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Autor: Christian Eley

Dokumenttyp: Aufsatz
Literaturnachweis:
VersR 2022, 1057-1067

Quelle:

VVW GmbH, Karlsruhe


Fundstelle: VersR 2022, 1057-1067
Zitiervorschlag: Eley, VersR 2022, 1057-1067

Wahrungsobliegenheit des § 86 Abs. 2 VVG - ufer-


lose Pflichten und faktischer Verlust der Deckung?
(§ 86 Abs. 2 VVG)

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Dr. Christian Eley, Hamburg

In der Beratungspraxis stellt sich zumeist am Jahresende die Frage, ob den VN oder versicherte Per-
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sonen Obliegenheiten treffen, hinsichtlich (potentieller) Regressansprüche gegen Dritte verjährungs-
hemmende Maßnahmen zu ergreifen. Muss der VN also, ggf. seinen Interessen zuwiderlaufend, auf
seine Kosten teure Regressklagen erheben, wenn die Verjährung droht? Nicht unwesentliche Stim-
men in der Literatur sehen dies so. Teilweise wird zur „Abhilfe“ darauf verwiesen, dass der VN den De-
ckungsanspruch aufgeben könne, um sich dieser potentiellen Zwangslage zu entledigen. Aber kann es
richtig sein, dass eine Obliegenheit den VN faktisch zur Aufgabe seines Deckungsanspruchs zwingt?

A. Problemstellung

Hat ein Dritter einen Schaden verursacht und damit zugleich einen Versicherungsfall im Rahmen einer
„Schadensversicherung“ (dazu sogleich im Folgeabsatz) für den Versicherungsnehmer (VN) ausgelöst,
hat Letzterer sowohl einen Anspruch auf Ersatz des Schadens gegen seinen Versicherer (VR) als auch
gegen den Dritten - Beispiel: Der Dritte verursacht ein Feuer, infolgedessen das versicherte Gebäu-
de des VN abbrennt. Der Anspruch gegen den Dritten wird auch als Regress- oder Ersatzanspruch be-
zeichnet.

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Kommt eine Verjährung des Regressanspruchs in Betracht und will der (eventuell) Ersatzpflichtige
nicht auf die Erhebung der Einrede der Verjährung verzichten, stellt sich die Frage, ob (und bejahend
auf wessen Kosten) verjährungsunterbrechende Maßnahmen ergriffen werden müssen. Diesbezüg-
lich halten sich VR oftmals äußerst bedeckt. Statt einer konkreten Abstimmung wird nicht selten unter
Hinweis darauf, dass der Versicherungsschutz für den Fall unklar oder noch in Prüfung sei, lediglich
allgemein auf „die Regressobliegenheit hingewiesen“. Unterschiedlich verhalten sich die VR hinsicht-
lich der Übernahme von Regresskosten für die anwaltliche Vertretung und das gerichtliche Verfahren.

Inhaltlich geht es um das Verständnis der sog. (Regress-)Wahrungsobliegenheit in § 86 Abs. 2 S. 1


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VVG. Daher können die nachstehenden Erörterungen „alle Bereiche der Schadensversicherung“ be-
treffen: die Sach- und Haftpflichtversicherungen als auch die Rechtsschutz-, Fahrerschutz-, Personen-
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(soweit sie Schadensleistungen erbringt), Reiserücktritts- und Krankentagegeldversicherungen. Die
Norm regelt, dass der VN einen Ersatzanspruch, den er gegen einen Dritten hat, bis zur Regulierung
des versicherten Schadens durch seinen VR „wahren“ muss. Denn mit der Leistungserbringung geht

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der Regressanspruch des VN gegen den Dritten von Gesetzes wegen gem. § 86 Abs. 1 S. 1 VVG auf
den Risikoträger über. Aufgrund des Forderungserwerbs kann dann der VR den ehemals dem VN

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zustehenden Anspruch gegen den Dritten durchsetzen und sich damit schadlos halten. Damit wird
dann der intendierte Zweck erreicht, dass der VN seine vertraglich vereinbarte Versicherungsleistung
von seinem VR erhält und dieser im Ergebnis keinen Schaden erleidet, weil er vom Verursacher des
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Schadens Kompensation erhält.

Ein einheitliches Verständnis zu der Obliegenheit des VN zur „Wahrung“ hat sich weder in der Litera-
tur herausgebildet noch gibt es, soweit ersichtlich, aufschlussreiche Rechtsprechung, die Rechtsicher-
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heit bieten würde. Segger führt im Münchener Kommentar aus, dass der VN „gehalten [sei], die sinn-
vollen Maßnahmen [Hervorhebung auch im Original - Anm. des Verfassers] zu ergreifen, die ein mit
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der Durchsetzung des Anspruchs betrauter Rechtsanwalt treffen müsste.“ In Ermangelung dessen,
so der Autor weiter, dass der Wortlaut als auch die Gesetzesbegründung keinen Aufschluss über die
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erforderlichen Maßnahmen gäbe, würde lediglich § 242 BGB die Pflichten einschränken. Einen Auf-
wendungsersatz zugunsten des VN für die zur Wahrung nötigen Kosten verneint er: Die Kostentra-
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gung durch den VN sei der Regelung immanent. Gegenüber der Vorauflage (2016) finden sich in
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der aktuellen Kommentierung (2022) zwei weitere Randnummern zu dem Themenkomplex. Darin
weist er (zurecht) auf potentiell hohe Kosten einer Regress-Rechtsverfolgung (z.B. im Ausland) hin, die
unverhältnismäßig zur Versicherungsleistung sein könnten, und er thematisiert, dass VR und der VN
die Erfolgsaussichten des Regresses unterschiedlich bewerten könnten. Letzterer trüge das Risiko ei-
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ner diesbezüglichen Fehlbewertung, da er ggf. gegen seine Wahrungsobliegenheit verstoße. Segger
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schreibt schließlich:

„Von dieser weitgehenden Verpflichtung des Versicherungsnehmers bzw. der versicherten Person
können sich diese nur dadurch befreien, indem sie äußerstenfalls auf Ansprüche aus der Versiche-
rung verzichten. Dies ist sicherlich ein rechtspolitisch fragwürdiges Ergebnis, dogmatisch lässt sich
aber kaum eine andere Sichtweise herleiten. Der Gesetzgeber sollte überlegen, ob er die Obliegenheit
nicht unter die zusätzliche Voraussetzung stellt, dass dem Versicherungsnehmer die Erfüllung unter
Berücksichtigung der damit verbundenen Risiken und des Verhältnisses zur versicherten Leistung zu-
mutbar ist.“

Vor dem Hintergrund des im Obliegenheitenrechts vermuteten Verschuldens gewinnt die Annahme ei-
nes strengen Maßstabs (inkl. Kostenverlagerung auf den VN) noch weitere Dynamik, wenn mit einer
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Mindermeinung davon ausgegangen werden würde, dass es dem VN obliege, darzulegen und zu be-
weisen, dass der Regress nicht erfolgreich gewesen wäre. Insbesondere bei (unterlassenen) Regress-
klagen (innerhalb von Lieferketten) wäre dann die Deckung des VN schnell nichts mehr wert.

B. (Erste) „Entschärfung“

Bevor näher auf den Inhalt der Wahrungsobliegenheiten eingegangen werden soll, seien vorab bereits
drei Punkte angemerkt:

I. Abtretung des Regressanspruchs als „Notwehrreaktion“ des VN

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Gegenüber der angesprochenen Aufgabe des Deckungsanspruchs ist es als „(vor-)letzte Rettung“ für
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die Rechtsposition des VN schonender, wenn er dem VR (etwa auflösend bedingt ) den Regressan-
spruch abtritt. Dies stellt zwar immer noch eine „drastische“ Maßnahme dar, zu der er sicherlich nicht
unmittelbar durch eine Obliegenheit verpflichtet sein kann, doch ist dies besser als auf Versicherungs-
schutz zu verzichten. Da letztlich mit der Abtretung der Zustand herbeigeführt wird, der von Gesetzes
wegen (§ 86 Abs. 1 S. 1 VVG) durch die Regulierung eintritt, muss der VN sodann auch entsprechend
behandelt werden: Seine weiteren Obliegenheiten sind § 86 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 VVG zu entnehmen. Dies
entspricht dem Schutzzweck der Wahrungsobliegenheit (dazu sogleich unter D IV) und zu diesem ge-
setzlichen Regelfall (die Durchsetzung des Regresses erfolgt durch den VR, nachdem der Anspruch
per cessio legis auf ihn übergegangen ist; dazu sogleich unter D II) vertritt niemand, dass der VN die
Kosten für die Regressrealisierung tragen müsse.

II. Versicherer trägt Beweislast für kausale Auswirkung der Pflichtverletzung

Richtigerweise obliegt es nicht dem VN den Beweis zu führen, dass der Regress erfolglos gewesen wä-
re. Vielmehr muss der VR darlegen und beweisen, dass dieser ihm auch wirtschaftlich etwas einge-
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bracht hätte. Sowohl der Wortlaut als auch der Vergleich zu § 28 Abs. 3 S. 1 VVG sind diesbezüglich
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eindeutig : Das Erfordernis der Werthaltigkeit der Regressforderung

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ist eine Voraussetzung für den Leistungsausschluss („infolgedessen“) und keine (Rück-)Ausnahme der
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Obliegenheit.

III. Prüfung des Pflichtumfangs

Soweit Segger, wie oben zitiert, dem VN das Pflichtenprogramm eines Rechtsanwalts auferlegt, ist
die Herleitung dieses Maßstabs, bei dem man zugleich das „Gebot des sichersten Weges“ mitklin-
gen hören mag, nicht ergründlich. Warum bei der Wahrungsobliegenheit ein anderer Maßstab als bei
den sonstigen Obliegenheiten gelten soll, ist nicht ersichtlich, insbesondere wenn man sich vor Au-
gen hält, dass Adressat dieser Obliegenheit auch Privatleute sein können. Eine diesbezügliche „Kor-
rektur“ (bzw. „Schutz“) ist auch nicht erst auf der Verschuldensebene vorzunehmen. Ebenso wenig
wie die Belastungsgrenze des VN (erst) im Rahmen einer Einrede (§ 242 BGB) zu prüfen ist. Vielmehr
gilt es, die „Verantwortungskreise“ im Rahmen der Prüfung des Tatbestands der Obliegenheit auszu-
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loten , insbesondere die Grenze des Zumutbaren zu bestimmen. Zwar verschwimmt im allgemeinen
Zivilrecht bei verhaltensbezogener Haftung aufgrund des objektiven Verschuldensmaßstabs schnell
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die Grenze zwischen Pflicht- bzw. Sorgfaltsverletzung und Verschulden. Aber bereits § 280 Abs. 1
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S. 2 BGB, die §§ 827 f. BGB sowie § 277 BGB zeigen, dass die beiden Prüfungspunkte nicht identisch
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sind. Für das Versicherungsrecht gilt nichts anderes und die Unterscheidung ist für die Darlegungs-
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und Beweislast von Relevanz.

Zugleich kann aus der Abwesenheit einer ausdrücklichen Nennung des Wortes „zumutbar“ im Tat-
bestand der Obliegenheit nicht geschlossen werden, dass die Pflichten des VN grenzenlos seien. Wie
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bspw. bei § 254 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 BGB , § 688 BGB bzw. § 467 HGB , § 1631 Abs. 1 BGB , § 13

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StGB oder generell bei der Bestimmung von vertraglichen Pflichten, etwa im Rahmen von § 280
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BGB , bedarf es keines ausdrücklichen Hinweises auf diese Voraussetzung in der Norm.

C. Historie und gesetzgeberischer Wille

Maßgebliche Ursache dafür, dass der Umfang der Belastung des VN sehr unterschiedlich gesehen
wird, ist ein unterschiedliches Verständnis des gesetzgeberischen Willens. Daher soll auf die Historie
als auch die Gesetzesbegründung zur Wahrungsobliegenheit näher eingegangen werden. Die (eher
knappe) Gesetzesbegründung zur Einführung von § 86 Abs. 2 VVG in seiner jetzigen Form im Rahmen
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der VVG-Reform zum 1.1.2008 lautet :

„Durch die neue Regelung [§ 86 Abs. 2 VVG n.F. - Anm. des Verfassers] wird eine Obliegenheit des
Versicherungsnehmers zur Wahrung des auf den Versicherer nach Absatz 1 übergehenden Ersatzan-
spruchs begründet. Nach dem bisherigen § 67 Abs. 1 Satz 3 VVG ist dem Versicherungsnehmer ledig-
lich untersagt, den Ersatzanspruch oder ein zu dessen Sicherung dienendes Recht aufzugeben. Die-
se Formulierung entspricht nicht dem Sinn und Zweck der Bestimmung, das berechtigte Interesse des
Versicherers zu wahren, sich wegen seiner dem Versicherungsnehmer erbrachten Leistung bei dem
ersatzpflichtigen Dritten schadlos halten zu können.

In Satz 1 [des § 86 Abs. 2 VVG n.F. - Anm. des Verfassers] ist daher über das geltende Aufgabeverbot
hinaus als Obliegenheit des Versicherungsnehmers bestimmt, den ihm zustehenden Ersatzanspruch
bzw. ein zu dessen Sicherung begründetes Recht zu wahren und dabei insbesondere bestehende For-
merfordernisse oder Fristen zu beachten; bedarf der Versicherer zur Durchsetzung des auf ihn über-
gegangenen Anspruchs der Mitwirkung des Versicherungsnehmers, z.B. um Auskünfte zu erlangen,
die zur Begründung des Ersatzanspruchs notwendig sind, besteht auch insoweit eine Obliegenheit des
Versicherungsnehmers.“

Es kommt folglich zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber bzw. die zur Erarbeitung von Änderungsvor-
schlägen eingesetzte Kommission zur Reform des Versicherungsvertragsrechts, deren Ausführungen
und Änderungsvorschläge Wort für Wort ins Gesetz bzw. in die Gesetzesbegründung übernommen
wurden, die Vorgängerregelung, - das sog. Aufrechnungsverbot des § 67 Abs. 1 S. 3 VVG a.F. („Gibt
der Versicherungsnehmer seinen Anspruch gegen den Dritten oder ein zur Sicherung des Anspruchs
dienendes Recht auf, so wird [...]“) -, eng verstanden. Unter eine unzulässige „Aufgabe“ fielen nach
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altem Recht Dispositionen über den Ersatzanspruch wie Erlass, Vergleich, Verpfändung, Verzicht
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oder Abtretung. Eine über das Aufgabeverbot hinausgehende Obliegenheit ergab sich weder vor
noch nach der Reform aus den Regelungen zu den Rettungsobliegenheiten (§§ 62 f. VVG a.F.; nun-
mehr §§ 82 f. VVG). Doch sieht man „den Versicherungsfall“ wirtschaftlich und nicht im Sinn der Reali-
sierung der versicherten Gefahr,

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dann findet die Rettungsobliegenheit auf den Regress Anwendung. Denn die Durchführung eines Re-
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gresses wirkt (dann) schadensmindernd i.S.v. § 82 Abs. 1 VVG. Der BGH hat die Frage in einer älte-
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ren Entscheidung angesprochen, dann aber offengelassen. Richtigerweise ist mit „Versicherungsfall“
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in § 82 VVG (bzw. § 62 VVG a.F.) mit der seinerzeitigen und auch heutigen h.M. die Beeinträchti-
gung des versicherten Interesses gemeint und ein Regressanspruch gegen einen Dritten vermindert

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nicht den versicherten Schaden : Der Schaden am abgebrannten, versicherten Haus wird nicht da-
durch geringer, dass der Eigentümer einen Anspruch gegen den Brandverursacher hat.

Der Begründung kann ferner unmittelbar entnommen werden, dass das Aufgabeverbot beibehalten
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und erweitert werden sollte, womit gleichzeitig gesagt ist, dass wer „aufgibt“ nicht „wahrt“. Die In-
tention war ein umfassenderer Schutz der Interessen des VR durch Ausdehnen der Obliegenheit, in-
dem das Verbot des „Wegschenkens“ um eine Handlungsobliegenheit erweitert wurde. Indes kann
weder dem Gesetzgebungsverfahren noch der Begründung entnommen werden, dass (nennenswerte)
Interessenkollisionen zwischen dem VN und dem VR per se zugunsten des Risikoträgers gelöst werden
sollen - oder gar die Belastung des VN „grenzenlos“ und nur durch § 242 BGB begrenzt sein soll.

Es ist bereits nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber sich des Problems, dass der VN je nach Sachver-
haltslage massiv belastet werden könnte, bewusst war oder er ist wie selbstverständlich vom Gegen-
teil ausgegangen. Bzgl. der Obliegenheit nach Forderungsübergang (Abs. 2 S. 1 Alt. 2) spricht er in-
des im Wortlaut von „mitwirken“, „soweit erforderlich“ und in der Gesetzesbegründung wird als Bei-
spielsfall für eine solche Pflicht das Erteilen einer Auskunft genannt. Folglich erscheint es wenig nahe-
liegend, dass der Gesetzgeber in Bezug auf die Wahrungsobliegenheit vor Augen hatte, dass es dies-
bezüglich zu massiven Belastungen des VN kommen könnte - und daher dürfte es in Ermangelung ei-
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nes gesetzgeberischen Bewusstseins für das Problem an einem bindenden Willen fehlen. Für diese
Überlegung spricht indiziell, dass das alte Aufgabeverbot nicht mit Aufwand auf VN-Seite verbunden
war und Regresswahrung nicht zwingend mit nennenswerter Belastung verbunden ist: Eine Foto-Do-
kumentation einer Beweislage, das Festhalten von Kontaktdaten von Zeugen als Beweismittel für den
Regress, ein Hinweis an die Polizei als auch die Vereinbarung eines Verjährungseinredeverzichts sind
für den VN keine schwerwiegenden Beanspruchungen.

D. Konzeption des § 86 VVG, Regelfall und Risikoverteilung

Soweit der Gesetzesbegründung wenig zur Grenze der Belastung des VN zu entnehmen ist, soll im
Folgenden die Regelungssystematik des § 86 VVG genauer betrachtet werden, um daraus Rückschlüs-
se zu ziehen.

I. Schutz/Vorrang des VN-Interesses in § 86 Abs. 1, 3 VVG sowie § 82 Abs. 2 VVG

Die Interessen des VN werden innerhalb des § 86 VVG nicht nur umfangreich geschützt, sondern ver-
drängen zudem das Interesse des VR am Regress: § 86 Abs. 3 VVG, als auch die Auslegung des „Drit-
ten“ i.S.d. § 86 Abs. 1 S. 1 VVG durch die Rspr., wie auch § 86 Abs. 1 S. 2 VVG, zeigen, dass die Inter-
essen des VN zumindest in den genannten Konstellationen nicht hinter denen des VR am Regress hin-
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tenanstehen müssen. Selbiges gilt für das vom Gesetzgeber akzeptierte Quotenvorrecht.

Mittlerweile findet sich in § 82 Abs. 2 S. 1 VVG die Einschränkung, dass Weisungen des VR nur befolgt
werden müssen, wenn sie dem VN zumutbar sind. Dies entsprach zwar - anders als die Gesetzesbe-
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gründung meint - bereits der alten Rechtslage , doch kommt die Berücksichtigung potentieller VN-
Interessen dort klar zum Ausdruck und können die VR-Interessen verdrängen. In der Gesetzesbegrün-
dung wird das Beispiel eines Kaskoschadens an einem Kfz genannt. Laut Gesetzgeber ist der Verweis
des VR auf eine andere Werkstatt als die des Kfz-Herstellers unzumutbar, wenn der VN damit seine
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Werksgarantie gefährden würde.

Auch wenn es gerade Teil der Diskussion um den gesetzgeberischen Willen ist, ob und inwieweit (be-
wusst) bei § 86 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 VVG von den §§ 82 f. VVG abgewichen wurde, so ist kein sachlicher

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Grund zu erkennen, warum bei der Regressobliegenheit die VN-Interessen keine Rolle spielen sollten,
wenn dies bei den Rettungskosten evident der Fall ist.

II. Regelfall: Durchsetzung der Forderung durch den Versicherer

Wie aus der Formulierung des § 86 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 VVG unmittelbar entnommen werden kann, ist
der gesetzliche Regelfall, dass der VR reguliert, der Anspruch gegen den Dritten auf ihn übergeht
(§ 86 Abs. 1 S. 1 VVG) und der Risikoträger als

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Forderungsinhaber nun jenen durchsetzt („Der Versicherungsnehmer hat seinen Ersatzanspruch [...]
zu wahren und bei dessen Durchsetzung durch den VR soweit erforderlich mitzuwirken.“).

Dem „Wahren“ der Alt. 1 steht damit das „Durchsetzen“ der Alt. 2 gegenüber. Sprachlich wie auch
systematisch ist das „Wahren“ also als „Durchgangsstadium“ zu verstehen, in dem der „Zustand“ le-
diglich aufrechterhalten/unverändert bleiben soll und ggf. des Schutzes bedarf.

Dafür, dass das „Wahren“ eben nicht die Realisierung der Forderung gegen den Regressschuldner
bedeutet, spricht auch, dass dann der ganze Forderungsübergang keinen Sinn macht und die Alt. 2
ebenso obsolet würde. Denn mit der Befriedigung des VN durch den Dritten entfällt dessen Anspruch
auf Versicherungsschutz. Folglich kommt es zu keiner Regulierung und damit zu keinem Forderungs-
übergang.

Im gesetzgeberischen Regelfall ist der VR bzgl. der Forderung aufgrund der cessio legis aktiv legiti-
miert und kann etwa im Wege der Klage den Regressanspruch durchsetzen. Daraus ergibt sich unmit-
telbar, worauf auch schon die Rolle als „Durchsetzender“ hindeutet, nämlich dass der VR

• das Forderungsausfallrisiko (sowohl etwaige Prozessrisiken also auch das Insolvenzrisiko),

• das Kostenrisiko (z.B. Rechtsanwalts-, Gerichts-, Gutachter- und Übersetzungskosten),

• die (Vor-)Finanzierung (z.B. Gerichts-, Gutachterkostenvorschuss, sonstige Auslagen) und

• sonstige Aufwendungen (z.B. eigene Arbeitskraft, nicht regressfähige Maßnahmen)

im Zusammenhang mit dem Regress tragen muss. Dass das Insolvenz- bzw. Forderungsausfallrisiko
dem VR zugewiesen ist, ergibt sich zudem aus § 86 Abs. 2 S. 2 VVG. Denn auch bei einem Verstoß ge-
gen die Obliegenheiten soll eine Leistungskürzung nur möglich sein, wenn „infolgedessen [aufgrund
der Obliegenheitsverletzung - Anm. des Verfassers] kein [...] Ersatz von dem Dritten erlang[t werden]
kann“.

Betrachtet man die Regressobliegenheiten im Regelfall (Alt. 2) so hat der VN „mitzuwirken“ und dies
auch lediglich „soweit erforderlich“. Was der Wortlaut bereits indiziert, zeigt sich in der Gesetzesbe-
gründung: Der Gesetzgeber sieht den VN als „Randfigur“ und ihm kommt eine lediglich unterstützen-
de Aufgabe zu, wenn der VR den Anspruch durchsetzt (bspw. die Erteilung von Auskünften; vgl. C).

III. Regress ist Sache des Versicherers

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Vorgesagtes impliziert bereits (das Offensichtliche): Der Regress ist Angelegenheit des VR - vor und
nach der Regulierung. Wenn also der VN aufgrund der von ihm erbrachten Prämien die ihm vertrag-
lich zustehende Leistung bei seinem Vertragspartner abruft, hat der Risikoträger bei Fälligkeit (§ 14
VVG) jene zu erbringen. Der sich notwendigerweise erst daran anschließende Regress, - nur diese
Konstellation gibt es im Zusammenhang mit § 86 VVG -, kann nach der Befriedigung des VN nicht
mehr in dessen Interesse sein. Sofern die Regresswahrung den Schutz des VR in zeitlicher Hinsicht
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vorverlagert bzw. dahin gehend ausdehnt, ist mit dem OLG Saarbrücken , der Literatur und der Ge-
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setzesbegründung festzuhalten, dass Regresssicherung ausschließlich dem VR-Interesse dient.

Hieran ändert auch die etwaige Erwägung einer positiven Auswirkung des Regresses auf die „Scha-
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denrenta“ - einem statistischen Wert des VR, der die Prämie des jeweiligen Vertrags ins Verhältnis
zu den Schadenaufwendungen setzt - nichts. Denn jene Datenerhebung begründet keine Rechtsposi-
tion, die Berücksichtigung von Regressen wird von VR unterschiedlich gehandhabt und ein guter Ver-
lauf ist auch kein Garant für eine gleichbleibende Prämie oder eine Vertragsverlängerung. Vielmehr ist
sie aus VR-Sicht im Zuge des Renewals (allenfalls) ein Faktor im Rahmen der wirtschaftlichen Bewer-
tung des jeweiligen Risikos.

Der VN verfolgt zwar als Inhaber der Forderung auch immer zwingend „seinen“ (Regress-)Anspruch.
Dies ändert aber nichts daran, dass der Regress ein Fremdgeschäft des VN ist. Denn in aller Regel
wird dessen primäres Augenmerk auf der Versicherungsleistung liegen, weil diese typischerweise an
geringere Voraussetzungen geknüpft ist, mithin weniger Aufwand bedeutet, der VR tendenziell „wohl-
wollender“ agiert, er schneller reguliert als eine Durchsetzung der Regressansprüche des VN gegen
den Dritten dauert, und der Deckungsanspruch u.U. mehr Ersatzleistungen beinhaltet als der Regress
umfasst (bspw. Neuwert vs. Zeitwert). Ein Indiz für diese Sichtweise ist, dass der VN den Versiche-
rungsfall überhaupt seinem VR meldet.

Wem der Regress „gehört“, zeigt sich ferner an der Dispositionsbefugnis: Nach dem Forderungsüber-
gang ist grundsätzlich der VR als Inhaber des Regressanspruchs allein dispositionsbefugt. Hingegen
ist der VN, obwohl er formaler Inhaber des Anspruchs ist, vor der cessio legis durch die Wahrungsob-
liegenheit faktisch an einer freien Disposition gehindert. Erst nach einer „Freigabe“ durch dessen VR
kann er ohne Nachteile über „seinen“ Ersatzanspruch verfügen.

IV. Sinn und Zweck - kein Grund für eine Risikoverlagerung

Letztlich folgt aus dem Grundprinzip der Eigenverantwortlichkeit, dass in die VN-Rechte nicht tiefer
eingegriffen werden darf, als das Schutzbedürfnis des VR reicht.

1. Schutzbedürftigkeit und Erforderlichkeit

Spiegelbildlich zu der typischen Haftpflichtkonstellation ergibt sich die Schutzbedürftigkeit des VR aus
drei Aspekten:

1. Der VR hat nicht die formale Rechtsposition inne, um Handeln zu können und/oder

2. der VR hat nicht die nötigen Informationen und/oder

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3. er hat faktisch-real (ggf. in zeitlicher Hinsicht) keine Zugriffs-/Handlungsmöglichkeit.

Aus dem Gesagten ergibt sich folglich, dass die Reichweite der Pflichten des VN (jedenfalls) auf das
zum Schutz des VR Erforderliche begrenzt ist - wie dies in der Alt. 2 der Regressobliegenheit auch un-
mittelbar im Wortlaut zum Ausdruck kommt: Der VN soll dort und soweit „aushelfen“, wo der VR die
vorgenannten Defizite hat. Auskünfte, die der VR selbst besorgen kann, Gutachten und/oder rechtli-
che Einschätzungen, die er ebenso gut beauftragen (und bezahlen) kann, obliegen danach nicht dem
VN. Zudem hat der VR etwaige Fristen zu identifizieren, diese im Blick zu behalten und auf diese hin-
zuweisen.

Es ist auch kein anderer Grund ersichtlich, warum der VN über das skizzierte Maß hinaus belastet wer-
den sollte - auch bzw. erst recht nicht finanziell (z.B. Aufwendungen einer Klageerhebung). Denn ob
der Regressanspruch vor oder nach der notwendigen Erhebung der zur Feststellung des Versiche-
rungsfalls und des Umfangs der Leistung des VR verjährt, kann von den involvierten Personen abhän-
gen bzw. beeinflusst werden. Primärer Faktor ist aber der Zufall; nicht nur in Hinblick auf den Zeit-
punkt der Regulierung des Risikoträgers, sondern auch in Bezug darauf, wie das Gesetz die auf den
Regress anwendbaren Verjährungsregeln ausgestaltet hat. Diesbezüglich sind Regresse von Vermie-
tern gegen Mieter ein gutes Beispiel. Denn nach der Rechtsprechung des BGH kommt es nämlich be-
züglich der Verjährung darauf an, ob die Mietsache vollständig zerstört wurde (dann allgemeine Ver-
jährung) oder noch „irgendetwas ‚übrig‘ geblieben“ ist (dann sechsmonatige Verjährung gem. § 548
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Abs. 1 BGB). Für den Fall, dass die mietrechtliche sechsmonatige Verjährungsregel des § 548 Abs. 1
BGB anwendbar ist, ist die Wahrscheinlichkeit für eine Regulierung des VR vor einem Regress des Ver-
mieters gegen den Mieter wesentlich geringer, als wenn die kenntnisabhängige allgemeine Verjäh-
rungsregelung gilt.

Dass der Zeitpunkt der Regulierung auch in sich keine Rechtfertigung für eine vom Regelfall abwei-
chende Risiko- und/oder Kostenverlagerung in sich birgt, zeigt sich ferner, wenn der VN den Moment
des Forderungsübergangs durch Abtretung des Regressanspruchs an den VR „manipuliert“. Dann ent-
fällt der oben zu 1. genannte Schutzzweck. Es verbleiben jene zu 2. und 3. und damit ist die Situati-
on der Alt. 2 der Regressobliegenheiten herbeigeführt. Bei dieser sieht niemand den VN in der Pflicht,
Kosten oder sonstige Risiken zu tragen. Zugleich zeigt sich an dem bezweckten Schutz, dass der VN
seiner Obliegenheit mit einer Abtretung nachkommen kann, wenn er weiterhin bereit ist, im Folgen-
den an der Durchsetzung „mitzuwirken“.

2. Keine Entwertung des Versicherungsschutzes und potentielle existenzielle Not

Insgesamt - und dies ist wesentlich - darf nicht aus dem Blick verloren werden, dass es der wirtschaft-
liche wie rechtliche Sinn des Versicherungsvertrags ist, dass der VR im Fall der Risikorealisierung leis-
tet. Die Besonderheit ist lediglich, dass dem VN neben seiner Forderung gegen den VR zufällig noch
ein Anspruch gegen einen Dritten zusteht. Eine Belastung des VN mit Obliegenheiten bzw. des Re-
gresses steht deswegen in unmittelbarem Spannungsverhältnis zu seinem versicherungsvertraglichen
Leistungsanspruch bzw. entwertet diesen. Konkreter formuliert: Der Leistungsanspruch des VN gegen
den VR wird, - in dem zufälligen Fall, dass der VN noch einen weiteren Schuldner hat -, in dem Maße
und Umfang wirtschaftlich entwertet, in dem dem VN diesbezügliche Obliegenheiten auferlegt wer-
den.

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Dass in der Tendenz daher eine eher restriktive Auslegung der Obliegenheit geboten erscheint, zeigt
nicht nur ein Vergleich mit der Lage, wie es wäre, wenn (zufällig) der Regressanspruch nicht bestünde
oder der Regressschuldner (zufällig) insolvent wäre. Ferner ist zu bedenken, dass der Grundsatz pacta
sunt servanda gelten muss. Denn die dem Leistungsanspruch des VN aus dem Versicherungsvertrag
für eben den nunmehr eingetretenen Fall beruht auf dem vertraglich ausgehandelten „Deal“ Prämie
i.H.v. X Euro gegen Risikoübernahme. Dieses so fixierte und ansonsten etwa durch §§ 19, 24 ff., 79 f.
VVG „austarierte“ synallagmatische Verhältnis kann nicht bis zur Unkenntlichkeit durch die Regress-
wahrungsobliegenheit „eindampfen“. Das potentielle Gegenargument „Geld hat man zu haben“, be-
kommt einen zynischen Charakter, wenn man sich zudem vergegenwärtigt, dass Versicherungen den
Zweck der Risikoabsicherung im Rahmen des Risikomanagements haben und typischerweise vor exis-
tenzgefährdenden und -vernichtenden Gefahren schützen (sollen). Ist dann ein Großschaden dieser
Art eingetreten, - was zugleich einen potentiellen Regress noch interessanter macht -, und der VN hat
mit den Folgen bereits „finanziell zu kämpfen“, ist eine „Regressführungszusatzprämie“ das Gegenteil
dessen, was der intendierte Zweck des vertraglichen Risikotransfers, den der VR genaustens aufgrund
seiner Risikoermittlung und Bepreisung kennt, ist.

3. (Kein) „Glückstag“ des Versicherers?

Spiegelbildlich kann man auch fragen, warum den VR eine (potentielle) „Kompensationsquelle“ für
seine vertraglich versprochenen Leistungen verbunden mit dem Zufall, dass er noch nicht regu-
liert hat, aber bereits jetzt die Verjährung droht, a) von seiner Hauptleistungspflicht (durch Aufgabe
der Deckung [s. oben unter A]) oder b) von Kosten für den Regress entlastet werden. Die genannte
Schutzbedürftigkeit rechtfertigt dies nicht. Die Wahrungsobliegenheit soll den VR schützen, aber nicht
privilegieren und schon gar nicht den Vertragszweck gefährden.

E. Parameter einer Inhaltsbestimmung - Zwischenergebnis

Mit dem Gesagten lässt sich festhalten, dass eine adäquate Auslegung der Wahrungsobliegenheit Fol-
gendes berücksichtigen sollte:

• Der VR soll vor einem „Verlust“ des Regresses vor Forderungsübergang besser geschützt werden
als mit dem Aufgabeverbot. Er kann als Begünstigter über die ihn schützende Obliegenheit dispo-
nieren.

• Der VR trägt das Forderungsausfallrisiko des Regresses.

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• Sein Schutz kann nur so weit reichen, wie es „erforderlich“ ist. Seine Schutzbedürftigkeit ergibt
sich aus folgenden Aspekten:

- Der VR hat nicht die formale Rechtsposition inne, um Handeln zu können und/oder

- der VR hat nicht die nötigen Informationen und/oder

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- er hat faktisch-real (ggf. in zeitlicher Hinsicht) keine Handlungsmöglichkeit.

• Mit dem Inhalt des Versicherungsvertrags erscheint es unvereinbar, den VN über notwendige
„Zuarbeit“ bzw. ein „Mitwirken“, z.B. im Sinne von Auskunftsgewährungen hinaus, insbesondere
mit Regresskosten und/oder -risiken zu belasten.

F. Auslegung der Wahrungsobliegenheit und Aufwendungsersatz

Eine für die Auslegung der Regelung nun noch zu erörternde Vorfrage ist, ob bzw. unter welchen Vor-
aussetzungen dem VN ein Aufwendungsersatzanspruch zusteht. Sodann wird schließlich auf den In-
halt der Wahrungsobliegenheit, insbesondere im Zusammenhang mit einer potentiell zu erhebenden
Regressklage, eingegangen.

I. Aufwendungsersatz

Jene, die einen solchen Ersatz nicht per se ablehnen, verweisen zumeist (mehr oder minder konkret)
50
auf eine Analogie zum Aufwendungsersatzanspruch bei Rettungskosten (§ 83 [Abs. 1] VVG).

Eingängig formulierte der BGH einst, dass der Ersatz der Aufwendungen die „unentbehrliche Kehrsei-
51
te“ der Rettungsobliegenheit sei , die es dem VN bei Eintritt des Versicherungsfalls auferlegt, nach
Möglichkeit den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Der BGH meint, dass schließlich die Rettung
52
dem VR zugutekomme und daher er auch die Last dafür tragen müsse. Diese strukturelle Ähnlich-
keit zu § 86 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 VVG legt eine Analogie, zumindest eine vergleichbare Interessenlage,
nahe.

Die Beschreibung des BGH erfasst einen Bereich des Aufwendungsersatzes bei Rettungsmaßnah-
men, doch wird der Normzweck nur teilweise erfasst. Koch weist zutreffend darauf hin, dass die Ret-
53
tung nicht per se, sondern nur in gewissen Konstellationen, die Interessen des VR schützen. Wenn
die Rettung (oder der fehlgeschlagene Versuch) teurer war als die damit abgewendete Beeinträchti-
54
gung des versicherten Risikos, dann läuft dies sogar gegen die Interessen des VR. Klimke zeigt auf,
dass es keine vollständige Kongruenz zwischen der Obliegenheit zur Rettung und dem Aufwendungs-
ersatz besteht: Zum einen gibt es eine Reihe von Konstellationen, in denen es Aufwendungsersatz
55
gibt, obwohl es keine Rettungsobliegenheit bzw. die vorgenannte Maßnahme nicht gefordert war
56
(bei Rettungsmaßnahmen eines Dritten, der kein Adressat der Obliegenheit ist ; bei überobligatori-
57 58
schen Rettungsmaßnahmen ; bei Maßnahmen nach verweigerter Deckung sowie bei irrtümlicher,
59
aber nicht grob verschuldeter Annahme des VN, dass der Versicherungsfall eingetreten sei ). Zum
anderen zeigt § 83 Abs. 2 VVG, dass mit einer Kürzung des Deckungsumfangs automatisch auch der
Aufwendungsersatzanspruch verschuldensunabhängig reduziert wird, selbst wenn eine ordnungsge-
mäß durchgeführte Rettungsmaßnahme vorliegt.

Im Ergebnis besteht, wenn auch mit unterschiedlichen Nuancen und Formulierungen, im Schrifttum
(wohl) Einigkeit, dass § 83 VVG den Zweck hat, den VN zum Ergreifen von Rettungsmaßnahmen zu
animieren bzw. er soll zumindest nicht durch den Aufwand der Rettung von dieser abgehalten wer-
60 61
den . Sieht man dies mit Klimke als das „Rettungsrisiko“ an , kann man mit diesem sagen, dass der
62
Aufwendungsersatz Teil des versicherten Risikos ist. Damit kann sowohl die akzessorische Verknüp-
fung des Ersatzes mit dem Schicksal der Deckung in § 83 Abs. 2 VVG als auch der Ersatz im Fall von
63
Aufwendungen, die nicht kongruent zur Obliegenheit sind, erklärt werden. In ganz ähnliche Rich-
64
tung, wenn auch etwas vager, geht die wohl h.M. , wenn sie den Rechtsgrund im Versicherungsver-

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trag und den Aufwendungsersatz als eine Nebenleistung, die der VR als „echte“ Rechtspflicht schulde,
65
beschreibt.

Es erscheint plausibel, dem VN mit dem Begründungsansatz des BGH für den Aufwendungsersatz
gem. § 83 Abs. 1 VVG, einen Aufwendungsersatz für Maßnahmen zur Wahrung des Regresses zu ge-
66
währen. Zumindest aber dann, wenn dem VN ein Aufwendungsersatz zustehen könnte, obwohl keine
Obliegenheit zur Regresswahrung bestand, wird dieser Ansatz problematisch: Sieht man, wie hier ver-
treten, das Risiko einer Fehl

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einschätzung bzgl. der Regresschancen beim VR, ist es nur konsequent, wenn auch dessen Wille ent-
scheidend ist. Ob dies in gewissen Konstellationen ausnahmsweise anders zu bewerten ist, kann hier
nicht weiter vertieft werden. Im Grundsatz sollte jedoch - belastet man ihn mit dem (Kosten-)Risiko
des Regresses - dann auch seine Entscheidung maßgeblich sein. Dies dürfte aber bei § 83 VVG anders
sein, da dieser nicht dispositiv ist, wie § 87 VVG zeigt. Demgemäß gibt es dort für den VR nicht die
Möglichkeit, durch einen Verzicht auf die Obliegenheit, den VN den Aufwendungsersatz „abzuschnei-
den“. Denn eine dahingehende Weisung dürfte unwirksam (§ 87 VVG) und nicht zumutbar i.S.v. § 83
67
Abs. 2 S. 1 VVG sein.

Ebenso wenig ist die akzessorische Verquickung des Ersatzes von Aufwendungen mit dem Deckungs-
68
umfang in § 83 Abs. 2 VVG auf die Regresskonstellation übertragbar bzw. dort interessengerecht -
erst recht nicht, wenn, was für § 83 VVG umstritten ist, der VR ausdrücklich den Regress durchführen
will. Zudem erscheint es nicht stimmig, dem VN einen Aufwendungsersatzanspruch zuzubilligen, wenn
er irgendwann nach der Klageerhebung merkt, dass bzgl. seines Schadens eigentlich Versicherungs-
schutz besteht und der Klagegegenstand ein Regress i.S.v. § 86 VVG ist. Aber bei § 83 VVG bedarf es
keines Fremdgeschäftsführungswillens oder eines Bewusstseins, dass ein versichertes Risiko „geret-
69
tet“ wird.

Abgesehen davon, dass sich § 83 VVG aufgrund dieser Besonderheiten als Ausnahmeregelung dar-
stellt, was methodisch gegen eine Analogie spricht, zeigen diese den inhaltlichen Unterschied: Eine
Rettung, die sich auf das versicherte Risiko unmittelbar bezieht, ist wertungsmäßig doch „näher“ bzw.
enger mit dem durch den Versicherungsvertrag übernommenen Risikotransfer verbunden als ein et-
waiger Regress, der lediglich mittelbar und nur wirtschaftlich, eben nicht unmittelbar, dem versicher-
ten Risiko zugutekommt. Deswegen ist es schlüssig, wenn § 83 VVG Aufwendungen zur Rettung auch
losgelöst von einer (inneren) Willensrichtung (des VN und/oder VR) und „verknüpft“ mit der Deckung -
quasi als Annex zum versicherten Risiko bzw. als dessen Teil - ersetzt. Da der Regress dem vereinbar-
ten Risikotransfer deutlich mehr entrückt ist, ist eine abweichende Behandlung eines Aufwendungs-
ersatzes angezeigt. Andernfalls - wendete man den § 83 VVG insgesamt analog an - würde letztlich in
die Versicherungsverträge bzgl. des Regresses ein Rechtschutz(versicherungs)element hineingelesen.

Allerdings ist in Ermangelung einer abschließenden Regelung in Bezug auf einen Aufwendungsersatz
für Maßnahmen zur Regresswahrung ein Rückgriff auf das Auftragsrecht und die GoA - ggf. analog -
70
möglich.

II. Regelungskonzept des § 86 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 VVG

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Nach hier vertretener Auffassung bedarf es im Rahmen der Prüfung des § 86 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 VVG auf
der Ebene des objektiven Tatbestands einer Bestimmung des Umfangs der Obliegenheit. Dazu werden
die Interessen abgewogen („Zumutbarkeitsprüfung“), wobei die Regelungsintention zu berücksichti-
gen ist. Insgesamt ist für das Verständnis aber wichtig, dass eine Schadenbearbeitung ein kommuni-
kativer, dynamischer Prozess ist, weil die „Regress-Interessens-Waage“ durch die Beteiligten beein-
flusst werden kann. Zuletzt wird auf den praxisrelevanten Fall der Regressklage genauer eingegan-
gen.

1. Anzeige- und Informationsobliegenheit

Zuvorderst beinhaltet die Wahrungsobliegenheit die Pflicht, den VR über die Regressmöglichkeit - ge-
71
nauer gesagt über den Sachverhalt - zu informieren und Auskünfte zu geben. Denn erst durch die
Information kann der VR prüfen, ggf. weiter aufklären, einen Regress identifizieren und weitere Maß-
nahmen einleiten. So begründete bspw. das LG Dortmund den Verstoß gegen die Regressobliegen-
72 73
heit eben mit einer unterlassenen Mitteilung des VN an den VR. Im Anlassstreit wäre dann nämlich
der VR in der Lage gewesen, zur Beweissicherung ein zahntechnisches Gutachten zu beauftragen. Bei
derartigen Konstellationen kann es i.S.v. § 86 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 VVG nicht dem VN obliegen, auf seine
Kosten ein teures Gutachten zu beauftragen; um mal „zu gucken“, ob ein Regress „denkbar“ wäre.
Zumutbar ist ihm hingegen, bei Anhaltspunkten für einen Regress - solche waren im Anlassstreit ge-
geben -, dem VR die Möglichkeit zu eröffnen, diesbezüglich eine Entscheidung zu treffen: Sei es, dass
der Risikoträger den Fall weiter prüft, sei es, dass er dies (ggf. aus Kostengründen) nicht tut.

2. Abwägungsparameter

Bei anderen Maßnahmen legt bereits die allgemeine Dogmatik eine Interessenabwägung zur Ermitt-
lung des Umfangs der Obliegenheit nahe. Soweit im Rahmen von Obliegenheiten generell auf den
durchschnittlichen VN oder eine nicht versicherte Person in derselben Lage als Maßstab abgestellt
wird, ist dies nicht anderes, da jene/r eben auch Abwägungen vornimmt. Nichts anderes geschieht bei
74
der Prüfung der Zumutbarkeit einer Rettungsmaßnahme im Rahmen des § 82 VVG.

Auch wenn im Weiteren auf den „Problemfall“ der Regressobliegenheit, die zur Verjährungshemmung
nötige Regressklage, eingegangen werden soll, sei zunächst in Erinnerung gerufen, dass es die VN-In-
teressen weniger tangierende Maßnahmen gibt. Je geringer der Aufwand insgesamt ist, je unproble-
matischer „kippt die Interessen-Waage“ in die Richtung des VR. Bereits die Statuierung der Obliegen-
heit für sich genommen, aber auch der Vergleich zur Mitwirkungspflicht in Alt. 2

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machen deutlich, dass von dem VN durchaus ein gewisser „Mindesteinsatz“ erwartet werden kann. In-
sofern, der Normintention folgend, hat die „Interessen-Waage“ eine gewisse Neigung zugunsten des
Risikoträgers und nicht jeder VN-Aufwand steht der Annahme einer Obliegenheit entgegen. Zuguns-
ten des VR wirken insbesondere Faktoren wie die Regresshöhe, eine hohe Solvenz des Schuldners und
eine hohe Wahrscheinlichkeit der Durchsetzbarkeit der Regressforderung.

75
Nach h.M. ist im Rahmen der Interessenabwägung, die besagt, ob eine Rettungshandlung (§ 82 VVG)
zumutbar ist, auch das Affektionsinteresse des VN zu berücksichtigen. In der Gesetzesbegründung fin-

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det sich das erwähnte Beispiel einer unzumutbaren Weisung des Kaskoversicherersauf eine Vertrags-
werkstatt, die nicht zu dem Kfz-Herstellers gehört (D I). Vor diesem Hintergrund bestehen keine Zwei-
fel daran, dass wesentliche Geschäftsbeziehungen ein berechtigtes VN-Interesse darstellen und daher
in der Abwägung zu berücksichtigen sind. Insbesondere in der Industriehaftpflichtversicherung richtet
sich der Regress eben häufig wegen eines (potentiell) mangelhaften Vorproduktes gegen den Zuliefe-
rer des VN. Da ein professioneller Haftpflichtversicherer die Branche kennt, in der der VN agiert, sich
sowohl nach Zulieferern als auch nach Abhängigkeiten erkundigt (klassische Fragen zur Risikoermitt-
lung vor Vertragsschluss), ist das ggf. dadurch entstehende Regressausfallrisiko für ihn bekannt und
kalkulierbar. Dass dies auch die VR außerhalb der Schadenbearbeitung als legitimes Interesse sehen,
ist daran erkennbar, dass in Industriepolicen zumeist deckungsunschädlich gestellt wird, wenn der VN
vor dem Schadenfall auf einen Regress durch entsprechende Vertragsgestaltung z.B. mit dem Zuliefe-
rer verzichtet.

Auch wenn stets der Einzelfall zu betrachten ist, dürfte es dem VN obliegen, z.B. Beweissicherungen
mit geringem Aufwand (z.B. Fertigen von Fotos oder Festhalten von Kontaktdaten von Zeugen) durch-
zuführen, Strafanzeige zu stellen, die Ermittlungen zu unterstützen, den Regressschuldner mittels ein-
fachem Schreiben in den Verzug zu setzen und Verjährungseinredeverzichtsgesuche zu versenden.

3. Aufwendungen einer Regressklage als unzumutbare Belastung

In Ermangelung eines Aufwendungsersatzanspruchs und einer Rechtfertigung einer zusätzlichen Be-


lastung oberhalb eines „Mitwirkens“ ist es dem VN ohne Kostenübernahme durch den VR nicht zu-
mutbar, eine Regressklage zu erheben. Denn damit wird er zum Schuldner bzgl. der Kosten und trüge
das Erstattungsrisiko zzgl. einer nötigen Vorfinanzierung. Zudem obliegt ihm sodann die Einschätzung
der Erfolgsaussichten. Damit würde, wie ausgeführt, der VR ohne hinreichenden Grund privilegiert
(s. D III und IV). Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn der VN den VR nicht bzw. nicht rechtzei-
tig informiert und ihm damit, - dem Schutzzweck zuwider -, die Möglichkeit nimmt, darüber zu ent-
scheiden, ob er den Regress will und die Kosten eines Prozesses (oder sonstiger Maßnahmen) über-
nimmt. Im Rahmen der Abwägung ist wegen dieses Verhaltens des VN in diesem Fall dessen Kosten-
belastung auszuklammern, so dass (nur) die potentiell verbleibenden Interessen des VN gegen dieje-
nigen des VR gewichtet werden müssen. Gibt es keine wesentlichen Interessen auf Seiten des VN, hat
er durch die Klageerhebung den Anspruch zu „wahren“. Dies entspricht sodann auch wiederum dem
Schutzzweck: Der VN muss in dem Maße agieren, wie die strukturellen Defizite reichen. Informiert der
VN dann später den VR über die Klageerhebung, muss dieser sich „bekennen“, ob er den Regress will
(dazu sogleich unter F 5).

4. Schadenregulierung als Prozess und Abhängigkeit der Obliegenheiten vom Verhalten


der Beteiligten

Wie bereits vorstehend angedeutet, kann die Obliegenheit des VN durch das Verhalten des VR - aber
auch umgekehrt - ihren Inhalt verändern. Allgemein ist die Schadenregulierung im Versicherungs-
recht stark vom Austausch, aber auch von dem Verhalten des anderen Vertragspartners beeinflusst,
was sich wiederum auf die Interessen und damit auf den Inhalt der Obliegenheiten auswirkt. Zu § 31
Abs. 1 VVG führt der BGH etwa aus, dass jene Regelung „auf dem Gedanken einer kooperativen Regu-
lierung des Versicherungsfalls auf Basis eines strukturierten, von Treu und Glauben beherrschten In-
76
formations- und Kommunikationsprozesses“ beruhe. In ähnliche Richtung formuliert der BGH, wenn
77
es um diese Obliegenheit nach einer Deckungsablehnung geht. In der soeben zitierten Entscheidung
IV ZR 289/14 leitet der BGH aus dem Gedanken „einer kooperativen Regulierung“ aufgrund der kon-
78
kurrierenden Interessen ein „dialogisches Stufenmodell“ ab. Der zweite Leitsatz des zur Veröffentli-
chung in der BGHZ-Sammlung vorgesehenen Urteils zeigt, was dies bedeutet:

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„Der Versicherungsnehmer hat bei der Erhebung von Daten durch den Versicherer grundsätzlich nur
insoweit mitzuwirken, als diese zur Prüfung des Leistungsfalles relevant sind. Kann der Umfang der
Datenerhebung nicht von vornherein auf entsprechende Informationen beschränkt werden, weil dem
Versicherer noch unbekannt ist, worauf er sein Augenmerk zu richten hat, so erstreckt sich die Oblie-
genheit des Versicherungsnehmers zunächst auf die Einholung solcher weniger weitreichender und
persönlichkeitsrelevanter Vorinformationen, die dem Versicherer eine Konkretisierung ermöglichen,
79
welche Informationen im Weiteren tatsächlich für die Leistungsprüfung relevant sind.“

Dies ist bei der Wahrungsobliegenheit nicht anders. Die Beteiligten können die „Interessen-Waage“
beeinflussen: Der VN kann,- freiwillig, ohne dazu verpflichtet zu sein -, seine potentiellen Obliegenhei-
ten dadurch verändern, dass er z.B. dem VR anbietet, ihn hinsichtlich der Regressdurchsetzung um-
fassend zu bevollmächtigen oder den Regressanspruch abtreten. Auf der anderen Seite kann der VR
die „Interessen-Waage“ durch Zusagen, z.B. bzgl. der Übernahme von Kosten, verändern. Entlastet er
damit den VN, reduziert sich das Gewicht seiner „Interessen-Waageschale“. Auch hierbei handelt es
sich um eine Option. Ebenso kann der VR erklären, dass er kein Interesse an dem Regress hat. Damit
entfällt die Obliegenheit in Ermangelung eines VR-Interesses.

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a) Mitwirkungsobliegenheit des VR über den Regress zu entscheiden

Beim Regress treten aber noch weitere Aspekte hinzu. Denn bei der Wahrnehmung der VR-Interessen
durch den VN, liegt es auf der Hand, dass der „Geschäftsherr“ auch „sein Glück“ in „seinen Händen“
haben sollte. Dies geht natürlich nur über einen dahin gehenden Austausch unter Bereitstellung von
Informationen, weshalb in ähnlichen Konstellationen das BGB dahingehende Rechte und Pflichten vor-
sieht (§§ 665 f. BGB; § 681 S. 1 und S. 2 BGB) und dem Gläubiger Mitwirkungsobliegenheiten aufer-
legt.

Dient die Wahrungsobliegenheit dem Interesse des VR und ist er der Geschäftsherr, der Risiko und
Chance auf sich vereinigt, ist es auch an ihm, die maßgeblichen Entscheidungen zu treffen. Somit
läuft der VN auch nicht Gefahr, Regressaussichten falsch zu beurteilen. Dies ist nicht seine Aufgabe
und es ist auch kein Grund ersichtlich, warum er statt dem VR sich diesbezüglich Gedanken machen
sollte - zumindest aus „der Perspektive Wahrungsobliegenheit“. Damit wird sogleich ein Gleichlauf mit
dem sonstigen Konzept und der Risikoverteilung im gesetzlichen Regelfall hergestellt.

Folglich trifft den VR eine Mitwirkungsobliegenheit, sich klar und mit ausreichendem Vorlauf vor ei-
nem drohenden Fristablauf zu äußern. Im Werkvertragsrecht ist dies eine Selbstverständlichkeit: Der
Besteller (z.B. der Bauherr) muss dem Unternehmen (etwa einem Handwerker) sagen muss, was er
80 81
will (§§ 642 f. BGB ). Entsprechendes gilt im Auftragsrecht .

b) Gebot der „Klarheit“ auch in Unklarheit

Eine solche Mitwirkungsobliegenheit beinhaltet auch eine Pflicht zur Klarheit in der Kommunikation
und Willensbekundung. Insbesondere eine Kostenübernahme „im Rahmen und Umfang des Versiche-

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rungsvertrags“ ist ein klassisches Negativbeispiel aus der Regulierungspraxis. Verstoßt der VR gegen
seine Mitwirkungsobliegenheit, sind ihm weitere Einwendungen abgeschnitten.

Denn auch wenn der VR bezüglich etwaiger Rettungsmaßnahmen (§ 82 Abs. 2 VVG) keine Weisung er-
teilen muss, ist dort aber anerkannt, dass er später nicht einwenden kann, man habe anders handeln
82
müssen, als es der VN schließlich tat. Ganz ähnlich entscheidet der BGH in Bezug auf Freistellungs-
83
ansprüche (auch aber nicht nur im Rahmen der Haftpflichtversicherung): Hatte der Freistellungs-
schuldner die Möglichkeit, seiner Pflicht nachzukommen, ließ er aber diese verstreichen, ist ihm der
Einwand, ein alternatives Verhalten des Freistellungsgläubigers hätte den zu ersetzenden Schaden
84
gemindert, abgeschnitten. Wie der BGH für die Haftpflichtversicherung in st. Rspr. es beschreibt ,
lässt der VR dem VN freie Hand.

Insbesondere kann der VR, hat der VN ihn soweit informiert, wie er selbst Kenntnis hat, sich nicht dar-
auf berufen, ihm sei die Deckungssituation und/oder die Regresslage unklar. Wie wiederholt erwähnt,
ist dies ein vom VR zu tragendes Risiko. Er muss entscheiden - auf der Basis der bekannten Informa-
tionen. Schließlich kann und muss der VN die Lage (Deckung und Regressaussichten) nicht besser ein-
schätzen können und in der Praxis wird die Frage, ob eine Regressklage erhoben werden soll, immer
eine Risikoabwägung mit vielen Komponenten und Zweckmäßigkeitserwägungen sein.

5. Die Regressklage und die Wahrungsobliegenheit

Damit ergibt sich sodann im praxisrelevanten Problemfall der aufgrund Verjährung einzulegenden Re-
gressklage folgendes Bild:

• Informiert der VN den VR nicht über den Sachverhalt, der zu einem Regress führen könnte, ver-
stößt er gegen die Wahrungsobliegenheit. Die weiteren Voraussetzungen des Leistungskürzungs-
rechts sind zu prüfen.

• Ist der VR informiert und möchte er den Regress führen, muss er den VN dahingehend instruieren
und die Kosten tragen (§ 670 BGB analog). Gemäß § 669 BGB analog besteht ein Vorschussan-
spruch. Dem VR ist es stets unbenommen, die Kosten unabhängig etwaiger Zusagen zur Deckung
zu übernehmen. Daher sind vermeintliche Unklarheiten zur Deckung kein Argument. Bei einer
Kostenzusage können sodann nur noch wesentliche dem Regress entgegenstehende VN-Inter-
essen gegen eine Obliegenheit zur Regressklage sprechen - sie müssten aber den VR-Interessen
an dieser überwiegen.

• Soweit der VR (teilweise) keinen Regress möchte und/oder keine Kostenübernahme erklärt, über-
wiegen die VN-Interessen und ihn trifft keine Obliegenheit zur Wahrung (im Sinne einer Klageer-
85
hebung). Selbiges gilt bei einer Deckungsablehnung oder wenn der VR sich in angemessener
Frist nicht zu dem Regress äußert.

• Für den Fall, dass der VR keinen Regress will, ist es weiterhin dem VN unbenommen, diesen doch
zu führen. Einen Aufwendungsersatzanspruch hat der VN dann allerdings nicht. Reguliert der VR
aber später ganz oder teilweise und geht damit die streitgegenständliche Forderung per cessio
legis auf ihn über, bleibt der VN Partei des Prozesses. Durch den (ggf. teilweisen) Wegfall der Aktiv-
legitimation bedarf es aber einer Änderung des ursprünglichen Klageantrags. An diesem Punkt
ergibt sich sodann die Frage, ob der VR die Regressklage ganz oder teilweise fortsetzen will. Ist
dies der Fall, liegt darin eine Genehmigung i.S.v. §§ 687 S. 2, 684 S. 2, 670 BGB,

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die dem VN einen Aufwendungsersatzanspruch zubilligt. Will der VR, seiner ursprünglichen Ein-
gebung folgend, den Prozess nicht fortführen, steht der VN nicht besser und nicht schlechter bzw.
muss die Folgen seiner Entscheidung, den Prozess zu führen, tragen. Er kann dann durch Klage-
rücknahme die Kosten reduzieren. Selbstredend kann er bzgl. nicht übergegangener, anhängiger
Forderung den Prozess unverändert fortsetzen. Will der VR die Fortführung bzgl. seines Teils nicht,
hat der VN gegenüber dem VR aber im Innenverhältnis ein Recht darauf, ohne die Einwilligung
den Prozess auch hinsichtlich des übergangenen Anspruchs fortzusetzen. Denn so kann er seine
Chance auf ein Obsiegen in der Sache wahren, mithin eine Erstattung seiner Kosten vom Gegner
erlangen. So sind die Prozesskosten ein Verzugsschaden, der in Ermangelung einer Regulierung
nicht auf den VR übergeht.

G. Fazit

Die Wahrungsobliegenheit des § 86 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 VVG ist keine uferlose Pflicht. Vielmehr muss auf
der Ebene des Tatbestands der Obliegenheit genau geprüft werden, wessen Interessen überwiegen:
die des VN oder jene des VR. Als letzte Möglichkeit („Notwehr“) des VN verbleibt ihm stets, die Re-
gressforderung an den VR (auflösend bedingt) abzutreten. Dies ist aber nur eine Option.

Insgesamt ist kein Grund ersichtlich, warum der VR vor seiner Regulierung an den VN gegenüber dem
gesetzlichen und praktischen Regelfall, - Regulierung durch den VR, Regress-Forderungsübergang und
anschließende Durchsetzung der Regressansprüche durch den Risikoträger und auf dessen Kosten -,
privilegiert werden sollte. Auch der gesetzgeberisch intendierte, umfassendere Schutz des VR ist hier-
für keine Rechtfertigung. Vielmehr gebieten Systematik sowie Sinn und Zweck der Norm hinsichtlich
der Risiken und etwaiger Kosten einer Wahrung einen Gleichlauf zum Regelfall. Zudem kann dem VN
nur dann eine Wahrung obliegen, wenn und soweit jene Maßnahme erforderlich und ihm zumutbar ist.
Insbesondere die Risiken und ggf. anfallende Kosten sind vom VR zu tragen.

Inhalt der Wahrungsobliegenheit ist zunächst die Anzeige des dem Regress zugrunde liegenden Sach-
verhalts. Dann kann sich der VR, soweit er dies möchte und ggf. unter Einbindung des VN (aber nur
soweit dessen Mithilfe erforderlich ist), „ein Bild von der Lage“ machen. Der Risikoträger muss sich
sodann in der jeweiligen Lage, z.B. wenn die Verjährung droht, entscheiden, ob er den Regress weiter-
verfolgen will und bejahend wie. Ihn trifft als „Geschäftsherr“ eine dahin gehende Mitwirkungsoblie-
genheit.

Bei kostenauslösenden Maßnahmen (bspw. die Vorbereitung einer Klage) trifft den VN nur dann und
soweit eine Obliegenheit Entsprechendes zu veranlassen, wenn der Risikoträger vorab und vorbe-
haltslos die Übernahme der Kosten erklärt. Andernfalls ist dem VN die Durchführung jener unzumut-
bar. Dies gilt auch dann, wenn der VR die Deckungs- und/oder Regresssituation nicht überblicken oder
prüfen kann.

Denn der Regress ist die Sache des VR, sein Risiko und seine Chance. Der VN ist dagegen aus der ver-
sicherungsrechtlichen Perspektive hinsichtlich des Regresses einem Beauftragten ähnlich. Folglich hat
der VR zu entscheiden, und der VN hat ein berechtigtes Interesse an Rechtssicherheit und ist vor aus-
ufernden Obliegenheiten, die seinen Deckungsanspruch faktisch auflösen könnten, zu schützen. Ein
abweichendes Verständnis ist weder mit Inhalt des Versicherungsvertrags noch mit dem Konzept des

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§ 86 VVG vereinbar. Zugleich muss dann aber gelten, dass der VN für Maßnahmen, die er gegen den
Willen des VR durchführt, kein Aufwendungsersatz zusteht - zumindest insoweit ist eine Analogie zu
§ 83 Abs. 1 VVG abzulehnen.

Fußnoten

*)
Der Autor Dr. Christian Eley, MBA, ist Strategic Relationship Manager im Bereich „Claims Advo-
cacy“ beim Industrieversicherungsmakler AON. Dieser Beitrag gibt ausschließlich seine persön-
liche Auffassung wieder.

1)
Im Weiteren wird zur Vereinfachung nur von dem VN gesprochen. Die Überlegungen sind auf
versicherte Personen im Fall einer Versicherung für fremde Rechnung entsprechend übertrag-
bar.

2)
Es kommt in der Praxis vor, dass der Ersatzpflichtige durchaus bereit wäre, dies zu tun, aber
sein Haftpflichtversicherer ihm dies untersagt.

3)
BT-Drucks. 16/3945, 81.

4)
S. im Einzelnen dazu und dort mit Nachweisen: Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 31. Aufl.
2021, § 86 Rz. 3 ff.

5)
BGH v. 18.10.2018 - III ZR 236/17, Rz. 18, VersR 2018, 1502 unter Verweis auf BGH v.
20.11.1980 - III ZR 31/78, BGHZ 79, 35 Rz. 52 = VersR 1981, 233.

6)
Teilweise wird zur Bestimmung des Umfangs der Obliegenheit darauf abgestellt, was eine un-
versicherte Person vernünftigerweise zur Wahrung des Anspruches tun würde; so bspw. Arm-
brüster in Prölss/Martin, VVG, 31. Aufl. 2021, § 86 Rz. 74; inhaltlich wohl ebenso Wandt, Versi-
cherungsrecht, 6. Aufl. 2016, S. 389, Rz. 1013. Andernorts wird hingegen jedes Handeln oder
Unterlassen, das die Regressmöglichkeit des Versicherers einschränkt oder verhindert, als
Maßstab herangezogen; so Harsdorf-Gebhardt in Martin/Reusch/Schimikowski/Wandt, Sachver-
sicherung, 4. Aufl. 2022, § 30, Rz. 58; Langheid in Langheid/Rixecker, VVG, 7. Aufl. 2022, § 86
Rz. 47 f.

7)
Segger in Langheid/Wandt, MünchKomm/VVG, 3. Aufl. 2022, § 86 Rz. 300 ff.; Möller/Segger in
Langheid/Wandt, MünchKomm/VVG, 2. Aufl. 2016, § 86 Rz. 291; obwohl Rust in BeckOK, VVG,
15. Edition, Stand 2.5.2022, § 86 Rz. 100 f. insgesamt ähnlich kommentiert, fällt auf, dass der
Maßstab des „betrauten Rechtsanwalts“ nicht genannt wird. Zudem weicht Rust, ebd., Rz. 107,
dann doch wesentlich ab, wenn er einen Aufwendungsersatz gem. § 83 Abs. 1 VVG analog be-
jaht.

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8)
Segger in Langheid/Wandt, MünchKomm/VVG, 3. Aufl. 2022, § 86 Rz. 301 f.; ebenso Rust in Be-
ckOK, VVG, 15. Ed. 2.5.2022, § 86 Rz. 101, der auf Segger in MünchKomm verweist.

9)
Segger in Langheid/Wandt, MünchKomm/VVG, 3. Aufl. 2022, § 86 Rz. 300.

10)
Möller/Segger in Langheid/Wandt, MünchKomm/VVG, 2. Aufl. 2016, § 86 Rz. 287 ff.

11)
Segger in Langheid/Wandt, MünchKomm/VVG, 3. Aufl. 2022, § 86 Rz. 303 f.

12)
Segger in Langheid/Wandt, MünchKomm/VVG, 3. Aufl. 2022, § 86 Rz. 303.

13)
Segger in Langheid/Wandt, MünchKomm/VVG, 3. Aufl. 2022, § 86 Rz. 304.

14)
Beweislast bei VN sehend: Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 31. Aufl. 2021, § 86 Rz. 83; Be-
weislast beim Versicherer sehend: Wandt, Versicherungsrecht, 6. Aufl. 2016, S. 390, Rz. 1014;
Segger in Langheid/Wandt, MünchKomm/VVG, 3. Aufl. 2022, § 86 Rz. 307 f.; Hormuth in Beck-
mann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, 3. Aufl. 2015, 1. Teil., 5. Abschn.,
§ 22 Rz. 100; Rust in BeckOK, VVG, 15. Ed. 2.5.2022, § 86 Rz. 187; Voit in Bruck/Möller, VVG,
9. Aufl. 2009, § 86 Rz. 160; KG v. 5.10.2001 - 6 U 7340/99, VersR 2002, 1541, 1543 f.

15)
Zur Abtretung unter einer Bedingung: BGH v. 7.12.2011 - IV ZR 16/11, Rz. 29 ff., juris.

16)
Rust in BeckOK, VVG, 15. Ed. 2.5.2022, § 86 Rz. 187.

17)
Rust in BeckOK, VVG, 15. Ed. 2.5.2022, § 86 Rz. 187; Voit in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2009,
§ 86 Rz. 160; ebenso und umfassend auch auf die Gegenauffassung eingehend: Wandt, Versi-
cherungsrecht, 6. Aufl. 2016, S. 390, Rz. 1014.

18)
Rust in BeckOK, VVG, 15. Ed. 2.5.2022, § 86 Rz. 187; Voit in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2009,
§ 86 Rz. 160.

19)
Plastisch zu den Verkehrssicherungspflichten formuliert: BGH v. 19.1.2021 - VI ZR 210/18,
ECLI:DE:BGH:2021:190121UVIZR210.18.0, VersR 2021, 452 Rz. 24 f.

20)

- Seite 18 von 25 -
Spickhoff, JuS 2016, 865, 871.

21)
BGH v. 18.2.2014 - VI ZR 51/13, VersR 2014, 481 = juris Rz. 7; BGH v. 10.10.2013 - III ZR
345/12, BGHZ 198, 265 = juris Rz. 27; Seichter in Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdin-
ger, jurisPK/BGB, 9. Aufl., § 277 BGB (Stand: 26.1.2021), Rz. 9.

22)
Caspers in Staudinger, BGB, 2019, § 276 Rz. 3 ff., 50 dort auch zur Differenzierung zwischen
äußerer und innerer Sorgfalt; Raab, JuS 2002, 1041, 1048; BGH v. 17.3.1981 - VI ZR 191/79,
BGHZ 80, 186 Rz. 33 = VersR 1981, 639 = juris; umfassend dazu auch: Ernst in Münch-
Komm/BGB, 9. Aufl. 2022, § 280 Rz. 14 ff.

23)
BT-Drucks. 16/3945, 49.

24)
BT-Drucks. 16/3945, 49.

25)
Beispielhaft: BGH v. 16.12.2020 - XII ZR 28/20, ECLI:DE:BGH:2020:161220UXIIZR28.20.0,
Rz. 35, juris.

26)
Jülch in Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK/BGB, 9. Aufl., § 688 BGB (Stand:
1.2.2020), Rz. 32.

27)
Heymann in Heymann, HGB, 2. Aufl., § 467 - Lagervertrag, Rz. 11.

28)
BGH v. 19.1.2021 - VI ZR 210/18, ECLI:DE:BGH:2021:190121UVIZR210.18.0, VersR 2021, 452
Rz. 11 m.w.N.

29)
Fischer, StGB, 65. Aufl. 2018, § 13 Rz. 81; Nomos Kommentar StGB/Gaede, 5. Aufl. 2017, § 13
Rz. 17; Weigend in Laufhütte u.a., StGB Leipziger Kommentar, 13. Aufl. 2020, § 13 Rz. 68
m.w.N. und zur Gegenmeinung.

30)
Zur Bestimmung von Obhutspflichten des Treuhänders bzw. des Beauftragten unter Berück-
sichtigung der Zumutbarkeit s. Olzen in Staudinger, BGB, 2019, § 241 Rz. 495 ff. m.w.N.; für
Schutzpflichten: BGH v. 22.8.2019 - III ZR 113/18, ECLI:DE:BGH:2019:220819UIIIZR113.18.0,
VersR 2019, 1381 = juris Rz. 15; BGH v. 19.7.2018 - VII ZR 251/17, Rz. 18, VersR 2019, 53 =

- Seite 19 von 25 -
juris; für Prüfpflichten eines Werkunternehmers, ob das Vorwerk eine geeignete Grundlage bil-
det: BGH v. 30.6.2011 - VII ZR 109/10, Rz. 11, juris m.w.N.

31)
BT-Drucks. 16/3945, 81 f.

32)
Mit engem Verständnis wie dargestellt: LG Hamburg v. 8.11.2004 - 415 O 108/04, Rz. 27, ju-
ris; LG Dortmund v. 11.11.2004 - 2 O 86/02, Rz. 37-39, juris; OLG Hamm v. 23.8.1991 - 20 W
30/91, Rz. 3 f., juris; a.A.: OLG München v. 29.8.1999 - 7 U 1944/99, BeckRS 1999, 30071329,
beck-online: „ ,Aufgabe‘ wird definiert als jedes Handeln, das zum Verlust des Erstattungsan-
spruches führt oder seine Realisierung hindert wie z.B. auch eine Verrechnung, die Regreßan-
sprüche praktisch aussichtslos macht.“ So auch: LG Köln v. 7.10.2004 - 24 O 516/03, Rz. 23, ju-
ris; ähnlich Günther, Der Regress des Sachversicherers, 6. Aufl., A. Anspruchsübergang, 1.4.

33)
Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 31. Aufl. 2021, § 86 Rz. 68 m.w.N.; Voit in Bruck/Möller, VVG,
9. Aufl. 2009, § 86 Rz. 148; LG Dortmund v. 11.11.2004 - 2 O 86/02, Rz. 37, juris.

34)
Voit in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2009, § 86 Rz. 153; Koch in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2009,
§ 82 Rz. 59.

35)
BGH v. 16.11.1992 - II ZR 184/91, BGHZ 120, 216 Rz. 7 = VersR 1993, 312.

36)
Der BGH spricht diesen Aspekt im Urt. v. 16.11.1992 - II ZR 184/91, BGHZ 120, 216, Rz. 7 =
VersR 1993, 312 an, führt dies aber nicht weiter aus. Dort aber mit Nachweisen für diese, ei-
ne Rettungsobliegenheit verneinende Auffassung; die Anwendbarkeit ebenfalls verneinend: LG
Hamburg v. 8.11.2004 - 415 O 108/04, Rz. 26, juris; LG Dortmund v. 11.11.2004 - 2 O 86/02,
Rz. 43.

37)
Koch in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2009, § 82 Rz. 59.

38)
Car in BeckOK VVG, 13. Ed. 5.11.2021, § 82 Rz. 9; Voit in Prölss/Martin, VVG, 31. Aufl. 2021,
§ 82 Rz. 11.

39)
BT-Drucks. 16/3945, 81; Schimikowski, VersVertrR, 6. Teil., VI., Rz. 362; Ruß in BeckOK VVG,
13. Ed. 5.11.2021, VVG § 86 Rz. 95; Möller/Segger in Langheid/Wandt, MünchKomm/VVG,
2. Aufl. 2016, § 86 Rz. 286 f.; Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 31. Aufl. 2021, § 86 Rz. 68;
Langheid, NJW 2007, 3745, 3746; ders. in Langheid/Rixecker, VVG, 6. Aufl. 2019, § 86 Rz. 46;
Voit in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2009, § 86 Rz. 148; LG Dortmund v. 11.11.2004 - 2 O 86/02,

- Seite 20 von 25 -
Rz. 37, juris. OLG München v. 29.8.1999 - 7 U 1944/99, BeckRS 1999, 30071329, beck-online;
ähnlich Günther, Der Regress des Sachversicherers, 6. Aufl., A. Anspruchsübergang, 1.4.

40)
Wie hier auch: Harsdorf-Gebhardt in Martin/Reusch/Schimikowski/Wandt, Sachversicherung,
4. Aufl. 2022, Rz. 61.

41)
Voit in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2009, § 86 Rz. 112 ff. Zu diesen Punkten, die für sich min-
destens eigene Aufsätze problemlos füllen können, kann hier nur auf die einschlägige Litera-
tur verwiesen werden. Diesbezüglich sei insbesondere auf die lesenswerte Kommentierung von
Voit zu § 86 VVG (Voit in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2009) verwiesen.

42)
BT-Drucks. 16/3945, 80.

43)
BGH v. 6.5.1985 - II ZR 162/84, VersR 1985, 730, 731; BGH v. 12.7.1972 - IV ZR 23/71, NJW
1972, 1809, 1809.

44)
BT-Drucks. 16/3945, 80.

45)
OLG Saarbrücken v. 7.11.2018 - 5 U 22/18, VersR 2019, 353, 357.

46)
Für alle: Rust in BeckOK, VVG, 15. Edition, Stand 2.5.2022, § 86 Rz. 96, s. auch Rz. 107. Möl-
ler/Segger in Langheid/Wandt, MünchKomm/VVG, 2. Aufl. 2016, § 86 Rz. 288 formulieren „pri-
mär“ dem Versicherer-Interesse dienend.

47)
BT-Drucks. 16/3945, 81.

48)
Wird auch als „Schadenverlauf“, „Schadenquote“ oder „loss record“ bezeichnet.

49)
S. dazu BGH v. 23.5.2006 - VI ZR 259/04, VersR 2006, 1076 = NJW 2006, 2399, 2400 m.w.N. in
der BGH-Rspr.; Streyl in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 15. Aufl. 2021, BGB, § 548, Rz. 33.

50)
Voit in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2009, § 86 Rz. 153 eine Analogie bejahend, aber eine Anwen-
dung des § 83 Abs. 2 VVG verneinend; Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 31. Aufl. 2021, § 86
Rz. 75, der § 83 VVG analog anwenden will (wohl auch dann dessen Abs. 2); Rust in BeckOK,

- Seite 21 von 25 -
VVG, 15. Edition, Stand 2.5.2022, § 86 Rz. 107, der den Rechtsgedanken von § 83 Abs. 1 VVG
heranzieht.

51)
BGH v. 21.3.1977 - II ZR 30/75, VersR 1977, 709, 710.

52)
BGH v. 21.3.1977 - II ZR 30/75, VersR 1977, 709, 710.

53)
Koch in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2009, § 83 Aufwendungsersatz, Rz. 6.

54)
Klimke in BeckOK VVG, 15. Ed. 2.5.2022, § 83 Rz. 1 und 1.1.

55)
Klimke in BeckOK VVG, 15. Ed. 2.5.2022, § 83 Rz. 1 und 1.1.

56)
Klimke in BeckOK VVG, 15. Ed. 2.5.2022, § 83 Rz. 1.1 und Rz. 61 m.w.N.

57)
Klimke in BeckOK VVG, 15. Ed. 2.5.2022, § 83 Rz. 1.1 und Rz. 22 m.w.N.; Looschelders in Lang-
heid/Wandt, MünchKomm/VVG, 3. Aufl. 2022, § 83 Rz. 19.

58)
Klimke in BeckOK VVG, 15. Ed. 2.5.2022, § 83 Rz. 1.1 m.w.N.

59)
Klimke in BeckOK VVG, 15. Ed. 2.5.2022, § 83 Rz. 1.1 und Rz. 18 m.w.N.; Looschelders in Lang-
heid/Wandt, MünchKomm/VVG, 3. Aufl. 2022, § 83 Rz. 18 m.w.N.

60)
Koch in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2009, § 83 Aufwendungsersatz, Rz. 7.

61)
Klimke in BeckOK VVG, 15. Ed. 2.5.2022, § 83 Rz. 3 unter Verweis auf: Schmidt-Kessel in Loo-
schelders/Pohlmann, VVG, 3. Aufl. 2016, § 83 Rz. 3.

62)
Klimke in BeckOK VVG, 15. Ed. 2.5.2022, VVG § 83 Rz. 3 unter Verweis auf: Schmidt-Kessel in
Looschelders/Pohlmann, VVG, 3. Aufl. 2016, § 83 Rz. 3.

63)
Für alle: Kassing in Martin/Reusch/Schimikowski/Wandt, Sachversicherung, 4. Aufl. 2022,
Rz. 37.

- Seite 22 von 25 -
64)
Koch in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2009, § 83 Aufwendungsersatz, Rz. 8; Looschelders in Lang-
heid/Wandt, MünchKomm/VVG, 3. Aufl. 2022, § 83 Rz. 2 m.w.N.; Einschätzung, dass dies die
h.M. ist auch bei: Schimikowski in HK-VVG, 4. Aufl. 2020, § 83 Rz. 1.

65)
Koch in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2009, § 83 Aufwendungsersatz, Rz. 8.

66)
Ähnlich diesbezüglich wie hier: Rust in BeckOK, VVG, 15. Edition, Stand 2.5.2022, § 86 Rz. 107,
der lediglich den Rechtsgedanken von § 83 Abs. 1 VVG heranzieht.

67)
Eine gegen die berechtigten Interessen des VN verstoßende Weisung ist unzumutbar; Wandt,
Versicherungsrecht, 6. Aufl. 2016, S. 369, Rz. 959; vgl. Bsp. in der Gesetzesbegründung, BT-
Drucks. 16/3945, 80; die Weisung, einen legitimen Rettungsversuch zu unterlassen, verstoßt
aber per se gegen die berechtigten VN-Interessen, nämlich jene, das versicherte Risiko zu
schützen.

68)
So auch Voit in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2009, § 86 Rz. 153 eine Analogie bejahend, aber ei-
ne Anwendung des § 83 Abs. 2 VVG verneinend.

69)
BGH v. 18.12.1996 - IV ZR 321/95, VersR 1997, 351 = NJW 1997, 1012, 1013.

70)
Umfassend dazu Bergmann in Staudinger, BGB, 2020, Vorbemerkung zu §§ 677 Rz. 187.

71)
Dies aus § 31 Abs. 1 VVG bzw. § 242 BGB herleitend: Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 31. Aufl.
2021, § 31 Rz. 7; Wandt in Langheid/Wandt, MünchKomm/VVG, 3. Aufl. 2022, § 31 Rz. 47.

72)
„Das Unterlassen dieser Mitteilung stellt nach Ansicht der Kammer ein Minus zur Aufgabe des
Anspruchs dar. Es ist daher entsprechend den Grundsätzen des § 67 l 3 VVG [a.F. - Anm. des
Verfassers] zu lösen“; LG Dortmund v. 11.11.2004 - 2 O 86/02, Rz. 47, juris. Die Meinung des
Gerichts, dass das damals geltende Aufgabeverbot derart „gedehnt“ werden durfte, wird hier
nicht geteilt.

73)
LG Dortmund v. 11.11.2004 - 2 O 86/02, Rz. 47, juris.

74)
Looschelders in Langheid/Wandt, MünchKomm/VVG, 3. Aufl. 2022, § 82 Rz. 37.

75)

- Seite 23 von 25 -
Looschelders in Langheid/Wandt, MünchKomm/VVG, 3. Aufl. 2022, § 82 Rz. 38; Koch in Bruck/
Möller, VVG, 9. Aufl. 2009, § 82 Abwendung und Minderung des Schadens, Rz. 100; Schimikow-
ski in HK-VVG, 4. Aufl. 2020, § 82 Rz. 15; Voit in Prölss/Martin, VVG, 31. Aufl. 2021, § 82 Rz. 16.

76)
BGH v. 22.2.2017 - IV ZR 289/14, VersR 2017, 469 = NJW 2017, 1391, 1393.

77)
BGH v. 13.3.2013 - IV ZR 110/11, Rz. 26, VersR 2013, 609 = juris, dort m.w.N.

78)
Anm. Looschelders zu BGH v. 22.2.2017 - IV ZR 289/14, VersR 2017, 469 = NJW 2017, 1391,
1397.

79)
BGH v. 22.2.2017 - IV ZR 289/14, VersR 2017, 469 = NJW 2017, 1391.

80)
S. umfassend zu der ähnlich gelagerten Situation im Werkvertragsrecht: Jurgeleit in Kiffka/Kö-
bele, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl. 2020, Teil 7, Rz. 35 ff.

81)
Schäfer in MünchKomm/BGB. 8. Aufl. 2020, § 662 Rz. 80 m.w.N.

82)
Voit in Prölss/Martin, VVG, 31. Aufl. 2021, § 82 Rz. 22 m.w.N.

83)
Bspw.: BGH v. 24.6.1970 - VIII ZR 268/67, Rz. 52, juris; BGH v. 19.4.2002 - V ZR 3/01, Rz. 7, ju-
ris.

84)
BGH v. 7.2.2007 - IV ZR 149/03, Rz. 1, juris; BGH v. 7.2.2007 - IV ZR 149/03, BGHZ 171, 56,
Rz. 12 m.w.N = VersR 2007, 1116.

85)
Soweit das OLG Saarbrücken v. 7.11. 2018 - 5 U 22/18, VersR 2019, 353, 357 in der Literatur
häufig allgemein als „Nachweis“ angeführt wird, dass trotz Deckungsablehnung sämtliche Re-
gressobliegenheiten weiterbestünden, ist dies dem Urteil nicht zu entnehmen. So bezieht sich
das Urteil auf einen Fall des Aufgabeverbotes und das OLG führt aus, dass es dem VN keine
Nachteile bereite, wenn er während der Zeit des Deckungsprozesses den Ersatzanspruch nicht
„wegschenkt“ (ebd., S. 357). Es beantwortet, wie das OLG selbst darlegt, eben nicht die Fra-
ge, ob eine Deckungsablehnung generell alle Regressobliegenheiten unberührt lässt. Überdies
dürfte das OLG mit seiner Argumentation für einen Fall einer Wahrungsobliegenheit, die Auf-

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wendungen mit sich bringt (z.B. nötige Erhebung einer Regressklage), nicht zum gleichen Er-
gebnis kommen.

86)
S. umfassend zur Bestimmung der Fremdheit des Geschäfts über den Bergmann in Staudinger,
BGB, 2020, § 687 Rz. 16 f. Im vorliegenden Kontext ist diesbezüglich hervorzuheben, dass ge-
rade der erfolgte Forderungsübergang zeigt, dass der VN ein fremdes Geschäft führt. Selbst
wenn man dem nicht folgen wolle, ist nicht ersichtlich, warum ihm ein Anspruch über § 687 S. 2
BGB analog zugebilligt werden soll.

© VVW GmbH, Karlsruhe

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