Sie sind auf Seite 1von 9

NJW 1989, 3246 - beck-online https://beck-online.beck.de/default.aspx?printmanager=print&VPATH...

Weimar: Der Einsatz der eigenen Arbeitskraft im Schadensersatzrecht * NJW 1989, 3246

Der Einsatz der eigenen Arbeitskraft im Schadensersatzrecht * *

Professor Dr. Dr. Robert Weimar, Siegen

Der nachfolgende Beitrag setzt sich mit Problemen der Bewertung der eigenen Arbeitskraft im
Schadensersatzrecht auseinander. Es wird erörtert, nach welchen Kriterien der Einsatz der
Arbeitskraft schadensrechtlich zu bewerten ist. Der Beitrag kommt zu dem Ergebnis, daß die
geleistete Eigenarbeit ihrem sach- und arbeitsspezifischen Wert nach zu bemessen und
schadensrechtlich auszugleichen ist.

I. Das Problem und seine Reichweite

Heute sind 80 Prozent aller Kosten in der Bundesrepublik Arbeitskosten 1 - da wundert es nicht wenig, daß die
eigene Arbeitskraft und Arbeitsleistung, ihre Ersatzfähigkeit und Bewertung im Schadensersatzrecht so gut wie
unbeachtet geblieben sind. Stiefmütterlich behandelt ist vor allem das Problem, ob Ersatz dafür verlangt
werden kann, daß man sich als Betroffener in bestimmten Rechtssituationen, beispielsweise nach einem
Verkehrsunfall, bei Rechtsberührung mit dem Vermieter oder Mieter, dem Arbeitgeber oder Arbeitnehmer, aber
auch beim Kauf nicht einwandfreier Waren, bei Baumängeln, Erbauseinandersetzungen u. a. um die
Durchsetzung seiner Belange selbst kümmert und diese meist ebenso arbeitsaufwendigen wie zeitraubenden
Angelegenheiten in Eigenregie erledigt.

Eine häufig auftretende Situation: Infolge eines Verkehrsunfalls erleidet jemand Sach- und Körperschaden; der
Geschädigte nimmt die nicht rechtlich, aber tatsächlich mehr oder minder komplizierte Schadensregulierung in
die Hand, schreibt den Unfallbericht für Versicherung und Polizei, zieht einen Sachverständigen hinzu, stellt
Rechnungen zusammen, macht Verdienstausfall geltend, berechnet Nutzungsausfall und merkantilen
Minderwert seines Fahrzeugs, tritt in Schriftwechsel mit Versicherungen - kurz, er investiert Zeit und Arbeit.
Hat dafür der Schädiger bzw. dessen Versicherung einzustehen oder soll der Gläubiger den anfallenden
Arbeitsaufwand selber tragen?

Ist der Geschädigte Rechtsanwalt, so kann er wie ein Anwalt für die erbrachte Tätigkeit liquidieren 2 . Ist er es
nicht, hat der Schädiger für das unfallbedingte eigene Tätigwerden des Betroffenen, jedenfalls soweit es sich
auf die Geltendmachung und Durchsetzung von Ansprüchen bezieht, nicht aufzukommen 3 . Doch kann sich
der Betroffene wiederum dann salvieren, wenn er die Inanspruchnahme eines Anwalts für erforderlich halten
durfte 4 und er ihn mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt. Selbst bei außergerichtlicher
Schadensbereinigung gehen dann die Anwaltsgebühren zu Lasten des Schädigers 5 . Die Hinzuziehung eines
Anwalts wird schon als erforderlich angesehen, wenn der Schädiger sich bei eindeutiger Rechtslage nicht zum
Ersatz des (vollen) Schadens bereit erklärt 6 .

Damit ist deutlich: Der Gläubiger, der die eigene Arbeitskraft einsetzt, um seine Schadenssache abzuwickeln,
scheint den Wert seiner aufgewendeten Arbeitskraft grundsätzlich nicht erstattet verlangen zu können.
Beauftragt er nun, um eigene Arbeitskraft möglichst nicht zu investieren und auf eigenem Arbeitsaufwand nicht
ausgleichslos sitzen zu bleiben, bei sonst gleicher Sach- und Rechtslage einen Rechtsanwalt, so wird der
Schädiger zwar mit entsprechenden Anwaltskosten belastet, nicht aber wiederum mit den Kosten, die - sieht
man von den erstattungsfähigen Fahrtkosten für eine Informationsreise zum Anwalt ab - gerade für die oft
mühevolle Tätigkeit der (mündlichen und/oder schriftlichen) Informationsübermittlung einschließlich ihrer
Vorbereitung sowie der Beantwortung späterer unvermeidlicher Rückfragen gegenüber dem Anwalt zu
veranschlagen sind. Gleichviel, ob nun mit oder ohne Anwalt: Die entsprechenden Tätigkeiten des Gläubigers,
die in diesen Zusammenhängen notwendig werden und ihn erfahrungsgemäß besonders strapazieren, bleiben
bislang ohne Ausgleich.

An dieser Lösung sind erhebliche Zweifel anzumelden: Zunächst ist die Richtigkeit des Ergebnisses unter dem
Aspekt des gewandelten Schadensbegriffs zu untersuchen (unten II). Sodann ist zu prüfen, nach welchen
Kriterien der Einsatz der Arbeitskraft schadensrechtlich zu bewerten ist (unten III). Abschließend geht es um
einige Konsequenzen des hier entwickelten Ansatzes (unten IV).

II. Arbeit als vermögenswertes Gut

1 von 9 18.11.2014 13:26


NJW 1989, 3246 - beck-online https://beck-online.beck.de/default.aspx?printmanager=print&VPATH...

Außervertragliche Rechtsgutsverletzungen verlangen regelmäßig ebenso wie Vertragsverletzungen einen


Ausgleich des durch sie entstandenen materiellen Schadens. Die Ersatz-

Weimar: Der Einsatz der eigenen Arbeitskraft im Schadensersatzrecht * (NJW 1989, 3246) 3247

pflicht setzt unabhängig von Person und Stand des Gläubigers voraus, daß der Schaden eine adäquate
Folge der Rechtsguts- bzw. Vertragsverletzung darstellt. Wer seine Arbeitskraft freiwillig einsetzt, erleidet
schon keine Einbuße. Anders liegt es, wenn der Einsatz der Arbeitskraft nach der Sachlage schuldnerseits
“herausgefordert” ist und eine nicht ungewöhnliche Reaktion auf das haftungsbegründende Ereignis darstellt 7 .
Fraglich kann allerdings sein, ob ein derartiger Einsatz der Arbeitskraft überhaupt als materieller Schaden zu
qualifizieren ist.

1. Freizeit und Arbeitskraft

Vorweg: Es geht hier weniger darum, entgangene oder vertane Freizeit als ersatzfähigen (Vermögens-)
Schaden 8 zu postulieren. Nicht der Umstand also, daß der Gläubiger einen Spaziergang oder eine andere
Freizeitbeschäftigung hat ausfallen lassen müssen, um sich statt dessen für die Wiederherstellung seiner
beeinträchtigten Rechtssphäre einzusetzen, steht in Rede, sondern der dadurch induzierte Einsatz seiner
Arbeitskraft selbst.

Die Rechtsprechung 9 vertritt in weitgehender Übereinstimmung mit der h. L. 10 die Auffassung, Arbeitskraft
und Erwerbsfähigkeit seien als Eigenschaften der Person keine vermögenswerten Güter; der Ausfall der
Arbeitskraft allein begründe daher keinen materiellen Schaden.

Allerdings ist in mehrfacher Hinsicht zu differenzieren: Erhält ein verletzter Arbeitnehmer gesetzlich oder
vertraglich sein Gehalt weiter oder erhält er im Rahmen des Systems der kollektiven Sicherheit Leistungen mit
Lohnersatzfunktion, so entlastet dies den Schädiger nicht 11 . Die im Haushalt tätige Ehefrau und Mutter, die
infolge einer Verletzung die ihr als Unterhaltsbeitrag obliegende Hausarbeit nicht leisten kann, hat auch dann
einen Ersatzanspruch in Höhe der Kosten einer Ersatzkraft, wenn eine solche nicht eingestellt wird 12 . Der
GEMA soll ein Anspruch auf (anteiligen) Ersatz von Kosten ihrer Kontrollorganisation zustehen, wenn
musikalische Urheberrechte verletzt werden 13 . Umgekehrt sollen grundsätzlich weder die Mühewaltung bei
Feststellung des Schadens 14 noch die Zeit, die der Geschädigte zur Rechtswahrnehmung bei der Abwicklung
des Schadensfalles aufwendet 15 , einen ersatzfähigen Schaden begründen; dies grundsätzlich nicht einmal
dann, wenn der Geschädigte hierfür eigenes Personal angestellt hat 16 .

Setzt aber der Geschädigte (außerhalb der Bemühungen um die eigentliche Rechtswahrnehmung) bei der
Schadensbeseitigung (Schadensminderung) eigene, nach der betrieblichen Organisation in anderen Bereichen
tätige Arbeitnehmer ein, kann er deren anteilige Lohnkosten 17 ersetzt verlangen 18 . Hat demgegenüber der
Geschädigte durch eigene Anstrengungen den Eintritt nachteiliger Folgen verhindert, so kann er, obwohl ihm
nach der Differenzhypothese kein Schaden entstanden ist, Ersatz für seine Anstrengungen dann verlangen,
wenn seine Bemühungen als überpflichtmäßig, also gem. § 254II BGB als nicht zur Schadensminderung
geboten anzusehen sind 19 ; das gleiche wird angenommen, wenn die Arbeit des eigenen, ohnehin im
fraglichen Bereich tätigen Personals den Rahmen allgemeiner Verwaltungstätigkeit überschreitet. Auch hier
kommt nach der Rechtsprechung 20 eine Erstattung der entsprechenden Personalkosten in Betracht.

Dagegen ist im übrigen die Ablehnung des Schadensersatzes für den Einsatz der eigenen Arbeitskraft
ersichtlich von zwei Aspekten bestimmt: (1) Die Arbeitskraft wird nicht als vermögenswertes Gut angesehen,
ein Ersatz kommt folglich nicht in Frage, es sei denn, die Einschränkung der Arbeitskraft hat konkrete
Vermögenseinbußen zur Folge 21 . (2) Die Mühewaltung bei der Wahrnehmung rechtlicher oder rechtsnaher
Belange gehört zum eigenen Pflichtenkreis des Geschädigten mit dem Ergebnis, daß eine Kostenabwälzung
entfällt. Diese Einschätzungen sind zweifelhaft und bedürfen der Überprüfung.

Arbeitskraft als solche - d. h. die Fähigkeit zur Arbeitsleistung, die sich nicht konkret als Arbeitsvollzug
realisiert - bedeutet nur die Möglichkeit des Einsatzes von Arbeitskraft. Solange diese Möglichkeit nicht
Wirklichkeit wird, bleibt sie - vor dem Hintergrund des üblichen Schemas “Arbeit - Freizeit” - im Bereich der
“Freizeit” angesiedelt. Denn die Arbeit wird hier nicht geleistet. Die Beeinträchtigung der Freizeit aber entzieht
sich regelmäßig der Kommerzialisierung 22 . Ersatz für gestörte Freizeit kommt daher nicht oder doch
jedenfalls nicht ohne weiteres in Betracht 23 . Wird jedoch die in der Arbeitskraft angelegte Arbeitsmöglichkeit

2 von 9 18.11.2014 13:26


NJW 1989, 3246 - beck-online https://beck-online.beck.de/default.aspx?printmanager=print&VPATH...

verwirklicht, handelt es sich nicht mehr um den Freizeit- sondern um den Arbeitsbereich. Eine Bewertung der
Arbeitsleistung ist prinzipiell möglich. Arbeitsleistungen sind nicht nur kommerzia-

Weimar: Der Einsatz der eigenen Arbeitskraft im Schadensersatzrecht * (NJW 1989, 3246) 3248

lisierbar, ihnen entsprechen wirtschaftlich in aller Regel schon präzise kalkulierte Kosten.

Das bedeutet: Die Beeinträchtigung der Arbeitskraft (als nur potentieller Arbeitsleistung) mag als
Nichtvermögensschaden anzusehen sein, der reale Einsatz von Arbeitskraft stellt dagegen regelmäßig einen
selbständigen Vermögenswert dar, der als solcher ersatzfähig ist. Ein Beispiel mag dies illustrieren: Der
Selbständige - sei er Handwerker, Arzt, Steuerberater usw. -, der zu einem Stundensatz von durchschnittlich
2450 DM bis 150 DM oder mehr arbeitet, wird zur Wiederherstellung seiner vom Schuldner gestörten
Rechtssphäre entweder in der frei bestimmten Arbeitszeit oder in der verbleibenden freien Zeit tätig. Diese
Tätigkeit kann für ihn einen Aufwand bedeuten, der für seine eigentlichen beruflichen Aktivitäten fehlt; anderes
bleibt liegen und muß später erledigt werden. Eine Gewinneinbuße läßt sich hier zwar meist nicht feststellen.
Feststellen läßt sich jedoch, daß der Betroffene für die ihm aufgedrängte Aufgabe, die sich bei einfach
gelagerten Fällen in sachbearbeitenden Tätigkeiten erschöpfen dürfte, jedenfalls ein bestimmtes Maß an Arbeit
aufwendet. Weniger offensichtlich, doch im Prinzip gleich ist es, wenn ein Arbeitnehmer oder ein Beamter
entsprechende Arbeiten in seiner Freizeit erledigt. Er erleidet dadurch nicht nur eine Freizeiteinbuße - die wäre
für sich genommen womöglich entschädigungslos hinnehmbar -, er erledigt vielmehr Arbeiten, die, würde er
sie für einen Dritten ausführen, als mit Einnahmen verbundene Nebentätigkeit zu qualifizieren wären 25 . Dies
trifft der Sache nach auch auf einen nichterwerbstätigen Gläubiger zu, der die entsprechende Tätigkeit
ausführt. Die von der abstrakten Arbeitskraft zu unterscheidende tatsächliche Mühewaltung besitzt als
Arbeitsleistung eine der Bewertung zugängliche vermögenswerte Dimension 26 . Die Mühewaltung erhält damit
Vermögensqualität. Insoweit handelt es sich nicht um einen Ausgleich für immateriellen Schaden, sondern um
Ersatz für einen vermögenswerten Aufwand, den der Richter gem. § 287 ZPO schätzen kann.

2. Die Rechtsprechung zur Mühewaltung: Sorge um ein Heer von Gläubigern?

Daß demgegenüber eine angeblich gegenteilige Verkehrsauffassung - so argumentiert im wesentlichen die


Rechtsprechung - die Mühewaltung bei der Rechtsverfolgung, also gerade auch die schuldnerseits
herausgeforderte Mühewaltung, zum eigenen Aufgabenkreis und damit zum nicht abwälzbaren Risiko des
Geschädigten rechne 27 , ist aus mehreren Gründen problematisch und im Ergebnis abzulehnen.

Das Argument, für seine Mühewaltung könne der Betroffene nicht liquidieren, weil sie zu dessen eigenen
Belangen gehöre, ist in dieser Allgemeinheit nicht haltbar. Hier geht es (nur) um die vom Schuldner
herausgeforderte Mühewaltung, die der Gläubiger ohne pflichtwidriges Schuldnerverhalten nicht hätte
aufbringen müssen. Eine derartige Tätigkeit erscheint ihrer Art nach ausgleichsbedürftig 28 .

Das Schuldrecht gewährt in bestimmten Fällen Ersatz sogar für die bloße Bereitstellung der Arbeitskraft. Gem.
§§ 642II und 649 BGB findet die Arbeitskraft - potentielle Arbeitsleistung - Berücksichtigung bei der
Bemessung der Höhe der Entschädigung (§ 642II BGB) bzw. Vergütung (§ 649 BGB). Nach § 642II BGB wird
der Unternehmer schon dafür entschädigt, daß er Arbeitskraft (und Kapital) bereithält, und dadurch, daß der
Besteller seine erforderliche Mitwirkung an der Herstellung des Werkes unterläßt, die zeitliche Disposition des
Unternehmers durchkreuzt wird 29 . Beides - die Entschädigung für die Bereitstellung von Arbeitskraft und für
entsprechende zeitliche Dispositionen - ist hier im vertraglichen Schuldverhältnis ausgleichsfähig 30 . Handelt
es sich um ein gesetzliches Schuldverhältnis, kann eine Ausgleichspflicht nicht mit dem Fehlen eines
erstattungsfähigen Schadens verneint werden, wenn es sich um einen schuldnerseits herausgeforderten
Arbeitsaufwand handelt, der durch den Einsatz der Arbeitskraft des Gläubigers erfüllt wird.

Auch das Prozeßrecht kennt die Erstattung für aufgewendete Zeit und für den Einsatz eigener Arbeitskraft 31 .
Gem. § 91I 2 ZPO steht der obsiegenden Partei ein Kostenerstattungsanspruch zu, der die (eigene)
Bearbeitung des Prozesses und die während des Rechtsstreits versäumte Zeit zum Gegenstand hat 32 .
Allerdings umfaßt der prozessuale Kostenerstattungsanspruch nicht die für die Abwendung des Prozesses
aufgewandten Kosten (Mahnschreiben, Inkassobüro u. a. m.) 33 . Diese Kosten sind - gegebenenfalls als
Verzugsschaden gem. § 286 BGB - beim materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruch geltend zu machen 34
. Der materiellrechtliche Kostenerstattungsanspruch ist durch den prozessualen nicht begrenzt 35 , sein
Umfang richtet sich nach § 249 BGB36 . Nach Ansicht des BGH stellt § 91I 2 ZPO einen

3 von 9 18.11.2014 13:26


NJW 1989, 3246 - beck-online https://beck-online.beck.de/default.aspx?printmanager=print&VPATH...

Kostenerstattungsanspruch zur Verfügung, der nur seine Grundlagen aus prozessualem Geschehen nehme.
Eine wertende Abgrenzung ziehe einem echten Anspruch auf Schadloshaltung eine Zurechnungsgrenze, weil
“der Verkehr diese Mühewaltung bei der Rechtswahrung zum eigenen Pflichtenkreis der Partei rechnet" 37 . Im
Prozeß sind hiernach derartige Vorgänge erstattungsfähig, weil das Gesetz dies expressis verbis anordnet;

Weimar: Der Einsatz der eigenen Arbeitskraft im Schadensersatzrecht * (NJW 1989, 3246) 3249

außerhalb des Prozesses sind sie, obschon nicht weniger geldwerter Aufwand 38 , paradoxerweise nicht
erstattungsfähig, weil dem eine angeblich in andere Richtung gehende Verkehrsanschauung entgegensteht,
eine empirisch freilich durchaus unbestätigte und jedenfalls nicht zeitgemäße Anschauung, die der BGH voreilig
über den materiellrechtlichen Erstattungsanspruch und die normativ erweiterte Ersatzfähigkeit zu stellen
scheint 39 . Nun ist es zwar des Menschen Schicksal, in einer Welt zu stehen, die ihn nie ganz der Ruhe
überläßt und ihn zu Veränderungen in seinem Verhalten ständig veranlaßt. Um diesen allgemeinen
Handlungsbezug geht es hier jedoch nicht. Vielmehr geht es um die schuldnerseits dem Gläubiger durch das
haftungsbegründende Ereignis gleichsam “angesonnene” Rolle des Rechtsverfolgers, Schadensbeseitigers oder
doch die eines “Zuarbeiters” bei der in dritte Hände gegebenen Rechtsverfolgung und/oder
Schadensbeseitigung (Stichworte hier wie dort: “Schreibereien”, “Rechnereien”, “Laufereien” usw.) mit dem
diesen Tätigkeiten eigenen Zeit-, Kosten- und Lastcharakter. Die den Gläubiger auf diese Weise treffende
Arbeitsbelastung und ihre Materialisierung als Kostenfaktor legen es nahe, den Schuldner mit dem Ausgleich
für die dem Gläubiger bescherte Arbeitssituation zu belasten, soweit ihr Vollzug als Folge der vom Schuldner zu
vertretenden Pflichtwidrigkeit diesem zurechenbar ist.

3. Arbeitskraft - Humankapital

In dogmatischer Hinsicht wäre die Argumentation des BGH allenfalls dann haltbar, wenn der Einsatz der
Arbeitskraft als Nichtvermögensschaden bewertet werden müßte. Dies trifft jedoch nicht zu. Der Einsatz der
Arbeitskraft ist Aufwendung eines kommerzialisierbaren Gutes. Allerdings stellt nicht jede Beeinträchtigung
eines solchen Gutes auch einen Vermögensschaden dar 40 . Hier bedarf es im Einzelfall plausibler,
insbesondere wirtschaftlicher Gründe dafür, das Gut dem Vermögen zuzuordnen. Auf der Grundlage dieser
Erwägungen müßte es aber als geradezu unverständlich erscheinen, Arbeitsleistungen, um die es hier geht,
zwar den gegen Entgelt erwerbbaren Gütern, sie aber nicht dem Vermögen zuzurechnen. Die Arbeit - einer der
originären und qualitativ bildungsfähigen Produktionsfaktoren 41 - kann aus dem Vermögensbereich nicht
ausgeschlossen werden. Die Gegenansicht vermag auch nicht die Erwägung unterzubringen, daß der
zurückhaltend und kostenbewußt handelnde Gläubiger, der auf die Hilfe Dritter verzichtet und statt dessen
eigenhändig tätig wird, nicht schlechter gestellt werden darf als derjenige, der sich zur rechtlichen und
tatsächlichen Durchsetzung seiner Belange teurer Fremdleistungen bedient, deren Kosten der Schuldner zu
tragen hat. Vor diesem Hintergrund stimmt der Rückzug der Rechtsprechung auf die behauptete
“Verkehrsanschauung” in eigenartiger Weise verlegen; er entpuppt sich als Ausflucht, die zu sachlich
unangemessenen Ergebnissen führt 42 . Es gibt kein haftungsrechtlich tragfähiges Prinzip, das die materielle
Kostenhaftung dahingehend einschränkt, daß von dem Gläubiger persönliche Bemühungen um die Erlangung
des geschuldeten Ersatzes entschädigungslos erbracht werden müssen. Davon ist gerade auch dann
auszugehen, wenn solche Bemühungen das übliche Engagement nicht überschreiten.

III. Die Eigenarbeit in ihrer schadensrechtlichen Bemessung

Mit der Zuordnung herausgeforderter Arbeitsvollzüge zum Bereich des Vermögensschadens ist ein weiteres
Problem verbunden: das der Bemessung der Arbeitskosten. Die Bemessung der Kosten ist dann nicht
problematisch, wenn der Geschädigte aus gegebenem Anlaß fremde Hilfe in Anspruch genommen hat. Hier sind
im Prinzip die durch die Inanspruchnahme entstandenen Kosten zu ersetzen. Die Höhe der ersatzfähigen
Vergütung ergibt sich in erster Linie aus der Vereinbarung zwischen dem Geschädigten und der
hinzugezogenen Hilfskraft; dabei trifft den Geschädigten wie auch sonst eine Schadensgeringhaltungspflicht.
Unangemessen hohe Löhne sind daher ebensowenig ersatzfähig wie ein gesetzlich vorgesehene Gebühren
übersteigendes Honorar 43 . Unproblematisch ist auch die Situation, wenn der Gläubiger seinen Fall im eigenen
Unternehmen durch Arbeitnehmer bearbeiten läßt 44 . Der abwälzbare Schaden beziffert sich auf die anteiligen
(Brutto-) Personalkosten 45 .

Schwierig kann es im Einzelfall sein, den Einsatz der eigenen Arbeitskraft zu bewerten 46 . Selbstverständlich
können die Bewertungskriterien gelegentlich relativ einfach zu finden sein: Die BRAGO legt die Spanne der

4 von 9 18.11.2014 13:26


NJW 1989, 3246 - beck-online https://beck-online.beck.de/default.aspx?printmanager=print&VPATH...

Liquidationsmöglichkeiten eines Anwalts in eigener Sache fest. Ist der in eigener Sache Tätige nicht Anwalt,
darf die BRAGO nicht zugrunde gelegt werden 47 .

Zweifelhaft ist, ob die Bewertung der Eigenarbeit entsprechend den Kosten einer hypothetisch dafür
herangezogenen fremden Kraft zu erfolgen hat - ähnlich der Rechtslage beim Ersatzanspruch für den
entgangenen Unterhaltsbeitrag etwa nach §§ 843IV, 844II BGB, der sich nach der Nettovergü-

Weimar: Der Einsatz der eigenen Arbeitskraft im Schadensersatzrecht * (NJW 1989, 3246) 3250

tung 48 einer vergleichbaren Ersatzkraft bemißt 49 - oder ob sich der Schaden in einer Weise nach dem
Wert des Zeitaufwands des Gläubigers bemißt, daß der Stundensatz nach der Höhe des jeweiligen
Gläubigereinkommens schwankt 50 . Orientiert sich die Berechnung am Wert des Zeitaufwands des Gläubigers,
so ist bei höherem Einkommen ein höherer Stundensatz zugrunde zu legen, bei ohnehin fehlendem Einkommen
aus (selbständiger oder abhängiger) Tätigkeit entfällt dann jeglicher Anspruch 51 . Mit dieser Konsequenz läßt
sich zwar die These vereinbaren, daß bei eigener Rechtsverfolgung anderweitig nicht leistbare Arbeit ersetzt
wird 52 . Demgegenüber sieht die hier vorgetragene Auffassung als Grundlage der Schadensberechnung die
tatsächlich aufgewendete Arbeit an (als ob ein “Werkvertrag in eigener Sache" vorläge). Geht es aber um die
Erstattung des Wertes der erbrachten und nicht einer hypothetischen Arbeitsleistung, so ist es ohne Belang, ob
der Gläubiger ohne das den Arbeitsaufwand begründende Ereignis die Möglichkeit gehabt hätte, durch Einsatz
seiner Arbeitskraft Geld zu verdienen 53 .

Für die Höhe der ersatzfähigen Arbeitskosten ist im Grundsatz von einer Vergütung auszugehen, wie sie dem
Gläubiger zustehen würde, wenn er die Angelegenheit für einen Dritten besorgt hätte 54 . In Ermangelung
einer Vereinbarung ist dabei die übliche Vergütung für die geleistete Arbeit anzusetzen. Diese bemißt sich nach
der Entlohnung einer diese Arbeit gewöhnlich ausführenden, leistungsmäßig durchschnittlich qualifizierten
Person 55 , nicht etwa nach dem Honorarsatz, zu dem der Gläubiger sonst arbeitet. Für die
“Schreibmaschinenkünste” eines in diesem Bereich ungeübten Selbständigen, dessen Stundensatz 100 DM
betragen möge, kann bei einem angenommenen Zeitaufwand von drei Stunden also nicht ein Betrag von 300
DM angesetzt werden 56 . Auszugehen ist vielmehr von einem Betrag, mit dem unter Berücksichtigung der
Umstände des Einzelfalles Maschinenschreiben vergütet zu werden pflegt. Für den Schriftverkehr, Auflistungen,
Zusammenstellung von Belegen usw. mag je nach Schwierigkeitsgrad und Umfang der Tätigkeit der
Stundensatz eines Sachbearbeiters oder einer Sekretärin in Betracht kommen 57 .

Einschränkend wird dabei zu berücksichtigen sein: Nach dem Werklohn, der von dem Gläubiger an ein
gewerbliches Bürounternehmen zu zahlen gewesen wäre, wenn er z. B. Schreibarbeiten oder sachbearbeitende
Tätigkeiten dort hätte ausführen lassen, kann seine Schadensersatzforderung nicht bemessen werden. Gewinn
und Gemeinkosten eines Unternehmers einschlägiger Branchen müssen hier außer Betracht bleiben 58 . Einen
gewissen Anhaltspunkt für die Höhe der Ersatzforderung bietet der Lohn, der einem in beruflich abhängiger
Stellung Tätigen zu zahlen wäre 59 . Im Einzelfall kann hier ein Erschwerniszuschlag je nach dem Grad der
negativen Besetztheit angemessen sein, die solchen Tätigkeiten erfahrungsgemäß anhaftet, wenn sie der
Betroffene persönlich auszuführen hat, weil er auf Anhieb niemanden findet, der für ihn einspringt.

Im übrigen stellen nur mangelfreie oder doch im wesentlichen mangelfreie Leistungen eine hinreichende
Grundlage für entsprechende Ersatzansprüche dar. Denn die betreffenden Leistungen dürften durchweg als
“Werkleistungen in eigener Sache" zu qualifizieren sein; und grundsätzlich nur mangelfreie Werkleistungen
verpflichten zu einer ungekürzten Entlohnung 60 . Nicht erforderlich ist, daß die erbrachte Leistung gerade eine
für den Beruf des Gläubigers typische Tätigkeit darstellt. Er muß nicht eine eigene berufliche oder mit seinem
Beruf zusammenhängende Leistung erbringen, sondern es genügt, daß er eine in Geld meßbare Leistung
erbringt; nur hat die Leistung den jeweiligen fachlichen Anforderungen hinreichend zu entsprechen.

IV. Fazit

Die geleistete Eigenarbeit ist ihrem sach- und arbeitsspezifischen Wert nach zu bemessen und in diesem
Rahmen schadensrechtlich auszugleichen, wenn und soweit im übrigen die Voraussetzungen eines
materiellrechtlichen Schadensersatzanspruchs erfüllt sind 61 . Es darf dem Schuldner nicht der -
kostensparende - Umstand zugute kommen, daß der Gläubiger, anstatt fremde Hilfe in Anspruch zu nehmen,
selbst oder unter Mithilfe seiner Familienangehörigen tätig gewordenist.

5 von 9 18.11.2014 13:26


NJW 1989, 3246 - beck-online https://beck-online.beck.de/default.aspx?printmanager=print&VPATH...

Wollte man den Wert der Arbeitsleistung des Gläubigers als nicht ersatzpflichtig ansehen, so würde man den
Grundsatz, daß den Ersatzpflichtigen die gesamten durch sein pflichtwidriges Verhalten entstandenen Kosten
treffen, unterlaufen. Es würde Treu und Glauben widersprechen, könnte der Schuldner dem Ersatzanspruch des
Gläubigers mit dem Einwand begegnen, er sei zwar ersatzpflichtig, wenn der Gläubiger zur Durchsetzung
seiner Rechte und zur Beseitigung der Folgen des Eingriffs in seine Rechtssphäre Dritte beauftrage, nicht aber,
wenn er in eigener Initiative handele 62 . Der Schuldner darf nicht dadurch besser gestellt werden, daß der
Gläubiger sich nach seinem persönlichen Können in der Lage sieht, das erforderliche Geschäft selbst zu
besorgen, und demgemäß handelt.

Die vorgeschlagene Lösung stellt sicher, daß nur geeignete Leistungsaufwendungen und diese nur ihrem Wert
entsprechend erstattungsfähig sind. Damit wird zugleich vermieden, daß die liquidationsfähige Verwendung der
eigenen Arbeitskraft Standesprivileg bleibt 63 .

* Meinen Assistenten Assessor Georg Geitzhaus und Assessor Ulrich Janes danke ich für kritische
Diskussion und Mitarbeit.
1 Wolfram Engels, 1. Fernsehprogramm (ARD), Presse-Club am 21. 2. 1988.
2 LG Frankfurt, DAR 1972, 15; LG Mainz, NJW 1972, 161 f.; LG Mannheim, AnwBl. 1975, 68; Palandt-
Heinrichs, BGB, 47. Aufl. (1988), § 249 Anm. 4c bb; Grunsky, in: MünchKomm., 2. Aufl. (1985), Vorb. §
249 Rdnr. 66; - in: Soergel-Mertens, BGB 11. Aufl. (1985/86), § 249 Rdnr. 36; Schmidt, NJW 1970,
1406; einschr. LG München I, VersR 1972, 793 (795); NJW 1972, 162; LG München I, VersR 1973, 168;
krit. einschr. Staudinger-Medicus, BGB, 12. Aufl. (1983), § 249 Rdnr. 232.
3 Vgl. nur BGHZ 66, 112 (114) = NJW 1976, 1256; BGHZ 75, 230 (231 f.), 234 = NJW 1980, 119. Ist der
Verletzte Arzt, so soll er für seine Selbstbehandlung beim Verletzer liquidieren können; vgl. Grunsky, in:
MünchKomm. (o. Fußn. 2), § 249 Rdnr. 19; Mertens, in: Soergel (o. Fußn. 2), § 249 Rdnr. 36; krit.
Staudinger (o. Fußn. 2), § 249 Rdnr. 232. Im übrigen gilt für Maßnahmen der eigentlichen
Schadensbeseitigung: Der Geschädigte kann, auch wenn er selbst repariert oder auf eine Reparatur
verzichtet, die im Reparaturgewerbe entstehenden Kosten einschließlich Mehrwertsteuer verlangen
(BGHZ 61, 56 (58) = NJW 1973, 1647; BGH, NJW 1985, 1222 (1223); str.). Wer eine eigene
Reparaturwerkstatt unterhält, kann regelmäßig nur seine Selbstkosten (zuzügl. Gemeinkosten) und nicht
die höheren Kosten einer hypothetischen Fremdreparatur verlangen (BGHZ 54, 82 (87 f.) = NJW 1970,
1454). Führt der Geschädigte gewerbsmäßig auch Fremdreparaturen durch, so darf er den
Unternehmergewinn mitberechnen (BGH, VersR 1978, 243). Im Arbeitsrecht wird der vertragsbrüchige
Arbeitnehmer nicht entlastet, wenn der Arbeitgeber den entstandenen Arbeitsausfall durch eigene
Arbeitsleistung ersetzt (BAG, NJW 1968, 222; zur Berechnung vgl. Knobbe=Keuk, VersR 1976, 410). Im
Gesellschaftsrecht ist die Einbringung von eigenen Dienstleistungen in das Gesellschaftsvermögen
bewertungsfähige (Kommandit-) Einlage (vgl. dazu Kübler, GesellR, 2. Aufl. (1986), § 8 III 2;
Knobbe=Keuk, ZGR 1980, 217 ff.; dagegen Karsten Schmidt, GesellR, 1986, § 20II 3a aa:
Dienstleistungen keine Einlagen, sondern Beitragsleistungen, die zwar Vermögenswert hätten, aber nur
sukzessiv erbracht werden könnten und einer Übertragung in das Gesellschaftsvermögen unfähig seien).
Die eigene Arbeitskraft ist steuerlich kein “Wirtschaftsgut” und kann daher nicht dem Betriebsvermögen
“entnommen” werden; z. B.: Handwerker bessert sein zum Privatvermögen gehörendes Wohngebäude
aus, Arzt behandelt seine Ehefrau, Anwalt führt eigenen Prozeß (Raupach, in: Herrmann-Heuer-Raupach,
EStG/KStG, 19. Aufl., (1987), § 4 EStG Anm. 42 a). Anders liegt es, wenn die eigene Arbeitskraft in ein
zum Betriebsvermögen gehörendes Wirtschaftsgut eingegangen ist und erst dieses entnommen wird;
dann wird wegen des Ansatzes der Entnahme mit dem Teilwert auch die eigene Arbeitskraft steuerlich
erfaßt (Beispiel: Bauunternehmer errichtet auf einem Betriebsgrundstück ein für seine privaten
Wohnzwecke bestimmtes Gebäude und entnimmt es erst nach der Fertigstellung). Zum ganzen
Herrmann-Heuer-Raupach, § 4 Herrmann-Heuer-Raupachachw.).
4 Vgl. OLG Köln, VersR 1975, 1105 (1106).
5 Vgl. BGHZ 30, 154 (157 f.) = NJW 1959, 1631; BGHZ 39, 73 (74) = NJW 1963, 640; BGH, NJW 1960,
481 (482); 1962, 637; VersR 1960, 1046; MDR 1970, 663 f.; Palandt-Heinrichs (o. Fußn. 2), § 249 Anm.
4c bb; Grunsky, in: MünchKomm. (o. Fußn. 2), Vorb. § 249 Rdnr. 66.
6 Vgl. Grunsky, in: MünchKomm. (o. Fußn. 2), Vorb. § 249 Rdnrn. 66 f.
7 Zu Adäquanz bei psychisch vermittelter Kausalität vgl. BGHZ 57, 25 (27) = NJW 1971, 1980; BGHZ 63,
189 (191 ff.) = NJW 1975, 168; BGH, NJW 1978, 1006. Grdl zum Arbeitsbegriff nach wie vor Konrad
Thomas, Analyse der Arbeit, 1969, der vor allem interdisziplinäre Aspekte berücksichtigt. Die Frage, ob
und inwieweit Arbeit als “sonstiges Recht” i. S. des § 823I BGB zu qualifizieren sein kann, braucht im
vorliegenden Zusammenhang nicht entschieden zu werden. Zu dem Problem, ob die berufliche
Betätigung und ein Recht am Arbeitsplatz als Ausfluß des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
anzuerkennen sind, vgl. Palandt-Thomas (o. Fußn. 2), § 823 Anm. 5 H; Soergel-Zeuner (o. Fußn. 2), §
823 Rdnrn. 130 f.
8 Abl. etwa BGHZ 69, 34 (36) = NJW 1977, 1446; BAG, NJW 1968, 221 (222); a. A. OLG Frankfurt, NJW
1976, 1320. Wer sich unfallbedingt in seiner “freien Zeit” ärztlicher Behandlung unterzieht, entbehrt die
Annehmlichkeiten der Freizeit, die er sonst gehabt hätte. Darin ist schwerlich schon eine geldwerte
Einbuße zu sehen; jedoch muß der zweifellos gegebene Eingriff in die Daseinsgestaltung - der Gläubiger
ist Patient geworden, sein Leben hat sich geändert - entsprechend der Schwere und Bedeutung dieser
Folgen bei der Bemessung des immateriellen Schadens nach § 847 BGB berücksichtigt werden.
9 Vgl. BGHZ 54, 45 (50) = NJW 1970, 1466; BGHZ 69, 34 (36) = NJW 1977, 1446; BGHZ 90, 334 (336) =
NJW 1984, 1811; OLG Frankfurt, VersR 1982, 908 f.; abw. BAG, JZ 1971, 380 (381).
10 Vgl. etwa Palandt-Heinrichs (o. Fußn. 2), Vorb. § 249 Anm. 3 f; Soergel-Mertens (Fußn. 2), Vorb. § 249

6 von 9 18.11.2014 13:26


NJW 1989, 3246 - beck-online https://beck-online.beck.de/default.aspx?printmanager=print&VPATH...

Rdnrn. 110 ff.; Staudinger-Medicus (o. Fußn. 2), § 252 Rdnrn. 29 ff.; Mertens, in: MünchKomm. (o.
Fußn. 2), § 842 Rdnr. 7; Larenz, SchuldR I, 14. Aufl. (1987), S. 507; Stürner, JZ 1984, 414; Honsell-
Harrer, JuS 1985, 168; abl. Grunsky, in: MünchKomm. (o. Fußn. 2), Vorb. § 249 Rdnrn. 23 ff.;
Esser-Eike Schmidt, SchuldR AT, Teilbd. 2, 5. Aufl. (1976), S. 138 f.; Kilian, AcP 169 (1969), 457.
11 Vgl. nur BGHZ 7, 30 = NJW 1952, 1249; BGHZ 21, 112 = NJW 1956, 1473; BGHZ 91, 338 = NJW 1985,
1333.
12 BGHZ 38, 55 (59 f.) = NJW 1962, 2248; BGHZ 50, 304 (306) = NJW 1968, 1823; krit. Honsell-Harrer,
JuS 1985, 161.
13 Der Anteil besteht in einem Zuschlag von 100 % auf den Normaltarif, vgl. BGHZ 17, 376 (383) = NJW
1955, 1356; BGHZ 59, 286 (293 f.) = NJW 1973, 96. Zum Ersatz von Fangprämien vgl. BGHZ 75, 230
(238) = NJW 1980, 119.
14 BGHZ 75, 230 (234) = NJW 1980, 119: kein Anspruch auf Ersatz von Bearbeitungskosten.
15 BGHZ 66, 112 (114 f.) = NJW 1976, 1256; BGH, NJW 1977, 35; OLG Hamburg, NJW 1977, 1347; Stoll,
JZ 1977, 97 f.
16 BGHZ 66, 112 (117) = NJW 1976, 1256; 75, 230 (231 f.) = NJW 1980, 119; zu Recht gegen diese Rspr.
Pecher, JuS 1981, 645.
17 Vgl. auch u. Fußn. 45 (allgemeine Verwaltungs- und Überschreitungskosten).
18 BGH, VersR 1979, 179 f.; BAG, JZ 1971, 380 f.
19 Vgl. BGHZ 55, 329 (333 f.) = NJW 1971, 836; BAG, NJW 1968, 221 (222).
20 BGH, NJW 1969, 1109; 1977, 35; BGHZ 76, 216 (219, 221) = NJW 1980, 1518.
21 Infolgedessen wird einem Selbständigen ein Schadensersatzanspruch versagt, wenn sich der Ausfall der
Arbeitsleistung im Betriebsergebnis nicht niedergeschlagen hat, vgl. BGHZ 54, 45 (47, 52 ff.) = NJW
1970, 1466.
22 Vgl. BAG, NJW 1968, 221 (222); zur Kommerzialisierbarkeit von Freizeit vgl. die Rspr. u. Fußn. 23.
23 Etwas anderes kann - außerhalb der Reisevertragsregelung des § 651fII BGB und ihres Analogiebereichs
- gelten, wenn sich Freizeit kommerzialisieren läßt; vgl. die Entwicklung der Rspr.: BGH, NJW 1956, 1234
(1235); BGHZ 63, 98 (101) = NJW 1975, 40; BGHZ 77, 116 (121) = NJW 1980, 1947 - deren Ansatz hat
Eingang gefunden in die Regelung des § 651fII BGB, dazu BGHZ 80, 366 (368) = NJW 1981, 1833;
BGHZ 86, 212 (214) = NJW 1983, 822 zum “vertanen Urlaub”. Verdorbene Freizeit gehört nicht schon
wegen § 651fII BGB per se in den nichtvermögensrechtlichen Bereich. Zum
Kommerzialisierungsgedanken beim Verlust der Nutzungsmöglichkeit diverser Gebrauchsgüter vgl. BGHZ
40, 345 (349 f.) = NJW 1964, 542; BGHZ 45, 212 (217) = NJW 1966, 1260; BGHZ 65, 170 (174 f.) =
NJW 1975, 2341; einschr. BGHZ 63, 393 (397) = NJW 1975, 733; BGHZ 86, 128 (131) = NJW 1983,
444; BGHZ 89, 60 (64) = NJW 1984, 724; BGHZ 98, 212 = NJW 1987, 50.
24 Schätzung des Verf.
25 Die Übernahme und Erledigung einer fremdbestimmten Schadensabwicklung verstößt, wenn sie so selten
wie eine selbstbestimmte erfolgt, nicht gegen Art. 1 § 1 RBerG, wonach die geschäftsmäßige Besorgung
fremder Rechtsangelegenheiten ohne Unterschied zwischen haupt- und nebenberuflicher oder
entgeltlicher und unentgeltlicher Tätigkeit erlaubnispflichtig ist.
26 Zur Berechnung vgl. unten III.
27 Vgl. BGHZ 66, 112 (114) = NJW 1976, 1256; BGHZ 75, 230 (234) = NJW 1980, 119; BGH, NJW 1969,
1109; KG, VersR 1973, 749 (751); ebenso Alff, in: RGRK, 12. Aufl. (1976), § 249 Rdnr. 16; Palandt-
Heinrichs (o. Fußn. 2), Vorb. § 249 Anm. 3 1 bb; krit. Grunsky, in: MünchKomm (o. Fußn. 2), Vorb. §
249 Rdnr. 76b; Schmidt, NJW 1976, 1933.
28 Ist die Tätigkeit nicht geboten, weil etwa mit ihr kein begründetes Anspruchsinteresse verfolgt oder
abgewickelt wird, stellt sich die Frage eines Ausgleichs nicht. Im Ergebnis nichts anderes gilt, wenn es
sich um den Arbeitsaufwand anläßlich der Erfüllung allgemeiner staatsbürgerlicher Pflichten (z. B.
Steuererklärungen, Angaben zur Einheitsbewertung von Grundstücken, Erklärungen gegenüber
Meldebehörden) handelt.
29 Palandt-Thomas (o. Fußn. 2), § 642 Anm. 2.
30 Zur Abgrenzung gegenüber dem Aufwendungsersatz in einzelnen gesetzlich geregelten Fällen vgl. etwa
BGHZ 59, 328 (331) = NJW 1973, 46. In § 1835II BGB sieht das Gesetz eine Dienst- und Arbeitsleistung
ausdrücklich als erstattungsfähige Aufwendung an.
31 Diesen Gesichtspunkt bezieht - wenn auch mit bedenklicher Wertung - BGHZ 66, 112 (114) = NJW 1976,
1256 ein; krit. dazu Schmidt, NJW 1976, 1933.
32 Einzelheiten bei Thomas-Putzo, ZPO, 14. Aufl. (1986), § 91 Anm. 3 b.
33 Thomas-Putzo (o. Fußn. 32), § 91 Anm. 2 d.
34 Vgl. OLG Koblenz, MDR 1974, 1028; Thomas-Putzo (o. Fußn. 32), § 91 Anm. 2 d.
35 Vgl. nur RGZ 150, 37 (41 f.); BGHZ 66, 112 (114) = NJW 1976, 1256; Rosenberg-Schwab, ZPR, 14.
Aufl. (1986), § 88 II 1.
36 Thomas-Putzo (o. Fußn. 32), Vorb. § 91 Anm. IV 2. Die Differenzhypothese ist freilich korrekturbedürftig
und wird längst durch einen dualistischen Schadensbegriff erweitert (vgl. BGH NJW 1980, 835 = WM
1980, 250), der auch wertende Gesichtspunkte berücksichtigt.

7 von 9 18.11.2014 13:26


NJW 1989, 3246 - beck-online https://beck-online.beck.de/default.aspx?printmanager=print&VPATH...

37 BGHZ 66, 112 (114) = NJW 1976, 1256.


38 Also mehr als nur Aufopferung von Freizeit, die nach § 91I 2 ZPO i. V. mit § 2 ZSEG entschädigungsfähig
ist. Danach erhält eine Partei selbst dann, wenn ein Verdienstausfall nicht eingetreten ist, grundsätzlich
eine bescheidene Entschädigung, die sich nach dem geringsten Satz (2 DM) bemißt. Einzelheiten in § 2I,
III ZuSEG.
39 Dazu auch Grunsky, in: MünchKomm (o. Fußn. 2), Vorb. § 249 Rdnr. 25; Schmidt, NJW 1976, 1933.
40 BGHZ 98, 212 (222 ff.) = NJW 1987, 50; anders noch BGH, NJW 1956, 1234 (1235) - Seereise; BGHZ
63, 98 = NJW 1975, 40 - frustrierter Urlaub. Vgl. im übrigen o. Fußn. 23.
41 Dazu Klaus, in: Dichtl-Issing (Hrsg.), Vahlens Großes Wirtschaftslexikon, 1987, Stichwort 'Arbeit'; s. auch
Lenk, Verfiel der Wert der Arbeit in der Bundesrepublik?, in: Philosophische Probleme von Arbeit und
Technik, 1987, S. 90 ff.
42 Überhaupt ist - dies hier am Rande - nicht einzusehen, warum die oft kostenmindernde eigene Tätigkeit,
durch die sich eine vorzeitige Einschaltung Dritter erübrigen kann, dem Schädiger zugute kommen soll.
Nach dem normativen Schadensbegriff (dazu BGHZ 50, 304 (306) = NJW 1968, 1823; BGHZ 98, 212
(217 f.) = NJW 1987, 50. BAG, JZ 1971, 179 (180); Hagen, in: Festschr. f. Hauß, 1978, S. 83 ff.; Larenz
(o. Fußn. 10). S. 427; Grunsky, in: MünchKomm (o. Fußn. 2), Vorb. § 249 Rdnr. 8 m. w. Nachw.) darf
diese Aufwendung dem Schädiger, dem zuliebe sie nicht erfolgt, nicht zugute kommen. So insb. auch
Grunsky, in: MünchKomm (o. Fußn. 2), Vorb. § 249 Rdnr. 25. Die ausgleichslose Hinnahme
schuldnerseits überbrachter Arbeits- und Streßsituationen paßt einfach nicht zu einer zwar häufig
kritisierten, tatsächlich jedoch vorhandenen und fortgeschrittenen Anspruchsmentalität, wie sie in der
entwickelten Wohlstands-, Freizeit- und Urlaubsgesellschaft heute festzustellen ist, deren Mitglieder
Störungen im Schuldverhältnis in Gestalt herausgeforderter persönlicher Arbeitsvollzüge immer weniger
ohne materiellen Ausgleich zu tragen bereit sind. Bei diesem Stellenwert hat die Arbeit unter
aufgezwungenem “Rechtsstreß" ihren eigenen Preis. Sie ist Arbeit im und am Rechtskonflikt.
43 Zum Anwaltshonorar etwa Thomas-Putzo (o. Fußn. 32), § 91 Anm. 3 c.
44 Dazu Grunsky, in: MünchKomm (o. Fußn. 2), Vorb. § 249 Rdnr. 25 a.
45 Die Rspr. anerkennt dies fälschlich nur dann, wenn die Schadensabwicklung den Rahmen allgemeiner
Verwaltungstätigkeit überschritten hat; vgl. BGH, NJW 1969, 1109; NJW 1977, 35; BGHZ 76, 216 (219)
= NJW 1980, 1518; dazu Klimke, VersR 1981, 1115. Wie hier Grunsky, in: MünchKomm (o. Fußn. 2),
Vorb. § 249 Rdnr. 25a; Staudinger-Medicus (o. Fußn., 2), § 253 Rdnr. 53.
46 Hier geht es - entgegen dem Ansatz von Grunsky, JZ 1973, 425 f. - nicht um die Bewertung sonst
brachliegender Kapazität, sondern um den Wert der tatsächlich geleisteten Arbeit.
47 Ebenso Grunsky, in: MünchKomm (o. Fußn. 2), Vorb. § 249 Rdnr. 25.
48 Vgl. BGHZ 38, 55 (59) = NJW 1962, 2248; BGHZ 50, 304 (305) = NJW 1968, 1823; BGHZ 86, 372 (376
ff.) = NJW 1983, 1425. Stürner, DAR 1986, 9; Palandt-Heinrichs (o. Fußn. 2), Vorb. § 249 Anm. 3 k.
49 Dies gilt auch dann, wenn man sich im Haushalt ganz ohne Ersatzkraft begnügt oder mit unentgeltlicher
fremder Unterstützung behilft, BGHZ 50, 304 (306) = NJW 1968, 1823; BGH NJW 1971, 2066 (2067);
1972, 1130; VersR 1973, 939 (940); 1973, 84 (85).
50 In diesem Sinne Grunsky, in: MünchKomm (o. Fußn. 2), Vorb. § 249 Rdnr. 25.
51 Grunsky, in: MünchKomm (o. Fußn. 2), Vorb. § 249 Rdnrn. 25, 26.
52 Dies verkennt die Kritik von Rüßmann, in: AK-BGB, 1980, Vorb. §§ 249 bis 253 Rdnr. 30, der Grunskys
Ausführungen - zu Unrecht - für widersprüchlich hält.
53 So aber Grunsky, in: MünchKomm (o. Fußn. 2), Vorb. § 249 Rdnr. 26.
54 Dies schließt die höheren Kosten aus, die gewerbliche Service-Unternehmen verlangen.
55 Zu den arbeitswissenschaftlichen Grundlagen der Arbeitsvergütung Schaub, Arbeitsrechtshdb., 6. Aufl.
(1987), S. 329 ff.
56 Dies wäre wohl die Konsequenz von Grunskys Ansatz (Nachw. o. Fußn. 51).
57 Es kommt auf die Einzelheiten an. Die Möglichkeit, aus praktischen Gründen schrittweise
Pauschalierungen einzuführen, ist damit nicht ausgeschlossen.
58 Vgl. BGHZ 59, 328 (332) = NJW 1973, 46; BGH, NJW 1972, 448.
59 BGHZ 59, 328 (332) = NJW 1973, 46.
60 Ungeeignete oder nicht erforderliche Maßnahmen sind daher nicht, fachlich minderwertige nur
herabgesetzt vergütungsfähig.
61 Insoweit läßt sich von einem unselbständigen materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruch sprechen,
vgl. Becker-Eberhard, Die Kostenerstattung bei der Verfolgung zivilrechtlicher Ansprüche, 1985, S. 92.
Handelt es sich um Kosten, die durch die Geltendmachung und Durchsetzung eines nicht auf
Schadensersatz gerichteten Anspruchs entstehen (z. B. Anspruch aus § 633III BGB), so kann der
Gläubiger Ersatz unter den Voraussetzungen des Verzuges, der positiven Vertragsverletzung, culpa in
contrahendo, unerlaubten Handlung, Gefährdungshaftung (z. B. § 7 StVG - zu Unrecht verneinend BGH,
NJW 1968, 1962 (1964) für Anwaltskosten -) oder Geschäftsführung ohne Auftrag (dazu BGHZ 52, 393
(399) = NJW 1970, 243; GRUR 1984, 129 (131); str.) fordern. Der materiellrechtliche
Kostenerstattungsanspruch umfaßt auch die Kosten der Rechtsverteidigung (BGH, NJW 1986, 224).
62 Dieser Gedanke klingt in BGHZ 59, 328 (330) = NJW 1973, 46 an: Die eigene Arbeitsleistung des
Bestellers ist, anders als beim Auftrag, erstattungspflichtige Aufwendung i. S. des § 633III BGB, die nicht

8 von 9 18.11.2014 13:26


NJW 1989, 3246 - beck-online https://beck-online.beck.de/default.aspx?printmanager=print&VPATH...

den Unternehmer begünstigen darf. Vgl. auch OLG Stuttgart, BauR 1980, 363.
63 Vgl. o. Fußn. 2 und 3.

9 von 9 18.11.2014 13:26

Das könnte Ihnen auch gefallen