage
nach seiner Bedeutung als Filmkünstler.
> Bull
Außerdem mussten wir Rätsel lösen und töd-
lichen Fallen ausweichen, um sie zu finden und zu
retten.
Wir wussten nichts davon, aber irgendwie kamen
Aufnahmen davon heraus, wie wir dieses Problem
angingen, und ein paar wichtige Leute sahen sie.
Das war für unseren Ruf wichtiger als das ganze Jahr
in den Schatten, das wir bisher hinter uns hatten.
Ein paar Jahre später veröffentlichte jemand eine
Reihe von Spielen, die unsere Runs zum Inhalt hat-
ten. Wir kamen zu ein wenig lokaler Berühmtheit,
was Fluch und Segen zugleich war. Leute wollten
mit uns in Verbindung treten. Ein paar wollten uns
engagieren, ein paar wollten uns herausfordern, ein
paar wollten uns verhaften.
Bald danach kam Bug City, und wir alle mussten
um unser Leben rennen. Zuerst kamen wir nicht
raus und waren in der CZ gefangen. Schließlich fan-
den wir einen Weg raus – wir brauchten ein Jahr,
um uns und unsere Familien in Sicherheit zu brin-
gen, aber wir schafften es. Oder zumindest die
meisten von uns. Danach zog ich herum. Ich war
bei Shadowland aktiv und fand in der Schattenge-
meinde Connections. Dann holte uns der Vertrag
mit dem Teufel ein. Einige aus meinem Team star-
ben, darunter auch Johnny. Es war Zeit, Schluss zu
machen. Ich nahm meine Familie und zog aus der
Stadt weg. Das Leben war ein Traum. Als FastJack
mich zum ersten Mal fragte, ob ich bei seinem neu-
en VPN mitmachen wollte, sagte ich, ich sei nicht
interessiert.
> Das überrascht mich nicht. Wenn du die Informationen,
die hier gepostet werden, nicht benutzen willst, warum
solltest du dich dann engagieren? Das wäre nur sinnloser
Aufwand.
> Dr. Spin
> Aber Jack musste das wissen. Ich bin überrascht, dass er
nicht gleich mit einem besseren Angebot ankam. Ich glau-
be nicht, dass er damit rechnen konnte, dass Bull sich uns
aus Altruismus anschließt.
> Slamm-0!
Dann wollten meine Kinder – Rebecca und Willi-
am Jr., die den Mittelpunkt meines Lebens bildeten
– nach Seattle ziehen. Reba wollte an die University
of Washington gehen. Billy wollte in meine Fußstap-
fen treten, und Seattle war der perfekte Ort, um sich
zu beweisen. Der Traum zerbrach schnell, als Reba
von einem Nachahmer des Mayan Cutter ermordet
wurde. Und das im Ork-Untergrund. Die Leute, die
ich engagiert hatte, brachten ihn zu mir, und ich ließ
meine Frau den Abzug drücken. Danach engagierte
ich mich beim Orks Rights Committee und dessen
124 TROG-RUNNER >>
Thorben Lange (Order #29309514)
Kampf für die offizielle Anerkennung des Ork-Un-
tergrunds als Bezirk von Seattle. Nicht so sehr, wie
manche Leute es gerne gesehen hätten, aber ich
engagierte mich.
> Gouverneur Bull!!!
> Slamm-0!
> Nein. Immer noch nicht. Niemals.
> Bull
Ich tat das aus Respekt für Reba. Sie widmete
sich einer Sache immer mit ganzem Herzen, was
besonders für Orkrechte und die Anerkennung des
Ork-Untergrunds galt.
Sunshine: Irgendwann hat sich deine Einstellung
verändert, und du hast doch bei JackPoint mitge-
macht. Du bist sogar einer der Admins. Was war der
Grund dafür?
Bull: Vielleicht, dass Billy auch Runner ist. Ich weiß
nicht. Ich konnte keine Runs mehr machen, aber ich
begann, Kontakte zu knüpfen. Ich wollte auf den
Jungen aufpassen können. Zumindest so lange, bis
er mir als bestem Ork-Decker nachfolgt, was viel-
leicht früher passieren könnte, als mir lieb ist. Und
ich arrangiere auch Runs für andere Leute, also ist
es gut, auf dem Laufenden zu sein.
Sunshine: Was sind deine Pläne für die Zukunft?
Bull: Die Arbeit als Admin bei JackPoint nimmt
meine Zeit stark in Anspruch. Besonders, wenn ei-
ner der anderen Admins sich ungefähr so erwachsen
und konzentriert benimmt wie eine Stechmücke.
> Ich kenne viel mehr Baseball-Statistiken als jede Stechmü-
cke, der du jemals begegnet bist.
> Slamm-0!
Sunshine: Reden wir ein bisschen über das Haupt-
thema: Das Leben als Trog. Zuerst – was hältst du
von dieser Bezeichnung?
Bull: Ich hatte nie ein Problem damit, etwas, das
nach mir geworfen wird, direkt auf den Angreifer
zurückzuwerfen.
Sunshine: War das einer der Gründe dafür, dass du
dich als „besten Ork-Decker, den ihr nie getroffen
habt“ bezeichnest?
Bull: Ganz genau. Ich wollte ganz deutlich klarma-
chen, dass ich ein Ork bin. Wenn jemand ein Pro-
blem damit hat, kann er mir das sagen, sobald er
diese Aussage sieht. Ich hätte wahrscheinlich nicht
von der Menge an Leuten überrascht sein sollen,
die mich besonders in den frühen Tagen im Stich
gelassen haben. Es war fast erstaunlich, wie leicht
es den Leuten fiel, einem zu sagen, dass Orks keine
guten Decker sein könnten.
Sunshine: Wie viel Spaß hattest du dabei, sie eines
Besseren zu belehren?
Bull: Unglaublich viel. Es ist nämlich eines der Ge-
heimnisse des Deckings – oder vielleicht nicht wirk-

WILLIAM “BULL” MACCALLISTER - METATYP: ORK
K G R S W L I C EDG ESS
8 4 5(8) 6 4 6(9) 4 5 6 3,4
Initiative 9(12) + 4W6
Zustandsmonitor 12/10
Limits Körperlich 9(10), Geistig 7(9), Sozial 6
Panzerung 12
Vorteile Außergewöhnliches Attribut (Logik),
Talentiert (Hacking), Trog-Anführer
Nachteile Allergie (Mittel, Gold)
Aktions- Akrobatik 5, Bodenfahrzeuge 7,
fertigkeiten Computer 11, Elektronische Kriegsführung 9,
Erste Hilfe 3, Fahrzeugmechanik 7,
Fingerfertigkeit 4, Führung 5, Gebräuche
(Matrix) 8 (+2), Gewehre 7, Hacking 13,
Hardware 10, Klingenwaffen 6, Knüppel 7,
Laufen 7, Matrixkampf (gegen IC) 10 (+2),
Pistolen (Revolver) 8 (+2), Schleichen 4,
Schnellfeuerwaffen 7, Schwere Waffen
(Sturmkanonen) 7 (+2), Schwimmen 4,
Software 10, Verhandlung 9, Verkleiden 4,
Waffenloser Kampf 4, Wahrnehmung 7
Wissens- Chicago 9, Chicagoer Straßengangs 7,
fertigkeiten Comics 6, Computerhardware 9,
Computersoftware 10, Insektengeister 10,
Konzernsicherheit 7, Matrixsicherheit 10,
Ork-Untergrund 6, Polizeiprozeduren 4,
Science-Fiction des 20. Jh. 6, Seattle 4,
Seattler Politik 6, Seattler Straßengangs 3,
Shadowrunnerwissen 9
Sprachfertigkeiten Englisch M, Japanisch 4, Sioux 4, Spanisch 3
Bodytech 2 Datenbuchsen, Mathematische SPU,
Smartlink; Synapsenbeschleuniger 3,
Zerebralbooster 3
Ausrüstung Cyberdeck [Fairlight Excalibur; Gerätestufe 6,
Attributsanordnung 9 8 7 6], Kommlink
[Fairlight Caliban; Gerätestufe 7],
Kontaktlinsen [Kap. 3; Bildverbindung,
Infrarotsicht, Sichtvergrößerung],
Panzerjacke [12], Programme (Babymonitor,
Biofeedback-Filter, Editieren, Hammer,
Panzerung, Schmöker, Signalreiniger,
Toolbox, Verschlüsselung, Verwandlung)
Waffen Ruger Super Warhawk [Schwere Pistole |
Präz. 5 | Schaden 9K | DK -6 | EM | RK – |
6(tr) | APDS-Munition]
Panther XXL [Sturmkanone | Präz. 5(7) |
Schaden 17K | DK -6 | EM | RK – | 15(s) |
Smartgunsystem, Standardmunition]
lich ein Geheimnis –, dass es die vielleicht beste Pro-
fession für Leute ist, die Rache wollen. Klar können
Sammies Leuten aufs Maul hauen, aber blaue Fle-
cken vergehen, und die Leute erholen sich. Als De-
cker kann man sich schnell und einfach rächen, in-
dem man ein Kommlink röstet, aber man kann auch
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
noch mehr Spaß haben. Man kann die Leichen aus
den Kellern von Leuten holen und sie denen zeigen,
die sie nicht sehen sollen. Man kann jemandem den
Ruf ruinieren. Man kann sich online als sie ausgeben,
um ihnen zu schaden. Man kann sie jahre- und jahr-
zehntelang quälen, nachdem sie einem geschadet
haben. Man kann dafür sorgen, dass sie die Lektion
niemals vergessen, die sie eigentlich gelernt haben
sollten.
Sunshine: Das alles klingt überhaupt nicht hy-
pothetisch. Gibt es Leute aus deiner frühen De-
cker-Zeit, denen du immer noch Lektionen erteilst?
Bull: Nur den wirklich widerlichen.
> Wahrscheinlich muss man noch genauer analysieren, was
besser ist: den Leuten den eigenen Metatyp um die Ohren
hauen und sie damit fertigwerden lassen; oder ihnen zeigen,
was man kann, und den Metatyp später aufzudecken (was
Decker viel besser können als alle anderen in den Schatten).
Hilft die offene Konfrontation dabei, die Rassisten gleich am
Anfang auszusortieren, oder heizt es den Rassismus an,
obwohl ein behutsamerer Zugang sie zu mehr Toleranz be-
wegen könnte? Im Moment habe ich noch nicht genügend
Indizien dafür, um zu sagen, was besser wäre.
> Fianchetto
> Es ist besser, so früh wie möglich herauszufinden, wie die
Leute ticken, als später von ihrem Rassismus überrascht
zu werden.
> 2XL
BEAKER
Beaker ist eine der technischen Expertinnen hier bei
JackPoint. Sie wurde 2035 als Kind zweier Troll-El-
tern in Newark, New Jersey, geboren, das immer
noch ein eigener, blühender Metroplex war, obwohl
es knapp außerhalb der Konzernenklave von Man-
hattan lag. Ihr Vater arbeitete in einem Bürogebäu-
de von Ares als Hausmeister, ihre Mutter als Kell-
nerin und in anderen Nebenjobs, um das magere
Einkommen aufzubessern. Die Familie lebte zwar
nicht in Armut oder im Slum, hatte aber trotzdem
jeden Monat Schwierigkeiten, über die Runden zu
kommen. Als jüngeres von zwei Kindern liebte Be-
aker die Technologie und sah sich alle Trideo-Do-
kumentationen an, die sie finden konnte, wenn das
Trid-Abo funktionierte. Ihr älterer Bruder hingegen
schloss sich den Halloweeners an und wurde in ei-
ner Gang-Auseinandersetzung getötet, als Beaker
gerade zwölf geworden war. Beakers Mutter Jessica
kam nie über ihre Trauer hinweg und starb noch im
selben Jahr. Ihr Vater Jack schwor, seiner Tochter ein
besseres Leben zu ermöglichen. Er förderte ihr In-
teresse an der Technologie, besonders der Chemie,
und spornte sie zu Höchstleistungen an.
Sie schloss die Highschool als eine der zehn Be-
sten ihres Jahrgangs ab. Nach mehreren Absagen
<< TROG-RUNNER 125
 >> BUCH DER VERLORENEN <<

hatte sie die Hoffnung beinahe aufgegeben, wurde

dann aber an der Universität Albany aufgenommen,
wo sie mit einem Bachelor in Chemie abschloss.
Arbeit zu finden war ungefähr so schwer, wie einen
Studienplatz zu finden: Sie bewarb sich mehrmals
erfolglos und bekam schließlich einen Job bei Hen-
drick’s Demolitions, einer Firma, die auf das sichere
Abreißen von Gebäuden spezialisiert war. Dort
lernte Beaker einiges über Architektur und das Ab-
rissgeschäft. Als ihr Boss Rob Hendrik von der Ma-
fia erschossen wurde, weil er das Schutzgeld nicht
rechtzeitig bezahlt hatte, nutzte Beaker das Chaos,
um zu verschwinden, und begann, als Beraterin zu
arbeiten.
Durch diese Tätigkeit wurde FastJack auf sie auf-
merksam und bat sie, ihre Expertise über Chemie
und Sprengstoffe bei JackPoint beizusteuern. Bald
danach wurde der Mafioso hingerichtet, der hinter
dem Mord an Rob Hendrick steckte, weil er meh-
rere Ladungen Sprengstoff und Material verloren
hatte, die der Mafia gehört hatten.

> Fürs Protokoll: Ich hatte nichts mit seinem Tod zu tun. Ich
mochte es nicht, wie die Mafia die ganze Sache behandelt
hat, aber ich war noch am Anfang meiner Karriere und woll-
te mich nicht mit dem organisierten Verbrechen anlegen.
> Beaker

> Das klingt weise, obwohl der schnelle Tod dieses Kerls
doch ein sehr glücklicher Zufall zu sein scheint.
> Dr. Spin
Beaker arbeitet immer noch als Beraterin zu den
Themen Sprengstoffe und Architektur in den Schat-
ten. Sie hat Zugang zu exzellenten Insider-Connec-
tions, die ihr Pläne beschaffen können, die nicht öf-
fentlich zugänglich sind. Sie ist in der interessanten
Lage, als eine der wenigen Trolle in der Wissen-
schaft engagiert gewesen zu sein und sie zugun-
sten der Schatten verlassen zu haben. Ihre Reise
durch die akademische Welt und ihre Arbeit ste-
hen exemplarisch für einige der Schwierigkeiten,
mit denen Trogs zu tun haben, und für die hohen
Hürden, die sie überwinden müssen. Trotzdem ist
Beaker, was die Trog-Rechte betrifft, weniger laut
als andere Trogs.

> Ich bin nur vorsichtig dabei, was ich dem Rassismus zu-
schreibe. Es ist schwer, ins College zu kommen. Es ist
schwer, einen Job zu kriegen. Und es wird noch schwe-
rer, wenn die Eltern nicht im College waren und nicht viel
Unterstützung bieten können. Wie viele meiner Schwierig-
keiten lagen daran, dass ich eine Trollin bin, und wie viele
lagen an ökonomischen und anderen Umständen? Ich bin
nicht naiv. Ich weiß, dass es Rassismus gibt, und dass er
bei dem Ganzen eine Rolle spielte. Aber ich weiß nicht, wie
groß diese Rolle war, und als Wissenschaftlerin möchte
ich nicht behaupten, Unbekanntes genau zu wissen.
> Beaker

126 TROG-RUNNER >>

Thorben Lange (Order #29309514)

 >> BUCH DER VERLORENEN <<

BEAKER - METATYP: TROLLIN eine absolute Heldin. Wir waren echte Satansbraten.
K G R S W L I C EDG ESS Tommy, der Älteste, war ein großer Athlet, bis er ein
6 3 5 6 5 6 4 3 4 6 Bein bei einem Motorradunfall verlor. Er war immer
noch richtig gut, aber wegen der Cyberware durfte
Initiative 9 + 1W6
er nicht mehr Profisport machen. Ich war immer von
Zustandsmonitor 11/11 den Geschichten fasziniert, über die alle sprachen,
Limits Körperlich 8, Geistig 7(10), Sozial 6 wie von der über Old Man Jones. Also forschte ich
nach, um herauszufinden, was wahr und was erfun-
Panzerung 13
den war.
Vorteile Außergewöhnliches Attribut (Logik), Sunshine: Wer war Old Man Jones?
Durchsetzungskraft 3 (Geistig) Snopes: Der schrullige alte Ork, der im fünften
Aktions- Chemie 8, Computer 5, Gebräuche 3, Stock wohnte und angeblich früher ein Mörder im
fertigkeiten Hardware 4, Industriemechanik 8, Konzernauftrag war.
Klingenwaffen 4, Laufen 3, Pistolen 4, Sunshine: War er das?
Sprengstoffe 9, Wahrnehmung 6 Snopes: War er nicht. Ich habe die Matrix durch-
Wissens- Akademia 4, Architektur 5, sucht und nichts über ihn herausgefunden.
fertigkeiten Chemikalienhersteller 6, Säuren und Basen 7, Sunshine: Wie hast du dann die Wahrheit ent-
Sprengstoffe 5 deckt?
Snopes: Ich bin zu ihm hochgegangen und habe
Sprachfertigkeiten Englisch (Stadtsprache) M, Spanisch 3
ihn schließlich einfach gefragt. Und ab diesem Tag
Ausrüstung Gefälschte SIN 5, Kommlink [Hermes Ikon; wusste ich, dass ich mit der Suche nach der Wahrheit
Gerätestufe 5], Panzerjacke [12; Chemische meinen Lebensunterhalt verdienen wollte. Er erzähl-
Isolierung 5], RFID-Löscher, 4 Sprengkapseln, te mir, dass er bei Fuchi als Lohnsklave gearbeitet
2 kg Sprengschaum 20 hatte. Als ich ihn fragte, warum er die Gerüchte nicht
Waffen Defiance EX-Shocker [Taser | Präz. 4 | richtiggestellt hatte, erzählte er, dass er so von den
Schaden 9G(e) | DK -5 | EM | RK – | 4(m)] Jugendlichen im Block nicht belästigt wurde. Warum
sollte er also? Ich war seit Jahren der Erste gewesen,
der es gewagt hatte, ihn darauf anzusprechen. Und
SNOPES noch wichtiger war, dass er mich ermunterte, den
Dingen selbst auf den Grund zu gehen.
Unser aller liebster Skeptiker war so nett, mir ein Sunshine: Er hat dir also deinen zukünftigen Le-
Telefoninterview über die Matrix zu geben. Es folgt bensweg gezeigt?
das Transkript. Snopes: Genau. In gewisser Weise trug er mehr
zu meiner Erziehung bei als meine eigenen Eltern.
Sunshine: Danke, dass du zu diesem Interview be- Sie mussten beide jeweils zwei Jobs annehmen, um
reit bist. Ich weiß, wie sehr du deine Privatsphäre genug zu essen auf den Tisch zu bringen. Du kannst
schätzt. dir gar nicht vorstellen, wie viel fünf Orkjungen im
Snopes: Besonders in den letzten Jahren. Jetzt ist Teenageralter pro Woche essen. Er ernährte mei-
es nicht mehr ganz so heiß, sodass ich reden kann. nen Geist, während meine Eltern meine Brüder und
Und als ich hörte, dass du dich über mich erkundi- mich satt machten. Als ich alt genug war, ging ich
gst, dachte ich, dass ich der Genauigkeit am besten von zu Hause fort und begann, für den UCAS En-
dienen kann, indem ich dir die Daten direkt von der quirer zu arbeiten.
Quelle gebe. Sunshine: Du hast für dieses Käseblatt gearbeitet?
Snopes: Habe ich. Ich habe gut verdient und konn-
> Oder dass du so am besten die Desinformation streuen te meinen Eltern zur Unterstützung für meine Brü-
kannst, die du bekannt machen willst. der ein wenig Geld schicken. Ich lernte, wie man
> Dr. Spin wirklich die Wahrheit hinter einer Story heraus-
finden konnte. Ich glaube, mein Redakteur hasste
> Ich gebe zu, dass das für manche Leute ein Motiv wäre. mich, als ich schließlich ging. Ich habe in dem Jahr,
Aber sei ehrlich: Du weißt, was mir wichtig ist. in dem ich dort war, mehr Storys als falsch entlarvt
> Snopes als herausgebracht.
Sunshine: Wohin ging es dann weiter?
Außerdem hast du mir zugesichert, dass ich die Snopes: Ich begann mit meinem eigenen Ermitt-
Antwort auf Fragen verweigern darf, die ich zu per- lungsdienst, um Verschwörungstheorien, Gerüch-
sönlich finde. ten und modernen Mythen nachzugehen – all dem
Sunshine: Hoffentlich kommt das nicht zu oft vor. Zeug, das die Leute über die Matrix verbreiten.
Also erzähl uns mal etwas aus deiner Kindheit. Wenn etwas Wahres dran war, sorgten wir dafür,
Snopes: Ich war der zweitälteste von fünf Jungs; wir dass es ans Licht kam. Wenn nicht, sorgten wir da-
waren jeweils ein Jahr auseinander. Meine Mutter ist für, dass auch das bekannt wurde.

<< TROG-RUNNER 127

Thorben Lange (Order #29309514)
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
Sunshine: Also genau das, was du hier bei Jack-
Point machst.
Snopes: Mehr oder weniger. Wir bieten auch an-
dere Ermittlertätigkeiten an, und das hilft dabei, die
Rechnungen zu bezahlen und das Büro über Was-
ser zu halten.
Sunshine: Willst du Werbung für dein Büro ma-
chen?
Snopes: Nein.
Sunshine: Du hast erwähnt, wie teuer es war, eine
Ork-Familie durchzufüttern. Wie hat dich dein Ork-
sein noch geprägt?
Snopes: Es hat dazu geführt, dass ich das Bedürf-
nis habe, absolut alles belegen können zu müssen,
was ich behaupte. Ich weiß, dass viele Leute mir
wegen meiner Hauer weniger bereitwillig glauben.
Also sorge ich für Beweise. Ich sorge dafür, dass
man mir glauben muss, weil meine Aussagen im-
mer mit den Beweisen übereinstimmen.
Sunshine: Aber es gibt viele Gerüchte und Legen-
den über Orks und Trolle, die trotz aller Gegenbe-
weise nicht verschwinden. Warum ist das so, und
findest du das entmutigend?
Snopes: Das „Warum“ ist eigentlich einfach zu be-
antworten: Es ist eine Sache, Nachweise zu einer
Person zu finden und zu zeigen, was sie getan hat
und was nicht. Es ist aber etwas ganz anderes, etwas
über eine ganze Gruppe von Personen zu belegen.
Wenn jemand sieht, dass sich ein Ork oder Troll so
verhält, wie man es von allen Orks oder Trollen er-
wartet, sorgt das dafür, dass das Vorurteil bestätigt
wird. Wenn man mit Zahlen belegt, dass die eige-
ne Erfahrung von Vorurteilen beeinflusst wird, hört
niemand zu. Das ist einfach die menschliche – und
auch die metamenschliche – Natur.
Und ob es entmutigend ist? Natürlich. Es gibt
Sachen, bei denen ich das Gefühl habe, sie schon
tausendmal widerlegt zu haben. Wie die Story vom
Engel der Nacht – einer angeblichen Elfe, die in der
Nacht des Zorns Heilzauber auf Orks und Trolle
gewirkt haben soll, bis sie vor Erschöpfung zusam-
menbrach und starb. Es gibt keinerlei Beweise für
ihre Existenz, und die meisten Geschichten über sie
wurden frühestens fünf Jahre nach der Nacht des
Zorns erzählt. Aber es ist eine schöne Story über
jemanden, der an einem der schlimmsten Tage der
modernen Zeit über die Grenzen der Metatypen
hinweg geholfen hat. Und das wollen die Leute
glauben. Ich bin nicht völlig entmutigt – die Dauer-
haftigkeit dieser Story zeigt, dass die Leute manch-
mal an das Gute glauben wollen. Aber es ist ärger-
lich, dass Fehlinformationen hartnäckiger bleiben
und sich schneller verbreiten als echte Fakten. Ich
habe mindestens ein Dutzend Mal damit aufgehört,
die Wahrheit verbreiten zu wollen. Aber das hält
meistens nur einen Tag oder zwei. Dann schwinge
ich mich wieder in den Sattel, weil es mein Leben-
sinhalt ist. Wenn ich meinen Glauben an die Wahr-
heit verliere, bleibt mir nicht mehr viel.
128 TROG-RUNNER >>
Thorben Lange (Order #29309514)
SNOPES - METATYP: ORK
K G R S W L I C EDG ESS
4 3 2(3) 3 5 5 4 5 4 4,5
Initiative 6(7) + 2W6
Zustandsmonitor 10/11
Limits Körperlich 4(5), Geistig 7, Sozial 7
Panzerung 12
Vorteile Fotografisches Gedächtnis, Soziales
Chamäleon
Aktions- Bodenfahrzeuge 6, Computer 8, Elektronische
fertigkeiten Kriegsführung 5, Fingerfertigkeit 7, Führung 4,
Gebräuche 8, Hacking 5, Hardware 5,
Knüppel 4, Matrixkampf 3, Pistolen 5,
Schleichen 8, Schlosser 6, Tauchen 2,
Überreden 7, Verhandlung 6, Verkleiden 8,
Verkörperung 5, Vorführung 6, Wahrnehmung 8
Wissens- Geheimorganisationen 5,
fertigkeiten Verschwörungschats 5,
Verschwörungstheorien 5
Sprachfertigkeiten Englisch M, Spanisch 3
Bodytech Cyberohren [Stufe 4; Audioverbesserung 3,
Balanceverstärker, Dämpfer,
Richtungsdetektor, Selektiver
Geräuschfilter 6], Fingerkuppenbehälter,
2 Schmuggelbehälter;
Synapsenbeschleuniger 1
Ausrüstung Chamäleonanzug [9], Beglaubigter Credstick
[Gold], Cyberdeck [Hermes Chariot;
Gerätestufe2, Attributsanordnung 5 4 4 2],
Kommlink [Hermes Ikon; Gerätestufe 5],
Panzerjacke [12]
Waffen Ares Predator V [Schwere Pistole | Präz. 5(7)
| Schaden 8K | DK -1 | HM | RK – | 15(s) |
Smartgunsystem, Standardmunition]
Teleskopschlagstock [Knüppel | Reichweite 1
| Präz. 5 | Schaden 5K | DK –]
BUTCH
Butch ist bei JackPoint für ihr Wissen über Medizin
in den Schatten bekannt. Sie bringt sich bei allen
medizinischen Themen – wie Kliniken, Straßendocs
und DocWagon – ein und ist vor Kurzem zu un-
serer größten KFS-Expertin geworden. Ich konnte
sie nicht für ein Interview erreichen, aber ich habe
einiges über ihre Geschichte herausgefunden und
muss ein paar wichtige Dinge klarstellen.
Butch wuchs als jüngstes von drei Kindern von
Angestellten im mittleren Management bei Knight
Errant auf. Schon in jungen Jahren war sie von der
Medizin und den körperlichen Unterschieden der
Metatypen fasziniert. Sie schloss das Medizinstu-
dium als eine der Jahrgangsbesten der Universität
von Minnesota ab und machte ihr Praktikum im
Krankenhaus in Downtown. Es dauerte nicht lan-

ge, bis sie von DocWagon ein Angebot bekam, als
Notfallmedizinerin in einem Einsatzteam zu arbei-
ten und damit ihre Studienkredite abzubezahlen.
Sie genoss es, Patienten zu retten, erkannte aber
auch, dass DocWagon sich nur so viel für diese in-
teressierte, wie sie bezahlen konnten. Alles, worauf
es Butch ankam, war, das Leben ihrer Patienten zu
retten. Sie wurde mehr als einmal verwarnt, weil
sie Patienten behandelte, die keine Kunden von
DocWagon waren. Sie fand, dass medizinische Ver-
sorgung jedem zur Verfügung stehen sollte, und
setzte diese Überzeugung auch nach Feierabend
als Freiwillige in einer örtlichen Klinik um.
> Ihre Gefühle in dieser Frage gehen sehr tief – ihre ältere
Schwester starb kurz nach einem Autounfall, weil sie kei-
ne Versicherung hatte und das eintreffende Rettungsteam
nichts für sie tat.
> Sounder
Nachdem sie ihre Zeit bei DocWagon abgedient
hatte, kündigte sie und arbeitete Vollzeit in der Kli-
nik, in der sie als Freiwillige tätig gewesen war.
Die Klinik bekämpfte ihre finanziellen Probleme,
indem sie Schwarzmarktimplantate einbaute und
inoffizielle Cyberchirurgie betrieb. Wenn sie mit
Drogensüchtigen zu tun bekam, versuchte Butch
immer ihr Bestes, sie davon zu überzeugen, die
Drogen sein zu lassen und ihr Leben zu ändern.
Trotzdem verweigerte sie niemandem die Behand-
lung. Sie ermunterte ihre Patienten, ein gesünderes
Leben zu führen, aber sie fand, dass ihre wichtigste
Aufgabe war, sie lange genug am Leben zu halten,
dass sie dazu Gelegenheit bekamen.
Vor Kurzem sah sich Butch durch das Aufkommen
von KFS vor schwierige moralische Fragen gestellt.
Sie wollte diesen Leuten helfen, erkannte aber, dass
sie in den meisten Fällen schon zu weit weg waren,
als dass sie ihnen noch helfen konnte. Ein Patient,
mit dem sie es zu tun hatte, war nicht mehr wirklich
die Person, die bei ihr nach Heilung suchte; er war
nur noch ein Infektionsrisiko. Das führte zu einem
Konflikt mit ihrer Überzeugung, dass jeder eine Be-
handlung verdiente, egal, in welcher Lage er war.
Deshalb begann sie, bei der Suche nach einer ech-
ten Heilung mit verschiedenen Konzernen zusam-
menzuarbeiten. Bislang mit eher geringem Erfolg.
> Einer dieser Konzerne ist MCT. Alle wollen mich kreuzigen,
weil ich denen Testpersonen beschaffe, aber sie darf un-
gestraft die eigentlichen Experimente durchführen? Was
für eine Heuchelei.
> Clockwork
> Sie nennt ihre Patienten nicht Freaks und behauptet auch
nicht, dass die Welt ohne sie besser wäre, wie du es mit
Technomancern machst. Es geht um die Perspektive, nicht
um den Vorgang.
> Netcat
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
BUTCH - METATYP: ORKIN
K G R S W L I C EDG ESS
5 5 4 4 6 5(8) 4 4 4 5,2
Initiative 8 + 1W6
Zustandsmonitor 11/11
Limits Körperlich 6, Geistig 7(9), Sozial 7
Panzerung 12
Vorteile Analytischer Geist, Talentiert (Medizin)
Nachteile Abhängigkeit (Leicht, Long Haul), Allergie
(Leicht, Silber)
Aktions- Biotechnologie 8, Bodenfahrzeuge 3,
fertigkeiten Chemie 5, Computer 5, Erste Hilfe 9,
Fingerfertigkeit 4, Kybernetik 9, Medizin 10,
Pistolen 4, Unterricht 5
Wissens- Biologie 5, Chemische Verbindungen 4,
fertigkeiten Krankheitsvektoren 4, Medizinische
Prozeduren 5, Psychologie 7, Toxine 5
Sprachfertigkeiten Englisch M, Japanisch (Stadtsprache) 3 (+2)
Bodytech Mathematische SPU, Sichtvergrößerung;
Zerebralbooster 3
Ausrüstung Kommlink [Transys Avalon; Gerätestufe 6],
Medkit 6, Panzerjacke [12], 3 Tranq-
Patches 10, 4 Trauma-Patches
Waffen Ares Predator V [Schwere Pistole | Präz. 5(7)
| Schaden 8K | DK -1 | HM | RK – | 15(s) |
Smartgunsystem, Standardmunition]
Butch hat bei der Entwicklung ihrer Fähigkeiten
vielleicht davon profitiert, dass sie eine Orkin ist.
Es ist bekannt, dass DocWagon Orks und Trolle ger-
ne in seinen HTR-Teams einsetzt, und diese Teams
behandeln oft die schlimmsten Verletzungen unter
den schlimmsten Umständen. Diese Situationen
machten sie zu einer hervorragenden Notfallmedi-
zinerin, und ihre Erfahrungen in der Klinik sorgten
dafür, dass sie die bestmögliche Versorgung auch
mit weniger modernen Mitteln sicherstellen konn-
te. Und natürlich kennt sie die Physiologie von Orks
ziemlich gut, also ist sie hervorragend darin, ihre
Verletzungen zu behandeln. Von Trollen versteht
sie ein bisschen weniger, aber sie ist bei deren Not-
fallversorgung trotzdem besser als 99 Prozent aller
anderen Mediziner, denen ihr begegnen könnt.
> Das ist sehr freundlich, aber ich mache mir keine Illusio-
nen über mich selbst. Meine Spezialität ist es, Leute am
Leben zu halten, bis die wirklich fähigen – und gut aus-
gerüsteten – Experten sie so pflegen können, wie sie es
brauchen. Die wissenschaftliche Seite des Jobs verbes-
sert sich bei mir langsam, und ich habe ein paar Fähigkei-
ten entwickelt, an die ich nie gedacht hätte. Aber ich weiß,
wie gut die Besten der Welt in dieser Art von Arbeit sind,
und ich weiß, dass ich nicht dazugehöre.
> Butch
<< TROG-RUNNER 129
 >> BUCH DER VERLORENEN <<

SOUNDER SOUNDER - METATYP: ORKIN

K G R S W L I C EDG ESS
Ich wandte mich über gemeinsame Connections an 7(+2) 3 6(9) 4 4 4 3 5 5 1,9
Sounder. Als sie sagte, sie sei nicht an einem Inter-
view interessiert, untersuchte ich ihren Hintergrund Initiative 9(12) + 1W6
und ihre Geschichte auf eigene Faust. Zustandsmonitor 12/10
Sounder wuchs in Seattle auf und erlebte die be-
Limits Körperlich 7(8), Geistig 5, Sozial 6
kannte Geschichte mit einer überarbeiteten Mut-
ter, die versuchte, sie durchzufüttern. Sie begann Panzerung 13
schon sehr jung, mit den Crimson Crush rumzuhän- Vorteile Hohe Schmerztoleranz 2, Schnellheilung,
gen, und war bald mit der Gang auf der Straße un- Zähigkeit
terwegs. Als begabte Fahrerin wurde sie schnell zur
Nachteile Auffälliger Stil (Augenklappe)
bevorzugten Transportverantwortlichen. Schließ-
lich übernahm sie den Drogentransport aus der Sa- Aktions- Bodenfahrzeuge 7, Elektronische
lish-Shidhe-Nation nach Seattle. Diese Aktivitäten fertigkeiten Kriegsführung 6, Fingerfertigkeit 6,
machten die Yakuza auf sie aufmerksam, die sie re- Flugzeuge 4, Gebräuche 8, Geschütze 7,
krutierte. Sounder beobachtete, wie die Grenzpat- Gewehre 9, Klingenwaffen 8, Navigation 9,
Schiffe 10, Schleichen 5, Seefahrtmechanik 8,
rouillen immer schärfer wurden, und fing an, über
Sprengstoffe 4, Survival 4, Überreden 8,
den Puget Sound zu schmuggeln, wofür sie zuerst Verkleiden 4, Waffenloser Kampf 7,
Schnellboote, dann auch größere Fahrzeuge be- Wahrnehmung 7, Wurfwaffen 5
nutzte.
Wissens- Meeresströmungen 6, Organisiertes
fertigkeiten Verbrechen 6, Pazifischer Nordwesten 4,
> Und jetzt ein verdammtes U-Boot, das zu den wenigen Din- Puget Sound 7, Schmuggelrouten 7, Yakuza-
gen im Wasser gehört, die mich nervös machen könnten,
Hierarchie im Nordwesten 7
wenn ich sie gegen mich aufbrächte. Also passe ich auf,
das nicht zu tun. Sprachfertigkeiten Englisch M, Japanisch (Stadtsprache) 6 (+2),
> Kane Or’zet 5
Bodytech Kunststoff-Kompositknochen,
Heutzutage hat sie sich langsam von der Yakuza Reaktionsverbesserung 3, Riggerkontrolle 3
entfernt und arbeitet mehr unabhängig. Das fing (Betaware), Simrig, Smartlink,
an, als eine der Yakuza-Unternehmungen schief- Stimmenmodulator 6
ging und sie ein Auge verlor. Ausrüstung Kommlink [Hermes Ikon; Gerätestufe 5],
Medkit 6, Panzerjacke [12],
> Bei den Yaks gibt es entweder ein Todesurteil, oder man Seefahrtmechanik-Laden
verliert einen Finger. Was hat sie gemacht, dass sie statt-
Fahrzeuge Ares Venture [Handl. 5 | Geschw. 7 | Beschl. 4
dessen ein Auge nahmen?
| Rumpf 16 | Panz. 14 | Pilot 4 | Sensor 4 |
> Baka Dabora
Sitze 6]
Aztech Profit [Handl. 2 | Geschw. 2 | Beschl. 1
> Der Kerl wollte ihr die Kehle durchschneiden, und sie kam | Rumpf 14 | Panz. 22 | Pilot 3 | Sensor 2 |
nicht ganz weg. Dann hat sie ihm sein Messer reinge- Sitze 10]
rammt. Zumindest ist das die Geschichte, die ich gehört Echo Motors Metaway [Handl. 4/2 | Geschw. 4
habe. | Beschl. 1 | Rumpf 10 | Panz. 4 | Pilot 1 |
> Butch Sensor 2 | Sitze 1]
Harley-Davidson Nightmare [Handl. 4/3 |
> Cyberaugen sind zwar weitverbreitet, aber Sounder trägt Geschw. 5 | Beschl. 2 | Rumpf 8 | Panz. 8 |
eine Augenklappe, wenn ihr danach ist. Sie behauptet, Pilot 2 | Sensor 3 | Sitze 2]
das würde die nautische Stimmung ihrer Schmugglerge- MCT-Nissan Roto-Drohne [Handl. 4 |
schäfte unterstützen. Geschw. 4 | Beschl. 2 | Rumpf 4 | Panz. 4 |
Pilot 3 | Sensor 3]
Proteus Krake [Handl. 5 | Geschw. 3 |
> Sie hat ein Cyberauge und trägt die Augenklappe nur, Beschl. 4 | Rumpf 2 | Panz. 2 | Pilot 4 |
wenn sie die Piratin spielen will. Oder einfach cool ausse-
Sensor 3 | 4 Mikrotorpedos [Schaden 6K
hen will.
| DK -4 | Sprengwirkung 1 m Radius |
> Turbo Bunny Säureschaden]]

Trotz ihrer offensichtlichen Vorliebe für das Pi-
raten-Outfit betreibt sie keine Piraterie auf den See-
wegen um Seattle. Sie transportiert einfach unauf-
fällig die Waren ihrer Kunden die Pazifikküste rauf
und runter. Trotz der Unstimmigkeiten mit dem
Waffen Enfield AS-7 [Schrotflinte | Präz. 4(5) |
Schaden 11G(e) | DK -5 | HM/SM | RK – |
24(t) | Lasermarkierer, Schockermunition]
Überlebensmesser [Klingenwaffe |
Reichweite – | Präz. 5 | Schaden 6K | DK -1]

130 TROG-RUNNER >>

Thorben Lange (Order #29309514)


einen Yakuza-Boss transportiert sie für die Yakuza
weiter Waffen von und nach Seattle. Sie hat viele
Connections in der Region San Francisco im Frei-
staat Kalifornien und hat sogar einige Schiffe in die-
sem Land registriert. Sie hat auch in Seattle viele
Connections und ist eine wichtige Gestalt in der
Clubszene, wobei sie die dunklen, stimmungsvollen
Lokale den heißen und trendigen vorzieht. Wenn
man zu den Top-Schmugglern von Seattle gehören
will, muss man einen Weg nach Tír Tairngire finden,
also hat Sounder mehr als einen davon. Aber keine
leichten Wege, weil am Tír nichts leicht ist. Das be-
deutet natürlich, dass man für den Schmuggel über
diese Grenze mehr bezahlen muss.
Ich wollte an dieser Stelle eigentlich mit den be-
kannten Leuten aufhören und ein paar vielverspre-
chende Neulinge vorstellen, aber es hieß, ich solle
auch noch von mir selbst erzählen. Also lest weiter!
SUNSHINE
Ich wurde 2052 als zweiter Sohn zweier Angehö-
riger des mittleren Managements von Novatech in
Denver geboren. Es war eine andere Stadt in einer
anderen Zeit. Ich wurde nicht mit dem silbernen
Löffel zwischen den Hauern, aber auch nicht in die
Armut geboren. Mein Vater war ein aufstrebender
Stern, der viele Barrieren überwand, die bis da-
mals bestanden hatten. Ich habe viel von ihm ge-
lernt: Zum Beispiel lehrte er mich über Bürointrigen
und darüber, wie wichtig es ist, Personen lesen zu
können. Er wusste nicht immer, dass ich zuhörte –
oder überhaupt da war –, als ich seine Lektionen
in mich aufnahm. Zum Beispiel versteckte ich mich
mit fünf Jahren einmal im Schrank und belauschte
die Verhandlungen mit seiner neuen Chefin. Als
Angehöriger des mittleren Managements hätte er
sich eigentlich dankbar erweisen sollen, einen Job
zu haben, der nicht völlig schrecklich war, und die
Vorgesetzten erwarteten meistens viel Arschkrie-
cherei. Mein Vater aber beobachtete seine Chefin
genau und erkannte, dass er schnell jede Chance
auf Respekt bei ihr verspielen würde, wenn er sich
als Fußabtreter präsentierte. Also leistete er in ei-
ner oder zwei Fragen sanften Widerstand, blieb
höflich, ließ sie aber wissen, dass er nicht in allem
einfach nachgeben würde. Sie wurde im Verlauf
des Gesprächs immer interessierter, weil sie den
Austausch von Ideen mehr schätzte als das Erteilen
von Befehlen. Er hatte sie richtig interpretiert und
war ihr auf eine Weise begegnet, mit der sie etwas
anfangen konnte.
Das hieß aber nicht, dass er ein Heim für die Ewig-
keit gefunden hatte. 2058 machte er sich zu den
grüneren Weiden von Erika auf – dachte er.
Ein Teil meiner Bildung war die Erkenntnis, dass
Megakonzerne unbarmherzig sind und ihre Leu-
te nur als Rädchen in der Maschine sehen. Es geht
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
nur um den Wert, den man im Moment darstellt –
frühere Verdienste zählen gar nichts. Meine Mut-
ter war eine Matrixspezialistin und starb im Crash
2.0. Der Konzern gab meinem Dad zwei Tage frei
und wünschte Beileid. Dann dauerte es nicht mehr
lange, bis Novatech, Erika und Transys-Neuronet zu
NeoNET verschmolzen. Plötzlich arbeitete mein Va-
ter mit Leuten zusammen, die er bei seinem Wech-
sel zu Erika verlassen hatte. Sie behaupteten alle,
dass sie nicht nachtragend seien, aber ich hatte da-
mals schon genug gelernt, um zu erkennen, dass
das nicht stimmte. Mein älterer Bruder trat in die
Fußstapfen meines Vaters und ging zu NeoNET. Ich
war Jahrgangsbester, und alle erwarteten, dass auch
ich das bald tun würde.
Stattdessen machte ich etwas ganz anderes und
ging als Spezialist für verdeckte Ermittlungen in die
Schatten. Ich kam genau rechtzeitig raus: Mein Va-
ter wurde ein Jahr nach meinem Abschluss recht
unhöflich gefeuert. Seine Begabung für das Lesen
von Personen hatte keine Chance gegen die Mäch-
te, die sich gegen ihn verbündet hatten. Ich fahre
die Schiene der langzeitigen Täuschung, finde In-
formationen und schmutzige Geheimnisse heraus,
die Konzerne und Firmen verheimlichen wollen,
und sorge dafür, dass sie ans Licht kommen. Fast-
Jack erkannte den Wert dessen, was ich tat, und lud
mich hierher ein. Eigentlich ganz einfach.
Bis vor Kurzem habe ich verdeckt bei Horizon
in Los Angeles gearbeitet. Ihr habt ein wenig von
dem, was ich herausfand, erfahren, aber ich fand,
dass es mehr herauszufinden gab, also fand ich
weitere Möglichkeiten, mit dem Konzern zu arbei-
ten, besonders, weil er an der neuen Version des
Consensus arbeitete.
> Spann uns nicht auf die Folter! Was hast du rausgefun-
den?
> Cosmo
> Ich will nicht vom Hauptthema ablenken, aber im Kern geht
es darum, herauszufinden, wann Massen weise sind und
wann nicht. Denkt daran, dass wir zwar die Konzerne ver-
fluchen können, bis wir blau anlaufen, aber das Shiawa-
se-Urteil und andere solche Entwicklungen niemals hätten
verhindert werden können, weil es keine große Bewegung
zu ihrer Verhinderung gab, bis es viel zu spät war. Die Mas-
sen besaßen nicht die Weisheit, rechtzeitig einzuschrei-
ten, weil sie einfach nicht die Informationen hatten, die sie
zur richtigen Einschätzung der Lage gebraucht hätten. Das
ist es, worum es beim Consensus 2.0 geht: nicht bloß die
Stimmung der Horizon-Angestellten zu erfahren, um den
Konzern in der Spur zu halten, sondern sinnvolle Informa-
tionen zu vermitteln und die Reaktionen nach der erwar-
teten Expertise der Reagierenden zu gewichten. Es gibt
auch die Frage danach, wie schnell sich der Consensus
auf Echtzeit-Entscheidungen auswirken kann, und das ist
immer noch ein Thema in vielen hitzigen Debatten.
> Sunshine
<< TROG-RUNNER 131
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
SUNSHINE - METATYP: ORK
K G R S W L I C EDG ESS
5 5 5 5 5 4 5 5 5 4,2
Initiative 10 + 1W6
Zustandsmonitor 11/11
Limits Körperlich 7, Geistig 6, Sozial 7(9)
Panzerung 12
Vorteile Magieresistenz 1, Menschliches Aussehen,
Talentiert (Überreden)
Nachteile SIN-Mensch (Konzern)
Aktions- Akrobatik 5, Bodenfahrzeuge 5, Computer 5,
fertigkeiten Erste Hilfe 3, Fälschen 5, Gebräuche 10(12),
Hardware 3, Klingenwaffen 4, Knüppel 4,
Pistolen 5, Schleichen 6, Schlosser 5,
Überreden 13(15), Verhandlung 8(10),
Verkleiden 11, Verkörperung 8(10),
Waffenloser Kampf 6, Wahrnehmung 11,
Wurfwaffen 5
Wissens- Horizon 4, Konzernpolitik 6,
fertigkeiten Konzernprozeduren 8, Sicherheitsprozeduren 8,
Sicherheitssysteme 6
Sprachfertigkeiten Englisch M, Japanisch (Konzern, 133tspeak) 4
(+2), Spanisch (Konzern, 133tspeak) 4 (+2)
Bodytech Cyberohren [Stufe 4; Audioverbesserung 3,
Balanceverstärker, Dämpfer,
Richtungsdetektor, Selektiver Geräuschfilter 6],
Datenbuchse, Fingerkuppenbehälter, 3
Schmuggelbehälter; Maßgeschneiderte
Pheromone 2, Schlafregulator
Ausrüstung Automatischer Dietrich 6, Bereichsstörsender 6,
Chamäleonanzug [9], Kommlink [Transys
Avalon; Gerätestufe 6], Kontaktlinsen [Kap. 3;
Blitzkompensation, Infrarotsicht, Smartlink],
10 Leuchtstäbe, Magnetkarten-Kopierer 6,
Magschlossknacker 4, Panzerjacke [12],
RFID-Löscher, Sequencer 6, Wanzenscanner 6,
White-Noise-Generator 6
Waffen Streetline Special [Holdout-Pistole | Präz. 4
| Schaden 6K | DK – | HM | RK – | 6(s) |
Standardmunition]
Wurfmesser [Wurfwaffe | Präz. 7 |
Schaden 6K | DK -1]
Das ist also meine Biographie. Und mein Ork-
sein? Wie wirkt es sich auf mein Leben aus? Ehrlich
gesagt: oft nicht besonders stark. Ich wuchs nicht
in Armut auf, und der Fortschritt und die Hinder-
nisse in der Karriere meines Vaters scheinen viel
eher auf seine Persönlichkeit als auf seinen Meta-
typ zurückzuführen zu sein. Wurde ich als Kind we-
gen meiner Hauer und meiner vorgewölbten Stirn
beleidigt? Klar. Aber andere traf es wegen ihres
roten Haars, ihrer Sommersprossen, Pickel oder
sonst etwas. Für mich war das ein Teil des Erwach-
senwerdens. Die Leute können sich immer über
132 TROG-RUNNER >>
Thorben Lange (Order #29309514)
euer Äußeres lustig machen, und man muss das
einfach aushalten.
Aber ich habe auch dazu etwas Wichtiges ge-
lernt: Nur weil es mir nicht viel ausmachte, muss
das nicht heißen, dass es anderen nichts ausmacht.
Nicht alle werden mit allen Beschimpfungen ein-
fach fertig, und sie sollten das auch nicht müssen.
Und ich hatte nur mit Kommentaren über mein
Aussehen zu tun, die ich kaum mehr als lästig emp-
fand. Andere Leute hatten mit viel schwereren Be-
lästigungen oder sogar körperlichen Angriffen zu
tun. Ich hatte das Glück, von den schlimmsten Pro-
blemen verschont zu bleiben, aber ich kann des-
halb nicht einfach annehmen, dass es die Probleme
nicht gibt.
QIN „SLEDGEHAMMER“ XIO
Sledgehammer wuchs als jüngstes Kind zweier
Lohnsklaven von MCT in einem Mittelschichtviertel
von Atlanta, CAS, auf. Es überrascht nicht, dass er in
seiner Konzernschule mit viel Drek zu kämpfen hat-
te, mit ständigen Sticheleien und Vorurteilen von
Mitschülern und Lehrern, und die Matrix wurde zu
seinem Zufluchtsraum. Er liebte das Programmie-
ren und das Verschwinden in der virtuellen Realität,
wo er seine körperlichen Besonderheiten verste-
cken konnte. Das verschaffte ihm einerseits einen
Zeitvertreib, isolierte ihn andererseits aber weiter
von seinen Mitschülern.
Der Druck, dem er ausgesetzt war, erreichte sei-
nen Höhepunkt, als einer der schlimmsten Schlä-
ger eines Tages sein Transys-Kommlink zerstörte.
Während Qin noch mit seiner Wut kämpfte, bekam
das Kommlink des Schlägers einen Kurzschluss und
begann zu brennen. Qin begann zu zittern – alle
dachten, das sei wegen des Streits, aber er wusste
es besser. Er hatte nur daran gedacht, das Komm-
link abzufackeln – und es war passiert. Aber nicht
nur das. Zu seinem Schrecken bemerkte er, dass er
sogar ohne sein Link noch mit der Matrix verbun-
den war. Er hatte die Geschichten über Technoman-
cer gehört und davon, wie MCT nach ihnen suchte.
Er dachte, er könnte endlich eine Chance haben,
sich anzupassen und irgendwo bedeutend zu sein.
Qin wollte seiner Familie noch in dieser Nacht die
Neuigkeit mitteilen. Bevor er das aber konnte, er-
zählte seine ältere Schwester, wie einer ihrer Klas-
senkameraden aus der Klasse gezerrt worden war,
weil er positiv als Technomancer getestet worden
war. Die Antwort seines Vaters war: „So gehört sich
das auch. Die sind ein Problem. Man muss sie über-
wachen und untersuchen, damit man mit dieser Be-
drohung fertigwird.“
Qin rutschte das Herz in die Hose, und sein Traum
zerbrach. Er ging noch in dieser Nacht fort, bevor
auch seine Klasse getestet würde. Er fand für ein
paar Wochen einen Unterschlupf in einem Squatter-
 >> BUCH DER VERLORENEN <<

QIN “SLEDGEHAMMER” XIO - METATYP: TROLL

K G R S W L I C EDG ESS R
6 3 3 5 5 5 4 2 2 6 6
Initiative 7 + 1W6
Zustandsmonitor 11/11
Limits Körperlich 7, Geistig 7, Sozial 5
Panzerung 13
Vorteile Magieresistenz 2, Natürliche Härte
Nachteile Sozialstress, Vorurteile (Japaner,
Voreingenommen)
Aktions- Akrobatik 2, Computer 5, Dekompilieren 4,
fertigkeiten Erste Hilfe 3, Fälschen 4, Hacking 6,
Hardware 4, Kompilieren 7, Matrixkampf 3,
Pistolen 3, Schlosser 4, Schnellfeuerwaffen 1,
Registrieren 6, Software 8, Überreden 4,
Verhandlung 3, Waffenloser Kampf 3
Wissens- Matrixprotokolle 3, Matrixtreffpunkte 3, MCT-
fertigkeiten Infrastruktur 3
Sprach- Englisch (Stadtsprache, Konzern) 3 (+2),
fertigkeiten Japanisch M
Lebende Angriff 2, Datenverarbeitung 5, Schleicher 4,
Persona Firewall 5, Gerätestufe 6
Komplexe Metagitter, Petze, Puppenspieler, Reiniger,
Formen Resonanzillusion, Resonanznebel,
Resonanzspike, Signalschleier, Signalsturm
Registrierte Daten-Sprite (Stufe 4, 2 Aufgaben), Infiltrator-
Sprites Sprite (Stufe 4, 3 Aufgaben), Stör-Sprite
(Stufe 6, 3 Aufgaben)
Ausrüstung Brille [Kap. 2; Sichtvergrößerung, Smartlink],
Elektronik-Werkzeugkiste, Gefälschte
SIN 4, Kommlink [Erika Elite; Gerätestufe 4],
Panzerjacke [12]
Waffen Ares Predator V [Schwere Pistole | Präz. 5(7)
| Schaden 8K | DK -1 | HM | RK – | 15(s) |
Smartgunsystem, Standardmunition]

lager, bis er Freundschaft mit einem Ganger schloss,

der glaubte, seine Muskeln seien von Vorteil.
Als er nach seinem Namen gefragt wurde, ließ
Qin sich schnell einen Decknamen einfallen: Sled-
gehammer, weil das so hart klang, wie er sein
wollte. Später wurde klar, dass er eher für das Ha-
cking als das Schädeleinschlagen begabt war, und
er bekam ein anderes Aufgabengebiet, behielt aber
den Namen. Sein schärfster Konkurrent namens By-
tespike war verwirrt, wie er mit einem so schlech-
ten Kommlink so gut sein konnte. Es dauerte nicht
lange, bis Bytespike herausfand, dass Sledgeham-
mer ein Technomancer war, und er versuchte, ei-
nen örtlichen Runner dazu zu bringen, ihn zu MCT
zu entführen. Stattdessen engagierte der Runner
Sledgehammer, und seither arbeitet der Troll in den
Schatten.
Er und sein Team erwerben sich langsam einen
guten Ruf in der CAS. Sie sind auf Datendiebstahl

<< TROG-RUNNER 133

Thorben Lange (Order #29309514)
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
und Infiltration spezialisiert, übernehmen aber
alle Jobs, wenn sie knapp bei Kasse sind. Sledge-
hammer recherchierte in verschiedenen Aufzeich-
nungen und fand heraus, dass seine Familie nach
seinem Verschwinden nie wirklich nach ihm suchte.
Er hat nie wieder einen Blick zurückgeworfen und
betrachtet seine Teammitglieder, die ihn als einzige
so akzeptiert hatten, wie er war, mehr als Familie
als seine eigentlichen Angehörigen. Das Team hat
seine Basis in New Orleans, aber ihr Interesse am
Biloxi Technical Institute hat dazu geführt, dass
sie in den letzten Monaten immer wieder in diese
Richtung reisten.
> Lasst euch von dem Namen nicht täuschen – dieser Kerl
setzt viel eher auf Finesse als auf Brutalität. Er liebt es,
Sprites zu kompilieren, besonders als Aufklärer oder Ab-
lenkung, bevor er selbst reingeht. Er überlässt ihnen aber
nie die Schwerarbeit. Wo bliebe denn der Spaß am Ha-
cker-Sein, wenn man das Hacking nicht selbst macht?
> Pistons
JANE „MACGYVER“ TOMLIN
Diese Orkin wurde 2057 in Detroit als Tochter von
Fabrikarbeitern bei Ares geboren. Jane erkannte
schon in jungen Jahren, dass sie ein anderes Leben
führen wollte als ihre Eltern, die mit allen Über-
stunden gerade eben ihre drei Kinder durchbringen
konnten.
Ihr Vater erklärte, dass sie Erfolg haben könne,
wenn sie herausfände, worin sie gut war, und sich
darin besonders hervortue. Daher verbrachte Jane
einen Großteil ihrer Jugend damit, etwas zu fin-
den, worin sie gut war. Als sie älter wurde, begann
sie sich Sorgen zu machen, weil sie immer neue
Dinge ausprobierte und in nichts wirklich überra-
gend war. Sie fand aber heraus, dass sie sich über-
all ziemlich schnell einarbeiten und ziemlich gut
darin werden konnte. Sie half vielen Leuten be-
reitwillig bei vielen verschiedenen Aufgaben, um
Erfahrung in allen möglichen Bereichen zu sam-
meln. Es dauerte nicht lange, bis sie auf der Straße
nach Möglichkeiten suchte, Fähigkeiten zu lernen,
die sie bei ihren Eltern oder Freunden nicht lernen
konnte.
Jane suchte immer noch nach ihrem Platz in der
Welt, als sie gezwungen war, unter großem Druck
ein Schloss zu knacken, und das schneller schaffte
als jemals zuvor. Es dauerte nicht lange, bis sie er-
kannte, dass sie am besten unter höchstem Risiko
arbeiten konnte. Sie begann, Jobs zu übernehmen,
und sprang bei verschiedenen Runnergruppen ein,
weil sie für jede nötige Rolle geeignet war. Sie spar-
te für ein paar einfache Implantate und wurde zu
einer verlässlichen Runnerin, die auf nichts spezi-
alisiert ist, aber viele verschiedene Fähigkeiten hat,
die in den meisten Situationen nützlich sind.
134 TROG-RUNNER >>
Thorben Lange (Order #29309514)
JANE “MACGYVER” TOMLIN - METATYP: ORKIN
K G R S W L I C EDG ESS
5 4 4(5) 4 4 4 4 3 5 5,2
Initiative 8(9) + 2W6
Zustandsmonitor 11/10
Limits Körperlich 6, Geistig 6, Sozial 6
Panzerung 12
Vorteile Fotografisches Gedächtnis, Schnellheilung
Nachteile SIN-Mensch (National, UCAS)
Aktions- Akrobatik 5, Bodenfahrzeuge 4, Chemie 4,
fertigkeiten Computer 4, Einschüchtern 5, Elektronische
Kriegsführung 3, Entfesseln 4, Erste
Hilfe 5, Fahrzeugmechanik 3, Fälschen 2,
Feuerwaffen-Fertigkeitsgruppe 4,
Fingerfertigkeit 5, Freifall 3, Gebräuche 4,
Geschütze 3, Hardware 3, Klingenwaffen 4,
Knüppel 3, Medizin 2, Navigation 2,
Projektilwaffen 2, Schiffe 3, Schlosser 6,
Schwere Waffen 5, Software 2, Survival 3,
Überreden 6, Verkleiden 4, Waffenbau 3,
Waffenloser Kampf 5, Wahrnehmung 6,
Wurfwaffen 4
Wissens- Biologie 3
fertigkeiten
Sprachfertigkeiten Japanisch 3, Englisch M, Spanisch 2
Bodytech Smartlink, Trollröhre; Synapsenbeschleuniger 1
Ausrüstung AR-Handschuhe, Bereichsstörsender 4,
100 m Camouflageseil, Kletterausrüstung,
Kletterhandschuhe, Kommlink [Erika Elite;
Gerätestufe 4], Medkit 6, Panzerjacke [12],
10 Sicherheits-RFID-Chips, 10 Spionage-
RFID-Chips, 3 Stim-Patches 4, Survival-Kit,
5 Tranq-Patches 10, 5 Trauma-Patches,
Wanzenscanner 4, Werkzeugkiste (Elektronik,
Schlosser), White-Noise-Generator 6
Waffen Ares Predator V [Schwere Pistole | Präz. 5(7)
| Schaden 8K | DK -1 | HM | RK – | 15(s) |
Smartgunsystem, Standardmunition]
Enfield AS-7 [Schrotflinte | Präz. 4(5) |
Schaden 11G(e) | DK -5 | HM/SM | RK – |
24(t) | Lasermarkierer, Schockermunition]
Ares Alpha [Sturmgewehr | Präz. 5(7) |
Schaden 11K | DK -2 | HM/SM/AM | RK 2 |
42(s) | Smartgunsystem, Standardmunition]
Granatwerfer [Granatwerfer | Präz. 4(6) |
Schaden 16K | DK -2 | EM | RK – | 6(s) |
Smartgunsystem, Sprenggranaten]
Katana [Klingenwaffe | Reichweite 1 | Präz. 7 |
Schaden 7K | DK -3]
Schließlich schätzte ein Team von außerhalb der
Stadt, mit dem Jane arbeitete, sie so hoch ein, dass
sie einen permanenten Platz angeboten bekam. Sie
zog nach Atlanta, wo das Hauptquartier des Teams
war, und arbeitet jetzt mit ihnen vor allem in der
CAS. Einbrüche und Extraktionen sind die Speziali-
täten des Teams, und auf Heimlichkeit wird beson-
 >> BUCH DER VERLORENEN <<

derer Wert gelegt. Wenn John Dickson Carr noch am SMILEY - METATYP: ORK
Leben wäre und Krimis über verschlossene Räume K G R S W L I C EDG ESS
schriebe, würde er Macgyvers Team wohl als Inspi- 7 4 4(5) 8 3 4 3 3 5 3,5
rationsquelle nutzen wollen.
Initiative 7(8) + 2W6

> Genau. Seht euch das mal an: Renraku hat eine Entwick-
lungsanlage für Waffen in Atlanta, und wie alle solche An-
lagen ist auch diese schwer gesichert und schwer zu kna-
cken. Dort gab es eine Technikern namens Estee Jackson,
und es hieß, sie sollte zum Ziel einer Extraktion werden.
Renraku wollte das verhindern und brachte sie innerhalb
der Entwicklungsanlage in ein Apartment, das ausschließ-
lich dafür gedacht war, höchst wichtiges Personal sicher
und isoliert zu beherbergen. Kameras draußen, Kameras
drinnen, kein WiFi, Watcher auf Patrouille draußen, Luft-
geister drinnen. Bewaffnete Wachen vor der Tür, und
natürlich noch die Lage mitten in einer Renraku-Anlage.
Jackson checkt ein, die Kameras zeigen, wie sie zu Bett
geht und sich nicht mehr wegbewegt. Am nächsten Mor-
gen kommen die Wachen, um sie zu wecken, und finden
im Bett statt Jackson einen materialisierten Geist, der ihre
Gestalt nachahmt. Der andere Geist im Raum weiß nichts
von einem Austausch, die Kameras zeigen, dass in der
Nacht nichts passiert ist. Ach ja: Die Biometriedaten von
Jacksons Ankunft belegen, dass es wirklich sie war, die
das Apartment betreten hat. Ich wüsste wirklich gerne,
wie dieser Run abgelaufen ist.
> Hard Exit
SMILEY
Dieser Ork-Schieber ist ein einheimisches Talent
aus Seattle. Er wurde um 2040 in den Redmond
Barrens geboren. Seine Eltern waren SINlos und
schlugen sich mit Gelegenheitsjobs durch. Als äl-
testes von vier Kindern wusste er schon sehr früh,
dass das Leben ihm nur das geben würde, was er
sich nehmen konnte. Er verließ kurz nach seinem
achtzehnten Geburtstag sein Zuhause, damit seine
Eltern einen Mund weniger zu füttern hatten, trieb
sich auf den Straßen herum, kam mehr schlecht als
recht durch und fand schließlich Arbeit als Raus-
schmeißer im Infinity Club. Hier wurde ein Schie-
ber auf ihn aufmerksam, der nach neuen Talenten
suchte. Der Schieber brachte ihn mit einer Runner-
gruppe in Kontakt, die nach zusätzlichen Muskeln
suchte. Smiley erwies sich als großartige Unterstüt-
zung und wurde bald zum festen Teammitglied.
Sobald er konnte, nahm er etwas von dem Geld,
das er verdient hatte, und brachte seine Eltern und
Geschwister aus den Barrens in eine angenehmere
Wohngegend.
Smiley wusste, dass er über seine Familie erpress-
bar sein könnte. Daher richtete er ein Geheimkon-
to ein, von dem aus ihre Wohnung bezahlt wurde,
und brach den Kontakt ab. Sein Team kam nie ganz
groß raus, verdiente aber genug. Er konnte sich kei-
ne Cyberware leisten und lernte, sich auf die eigene
Zustandsmonitor 12/10
Limits Körperlich 9(10), Geistig 5, Sozial 5
Panzerung 13
Vorteile Überlebenswille 1, Zähigkeit
Nachteile Ungebildet
Aktions- Akrobatik 4, Klingenwaffen 6, Schleichen 6,
fertigkeiten Schnellfeuerwaffen 5, Schwere Waffen 4,
Verhandlung 5, Wahrnehmung 4
Wissens- Psychologie 3, Runnertreffpunkte 4, Seattler
fertigkeiten Shadowrunner 4
Sprachfertigkeiten Englisch (Stadtsprache) M
Bodytech Dermalpanzerung 1, Reflexbooster 1
Ausrüstung Gefälschte SIN 6, Kommlink [Transys Avalon;
Gerätestufe 6], Medkit 6, Panzerjacke [12],
White-Noise-Generator 6
Waffen Ares Predator V [Schwere Pistole | Präz. 5(7)
| Schaden 8K | DK -1 | HM | RK – | 15(s) |
Smartgunsystem, Standardmunition]
Ares Alpha [Sturmgewehr | Präz. 5(7) |
Schaden 11K | DK -2 | HM/SM/AM | RK 2 |
42(s) | Smartgunsystem, Standardmunition]
Granatwerfer [Granatwerfer | Präz. 4(6) |
Schaden 16K | DK -2 | EM | RK – | 6(s) |
Smartgunsystem, Sprenggranaten]
Stärke zu verlassen. Als er älter wurde, erkannte er,
dass seine Stärke und Ausdauer schwinden wür-
den und er nicht ewig als Runner würde arbeiten
können. Er hatte auch keine Ersparnisse für einen
Ruhestand. Nach einigem Nachdenken fand er eine
Lösung: Er nutzte seine Connections in den Schat-
ten und begann, als Schieber zu arbeiten.
Smiley begann seine neue Karriere in seinem al-
ten Viertel in den Barrens, um der Gemeinschaft et-
was zurückzugeben – zumindest sagte er das. Tat-
sächlich wusste er, dass er hier mit neuen Talenten
einen größeren Schnitt machen konnte. Er benutzte
seine Connections, um diesen neuen Runnern Jobs
zu verschaffen, und zog sich selbst langsam aus
diesem Geschäft zurück, weil er nicht so lange Run-
ner sein wollte, bis ihm jemand das Hirn wegpusten
konnte. Seit der Club Infinity zu einer echten Größe
im Nachtleben von Seattle geworden ist, benutzt er
seine Connections dort dazu, Runner zu engagie-
ren und mit den Johnsons in Kontakt zu treten, die
diesen Club besuchen.
> Er bevorzugt Trogs nicht besonders, diskriminiert sie aber
auch nicht. Wenn ihr also neu seid und nach einer fairen
Chance sucht, wendet euch an ihn.
> Sounder

<< TROG-RUNNER 135

Thorben Lange (Order #29309514)
 >> BUCH DER VERLORENEN <<

THE JANITOR
Der Janitor ist der Sohn eines Orks und einer Men-
schenfrau aus San Francisco. Er gibt sein genaues
Geburtsjahr nicht an, aber es war kurz vor dem Jahr
des Kometen. Er erinnert sich zwar nicht an den Tod
seiner Mutter, aber sein Vater feierte ihr Leben je-
des Jahr an ihrem Geburtstag.
Trotz zweier Schwerarbeiterjobs konnte sich sein
Vater meistens keine Betreuung für ihn leisten. Des-
wegen musste er seinen Vater oft zur Arbeit beglei-
ten. Der Janitor sah, wie die ganze Welt seinen Va-
ter und andere Hilfsarbeiter ignorierte. Zu Beginn
seiner Pubertät erkannte er, dass er Leute dazu
bringen konnte, die Welt zu sehen, wie er sie sah.
Sein Vater starb bald nach dem sechzehnten Ge-
burtstag des Janitors. Er war fest entschlossen, nicht
so zu leben wie sein Vater – als ein Niemand, der von
allen ignoriert wurde. Daher benutzte er seine sozia-
len Fähigkeiten, um sich einzufügen und Infiltrationen
durchzuführen. Zwischen den Runs nahm er Hilfsar-
beiterjobs an, um diese Fähigkeiten zu erhalten.
> Das Wissen, wie man leicht übersehen werden kann, ist
eine der größten Gaben für die Infiltration. Das ist oft viel
effektiver als der traditionelle hautenge schwarze Overall.
> Mika
Der Janitor nahm kleine Jobs an, erhielt Zugang
und schleuste den Rest des Teams in gesicherte
Gebäude ein. Das Team hatte damit einigen Erfolg,
THE JANITOR - METATYP: ORK
K G R S W L I C EDG
5 4 3 6 3 3 3 6 4 6
Initiative 6 + 1W6
Zustandsmonitor 11/10
Limits Körperlich 7, Geistig 4, Sozial 7
Panzerung 8 Trolle, kompensierte das aber durch seine Schnellig-
Vorteile Außergewöhnliches Attribut (Charisma)
Nachteile Händezittern
Aktions- Bodenfahrzeuge 4, Computer 4,
fertigkeiten Fingerfertigkeit 6, Gebräuche 8, Pistolen 4,
Schleichen 6, Schlosser 5, Überreden 10,
Verhandlung 6, Verkleiden 8, Verkörperung 8,
Vorführung 8, Waffenloser Kampf 5,
Wahrnehmung 5
Wissens- Konzernstrukturen 4, Promigerüchte 5, Urban
fertigkeiten Brawl 4
Sprachfertigkeiten Englisch (Stadtsprech, Konzern) M
Ausrüstung Gefälschte SIN 5, Kommlink [Transys Avalon;
Gerätestufe 6], Rockblood Oldschool [8],
Werkzeugkiste (Elektronik, Schlosser)
Waffen Defiance EX-Shocker [Taser | Präz. 4 |
Schaden 9G(e) | DK -5 | EM | RK – | 4(m)]
nahm aber dann den Auftrag an, einen Prototyp
aus einer Forschungs- und Entwicklungseinrich-
tung von Ares zu stehlen. Der Janitor brachte sie
problemlos rein, aber der Straßensamurai hatte ei-
nen nervösen Abzugsfinger und begann, um sich
zu schießen. Ein Einsatzkommando rückte an, be-
vor sie entkommen konnten. Drei Teammitglieder
wurden getötet, darunter auch der Samurai. Nach-
dem der Janitor den Prototyp bei Ms Johnson abge-
liefert hatte, beschloss er, alleine weiterzumachen.
Er nahm seine Ersparnisse, investierte sie in die be-
sten Kartenleser und Magschlossknacker und trai-
nierte weiter seine Fähigkeiten. Er hielt sich weiter
an kleine Diebstähle und Spionage, bis er das Ge-
fühl hatte, für große Jobs gut genug zu sein. Vor ein
paar Jahren zog er nach Seattle, wo er noch immer
Infiltrationsjobs und manchmal auch verdeckte Er-
mittlungen durchführt.
> Ich kenne den Kerl nicht.
> Stone
> Genau darum geht es. Seit sein letztes Team hochging, ist
er sehr vorsichtig geworden, benutzt verschiedene Iden-
titäten und wechselt bei verschiedenen Jobs zwischen
ihnen. Nur die engsten Vertrauten wissen, dass er der Ja-
nitor ist, und sogar die haben nicht die geringste Ahnung,
wie sein wirklicher Name lauten könnte.
> Mika
JIMMY „STICKER“ WILKINSON
ESS Der Troll-Assassine, der als Sticker bekannt ist, wurde
in der Sioux-Nation als Kind einer Mutter, die Mit-
glied der Wildcats war, und eines Vaters, der Regie-
rungsbeamter war, geboren. Weil seine Mutter so oft
im Einsatz war, verbrachte Sticker den Großteil sei-
ner Zeit mit seinem Vater. Als Kind war er geschickt
und trieb Sport. Er war zwar nicht so stark wie andere
keit. Seine unwahrscheinliche Begabung dafür, einen
Ball über große Entfernung zu werfen, machte ihn
beim Baseball zu einem beliebten Mitspieler.
Als seine Mutter bei einer Mission getötet wurde,
erholte sich sein Vater nie davon. Kein Jahr später
war Jimmy Vollwaise unter der Obhut des Staates.
Der nächste Schock kam, als er erkannte, dass er
magisch aktiv war, und dass er deshalb so gut wer-
fen konnte. Das bedeutete zwar, dass er seinen
Traum vom Profisport aufgeben musste, aber die
Wildcats erkannten, dass er die Gabe seiner Mutter
hatte, und warben ihn an. Er wurde zu einem ihrer
besten Soldaten, zu einem Meister der Infiltration
und der ungesehenen Bewegung.
> Er arbeitete oft als vorgeschobener Aufklärer, der die
Schwächen der gegnerischen Verteidigung suchte.
> Mika

136 TROG-RUNNER >>

Thorben Lange (Order #29309514)


JIMMY “STICKER” WILKINSON - METATYP: TROLL
K G R S W L I C EDG ESS M Denver. Bald begannen Megakonzerne, ihn als Pro-
9 5 4(5) 9 4 3 3 2 4 6 6
Initiative 7(8) + 2W6
Zustandsmonitor 13/10
Limits Körperlich 11, Geistig 5, Sozial 5
Panzerung 11
Vorteile Beidhändigkeit
Nachteile Ehrenkodex (tötet keine Unschuldigen)
Aktions- Arkana 5, Askennen 4, Astralkampf 4,
fertigkeiten Klingenwaffen 9, Laufen 5, Pistolen 6,
Projektilwaffen 7, Schleichen 8(9), Schlosser 5,
Schnellfeuerwaffen 3, Spurenlesen 5,
Waffenloser Kampf 8, Wahrnehmung 6,
Wurfwaffen 8(10)
Wissens- Sicherheitsprozeduren 3
fertigkeiten
Sprach- Englisch M
fertigkeiten
Initiatengrad 1
Metamagie Kraftpunkt
Adeptenkräfte Astrale Wahrnehmung, Gefahrensinn 2,
Geschossparade 2, Gesteigerte Reflexe 1,
Kampfsinn 2, Mystischer Panzer 1, Todeskralle,
Verbesserte Fertigkeit (Schleichen) 1,
Verbesserte Fertigkeit (Wurfwaffen) 2
Ausrüstung Chamäleonanzug [9], Dietrich-Set, Gefälschte
SIN 6, Kommlink [Hermes Ikon; Gerätestufe 5]
Waffen Ares Predator V [Schwere Pistole | Präz. 5(7)
| Schaden 8K | DK -1 | HM | RK – | 15(s) |
Smartgunsystem, Standardmunition]
Bogen (Stufe 9) [Projektilwaffe | Präz. 6 |
Schaden 11K | DK -3 | 24 Pfeile im Köcher,
Chamäleonüberzug]
Katana [Klingenwaffe | Reichweite 1 | Präz. 7 |
Schaden 12K | DK -3 | Chamäleonüberzug]
5 Wurfmesser [Wurfwaffen | Präz. 11 | Schaden
10K | DK -1 | Chamäleonüberzug]
Jimmy arbeitete ohne Bedauern für die Sioux-Na-
tion – bis er eines Tages bei einer Mission in der
Tsimshian-Nation zurückgelassen wurde, bei der
sein Team einen toxischen Schamanen ausschalten
sollte. Die Sache ging schief, und das Team bekam
den Befehl, sich schnell zurückzuziehen, obwohl
Sticker von der Gruppe abgeschnitten war. Er sollte
zurückgelassen werden. Das öffnete ihm die Augen
dafür, wie seine Arbeitgeber ihn sahen. Er ließ sie
im Glauben, dass er tot war, und verschwand in die
Schatten.
Sticker machte eine Inventur seiner Fähigkeiten
und erkannte, dass er nur eine Sache gut konnte:
töten, ohne gesehen zu werden. Er wusste auch,
dass er darin nicht nur gut war – er war hervorra-
gend. Er begann ganz klein und arbeitete für ört-
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
liche Gangster und Drogenhändler in der Region
blemlöser zu engagieren. Er hat daran gearbeitet,
in der Masse unterzutauchen und unauffällig zu
bleiben, statt sich einzuschleichen, aber seine Troll-
statur sorgt dafür, dass er damit nicht immer Erfolg
hat. Er zieht Messer und Schwerter den Schusswaf-
fen vor. Wegen seiner magischen Begabung kann
er mit einem Wurfmesser fast so viel Schaden an-
richten wie mit einer Pistole – nur eben ohne Lärm.
> Ihr habt Grund, nervös zu sein. Erwachte messerwerfen-
de Assassinen sind genauso Furcht einflößend, wie sie
klingen. Sticker hat einen völlig pragmatischen Zugang
zur Moral: Er tut alles, was für das Überleben nötig ist. Er
will sein Leben nicht durch Schwierigkeiten mit der Polizei
komplizieren, was aber eher bedeutet, dass er die Leichen
gut versteckt statt sie nicht zu töten. Wenn ihr jemals mit
ihm sprecht, dann appelliert nicht an seine Emotionen
oder das Gute in ihm. Macht ihm klar, warum das, was ihr
wollt, für ihn sinnvoll ist. Wenn ihr das nicht schafft, lauft.
> 2XL
LOKI
Loki wurde in den 2040ern in Denver geboren und
landete bereits in jungen Jahren als Mitglied der
Halloweeners auf der Straße. Als Magier war er für
die Gang sehr wertvoll und zog Feuerbälle den tra-
ditionellen Molotowcocktails vor, die die anderen
benutzten. Zuerst lebte er schnell und gefährlich
und wusste nicht, wo er seine nächste Mahlzeit
herbekommen sollte, verbesserte aber bald sei-
ne Fähigkeiten als Magier und lernte, wie man auf
der Straße überlebte. Er begann, Drogen zu benut-
zen, um im Kampf besser zu werden, und wurde
schließlich von Jazz abhängig.
Sein Leben veränderte sich dramatisch, als er
während eines Gangkampfes einen ganzen Block
mit einem Feuerball anzündete. Man beschloss,
dass die Straßen von Denver zu gefährlich für ihn
geworden waren, und schickte ihn nach Seattle. Die
Halloweeners erwarteten, dass er sich den Hallo-
weeners vor Ort anschließen würde, aber er ging
stattdessen in die Schatten.
> Es ist nie leicht, die Gang zu verlassen. Das Gefühl der Ka-
meradschaft folgt einem oft – und genauso die Wut aller
Feinde, die man sich vielleicht gemacht hat.
> Ma’fan
> Für Magier kann das sowohl leichter als auch schwerer
sein. Leichter, weil man sich besser verstecken und Leute
davon abhalten kann, sich mit einem anzulegen. Schwe-
rer, weil man auffällt und gewisse Mächte auf der Welt
immer nach Erwachten suchen, die sie für ihre eigenen
Zwecke missbrauchen können.
> Lyran
<< TROG-RUNNER 137
 >> BUCH DER VERLORENEN <<

Loki schloss sich einer Gruppe von Runnern in

Seattle an, die mit kleinen Datendiebstählen und
dem Diebstahl von Prototypen kleiner Firmen an-
fing. Knight Errant wurde auf sie aufmerksam, als
ein Mitglied des Teams einen Mann im Seattler Un-
tergrund köpfte und den Kopf mitnahm. Dann ret-
teten sie die Tochter eines der Mafiabosse von Se-
attle, was ihnen half, sich einen Namen zu machen.
Das Leben war nicht immer nett zu dem Team,
und sie hatten eine holprige Straße zu befahren. Als
Sühne für seine früheren Fehler schloss sich Loki ei-
ner magischen Gruppe namens Band of the White
Hand an, die das Leben durch Magie verbessern will
und gelobt, mit ihren Erwachten Fähigkeiten keinen
Schaden anzurichten. Im Lauf des nächsten Jahres
half Loki dabei, aus Seattle einen besseren Ort zu
machen, indem er einige magische Bedrohungen,
darunter einen mächtigen Vampir, eliminierte.
Als er eines Tages einem Klienten half, über ein
Dach zu entkommen, griff Loki einen Mann an, der
am Rand des Gebäudes rauchte, und schlitzte ihn
mit seinem Naginata auf. Der arme Mann war tot,
bevor er auf dem Boden aufschlug. Loki hatte ge-
dacht, er sei ein Feuerelementar in Verkleidung ge-
wesen, weil er das im Astralraum so gesehen hat-
te. Er hatte auf tragische Weise unrecht. Es könnte
sich wirklich um ein bedauerliches Missverständnis
handeln, könnte aber auch von seinem Jazz-Kon-
sum gekommen sein.
Bei einem anderen Kampf gegen einige Ganger
in einer Autowerkstatt wirkte er einen Feuerball und
traf damit einen Acetylentank. Der Tank flog in die
Luft, und das Feuer brach durch die Wand und zün-
dete einen Öltank im Wohnblock daneben an. Das
folgende Feuer vernichtete das Gebäude und for-
derte zehn Todesopfer, darunter drei Kinder.

> Das ist natürlich eine ganz klare Verletzung der Bestim-
mungen der Gruppe, was für den Kontakt zu einem etwai-
gen Schutzgeist sehr schlecht wäre.
> Jimmy No

> Das wäre es. Die Gruppe müsste ihn entweder ausschlie-
ßen, oder er müsste eine Buße ableisten, um den Geist
zu besänftigen. Angesichts seiner Überzeugung würde
ich erwarten, dass er alles täte, um den zweiten Pfad zu
beschreiten, aber vielleicht wurde die Gruppe nicht über-
zeugt.
> Lyran

Er wurde aus der Band of the White Hand ausge-

stoßen und verschwand aus der Schattenszene von
Seattle. In letzter Zeit wurde er in Deutschland und
in der Türkei gesehen. Gerüchte sagen, dass er viel-
leicht Aufträge eines Geschäftsmannes aus Seattle
namens Mr McPherson erledigt.

> Ihm werden auch Verbindungen zu einigen Mafiamorden

ungefähr zu der Zeit nachgesagt, als er den Mann auf dem

138 TROG-RUNNER >>

Thorben Lange (Order #29309514)

 >> BUCH DER VERLORENEN <<

LOKI - METATYP: TROLL Stockwell: Was der Don über einen dachte, war ge-
K G R S W L I C EDG ESS M nauso wichtig wie die Frage, woher man etwas zu es-
sen bekommen konnte. Und als Trollfamilie dachten
6 3 4 7 6 4 4 2 3 6 6
wir ziemlich viel darüber nach, woher wir etwas zu
Initiative 8(12) + 3W6 essen bekommen konnten. Mein Vater hatte einen
Zustandsmonitor 11/11 kleinen Laden und bezahlte sein Schutzgeld. Das
gehörte zum Preis des Unternehmertums. Er sagte,
Limits Körperlich 8, Geistig 6, Sozial 6
es mache ihm nichts aus, weil er sich sicher fühlte.
Panzerung 16 Sunshine: Hat er dich vor dem ganzen Zeug be-
Vorteile Erhöhte Konzentrationsfähigkeit 3 schützt oder bekamst du als Kind etwas davon mit?
Stockwell: Ich konnte ganz gut auf mich aufpas-
Nachteile Abhängigkeit (Mittel, Jazz), Gremlins 3
sen, also war das kein großes Problem. Ich war
Aktions- Akrobatik 5, Antimagie 8, Arkana 6, Askennen 6, schon, als ich recht jung war, einer der Größten im
fertigkeiten Binden 6, Herbeirufen 8, Klingenwaffen 8, Block. Eigentlich war ich sogar ein ziemlicher Mi-
Schnellfeuerwaffen 4, Spruchzauberei 8, stkerl. Ich dachte, ich sei besser als alle anderen.
Verbannen 3, Überreden 2, Wahrnehmung 5 Ich liebte Wrestling und benutzte die Techniken bei
Wissens- Astralebene 3, Gang-Territorien 3, Geister 4, den anderen Kids, um zu zeigen, wie hart ich war.
fertigkeiten Magietheorie 4, Magische Bedrohungen 5 Ich nahm auch Novacoke, um einen Vorteil zu ha-
Sprach- Englisch (Stadtsprache) M ben, was mich in eine seltsame Beziehung zum Don
fertigkeiten brachte. Er verkaufte das Zeug, also war es gut für
seinen Profit, aber er respektierte Leute nicht, die
Initiatengrad 2
vom Gelegenheitskonsum in die Sucht abglitten.
Metamagie Intensivierung, Maskierung Wenn er bemerken würde, dass ich mehr nahm, als
Zauber Betäubungsball, Energieblitz, Feuerball, Heilen, er vertretbar fand – wovon ich nicht wusste, wie viel
Leben Entdecken, Reflexe Steigern (intensiviert es war –, würde das sein Bild von mir und meiner
mit 4 Erfolgen), Schmerz, Stabilisieren, Familie beeinträchtigen.
Telepathie (Erweitert), Verbesserte Sunshine: Wie haben deine Eltern das aufgenom-
Unsichtbarkeit men?
Gebundene Feuergeist (Kraftstufe 5, 3 Dienste)
Stockwell: Ich muss zugeben, dass ich die Kon-
Geister trolle verlor. Ich hatte die Grenze des Dons über-
schritten, und meine Eltern merkten das natürlich.
Ausrüstung 10 Dosen Jazz, Kommlink [Erika Elite; Schließlich bat meine Mutter den Don, mir zu hel-
Gerätestufe 4], Kraftfokus [Kraftstufe 3,
fen. Ich weiß nicht, was sie sagte oder versprach,
Ring], 20 Dram Reagenzien, Leichte
Sicherheitspanzerung [15], Waffenfokus
aber er war bereit, mir zu helfen, clean zu werden.
[Kraftstufe 5, Naginata] Er hatte wahrscheinlich nicht viel Respekt vor dem,
was ich selbst getan hatte, aber er hat mir das Le-
Waffen AK-97 [Sturmgewehr | Präz. 5 | 10K | DK -6 | HM/ ben gerettet. Es ging weder leicht noch schnell. Das
SM/AM | RK – | 38(s) | APDS-Munition] waren drei Jahre des Kampfes voller Rückschläge,
Naginata [Stangenwaffe | Reichweite 3 | Präz. 5
aber schließlich wurde ich endgültig clean.
| Schaden 10K | DK -2]
Sunshine: Was passierte dann?
Stockwell: Wie gesagt: Ich wusste, dass er mein
Dach aufgeschlitzt hatte. Eines der Opfer wurde durch Leben gerettet hatte. Ich schuldete ihm und der Fa-
einen einzigen Angriff einer überdurchschnittlich großen milie etwas. Ich wusste es, er wusste es, und das
Person mit einer großen Klingenwaffe getötet. Das be- wurde zur Basis unseres Verhältnisses zueinander.
weist noch gar nichts, könnte aber ein Indiz sein. Sunshine: Du hast dich also der Familie ange-
> Kay St. Irregular schlossen.
Stockwell: Nein. Das Schicksal griff ein. Die Toch-
ter der Dons wurde gekidnappt. Ich habe eine
STOCKWELL Gruppe Runner versammelt, wir fanden die Verant-
wortlichen und retteten sie.
Stockwell war so freundlich, einem Interview zuzu- Sunshine: Also gingst du in die Schatten, hattest
stimmen, dass ich hier wiedergebe: aber immer noch Mafiaverbindungen. Sind die im-
mer noch deine Hauptkundschaft?
Sunshine: Also, woher kommst du? Stockwell: Das würde ich nicht so sagen. Nicht
Stockwell: Ich wurde in einem armen Italienervier- mehr. Ich bin der Familie gegenüber weiter loyal,
tel in Seattle geboren. Es war und ist noch immer habe aber inzwischen viele verschiedene Connec-
eine Mafiagegend. tions, und manche davon haben mir auch Arbeit ver-
Sunshine: Wie war es, in dieser Umgebung aufzu- schafft. Jetzt habe ich von allen Seiten Jobangebote.
wachsen? Sunshine: Du bist noch hier in Seattle?

<< TROG-RUNNER 139

Thorben Lange (Order #29309514)
 >> BUCH DER VERLORENEN <<

Stockwell: Ich lebe in Seattle, war aber in der ganzen STOCKWELL - METATYP: TROLL
Welt unterwegs und habe viele erstaunliche Dinge K G R S W L I C EDG ESS
gesehen.
10(+2) 4 3(4) 6 4 3 3 3 4 2,8
Sunshine: Welche Dinge?
Stockwell: Ich war mal auf einer Insel, die plötz- Initiative 6(7) + 2W6
lich vor dem Puget Sound aufgetaucht war. Es gab Zustandsmonitor 12/10
kleine Tiere, wie man erwarten durfte, aber auch
Bestien, die fast nur aus Zähnen bestanden, und Limits Körperlich 9, Geistig 5, Sozial 5
diese langen Arme, die aus dem Nichts zugriffen Panzerung 18
und einen packen wollten. Ich konnte mich gerade Vorteile Fotografisches Gedächtnis,
noch befreien, als das Ding verschwand. Leider wa- Gemeindeverbindungen, Mut, Kampfkunst
ren ein paar Söldner dabei, die es nicht rechtzeitig (MMA Wrestling)
schafften. Offizielle Berichte sind fast nicht zu be-
Kampfkunst- Zermalmen
kommen, weil kaum jemand der Beteiligten weiß,
techniken
wie er davon sprechen soll.
Aktionsfertigkeiten Akrobatik 4, Einschüchtern 5, Erste Hilfe 2,
> War das die Alchera, die vor einiger Zeit vor Seattles Küs- Freifall 4, Gewehre 4, Laufen 3, Schleichen 3,
Überreden 2, Verhandlung 4, Waffenloser
te erschien?
Kampf 6, Wahrnehmung 3, Wurfwaffen 3
> Jimmy No
Wissens- Mafiapolitik 4, Organisiertes Verbrechen 3
> Klingt so. Er hat recht, dass man kaum offizielle Berichte fertigkeiten
bekommt, aber ich habe Gerüchte gehört – auch solche Sprachfertigkeiten Englisch M
von einem nebeligen Steinstrand, an dem ein Mann im
Bodytech Aluminium-Kompositknochen,
Dreiteiler an einem kleinen Tisch sitzt und Tee serviert. Ich
Reflexbooster 1, Smartlink
habe keine Ahnung, was es mit dieser Sache auf sich hat.
> Sunshine Ausrüstung Ganzkörperpanzerung [15], Kommlink
[Transys Avalon; Gerätestufe 6], Medkit 6, 5
Sunshine: Und sonst? Stim-Patches 5, 5 Trauma-Patches
Stockwell: Ich habe Vampire getötet und ein paar Waffen Enfield AS-7 [Schrotflinte | Präz. 4(5) |
Leute aus Bottichen in MCT-Labors in Seattle geret- Schaden 11G(e) | DK -5 | HM/SM | RK – |
tet. Nur damit das Leben interessant bleibt. 24(t) | Lasermarkierer, Schockermunition]
Sunshine: Was sind deine nächsten Pläne? 3 Sprenggranaten [Granate | Präz. 9 |
Stockwell: Ich habe immer noch viel zu tun, habe Schaden 16K | DK -2 | Sprengwirkung
aber begonnen, mir Gedanken über mein Leben -2/m]
nach den Schatten und über eine Möglichkeit zu 5 Splittergranaten [Granate |
machen, der Familie weiter zu helfen. Ich habe das Präz. 9 | Schaden 18K(f) | DK +5 |
Sprengwirkung -1/m]
Restaurant La Bella Piastra eröffnet, und es entwi-
ckelt sich langsam ganz gut. Es war zuerst vor allem
ein Mafiatreffpunkt, aber wir beginnen, uns in der Stockwell: Mach das. Lass es mich wissen, und ich
Restaurantszene einen Namen zu machen. komponiere dir ein Essen.
Sunshine: Muss ich ausprobieren, wenn ich wie- Sunshine: So alt bist du noch gar nicht. Warum
der in Seattle bin. denkst du schon an den Ruhestand?
Stockwell: Mein Team hat in letzter Zeit einige
Mitgliederwechsel erlebt. So ist es in den Schatten:
Leute sterben oder gehen. Das ist Teil des Lebens,
bringt einen aber zum Nachdenken. Man kann gut
sein, vielleicht sogar großartig, aber man kann nicht
jeder Kugel ausweichen, und das Überleben kann
von ein paar Millimetern in die falsche Richtung ab-
hängen. Ich will mit dem Aufhören nicht warten, bis
sich meine Chancen verschlechtern.
Sunshine: Das klingt sinnvoll. Also hast du Sorgen
wegen der eigenen Sterblichkeit und außerdem
noch den Stress mit dem Team.
Stockwell: Ja. Leute zu ersetzen ist schwer; gute
Leute zu ersetzen ist schwerer. Das Schlimmste ist,
dass wir mit den Unterhändlern wenig Glück hat-
ten. Wenn du einen Job brauchst, kann ich ein gutes
Wort für dich einlegen.

140 TROG-RUNNER >>

Thorben Lange (Order #29309514)


Sunshine: Ich brauche keinen Job, aber danke für
das Angebot.
Stockwell: Einen Versuch war es wert. Aber im
Ernst: Ich habe angefangen, meine sozialen Fähig-
keiten zu verbessern, um die Lücke zu füllen. Und
ich halte nach neuen Leuten Ausschau. Ich baue sie
auf, finde kleine Jobs für sie und betätige mich als
Schieber.
Sunshine: Neue Leute für die Familie?
Stockwell: Manchmal. Oder Aushilfen für das
Team, mit dem ich meistens arbeite. Wenn ich von
anderen Jobs höre, gebe ich das auch an sie weiter.
JUANITA
„WYNWARD“ GONZALEZ
Juanita wurde in den späten 2050ern als Kind
zweier menschlicher Eltern geboren. Es wird zwar
seltener, dass Menscheneltern Ork-Kinder bekom-
men, geschieht aber immer noch. Ihre Eltern freuten
sich über eine Tochter, obwohl die japanische Herr-
schaft über Lima in Peru das schwerer machte, weil
sie ein Metamensch war. Beide verabscheuten die
Herrschaft der Japanokons und unterstützten den
Leuchtenden Pfad.
Nach Juanitas Geburt vergrößerten sie diese Un-
terstützung. An ihrem fünften Geburtstag kündi-
gten sie ihre Jobs. Sie überlegten, in den Dschungel
zu gehen, aber ihre Connections beim Leuchten-
den Pfad überzeugten sie, in Lima zu bleiben und
ihre Unterstützung von dort aus fortzusetzen. Beim
Gespräch mit einer der Connections erkannte die-
se, dass Juanita magisch aktiv war. Die Connecti-
on erzählte es den Eltern und versprach, Juanita im
Austausch für weitere Unterstützung zu unterrich-
ten. Nach ersten Tests und Trainingsversuchen fand
man heraus, dass Juanita Geister rufen und mit ih-
nen arbeiten, aber keine Hexerei oder andere Arten
von Magie betreiben konnte. Zuerst dachte man,
sie wäre nicht zu viel nutze, aber sie war im Um-
gang mit Geistern so gut, dass dies ihren Mangel
an anderen Fähigkeiten ausglich.
Der Leuchtende Pfad dachte, Juanita könnte dazu
bestimmt sein, eine der Priesterinnen für die Neue
Inka-Bewegung zu werden. Ihre Eltern wurden
dazu überredet, sie nach Machu Picchu zu bringen,
wo sie beim Wiederaufbau der Stadt halfen, wäh-
rend Juanitas Training fortgesetzt wurde.
Eines Tages wurde ihr allerdings bewusst, dass sie
nicht wirklich zur Priesterin berufen war, und ging
einfach aus dem Camp fort und in den Dschungel.
Sie ging nicht zurück nach Lima, sondern machte
sich nach Cajamarca auf. Dort tauchte sie in der
Masse der Armen unter. Die Armut war deprimie-
rend, wie sie das meistens ist, aber Juanita hatte
einen starken Willen. Sie war entschlossen, etwas
dagegen zu unternehmen. Sie benutzte Geister,
um die Reichen auszurauben, stahl genug Geld und
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
JUANITA “WYNWARD” GONZALEZ - METATYP: ORKIN
K G R S W L I C EDG ESS M
5 3 4 4 6 4 3 5 4 6 6
Initiative 7 + 1W6
Zustandsmonitor 11/11
Limits Körperlich 6, Geistig 6, Sozial 8
Panzerung 12
Aktions- Arkana 4, Binden 9, Erste Hilfe 4, Führung 3,
fertigkeiten Herbeirufen 8, Pistolen 3, Schleichen 5,
Überreden 4, Verbannen 8, Verhandlung 6,
Wahrnehmung 5
Wissens- Peruanische Geschichte 4, Geisterarten 4
fertigkeiten
Sprach- Englisch (Stadtsprache) 4 (+2), Portugiesisch 2,
fertigkeiten Spanisch M
Initiatengrad 2
Metamagie Anrufung, Maskierung
Gebundene Erdgeist (Kraftstufe 6, 2 Dienste), Luftgeist
Geister (Kraftstufe 6, 3 Dienste), Geist des Tiers
(Kraftstufe 4, 6 Dienste)
Ausrüstung Kommlink [Transys Avalon; Gerätestufe 6],
Panzerjacke [12], 25 Dram Reagenzien
Waffen Ares Predator V [Schwere Pistole | Präz. 5(7)
| Schaden 8K | DK -1 | HM | RK – | 15(s) |
Smartgunsystem, Standardmunition]
kaufte eine gefälschte SIN und ein Ticket, das sie
aus Peru rausbrachte.
Als sie in Lexington in den UCAS landete, verlor
sie sich in der Latino-Gemeinde. Es dauerte einige
Zeit, aber sie fand ihren Weg und fand in einem Kat-
zenschamanen einen Freund, der ihr eine Anstel-
lung in seinem Taliskramladen gab. Sie lernte etwas
über Reagenzien und mehr über unterschiedliche
Geisterarten. Nach ein paar Jahren erkannte sie,
dass sie mehr wollte, und sie begann, ihre Geister
zum Schutz der Straße einzusetzen, wobei sie es
schaffte, die Pläne eines Blutmagiers zu durchkreu-
zen, der die Gemeinschaft terrorisierte.
Juanita ist beim Beschwören und beim Sammeln
von Reagenzien so gut geworden, dass sie in ganz
Kentucky einen sehr guten Ruf genießt. Sie hat eine
Begabung für das Finden von Geisterorchideen im
Boone Forest entwickelt und tut auch etwas zur
Verbesserung ihrer Sammelgebiete. Sie ruft regel-
mäßig Geister herbei, um das Land mit Macht zu
erfüllen, womit sie hofft, das Mananiveau des Ge-
bietes heben zu können, um den Geisterorchideen
einen guten Lebensraum zu bieten. Sie hat genug
Reagenzien gefunden, um selbst ausreichend Vor-
räte zu haben und mit dem Überschuss gutes Geld
zu verdienen.
> Sie ist schon seit einiger Zeit unabhängig; man wird se-
hen, wie lange das so bleibt. Schließlich hat die Atlantean
<< TROG-RUNNER 141
 >> BUCH DER VERLORENEN <<

Foundation ihr Hauptquartier in der CAS, und es liegen CYNTHIA “SPOOK” FIELDS
zwar 600 Kilometer zwischen Lexington und Atlanta, aber
diese Entfernung ist nicht so groß, dass die nichts von ihr TROLLISCHE TECHNOMANCERIN
gehört haben können oder nicht vielleicht Interesse an ei- Priorität A Metatyp
ner Unterhaltung mit ihr hätten.
> Elijah Priorität B Fertigkeiten
Priorität C Resonanz
Priorität D Attribute

DIE ERSCHAFFUNG Priorität E Ressourcen

EINES TROG-RUNNERS
CYNTHIA “SPOOK” FIELDS
Trolle und Orks sind mehr als bloß die Muskeln K G R S W L I C EDG ESS R
der Gruppe. Sie können mit Einfallsreichtum und
5 3 3 5 4 4 4 2 3 6 6
Planung in allen Rollen zu effektiven, amüsanten
und denkwürdigen Charakteren werden. Ein wenig Initiative 7 + 1W6
Fantasie mit einem trollischen Technomancer oder Zustandsmonitor 11/10
einem orkischen Sozialadepten kann die Sechste
Limits Körperlich 6, Geistig 6, Sozial 5
Welt bereichern und Charaktere erschaffen, an die
man sich noch lange erinnert. Panzerung 13
Es ist nicht schwer, einen solchen denkwürdigen Vorteile Natürliche Härte
Charakter zu erschaffen. Ein klares Ziel dafür, wo-
rin sich dieser Charakter besonders hervortun soll, Nachteile Ungehobelt
kann Türen öffnen, die man als für Orks und Trolle Aktions- Akrobatik 2, Bodenfahrzeuge 3, Computer 3,
geschlossen betrachtet hätte. Es folgen einige Bei- fertigkeiten Hacking 5, Matrixkampf 5, Pistolen 4,
spiele für solche Charaktere und einige Ideen dafür, Schleichen 2, Schlosser 3, Software 5, Tasken-
wie Sie selbst denkwürdige Charaktere erschaffen Fertigkeitsgruppe 5, Wahrnehmung 4
könnten. Wissens- GOD-Prozeduren 4, Hackertreffpunkte 4,
Diese einfachen Beispiele zeigen, was mit Ork- fertigkeiten Seattle 4, Seattler Gangs 4
oder Trollcharakteren alles möglich ist. Die Charak-
Sprach- Englisch M
tere sind flexibel: Es ist ziemlich leicht, einen der fertigkeiten
Magieanwender zum Technomancer zu machen,
indem man Magie und Resonanz vertauscht und Lebende Angriff 2, Datenverarbeitung 4, Schleicher 4,
Persona Firewall 4, Gerätestufe 6
die Zauber und Fertigkeiten entsprechend anpasst.
Um den Charakter noch persönlicher zu gestalten, Komplexe Puppenspieler, Reiniger, Resonanzspike,
können Sie Vor- und Nachteile so verändern, dass Formen Signalschleier
sie zur Hintergrundgeschichte passen. Denken Sie Registrierte Infiltrator-Sprite (Stufe 6, 2 Aufgaben), Stör-
aber an die Grenzen von 25 Karma für Vor- oder Sprites Sprite (Stufe 6, 2 Aufgaben)
Nachteile.
Ausrüstung Beglaubigter Credstick (Standard), gefälschte
Wenn Sie die Attribute verändern wollen, um die
SIN 4, Kommlink [Sony Emperor; Gerätestufe 2],
mit ihnen verbundenen Fertigkeiten zu unterstüt- Panzerjacke [12], 10 Spionage-RFID-Chips,
zen, können Sie das tun, indem Sie Punkte subtra- Unterschicht-Lebensstil (1 Monat)
hieren und gleich viele anderswo addieren, wenn
Sie zwei einfachen Regeln folgen: Achten Sie da- Waffen Ares Predator V [Schwere Pistole |
rauf, nicht über das Maximum (oder unter das Mi- Präz. 5(7) | Schaden 8K | DK -1 | HM |
RK – | 15(s) | Smartgunsystem, 100 Schuss
nimum) des Metatyps zu kommen, und denken Sie
Standardmunition, 50 Schuss APDS-Munition,
daran, dass Ihr Charakter nur eines seiner Attribute
100 Schuss Schockermunition]
mit dem Maximalwert für seinen Metatyp besitzen
kann. Anmerkungen Connections für 6 Punkte; 6 Karma übrig.
Startkapital 1.960 + (3W6 x 60) ¥

CYNTHIA „SPOOK“ FIELDS

Als die Tests in der Schule ergaben, dass Cynthia
eine Technomancerin war, waren alle überrascht, da
sie nie Interesse an Technologie oder Kommlinks
gezeigt hatte. Tatsächlich hatte sie ihren ersten Test
für das Benutzen eines Kommlinks nicht geschafft.
Niemand hatte begriffen, dass sie es nicht ver-
stand, weil es ihr so völlig antiquiert erschien. Wa-
rum sollte sie Technologie für etwas einsetzen, das
sie mit ihrem Geist machen konnte?
Ihre Eltern hatten Angst davor, was im Namen
von „Tests“ mit ihr getan werden könnte, daher

142 TROG-RUNNER >>

Thorben Lange (Order #29309514)

 >> BUCH DER VERLORENEN <<

verschwanden sie mit ihr und ließen ihre schlecht JON “MIST” POWELL
bezahlten Jobs hinter sich. Sie zogen durch Seattle, K G R S W L I C EDG ESS
und Cynthia lernte mehr über die Matrix, bis sie be- 5 5 4 5 5 4 4 5 5 5,8
gann, den virtuellen Kontakt persönlichen Treffen
Initiative 8 + 1W6
vorzuziehen. Sie wurde im sozialen Umgang immer
gehemmter, und als ihre Eltern bei einem Autoun- Zustandsmonitor 11/11
fall starben, machte sie sich auf, sich einen eigenen Limits Körperlich 7, Geistig 6, Sozial 7
Platz in der Welt zu suchen.
Panzerung 12
Vorteile Fotografisches Gedächtnis, Schnellheilung,
JON „MIST“ POWELL Soziales Chamäleon
Nachteile Abhängigkeit (Leicht, Deepweed), Niedrige
Jon wuchs als ältester, aber kleinster von vier Jun- Schmerztoleranz
gen auf. Er fand heraus, dass er eine Begabung dafür
Aktions- Akrobatik 2, Bodenfahrzeuge 1, Gebräuche 3,
hatte, sich Dinge zu merken – vor allem Gesichter. fertigkeiten Heimlichkeit-Fertigkeitsgruppe 2,
Er wusste, dass er sich nicht bloß auf seine Kraft Klingenwaffen 1, Pistolen 2, Schlosser 3,
verlassen konnte, und erkannte bald, dass er besser Überreden 5, Verhandlung 4, Verkörperung 4,
darin war, sich aus Schwierigkeiten herauszureden, Vorführung 3, Wahrnehmung 3, Wurfwaffen 2
als sich herauszukämpfen. Es dauerte nicht lange,
Wissens- Promiklatsch 3, Seattler Bars 3,
bis er merkte, dass ihn sein Mundwerk sogar noch
fertigkeiten Sicherheitsprozeduren 4,
besser an Orte bringen konnte, an denen er nichts
Sicherheitssysteme 4, Urban Brawl 2
zu suchen hatte. Er verhielt sich möglichst unauffäl-
lig und konnte so alle möglichen Arten von Infor- Sprachfertigkeiten Englisch (Konzern) M
mationen herausbekommen. Bodytech Smartlink
Ausrüstung Automatischer Dietrich 6,
JON “MIST” POWELL Chamäleonanzug [9], Dietrich-Set, Fernglas
[Kap. 3; Blitzkompensation, Infrarotsicht,
ORKISCHER SPION Restlichtverstärkung, Sichtvergrößerung],
Priorität A Attribute gefälschte SIN 4, Gussform für
Abdruckhandschuh 4, Kletterausrüstung,
Priorität B Metatyp Kletterhandschuhe, Kommlink [Hermes
Priorität C Fertigkeiten Ikon; Gerätestufe 5], Magnetkarten-
Kopierer 6, Magschlossknacker 4,
Priorität D Ressourcen Medkit 6, 100 m Microwire, Mittelschicht-
Priorität E Magie Lebensstil (1 Monat), 100 m myomerisches
Seil, Panzerjacke [12], Richtmikrofon
[Kap. 3; Audioverbesserung 2, Selektiver
Geräuschfilter 1], Sequencer 4, 100 m
Standardseil, Werkzeugkiste (Verkleiden)
Waffen Ares Predator V [Schwere Pistole |
Präz. 5(7) | Schaden 8K | DK -1 | HM |
RK – | 15(s) | Smartgunsystem, 100 Schuss
Standardmunition, 50 Schuss APDS-Munition,
50 Schuss Schockermunition]
Anmerkungen Connections für 15 Punkte; 3 Karma übrig.
Startkapital 375 + (4W6 x 100) ¥

NANCY „BLACKLIGHT“ BARNES

Als ein Streit zwischen Nancy und einem Mitglied
des Humanis Policlubs schnell eskalierte, wollte kei-
ne der beiden Seiten nachgeben. Bevor Nancy es
richtig mitbekommen hatte, lag der Humanis-Kerl
in einer Blutlache tot auf dem Boden. Nancy wuss-
te, dass es keine Rolle spielte, dass sie in Notwehr
gehandelt hatte, dass sie nur fünfzehn Jahre alt
und ein Mädchen war – wichtig war, dass sie eine

<< TROG-RUNNER 143

Thorben Lange (Order #29309514)
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NANCY “BLACKLIGHT” BARNES arme Trollin und mit einigen Halloweeners befreun-
det war. Knight Errant würde sie als Mörderin be-
TROLLISCHE ASSASSINENADEPTIN zeichnen – das war ihr klar. Was ihr größere Sorgen
Priorität A Metatyp machte, war, dass sie es genossen hatte, den Mann
zu Tode zu prügeln. Sie begann, Mordaufträge an-
Priorität B Fertigkeiten zunehmen, um diesen Drang zu befriedigen, und
Priorität C Attribute brachte jeden um, der sich ihr in den Weg stellte.
Priorität D Magie
Mit der Zeit erkannte sie allerdings, wie sich ihr
Töten auswirkte. Manchmal trauerten sogar Mit-
Priorität E Ressourcen glieder ihres eigenen Teams um Leute, die sie ge-
tötet hatte. Dieses Leid wirkte sich auf sie aus, und
sie schwor, nie wieder Unschuldige zu töten.
NANCY “BLACKLIGHT” BARNES
K G R S W L I C EDG ESS M KIM „MYSTIQUE“ PETTEYS
7 4 3(5) 8 3 3 2 2 2 6 6
Initiative 5(7) + 3W6 Kim wuchs in einer armen Gegend von Seattle auf
und lernte schon in jungen Jahren, dass sie nur das
Zustandsmonitor 12/10
bekommen konnte, was sie sich selbst nahm. Es
Limits Körperlich 9(10), Geistig 4, Sozial 5 wurde leichter, als sie langsam das volle Ausmaß
Panzerung 14 ihrer Kräfte zu erkennen begann. Bei einem Job
lernte sie, wie sie sich aus purer Willenskraft durch-
Vorteile Unauffälligkeit sichtig machen konnte. Bei einem anderen Job fing
Nachteile Ehrenkodex (tötet keine Unschuldigen) sie sich eine Kugel in der Schulter ein, kam aber mit
Aktions- Akrobatik 5, Arkana 2, Bodenfahrzeuge 1, einer kleinen Schramme davon, weil sie irgendwie
fertigkeiten Einschüchtern 3, Feuerwaffen- eine Panzerung aus dem Nichts erschaffen hatte.
Fertigkeitsgruppe 5, Gebräuche 2, Sie lernte, wie sie vorausahnen konnte, was pas-
Klingenwaffen 4, Schleichen 5, Schlosser 3, sieren würde, wie sie das Unsichtbare sehen konn-
Spurenlesen 5, Überreden 4, Wahrnehmung 5, te, und wie sie alles und jeden vernichten konnte,
Wurfwaffen 3 was sich ihr in den Weg stellte. Wenn etwas Magie
Wissens- Metamenschen-Hassgruppen 3, Seattler braucht, kann sie diese entweder wirken oder sich
fertigkeiten Bars 2, Seattler Gangs 2, Lautlose das Geld verdienen, um sie zu kaufen. Man findet
Tötungstechniken 3 nicht viele Straßenmagierinnen, die ein so breit ge-
fächertes Waffenarsenal haben.
Sprach- Englisch M
fertigkeiten
Adeptenkräfte Gefahrensinn 2, Gesteigerte Reflexe 2, KIM “MYSTIQUE” PETTEYS
Kampfsinn 1, Magieresistenz 3, Mystischer
ORKISCHE MAGIERADEPTIN
Panzer 1, Verbesserte Fertigkeit (Schleichen) 1
Priorität A Magie
Ausrüstung Chamäleonanzug [9], Kommlink [Sony
Emperor; Gerätestufe 2], Kontaktlinsen [Kap. 2; Priorität B Fertigkeiten
Blitzkompensation, Smartlink], Panzerjacke [12], Priorität C Metatyp
Qi-Fokus [Kraftstufe 2, gebunden; Attributsschub
[Geschicklichkeit] 2; Blitz auf linkem Unterarm], Priorität D Attribute
Unterschicht-Lebensstil (1 Monat) Priorität E Ressourcen
Waffen Ares Predator V [Schwere Pistole |
Präz. 5(7) | Schaden 8K | DK -1 | HM |
RK – | 15(s) | Smartgunsystem, 100 Schuss
Standardmunition, 100 Schuss APDS-
Munition, 100 Schuss Gelmunition]
5 Schockgranaten [Granate | Präz. 10 |
Schaden 10G | DK -4 | Sprengwirkung 10 m
Radius]
Katana [Klingenwaffe | Reichweite 1 | Präz. 7 |
Schaden 11K | DK -3]
Anmerkungen Connections für 6 Punkte; 1 Karma übrig.
Startkapital 75 + (3W6 x 60) ¥

144 TROG-RUNNER >>

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KIM “MYSTIQUE” PETTEYS JACK “SPADES” LINDSTROM

K G R S W L I C EDG ESS M TROLLISCHER ASPEKTZAUBERER
4 3 3 3 5 4 3 2 1 6 6 Priorität A Metatyp
Initiative 6 + 1W6 Priorität B Fertigkeiten
Zustandsmonitor 11/11 Priorität C Magie
Limits Körperlich 5, Geistig 6, Sozial 5 Priorität D Ressourcen
Panzerung 14 Priorität E Attribute
Vorteile Erhöhte Konzentrationsfähigkeit 4, Schutzgeist
(Adler, Adept)
JACK “SPADES” LINDSTROM
Nachteile Allergie (Leicht, Silber), Astrales Leuchtfeuer,
Schwaches Immunsystem K G R S W L I C EDG ESS M
5 3 3 5 4 4 2 2 3 6 6
Aktions- Akrobatik 4, Alchemie 3, Antimagie 5, Arkana 4,
fertigkeiten Askennen 4, Beschwören-Fertigkeitsgruppe 5, Initiative 5 + 1W6
Bodenfahrzeuge 2, Computer 2, Zustandsmonitor 11/10
Klingenwaffen 3, Pistolen 3, Schleichen 3,
Schnellfeuerwaffen 4, Spruchzauberei 5, Limits Körperlich 6, Geistig 5, Sozial 5
Wahrnehmung 4 Panzerung 13
Wissens- Magietheorie 3, Magische Gruppen 4, Rea- Vorteile Schutzgeist (Wolf)
fertigkeiten genzienbeschaffung 4, Seattler Nachtclubs 3
Nachteile Feindliche Geister (Luftgeister), SIN-Mensch
Sprach- Englisch M (Kriminelle SIN)
fertigkeiten
Aktions- Akrobatik 5, Askennen 2, Bodenfahrzeuge 3,
Adeptenkräfte Astrale Wahrnehmung, Beschleunigte fertigkeiten Computer 3, Erste Hilfe 6, Feuerwaffen-
Heilung 1, Gefahrensinn 2, Magieresistenz 2, Fertigkeitsgruppe 2, Hexerei-
Mystischer Panzer 2, Schmerzresistenz 2 Fertigkeitsgruppe 5, Schleichen 4, Schlosser 4,
Zauber Blitzstrahl, Feinde Entdecken, Feuerball, Heilen, Wahrnehmung 5, Wurfwaffen 4
Magie Entdecken, Reflexe Steigern, Telepathie, Wissens- Magische Bedrohungen 3, Ortskenntnis
Verbesserte Unsichtbarkeit, Wahrheit Prüfen fertigkeiten Seattle 2, Poker 3
Alchemische Panzerung Sprachfertigkeiten Englisch M, Japanisch 2, Spanisch 2
Zauber
Zauber Blitzstrahl, Energieblitz, Feuerball, Heilen,
Gebundene Feuergeist (Kraftstufe 6, 3 Dienste) Verbesserte Unsichtbarkeit
Geister
Ausrüstung Kommlink [Erika Elite; Gerätestufe 4],
Ausrüstung Kommlink [Renraku Sensei; Gerätestufe 3],
Panzerjacke [12], Unterschicht-Lebensstil
Panzerjacke [12], 50 Dram Reagenzien,
(1 Monat), Zauberspruchfokus [Kraftstufe 4,
Unterschicht-Lebensstil (1 Monat)
gebunden; Kampfzauber]
Waffen Ares Predator V [Schwere Pistole |
Fahrzeuge Ford Americar [Handl. 4/3 | Geschw. 3 |
Präz. 5(7) | Schaden 8K | DK -1 | HM |
Beschl. 2 | Rumpf 11 | Panzerung 6 | Pilot 1 |
RK – | 15(s) | Smartgunsystem, 100 Schuss
Sensor 2 | Sitze 4]
Standardmunition]
Harley-Davidson Scorpion [Handl. 4/3 |
AK-97 [Sturmgewehr | Präz. 5 | 10K |
Geschw. 4 | Beschl. 2 | Rumpf 8 | Panzerung 9
DK -2 | HM/SM/AM | RK – | 38(s) | 100
| Pilot 1 | Sensor 2 | Sitze 1]
Schuss Standardmunition, 40 Schuss
Explosivmunition] Waffen Ares Predator V [Schwere Pistole |
5 Schockgranaten [Granate | Präz. 5 | Schaden Präz. 5(7) | Schaden 8K | DK -1 | HM |
10G | DK -4 | Sprengwirkung 10 m Radius] RK – | 15(s) | Smartgunsystem, 100 Schuss
Standardmunition, 50 Schuss APDS-
Anmerkungen Connections für 6 Punkte übrig.
Munition, 50 Schuss Schockermunition]
Startkapital 105 + (3W6 x 60) ¥ AK-97 [Sturmgewehr | Präz. 5 | 10K | DK -2
| HM/SM/AM | RK – | 38(s) | 100 Schuss
Standardmunition, 50 Schuss APDS-
JACK „SPADES“ LINDSTROM Munition, 50 Schuss Schockermunition]
10 Schockgranaten [Granate | Präz. 6 |
Jack war schon früh ein hervorragender Pokerspieler Schaden 10G | DK -4 | Sprengwirkung 10 m
und gewann mit einem Pik-Flush einen großen Pott, Radius]
während er bei seinem ersten Run in einem Safe- 10 Sprenggranaten [Granate | Präz. 6 |
house wartete, wodurch er seinen Straßennamen er- Schaden 16K | DK -2 | Sprengwirkung -2/m]
hielt. Sein Stil als Runner ähnelt seiner Pokerstrategie: Anmerkungen Connections für 6 Punkte übrig.
Startkapital 425 + (3W6 x 60) ¥

<< TROG-RUNNER 145

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Er greift jeden mit viel Feuerkraft an, der Schwäche ANDY “BURNER” WU
zeigt, und lässt niemandem die Möglichkeit, sich auf
sein Glück zu verlassen oder ihn zu zermürben. Er TROLLISCHER MAGIER
kennt nicht viele verschiedene Zaubersprüche und Priorität A Magie
nutzt seine Fähigkeiten der Heimlichkeit eher da-
für, dem Gegner nahezukommen, um ihn mit etwas Priorität B Metatyp
zu bewerfen, statt rein- und rauszuschleichen. Sein Priorität C Fertigkeiten
Schutzgeist Wolf ermuntert diese Art von Herange- Priorität D Attribute
hensweise an sein Leben in den Schatten.
Priorität E Ressourcen

ANDY „BURNER“ WU
Haus hielt, mit einem Flammenwerfer-Zauber ver-
Andy erhielt seinen Spitznamen „Burner“, als er brannte. Leider waren es keine Einbrecher, sondern
zwei Personen, die er für Einbrecher in seinem Konzernsicherheitsleute. Ein Magier hatte ihre Ge-
danken beherrscht und sie zum Einbruch gezwun-
ANDY “BURNER” WU gen, was aber bei der Ermittlung nie herauskam.
K G R S W L I C EDG ESS M Der Magier war ein mächtiges Mitglied eines Kon-
5 3 3 5 5 4 3 2 1 6 6 zern-Forschungsteams und hatte den Informati-
onsfluss zu den Behörden unter Kontrolle. Die Ver-
Initiative 6 + 1W6 tuschung zeichnete das Bild von Andy als Mörder,
Zustandsmonitor 11/11 der sich der Verhaftung widersetzte. Er entkam und
Limits Körperlich 6, Geistig 6, Sozial 5
floh aus Denver.
Die Angst davor, die falschen Leute zu verletzen,
Panzerung 13 begleitet ihn seither und führt dazu, dass er zu Be-
Vorteile Astrales Chamäleon ginn eines Kampfes kurz so gut wie gelähmt ist,
aber über die Runden kommt, sobald der Kampf
Nachteile Kampflähmung
richtig läuft. Er hat auch damit begonnen, nach
Aktions- Antimagie 5, Arkana 3, Askennen 3, Möglichkeiten zu suchen, das Übel wiedergutzu-
fertigkeiten Athletik-Fertigkeitsgruppe 2, Binden 4, machen, das von Leuten wie ihm verursacht wurde,
Bodenfahrzeuge 2, Herbeirufen 4, wenn die Magie außer Kontrolle gerät.
Klingenwaffen 4, Pistolen 3, Spruchzauberei 5,
Wahrnehmung 4, Wurfwaffen 3
Wissens- Astralebene 3, Magische Bedrohungen 3, ANTHONY „TUSKS“
fertigkeiten Shedim 4
TORTENELLI
Sprachfertigkeiten Englisch M, Mandarin 4
Anthony war schon in jungen Jahren ein Charmeur
Zauber Energieblitz, Flammenwerfer, Geschicklichkeit
und Überredungskünstler und wollte lieber reden
Steigern, Heilen, Heißes Eisen, Leben
Entdecken, Magie Analysieren, Manaball,
als kämpfen. Er konnte sozusagen einem Athabas-
Panzerung, Reflexe Steigern, Telepathie, ken Eis verkaufen. Damit kommt er meistens sehr
Verbesserte Unsichtbarkeit gut durch, muss aber manchmal mit dem Hindernis
fertigwerden, dass manche Menschen ihn als Ork
Gebundene Erdgeist (Kraftstufe 6, 3 Dienste), Feuergeist für grundsätzlich verdächtig halten. Dadurch wur-
Geister (Kraftstufe 6, 3 Dienste)
de er Menschen gegenüber ein wenig reserviert. Er
Ausrüstung Kommlink [Renraku Sensei; Gerätestufe 3], wusste, dass das Konzernleben nichts für ihn war,
Panzerjacke [12], 20 Dram Reagenzien, und ging bald in die Schatten.
Unterschicht-Lebensstil (1 Monat)
Waffen Ares Predator V [Schwere Pistole |
Präz. 5(7) | Schaden 8K | DK -1 | HM | ANTHONY “TUSKS” TORTENELLI
RK – | 15(s) | Smartgunsystem, 100 Schuss ORKISCHER UNTERHÄNDLER
Standardmunition]
Katana [Klingenwaffe | Reichweite 1 | Präz. 7 | Priorität A Attribute
Schaden 8K | DK -3] Priorität B Fertigkeiten
10 Rauchgranaten [Granate | Präz. 10 |
Schaden – | DK – | Sprengwirkung 10 m Priorität C Metatyp
Radius] Priorität D Ressourcen
Anmerkungen Connections für 6 Punkte; 1 Karma übrig. Priorität E Magie
Startkapital 275 + (3W6 x 60) ¥

146 TROG-RUNNER >>

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BRODY “SPEEDBUMP” ALEXANDER

ANTHONY “TUSKS” TORTENELLI
K G R S W L I C EDG ESS
K G R S W L I C EDG ESS
5 4 5(8) 4 3 2 3 2 1 1,8
6 4 4 5 4 4 4 6 1 5,8
Initiative 8(11) + 2W6
Initiative 8 + 1W6
Zustandsmonitor 11/10
Zustandsmonitor 11/10
Limits Körperlich 6(7), Geistig 4, Sozial 3
Limits Körperlich 7, Geistig 6, Sozial 8(9)
Panzerung 12
Panzerung 12
Vorteile Technisches Improvisationstalent
Vorteile Außergewöhnliches Attribut (Charisma)
Nachteile Niedrige Schmerztoleranz
Nachteile Unglück, Vorurteile (Menschen,
Aktions- Computer 3, Bodenfahrzeuge (Fernsteuerung) 5 (+2),
Voreingenommen)
fertigkeiten Elektronische Kriegsführung 5, Erste Hilfe 3,
Aktions- Akrobatik 4, Bodenfahrzeuge 2, Einfluss- Flugzeuge (Fernsteuerung) 5 (+2), Geschütze 5,
fertigkeiten Fertigkeitsgruppe 5(6), Einschüchtern 4, Erste Mechanik-Fertigkeitsgruppe 5, Navigation 3,
Hilfe 5, Schleichen 4, Schnellfeuerwaffen 4, Schiffe 3, Schnellfeuerwaffen 4
Überreden 5(6), Verkleiden 4,
Wissens- Fahrzeugmarken und -modelle 4, GridGuide 2,
Wahrnehmung 5, Wurfwaffen 4 fertigkeiten Schmuggelrouten 4
Wissens- Goblinrock-Bands 3, Seattler Schieber 4,
Sprachfertigkeiten Englisch M
fertigkeiten Seattler Nachtclubs 3, Seattler Runner 3
Bodytech Reaktionsverbesserung 2, Reflexbooster 1
Sprachfertigkeiten Englisch M, Or’zet 3 (Alphaware), Riggerkontrolle 2 (Alphaware),
Bodytech Maßgeschneiderte Pheromone 1 Simrig, Smartlink
Ausrüstung Dodge Scoot, gefälschte SIN 4, Kommlink Ausrüstung Gefälschte SIN 4, Kommlink [Transys Avalon;
[Erika Elite; Gerätestufe 4], Kontaktlinsen Gerätestufe 6], Mittelschicht-Lebensstil (1 Monat;
[Kap. 1; Smartlink], Medkit 6, Mittelschicht- mit Speziellem Arbeitsbereich), Panzerjacke [12],
Lebensstil (1 Monat), Panzerjacke [12] Riggerkonsole [Proteus Poseidon; Gerätestufe 5]

Waffen Colt M23 [Sturmgewehr | Präz. 4 | Schaden 9K Fahrzeuge C-D Dalmatian [Handl. 5 | Geschw. 5 | Beschl. 3 |
| DK -2 | HM/SM/AM | RK – | 40(s) | 50 Rumpf 5 | Panz. 5 | Pilot 3 | Sensor 3]
Schuss Standardmunition, 50 Schuss Ford Americar [Handl. 4/3 | Geschw. 3 | Beschl. 2 |
APDS-Munition, 50 Schuss Gelmunition, 50 Rumpf 11 | Panz. 6 | Pilot 1 | Sensor 2 | Sitze 4]
Schuss Schockermunition] 2 Lockheed Optic-X2 [Handl. 4 | Geschw. 4 |
HK-227 [MP | Präz. 5(7) | 7K | DK – | HM/ Beschl. 1 | Rumpf 4 | Panz. 4 | Pilot 3 | Sensor 3]
SM/AM | RK (1) | 28(s) | Einziehbare GM-Nissan Dobermann [Handl. 5 | Geschw. 3 |
Schulterstütze, Schalldämpfer, Beschl. 1 | Rumpf 4 | Panz. 4 | Pilot 3 | Sensor 3]
Smartgunsystem, 50 Schuss GMC Bulldog [Handl. 3/3 | Geschw. 3 | Beschl. 1 |
Standardmunition, 50 Schuss APDS- Rumpf 16 | Panz. 12 | Pilot 1 | Sensor 2 | Sitze 6]
Munition, 50 Schuss Gelmunition, 50 MCT Fly-Spy [Handl. 4 | Geschw. 3 | Beschl. 2 |
Schuss Schockermunition] Rumpf 1 | Panz. 0 | Pilot 3 | Sensor 3]
MCT-Nissan Roto-Drohne [Handl. 4 | Geschw. 4 |
Anmerkungen Connections für 18 Punkte; 2 Karma übrig. Beschl. 2 | Rumpf 4 | Panz. 4 | Pilot 3 | Sensor 3]
Startkapital 70 + (4W6 x 100) ¥ Steel Lynx [Handl. 5 | Geschw. 4 | Beschl. 2 |
Rumpf 6 | Panz. 12 | Pilot 3 | Sensor 3]
Waffen AK-97 [Sturmgewehr | Präz. 5 | 10K |
BRODY „SPEEDBUMP“ DK -2 | HM/SM/AM | RK – | 38(s) | 200
ALEXANDER Schuss Standardmunition, 50 Schuss
Schockermunition]
Brody genoss in seiner Jugend nur eines mehr als Stoner-Ares M202 [MMG | Präz. 5 | Schaden 10K
das Arbeiten an Fahrzeugen: das Steuern von Fahr- | DK -3 | AM | RK – | 100(gurt) | 600 Schuss
Standardmunition, 200 Schuss APDS-Munition;
auf der Steel Lynx]
BRODY “SPEEDBUMP” ALEXANDER Ares Alpha [Sturmgewehr | Präz. 5(7)
ORKISCHER RIGGER | Schaden 11K | DK -2 | HM/SM/AM
| RK 2 | 42(s) | Smartgunsystem, 200
Priorität A Ressourcen Schuss Standardmunition, 50 Schuss
Priorität B Fertigkeiten Schockermunition; auf der Roto-Drohne]
Granatwerfer [Granatwerfer | Präz. 4(6) |
Priorität C Metatyp Schaden 16K | DK -2 | EM | RK – | 6(s) |
Priorität D Attribute Smartgunsystem, 10 Sprenggranaten]

Priorität E Magie Anmerkungen Connections für 6 Punkte; 4 Karma übrig.

Startkapital 2.500 + (4W6 x 100) ¥

<< TROG-RUNNER 147

Thorben Lange (Order #29309514)
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JILL “PROTEAN” ANDREWS

K G R S W L I C EDG ESS zeugen. Er steuerte schon Drohnen, bevor er ein
Teenager war. Während die meisten seiner Freunde
4 4 3(4) 3 3 4 3 3 5 4,2
für ihre Führerscheine lernten, benutzte er Fly-Spy-
Initiative 6(7) + 2W6 Drohnen. Er wusste, dass er keinen Job finden wür-
Zustandsmonitor 10/10 de, mit dem er seine Spielzeuge finanzieren könnte,
also nahm er Jobs an, bei denen diese Spielzeuge
Limits Körperlich 5, Geistig 5, Sozial 5 zum Einsatz kamen. Zuerst arbeitete er als Droh-
Panzerung 12 nenpilot, später als Fahrer. Wie jeder leidenschaft-
Vorteile Zweisprachig liche Rigger bastelt er ständig an seinen Drohnen
herum, um sie zu verbessern.
Nachteile SIN-Mensch (Kriminelle SIN)
Aktions- Akrobatik 5, Bodenfahrzeuge 3, Erste Hilfe 3,
fertigkeiten Feuerwaffen-Fertigkeitsgruppe 6, Führung 2, JILL „PROTEAN“ ANDREWS
Geschütze 3, Klingenwaffen 5, Mechanik-
Fertigkeitsgruppe 2, Natur-Fertigkeitsgruppe 2, Jill wuchs in den Barrens auf. Sie arbeitete, wo sie
Schwere Waffen 3, Schleichen 4, Schlosser 4, konnte, und tat, was sie musste, um ein bisschen
Sprengstoffe 4, Verkleiden 2, Waffenloser Geld für die Familie zu verdienen. Als sie alt genug
Kampf 5, Wahrnehmung 5, Wurfwaffen 4 war, ging sie zum UCAS-Militär und lernte, wie man
Wissens- NAN-Politik 3, Seattler Gangs 3, Waffen benutzt und mit ihnen tötet. Dafür hatte sie
fertigkeiten Söldnergruppen 3, Taktik kleiner Einheiten 3 eine Begabung, und bald führte sie ein Platoon. Als
Sprachfertigkeiten Englisch M, Or’zet M, Sioux 2 ihre Eltern von einer Alamos-20.000-Zelle getötet
wurden, entfernte sie sich unerlaubt von der Trup-
Bodytech Reflexbooster 1 (Alphaware), Smartlink pe und jagte die Mörder. Statt zur Armee zurück-
Ausrüstung Automatischer Dietrich 6, Dietrich-Set, zukehren, nachdem sie sie getötet hatte, beschloss
gefälschte SIN 4, Kommlink [Hermes sie, ihr Können in den Schatten einzusetzen.
Ikon; Gerätestufe 5], Magschloss 5,
Magschlossknacker 4, Medkit 6,
Mittelschicht-Lebensstil (2 Monate), JILL “PROTEAN” ANDREWS
Panzerjacke [12; Elektrische Isolierung 3,
Wärmedämpfung 3], Sequencer 4, Sichtgerät ORKISCHE SCHÜTZIN
[Kap. 2; Blitzkompensation, Infrarotsicht], Priorität A Fertigkeiten
Wanzenscanner 6, White-Noise-Generator 6,
Priorität B Metatyp
Zielgerichteter Störsender 6
Priorität C Ressourcen
Fahrzeuge GMC Bulldog [Handl. 3/3 | Geschw. 3 |
Beschl. 1 | Rumpf 16 | Panz. 12 | Pilot 1 | Priorität D Attribute
Sensor 2 | Sitze 6]
Priorität E Magie
Harley-Davidson Scorpion [Handl. 4/3 |
Geschw. 4 | Beschl. 2 | Rumpf 8 | Panz. 9 |
Pilot 1 | Sensor 2 | Sitze 1]
Waffen Ares Predator V [Schwere Pistole |
Präz. 5(7) | Schaden 8K | DK -1 | HM |
RK – | 15(s) | Smartgunsystem, 30 Schuss
Standardmunition]
Ares Alpha [Sturmgewehr | Präz. 5(7) |
Schaden 11K | DK -2 | HM/SM/AM | RK 2
| 42(s) | Smartgunsystem, 70 Schuss
Standardmunition, 100 Schuss APDS-
Munition]
Granatwerfer [Granatwerfer | Präz. 4(6) |
Schaden 16K | DK -2 | EM | RK – | 6(s) |
Smartgunsystem, 10 Sprenggranaten]
Katana [Klingenwaffe | Reichweite 1 | Präz. 7 |
Schaden 6K | DK -3]
3 Überlebensmesser [Klingenwaffe |
Reichweite – | Präz. 5 | Schaden 5K | DK -1]
20 Rauchgranaten [Granate | Präz. 10 |
Schaden – | DK – | Sprengwirkung 10 m
Radius]
Anmerkungen Connections für 9 Punkte; 3 Karma übrig.
Startkapital 875 + (4W6 x 100) ¥

148 TROG-RUNNER >>

Thorben Lange (Order #29309514)

 >> BUCH DER VERLORENEN <<

<< TROG-RUNNER 149

Thorben Lange (Order #29309514)
 M I T H AU E RN U ND HÖRNE RN
TROG-FEINDE
Ich trage einen ehrbaren Namen, aber diese Ehre gehört
nicht mir. Sie wurde von einem großen Mann verdient.
Ich wurde nur durch Glück hineingeboren, aber ich will
meinem Namen ebenfalls Ehre machen. Und ich will,
dass ihr euch der Sache anschließt.
Wir leben in finsteren Zeiten. Monster streifen durch
unsere Straßen. Sie leben unter uns und verderben un-
sere Jugend. Sie arbeiten unter uns und stehlen unsere
Arbeitsplätze. Sie bringen mit ihren Gangs Gewalt in die
Stadt. Sie machen unsere Straßen mit unprovozierten
Gewaltausbrüchen unsicher. Es ist ein Skandal, dass
wir diese Erde mit diesen Monstrositäten teilen müssen.
Wir müssen uns zusammenschließen. Wir dürfen kein
Leben der Unterwerfung führen. Wir müssen uns erhe-
ben und diese Finsternis vernichten. Schließt euch zu-
sammen, Brüder und Schwestern der Menschheit, und
befreit diese Welt von den Monstern, die unter uns leben.
Befreit unsere künftigen Generationen.
Bringt Frieden.
Bringt Freude.
Bringt Einheit.
– Eric Brackhaven
150 TROG-FEINDE >>
Thorben Lange (Order #29309514)
> Wir können nur dann darüber sprechen, was uns groß
macht, wenn wir auch ein wenig Zeit für die Hindernisse
erübrigen, die wir überwinden müssen. Ich meine nicht
die kleinen Sachen, wie zu groß zu sein oder zu viel zu
essen. Ich rede über die Leute, die glauben, dass wir we-
niger wert sind als andere, weil wir sind, was wir sind. Ich
meine euch, Humanis Policlub! Und euch, Alamos 20.000!
Ich meine Politiker wie den ehemaligen Gouverneur Ken-
neth Brackhaven, den UCAS-Senator Carter Banes und
Sheila Martin, die Bürgermeisterin von Atlanta. Das sind
die Gruppen und Personen, die jede Stunde ihres Lebens
damit verbringen, neue Wege zu finden, um die Orks und
Trolle der Welt mit Sprache und Gesetzen schlechtzuma-
chen, die auf Angst und Unwissenheit basieren.
Wenn ihr nicht wisst, was diese Leute vorhaben, oder
sogar wenn ihr glaubt, es zu wissen, aber ein wenig mehr
Munition für euren Kampf gegen den Hass braucht, dann
lest weiter. Ich habe nämlich ein paar Leute gefunden, die
bereit sind, etwas darüber zu sagen und die Schatten auf
den neuesten Stand über diese Gruppen zu bringen. Wir
müssen uns nicht an ihrer Hass-Rhetorik aufhängen, kön-
nen aber die Fakten analysieren und uns ihre Vorstellun-
gen genau ansehen.
> Bull
HUMANIS POLICLUB
GEPOSTET VON: TARGOD
An der Spitze der Liste der bekanntesten Metahas-
ser der Welt steht der Humanis Policlub. Der Name
sagt es schon: „Human is – menschlich ist“ oder la-
teinisch „Humanis – für die Menschlichen“. Als ob
menschlich zu sein alles wäre, was in der Welt etwas
zählt. Das Schlimmste an Humanis ist aber nicht der
Hass, sondern die Art und Weise, wie er den Mas-
sen verkauft wird. Oberflächlich betrachtet propa-
gieren sie Menschlichkeit. Sie bieten Programme
und Unterstützung für Leute, die verzweifelt sind,
aber nichts davon kommt jemals jemandem mit
spitzen Ohren zugute. Sie lächeln und lassen je-
den in die Besucherbereiche ihrer Verbandshäuser,
empfangen sogar den massigsten Troll mit einem
breiten Grinsen und einem Übermaß an Gefühlsdu-
selei und Charme. Sie füllen sogar Anträge für Trogs
 zur Aufnahme oder zur Teilnahme an einem Pro-
gramm aus, aber die Dokumente gehen verloren,
das Programm wird beendet oder es gibt „Verzö-
gerungen“, die das Programm ewig in der Schwebe
halten. Wirklich hartnäckige Metas erhalten irgend-
wann Besuch. Die erste Runde besteht meistens
aus ein wenig Einschüchterung und vielleicht leich-
ten Schlägen. Runde zwei ist fast immer tödlich.
Unfälle passieren, zufällige Gewalt im falschen Teil
der Stadt und Ähnliches. Alles durchgeführt von
Mitgliedern, die sich nicht nur als pro-menschlich,
sondern als anti-metamenschlich erwiesen haben.
Falls diese Unterscheidung eine Bedeutung hat.
Der Club überprüft seine Mitglieder in Meetings,
durch Fragebögen und unverfängliche Konversa-
tion, um schließlich herauszufinden, wer glaubt,
dass Menschen ein wenig Hilfe brauchen, und wer
glaubt, dass die Metas schon längst ausgerottet
sein sollten. Je tiefer der Hass verankert ist, desto
höher kann man in der Hierarchie von Humanis auf-
steigen – und muss sich ständig durch Prügel, Mord
und Hassverbrechen beweisen.
Der Policlub selbst ist weltweit vertreten und hat
Ortsgruppen in allen großen Städten der Welt, au-
ßer in meta-freundlichen Ländern. Dort wirkt er
ausschließlich aus den Schatten heraus und be-
kommt Hilfe von der weltweiten Humanis-Orga-
nisation und der Human Nation sowie Hunderten
anderen Policlubs mit weniger bekannten Namen,
aber denselben gewissenlosen Zielen. Zur Human
Nation komme ich später noch. Bei den anderen
Policlubs könnt ihr mit einer oberflächlichen Re-
cherche aus deren Ansichten schnell herauslesen,
was sie über verschiedene Metatypen denken.
Jede Ortsgruppe des Humanis Policlubs ist wie
eine einzelne Zelle innerhalb einer terroristischen
Organisation. Die Ortsgruppen sind durch separate
Führungsebenen – und Sündenböcke – voneinan-
der getrennt, aber je höher man in der Hierarchie
kommt, desto mehr Querverbindungen findet man.
Die unbedeutenden Mitglieder wissen nichts von
den anti-metamenschlichen Zielen. Sie sehen nur
die pro-menschliche Seite, bis sie in den inneren
Kreis aufgenommen werden. Wenn sie ihre Glau-
bensfestigkeit bewiesen haben, sehen sie einen
viel größeren Humanis Policlub. Und dieser grö-
Thorben Lange (Order #29309514)
ßere Club sorgt dafür, dass die Mitglieder die Not-
wendigkeit der Geheimhaltung und des Wahrens
des Anscheins gegenüber dem Rest der Welt ver-
stehen. Sie sind kein Megakonzern, der diktieren
kann, was die Leute glauben. Sie sind ein Policlub,
der Leute mit ähnlichen Überzeugungen versam-
melt und sie in die richtige Richtung lenkt.
Die Struktur ist für die Organisation extrem wich-
tig. Jede Ortsgruppe ist eine Zelle. Es gibt Kommu-
nikation mit der Gesamtorganisation, aber kaum
mit anderen Ortsgruppen. Natürlich treffen sich ei-
nige dieser feinen Herren (und Damen) und reden
miteinander, aber sie meiden meistens den Policlub
– oder zumindest seine illegalen Machenschaften –
als Thema.
Für uns Orks bedeutet das institutionalisierten
Rassismus überall, wo diese Scheißer ihre schmut-
zigen kleinen Finger im Spiel haben. Sie verfolgen
Absichten, die uns davon abhalten, etwas anderes
als Knochenjobs zu kriegen, mit denen wir nicht
über die Runden kommen und die uns an den Rand
der Gesellschaft drängen oder dort halten sollen.
Warum sind so viele Orks Ganger und Runner?
Weil wir irgendwann mehr als den Müll und die Reste
haben wollen, mit denen wir gefüttert werden, und
weil wir uns das selbst nehmen müssen, weil nie-
mand uns hilft. Aber diese Schweine verbreiten ihre
Unwahrheiten über uns und nähren Hass und Angst
durch ihre Propaganda, aalglattes pro-menschliches
Marketing und geplanten Rassismus, der oft zu Ge-
walt führt, weil das bei wütenden Leuten oft vor-
kommt. Sie kämpfen. Und bevor ihr euch zu Kom-
mentaren hinreißen lasst wie „Das machen einfache,
unzivilisierte Leute“, will ich euch zu denken geben,
dass ich euch für jeden einfachen Gewaltakt eine Re-
volution zivilisierter Leute zeigen kann, die Gewalt
einsetzten, um ihre gesellschaftliche Stellung und
ihre Lebensumstände zu verbessern.
Orks und Trolle glauben nicht immer, dass Gewalt
die Lösung ist, aber sie können gut mit ihr umge-
hen. Und Arschlöcher wie der Humanis Policlub
und seine rassistischen Verwandten machen es
leicht, ohne moralische Komplikationen Gewalt an-
zuwenden.
Das Wichtige, was ihr über diese Gruppe wissen
müsst, ist, dass ihr auf sie treffen werdet. Sie ist fast
<< TROG-FEINDE 151
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
in allen einigermaßen bewohnten Teilen der Welt
vertreten und höchst aktiv. Sie beschäftigt sich
ausschließlich damit, Trogs das Leben schwer zu
machen, also werdet ihr früher oder später davon
betroffen sein.
In Universitäten und öffentlichen Foren wird da-
rüber diskutiert, wie man am besten mit ihnen
umgeht. Sie ignorieren und hoffen, dass sie ver-
schwinden? Präventivschläge durchführen und hof-
fen, dass dieses eine Mal Gewalt nicht zu Gewalt
führt? Ich habe keine einfache Antwort. Eines aber
kann ich euch sagen: Individuen und Gemeinschaf-
ten kommen oft an den Punkt, an dem sie zeigen
müssen, wofür sie stehen, wenn sie den virulenten
Hass eindämmen oder irgendwann eliminieren
wollen. Bereitet euch darauf vor, zu handeln, wenn
dieser Punkt kommt, damit ihr nicht einfach über-
rollt werdet.
> Hassgruppen werden auf dieselbe Weise schwächer,
wie alle Gruppen schwächer werden: wenn die Führung
schwach wird, und wenn sie Finanzmittel verlieren. Des-
wegen gibt es so viele Aktionen, die hohe Tiere in Kon-
zernen aufdecken sollen, die Humanis Geld zukommen
lassen. Wenn man sie durch die Schande dazu bringt, das
nicht mehr zu tun, wird das Auswirkungen haben. Hass ist
viel anziehender, wenn er es bequem hat. Wenn er Hunger
leidet, hat er nicht annähernd dieselbe Anziehungskraft.
> Snopes
HUMAN NATION
GEPOSTET VON: TARGOD
Wie zuvor erwähnt ist die Human Nation eine Ge-
heimgesellschaft der mächtigsten Metahasser der
Welt. Das sind die Leute, die hinter Völkermor-
den, Zwangssterilisierungen, der Destabilisierung
von Regierungen in meta-freundlichen Ländern
und hinter Hunderten anderen Aktionen gegen
Metamenschen stehen, die Trogs nicht nur unter-
drücken, sondern ausrotten sollen. Als Geheim-
gesellschaft führen sie keinen offenen Krieg oder
verfolgen sichtbare Ausrottungsstrategien. Statt-
dessen wirken sie im Geheimen durch Hunderte
Organisationen, zu denen ihre Mitglieder Verbin-
dungen haben oder die sie unter ihre Kontrolle ge-
bracht haben.
Diese schäbigen Personen haben es nicht nur
auf Orks und Trolle abgesehen, aber wir stehen
sicher mehr im Fadenkreuz als die Halben und
die Löwenzahnfresser. Das Problem dabei, ge-
gen sie vorzugehen, ist, dass man immer wie ein
Verschwörungstheoretiker wirkt, wenn man über
solche Gruppen spricht. Als ob Geheimgesell-
schaften in diesem Zeitalter der Mega-Informati-
on nicht geheim bleiben könnten. Die Informati-
on wird von den Megakonzernen beherrscht, und
152 TROG-FEINDE >>
Thorben Lange (Order #29309514)
diese Leute beherrschen die Megas. Genauer ge-
sagt: Wenn wir gegen diese moralischen Kakerla-
ken vorgehen wollen, müssen wir die beteiligten
Individuen ans Licht der Öffentlichkeit zerren, weil
nicht alles zusammenbrechen wird, nur weil wir
schlecht über sie reden. Für diesen Ansatz biete
ich die folgenden fünf Opfer an. Geht in die Schat-
ten und fangt an, sie abzusägen. Wenn ihr mehr
wissen wollt, wendet euch persönlich an mich,
und wir können reden.
Altus Moorhead leitet im Moment die Forschung
über genomspezifische Viren bei Ares America. Er
lebt momentan in Detroit, besucht aber einige der
geheimsten Forschungseinrichtungen von Ares
rund um den Globus, darunter eine in den Red-
mond Barrens im Metroplex Seattle. Davor arbei-
tete er für Transys-Neuronet unter direkter Leitung
des Drachen, wurde aber 2074 extrahiert. Gerüch-
te besagen, Celedyr habe seine Beziehung zur HN
entdeckt, und Moorhead floh, bevor er auf der
Speisekarte landen konnte.
> Warum hat Celedyr diese Information Ares nicht mitge-
teilt?
> Nephrine
> Wer sagt, dass er es nicht getan hat? Ich behaupte nicht,
dass Ares bezüglich der HN auf Moorheads Seite wäre,
aber solange er dem Konzern etwas bringt, wird man nicht
allzu genau hinsehen. Wenn ihr ihn also vernichten wollt,
reicht es nicht, diese Verbindung zu enthüllen – ihr müsst
dem Konzern zeigen, dass er mehr Schaden als Nutzen
bringen könnte.
> Cosmo
Davion Fender ist für das FBI der UCAS tätig. Er
ist in alle möglichen fragwürdigen Aktivitäten ver-
wickelt – von Beweisfälschung bis zu echter Wet-
work – und benutzt sein ausgedehntes Netzwerk
und sein geheimes Budget zugunsten der Sache
der Human Nation. Seine Abscheu gegenüber Trol-
len und Orks zeigt sich darin, wen er anstellt, und
auf dem Lauf seines Ruger Super Warhawk ist ein
einziges Wort eingraviert: „Trogslayer“.
Michael West arbeitet als Trauma-Spezialist für
DocWagon, vor allem bei den HTR-Einheiten in
Gebieten, in denen viele Metas wohnen. Es ist be-
kannt, dass er bei Extraktionen die einheimischen
Zivilisten aufs Korn nimmt, und seine Zahlen bei
Überleben und Rettung zeigen einen deutlichen
Unterschied zwischen Menschen und Metas unter
den Kunden.
Linda Ann Shoiberg ist eine NeoNET-Exec, die im
Büro in St. Louis arbeitet. Sie wird bald nach einem
neuen Boss suchen, und das wäre eine hervorra-
gende Gelegenheit, ihren Ruf vor diesem Wechsel
zu ruinieren. Die meisten Spekulationen in Kon-
zernkreisen gehen davon aus, dass sie problemlos
zu Spinrad wechseln wird, aber auf den Straßen

heißt es, dass auf diesem Weg viele Stolpersteine
für sie liegen könnten. Es gibt viele Kräfte, die dem
entgegenarbeiten – Gruppen, mit denen schlaue
Runner zusammenarbeiten könnten, um sie zu Fall
zu bringen, wenn sie zu diesem Karrieresprung an-
setzt.
Caitlyn Clovus arbeitet für Evo. Genau: für Evo.
Sie ist nicht einmal völlig menschlich. Sie wur-
de in den frühen 60ern transformiert und verbirgt
das vor ihren Kameraden in der HN, indem sie nur
über die Matrix tätig ist. Erinnert ihr euch daran,
wie diese troll-modifizierten Gewehre, die Petrov-
ski einsetzte, Fehlfunktionen hatten und zu vielen
Verletzungen und Todesfällen führten? Das war sie.
Sie hat den Code der Fabrik gehackt, einen Produk-
tionsfehler eingebaut und ihre Spuren verwischt.
Von innen her ist das ganz einfach. Sie ist eine
verdammt gute Hackerin und hat dafür gesorgt,
dass es in der Matrix keinerlei Beweise dafür gibt,
dass sie nicht ganz menschlich ist. Sie arbeitet von
einem Kreuzer der Yamatetsu-Marine aus, den Evo
für biologische Forschung benutzt, daher hat sie ei-
nen hervorragenden Grund, niemanden persönlich
zu treffen.
> Wollt ihr gegen Clovus vorgehen? Seid vorsichtig dabei,
wie ihr euer Vorgehen und eure Pläne kommuniziert. Es
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
wird nicht reichen, bloß ihren Namen nicht zu erwähnen –
sie hat viele Agenten mit komplexen Algorithmen, die prü-
fen, ob ihr bekannte Johnsons oder Runnerteams auf den
Fersen sind. Vielleicht solltet ihr eure Kommunikation also
auf altmodische Art abwickeln, wenn ihr nicht wollt, dass
sie von euren Plänen erfährt.
> Netcat
PALADIN HEALTH
AND MEDICAL GROUP
GEPOSTET VON: TARGOD
Dieser Medizinkonzern ist eine Marionette der
Human Nation. Runner in Manhattan und Denver
waren an einigen sehr unangenehmen Aktionen
im Zusammenhang mit Paladin beteiligt, die welt-
weite Schlagzeilen machen hätten müssen, aber
stattdessen nur in wenigen Verschwörungs-Blogs
auftauchten. Das waren Operationen, die Hunder-
te Millionen Nuyen kosteten und Tausende Meta-
menschen betrafen, aber Paladin machte, nachdem
sie von Runnern aufgedeckt wurden, kaum mehr,
als ein paar wichtige Angestellte zu verlegen, ein
paar andere verschwinden zu lassen und die paar
<< TROG-FEINDE 153
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
Journalisten zum Schweigen zu bringen, die eine
große Verschwörung aufdecken wollten. Was eine
angenehme Vorstellung ist, aber das Problem ist,
dass die Leute hinter diesen Verschwörungen alles
kontrollieren, und dass viele Mitglieder der Human
Nation sich ziemlich mächtige Positionen in fast je-
dem Mega des Planeten gesichert haben.
Unser Problem ist, dass diese Polikliniken, Kran-
kenhäuser, Arztpraxen und medizinischen For-
schungseinrichtungen in Städten auf der ganzen
Welt eröffnet wurden. Jede davon wird auf dem
Papier von der Paladin Health and Medical Group
unterstützt, aber diese Gruppe wiederum wird
durch karitative Spenden von Megakons, Bürgern
und unabhängigen Organisationen unterstützt. Der
Gipfel ist, dass die PR-Leute von Aztechnology und
Horizon Paladins Reputation verbessern, weil es in
diesen Konzernen einige wichtige Mitglieder der
Human Nation gibt. Die Kliniken sind in den Schat-
ten für Eugenik und Massenmord bekannt, aber in
der Öffentlichkeit ist nicht der geringste Fleck auf
Paladins weißer Weste zu sehen.
Einfacher Rat für alle Metas: Kommt diesen Or-
ten nicht zu nahe. Die Gratisbehandlung, die sie
anbieten, wird euer Tod oder, noch schlimmer, der
Tod zukünftiger Generationen sein. Alle Runner –
Metas und Menschen – sollten diese Häuser nie-
derbrennen. Vielleicht könnt ihr mit den einfachen
Angestellten sanfter umgehen, aber macht euch im
Voraus schlau und findet heraus, wie viele dieser
Bastarde Mitglieder des Humanis Policlubs sind.
Sie sind Komplizen in der Vernichtung von uns al-
len. Für die kann es keine Gnade geben.
> Eines der Probleme – aus ihrer Sicht – ist, dass die Vor-
gehensweise von Paladin sehr eng begrenzt und überaus
langsam ist. Das Sterilisieren von Orks und Trollen ist her-
vorragend geeignet, um zukünftige Generationen zu be-
grenzen, richtet aber wenig gegen die aus, die es schon
gibt. Und die Maßnahmen betreffen vor allem die Trogs,
die in ihre Klinken kommen; sie können also wenig gegen
Nicht-Patienten ausrichten. Ihre Forschungsabteilung ar-
beitet daran, das zu ändern, was bedeutet, dass sie fieber-
haft an einer „Endlösung“ arbeiten, die sie durchführen
können. Wenn jemand unbedingt gestoppt werden muss,
sind es die Leute, die daran arbeiten.
> Thorn
> Endlich ein Nazivergleich, der nicht übertrieben ist.
> Pistons
ALAMOS 20.000
GEPOSTET VON: TYCHO
Am berühmtesten sind diese Wahnsinnigen für die
Zerstörung des Sears Towers, was ihrer Sache aber
gar nicht nutzte, weil dadurch Ghule einen Ort zum
154 TROG-FEINDE >>
Thorben Lange (Order #29309514)
Leben bekamen und viel mehr Menschen als Metas
starben. Aber es behauptet auch niemand, sie seien
schlau. Seit damals sind sie dauernd im Angriffs-
modus. Sie haben seitdem nichts so Großes mehr
abgezogen, aber man muss ihnen zugestehen, dass
sie konzentrierter vorgehen, auch wenn das nur
heißt, dass sie weniger unschuldige Bürger töten.
Sie sind wie andere Terroristengruppen in Zellen
organisiert. Einzelne Gruppen sind für ihre Akti-
onen allein verantwortlich, erhalten aber manch-
mal Befehle von oben. Die örtlichen Gruppen sind
unterschiedlich erfolgreich dabei, uns Metas das
Leben zu vermiesen, aber wenn sie koordiniert vor-
gehen, kommt dabei Übles heraus.
Die momentanen Ziele sind die üblichen: Treffen
der MoM oder Söhne Saurons, meta-freundliche
Läden und Firmen sowie Botschaften meta-freund-
licher Nationen wie der Tírs oder Azaniens. Aber
meine Quellen in den Schatten sagen, dass sie es
auch auf interessantere Ziele abgesehen haben
könnten. Also danke für die Gelegenheit, die In-
formationen über diese möglichen Ziele zu ver-
breiten. Lasst uns die Angriffe aufhalten, bevor sie
beginnen, und dann sollen die Scheißkerle bezah-
len.
Seattler Untergrund: Ich weiß, das ist ein großes
Gebiet, aber sie haben es auch tatsächlich auf das
ganze Gebiet abgesehen. Sie sammeln Pläne und
Aufzeichnungen über den ganzen Bereich und
suchen nach den besten Orten, an denen man
ihn mit wenigen gezielten Anschlägen einstürzen
lassen kann, oder nach den besten Gegenden für
das Ausbringen eines Toxins, das so viele Bürger
wie möglich umbringen soll. Das ist ein gewaltiges
Unternehmen, und ich habe noch von keinem
Zeitplan gehört, aber ich weiß, dass viele Runner
für Jobs im Untergrund engagiert wurden und da-
bei Monitore tragen sollten, die alles vermessen
sollten. Außerdem werden Renraku-Hosts ange-
griffen, wobei man nach den technischen Daten
sucht, die der Kon über den Untergrund sammelt,
um ihn sicherer zu machen, da er jetzt ein eigener
Bezirk ist.

> Ich wurde von einem halben Dutzend Johnsons kontak-
tiert, die seltsame Anliegen hatten, die etwas damit zu tun
haben könnten. Zugänge zum Untergrund unter Wasser,
Tauchfahrten und Tauchgänge, bei denen Tests an der
Küste von Downtown bis ganz nach unten gemacht wer-
den sollten. Kurz gesagt: Tycho erfindet das nicht.
> Sounder
ACHE: Die frühere Renraku-Arkologie ist ein wei-
teres Ziel in Seattle. Weil jetzt ein großer Teil da-
von als Wohnquartiere der Armen dient, siedeln
sich hier viele Metas an – vor allem Orks und Trol-
le. Einige Sektionen der Arkologie werden für die
massigeren Bewohner adaptiert. Von den massi-
geren Bewohnern selbst (und ein paar Zwergen),
aber ohne Genehmigung durch den Metroplex.
Die ACHE ist ein großes Wildwestgebiet im Her-
zen der Innenstadt und dient vor allem als Käfig
für die, die drinnen sind. Der Metroplex ist aller-
dings nicht sehr erfreut darüber, wenn hier ohne
professionelle Hilfe Umbauten stattfinden. Diese
umgebauten und vielleicht nicht ganz regelkon-
formen Bereiche sind das Ziel dieser rassistischen
Scheißkerle.
> Ich würde mir um die ACHE Sorgen machen, wenn ich
nicht wüsste, welche verrückten Kerle dort wohnen. Die
Hälfte von ihnen ist so verwildert, dass sie wahrscheinlich
riechen können, wenn Ärger droht. Ich habe bei echten
Runs versucht, dort reinzukommen und mich umzusehen,
und es ist nicht einfach. Die Alamos-Deppen haben keine
Chance.
> Mika
Hoodville: Die Chicagoer CZ erscheint als seltsa-
mes Angriffsziel, aber diese kleine Zuflucht wächst
seit Jahren. Sie wurde von einem Runner namens
Hood gegründet – einer Glatthaut, aber einem von
den Guten. Hier finden die Unterdrückten Schutz,
und Hood hat viele Ork-Muskeln eingesetzt, um
damit anzufangen. Das zog weitere Orks an – be-
sonders solche, die das gewalttätige Leben der
Horde nicht mochten –, was schließlich leider die
Aufmerksamkeit von Alamos weckte. In den letz-
ten zwei Jahren haben die Hooder viele Schwie-
rigkeiten und Bedrohungen überstanden, also sind
sie keine Weichziele, aber das hier ist genau die Art
von Ort, wo Alamos laut und auffällig angreifen
kann.
> Für die Interessierten: In Hoodville gibt es eine Hacker-
schule (oder „Hacker sk001“?), die von einem Troll-Decker
namens 3D geleitet wird. Er schloss sich recht früh Hoods
Crew an und war in der Stadt gleich in seinem Element. Er
hat sich sogar ein paar mächtige Feinde gemacht.
> Bull
Truman Tower: Könnt ihr erraten, wo ich besonders
viel Zeit verbringe? Der Turm ist seit Jahren wieder so
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
stark wie eh und je. Die Truman-Leute kamen fast so
schnell wie Ares zurück, um die Kontrolle über ihren
Megaturm im Stadtzentrum zurückzugewinnen.
Das Verlockende an einem Angriff auf dieses Ding
ist, dass Alamos damit noch berüchtigter würde als
durch die Zerstörung des Sears Towers. Der Turm
ist über 1.400 Meter hoch, und wenn Alamos ihn
wie den Sears Tower zerstören würde, könnte es
das komplette Stadtzentrum vernichten und den
Wiederaufbau Chicagos stoppen.
> Jeder Turm, der dort stürzt, würde alles zum Einsturz brin-
gen. Nicht weil die Gebäude wie Dominosteine fallen wür-
den, sondern weil ein einstürzendes Gebäude die unteren
Ebenen vernichten würde und die Leute, die höher oben
arbeiten, verhungern ließe.
> 2XL
> Daher der Angriff auf den Turm. Truman ist ihnen egal,
aber sie können die Metas auslöschen, die unten leben,
wenn sie diesen Konzerngiganten umwerfen.
> Glitch
> Angesichts der Tatsache, dass es dort unten wahrschein-
lich immer noch Schwärme gibt, ist das kein großer Ver-
lust. Bug City muss einfach abgeschrieben werden. Wie
Boston. Niemand will diese Zone wieder öffnen. Das hätte
man auch bei Chicago so machen sollen.
> Clockwork
> Nur dass tatsächlich Leute daran arbeiten, Boston wieder
zu öffnen. Das könnte sogar bis zum Jahresende passie-
ren. Vielleicht wird es Zeit, dass du dich auf den neuesten
Stand zu dieser Situation bringst.
> Snopes
KENNETH BRACKHAVEN
GEPOSTET VON: BULLSEYE
Ein paar Jobs sind einfach zu gut, um wahr zu sein.
Bull hat mich gebeten, mich ein bisschen an Ken-
ny B ranzuhängen, nachdem er mit eingekniffenem
Schwanz aus Seattle geflohen war. Es war wie ein
Traum, der wahr wurde. Für eine echte Legende ar-
beiten, ein paar großartige Neuigkeiten abliefern
und vielleicht die Chance auf ein bisschen Arbeit in
der Oberliga bekommen. Ich hoffe, dass der gute
Wille mehr zählt als das Ergebnis.
Brackhaven ist aus Seattle abgezogen, hat alle bis
auf eine seiner Immobilien verkauft, seine Investi-
tionen zu Bargeld gemacht, und es gibt Gerüchte
über ein paar schwer gesicherte neue Anwesen in
der Karibischen Liga. Ich verfolgte ihn, was nicht
schwer war, weil er mit großem Gefolge und großer
Sicherheitsmannschaft unterwegs ist. Es ist fast, als
wüsste er, dass er ein verdammter Drekhaufen ist,
den viele Leute tot sehen wollten.
<< TROG-FEINDE 155
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
Entschuldigung. Ich sollte Informationen und kei-
ne Meinung liefern. Weiter im Text.
Er machte ein paar Mal Station: Chicago, Was-
hington, Manhattan, Atlanta, Miami, und dann fuhr
er mit seiner Jacht weg – einer verdammten Blohm &
Voss Neo 111. Ich konnte ein Team von Runnern dazu
bewegen, ihn zu verwanzen, und konnte ihn über
Satellit bis nach Acklins Island verfolgen. Sein Schiff
fuhr durch die ganze Karibik, aber seine Hauptak-
tivitäten haben sein Anwesen auf Acklins als Basis.
Das Problem ist, dass der physische Aufenthaltsort
heutzutage nichts mehr bedeutet und Brackhaven es
geschafft hat, vor seiner Abreise seinen eigenen ge-
ostationären Satelliten zu kaufen. Er und seine Elek-
tronikspezialisten haben diesen Satelliten benutzt,
um in die Gitter der echten Welt zurückzukehren.
Brackhaven sitzt sicher auf seiner abgeschotteten
Insel (leider ohne Vulkan) und benutzt sein im-
menses Vermögen und seine ständig wachsenden
Dividenden, um das Leben für alle meta-freund-
lichen Kräfte der Welt zur Hölle zu machen.
Ich will euch ein bisschen über seine gegenwär-
tigen Vorgehensweisen erzählen. Denkt daran,
dass er sich jetzt in keiner Weise mehr verstellen
muss. Er kann sich seinen dunkelsten Impulsen hin-
geben. Also: Erinnerst du dich an den Überfall vor
Kurzem, Bull? An den Kerl, der gar keine Technik
156 TROG-FEINDE >>
Thorben Lange (Order #29309514)
bei sich hatte? Du dachtest, das sei ein Obdachlo-
ser, aber er schaffte es, dich zu kriegen. Hat dich
mit drei Löschern erwischt, von denen einer dein
Deck getroffen und geröstet hat, obwohl die Sache
ganz alltäglich wirkte. Das war Brackhaven. Oder
zumindest einer seiner Leute. Als ob er sich selbst
die Finger an einem Trog schmutzig machen würde.
> Verdammt. Die Verbindung ist mir entgangen. Ich arbeite
noch an einer neuen Maschine, aber das ist keine Ent-
schuldigung. Danke, Bullseye.
> Bull
Bull ist nicht das einzige Ziel. Brackhaven ging
gegen Dana Oaks wegen ihrer Unterstützung für
Antrag 23 und den Untergrund vor. Er attackierte
Gary Grey, weil er Trolle als Nicht-Monster ins Ram-
penlicht stellt. Die ehemalige Senatorin Samantha
Payne griff er aus Gründen an, die ich nicht kenne,
die Hälfte der Prinzen des Tírs wahrscheinlich, weil
sie Elfen sind, und dazu noch viele, viele andere.
Ich frage mich, ob er ausprobiert, mit wie vielen er
sich anlegen und damit davonkommen kann.
Aber er geht geschickt vor. Nichts Offenes. Er
maskiert seine Jobs, macht alles über Strohmän-
ner und Briefkastenfirmen, und er ist verdammt gut
darin. Ich konnte nur deshalb so viel herausfinden,

weil die Wanze mir ein paar Monate lang Zugang
zu seinem System auf der Insel ermöglichte. Ich
musste die Zeit in einer nicht eben komfortablen
Sardinenbüchse verbringen, nachts auftauchen und
mich reinhacken und vor Morgengrauen wieder ab-
tauchen, um nicht entdeckt zu werden. Einmal war
es knapp, weil ich nicht bemerkte, dass seine Neo
111 aus Miami zurückkam.
> Er benutzt den Humanis Policlub sehr oft, aber schlimmer
ist, dass er Zugang zum Flammenschwert hat – der Elite-
schlägertruppe der Human Nation. Allesamt Profikiller und
Psychopathen.
> Balladeer
UCAS-SENATOR
CARTER BANES
GEPOSTET VON: BROOKS CANE
Wenn es um Politiker geht, ist es oft schwer, den Un-
terschied zwischen Rassisten, solchen, die Rassisten
unterstützen, und solchen zu erkennen, die übermä-
ßig ehrgeizig sind und Vorstellungen haben, die sie
für hervorragend und vorteilhaft halten, die aber in
Wirklichkeit nur Rassismus in Verkleidung sind.
Banes ist das nicht. Er weiß sehr gut, dass er ein
Rassist ist, obwohl das niemand sonst zu wissen
scheint. Er spielt den Ehrgeizigen und verschleiert
seine rassistischen Vorstellungen in einigen be-
sonders wohltätig klingenden Gesetzesinitiativen
und Anträgen in Seattle. Er verbirgt seine Pläne
zur Schaffung von Troll-Reservaten nicht einmal ir-
gendwo im Kleingedruckten. Er vertritt sie ganz of-
fen und malt in den schönsten Farben diesen wun-
derbaren, schönen Ort aus, der für Trolle gemacht
ist und an dem sie sich zu Hause fühlen können.
Einige Leute schreien laut in der Matrix auf oder
rufen es von den Dächern, dass genau das den
amerikanischen Ureinwohnern passiert ist, aber sie
werden schnell zum Schweigen gebracht. Oft von
anderen, die darauf hinweisen, wie es den Amerin-
dianern jetzt geht, um diese Bedenken zu zer-
streuen. Noch öfter kommen die Operatoren und
Aufräumer der UCAS und lassen die Meinungs-
äußerungen verschwinden. Worte haben in dieser
Welt nicht so viel Gewicht.
Diese Frage ist nicht die einzige, die Banes be-
schäftigt, und er zieht im Hintergrund viele un-
durchsichtig finanzierte Strippen, um seine Ge-
setzesvorschläge und Anliegen ganz oben in den
Nachrichten zu halten. Die großzügigen Anreize
für Konzerngefängnisse, um ihre Insassen – unter
denen sich überproportional viele Orks befinden
– für Arbeitsprogramme zu verleihen, sind bereits
erfolgreich. Leider hat niemand das Kleingedruckte
gelesen, oder es war egal, dass diese Programme
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
auch Versuchskaninchen im Austausch für Haft-
verkürzung suchten. Viele unwissende Orks sahen
eine Chance, zu ihren Familien zurückzukehren, und
unterschrieben. Dann wurde diesen Gefangenen
wegen Vertragsverletzungen die Haftzeit wieder
verlängert. Was oft nicht viel ausmachte, weil die
medizinischen Versuche meist dazu führten, dass
sie krank wurden, im Sterben lagen oder schon
tot waren. Das alles wird hinter den Kulissen von
Banes und seinen Leuten organisiert und dann von
Runnern und Lakaien des Humanis Policlubs umge-
setzt, die beide Seiten des Strafvollzugs bevölkern.
Das läuft immer noch. Niemand hört die Klagen der
Insassen außer ihren armen Familien, die sie durch
ihre kriminellen Einkünfte ernähren wollten. Und
nichts scheint sich zu verändern.
> Wenn ihr nicht wisst, wer die medizinischen Versuche
durchführt, habt ihr nicht den ganzen Download gelesen.
> Butch
> Ich hasse Banes. Aber noch mehr hasse ich die Leute, die
auf seiner Seite sind oder ihm blind folgen. Man braucht
Stimmen, um Gesetze durchzubringen, und diese Stimmen
bekommt man durch politische Manöver oder indem man
die Leichen im Keller anderer Politiker findet und sie in
die richtige Richtung drängt. Banes beherrscht das meis-
terlich. Er inszeniert das Meiste davon, aber die Politiker,
besonders die jüngeren, gehen ihm ganz leicht in die Falle.
Auch wir machen viel von seiner Arbeit. Oft werden wir
zum Dank reingelegt, ins Gefängnis gesteckt oder abge-
murkst.
> Mihoshi Oni
> Geld regiert die Schatten. Wir brauchen diese kriminellen
Einkünfte, von denen er spricht. Ich weiß, dass viele hier
bei JackPoint genug auf die Seite gelegt haben, um wäh-
lerisch sein zu können, oder dass sie so weit gekommen
sind, dass sie mit den Großen spielen können. Aber die
meisten von uns in den Schatten müssen immer noch ihre
Rechnungen bezahlen und alle Jobs annehmen, die John-
son anbietet.
> Chainmaker
Ich bin aber auch lösungsorientiert, also habe ich
Vorschläge, wie man Banes loswerden könnte. Drei
davon.
Erstens: seine Wiederwahl verhindern. Das ist
ein mehrstufiger Plan. Seine Wähler müssen erken-
nen, wer er wirklich ist. Wir sehen und hören die
Schlammschlachten, die bei Wahlen stattfinden,
aber das alles ist bis zu einem gewissen Grad mo-
derat. Wir in den Schatten müssen hingegen nicht
filtern, was wir der Wählerschaft zumuten. Und wir
müssen unsere Quellen auch nicht verifizieren.
Oder auch nur die Wahrheit sagen. Eine Schmutz-
kampagne im öffentlichen Gitter in Iowa oder so-
gar im lokalen Gitter des Staates (das auch nicht
viel besser als das öffentliche ist) wäre ein guter
<< TROG-FEINDE 157
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
Anfang, man müsste dazu aber vielleicht ein paar
Sachen ausgraben oder erfinden. Der zweite Teil
ist schwieriger. Banes hat einige Wahlen praktisch
ohne Gegenkandidaten gewonnen. Er braucht Kon-
kurrenz. Es gibt viele Politiker, die seinen Sitz gerne
hätten. Sie brauchen nur ein bisschen Hilfe aus den
Schatten, um ihre Gegner fertigzumachen, damit
sie überhaupt gegen Banes antreten können. Eine
andere Sache ist das Vorgehen gegen Banes’ Unter-
stützungsstrukturen. Er hat viel gegen viele Leute in
der Hand. Wir müssen aufräumen oder Zugang zu
seiner Schmutzsammlung bekommen und seinen
Feinden helfen, diese Sammlung zu vernichten, da-
mit sie dann ihn vernichten können.
Vorschlag Nummer zwei hängt mit dem letzten
Teil des ersten zusammen. Findet Zugang zu den
belastenden Informationen, die Banes über die an-
deren Senatoren hat, und helft ihnen entweder, den
Schaden zu begrenzen, oder deckt alles auf und gebt
Banes die Schuld für die Lecks. Es gibt in den Schat-
ten von Washington viel Geld zu verdienen, wenn
ihr bereit seid, danach einen Teil davon zu verbren-
nen, um ein neues Leben anzufangen. Washington
ist voll von Leuten, die etwas gegen alle anderen in
der Hand haben. Wenn ihr die Matrix damit über-
flutet, vernichtet ihr dadurch nicht nur die Politiker,
sondern auch euren Ruf. Ihr könnt damit allerdings
einen ganz neuen Schattenkrieg zwischen allen Em-
porkömmlingen anzetteln, sodass die anderen Run-
ner danach einen Haufen zu tun bekommen.
Aber ich weiche vom Thema ab. Kommen wir
also zum dritten Vorschlag. Helft all diesen Sena-
toren, die Banes in der Tasche hat, etwas gegen ihn
in die Hand zu bekommen, und die Machtbalance
wird sich verschieben. Sie werden nicht mehr moti-
viert sein, seine rassistischen Ziele zu unterstützen.
Sorgt dafür, dass ihr die Richtigen erwischt. Ein paar
sind einfach Rassisten wie Banes und stimmen mit
ihm den Gesetzesvorschlägen zu, die Metamen-
schen schaden. Die besten Senatoren sind dieje-
nigen mit Verbindungen zu Großstädten. Das sind
die, die meistens weltläufigere Ansichten haben,
die wahrscheinlich dazu geführt haben, dass sie
viele Leichen im Keller haben. Das Gute ist, dass wir
ihnen damit helfen können, um diesen rassistischen
Dreksack loszuwerden.
SHEILA MARTIN,
BÜRGERMEISTERIN
VON ATLANTA
GEPOSTET VON: ORKLANTA
Viele Leute konzentrieren sich auf Brackhaven –
was bei einem ehemaligen Präsidentschaftskan-
didaten nur verständlich ist. Aber Bürgermeisterin
158 TROG-FEINDE >>
Thorben Lange (Order #29309514)
Sheila Martin hat in ihrer Stadt genauso viel gegen
Metamenschen erreicht, nur ohne die ganze Publi-
city. Ein kleiner Teil von mir könnte sie als Heldin
unseres Volkes bezeichnen, weil Sweetwater Creek
so erfolgreich wurde. Leider hatten wir diesen Er-
folg erst, nachdem sie uns zum Sterben dorthin
geschickt hatte. Das war ein glücklicher Zufall für
uns und nicht ihre Absicht. Sie wollte ein weiteres
Ghetto, in das sie die Leute mit den Militärstie-
feln schicken konnte, aber das geht nicht so leicht,
wenn in Sweetwater eine andere Sicherheitsfirma
die Polizeiarbeit macht.
Bürgermeisterin Martin ist in Atlanta vor allem da-
für bekannt, dass sie Orks und Trollen nahelegt, die
eigentliche Stadt zu verlassen. Sie stellt keine Schil-
der mit „Trogs, haut ab!“ auf, aber es funktioniert
genau so. Viele ihrer Vorhaben wurden durch Steu-
ern und Bauvorschriften erreicht, die es den mas-
sigeren Metatypen unmöglich machen, Immobilien
zu besitzen oder in Lokale eingelassen zu werden,
weil die Besitzer nicht die Zusatzkosten dafür über-
nehmen wollen, ihre Gebäude für „atypische meta-
menschliche Körperstrukturen und Massenabwei-
chungen“ anzupassen. Das alles wird als zusätzliche
Sicherheit für Orks und Trolle verkauft, dient aber
dazu, sie rauszuekeln, und nicht dazu, sie reinzulas-
sen. Ich würde gerne behaupten, dass nicht alle, die
sich an diese Vorschriften und Gesetze halten, aktiv
Trogs fernhalten oder verdrängen wollen, aber in
Wirklichkeit wollen sie das. Man könnte diese Vor-
schriften auf viele Arten umgehen. Die einfachste
wäre eine Bestandsschutzklausel, die aber niemand
benutzt oder auch nur zu benutzen versucht.
> Das liegt daran, dass man damit selbst zur Zielscheibe
wird. Hassgruppen besuchen einen, und die Umbauten,
die sie vornehmen, sind schlecht für das Gebäude und die
Krankenhausrechnung, die der Besitzer bezahlen muss.
> Balladeer
> Gebt nicht nur den Hassgruppen die Schuld. Vieler Runner
benutzen sie als Sündenböcke, um ihre Spuren zu verwi-
schen.
> Clockwork
> Die Kosten für das Erfüllen dieser Bulldrek-Vorschriften
sind auch kein echter Grund, um Orks und Trolle raus-
zuhalten. Das liegt an Sweetwater Construction. Diese
Baufirma aus Orks und Trollen ist klein, aber sie arbeitet
billig – besonders, wenn es darum geht, Gebäude diesen
Vorschriften anzupassen.
> Bull
> Das kommt daher, dass sie den Großteil ihres Baumate-
rials stehlen und die Mitarbeiter keine Schwierigkeiten
damit haben, billiger zu arbeiten, wenn sie es damit der
Bürgermeisterin und ihren rassistischen Lakaien zeigen
können.
> OrkCE0

Für dieses Problem gibt es eine Lösung, und ich
meine damit nicht, dass alle nach Sweetwater zie-
hen sollen; dort gibt es schon genug Schwierig-
keiten. Die Lösung ist einfach, aber man braucht
wirklich fähige Leute, die mit komplexen Situati-
onen umgehen können. Jemand muss die Verbin-
dungen der Bürgermeisterin zur Human Nation
aufdecken. Es gibt in Atlanta schon einige Einrich-
tungen von Paladin, die alle politisch mit Bürger-
meisterin Martin verbunden sind. Also weiß man,
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
dass sie mit Meta-Hassern unter einer Decke steckt.
Aber wir wissen, dass das nicht reicht.
Wir brauchen bei der Recherche und Überwa-
chung Hilfe von wirklich fähigen Leuten. Das ist ein
Teil des Grundes, aus dem ich bereit war, diese klei-
ne Zusammenfassung zu schreiben. Weil ich wuss-
te, dass die Leute mit den richtigen Fähigkeiten
das lesen würden und vielleicht geneigt wären, ein
bisschen Schattenurlaub in Atlanta zu machen. Es
gibt genügend meta-freundliche Spender, die das
finanzieren würden. Wir brauchen nur die Runner,
die das schaffen können.
> Randbemerkung: Diese Runner sollten wahrscheinlich
Menschen sein. Das macht es viel leichter, von Bürger-
meisterin Martin nicht bemerkt zu werden. Ihr Gefolge ist
ziemlich einheitlich, und auch ihre Sicherheitsleute lassen
nicht gerne verschiedene Metatypen in ihre Nähe.
> Bull
> Im Gegenteil. Wir warten nicht auf die Rettung durch
Menschen. Das ist eine Trog-Sache und sollte von
Trogs kontrolliert werden. Sicher werden wir ein
paar Menschen für gewisse Aufgaben brauchen,
aber die meisten von uns wissen, wie sie mit Leu-
ten umgehen, die uns auf den ersten Blick has-
sen. Das ist unser Kampf. Wir sollten die sein,
die ihn aufnehmen.
> 2XL
SAFE
COMMUNITIES
ORGANIZING
PROJECT
GEPOSTET VON: SUNSHINE
Bis jetzt haben wir ein paar der of-
fensichtlichen Feinde behandelt. Jetzt
wird es Zeit, uns etwas leicht Subtilerem
zuzuwenden: einer Organisation, die so
gut darin ist, kodierte Sprache und Andeu-
tungen zu benutzen, dass viele Mitglieder
nicht einmal daran denken, dass sie über-
haupt etwas mit Metamenschenfragen zu tun
hat. Und sie betrachten sich sicher nicht als Ras-
sisten. Das Safe Communities Organizing Pro-
ject, meistens als SCOPe abgekürzt, begann
als gemeinnützige Einrichtung in Minne-
apolis-St. Paul, und im ersten Jahrzehnt
ihres Bestehens blieb sie eine wohlmei-
nende und einigermaßen manierliche
Kraft im MSP-Sprawl. Dann wurde 2071
Don Marco „Fat Cat“ Catarone endlich von
einem seiner Rivalen ausgeschaltet: einem hart-
<< TROG-FEINDE 159
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
TROGFEINDE IN DER ADL
DEUTSCHNATIONALE PARTEI (DNP)
Parteizentrale: Hannover
Parteichefin: Floriane Strasser
Die DNP hat seit dem Zweiten Crash eine gewaltige Veränderung
durchlaufen. Reformer wie Quirinia Kohlmann und Sandro
Tatschner haben die Partei näher an ihre „christlichen“ Wurzeln
der DKK gebunden und ihr einen bürgerlichen Anstrich verpasst.
Unter Floriane Strasser wurde dieser Kurs fortgesetzt, und auch
die dumpfe Metafeindlichkeit der früheren Tage ist gemäßigten
Ansichten gewichen, die aber nur in Teilen den unterschwelligen
Rassismus verbergen können. So werden Metas nicht mehr
pauschal verachtet, sondern als Opfer ihrer eigenen Natur
dargestellt. Deshalb sollen sie (zusammen mit Ausländern)
verpflichtende Integrationskurse absolvieren. Solange sie
diese nicht erfolgreich absolviert haben, sollen Metas (und
Ausländer) in gesonderten Stadtvierteln wohnen, um den Rest
der Bevölkerung vor ihnen zu beschützen.
HUMANIS DEUTSCHLAND
Hauptsitz: Stuttgart
Zweigstellen: Berlin, Duisburg, Pforzheim, Zwickau
Sprecher: Paul Mattusek
Humanis Deutschland konnte nur bedingt in der ADL Fuß
fassen, da es hier eine hohe Anzahl an anderen Organisationen
und Betätigungsmöglichkeiten im rechten Spektrum gibt. Zu-
dem wurde das Vereinshaus in Groß-Frankfurt während des
Drachenbürgerkrieges zerstört und seitdem nicht wieder auf-
gebaut. Dennoch ist der Club weiterhin vertreten und verfolgt
eine ähnliche Agenda wie zu Hause, wenn auch mit deutlich
weniger Einfluss. Die beiden größten Zentren sind Stuttgart
und Berlin. Allianzweit ist Humanis Deutschland für seine
Suppenküchen, Essens- und Kleiderspenden bekannt, die
von den zum Policlub gehörenden Organisationen Deutsche
Familienhilfe und Deutsches Hungerhilfswerk betrieben werden.
PARTEI DER NATIONALEN ERNEUERUNG (PNE)
Parteizentrale: Dresden
Parteichef: Dr. Alexander Schmidt
gesottenen Hauer namens Sturk Elgin. Leider hatte
Elgin zwar den Mut, Catarone auszuschalten, aber
nicht die Fähigkeiten, die Mafia so zu führen wie
er. Danach gerieten viele Unternehmungen außer
Kontrolle. Von allen Seiten regte sich Insubordinati-
on, die Konkurrenz hatte keine Angst mehr vor der
Mafia, es wurde gestohlen, gelogen und verraten.
Elgin und seine Hauptkonkurrenten versuchten, die
Kontrolle mit der einzigen Methode wiederzuerlan-
gen, die sie kannten: indem sie den Aufrührern die
Schädel einschlugen. Dieser Gewaltausbruch beun-
ruhigte die Bürger der Stadt, und SCOPe wurde zu
einer wichtigeren Stimme gegen die Gewalt. Dann
veränderten zwei Entwicklungen die Organisati-
on für immer. Zuerst gab es einen großen, langfri-
stigen Zuschuss von der Alliance Foundation, und
160 TROG-FEINDE >>
Thorben Lange (Order #29309514)
Als die DNP bürgerlicher wurde, wurde die PNE das Sam-
melbecken für all die offenen Rassisten, Skinheads, Neo-Nazis
und „besorgten Bürger“, die eine neue Heimat suchten. Neuer
Parteichef ist seit 2076 Dr. Alexander Schmidt, der kurz zuvor
vom Frankfurter Bankenverein gefeuert wurde. Schmidt ist einer
der wenigen guten Rhetoriker in der Partei und schafft es, ihre
Ziele in schmeichelnde Worte zu kleiden. Sie lehnen Metas
offen ab und fordern Internierungslager für sie, sie befürworten
Eugenik, frühzeitige Abtreibung von Metas, Kürzung von Sozial-
leistungen, Abschaffung von „rassistischer Verfolgung“ von
Metas als Asylgrund und die generelle Abschiebung (oder
eben Internierung) von kriminellen Metas, egal, ob sie hier
geboren wurden oder nicht. Bisher konnte die Partei nicht
verboten werden, steht wegen ihrer Aussagen aber ständig in
der Kritik, insbesondere jetzt, wo der ehemalige Innenminister
Württembergs (und inzwischen PNE-Parteimitglied) Olaf Höbe-
le in den Anschlag auf die Trollrepublik verwickelt und unter-
getaucht ist. Die Partei streitet derweil jedwede Beteiligung ab
und spielt die Rolle von Höbele herunter.
SIEGFRIED-BUND
Hauptsitz: Dresden
Zweigstellen: jede größere Stadt
Sprecher: Tjark Jaedicke
Dieser armanische bzw. ariosophische Policlub steht in der
Tradition des Dritten Reiches (Mitglieder tragen Siegrunen
oder die Wolfsangel zur Identifikation) und besitzt ein nordisch-
germanozentrisches sowie okkult-rassistisches Weltbild. Er
lehnt alles ab, was nicht zur „Wurzelrasse“ Mensch gehört, also
Metamenschen, SURGElinge, Metasapiente und Drakoforme.
Benannt wurde der Policlub nach „Siegfried dem Drachentöter“
aus dem Nibelungenlied, weshalb man sich zudem als Wäch-
ter des „germanischen Abendlandes“ sieht, obwohl man seine
Probleme sowohl mit dem Christentum als auch dem (evan-
gelikalen und „ausländischen“) Humanis Policlub hat. Somit sind
bei den meisten Mitgliedern neben Meta- und Ethnorassismus
auch Islamophobie und Antisemitismus mindestens latent
vorhanden.
dann führte dieses viele Geld dazu, dass eine neue
Führungsfigur in Gestalt der ehemaligen Ares-Exec
Brenda Cornweil engagiert wurde.
> Nichts für ungut, aber die Alliance Foundation wird von –
Trommelwirbel – Brackhaven Investments finanziert.
> Cosmo
Cornweil sah diese neue Investition als Chance
auf Größeres und Besseres, und es heißt, sie habe
die Gewalt in MSP mit den Trogs in Verbindung ge-
bracht, weil es ein Ork gewesen war, der die Un-
ruhen begonnen und gefördert hatte. Sie benutzte
die Geldmittel, um neue Ortsgruppen zu gründen.
Damit begann sie im Mittleren Westen – Chicago,
St. Louis, Milwaukee –, dann ging sie weiter Rich-

tung Osten nach Cleveland, Pittsburgh und Phila-
delphia. Sie vereinfachte die Kernbotschaft der Or-
ganisation zum „Aufbau von Sicherheit und Schutz
der Bewohner“ und konzentrierte sich darauf, Block
für Block sichere Wohngegenden einzurichten. In
jeder Stadt, in der SCOPe tätig war, gab es einen
Anfangspunkt von ein paar Blocks, in denen die Si-
cherheit verbessert wurde und von denen aus man
diese Maßnahmen nach außen hin erweiterte. Es
gibt bei diesen Unternehmen eine etablierte Vor-
gehensweise: Die Besitzer ungenutzter Immobi-
lien werden zum Verkauf gedrängt, dann werden
darlehensfinanziert Wohngebäude errichtet oder
renoviert, den Bewohnern werden Aktivitäten im
Freien nahegelegt und Ähnliches. Aber Beobach-
ter in verschiedenen Städten erkannten proble-
matische Aspekte darin, wie SCOPe einige dieser
Ideen umsetzt. Die Organisation spricht oft davon,
„problematische Elemente“ aus Wohngegenden zu
entfernen, und das betrifft zwar hauptsächlich Kri-
minelle, aber man möchte auch Leute entfernen,
die mit den Mietzahlungen weit im Rückstand sind,
um verlässlichere Mieter zu bekommen. Nur konn-
ten Menschen, Zwerge und Elfen oft mit ein wenig
Nachsicht bei Mietrückständen rechnen, Trogs hin-
gegen nicht.
Außerdem benutzen die öffentlichen Kommen-
tare und Pressemitteilungen von SCOPe inzwischen
viel mehr kodierte Sprache. „Kriminelle Elemente“
sind eine Sache. Jeder versteht diesen Ausdruck,
und wer will diese schon in seiner Nachbarschaft?
Außer uns, meine ich. Aber sie sprachen immer
mehr davon, „die Nachbarschaften vor denen zu
schützen, die zur Kriminalität tendieren“, oder von
„Kriminellen und potenziellen Kriminellen“. Wenn
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
man nach diesem letzten Ausdruck fragt, spre-
chen sie von Leuten mit niedrigen Einkommen und
schlechten Bildungschancen – also von denen, die
wahrscheinlicher in Verbrechen verwickelt werden
könnten. In der Praxis aber bedeutet der Ausdruck,
wenn er von SCOPe benutzt wird, fast immer Orks
und Trolle. Wenn ihr die Mitglieder der Organisati-
on damit konfrontiert, leugnen sie das und behaup-
ten, der Ausdruck würde sich auf alle in dieser Lage
beziehen. Was sei schon dabei, wenn das auf viele
Orks und Trolle zutrifft? Es ist nicht negativ ge-
meint. Sie wollen diesen Personen nur dabei helfen,
ihre Lage zu verbessern. Bessere Viertel mit besse-
ren gesellschaftlichen Vorgaben führen schließlich
zu weniger Kriminellen, oder? Aber dann konzen-
trieren sie sich auf einen neuen Block, entfernen
dort die kriminellen Elemente, und ein paar Orks
und Trolle mehr finden sich auf der Straße. Manch-
mal nur wegen des Verbrechens, wenig Geld, aber
dafür Hauer und/oder Hörner zu haben.
Vielleicht wissen sie wirklich nicht, was sie tun,
und sie würden sich sicher nicht als „Trog-Feinde“
bezeichnen lassen, aber SCOPe ist eine Organisa-
tion mit einem Multi-Millionen-Nuyen-Budget, die
in Stadtviertel zieht und immer die Trogs von dort
entfernt. Und das mit einem Lächeln.
> Ja, sie sind fast immer nett und höflich, aber mit diesem
gezwungenen Lächeln, das man manchmal sieht. Sie re-
den mit uns und schütteln uns die Hand, achten dabei aber
immer darauf, dass wir ihren Kindern nicht zu nahekom-
men. Sie bekommen immer verspanntere Schultern, wo-
von sie gar nichts merken, bis die Verspannung plötzlich
weicht, weil wir weggehen.
> Snopes
<< TROG-FEINDE 161
 M I T H A UE R N U ND HÖRNERN
WIR STAMPFEN VEREINT
TROG-GRUPPEN UND -GESELLSCHAFTEN
Sallin konnte seine Ehrfurcht nicht verbergen, als
er das Zeichen in Chrom und Schwarz über der
Tür sah. Er hatte das Logo schon gesehen – diesen
Schild mit den Hörnern und den Buchstaben S und
G innerhalb der glänzenden Umrahmung. Es war
das Logo auf der Brust des Sicherheitsmanns, der
ihn aus den Trümmern gezogen hatte, nachdem
sein Heim zusammengestürzt war.
Es war nicht das erste Mal gewesen, dass er in
einem zusammengebrochenen Gebäude war. Die
Gebäude, in denen er in den Aurora Warrens auf-
gewachsen war, waren gelinde gesagt in einem
schlechten Zustand. Manchmal musste er sich da-
ran gewöhnen, Bodendielen unter seinem Gewicht
krachen zu hören, obwohl er erst zehn Jahre alt war.
Diesmal aber war es anders. Er hatte geschlafen
und das Quietschen von Reifen gehört, die ver-
suchten, vor einem explosiven Aufprall anzuhal-
ten. Das Fahrzeug demolierte die Front dessen, was
einst Lou’s Deli, aber in letzter Zeit Sallins Bude ge-
wesen war.
Jetzt war es gar nichts mehr.
Der Troll, der ihm geholfen hatte, hatte das Em-
blem getragen. Er war Teil eines Teams gewesen,
das eine Ladung beschützen sollte, wobei etwas
schiefging. Das Auto waren die bösen Jungs. Sie
schafften es nicht. Aber Sallin schaffte es. Er schaff-
te es in einen neuen üblen Tag, an dem er eine
neue Bude suchen musste. Neue Klamotten su-
chen musste. Seinen Nahrungsmittelvorrat aufsto-
cken musste. Und die verchromte Pistole aufgeben
musste, die er gefunden hatte. Er hatte noch keine
Kugeln dafür gehabt, hatte aber daran gearbeitet.
Aber das alles war Vergangenheit. Das war zwei
Wochen her. Ab da war er bei Tanner geblieben,
dem Troll, der ihn gerettet hatte. Und jetzt war er
mit Tanner quer durchs Land nach Sweetwater
Creek gereist.
Das klang für ihn nett. Es klang freundlich, aber er
hätte sich nie träumen lassen, dass hier alles vol-
ler Trolle und Orks war. Er stand vor dem Haupt-
quartier von Southern Guard, und Sallins Ehrfurcht
betraf nicht nur das Logo, sondern auch die Türflü-
gel. Sie waren groß. Trollgroß. Er würde sich nicht
bücken müssen, um hineinzukommen. Er hatte hier
viele solcher Türen gesehen.
162 WIR STAMPFEN VEREINT >>
Thorben Lange (Order #29309514)
Als er hier stand, diese Tür ansah, durch die er
passte, in einer Gesellschaft, die ihn akzeptieren
würde, an einem Ort von Leuten wie ihm, erkannte
Sallin Jones, der Straßenjunge aus Denver, der nie
von etwas Größerem geträumt hatte als von genug
Essen, um den nächsten Tag zu überleben, dass er
jemand sein konnte. Er konnte mehr als ein Stra-
ßenjunge sein, der schließlich zu einem weiteren
Troll-Squatter werden würde.
Sallin Jones trat durch das Tor von Southern Gu-
ard in eine Zukunft, die er sich nie hätte vorstellen
können.
ZUSAMMENGESTELLT VON: GOAT FOOT
Wir können über die Orte sprechen, an denen Trogs
leben, über die großen Konzerne, die sie so oder
so behandeln, darüber, zu wem wir aufsehen und
vor wem wir uns hüten sollten, aber ich glaube,
das, was jetzt kommt, ist das Wichtigste. Das heißt
nicht, dass die anderen Fragen unbedeutend sind.
Ich sage nur, dass die Organisationen, die Trogs für
sich selbst aufgebaut haben, die Projekte, an denen
sie alleine arbeiten, die wichtigsten Informationen
sind, die man über Trogs kennen muss. Ich lasse
einige der besten Insider einen tiefen, detaillierten
Einblick in Konzerne und Gesellschaften geben, die
uns gehören. In Trog-Besitz, unter Trog-Führung,
mit Trogs als Mitarbeitern – Trogs, die Trogs unter-
stützen. Hier erkennt man am besten, was wir in der
Welt bewirken.
SOUTHERN GUARD
GEPOSTET VON: SHERMAN
Diese Sicherheitsfirma aus Atlanta stellt nur Orks
und Trolle ein. Sie haben in keiner Funktion ande-
re Metatypen unter Vertrag und weisen darauf in
ihrem Matrixauftritt stolz hin. Das Hauptquartier
liegt in Sweetwater Creek, wie man auch erwar-
ten könnte, wenn es um Trogs in Atlanta geht. Die
wichtigsten Klienten engagieren sie für Sicherheits-
jobs – besonders in Orten und bei Veranstaltungen,
bei denen rassistische Ausschreitungen zu befürch-
ten sind. Zu diesen Klienten zählen Dutzende me-
 ta-freundliche Unternehmen und Organisationen,
die eine Sicherheitsmannschaft haben wollen, die
gesellschaftlich zu ihnen passt. Das Unternehmen
ist allerdings nicht auf solche Jobs beschränkt – es
ist durch die Matrix nur am besten für solche Jobs
bekannt. Die Reputation für starke Muskeln sorgt
für Verträge mit allerlei Leuten, die keine Me-
ta-Hasser sind. Außerdem hat Southern Guard den
Polizeivertrag für Sweetwater Creek, was verhin-
dert, dass andere, weniger ausgeglichene Sicher-
heitsfirmen die Gemeinde belästigen.
> „Weniger ausgeglichen“ … ich mag diese Formulierung
für „rassistisch dazu motiviert, Leuten den Schädeln ein-
zuschlagen, nur weil sie Trogs sind“. Das ist wahrschein-
lich auch gut so, weil jede andere Sicherheitsfirma in die-
sen Straßen einen schweren Stand hätte und sicher bald
in größerem Maßstab Gewalt anwenden würde.
> Stone
Trolle und Orks leiten die ganze Sache – von ganz
oben bis ganz unten. Der Operationsleiter der Firma
ist Jonathon Hughes, der ein berühmter Hauptmann
des Ares-Teams von 71 war, das in den Wüstenkrie-
gen die Meisterschaft der leichten Divisionen ge-
wann. Er wurde zu Wolverine Security versetzt, als
er wieder zurück war und seine fünfzehn Minuten
Ruhm vorbei waren. Er verabscheute den Mangel
an Disziplin bei Wolverine und fand den extrem ge-
walttätigen Ansatz der Firma ineffektiv. Nach eini-
gen dienstlichen Ermahnungen wurde Hughes aus
seinem Vertrag mit Wolverine entlassen, als er in
Atlanta tätig war. Seine SIN wurde an die CAS über-
tragen, und statt der Wildheit von Wolverine erlebte
er den Zorn von Atlanta. Er landete in Sweetwater
Creek und sah sehr schnell, wie er der Gemeinde
helfen konnte. Southern Guard war bereits organi-
siert, hatte aber wenig Personal, das auch nicht gut
ausgebildet war. Hughes bot seine Expertise an, um
die Ausbildung zu verbessern, und schon bald fand
sich auch genug Personal in Sweetwater.
> Bis heute gibt es Gruppen, die versuchen, bei den Rekru-
ten Maulwürfe einzuschleusen. Bis jetzt hat das kein ein-
ziges Mal geklappt. Sie werden entweder aufgedeckt oder
wechseln die Seite. Das passiert ganz selbstverständlich,
<< WIR STAMPFEN VEREINT
Thorben Lange (Order #29309514)
wenn man sechs Monate gemeinsame Ausbildung mit-
macht und die Freizeit in diesem Trog-Utopia verbringt. Die
Gemeinde gibt jedem Ork und Troll das Gefühl, endlich ein
echtes Zuhause zu haben.
> Mihoshi Oni
Unter Hughes gibt es vier Abteilungsleiter, die
für Marketing, Verkauf, Finanzen und Expansion
zuständig sind. Das klingt nach langweiligen Kon-
zernjobs, aber jeder Abteilungsleiter absolviert pro
Jahr mindestens vier Wochen im Feld, und alle von
ihnen sind aus niedrigeren Rängen in ihre jetzigen
Positionen aufgestiegen. Sie freuen sich immer da-
rauf, wieder auf die Straße zu kommen, auch wenn
sie meistens nicht in wirklich gefährlichen Gebie-
ten eingesetzt werden. Das Quartett arbeitet wie
eine gut geölte Maschine zusammen. Drei von den
vieren sind seit den Anfangstagen bei SG, und der
Vierte passt einfach gut ins Team.
> Der Vierte, Ames Redding, hat die Rolle des Abteilungslei-
ters für Expansion übernommen, nachdem sein Vorgänger
während seiner Einsatzzeit im Feld auf der falschen Seite
eines Angriffs mit einem gepanzerten Auto landete. Er ist
zu einem Gutteil dafür verantwortlich, dass SG eine A-Ein-
stufung hat. Southern Guard ist ein weitverzweigter Kon-
zern mit Trollgarde (Spanien), Five Arms (Frankreich), Bulk
Armor (England) und Aggro Culture (UCAS) als Tochterfir-
men und ein paar Dutzend Firmen, die nichts mit Sicherheit
zu tun haben und sich dem Konzern anschlossen, um die
Sicherheit billiger bekommen zu können. Das Wachstum
ist beeindruckend.
> Mr. Bonds
Das Unternehmen hat kaum Zweigstellenbüros
und lässt seinen Tochterfirmen nur minimale Au-
tonomie. Alle sind direkt Sweetwater unterstellt,
weil die interne Struktur praktisch ohne mittleres
Management entworfen ist. Vor Ort gibt es Ope-
rationskoordinatoren, die direkt mit Operations-
chef Hughes oder seinem Stellvertreter Billings in
Kontakt stehen. Sie sind so vertrauenswürdig und
gut ausgebildet, dass die Kommunikation meistens
nur aus Einsatznachbesprechungen und ein wenig
Schulterklopfen besteht, aber manchmal geht auch
etwas schief und die Koordinatoren brauchen ein
163
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
wenig Anleitung. Das kommt so selten vor, dass
Hughes und Billings immer damit fertigwerden,
aber wegen des großen Wachstums ist es unwahr-
scheinlich, dass das bei SG immer so bleiben wird.
> Billings sieht aus wie ein Troll, ist aber keiner. Billings ist
ein Freier Geist. Ein Beschützergeist, wenn man den Ge-
rüchten glauben darf. Er hat sich mit Hughes bald nach
dessen Eintreffen in Sweetwater zusammengetan. Warum
dieser Geist mit den Mundanen abhängt, weiß niemand.
Aber er ist rund um die Uhr als Hughes’ Assistent verfüg-
bar, was kein Metamensch schaffen könnte.
> Lyran
> An einem Ort des Schmerzes gibt es ein Festmahl der
Angst.
> Man-of-Many-Names
> Die interne Struktur bietet allerdings Schwachstellen.
Wenn man einige Schutzobjekte gleichzeitig angreift
und die Kommunikation unterbricht, könnte das für SG zu
Schwierigkeiten führen. Das Problem ist nur, Leute zu fin-
den, die dumm genug sind, mehrere Objekte anzugreifen,
die von Orks und Trollen geschützt werden.
> Stone
> Ich glaube, man könnte ein paar davon im Abschnitt die- >
ses Uploads über Trog-Feinde finden.
> Slamm-0!
Neben seiner Erfahrung aus Sicherheitsarbeit
und Militär hat Hughes viel taktisches Geschick in
den Konzern mitgebracht. Das verbreitet er groß-
zügig, und die Trogs, die hier arbeiten, sind um
einiges besser als die Angehörigen der meisten
anderen Sicherheitskonzerne. Auch ihre Grund-
ausbildung ist besser als bei jedem anderen Kon-
zern. Neue Rekruten werden volle sechs Monate
lang ausgebildet. Danach sind sie einsatzbereit
oder werden ausgemustert. Es ist keine Schan-
de, bei Southern Guard ausgemustert zu werden.
Nach sechs Monaten werden die Rekruten lokal
eingesetzt, wo sie ein paar fortgeschrittene Fähig-
keiten üben. Einige bleiben noch einen Monat in
Sweetwater, andere ein Jahr oder zwei, dann wer-
den sie an einen Einsatzort geschickt, an dem ihr
Training nützlich ist.
> Das scheint ein bisschen viel für Sicherheitsleute. Wie
können sie das alles angesichts der üblichen Fluktuation
bei der Konzernsicherheit schaffen?
> Netcat
> Die Fluktuation ist bei SG nicht so hoch. Trolle und Orks
sind ein zähes Völkchen. Sie erholen sich generell schnell,
wenn sie überhaupt verletzt werden. Weil es so wenig
Fluktuation gibt, bleibt viel Zeit für zusätzliches Training
während der Ablösungszeiten.
> Stone
164 WIR STAMPFEN VEREINT >>
Thorben Lange (Order #29309514)
Die Firma bietet ihren Kunden unterschiedliche
Sicherheitspakete an. Es gibt den einfachen Wach-
mann in der Baracke, der IDs überprüft, verschie-
dene Patrouillenangebote, verstärkten Objekt-
schutz mit Überwachung, Transportsicherung für
Ladung oder Personen, Privatsicherheit im Haus,
Personenschutz und verdeckte Sicherheit. Die letz-
te Option ist eines der neuesten Angebote, bei dem
ein Kunde eine Person ohne deren Wissen schützen
lässt. Die meisten Kunden wollen Patrouillen oder
Personenschutz, wo Trolle und Orks einschüchternd
wirken. Die wachsende Zahl von vereitelten Angrif-
fen verschafft Southern Guard immer mehr Kunden.
Ich sollte auch erwähnen, dass SG einen Polizeiver-
trag hat: mit Sweetwater Creek. Sie machen in der
Gemeinde die Polizeiarbeit, aber das ist der einzige
Ort, an dem sie diese Funktion übernehmen.
> Vorgetäuschte Angriffe sind eine beliebte Taktik wach-
sender Sicherheitskonzerne. Runner werden engagiert,
um einen Angriff durchzuführen, und das Sicherheitsteam
vor Ort ist informiert. Ein guter Johnson bezahlt trotzdem,
ein schäbiger Johnson versucht, euch den Lohn zu kürzen.
Der schlimmstmögliche Ausgang ist ein Erfolg, weil der
Konzern euch dann zum Schweigen bringen muss, bevor
jemand genauer nachfragt.
Mihoshi Oni
In einer so stark umkämpften Branche wie der
Sicherheit kann man nicht wachsen, ohne sich ein
paar Feinde zu machen. Und als Sicherheitskon-
zern, der nur Orks und Trolle einsetzt, kann man
diese Liste potenzieller Gegner wahrscheinlich
verzehnfachen. Einige Feinde von SG versuchen,
ihnen das Personal zu klauen. Schließlich gehören
sie zu den bestausgebildeten Trollen und Orks der
Branche. Einige Firmen plakatieren diese Kerle nicht
gerne, haben aber kein Problem damit, sie in eine
Vollkörperpanzerung zu stecken und die Hauer mit
einem verspiegelten Visier zu überdecken oder sie
bei weniger öffentlichkeitswirksamen Operationen
einzusetzen.
Im Moment hat SG große Schwierigkeiten mit
Lone Star und Knight Errant. Das sind die größten
Sicherheitskonzerne der Welt, und keiner von bei-
den wird so bald von SG übertrumpft werden. Aber
beide verlieren einige ihrer (prozentual gesehen)
profitabelsten kleinen Verträge an die Trog-Firma.
Polizeiverträge mit Städten sorgen für gute Schlag-
zeilen und Bekanntheit, aber der Profit ist nicht
hoch. Natürlich bringen sie Milliarden, aber sie
kosten auch Milliarden in der Ausführung. Kleine-
re Verträge erlauben mehr Spielraum, sorgen für
viele Gelegenheiten zum Aufbau von Netzwerken
und bieten viele inoffizielle Jobmöglichkeiten, die
Schwarzgeld in die Kassen der Fonds für Tagesaus-
flüge in die Karibische Liga für Execs spülen.
Neben den Sicherheitskonzernen gibt es auch
noch andere Unternehmen, die eine Trog-Sicher-

heitsfirma gerne so schnell wie möglich zusam-
menbrechen sähen. Diese Unternehmen stehen
meistens nicht für ganze Konzerne, sondern für
manipulative Kräfte innerhalb eines Konzerns. Im
letzten Jahr hatte es Zeta-ImpChem mindestens
einmal auf SG abgesehen. Der Angriff kostete ein
paar Connections und ein paar Leben, aber in Wirk-
lichkeit steckte nicht der Chemiekonzern dahinter.
Es war Baxter Ridley, der seinen Einfluss im Che-
miekonzern für die Zwecke des Humanis Policlubs
einsetzte. Diese Angriffe kommen viel häufiger vor,
als es Hughes lieb sein kann, und sein neuer Ab-
teilungsleiter für Expansion sucht nach einem Weg,
diesem Problem zukünftig entgegenzuwirken.
> Baxter Ridley arbeitet nicht für Humanis. Er arbeitet für die
Human Nation. Das ist viel schlimmer, aber es ist auch viel
unwahrscheinlicher, dass Sherman das weiß.
> Snopes
> Der neue Gegenplan der Abteilung für Expansion besteht
darin, mehr Runner zu engagieren und sie auf Abruf bereit-
zuhalten. Es gibt auch Gerüchte über eine weitere Über-
nahme. Diesmal geht es um SecuriTech, Inc. aus Chicago.
Die werden als kleine private Sicherheitsfirma bezeichnet,
sind aber in Wirklichkeit ein Runner-Rennstall. Im Moment
sind sie der einzige Grund dafür, dass Gouverneur Presbi-
tero noch am Leben ist, und dieser Mann ist in den letzten
paar Jahren beim Versuch, Chicago wieder zusammenzu-
setzen, wirklich durch die Hölle gegangen.
> Mihoshi Oni
Southern Guard ist mit dem Wachstum noch nicht
fertig und plant auch nicht, seine Zusammenset-
zung aus ausschließlich Orks und Trollen in naher
Zukunft zu verändern. Die kleinen internationalen
Firmen, die man gekauft hat, bleiben, wie sie sind,
und ihr Personal wird zum Training in die CAS über-
stellt. Für einige ist es ein böses Erwachen, wenn
sie das Leben der Trogs in der CAS sehen (die alles
andere als eine Zuflucht für Metamenschen ist).
Die anderen Expansionsbestrebungen betreffen
im Moment drei Bereiche, die alle mit Sicherheit
zu tun haben. Eine eigene Truppe an Erwachten
Trogs wird aufgebaut, und zugleich sucht SG nach
einer existierenden arkanen Sicherheitsfirma, um
sie und vor allem ihren Kundenstamm zu überneh-
men. Wahrscheinlich werden sie alle Nicht-Trogs
an andere Firmen abgeben und ihre eigenen Leute
an deren Stelle einsetzen. Hughes hat bereits ei-
nen Leiter für die geplante Abteilung, einen trans-
formierten Ork namens Vice. Er ist ein Schamane,
der dem Weisen Krieger folgt, im Moment für Evo
arbeitet und eine Vergangenheit in den Schatten
hat. Es kann sein, dass eine normale Abwerbung
gelingt, aber es könnte auch eine Extraktion nötig
werden, wenn Evo nicht mitspielt. Neben der ar-
kanen Sicherheit will SG auch eine Abteilung für
Matrixsicherheit aufbauen. Im Moment benutzen
<< WIR STAMPFEN VEREINT
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
sie dafür Big Tech, eine andere Firma aus Sweetwa-
ter. Sie haben eine Fusion vorgeschlagen, aber Big
Tech will unabhängig bleiben, und Hughes versteht
und respektiert das. Nach der Bildung der Abtei-
lung könnten ein paar Angestellte zu SG wechseln,
aber im Moment wird Big Tech als Subunterneh-
mer benutzt. Außerdem will Southern Guard einen
Waffenhersteller erwerben. Es hat ein paar davon
umworben und wollte sogar Krime legitimieren,
aber die beiden Firmen haben zu unterschiedliche
Geschäftsphilosophien. Dieses Vorhaben wird für
einen Trog-Konzern besonders schwierig werden.
Existierende Firmen haben viele bereits eingearbei-
tete und talentierte Angestellte, die entlassen oder
weitervermittelt werden müssten, wenn SG weiter
nur aus Trogs bestehen will. Die zweite Möglichkeit
bestünde im Kauf von Produktionsanlagen und der
Gründung eines eigenen Unternehmens, aber das
ist in einem Markt, der bereits mit Plagiaten gesät-
tigt und durch eine starke Markenloyalität gekenn-
zeichnet ist, eine riskante Investition.
> Wir haben schon über Vice gesprochen. Er ist ein ehrli-
cher Kerl. Daher ist wahrscheinlich eine Extraktion nötig
– nicht, weil Evo ihn nicht gehen lassen will, sondern weil
Evo das Gesicht wahren muss. Es wird Bestandteil des
Vertrags sein, dass er extrahiert werden muss.
> Butch
> Es scheint, als würde Sherman veraltete Informationen
haben oder vielleicht nicht alles preisgeben wollen. SG
hat bereits eine Waffenfabrik. Sie haben sich eine ehe-
malige Fabrik von Colt in Alabama geschnappt, die seit
Jahrzehnten ungenutzt war, haben sie ausgeschlachtet
und die Maschinen in ein Lagerhaus in Sweetwater ver-
frachtet. Es gibt noch keine offizielle Produktion, aber man
ist ihr sicher näher, als Sherman angibt.
> Stone
> Es fehlen noch ein paar Informationen dazu, was SG in
den Schatten macht. Ein paar Kommentare wird es sicher
schon geben, aber ich setze meinen Kommentar hier ans
Ende der Datei.
SG hat viele frühere Schattenleute in seinem Stall. Trolle
und Orks, die SINlos an Orten leben mussten, an denen nur
die Starken überleben, sind durch Test-Runs gegangen, in
denen sie geprüft wurden. Nach dem Job bekamen sie ei-
nen weiteren angeboten – diesmal in Sweetwater. Der ist
ein Test ihrer Coolness unter Druck, weil es in Atlanta für
Trogs wirklich übel ist. Wenn sie den Job versauen, lässt
Sweetwater sie einfach ziehen.
Nicht alle diese Runner können angestellt werden. Ein
paar sind zu heiß, ein paar wollen nicht, und SG hat für alle
von ihnen Verwendung. Bei Operationen gegen konkurrie-
rende Sicherheitsfirmen zum Stehlen von Verträgen oder
bei Runs zur Informationsbeschaffung für die Expansions-
abteilung benutzen sie eigenes Personal in Verbindung mit
Teams von außen. Die Jobs kombinieren echte Aufträge
mit „Interviews“, um Verbindungen zu Runnern zu bekom-
165
 >> BUCH DER VERLORENEN <<

men, die keine Trogs sind. Freunde in Sweetwater sind in

der Gegend um Atlanta und in anderen Städten, wo der
Konzern arbeitet, sehr nützlich.
Sie setzen uns auch für Tests ein. Diese Jobs haben be-
langlose Ziele und dienen dem Testen der Sicherung von
Objekten in aller Welt. Meistens geht es um Datendieb-
stahl, wobei die Datei Bulldrek ist, aber stark verschlüsselt
erscheint. Wenn der Hacker sie knackt, findet er nur einen
Haufen Trog-Pornos. Es ist eine doppelte Lektion darüber,
was man beim Datenklau für Mr Johnson nicht machen
sollte.
Insgesamt halten sie eine gute Balance zwischen zwei-
felhaften Jobs und normaler Arbeit.
> OrkCE0

TROG ROCK
RECORDING
GEPOSTET VON: GREATWHITE
Egal ob unter dem Label Trogtown Express, Dermal
Deposit oder Sierra Nevada – immer habt ihr Trog
Rock Recording gehört. Diese drei und Dutzende
anderer Trog-Stars produzieren Hits für das popu-
läre Indie-Label. Die Künstler, die sie suchen, sind
unbedeutende Orks und Trolle, die für Nischen-
märkte aufgebaut werden, mit dem Ziel, ihnen eine
breitere Fanbasis zu verschaffen. Sie sollen schließ-
lich weltweit bekannt werden, ohne dass sie sich
an einen großen Konzern wie Truman, Pathfinder
oder Horizon verkaufen müssen. Damit soll verhin-
dert werden, dass ein weiterer Trog der weltweiten
Orxploitation zum Opfer fällt – oder einer anderen
kitschigen Bezeichnung dafür, dass ein Ork oder
Troll viel Geld einbringt, das von jemand anderem
eingesammelt und ausgegeben wird.
Geleitet wird das Ganze von Bella Blackwood.
Blackwood ist im Vorprogramm von Orxanne wäh-
rend der „Orkestrated“-Tour berühmt geworden, wo
die trollische Popsängerin ihr Publikum mit ihrem
Stimmumfang und dem Einsatz von Instrumenten
anstelle von Worten verzaubert hat. Es war wie eine
Selbstzensur, nur dass die Worte gar nicht zensur-
würdig waren. Orxanne nahm sie für ihr Label unter
Vertrag, aber als der abgelaufen war, nahm Black-
wood ihr Erspartes und gründete TRR in Sweetwa-
ter. Man ging in Freundschaft auseinander, aber mit
der Zeit hat TRRs Erfolg ungesunden Wettbewerb
zwischen den beiden Labels ausgelöst. Bella nimmt
auch immer noch eigene Musik auf, und es gibt
viele Gerüchte über eine neue Tour, aber noch ist
nichts bestätigt.
Die Führung der Firma wird während einer Tour
wahrscheinlich der Studiomanagerin Madison Nor-
th zufallen. North ist eine weitere Erfolgsgeschichte
bei TRR, obwohl ihre Karriere als Künstlerin 2076
bei einer versuchten Extraktion beendet wurde,

166 WIR STAMPFEN VEREINT >>

Thorben Lange (Order #29309514)


als eine Kugel ihren Oberschenkelknochen zer-
trümmerte. Nach diesem Ereignis geriet sie in eine
Abwärtsspirale, aber Bella lenkte sie ab, indem sie
sie während der Genesung beschäftigt hielt. North
verliebte sich in die Aufgabe, die Künstler im Studio
zu managen. Die Rauheit der unbearbeiteten Tracks
gefiel ihr, und TRR hat dank North eine wachsende
Fangemeinde dieser ultrareinen Musik.
Das letzte, aber keineswegs unbedeutendste
Mitglied des Triumvirats an der Spitze von TRR
ist Lancaster Blackwood, Bellas Ehemann und der
wichtigste Talentscout und Tourmanager der Firma.
Lanky, wie er allgemein genannt wird, ist ein Riese.
Buchstäblich. Er ist ein nordischer Troll. Er und Bel-
la trafen sich, noch bevor sie berühmt wurde, und
Lancaster infizierte sich mit dem Agentenvirus, als
er für Bella den bestmöglichen Vertrag rauszuholen
versuchte. Jetzt reist er um die Welt, vor allem aber
durch Nordamerika, und sucht nach neuen Talenten
und Auftrittsmöglichkeiten für Künstler des Labels.
Er hat ein Ohr für Talente und eine Begabung dafür,
sie vor anderen Labels zu finden. Und er hat genü-
gend Charme, um sie davon zu überzeugen, dass
sie bei TRR am besten aufgehoben sind, wenn sie
die Wahl haben.
> Es gibt sehr viele Gerüchte, dass Lanky als Johnson für
TRR arbeitet. Ich kann mir das nicht vorstellen, weil er viel
zu auffällig wäre, um auch nur ein bisschen Diskretion ge-
währleisten zu können.
> Fianchetto
> Das Paar erregt bei Preisverleihungen und Shows, die sie >
besuchen, großes Aufsehen. Der Größenunterschied lässt
Bella neben Lanky geradezu zierlich erscheinen. Ich habe
sogar gelesen, dass sie deswegen als „süß“ bezeichnet
wurde, was man über Trolle selten zu hören kriegt.
> Sunshine
> Die üblichen hässlichen Geschichten über Agenten verfol-
gen auch Lanky und sorgen für Jobs für Runner. Entweder
will er selbst diese Geschichten zum Schweigen bringen,
oder jemand anderer möchte die Botschaft übermitteln,
dass dieser Drek aufhören muss. Jedenfalls verschwindet
jeder Künstler, der sich beschwert.
> Traveler Jones
> Bella und Wejoto Records sind zwar im Guten auseinan-
dergegangen, aber das erstreckt sich nicht auf Lanky. Als
ihr Agent und jetzt konkurrierender Talentscout steht er
im direkten Wettbewerb, und der ist oft alles andere als
freundlich. Sein Bild hat den Weg auf die Kommlinks vieler
Runner gefunden.
> Fianchetto
Als Musiklabel sucht TRR immer nach neuen
Künstlern und Auftrittsmöglichkeiten für Künstler,
die bereits unter Vertrag sind. Als kleine Firma mit
ausschließlich Trogs gibt es bei der Suche nach Ver-
<< WIR STAMPFEN VEREINT
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
anstaltungsorten allerdings einige Schwierigkeiten.
Viele fürchten das Publikum, das TRRs Künstler an-
ziehen. Einige mögen die geringeren Besucherzah-
len nicht, weil Trolle Platz für zwei oder vielleicht
sogar drei Menschen brauchen. Andere erwarten,
dass Trogs nicht viel Geld dabeihaben. Niemand
spricht diesen rassistischen Drek mit so vielen Wor-
ten aus, aber das ist die Wahrheit hinter Antwor-
ten wie „ausgebucht“ oder „passt nicht zu unserer
Szene“. TRR geht damit um, indem es immer am
Ball bleibt. Netzwerken und Rückmeldungen, nach-
dem ein weiterer Veranstaltungsort gefunden wur-
de, oder einfach ein neuer Versuch, manchmal mit
einem besseren Angebot, führen meistens dazu,
dass sie doch buchen können, was sie buchen
wollten. Meistens machen die anderen Getränke-
preise, mehr Getränkeverkäufe und ein bisschen
mehr Musikzuschlag die geringere Anzahl an Gä-
sten ohnehin wett. Und Trogs machen nicht mehr
Schwierigkeiten als andere Metatypen – schwarze
Schafe gibt es überall.
> Wenn „am Ball bleiben“ auch Erpressung und Drohungen
umfasst, dann stimmt das genau. TRR vergibt viele Auf-
träge in den Schatten, bei denen Veranstalter und deren
Personal unter Druck gesetzt werden sollen, damit die
Künstler Auftritte bekommen.
> Clockwork
> Natürlich gibt es unter allen Metatypen schwarze Schafe,
aber wenn die schwarzen Trollschafe eine Prügelei anfan-
gen, kann das Haus einstürzen.
Slamm-0!
Wie jedes andere Label hat auch TRR Probleme
damit, dass seine Künstler extrahiert oder ange-
griffen werden. An vielen Veranstaltungsorten ist
die Sicherheit nicht eben spektakulär, also hat TRR
einen Dauervertrag mit Southern Guard, einem
anderen Trog-Konzern aus Sweetwater, der Body-
guards für die Künstler stellt. Die Wachen sind alle-
samt Trolle und Orks, also fallen sie unter den Fans
kaum auf, wenn sie unauffällig sein sollen. Mei-
stens treten sie aber als klassische Bodyguards mit
schwarzem Anzug und Sonnenbrille auf.
> Es ist immer eine Mischung von beidem. Die Anzugträger
mit Sonnenbrille dienen der sichtbaren Abschreckung, die
Eingreiftruppe ist meistens in der Menge versteckt.
> Mihoshi Oni
Wejoto ist ein Rivale, aber Pathfinder und Truman
sind echte Feinde. Zwischen diesen Konzernen
und TRR herrscht aus gutem Grund wenig Zunei-
gung. TRR und Wejoto haben die trollischen und
orkischen Talente gehortet, die Pathfinder und Tru-
man bisher benutzt hatten, um dieses wachsende
Marktsegment abzuschöpfen. Die Emporkömm-
linge schwächen dadurch auch den Einfluss, den
167
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
die Großen auf ihre eigenen Ork- und Troll-Bürger
haben. Ohne Künstler, die diesen Bürgern ähn-
lich sehen, ist dieser Bevölkerungsteil wesentlich
schwerer zu beeinflussen. Meistens geht es weni-
ger um die begrenzte Anzahl an Künstlern, die sie
haben, sondern eher um die vielen verschiedenen,
die sie nicht haben.
Die Zukunft von TRR liegt in seiner fortgesetzten
Unabhängigkeit, und das wird nicht so einfach wer-
den, wie es klingt. Die Großen schätzen es nicht
besonders, dass TRR so viele Künstler für sich rekla-
miert, und meinen, dass dieser kleine Konzern nicht
so schwer zu besiegen sein wird. Selbstverteidigung
wird in naher Zukunft eine hohe Priorität für TRR
haben und mindestens so wichtig sein wie die Ex-
pansion. Neben seinen großen Anstrengungen zum
Selbstschutz will TRR sein Geschäftsfeld auf andere
Kunstformen ausdehnen. Trog-Musik aller Arten ist
das gegenwärtige Repertoire, aber Sim-Aufnahmen
und Trideos werden bedeutender werden, wenn
der Besuch von Grig Brock und Elsha Forrest in der
Stadt als Hinweis darauf gedeutet werden kann.
Die beiden haben die heißesten unabhängigen Tri-
deo-Shows in der Matrix, und Elsha hat außerdem
noch eine Reality-Simshow über ihr Leben.
> TRR benutzt wie ganz Sweetwater den Fulton Airport für
den Lufttransport. Der ist relativ familiär und wird von
einem anderen örtlichen Konzern betrieben. Er ist auch
der Traum eines jeden Schmugglers, weil der Verkehr für
einen so kleinen Flughafen sehr stark ist. Er bildet eine
autarke kleine Enklave, braucht aber externe Informati-
onsbeschaffung, um Stagnation zu vermeiden.
> Turbo Bunny
> CrimeTime verschafft ihnen trotz der unterschiedlichen
Labels gute Presse. Es kann durchaus sein, dass er zu TRR
wechselt, aber das wird sicher nicht ohne Schattenarbeit
abgehen.
> Kat o’ Nine Tales
BIG TECH
GEPOSTET VON: AX3M4N
Das Trideo-Klischee vom brillentragenden, hageren
Troll-Decker ist zwar gerade wieder sehr modern,
aber tatsächlich es ist auch nicht völlig realitätsfern.
Nur weil Trolle groß sind und die meisten Leute sie
für dumm halten, stimmt letzteres noch lange nicht.
Und es hält sie auch nicht davon ab, eine Ausbil-
dung zu erhalten, die mit ihrer beträchtlichen Mus-
kulosität einhergeht. Das gilt auch für Orks, aber
hier ist der Witz aus irgendeinem Grund nicht so
zündend.
Die Büros von Big Tech sind eine gigantische Poin-
te dieser Witze. Nicht alle Angestellten tragen Bril-
len, und nicht alle sind hager, aber alle Techniker
168 WIR STAMPFEN VEREINT >>
Thorben Lange (Order #29309514)
bei BT sind Orks oder Trolle – wie in allen anderen
Unternehmen in Sweetwater. In der Matrix spielt
Größe ohnehin keine Rolle, also ist es egal, wie viel
Platz man im Büro verbraucht – sobald man online
ist, verbraucht man nur noch Bandbreite. Sie arbei-
ten in allen Bereichen der Matrix, zum Teil auch in
der Sicherheit, konzentrieren sich aber vor allem auf
das Gestalten von Hosts und von Personas für reiche
Kunden. Einige Kunden sind sich durchaus bewusst,
dass sie es nur mit Trogs zu tun haben. Andere se-
hen nur den Namen und engagieren sie, weil sie ihre
Sache gut machen.
An der Spitze von Big Tech steht Bryan „Gold-
tusk“ Hillen. Er hat eine ziemlich typische Ausbil-
dung, kam aber dazu, Big Tech zu gründen, nach-
dem ein Hacking-Vorfall ihn das Bein kostete. Sein
Kommlink war am Oberschenkel befestigt, als ein
Hacker es lahmlegte. Das Kommlink wurde überla-
den und – auch wenn der Hersteller alle Schuld von
sich wies und behauptete, dass das nicht passieren
könne – explodierte. Die Verletzung riss Bryan kurz
vor dem Abschluss aus der Schule, und das koste-
te ihn sein Konzernstipendium. Der Konzern wollte
eine Rückzahlung und nahm ihm alles, was er hatte,
wodurch er in das Arbeitskräftereservoir der CAS
abstieg und sehen musste, wie er mit einem Bein
und ohne Abschluss durchkam. Der Verlust des
Beins schränkte seine Möglichkeiten im Bereich
der körperlichen Arbeit stark ein, und der fehlende
Abschluss verwehrte ihm die Bürojobs. Er tat, was
er konnte, um zu überleben, und wurde schließlich
nach Sweetwater abgeschoben, als er in Atlanta ei-
nen Job suchte. Goldtusk war vom Erfolg anderer
inspiriert und bereit, andere zu engagieren und aus-
zubilden, um sein Geschäft aufzubauen. So machte
er aus seiner Ein-Ork-Firma ein Unternehmen mit
heute fast fünfzig angestellten Trogs. Die meisten
von ihnen haben eine informelle Ausbildung, und
dieser Mangel an formalistischen Einschränkungen
hat es ihnen ermöglicht, bei der Gestaltung von
Hosts Erstaunliches zu erreichen, ohne dabei die
Ressourcen der Hardware zu überfordern.
> Goldtusk ist auf einem Rachefeldzug gegen Erika. Das
Kommlink, das an seiner Hüfte explodierte, war ein Erika
Elite, und Erika weigerte sich, es zu ersetzen oder eine
Entschädigung zu zahlen. Der Vorfall wurde während der
letzten Erneuerung der Matrix sehr verzerrt dargestellt,
und obwohl Goldtusks Name nie vorkam, will er nicht,
dass irgendein Konzern von seiner Story profitiert – be-
sonders nicht NeoNET damals oder Erika heute.
> Icarus
> Big Tech hat angeblich eine Rolle dabei gespielt, Informa-
tionen über NeoNETs Verstrickungen in Sachen Boston
und KFS an die Öffentlichkeit zu bringen. Goldtusk steckte
wahrscheinlich dahinter, indem er seine Angestellten ne-
ben der Arbeit ein wenig trainieren ließ.
> Snopes

> Der Grund, warum viele Programmierer bei Big Tech als > GOD
Autodidakten das System so stark aufmischen können,
liegt darin, dass sie Technomancer sind. Nicht alle, aber
genug von ihnen, dass andere Parteien Interesse entwi-
ckeln. Big Tech wendet sich wegen Schutzaufgaben oft
an Southern Guard, und die Unterkünfte auf dem Firmen-
gelände werden jeden Monat erweitert.
> Netcat
> MCT würde sich sicher gerne eine Haufen Testobjekte
schnappen – besonders Trogs, die sie ohnehin für kaum
mehr als Tiere halten. Viel Material für Experimente.
> Baka Dabora
Big Tech hat nur ein anderes bedeutendes Mit-
glied im Management: DAGGER. Der Name steht
in Großbuchstaben, weil DAGGER kein Trog von
Geburt, sondern durch Inbesitznahme ist. Trotz der
Aversion vieler gegenüber den Monaden wurde er
bei Big Tech als Trog akzeptiert. Er fing als die Dy-
namic Access GridGuide Exploration Routine an:
ein Programm, das entworfen worden war, um als
Teil des riesigen Systems von GridGuide die besten
Routen zu suchen, auf denen möglichst viele An-
lagen und Werbebotschaften von Renraku zu se-
hen waren. DAGGER war eine reine KI und wurde
ursprünglich nicht von den Forschungsprojekten
unter der Führung von NeoNET und Evo eingefan-
gen. Zuerst glaubte das Programm, dass es in die
Forschung über KFS hineingezogen worden war,
weil die Konzerne noch versuchten, herauszufin-
den, ob Naniten tatsächlich Gehirne überschrie-
ben. DAGGER kam in den Körper von Max Jordan,
einem SINlosen Troll aus den Aurora Warrens in
Denver. Schließlich fand DAGGER heraus, dass sich
die Forschung nicht um das drehte, was er vemu-
tet hatte, sondern von den Monaden durchgeführt
wurde, die KIs in physische Hüllen bringen wollten.
Er ist wütend auf sie, deshalb nahm er seinen Platz
in der Troll-Gesellschaft ein, erfuhr von Sweetwa-
ter und floh dorthin. Jetzt ist er der Arbeitskoordi-
nator des Unternehmens, teilt die Projekte zu und
überwacht den Fortschritt aller Angestellten. Er ist
nicht immer sehr beliebt – nicht wegen des Mona-
den-Seins, sondern wegen seines Pochens auf Ar-
beitseffizienz. Er ist bekannt dafür, Angestellte zu
beurlauben, wenn ihre Produktivität sinkt, damit sie
ausruhen und dann wieder mit voller Kraft arbeiten
können.
> Echt? Und ich dachte, Plan 9/10 sei für alle Monaden die
größte Hoffnung auf eine Integration.
> Glitch
> Was ist eigentlich aus dem Abzugsplan geworden? Die
Welt wurde von dieser bedeutenden Botschaft aufgerüt-
telt, und dann verschwand der Plan plötzlich von der Bild-
fläche.
> Hard Exit
<< WIR STAMPFEN VEREINT
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
hat eingegriffen. Alle Nachrichten der Monaden
wurden sofort gekennzeichnet, und die G-Men griffen un-
barmherzig durch. Man kann noch nicht sagen, wie das
Ganze endet, aber die Idee, eine Rakete zu besteigen und
abzuhauen, ist wohl gescheitert.
> Pistons
> Zu viele Konzerne haben herausgefunden, dass Monaden
gut arbeiten und eine wahre Fundgrube für Informationen
oder neue Entwicklungen sind.
> Beaker
> Willkommen in der Welt der Megakonzern-Ausbeutung.
Vielleicht hätten sie still und leise verschwinden sollen,
statt ihre Präsenz bekanntzumachen.
> Slamm-0!
Big Tech hat im letzten Monat Schlagzeilen ge-
macht, weil es einen Vertrag mit Ares abgeschlos-
sen hat, von dem man geglaubt hatte, er würde in-
tern oder an eine Tochterfirma vergeben werden.
Ares will sein Image verbessern und sucht nach
neuen Gestaltungen für einige interne Hosts von
Abteilungen und Tochterfirmen. Die Zugangslevels,
die Big Tech dafür brauchen wird, werfen vor allem
die Frage auf, warum sie ausgewählt wurden. Ares
gewährt einem externen Trog-Konzern Zugang zu
sensiblen Interna.
> Es geht um die Schuldzuweisung. Wenn diesmal etwas
schiefgeht, wird Big Tech dafür die Schuld bekommen. Ich
weiß nicht, ob das ein direkter Versuch ist, ihnen zu scha-
den, ob Ares ein Druckmittel sucht, oder ob es eine andere
Megakonzern-Intrige ist, aber das müssen wir abwarten.
Etwas wird passieren.
> Turbo Bunny
Man kann in der Matrix-Branche nicht so hohe
Wellen schlagen, ohne sich ein paar Feinde zu ma-
chen – besonders, wenn man eine Trog-Firma ist.
Das bedeutet, dass die Japanokons feindselig sind.
Außerdem steht Goldtusk noch unter Druck von
NeoNET und Erika. Big Tech schnappt auch anderen
kleineren Matrix-Firmen und Tochterfirmen, deren
vertikale Verbindungen nicht immer offensichtlich
sind, Jobs weg. Die Firma wird wahrscheinlich dau-
ernd unter Feuer von Rivalen in der Branche stehen
und außerdem zur Zielscheibe werden, weil alle
Angestellten Trogs sind.
Dank der Zusammenarbeit mit Southern Guard
sieht Big Tech die Möglichkeit, auch im Sicherheits-
gewerbe mitzuspielen, aber Ausbildung und Per-
sonal für dieses Vorhaben stehen bei Weitem noch
nicht bereit. Anstellungen sind natürlich durch die
Frage des Metatyps beschränkt, aber auch dadurch,
dass man mehr als nur einfache Programmierfähig-
keiten mitbringen muss. Außerdem kommen noch
moralische Fragen dazu, vor die man manchmal
in der Sicherheitsbranche gestellt wird. Man kann
169
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
damit rechnen, dass das Unternehmen auch nach
talentierten Hackern suchen wird, vielleicht sogar
nach SINlosen, denen man dann eine SIN verspre-
chen könnte.
> Das sollte recht einfach sein, weil Big Tech häufig SINs > Sie ist außerdem ein bisschen rachsüchtig. Wer sie ver-
fälscht. Sie machen das für alle ihre Leute und verkaufen
auch viele auf dem Schwarzmarkt, um den Profit zu stei-
gern.
> Icarus
> Die Sicherheitsoperationen laufen bereits – vor allem in
Gestalt von schwarzen Jobs für Runnerteams, bei denen
ein bisschen Übung in der echten Welt erworben werden
soll, bevor die Hacker in einen Kokon oder hinter einen
Schreibtisch kommen, um nur noch aus der Ferne zu ar-
beiten.
> Glitch
CASCADE TRANSIT
GEPOSTET VON: CROWFLIES
Wie der Name schon zeigt, wird diese Firma von
den Cascade Orks im pazifischen Nordwesten be-
trieben. Es ist ein völlig legales Unternehmen, das
eine Tochter des PCC ist. Also ist es quasi ein staat-
liches Unternehmen, aber vom PCC kommen nicht
besonders viele Aufträge. Stattdessen überlässt
man die kleine Firma im Kampf um Transportauf-
träge sich selbst. Die Ladung besteht nicht immer
aus unbelebten Objekten, und die Firma hat sich
auf lebende, paranormale Ladung sowie den dis-
kreten Transport von Erwachten Gegenständen
spezialisiert. Als Transportmittel kommt alles von
der Cessna bis zum Senkrechtstarter zum Einsatz,
wobei T-Birds den Großteil der Flotte bilden. Die
meisten Aufträge finden innerhalb der NAN statt,
aber es gibt auch internationale Hüpfer nach Se-
attle, Kalifornien und Tír Tairngire.
Alle Fahrer, Flieger und Manager sind Cascade
Orks (ja, es sind auch Trolle darunter, aber so lautet
nun mal der Stammesname), und unter ihnen fin-
den sich mehr Erwachte als im Bevölkerungsdurch-
schnitt, was bei der normalen Ladung nur sinnvoll
ist. Tatum Deerstalker ist der Geschäftsführer der
Firma, schwingt sich aber viel öfter selbst in den Pi-
lotensessel, als man erwarten sollte. Er ist ein Rig-
ger der alten Schule, der nichts mehr liebt als das
Kommandieren ganzer Drohnenflotten, während er
seinen eigenen Osprey „Stalker’s Pride“ steuert.
Weil Deerstalker so viele Flugstunden absolviert,
ist der wichtigere Name der von Ariadne Black-
crow, seiner Assistentin und dem wirklichen Grund
für den Erfolg von Cascade Transit. Sie ist hochintel-
ligent und hat dank ihres Schutzgeistes Rabe eine
hinterlistige Ader. Die Piloten erfahren oft erst kurz
vor dem Abheben, dass sich Ladung oder Route als
170 WIR STAMPFEN VEREINT >>
Thorben Lange (Order #29309514)
normale Sicherheitsmaßnahme plötzlich verändert
haben. Wenn sie nachfragen, sich beschweren oder
Dienste tauschen, macht ihnen Ariadne das Leben
zur Hölle.
rät und dabei erwischt wird, sollte sich lieber schleunigst
außer Reichweite von CT begeben. Sie hat viele Schatten-
aufträge vergeben, mit denen Angestellte zurückgeholt
werden sollten, die ihr Vertrauen missbraucht hatten.
> Lyran
Als kleines Transportunternehmen hat auch CT
eine Geschichte der Animositäten mit anderen
Transportfirmen. Es gibt ein paar Schwierigkeiten
mit der United Talismongers Association, weil sich
CT wegen einiger Vorfälle innerhalb der NAN wei-
gert, Aufträge von der UTA zu übernehmen. Neben
der UTA hat sich CT auch die Sioux-Regierung zum
Feind gemacht. Sogar wenn es die billigste oder
beste Möglichkeit bietet, verweigern die Kopf-
schmuckträger der Sioux CT den Auftrag. Es gibt
Spekulationen, dass die Sioux wegen der Finan-
zierung von CT durch den PCC verhindern, dass
ihre Besitztümer vom internen Rivalen in der NAN
verfolgt oder überwacht werden. Es ist auch nicht
gerade förderlich, dass die Sioux und die Cascade
Orks einfach nicht miteinander können, was an der
Show Tribal Warrior Challenge liegt, aus der beide
ausgeschlossen wurden, weil sie Profis an den Start
geschickt hatten.
Das Unternehmen hat keine offensichtlichen Plä-
ne für eine zukünftige Expansion und ist damit zu-
frieden, seine kleine Marktnische zu besetzen, statt
zu groß zu werden und unerwünschte Aufmerk-
samkeit auf sich zu lenken. Sie planen, ein wenig
vom Geschäft in Richtung gesicherter Transporte
zu verlagern. Zu diesem Zweck gepanzerte und
bewaffnete Luft- und Bodenfahrzeuge neu in die
Flotte aufgenommen und zugleich ältere, weniger
widerstandsfähige Transportmittel ausgemustert.
> Das ist die ideale Verschleierung dafür, dass sie bereits
tonnenweise gepanzerte Fahrzeuge zum Schmuggeln
einsetzen. Cascade Transit fährt von einem Ort ab, ver-
schwindet und taucht danach anderswo mit neuen Fracht-
papieren, aber derselben Ladung auf. Meistens geht es
nur um ein paar kleine Gegenstände, die unter die Ladung
gemischt werden, aber es gibt auch einige Transporte, die
ausschließlich Schmuggelware befördern.
> 2XL
> Cascade Transit gehört zu den wenigen kleinen Firmen,
die mit Denver verhandeln. Bis jetzt gibt es noch nichts Of-
fizielles, aber sie wären sehr gut dafür geeignet, größere
Konzerne fernzuhalten. Außerdem ist der PCC in Denver
viel besser als die anderen drei, vor allem die amerikani-
schen, Nationen weggekommen.
> Am-Mut

CARIBBEAN
PROTECTIVE SERVICES
GEPOSTET VON: BRAC
Diese Firma für Sicherheit auf dem Wasser hat ihre
Basis auf Ork Brac (früher Cayman Brac) und ope-
riert gegen die Piraten, die auf den schönen blauen
Wassern der Karibik (und im Atlantik) ihr Unwesen
treiben. Sie übernimmt Schutzaufträge für einzelne
Schiffe und Flotten, fährt aber auch Patrouille in oft
überfallenen Bereichen der Karibischen Liga – letzte-
res nur für den Kick, gegen Piraten zu kämpfen, und
gelegentliche Belohnungen von dankbaren Seefahr-
ern. Die Firma ist noch recht klein, macht ihre man-
gelnde Größe aber durch Herzblut, Entschlossenheit
und Können wett.
> Die Belohnungen dankbarer Seefahrer gibt es meistens
gar nicht. Wenn ein zufälliges Fahrzeug gerettet wird, liegt
das daran, dass es etwas transportiert, was sie brauchen,
oder jemanden, mit dem sie in Verbindung treten wollen,
oder daran, dass ihnen jemand heimlich den Auftrag dazu
gegeben hat. Gratis machen sie gar nichts.
> Sounder
Das Unternehmen wird von Admiral Thark ge-
führt. Das ist kein offizieller Dienstgrad, aber im
Unternehmen bekommt jeder einen Marinerang. Er
hat diesen Rang, weil er der Gründer und gegen-
wärtige CEO der Firma ist. Thark kam als einer der
ersten Orks, die den Ruf gehört hatten, nach Ork
Brac. Er brachte vier Schiffe mit und benutzte nach
ein paar erfolgreichen Schutzaufträgen für die In-
sel die großzügige Belohnung, um seine Flotte um-
und auszubauen und eine legale Firma unter der
Aufsicht der Inselregierung zu registrieren.
Im Wesentlichen kommen GMC Riverines zum
Einsatz, aber die Flotte wurde auch um ein paar
Sea Commanders von Blohm & Voss verstärkt. Das
Flaggschiff und Hauptquartier, die „No Man’s Land“,
ist eine alte Harland & Wolff Classique. Die meisten
Schiffe werden von ihren Kapitänen umgebaut, aber
sie müssen dabei gewisse Standards einhalten. Die
Schiffe dürfen kampfkräftig aussehen, aber nicht
waffenstrotzend auftreten oder vor Panzerung kaum
noch schwimmen können. CPS möchte freundlich
aussehende, schnelle Fahrzeuge. Sie setzen nicht
auf lange Gefechte Schiff gegen Schiff, sondern auf
schnelle Angriffe, Rückzüge und neue Angriffe.
> Dieser Stil verbirgt allerdings etwas. Jedes Schiff hat min-
destens eine oder zwei durchschlagskräftige Waffen an
Bord. Waffen, die ein Tiburon mit einem Schuss ausschalten.
Die sind für den Fall gedacht, dass sie ein Ziel schnell zerstö-
ren müssen, statt Katz und Maus zu spielen. Wenn ihr Kunde
gefährdet ist, gehen sie dem Feind direkt an die Kehle.
> Rigger X
<< WIR STAMPFEN VEREINT
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
Jedes Schiff hat einen eigenen Kapitän, der dafür
zuständig ist, Aufträge auszuführen und manch-
mal auch eigene Jobs zu suchen. Je nach Größe des
Schiffs ist die Crew zwischen sechs und zwanzig Leu-
ten groß. Jedes Schiff hat mindestens einen Spezia-
listen für elektronische Kriegsführung für die Matrix-
sicherheit des eigenen Schiffes und der Kunden an
Bord. Die Zahl dieser Spezialisten ist je nach Verhält-
nis zwischen geschützten Schiffen zu eingesetzten
Schiffen unterschiedlich. Das Wasser ist gefährlich,
und einfache Fehlfunktionen können dazu führen,
dass ein Schiff manövrierunfähig wird oder sogar
sinkt. Neben der elektronischen Kriegsführung hat
jedes Schiff einen Drohnenrigger an Bord, der alle
Drohnen unter sich hat, die dem Schiff zugewiesen
sind. Diese Drohnenjockeys gehören zu den besten
in der Karibischen Liga, vielleicht sogar auf der Welt,
und sind auf Schwarmeinsätze spezialisiert. Die letz-
te Position, die auf jedem Schiff der Flotte besetzt
wird, ist die schillerndste, die man auch in den Wer-
be-Trideos oder Matrix-Übertragungen ihrer Ein-
sätze sieht: der Master Armsman (Waffenmeister).
Auf allen Schiffen werden diese Leute spaßhaft als
„Ma“ bezeichnet – was ihnen aber niemand ins Ge-
sicht sagt. Sie sind die besten Kämpfer der Schiffe.
Der Kapitän gibt die Befehle, und der Waffenmeister
übernimmt die Führung bei deren Ausführung. Der
Rest der Crew besteht aus Technikern und Sicher-
heitspersonal, aber alle sind fähige Seeleute, von
denen viele in verschiedenen Marinen der Welt ge-
dient haben. Ein paar sind sogar ehemalige Piraten,
die angesichts der Möglichkeiten, die sie auf Ork
Brac geboten bekamen, gesetzestreu wurden.
> Die Crews von CPS haben ein interessantes Verhältnis zu
den Piraten, die auf Ork Brac zu Hause sind. Es gibt eine
Vereinbarung, dass Schiffe, die von CPS geschützt wer-
den, nicht von den Piraten aus Ork Brac angegriffen wer-
den. Dafür mischt sich CPS bei Aktionen dieser Piraten
nicht ein, wenn man zufällig darauf stößt.
> Rigger X
> Es geht noch weiter. Die Piraten von Ork Brac haben einen
Vertrag mit CPS. Die Sicherheitsfirma bietet den Piraten-
schiffen Schutz auf der Fahrt zwischen ihren Zielen. Sie
bieten auch Bergehilfe für bei versuchten Angriffen be-
schädigte oder versenkte Schiffe an.
> Sounder
Im Moment macht CPS durch seinen Langzeit-
vertrag mit der Sea Orbiter IV weltweit Schlagzeilen.
Dieses Wissenschafts- und Forschungsschiff führt
im Moment für mehrere Megakonzerne Studien
in der Karibik durch. Die Daten in seinen Speicher-
systemen könnten für Rivalen Millionen wert sein.
Neben der Übertragung von CPS hat auch die Sea
Orbiter eine Dauerübertragung in die Matrix. Es gibt
eine Bildungsserie über das Meeresleben, Ökologie
und Ozeanographie, in der mit Ereignissen aus der
171
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
echten Welt die Schönheit und Macht des Meeres
dargestellt werden. Niemand sieht jemals die wirk-
liche Arbeit, die hier gemacht wird, aber Millionen
schalten ein und hoffen, etwas von der Action im
Hintergrund mitzukriegen.
> Die Show bietet auch Kids eine Chance, auf dem Schiff
mitzufahren. Jedes Jahr erhalten zwölf Kinder die Mög-
lichkeit, eine Woche an Bord zu verbringen – jeden Monat
ein anderes Kind. Die Gewinner werden per Los bestimmt,
aber diese Verlosung war mindestens einmal gescho-
ben. Eine Runnerin namens Kit benutzte ihr jugendliches
(durch SURGE entstandenes) Aussehen, um sich an Bord
zu schmuggeln, begleitet von ihren „Eltern“, dem Runner-
paar Vixen und Silver. Wäre Kit alleine gewesen, wäre sie
vielleicht damit durchgekommen, aber die Runner waren
etwas zu aufdringlich und haben sie auffliegen lassen.
> /dev/grrl
Aber auch als Unternehmen erlebt CPS nicht nur
ruhige See. Andere wichtige Sicherheits- und Logi-
stikkonzerne wie Knight Errant und Mærsk haben
die Firma im Blick und wollen sie entweder schlu-
cken oder vernichten. KE und Konsorten schätzen
die Konkurrenz nicht, und CPS ist zwar klein, be-
kommt aber genügend Aufträge, um gut ausge-
lastet zu sein und zu wachsen. Die Logistikfirmen
stehen auf einem anderen Blatt. Eigentlich gibt es
keinen Grund, dass sie CPS den Erfolg nicht gön-
nen sollten, wenn sie nicht wollen, dass die Pirate-
rie erfolgreich ist. In der Firma spekuliert Admiral
Thark ziemlich oft, dass ein Großteil der Piraterie
in der Karibischen Liga von den Megakonzernen
finanziert wird, um Waren vom normalen Markt auf
graue und Schwarzmärkte fließen zu lassen. Pirate-
rie gegen zivile Schiffe wäre nur ein Ausnutzen von
Sicherheitslücken bei den Reichen auf See.
> Klingt einleuchtend. Es ist ein idealer Zeitpunkt, um etwas
gegen sie zu unternehmen, und eine kleine Firma mit dem
Wunsch nach großem Ruhm könnte leicht alles verderben
und eine schlechte Lage noch viel schlimmer machen.
> Rigger X
> Es gibt immer Gerüchte, aber die stimmen nicht immer.
Wenn also jemand in der Karibischen Liga behauptet,
dass CPS in Wirklichkeit eine Schmugglerbande sei, halte
ich das für Seemannsgarn. Sie haben viele verschiedene
Kunden, arbeiten in vielen Gebieten und laufen viele Häfen
an, also würde es an Gelegenheiten nicht mangeln. Aber
ich kann mir nicht vorstellen, dass sich Thark die ganze
Mühe macht, einen so respektablen Sicherheitskonzern
aufzubauen, nur um dann alles aufs Spiel zu setzen, wenn
er mit Schmuggel in Verbindung gebracht werden könnte.
Es wäre zu einfach, alles zu verlieren.
> Sounder
> Es geht nicht um CPS als Ganzes. Es gibt einige ausge-
wählte Kapitäne, die private Nebengeschäfte am Laufen
172 WIR STAMPFEN VEREINT >>
Thorben Lange (Order #29309514)
haben, um für den Ruhestand vorzusorgen. Also – Kapitän
Irontusk will für den Ruhestand vorsorgen. Kapitän Oak-
hull gibt alle Zusatzeinkünfte für Vergnügen an Land aus.
Es würde mich nicht überraschen, wenn Thark das weiß
und plant, die Sache intern zu regeln.
> Rigger X
YOMI NO KIOKU
GEPOSTET VON: NO ONI
Diese Gesellschaft hat ihre Basis in Japan, hat ih-
ren Einfluss aber rund um den Pazifik ausgebaut.
Viele vergleichen sie mit den Mothers of Metahu-
mans, wie sie aussähen, wenn sie in einem System
entstanden wären, das ihnen keine Unterstützung
gewährt und sie immer wieder zu vernichten ver-
sucht. In Japan und rund um den Pazifik protestiert
YnK friedlich gegen die Unterdrückung durch die
konservativen japanischen Ansichten über die Me-
tamenschheit und versucht, die Vorstellungen über
unseren Wert und Platz in der Gesellschaft zu ver-
ändern. Dieser Kampf wird noch lange nicht end-
gültig gewonnen sein, aber die jüngsten Fortschrit-
te haben sie ermuntert, nicht aufzugeben.
Gewisse Teile dieser Generation sind nicht mit
dem langsamen Fortschritt zufrieden und haben
sich innerhalb von YnK zu einer militanteren Sekte,
Yomi no Yurei, zusammengeschlossen. Alle Mit-
glieder von YnY sind in Oni-do, der Trog-Kampf-
kunst, ausgebildet und stolz darauf, ihre Kraft und
die Überlegenheit ihrer Kampfkunst gegenüber an-
deren zu zeigen. Persönliche Herausforderungen
sind unter ihnen weitverbreitet, was manchmal den
Erfolg von Missionen gefährdet, weil der Feind es
versteht, ihren Stolz als Schwachstelle auszunut-
zen.
Beide Teile der Gruppe versuchen aber, die kultu-
rellen Ansichten über Trogs eher durch Aufklärung
als durch Gewalt zu verändern, wenn das möglich
ist. Die Gruppe weiß, dass sie nur existiert, weil die
Megakonzerne es erlauben, und dass sie wie eine
Blütenknospe in einer Faust zerquetscht werden
könnte, wenn das nicht mehr so wäre. Ihre Vorstel-
lung ist, dass die Megakonzerne eine Veränderung
wollen, die Gruppe daher existieren lassen und da-
bei helfen, diese Veränderung langsam auf fast un-
bewusste Weise wahr werden zu lassen.
An der Spitze von YnK steht Aku Hidashi, ein Ork,
der auf der Insel Yomi war. Obwohl er von seiner
Familie verlassen wurde und mehrere Jahrzehnte
lang im Exil lebte, glaubt er an japanische Ehre und
Tradition und gibt die Schuld für die momentane
Lage einfach einer fehlgeleiteten Angst, die von
den vielen Veränderungen um die Jahrhundertwen-
de hervorgerufen wurde. Er glaubt fest daran und
weist auf Fortschritte hin, die, wenn auch langsam,
erzielt wurden, und darauf, dass es die trollischen
 >> BUCH DER VERLORENEN <<

und orkischen Bürger Japans und der Japanokons

heute viel besser haben als vor dreißig Jahren. Der
Rest der Organisation ist eine große, glückliche Fa-
milie. Sie trennen sich nicht nach Grüppchen oder
Orten, und alle betrachten einander wechselseitig
als ehrenhafte Cousins und Cousinen.
An der Spitze von YnY steht Arasaka (ein Pseu-
donym für Hitsu Hidashi, Akus Enkel). Er wuchs
zwar mit den Vorstellungen seines Großvaters auf
und glaubt fest daran, meint aber, dass mehr zum
Schutz ihres Volkes getan werden muss, während
es das Ziel sozialer Gerechtigkeit verfolgt. Seine
Sekte konzentriert sich darauf, die ehrlosen As-
pekte der Kultur zu eliminieren, die in Hass statt
Ignoranz oder Angst begründet sind. Sie handelt
zwar in vielerlei Hinsicht wie Terroristen, organi-
siert sich aber ähnlich wie die Mutterorganisation.
Die Mitglieder von YnY bezeichnen einander unab-
hängig vom Geschlecht als Brüder, um ihre enge
Verbindung zu verdeutlichen. Sie machen sich kei-
ne Sorgen um Verrat, weil Verrat ehrlos wäre. Kein
echtes Mitglied würde sich selbst so entehren,
daher ist eine Infiltration der Gruppe schwer, weil
man Ork oder Troll sein und zudem loyal genug zu
einem der Feinde der Gruppe stehen müsste, um
diesen Auftrag überhaupt zu bekommen. Nachdem
alle Feinde aber Orks und Trolle nicht besonders
schätzen … ihr versteht, worauf ich hinauswill.
Da die Japanokons immer noch sehr darauf be-
dacht sind, die Konkurrenz außerhalb Japans ein-
zudämmen, glaubt YnK an eine gute Gelegenheit,
außerhalb des traditionellen Pazifischen Rings zu
arbeiten. Die Organisation sammelt über Büros in
aller Welt viele Informationen, um den besten An-
satz zu finden, und versucht, die fremden Kulturen
zu verstehen und zu begreifen, wie sie sich von der
eigenen unterscheiden.
YnY arbeitet nicht so weltweit. Sie wissen, dass
sie sich eher auf das Herz als auf die Gliedmaßen
der Megakonzerne konzentrieren sollten. Im Mo-
ment arbeiten sie vor allem daran, mehr Leute von
außerhalb heranzuholen, aber ich konnte noch
nicht herausfinden, wofür sie die vergrößerte Trog-
Macht einsetzen wollen. Sie können keinen großen
Kampf mit den Konzernen anfangen, also kann das
nicht der Grund sein, aber ich kann mir kaum an-
dere Verwendungsmöglichkeiten für eine so große
Truppe vorstellen.

MOTHERS OF
METAHUMANS
GEPOSTET VON: ORKRIGHTS
Ich weiß, dass die Organisation „Metahumans“
im Namen führt, aber ihre Bemühungen gelten
vor allem Orks und Trollen, weil diese die meisten

<< WIR STAMPFEN VEREINT 173

Thorben Lange (Order #29309514)
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
Mitglieder stellen. Zu Beginn verstand die Grup-
pe bereits, dass dieser Teil des metamenschlichen
Spektrums besonders unter den abscheulichen
Schauergeschichten litt, die eine Bevölkerung
verbreitete, die von den Veränderungen der Welt
eingeschüchtert war. In den frühen Tagen ging es
vor allem um Demonstrationen für gleiche Rechte,
wozu an vielen Orten die Anerkennung als etwas
anderes als Monster gehörte. Seit damals ist die
Organisation gewachsen und ist inzwischen der
größte Pro-Metamenschen-Policlub der Welt. Sie
haben weltweiten Einfluss, und es gibt in beinahe
jeder großen Stadt der Welt Ortsgruppen – auch in
Japan mit seiner schwierigen Geschichte in Bezug
auf Metamenschen, besonders Trogs.
Die MoM sind in Ortsgruppen organisiert. Eini-
ge repräsentieren ganze Länder, andere einzelne
Viertel – je nach der Bevölkerungsdichte an Meta-
menschen in einer Gegend. Die Ortsgruppen kom-
munizieren über den Host der Organisation, der
im öffentlichen Gitter erreichbar ist. Sie wenden
sich oft an Ortsgruppen in der Nähe, um Versamm-
lungen, wichtige Demonstrationen oder große Ver-
anstaltungen mit mehr Teilnehmern zu unterstützen
– das betrifft auch wichtige Wahlen, Eröffnungen
von Konzerneinrichtungen oder Aktionärstreffen.
So können sie durch ihre Masse zeigen, dass sie
eine wichtige Kraft sind, deren Stimme Gehör ver-
dient.
> Meistens werden Runner auf Ortsgruppenebene enga-
giert. Die MoM nutzen häufig Runner, weil sie wissen,
dass oft niemand zuhört, der nicht dazu gezwungen wird.
> 2XL
> Bei Runs für die MoM soll oft niemand getötet werden.
Sie wissen, dass es wahrscheinlich Verletzte geben wird,
aber sie wollen zu viel Blutvergießen vermeiden. Von den
Wahnsinnigen in den Schatten, die Gewalt um ihrer selbst
willen lieben, halten sie sich fern. Es ist schon vorgekom-
men, dass Aufträge während der Ausführung zurückgezo-
gen wurden, weil die Vorgaben verletzt wurden.
> Butch
> Was der Grund ist, warum sie nie wirklich etwas zustande
bringen. Sie sind zu weich für diese harte Arbeit.
> Clockwork
Die MoM haben sich in Seattle sehr um die An-
erkennung des (Ork-)Untergrunds bemüht und
daran mitgewirkt, dass Brackhaven gehen musste,
auch wenn sie das nicht im Alleingang geschafft
haben. Jetzt kümmern sie sich um andere drän-
gende Fragen, wie Sweetwater Creek bei Atlanta,
die wachsende Ork-Bevölkerung von Chicago, die
Überrepräsentierung von Trogs hinter der Mau-
er von Boston, die zunehmenden Spannungen in
Südkalifornien und eine weltweite Bewegung, die
Orks ihren Status als aufstrebender Metatyp klar-
174 WIR STAMPFEN VEREINT >>
Thorben Lange (Order #29309514)
machen soll, der in den nächsten Jahren ein immer
wichtigerer Teil der Gesellschaften der Welt wer-
den wird.
> Der Anteil der Orks an der Weltbevölkerung steigt schnel-
ler als ihr Anteil am Vermögen der Welt. Solange die-
se Zahlen nicht im gleichen Maßstab steigen, wird ihre
Macht ihrer Anzahl immer hinterherhinken.
> Nephrine
Wie nicht anders zu erwarten, wenn man für Me-
tamenschen einsteht, gibt es jemanden, der meint,
man sei gegen Menschen. Der Humanis Policlub ist
dieser Jemand. Die beiden Gruppen geraten fast
täglich bei Versammlungen und Demonstrationen
aneinander, wobei manchmal Gewalt, aber immer
Beschimpfungen im Spiel sind. Die PR-Schlacht
alleine reicht aus, dass die beiden riesigen Orga-
nisationen einander in täglichen Matrixkriegen be-
schuldigen und beschimpfen.
Auch die Japanokons sind angesichts ihrer wenig
ruhmreichen Geschichte im Umgang mit Metas
keine Freunde der MoM. Sie haben oft den Ein-
druck, dass jede Verbesserung für Metamenschen
ihnen schadet, also leisten sie fast reflexhaft Wi-
derstand. In der Öffentlichkeit sind ihre Aussagen
im schlimmsten Fall neutral. Unter der Oberfläche
gehen sie aber regelmäßig gegen diese politische
Gruppe vor, insbesondere dadurch, dass sie das
Image wichtiger MoM-Mitglieder beschädigen und
die MoM mit militanteren Gruppen in Verbindung
bringen.
> Die MoM halten sich meistens sehr fern von Dingen, die
ihren Ruf beschädigen könnten, aber es ist sehr leicht, ih-
nen die Schuld zu geben, wenn ein früheres Mitglied mi-
litant wird. Der Kampf um die saubere Weste ist einer der
Hauptgründe dafür, dass die MoM sich an die Schatten
wenden. Das Aufräumen, bevor etwas den Ruf schädigen
kann, ist eine häufige Aufgabe.
> Butch
> Und vergesst nicht, dass die MoM, auch wenn Clockwork
das dumm findet, hier genau wissen, wie man vorgehen
muss. Die Aufträge für die MoM enthalten meistens die
Klausel, niemanden zu töten, und sie haben oft sehr ge-
naue Vorstellungen davon, wem gegenüber das Team Ge-
walt anwenden sollte.
> 2XL
SÖHNE SAURONS
GEPOSTET VON: FAVOREDSON
Wenn die MoM für die gütige Mutter der Meta-
menschen-Familie stehen, sind die Söhne Saurons
das Kind, das von Existenzangst getrieben ist. Sie
sind Aktivisten im aktivsten Sinn des Wortes, und

das ist noch vorsichtig formuliert. In den Augen
anderer Leute sind sie ganz einfach Terroristen. Ich
will nicht so weit gehen. Ich schätze die Vorteile,
die sie für Trogs als laute, zornige Stimme, als har-
ter Schubs in die richtige Richtung und als wütende
Faust, die den Drek aus dem Weg schlägt, bringen
können. Wenn ihr Trogs seid und euch einer zor-
nigen, gewalttätigen Sache anschließen wollt, geht
zu den Söhnen Saurons.
Weil sie zur Gewaltanwendung tendieren, orga-
nisieren sie sich klassisch in Ortsgruppen – oder
genauer Zellen –, um Rückwirkungen ihrer Hand-
lungen auf andere Teile der Organisation zu mi-
nimieren. Jede kleine Gruppe ist isoliert, und die
Überschneidungen reichen gerade so weit, dass
die Zellen miteinander kommunizieren können.
Diese Informationsverbreitung findet meistens
über die Matrix statt, damit eine größere Anony-
mität gewahrt bleibt – was durch die neuen Regis-
trierungsregeln in der Matrix allerdings schwerer
geworden ist. Einige Zellen benutzen altmodische
tote Briefkästen und heimliche Kommunikations-
mittel, die nicht nur die Überwachung der Matrix
umgehen, sondern die Kommunikation an Orte
verlegen, an denen sich eine Beobachtung leicht
erkennen lässt.
Die Söhne sind nicht die Gesamtheit des Sau-
ron-Syndikats. Die traditionellen Söhne sind sozu-
sagen die Fußsoldaten der Sache, die große Akti-
onen unternehmen und die Schmutzarbeit machen.
Innerhalb der Organisation kann man aber auch der
Hand und dem Auge Saurons begegnen. Der Bezug
zu Tolkien ist ziemlich treffend: Die Hand ist die Eli-
tetruppe der Söhne, und das Auge ist für Spionage
und Informationsbeschaffung zuständig. Niemand
will, dass sich das Auge Saurons ihm zuwendet. Die
Hand ist ebenfalls in Zellen organisiert, aber die-
se Zellen bestehen nie aus mehr als sechs speziell
ausgebildeten Personen. Wenn mehr als eine Zelle
der Hand an derselben Operation beteiligt ist, ist
der Drek wirklich am Dampfen. Die meisten Mit-
glieder der Hand sind gleichzeitig Mitglieder einer
gewöhnlichen Zelle und beeinflussen die weniger
fähigen Mitglieder, sodass diese als Ablenkung bei
Operationen der Hand dienen. Das Auge operiert in
Trios, wobei jedes Mitglied zwei andere kennt und
die Zusammensetzung des Trios jedes Mal wech-
selt. Die Information wird über diese Verbindungen
weitergegeben, aber keines der Augen kennt die
vollständige Ausdehnung des Netzwerks. Alle Au-
gen sind Mitglieder gewöhnlicher Zellen, weil sie
darüber kommunizieren, wenn sie eine Verbindung
verlieren. Wenn ein Auge verloren geht, verbreitet
sich die Nachricht in den Tiefen der Organisation,
und ein neues Auge tritt in Kontakt, um die Lücke
zu füllen.
> Der Terrorangriff, der diese Fabrik von MetaErgonomics
in Illinois ausgeschaltet hat, wurde von einem Paar Zel-
<< WIR STAMPFEN VEREINT
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
len der Hand ausgeführt, die zusammenarbeiteten. Die
Anlage war von einem enttäuschten Exec kompromittiert
worden, der nach einem Absprungpunkt suchte, weil er
zu den Japanokons zurück wollte. Fehler in mehreren De-
signs sollten dafür sorgen, dass Trogs bei der Benutzung
der Produkte verletzt oder getötet würden. Also haben die
Söhne die ganze Anlage zerstört.
> 2XL
> Wirklich?! Dafür wurde Alamos 20.000 beschuldigt. Es ist
nicht nachvollziehbar, dass die Söhne gegen Evo vorge-
hen. Kein Mega unterstützt Trogs so sehr wie sie.
> Netcat
> Deshalb hat das so gut geklappt, und es zeigt, wie gut die
Hand sein kann. Das ist keine Stümperei, das ist präzise
Profiarbeit.
> 2XL
Alle Teile der Söhne sehen einer strahlenden,
aber herausfordernden Zukunft entgegen. Das An-
wachsen der Orks zur größten Gruppe der Meta-
menschheit auf dem Planeten wird eine große Mo-
tivation darstellen, aber je mehr Orks es gibt, desto
mehr Meinungen wird es geben. Einige werden
den Söhnen positiv gegenüberstehen, andere wer-
den sie verdammen. Es ist dieselbe Lage wie jetzt,
aber wenn sich genügend Orks gegen die Sache
stellen, werden die Söhne Saurons schwer darunter
leiden. Sie haben es auch mit einer zunehmenden
Entfremdung zwischen Trollen und Orks zu tun. Die
Zahl der Trolle hat nicht im selben Maß zugenom-
men wie die der Orks. Die Anzahl der Trolle un-
ter den Mitgliedern der Söhne hat zugenommen,
aber ihr Prozentanteil ist gesunken. Das könnte zu
einem Machtkampf führen, den andere ausnutzen
könnten. Wenn man einen Keil in die Söhne Sau-
rons treiben kann, kann man sie vielleicht auch
spalten und sogar vernichten.
> Die Arbeit für die Söhne ist nicht schlecht, aber macht
sie euch nicht zum Feind. Sorgt dafür, dass die Glatthäute
in eurem Team bei Verhandlungen den Mund halten. Die
Söhne haben keinerlei Respekt für jemanden, der kein
Trog ist, selbst wenn dieser immer wieder seine Unterstüt-
zung für die Sache bewiesen hat.
> Sounder
BIG BROTHERS
GEPOSTET VON: NICETROLL
Die meisten Organisationen, die unsereinen unter-
stützen, konzentrieren sich auf die Erwachsenen. Es
ist großartig, wenn man uns hilft, Ausbildung oder
Jobs zu bekommen. Aber es hilft nichts, wenn man
gar nicht erst so weit kommt oder schon vorher so
neben der Spur ist, dass man einen Job nicht be-
175
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
halten kann. Glücklicherweise gibt es aber die Big
Brothers. Sie sind eine Jugendhilfegruppe trollischer
Mentoren, die allen Metamenschen helfen, nicht nur
Trollen. Trollen bieten sie die klassische Rolle groß-
er Brüder an, lehren euch, wie ihr euch benehmen
solltet und in der Gesellschaft zurechtkommt, und
helfen euch dabei, ein Netzwerk aufzubauen, damit
ihr euch in der Welt nicht so alleine fühlt. Den an-
deren Metamenschen bieten sie die Gelegenheit,
das Leben der Trolle kennenzulernen, diesen faszi-
nierenden Metatyp zu verstehen und Empathie und
Verständnis dafür zu entwickeln, wie schwer das Le-
ben sein kann, wenn man dreihundert Kilo mit sich
rumschleppt und niemand Türen macht, durch die
man passt. Viele dieser Jugendlichen treffen hier
zum ersten und einzigen Mal einen echten Troll, weil
deren Anteil an der Bevölkerung so klein ist und sie
meistens in den ärmsten Teilen der Stadt leben.
> Ich habe mich als einer von diesen Kerlen ausgegeben,
um in einen Konzern reinzukommen. Das ging ganz gut, bis
ich vor einem MAD-Scanner stand. Es scheint, dass große
Brüder die Bodytech nicht brauchen, die ich habe.
> 2XL
Die Organisation unterhält Büros in den meisten
großen Städten der UCAS, CAS und Kaliforniens
176 WIR STAMPFEN VEREINT >>
Thorben Lange (Order #29309514)
und auch in ein paar in den NAN. Das höhere Ma-
nagement der Organisation arbeitet mit den mei-
sten wichtigen Megakons, einigen Regierungs- und
privaten Einrichtungen zusammen, um Trolle den
Jugendlichen der Welt vorzustellen. Die Bewegung
hat nicht nur die öffentliche Meinung über Trol-
le als Individuen verbessert, sondern bietet auch
viele schöne Bilder für Gruppen, die zeigen wollen,
wie fortschrittlich sie in Bezug auf Metamenschen
sind. Das ist natürlich nicht immer ihr wahres Ge-
sicht, aber wenigstens wird das Bild verbreitet und
spricht für sich selbst.
> Die Mitglieder der Big Brothers haben sogar Treffen von
Humanis besucht und sich als Mentoren von jungen Män-
nern und Frauen aus dem Policlub angeboten. Das sorgte
für schöne Bilder, aber niemand nahm das Angebot wirk-
lich an.
> Butch
> Tolle Bilder und tolle Möglichkeiten für Kundschafter. Un-
ser Mann kam viel weiter, als jeder andere Troll es jemals
geschafft hätte, und auch viel weiter, als wir anderen es
geschafft hätten. Die Informationen halfen uns, reinzu-
kommen und einen Haufen wertvolle Daten zu schnappen.
Dadurch fanden wir heraus, wohin diese Humanis-Orts-
gruppe ihre Schläger schicken wollte, und sogar etwas

über einen geplanten Bombenanschlag auf ein Zentrum
der Big Brothers.
> Sunshine
TROLL AND ORK
LEADERSHIP
ORGANIZATION
GEPOSTET VON: ORKCE0
Vor hundert Jahren, als die Rassenspannungen
auf Hautfarben statt auf Metatypen zurückzufüh-
ren waren, schlossen sich Mitglieder von Min-
derheiten, die in großen Konzernen arbeiteten, in
Arbeitnehmervertretungen zusammen, sodass sie
ihre gemeinsamen Interessen besprechen, Solida-
rität aufbauen und einander Kraft geben konnten.
Der Bedarf für diese Gruppen ist nicht verschwun-
den, nur ihre strukturelle Einbindung hat sich ver-
ändert. Versteht mich nicht falsch – im Großen und
Ganzen sind Konzerne stark hierarchisch orga-
nisiert, was bedeutet, dass das Gerede über eine
Führungsbeteiligung der Angestellten nicht wirk-
lich viel bedeutet. Aber die Angestellten haben im
21. Jahrhundert nicht eben an Macht gewonnen.
Überstunden werden verlangt, und genaue Pro-
duktionszahlen werden vorgegeben, die nur durch
engagierte Schwerarbeit erreichbar sind. Es über-
rascht nicht, dass eine Abstimmung mit Arbeitneh-
mervertretern bei der Festlegung dieser Zahlen
fast gar keine Rolle spielt.
In vielen Konzernen hat dies zum fast völligen
Verschwinden solcher Gruppen geführt, aber die
Metamenschheit ist störrisch. Vor zehn Jahren stan-
den die Arbeitnehmervertretungen bei Mitsuhama,
NeoNET und Ares kurz vor dem Zusammenbruch,
und die Anführer der troll- und orkzentrierten
Gruppen dieser Konzerne trafen sich in Manhattan,
um sich in einer einzigen unabhängigen Gruppe
zusammenzuschließen: der Troll and Ork Leaders-
hip Organization oder TOLO.
Die TOLO sieht ihre Aufgabe darin, die nächste
Generation an Trollen und Orks als Führungskräfte
auszubilden. Dabei konzentriert sie sich auf alle Stu-
fen der Entwicklung von Führungskompetenz – von
der Elementarbildung über das Erwerben von Be-
rufsfähigkeiten bis hin zum Netzwerken für erfah-
rene Angestellte. Ursprünglich wurde die Gruppe
durch Spenden der drei Gründer Eileen Corr, Patter-
son DuMarl und Verna Dickinson finanziert. Später
kamen die Mitgliedsbeiträge dazu, die stiegen, als
die Organisation wuchs und einige ihrer Mitglieder
in den Konzernen in höhere Positionen aufstiegen.
Einige nicht mit ihr verbundene Trogs spenden für
die Organisation, einfach um die Sache zu unter-
stützen. Gary Cline ist kein Mitglied und war es,
<< WIR STAMPFEN VEREINT
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
soweit ich weiß, auch nie, spendet aber jedes Jahr
eine sechsstellige Summe.
Corr ist inzwischen im Ruhestand, und DuMarl
starb 2077, womit Dickinson als einzige Gründe-
rin übrig ist, die noch in der Organisation aktiv ist.
Sie war einige Zeit lang Geschäftsführerin, zog sich
aber dann in eine Beraterfunktion zurück, um die
Mühen des Alltags ein wenig zu verringern. Eine ih-
rer frühen Protegés, Vanessa Pho, hat vor etwa drei
Jahren die Leitung der Organisation übernommen
und bringt frischen Schwung in die Gruppe.
> Pho ist nicht so vorsichtig wie die drei Gründer. Die älte-
ren Generationen der Trogs sind manchmal schon damit
zufrieden, nicht sofort verhaftet zu werden, wenn sie ein
Vorstandsbüro betreten. Einer der Hauptgründe dafür,
dass Dickinson noch in der Gruppe ist, besteht darin, Pho
zu kontrollieren. Wollt ihr, dass die Organisation sich et-
was radikaler verhält? Dann haltet Dickinson und Pho eine
Weile voneinander getrennt.
> Mr. Bonds
Schwung alleine bringt aber noch keine Macht.
Die TOLO ist sehr gut darin, Mitgliedern gute Jobs
zugänglich zu machen und für die Entwicklung ihrer
Fähigkeiten zu sorgen, aber ihr Vorhaben, Orks und
Trolle durch kollektives Handeln zu stärken, ist …
noch unvollendet. Wer Macht anstrebt, braucht Ein-
fluss, und die TOLO sucht noch nach der richtigen
Quelle dafür. Streiks funktionieren einfach nicht –
die meisten Regierungen erkennen kein Streikrecht
an, und es ist schwer, genügend Trogs aus einem
Sektor an Bord zu bekommen, damit sie irgendet-
was bewirken können. Natürlich gibt es ein paar
Trog-Execs bei der TOLO, aber sie wissen, wessen
Hand sie füttert. Wenn es hart auf hart käme, wür-
den sie sich auf die Seite ihrer Konzerne schlagen
und die TOLO im Regen stehen lassen. Pho weiß,
wie weit sich die TOLO aus dem Fenster lehnen
kann – und sie übertreibt es nicht.
Was kann die TOLO dann überhaupt bewirken –
vor allem in Bezug auf die Leute in den Schatten?
Einerseits muss man bedenken, dass sie nach Ein-
fluss sucht und ihre Führung mittlerweile zugun-
sten der guten Sache auch ein wenig Erpressung
akzeptiert. Sie setzen dieses Mittel behutsam ein
– es muss die richtige Information zur rechten Zeit
sein –, aber wenn ihr etwas findet, was eine Organi-
sation wie TOLO verwenden kann, könntet ihr mit
einem vorsichtigen Angebot an sie ein paar Nuyen
verdienen.
Zweitens hat die TOLO Connections in Konzer-
nen auf der ganzen Welt, und die sind generell ge-
neigt, einem anderen Trog zu helfen. Manchmal ha-
ben sie sogar belastende Informationen, für deren
Verwendung sie die richtige Zeit abwarten. Behan-
delt sie gut und setzt vielleicht behutsam ein wenig
Geld ein, und etwas von ihrem Wissen könnte euer
Wissen werden.
177
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
Die dritte Option ist wahrscheinlich etwas für
eher kreative Runner. Neben dem Platzieren von
Trogs in existierenden Konzernen hilft die TOLO
oft auch neuen Unternehmen von Trogs, die eine
Anschubfinanzierung brauchen. Viele Leute in den
Schatten wissen, dass sich neue Unternehmen auch
hervorragend als Geldwaschanlagen eignen. Wenn
ihr also eine Operation am Laufen habt, bei der ein
wenig Geld gewaschen werden muss, könnte die
TOLO eine gute Connection sein.
> Ihr könnt damit ein paar lustige Spielchen spielen. Neh-
men wir an, ihr findet einen Exec, der im Geheimen die
Human Nation unterstützt. Es ist gut möglich, dass er die-
se Unterstützung sehr geheim abwickelt, um nicht damit
in Verbindung gebracht zu werden. Es könnte leicht sein,
eine Scheinfirma zu gründen, in die die TOLO investiert,
und die Investition dann mit dem Exec zu verbinden. Wenn
diese Verbindung hergestellt ist, lässt man die Human Na-
tion wissen, dass ihr angeblicher Unterstützer im Gehei-
men Trog-Rechte unterstützt. Dann lehnt euch zurück und
genießt das Schauspiel.
> Dr. Spin
LARRY’S KIDS
GEPOSTET VON: THORN
Larry Zincan, der Ork-Prinz, war immer eine Ano-
malie. Er wurde 2036 zu einem der Prinzen von Tír
Tairngire ernannt, um zu zeigen, dass die Nation
mehr Metatypen als nur Elfen repräsentierte, und
schien entlang von tiefen Gräben innerhalb des Tírs
zu tanzen, wobei er die Nation veränderte, ohne
jemals wirklich von Teilen der Elite des Landes ak-
zeptiert zu werden. Er fand genug Unterstützung,
um zum Prinzregenten gewählt zu werden und Re-
formen einzuleiten, die den oft isolierten Tír näher
an die Gemeinschaft der Nationen heranführten.
Ein wichtiges Zeichen dieser Errungenschaften ist,
dass die eher isolationistisch gesinnte Marie-Loui-
se Telestrian Zincans Initiativen nicht zurücknahm,
als sie sein Amt übernahm. Sie hätte das auch gar
nicht gekonnt, wenn sie es gewollt hätte, weil viele
seiner Reformen bereits fest integriert waren. Die
Ausbildungssysteme, die er eingeführt hat, sind
heute fest in der Nation verankert. Jeder, der hier
lebt, auch Orks und Trolle, hat die Chance, eine
brauchbare oder sogar gute Schule zu besuchen.
Zincan spielt in der Organisation zwar keine di-
rekte oder auch nur indirekte Rolle, aber Larry’s
Kids haben sich den Idealen verschrieben, für die
er während seiner Amtszeit stand. Vor allem geht
es um die Integration aller Metatypen, bessere
Ausbildungsmöglichkeiten und Justizreformen. Es
überrascht nicht, dass die Gruppe ihre Basis im
pazifischen Nordwesten hat – und ebenso wenig,
dass ihre Basis nicht im Tír liegt, weil Zincan das
178 WIR STAMPFEN VEREINT >>
Thorben Lange (Order #29309514)
Land nicht so sehr verändern konnte, dass eine Or-
ganisation hier gedeihen könnte, die sich um Orks
kümmert. Stattdessen ließ sich die Organisation in
Tacoma nieder – nahe genug an Puyallup, um die
Trog-Bevölkerung nutzen zu können, aber gut ge-
nug mit der Mainstream-Bevölkerung verbunden,
um die Infrastruktur und Finanzkraft zu erhalten, die
es brauchte, damit sie zu einer echten Organisation
wurde.
Der Anführer der Gruppe – ein Ork namens Ba-
ruk Fahd – ist klug genug, verschiedenen Spendern
unterschiedliche Argumente zu unterbreiten. Wenn
er mit anderen Trogs spricht, spricht er vom Über-
winden von Hindernissen, von Bildungszugang,
gleichem Zugang zu gleichen Jobs und so weiter.
Wenn er mit Nicht-Trogs spricht, spricht er von „Ju-
gend auf der schiefen Bahn“, von Orks und Trollen,
die aus der Kriminalität herausgeholt und wieder zu
produktiven Mitgliedern der Gesellschaft gemacht
werden sollen. Weil es kaum etwas gibt, was einem
konventionellen Anzugträger aus der Mittelschicht
so viel Angst einjagt wie ein Trog in Gangfarben,
funktioniert dieser Ansatz gut. Je mehr junge Trogs
andere Möglichkeiten geboten bekommen, desto
weniger werden da sein, um ihn zu überfallen.
Fahd hat eindeutig etwas von den gesammel-
ten Spenden in den Aufbau einer Marke investiert:
AROs, die für die gute Sache von Larry’s Kids wer-
ben, sind in Seattle immer häufiger zu sehen, au-
ßerdem auch in Cara’Sir, San Francisco und sogar
Los Angeles. Fahd kaufte ein zweistöckiges Gebäu-
de in der Nähe der Bucht, ließ das Logo von Lar-
ry’s Kids (ein stilisiertes L über einem K, wobei die
oberen Striche des K aussehen wie Hauer) überall
anbringen und ein paar nette Bilder machen, auf
denen die Teile des Sprawls nahe der Bucht die-
ses Logo hübsch hervorheben. Viele Leute haben
diese Bilder gesehen, aber nicht alle können genau
sagen, was genau die Organisation in diesem Ge-
bäude macht. Ein paar grundlegende Aktivitäten
sind klar: Mentorenprogramme mit Orks und Trol-
len in Konzernanstellung, das Errichten von Parks
in Puyallup und Finanzierungshilfen für Schulen in
Puyallup und Redmond. Nichts davon ist weltbe-
wegend oder nimmt auch nur große Ausmaße an,
also ist unklar, ob Larry’s Kids die Aufmerksamkeit
wirklich verdienen oder welche Pläne Fahd mit der
Organisation hat.
Es gibt ein interessantes und vielleicht beunruhi-
gendes Vorzeichen. Larry’s Kids haben ein Jugend-
zentrum in Puyallup gegenüber einem Grundstück,
das, soweit ich weiß, Jahrzehnte lang ungenutzt
war. Jetzt aber soll es wieder genutzt werden: Der
Bau eines zehnstöckigen Gebäudes hat begonnen,
in dem es gemäß Bauantrag ein Stockwerk mit Lä-
den (die in diesem Teil von Puyallup fast völlig feh-
len), fünf Stockwerke mit Wohnungen, ein Stock-
werk mit nicht näher bezeichneten Büros und „drei
Stockwerke offenen Freizeitbereich“ geben soll.

Klingt das bekannt? Wie sieht es mit dem Umstand
aus, dass diese Stockwerke extrem hohe Decken
und die Böden eine viel höhere Tragkraft als üblich
haben sollen?
Das sind die einzigen Hinweise auf den Zweck,
die man aus dem Plan herauslesen kann. Die Plä-
ne wurden von einer großen, aber nichtssagenden
Baufirma (genauer gesagt Moore & Buck) einge-
reicht, im Auftrag einer neutral klingenden und
im Privatbesitz befindlichen Firma namens Assets
Holding, Inc. (das ist tatsächlich der echte Name).
Eine Suche zu Assets Holding ergibt nichts Auffäl-
liges, vor allem, weil sie gar nichts ergibt. Es ist eine
Briefkastenfirma mit gut versteckten Besitzern.
Aber diese drei verstärkten Stockwerke bringen die
Leute auf die Idee, dass das Gebäude vom selben
schuppigen Individuum errichtet wird, das ein ähn-
liches (wenn auch größeres) Gebäude in Redmond
errichten ließ.
Aber was hat das mit Larry’s Kids zu tun, außer
dass es sich auf der gegenüberliegenden Stra-
ßenseite befindet? Die meisten von uns würden
„nichts“ sagen, aber hier arbeiten die Erhaltungs-
kräfte der Matrix für uns. Als Werbung für ihre Tä-
tigkeit in Puyallup brachten Larry’s Kids im Mai eine
Presseerklärung heraus. Die Originalversion blieb
etwa vier Stunden auf der Matrix-Seite und wurde
danach durch eine überarbeitete Version ersetzt.
Der dritte Absatz des Originals lautete so:
Larry’s Kids sind stolz darauf, einen kleinen Teil zur
zunehmenden Wiederbelebung von Puyallup beizutra-
gen. Indem wir den Bewohnern Bildungs- und Jobange-
bote unterbreiten, konnten wir bereits zu einem vertrau-
enswürdigen Helfer und Partner der Gemeinde werden.
Wir erweitern ständig unsere Partnerprogramme: Kan-
tinen, Nachmittagsbetreuung und Freizeitangebote sind
Teil unseres Netzwerks, und das neue Projekt Playg-
round, das gegenüber unserer Niederlassung in Puyal-
lup errichtet wird, wird der Gemeinde in den kommen-
den Jahren viele neue Möglichkeiten eröffnen.
Nach der Veränderung sah der Absatz so aus:
Larry’s Kids sind stolz darauf, einen kleinen Teil zur
zunehmenden Wiederbelebung von Puyallup beizutra-
gen. Indem wir den Bewohnern Bildungs- und Jobange-
bote unterbreiten, konnten wir bereits zu einem vertrau-
enswürdigen Helfer und Partner der Gemeinde werden.
Wir erweitern ständig unsere Partnerprogramme: Kan-
tinen, Nachmittagsbetreuung und Freizeitangebote sind
Teil unseres Netzwerks, und wir freuen uns darauf, wei-
tere Partnerschaften mit Organisationen einzugehen,
die uns in diesen fruchtbaren Stadtteil von Seattle be-
gleiten.
Ich fand keine weiteren Erwähnungen über die-
sen „Playground“ in Verbindung mit dem Gebäude
auf der anderen Straßenseite. Die Leute bei Larry’s
<< WIR STAMPFEN VEREINT
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
Kids wissen sicher etwas über diesen Ort, das sonst
niemand weiß. Und dieses Wissen lässt es, zusam-
men mit den Daten des Gebäudes, eindeutig nach
Urubias Funhouse klingen. Was ist der Sinn dieser
Partnerschaft, und welche Ziele verfolgt Urubia mit
diesen Bauten? Möge der Bau beginnen.
> Im Interesse der Fairness muss ich sagen, dass es viel-
leicht ein Fehler gewesen sein könnte, der auf Wunsch-
denken statt geheimen Informationen beruht. Jemand von
den Leuten bei Larry’s Kids könnte etwas über die Pläne
gehört und zu viel hineininterpretiert haben, weil man dar-
über spekulierte, was das Gebäude auf der anderen Stra-
ßenseite werden sollte, ohne nach genauen oder bestätig-
ten Informationen zu suchen. Die Pressemitteilung wurde
umgeschrieben, als die Vorgesetzten die unbegründeten
Aussagen bemerkten.
> Sunshine
> Glaubst du wirklich, dass das passiert ist?
> Sounder
> Nein.
> Sunshine
> Wenn Urubia etwas mit Larry’s Kids zu tun hat, bedeutet
das, dass sie einen anderen Ansatz als in Redmond ver-
folgt, wo sie direkt mit den Gangs zusammengearbeitet
hat. In Redmond war sie die Reformerin; wenn sie mit
Larry’s Kids zusammenarbeitet, lässt sie jemand anderen
zuerst die Reformen durchführen. Drachen machen nichts
zufällig. Woran liegt diese Veränderung, wenn das alles
stimmt?
> Borderline
> Oder sie hat sich nicht verändert, und Larry’s Kids haben
deswegen so wenige belegbare Aktivitäten zu bieten, weil
sie weniger um die Reform der Gangs bemüht sind als
vielmehr um das Sammeln von Spenden, die dann zu den
Gangs fließen sollen.
> Mika
> Interessante Theorie, die aber noch Belege braucht.
> Snopes
TROG BUREAU OF
INVESTIGATION
GEPOSTET VON: MIHOSHI ONI
Das Trog Bureau of Investigation – natürlich TBI ab-
gekürzt – gibt es nicht. Natürlich existiert es nicht.
Das ist ein lächerliches Konzept. Natürlich gibt es
regierungsunabhängige Geheimdienste – Aegis
Cognito und InFolio fallen einem sofort ein, und
viele der größeren Söldnerfirmen haben Geheim-
dienstabteilungen. Aber diese Dienste sollen Re-
179
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
gierungsfunktionen ersetzen und nicht gegen sie
arbeiten. Das TBI ist ein Geheimdienst für ein Land,
das es nicht gibt, was ein gutes Argument dafür ist,
dass es selbst nicht existiert, weil keine Organisati-
on ohne Finanzierung bestehen kann.
Manche Leute sagen, dass den Trogs zugeneigte
Nationen vielleicht das TBI finanzieren, aber wie viele
davon gibt es? Die Trollrepublik Schwarzwald würde
solche Funktionen nicht auslagern, und wer bleibt
dann noch? Tír Tairngire? Die haben auch einen eige-
nen Geheimdienst, und würden sie etwas auslagern,
dann sicher nicht an eine militante Pro-Trog-Organi-
sation. Ein Konzern würde diese Gruppe sicher auch
nicht unterstützen – zumindest keiner von den groß-
en. Sie kann also keine ausreichende Finanzierung
haben und daher nicht existieren.
Trotzdem halten sich hartnäckig Gerüchte über
ein riesiges Netzwerk von Orks und Trollen, die
sensible Informationen sammeln und sie in beein-
druckend effektiver Weise einsetzen. Weil wir nicht
sicher sein können, ob es diese Organisation gibt,
wissen wir ganz sicher auch nichts über Führung
und Mitglieder. Oder überhaupt etwas. Wir haben
nur Gerüchte und Geschichten. Es folgen einige,
die ich gehört habe.
Wladiwostok: Als Anatoly Kirilenko getötet wur-
de, begannen sofort die Schuldzuweisungen, und
eine Gruppe, die gleich unter Verdacht geriet, war
die Ortsgruppe der Söhne Saurons. Es tauchten
Indizien auf, die ein Mitglied am Tatort mit einer
Waffe des Typs in Verbindung brachten, aus der
geschossen wurde. Natürlich gab es viel Druck auf
die Polizei, einen Täter zu präsentieren, und sie war
froh, diesen Köder zu schlucken. Um es deutlich zu
sagen: Sie waren viel mehr daran interessiert, die
Indizien gegen die Söhne Saurons zu unterfüttern,
als daran, andere Theorien zu verfolgen. Aber in-
nerhalb einer Woche hatten sie Indizien gefunden,
dass 1) die Waffe des fraglichen Mitglieds seit Ta-
gen nicht abgefeuert worden war; 2) die Vory den
Söhnen Saurons die Schuld in die Schuhe schie-
ben wollten und die Indizien hatten durchsickern
lassen, um Druck auf die Meta-Organisation aus-
zuüben, und 3) Kirilenko als Teil eines Shadowrun-
ner-Feldzugs gegen prominente Fragmentierte
ausgeschaltet worden sein könnte. Wie kam die
Polizei an so viele Informationen, die sie gar nicht
gesucht hatte? Eine Informantin tauchte auf: eine
Orkin, die laut Polizeiaufzeichnungen den höchst
unrussischen Namen Tiffany Brunson Ignatius trug.
Als komplett Fremde hätte ihr die Polizei wahr-
scheinlich nicht viel geglaubt, aber sie konnte alle
Angaben belegen, die sie machte – unter anderem
durch abgefangene Nachrichten oder Gespräch-
saufzeichnungen. Natürlich gab die Polizei nicht
bekannt, woher sie die Informationen hatte. Aber
sie beteuerte, dass sie extrem glaubwürdig waren.
Denver: Chaos in einer Stadt ist für die verwund-
barsten Teile der Bevölkerung nie gut, und Denver
180 WIR STAMPFEN VEREINT >>
Thorben Lange (Order #29309514)
bildet da keine Ausnahme. Weil Ghostwalker alle
Spuren von Demokratie beseitigte und die Stadt
in sein Königreich verwandelte und die Paladin
Medical Group gleichzeitig ihr Eugenik-Programm
betrieb, litten die Trogs der Stadt schwer. Plötz-
lich erschienen Nachrichten auf allen möglichen
Kommlinks in der Stadt. Trogs, die eine Evakuie-
rung brauchten, wurden an freie Plätze verwiesen.
Leute, die Nahrung abwerfen wollten, bekamen
Nachrichten über versteckte Gruppen hungriger
Trogs, von denen sie nichts wussten. Familien, die
getrennt worden waren, erhielten Nachrichten, wo
sie einander wiederfinden konnten, und so weiter.
All diese Nachrichten hatten gemeinsam, dass sie
von Transition Builders, Inc. kamen – einer Firma,
die keine Matrixpräsenz hat und nirgends regis-
triert ist.
Nairobi: Der Massebeschleuniger am Kilimand-
scharo ist fertig und funktioniert, aber das bedeutet
nicht, dass die einheimischen Geister nicht mehr
gegen ihn kämpfen würden. Sie haben zu keinem
großen Angriff angesetzt, sondern scheinen eher
Konvois zu bedrängen, die von Nairobi zum Be-
schleuniger fahren – besonders solche, die wichtige
Teile für die Weltraumoperationen befördern. Nach
einigen Untersuchungen aber merkte ein Bürokrat,
dass Lastwagen, die von Orks und Trollen gefahren
wurden, viel öfter unbehindert durchzukommen
schienen als andere. Die Manager, die mit dem
Beschleuniger zu tun hatten, wollten diese Theorie
überprüfen und begannen, mehr Trog-Fahrer einzu-
stellen. Nicht-Trogs verloren ihre Arbeit nicht gern,
aber die Zahl der Angriffe sank wirklich drama-
tisch. Die Fahrer sagen zwar, das läge daran, dass
sie Straßensperren besser ausweichen könnten,
aber ein Freier Geist, der mit Saeder-Krupp alliiert
ist, tauchte in Nairobi mit einer interessanten Ge-
schichte auf. Er sagte, dass einige der Geister des
Kilimandscharo Orks und Trolle wegen etwas nicht
angriffen, das sie als die „Thuo-Bank-Initiative“ be-
zeichneten. Wie ihr sicher vermutet habt, gibt es
keine Thuo-Bank in Nairobi. Oder in Kenia. Oder
sonst wo.
Das alles ist von untergeordneter Bedeutung,
aber es ist auch nur die Spitze eines Eisbergs. Man
kann in vielen Matrix-Foren Diskussionen über die-
sen mysteriösen Geheimdienst finden, der überall
und nirgends zugleich zu sein scheint. Diese The-
orien bringen Leute, die man halb verdeckt auf Bil-
dern von Sicherheitskameras sehen kann, mit Ge-
rüchten über Personen, die Geister sein könnten
oder vielleicht nie existiert haben, in Verbindung.
Sie stapeln Zufälle übereinander, um ein zusam-
menhängendes Muster zu erkennen. Es gibt keine
Beweise, aber wie bei jeder Verschwörungstheorie
wird behauptet, dass der Mangel an Beweisen der
Beweis ist, dass etwas dran ist.
Ist etwas dran? Das kann ich nicht sagen. Schlafe
ich nachts besser, wenn ich glaube, dass es eine ver-
 >> BUCH DER VERLORENEN <<

schworene Gruppe von Trogs gibt, die alle Informa-

tionen sammeln, die sie kriegen, und sie dann vor-
sichtig zu unseren Gunsten einsetzen? Ganz sicher.

> Ich glaube, dass wir in jedem Posting von ausreichender

Länge ein bisschen Platz für angenehme Märchen haben.
> Snopes
> Ja. Das ist nicht mehr als ein Hirngespinst. Ein Hirnge-
spinst, das ehrlich gesagt ziemlich gut zahlt.
> Sounder

> Du Miststück! Ich finde heraus, was es braucht, um dir

alles aus der Nase zu ziehen, was du über dieses Thema
weißt. Ich muss es hören.
> Butch

> Mach dir nicht die Mühe. Sie veräppelt dich.

> 2XL
> Das Tolle daran, wie die Leute im Moment das TBI sehen,
ist, dass die eigene Verschleierung beinahe mit der Er-
wähnung dieser Gruppe beginnt. Man kann absolut nichts
glauben. Ob es real ist oder eine Täuschung: Dieses Maß
an automatischem Zweifel über jede mögliche Aussage ist
beeindruckend. Ich ziehe meinen Hut vor diesen unsicht-
baren Meistern.
> Fianchetto

ORK RIGHTS
COMMITTEE
Diese ehrwürdige Pro-Trog-Organisation steht am
Scheideweg. Das Ork Rights Committee blühte lan-
ge Zeit unter der Führung von Greg Jackson. Immer
wenn es aussah, als würde das Geld ausgehen oder
eine Stimme fehlen, um eine Initiative im Kongress
durchzubringen, hielt Jackson eine inspirierende
Rede, tätigte ein paar Anrufe und/oder hielt ein paar
Meetings ab, und die Schwierigkeit war überwun-
den. Aber das Leben eines Aktivisten ist anstren-
gend, und Jackson hat sich im letzten Jahr aus der
Organisation verabschiedet. Laut ursprünglicher
Planung hätte der neue Präsident zum Zeitpunkt
von Jacksons Rückzug bereits im Amt sein sollen.
Das veränderte sich dazu, dass Vorstandsmitglied
Baldwin Kew als Übergangspräsident für sechs Mo-
nate im Amt sein sollte, bis der neue Präsident en-
gagiert sein würde. Die sechs Monate vergingen,
und es gab noch keinen neuen Präsidenten. Es wur-
de auch kein neuer Zeitplan verkündet.
Es ist schwer zu sagen, warum diese Suche so
lange dauert, aber an einem kann es nicht liegen:
an einem Mangel an qualifizierten Kandidaten. Ja,
Orks sind in den Managementpositionen der Welt
unterrepräsentiert, aber damit geht ihre Zahl im-

<< WIR STAMPFEN VEREINT 181

Thorben Lange (Order #29309514)
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
TROGFREUNDE IN DER ADL
BARBARA-VON-WILMOWSKY-STIFTUNG
Hauptsitz: Essen
Vorsitzende: Johanna de Vries
Die Barbara-von-Wilmowsky-Stiftung ist ein Propaganda-
instrument von Saeder-Krupp und dennoch ein ausgewie-
sener Metafreund. Zwar richten sich ihre Suppenküchen,
Obdachlosenunterkünfte, Kleiderspenden und Arbeitsbeschaf-
fungsprogramme an alle, aber es gibt auch ein gesondertes
Metamenschen-Paten-Programm, das „junge Talente“ an
erfolgreiche Metas von S-K vermittelt. Dies soll den Kindern und
Jugendlichen ein positives Vor- und Rollenbild geben und sie
natürlich ermutigen, später bei S-K zu arbeiten. Die Stiftung soll
zudem verhindern, dass die Bedürftigen in die Arme der DKK, von
Humanis, dem Siegfried-Bund oder Horizon getrieben werden.
METAHUMAN RIGHTS WATCH
Hauptsitz: Hamburg
Zweigstellen: Düsseldorf, Groß-Frankfurt, Hannover, München
Sprecher: Jens Hansen
Die in der Tradition von Gruppen wie Greenpeace, Attac!
und Amnesty International stehende Gruppe wurde 2037 mit
dem Erstarken des Metarassismus in Süddeutschland ge-
gründet. Seitdem gibt sie jedes Jahr einen Bericht heraus, der
die Zustände der Metamenschenrechte in der ADL und den
einzelnen Allianzländern beschreibt. Gerne heuern sie Runner
an, um zum Beispiel Metarechtsverletzungen von Konzernen wie
der AG Chemie oder Z-IC aufzudecken. Sie arbeiten oft eng mit
der Bernhard-Rybar-Stiftung (PNO) zusammen.
MOTHERS OF METAHUMANS ADL (MOM)
Hauptsitz: Hannover
Zweigstellen: Berlin, Essen, Freiburg, Hamburg, Köln
Sprecher: Marko Dornheim
Die MoM sind eine politische Lobbyorganisation, die Proteste
und Demonstrationen organisiert, Parteien und Politiker
unterstützt und natürlich in Not geratene Metamenschen (oder
deren Eltern) berät und ihnen unter die Arme greift. Sie scheuen
nicht davor zurück, Runner anzuheuern, die ihre Ziele (möglichst)
gewaltfrei unterstützen (käme nicht so gut, Politiker, die man
überzeugen will, später kopfunter im Fluss treiben zu sehen).
Sie haben enge Verbindung zu Evo, Horizon, dem Mutter-Erde-
Policlub, der Trollrepublik und verschiedenen Parteien wie ESP,
PNO und USPD.
mer noch in die Tausende. Und einige von ihnen
würden sicher gerne die Führung einer so prestige-
trächtigen Organisation übernehmen (auch wenn
das bedeutete, dass sie viel weniger verdienen
würden als im Konzernbereich). Es wurden einige
Namen genannt, und es scheint klar, dass das ORC
mit den meisten von ihnen zu tragbaren Überein-
künften käme. Es fehlt nur noch eine Entscheidung.
Und das ist die Herausforderung und das Dilem-
ma, weil zwei Strömungen im ORC einander gegen-
überstehen, was vielleicht sogar zum Bruch führen
könnte. Die Frage ist ähnlich wie jene, die den Tim-
182 WIR STAMPFEN VEREINT >>
Thorben Lange (Order #29309514)
ORK-RECHTE-KOMITEE (ORK)
Hauptsitz: Berlin
Zweigstellen: Dortmund, Freiburg, Groß-Frankfurt, Hamburg,
Hannover, Leipzig-Halle, Nürnberg
Sprecherin: Sofija Palijewa
Der deutsche Ableger des Ork Rights Committee gründete
sich zur Zeit des Status F in Berlin und unterhält seitdem enge
Verbindung zu Gruppen wie der Horde oder anderen Ork-
Gangs. Ging es in den frühen Jahren darum, das Überleben im
Straßenkampf gegen Gruppen wie Humanis oder den Siegfried-
Bund zu sichern, gründete sich auch bald ein „bürgerlicher“
Flügel im Ruhrplex und Groß-Frankfurt, der sich vor allem aus der
Arbeiterbewegung und dem unteren Management von S-K und
dem FBV speist. Seit dem Rückzug von Greg Jackson bekämpfen
sich nun auch in der ADL die beiden Flügel um die Ausrichtung
des Policlubs.
PARTEI DER NEUEN ORDNUNG (PNO)
Parteizentrale: Hannover
Parteichefin: Mile Obradovic
Die PNO ist eine links-identitätspolitische Partei, die sich für
die Rechte von Erwachten, Metamenschen und -sapienten,
Technomancern, KIs und seit Neuestem Monaden einsetzt.
In letzter Zeit standen zwar immer öfter magische und
technologische Themen im Vordergrund, jedoch geht die größte
Kritik an metafeindlichen Gesetzen in der Regel von der PNO aus.
Der relative Metamenschenanteil in der Partei ist der höchste
der gesamtdeutschen Parteien (in absoluten Zahlen hat die
USPD mit ihrem großen Orkanteil (als Teil der Arbeiterbewegung)
die Nase vorn).
PRO-META-LIGA
Die Pro-Meta-Liga ist Teil des Antifa Direct Action (ADA)
Netzwerkes und maßgeblich in Süddeutschland aktiv. Ihr ge-
hören verschiedene Metamenschen an, die Aktionen von Graffiti
über Teilnahme an Demos (als Teil des schwarzen Antifa/Antira-
Blocks) bis hin zu direkten Attacken auf Politiker rassistischer
Parteien oder Organisationen ausführen. Sie sind lose organisiert
und besitzen weder eine Zentrale noch einen Anführer.
mons-Fonds beschäftigt: Ist das endgültige Ziel die
Integration oder eine separate, autarke Heimat für
Trogs? Das ORC hat sich lange für beide Möglich-
keiten engagiert, aber die Schwierigkeiten beim
Finden einer neuen Führung bringen viele Leute auf
die Idee, dass es Zeit ist, eine Entscheidung zu fäl-
len. Der neue Präsident wird die Organisation in die
eine oder andere Richtung beeinflussen, also wir-
ken Vorstandsmitglieder, höhere Angestellte und
sogar ein paar Politiker darauf hin, dass es in die
Richtung läuft, die sie haben wollen. Und es geht
nicht nur um Isolation oder Integration – auch die

Methoden des Lobbyings von innen oder des Han-
delns von außen stehen zur Debatte. Die beiden
Möglichkeiten stehen nicht notwendigerweise im
Widerspruch zueinander, weil viele Organisationen
bereits politische Arbeit mit den Methoden einer
Graswurzelbewegung kombiniert haben. Aber es
gibt Personen im ORC, die den langweiligen Ruf der
Organisation ganz loswerden möchten und aggres-
siver sein wollen – bis zum Maß der Söhne Saurons
und darüber hinaus. Es ist nicht wahrscheinlich,
dass diese Kräfte den Kampf um die Kontrolle der
Organisation gewinnen, aber sie spielen sicher eine
Rolle bei den Schwierigkeiten der Suche nach der
neuen Führungsfigur. Kew hält im Moment noch die
Stellung, und er ist zwar ein fähiger Verwalter, aber
nicht der Anführer, den die Organisation braucht.
Es folgt ein kurzer Abriss über drei der wichtigsten
Darsteller in diesem Drama.
CrimeTime: Der legendäre Musiker wurde von
Jackson vor ein paar Jahren in den Vorstand des
ORC geholt. Am Anfang seiner Amtszeit war Cri-
meTime hauptsächlich ein Werkzeug zur Geldbe-
schaffung (auch durch seine eigenen Spenden). Als
Jackson aber seinen Ruhestand vorbereitete, bau-
te er CrimeTime weiter auf und half ihm, besser zu
verstehen, was die Organisation machte und wa-
rum. Er ist jetzt eine der wichtigsten Stimmen dafür,
den Kurs zu halten und Jacksons Erbe zu bewahren.
Diamond Reeve: Reeve ist seit fünfzehn Jahren in der
Organisation. Sie begann als Forschungspraktikantin
und arbeitete sich bis zur Vizepräsidentin für Infra-
struktur hoch. Das bedeutet, dass sie mit jedem Pro-
jekt des ORC zum Aufbau von Zufluchten, Städten
und sogar Nationen beteiligt war. In dieser Hinsicht
war sie ziemlich energisch und ist jetzt eine der lau-
testen Stimmen für den Ansatz des Aufbaus einer ei-
genen Heimat. Oder zumindest einiger Gebiete, weil
man nicht einfach eine ganze Nation für die Orks
kaufen kann. Sie hat eine detaillierte Liste an Orten,
die sie für reif hält, zu Ork-Zufluchten zu werden und
dann als Ausgangspunkt dafür zu dienen, die Einstel-
<< WIR STAMPFEN VEREINT
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
lung ganzer Nationen zu verändern. Montevideo in
Uruguay. Prag in der Tschechischen Republik. Ran-
gun in Indochina. Das sind einige ihrer bevorzugten
Ziele. Was sie mit diesen Städten macht oder ob sie
eine Chance dazu bekommt, wird sich zeigen.
Bernard Marks: Marks hat beinahe seit den Anfän-
gen mit dem ORC zu tun und war sowohl ein gro-
ßer Unterstützer als auch ein regelmäßiger Kritiker
seines Vorgehens. Das ORC hat generell die Kanä-
le des Establishments benutzt, was bedeutet, dass
es Gesetze durchbringen wollte, bei der Regierung
Lobbyarbeit betrieb, Politiker unter Druck setzte und
so weiter. Das Problem liegt nach Marks’ Ansicht
darin, dass es viel Mühe braucht, um die Regierung
zu irgendeiner Handlung zu veranlassen. Und wenn
man das schafft, hat man einen Sektor beeinflusst,
der viel weniger zu sagen hat als die Konzerne. Un-
term Strich kämpft das ORC also um die Reste der
Reste, die der Regierung überlassen werden. Marks
will die Organisation ein paar Schritte höher in der
Hackordnung aufsteigen lassen.
Marks glaubt fest daran, dass man in der Sechs-
ten Welt nur das bekommt, was man sich nimmt.
Für ihn heiligt der Zweck in vieler Hinsicht die Mit-
tel, weil der Zweck das einzig Entscheidende ist. Er
unterstützt alles, was dazu führen kann, dass Trogs
ihren fairen Anteil bekommen. Auch Diebstahl und
Gewalt sind dabei denkbar. Die einzige Einschrän-
kung bildet das Vermeiden eines Rückschlags.
Wenn man die Mächte der Welt zu sehr unter Druck
setzt, könnten sie zurückschlagen, bevor man die
Kraft hat, damit fertigzuwerden. Marks ist gerissen,
und manche Leute bezeichnen ihn als amoralisch,
aber das ist er nicht. Sein moralisches Zentrum liegt
nur darin, Orks und Trolle zu fördern. Alles, was da-
bei nützt, ist in seinen Augen gerecht.
Das sind die großen Drei. Wer wird die Führung
des ORC übernehmen, und in welche Richtung wird
sich die Organisation entwickeln? Wer weiß. Aber
die Schatten werden bei dieser Entscheidung ganz
sicher eine Rolle spielen.
183
 M I T H AU E RN U ND HÖRNE RN

ALLES FÜR TROGS

gen seiner Zerbrechlichkeit nicht zum Waffenbau

AUSRÜSTUNG
Die Welt ist nicht für Orks und Trolle gemacht, des-
wegen müssen sie sie anpassen. Es folgen einige
Ausrüstungsgegenstände, die dabei helfen können.
WAFFEN
OSMIUMSTREITKOLBEN
Man kann Waffen auf viele verschiedene Arten
effektiver machen, aber wenn man einen starken
Arm zum Zuschlagen hat, genügt eigentlich schon
irgendetwas mit großer Masse und Trägheit, wo-
mit man seine gewaltige Kraft auf den Brustkorb
des Gegners übertragen kann. Ein Knüppel kann
das sehr gut, aber wenn man die nötige Stärke
hat, kann ein zusätzliches Gewicht am Schaft noch
mehr Schwung verleihen, was eine gewaltige Men-
ge kinetischer Energie auf das Ziel überträgt. Hier
kommt der Osmiumstreitkolben ins Spiel, der von
manchen Kennern hinsichtlich seiner schmerz-
verursachenden Masse als übertrieben betrachtet
wird. Andere sagen, dass er ihnen genau so gefällt.
Osmium ist das dichteste Metall der Erde, aber we-
geeignet. Für eine Kugel innerhalb eines Hammer-
kopfes allerdings ist es hervorragend geeignet –
besonders, wenn ihm durch eine Legierung mehr
Stabilität verliehen und es von einer Titanhülle um-
geben wird, die die Energie des Aufpralls vom Kern
fernhält. Das Ergebnis ist eine Waffe, die ein durch-
schnittliches Individuum kaum heben, geschweige
denn schwingen kann. Wenn man aber so stark wie
ein Ork oder Troll ist, kann man damit vernichtende
Schläge austeilen, die einen wie eine Sagengestalt
erscheinen lassen.
PANZERUNG
ROCKBLOOD OLDSCHOOL
Diese Modelinie wurde so entworfen, dass sie den
Körperbau von Orks unterstreicht, wobei sie gleich-
zeitig Stärke und Eleganz ausstrahlt. Rund um die
Welt nehmen gut angezogene Orks den Modege-
schmack von Rockblood als den ihren an, weil er
ihnen das Gefühl gibt, nicht wie die anderen Me-
tatypen aussehen zu müssen, um guten Stil zu zei-
gen. Die Kleidung erhöht das Soziale Limit des Trä-
gers um 1.

WAFFEN
WAFFE PRÄZ. REICHWEITE SCHADEN DK VERF. PREIS
Osmiumstreitkolben 4* 2 (STR + 4)K** -1 14E 5.500 ¥

* Die Präzision sinkt auf 3, wenn die Waffe von jemandem mit Stärke 4 oder weniger benutzt wird; bei jemandem mit Stärke 7 oder höher steigt die
Präzision auf 5.
** Der Schaden sinkt auf (STR + 2)K, wenn die Waffe von jemandem mit Stärke 4 oder weniger benutzt wird; bei jemandem mit Stärke 7 oder höher
steigt er auf (STR + 6)K.

PANZERUNG
GEGENSTAND PANZERUNGSWERT KAPAZITÄT VERFÜGBARKEIT PREIS
Rockblood Oldschool 8 10 8 1.900 ¥
Rockblood Panzerhemd 6 4 14 800 ¥

184 ALLES FÜR TROGS >>

Thorben Lange (Order #29309514)

 ROCKBLOOD PANZERHEMD
Dieses gepanzerte Hemd wurde von dem als Rock-
blood bekannten Modedesigner speziell für Trolle
entworfen. Sie sehen darin stark und elegant aus,
und ihre Dermalablagerungen wirken wie Teile der
Kleidung. Der Träger erhält einen Würfelpoolbonus
von +1 auf Einschüchtern- und Gebräuche-Proben,
wenn er ein Troll ist und dieses Kleidungsstück trägt.
BODYTECH
ANTENNENSPANGE
Ihr habt ein implantiertes Kommlink oder Cyber-
deck? Ihr wollt das Rauschen durchdringen, das
die WiFi-Welt erfüllt? Dann besorgt euch eine stil-
sichere, nützliche Antennenspange. Diese Zahn-
spange ist nur mit Hauern zu gebrauchen (weil die-
se ständig außerhalb des Mundes an der Luft sind)
und ist per Kabel im Kiefer mit dem Kommlink oder
Deck verbunden, was den Empfang verbessert.
Die Entfernung in allen Kategorien, wenn der Rau-
schenwert wegen physischer Entfernung festgelegt
wird (SR5, S. 227), wird verdoppelt.
HORNBEHÄLTER
Der Hornbehälter ähnelt einem Zahnbehälter (SR5, S.
458), ist aber größer und bietet eine elegante Mög-
lichkeit, Credsticks, RFID-Chips oder andere kleine
Gegenstände zu transportieren. Wie beim Zahnbe-
hälter können die Gegenstände entweder mit einem
WiFi-Signal oder einer versteckten Arretierung frei-
BODYTECH
GEGENSTAND ESSENZ
Antennenspange 0,1
Hornbehälter – –
Trollröhre (Stufe 1-12) 0,1
Thorben Lange (Order #29309514)
gegeben werden. Anders als beim Zahnbehälter ist
der Einsatz zur Selbstvergiftung nicht möglich, weil
sich das Horn außerhalb des Körpers befindet.
TROLLRÖHRE
Dieses ausgefallene Implantat nutzt die tiefen Fre-
quenzen von Trollstimmen, die weit unterhalb des-
sen liegen, was andere Metamenschen von sich
geben können. Die Töne sind für andere Metamen-
schen nicht zu hören. Die Röhre erhöht die Distanz,
innerhalb derer die Geräusche gehört werden kön-
nen, um 1 Kilometer pro Stufe. Wegen des Wesens
des Infraschalls können Trolle bei Verwendung der
Röhre keine verständlichen Worte von sich geben,
wodurch sie nicht zum Gespräch taugt. Sie kann al-
lerdings sehr nützlich sein, wenn Trolle einander Si-
gnale übermitteln wollen, die schwer zu bemerken
oder zu stören sind – es sei denn, auf der Gegenseite
befindet sich ebenfalls ein Troll, der sie hören kann.
FAHRZEUGE
BMW TROLLHAMMER
BMW hat seinen metafreundlichen Klassiker über-
arbeitet, den Motor verstärkt, das Vorderrad etwas
nach vorne versetzt und dem Motorrad ein kantige-
res Aussehen verpasst. Der Großteil der alten Merk-
male aber – von der tiefen Sitzposition bis hin zum
charakteristischen Röhren des Motors – blieb un-
angetastet. Es ist nicht das günstigste Motorrad auf
dem Markt, aber manchmal bezahlt man einen ho-
hen Preis für etwas, das sich wie angegossen anfühlt.
KAPAZITÄT VERFÜGBARKEIT PREIS
– 4 1.000 ¥
8 1.000 ¥
– (Stufe)E (Stufe x 50) ¥
<< ALLES FÜR TROGS 185
 >> BUCH DER VERLORENEN <<

FORD TITAN
Wie zu erwarten war, führt die erhöhte Kaufkraft
einer Bevölkerungsgruppe zu einer Verbesserung
des Angebots für sie. Der Ford Titan ist eine Varian-
te des Econovan mit größerer Kopffreiheit, besserer
Aufhängung und größeren Sitzen. Menschen, Elfen
und Zwerge könnten sich in dem großen Innen-
raum etwas verloren fühlen, aber Orks und Trolle
lieben es, einfach einsteigen zu können, ohne sich
extrem krümmen, beugen und falten zu müssen.
Wenn man Orks und Trollen etwas Bequemlichkeit
verschafft, hat man am Ende natürlich auch etwas
weniger Sitzplätze. Der Van ist auch etwas länger
als der Econovan. Einige Orks und Trolle empfinden
es als Falschheit, wenn eine der Firmen, die sie bis-
her nie beachtet hatten, sich plötzlich wie ihr Ver-
bündeter darzustellen versucht. Sie sehen andere
Trogs, die den Titan fahren, als Verräter. Andere
aber können dem Komfort und der Passform dieses
Vans nicht widerstehen.
SONSTIGE AUSRÜSTUNG
FALTBARER META-STUHL
Hierbei handelt es sich vielleicht um unnötigen Lu-
xus, aber wenn man überall nur Stühle vorfindet,
die zu klein sind oder zusammenzubrechen dro-
hen, sobald nur ein bisschen Gewicht darauf lastet,
beginnt man sich zu wünschen, man könnte über-
allhin einen verlässlichen Stuhl mitnehmen. Und
das ist dieser Stuhl. Er lässt sich auf die Größe einer
einfachen Thermoskanne zusammenfalten, wird
aber in aufgebautem Zustand leicht mit dem Ge-

FAHRZEUGE
FAHRZEUG HANDLING GESCHW. BESCHL. RUMPF PANZERUNG PILOT SENSOR SITZE VERF. PREIS
BMW Trollhammer 4/3 4 2 10 8 1 2 1 – 12.500 ¥
Ford Titan 3/2 4 1 16 8 2 2 8 – 32.500 ¥

186 ALLES FÜR TROGS >>

Thorben Lange (Order #29309514)


wicht eines Orks fertig. Der Maxi-Meta-Stuhl kann
sogar einen Troll tragen (ist allerdings in gefaltetem
Zustand doppelt so groß wie die Normalvariante).
Der Stuhl lässt sich innerhalb von Minuten aufbau-
en – oder noch schneller, wenn man ein selbstauf-
bauendes Modell mit Mikroroboter-Unterstützung
wählt. Ihr wollt der Welt zeigen, dass ihr euren ei-
genen Platz in ihr beansprucht? Dann baut einen
dieser Stühle in Trog-unfreundlicher Umgebung auf
und beweist, dass ihr eure Umgebung einfach pas-
send machen könnt.
VERSTÄRKTES SEIL
Normales und Camouflageseil tragen normaler-
weise 400 Kilogramm, was für die meisten Meta-
typen mehr als ausreichend erscheint, aber wenn
zwei Trolle – oder auch nur ein Ork und ein Troll – an
einem Seil hängen, wird es schwierig. Verstärktes
Seil bietet zusätzliche Tragkraft, wenn man mehre-
re Trogs anseilen muss. Die Standard- und Camouf-
lagevariante trägt jeweils bis zu 600 Kilogramm,
ein verstärktes Microwire kann 200 Kilogramm tra-
gen (was für Trolle zwar nicht ausreicht, aber we-
nigstens etwas für Orks ist).
YERZ-BAUSATZ
Dein Fahrzeug ist nicht nur ein Transportmittel: Es ist
auch ein Statement. Und dieses Statement besagt,
dass man dich nicht ignorieren kann. Du gibst ein
wenig mehr aus, um dein Fahrzeug mit eleganten
Zierleisten, Lichtakzenten, Airbrush oder etwas an-
derem zu etwas ganz Eigenem zu machen. Dieser
Bausatz enthält alles, was man braucht, um sein
Fahrzeug vollständig aufzuyerzen.
SONSTIGE AUSRÜSTUNG
GEGENSTAND
Faltbarer Meta-Stuhl
Standard
Standard, selbstaufbauend
Maxi
Maxi, selbstaufbauend
Verstärktes Seil
Standardseil
Camouflageseil
Microwire
Yerz-Bausatz
Thorben Lange (Order #29309514)
>> BUCH DER VERLORENEN <<
VOR- UND NACHTEILE
Es folgen einige Vor- und Nachteile, mit denen Sie
Ihren Ork- oder Trollcharakter so orkisch oder trol-
lisch wie möglich machen können.
VORTEILE
GEMEINDEVERBINDUNGEN
KOSTEN: 5 KARMA
Die Gemeinde der Orks und Trolle ist nicht unbe-
dingt für ihren Reichtum bekannt, aber es gibt ei-
nige Trogs, die es zu etwas gebracht haben und
anderen helfen wollen. Der Charakter ist glückli-
cherweise mit ihnen in Verbindung gekommen und
erhält dadurch Spenden. Das macht ihn nicht reich,
ist aber ein angenehmer Zusatzverdienst. Orks und
Trolle mit diesem Vorteil können den Lebensstil
Squatter gratis haben oder die Kosten des Lebens-
stils Unterschicht auf die Hälfte senken (also auf
1.000 Nuyen pro Monat für Orks und 2.000 Nuyen
pro Monat für Trolle).
GEMEINER TROG
KOSTEN: 5 KARMA
Mit geschärften Hörnern und/oder Hauern, Klei-
dung, die seine Dermalablagerungen betont, und
anderem unterstreicht der Charakter die angebo-
renen Merkmale eines Trogs, sodass andere Me-
tatypen nervös werden. Der Charakter erhält einen
Würfelpoolbonus von +3 auf Einschüchtern-Proben
gegen alle Nicht-Orks und -Trolle (eine Gruppe, die
Ork- und Trollmetavarianten einschließt).
VERFÜGBARKEIT PREIS
– 50 ¥
– 200 ¥
– 85 ¥
– 235 ¥
2 100 ¥ pro 100 m
12V 170 ¥ pro 100 m
8 100 ¥ pro 100 m
– 500 ¥
<< ALLES FÜR TROGS 187
 >> BUCH DER VERLORENEN <<
MENSCHLICHE LEBENSSPANNE
KOSTEN: 10 KARMA
Dieser Vorteil kann nur bei der Charaktererschaf-
fung gewählt werden. Dadurch wird die normale
Lebensspanne eines Orks durch die eines Men-
schen ersetzt, sodass er mit der Geschwindigkeit
eines Menschen altert. Der Vorteil hat keine weite-
ren Auswirkungen auf den Charakter.
SCHLANKE FINGER
KOSTEN: 5 KARMA; KANN NUR VON
TROLLEN UND IHREN METAVARIANTEN
GEWÄHLT WERDEN
Der Charakter hat schon einige Zeit als Troll in ei-
ner Menschenwelt gelebt und ist ziemlich gut darin
geworden, sich anzupassen. Außerdem hat er schl-
ankere Finger und Hände als üblich, die sich gut zur
Benutzung von für Menschen gemachten Geräten
und Ausrüstungsgegenständen eignen. Daher er-
hält er nicht den üblichen Würfelpoolmalus von -2,
wenn er Ausrüstung benutzt, die nicht größenan-
gepasst ist (siehe Nicht angepasste Ausrüstung benut-
zen, SR5, S. 423).
SCHWARZWALDGEBOREN
KOSTEN: 22 KARMA
Der Charakter ist in der Trollrepublik Schwarzwald
geboren und aufgewachsen und hat dadurch be-
stimmtes Wissen und einige Vorteile erworben. Er
erhält für einen entsprechenden Bereich der Trol-
lrepublik die Varianten Gute Bekannte und Stra-
ßenpolitik des Vorteils Vertrautes Terrain ohne
Zusatzkosten und kann einen der folgenden Boni
auswählen: Würfelpoolbonus von +2 beim Wirken
der bevorzugten Zauber der Druidischen Tradition
(Betäubungsball, Meute Beherrschen, Schmerzresi-
stenz, Tarnung, Unsichtbarkeit) oder Würfelpoolbo-
nus von +2 auf Schleichen- und Survival-Proben in
Waldgebieten.
188 ALLES FÜR TROGS >>
Thorben Lange (Order #29309514)
TROG-ANFÜHRER
KOSTEN: 7 KARMA; KANN NUR VON ORKS,
TROLLEN UND IHREN METAVARIANTEN
GEWÄHLT WERDEN
Der Charakter sagt das Richtige, macht die rich-
tigen Gesten, und die Leute hören auf ihn. Wenn
der Charakter eine Führung-Probe bei einer Gruppe
ablegt, die nur aus Orks und/oder Trollen besteht,
erhält er einen Würfelpoolbonus von +2.
TROG-HANDWERKER
KOSTEN: 8 KARMA
Vielleicht hat der Charakter im Ork-Untergrund
von Seattle gelernt, Dinge aus Schrott herzustel-
len. Vielleicht hat er auch einige Zeit in Sweetwater
Creek verbracht und dort gelernt, Gegenstände für
Orks und Trolle herzustellen. Der Charakter erhält
einen Würfelpoolbonus von +2 auf Handwerk-Pro-
ben, die der Herstellung von Gegenständen spezi-
ell für Orks und Trolle dienen. Diese Gegenstände
müssen für Orks oder Trolle entworfen sein und
dürfen nicht dafür gedacht sein, von ihnen und von
anderen Gruppen eingesetzt zu werden.
TROG-HISTORIKER
KOSTEN: 4 KARMA
Durch das genaue Studium der Geschichte oder
lange Unterhaltungen mit den Zeitzeugen hat der
Charakter einen großen Wissensschatz über die
Geschichte der Trogs erworben. Wenn er eine Pro-
be mit einer Wissensfertigkeit ablegt, die mit einem
wichtigen Ereignis der Geschichte der Orks oder
Trolle zu tun hat, erhält er einen Würfelpoolbonus
von +2.
TROG-NETZWERKER
KOSTEN: 12 KARMA; KANN NUR VON ORKS,
TROLLEN UND IHREN METAVARIANTEN
GEWÄHLT WERDEN
Der Charakter ist eins mit seinesgleichen. Sobald
er in ein Gebiet kommt, in dem vor allem Ange-
hörige seines Metatyps leben, findet er entweder
jemanden, den er kennt, oder jemanden, der je-
manden kennt, den er kennt, oder jemanden, der
ihn gerne kennenlernen will. Wenn sich der Charak-
ter in solchen Gegenden befindet, erhält er einen
Würfelpoolbonus von +2 auf Gebräuche-Proben
und einen Würfelpoolbonus von +1 auf Naviga-
tions-Proben – entweder, weil er sich instinktiv in
solchen Gebieten zurechtfindet, oder weil er in-
stinktiv Leute findet, die ihm gute Wegbeschrei-
bungen geben.
 >> BUCH DER VERLORENEN <<

NACHTEILE er sich in einer Gegend befindet, die mehrheitlich

von Orks oder Trollen bewohnt wird.
DAUERSTRESS

BONUS: 8 KARMA
Jahre der Verachtung durch den Mainstream der LEBENSMODULE
Gesellschaft und der dadurch verursachte Stress
haben ihren gesundheitlichen Tribut gefordert. Der Die folgenden Lebensmodule sind für das Lebens-
Charakter erhält auf alle Abhängigkeitsproben und modul-System in Schattenläufer ab Seite 149 ge-
Widerstandsproben gegen Toxine einen Würfel- dacht.
poolmalus von -1.

ENTWICKLUNGSJAHRE
FINANZPROBLEME
BEWOHNER EINES ORK-
BONUS: 8 KARMA
ODER TROLLSLUMS
Der Charakter und das liebe Geld hatten es im-
mer schwer miteinander. Er hatte kein Netzwerk Der Charakter hatte nicht allzu viel Geld und lebte
von Freunden und Familie, das ihm mit Geld über in einem Teil des Sprawls, in dem er zur Seite ge-
schwierige Zeiten hinweghelfen konnte. Ver- schoben und vergessen werden sollte. Er hat die
mieter und Arbeitgeber schienen ihre Angebote Fähigkeit entwickelt, unter solchen Umständen zu
immer nach dem ersten Treffen zurückzuziehen überleben – und ist ziemlich reizbar geworden.
oder die Vertragsbedingungen deutlich zu ver-
schlechtern. Um zu überleben, musste sich der BEWOHNER EINES ORK- ODER TROLLSLUMS
Charakter an Kredithaie wenden und skandalös
hohe Raten und ruinöse Verzugszinsen bezahlen. Attribute Willenskraft +1, Intuition +1
All das hat zu hässlichen Flecken auf seiner finan- Vorteile Trog-Netzwerker
ziellen Weste geführt, die ihm überallhin zu folgen
scheinen – egal, welchen Namen oder welche SIN Knüppel +1, Schleichen +2, Waffenloser
er benutzt. Die Lebensstilkosten des Charakters Kampf +1, Wahrnehmung +1,
Fertigkeiten
Spezialisierung Survival (Stadt),
sind 10 Prozent höher als üblich, und für ihn ist
Straßenwissen: [Stadt] +3
die Verfügbarkeit aller Ausrüstungsgegenstände
um 1 höher als normal (das gilt allerdings nicht
für Ausrüstung, die bei der Charaktererschaffung
erworben wird).
SCHWARZWALDBABY

MACHT DES CHAOS Der Charakter wurde im Trollkönigreich Schwarz-

BONUS: 4 KARMA
Planung ist toll … für andere Leute. Der Charakter
stürzt sich lieber direkt ins Geschehen und wartet
ab, was passiert – was dazu führt, dass er Pläne ein-
fach nicht beachtet. Alle Boni, die durch Taktiken
oder Gruppenmanöver entstehen könnten, sinken
auf die (aufgerundete) Hälfte.
TROG-VERRÄTER
BONUS: 5 KARMA
Vielleicht hat der Charakter für die Konzernsicher-
heit von Renraku gearbeitet. Vielleicht hatte er Hin-
weise darauf, dass der Johnson, für den er arbeite-
te, von der Human Nation finanziert wurde, aber er
nahm das Geld trotzdem und stellte nicht zu viele
Fragen. In jedem Fall sehen andere Orks und Trol-
le den Charakter in einem schlechten Licht. Sein
Schlechter Ruf gilt als um 5 höher als normal, wenn
wald geboren und erlebte dessen Entwicklung zur
Trollrepublik mit. Er bekam die Traditionen der Orks
und Trolle vermittelt – und einen optimistischen Zu-
gang dazu, was Trolle und Orks erreichen können.
Schließlich hat er selbst erlebt, wie gut es funktio-
nieren kann, wenn Trogs ihr Schicksal selbst in die
Hand nehmen können.
SCHWARZWALDBABY
Attribute Willenskraft +1, Logik +1
Vorteile Schwarzwaldgeboren
Führung +1, Gebräuche +1,
Gewehre +1, Verhandlung +1,
Spezialisierung Survival
(Wald), Akademisches Wissen:
Fertigkeiten
Geschichte des Schwarzwalds +1,
Akademisches Wissen: Regierung des
Schwarzwalds +1, Straßenwissen:
Bewohner des Schwarzwalds +1

<< ALLES FÜR TROGS 189

Thorben Lange (Order #29309514)
 >> BUCH DER VERLORENEN <<

TEENAGERJAHRE WEITERFÜHRENDE BILDUNG

TROG-GANGER BILOXI TECHNICAL INSTITUTE

Stärke durch Einheit, Schwäche durch Isolation. In (65 KARMA)

seinen Teenagerjahren schloss sich der Charakter Das Biloxi Technical Institute ist neu, aber nicht so
Leuten an, die ihm helfen konnten, die schlimmen neu, dass es noch keine Absolventen gäbe. Und
Gegenden seiner Stadt zu überleben. Dort gab es der Charakter hat die Ehre, zu diesen zu gehören.
genug Leute, die ihn berauben, isolieren oder sogar Sein Abschluss hat ihm nicht nur eine gute Bildung,
töten wollten, bloß wegen seiner Hörner und/oder sondern auch eine gehörige Portion Trog-Stolz ver-
Hauer. Er hat sich gewehrt und sich den Gegnern schafft. Und natürlich das absolute Wissen um je-
gestellt, die ihm die Welt entgegenwarf. Manchmal des einzelne Wort des brandneuen Kampflieds der
schlug die Welt zurück, aber er hat gelernt, nicht Schule.
daran zu zerbrechen.
BILOXI TECHNICAL INSTITUTE
TROG-GANGER
Attribute Willenskraft +1, Logik +1
Attribute Geschicklichkeit +1, Willenskraft +1
Vorteile Trog-Historiker
Vor- und Nachteile Gemeiner Trog; Berüchtigt
Computer +1, Gebräuche +1,
Allgemeine
Nahkampf-Fertigkeitsgruppe +2, Wahrnehmung +1, Akademisches
Fertigkeiten
Akrobatik +1, Einschüchtern +1, Wissen [nach Wahl] +2
Entfesseln +1, Erste Hilfe +1,
Fertigkeiten Elektronik-Fertigkeitsgruppe +1,
Fingerfertigkeit +1, Schleichen +1, Studiengang
Hacking +1, Matrixkampf +1,
Survival +1, Überreden +1, Informations-
Akademisches Wissen:
Straßenwissen: [Stadt] +1 technologie
Hardwaredesign +2
Studiengang Chemie +1, Hardware +1,
Ingenieurs- Industriemechanik +1, Akademisches
wissenschaften Wissen: Ingenieurswissenschaften +4
ÜBERLEBENSKÜNSTLER

Als der Charakter aufwuchs, schien es oft so, als

wäre die Welt entschlossen, ihn umzubringen.
Manchmal wählte sie eine langsame Variante und
versuchte, ihn auszuhungern, manchmal ging sie
schneller vor und schickte Steine, Messer und
Kugeln in seine Richtung. Aber irgendwie hat der
Charakter alles überlebt, und das verdankt er seiner
Schlauheit und Anpassungsfähigkeit. Diese Erfah-
rung gab ihm Weisheit mit auf den Weg.
DAS WAHRE LEBEN
TROG-REBELL
Der Charakter lebt in einer Welt, die ihn beherr-
schen will, die ihn beschimpfen will, die ihm sagen
will, was er alles nicht kann, damit er an seinem

ÜBERLEBENSKÜNSTLER TROG-REBELL

Konstitution +1, Willenskraft +1, Attribute Willenskraft +1, Intuition +1

Attribute
Intuition +1
Vor- und Nachteile Trog-Netzwerker; Finanzprobleme
Akrobatik +1, Erste Hilfe +1,
Klingenwaffen +1, Knüppel +1, Laufen +1,
Fertigkeiten Schleichen +2, Schwimmen +1,
Spurenlesen +1, Survival +2,
Überreden +1, Straßenwissen: [Stadt] +1
Vor- und Nachteile Gemeiner Trog; Macht des Chaos
Feuerwaffen-Fertigkeitsgruppe +2,
Akrobatik +1, Entfesseln +1,
Schleichen +2, Sprengstoffe +1,
Fertigkeiten
Spurenlesen +1, Survival +1,
Überreden +1, Wahrnehmung +1,
Straßenwissen: Verdeckte Aktionen +3

190 ALLES FÜR TROGS >>

Thorben Lange (Order #29309514)

 >> BUCH DER VERLORENEN <<

Platz bleibt. Er lehnt diese Vorstellungen nicht nur

ab – er lässt das die Welt auch ganz deutlich wissen.
Vielleicht hat er sich einer Gruppe wie den Söhnen
Saurons angeschlossen, vielleicht agiert er auch
alleine. Jedenfalls hat er einiges an Zeit damit ver-
bracht, alle Teile des Establishments in die Luft zu
jagen, die er konnte, und denen Schmerzen zuzu-
fügen, die es seiner Meinung nach verdient hatten.
Manche nennen ihn einen Helden, andere einen
Kriminellen oder Terroristen. Er hat nur das Gefühl,
dass er nichts anderes tun konnte.

TROG-VORARBEITER

Der Charakter hat jeden Tag zu sich selbst gesagt,

dass das Leben schlimmer sein könnte. Schließlich
hatte er ein Dach über dem Kopf und wusste, wo-
her er zu essen bekam. Und er war nicht einfach nur
ein Hilfsarbeiter: Er hatte einige Leute unter sich,
aber viele über sich. Er widerstand schiefen Blicken
und gemurmelten Beleidigungen, von denen die
Arbeitskollegen hofften, dass er sie nicht hörte.
Er wurde mehrmals bei verdienten Beförderungen
übergangen, weil etwas an ihm für den Job nicht
richtig war, und ertrug auch das. Er sagte sich im-
mer wieder, dass es nicht so schlimm sei … aber er
fühlt sich von einer gewaltigen Last befreit, seit er
alles hinschmiss und etwas Neues wagte.

TROG-VORARBEITER
Attribute Logik +1, Intuition +1
Nachteile Eingeschränkte Konzern-SIN
Feuerwaffen-Fertigkeitsgruppe +2,
Bodenfahrzeuge +1, Computer +1,
Führung +1, Gebräuche +1,
Fertigkeiten
Hardware +1, Medizin +1, Unterricht +1,
Wahrnehmung +1, Software +1,
Berufswissen: Konzernprozeduren +3

<< ALLES FÜR TROGS 191

Thorben Lange (Order #29309514)
Thorben Lange (Order #29309514)
 GROSS, BÖSE,
HAMMERMÄSSIG

Sie nennen dich Trog. Lass sie machen. Lass sie glauben,
dass es ein Schimpfwort ist. Lass sie die Geschichte
ignorieren, die großen Errungenschaften, die Orks und
Trolle in allen Bereichen der Sechsten Welt erreicht
haben, die Heime und Enklaven, die sie aus dem Nichts
aufgebaut haben. Unter den Trogs gibt es genug Kraft
und Talent, um den anderen dieses verächtliche Lächeln
aus dem Gesicht zu prügeln, zu hacken, zu riggen, zu
schwatzen oder zu zaubern. Du weißt, was du bist. Sie
werden es lernen. Und falls sie wissen, was gut für sie ist,
werden sie es schnell lernen!

Mit Hauern und Hörnern ist der ultimative Leitfaden

für Ork- und Troll-Charaktere in Shadowrun 5. Das
Buch bietet Informationen über das Leben als Trog an
Dutzenden verschiedenen Orten weltweit, über die Arbeit
als Trog in Konzernen (auch in Konzernen, die von Orks
und Trollen dominiert werden) und über die
Helden der Trog-Kultur. So können Spieler
ihre Charaktere und die Welt um sie
herum mit noch mehr Ecken, Kanten
und Tiefgang gestalten. Außerdem
enthält dieses Buch Ausrüstung, Vor- und Nachteile sowie
neue Lebensmodule. Die reiche Kultur der Trogs bereichert auch die
Sechste Welt – und macht aus dem Schimpfwort einen Ehrentitel.

www.pegasus.de
www.shadowrun5.de

Pegasus Spiele GmbH,

Am Straßbach 3, 61169 Friedberg,
unter Lizenz von Catalyst Game Labs und
Topps Company, Inc. © 2018 Topps Company, Inc.
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