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Dienstag, 22.

November 2022

Zivilrpozessrecht - Das Erkenntnisverfahren

Zulässigkeit der Klage

Prüfungsaufbau zu Erfolgsaussichten einer Klage

A. Zulässigkeit der Klage

I. Gerichtsbezogene Sachurteilsvoraussetzungen

1. Sachliche Zuständigkeit, §§ 23 Nr. 1, 71 GVG

2. Örtliche Zuständigkeit, §§ 12 ff. ZPO

II. Parteibezogene Sachurteilsvoraussetzungen

1. Parteifähigkeit, § 50 ZPO

2. Prozessfähigkeit, §§ 51 ff. ZPO

3. Prozessführungsbefugnis

4. (Postulationsfähigkeit, §§ 78 f. ZPO)

—> ACHTUNG: Prozesshandlungsvoraussetzungen =/ Prozessvoraussetzungen

III. Streitgegenstandbezoegne Sachurteilsvoraussetzungen

1. Klagbarkeit des Anspruchs

2. Fehlende anderweitige Rechtshängigkeit, § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO

3. Fehlende anderweitige Rechtskraft, §§ 705, 322 ZPO

4. Allgemeines >Rechtsschutzbedürfnis (Feststellungsklage:


Feststellungsinteresse, § 256 I ZPO)

B. Begründetheit der Klage

—> Besteht der geltend gemachte Anspruch?

A. „Echte“ Prozessvoraussetzungen

- solche, bei deren Fehlen die Klageschrift dem Beklagtem schon gar nicht
zugestellt wird

- Es kommt gar nicht zur Rechtshängigkeit der Klage, §§ 253 I, 261 I ZPO

B. „Unechte Prozessvoraussetzungen

- fehlt eine unechte Prozessvoraussetzung, wird das Verfahren durch Zustellung


der Klageschrift eingeleitet

1
- Es kommt zum Prozess, Klage wird ggf. abgewiesen, ohne dass in der Sache
verhandelt wird —> Prozessurteil

C. Gerichtsbezogene Prozessvoraussetzungen

I. Zulässigkeit des Zivilrechtswegs, § 13 GVG

- fehlt Zulässigkeit des Zivilrechtswegs, so erfolgt vom Amtswegen die Verweisung


an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs, § 17a II S. 1, 3 GVG

II. Zuständigkeit des Gerichts

1. Sachliche Zuständigkeit, §§ 23, 71 GVG

- behandelt die Frage, welches Gericht innerhalb der Zivilgerichtsbarkeit in erster


Instanz einen Rechtsstreit zu entscheiden hat

- § 1 ZPO verweist auf die GVG; § 71 I GVG bestimmt die Zuständigkeit des
Landgerichts, wenn nicht das Amtsgericht zuständig ist

- Zuständigkeit des Amtsgerichts ist enumerativ in den §§ 23, 23a GVG aufgeführt

- Für Streitwertberechnung sind die §§ 2 ff. ZPO maßgebend (ab 5.000 Euro ist LG
zuständig, darunter AG)

- Bei Zuständigkeitsstreitwert Orientierung am wirtschaftlichen Interesse am


mit dem Klageantrag verfolgten Ziel

- Zahlungsklagen: Höhe der beantragten Zahlung

- Herausgabeklagen: wirtschaftliches Interesse an der Verfügungsgewalt


über die Sache

- Sofern Besitz gem. § 6 S. 1 Var. 1 ZPO —> Wert der Sache


maßgebend

- Sofern Pfandrecht gem. § 6 S. 1 Var. 2 ZPO —> Höhe der


gesicherten Forderung maßgebend

- Feststellungsklage: 80% des Wertes einer entsprechenden


Leistungsklage

- Ausnahme: negative Leistungsklage, dann 100%

- Weitere Sonderregelungen

- Unbeachtlichkeit von Nebenforderungen, § 4 ZPO

- Addition mehrerer in Klage geltend gemachten Ansprüche, § 5 ZPO

- Keine Addition von Klage und Widerlege, § 5 Hs. 2 ZPO

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- Dreieinhalbfache Höhe des einjährigen Bezuges bei wiederkehrenden
Leistungen, § 9 ZPO

2. Örtliche Zuständigkeit

- welches sachlich zuständige Gericht hat sich aufgrund seiner räumlichen


Beziehung zum Rechtsstreit mit diesem zu befassen?

- Allgemeine Gerichtsstände

- In den §§ 13 - 19a ZPO geregelt

- Alle Ansprüche gegen eine Person können geltend gemacht werden, sofern
nicht ein ausschließlicher Gerichtsstand eingreift, vgl. § 12 ZPO

- Beachte: besondere Gerichtsstände der §§ 20 - 23, 25 - 29, 29 c - 32, 33f. ZPO

- Ausschließliche Gerichtstand

- Geht allen anderen Gerichtsständen vor und ist nur damit begründet, wenn
er ausdrücklich gesetzlich normiert ist

- Kläger hat zwischen mehreren allgemeinen und/ oder besonderen


Gerichtsständen ein Wahlrecht, § 35 ZPO, sofern nicht ein ausschließlicher
Gerichtsstand besteht

3. Verweisung nach § 281 ZPO

- Verweisung an das zuständige Gericht ist bindend, § 281II S. 4 ZPO

4. Gerichtsstandsvereinabrung und rügeloses Verhandeln

a) Gerichtsstandsverhandlung

- grds. Zulässig, von den gesetzlichen Vorschriften der sachlichen Zuständigkeit


abzuweichen und von örtlichen Zuständigkeit durch Parteivereinabrung
abzuweichen, sog. Prorogration

- Vereinbarungen unterliegen aber strengen Vss

- Vereinbarung nur in der ersten Instanz möglich + alternatives Vorliegen


folgender Vss.:

- Parteien müssen Kaufleute sein, § 38 I ZPO —>


Gerichtsstandvereinabrung direkt bei Vertragsschluss möglich

- Partei hat im Inland keinen Wohnsitz, § 38 II 1 ZPO, oder es wurde bei


Vorliegen eines allgemeinen Gerichtsstands einer der bereits
begründeten allgemeinen oder besonderen Gerichtsstände ausgewählt,
§ 38 II S. 3 ZPO

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- Beachte § 38 II S. 2 ZPO

- Sonst eine Vereinbarung nur nach Entstehen der Streitigkeit —> § 38 III
Nr. 1 ZPO

- Folgende Punkte müssen kumulativ beachtet werden:

- Vereinbarung muss sich auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis beziehen, §


40 I ZPO

- Es muss sich um eine vermögensrechtliche Streitigkeit handeln, § 40 II


S. 1 Alt. 1 ZPO

- Es darf für die Streitigkeit kein ausschließlicher Gerichtsstand begründet


sein, § 40 II S. 1 Alt. 2 ZPO

b) Rügeloses Einlassen

- Ein an sich unzuständiges Gericht kann ausnahmsweise auch ohne wirksame


Gerichtsstandvereinbarung dadurch zuständig werden, dass der Beklagte, ohne
die Unzuständigkeit zu rügen, zur Sache verhandelt, § 39 S. 1 ZPO

- Gilt aber Wiederrum nicht, wenn die Belehrung gem. § 39 S. 2 ZPO unterblieben
ist oder eine nach § 40 II S. 1 ZPO unzulässige Gerichtsstandvereinbarung
vorliegt, § 40 II S. 2 ZPO

- Zur Sache verhandelt wird bereits dann, wenn tatsächliche oder rechtliche
Äußerungen zum Streitgegenstand abgegeben werden

D. Parteibezogene Voraussetzungen

I. Parteibegriff

- formeller Parteibegriff

- Partei ist derjenige, der für sich Rechtsschutz begehrt (Kläger) und gegen den
dieser Rechtsschutz begehrt wird (Beklagter)

- Bestimmung der Parteien ist objektiv durch Auslegung der Angaben in der
Klageschrift vorzunehmen, §§ 133, 157 BGB analog

II. Parteifähigkeit

- § 50 I ZPO stellt die Parteifähigkeit der materiellen Rechtsfähigkeit gleich

- Parteifähig sind demnach problemlos alle natürlichen und juristischen


Personen (auch OHG und KG sind parteifähig, §§ 124 I, 161 II HGB)

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III. Prozessfähigkeit

- Unter Prozessfähigkeit versteht man die Fähigkeit, einen Prozess selbst oder
durch einen selbst bestellten Vertreter zu führen

- Prozessfähig sind gem. §§ 51 I, 52 i ZPO iVm. §§ 104 ff. BGB, die nach dem
bürgerlichen Recht voll geschäftsfähigen

- Im Falle der Prozessunfähigkeit tritt an ihre Stelle als Prozessvoraussetzung die


gesetzliche Vertretung, § 51 I ZPO

- Demnach werden Minderjährige durch ihre Eltern vertreten, § 1629 BGB,


juristische Personen durch ihre vertretungsbefugten Organe,
Personenhandelsgesellschaften durch ihre Gesellschafter, etc

IV. Prozessführungsbefugnis

- Prozessführungsbefugt ist derjenige, der plausibel behauptet, Inhaber eines


Anspruchs zu sein

- Im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt

- Regelmäßig unproblematisch gegeben, denn idR macht der Kläger ein eigenes
Recht im eigenen Namen gelten

- Fremde rechte im eigenen Namen geltend gemacht —> man muss auf die
Prozessführungsbefugnis eingehen

- Nur in diesen Fällen zu bejahen, wenn ein Fall der (gesetzlichen oder
gewillkürten) Prozessstandhaft gegeben ist

1. gesetzliche Prozessstandschaft

- teilweise wird durch Gesetz bestimmten Personen prozessführungsbefugnis


eingeräumt, obwohl sie nicht oder nicht allein Rechtsinhaber sind

- Möglicherweise ist die so erlangte Prozessführungsbefugnis jedoch wegen § 265


III ZPO ausgeschlossen

- Prozessführungsbefugnis entfällt, wenn die Rechtskraft eines zu seinen


Lasten ergehenden Urteils ich auch gegen den Rechtsnachfolger gelten
würde

2. Gewillkürte Prozessstandschaft

- Rechtsinhaber ermächtigt einen Dritten durch Rechtsgeschäft einen Anspruch im


eigenen Namen als Partei einzuklagen

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- Voraussetzungen

- Zustimmung oder Ermächtigung des Rechtsinhabers, § 185 I BGB analog

- Eigenes rechtsschutzwürdiges Interesse des Prozessstandschafters

- Insbesondere zu bejahen, wenn die begehrte Entscheidung die eigene


Rechtslage beeinflusst

- Beklagte hat ein schutzwürdiges Interesse, nicht von jedem und


jedermann verklagt zu werden

- Abtretbarkeiot des Rechts oder die ;Möglichkeit seiner Ausübung

- Prozessstandhaft ist immer dann ausgeschlossen, wenn ein


Abtreibungsverbot dahin auszulegen ist, dass das Recht nicht durch
einen Dritten gerichtlich geltend gemacht werden kann

V. Postulationsfähigkeit

- Fähigkeit, vor Gericht aufzutreten und wirksame Prozesshandlungen


vorzunehmen

- § 78 I ZPO macht Postulationsfähigkeit ab dem plangerichtlichen verfahren


von einer anwaltlichen Vertretung abhängig

- Vor dem Amtsgericht ist jede prozessfähige Partei auch Postualtionsfähig

- Postulationsfähigkeit = Prozesshandlungsvoraussetzung —> fehlen führt nicht zur


Abweisung der Klage als unzulässig

E. Streitgegenstandsbezogene Prozessvoraussetzungen

I. Fehlende anderweitige Rechtshängigkeit

- erhobene Anspruch darf gem. § 261 III Nr. 1 ZPO nicht schon anderweitig
rechtshängig sein, §§ 253 I, 261 I ZPO

- Dennoch zweite Klage rechtshängig, dann hat das betreffende Gericht die Klage
als unzulässig abzuweisen

II. Fehlende rechtskräftige Entscheidung

- über denselben Streitgegenstand darf nicht schon anderweitig entschieden


worden sein

- Klage nur als unzulässig abgewiesen, steht dies einer erneuten Klage nicht
entgegen, da es keine Entscheidung in der Sache gibt, welche Rechtskraft hätte
erwachsen können

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III. Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis

- Es muss ein berechtigtes Interesse bestehen, die Zivilgerichte für die Erreichung
des begehrten Rechtsschutzes in Anspruch zu nehmen

IV. Besonderheit bei der Feststellungsklage

- rechtliches Interesse an der Feststellung des Bestehens oder nicht


Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses fehlt ins dann, wenn der Kläger
ebenso gut eine Leistungsklage hätte erheben können

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Mittwoch, 30. November 2022

Zivilprozessrecht: Das Erkenntnisverfahren

Das Verfahren bis zum Prozess

A. Ordnungsgemäße Einreichung der Klage

- In Klageschrift muss der Kläger darlegen, worüber das Gericht entscheiden soll

- Entsprechend dem vom Kläger mit seiner Klage verfolgten Rechtsschutzziel muss
er richtige Klageart wählen

- Klageschrift ist schriftlich (§ 253 V S. 1 ZPO) oder in elektronischer Form (vgl. §§


253 IV, 130a ZPO) beim zuständigen Gericht einzureichen (Ausnahme: § 496 ZPO)

- Bezüglich Inhalt: Unterscheidung in Muss- und Sollinhalt

I. Mussinhalt

1. § 253 II Nr. 1 ZPO

- Parteien sowie sachlich und örtlich zuständige Gericht sind in der Klageschrift zu
benennen

2. Bestimmter Antrag

- Kläger muss nicht nur Grund seiner Klage nennen, sondern auch einen
bestimmten Antrag ans Gericht stellen

- Gericht an Antrag des Klägers gebunden, § 308 I S. 1 ZPO

- Darf der Klage zwar teilweise stattgeben, aber nicht über Antrag
hinausgehen oder Kläger etwas anderes zusprechen, wenn diesbezüglich ein
Anspruch gegeben ist

- Durch Antrag wird Streitgegenstand des Verfahrens festgelegt

- Bestimmung des Streitgegenstands: Frage, ob lediglich der Antrag des


Klägers ausreicht, um Streitgegenstand zu bestimmen (sog. eingliedriger
Streitgegenstandsbegriff) oder ob zusätzlich noch der zugrundeliegende
Lebenssachverhalt mit heranzuziehen ist (sog. zweigliedriger
Streitgegenstandsbegriff)

- Kläger legt mit Klageschrift Gegenstand des Verfahrens für das Gericht bindend
fest —> Ausfluss des sog. Dispositionsgrundsatzes, der besagt, dass es Gras.
Sache der Parteien ist das Verfahren zu beginnen, zu gestalten und zu beenden

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- ABER: Situationen, in denen Kläger keinen bestimmten Antrag stellen muss;
dann der Fall, wenn der Kläger nicht über die notwendigen Informationen
verfügt., um einen Antrag zu formulieren

- Der Fall bei Auskunftsansprüchen und bei § 287 ZPO, wonach es dem
Gericht gestattet ist, ausnahmsweise über die Höhe eines Anspruchs
nach freier Überzeugung zu entscheiden

- Kläger allerdings verpflichtet, die ungefähre Größenordnung des


Anspruchs bzw. einen Mindestbetrag anzugeben; Bei
Mindestbetrag besteht für Richter keine Grenze nach oben

3. Bestimmte Angabe des Anspruchsgrundes

- Kläger muss dem Gericht die Tatsache vortragen, aus denen sich der geltend
gemachte Anspruch ergibt

- Ausführlichkeit umstritten, aber in der Praxis irrelevant

4. Unterschrift

- Auch wenn § 130 Nr. 6 ZPO (iVm. § 253 IV ZPO) nur Sollvorschrift ist, muss die
Klageschrift im Anwaltsprozessen vom Anwalt, sonst vom Kläger eigenhändig
unterschrieben werden

- Vorbereitende Schriftsätze (§ 130 Nr. 6 ZPO)

- Dadurch wird mündliche Verhandlung vorberietet und ihre Durchführung soll


erleichtert werden

- Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie möglich, wenn Übermittlung durch


Telefaxdienst erfolgt

- Bestimmende Schriftsätze

- Unterschrift ist zwingendes Gebot der Rechtssicherheit

II. Sollinhalt

- lediglich § 253 III ZPO relevant

- Geldbetrag —> dann muss Wert des Streitgegenstands angegeben werden

B. Tätigenden des Gerichts

I. Zustellung an den Beklagten

- Nachdem Klageschrift bei Gericht eingegangen, wird sie dem Beklagten von
Amts wegen unverzüglich zugestellt, §§ 271 I, 270 I, 166 ff. ZPO

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- Zudem soll Klage nicht zugestellt werden, bevor Kläger den erforderten
Gerichtskostenvorschuss eingezahlt hat, vgl. § 12 I GKG

- Klage dann erhoben und damit rechtshängig, §§ 253 I, 261 I ZPO

1. Verjährungshemmung

- Gem. § 204 I Nr. 1 BGB wird mit Erhebung einer wirksamen Klage die Verjährung
des jeweils streitigen Anspruchs gehemmt

- Hemmung endet, sobald Prozess rechtskräftig entschieden ist und sechs Monate
vergangen sind, § 204 II BGB

2. Vorauswirkung des § 167 ZPO

- Wirkung der Hemmung tritt bereits mir Einreichung der Klageschrift ein, wenn die
Zustellung demnächst erfolgt

- Erfolgt Zustellung in einem gewöhnlichen Zeitraum von ca. 1 - 2 Wichen nach


Einreichung, dann Kriterium gewahrt

- (P): Zustellung dauert länger als gewöhnlich

- Grund der Verzögerung in Sphäre des Klägers

- Rechtsprechung akzeptiert Verzögerung von 2 Wochen

- Auf die Zeitspanne abzustellende um die sich der ohnehin erforderliche


Zeitraum für die Zustellung der Klage als Folge der Nachlässigkeit
verlängert

- Verzögerungsgrund ist gerichtsintern bedingt

- Keine starre Frist für die Bemessung des Zeitraums, weil Kläger keine
Nachteile aus Umständen erleiden darf, auf die er keinen Einfluss hat

II. Vorbereitung des Haupttermins

- weitere Verfahrensablauf nach Zustellung der Klage hängt davon ab, für welche
beiden in § 272 II ZPO genannten Alternativen zur umfassenden Vorbereitung des
Haupttermins zur mündlichen Verhandlung sich der Richter entscheidet, § 272 I
ZPO

- Entscheidung trifft Richter nach freiem Ermessen

- Güterverhandlung soll der streitigen mündlichen Verhandlung vorausgehen, § 287


II ZPO

- Wenn erfolglos, dann schließt sich gem. § 279 I ZPO unmittelbar die
mündliche Verhandlung an —> kein gesonderter Termin für

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C. Reaktion des Beklagten

- Beklagten tritt Prozessförderungspflicht in dem Sinne, dass er in einer


Klageerwiderung, § 277 ZPO, darzulegen hat, wie er zu der Sache steht

- Soll erreicht werden, dass der Prozess in nur einem einzigen Haupttermin erledigt
werden kann

- Gericht und Kläger sollen erkennen könne, worauf die Verteidigung des Beklagten
hinausläuft —> Sanktion: § 296 I, II ZPO

- Verteidigungsmittel ist jedes sachliche und prozessuale Vorbringen, das der


Abwehr des geltend gemachten prozessualen Anspruchs dient

- Zeigt der Beklagte seine Verteidigungsbereitschaft entgegen § 276 I, II ZPO nicht


rechtzeitig an, wird auf Antrag des Klägers nach § 331 III ZPO ein
Versäumnisurteil im schriftlichen Verfahren erlassen

- Ohne jegliche mündliche Verhandlung

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Mittwoch, 30. November 2022

Zivilrpozessrecht: Das Erkenntnisverfahren

Verfahrensgrundsätze

I. Dispositionsgrundsatz

1. Grundsätzliches

- Parteien können über Streitgegenstand frei bestimmen + Richter an gestellte


Parteianträge gebunden., § 308 ZPO

- Kläger hat Möglichkeit, Klage zurückzunehmen, § 269 ZPO oder auf eingeklagten
Anspruch zu verzichten, § 306 ZPO

- Beklagte kann Anspruch anerkennen, § 307 ZPO

2. Abgrenzung zur richterlichen Hinweispflicht

- richterliche Hinweispflicht darf Dispositionsmaxime nicht einschränken

- Maßstab zur Abgrenzung ist richterliche Neutralität

- Gericht muss einen Hinweis geben, wenn es erkennt, dass eine Partei
falschen Weg wählt, um das von ihr offensichtlich Erstrebte Ziel zu erreichen

- Gerichte darf keinen Hinweis geben, durch den einer Partei erst ein für sie
günstiges Ziel aufgezeigt wird

II. Verhandlungsgrundsatz

- obliegt Gras. Den Parteien, die Tatsachen beizubringen und zu beweisen, die das
Gericht seiner Entscheidung zu gründe legen soll

- § 138 I ZPO verpflichtet die Parteien zur vollständigen und wahrheitsmäßigen


Abgabe ihrer Erklärungen, so dass der Verhandlungsgrundsatz durch die
Wahrheitspflicht begrenzt ist

- Vornehmlich Bedeutung des Verhandlungsgrundsatzes liegt darin, dass das


Gericht die Richtigkeit des vorgetragenen Sachverhalts erst dann überprüft, wenn
der Gegner den Vortrag der anderen Parte bestreitet, sog. Prinzip der formellen
Wahrheitsermittlung

- Schweigt Gegner, so gilt der Parteivortrag gem. § 138 III ZPO als zugestanden

- Zu unterschieden ist das Zugeständnis von Tatsachen, § 288 ZPO —>


Tatsachengeständnis

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- Wichtigste Unterschied liegt in der unterschiedlichen Anforderung daran,
Geständniswirkung wieder zu beseitigen

- Bei § 138 II ZPO jederzeit in den Grenzen der §§ 282, 296 II ZPO

- Bei § 288 ZPO Widerruf nur in den Grenzen des § 290 ZPO

III. Anspruch auf rechtliches Gehör

- Gem. Art. 103 I GG hat jedermann vor Gericht Anspruch auf rechtliches Gehör —
> Parteien muss vor der Entscheidung Gelegenheit gegeben werden, ihren
Standpunkt in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht darzulegen

- Nur auf Gelegenheit zur Äußerung abgestellt

- Ausnahme: Arrest und einstweilige Verfügung

IV. Grundsatz der Mündlichkeit

- Grundlage einer Entscheidung kann gem. § 128 I ZPO nur das sein, was
mündlich in den Prozess eingeführt wurde

- Bezugnahme auf Schriftsätze möglich

- Ausnahme: Unter bestimmten Voraussetzungen kann das Gericht eine


Entscheidung ohne mündliche Verhandlung auf Grundlage des schriftlichen
Vortrags erlassen, vgl. §§ 128 I, III, 495a, 331 III, 307 S. 2 ZPO

V. Grundsatz der Unmittelbarkeit

- mündliche Verhandlung und Beweisaufnahme müssen vor dem erkennenden


Gericht erfolgen, §§ 128 I, 355 I S. 1 ZPO

- Urteil darf nur von Richtern erlassen werden, die in der dem Urteil
zugrundeliegenden Verhandlung anwesend waren, § 309 ZPO

- Neu eingetroffene Richter muss irgendwie Kenntnis vom bisherigen Prozessstoff


erlangen

- Geschieht entweder durch Wiederholung des bisherigen Tatsachenstoffs


oder durch Bezugnahme auf diesen

VI. Grundsatz der Öffentlichkeit

- mündliche Verhandlung öffentlich, § 169 GVG

- Auch dann, wenn aus besonderen Gründen Öffentlichkeit ausgeschlossen ist, §§


170, 172 GVG —> Urteilsverkündung hat auf jedenfalls öffentlich zu erfolgen, §
173 GVG

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VII. Rechtsfolgen bei Verletzung

- Verletzung stellt Gras. Verfahrensfehler dar, der mit dem jeweils in betracht
kommenden Rechtsmittel angreifbar ist

- Urteil Gras wirksam, aber Rechtsmittel möglich

- Nur bei schwerster Verletzung Urteil ausnahmsweise unwirksam

- Ob Rechtsmittel erfolg haben wird, hängt idR davon ab, ob das ergangene Urteil
gerade auf dem Verfahrensfehler beruht —> kausal für das ergangene Urteil

- Ausnahme. Absolute Revisionsgründe, § 547 Nr. 1 und Nr. 6 ZPO

- Hier kommt es auf die Kausalität nicht an —> Verfahrensfehler so schwer,


dass allein Besteht mit rechtsstaatlichen Grundsätzen unvereinbar ist

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Samstag, 17. Dezember 2022

ZPO - Das Erkenntnisverfahren

Das Beweisrecht

I. Darlegungslast

- Verhandlungsgrundsatz (= Parteien müssen die entschei-


dungserheblichen Tatsachen vortragen)

- Darlegungslast klärt, welche Parteien welche Tatsachen vor-


zubringen haben

- Grundsatz: Jede Partei hat die ihr zum Vorteil gereichenden


Tatsachen dazulegen

II. Beweisbedürftigkeit

- Gericht muss dann entscheiden, ob die Tatsachen, so wie sie


dargelegt wurden, die Entscheidung ohne weiteres zugrunde
gelegt werden können oder ob sie beweisen erden müssen

- Grds. Nur die Tatsachen beweisbedürftige, die aus für Ent-


scheidung relevant sind

- Relevante Tatsachen bedürfen keinen Beweis, wenn sie von


gegnerischen Partei zugestanden werden (§ 288 ZPO) oder
soweit sich die generische Partei gar nicht dazu äußert (§ 138
III ZPO; Geständnisfiktion)

III. Beweislast

- Stellt sich Tatsache als beweisbedürftige dar, gilt entspre-


chend der Darlegungs-last, dass auch die Partei die ihr güns-
tigen Tatsachen zu beweisen hat

- Beachte: In einzelnen Fällen ordnet Gesetz Beweislastumekhr


an

- Von Fällen der Beweislastumkehr sind die Fälle der gesetzli-


chen Vermutung zu unterscheiden

- Gesetz knüpft Vermutungen rechtlicher oder tatsächli-


cher Art an bestimmte Tatsachen —> diese Tatsachen
müssen dann bewiesen werden

1
IV. Die Beweiserhebung

- Beweisverfahren wird von der beweispflichtigen Partei durch


einen Beweisantrag eingeleitet

- BEACHTE: Auch Gericht kann von Amts wegen die Beweis-


erhebung anordnen, vgl. §§ 144 I, 142, 143, 448 ZPO

- Unmittelbarkeitsgrundsatz —> Beweisaufnahme findet vor


dem Prozessgericht statt, § 335 I S. 1 ZPO

- AUSNAHME: §§ 355 I S. 2, 361, 362 ZPO

1. Beweisarten

- Strengbeweis: Parteien sind stets an das förmliche Beweis-


verfahren und an die vom Gesetz vorgesehenen Beweismittel
gebunden

- Soweit Zulässig Freibeweis

- Gericht kann alle Erkenntnisquellen, die ihm zur Verfü-


gung stehen, zur Klärung heranziehen

- Manchmal lässt gesetz bloße Glaubhaftmachung ausreichen


—> in Betracht kommt als zusätzliches Beweismittel eides-
staatliche Versicherung, § 294 ZPO

2. Beweismittel

- Augenscheinnahme, §§ 371 - 372a ZPO

- Zeugenbeweis, §§ 373 - 401 ZPO

- Sachverständigenbeweis, §§ 402 - 414 ZPO

- Uekundenbeweis, §§ 415 - 444 ZPO

- Parteivernehmung, §§ 445 - 455 ZPO

3. Beweiswürdigung

- Nach Beweisaufnahme obliegt es dem Gericht zu entschei-


den, ob die beweisbedürftige Tatsache als bewiesen anzuse-
hen ist oder nicht

- Beweiswürdigung abhängig von dem zugrundegelegten


beweismaß

- Gras. Vollbeweis erforderlich

2
- Gerichte auf Tatsache seiner Entscheidung nur dann zu-
grundelegen, wenn es von deren Wahrheit vollends
überzeugt ist

- Dann der Fall, wenn Zweifel an der Wahrheit ver-


nünftigerweise nicht mehr geboten sind

- Lediglich in Fällen der Glaubhaftmachung reicht geringer


Grad an Wahrscheinlichkeit aus

- Ob Beweismaß gegeben ist entscheidet Gericht nach


freier Überzeugung, § 286 I ZPO

- Anderes gilt nur dann, wenn es gesetzlich ausdrücklich


geregelt ist, § 286 II ZPO; §§ 415 - 418, 444 ZPO

4. Non - liquet und Feststellungslast

- Ist Gericht von Wahrheit der Tatsache überzeugt, dann legt


es die Tatsache seiner Entscheidung zu Grunde

- Wurde erforderliche Maß an Überzeugung nicht erreicht —>


non - liquet Situation

- Weder Wahrheit noch Unwahrheit stehen zur Überzeu-


gung des Gerichts fest

- Dann gilt Grundsatz, dass die Feststellungslast diejenige Par-


tei trifft, der die Tatsache bei ihrer Erweislichkeit von Vorteil
gereichen würde

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Samstag, 17. Dezember 2022

ZPO - Das Erkenntnisverfahren

Das Versäumnisverfahren, §§ 330 - 347 ZPO

I. Versäumnisurteil gegen den Beklagten

- Das Gericht wird einem Versäumnisurteil gegen den Beklag-


ten erlassen, wenn der Beklagte säumig ist, der Kläger dem
Erlass eines Versäumnisurteils beantragt hat und die Klage
zulässig und schlüssig ist

- Bei Unzulässigkeit der Klage durch Prozessurteil, bei


Unschlüssigkeit durch Sachurteil wird Klage abgewiesen

- Beachte: Nicht Versäumnisurteil iSd. §§ 330, 331 ZPO


—> „unechtes VU“

- „Echtes VU“ nur, wenn Entscheidung wegen Säumnis


gegen den Säumigen ergeht

1. Säumnis des Beklagten

- Säumig ist der Beklagte dann, wenn er in verfahren ohne


Anwaltszwang nach Aufruf der Sache bis zum Schluss der
mündlichen Verhandlung nicht erscheint bzw. nicht verhan-
delt, §§ 333 ZPO

- BEACHTE: Vertretungsfiktion, § 62 ZPO

- Termin in diesem Sinne ist nicht nur erste Termin zur mündli-
chen Verhandlung, sondern auch alle folgenden Termine, §
332 ZPO

- Bei Anwanltsprozess kommt es auf das Erscheinen bzw. Ver-


handeln des Anwalts an

- Ist beklagte Anwesen und verhandelt streitig zur Sache


reicht dies nicht für ein Verhandeln aus —> Grund: Be-
klagtem fehlt die Postulationsfähigkeit, vgl. § 78 ZPO

2. Antrag

- Gem. § 331 I S. 1 ZPO muss Kläger den Erlass eines VU be-


antragen

1
- Solcher Antrag von Kläger gesteckt, liegen Vss. Einer Säum-
nis aber nicht vor, dann ist Erlass eines VU unzulässig und
Antrag wird per Beschluss zurückgewiesen, § 335 I Nr. 1 ZPO

3. Zulässigkeit der Klage

- beim Versäumnisurteil handelt es sich um ein normales Sa-


churteil

- Solches Urteil setzt Zulässigkeit der Klage voraus

- Folge: Säumnis des beklagten hilft Kläger nicht über et-


waige Zulässigkeitsmängel hinweh, denn Vorliegen der
Prozesses sr ub Heder Lage von Amts wegen zu prüfen

- Stellt Gericht fest, dass eine Zulässigkeitsvss. Fehlt, dann


kommt es darauf an, ob Vss. Nachholbar ist

- Vss. Nachholbar, dann ist Antrag auf Erlass eines Ver-


säumnisurteils zurückzuweisen, § 335 I nr. 1 ZPO —>
Kläger hat dann die Chance, den Mangel zu beheben

- Vss. Nicht nachholbar, dann fehlt die Prozessvorausset-


zung endgültig und ein Erlass des Sachurteils kommt
nicht in Betracht

- Klage ist durch Prozessurteil zurückzuweisen —>


Urteil ist kein VU und allenfalls durch Berufung an-
greifbar

4. Unzulässigkeitsgründe

- § 335 I Nr. 1 ZPO: betrifft behebbare Zulässigkeitsmängel

- § 335 I Nr. 2 ZPO: Ladung muss form- und fristgerecht erfol-


gen, §§ 214 ff. ZPO

- Bei Einleitung des Verfahrens rtritt anstelle der Ladungs-


frist die 3 Wöchige Einlassungsfrist des § 274 III ZPO

- BEACHTE: Einlassungsfrist dient dem Schutz des Be-


klagten

- § 335 I Nr. 3 ZPO: Folgende Unterscheidung

- Ist der Kläger säumig, greift diese Vorschrift nicht ein,


denn den Kläger bedarf es im Säumnisfall weder eines
Sachantrags noch eines Tatsachenvortrags —> Unbe-
gründetheitsfiktion des § 330 ZPO greift ein

2
- Ratio der Vorschrift ist Schutz des Beklagten vor der
Geständnisfiktion des § 331 I S. 1 ZPO

- Beklagte muss zumindest wissen, was durch sein


Nichterscheinen in der mündlichen Verhandlung
als zugestanden gilt, sofern er in der mündlichen
Verhandlung säumig ist

5. Schlüssigkeit der Klage

- Trägt Kläger Tatsache vor, dann hat das Gericht diese zu-
nächst als durch den Beklagten zugestanden zu betrachten,
§§ 331 I S. 1 ZPO

- Tatsachen bedürfen keines Beweises

- Gericht hat dann zu prüfen, ob dieser Tatsachenvortrag den


Klageantrag rechtfertigt

- Davon ist auszugehen, wenn die Tatbestandsvss. Derje-


nigen Vorschriften des materiellen rechts erfüllt sind, die
den geltend gemachten Anspruch begründen —> Kläger
hat nur alle anspruchsbegründenden Tatsachen vorzu-
bringen

- Anspruchshindernden oder -vernichtenden Einwendun-


gen prüft das Gericht

- Trägt Kläger Tatsachen vor, die Annahme einer rechtsvernich-


tende Einwendung rechtfertigen, dann hat Gericht auch diese
Tatsachen zu berücksichtigen, sog. inkorporiertes Vorbringen

- Hält Gericht Klage für schlüssig, dann erlässt es einen VU

II. Reaktionsmöglichkeiten des Beklagten

- Reagiert der Beklagte nicht, erwächst das Urteil in Rechts-


kraft

- Nach Eintritt der Rechtskraft hat Kläger einen Vollstreckungs-


titel, der ihn bei vorliegen weiterer Vss. Zur Zwangsvollstre-
ckung berechtigt

- Gras. Wird gegen Endurteile das Rechtsmittel der Berufung


oder das der Revision eingelegt

- Rechtsstreit wird in eine höhere Instanz „gehoben“, sog.


Devolutiveffekt

3
- Beklagte hat Möglichkeit gegen das VU innerhalb von 2 Wo-
chen Einspruch zu erlegen, §§ 338, 339 ZPO

- Prozess dadurch in die Lage zurückversetzt, die er vor


Eintritt der Säumnis hatte, § 342 ZPO

- Beklagte kann dann seine Einwände vorbringen und Pro-


zess wird so geführt, als wenn Säumnis nie stattgefun-
den hatte

1. Zulässigkeit des Einspruchs

- Zulässigkeit des Einspruchs wird vom Prozessgericht von


Amts wegen geprüft, § 341 I S. 1 ZPO

a) Statthaftigkeit

- Einspruch ist statthaft gegen ein echtes VU

- VU muss wegen Säumnis gegen den Säumigen ergan-


gen sein

- Nicht statthaft, wenn Beklagte erneut säumig ist und darauf-


hin ein zweites VU gegen ihn ergeht, vgl. § 345 ZPO

b) Form und Frist

- Einhegung des Einspruchs erfolgt durch Einreichung einer


Einspruchsschrift beim Prozessgericht, § 340 I ZPO

- Inhalt der Einspruchsschrift, vgl. §§ 340 II, III ZPO

- Frist beträgt 2 Wichen ab Zustellung des VU, § 339 I ZPO

- Bei verspäteter unverschuldeter Einlegung des Ein-


spruchs ist immer an die Möglichkeit der Wiedereinset-
zung gem. § 223 ZPO zu denken

- Kommt auch dies nicht in Betracht, erwächst Urteil in


Rechtskraft und kann vollstreckt werden

2. Entscheidung des Gerichts

- Stellt Gericht fest, dass Einspruch unzulässig ist, dann wird


es ihn durch Beschluss verwerfen, § 341 I S. 2 ZPO

- Gegen diesen Beschluss ist unter Umständen die sofortige


Beschwerde statthaft, wenn die Entscheidung ohne mündli-
che Verhandlung ergeht, §§ 341 II, 567 I Nr. 2 ZPO

4
- Zulässige Einspruch hingegen verhindert Rechtskraft des Ur-
teils, § 705 ZPO

- Prozess wird in Lage vor der Säumnis zurückversetzt, §


342 ZPO und in einem neuen Termin (Einspruchstermin)
wird normal über Zulässigkeit und Begründetet der Klage
entschieden

- Geständnisfunktion des §§ 331 I 1 ZPO entfällt —> zuvor


vorgenommen Schlüssigkeitsprüfung hat keine Bedeu-
tung mehr

- Je nach Ergebnis wird Gericht VU aufrechterhalten oder


durch neues Urteil aufheben, § 343 ZPO und Klage abweisen

- Urteil ist dann ein gewöhnliches Endurteil, dass mit Be-


rufung oder Revision angegriffen werden kann

3. Zweites Versäumnisurteil

- zulässiger Einspruch gem. § 342 ZPO führt dazu, dass der


Prozess in die Lage zurückversetzt wird, in der er sich vor
Eintritt der Säumnis befand

- Ist beklagte in dem Einspruchstermin (§ 341a ZPO) oder in


dem Termin, auf den nach §§ 335 II ZPO bzw. § 377 ZPO ver-
tragt worden ist, dann erneut säumig, ergeht erneut ein VU,
gegen das ihm ein weiterer Einspruch nicht zusteht, § 345
ZPO

- Gegen das Zweite VU kann der Beklagte mit Rechtsmittel der


Berufung vorgehen

- ABER: kann lediglich damit geltend machen, dass ein


Fall der Versäumnis nicht vorgelegen hat, § 514 II ZPO

III. Versäumnisurteil gegen den Kläger

- Kläger säumig, dann kann auch gegen ihn ein VU ergehen,


§§ 330 ZPO

- Vss stimmen weitgehend mit denen überein, die für ein VU


gegen den Beklagten gelten

- ABER: Vorbringen der Parteien zur Sache bleibt unbe-


rücksichtigte d.h. es findet keine Schlüssigkeitsprüfung
statt —> Unbegründetheitsfiktion

5
- Kläger also säumig und Klage zulässig, dann ergeht auf An-
trag des Beklagten ein VU gegen den Kläger, das die Klage
durch Sachurteil abweist

- Klage unzulässig, dann wird sie durch Prozessurteil abgewie-


sen, wenn Mangel der Zulässigkeit nicht behoben werden
kann

- Urteil ist ein echtes VU und auch nicht mit Einspruch an-
greifbar

- Mangel begehbar, dann wird der Antrag auf Erlass eines VU


zurückgewiesen & Verhandlung vertragt

- § 335 I Nr. 3 ZPO findet keine Anwendung, weil Beklagte kei-


ne Sachanträge stellt, die Kläger mitgeteilt werden können

6
Sonntag, 18. Dezember 2022

ZPO - Das Erkenntnisverfahren

Prozesshandlungen

- Prozesshandlungen = Möglichkeiten, wie Parteien Prozess


gestalten können

I. Allgemeines

- Von Prozesshandlung spricht man nur dann, wenn das Ver-


halten einer Partei Erfolg auf prozessualem Gebiet zeitigen
soll

- BEACHTE: ein und dasselbe Verhalten kann Folgen auf


materiell - rechtlicher und prozessualer Eben haben (zb.
Prozessvergleich oder Prozessaufrechnung)

1. Abgrenzung Erwirkungs- und Bewirkungshandlungen

- Prozesshandlungen können auch vom Gericht vorgenommen


werden (zb. Urteil)

- Aber Erwirkungshandlung der Parteien vor Tätigwerden des


Gerichts notwendig (meistens Anträge)

- Anträge sind auch Prozesshandlungen, da sie ihrerseits


einen prozessualen Erfolg bezwecken

- Bewirkungshandlungen zeitigen direkt einen prozessualen


Erfolg (zb. Anerkenntnis)

2. Anwendbare Vorschriften

- wirksame Vornahme einer Prozesshandlung setzt Vorliegen


der persönlichen Prozesshandlungsvss. Voraus

- Parteifähigkeit, Prozessfähigkeit und Postulationsfähig-


keit

- Prozesshandlungen grds. Formfrei und an das Gericht zu


richten

- §§ 133, 157, 140 BGB analog anwendbar, aber keine


analoge Anwendung der §§ 116 ff. BGB

1
- (P): Können Prozesshandlungen nachträglich beseitigt wer-
den?

- Bewirkungshandlungen können grds. Nicht beseitigt


werden, da Erfolg bei Vornahme der unmittelbar eintritt

- Möglich ist einverständliche Beseitigung der Wir-


kungen durch die Parteien

- Erwirkungshandlungen können widerrufen werden, da


sie auf das Tätigwerden des Gerichts abzielen

- Vss.: Zustand kein Zustand eingetreten, auf dessen


Bestehen der Gegner vertrauen durfte

- Widerruf scheidet aus, wenn das Gericht begehrte


Handlung bereits vorgenommen hat

II. Beiderseitige Prozesshandlungen

1. Prozessvergleich

- Durch Abschluss des Prozessvergleichs können Parteien


Rechtsstreit einvernehmlich beenden + Rechtshängigkeit ent-
fällt

- Gericht nach § 279 I ZPO gehalten, in jeder Lage des Verfah-


rens auf eine gütliche Beilegung des Streits hinzuwirken

- Prozessvergleich = doppelfunktionale Prozessahndlung (—>


zeigt Wirkungen auf prozessualer und materiell - rechtlicher
Ebene)

a) Rechtsnatur

- H.M.: Prozessvertrag mit Doppelnachtur (alt. Doppelwirkung),


dessen materiell - rechtliche und prozessuale Wirkung sich
gegenseitig bedingen

b) Wirksamkeitsvss.

- Rechtsnatur entsprechend sowohl materiell - rechtliche als


auch prozessuale Vss. Zu beachten

aa) Materiell - rechtliche Vss.

- allgemeine Vorschriften über das Zustandekommen von Ver-


trägen, §§ 104 ff. BGB gelten

2
- Parteien müssen bezüglich Vertragsgegenstands dispositi-
onsbefugt sein (—> Dispositionsbefugnis)

- Vss. Des § 779 BGB müssen gegeben sein

bb) Prozessuale Vss.

- Gem. § 749 I Nr. 1 ZPO muss Vergleich vor einem deutschen


Gericht geschlossen werden und ein anhängiges Streitverfah-
ren betreffen

- Vergleich muss ordnungsgemäß protokolliert sein (§ 160 III


Nr. 1 ZPO)

- Setzt nach § 162 ZPO Vermerk „vorgelesen und geneh-


migt“ voraus

c) Wirkungen

- Vergleich hat prozessbeendigende Wirkung, wenn Vss. Vor-


liegen

- Rechtshängigkeit des Verfahrens endet

- Materiell - rechtlich wird Rechtslage neu gestaltet

- Durch vergleich wird unabhängig von der wirklichen


Rechtslage bestimmt, was zwischen Parteien rechtens
sein soll

d) Folgen bei Unwirksamkeit

- Unterscheidung, ob Wirksamkeit aus materiell - rechtlichen


oder prozessualen Gründen scheitert

- Aus der Doppelnatur ergibt sich, dass die materiell - rechtli-


che Unwirksamkeit auch die prozessuale Wirkung (Prozess-
beendigung), nicht eintreten lässt

- Bei Rücktritt fordert eine Ansicht, dass eine erneute Klage zu


erheben ist

- A.A.: Alte Klage bleibt und über neue Klage wird weiter
entschieden (Fortsetzung9

- Gründe der Prozessökonomie und Gericht sei mit


Rechtslage bereits vertraut und könne darüber am
besten entscheiden

3
- Bei Unwirksamkeit der Prozessbedingungen tritt Prozessbe-
dingung nicht ein

- Zieht diese Unwirksamkeit auch Unwirksamkeit auf ma-


teriell - rechtlicher Ebene nach sich?

- Möglich: Umdeutung (§ 140 BGB) dahingehend,


dass Vergleich nach § 779 BGB wirksam sein soll,
obwohl er prozessual unwirksam ist

- Frage des hypothetischen Parteiwillens —> davon


auszugehen, dass Parteien materielle Rechtslage
auf neue Grundlage stellen wollen, ist Gericht bei
Fortsetzung des alten Rechtsstreits daran gebunden

e) Außergerichtlicher Vergleich

- keine unmittelbare Auswirkung auf den Prozess

- Vergleich ist auf die Prozessbeendigung gerichtet —> Partei-


en beurkunden, Prozess beendigen zu wollen

- Will eine Partei aus solchem Vergleich Rechte herleiten, muss


sie sich vor Gericht darauf berufen

- Haben Parteien ein Klagerücknahmeversprechen vereinbart


und macht Beklagte dies geltend, muss Klage als unzulässig
zurückgewiesen werden, wenn Kläger Klage gegen seiner
Zusage nicht zurücknimmt

2. Übereinstimmende Erledigterklärung

- Wenn im Laufe des Zivilprozesses Ereignisse eintreten, die


den Streit obsolet werden lasen, muss es für Parteien die
Möglichkeit geben, den Streit einvernehmlich zu beenden

- Übereinstimmende bzw. beidseitige Erledigungserklä-


rung

- ABGRENZUNG zu einseitigen Erledigungserklärung, die vom


Kläger vorgenommen, aber vom beklagten nicht akzeptiert
wird

- Möglichkeit der beiderseitigen Erleidgungserklärung wird in §


91a ZPO als bestehend vorausgesetzt und ist der Rechtsna-
tur nach ein eigenständiges prozessuales Rechtsinstitut

4
- Wird sie wirksam erklärt, hat sie prozessualbeendigende Wir-
kung

- Gericht entscheidet nur noch über die Kosten, darf an-


sonsten nicht weiter tätig werden, § 91a ZPO

a) Wirksamkeitsvoraussetzungen

- Erklärung kann in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll


oder durch Schriftsatz abgegeben werden

- Widerruf kann wegen der Prozessbeendigung nur bis zur Zu-


stimmung des Beklagten erfolgen

- Erklärung kann frühestens nur nach Abhängigkeit abgegeben


werden, wird aber erst mit Rechtshängigkeit wirksam

- Gem. § 91a S. 2 ZPO wird Zustimmung des Beklagten fin-


giert, wenn Beklagte nicht innerhalb einer bestimmten Frist
widerspricht und zuvor auf diese Folge hingewiesen wurde

b) Sonstiges

- (P): Ist nach beiderseitigen Erklärung ein erneuter Prozess


möglich?

- BGH: Kläger drückt mit Zustimmung zur Erklärung kein


Anerkenntnis aus, dass Klageanspruch nicht mehr be-
stehe

- Erneute Klage auch regelmäßig nicht treuwidrig, weil


Beklagte nicht erneut darauf vertrauen darf, nicht
erneut in Anspruch genommen zu werden

- Gericht entscheidet über Kosten nach billigem Ermessen, in-


dem es eine Prognose dahingehend vornimmt, wie der
Rechtsstreit ohne Erledigungserklärung der Parteien gewe-
sen wäre

III. Prozesshandlungen des Klägers

1. Klagerücknahme

- in § 269 ZPO geregelt und kommt in Betracht, wenn der Klä-


ger im Prozess feststellt, dass der geltend gemachte An-
spruch (momentan) nicht durchsetzbar ist, nicht beweisbar
ist, etc.

5
- Klagerücknahme wirkt sich nicht auf das geltend gemachte
Recht aus

- Kläger kann erneut Klage erheben

a) Allgemeine Wirksamkeitsvoraussetzungen

- allgemeine Prozessvoraussetzungen müssen gegeben sein

- Gem. § 269 II 2 ZPO kann Klagerücknahme in der mündli-


chen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes
erfolgen

- Als Bewirkungshandlung ist die Klagerücknahme grds. Nicht


widerruflich

- Ist für Klagerücknahme Einwilligung des Beklagten erfor-


derlich, ist Widerruf bis zu dessen Erklärung möglich

- Einwilligung bereits erfolgt, scheidet Widerruf aus, da die


Prozesshandlung dann bewirkt ist

- Erklärung kann frühestens nach Rechtshängigkeit erklärt


werden, da Rücknahme Rechtshängigkeit voraussetzt

- Muss spätestens bis zur Rechtskraft des Urteils erfolgen

b) Einwilligung des Beklagten

- Aus § 269 I BGB ergibt sich, dass die Einwilligung des Be-
klagten zur Klagerücknahme erforderlich ist, wenn die münd-
liche Behandlung bereits begonnen hat

- Mündliche Verhandlung beginnt mit Antragstellung,


§ 137 I ZPO (nicht gegeben bei jeglicher Debatte über
den Fall)

- BEACHTE: Da auch die Erklärung der Einwilligung eine Pro-


zesshandlung ist, müssen die Wirksamkeitsvss. Beachtet
werden

c) Wirkungen

aa) prozessrechtlich

- gem. § 269 III ZPO wird Rechtshängigkeit rückwirkend beein-


trächtigt, bereits erlassenes urteil wirkungslos, soweit es
noch nicht rechtskräftig geworden ist

- Kläger trägt die bereits angefallenen Kosten, § 269 III 2 ZPO

6
bb) bei erneuter Klage

- Kläger kann Sache jederzeit erneut rechtshängig machen

- Beklagten steht eine (prozessuale) Einrede zu, die sicherstellt,


dass vor einer erneuten Verhandlung alle bisher angefallen
und vom Kläger zu tragenden Kosten erstattet wurden, § 269
VI ZPO

- Einrede berechtigterweise und rechtzeitig erhoben, wird


erneute Klage als unzulässig abgewiesen

- Beklagte kann seine Kosten im Kostenfestsetzungsverfahren


geltend machen und aus dem Beschluss gegen den Kläger
vollstrecken, § 794 I Nr. 2 ZPO

- Rechnet Kläger mit seiner ursprünglich klarweise geltend


gemachten Forderung a gegen Kostenerstattungsanspruch
auf und wehr sich gegen die Vollstreckung aus Konstenfest-
stezungsbeschluss mit Vollstreckunsklage, findet § 269 IV
ZPO entsprechend Anwendung

- ANDERS, wenn Bestehen des Anspruchs unstreitig ist

cc) Materiell - rechtlich

- Entfällt die Verjährungshemmung rückwirkend und kann da-


mit in der Zwischenzeit Verjährung eingetreten sein?

- ABER: Gem. § 204 II S. 1 BGB entfällt Wirkung der Hem-


mung erst 6 Monate nach anderweitiger Beendigung des
eingeleiteten Verfahrens

2. Verzicht

- Verzicht in § 306 ZPO geregelt und ist die Erklärung des Klä-
gers, dass der gegen den Beklagten geltend gemachte An-
spruch nicht besteht und der Klageantrag daher unberechtigt
ist

- Verzichtende nicht berechtigt, den Anspruch noch einmal gel-


tend zu machen

a) Voraussetzungen

- Verzicht muss in der mündlichen Verhandlung erklärt werden,


§ 306 ZPO

- Als bBewirkungshandlung grds. Unwiderruflich

7
- ABER: Beklagte kann einem Widerruf zustimmen, so-
dass eine einvernehmliche Aufhebung möglich ist

- Kläger muss bzgl. Des Anspruch dispositionsbefugt sein, d.h.


er muss überhaupt wirksam auf ihn verzichten können

b) Antrag des Beklagten

- Damit Verzicht ergeht muss, Beklagte dieses beantragen, §


306 ZPO

- Tut er dies nicht, sondern beantragt streitige Verhandlung ist


fraglich, ob gleichwohl ein Verzichtsurteil erlassen werden
kann

- E.A: VU ergeht gegen den Beklagten

- ABER: kaum möglich, da aufgrund des Antrags auf


streitige Verhandlung bereits keine Säumnis besteht

- A.A.: Verzichtsurteil kann ergehen

- Dem beklagten fehlt für eine streitige Verhandlung


das Rechtsschutzbedürfnis, weshalb auch ohne An-
trag des Beklagten ein Verzichtsurteil ergehen kann

c) Wirkungen

- Bei Vorliegen der Vss. Hat das Gericht die Klage abzuweisen

- Prüfung in Bezug auf das tatsächliche Bestehen des An-


spruchs erfolgt nicht

3. Klageänderung

- Klage einmal rechtshängig, kann sie nur noch unter Vss. Des
§ 263 ZPO geändert werden

a) Bedeutung

- Prozessfortführung mit neuem Ziel

- Damit Kläger nicht auf Einwilligung des Beklagten angewie-


sen ist, § 269 ZPO, hat Gesetzgeber zusätzlich Alternative
der Sachdienlichkeit geschaffen

- Möglichkeit auch gegen den Willen es Beklagten eine


Klageänderung zuzulassen

8
b) Voraussetzungen

aa) Wirksame Erklärung

- Da durch Klageänderung ein neuer Streitgegenstand in den


Prozess eingeführt wird, muss Erklärung unter den Vss. Des
§ 261 II ZPO erfolgen

bb) Vorliegen einer Klageänderung

- Klageändeurng liegt vor, wenn Streitgegenstand der bisheri-


gen Klage geändert wird

- Entweder Antrag oder Lebenssachverhalt muss sich ge-


ändert haben

- H.M:: Klageänderung (+), wenn nachträglich zusätzlich ein


neuer Streitgegenstand in den Prozess eingeführt wird

- BEACHTE: Prüfung, ob obj. Vss. Der Klagehäufung vor-


liegen

- Ausnahmen des § 264 ZPO, in denen Klageänderung nicht


gegen ist

- § 264 Nr. 1 ZPO: Berechtigung oder Ergänzung der rad-


sächlichen oder rechtlichen Ausführungen hat keine
Auswirkungen auf den Streitgegenstand

- § 264 Nr. 2, 3 ZPO: Freistellung von Vss. Des § 263 ZPO

- Klageänderung die stets unter § 264 Nr. 2, 3 ZPO


fallen, sind stets zulässig, also ohne dass es einer
Einwilligung des Beklagten der der Sachdienlichkeit
bedarf

cc) Einwilligung des Beklagten

- lässt sich der Beklagte in der mündlichen Verhandlung auf ab-


geänderte Klage ein, ohne zu Wiedersprechen, gilt dies als Ein-
willigung, § 267 ZPO

dd) Sachdienlichkeit

- relevant bei fehlender Einwilligung

- Prozessökonomie entscheidend

9
- Liegt nach alledem eine zulässige Klageänderung vor, hat
Gericht über Zulässigkeit und Begründetet der geänderten
Klage zu entscheiden

- Entscheidung des Gerichts darüber, ob Klageänderung vor-


liegt, ist anfechtbar

- Streitgegenstand wird mit Vornahme der Klageänderung


rechtshängig, § 261 II ZPO und Rechtshängigkeit des ur-
sprünglichen Streitgegenstands entfällt

4. Parteiwechsel

- gewillkürte Parteiwechsel ist gesetzlich nicht geregelt —>


Frage, ob alte Prozess (mit neuer Partei) fortgesetzt werden
kann

- Dafür: prozessökonomische Erwägungen

- ABER: Niemand kann ohne weiteres in einen laufenden


Prozess hineingezogen werden bzw. der ursprüngliche
Beklagte hat ein Interesse an einer abschließenden Ent-
scheidung

a) Parteiänderung in erster Instanz

aa) Voraussetzungen des Parteiwechsels

- Rpsr. Klageänderungstheorie

- Bei dem gewillkürten Parteiwechsel handelt es sich um


einen Fall der Klageändeurng, weshalb bei Vorliegen der
Vss. Des § 263 ZPO ein Parteiwechsel grds. Möglich ist

- Sachdienlichkeit erforderlich

- Alte Beklagte muss aber Zustimmen, da diesem be-


reits Kosten entstanden sind und er grds. Einen An-
spruch auf eine Sachentscheidung hat, § 269 I ZPO

- Lit.: Parteiändeurng = eigenständiges Rechtsinstitut

- Zustimmung des alten beklagten analog § 269 ZPO er-


forderlich

- ABER: Sachdienlichkeit entsprechend § 263 ZPO nicht


erforderlich

10
bb) Bindung an bisherige Ergebnisse

- Rspr:: neue Beklagte tritt in den alten Prozess ein —> bereits
gewonnene Ergebnisse sind für diesen aufgrund der Sach-
dienlichkeit auch ohne Zustimmung bindend

- Lit.: keine Bindung an bisherige Prozessergebnisse, erdhalb


unter Umständen erneut beweis erhoben werden muss

- ANDERS. Bei Zustimmung (Art. 103 GG)

b) Parteiwechsel in zweiter Instanz

- Rspr.: Der neue Beklagte muss dem Parteiwechsel zustim-


mend Amit Ergebnisse verwertet werden können

- Sonst ginge Tatsacheninstanz verloren

- Bei Zustimmung Bindung an bisherige Ergebnisse, weil


nicht schutzwürdig (hätte Zustimmung auch nicht geben
können)

5. Einseitige Erledigterklärung

a) Einführung

- keine gesetzliche Regelung —> Orientierung für Lösung an


Interessenlage der Parteien

- Beklagte schließt sich der Erklärung nicht an, da er der Auf-


fassung ist, die Klage sei von beginn an unzulässig oder un-
begründet

- Nicht zufrieden mit eigener Kostenentscheidung nach


billigem Ermessen, wie sie § 91 a ZPO vorsieht

- H.M: Klageändeurngstheorie

- Mit Erledigterklärung durch Kläger gleichzeitig Klageän-


deurng verbunden

- Neuer Streitgegenstand ist Feststellung, dass die ur-


sprüngliche Klage im Zeitpunkt des erledigenden Ereig-
nisses zulässig und begründet und durch ein bestimmtes
Ereignis nun unzulässig oder unbegründet worden ist

- Aus Leistungsklage wird Feststellungsklage

- Zulässigkeit der Klageändeurng wird regelmäßig auf § 264 Nr.


2 ZPO gestützt

11
- Solche Klageändeurng auch sachdienlich iSd. § 263
ZPO

- Feststellungsinteresse (gem. § 256 ZPO bei jeder Feststel-


lungsklage erforderlich) ergibt sich daraus, dass dies für Klä-
ger einzige Möglichkeit zur Vermeidung der Kostentragung ist

- Erledigungserklärung erfolgt mündlich in Verhandlung oder


schriftsätzlich gem. § 261 II ZPO

- Sie ist frei widerruflich —> Kläger kann durch Klageän-


derung zu seinem ursprünglichen Anztag zurückkehren
oder diesen hilfsweise aufrechterhalten

b) Vom Gericht durchzuführende Prüfung

- Gericht prüft zuerst Zulässigkeit der einseitigen Erledigterklä-


rung nach obigen Gesichtspunkten und dann Zulässigkeit der
geänderten Klage im Übrigen

- Klage begründet, wenn tatsächliche Erledigung nach rechts-


hängigkeit eingetreten ist und die Klage vor dem erledigen-
den Ereignis zulässig und begründet war

aa) Tatsächliche Erledigung

- Ereldigunsgereignisse können zur Unzulässigkeit oder zur


Unbegründetheit der Klage führen

- Prozessuale Ereldigungsereignisse: Verlust der Parteifähigkeit

- Sachliche Eredigungsereignisse: Erlöschen eines Anspruchs,


außergerichtlicher Vergleich oder Untergang der herauszuge-
benden Sache

- Frage bei Aufrechnung: Zeitpunkt der Erledigung auf Aufgabe


der Gestaltungserklärung oder auf Gestaltungslage abzustel-
len?

- BGH: Abstellung auf Gestaltungserklärung, sodass Klage


bis zu diesem Zeitpunkt zulässig und begründet war —>
Feststellungsklage erfolgreich

- Gleiches gilt für erstmalige Erhebung der Verjährungsein-


rede im Prozess

bb) Zeitpunkt der Erledigung

- (P): Wann kann Erledigung frühestens eintreten?

12
- E.A.: Abstellung auf Zeitpunkt der Abhängigkeit

- Kläger habe keinen Einfluss darauf, wann Klage zu-


gestellt wird

- Verzögerung dürfe nicht zu Lasten des Klägers ge-


hen

- H.M: Abstellung auf Eintritt der Rechtshängigkeit

- Zuvor kein Streitgegenstand und keine Hauptsache,


die sich erledigen könnte

- Klage bereits im Zeitpunkt ihrer Erhebung unzulässig


oder unbegründet —> Abweisungsrecht des Be-
klagten

- Problem der h.M.: Wie kann Kläger von Kosten der Klage be-
freit werden, wenn tatsächlich Anspruch für Erhebung der
Klage bestand?

- § 269 III S. 3 ZPO: Kostenentscheidung erfolgt nach bil-


ligem Ermessen

- Kläger hat nun Möglichkeit, Klage zurückzunehmen, um


Kostenentscheidung erreichen zu können

- BEACHTE: Kläger muss keinen Kostenantrag nach § 269


III 3, IV ZPO stellen

- Kann sich Kosten der Rücknahme auferlegen lassen


und diese dann im Klageweg gelten machen, wenn
ihm materiell -r rechtlicher Kostenerstattungsan-
spruch zusteht

- § 269 III 3 ZPO gilt unabhängig davon, ob es noch zur


Rechtshängigkeit kommt, also unabhängig von Zustellung
der Klage

- § 269 III 3 ZPO gilt auch dann, wenn das erlegende Ereignis
bereits vor Abhängigkeit eintritt

IV. Prozesshandlung des Beklagten

1. Anerkenntnis

- Belakgte räumt mit Anerkenntnis bestehen des Anspruchs


ein, §§ 207, 93 ZPO

13
- Folge: keine streitige Verhandlung/ Beendigung der Verhand-
lung

- Vorteil: Vermeidung von weiteren Kosten

a) Voraussetzungen

aa) Wirksame Erklärung

- allgemeine Prozessahndlungsvss. Müssen gegeben sein

- Form: Anerkenntnis kann mündlich, § 307 S. 1 ZPO, oder im


schriftlichen Vorverfahren, § 307 S. 2 ZPO) erklärt werden

- Widerruf: es handelt sich um eine Bewirkungshandlung —>


Anerkenntnis nicht widerruflich oder anfechtbar

- Dispositionsbefugnis: Beklagte muss hinsichtlich des geltend


gemachten Anspruchs dispositionsbefugt sein

bb) Erfüllung der Prozessvoraussetzungen

- Liegt Anerkenntnis vor, erlässt Gericht Anerkenntnisurteil —>


normales Sachurteil

- Kann nur dann ergehen, wenn Klage zulässig ist

- Gerich prüft zunächst Zulässigkeit der Klage

- Klage unzulässig —> wird abgewiesen & etwaiges Aner-


kenntnis hat keine Bedeutung

b) Wirkungen

- keine Prüfung der materiellen Rechtslage

- Bzgl. Kosten ist § 93 ZPO zu beachten

- Grds. Kostenerstantungspflicht des Beklagten entfällt


nach § 91 ZPO, wenn Beklagte kein Anlass zur Klageer-
hebung gegeben hat und Anerkenntnis sofort erklärt wird

- Im schriftlichen Verfahren hat Anerkenntnis spätestens in


Klageerwiderung zu erfolgen, wenn in Anzeige der Verteidi-
gungsbereitschaft noch keinen Antrag auf Abweisung der
Klage gestellt wurde

14
2. Aufrechnung

- Soweit sich Forderungen ecken, gelten sie als erloschen in


dem Zeitpunkt, indem sie zur Aufrechnung geeignet einer ge-
genübergetreten sind, § 398 BGB

- Materiell - rechtlich: Erfüllungssurrogat

- Prozessrechtlich ist Aufrechnung Verteidigungsmittel

a) Rechtsnatur

- Prozessaufrechnung ist ein Doppeltatbestand, d.h. Aufrech-


nung im Prozess ist nicht nur Prozesshandlung, sondern zu-
gleich auch materielle Gestaltungserklärung

- Gestaltung der materiellen Rechtslage wird vom Gesetz den


Parteien selbst überlassen

- Keine Veränderung des Rechtscharakter dadurch, dass


sie im Prozess

b) Eventualaufrechnung

- nur für den Fall, dass das Gericht die Klage als begründet er-
achten wird

- Hält Gericht Klage bereits von vornherein für unbegründet,


besteht für Beklagten keine Veranlassung, Aufrechnung zu
erklären

- § 388 S. 2 BGB steht solchen Erklärungen nicht entgegen

c) Besonderheiten des § 322 II ZPO

- Einwendungen des Beklagten nehmen dress. Nicht an


Rechtskraft teil, § 322 I ZPO, d.h. in einem Urteil ist nichts
darüber gesagt, ob eine bestimmte Einwendung besteht oder
nicht

- § 322 II ZPO mach für Prozessaufrechnung Ausnahme

- ABER: nur für den Fall, dann Aufrechnung erfolglos ge-


blieben ist

- Anwendung auch bei Abweisung der Klage wegen Auf-


rechnung

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3. Widerklage

- Angriff des Beklagten auf Kläger

- Widerklage ist eine vollwertige Klage, für die deshalb auch


alle Vorschriften über die Klage gelten, soweit keine Sinder-
regeln bestehen

- §§ 261 II, 297 ZPO: Möglichkeit des Beklagten, Widerklage in


der mündlichen Verhandlung zu erheben

a) Zulässigkeit

- Streitgegenstand der Widerklage muss ein anderer sein als


der der Ausgangsklage

- Im Zeitpunkt der Ergebung der Widerklage muss die Aus-


gangslage rechtshängig sein

- ABER: irrelevant, wenn die Rechtshängigkeit der Aus-


gangslage später wegfällt

- Besonderheiten hinsichtlich der sachlichen Zuständigkeit

- Streitwerte von Ausgangs- und Widerklage werden nicht


addiert, § 5 Hs. 2 ZPO

- Begründet Wiederklage allerdings für sich gesehen Zu-


ständigkeit des Landesgerichts, kann eine Partei gem. §
506 ZPO Antrag auf Verweisung an das zuständige
Landgericht stellen

- Gericht muss auf die Unzuständigkeit hinweisen, §


504 ZPO

- Kein Antrag gestellt —> Amtsgericht für die Widerklage


unzuständig

- § 39 ZPO kann eingreifen, soweit Hinweis des Ge-


richts gem. § 504 ZPO erfolgte

- § 33 ZPO kann für umgekehrten Fall herangezogen wer-


den

- Rechtsgedanke ist Verhinderung von Zersplitterung


—> Zuständigkeit läge wieder bei Landgericht

- Besonderheiten für örtliche Zuständigkeit

- Grds. Gewöhnliche Regeln

16
- § 33 ZPO nur dann, wenn nicht bereits allgemeine Vor-
schriften einschlägig

- Nach § 33 ZPO Konvexität zwischen Gegenan-


spruch und mit dem in der Klage geltend gemachten
Anspruch der den gegen ihn vorgebrachten verteidi-
gungsmittel erforderlich

- Rspr.: Auch wenn sich örtliche Zuständigkeit bereits aus


allgemeinen Vorschriften erhebe, soll Wiederklage unzu-
lässig sein, wenn zwischen Ansprüchen keine Konvexität
besteht

- Lit.: verneint

- Lediglich zusätzlicher, besonderer Gerichtsstand

b) Abgrenzung zur Prozessaufrechnung

- Fehlt dem Wiederkläger nichts as Rechtsschutzbedürfnis,


wenn er die klägerische Forderung mit Aufrechnung zum Er-
löschen bringen könnte?

- Es könnte rechtskräftige Entscheidung über Bestehen


der Forderung erreicht werden in dieser Weise, § 332 II
ZPO

- Argument greift dann nicht mehr, wenn Klageforderung


nicht besteht

- Dann über Gegenforderung keine rechtskräftige Ent-


scheidung getroffen; durch Widerklage solche Ent-
scheidung stets erreichbar

c) Eventualwiderklage

- häufig kombiniert mit Eventualaufrechnung

- Erhebung der Widerklage kann nicht gem. § 296 ZPO als


verspätet zurückgewiesen werden

- Kein verteidigungsmittel gegen die Klage, sondern eigen-


ständiger Angriff

- Wird für den Fall erklärt, dass Klageforderung nicht besteht


oder Aufrechnung nicht zugelassen wird

17
Sonntag, 18. Dezember 2022

ZPO - Erkenntnisverfahren

Das Urteil

I. Urteilsarten

1. Unterscheidung nach Rechtskraftwirkung

- Prozessurteil ergeht, wen es an einer Prozessvoraussetzung


fehlt, also ein "Fehler"im Rahmen derZulässigkeit der Klage
vorliegt

- Gericht entscheidet nicht über geltend gemachten An-


spruch

- Sobald die fehlende Prozessvoraussetzung nachgeholt


bzw. behoben wird, ist eine Entscheidung in der Sache in
einem neuen Prozess möglich.

- Beim Sachurteil wird darüber entscheiden, ob geltend ge-


machte Anspruch besteht oder nicht (Begründet oder Unbe-
gründet)

- Sobald Urteil in Rechtskraft erwächst, kann in Sache


nicht noch einmal entscheiden werden

2. Unterscheidung nach Rechtsschutzformen

- zwischen Leistungs-, Gestaltungs- und Feststellungsurteilen


zu unterscheiden

3. Unterscheidung nach der Bedeutung für die Beendigung


des Rechtsstreits

- Endurteile beenden die Instanz durch eine Entscheidung über


den Streitgegenstand, § 300 ZPO

- Soweit der geltend gemachte Anspruch vollständig zur


Entscheidung reif ist, ergeht ein Voll-Endurteil, § 300 I
ZPO

- Ist erst einer von mehreren verbundenen Ansprüchen zur


Endentscheidung reif, ergeht ein Teil-Endurteil, § 300 I
ZPO

1
- Ein Zwischenurteil kann bei Entscheidungsreife eines Zwi-
schenstreits ergehen

- Ist der Anspruch noch im Umfang streitig, ist der Streit aber
hinsichtlich des Anspruchsgrundes geklärt, kann dies durch
Grundurteilausgesprochen werden, § 304 ZPO

- Möglich ist nach §§ 302 ,I 599 | ZPO auch ein Vorbehaltsurteil

II. Urteilsmodalitäten

- Die Urteilsverkündung erfolgt gem. § 310, 31, 312 ZPO

- Inhalt richtet sich nach §§ 311 I, 313, 313a, 313b, 315 ZPO

- Urteilszustellung erfolgt nach § 317 I, 270 I ZPO von Amts


wegen

III. Urteilswirkungen

- erkennende Gericht ist gem. § 318 ZPO an die in dem Urteil


getroffenen Entscheidungen gebunden

- Diese Wirkung beginnt mit Verkündung oder Zustellung


des Urteils, § 310 ZPO

- Rechtskraft des Urteils verhindert, dass ein anderes als das


erkennende Gericht von dem Urteil abweicht

- Von formeller Rechtskraft spricht man, wenn ein Urteil


nicht mehr durch ein Rechtsmittel oder den Einspruch im
Versäumnisverfahren angegriffen werden kann

- dann der Fall, wenn die Rechts- mittel- bzw. Ein-


spruchsfristen abgelaufen sind, vgl. § 705 ZPO

- Ale anderen Gerichte (desselben Rechtszugs) sind über


die sog.materielle Rechtskraft an das Urteil gebunden.

- Mit materieller Rechtskraft wird die sog. Feststel-


lungswirkung bezeichnet, die zur Folge hat, dass
über den Streitgegenstand eines früheren Verfahrens
in einem späteren Verfahren nicht abweichend ent-
schieden werden darf

- Der Zusammenhang zwischen formeller und materieller


Rechtskraft besteht darin, dass die materielle Rechts-
kraft erst zu dem Zeitpunkt eintritt, in dem die formelle
Rechtskraft eintritt

2
1. Feststellungswirkung der materiellen Rechtskraft

- Feststellungswirkung hat zur Folge, dass über den Streitge-


genstand eines früheren Verfahrens in einem späteren Verfah-
ren nicht abweichend entschieden werden darf

- Prozesshindernde Wirkung, sofern Streitgegenstände des


früheren und des späteren Verfahrens identisch sind

2. Objektive Grenzen der Rechtskraft

a) Allgemeines

- objektiven Grenzen der Rechtskraft umschreiben die Frage,


wie weit die Feststellungswirkung in sachlicher Hinsicht reicht

- § 322 ZPO als Zentrale Vorschrift

- Nach Abs. 1 bezieht sich Rechtskraft auf das geltend


gemachte Urteil

- Nicht in Rechtskraft erwachsen Urteilstatbestand und


Entscheidungsgründe, § 313 Nr. 5, 6 ZPO.

b) Kontradiktorisches Gegenteil

- Von der Rechtskraftwirkung erfasst ist aber auch das sog.


kontradiktorische Gegenteil

3. Subjektive Grenzen der Rechtskraft

- Grundsätzlich wirkt die Rechtskraft natürlich für und gegen


die Parteien des Rechtsstreits, § 325 l Alt. 1 ZPO

- Zudem bestimmt § 325 I Alt. 2 ZPO, dass die Entscheidung


auch für und gegen die Rechtsnachfolger der Parteien gilt

a) Rechtsnachfolge

- Rechtsnachfolge bedeutet, dass der Gegenstand des


Rechtsstreits von einer Partei auf einen Dritten übergegangen
ist

- Erwerbsart egal

b) Rechtswirkung für Rechtsnachfolger

- Die Rechtskrafterstreckung ist unproblematisch, soweit diese


den Rechtsnachfolger der obsiegenden Partei betrifft

- Für diesen wirkt das rechtskräftige Urteil in jedem Fall.

3
c) Rechtswirkung gegen den Rechtsnachfolger

- Schwierigkeiten treten auf, soweit die Rechtskrafterstreckung


den Rechtsnachfolger der unterlegenen Partei betrifft

- Diese tritt nämlich nur dann ein, wenn nicht die Vorausset-
zungen eines gutgläubigen Erwerbs vorliegen, der durch
§ 325 I ZPO ausdrücklich zugelassen wird

aa) Rechtsnachfolger der materiell - rechtlich nichtberechtigten


Partei

- Unter welchen Voraussetzungen § 325 I ZPO die Rechts-


kraftserstreckung auf den Rechtsnachfolger der unterlegenen
Partei verhindert, ist umstritten

- Nach einer Auffassung hat § 325 I ZPO nur prozess-


rechtliche Bedeutung

- Vorschriften des bürgerlichen Rechts über den Er-


werb vom Nichtberechtigten sind mit der Maßgabe
anzuwenden, dass die Rechtshängigkeit des Er-
werbsgegenstandes den Bezugspunkt des guten
Glaubens bildet.

- Anforderungen an den guten Glauben sind der je-


weils einschlägigen Vorschrift des bürgerlichen
Rechts zu entnehmen

- H.M.: § 325 II ZPO hat materiell - rechtliche und prozes-


sualrechtliche Bedeutung

- Rechtskrafterstreckung auf Rechtsnachfolger tritt


nur dann nicht ein, wenn dieser sowohl hinsichtli-
cher der materiellen Berücksichtigung des Rechts-
vorgängers als ach hinsichtlich der Rechtshängigkeit
nach Maßnahme der jeweils anzuwendenden Gut-
glaubenserwerbsvorschriften gutgläubig ist

- § 325 I ZPO erhöht also die Anforderungen an die


nach materiellem Recht erforderliche Gutgläubigkeit
des Erwerbers insofern, als sich diese auch auf die
Rechtshängigkeit beziehen muss

- Der h.M. ist zu folgen. Derjenige, der wegen fehlender


Gutgläubigkeit hinsichtlich der materiellen Berechtigung

4
des Rechtsvorgängers nicht gutgläubig erwerben konn-
te, ist nicht schutzwürdig.

- Er darf deshalb nicht die Möglichkeit erhalten, eine


neue, für ihn günstige, aber der materiellen Rechts-
lage widersprechende Entscheidung herbeizuführen

bb) Rechtsnachfolger der materiell - rechtlich berechtigten Par-


tei

- Fraglich ist, welche Bedeutung § 325 Il hat, wenn der Rechts-


nachfolger von dem in Wirklichkeit materiell rechtlich Berech-
tigten erworben hat

- E.A.: Nach einer Ansicht bildet in diesen Fällen nur die


Rechtshängigkeit den Bezugspunkt des guten Glaubens

- Da der Erwerber vom materiell - rechtlich Berechtigten


erwerbe, existiere keine Nichtberechtigung, hinsichtlich
derer der Erwerber bösgläubig sein könnte

- A.A.: Nach anderer Ansicht ist auch in diesen Fällen doppelte


Gutgläubigkeit erforderlich

- Diese Ansicht bestimmt den Begriff der Berechtigung


also nicht nach der tatsächlichen, materiell - rechtlichen
Lage, sondern geht in Einklang mit den Feststellungen
des rechtskräftigen Urteils stets von der Nichtberechti-
gung des unterlegenen Rechtsvorgängers aus

cc) Rechtskrafterstreckung bei Fehlen von Vorschriftenüber den


gutgläubigen Erwerb im materiellen Recht

- § 325 II ZPO nur, sofern Gutglaubensvorschrift vorhanden

- Fehlen solche Vorschriften im materiellen Recht, wirkt das


rechtskräftige Urteil stets gegen den Rechtsnachfolger der
unterlegenen Partei

4. Zeitliche Grenzen der Rechtskraft

- Urteil berücksichtigt nur solche Tatsachen, die bis zum


Schluss der letzten mündlichen Verhandlung anstanden sind

- Letzte mündliche Verhandlung = zeitliche Grenze der


materiellen Rechtskraft

5
- Bei Einwendungen nach Rechtskraft hat der Beklagte die
Möglichkeit, diese Einwendungen mit der Vollstreckungskla-
ge gem. § 767 ZPO geltend zu machen

- Entstehen Einwendungen nach Erlass des Urteils, aber noch


vor Eintritt der Rechtskraft, hat der beklagte die Möglichkeit,
diese im Berufungsverfahren geltend zu machen

- Berufungsverfahren dient aber nicht nur der Geltendma-


chung solcher, später entstandener Einwendungen, son-
dern auch bzw. vornehmlich der erneuten Klärung des
Rechtsstreits vor einem höheren Gericht

6
Sonntag, 18. Dezember 2022

ZPO - Erkenntnisverfahren

Rechtsmittel

- Rechtsmittel sind solche Rechtsbehelfe, die die Sache zur


Überprüfung in eine höhere Instanz bringen (Devolutiveffekt)
und der Eintritt der formellen Rechtskraft gehemmt wird (Sus-
pensiveffekt)

I. Berufung

- Berufung gibt den Parteien die Möglichkeit, die erstinstanzli-


che Entscheidung sowohl bezüglich der tatsächlichen als
auch der rechtlichen Ausführungen des Gerichts zu überprü-
fen

- kann grundsätzlich sowohl vom Kläger als auch vom Beklag-


ten eingelegt werden

1. Zulässigkeit

1
- Hinsichtlich Form ist § 519 I ZPO zu beachten

- Berufung beim Berufungsgericht einzulegen —> Dieses


ist bei erstinstanzlichen Urteilen des Amtsgerichts das
übergeordnete Landgericht, § 72 | GVG, bei erstinstanz-
lichen Urteilen des Landgerichts das übergeordnete
Oberlandesgericht, § 119 | Nr. 2 GVG, sog. iudex ad
quem

- Hinsichtlich der Fristen zwischen Einlegungsfrist (§ 517 ZPO)


und Begründungsfrist (§ 520 II S. 1 ZPO) zu unterscheiden

- zu beachten ist, dass beide Fristen für jede Partei ge-


sondert laufen, also vom jeweiligen Zustellungszeitpunkt
des erstinstanzlichen Urteils abhängig sind

- Berufungsführer muss durch das erstinstanzliche Urteil be-


schwert sein

- Der Kläger erster Instanz ist beschwert, wenn ihm weni-


ger zugesprochen wurde, als er in seinem Sachantrag
beantragt hat, sog. formelle Beschwer

- Der Beklagte ist nach h.M. hingegen beschwert bei jeder


für ihn nachteiligen Wirkung des Urteils, sog. materielle
Beschwer

- immer der Fall, wenn die Klage erster Instanz zu-


mindest teilweise Erfolg hatte, da Ziel des Beklagten
stets die Klageabweisung ist

- Auch für ihn gilt indes § 511 Il Nr. 1 ZPO.

2. Begründetheit

- Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Ent-
scheidung auf einer Rechtsverletzung beruht oder nach § 529
ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entschei-
dung rechtfertigen, § 513 I ZPO

- Berufung ist keine komplett neue Tatsacheninstanz, denn


gem. § 529 | N.r 1 ZPO sind der Entscheidung des Beru-
fungsgerichts grds. die durch das Gericht Erster Instanz er-
mittelten Tatsachen zugrunde zu legen

2
- Nur wenn Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit
der entscheidungserheblichen Feststellungen bestehen,
erfolgt u.U. eine erneute Feststellung

- Neue Tatsachen i.S.d. §5291Nr. 2ZPO sind alle, die in


der Ersten Instanz noch nicht vorgebracht wurden

- Solche Tatsachen sind aber nur dann zu berücksich-


tigen, wen die Voraussetzungen des § 531 I ZPO
gegeben sind

II. Revision

- dient der rechtlichen Überprüfung der angefochtenen Ent-


scheidung

1. Zulässigkeit

- Revision ist abhängig allein von der Zulassung durch Beru-


fungs- oder Revisionsgericht, § 543 | ZPO

- Zuständiges Revisionsgericht ist gem. § 133 GVG der BGH

3
2. Begründetheit

- Revision dient lediglich dazu, die angefochtene Entscheidung


auf ihre rechtliche Richtigkeit hin zu überprüfen

- An die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts ist


das Revisionsgericht gebunden, § 545 I ZPO

- Gesetzesverletzung liegt vor, wenn eine Rechtsnorm nicht


oder nicht richtig angewendet wurde, § 546 ZPO

- zu beachten, dass das Urteil auf der Rechtsverletzung


beruhen muss, § 545 I ZPO.

4
Sonntag, 18. Dezember 2022

ZPO - Erkenntnisverfahren

Klagehäufung

- Problem der Klagehäufung kann relevant werden, wenn meh-


rere Streitgegenstände rechtshängig gemacht werden oder
wenn auf einer Stelle mehrere Personen auftreten

I. Objektive Klagehäufung

- Stellt der Kläger mehrere Anträge bzw. liegen seinem Klage-


begehren mehrere Lebenssachverhalte zugrunde, handelt es
sich nach dem herrschenden zweigliedrigen Streitgegen-
standsbegriff nicht nur um einen, sondern um mehrere pro-
zessuale Ansprüche —> objektiv Klagenhäufung

1. Anfängliche Klagenhäufung

- Kläger macht die verschiedenen prozessualen Ansprüche di-


rekt mit Klageerhebung deutlich

2. Nachträgliche Klagenhäufung

- Kläger macht im Laufe desselben Prozesses einen weiteren


Anspruch gelten

- Dieser Aspekt wird zu Beginn der Zulässigkeit der Klage ge-


prüft

- Kläger nicht verpflichtet, dies zu tun —> Möglichkeit der ge-


trennten Klagen

- Allerdings hat das Gericht dann die Moglichkeit, die bei-


den Klagen aus prozessökonomischen Gründen zu ver-
binden, § 147 ZPO

3. Voraussetzungen des § 260 ZPO

- Ist die Zulässigkeit der Klageänderung nach §263 ZPO an


sich festgestellt, werden die Voraussetzungen der objektiven
Klagenhäufung nach §260 ZPO als eigener Punkt zwischen
Zulässigkeit und Begründetheit der Klagen geprüft

- Identität von Kläger und Beklagtem hinsichtlich aller gel-


tend gemachten Ansprüche

1
- Sachliche und örtliche Zuständigkeit des Prozessge-
richts für alle Ansprüche, § 260 ZPO

- Alle Ansprüche müssen in derselben Prozessart geltend


gemacht werden können, § 260 ZPO

- Kein Verbindungsverbot

- Sollte das Gericht für eine der Klagen seine Unzuständigkeit


feststellen, kommt eine Verweisung an das zuständige Ge-
richt in Betracht, § 281 | S. 1 ZPO

- Bei Unzulässigkeit im Übrigen wird die Klage abgewie-


sen

- Liegen die übrigen Voraussetzungen der objektiven Klagen-


häufung nicht vor, dann ordnet das Gericht die Prozesstren-
nung gem. § 145 ZPO an.

II. Subjektive Klagenhäufung

- Von subjektiver Klagenhäufung oder Streitgenossenschaft


spricht man, wenn auf einer Seite mehrere Personen stehen

1. Einfache Streitgenossenschaft

- Anfänglich ist die Streitgenossenschaft, wenn bereits in der


Klageschrift mehrere klagende oder beklagte Personen be-
nannt werden

- Nachträglich ist sie, wenn auf einer Seite weitere Personen


beitreten, sog. Parteierweiterung

a) Zulässigkeitsvoraussetzungen

- Geregelt ist die Streitgenossenschaft in den §§ 59 f. ZPO

- Die §§ 59, 60 ZPO nennen drei Fälle, in denen eine Streitge-


nossenschaft zulässig ist

- Der einfachste Fall ist der de rRechtsgemeinschaft hin-


sichtlich des materiellen Rechts, § 59 Alt.1 ZPO

- Berechtigung oder Verpflichtung aus demselben rechtli-


chen oder tatsächlichen Grunde, § 59 Alt. 2 ZPO

- Gleichartige Ansprüche oder Verpflichtungen, die auf ei-


nem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen oder
rechtlichen Grunde beruhen, § 60 ZPO

2
b) Rechtsfolgen

- Lässt sich der Sachverhalt keiner der obigen Alternativen zu-


ordnen oder liegen die Voraussetzungen des § 260 ZPO nicht
vor, so ist die Klage nicht etwa unzulässig

- Vielmehr ordnet das Gericht die Trennung der Verfahren


an, § 145 I ZPO

- Bei Zulässigkeit der Streitgenossenschaft wird gemeinsam


verhandelt und eventuell auch gemeinsam entschieden

- BEACHTE: Kein Ausschluss der unterschiedlichen Ent-


wicklung der Prozesse, vgl. §§ 61, 63 Hs. 1 ZPO

- Gemeinsame Entwicklung

- Ladung aller Streitgenossen zu sämtlichen Terminen,


§ 63 HS 2 ZPO

- Wirkung des Tatsachenvortrags durch einen Streitgenos-


sen für die anderen, soweit auch deren Prozesse betrof-
fen sind, also gemeinsame Tatsachen vorliegen, und die-
se dem Vortrag nicht widersprechen

- einheitliche Beweisaufnahme und -würdigung, soweit


nicht ein Zugeständnis einer Partei vorliegt, § 288 ZPO

- Keine Vernehmung als Zeuge über gemeinsame Tatsa-


chen

- Selbständige Entwicklung

- getrennte Bestimmung der Rechtshängigkeit

- gesonderte Prüfung der Prozessvoraussetzungen

- Anerkenntnis, Verzicht, Klagerücknahme gelten nur für


den jeweiligen Prozess

- gesonderter Fristlauf

- gesonderte Beurteilung einer Säumnis

- gesonderter Eintritt der Rechtskraft der Urteile

- gesondertes Einlegen vonRechtsmitteln

3
2. Notwendige Streitgenossenschaft (nSG)

- selbständige Entwicklung der Prozesse ist ausgeschlossen,


wenn ein Fall der notwendigen Streitgenossenschaft vorliegt

- Von notwendiger Streitgenossenschaft (nSG) spricht man,


wenn aus rechtlichen Gründen eine einheitliche Entscheidung
erforderlich ist

- Die einzige, völlig unzureichende Umschreibung dafür findet


sich in § 62 ZPO

a) materiell - rechtliche nSG, § 62 I Alt. 2 ZPO

- Von einer materiell nSG spricht man, wenn das streitgegen-


ständliche Recht mehreren Personen auf Kläger - oder Be-
klagtenseite zusteht und nur von allen oder gegenüber allen
geltend gemacht werden kann

- Sowohl gemeinsame Klage als auch einheitliche Ent-


scheidung erforderlich

- Einzelklage eines Mitberechtigten scheitert an der feh-


lenden Prozessführungsbefugnis, einer unterschiedlichen
Entscheidung gegenüber einzelnen steht deren fehlende
Sachlegitimation entgegen.

aa) Aktivprozesse mehrerer Berechtigter

- Eine nSG liegt vor bei Klagen von Gesamthandeigenschaften,


soweit nicht ausnahmsweise dem einzelnen Gesamthänder
eine Prozessführungsbefugnis oder Sachlegitimation zusteht

- Eine nur von einem oder mehreren einzelnen Gesamthändern


erhobene Klage muss wegen fehlender aktiver Prozessfüh-
rungsbefugnis als unzulässig abgewiesen werden

- gemeinsam erhobene Klage ist nur zulässig, wenn in der Per-


son jedes Gesamthänders alle Prozessvoraussetzungen er-
füllt sind

- Eine gemeinsam erhobene, zulässige Klage muss gegen-


über allen Gesamthändern und einheitlich entschieden wer-
den, da der geltend gemachte Anspruch nur allen zusammen
zusteht

4
- Ist dem einzelnen Gesamthänder ausnahmsweise eine Pro-
zessführungsbefugnis eingeräumt, so liegt keine materiell-
rechtlich nSG vor

bb) Passivprozesse gegen mehrere Verpflichtete

- Unterscheidung, ob geltend gemachte Anspruch nur gemein-


sam erfüllt werden kann oder auch der Einzelne zur Erfüllung
in der Lage ist

- Nur im ersten Fall liegt eine materiell - rechtliche nSG vor

- Eine gegenüber einem einzelnen Gesamthandsschuldner er-


hobene Klage muss wegen dessen fehlender passiver Pro-
zessführungsbefugnis als unzulässig abgewiesen werden

- Über eine gegen alle Gesamthandsschuldner erhobene


Klage ist einheitlich zu entscheiden

- Bei einer Gesamtschuld liegt hingegen keine nSG vor

- Eine Klage gegen einen oder mehrere einzelne Gesamt-


schuldner ist zulässig, die gegen mehrere Gesamt-
schuldner erhobenen Klagen können unterschiedlich
entschieden werden, § 425 BGB

b) Prozessrechtlich notwendige Streitgenossenschaft, §62 I


Alt. 1 ZPO

aa) Rechtskrafterstreckung bei aufeinanderfolgenden Prozessen

- Würde bei aufeinanderfolgender Durchführung mehrerer Pro-


zesse Rechtskrafterstreckung eintreten, so liegt eine nSG aus
prozessrechtlichen Gründen vor, wenn diese Prozesse mit-
einander verbunden werden

- Bei der prozessrechtlich nSG besteht kein Zwang zur


gemeinsamen Klage

- Bei gemeinsamer Klage ist aber eine einheitliche Ent-


scheidung notwendig

bb) Unteilbarkeit des Streitgegenstands

- Dei Rechtsprechung lehnt eine SG aus prozessrechtlichen


Gründen in weiteren Fällen grundsätzlich ab

5
- Nach Auffassung der Literatur soll hingegen eine nSG vorlie-
gen, wenn alle oder mehrere Gesamthänder trotz Bestehen
einer Einzelklagebefugnis gemeinsam klagen

- In diesen Fällen sei wegen der Unteilbarkeit des in allen Pro-


zessen gleichen Streitgegenstandes eine einheitliche Ent-
scheidung gegenüber allen klagenden Gesamthändern erfor-
derlich

c) Wirkungen der nSg

- Prozesse leiben grds. Selbstständig

- Allerdings ist aufgrund der Notwendigkeit der einheitli-


chen Entscheidung eine selbstständige Behandlung
nicht uneingeschränkt möglich

- Wichtigste Regelung in § 62 I ZPO

- Säumige Streitgenosse gilt als durch den nichtsäumigen


Streitgenossen vertreten

- Einschränkung der Selbstständigkeit auch in anderen Berei-


chen geboten

- Anerkenntnis oder Verzicht eines Streitgenossen führen


weder zu einem entsprechenden Urteil gegen diesen
noch gegen alle Streitgenossen

- Klageänderung muss von allen Streitgenossen gemein-


sam vorgenommen werden

- Nichtbestreiten oder Geständnis durch einzelne Streitge-


nossen führen nicht dazu, dass die Tatsache von allen
Streitgenossen als zugestanden gilt

- Prozesshandlungen, die zur Beendigung eines einzelnen


Prozesses ohne sachliche Entscheidung führen, sind bei
der prozessrechtlich nSG zulässig

- verbleibenden Streitgenossen sind weiterhin pro-


zessführungsbefugt; ihnen gegenüber bleibt eine
einheitliche Sachentscheidung möglich

6
Sonntag, 18. Dezember 2022

ZPO - Erkenntnisverfahren

Beteiligung Dritter am Rechtsstreit

- Fälle, in denen Personen am Rechtsstreit teilnehmen, ohne


Partei desselben zu sein

- Diese Personen werden von dem ergehenden Urteil nicht di-


rekt getroffen, jedenfalls insofern, als ihnen aus dem Urteil
kein Recht oder keine Pflicht erwächst

- Gleichwohl kann es mittelbar den Interessen eines dritten


entsprechen, eine Partei bei der Prozessführung zu unterstüt-
zen

- Das Gesetz regelt Beteiligung Dritter in den §§ 64 ff. ZPO

I. Streitverkündung

1. Wirkungen der Streitverkündung

- Wirkung einer wirksamen Streitverkündung liegt darin, dass8


dem Streitverkündeten im Folgeprozess zwischen ihm und
dem Streitverkünder die Einwendung abgeschnitten wird,
der Vorprozess sei unrichtig entschieden worden, §§ 74, 68
ZPO

- Materiell- rechtich wirkt die Streitverkündung zugunsten des-


Streitverkünders verjährungshemmend, §§ 204 Il Nr. 6, 209
BGB

- In prozessualer Hinsicht gibt Streitverkünder dem Dritten die


Mögliche, dem Rechtsstreit als Nebenintervenient beizutre-
ten, § 74 I ZPO bzw. seinerseits einem Dritten den Streit zu
verkünden, § 72 II ZPO

- Macht der Dritte von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch,


wird der Rechtsstreit ohne Rücksicht auf ihn fortgesetzt, § 74
I ZPO

- ändert aber nichts an dem Bestehen der Nebeninterven-


tionswirkung, §§ 74 III, 68 ZPO

1
2. Voraussetzungen der Streitverkündung

- Vss. Für eine wirksame Streitverkündung in den §§ 72, 73


ZPO geregelt

- Zum einen muss die Streitverkündung in der Form des


§ 73 ZPO vorgenommen werden

- Zum anderen bedarf es eines Streitverkündungsgrundes,


§ 72 ZPO

- Danach ist eine Streitverkündung nur zulässig, wenn


der Streitverkünder glaubt, für den Fall des Unterlie-
gens Regressansprüche gegen einen Dritten zu ha-
ben oder Ansprüchen eines Dritten ausgesetzt zu
sein

II. Nebenintervention

- Zweck der Nebenintervention ist es, einem Dritten, der ein


rechtliches Interesse am Ausgang eines Prozesses hat, die
Möglichkeit zu geben, auf diesen Prozess Einfluss zu nehmen

1. Zulässigkeitsvoraussetzungen

- Zulässigkeit der Nebenintervention setzt zunächst ein rechtli-


ches Interesse des Nebenintervenienten voraus, § 66 I ZPO

- Besteht, soweit die Rechtsstellung des Nebeninterveni-


enten durch ein ungünstiges Urteil gegen die unterstütz-
te Partei verschlechtert oder durch ein günstiges Urteil
verbessert wird

- Rechtsstreit zwischen anderen Personen muss anhängig sein

- Beitritt muss wirksam erklärt werden, § 70 I, II ZPO

- Erklärung stellt Prozesshandlung dar —> Prozesshand-


lungsvoraussetzungen müssen erfüllt sein

2. Stellung des Nebenintervenienten

- Nebenintervenient ist nach § 67 ZPO grundsätzlich befugt,


alle Prozesshandlungen vorzunehmen, die auch die unter-
stützte Partei vornehmen kann

- Er darf sich allerdings nicht in Widerspruch zu der Prozess-


führung der Hauptpartei stellen

2
- Der Nebenintervenient darf ferner nicht über den Streitge-
genstand verfügen

3. Wirkung

- Wirkung entfaltet sich dann, wenn es zwischen der unter-


stützten Partei und dem Nebenintervenienten zum Folgepro-
zess kommt, § 68 HS 1 ZPO

- Nebeninterventionswirkung geht dabei sogar weiter als die


Rechtskraftwirkung eines Urteils, denn sie erstreckt sich nicht
nur auf den Entscheidungstenor, sondern auch auf alle im
Vorprozess festgestellten Einzeltatsachen und deren rechtli-
che Beurteilung

- Anderes gilt nur dann, wenn der Nebenintervenient die Einre-


de mangelhafter Prozessführung durch die Hauptpartei erhe-
ben kann, § 68 HS 2 ZPO

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