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5. Schadenersatzrecht
5.1 Grundlagen
Zurechnungsgründe:
- Verschulden:
o Verschuldenshaftung ermäglichz die Überwälzung eines Schadens auf den
rechtswidrig und schuldhaft handelnden Schädiger
- Gefährdung:
o Überwälzung auf einen schuldhaft Handelnden
o Ersatz viel mehr gewährt —> Rechtsordnung erlaubt jemanden eine vorhersehbar
gefährliche Tätigkeit auszuüben
o Wichtigste Gefährungshaftung:
Produkthaftung nach dem PHG
Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflicht nach dem EKHG
- Eingriff:
o Ersatz aufgrund einer konnkret erlaubten Handlung
o seltester Zurechnungsgrund
o Kommt nicht auf ein Verschulden des Schädigers an
o Konkrete Eingriff erlaubt, der zur Schädigung führt
o Rechtskonforme Eingriff —> Ersatzpflicht
- Mehrere Zurechnungsgründe —> Geschädigte hat die Wahl, auf welchen er sich stützt
- Abgrenzung ist schematisch —> Zwischenbereiche sind anzuerkennen
Gesetzliches Schuldverhältnis:
- Schuldverhältnis entsteht unabhängig von einer darauf gerichteten Parteienvereinbarung
- Vertraglich = ex contractu; deliktisch = ex delicto:
o Deliktischer Schadenersatzanspruch folgt aus der Verletzung von Pflichten, die
jedermann treffen
o Vertraglicher Schadenersatzanspruch entsteht bei Verletzung von Pflichten aus
einem vertraglichen Schuldverhältnis
Ausgleichsfunktion:
- Leitende Gedanke im Schadenersatzrecht
- Wiedergutmachung
o Geschädigte soll durch die Ersatzleistung des Schädigers Ausgleich für den erlittenen
Schaden erhalten
Wirtschaft im rechtlichen Kontext – Wirtschaftsprivatrecht I
Präventionsfunktion:
- Verhaltenssteuerung:
o Möglichkeit einer schadenersatzrechtlichen Handlung fördert sorgfältiges Verhalten
- Spielt nur in der Verschuldenshaftung eine Rolle
Sanktionsfunktion:
- Verschuldenshaftung:
o verwirklichte Gedanke wird umschrieben, dass auf rechtwidrige und schuldhafte
Schadenszufügung mit dem Übel einer Ersatzpflicht reagiert wird
- Bei grobem Verschulden ist mehr Ersatz zu leisten und wird für den Geschädigten günstiger
berechnet als bei leichtem Verschulden
- Keine Strafe:
o Schädiger muss dem Geschädigten keinen Strafschadenersatz leisten
o Keine Geldstrafen zu bezahlen
5.2 Verschuldenshaftung
Kapitel 1: Grundlagen
Anspruchsvoraussetzungen (kumulativ):
- Schaden
- Verursachung
- Rechtswidrigkeit
- Verschulden
- Subjektive Frist:
o 3 Jahre
o Beginn: Kenntnis des Geschädigten von den Tatsachen, die er zur Durchsetzung
seines Anspruchs benötigt
o Nachteil noch nicht eingetreten —> Frist beginnt nicht vor Eintritt des Schadens
- Primärschaden, Folgeschaden:
o Bilden eine verjährungsrechtliche Einheit, wenn der künftige Schadenseintritt für
den Geschädigten vorhersehbar war
o Obwohl der Folgeschaden selbst noch nicht eingetreten ist, kann er verjähren
- Fortgesetzte Schädigung:
o Jede rechtwidrige Handlung löst eine neue Verjährungsfrist aus
- Erkundigungs- und Nachforschungsobliegenheiten:
o Bejaht man solche Obliegenheiten, beginnt die Verjährung zu laufen, sobald
entsprechende Nachforschungen zur Feststellung von Schaden/Schädiger
abgeschlossen wären
o Dürfen nicht überspannt werden
- §1489 Satz 2:
o Absolute Verjährungsfrist von 30 Jahren ab der schädigenden Handlung
- Straftat:
o Schadenersatzanpruch verjährt nur innerhalb der langen Frist von 30 Jahren, wenn
der Schaden aus einer gerichtlich strafbaren Handlung entstanden ist, die nur
vorsätzlich begangen werden kann und mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe
bedroht ist
Abgrenzungen:
- Unterlassungsanspruch —> rechtswidrige Gefährdung:
o Greift vor Entstehung des Schadens ein
o Bedarf keines Verschuldens des Anspruchgegners
o Bei Zuwiderhandeln —> Unterlassungsexekution gegen Verpflichtete
o Geldstrafen können nur verhängt werden, wenn der zur Unterlassung Verpflichtete
schuldhaft gegen die verpflichtung verstoßen hat
- Beseitigungsanspruch —> rechtskonformer Zustand:
o Gerichtet auf Rückgängigmachung der rechtswidrigen Inanspruchnahme der
fremden Vermögenssphäre
o Privatrechtliche Beseitigungsansprüche auch —> Wertbewerbs- und
Immaterialgüterrecht
o 2 Unterschiede zum Schadenersatzanspruch:
Beseitigungsanspruch ist von einem Verschulden des Störers unabhänig
Richtet sich nur auf die Rückgängigmachnung eines Zustandes, nicht aber
auf den umfassenden Ausgleich eines Nachteils
Bereicherungsanspruch:
o Schaden im Vermögen des eines, Vorteil im Vermögen des anderen werden oft zu
bejahen sein
o Schadenersatzrecht knüpft an ein Vermögensminus beim Geschädigten
o Schaden und Bereicherung müssen nicht parallel entstehen
5.4 Gefährdungshaftung
Kapitel 1: Grundlagen
- Gefährdungshaftung sind besondere Haftungsgrundlagen
o Rechtswidrigkeit und Verschulden nicht erforderlich
Wirtschaft im rechtlichen Kontext – Wirtschaftsprivatrecht I
Sondergesetze:
- Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz (EKHG):
o Schäden aus dem Betrieb von Kraftfahrzeugen und Eisenbahnen
- Luftfahrgesetz:
o Schäden durch Luftfahrzeuge
- Gentechnikgesetz:
o Schäden durch Arbeiten mit gentechnisch veränderten Organismen oder durch
deren Freisetzung
- Atompflichtgesetz:
o Schäden durch Kernanlagen und Kernmaterialien
- Produkthaftungsgesetz (PHG):
o Schädigung durch Produkte
Kapitel 2: Produkthaftung
Regelungszweck:
- Lücken der Produzentenhaftung:
o Haftung für Schäden, die durch das Produkt an anderen Rechtsgütern entstehen,
wird als unbefriedigend empfunden
- Vertrag mit Schutzwirkung:
o Vertrag zwischen Hersteller und Händler entfaltet Schutzwirkungen gegenüber dem
Letzabnehmer
- Innocent bystander:
o Werden nicht erfasst
- Haftung bei Ausreißern:
o Verschuldenshaftung greift nicht für Schäden, bei denen dem Hersteller kein
Verschulden nachgewiesen werden kann
o Bedürfnis nach einer Haftung bei Ausreißernn, also Einzelstücken einer an sich
tadellosen Serienproduktion, die trotz Einhaltung aller Sorgfalt und Kontrolle
gefährliche Mängel aufweisen
Grundtatbestand:
- Haftung des Herstellers:
o Produkthaftung ist die zwingende, verschuldensunabhängige Haftung des Herstellers
gegenüber jedermann für die Gefährlichkeit seiner Produkte
o Haftung nach ABGB —> selten
o Nach PHG —> nur ausnahmsweise
- Produkt:
o => bewegliche körperliche Sachen einschließlich Energie
o Auch einzelne Teile: Tiere, Mikroorganismen, Viren, …
o Auch menschliche Organe und Blut nach der Trennung vom Spender bis zur
Verwertung
- Einmal Produkt – immer Produkt:
Wirtschaft im rechtlichen Kontext – Wirtschaftsprivatrecht I
Ersatzfähige Schäden:
- Sachschäden:
o Werden nur soweit ersetzt, als sie an vom Produkt verschiedenen körperlichen
Sachen eintreten
o Weiterfresserschaden ist nicht zu ersetzen
o Werden nur mit dem Substanzwert ersetzt
Selbstbehalt:
o Pro Schadensereignis €500
o Ansprüche bis zu dieser Summe müssen auf das allgemeine Schadenersatz gestützt
werden
o Haftungshöchstbeträge kennt das PHG nicht
- Personenschäden:
o Umfang des Ersatzes richtet sich nach dem allgemeinen Regeln
o Es sind bei einer Körperverletzung Verdienstentgang, Heilkosten und Schmerzengeld
zu zahlen
o Führt die Verletzung zum Tod —> Begräbnidkosten und Unterhalt
o Kein selbstbehalt und keine Einschränkungen auf Verbraucher
o Sorglosigkeit —> Ersatz entsprechend zu mindern
Haftpflichtige:
- Schadenersatz nach PHG:
o Hersteller:
Unternehmer ist primärer Haftpflichtiger
Wirtschaft im rechtlichen Kontext – Wirtschaftsprivatrecht I
Als Hersteller haftet auch jeder, der als Hersteller auftritt, indem er seinen
Namen, seine Marke oder ein anderes Erkennungszeichen auf dem Produkt
anbringt, das jemadn anderer erzeugt hat
o Importeur:
Unternehmer der es zum Vertrieb im EWR eingeführt und in Verkehr
gebracht hat, haftet
o Subsidiär: Händler:
Kann Hersteller oder Importeur nicht festgestellt werden, haftet der Händler
Benennungsobliegenheit
o Mehrere Haftpflichtige:
Alle haften solidarisch
Haftungsbefreiung:
- Gesetzliche Vorschriften:
o Produktfehler auf Einhaltung zwingender Sicherheitsvorschriften zurückzuführen —>
Hersteller haftungsfrei
o Verbindliche Rechtsvorschriften: alle Hoheitsakte, insb Gesetze, Verordnungen und
Bescheide
- Entwicklungsrisiko:
o Hersteller ist haftungsfrei, wenn er beweisen kann, dass der Fehler nach dem Stand
der Wissenschaft und Technik zu dem Zeitpunkt, zu dem er das betreffende Produkt
in Verkehr gebracht hat, nicht erkannt werden konnte
o Zweifel —> Entlastungsmöglichkeit steht nicht mehr zu
- Ausreißer:
o Haftung ist zu bejahen
Inverkehrbringen:
- Überlassung an Dritte:
o Versendung an den Abnehmer genügt
- Werktorprinzip:
o Hersteller verliert die tatsächliche Verfügung über das Produkt, sobald es endgültig
die Fabrik verlässt
o Produktionsvorgang, Test oder Kontrolle —> nicht im Verkehr
o Produkt kann öfter in Verkehr gebracht werden
o Von Ersatzpflicht befreit, wenn er als wahrscheinlich dartut, dass das Produkt im
Zeitpunkt des Inverkehrbringens noch nicht fehlerhaft war
- Verjährung:
o 3 Jahre ab Kenntnis von Schaden und Schädiger
o Haftung endet 10 Jahre nachdem der jeweilige Ersatzpflichtige sie Sache in Verkehr
gebracht hat
- Produktbeobachtung:
o Deliktische Produktbeobachtungspflicht
o Zweifel —> Hersteller muss aktiv werden
Grundtatbestand:
- Unfall:
o Plötzliches von außen wirkendes Ereignis
- Beim Betrieb:
o In Betrieb, wenn es am Verkehr beteiligt ist
- Eines Kfz oder einer Eisenbahn (auch Seilbahnen, Sessel- und Schlepplifte)
o E-bikes —> Kfz —> Leistung von mehr als 600 Watt erreichen, Bauartgeschwindigkeit
mehr als 25 km/h
Ersatzfähige Schäden:
- Personenschäden:
o Haftungsausschluss gegenüber Personen, die ohne Willen des Hafters befördert
wurden
o Nicht geschützt werden beim Betrieb tätige Personen
o Beförderte Personen —> Schutzbereich
- Sachschäden:
o Entgangener Gewinn ist nicht zu ersetzen
o Nur bei grobem Verschulden kann er über konkurrierende Ansprüche aus
Verschuldenshaftung geltend gemacht werden
o Vom Transporteur kann kein Ersatz verlangt werden
o Nur vertragliche Haftungsregime soll zur Anwendung kommen
Haftpflichtiger:
- Halter/Betriebsunternehmer:
o Halter ist, wer die Verfügungsmacht über das Kfz hat und es auf eigene Rechnung
betreibt
o Eisenbahnen —> Betriebsunternehmer
o Mehrere Halter —> haften solidarisch und können intern Regress nehmen
- Mehrere Unfallbeteiligte:
o Solidarhaftung gegenüber dem Geschädigten
o Regressfrage danach gelöst, ob Verschulden vorliegt und wie groß die
Betriebsgefahr war
- Haftpflichtversicherung:
o Kfz —> Versicherungspflicht —> jeder Halter muss eine Haftpflichtversicherung
abschließen
o Versicherung haftet solidarisch mit dem Halter
o Geschädigte —> ausreichend Haftungsfonds
- Schwarzfahrer:
o Haftet statt Halter
o Halter haftet mir Schwarzfahrer solidarisch, wenn er die Schwarzfahrt schuldhaft
ermöglicht hat
- Angestellter Schwarzfahrer:
o Halter haftet
o Schwarzfahrer haftet nur nach dem ABGB —> besondere Beweislastumkehr
- Keine Schutzlücken:
o Verkehrsopferentschädigungsgesetz (VOEG) hilft dem Opfer durch eine Fondlösung
Haftungsbefreiung:
- EKHG ist keine reine Erfolgshaftung
- Unfall beim Betrieb:
Wirtschaft im rechtlichen Kontext – Wirtschaftsprivatrecht I
o 1. Schritt: Haftung
Unfall beim Betrieb?
Ja —> gehaftet
o 2. Schritt: Haftungsbefreiung
Unfall durch unabwendbares Ereignis verursacht —> befreit
o 3. Schritt: Haftung
Unfall auf eine außergewöhnliche Betriebsgefahr zurückzuführen —> doch
gehaftet
- Anabwendbares Ereignis:
o Unabwendbar —> außergewöhnliches, von außen kommendes Ereignis, dass trotz
aller erdenklichen Sorgfalt nicht abgewendet werden konnte
o Einhaltung aller Sorgfalt —> geringe Verstöße führen zur Haftung
o Technisch einwandfreies Fahrzeug
Weder Versagen der Verrichtungen noch
Fehler in der BEschaffenheit darf vorliegen
- Außergewöhnliche Betriebsgefahr:
o Alles, was gefährlicher ist als die normale Betriebsgefahr des Kfz
o Keine Haftung gegenüber einem Geschädigten, der die außergewöhnliche
Betriebsgefahr ausgelöst hat
- Ist die Sphäre des Halters völlig mangelfrei, wird nicht gehaftet, außer wenn eine
außergewöhnliche Betriebsgefahr vorliegt