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RDB-Entscheidung

Entscheidung
OGH 30. 6. 1994, 2 Ob 54/94.
Direkt aufrufbare Originalentscheidung: OGH, 2 Ob 54/94 (TE)

bespricht folgende Normen


§ 1325 ABGB.
Direkt aufrufbare Normen: § 1325 ABGB StF JGS Nr. 946/1811

Fundstelle
ZVR 1995/45
Leitsatz
Wird ein Betrieb unfallsbedingt aufgegeben, kann nicht mehr als der
hiedurch verursachte Einkommensverlust (Gewinnentgang) abgegolten
werden; fiktive Ersatzkraftkosten können darüberhinaus nicht
zugesprochen werden, da dies zu einer Bereicherung des Geschädigten
führen würde.

Langtext
Sachverhalt

Die Kl wurde bei einem Verkehrsunfall am 10. 5. 1987 verletzt. Die


Bekl hat für ihre Schäden zu haften.

Streitgegenstand im RM-Verfahren ist nur mehr das Begehren der Kl


auf Ersatz des Verdienstentganges aus der Landwirtschaft für den
Zeitraum vom 1. 6. 1988 bis 31. 3. 1992, welchen die Kl auf
Grundlage der Kosten einer ständig beschäftigten fiktiven
Ersatzkraft unter Berücksichtigung von Sozialversicherungsleistungen
und einer Zahlung der Bekl mit S 152.545.90 bezifferte.

Die Bekl wendete ein, daß der landwirtschaftliche Betrieb


unmittelbar nach dem Verkehrsunfall auf die Deckung des
Eigenbedarfes eingeschränkt worden sei. Es sei der Kl kein konkreter
Verdienst entgangen; der Zuspruch der Kosten einer fiktiven
Arbeitskraft würde zu einer unzulässigen Bereicherung der Kl führen.
Ihr Anspruch sei mit der Höhe des konkreten Verdienstentganges zu
limitieren. Darauf müsse sie sich die Einkünfte aus Verpachtung
ebenso anrechnen lassen, wie die Prämien für die Aufgabe des
Milchkontingents.

Das ErstG folgte dem Standpunkt der Bekl und sprach der Kl lediglich
eine restliche Verdienstentgangsentschädigung aus der ehemaligen
Landwirtschaft in Höhe von S 4524.97 zu.

Das BerG gab der Ber der Kl nicht Folge und ließ die ordentliche Rev
nicht zu.

Es sei schon richtig, daß nach nunmehr stRsp des OGH der Schaden,
den ein selbständig Erwerbstätiger infolge eines Unfalles erleide,
sich nicht nur in der Verringerung seines wirtschaftlichen Ertrages,
sondern auch in den Kosten aufgenommener Ersatzkräfte ausdrücken
könne, und daß die letztgenannte Berechnung auch dann stattfinden
könne, wenn tatsächlich Ersatzarbeitskräfte nicht aufgenommen oder
bezahlt würden, sondern die Verringerung des wirtschaftlichen

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Ertrages durch Hilfe von Nachbarn und Familienmitgliedern oder durch


erhöhten Arbeitseinsatz ausgeglichen worden sei. Dies werde damit
begründet, daß die unentgeltliche Hilfeleistung nicht dazu diene,
den Schädiger zu entlasten; es käme einer ungerechtfertigten
Begünstigung des Schädigers gleich, wollte man ihm die Tatsache, daß
Nachbarn und Angehörige dem Geschädigten zur Hand gingen, durch eine
Verringerung seiner der Schadensgutmachung dienenden Auslagen
gratifizieren (für viele ZVR 1987/56). All diesen Entscheidungen sei
eine Betriebsfortführung des Geschädigten zugrunde gelegen. Werde
aber, wie hier, der Betrieb eingestellt, und liege der dadurch
verursachte Entgang des betrieblichen Ertrages unter den fiktiven
Kosten für Arbeiten, die wegen der Betriebseinstellung gar nicht
verrichtet worden seien, würde der Zuspruch von fiktiven Kosten für
fiktive Ersatzarbeitskräfte zu einer unzulässigen Bereicherung der
Geschädigten führen, die den Prinzipien des Schadenersatzrechtes
widerspräche (Reischauer in Rummel, 2. Auflage, Rz 12 zu § 1323; SZ
51/7; JBl 1990, 721). Infolge Betriebseinstellung stehe somit der Kl
ein über den konkreten Verdienstentgang hinausgehender
Ersatzanspruch auf Bezahlung der fiktiven Kosten fiktiver
Ersatzarbeitskräfte nicht zu. Gegen die Berechnung des konkreten
Verdienstentganges werde in der Ber ebensowenig etwas vorgetragen,
wie dagegen, daß das ErstG den Verdienstentgang der Kl in dem
Umfang, in dem die Landwirtschaft zur Eigenversorgung
aufrechterhalten worden sei, bei der Hausfrauenrente
mitberücksichtigt habe.

Die ordentliche Rev sei nicht zulässig, da von der Rsp des OGH nicht
abgegangen worden sei.

Gegen diese BerEntscheidung richtet sich die ao Rev der Kl wegen


unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene
U dahin abzuändern, daß ihr ein weiterer Betrag von S 148.020.93 sA
zuerkannt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der OGH hat der Rev nicht Folge gegeben.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Rev ist zulässig, weil Rsp des OGH zur Frage fiktiver
Ersatzkraftkosten bei Betriebseinstellung nicht vorliegt; sie ist
aber nicht berechtigt.

Die Kl macht geltend, jede Beeinträchtigung des Gutes "Arbeitskraft"


stelle einen positiven Schaden dar, der nach Wahl des Geschädigten
über die Kosten einer fiktiven Ersatzkraft berechnet werden könne.
Da die Beeinträchtigung bzw Vernichtung des Rechtsgutes zu ersetzen
sei, sei es irrelevant, ob der Betrieb, in dem die Kl ihre
Arbeitskraft bisher eingesetzt habe, ganz oder teilweise eingestellt
worden sei.

Dem ist nicht zuzustimmen.

Festzuhalten ist, daß die Forderung der Kl auf Bezahlung einer


fiktiven Ersatzarbeitskraft für die Zeit bis zur Betriebseinstellung
von der Bekl vergleichsweise anerkannt wurde. Für die Zeit danach
wurde ihr nur noch der anteilige Verdienstentgang aus dem vormaligen
Nebenerwerbsbetrieb (abzüglich auszugleichender Vorteile bzw
Teilzahlung) zugesprochen.

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Zutreffend hat schon das BerG ausgeführt, daß der Schaden, den ein
selbständig Erwerbstätiger infolge eines Unfalles erleide, sich
entweder im eingetretenen Verdienstentgang (Gewinnentgang) oder in
den Kosten aufgenommener Ersatzkräfte ausdrücken kann. Der
Ersatzanspruch richtet sich demnach entweder auf die wegen des
verletzungsbedingten Wegfalles der persönlichen Tätigkeit
entstandene Verminderung des wirtschaftlichen Ertrages bzw
Verhinderung einer sonst möglichen Steigerung desselben, also den
Gewinnausfall, oder aber auf die Kosten der für den Verletzten tätig
gewordenen Ersatzkräfte, wodurch ein solcher Gewinnentgang
verhindert worden ist (ZVR 1985/47, 1988/84 mwN; vgl Reischauer in
Rummel, 2. Auflage, § 1325 ABGB Rz 37; Harrer in Schwimann, § 1325
ABGB Rz 18; Apathy, EKHG § 13 Rz 11). Wird der Gewinnausfall durch
Nachbarschaftshilfe und Mehrleistungen von Angehörigen verhindert,
können die fiktiven Kosten einer Ersatzkraft begehrt werden, da der
Schädiger nicht begünstigt werden soll (ZVR 1980/231, 1987/56,
1989/30; vgl Reischauer, aaO; Apathy, aaO).

Fingiert wird in der Rsp allenfalls, daß Ersatzkräfte eingestellt


werden, nicht fingiert wird, daß überhaupt ein Betrieb besteht, in
dem ein Gewinn erzielt werden bzw ausfallen kann. Wird der Betrieb
unfallsbedingt aufgegeben, kann nicht mehr als der hiedurch
verursachte Einkommensverlust abgegolten werden. Mehr als der
Verdienst, den die Kl bei Weiterführung des Betriebes erzielt hätte,
kann ihr durch den Unfall nicht entgangen sein. Hiefür hat sie aber
ohnehin Ersatz erhalten.

Auch in ZVR 1989/107 wurde auf den Ersatz von Ersatzkraftkosten nur
für den weitergeführten Gasthausbetrieb abgestellt, für den
unfallsbedingt auf Hühnerzucht eingeschränkten landwirtschaftlichen
Betrieb hingegen ausschließlich auf den Minderertrag wegen
Nichterreichung der früheren Einkommen aus dem
Landwirtschaftsbetrieb.

Hinzuweisen ist auch darauf, daß nach nunmehr stRsp zum Ersatz von
fiktiven Reparaturkosten dieser mit der objektiven Wertminderung
begrenzt ist (SZ 55/28; ZVR 1984/344; 1988/129; JBl 1990, 718; SZ
63/46; vgl Reischauer, aaO, § 1323 Rz 12; Apathy, aaO, § 16 Rz 15
mwN). Steht (etwa wegen Verkaufes der beschädigten Sache) fest, daß
die Reparatur nicht durchgeführt wird, so ist iS dieser Judikatur
ein über die objektive Wertminderung hinausgehendes Begehren
abzuweisen (2 Ob 5/94). Der hiebei betonte Ausgleichsgedanke ist
auch im vorliegenden Fall heranzuziehen. Der Zuspruch von fiktiven
Ersatzkraftkosten über den durch die Betriebseinstellung entgangenen
Verdienst hinaus würde zu einer Bereicherung der Kl führen, der
Geschädigte soll aber nicht besser gestellt werden, als er ohne
Schadensfall stünde.

Das Begehren der Kl, trotz Betriebseinstellung Verdienstentgang in


Höhe der Kosten einer fiktiven Ersatzarbeitskraft zu erhalten, ist
somit nicht berechtigt, weshalb ihrer Rev ein Erfolg zu versagen
war.

. . . . . . OGH 30. 6. 1994, 2 Ob 54/94, ZVR 1995/45

Folgenden Schlagworten zugeordnet:


Betriebseinstellung, fiktive Ersatzkraftkosten.

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Dokument zu/zur ZVR 1995/45 - Inhalt der RDB Rechtsdatenbank, ein Produkt von MANZ.

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