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Einführung in das

Wirtschaftsprivatrecht I – ZSF

Lektion 1 – Grundlagen des Rechts

Öffentliches Recht
Gesetze – Vorgang:
1. Auf Bundesebene: das Parlament beschließt – der deutsche Bundestag – Gesetze mit einfacher Mehrheit.
2. Wirksamkeit des Gesetzes: Um „wirksam“ zu werden, muss ein neues Gesetz anschließend vom Bundesrat, der Vertretung der Bundesländer, akzeptiert werden.
3. Unterzeichnung: Der Bundespräsident unterzeichnet das Gesetz, sofern er keine verfassungsrechtlichen Bedenken hat.
4. Veröffentlichung: Mit der Veröffentlichung im Bundesanzeiger erlangt das neue Gesetz Rechtskraft. Bei manchen Gesetzen ist es ausreichend, wenn der Bundesrat
keine Einwände geltend macht.

Verfassungsrecht
Stellt die höchste Stufe der innerstaatlichen Normenrangordnung dar. Über ihm steht außerstaatlich das Europarecht. Alle gegen das Verfassungsrecht verstoßenden einfachen
Gesetze, Rechtsverordnungen und Satzungen sind nichtig.
Im Bundesrepublik DE: Grundgesetz (GG) ist das Verfassungsrecht. Das GG regelt:
- die gesamte Staatsorganisation
- die Ausgestaltung der Staatsorgane wie Bundestag und Bundesrat
- das Gesetzgebungsverfahren &
- die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern.

Privatrecht
Materielles Privatrecht X Formelles Privatrecht (Prozessrecht)

Während das materielles Privatrecht der Frage nachgeht, ob jemandem – bei einem feststehenden (unveränderlichen) Sachverhalt – ein Anspruch zusteht oder nicht,
regelt das Prozessrecht (= formelles Privatrecht) die tatsächliche, also praktische Durchsetzung des Anspruch .

Schuldrecht
Grundsatz der Relativität: Relativität Dieser Grundsatz bedeutet, dass Rechte und Pflichten innerhalb eines Schuldverhältnisses nur zwischen den beteiligten Personen
gelten.

Sachenrecht
Eigentum: Das Eigentum gehört zu den absoluten/dinglichen Rechten.
Regelt die rechtliche Beziehung von Personen zu Sachen, wie z.B. den Eigentumserwerb.
Grundsatz der Absolutheit: Absolute Rechte gelten gegenüber „jedermann“ und sind daher auch von jedem zu beachten

Sonderprivatrechten
- Handelsrecht
- Arbeitsrecht
- Wertpapierrecht
- Urheberrecht

Wirtschaftsrecht
Unter dem Begriff des Wirtschaftsrechts versteht man das Sonderrecht bzw. Sonderprivatrecht der Kaufleute.
Wesentliche Rechtsquelle: Handelsgesetzbuch (HGB)  wichtige Definitionen:
- Kaufmann (Def. nach HGB): Kaufmann im Sinne dieses Gesetzbuchs ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt.
- Handelsgewerbe: Handelsgewerbe ist jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, daß das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten
Geschäftsbetrieb nicht erfordert.

Wirtschaftsprivatrecht
Es existiert keine allgemeine Rechtsmaterie mit eigenen Vorschriften, die man als Wirtschaftsprivatrecht bezeichnen könnte. Vielmehr handelt es sich dabei um einen
Ober- bzw. Sammelbegriff, der den „wirtschaftlich relevanten“ Teil des Privatrechts zusammenfasst.

Materielle Privatrecht
Es beschäftigt sich mit den sogenannten Rechtsgütern des Einzelnen, also unter anderem mit Leben, Gesundheit, Eigentum und Vermögen, und den sich aus dem
Zusammenleben von Menschen ergebenden entsprechenden Ansprüchen.

Formelle Privatrecht
Das formelle Zivilrecht regelt in der Zivilprozessordnung (ZPO) deren Durchsetzbarkeit bzw. die Verwirklichung deren Schutzes durch ein Gerichtsverfahren.
 Anders ausgedrückt könnte man sagen, dass das formelle Zivilrecht die „Spielregeln“ festlegt, mit denen zwei sich streitende Personen vor Gericht ihr (materielles) Recht
durchsetzen können.

Bürgerliche Streitigkeiten
Sind vor den sogenannten ordentlichen Gerichten auszutragen.

1. Sachliche Zuständigkeit:
Betrifft die Frage, ob man die Klage vor dem Amtsgericht oder dem Landgericht erheben muss. Die gesetzliche Grundlage für die Zuständigkeiten der Eingangsinstanz
ergibt sich aus dem Gerichtsverfassungsgesetz (GVG).
a. Amtsgericht:
i. Für Streitwerte bis zu maximal 5’000 Euro sind in der ersten Instanz die Amtsgerichte zuständig.
ii. noch in einigen „Sonderbereichen“, wie z. B. im Mietrecht, grundsätzlich die erste Instanz.
iii. Strafsachen: kleinere Straftaten
b. Landgericht:
i. Bei Streitwerten, die über 5'000 Euro liegen, entscheidet das Landgericht.
ii. Strafsachen: für härtere Fälle, Freiheitsstrafen von über 4 Jahren oder schwere Verbrechen

2. Örtliche Zuständigkeit (Gerichtsstand):


Es geht dabei darum, an welchem Ort das Gericht „steht“, an dem die Klage erhoben werden muss.
Maßgeblicher Gerichtsstand ist zumeist der Wohn- oder Geschäftssitz des Beklagten. Natürlich ist es den Prozessparteien auch möglich, über die örtliche Zuständigkeit
eine sogenannte Gerichtsstandvereinbarung zu schließen.
PS: in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) nur wirksam zwischen Kaufleuten vereinbart werden (§ 38 ZPO).
In der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt.

3. Verfahrensablauf:
a. Erhebung der Klage (§§253 ff. ZPO)  so wird ein Gerichtsprozess eingeleitet
i. Dafür wird vom Kläger ein Schriftsatz bei Gericht eingereicht, der dann vom Gericht der beklagten Partei zugestellt wird. Die Zustellung erfolgt
allerdings erst dann, wenn der Kläger die Gerichtskosten in voller Höhe einbezahlt hat.
ii. Die beklagte Partei verteidigt sich gegen die Behauptungen in der Klageschrift und schildert den Sachverhalt, d. h. den tatsächlichen
Geschehensablauf, aus ihrer Sicht.
iii. Für keine der Parteien ist erforderlich, dass sie irgendwelche rechtlichen Ausführungen macht
iv. Gericht: das Gericht interessiert grundsätzlich nur der Sachverhalt. Diesen bewertet es rechtlich selbst und unabhängig von den diesbezüglichen
Ausführungen der Parteien (jura novit curia = das Gericht kennt das Recht). Praxis: die meisten Parteien werden von Rechtsanwälten vertreten. Diese
schildern in der Regel nicht nur den Sachverhalt, sondern unterziehen ihn zugleich auch einer rechtlichen Einschätzung. Dies vereinfacht dem Gericht
zwar möglicherweise die Arbeit bei der späteren Rechtsfindung, gebunden ist es daran jedoch nicht.
v. Mündliche Verhandlungen: Das Gericht ist dazu verpflichtet, sich selbst ein „Bild“ von dem konkreten Fall zu machen. Dafür muss es die Parteien
mindestens einmal zu einer mündlichen Verhandlung förmlich laden und ihnen die Gelegenheit geben, sich zu der Sache zu äußern.
vi. Urteil: Erst danach kann ein Urteil ergehen, und zwar nur dann, wenn das Gericht das Vorbringen einer Partei als erwiesen ansieht.
4. Berufung:
- Ist ein sogenanntes Rechtsmittel: Sie beinhaltet den Gang einer durch das vorinstanzliche Urteil „beschwerten“ Partei in die nächsthöhere Instanz.
- Bis zur endgültigen (rechtskräftigen) Entscheidung in der Sache kann das Urteil also nicht vollstreckt werden oder nur gegen eine entsprechende
Sicherheitsleistung des Gläubigers.
-  Berufung kann nur innerhalb einer bestimmten Notfrist eingelegt werden und nur, wenn der Beschwerdewert 600 Euro übersteigt.
- Amtsgericht als Eingangsinstanz: die Berufung findet vor dem Landgericht statt.
- Landgericht als Eingangsinstanz (also, war in der ersten Instanz zuständig): Berufung kann nur vor dem Oberlandesgericht eingelegt werden.
- Gegen ein Berufungsurteil des Oberlandesgerichts gibt es dann, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind, nur noch die Möglichkeit einer Revision beim
Bundesgerichtshof in Karlsruhe.
- Gegen Berufungsurteile des Landgerichts  kein Rechtsmittel mehr.

 Ab dem Landgericht herrscht Anwaltszwang!


Anwaltszwang: Die Parteien müssen (sind verpflichtet) von einem Rechtsanwalt vertreten werden.
Merke: Diese Entscheidung des Gesetzgebers betont die Stellung des Rechtsanwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege. Viele Prozesse ohne Rechtsanwälte „ziehen sich
sehr lange hin“, weil die Parteien die Rechtslage nicht kennen und deshalb sehr viel Unerhebliches vortragen oder gegebenenfalls sogar wichtige Informationen, ohne es zu
wollen, einfach nicht erwähnen. Zur richtigen Einordnung des Sachverhalts kommt dem Rechtsanwalt daher eine große Bedeutung zu. Deshalb ist eine anwaltliche Vertretung
ab dem Landgericht Pflicht, um die Parteien vor Schäden zu bewahren.
Zwangsvollstreckung
Betreibung der Zwangsvollstreckung: Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung betreiben, wenn der Beklagte den Anspruch nicht freiwillig erfüllt.
Einzelzwangsvollstreckung: Vollstreckung erfolgt durch nur einen Gläubiger.
Gesamtzwangsvollstreckung: An der Vollstreckung sind mehrere Gläubiger beteiligt.
- Insolvenz: diese muss angemeldet werden, sobald ein Schuldner auf absehbare Zeit seine Schulden nicht mehr begleichen kann.

Unter Gesetzgebung ist die Schaffung von Rechtsnormen zu verstehen. Sammlungen solcher Rechtsnormen werden Gesetze genannt. Gesetzgeber ist der vom Volk direkt
gewählte Bundestag. Grundlage ist die Verfassung.

Rechtsquellen

 Rechtserzeugungsquellen: sind außerrechtliche, beispielsweise wirtschaftliche oder religiöse Aspekte.


 Rechtswertungsquellen: sind allgemeine Maßstäbe wie Gerechtigkeit, Rechtssicherheit und Vernunft.
 Rechtserkenntnisquellen: sind die Rechtsquellen im engeren Sinne, also bereits bestehende Gesetze, Verordnungen, Satzungen und Verwaltungsvorschriften.

Normenhierarchie
 Innerhalb der Normenhierarchie verdrängt die höhere Norm die niedrigere.
Merke: Bundesrecht bricht Landesrecht (Art. 31 GG)
sup. Recht: z.B. Richtlinien der EG

Gewohnheitsrecht (ungeschriebenes Recht): Dem Gewohnheitsrecht – als ungeschriebenem Recht – hinzukommen müssen als sogenanntes subjektives Element die
Überzeugung der Beteiligten von der Rechtmäßigkeit der Übung und als formelles Element die Formulierbarkeit der Übung als Rechtssatz.
Es steht dem Gesetzesrecht in seiner Wirkung gleich!

 Subjektives Element: die Überzeugung der Beteiligten von der Rechtmässigkeit der Übung
 Objektives Element: die Formulierbarkeit der Übung als Rechtssatz

Merke: Im Strafrecht ist die Anwendung von Gewohnheitsrecht unzulässig.

Bundesrecht

a. Formelle Bundesgesetze (oder Parlamentsgesetze): sind Gesetze, die in einem förmlichen Gesetzgebungsverfahren zustande gekommen sind und typische
Sachverhalte generell und abstrakt regeln, ohne einen Kreis von Adressaten oder einen sachlichen Anwendungsbereich zu bestimmen.

b. Rechtsverordnungen: stellen ebenso wie Gesetze bindendes Recht dar. Allerdings werden sie nicht von den Gesetzgebungsorganen verabschiedet, sondern
unter Durchbrechung des Grundsatzes der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 GG) von der Exekutive.

c. Satzungen: sind Rechtssätze von Körperschaften des Öffentlichen Rechts wie etwa Gemeinden, Landkreise, Regierungsbezirke, Anwaltskammern und
Universitäten, die kraft Gesetzes mit dem Recht der Selbstverwaltung ausgestattet sind.

 Anwendungsvorrang:
Der sogenannte Anwendungsvorrang dagegen bestimmt, dass eine Rechtsnorm im Verhältnis zu einer anderen vorrangig anzuwenden ist, ohne dass die Geltung der nicht
anzuwendenden Norm davon berührt wird.
Grundsatz des Vorrangs des Gesetzes

Die Gesetzgebung ist an die Verfassungsmässige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
Maßstab der Legislative ist die Verfassung, während Judikative und Exekutive an Gesetz und Recht gebunden sind.

Rechtsstaatliche Prinzipien

 Vorbehalt des Gesetzes: Kein Handeln ohne Gesetz

 Es geht bei ihm im Verhältnis Exekutive zu Legislative um die Frage, inwieweit die Ausübung hoheitlicher Tätigkeiten gesetzlicher Grundlagen bedarf.
Rechtsstaats- und Demokratieprinzip fordern im Interesse von Gleichmäßigkeit und Vermeidung von Willkür Voraussehbarkeit und Berechenbarkeit
staatlichen Handelns. Anders als der hat der Gesetzesvorbehalt als allgemeiner Grundsatz keine ausdrückliche Regelung im Grundgesetz gefunden.
 Vorrang des Gesetztes: Kein Handeln gegen Gesetz
 Jede höherrangige Norm hat Vorrang vor einer rangniederen; jede niederrangige Norm geht Einzelfallentscheidungen vor. Allem voran steht der Vorrang der
Verfassung. Die Rangordnung bezieht sich jedoch nicht nur auf Normen, sondern auch auf sonstiges staatliches Handeln: Der jeweils ranghöhere staatliche
Akt hat Vorrang.
 Akt: Rechtsakte (Verordnungen, öff-rechtliche Satzungen, Verwaltungsakte und Gerichtsentscheidungen) & Realakt (wie unmittelbare Zwang der Polizei)
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot): besagt, dass staatliches Handeln nie stärker in die Rechte der Bürger eingreifen darf, als es der Zweck der Maßnahme
erfordert.

Lektion 2 – Juristische Methodenlehre

Methodik der Rechtsanwendung


Rechtsnormen (z. B. Gesetze) sind abstrakt und generell und bestehen in der Regel aus Tatbestand und Rechtsfolge: Wenn-Dann-Verhältnis.
Rechtsanwendung: Unter Rechtsanwendung wird die rechtliche Würdigung eines konkreten Lebenssachverhalts verstanden, also die Prüfung, ob ein bestimmter Sachverhalt
den Tatbestandsmerkmalen einer gesetzlichen Norm entspricht.

Obj. TB: Zum objektiven Tatbestand gehören neben Tatsubjekt und Tatobjekt auch Tathandlung und
Taterfolg (Tatbestandsmerkmale)

Subj. TB: Der subjektive Tatbestand beinhaltet das Wissen und Wollen, auch Vorsatz genannt.

Anspruchsgrundlage
Def.: Wenn eine juristische Norm eine Rechtsfolge enthält, wird sie auch Anspruchsgrundlage genannt.
 Es geht bei der Anwendung von Recht also immer darum, Ansprüche zu prüfen und die passende gesetzliche Grundlage zu finden, die einer Person das Recht zuweist, von
einer anderen Person ein Tun oder Unterlassen zu verlangen
Syllogismus (Vorgehensweise)

1. Als Erstes ist zu prüfen, ob der Lebenssachverhalt den gesetzlichen Tatbestand erfüllt, also der gesetzlichen Sachlage entspricht.
2. Wenn ja, dann stellt er die rechtliche Grundlage für den Anspruch dar.
3. Danach erfolgt die Zuordnung des konkreten Lebenssachverhalts.
4. Zuletzt wird mithilfe des gesetzlichen Tatbestands eine Schlussfolgerung für den konkreten Lebenssachverhalt gezogen.

Abstrakte Anspruchsprüfung:
Obersatz – Untersatz – Schlussfolgerung

Wissenschaftliche Anspruchsprüfung – Gutachtensstill


Gutachtensstill: bedeutet, dass das Ergebnis aus dem zuvor aufgestellten und subsumierten Obersatz (Hypothese) abgeleitet wird. Weil die Lösung abgeleitet wird, muss dies
mit Wörtern wie z. B. „folglich“ oder „also“ dargestellt werden.
Ist eine Methode des strukturiert-wissenschaftlichen Arbeitens, der sich jede Wissenschaft, also nicht nur die Rechtswissenschaft, bedient. Das strenge Einhalten des
Gutachtenstils ermöglicht es Dritten, den Gedankengang nachvollziehen zu können.

Urteilsstill: Neben dem Gutachtenstil gibt es den sogenannten Urteilsstil, bei dem das Ergebnis als Behauptung vorweggenommen und anschließend mit Wörtern wie „weil“,
„denn“ und „nämlich“ begründet wird – auch Weil-Stil genannt.

Auslegungsmethoden
Da sich der Inhalt gesetzlicher Regeln oftmals nicht von selbst erschließt, müssen diese ausgelegt werden. Die gängigen Auslegungsmethoden sind:

 Die grammatikalische Auslegung → fragt nach dem Sinn des Wortlauts einer Norm.
 Die systematische Auslegung → schließt aus der Position der Norm im Gesetzestext auf ihre Bedeutung.
 Die teleologische Auslegung → hinterfragt Sinn und Zweck der Norm, auch ratio legis genannt.
 Die historische Auslegung → stellt zum Verständnis auf die entstehungsgeschichtlichen Hintergründe der Norm ab.

Die einzelnen Auslegungsmethoden bedienen sich wiederum verschiedener Argumentationsformen, darunter vor allem der sogenannten Analogie: Die für einen Tatbestand
vorgesehene Rechtsfolge wird auf einen ähnlichen Sachverhalt, der nicht geregelt ist, übertragen, soweit dies zulässig ist.

Lektion 3 - Grundbegriffe und Einführung in das Bürgerliche Recht


Legaldefinitionen:
Darunter sind im Gesetz definierte abstrakte Begriffe zu verstehen.
3.1 Natürliche und juristische Personen

Das BGB ist ein Bundesgesetz, das allgemein privatrechtlich die Rechtsbeziehungen zwischen Privatpersonen regelt . Sind Träger von Recht und Pflichten.
Definitionen:

 Verbraucher: §13 BGB


 Unternehmer: §14 Abs. 1 BGB
 Rechtsfähigkeit: § 1 BGB  bestimmt, dass die Rechtsfähigkeit des Menschen mit (der Vollendung) seiner Geburt beginnt.
Menschen sind also ab ihrer Geburt Träger von Rechten und Pflichten, und zwar ausnahmslos alle, weil alle Menschen gemäß Art. 3 GG vor dem Gesetz gleich sind.

Juristische Personen

Vereine:
Vereine werden unterschieden in rechtsfähige Vereine und nicht rechtsfähige Vereine, die wiederum wirtschaftliche Vereine oder nicht wirtschaftliche Vereine sein können.

Def. Verein:
Ist ein körperschaftlicher Zusammenschluss mehrerer Personen, die für eine gewisse Zeitdauer unter einem einheitlichen Namen einen gemeinsamen Zweck verfolgen. Die
Personen können sowohl natürliche als auch juristische Personen sein und wechseln.

Ist der Zweck auf Wirtschaftlichkeit ausgerichtet:


Der Verein erlangt seine Rechtsfähigkeit durch staatliche Verleihung oder Gesetz (§ 22 BGB).
Sonderformen rechtsfähiger wirtschaftlicher Vereine: sind z. B. die Aktiengesellschaft (AG), die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und die Genossenschaft (eG).
Nicht wirtschaftliche Verein – Idealverein:
Wird durch Eintragung in das Vereinsregister des seinem Sitz nach zuständigen Amtsgerichts rechtsfähig.
VSS:
- der Verein muss aus mindestens sieben Mitgliedern bestehen
- muss eine Satzung, d. h. Regeln haben. Nicht wirtschaftlich ist ein Verein auch dann, wenn sein Geschäftsbetrieb im Rahmen einer ideellen Zielsetzung nur Nebenzweck ist –
etwa der Betrieb des Vereinslokals eines Hundevereins. Eingetragene Vereine dürfen den Namenszusatz „e. V.“ tragen (§ 65 BGB).
Bsp.: Sport- oder Gesangsverein; Feuerwehr usw..

Löschung der Eintragung:


damit verliert der Verein seine Rechtsfähigkeit.

Nicht rechtsfähige Vereine:


Auf nicht rechtsfähige Vereine wie politische Parteien, Gewerkschaften und Studentenverbindungen finden die Vorschriften über die Gesellschaft Anwendung (§ 54 S. 1 BGB i.
V. m. §§ 705ff. BGB).

Stiftungen
Mit „Stiftungen“ sind im BGB privatrechtliche Stiftungen wie etwa die Stiftung Warentest oder die Konrad-Adenauer-Stiftung gemeint.
Stiftungszweck: Maßgebend ist der jeweilige Stiftungszweck, wie er in der Stiftungssatzung niedergelegt ist.
Merke: Stiftungen sind keine Personenvereinigungen, sondern stellen eine besondere Organisationsform dar, mit der konkrete Ziele eines Stifters langfristig – auch über seinen
Tod hinaus – verfolgt werden können.

Juristische Personen des Öffentlichen Rechts


Gebiets- und Personenkörperschaften: Staat, Gemeinden und Innunge
Öffentlich- rechtliche Körperschaften: Hochschulen und Ärztekammer
Öffentlich-rechtliche Anstalten: Rundfunkanstalten und die Bundesagentur für Arbeit
Öffentlich- rechtliche Stiftungen: Conterganstiftung für behinderte Menschen und die Berliner Philharmoniker

Rechtsfähigkeit:
Sie werden durch staatliche Verleihung rechtsfähig und verlieren ihre Rechtsfähigkeit durch staatlichen Entzug.
§ 80 BGB - Zur Entstehung einer rechtsfähigen Stiftung sind das Stiftungsgeschäft und die Anerkennung durch die zuständige Behörde des Landes erforderlich, in dem die
Stiftung ihren Sitz haben soll

3.2 Sachen
Sind Gegenstand von Rechten und Pflichten.
Def. nach §90 BGB  körperliche Gegenstände.
Viel wichtiger ist in diesem Zusammenhang, dass auch Forderungen nicht unter diesen Sachbegriff fallen.

Tiere (§90a BGB): Tiere sind keine Sache. Auf sie finden die für Sachen geltenden Vorschriften jedoch trotzdem gemäß § 90a S. 3 BGB entsprechende Anwendung.

Bewegliche und unbewegliche Sachen


- Bewegliche Sachen sind Mobilien, auch Fahrnis genannt
 Mobil: ist alles, was weggetragen werden kann. Der Begriff „Sache“ in §§ 91ff. BGB meint bewegliche Sachen.
- Unbewegliche Sachen: Immobilien. In §§ 94ff. BGB, wie Grundstücken, auch Liegenschaften.

Vertretbare, unvertretbare, verbrauchbare und nicht verbrauchbare Sachen


- Vertretbare und verbrauchbare Sachen: gemäß §§ 91f. BGB sind bewegliche Sachen, die nach Zahl, Maß oder Gewicht bestimmbar sind und üblicherweise verbraucht oder
veräußert werden.
- Unvertretbare Sachen sind individuell bestimmte Gegenstände wie maßgefertigte Kleidungsstücke und Werbefilme.
Als nicht verbrauchbar gilt z. B. der allmähliche Verschleiß einer Sache durch Abnutzung wie bei einer Maschine oder einem Auto.

Teilbare und unteilbare Sachen


Sachen sind teilbar, wenn sie sich ohne Wertverlust in gleichartige Teile, auch Realteilung genannt, zerlegen lassen wie etwa parzellierbare Grundstücke.
Alle vertretbaren Sachen sind grundsätzlich teilbar – es sei denn, sie sind ihrer Natur nach unteilbar.
Bsp.: Skier oder Handschuhe.

Bei Verbindungen von Sachen werden folgende Unterscheidungen getroffen (§§93-97):

 Einfacher Bestandteil: Dieser lässt sich ohne Zerstörung von einer Sache trennen.
 Ein Bestandteil, der, ohne seine oder die Zerstörung des Restes zu verursachen, von einer Sache abgetrennt werden kann, wird einfacher Bestandteil genannt.
 Wesentlicher Bestandteil (§93 BGB): Dieser zerstört sich selbst oder den restlichen Teil nach der Abtrennung.
 ist ein Einzelteil, das nach seiner Abtrennung entweder sich selbst oder den abgetrennten Teil zerstört oder „in seinem Wesen verändert»
 Bsp. bei beweglichen Sachen: der Einband eines Buches oder die Karosserie eines Autos
 Bsp. bei unbeweglichen Sachen: das Gebälk eines Dachstuhls oder die Fenster eines Gebäudes (§ 94 Abs. 2 BGB).
 Da die Sache und ihre wesentlichen Bestandteile ein einheitliches rechtliches Schicksal haben sollen, verlieren letztere ihre Eigenschaft als
eigenständige Rechtsobjekte und gehen in der Sache – einer Verschmelzung gleich – auf.
 Scheinbestandteil (§ 95 BGB): Das sind bewegliche Sachen und nur vorübergehender Bestandteil.
 Wenn einzelne Teile nur vorübergehend mit einem Grundstück oder Gebäude verbunden sind. Sie bleiben bewegliche Sachen.

 Bsp.: eine Baubaracke oder vom Mieter verlegter Teppichboden.


 Zubehör (§97): Dieses dient dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache, ohne deren Hauptbestandteil zu sein.
 Sind bewegliche Sachen, die, ohne Bestandteil der Hauptsache zu sein, ihrem wirtschaftlichen Zweck zu dienen bestimmt sind, wie etwa das Baumaterial auf
einem Bauplatz oder eine Alarmanlage.

Nutzung von Sache

 Früchte einer Sache (§99 BGB): sind die Erzeugnisse oder Erträge einer Sache
 Bsp.: Obst und Gemüse oder (Miet-)Zinsen.
 Gebrauchsvorteilen (§100): darunter werden die Vorteile verstanden, die der Gebrauch einer Sache gewährt.
 Bsp.: die Nutzung eines Fahrrads oder einer Uhr.

Merke: Um welche Art es sich bei einer Sache handelt, richtet sich nach ihrer objektiven Zweckbestimmung und ist nicht durch den Willen der handelnden Personen änderbar.

Lektion 4 - Grundzüge der Rechtsgeschäftslehre

4.1 Anspruchsgrundlagen und Einwendungen

Anspruchsgrundlage nach § 194 BGB:


Eine Anspruchsgrundlage ist eine gesetzliche Norm, aus der sich für den Berechtigten das Recht ergibt, von dem Verpflichteten ein Tun oder Unterlassen verlangen zu können.
 D.h., ein Berechtigter hat das Recht, von einem Verpflichteten ein Tun oder Unterlassen zu verlangen
Begriffsverständnis
 Begriff Prozess: wird aus dem lateinischen Wort „procedere“abgeleitet, d. h. fortlaufen, sich entwickeln. Materielle Recht enthält nur Bestimmungen für einen
feststehenden Sachverhalt.
 Prozessrecht: es ist Aufgabe des Prozessrechts, diesen feststehenden Sachverhalt erst einmal zu schaffen bzw. zu ermitteln.
 Dies geschieht bei Gericht gegebenenfalls durch eine Beweisaufnahme.
 Anders ausgedrückt: Anspruchsgrundlagen sind nach einem sogenannten „Wenn-Dann-Schema“ aufgebaut. Wenn die Tatbestandsmerkmale der Anspruchsgrundlage erfüllt
sind, dann ergibt sich die dort beschriebene Rechtsfolge.

Einwendungen
(Gegensatz zur Anspruchsgrundlage!)

Diese können dem Anspruch möglicherweise entgegengehalten werden. 3 Wirkungen:

 Rechtshindernde Einwendungen: Sie liegen immer dann vor, wenn das Recht bzw. der Anspruch überhaupt nicht entsteht. Jemand, der geschäftsunfähig ist, kann
überhaupt keine Verträge abschließen (§ 105 Abs. 1 BGB).
 Falls eine geschäftsunfähige(vermeintlich) trotzdem getan hat, also z. B. eine Sache gekauft hat, besteht gegen ihn kein Anspruch.
 Rechtsvernichtende Einwendungen: Bei der rechtsvernichtenden Einwendung ist das Recht erst entstanden, aber dann später untergegangen.
 Bsp.: Die häufigste und wichtigste Einwendung überhaupt ist die Erfüllung (§ 362 Abs. 1 BGB). Wenn der Verppflichtete den Anspruch erfüllt, ist dieser zwar
entstanden, aber nachträglich (durch Erfüllung) untergegangen.
 Rechtshemmende Einwendungen (Einreden): Von einer rechtshemmenden Einwendung oder Einrede wird gesprochen, wenn das Recht entstanden ist und auch weiter
besteht, aber nicht mehr durchgesetzt werden kann. Da sich der Schuldner auf eine solche rechtshemmende Einwendung im Prozess aktiv berufen muss, wird sie auch als
Einrede bezeichnet.
 Bsp.: Verjährung (Einwendung) nach §194 BGB

Verjährung nach § 194 BGB


Diese Norm legt fest, dass ein Anspruch durch übermäßigen Zeitablauf zwar nicht erlischt, aber möglicherweise nicht mehr durchgesetzt werden kann.
 Die Verjährung dient der Rechtssicherheit. Ab einem bestimmten Zeitpunkt muss sich der Schuldner darauf verlassen können, dass er (der Schuldner) nicht mehr „in
Anspruch genommen“ wird, wenn der Gläubiger es bisher noch nicht getan hat.
4.2 Rechtsgeschäfte

Rechtsgeschäfte bestehen entweder aus einer oder mehreren sogenannten Willenserklärungen, die darauf gerichtet sein müssen, einen bestimmten Rechtserfolg
herbeizuführen.
Ein Rechtsgeschäft liegt immer dann vor, wenn eine oder mehrere Willenserklärungen zu einer Rechtsfolge führen.
Gegensatz zum Rechtsgeschäft  Realakt
Realakt: Dabei handelt es sich um tatsächliche Handlungen wie die Verbindung, die Vermischung oder die Verarbeitung. Bei den Realakten knüpft sich die Rechtsfolge nur an
die tatsächliche Situation.

 Einseitige Rechtsgeschäfte: Ist nur eine Willenserklärung erforderlich, um die Rechtsfolge herbeizuführen, liegt ein einseitiges Rechtsgeschäft vor.
 Bsp.: Kündigung, Rücktritt und die Anfechtung (Gestaltungsrecht)
 VSS für Rücktritt und Anfechtung  Grund

 Mehrseitige Rechtsgeschäfte: davon spricht man dann, wenn mehrere Willenserklärungen notwendig sind, um eine Rechtsfolge eintreten zu lassen.
 Bsp.: alle Verträge, wie etwa Kaufverträge, Werkverträge, Leihverträge, Beschluss einer GV, Schenkung & Bürgschaft (nur einseitig verpflichtend), etc.
 Vertrag: hier werden die Willenserklärungen miteinander ausgetauscht, sie sind gegenläufig;
 Beschluss: hier werden sie durch Abstimmung in Richtung auf den Adressaten (parallel) abgegeben. Der Beschluss kommt zustande bzw. gilt als gefasst,
wenn die vorgeschriebene Anzahl an Stimmen (Willenserklärungen) erreicht ist.
 Bsp.: Die häufigste und wichtigste Einwendung überhaupt ist die Erfüllung (§ 362 Abs. 1 BGB). Wenn der Verppflichtete den Anspruch erfüllt, ist dieser zwar
entstanden, aber nachträglich (durch Erfüllung) untergegangen.

4.3 Abstraktionsprinzip
Das Abstraktionsprinzip besagt, dass schuldrechtliche und sachenrechtliche Rechtsgeschäfte voneinander völlig unabhängig und losgelöst, also abstrakt sind.

 Verpflichtungsgeschäft:
Resultiert aus dem Rechtsgeschäft eine Verpflichtung, liegt ein sogenanntes Verpflichtungsgeschäft vor. Es handelt sich dabei um einen schuldrechtlichen Vertrag.
 Beispiel:
Der Verkäufer ist etwa aus einem Kaufvertrag verpflichtet, dem Käufer Eigentum und Besitz an dem Kaufgegenstand zu verschaffen (§ 433 Abs. 1 BGB). Der Käufer
ist verpflichtet, dem Verkäufer den Kaufpreis zu bezahlen (§ 433 Abs. 2 BGB).
 Verfügungsgeschäft
Auch die Eigentumsübertragung nach §§ 929ff. BGB ist abhängig von zwei Willenserklärungen. Deshalb handelt es sich auch bei der Eigentumsübertragung um ein
mehrseitiges Rechtsgeschäft, allerdings um ein sachenrechtliches Verfügungsgeschäft.
 Beispiel
Möchten Sie das Eigentum an Ihrem Fahrrad auf eine andere Person übertragen, dann müssen Sie sich nach § 929 S. 1 BGB mit dieser über den
Eigentumsübergang einigen. Sie selbst müssen der Berechtigte, also der Eigentümer sein und die Sache dem Erwerber übergeben. Dann wird der Erwerber
Eigentümer.

Bei einem sachenrechtlichen Rechtsgeschäft wird unmittelbar eine Rechtsänderung herbeigeführt. Im vorangegangenen Beispiel ist der Erwerber Eigentümer geworden.
Bei einem schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäft geschieht keine Rechtsänderung, sondern es liegt nur die Verpflichtung vor, eine solche herbeizuführen. Die
Unterscheidung zwischen schuldrechtlichen und sachenrechtlichen Rechtsgeschäften, also zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäften, prägt das gesamte Privatrecht.

4.4 Das Schuldverhältnis

Schuldverhältnis nach § 241 Abs. 1 BGB:


Ein Schuldverhältnis liegt immer dann vor, wenn ein Gläubiger von einem Schuldner eine Leistung verlangen kann.
Der Begriff ist mit dem Begriff Verpflichtungsgeschäft und mit dem übergeordneten Begriff Rechtsgeschäft verbunden.

Rechtsgeschäft in Form eines Verpflichtungsgeschäftes:


Besteht, wenn sich der Schuldner zu einer Leistung, wie Zahlung des Kaufpreises, Übereignung des Darlehens, oder auch zur Gebrauchsüberlassung eines Gegenstandes, wie
durch die Leihe, verpflichtet.
Liegt eine solche Verpflichtung vor, dann kann der Gläubiger vom Schuldner die entsprechende Leistung fordern (§ 241 Abs. 1 BGB), sodass ein Schuldverhältnis besteht.

Eine vertragliche Verpflichtung führt zu einem (vertraglichen) Schuldverhältnis. Besteht eine Verpflichtung kraft Gesetzes, liegt ein gesetzliches Schuldverhältnis vor.

Unterscheidung:
 Streng einseitiges Schuldverhältnis: wenn nur eine Person Pflichten und nur eine Person Rechte hat, es also nur einen Gläubiger und nur einen Schuldner gibt.
 Bsp.: Bürgschaft, weil nur der Bürge verpflichtet wird und nur der Gläubiger gegenüber dem Bürgen Rechte hat.
 Gegenseitiges (synallagmatisches) Schuldverhältnis: Das bedeutet, dass sich die eine Seite nur deshalb verpflichtet, weil sich die andere Seite auch verpflichtet. Jede
„Partei“ ist also zugleich Schuldner und Gläubiger.
 Bsp.: Kaufvertrag. Der Verkäufer schuldet den Kaufgegenstand und ist Gläubiger des Kaufpreises. Umgekehrt geht es dem Käufer: Er schuldet den Kaufpreis und ist
Gläubiger des Kaufgegenstandes.
 Unvollkommen gegenseitigensund Schuldverhältnis: Bei einem Auftrag laut § 662 BGB ist der Beauftragte zur Herausgabe dessen verpflichtet, was er durch den Auftrag
erlangt . Der Auftraggeber ist dem Beauftragten nach § 670 BGB zur Zahlung der Aufwendungen verpflichtet. Der Auftrag ist daher kein streng einseitiges Schuldverhältnis.
Der Auftrag ist daher auch kein gegenseitiges Schuldverhältnis wie der Kaufvertrag, weil sich nicht der Auftragnehmer deshalb verpflichtet hat, damit sich der Auftraggeber
verpflichtet.

4.5 Vertragsabschluss und Vertragstypen

Vertragsabschluss:
Rechtsfolge sich zwei deckende Willenserklärung = Vertragsabschluss
Der Vertrag kommt wirksam zustande und beide Parteien haben nunmehr Rechte und Pflichten aus dem Vertragsverhältnis. Die eine Vertragspartei muss eine wirksame
Willenserklärung in Form eines Angebots bzw. Antrags gemäß § 145 BGB abgeben. Dieses Angebot muss dann von der anderen Vertragspartei angenommen werden. Sofern
sich Antrag und Annahme decken, liegt ein sogenannter Konsens und damit ein wirksamer Vertrag vor.

Vertragstypen

- Leihe, Miete, Pacht und Darlehen


Leih-, Miet- oder Pachtvertrag unterscheidet sich von einem Darlehensvertrag nach § 488 BGB dadurch, dass der Darlehensnehmer nicht dieselbe Sache, die er erhalten hat,
zurückgeben muss, sondern nur eine Sache gleicher Art und Güte.

- Leasingvertrag
Der Leasingvertrag ist im Gesetz nicht geregelt. Er liegt aber immer dann vor, wenn ein gegenseitiger Vertrag zur Begründung eines Dauerschuldverhältnisses über die
entgeltliche Gebrauchsüberlassung eines Wirtschaftsgutes für einen bestimmten Zeitraum abgeschlossen wird. Im Streitfall werden zumindest grundsätzlich die mietrechtlichen
Vorschriften angewandt.

Kaufvertrag, Dienstvertrag, Werkvertrag


Bei einem Kaufvertrag nach § 433 Abs. 1 S. 1 BGB schuldet der Verkäufer dem Käufer die Übergabe einer Sache. Bei einem Werkvertrag schuldet der Hersteller dem Besteller
gemäß § 631 BGB die Herstellung eines Werkes. Gelegentlich kann die Unterscheidung zwischen Kauf- und Werkvertrag problematisch sein, wenn bei einem Vertrag sowohl
kauf- als auch werkvertragliche Elemente vorhanden sind. Auf die Bezeichnung des Vertrages selbst kommt es dabei nicht unbedingt an.
Bei einem Dienstvertrag wird gemäß § 611 BGB die Leistung der versprochenen Dienste geschuldet, also lediglich die Bemühung. Bei einem Werkvertrag wird hingegen gemäß
§ 631 BGB die Herstellung eines Werkes, d. h. ein Erfolg geschuldet.

4.6 Form von Verträgen

Rechtsgeschäfte sind grundsätzlich formlos gültig. Sie werden mündlich oder sogar nur konkludent, d. h. durch schlüssiges Handeln, abgeschlossen.

Ausnahmen: Nur ausnahmsweise schreibt der Gesetzgeber eine bestimmte Form vor. Gesetzliche Formen sind die Schriftform (§ 126 Abs. 1 und 2 BGB), die elektronische Form
(§§ 126 Abs. 3, 126a BGB), die Textform (§ 126b BGB), die öffentliche Beglaubigung (§ 129 BGB) und die notarielle Beurkundung (§ 128 BGB).

Verstoß gegen Formvorschriften  führt grundsätzlich zur Nichtigkeit (§ 125 BGB) des Vertrages. Sinn und Zweck der Formerfordernisse sind:

 Warnfunktionen: Bei besonders gefährlichen Rechtsgeschäften soll die Form vor Übereilung schützen.
 Beweisfunktion: Durch das Formerfordernis kann im Prozess der Urkundsbeweis geführt werden.
 Belehrungsfunktion: Durch die Einschaltung eines Notars sollen die Beteiligten bei besonders wichtigen Rechtsgeschäften über den Inhalt der entsprechenden
Rechtsinstitute informiert werden.

 Die strengere Form ersetzt grundsätzlich die mildere. Ist keine Form vorgeschrieben, so können die Parteien einen Formzwang kraft Vereinbarung begründen.

Formzwang kraft Vereinbarung: Die Vertragsparteien können die Form (z. B. Schriftform) auch vereinbaren.

Beispiel:
Die Parteien vereinbaren, dass die Kündigung eines Leihverhältnisses über eine Sache mit eingeschriebenem Brief erfolgen muss.

Bei dieser vereinbarten Schriftform können die Parteien auf Einhaltung der zuvor vereinbarten Form verzichten. Wird im vorangegangenen Beispiel die Leihsache nur nach
einer mündlichen Kündigung zurückgegeben und diese Rückgabe vom Verleiher akzeptiert, haben die Beteiligten durch schlüssiges Handeln auf das schriftliche Formerfordernis
verzichtet.

Die Schriftform
Das Schriftformerfordernis soll grundsätzlich vor Übereilung schützen. Braucht Unterschrift.
Bsp.: bei der Kündigung eines Mietvertrages über Wohnraum , bei der Kündigung eines Arbeitsvertrages und für das Bürgschaftsversprechen.
Ist die Schriftform durch Gesetz angeordnet, muss das Schriftstück eigenhändig unterschrieben werden (§ 126 Abs. 1 BGB). Die Urkunde, die unterschrieben wurde, muss dann
der anderen Partei ausgehändigt werden.
Merke: Ein Telefax (Textform) genügt so grundsätzlich dem Schriftformerfordernis nicht, da es sich bei einem Telefax nur um die Kopie von der Urkunde mit Unterschrift
handelt.
Die elektronische Form
Die gesetzliche Schriftform kann durch die elektronische Form ersetzt werden (§ 126a BGB), soweit eine solche Form nicht durch die gesetzlichen Vorschriften ausgeschlossen
ist. Zum Ausschluss der elektronischen Form für die Bürgschaftserklärung oder für die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses.
Bei der elektronischen Form (§ 126a Abs. 1 BGB) muss der Aussteller der Erklärung seinen Namen hinzufügen und das elektronische Dokument mit einer qualifizierten
elektronischen Signatur nach dem Vertrauensdienstegesetz (VDG) versehen. Der Aufwand, den Voraussetzungen des VDG gerecht zu werden, ist so erheblich, dass die
elektronische Form für Privatanwender nur selten in Betracht kommt. Der Anwender benötigt eine geeignete Hard- und Software, ein qualifiziertes Zertifikat und eine
elektronische Signatur.

Die Textform
Bei der Textform (§ 126b BGB) handelt es sich um eine einfache Form, die durch E-Mail, das Telefax oder Computerfax gewahrt werden kann. Jedes Medium, das eine
dauerhafte Wiedergabe des Schriftzeichens gewährleistet, genügt der Textform.
Die Textform dient Dokumentationszwecken und muss die Person des Erklärenden und den Abschluss der Erklärung erkennbar machen. Es besteht kein
Unterschriftserfordernis.

Beispiel
Käufer K hat im Internet bei einem Onlineshop Waren bestellt. K kann diese Bestellung widerrufen. Diesen Widerruf kann er per E-Mail, per Telefax oder per Brief vornehmen.

Die öffentliche Beglaubigung


Bei der öffentlichen Beglaubigung (§ 129 BGB) wird in Gegenwart des Notars oder Urkundsbeamten die Echtheit der Unterschrift dokumentiert. Die öffentliche Beglaubigung
bezieht sich nicht auf den Inhalt der Erklärung. Eine öffentliche Beglaubigung der Unterschrift ist bei Einträgen in das Handelsregister oder Vereinsregister erforderlich und
dient der Zuverlässigkeit von Registereintragungen.

Die notarielle Beurkundung


Die notarielle Beurkundung (§ 128 BGB) umfasst den gesamten Vertragstext. Der Notar liest den Beteiligten den Text vor, berät diese und erklärt die Voraussetzungen und
Rechtsfolgen der Vorschriften. Die einzelnen Seiten der Urkunde werden durch Schnur und Prägesiegel zusammengefügt. Die notarielle Beurkundung ist bei besonders
wichtigen Rechtsgeschäften vorgeschrieben, so beispielsweise bei Grundstücksgeschäften (§ 311b Abs. 1 BGB).

Beispiel
V und K vereinbaren, dass V dem K sein Wohnhaus für 500.000 Euro verkauft. In der notariellen Urkunde wird aber nur ein Kaufpreis von 400.000 Euro aufgenommen. Den
restlichen Kaufpreis in Höhe von 100.000 Euro will K dem V bar übergeben. Das gesamte Rechtsgeschäft verstößt gegen § 128 BGB, da nicht der gesamte Betrag, über den sich
die Parteien geeinigt haben, beurkundet worden ist. Über den Betrag von 400.000 Euro liegt keine Einigung vor. Das gesamte Rechtsgeschäft ist so nach § 125 Abs. 1 BGB
nichtig.

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