Sie sind auf Seite 1von 5

NJW 1997, 941 - beck-online https://beck-online.beck.de/default.aspx?printmanager=print&VPATH...

BGH: Aufwendungen für Personalmehrbedarf als Erwerbsschaden des verletzten NJW 1997,
Unternehmers 941

Aufwendungen für Personalmehrbedarf als Erwerbsschaden des verletzten


Unternehmers

BGB §§ 842, 843, 252; ZPO § 287

1. Aufwendungen für Ersatzarbeitskräfte oder den erhöhten Einsatz vorhandenen Personals stellen
regelmäßig in voller Höhe einen erstattungsfähigen Erwerbsschaden des verletzten Unternehmers
dar, wenn dadurch ein Betriebsergebnis erzielt worden ist, das jedenfalls nicht höher lag, als es
ohne das Schadensereignis durch den Unternehmer selbst hätte voraussichtlich erreicht werden
können.

2. Ist der Erwerbsschaden eines selbständigen Unternehmers zu ermitteln, so darf im Rahmen der
Prognose des ohne das Schadensereignis erzielbaren Gewinns in aller Regel nicht davon
ausgegangen werden, daß die Unternehmensergebnisse, wäre der verletzte Unternehmer selbst
weiterhin einsatzfähig gewesen, schlechter ausgefallen wären, als sie ohne diesen tatsächlich
erreicht worden sind.

BGH, Urteil vom 10.12.1996 - VI ZR 268/95 (Hamm)

Zum Sachverhalt:

Der Kl. nimmt die Bekl. auf Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 5. 11. 1986 in Anspruch, an dem er
als Fußgänger und der Bekl. zu 1 als Führer eines öffentlichen Linienomnibusses, dessen Halterin die Bekl. zu 2
war, beteiligt waren. Die Einstandspflicht der Bekl. für die materiellen Schäden des Kl. mit einer Quote von 50
% ist rechtskräftig festgestellt. Der Streit der Parteien geht vorliegend noch um die Erstattung des vom Kl. für
die Zeit vom 5. 11. 1986 bis zum 30. 11. 1990 geltend gemachten Erwerbsschadens. Der Kl. ist Inhaber eines
Handwerksbetriebs für Kälte- und Klimatechnik. Da er das Unternehmen unfallbedingt nicht mehr selbst
fortführen konnte, übernahmen seine Ehefrau die kaufmännische und zunächst sein Vater, später ein
angestellter Betriebsleiter die technische Leitung des Geschäfts. Der Kl. errechnet den ihm durch
Gewinneinbußen und erhöhte Betriebs-, insbesondere Personalkosten entstandenen Schaden im streitigen
Zeitraum auf einen Betrag von 415400 DM, von dem die Bekl. - nach Abzug von 103300 DM anrechenbarer
Versicherungsleistungen - die Hälfte, nämlich 156000 DM, zu erstatten hätten. Das LG hat die auf Ersatz dieses
Erwerbsschadens gerichtet Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Kl. hat ihm das OLG - unter Zurückweisung
des weitergehenden Rechtsmittels - 66850 DM nebst Zinsen zuerkannt. Die Revision des Kl. führte zur
Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an einen anderen Senat des OLG Hamm; die Anschlußrevision der
Bekl. blieb erfolglos.

Aus den Gründen:

I. Das BerGer. schätzt den durchschnittlich - ohne den Unfall - zu erwartenden Gewinn des Kl. aus seinem
Unternehmen für die Jahre 1986 bis 1990 auf jährlich je 100000 DM. Diese Schätzung stützt es auf eine
Gesamtbetrachtung der in diesen Jahren tatsächlich erzielten Gewinne, wobei es für die beiden letzten Jahre
den Gewinn aus einem vom Unternehmen des Kl. 1989 übernommenen weiteren Betrieb in Abzug bringt. Mit
dem so errechneten jährlichen Durchschnittsgewinn vergleicht das BerGer. die Gewinne, die dem Kl. in dem
jeweiligen Jahr tatsächlich zugeflossen sind, abzüglich der durch Sachverständigengutachten für das
betreffende Jahr ermittelten zusätzlichen Mehraufwendungen für den Einsatz der Ehefrau und des Vaters des
Kl. sowie des angestellten Betriebsleiters und für Überstunden weiterer Mitarbeiter. Auf diese Weise gelangt
das BerGer. zu jährlichen Verdienstausfallbeträgen, die sich zwischen 0 DM (für 1988) und 92000 DM (für
1990) bewegen und auf insgesamt 237000 DM addieren. Nach Anrechnung der an den Kl. gezahlten
Leistungen aus der Sozialversicherung verbleibt im Hinblick auf die Haftungsquote von 50 % ein zu ersetzender
Erwerbsschaden von 66850 DM, den das BerGer. zuerkannt hat.

II. Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision des Kl. nicht stand. Die vom BerGer. vorgenommene
Ermittlung der jährlichen Erwerbsschadensbeträge ist zu Lasten des Kl. in erheblichem Umfang fehlerhaft.
Hingegen hat die Anschlußrevision der Bekl. keinen Erfolg.

1 von 5 18.11.2014 11:02


NJW 1997, 941 - beck-online https://beck-online.beck.de/default.aspx?printmanager=print&VPATH...

A. Revision des Kl.

Die Revision rügt zu Recht eine Verletzung insbesondere der § 252 BGB, § 287 ZPO durch die Art und Weise,
wie das BerGer. die Höhe des dem Kl. zustehenden Anspruchs auf Ersatz von Verdienstausfall errechnet hat.

1. Das Berufungsurteil ist in mehreren Punkten in sich widersprüchlich und verstößt gegen Denkgesetze.

a) Das BerGer. versucht einerseits, den im Rahmen des § 252 BGB zu bestimmenden, voraussichtlich ohne das
Unfallereignis erzielbaren Gewinn des Unternehmens des Kl. aus einer Gesamtschau der Jahre 1986 bis 1990
dadurch zu ermitteln, daß aus dem in diesem Zeitraum erzielten Gesamtgewinn ein Jahresdurchschnitt
errechnet und den einzelnen Jahren 1986-1990 zugeordnet wird. Den so gewonnenen Gewinnprognosen stellt
das BerGer. aber nicht entsprechende, aus dem Gesamtgewinn der Jahre 1986-1990 und den
Gesamtmehraufwendungen dieses Zeitraumes errechnete durchschnittlich tatsächlich erzielte Jahresgewinne
gegenüber. Vielmehr stellt es hinsichtlich des tatsächlich erzielten Gewinns für jedes Jahr einzeln auf die für
das betreffende Jahr maßgeblichen Zahlen zum Erlös und zu den Mehraufwendungen ab. Damit vergleicht das
BerGer., um zur erstattungsfähigen Gewinndifferenz zu gelangen, Beträge, die zueinander keine Entsprechung
haben und daher nicht miteinander verglichen werden dürfen. Ein solches Vorgehen muß denknotwendig zur
Unrichtigkeit der Berechnung des Erwerbsschadens des Unternehmers führen. Dies zeigt sich vorliegend am
deutlichsten in den Überlegungen des BerGer. für das Jahr 1988: Einer aus der Durchschnittsbetrachtung der
Jahre 1986 bis 1990 ermittelten Jahresgewinnprognose von 100000 DM wird der tatsächlich im Jahre 1988
erzielte, den Durchschnitt des Fünf-Jahreszeitraums erheblich übersteigende tatsächliche Gewinn von 202033
DM mit dem Ergebnis entgegengestellt, daß ein Erwerbsschaden des Kl. für dieses Jahr zu Unrecht gänzlich
verneint wird, obwohl das BerGer. andererseits unfallbedingte Mehraufwendungen des Kl. von 77805 DM für
dieses Jahr feststellt.

b) An einem deutlichen Widerspruch in sich leidet das Berufungsurteil auch in folgendem Punkt: Im Rahmen
der Ermittlung des durchschnittlichen voraussichtlich erzielbaren Jahresgewinns führt das BerGer. aus, die
Zahlen für die Jahre 1989 bis 1990 seien um den Gewinn zu kürzen, der auf die 1989 übernommene Firma H
entfalle. Im Rahmen der Gewinnausfallberechnung für die einzelnen Jahre wird dann jedoch für 1989 und 1990
hinsichtlich des tatsächlich erzielten Gewinns dennoch auf den jeweils vollen Betrag, ohne Abzug betreffend die
Erlöse der Firma H abgestellt. Auch dies muß von vornherein zu fehlerhaften Ergebnissen zu Lasten des Kl.
führen.

Insoweit weisen im übrigen sowohl die Revision des Kl. als auch die Revisionserwiderung der Bekl. zu Recht
darauf hin, daß die Beurteilung des BerGer., die auf die Firma H 1989 und 1990 entfallenden Gewinne dürften
nicht berücksichtigt werden, einer auch im Rahmen der tatrichterlichen Schadensschätzung nach § 287 ZPO
erforderlichen hinreichenden Grundlage in den vom BerGer. getroffenen Feststellungen entbehrt. Die
Begründung, in der das BerGer. darauf abstellen will, daß der Erwerb der Firma H auf eine Initiative der das
Unternehmen des Kl. unfallbedingt im kaufmännischen Bereich leitenden Ehefrau zurückging, ist insbesondere
im Hinblick darauf nicht nachvollziehbar, daß das BerGer. andererseits sämtliche sonstigen Akquisitionserfolge
der Ehefrau deswegen bei der Gewinnermittlung berücksichtigt hat, weil sie nach dem gewöhnlichen Lauf der
Dinge ohne weiteres auch vom Kl. hätten erreicht werden können. Weshalb dies beim Erwerb der Firma H
anders sein soll, legt das BerGer. nicht in einer den Anforderungen der § 252 BGB, § 287 ZPO genügenden
Weise dar; daß sich die Möglichkeit zum Erwerb der Firma H zufällig

BGH: Aufwendungen für Personalmehrbedarf als Erwerbsschaden des verletzten Unternehmers (NJW 942
1997, 941)

ergab und die Ehefrau diese Gelegenheit nutzte, rechtfertigt nicht die Annahme, bei gewöhnlichem Lauf der
Dinge hätte sich der Kl., wäre er weiter Betriebsleiter gewesen, anders verhalten. Daß eine Übernahme der
Firma H im Zeitpunkt des Unfallereignisses nicht voraussehbar war, spielt keine Rolle; für die Grundlagen einer
Prognose des erzielbaren Gewinns ist nicht auf den Zeitpunkt des Schadensereignisses, sondern auf denjenigen
der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen (vgl. BGH, NJW 1964, 661 = LM § 252 BGB Nr. 8 = VersR
1964, 244 (245); s. auch BGHZ 29, 393 (398) = NJW 1959, 1079 = LM § 252 BGB Nr. 4).

c) In sich widersprüchlich ist das Berufungsurteil auch hinsichtlich der für November und Dezember 1986
angestellten Berechnungen. Das BerGer. will auch für das Jahr 1986 einen - ohne das Unfallereignis -
voraussichtlich erzielbaren Gewinn von insgesamt 100000 DM zugrunde legen. Stellt es dem einen tatsächlich

2 von 5 18.11.2014 11:02


NJW 1997, 941 - beck-online https://beck-online.beck.de/default.aspx?printmanager=print&VPATH...

erzielten Gewinn von 76000 DM gegenüber, so muß die Differenz, wenn sie - wie vorausgesetzt - unfallbedingt
sein soll, in der Zeit nach dem Unfallereignis, also in den Monaten November und Dezember 1986 entstanden
sein. Die insoweit vom BerGer. in die Berechnung des Gewinnentgangs eingesetzten, von dieser Differenz
abweichenden Zahlen stehen in Widerspruch zu seiner Ausgangsannahme, für 1986 sei der zu
prognostizierende Gewinn auf 100000 DM zu schätzen.

2. Die vom BerGer. vorgenommene, auf einem ohne Unfallereignis für die Jahre 1986-1990 erzielbaren
jährlichen Unternehmensgewinn von 100000 DM aufbauende Ermittlung des Erwerbsschadens des Kl. ist aber,
was die Revision zutreffend rügt, auch aus Rechtsgründen zu Lasten des Kl. schon im Ansatz verfehlt und
verstößt gegen §§ 842f., 252 BGB, § 287 ZPO.

a) Ist, wovon auch das BerGer. ausgeht, der Erwerbsschaden eines selbständig tätigen Verletzten jeweils für
den Abrechnungszeitraum eines Jahres zu ermitteln, so muß das tatsächliche Jahresbetriebsergebnis dem
jeweils für das betreffende einzelne Jahr so konkret wie möglich geschätzten voraussichtlichen, ohne die Folgen
des Schadensereignisses erzielbaren Gewinn gegenübergestellt werden. Die hierzu erforderliche Prognose wird
häufig, soweit möglich, an die Geschäftsentwicklung der dem Unfall vorausgegangenen Zeiträume anzuknüpfen
haben. Sie kann sich allerdings ausnahmsweise auch an den nach dem Unfallereignis erzielten
Unternehmensergebnissen ausrichten, wenn der Tatrichter - im erforderlichen Umfang sachverständig beraten
- hinreichende Anhaltspunkte dafür erlangen kann, daß es in der Folgezeit trotz des Schadensereignisses
(wenn auch unter Aufwendung zusätzlicher Kosten) gelungen ist, Gewinne zu erwirtschaften, die denen
entsprechen, welche auch ohne den Unfall bei gewöhnlichem Lauf der Dinge zu erwarten gewesen wären. Von
einer solchen Sachlage will das BerGer. hier - auf der Grundlage des erhobenen Sachverständigengutachtens -
grundsätzlich ausgehen.

Dann aber mußte das BerGer. auch für die jeweils für ein Jahr prognostizierten Unternehmensergebnisse an die
in den einzelnen betreffenden Jahren tatsächlich erzielten Gewinne anknüpfen. Diese lagen für die Jahre 1987
bis 1989 jeweils über 100000 DM, für das Jahr 1988 sogar über 200000 DM. Das BerGer. hat keine Umstände
dargelegt, aus denen sich ergeben könnte, daß der Kl. selbst, wäre er nicht Opfer des Unfalls geworden, in
diesen Jahren mit seinem Unternehmen nicht einen ebensolchen Gewinn hätte erzielen können. Nach dem
gewöhnlichen Lauf der Dinge ist in der Regel davon auszugehen, daß die Unternehmensergebnisse, wäre der
Unternehmer selbst einsatzfähig gewesen, jedenfalls nicht schlechter ausgefallen wären als ohne diesen. Eine
andere Beurteilung wäre nur dann gerechtfertigt, wenn hierfür konkrete Anhaltspunkte gegeben wären; solche
hat das BerGer. aber gerade nicht festgestellt. Im Gegenteil hat es bezüglich der in den Jahren 1987 bis 1989
erreichten Umsatzsteigerung durch zusätzliche Auftragseingänge sogar ausgeführt, daß der Kl. als junger
Betriebsinhaber ohne diesen Unfall die Aufträge voraussichtlich ebenfalls bekommen hätte. Dann aber durfte
das BerGer. seiner Berechnung für diese Jahre keine niedrigeren Prognosen zugrundelegen als die konkret
festgestellten tatsächlich erzielten Unternehmensergebnisse.

b) Das BerGer. hat auch nicht rechtsfehlerfrei begründet, weshalb es für die Jahre 1987-1990
erstattungsfähige Schadensbeträge errechnet hat, die niedriger liegen als die im Berufungsurteil für die
jeweiligen Jahre festgestellten unfallbedingten Mehraufwendungen. Hierbei handelte es sich um Kosten für
Mehrarbeit, die - wegen des unfallbedingten Ausfalls des Kl. in der Unternehmensleitung - durch Ersatzkräfte,
nämlich seine Ehefrau, seinen Vater und den als technischen Betriebsleiter eingesetzten K sowie für
Überstunden weiterer Unternehmensmitarbeiter aufgewendet werden mußten. Ist aber der Einsatz von
Ersatzarbeitskräften oder das Erbringen von Mehrleistungen und Überstunden unfallbedingt notwendig
geworden, so kann in der Regel davon ausgegangen werden, daß der hierfür erforderliche Aufwand das
Gewinnergebnis des Betriebs verringert hat (vgl. hierzu Senat, NJW-RR 1992, 852 = VersR 1992, 973; NJW
1994, 652 = LM H. 6/1994 § 842 BGB Nr. 46 = VersR 1994, 316 (319)).

Hiervon geht zwar auch das BerGer. im Grundsatz aus, beachtet aber nicht hinreichend, daß diese Kosten für
tatsächlich eingestellte Ersatzarbeitskräfte oder die ihnen gleichzustellenden Mehraufwendungen dann
regelmäßig in voller Höhe einen erstattungsfähigen Erwerbsschaden des Selbständigen darstellen, wenn durch
ihren Einsatz ein Betriebsergebnis erzielt worden ist, das jedenfalls nicht höher lag, als es ohne das
Unfallereignis durch den Unternehmer selbst (und zwar dann ohne diesen Mehraufwand) hätte voraussichtlich
erreicht werden können. Von einer solchen Lage ist aber hier - auf der Grundlage der Feststellungen des
BerGer. - für die Jahre 1987 bis 1990 auszugehen.

c) Die aufgezeigten Rechtsfehler haben das BerGer. zu einer zu Lasten des Kl. erheblich unrichtigen
Berechnung des Erwerbsschadens geführt. Dies wird insbesondere offensichtlich an den Berechnungen für das

3 von 5 18.11.2014 11:02


NJW 1997, 941 - beck-online https://beck-online.beck.de/default.aspx?printmanager=print&VPATH...

Jahr 1988: Auf der Grundlage seiner Feststellungen hätte das BerGer. bei rechtlich zutreffender Betrachtung
den nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge voraussichtlich erzielbaren Gewinn nicht niedriger als den
tatsächlichen Gewinn von 203033 DM festsetzen dürfen. Da dieser Gewinn unter Einsatz von
Mehraufwendungen in der Gesamthöhe von 77805 DM erzielt wurde, wäre in letzterem Betrag ein
erstattungsfähiger Erwerbsschaden des Kl. zu sehen. Hingegen entbehrt die Beurteilung des BerGer., dem Kl.
sei im Jahre 1988 überhaupt kein Erwerbsschaden entstanden, jeglicher tragfähiger Grundlage. Für das Jahr
1990 konnte nach den Feststellungen des BerGer. der tatsächlich erzielte Gewinn die Mehraufwendungen nicht
abdecken. Die unfallbedingten Mehrkosten können jedoch - entgegen der vom BerGer. vorgenommenen
Berechnung - auch bei einer solchen Sachlage im vollen Umfang ersatzfähig sein, wenn sie erbracht wurden,
um den unfallbedingten Ausfall des Kl. als Betriebsinhaber möglichst auszugleichen. Etwas anderes könnte nur
gelten, wenn es von vornherein unter kaufmännischen Gesichtspunkten nicht zu vertreten gewesen wäre, im
Hinblick auf einen zu erwartenden nur geringen Gewinn Mehraufwendungen in dieser Höhe entstehen zu
lassen. Hierfür sind aus dem festgestellten Sachverhalt jedoch keine Anhaltspunkte zu entnehmen.

3. Das Berufungsurteil kann daher, soweit es zum Nachteil des Kl. ergangen ist, keinen Bestand haben.
Vielmehr ist die Sache insoweit zu weiterer Aufklärung und anderweiter Entscheidung an das BerGer.
zurückzuverweisen, wobei der Senat von der Möglichkeit des § 565I 2 ZPO Gebrauch gemacht hat.

B. Anschlußrevision der Bekl.

Die Anschlußrevision der Bekl. ist nicht begründet. Sie vermag keinen durchgreifenden Rechts- oder
Verfahrensfehler zu Lasten der Bekl. aufzuzeigen.

1. Die Anschlußrevision beanstandet in erster Linie, daß sich das BerGer. bei der Ermittlung der die
Festsetzung des Erwerbsschadens des Kl. maßgeblichen Zahlen auf die Ausführungen des Sachverständigen M
gestützt habe, ohne in gebotener Weise auf Einwendungen der Bekl. gegen dessen Gutachten einzugehen und
ohne ein von den Bekl. beantragtes weiteres Sachverständigengutachten einzuholen. Diese Rügen müssen
erfolglos bleiben.

a) Der Sachverständige M hat in seinem schriftlichen, im Berufungsrechtszug erstatteten Gutachten ausführlich


zu den ihm gestellten Beweisfragen Stellung genommen. Die Bekl. haben zu diesem Gutachten schriftsätzlich
Einwendungen vorgebracht. Das BerGer. hat den Sachverständigen zur Erläuterung seines schriftlichen
Gutachtens gem. § 411III ZPO geladen und ihn mündlich angehört. Der Anschlußrevision ist zwar zuzugeben,
daß über das Ergebnis dieser Anhörung nur sehr wenig im dazu angefertigten Berichterstattervermerk
niedergelegt ist. Indessen zeigt die Revision nicht auf, daß und inwieweit sich der Sachverständige bei seiner
Anhörung zu einzelnen Streitpunkten darüber hinaus geäußert habe und dies in der angefochtenen
Entscheidung unberücksichtigt geblieben sei.

BGH: Aufwendungen für Personalmehrbedarf als Erwerbsschaden des verletzten Unternehmers (NJW 943
1997, 941)

Wenn sich der Sachverständige bei seiner Anhörung auf die Punkte beschränkt hat, die im
Berichterstattungsvermerk enthalten sind, so können hieraus unter den gegebenen Umständen weder
verfahrensrechtlich relevante Aufklärungsversäumnisse des BerGer. zu Lasten der Bekl. noch durchgreifende
Bedenken gegen die Verwertbarkeit des Sachverständigengutachtens hergeleitet werden. Nachdem das
BerGer. den Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens geladen hatte, hatten die anwaltlich
vertretenen Bekl. im Anhörungstermin Gelegenheit, ihre schriftsätzlich vorgetragenen Einwendungen gegen
das Gutachten mit dem Sachverständigen im einzelnen zu erörtern und zu versuchen, Zweifelsfragen zu
klären. Daß, in welchen Punkten und mit welchem Ergebnis die Bekl. demgemäß dem Sachverständigen im
Termin ihre Einwendungen entgegengehalten haben, wird von der Revision nicht dargelegt. Bei dieser Sachlage
sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür zu erkennen, daß das BerGer. prozeßrechtlich gehalten gewesen
wäre, auf weitere Aufklärung durch den Sachverständigen zu dringen oder ein erneutes Gutachten eines
anderen Sachverständigen einzuholen. Daß der Sachverständige S, wie die Anschlußrevision ohne nähere
Begründung vorträgt, in der Berufungsverhandlung erkennbar nicht in der Lage gewesen sei, sein schriftliches
Gutachten hinreichend zu erläutern, ist weder aus den getroffenen Feststellungen oder der
Verhandlungsniederschrift ableitbar, noch vermag die Anschlußrevision auf Prozeßvortrag aus dem
Berufungsrechtszug zu verweisen, aus dem sich hierfür irgend etwas ergeben könnte.

4 von 5 18.11.2014 11:02


NJW 1997, 941 - beck-online https://beck-online.beck.de/default.aspx?printmanager=print&VPATH...

b) Entgegen der Auffassung der Anschlußrevision stellt es unter den hier gegebenen Umständen auch keinen
durchgreifenden Verfahrensmangel dar, daß das BerGer. im Berufungsurteil nicht näher zu den von den Bekl.
im Berufungsrechtszug schriftsätzlich vorgebrachten Einwendungen gegenüber dem Gutachten des
Sachverständigen M Stellung genommen hat. Zwar weist die Anschlußrevision zutreffend darauf hin, daß sich
der Tatrichter mit ernst zu nehmenden Einwänden einer Partei gegen ein gerichtliches
Sachverständigengutachten auseinanderzusetzen hat (vgl. z.B. Senat, VersR 1986, 467; NJW 1990, 759 = LM
§ 823 (Aa) BGB Nr. 115 = VersR 1989, 1296 (1297)). Dies muß jedoch nicht stets in einer Einzelerörterung in
den Urteilsgründen seinen Niederschlag finden.

Vorliegend hat, nachdem die Bekl. ihre schriftsätzlichen Einwendungen vorgebracht hatten, eine Anhörung des
Sachverständigen stattgefunden, bei der Gelegenheit bestand, die Einwendungen mit dem Sachverständigen zu
klären. Ausweislich der Niederschrift des Anhörungstermins hat der Sachverständige sein schriftliches
Gutachten ausdrücklich zum Gegenstand seiner Aussage gemacht, ersichtlich also an den darin enthaltenen
Bekundungen festgehalten. Wenn das BerGer. bei dieser Sachlage den gutachtlichen Äußerungen des
Sachverständigen, dessen Berechnungen ihm, wie im Berufungsurteil dargelegt ist, als nachvollziehbar und
überzeugend erschienen, gefolgt ist, ohne nochmals im einzelnen auf Einwendungen der Bekl. einzugehen, so
ist dies revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Dies gilt vor allem auch im Hinblick darauf, daß die
Anschlußrevision nicht darlegt, welche Einwendungen gegen das Sachverständigengutachten im einzelnen bei
gehöriger Berücksichtigung durch das BerGer. in konkreten Punkten der Erwerbsschadensberechnung zu einer
günstigeren Beurteilung für die Bekl. hätten führen können.

2. Soweit die Anschlußrevision rügt, das BerGer. habe zu Unrecht die Ansicht vertreten, die in den Jahren 1989
und 1990 tatsächlich erzielten Gewinne seien um die auf die im Jahre 1989 übernommene Firma H
entfallenden Gewinnanteile zu kürzen, ist ihre Beanstandung zwar - wie bereits im Rahmen der Revision des Kl.
ausgeführt - berechtigt, führt jedoch deshalb nicht zum Erfolg der Anschlußrevision, weil die Bekl. insoweit
nicht beschwert sind. Im Berufungsurteil ist, insoweit widersprüchlich, im Rahmen der Berechnung der
Erwerbsschadensbeträge für 1989 und 1990 ein entsprechender Abzug von den tatsächlich erzielten Gewinnen
gerade nicht vorgenommen worden.

3. Da eine Überprüfung des Berufungsurteils auf die Rechtsmittel beider Parteien ergibt, daß die dem BerGer.
zu Lasten des Kl. unterlaufenen Rechtsfehler den im Berufungsurteil zuerkannten Betrag von 66850 DM als
“Mindestsumme” des Erwerbsschadens nicht in Frage stellen können, war die Anschlußrevision der Bekl.
zurückzuweisen.

N.

Anm. d. Schriftltg.:

Zu BGH, NJW 1994, 652 s. die Anm. Hübner/Matuschke, LM H. 6/1994 § 842 BGB Nr. 46.

5 von 5 18.11.2014 11:02

Das könnte Ihnen auch gefallen