Sie sind auf Seite 1von 5

Falllösung im Gutachtenstil (Staatsrecht)

Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht:


Organstreitverfahren Bund-Länder-Streit Abstrakte Konkrete Verfassungsbeschwerde
Normenkontrolle Normenkontrolle
Art. 93 I Nr. 1 GG Art. 93 I Nr. 1 GG Art. 93 I Nr. 2 GG Art. 100 GG Art. 93 I Nr. 4a GG
§§ 13 Nr. 5, 63 ff. §§ 13 Nr. 7, 68 ff. §§ 13 Nr. 6, 76 ff. §§ 13 Nr. 11, 80 ff. §§ 13 Nr. 8a, 90 ff.
BVerfGG BVerfGG BVerfGG BVerfGG BVerfGG
Rechte u. Pflichten Rechte u. Pflichten Vereinbarkeit von Vereinbarkeit von Verletzung von
eines obersten des Bundes oder Landes-/Bundesrech Gesetzen mit dem Grundrechten oder
Bundesorgans (oder der Länder t mit dem GG oder GG – aus Anlass grundrechtsgleichen
anderer Beteiligter), von LandesR mit eines konkreten Rechten
die im GG oder GO BundesR – losgelöst Rechtsstreits
eines obersten vom konkreten
Bundesorgans mit Verfahren
eigenen Rechten
ausgestattet sind.

Bund-Länder-Streit
Obersatz: Antragsgrund, Bund-Länder-Streit, Aussicht auf Erfolg
A. Zulässigkeit
I. Parteifähigkeit: § 68 BVerfGG
- Kontradiktorisches Verfahren
1. Anstragsteller
2. Antragsgegner
 Bund (vertreten durch Bundesregierung), Länder (vertreten durch jeweilige
Landesregierung)

II. Antragsgegenstand: §§ 69 i.V.m. 64 I BVerfGG


- Konkrete, rechtserhebliche Maßnahme oder Unterlassung d. Antragsgegners

III. Antragsbefugnis: §§ 69 i.V.m. 64 I BVerfGG


1. Antragsteller muss geltend machen:
- Möglicherweise in Rechten/Pflichten verletzt/unmittelbar gefährdet ist
 Möglichkeitstheorie = Rechtsverletzung nicht von vornherein auszuschließen
- Rechte/Pflichten ihm durch GG übertragen worden sind

IV. Form u. Frist


1. Form: Schriftlich u. mit Begründung unter Bezeichnung d. verletzten Norm (§§ 23
I, 69 i.V.m. 64 II BVerfGG)
2. Frist: Sechs Monate nach Bekanntwerden der Maßnahme/Unterlassung (§§ 69
i.V.m. 64 III BVerfGG)

V. Zwischenergebnis: Zulässigkeit
 Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor

B. Begründetheit
Antrag ist begründet, soweit beanstandete Maßnahme/Unterlassung des Antragsgegners gegen
Bestimmungen d. GG verstößt u. d. Antragsteller dadurch in Rechten verletzt wird (vgl. §§ 69
i.V.m. 67 BVerfGG)
I. Grundsätzliche Zuständigkeit d. Länder
- Gem. Art. 30, 70 GG sind grds. Länder für Gesetzgebung zuständig
II. Ausnahme: Zuständigkeit des Bundes
- Soweit Bund Gesetzgebungskompetenz zukommt, könnte Bund zuständig sein
1. Ausschließliche Bundeskompetenz: Art. 71 GG
- Ggf. ausschließliche Kompetenz, Länder keine Möglichkeit zur Gesetzgebung
- Regelung in Sondervorschrift: „Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.“
2. Konkurrierende Kompetenz: Art. 72 GG
- Länder zuständig, solange u. soweit Bund nicht von Gesetzgebungskompetenz
Gebrauch macht
a.) Kompetenztitel: Art. 74 I GG
- Auslegung d. Gebiete des Gesetzgebungskatalogs
b.) Erforderlichkeit: Art. 72 II GG
- Erforderlichkeitsklausel schränkt Bundesgesetzgebung ein
aa.) Wahrung d. Rechtseinheit: Drohung einer Rechtszersplitterung?
bb.) Wahrung d. Wirtschaftseinheit: Nachteile für Gesamtwirtschaft?
cc.) Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse: Auseinanderentwicklung?
c.) Zwischenergebnis: Konkurrierende Gesetzgebung
3. Ungeschriebene Kompetenzen
- Sachzusammenhang = „in die Breite“
- Annex = „in die Tiefe“
- Natur d. Sache
4. Zwischenergebnis: Gesetzgebungskompetenzen
- Bzgl. Art. 30, 70 GG
III. Zwischenergebnis: Begründetheit

C. Endergebnis
- Angestrebter Bund-Länder-Streit zulässig u. begründet
 Aussicht auf Erfolg?

Abstrakte Normenkontrolle
Obersatz: Antragsgrund, Abstrakte Normenkontrolle, Aussicht auf Erfolg
A. Zulässigkeit
I. Antragsberechtigung: Art. 93 I Nr. 2 GG, § 76 I BVerfGG
- Objektives Beanstandungsverfahren (Antragsteller)
 Bundesregierung, Landesregierung, ¼ d. Mitglieder d. Bundestages

II. Antragsgegenstand: Art. 93 I Nr. 2 GG, § 76 I BVerfGG


1. Bundes- u. Landesrecht
- Vor- u. nachkonstitutionelles Recht
- Formelle Bundes- u. Landesgesetze (Parlamentsgesetze)
- Materielle Gesetze, wie Satzungen oder Rechtsverordnungen

III. Antragsgrund/-befugnis: Art. 93 I Nr. 2 GG, § 76 I Nr. 1 BVerfGG


1. Unterschiedliche Formulierungen bzgl. d. Antragsgrundes
- Zweifel: Art. 93 I Nr. 2 GG
 Ausreichend, beachte Normenhierarchie!
- Für nichtig halten: § 76 I Nr. 1 BVerfGG

IV. Form: § 23 I BVerfGG


- Schriftlich u. mit Begründung einzureichen
 Frist besteht nicht! (= Objektives Beanstandungsverfahren)

V. Zwischenergebnis: Zulässigkeit
 Sachentscheidungsvoraussetzungen liegen vor
B. Begründetheit
I. Formelle Verfassungsmäßigkeit
 Formell und/oder materiell verfassungswidrig?
1. Gesetzgebungszuständigkeit: Art. 70 ff. GG
- Gesetzgebungskompetenz: grundsätzlich bei Ländern (Art. 30 I, 70 I GG:
Länderprinzip)
a.) Ausschließliche Gesetzgebungszuständigkeit: Art. 73, 71 GG
- Nur Bund zuständig: Länder nur befugt, wenn ausdrücklich vom Bund dazu erklärt
b.) Konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit: Art. 74, 72 GG
- Länder haben Befugnis, solange u. soweit Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz
Gebrauch macht
aa.) Erforderlichkeitsklausel: Bund muss Erforderlichkeit seines Eingreifens geltend
machen (Art. 72 II GG)
o Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet
o Wahrung d. Rechts- u. Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse
o Drohung einer Rechtszersplitterung durch divergierende Landesgesetze?
c.) Ungeschriebene Gesetzgebungskompetenzen
- Kompetenz kraft Natur der Sache (ausschließlich): bsp. Nationalhymne
- Kompetenz kraft Sachzusammenhangs (Ausweitung in Breite): bsp. Parteienrecht
- Kompetenz kraft Annexkompetenz (Ausweitung in Tiefe): bsp. Detailregelung bzgl.
Durchführungsvorschrift für ein Gesetz
d.) Zwischenergebnis: Gesetzgebungsverfahren
2. Gesetzgebungsverfahren
a.) Einleitungsverfahren: Art. 76 GG
- Gesetzesinitiative aus Mitte d. Bundestages
- Durch Bundesregierung oder Bundesrat eingebracht, Beteiligung des Bundesrates
 § 76 GO BT
b.) Beschlussverfahren/Hauptverfahren
aa.) Lesungen u. Einberufung d. Vermittlungsausschüsse
o Gesetz gem. Art. 77 I S. 1 GG i.V.m. § 78 I S. 1 GOBT nach drei Beratungen
vom Bundestag beschlossen
o Ausschuss erarbeitet ordnungsgemäßen Änderungsvorschlag
o Abänderungskompetenz gem. Art. 77 II S. 5 GG, jedoch kein Initiativrecht
(muss im Rahmen d. Anrufungsbegehrens bleiben)
bb.) Ordnungsgemäßer Gesetzesbeschluss
o Gesetz mit Mehrheit (ggf. erneut) beschlossen (Art 77 II S. 5 GG)
cc.) Beteiligung d. Bundesrates
o Gesetz weitergeleitet u. Bundesrat ordnungsgemäß gem. Art. 77 I Nr. 2 GG
beteiligt
o Art. 51 III S. 2 GG: Einheitliche Stimmabgabe (erneute Nachfrage d.
Bundespräsidenten zur Klärung jedoch möglich)
(1) Unverzügliche Weiterleitung an Bundesrat
 Art. 77 I Nr. 2 GG
(2) Zustimmungs- oder Einspruchsgesetz
 Typische Bereiche für ZustimmungsG: Verfassungsänderung (Art. 79
II GG), Verwaltungskompetenzen (Art. 83 ff. GG), Finanzverfassung
(Art. 104a IV GG)
(3) Ordnungsgemäßes Verfahren für ein Einspruchs-/ZustimmungsG
 Art. 77 GG: Verfahren bei Gesetzesbeschlüssen
(4) Zwischenergebnis: Beteiligung d. Bundesrates
dd.) Zwischenergebnis: Hauptverfahren
c.) Abschlussverfahren
- Art. 82 GG: Ausfertigung durch Bundespräsidenten
- Art. 58 GG: Gegenzeichung durch Bundeskanzler bzw. Bundesminister
- Art. 82 I GG: ordnungsgemäße Ausfertigung u. Verkündung
d.) Zwischenergebnis
3. Zwischenergebnis: formelle Verfassungsmäßigkeit
II. Materielle Verfassungsmäßigkeit
III. Zwischenergebnis: Begründetheit
- Formelle u. materielle Verfassungsmäßigkeit

C. Endergebnis
- Angestrebte abstrakte Normenkontrolle zulässig u. begründet?
 Aussicht auf Erfolg?

Organstreitverfahren
Obersatz: Antragsgrund, Organstreitverfahren, Aussicht auf Erfolg
A. Zulässigkeit
I. Parteifähigkeit: § 63 BVerfGG, Art. 93 I Nr. 1 GG
- Kontradiktorisches Verfahren
1. Antragsteller
2. Antragsgegner (s.a. Gesetzgebungskompetenz hierzu)
 Bundespräsident, Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung, im GG/GO BT mit
Rechten ausgestattete Teile dieser Organe (gem. § 63 BVerfGG)
 Andere Beteiligte, im GG/GO BT mit Rechten ausgestattet (bsp. Abgeordnete,
gem. Art. 93 I S. 1 GG): Normenhierarchie!

II. Antragsgegenstand: § 64 BVerfGG, Art. 93 I Nr. 1


- Rechtserhebliche Maßnahmen oder Unterlassungen d. Antragsgegners
 Geeignet, um in Rechtskreis d. Antragstellers einzugreifen („einschneidende
Konsequenzen“)

III. Antragsbefugnis: § 64 I BVerfGG


- Maßnahme/Unterlassung (= Streitgegenstand) verletzt/gefährdet Antragsteller
unmittelbar in ihm vom GG übertragenen Rechten/Pflichten
 Möglichkeitstheorie: Möglichkeit einer Rechtsverletzung genügt hier
- Allein organschaftliche Rechte geltend zu machen (Bsp. Art. 38 GG)
 keine Grundrechte!

IV. Form und Frist: §§ 23, 64 II u. III BVerfGG


- Schriftlich u. innerhalb sechs Monate einzureichen (§§ 23, 64 III BVerfGG)
- Benennung d. Norm, dessen Verletzung gerügt wird (§ 64 II BVerfGG)

V. Zwischenergebnis: Zulässigkeit
 Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor

B. Begründetheit
- Beanstandete Maßnahme verstößt gegen Bestimmung d. GG (§ 67 S. 1 BVerfGG):
Antragsteller dadurch in Rechten verletzt
 Rechtsverletzung muss tatsächlich vorliegen!
I. Verfassungswidrigkeit der Maßnahme (formell)
1. Recht des Antragstellers
2. Eingriff in Rechte
3. Rechtfertigung durch andere Rechtsgüter von Verfassungsrang
4. Zwischenergebnis
II. Verletzung des Antragstellers in eigenen Rechten (materiell)
III. Zwischenergebnis: Begründetheit

C. Endergebnis
- Angestrebtes Organstreitverfahren zulässig u. begründet
 Aussicht auf Erfolg?

Das könnte Ihnen auch gefallen