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Holger Brüggemann
Joachim Ihme
Festigkeitslehre für
Wirtschaftsingenieure
Mit Verständnisfragen, vielen Beispielen
und Aufgaben mit kleinschrittigen Lösungen
4. Auflage
Festigkeitslehre für Wirtschaftsingenieure
Klaus-Dieter Arndt Holger Brüggemann
Joachim Ihme
Festigkeitslehre für
Wirtschaftsingenieure
Mit Verständnisfragen, vielen Beispielen
und Aufgaben mit kleinschrittigen
Lösungen
Holger Brüggemann
Ostfalia Hochschule für angewandte Wissen-
schaften
Wolfenbüttel, Deutschland
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillier-
te bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
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Vorwort
Noch ein Buch über Festigkeitslehre – so werden viele Leser denken, wenn sie dieses
Buch in die Hand nehmen. Warum haben wir dieses Buch geschrieben? Die Festigkeits-
lehre gehört als Teil der Technischen Mechanik zu den Kernfächern eines Ingenieurstu-
diums, wird aber bei den Studierenden eher als „Hammer-“, „Hass-“ oder „Loser-Fach“
angesehen. Durch die Einführung der Bachelor-Studiengänge wurde die Anzahl der Prä-
senzstunden für die Studierenden gekürzt. Dem selbstständigen Erarbeiten von Wissen
und Fähigkeiten wurde mehr Raum gegeben. Dies erfordert entsprechend aufbereitete
Unterlagen zur Theorie eines Faches und eine ausreichende Menge von Beispielen und
Übungsaufgaben. Unser Ziel war es daher, den Stoff einerseits für das Bachelor-Studium
auf das Wesentliche zu beschränken, ihn andererseits aber so praxis- und anwendungsnah
wie nur möglich aufzubereiten, gerade auch für die zunehmende Zahl der Studierenden
in Wirtschaftsingenieur-Studiengängen. Wir haben daher in zahlreichen Beispielen und
Aufgaben auch wirtschaftliche Aspekte mit berücksichtigt. Das Buch ist sicher auch für
Studierende an Technikerschulen und für Praktiker geeignet.
Es entstand aus der Vorlesung „Festigkeitslehre“, die wir seit mehreren Jahren
an der Ostfalia – Hochschule für angewandte Wissenschaften (Hochschule Braun-
schweig/Wolfenbüttel) halten. Die Unterlagen zu dieser Lehrveranstaltung für den
Bachelor-Studiengang Maschinenbau gehen auf ein Skript unseres früheren Kollegen
Prof. Dipl.-Ing. Eckard Dollase zurück, das von unserem inzwischen leider verstorbenen
Kollegen Prof. Dr.-Ing. Klaus-Dieter Giese erweitert und überarbeitet wurde. Beiden sind
wir für die Überlassung ihrer Unterlagen zu großem Dank verpflichtet.
In die 4. Auflage wurden zur weiteren Verbesserung der Verständlichkeit, insbesondere
für das Selbststudium, zusätzliche Abbildungen, Hinweise und Beispiele aufgenommen.
Dem Stabilitätsproblem „Knicken“ wurde ein eigenes Kapitel gewidmet.
Zu diesem Lehrbuch gehört als Klausurentrainer auch noch eine im selben Verlag er-
schienene Aufgabensammlung mit vielen weiteren durchgerechneten Aufgaben.
Wir danken Herrn Dipl.-Ing. Heinrich Turk, der als wissenschaftlicher Mitarbeiter seit
mehreren Jahren die Pflege und Erweiterung der zum Skript gehörenden Aufgabensamm-
lung übernommen hat. Zahlreiche Proben aus der Werkstoffprüfung hat uns Herr Manfred
Grochholski zur Verfügung gestellt. Dank gebührt auch dem Springer Vieweg Verlag, ins-
besondere Herrn Dipl.-Ing. Thomas Zipsner und Frau Imke Zander, für die konstruktive
V
VI Vorwort
und reibungslose Zusammenarbeit. Unseren Familien danken wir für ihre stete Unterstüt-
zung und das Verständnis.
Für Anregungen aus dem Kreis der Leser zur weiteren Verbesserung dieses Buches
sind wir dankbar.
1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
1.1 Aufgaben der Festigkeitslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
1.2 Belastungen, Beanspruchungen und Beanspruchungsarten . . . . . . . . . 6
1.3 Spannungen und „was ist Festigkeit?“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
1.4 Spannungs-Dehnungs-Diagramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
1.5 Formänderungsarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
1.6 Zeitlicher Verlauf der Beanspruchung und Dauerfestigkeit . . . . . . . . . 27
1.7 Zulässige Spannungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
1.8 Verständnisfragen zu Kapitel 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
1.9 Aufgaben zu Kapitel 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
2 Einfache Beanspruchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
2.1 Zug- und Druckbeanspruchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
2.1.1 Grundsätzliches zur Normalspannung . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
2.1.2 Spannungen durch Eigengewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
2.1.3 Wärmespannungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
2.1.4 Flächenpressung ebener und gekrümmter Flächen . . . . . . . . . . 54
2.1.5 Spannungen in zylindrischen Hohlkörpern . . . . . . . . . . . . . . 61
2.2 Biegebeanspruchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
2.2.1 Herleitung der Gleichung zur Biegespannungsermittlung . . . . . 69
2.2.2 Flächenmoment 2. Grades . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
2.2.3 Flächenmomente einfacher geometrischer Flächen . . . . . . . . . 89
2.2.4 Abhängigkeit der Flächenmomente von der Lage des
Koordinatensystems (Steiner’scher Satz) . . . . . . . . . . . . . . . . 95
2.2.5 Flächenmomente zusammengesetzter Querschnitte . . . . . . . . . 97
2.3 Schub- oder Scherbeanspruchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
2.3.1 Schub- und Scherspannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
2.3.2 Schubspannungen durch Querkräfte bei Biegung . . . . . . . . . . 112
2.3.3 Allgemeine Beziehungen für die Schubspannungsverteilung . . . 113
2.3.4 Anwendung auf verschiedene Querschnittsformen . . . . . . . . . . 115
2.3.5 Schubmittelpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122
VII
VIII Inhaltsverzeichnis
4 Durchbiegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195
4.1 Differenzialgleichung der elastischen Linie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195
4.2 Überlagerungsprinzip bei der Biegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207
4.3 Anwendung der Biegetheorie auf statisch unbestimmte Systeme . . . . . 222
4.4 Verständnisfragen zu Kapitel 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235
4.5 Aufgaben zu Kapitel 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301
Einführung
1
Die „Festigkeit von Dingen“ ist etwas, was im Alltagsleben häufig Gegenstand der Be-
trachtung ist. Meist wird umgangssprachlich dabei der Begriff „fest“ verwendet. Beispiels-
weise fragen Kinder im Winter, ob das Eis „fest genug sei, um es zu betreten“. „Fest“
wird als Beschreibung der Materialeigenschaft des Eises genutzt. Die Materialeigenschaft
wird in Verbindung mit einer Belastung gebracht – die Kinder wollen das Eis betreten.
Und es geht um einen Schaden, beziehungsweise um die Vermeidung eines Schadens.
Die Kinder wollen nicht einbrechen. Auch in technischen Zusammenhängen findet dieser
Begriff häufig Verwendung. Beispielsweise kann man Autozeitschriften entnehmen, dass
in Kraftfahrzeugen zunehmend hochfeste Stähle oder Faserverbundwerkstoffe eingesetzt
werden, um die Fahrzeuge leichter zu gestalten und das Crashverhalten zu verbessern.
Wieder geht es um eine Materialeigenschaft, die in Verbindung mit einer Belastung (dem
Crashtest) steht. Und wieder soll auch ein Schaden vermieden werden: die Insassen des
Fahrzeuges sollen nicht verletzt werden.
Beiden Beispielen kann man entnehmen, dass die „Festigkeit“ etwas mit den Eigen-
schaften eines Materials, mit den Belastungen und mit der Vermeidung von Schäden zu
tun haben muss.
Wie die Begriffe „fest“ beziehungsweise „Festigkeit“ in der Technik definiert sind und
was dabei die Aufgabe der „Festigkeitslehre“ ist, ist Inhalt des Kap. 1.
Die Festigkeitslehre ist ein Teilgebiet der Technischen Mechanik. Dieses Gebiet kann
unterteilt werden in:
Statik
Festigkeitslehre oder Elastostatik und
Kinematik/Kinetik.
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 1
K.-D. Arndt et al., Festigkeitslehre für Wirtschaftsingenieure,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-26141-2_1
2 1 Einführung
F F
Die Statik ist die Lehre vom Gleichgewicht der Kräfte an einem starren Körper
mit dem Ziel der Ermittlung unbekannter Kräfte, wie Auflager-, Gelenk- und Stabkräfte.
Sie dient als Grundlage für die Dimensionierung und Auslegung (Festigkeitsberechnung)
technischer Bauteile.
In der Festigkeitslehre betrachten wir keine idealen starren Körper, sondern defor-
mierbare oder elastische Körper. Sie stellt den Zusammenhang zwischen den äußeren
und inneren Kräften sowie den Verformungen (Abb. 1.1) her. Auch die Lösung statisch
unbestimmter Systeme setzt voraus, dass die Werkstoffe nicht starr sind. Darüber hinaus
sind die Haltbarkeit und die Stabilität technischer Bauteile von großem Interesse. Die
Aufgabe der Festigkeitslehre besteht darin, mit den aus der Statik ermittelten Kräften und
Momenten Bauteile zu dimensionieren oder Spannungen zu ermitteln und zu überprüfen,
ob sie unter den zulässigen Grenzwerten liegen.
Zu den weiteren Aufgaben der Festigkeitslehre gehören:
Berechnungsverfahren für die Kraftwirkungen im Innern von Körpern und die hervor-
gerufenen Formänderungen zu entwickeln.
Regeln zur Beurteilung und Vermeidung des Versagens von Bauteilen aufzustellen.
Ein Versagen der Bauteile tritt bei einer Überbeanspruchung im Betrieb in folgender
Form auf:
Rastlinien
Gewaltbruch
Entkohlung, wegen der schlechteren Wechselfestigkeit, als Auslöser. Infolge des Bruch-
fortlaufes nimmt die Materialquerschnittsfläche immer mehr ab (Rastlinien) und es kommt
durch Überbelastung letztendlich zum Bruch (Restbruchfläche) des Bauteils.
Die Lage der Bruchebene ist vor allem von der Beanspruchungsrichtung abhängig.
Brüche, die senkrecht zur Beanspruchungsrichtung auftreten, bezeichnet man als nor-
malflächig. Für spröde Trennbrüche und Ermüdungsbrüche ist diese Bruchlage i. Allg.
charakteristisch. Von Schubbrüchen spricht man dagegen, wenn die Bruchflächen in Rich-
tung der größten Schubspannungen auftreten. Bei Gewaltbrüchen von zähen Werkstoffen
ist diese Bruchform u. a. anzutreffen. Bei unterschiedlichen Werkstoffen kann der Bruch
durch Normal- und Schubspannungen ausgelöst werden. In Abb. 1.4 sind die Zuordnun-
gen zwischen den Normalspannungen und den Schubspannungen im gefährdeten Quer-
schnitt und die daraus resultierenden Bruchverläufe dargestellt. Die Beanspruchungsarten
und die Spannungsverteilung werden im Abschn. 1.2 näher erläutert.
F
σd
Druck τ τ
σd
F
F/2 τ
Biegung F σz σd τ
τ
τ
F/2
T σz
τ
Torsion
τ
T σz
Eine Vorgehensweise zur Lösung einer sicheren Bauteilauslegung ist Abb. 1.5 zu ent-
nehmen.
Grundlagen für die Berechnungsverfahren der Festigkeitslehre sind:
Homogen bedeutet, dass der Werkstoff überall gleichartige Eigenschaften aufweist. Bei
isotropen Werkstoffen sind die Eigenschaften richtungsunabhängig.
Die realen Werkstoffe der Technik (z. B. Metalle, Kunststoffe, Holz, Keramik, . . . ) hin-
gegen:
sind nur für gleichmäßig feinkörnige Werkstoffe (z. B. Stahl oder Aluminium) annä-
hernd homogen bzw. quasi-isotrop („nahezu isotrop“)
dagegen ist die Belastbarkeit/Beanspruchbarkeit begrenzt, d. h. innere Kraftwirkungen
und Verformungen von Bauteilen sind zulässig, sie müssen (aber deutlich) unter be-
stimmten Grenzwerten bleiben, damit es nicht zum Versagen, z. B. Bruch, kommt.
1.1 Aufgaben der Festigkeitslehre 5
R
Fm
FeH
D
d
F F
F ∆l
Beanspruchung Beanspruchbarkeit
Bruch
Spannung σ
Rm
Re
σ
F F
Dehnung ε
Vergleich
Bruch
Spannung σ
Rm
Re
S = Re
S
σmax σ max
Dehnung ε
Änderung von:
• Belastung nein S
• Geometrie ausreich.?
• Werkstoff
ja
Eine Unterscheidung der Werkstoffe erfolgt nach duktil (zäh) oder spröde.
6 1 Einführung
Duktile Werkstoffe
Werkstoffe, die vor dem Bruch stark gedehnt werden können, heißen duktil oder zäh.
Zu den duktilen Werkstoffen gehören z. B. unlegierte Stähle und Aluminium.
Duktile Werkstoffe können Stöße und Energie absorbieren.
Bei Überlastung tritt vor dem endgültigen Versagen eine große Deformation auf.
Duktile Werkstoffe sind für das spanlose Umformen gut geeignet.
Spröde Werkstoffe
Die Festigkeitslehre ist daher eine Verknüpfung von Technischer Mechanik und Werk-
stoffkunde bzw. -prüfung zur Berechnung der inneren Kraftwirkung (Beanspruchung)
und der Verformung von Bauteilen sowie zum Vergleich mit den zulässigen Werten.
Die mithilfe der elementaren Festigkeitslehre berechneten Spannungen können auf-
grund von Vereinfachungen/Idealisierungen erheblich von den tatsächlichen Spannungen
abweichen. Viele Berechnungsverfahren erfassen nur sehr ungenau die tatsächlichen Vor-
gänge im Werkstoff, die vom jeweiligen Betriebszustand und der Belastungsart abhän-
gig sind. Kenngrößen, als Ergebnis langer Erfahrung (z. B. Vergleichsspannungen, siehe
Abschn. 3.4), führen daher zu brauchbaren Ergebnissen der Festigkeitslehre.
Aus diesem Grund werden zwei Vorgehensweisen betrachtet:
Das Ziel jeder Berechnung ist, dass mit Sicherheit kein Versagen eintritt.
Aus der (äußeren) Belastung, den Kräften und Momenten, der Bauteilgeometrie und der
Belastungsintensität im Bauteil kann die jeweilige Beanspruchung ermittelt werden.
Abhängig von der Belastungsrichtung und der damit verbundenen Verformung treten
fünf Grundbeanspruchungsarten (siehe Abb. 1.6) auf:
F T
F F
F
F
F
Zugbeanspruchung: Biegebeanspruchung:
F
B B B
σz
F F
B B σbd B
e
σz = F σb = M b = M b ⋅e
A Wb I σ bz
konstante lineare
Spannungsverteilung Spannungsverteilung
Druckbeanspruchung: Torsionsbeanspruchung:
B B τt
T
σd
F F τt
B B
σd = F τt = T=
T
A Wt Wp
Durch Einwirken von äußeren Kräften verformen sich Bauteile sichtbar oder zumindest
messbar. Das Prinzip der Idealisierung des starren Körpers (Statik) wird, wie bereits in
Abschn. 1.1 angesprochen, aufgegeben. Den äußeren Kräften wirken im Werkstoffgefü-
ge innere Kräfte entgegen. Es herrscht im Normalfall Gleichgewicht. Damit die inneren
Kräfte ermittelt werden können, muss ein „Freischneiden“ des Körpers (Abb. 1.8) er-
folgen. Das Freischneiden in der Festigkeitslehre erfolgt analog zum „Freimachen“ in
der Statik. Mit dieser Betrachtungsweise werden die inneren Kräfte F i in einem Bauteil
dargestellt (Abb. 1.8). Beim Freischneiden wird der betrachtete Querschnitt des Bauteils
gedanklich durchgetrennt. Da auch im Schnitt die Gleichgewichtsbedingungen gelten,
müssen an den jeweiligen Schnittufern entsprechende Reaktionskräfte (innere Kräfte F i )
vorhanden sein, die den äußeren Kräften (F) entgegenwirken. Die Wiederherstellung des
Gleichgewichts erfolgt nach dem Freischneiden, indem der jeweilige fortgenommene Teil
durch die innere Kraft F i ersetzt wird, die als Kohäsionskraft die Werkstoffteilchen an
dieser Stelle zusammenhält. Durch diese Vorgehensweise stehen die äußeren und inne-
Querschnittsfläche A
F Fi
Schnittfläche
Fi F
1.3 Spannungen und „was ist Festigkeit?“ 9
ren Kräfte wie bereits gesagt im Gleichgewicht. Es gilt weiter das Prinzip: Befindet sich
das Gesamtbauteil im Gleichgewicht, dann ist auch jeder Teilabschnitt im Gleichgewicht
(statisch). Steigt die äußere Kraft/Belastung, so tritt eine wachsende Widerstandskraft im
Bauteil auf. Das Maß für die innere Beanspruchung ist eine mechanische Spannung.
Spannungen sind wie Kräfte nicht direkt sichtbar.
I Definition der Spannung: Spannung ist der Quotient aus der Teilschnittkraft F i und
der dazugehörigen Teilschnittfläche Ai .
Fi dFi
D D
O : (1.1)
Ai dAi
Fin dFin
Normalspannung D D
O : (1.2)
A dA
Fit dFit
Tangentialspannung D D
O : (1.3)
A dA
Es treten zwei Spannungstypen (Abb. 1.10) auf, diese führen auch zu zwei verschiede-
nen Verformungs- und Zerstörungswirkungen und
die Spannungen sind abhängig von der (gedachten) Schnittfläche.
a
F F
σ
Fn
Normalspannung D mit Fn ? A (1.4)
A
Ft
Tangentialspannung D mit Ft k A: (1.5)
A
Die SI-Einheit für die (mechanische) Spannung (DIN 1301) wird in N/m2 oder Pascal1
(Pa) angegeben. Die Einheit Pa ist sehr „unhandlich“, daher wird vorzugsweise in der
Technik die Einheit N/mm2 verwandt:
1 N=mm2 D
O 106 N=m2 D 1 MPa:
Beispiel 1.1 Wie groß sind die Normal- und die Tangentialspannung (Abb. 1.11), wenn
F D 10 kN, A D 50 mm2 und ˛ D 60° betragen?
1
Blaise Pascal (1623–1662), französischer Philosoph und Mathematiker.
1.4 Spannungs-Dehnungs-Diagramm 11
Lösung
Fn F sin ˛ 10:000 N sin 60ı N
D D D 2
D 173
A A 50 mm mm2
Ft F cos ˛ 10:000 N cos 60ı N
D D D D 100
A A 50 mm2 mm2
1.4 Spannungs-Dehnungs-Diagramm
Bei einer Zugkraft (Abb. 1.12) verlängert sich die Ausgangslänge l0 um den Betrag l
auf die Länge l, daraus folgt die Dehnung:
l l l0
"D D : (1.6)
l0 l0
Der Zusammenhang D f ("), also zwischen der Spannung und der Dehnung " (bei
konstanter Temperatur), wird wie bereits gesagt aus dem Zugversuch ermittelt. Beim Zug-
versuch wird eine genormte Probe mit dem Durchmesser d0 D 10 mm und der Prüflänge
l0 D 5 d0 bzw. 10 d0 mit einer konstanten Geschwindigkeit gedehnt und die erforderliche
Kraft F gemessen.
12 1 Einführung
σ
σ
l = l0 + Δl
l = l0 + Δl
l0
d0
σ
σ
F
unbelasteter belasteter
Zugstab Zugstab
F
freigeschnittener
Zugstab
F
Spannung σ
d0
P
Parallele zur
Rm
Zug
HOOKE`schen
Re
Geraden Einschnürung: d
HOOKE`sche
Gerade
Stauchung Dehnung ε
Bruchdehnung A
d F
Druck
plastische
d0 F
Verformung
elastische Verformung
In Abb. 1.14 ist die Spannung über dem elastischen und dem plastischen Bereich auf-
getragen. Der gestrichelt dargestellte Verlauf stellt die wahre Spannung dar. Sie wird
ermittelt aus dem Quotienten der jeweiligen Kraft F zum jeweiligen Querschnitt Atat . Die
Spannung wird üblicherweise auf den Ausgangsquerschnitt A0 bezogen, so dass sich der
durchgezogene Kurvenverlauf ergibt.
Spannungs-Dehnungs-Diagramme gemäß Abb. 1.13 werden wie folgt unterschieden:
plastischer Bereich
ε
elastischer Fließen Verfestigung Einschnüren
Bereich
Verfestigung:
– Nach dem Fließen erfolgt durch die Kaltverfestigung ein weiterer Anstieg der Span-
nung bis zur Zugfestigkeit Rm .
– Bei Erreichen der Zugfestigkeit Rm setzt ein starkes Einschnüren des Querschnitts
ein. Die auf den aktuellen Querschnitt (Atat ) bezogene Spannung steigt weiter an
(wahre Spannung 0 ), während die auf den Ausgangsquerschnitt (A0 ) bezogene
Spannung sinkt (Abb. 1.14).
Plastischer Bereich: > E
– Nach der Entlastung bleibt eine plastische Dehnung "p zurück.
– Die Entlastungskurve verläuft parallel zur Geraden im linear elastischen Bereich
(Abb. 1.13).
In Tab. 1.2 sind die Eigenschaften von Werkstoffen bezüglich der Bereiche des Span-
nungs-Dehnungs-Diagramms gegenübergestellt.
Je nachdem, ob es sich um duktile (verformbare, Abb. 1.15 und 1.16) oder spröde
Werkstoffe (Abb. 1.17 und 1.18) handelt, gibt es unterschiedliche Verläufe im Spannungs-
Dehnungs-Diagramm. Bei den duktilen Werkstoffen kann eine ausgeprägte (Abb. 1.15a)
oder keine ausgeprägte Streckgrenze (Abb. 1.15b) auftreten. Im letzteren Fall wird deshalb
die Rp0,2 -Grenze herangezogen, d. h. der Spannungswert, bei dem nach der Entlastung eine
Dehnung von 0,2 % verbleibt.
Metalle ohne ausgeprägte Streckgrenze, dazu zählen:
Aluminiumlegierungen
vergütete Stähle.
– Bei den meisten Metallen tritt kein ausgeprägtes Fließen auf.
– Anstelle der Streckgrenze wird dann die 0,2 %-Dehngrenze Rp0,2 herangezogen.
– Die Spannung Rp0,2 führt nach Entlasten zu einer bleibenden Dehnung "p von 0,2 %.
a b
σ σ
Rm
Rm
ε ε
0,2 %
Typischer Vertreter spröder Werkstoffe ist das Gusseisen (Abb. 1.18). Hier kommt es
nach einem signifikanten Anstieg der Spannung ohne Übergang zum Bruch (Abb. 1.17).
Bei Grauguss und vielen nichtmetallischen Werkstoffen gibt es keinen Bereich, in dem
sich die Spannungen proportional zu den Dehnungen verhalten.
Eine Gegenüberstellung der Spannungs-Dehnungs-Diagramme verschiedener Werk-
stoffe enthält Abb. 1.19.
16 1 Einführung
l
DE"DE : (1.7)
l0
Der Elastizitätsmodul E in N/mm2 ist eine Maßzahl für die Starrheit des Werkstoffs.
Elastizitätsmodule ausgewählter Werkstoffgruppen:
Bei Stählen, die keine ausgeprägte Streckgrenze (Abb. 1.15b) aufweisen, wird – wie
bereits beschrieben – die Spannung herangezogen, bei der eine bleibende Dehnung von
0,2 % (Rp0,2 ) nach der Entlastung auftritt.
Grauguss
Al-Legierung
Kupfer
(weich)
ε
2
Robert Hooke (1635–1703), englischer Naturforscher.
1.4 Spannungs-Dehnungs-Diagramm 17
l F l F
DE"DE und D )E D )
l0 A l0 A
F l0
l D : (1.8)
E A
mit E A D Dehnsteifigkeit.
Tab. 1.3 enthält Anhaltswerte für Rm , Re bzw. Rp0,2 /Rp0,1 , E und ausgewählter Werk-
stoffgruppen, die zur Lösung von Aufgaben herangezogen werden können.
Beispiel 1.2 Ein Blechstreifen (Abb. 1.20) der Länge l D 100 mm aus Stahl (E D
2,1 105 N/mm2 ) wird um l D 0,1 mm gestreckt. Wie groß ist die Zugspannung?
l N 0;1 mm
DE "DE D 2;1 105
l0 mm2 100 mm
N N
D 2;1 102 2
D 210 :
mm mm2
Beispiel 1.3 Der skizzierte Verbundstab (Abb. 1.21) ist aus zwei Metalllamellen zusam-
mengelötet und wird durch die Kraft F belastet.
Zu berechnen sind:
Geg.: F D 55.500 N; l D 500 mm; A1 D 300 mm2 ; A2 D 200 mm2 ; E1 D 0,45 105 N/mm2 ;
E2 D 2,1 105 N/mm2
Vor der weiteren Behandlung der vorstehenden Aufgabe werden die Reihen-(seriell)
(Abb. 1.22) und die Parallelschaltung (Abb. 1.23) erläutert. Der Lösungsweg für beide
Schaltungsarten wird kurz dargestellt.
A2; E2
l
l1 l2 l3 l4
F 1 2 3 4 F
F 1 2 3 4 F
l1 l2 l3 l4
Δl1 Δl2 Δl3 Δl4
l0 +Δlges
1 F1 F1
2 F2 F2
F F F F
3 F3 F3
4 F4 F4
l Δl
Anordnung: Parallel (Abb. 1.23), hier sind die Längenänderungen aller elastischen Ele-
mente gleich groß.
Vorgehensweise bei gegebener Kraft Zunächst stellt man die Gleichungen für die Län-
genänderungen aller parallelen Elemente auf. Je zwei Gleichungen der Längenänderungen
werden nun gleichgesetzt, so dass eine Kraft jeweils durch eine andere (dann immer die-
selbe) ausgedrückt werden kann. Dies wiederholt man entsprechend oft für alle Elemente.
Durch Einsetzen in die Gleichung für die Aufteilung der Kraft kann nun die erste Kraft
berechnet werden.
Ist die gleichgroße Längenänderung gegeben, ist die Lösung über die Formeln der ein-
zelnen Längenänderungen einfacher.
Lösung zum Beispiel 1.3 Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine Parallelschaltung
(Abb. 1.23).
20 1 Einführung
a)
l F F l F l
DE "DE I D ) DE ) l D
l A A l E A
F1 l F2 l E1 A1
l D D ) F1 D F2
E1 A1 E2 A2 E2 A2
Die Gesamtkraft F setzt sich aus den Einzelkräften F 1 und F 2 zusammen:
E1 A1 E1 A1
F D F1 C F2 D F2 C F2 D F2 1 C
E2 A2 E2 A2
F 55:500 N
F2 D D D 42.000 N
1 A1 0;45105 N300 mm2 mm2
1C E
E2 A2 1C mm2 2;1105 N200 mm2
Nachdem wir die Teilsysteme seriell und parallel betrachtet haben, wollen wir uns
mit einem Gesamtsystem befassen. Im Gegensatz zu einem Teilsystem, wo äußere Kräfte
angreifen, wirken auf das Gesamtsystem keine äußeren Kräfte. Das Kräftegleichgewicht
ist innerhalb des Gesamtsystems geschlossen, daher handelt es sich immer um ein serielles
System.
In Abb. 1.24 und 1.25 ist ein Gesamtsystem dargestellt (keine äußeren Kräfte).
Die vom Gesamtsystem aufzunehmende Verformung wird hier an der Stelle C einge-
leitet.
Damit in einem Element eine Zug- oder Druckkraft übertragen werden kann, muss
ein Kräftegleichgewicht vorliegen. Das in Abb. 1.24 dargestellte Gesamtsystem ist so-
mit wegen des Kräftegleichgewichts an den jeweiligen Verbindungsstellen A bis F ein
serielles System aus zwei Teilsystemen, das geometrisch parallel angeordnet ist (parallel
1.4 Spannungs-Dehnungs-Diagramm 21
Verbindungselement
Verbindungselement
System (Elemente 1 und 2)
sowie einem weiteren seriel-
len System aus dem Element 3
und einem seriell dazu ange-
4
ordneten parallelen Teilsystem
3
aus den Elementen 4 und 5 vor 5
einer Verformung
D E F
zur Kraftrichtung). Die Teilsysteme bestehen aus einem oder mehreren Elementen un-
terschiedlicher Anordnung. Die Verbindungselemente (in Abb. 1.24 und 1.25 rechts und
links dargestellt) werden oft als starr angenommen. Sollten sie elastisch sein, müssen sie
mit in den seriellen Ansatz einbezogen werden.
Hier wird angenommen, dass diese Verbindungselemente bei Vorhandensein einer Län-
genänderung lges an der Verbindungsstelle C starr sind und zueinander parallel bleiben
(also nicht kippen). Eine Längenänderung in einem Gesamtsystem kann durch mechani-
sche Verstellelemente wie Federn oder Gewindespindeln, aber auch durch Wärme, hy-
draulische, pneumatische oder elektrische Bauelemente entstehen.
Das in Abb. 1.24 und 1.25 dargestellte Gesamtsystem besteht hier aus zwei Teilsys-
temen: Teilsystem 1 besteht aus den beiden seriell angeordneten Elementen 1 und 2.
Teilsystem 2 hingegen besteht aus dem Element 3 sowie einem zweiten seriell angeord-
neten weiteren Teilsystem aus einem parallelen System der beiden Elemente 4 und 5. Bei
der Mehrzahl zu lösender Aufgaben wird lediglich ein Teilsystem (Systeme seriell/parallel
wie in Abb. 1.22 und 1.23) betrachtet. Das zweite Teilsystem besteht dann aus der Um-
welt, die als starr angenommen wird und nicht weiter zu berücksichtigen ist. Als generelle
Vorgehensweise wird zunächst überprüft, ob in dem zu berechnenden Beispiel Teilsys-
teme enthalten sind. Bei einem Teilsystem wie in den Abb. 1.22 oder 1.23 wurde die
Vorgehensweise bereits dort beschrieben.
Verbindungselement
Δlges
4
3
5
D E F
22 1 Einführung
Gemäß Abb. 1.24 und 1.25 ist folgende Vorgehensweise zu wählen: Man verwendet
den Lösungsweg wie beim seriellen System. Allerdings kann der Lösungsweg noch nicht
komplett abgeschlossen werden, da die Längenänderung für das parallele Teilsystem erst
noch bestimmt werden muss, entsprechend der Vorgehensweise beim parallelen System.
Nach der Umstellung auf die erste zu berechnende Kraft muss dieser Ausdruck in die
Gleichung für die dazu passende Längenänderung eingesetzt werden. Mit dem Einset-
zen in die Aufteilung der Gesamtlängenänderung schließt man den seriellen Lösungsweg
ab. Um dieses zu vertiefen, soll das dargestellte Gesamtsystem anhand des Beispiels 1.4
berechnet werden.
i Werkstoff Ei Ai li
N/mm2 mm2 mm
1 Stahl 210.000 900 300
2 GJL 95.000 700 700
3 Cu 120.000 2400 600
4 GJS 170.000 750 400
5 Al 80.000 750 400
Gesucht werden die Kraft F sowie die Spannungen und Verformungen der einzelnen
Elemente.
F l1 F l2 F l3 F
lges D C C C E4 A4 E5 A5
E1 A1 E2 A2 E3 A3 l4
C l5
lges
F D l1
E1 A1
C l2
E2 A2
C l3
E3 A3
C E4 A4
1
E A
l4 C 5l 5
5
1;365 mm
D 700 mm
2;1105 N 2 900 mm2
C 300 mm
0;95105 N 2 700 mm2
C 600 mm
N
1;2105 2 2400 mm
2
mm mm mm
1
1;7105 N750 mm2 0;8105 N750 mm2
mm2 400 mm
C mm2 400 mm
F D 83:587 N
F 83:587 N
F4 D D D 56.839,18 N
l4 E5 A5 400 mm0;8105 750 mm2 mm2
1C l5 E4 A4
1C mm2 400 mm1;7105 N750 mm2
i Fi i li
N N/mm2 mm
1 83.587 92,87 0,1327
2 83.587 119,41 0,8799
3 83.587 34,83 0,1741
4 56.839,18 75,79 0,1783
5 26.747,82 35,66 0,1783
Ein Stab, der gedehnt wird, verändert sich nicht nur in der Längsrichtung, sondern auch
quer dazu, d. h.eine Verlängerung ist stets mit einer Querkürzung (Abb. 1.26) verbunden.
Bei einer Querkürzung ist d < d0 .
d
24 1 Einführung
d d0 d
"q D D : (1.9)
d0 d0
1.5 Formänderungsarbeit
Im Abschn. 1.4 haben wir die Formänderungen " (Dehnung) und "q (Querkürzung) be-
trachtet. Es wird nun untersucht, welche Arbeit für diese Verformung (Abb. 1.27) benötigt
wird. Die Arbeit ist für eine konstante Kraft wie folgt definiert:
3
Siméon-Denis Poisson (1781–1840), französischer Mathematiker und Physiker.
1.5 Formänderungsarbeit 25
l0 Δl s
F = σ ·A
A0
Aus dem Zugversuch ist bekannt, dass die RKraft beim Zugversuch nicht konstant ist.
Die allgemeine Definition der Arbeit ist W D F ds.
Z
W D F ds
l
Mit F D A und " D ) l D l " und dl D
O ds D l d"
Z l Z
) W D A l d" D A l d"
Z
W D V d" und V D A l
Dividieren wir die Formänderungsarbeit W durch das Volumen V, dann erhält man die
spezifische oder bezogene Formänderungsarbeit wf (Abb. 1.28). Sie ist die Arbeit, die
benötigt wird, um z. B. das Volumen von 1 mm3 zu verformen. Die spezifische Formän-
derungsarbeit spielt in der Umformtechnik eine maßgebliche Rolle.
Z Z
W 1 1 1
D wf D d" D E " d" D E "2 D E " " D " )
V 2 2 2
W 1
wf D D " (1.10)
V 2
wf = 12σ ⋅ε
ε
26 1 Einführung
Die Formänderungsarbeit W f :
1 1 E 1 2 1 F2 1 1 F2 1
Wf D V wf D V " D V " DV D V 2 D Al 2
2 2 E 2E 2 A E 2 A E
1 F2 l
Wf D
: (1.11)
2 A E
Gemäß Gl. 1.11 wird die Formänderungsarbeit(-energie) umso größer,
Lösung
1 2
Mit Wf D V wf D V und V D d 2 l
2 E 4
2 2
1
) Wf D d 2 l D d2 l
4 2 E 8 E
.200 N/2 mm2
Stahl: WfSt D 202 mm2 2000 mm D 59:840 N mm D
O 59;84 N m
8 2;1 105 N mm4
Beispiel 1.6 Wie verhält sich die Formänderungsarbeit (Abb. 1.29) zwischen einer
Schaftschraube und einer Dehnschraube?
2
Die Formänderungsarbeit ist nach Gl. 1.11: Wf D 12 FA El , da A1 > A2 ist, kann die
Dehnschraube bei gleichem F (Längskraft) mehr Formänderungsarbeit aufnehmen.
Der Einsatz von Dehnschrauben erfolgt dort, wo eine dauernde dynamische Belastung
vorliegt, z. B. beim Zylinderkopf eines Motors.
1.6 Zeitlicher Verlauf der Beanspruchung und Dauerfestigkeit 27
Dehnschraube
A1
A2
Schaftschraube
F F
Die Haltbarkeit eines Bauteils ist vorwiegend abhängig vom zeitlichen Verlauf der Belas-
tung bzw. Beanspruchung sowie von der Betriebsart: Dauer- oder Aussetzbetrieb. Grund-
sätzlich wird zwischen einer ruhenden und einer schwingenden Belastung unterschieden.
Maschinenteile werden überwiegend schwingend belastet.
Bei schwingender Beanspruchung (Abb. 1.30) wird unterschieden zwischen
Oberspannung o (bzw. o ),
Unterspannung u (bzw. u ),
Mittelspannung m D ( o C u ) / 2 (entsprechend m ) und
Spannungsausschlag a D ( o u ) / 2 (entsprechend a ).
σ
(τ) Lastspiel
σo
(τ ο)
σa
(τ a)
σm
(τ m)
0
Zeit t
σu
(τ u)
o D u D m I a D 0
o D max D 2
m D a I u D 0
o D max D a
u D max I m D 0
I Die Dauerfestigkeit D ist die höchste Spannung, die ein Bauteil bei dynamischer
Beanspruchung gerade noch beliebig lange ohne Bruch bzw. schädigende Verformung
erträgt (N > 107 Lastspiele).
Das Verhalten der Werkstoffe bei schwingender Belastung wird wie folgt untersucht:
Polierte Probestäbe mit 10 mm Durchmesser werden bei konstanter Mittelspannung
und entsprechender Schwingungsamplitude belastet. Wählt man die Amplitude groß ge-
nug, so kann es bei verhältnismäßig wenigen Lastspielen bereits zum Bruch (Abb. 1.34)
kommen. Es bietet sich an, die Oberspannung o über der Anzahl der Lastspiele N in ei-
nem Diagramm (Wöhler5 -Diagramm) aufzutragen. Aufgrund der großen Lastspielzahl ist
4
Julius Carl von Bach (1847–1931), bedeutender deutscher Maschinenbauingenieur. Professor für
Maschinenelemente und Festigkeitslehre in Stuttgart.
5
August Wöhler (1819–1914), deutscher Eisenbahningenieur.
1.6 Zeitlicher Verlauf der Beanspruchung und Dauerfestigkeit 29
m F
σ σ σ
(τ) ruhende Belastung (τ) schwellende Belastung (τ) wechselnde Belastung
σo
( τo)
σa σo
σm ( τo)
( τ m)
σa σa
0 σ =0
Zeit t Zeit t Zeit t
σa
σu
( τu)
Lastfall I Lastfall II Lastfall III
σa
σm2
σa
3
σa
σm3
σa
4
σm4 σa
σa Zeit
Trägt man nun für einen Werkstoff und eine Beanspruchungsart (Zug, Druck, Biegung
oder Torsion), die aus einer Vielzahl von Wöhler-Diagrammen ermittelten Dauerfestig-
keiten in einem Diagramm auf, so erhält man das Dauerfestigkeitsschaubild nach Smith.
Im Smith-Diagramm (Abb. 1.35 und 1.36) sind die Grenzspannungen o , u über
der Mittelspannung m aufgetragen. Die beiden Kurven für o und u geben den Be-
reich in Abhängigkeit von m an, in dem die wechselnde Beanspruchung schwanken
kann, ohne dass eine Zerstörung trotz hoher Lastspiele gerade noch nicht eintreten kann.
Die Zugfestigkeit kann jedoch bei zähen Stählen wegen der vorher auftretenden blei-
σ
1 2 3 4 5 6
σai = Spannungsauschlag
Oberspannung σo
aus Tab. 1.5
σa1
σa2 σa3 σa4 σa5 σa6
Zeit
σa4 σa5 σa6
σa2 σa3
σa1
Mittelspannung σ m = 0
Unterspannung σu
σD
benden Verformung für eine Dimensionierung nicht herangezogen werden. Das Dau-
erfestigkeitsschaubild dieser zähen Werkstoffe wird daher von der Streckgrenze (oben)
und der Stauch-/Quetschgrenze (unten) begrenzt. Werkstoffe, die ein unterschiedliches
Verhalten bei Zug- oder Druckbeanspruchung (z. B. Grauguss) aufweisen, ergeben ein
unsymmetrisches Dauerfestigkeitsschaubild. Abb. 1.37 enthält beispielhaft das Dauer-
festigkeitsschaubild eines Vergütungsstahls 41Cr4 für die Beanspruchungsarten Biegung,
Torsion, Zug und Druck. Für die Schubspannungen erhält man grundsätzlich ein ähnli-
ches Diagramm.
Aufgrund der unterschiedlichen Belastungen ergeben sich entsprechende Bezeichnun-
gen, die in Tab. 1.7 zusammengefasst sind.
Die Indizes in vorstehender Tabelle sind nach DIN 1304 und 1350 genormt:
σ Sch = 2σa
σD σD σD σ W = ± σa
σa
σo
σa
σF
σ Sch
σm
σW
σa
45°
σm σm II I σm
σu σ o = σm + σ a I ruhend
σ u = σm − σ a II schwellend
III III wechselnd
Darstellung der durch die Fließgrenze σ F nach vereinfachte Darstellung mit
Grenzspannungen (σo; σ u) oben begrenzt, bei Zug σ F = Re geraden Grenzspannungslinien
Streckgrenze
σo
Rm
I
Re
σ z Sch
σ zW
45 °
σu
II σm
σ d Sch
σu
III
σo
I II
Belastungsfall III
Belastungsfall II
Belastungsfall II
Belastungsfall I
Belastungsfall I
Stauchgrenze
„Druck“
„Druck“
„Zug“
„Zug“
Grenz
zul D : (1.13)
Smin
D
zul D : (1.14)
Smin
Für die Mindestsicherheit Smin (Abb. 1.38) wird bei zähen Werkstoffen Re und bei
spröden Werkstoffen Rm als Grenzwert genommen. Die Grenzspannung hängt wie be-
reits gesagt von der Art der Beanspruchung und der Art des Versagens und die geforderte
Sicherheit S hängt von den Folgen des Versagens ab.
Zugbeanspruchung:
Bei Zugbeanspruchung kann ein Versagen durch Fließen oder durch Bruch erfolgen.
Versagen durch Fließen tritt bei duktilen Werkstoffen auf.
Versagen durch Bruch kann bei duktilen und spröden Werkstoffen auftreten.
a b
σ σ
zäher Werkstoff spröder Werkstoff
Rm
Sicherheit
Sicherheit
Re
σzul σzul
σ Grenz Re σ Grenz Rm
Smin = = Smin = =
σ zul σ zul σ zul σ zul
ε ε
Abb. 1.38 Mindestsicherheit bei zähem (a) und sprödem (b) Werkstoff
1.7 Zulässige Spannungen 35
F F
SFvorh D I zul D mit F D Re oder Rp0,2 (1.15)
vorh SFerf
Druckbeanspruchung:
Bei einer Druckbeanspruchung hingegen kann ein Versagen durch Fließen, Bruch oder
Knicken auftreten.
F F
SFvorh D I zul D mit F D dF oder d0;01 (1.17)
vorh SFerf
Die Knickspannung K ist kein Werkstoffkennwert, sondern ist abhängig von der
Knicklänge lK des Stabes, seinem Querschnitt A und dem Elastizitätsmodul E (siehe
Kap. 5).
Tab. 1.9 enthält Festigkeitswerte, die für Überschlagsrechnungen herangezogen werden
können.
36 1 Einführung
Beispiel 1.7 Wie groß ist die zulässige Spannung für Baustahl S235JR mit Re D
235 N/mm2 und wie groß ist die vorhandene Sicherheit bei einer vorhandene Spannung
von vorh D 139 N/mm2 ?
Lösung Statische Beanspruchung, Lastfall I; Smin D 1,5 (aus Tab. 1.8 gewählt)
Re 235 N N
zul D D D 157
Smin 1;5 mm2 mm2
da D zul > vorh ; ist die Bemessung ausreichend!
Grenz 235 N=mm2
Svorh D D D 1;69
vorh 139 N=mm2
Beispiel 1.8 Ein Bergsteiger mit einer Masse m D 80 kg will ein Sicherungsseil kaufen.
Zur Wahl kommen Stahl- oder Polyamidseile. Für den Einsatz im Gebirge wird mit einer
fünffachen Sicherheit gerechnet. Die Eigenmasse des Seiles kann für die Berechnung der
Last vernachlässigt werden. Die Stahlseile bestehen aus sechs gedrehten Litzen mit je
19 Drähten bzw. sechs Litzen mit 37 Drähten und einer Seilfestigkeit von 1770 N/mm2 .
Bei den Polyamidseilen handelt es sich um geflochtene Seile mit drei Litzen. Die zulässige
Last errechnet sich aus der Mindestbruchlast dividiert durch die Sicherheit S D 5. Die
Eckdaten sind den Tabellen zu entnehmen.
Stahlseil
Seildurchmesser Seilklasse Mindestbruchlast Zulässige Last Preis
mm kN kN C/m
4 6 × 19 8,8 1,74 0,90
6 6 × 19 19,5 3,9 1,20
8 6 × 37 33,4 6,7 2,40
10 6 × 37 52 10,4 2,60
1.8 Verständnisfragen zu Kapitel 1 37
Polyamidseil
Seildurchmesser Mindestbruchlast Zulässige Last Preis
mm kN kN C/m
4 3,1 0,62 0,24
6 9 1,8 0,42
8 12,75 2,55 0,66
10 19,6 3,92 1,13
Lösung
FG D m g D 80 kg 9;81 m=s2 D 785 N 0;8 kN
Aufgrund der Gewichtskraft kämen ein Stahlseil mit 4 mm Durchmesser zum Preis
von 0,90 C/m oder ein Polyamidseil mit 6 mm Durchmesser zum Preis von 0,42 C/m in
Frage. Das Polyamidseil hat den Vorteil, dass es leichter, flexibler und kostengünstiger
ist. Als Nachteile wären zu nennen: Schlechte Kantenbeständigkeit, UV-strahlungs- und
alterungsempfindlich.
Der Vorteil des Stahlseiles liegt in der guten Kantenbeständigkeit. Es ist aber steifer,
teurer und schwerer.
Aufgabe 1.1 Der homogene starre Balken der Masse m ist wie skizziert an zwei Stahl-
drähten der Länge l und der Querschnittsfläche A horizontal aufgehängt. Dann wird die
Last F aufgebracht. Um welchen Winkel ' neigt sich der Balken und um welche Strecken
l1 und l2 werden die Drähte infolge der Last F dabei länger? Welche Spannungen
herrschen in den Drähten?
1 2
F
l
a/2 a/4 a/4
FG
l = 500 mm;
a = 750 mm
A = 0,25 mm2 ;
E = 2,1 105 N/mm2
m = 5,097 kg;
F = 100 N
Aufgabe 1.2 Ein Verbundstab aus Stahl und Holz wird mit einer Kraft F D 25 kN wie
skizziert beansprucht (Stahl: ESt D 2,1 105 N/mm2 ; Holz: EH D 1,5 104 N/mm2 ).
50
2
Holz
F F
30
Stahl
2
300
Aufgabe 1.3 Wie groß ist die von einer Hartgummifeder von 30 mm Höhe und 50 mm
Durchmesser aufgenommene Formänderungsarbeit, wenn die Feder mit 1,5 kN belastet
wird und der E-Modul 4 kN/mm2 beträgt?
1.9 Aufgaben zu Kapitel 1 39
Aufgabe 1.4 Welche Formänderungsenergie wird vom linken bzw. rechten Teil des ab-
gesetzten Stahlstabes aufgenommen, wenn der Stab mit F D 12 kN belastet wird?
Ø 20
F
Ø 10
300 500
Aufgabe 1.5 Ein Wasserbehälter ist an vier Bändern aus E295 gemäß Skizze aufge-
hängt. Der leere Behälter hat eine Masse von mleer D 1500 kg, der gefüllte Behälter mvoll D
4000 kg. Die Querschnittsfläche der Bänder beträgt A D 30 × 3 mm. Der Abstand a der
Bänder vom linken und rechten Rand des Behälters beträgt 600 mm.
a) Wie groß ist die Spannung in den Bändern bei leerem und vollem Behälter?
b) Welche Sicherheiten liegen gegen Versagen bei vollem Behälter vor und sind sie aus-
reichend?
c) Die Länge der Bänder bei leerem Behälter beträgt l0 D 1400 mm, um welchen Betrag
l senkt sich der Behälter im gefüllten Zustand?
a a
Einfache Beanspruchungen
2
Ein Stab (Abb. 2.2) wird in Längsrichtung mit einer zentrischen Kraft belastet.
Schneiden wir den Stab in B–B, dann treten senkrecht zur Längsachse Normalspan-
nungen auf.
Aus der Gleichgewichtsbedingung am (linken und rechten) Teilstab folgt: F i F = 0
) F i = F, mit F i = innere Kraft (Schnittkraft) und F = äußere Kraft.
In Abb. 2.3 ist die Querschnittsfläche über der Länge konstant oder nur leicht verän-
derlich (keine schroffen Übergänge oder Kerben). Damit ist auch über dem Querschnitt
konstant.
Daraus folgern wir, dass die Zugspannung in Stäben konstant ist (Abb. 2.2, 2.3 und 2.5),
wenn
F
.z/ D D konstant. (2.1)
A
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 41
K.-D. Arndt et al., Festigkeitslehre für Wirtschaftsingenieure,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-26141-2_2
42 2 Einfache Beanspruchungen
Spannungen
Normalspannung Tangentialspannung
F F F F
Mb T
F/2
F
F/2
Mb F T
F
F F F
F
modifizierte Druckbeanspruchung
F F F
qd
qd
F B Fi Fi B F
B B
F B σ σ B F
F
max D (2.2)
Amin
F F
.d/ D bzw. D ; (2.3)
A A
solange kein seitliches Ausweichen (Knicken) des Stabes auftritt. Das negative Vorzeichen
in Gl. 2.3 drückt aus, dass eine Druckspannung vorliegt.
2.1 Zug- und Druckbeanspruchung 43
Amin
B
B B
F
F B Fi Fi B
B B
F B σmax B F
F
j j D zul (2.4)
A
Des Weiteren haben wir in Abschn. 1.1 zwei Vorgehensweisen kennengelernt; es gilt
für die Tragfähigkeits-Rechnung (Lastbegrenzung):
Die Eigenschaften der Zug- und Druckbeanspruchung sind Abb. 2.6 zu entnehmen.
a Zugbeanspruchung:
b Druckbeanspruchung:
σz σd
B B B B
F F F F
B B B B
konstante Spannungsverteilung
Zug (Druck)
σz
F F
Die Normalspannung dagegen ist über den Querschnitt nicht konstant (Abb. 2.7):
Beispiel 2.1 Wie groß ist die Zugspannung im Querschnitt eines ungebohrten und ge-
bohrten mit 15 kN belasteten Flachstahls von 80 mm Breite und 10 mm Dicke, wenn der
Bohrungsdurchmesser 30 mm beträgt (Abb. 2.8)?
F 15:000 N N
D D D 18;75 (ungebohrt)
A 80 mm 10 mm mm2
F 15:000 N N
D D D 30 (mit Bohrung)
A .80 mm 30 mm/ 10 mm mm2
σ
x σ σ
F F
F
σ≠
A( x )
2.1 Zug- und Druckbeanspruchung 45
Beispiel 2.2 Finn Niklas, 9 Jahre alt, besitzt ein eigenes Fahrzeug: Ein Dreirad mit Tret-
antrieb, Abb. 2.9. Auf dem hinteren Sitz kann er einen Freund mitnehmen und an die
Anhängerkupplung hängt er oft seinen Bollerwagen an. Wir wollen hier die Aufgabe der
Berechnungsabteilung des Herstellers übernehmen und im Laufe dieses Buches die Fes-
tigkeit von Finn Niklas’ Dreirad überprüfen.
Der Rahmen des Dreirads besteht aus Vierkantrohr und muss alle im Betrieb auftreten-
den Kräfte aufnehmen können. Um den Rechenaufwand überschaubar zu halten, schaffen
wir uns zunächst ein vereinfachtes Rechenmodell des Dreirads. Das Dreirad besitzt, wie
in Abb. 2.9 zu erkennen ist, einen T-förmigen Rahmen aus Vierkantrohr, an dem vorne
die lenkbare Vorderradgabel gelagert ist.
Die Anhängerkupplung von Finn Niklas’ Dreirad sitzt an der Verlängerung des Längs-
rohres hinter der Hinterachse, Abb. 2.10. Vereinfacht muss dieses kurze Vierkantrohr nur
die Zugkraft für die Fortbewegung des Anhängers aufnehmen. Wir nehmen diese Kraft
hier mit 200 N an. Das Längsrohr hat die Außenmaße 50 × 20 mm bei 2 mm Wandstärke.
Die Querschnittsfläche des Rohres beträgt damit A = 264 mm2 . Für die Zugspannung in
diesem Bauteil erhalten wir dann
FA 200 N
z D D 0;8 N=mm2
A 264 mm2
Bei einer beliebigen Schnittrichtung (Abb. 2.11) erfolgt der Schnitt nicht senkrecht zur
Stabachse (= Kraftlinie). Der gedachte Schnitt B–B wird so gelegt, dass der Winkel ˛
senkrecht zum Schnitt liegt. Bedingung hierbei ist: Das freigemachte Teilsystem muss
sich im Gleichgewicht befinden.
X X
Fix D 0 und Fiy D 0
Dies ist nur möglich, wenn im gedachten Schnitt sowohl Normalspannungen als
auch Tangentialspannungen wirksam sind.
F F F F
A0
x
90°
B
α
A τ
A
B B α α
B τ ∙A
α Fi σ
A
σ·
α
cos
α Fi
Fi ∙
Fi ∙ A
sin
α
F F
waagerechter schräger
Schnitt Schnitt
Zum besseren Verständnis ist es sinnvoll, ein um den Winkel ˛ gedrehtes Koordinaten-
system einzuführen.
P
Aus der Gleichgewichtsbedingung Fiy D 0 ) Fi cos ˛ A D 0, (F i = F)
A0 F
mit AD ) D cos2 ˛ )
cos ˛ A0
D 0 cos2 ˛ (2.7)
Der Quotient F / A0 entspricht der Spannung 0 im Schnitt senkrecht zur Achse.
P
Aus der Gleichgewichtsbedingung Fix D 0 ) A Fi sin ˛ D 0, (F i = F)
F
D sin ˛ cos ˛; mit 2 sin ˛ cos ˛ D sin 2˛ )
A0
1
D 0 sin 2˛ (2.8)
2
Mit der Probe für ˛ = 0° wird untersucht, ob die Gln. 2.7 und 2.8 stimmen:
cos2 ˛ D 1 ) D 0
sin 2˛ D 0 ) D 0; damit ist der Beweis erbracht worden.
Von besonderer Bedeutung ist jedoch der Schnitt unter dem Winkel ˛ = 45°: ) cos2 ˛ =
1/2 ) 45° = 1/2 0 und sin 2˛ = 1 )
1
45ı D 0 D max (2.9)
2
Als Ergebnis kann festgestellt werden:
Beim gezogenen (bzw. gedrückten) Stab (Abb. 2.11) im Schnitt unter 45° zur Stabachse
beträgt die Normalspannung 0 / 2 und die maximale Schubspannung max = 0 / 2.
Im Zugversuch einer Rundprobe aus Stahl mit ausgeprägter Streckgrenze tritt eine star-
ke Einschnürung (d. h. Querschnittsminderung) durch Fließen auf. Unter Fließen wird
das Abgleiten einzelner Gefügeteile unter 45° zur Achse verstanden. Sie treten aufgrund
maximaler Schubspannung auf – bis u. U. ein kritischer Anriss und dann der Restbruch
erfolgen. Abb. 2.12 zeigt das Abgleiten unter 45° eines im Druckversuch zerstörten Pro-
bekörpers aus Aluminium.
Beispiel 2.3 An einem zylindrischen Versuchskörper (Abb. 2.13) mit dem Durchmes-
ser d = 30 mm wird ein Druckversuch gemacht. Bei einer Druckbelastung von F = 378 kN
bricht der Probekörper unter 45°.
5°
σ4
α σd
τ4
5°
d
Lösung
a) dB D
O 0 D F
.Schnittfläche ? F / ) dB D F
2 D 378:000 N
D 535 mm
N
4 d
4 30
A 2
mm2 2
b) 45°-Ebene:
1 ı 1p 1
45ı D 0 allgemein: D 0 cos ˛I ˛ D 45 ! cos ˛ D
2
2I cos ˛ D
2
2 2 2
1
45ı D 0 D 45ı
2
N N
45ı 268 und 45ı 268
mm2 mm2
2.1 Zug- und Druckbeanspruchung 49
Spannungen durch Eigengewicht treten beim hängenden Stab (Abb. 2.14) oder hängenden
Seil auf, wobei der Querschnitt A konstant ist. Die Betrachtung muss unter folgenden
Gesichtspunkten erfolgen:
die äußere Kraft F ist (sehr) groß im Verhältnis zum Eigengewicht F G des Stabes (Sei-
les), in diesem Fall ist das Eigengewicht F G vernachlässigbar,
bei sehr langen frei hängenden Stäben (Seilen) ist das Eigengewicht F G u. U. allein
verantwortlich für das Versagen (ohne äußere Kraft),
mit zunehmender Länge l nimmt das Eigengewicht F G zu, somit auch die Zugspannung
an der Einspannstelle, dem gefährdeten Querschnitt B–B.
Lösung
FG D m g D
O V g D A l g D A l mit
D g D spezifisches Gewicht und V D A l:
zul zul
Traglänge lT D D (2.10)
g
Rm Rm
Reißlänge lR D D (2.11)
g
FG
(F)
50 2 Einfache Beanspruchungen
lT und lR sind dabei unabhängig von der Querschnittsform und der -größe. Sie sind nur
abhängig vom Festigkeitswert zul bzw. Rm und vom spezifischen Gewicht des Werk-
stoffs/Materials.
I Die Reißlänge ist als Zugfestigkeit bezogen auf das spezifische Gewicht definiert und
wird zur Beschreibung der Belastbarkeit von Leichtbauwerkstoffen benutzt.
Naturseide: lRmin 45 km
Kohlenstofffasern (C-Fasern): lR 100 km
Kevlar: lR 200 km
Stahl: lR 5 km
Beispiel 2.4 Wie groß ist die Reißlänge von Baustahl S235JR?
Rm N kg 6 kg
lR D I S235JR: Rm D 360 I D 7;85 D 7;85 10
g mm2 dm3 mm3
360 N mm3 s2 1 kg m 360 mm
lR D D 4;67 106 mm 4;67 km
mm2 7;85 10 6
kg 9,81 m 1 Ns2 7,85 10 6 9;81
2.1.3 Wärmespannungen
Aus der Erfahrung wissen wir, dass Körper sich bei Erwärmung ausdehnen und bei Ab-
kühlung zusammenziehen. Ist ein Körper frei beweglich gelagert, so tritt keine Änderung
des Spannungszustandes bei einer Erwärmung oder Abkühlung ein (Abb. 2.15).
Die Längenänderung eines beweglich gelagerten stabförmigen Körpers infolge einer
Temperaturänderung ist:
l1 D l0 C l D l0 C l0 ˛ # D l0 .1 C ˛ #/ (2.13)
l l0 ˛ #
"therm D "ª D D D "ª D ˛ # (2.14)
l0 l0
Die Dehnung wird (bei beidseitiger Einspannung, Abb. 2.16) behindert, es gilt die Be-
dingung:
"ges D "mech C "therm D "m C "ª D C ˛ # D 0:
E
D ˛ # E (2.15)
feste Wand
Ausdehnung
F F Ausdehnung F F
Beispiel 2.5 Die Gleise der Deutschen Bahn sind endlos verschweißt, d. h. es gibt keine
Stoßlücken zwischen den Schienenenden.
Ein Schienenstrang aus Stahl, endlos verschweißt, wird bei 25 °C spannungsfrei ver-
legt. Wie groß sind die Wärme- bzw. Schrumpfspannungen im Strang bei den Temperatu-
ren 50 und 15 °C?
Gesucht: 1 bei #1 und 2 bei #2 :
1 N
D ˛ # EI ˛St D 1;2 105 und E D 2;1 105
K mm2
#1 D 50 ı C ! #1 D #1 #0 D .50 25/ ı C D
O C25 K
1 N
1 D ˛St #1 E D 1;2 105 25 K 2;1 105
K mm2
N
1 D 63 .Druckspannung/
mm2
#2 D 15 ı C ! #2 D #2 #0 D .15 25/ ı C D
O 40 K
1 N
2 D ˛St #2 E D 1;2 105 .40/ K 2;1 105
K mm2
N
2 D C101 .Zugspannung/
mm2
Beispiel 2.6 Der skizzierte Körper befindet sich zwischen zwei starren Wänden
(Abb. 2.17). Wie groß ist die Spannung in den Querschnitten und welche Kraft F tritt
dabei auf?
2.1 Zug- und Druckbeanspruchung 53
d2 = 80
d1 = 40
120 100
Das Freimachen (a) und Freischneiden (b) des eingespannten Stahlstabes ist in
Abb. 2.18 dargestellt.
# D 60 ı C
˛St D 1;2 105 K1
N
E D 2;1 105
mm2
Lösung
l
l D ˛ # lges I D E " D E I F D A
l
F1 l1
l1 D l1therm l1elast D ˛1 l1 #
E1 A1
F2 l2
l2 D l2therm l2elast D ˛2 l2 #
E2 A2
Es gilt die geometrische Bedingung: lges D l1 C l2 D 0 und F 1 = F 2 = F
l1 l2 .˛1 l1 C ˛2 l2 /#
.˛1 l1 C ˛2 l2 /# D F C !F D
E1 A1 E2 A2 l1
C l2
E1 A1 E2 A2
a l1 l2 b
FA FB FA Fi
di2
Hier ˛1 D ˛2 D ˛St I E1 D E2 D EI Ai D 4
D 288;28 kN
F 288;28 kN N
1 D D D 229;4 I
4 40 mm
A1 2 2 mm 2
F 288;28 kN N
2 D D D 57;4
A2 4
80 mm
2 2 mm2
Flächenpressung
Druck-
ebene Flächen gekrümmte Flächen
spannung
Flächenlast Punktlast Linienlast Flächenlast
F
F F
d
l
F
F F F Zapfen/Lagerschale
Lochleibung
Kugel/Kugel Walze/Walze F s
F b F F
l
d
Träger/
Fundament
Kugel/Platte Walze/Platte F
Bolzen/Laschen
a
F F F
FN p
c
b
F F
F A A1
p1 p2
p2 A2
p p p3 A3
_
p3
_
Abb. 2.20 Flächenpressung an Bauteilen: a Lagerung eines Querträgers, b Axialführung einer
senkrechten Welle, c Befestigung einer Maschine (eines Motors oder Getriebes bzw. einer Pumpe)
am Fundament
Es wird von der allgemein üblichen Annahme für ebene Berührungsflächen (Abb. 2.20
und 2.26) ausgegangen, dass eine gleichmäßige Verteilung der Druckkraft auf die Flächen
erfolgt.
Für die Druckbelastung pro Flächeneinheit gilt:
F
Flächenpressung p D mit F ?A (2.16)
A
Die Einheit der Flächenpressung ist gleich der Einheit für die Spannung in N/mm2 .
Die Flächenpressung p ist aber ein Maß für eine von außen – an der Oberfläche des
Bauteils – wirkende Belastung.
56 2 Einfache Beanspruchungen
F α FN
FH
l b
α
l’
Greift die Kraft F nicht senkrecht zur Auflage-/Berührungsfläche (Abb. 2.21) an, mit
der Auflagefläche A = b l, dann gilt:
F F
pD mit Aproj D b l 0 und l 0 D l cos ˛ ) p D oder
Aproj b l cos ˛
FN F F
pD D D (2.17)
A A cos ˛ b l cos ˛
mit der Bedingung: Die vorhandene Flächenpressung p muss der zulässigen Flächen-
pressung pzul sein.
Zu beachten ist hierbei, dass der Werkstoff mit der geringeren Festigkeit maßgebend ist.
So ist z. B. bei einem Gelenklager aus Grauguss mit einem Bolzen aus Stahl das Grauguss-
Lagergehäuse gefährdet, nicht der Stahlbolzen.
Anhaltswerte für die zulässige Flächenpressung pzul sind der Tab. 2.2 zu entnehmen.
Tab. 2.2 Anhaltswerte für die zulässige Flächenpressung pzul ( dF = Quetschgrenze; dB = Druck-
festigkeit)
Werkstoff Zulässige Flächenpressung pzul Belastung
Zähe Werkstoffe pzul 1,2
dF
Bei ruhender Belastung
dF
pzul 2 Bei schwellender Belastung
Spröde Werkstoffe pzul 2dB Bei ruhender Belastung
pzul 3dB Bei schwellender Belastung
2.1 Zug- und Druckbeanspruchung 57
1000
1300
2100
b) Aus Sicherheitsgründen soll die Belastung 1750 N/m2 nicht überschreiten. Wie groß
ist dann die Aufstandsfläche auszuführen?
FG 12:000 N m2
Aerf D D D 4;8 m2
pzul 2500 N
b) Die zulässige Flächenpressung wird auf 1750 N/m2 gesenkt.
FG 12:000 N m2
Aerf D D D 6;86 m2
pzul 1750 N
Technische Lösung des Problems: Damit die geforderte Deckenbelastung nicht über-
schritten wird, könnten die errechneten größeren Aufstandsflächen aus Blech der Stärke
5–10 mm hergestellt werden, auf die die Maschine gestellt wird.
Beispiel 2.8 Zwei Bauteile sind gemäß Abb. 2.23 ineinander gefügt. Das obere Bauteil
ist aus Guss GJL und das untere Bauteil aus Stahl E295 gefertigt. Das obere Bauteil ist
600 mm lang und 250 mm breit. Wie groß darf die maximal übertragbare Kraft F zwischen
den beiden Bauteilen höchstens sein, wenn von einer ruhenden Belastung auszugehen ist
und die zulässige Flächenpressung für GJL 70 N/mm2 und E295 120 N/mm2 beträgt?
F
pD pzul
A
F D p A pzul A
58 2 Einfache Beanspruchungen
E295
600
Gemäß Vorgabe muss mit dem geringeren Wert pzul D 70 N/mm2 gerechnet werden!
N
F pzul A D 70 600 mm 250 mm D
mm2
F 10:500:000 N D 10;5 MN
Bei geneigten Berührungsflächen hingegen wird die Flächenpressung mithilfe der pro-
jizierten Fläche Aproj gemäß Abb. 2.24b berechnet.
Aproj
F
Ø 20
Beispiel 2.9 Mit welcher Kraft F darf ein Kegelstift gemäß Abb. 2.25 gezogen werden,
wenn die zulässige Flächenpressung 60 N/mm2 nicht überschreiten soll?
F
pD
Aproj
2 N 2
F D pzul Aproj D pzul D d 2 D 60 40 202 mm2
4 mm2
F D 56:548;66 N 56;55 kN
p
p p
60 2 Einfache Beanspruchungen
a F b F
d
pmax
b p
Aproj
d
Abb. 2.27 Flächenpressung an gewölbten Berührungsflächen (Gleitlagerzapfen). a Verteilung der
Pressung am Umfang, b auf die Projektionsfläche bezogene mittlere Flächenpressung
Durch entsprechend niedrigere Werte für pNzul wird berücksichtigt, dass die örtliche
Flächenpressung viel höher ist. pN und pNzul sind wichtige Größen z. B. bei der Gleitla-
gerberechnung. Bei Passschrauben, Stiften, Bolzen und Nieten, die durch eine Kraft F
beansprucht werden, spricht man vom Lochleibungsdruck oder von der Lochleibung pl
(Abb. 2.28).
F
Lochleibungsdruck oder Lochleibung pl D (2.19)
d s
mit d = Bohrungsdurchmesser und s = Blechdicke.
F
pl D mit Aproj D d l oder d s (2.20)
d l
Die genaue analytische Formel zur Flächenpressung kann mit der Hertz’schen1 Theorie
ermittelt werden.
Beispiel 2.10 Wie groß ist der Lochleibungsdruck bei einer Nietverbindung mit 9 Nieten
(Abb. 2.29)? F = 40 kN
Lösung
Aproj D d s D 12 mm 10 mm D 120 mm2
F 40:000 N N
pl D D D 37
n Aproj 9 120 mm2 mm2
1
Heinrich Hertz (1857–1894), deutscher Physiker.
2.1 Zug- und Druckbeanspruchung 61
l A A
d
d
s
pl
A-A
12
120 15
10
F F
Der Lochleibungsdruck in den Löchern des mittleren Bleches bzw. an den mittleren
Abschnitten der Niete ist am höchsten. Gefährdet ist der schwächere Partner der Verbin-
dung: Man muss pl für Niet und Blech prüfen.
σt
p
σt
b
σt σt
p l
p·A
σa
s s
d
Aproj = d·l
p l
P
Aus dem Kräftegleichgewicht Fz D 0 (Abb. 2.31) )
2 t AW D 2 t l s D p d l )
pd pr
t D D (2.21)
2s s
Wie Abb. 2.30b und 2.32 zu entnehmen ist, sind auch in senkrechten Schnitten zur
Achse Spannungen vorhanden.
Kräftegleichgewicht:
d2
a AS D p A D a d s D p )
4
pd pr
a D D (2.22)
4s 2s
Bei Betrachtung der Gln. 2.21 und 2.22 ist erkennbar, dass die Tangentialspannung
doppelt so groß ist wie die Axialspannung. Daher platzen Systeme, die unter Innen-
druck stehen (Behälter, Rohrleitungen, Würstchen), bei Überlastung der Länge nach auf
(Abb. 2.33 und 2.34).
2.1 Zug- und Druckbeanspruchung 63
σa
p·A
F=
AS
s
p d
σ
d
B B
A Schnitt A - A
d
σ
s
Schnitt B - B
64 2 Einfache Beanspruchungen
Die Gln. 2.21 und 2.22 werden auch als Kesselformel bezeichnet. Bei unter Innendruck
stehenden kugelförmigen Behältern ist die Spannung im Blech (Abb. 2.35) überall gleich:
Es gilt Gl. 2.22; d. h. gegenüber einem zylindrischen Behälter kann die Wandstärke bei
gleichem Innendruck halbiert werden. Man verwendet die Gl. 2.21 auch zur Berechnung
von Schrumpfspannungen, z. B. bei Presssitzen von Welle und Nabe.
Beispiel 2.11 Auf einen Radkörper vom Durchmesser 850 mm soll ein Radreifen
von 75 mm Dicke warm aufgezogen werden (Abb. 2.36). Der Radreifen aus Stahl mit
E = 2,1 105 N/mm2 wird bei der Fertigung auf 849,2 mm Innendurchmesser ausgedreht.
Wie groß ist die Spannung im Radreifen durch das Warmaufziehen und welche Pres-
sung stellt sich ein?
Annahme: Die Radscheibe ist starr, d. h. der Durchmesser der Radscheibe bleibt beim
Aufziehen des Radreifens unverändert.
Lösung
l
DE "DE I hier: l D di ) l D .d di /
l
.d di / .d di / d
DE DE DE
di di di
N .850 849;2/ mm N 0;8 N
D 2;1 105 2
D 2;1 105 2
D 197;8
mm 849;2 mm mm 849;2 mm2
pi d 2 s 2 197;8 N 75 mm N
D ) pi D D 35
2s d mm2 850 mm mm2
75
Radscheibe
Ø 850
2.1 Zug- und Druckbeanspruchung 65
s
Druckbehälter
s2
r2
d
r1 p
s1
Beispiel 2.12 Ein zylindrischer Druckbehälter (Abb. 2.37) wird für die Druckluftver-
sorgung eines Betriebes eingesetzt. Die Behälterböden sind kugelförmig ausgeführt. Der
Betriebsdruck schwankt zwischen 6 und 8 bar.
Gegeben: d = 3000 mm; l = 5000 mm; s = s2 ; E = 2,1 105 N/mm2 ; zul = 120 N/mm2 .
Zu ermitteln sind:
a) die Wanddicken s und s1 und der Radius r2 bei einer 1,5-fachen Sicherheit,
b) die Spannungen in den einzelnen Druckbehälterteilen.
pd pr
t D D .Zylinder)
2s s
p d1 p r1 pr
a1 D D D .linker Boden mit r D r1 /
4 s1 2 s1 2 s1
p d2 p r2 p r2
a2 D D D .rechter Boden mit s D s2 /
4 s2 2 s2 2s
pr
b) t D s
D 0;8 N1500 mm
mm2 15 mm
D 80 mm
N
2
Beispiel 2.13 Ein Gasversorger plant einen Vorratsbehälter für Erdgas, der bei 10 bar
Betriebsdruck ein Volumen V = 30.000 m3 fassen kann.
Wie hoch sind die Materialkosten bei der Auslegung als Kugelbehälter mit dKugel =
38,55 m oder alternativ als zylindrischer Behälter mit dZyl = 25 m, einer Länge des zylin-
drischen Teils von l = 44,5 m und halbkugelförmigen Böden?
d3 4
VKugel D D r3
6 3
1 N 12:500 mm mm2
serf D D 50 mm
mm2 250 N
2.1 Zug- und Druckbeanspruchung 67
Für den Kugelbehälter gilt die günstigere Spannung in den Quernähten nach Gl. 2.22:
Die Stahlmasse der beiden Behälter ergibt sich mit = 7,85 t/m3 zu:
mZyl D 2142;5 t
mKugel D 1466 t
Bei den genannten Kosten von K Stahl = 1450 C/t betragen die Halbzeugkosten:
KZyl 3.106.625
KKugel 2:125:700
Selbst wenn man beim Kugelbehälter einen Verschnitt beim Zuschneiden der Man-
telbleche von 20 % ansetzt, liegen die Kosten mit
KKugel 2.550.840
a b F = m·rS ·ω2
ω=2·π·n ω
=
2·π
·n
r rs
Fi=σ·A Fi=σ·A
di
D r 2 !2 (2.23)
Mit der Umfangsgeschwindigkeit v = r ! wird aus der vorstehenden Beziehung:
D v2 (2.24)
In einem frei rotierenden Ring darf die maximale Spannung zul D RSBm nicht überschrit-
ten werden. Setzt man diese Beziehung in Gl. 2.24 ein, so kann die Grenzgeschwindigkeit
v Grenz ermittelt werden: s
r
zul Rm
vGrenz D D (2.25)
SB
2.2 Biegebeanspruchung 69
Für den Fall des Reißens gilt SB = 1, dann wird Gl. 2.26:
q
Rm
nR D (2.27)
2 r
Beispiel 2.14 Ein dünnwandiger Stahlring mit dem Radius r = 250 mm und einer Zugfes-
tigkeit Rm = 570 N/mm2 rotiert frei. Bei welcher Drehzahl reißt der Ring ( = 7,85 kg/dm3 )?
Lösung
Zerreißen: SB D 1 !
r
q q 570 N dm3 kg m 106 mm3 103 mm
Rm Rm
SB mm2 7;85 kg s2 N dm3 m
nR D D D
2 r 2 r 2 250 mm
1 1
D 171;55 s ¶ 10:293 min
2.2 Biegebeanspruchung
h
b M M Momenten an den Balkenenden belastet
) Deformation.
a c Die Momente werden durch je ein Kräf-
a F F tepaar der Größe F a ersetzt.
c d Belastung einer Radsatzachse (F D O
Lager- bzw. Radaufstandskraft).
F F Zwischen Rad und Lager erfolgt eine
d Querbeanspruchung durch die Kräfte F.
F F
Es handelt sich um eine zusammenge-
setzte Beanspruchung aus Querkraft und
Biegung
F F
Biege- Ein Balken auf zwei Stützen wird durch
l F
moment in eine mittig angreifende Kraft F belastet.
h
F/2 F/2
l/2 l/2
mit Einzel-
last eine entgegengesetzt gerichtete Kraft F
als Reaktionskraft auf
F
M = Mb = F·l
F
2.2 Biegebeanspruchung 71
F F
z F z
F
z
z
y y
y y y y
y y
z
z
z
z
Annahmen bei der Herleitung der Beziehung für Biegespannung und -verformung
Die weiteren Betrachtungen für die Biegung von Balken/Trägern erfolgen unter folgenden
Annahmen:
1. Der Balken ist unbelastet gerade und besitzt einen konstanten Querschnitt A = b h.
2. Die Querschnittsabmessungen (Breite b und insbesondere Höhe h) sind klein gegen-
über der Balkenlänge (h l).
3. Die äußere Belastung erfolgt in der Symmetrieebene der Querschnitte, d. h. „Gerade
Biegung“ (Abb. 2.39). Eine gerade Biegung liegt vor, wenn die Belastung symmetrisch
zur Querschnittsebene erfolgt (Abb. 2.39).
4. Es treten nur kleine Deformationen auf; der Angriff der Belastungen erfolgt am unver-
formten Balken.
5. Die Deformation des Balkens wird durch die Biegelinie der Balkenachse beschrieben
(Biegelinie oder elastische Linie = Krümmungsradius der deformierbaren Balkenach-
se, s. Abschn. 4.1).
6. Die Querschnittsebenen sind vor und nach der Deformation eben, d. h. keine Quer-
schnittsverwölbung (Abb. 2.40).
7. Für den Balkenwerkstoff gilt das Hooke’sche Gesetz; die E-Module für Zug und Druck
sind gleich.
s
σ innere Faser σ
d
Querschnitt
d
gestaucht σ gewölbt
σ Streckung
z
A F B
x
z
FA FB
Im Gegensatz zur vorstehenden Annahme 6 wölbt sich als Folge der plastischen
Verformung der Querschnitt beim Biegeumformen wie in Abb. 2.40 dargestellt, da der
Hooke’sche Bereich nicht mehr gültig ist (Plastizitätstheorie).
I Die z-Achse in Richtung der Durchbiegung ist positiv. Ein Moment, das auf der
positiven Seite der z-Achse eine Zugspannung hervorruft, ist positiv (Abb. 2.42).
z
Fq Fq
2.2 Biegebeanspruchung 73
I Mb Mb II
FA FB
x x
z z
Mb Mb
FA·x FB·x
x x
Fläche FA ·x
Fq Fq
FA Fläche FB ·x
x
FB
- FB
ab
) Mb D F (2.28)
l
ql ql
FA D I FB D
2 2
74 2 Einfache Beanspruchungen
x
Fq
FA F
FB x
q· l 2
M ( x) = q (l·x – x 2 ) Mb =
b 2 max 8
Biegemomentenverlauf
q·l
q·x Fq
I Mb
x/2 FA FB
FA
x
X
FI D 0 D FA C p x C Fq
Fq D FA q x
q
Fq D .l 2x/
2
Das maximale Biegemoment tritt bei l / 2 auf:
l q l l2 q l2
Mb x D D Mbmax D l D
2 2 2 4 8
l q l
Fq x D D l 2 D0
2 2 2
x
l/2
Fq
FA
x
FB
76 2 Einfache Beanspruchungen
Einzellast F : Streckenlast q:
Mb = bl x F Mb = p2 l x x 2
Fq = bl F Fq = q2 .l 2x/
Mb d Mb
Fq D lim ) Mb0 D ) die Querkraft Fq ist die Ableitung des Biegemomentes.
x!0 x dx
X dx
MI D 0 D .Mb C d Mb / Mb Fq C d Fq dx q dx D0
2
q
d Mb Fq dx d Fq dx .dx/2 D 0
2
x dx
FA z FB
dx
q·dx
Fq Fq + dFq
I
Mb + dMb
Mb
2.2 Biegebeanspruchung 77
Beispiel 2.15 Wir kommen zurück auf Finn Niklas’ Dreirad aus Beispiel 2.2. Abb. 2.49
stellt die Seitenansicht von rechts des freigemachten Rahmens von der rechten Seite dar;
unten ist der Rahmen ohne Gabel dargestellt, wobei das Versatzmoment M bv am vorderen
Rahmenende eingetragen ist.
Im Maschinenbau ist es üblich, das Eigengewicht der Bauteile zu vernachlässigen, da
die aus Eigengewicht resultierenden Kräfte meist gegenüber den äußeren Kräften gering
sind. Mit den aus der Statik bekannten Methoden ermitteln wir nun die Auflagerkräfte, die
l1 l2
z FF l3
y x
Fh Fv
FF
M bv
Fv
Fh
M bv
M bmax
Fh
FF
Fv
Abb. 2.50 Momenten- und Querkraftverlauf über dem Längsrohr des Dreiradrahmens
Mit den Abmessungen des Dreirads l1 = 450 mm, l2 = 1150 mm und l3 = 300 mm er-
halten wir für die Hinterachslast F h = 395,3 N und für die Vorderradlast F v = 154,7 N.
Für die Berechnung der Beanspruchungsgrößen des Rahmens ist es sinnvoll, das vor-
dere Rahmenende ohne die Gabel zu betrachten. Am vorderen Rahmenende wirkt dann
die Vorderradlast F v = 154,7 N und ein Versatzmoment M bv = F v l3 = 46.410 Nmm, siehe
Abb. 2.50 unten. Abb. 2.51 zeigt den Querkraft- und den Momentenverlauf über dem Rah-
menrohr von der rechten Seite aus gesehen. Für das maximale Biegemoment erhält man
M bmax = F h l1 = 177.885 Nmm. Die größte Querkraft tritt am Sitzbefestigungspunkt mit
F qmax = F F = 550 N auf.
Als Nächstes betrachten wir jetzt das Dreirad von hinten, um die Radaufstandskräfte an
der Hinterachse sowie den Biegemomenten- und den Querkraftverlauf über dem Querrohr
des Rahmens zu ermitteln, Abb. 2.51.
Aus Symmetriegründen ist F hl = F hr = F h / 2 = 197,7 N. Das größte Biegemoment tritt in
Rahmenmitte auf. Mit b / 2 = 350 mm ergibt es sich zu M bmax = 69.195 Nmm. Die größte
Querkraft an derselben Stelle beträgt F qmax = F h = 395,3 N. Mit diesen Belastungen des
Dreiradrahmens werden wir nun in den folgenden Kapiteln die Festigkeit und in Kap. 4
auch die Steifigkeit bzw. die Verformungen des Rahmens ermitteln.
2.2 Biegebeanspruchung 79
Fh
b/2 b/2
Mb
F hl
F hl F hr
z
Fq F hr
x y
Abb. 2.51 Dreiradrahmen von hinten: angreifende Kräfte, Momenten- und Querkraftverlauf
Ansatz: Wenn sich der gesamte Balken im Gleichgewicht befindet, dann befinden sich
auch seine Teilabschnitte im Gleichgewicht (s. Abschn. 1.3)!
Gesucht werden die Kräfte und Momente im Schnitt an der Stelle „a“ im Abstand x
vom Lager A.
Bedingung für den linken Teilabschnitt: † F iz = 0:
Damit Gleichgewicht herrscht, muss eine Kraft vorhanden sein, die der Auflagerkraft
F A entgegengerichtet ist; es ist die Querkraft F q = F A . Die Querkraft F q bewirkt ein Ver-
schieben der einzelnen Querschnitte gegeneinander. Die Querkraft F q und die Auflager-
A B
Mb F
FA Mb = F·x
Mb
Fq Fq FB
Fi
e
h
FA x Fi
80 2 Einfache Beanspruchungen
h
M Mb = M
Mb M
Fi
M
e
Fi
h
kraft F A bilden ein Kräftepaar. Aus dem Momentengleichgewicht (†M i = 0) folgt die
Forderung nach einem gleich großen Biegemoment der Größe M b = F A x.
M b wird durch ein inneres Kräftepaar ersetzt, d. h. M b = F i e = F A x.
Erkenntnis
Infolge des Kräftepaares F i tritt im oberen Bereich eine Druckkraft (führt zu einer
Druckspannung d ) und im unteren Bereich eine Zugkraft auf (ergibt eine Zugspan-
nung z , Abb. 2.52 unten).
Wenn l h (und „a“ nicht zu nah am Lager), ist der Abstand e viel kleiner als x und
damit F i F A = F q , d. h. die innen wirkende Kraft F i ist viel größer als die Querkraft
und die Biegebeanspruchung ist viel größer als die Schubbeanspruchung.
Am rechten Schnittufer wirken die gleiche Querkraft und das gleiche Biegemoment wie
am linken Schnittufer nur mit anderem Vorzeichen, es ist die Bedingung „actio = reactio“
erfüllt.
Im Fall der reinen Biegung (Abb. 2.53) wird der Balken nur durch Momente auf Bie-
gung beansprucht (F q = 0).
In jedem beliebigen Schnitt treten nur zwei gleich große Kräfte auf, die Zug- und
Druckbeanspruchung verursachen, und damit positive oder negative Normalspannungen.
Von Interesse sind die Größe und die Verteilung dieser Normalspannungen.
Für die weitere Betrachtung gehen wir von folgender Modellvorstellung aus: Der Teil-
abschnitt des Balkens wird mit einem Raster versehen (Abb. 2.54).
Reine Biegung durch angreifende Momente (Abb. 2.54):
F C
A B
E E' D D'
M F = F' C = C' M
A A' B B'
Bei Werkstoffen, die dem Hooke’schen Gesetz folgen ( "), nimmt die Spannung
von der neutraler Faser ausgehend linear nach außen zu, d. h. die maximale Zug- bzw.
Druckspannung tritt in der jeweiligen Außenfaser auf (Abb. 2.55).
Gesucht sind bei gegebenem M b die maximalen Spannungen z max = ? und d max = ?
Wir betrachten einen Balken mit Rechteckquerschnitt der Höhe h und Breite b. Mit der
Annahme, dass Symmetrie herrscht und dass die neutrale Faser durch den Flächenschwer-
punkt S geht, gilt: z max = d max D
O max (Abb. 2.55).
Die Kraft F i entspricht der resultierenden Kraft der durch die Spannung verursachten
Flächenbelastung je Querschnittshälfte. Es gilt:
Z Z Zh=2
h
F D AD dA D b dh D b dh D b und somit
2
0
1 h
Fi D max b (2.29)
2 2
Neutrale Faser
σ z max
82 2 Einfache Beanspruchungen
σmax
z z
3 2
1 h
·
Fi y
y
2
h
e
S
Mb
Fi
2
h
3 2
1 h
·
σmax
Abb. 2.56 Spannungsverteilung und innere Kräfte bei Biegung eines Balkens mit rechteckigem
Querschnitt
32
1∙ h
dA
Fi y
2
h
2
e
dz
S
b
Die Lage von F i (d. h. die Wirklinie) geht durch den Flächenschwerpunkt der dreieck-
förmigen Streckenlast im Abstand 13 h2 von der Außenfaser (Abb. 2.56 und 2.57).
Dreiecksfläche:
Z Zh=2 Zh=2
max max
Fi D dA D b z dz D b z dz D
h=2 h=2
0 0
1 h h=2 max
Fi D max b mit z D ) D z
2 2 max h=2
e h 1h h
D D
2 2 32 3
2.2 Biegebeanspruchung 83
h
h
b
m m
Abb. 2.58 Einfluss der Balkenhöhe auf die Steifigkeit eines Balkens
1h 2
e Dh2 D h (2.30)
32 3
1 h 2 b h2
Mb D Mi D Fi e D
O max b h ) Mb D max (2.31)
2 2 3 6
Der Term b h2 / 6 ist ein Maß für den Widerstand, den ein Balken mit rechtecki-
gem Querschnitt einer Biegebeanspruchung entgegensetzt, man nennt ihn auch das Wi-
derstandsmoment W des Rechteckquerschnittes. Die Einheit des Widerstandsmomentes
wird in cm3 angegeben. Das Widerstandsmoment W ist proportional zur Breite b, aber
proportional zum Quadrat der Höhe h2 des Querschnitts. Am Beispiel eines Holzbret-
tes (Abb. 2.58) soll der Begriff des Widerstandsmomentes verdeutlicht werden. Liegt das
Brett flach auf, dann biegt es sich bei Belastung durch (biegeweich), steht das Brett hoch-
kant, dann tritt keine sichtbare Durchbiegung auf (biegesteif).
a b z
z
y
ebene
S
tungs
Balk y
enac S
Belas
h se
er
e Fas
tral
neu x
z
zmax
y
S
Mby
z dFi = σ·dA
dA
R
zdA D 0 bedeutet, dass die Koordinatenachse durch den Flächenschwerpunkt geht.
Damit ist der Beweis erbracht, dass die neutrale Faser im Schwerpunkt der Querschnitts-
fläche liegt (Abb. 2.59a).
Bezüglich der neutralen Faser gilt:
d My D z d Fi D
O z dA
Z Z Z
z2
Mby D d My D z dA ) Mb D max dA
zmax
Der Wert in eckigen Klammern ist das Widerstandsmoment W eines beliebigen Quer-
schnittes bei einer Belastung um die y-Achse (Biegemoment um die y-Achse):
R
z 2 dA
Wy D (2.34)
zmax
Iy Iz
Wy D und Wz D (2.36)
zmax ymax
Mb
D z D z (2.37)
Iy
Mb Mb
max D zmax D
O (2.38)
Iy Wy
Nachfolgend wird die maximale Spannung in der Außenfaser mit bmax bezeichnet
(mit b für Biegung) und Index „max“ für die Biegespannung im höchst beanspruchten
Querschnitt des Balkens (bei M bmax ).
Allgemein lautet die Grundgleichung/Hauptgleichung der Biegung:
Mb
b D (2.39)
Wb
mit Wb D I
emax
und M b : Biegemoment im untersuchten Querschnitt und emax = zmax .
z z
Mbz
σd σd
ma ma
x x
y y
Mby
σz x σz x
ma ma
x x
Abb. 2.60 Biegemoment und Spannungsverteilung in Abhängigkeit der Drehachsen der Biegemo-
mente
86 2 Einfache Beanspruchungen
Biegung
σ bdmax
Mb Neutrale Faser
Mb
σbzmax
• Lineare Spannungsverteilung
• Größte Biegespannung σ b max in der von der neutralen Faser am weitest
entfernten Randfaser (Zug und Druck) => Werkstoffteilchen erfahren hier die
größte Beanspruchung.
• Keine Beanspruchung des Teilchenverbundes in der neutralen Faser =>
schlechte Werkstoffausnutzung.
• Querschnitt möglichst so gestalten, dass Teilchen im beanspruchten Teil liegen
und nicht im Bereich der neutralen Faser.
I Das (axiale) Flächenmoment 2. Grades kann auch als ein Maß für die Steifigkeit eines
Querschnitts gegen Biegung aufgefasst werden.
Beispiel 2.16 Ein Doppel-T-Träger aus Stahl (Abb. 2.62), der außen gelagert ist, wird mit
einer Masse von 1000 kg mittig belastet. Es kann ein Träger aus S235JR oder ein Träger
höherer Festigkeit aus S355JR eingesetzt werden. Welcher Träger ist günstiger, wenn die
auftretende Biegespannung die zulässige Spannung nicht überschreiten soll?
Gegeben:
l = 3 m; Smin = 1,5
S235JR: Re = 235 N/mm2
S355JR: Re = 355 N/mm2
y y
2.2 Biegebeanspruchung 87
Lösung
Es zeigt sich, dass der Träger aus S355JR aufgrund seiner höheren Streckgrenze einen
kleineren Querschnitt erfordert, der dazu führt, dass er trotz höherer Kosten C/t die güns-
tigere Variante darstellt.
Der Begriff des Momentes als Produkt F a ist aus der Statik bekannt. Analog zu diesem
Moment wird das Flächenmoment als Produkt Fläche mal Abstand von einem Bezugs-
punkt oder einer Bezugsachse gebildet. Man geht dabei folgendermaßen vor: Teilt man
eine Fläche A in kleine Flächenelemente dA auf und multipliziert jedes Flächenele-
ment dA mit dem Abstand y bzw. z (bzw. dem Quadrat des Abstandes) von der Koor-
dinatenachse der Fläche A und addiert sämtliche Produkte über die gesamte Fläche A,
dann erhält man die Flächenmomente (Abb. 2.63). Diese Größen treten in Form von
Integralen auf.
Die Flächenmomente 1. Grades oder statischen (linearen) Flächenmomente lassen
sich wie folgt berechnen:
Z Z
Hy D zdA und Hz D ydA: (2.40)
A A
dA
A
z
S y
d. h. Flächenmomente erster Ordnung bezogen auf die Achsen durch den Schwer-
punkt S (Schwerpunktachsen) einer Fläche A sind stets Null.
Flächenmomente erster Ordnung werden bei der Berechnung von Schubspannungen
infolge von Querkräften (Abschn. 2.3.3 und 2.3.4) benötigt.
Für die Koordinaten des Schwerpunkts gilt (Abb. 2.64):
Z Z
1 1
yS D ydA und zS D zdA (2.41)
A A
1 X 1 X
n n
yS D .yi Ai / und zS D .zi Ai / (2.42)
Ages i D1 Ages i D1
r A (=Ages)
z
S
ys
zs
0 y
2.2 Biegebeanspruchung 89
Z
Iz D y 2 dA bezogen auf die z-Achse (2.44)
sind stets positiv. Ihre Größe hängt von den betrachteten Achsen ab. Sie sind ein Maß
für die Steifigkeit eines Querschnitts und kommen als Rechengröße bei der Ermittlung
von Spannungen infolge von Biegung (Abschn. 2.2), Torsion (Abschn. 2.4) und bei der
Untersuchung der Stabilität bezüglich Knicken (Kap. 5), Kippen, Beulen usw. vor. Die
Flächenmomente 2. Grades werden in Anlehnung an die Massenträgheitsmomente auch
als Flächenträgheitsmomente bezeichnet, obwohl Flächen in diesem Sinn keine Trägheit
besitzen.
Eine Integration ist möglich, wenn die Fläche A von einfach erfassbaren mathemati-
schen Funktionen begrenzt ist. Ansonsten erfolgt eine Näherungslösung durch Summati-
on, ausgehend von Flächenstreifen parallel zur betrachteten Achse. Statt der Integration
wird eine Summenbildung vorgenommen:
X
n X
n
Iy D zi 2 Ai und Iz D yi 2 Ai (2.45)
i D1 i D1
Am Beispiel des Rechtecks, Dreiecks und des Vollkreises bzw. der Kreisringfläche werden
die Flächenmomente 2. Grades hergeleitet.
Z
Iy D z 2 dA mit dA D b dz
3
Iy D bh
12
= Flächenmoment 2. Grades.
Für das Widerstandsmoment gilt:
Iy b h2
Wy D D
h=2 6
90 2 Einfache Beanspruchungen
dz
dA
z
h
y
b3 h Iz b2 h
Iz D und Wz D D
12 b=2 6
Für die Flächenmomente des Rechteckquerschnitts bezogen auf die Achsen gilt:
b h3 b3 h
Iy D und Iz D (2.46)
12 12
Iy b h2 Iz b2 h
Wy D D und Wz D D (2.47)
h=2 6 b=2 6
dA D y dz
Z Z
Iy D z 2 dA D z 2 y dz
Die Breite y des Flächenelementes in Abhängigkeit von z können wir aus der Gleichung
der Hypotenuse des Dreiecks im y-z-Koordinatensystem (Geradengleichung) berechnen:
h z
z D y C h und y D b 1
b h
Zh 3 ˇh
z z z4 ˇ
Iy D b z 2 1 dz D b ˇ
h 3 4h ˇ
0
0
b h3
Iy D (2.48)
12
2.2 Biegebeanspruchung 91
dz
h
z
y y
Zu beachten ist, dass diese Gleichung bezogen auf die Grundseite des Dreiecks (y-
Achse) gilt. Dies entspricht dem I AB in Tab. 2.3, Zeile 1.
Für den Kreis gilt: y2 + z2 = r2 . Gemäß Abb. 2.67 ist dAR= r dr d'. R
Für die axialen Flächenmomente gilt allgemein: Iy D z 2 dA und Iz D y 2 dA.
Addieren wir die beiden axialen Flächenmomente I y und I z , dann erhält man
Z Z
Iy C Iz D z 2 C y 2 dA mit y 2 C z 2 D r 2 ) r 2 dA:
Zr Z' Z2
1 1 4
2 Ia D r dr d' D r 4
3
d' D r 'j2
0
4 4
0 0 0
4
2 Ia D r 4 ) Ia D Iy D Iz D r
2 4
4
2 Ia D Ip D r
2
d 4
rD ) Ip D d
2 32
4
Iy D Iz D d (2.49)
64
92 2 Einfache Beanspruchungen
r
dφ
dr
y
Die axialen Flächenmomente für den Vollkreis- und den Kreisringquerschnitt (ohne
Herleitung) lauten:
4
Vollkreis: Ia D d (2.50)
64
4
Kreisring: Ia D D d4 (2.51)
64
S 12 12
y y
e2
A b B
bh3 bh2
2 z eD h
2 Iy D 12 Wy D 6
hb3 hb2
Iz D 12 Wz D 6
S
y y
h
z
b
2.2 Biegebeanspruchung 93
e2
z
D e2 D pa2 WD D a12 2
S e1
a
y y
D z
a
Iy D b H 12h h
3 3 3 3
4 z e1 D H
2
Wy D b H6H
H
h
y
S y
z
b
5 z
eD d
2
Iy D Iz D Id D 4
64
d Wy D 32 d D
3
0;1 d 3
S
y y
z
d
6 eD D
2
Iy D Iz Wy D Wz
d
z
D 64
D4 d 4 D 32 D4 d 4
D
D d = 2 s, d. h. kleine Wandstärke
S Iy D 8 Dm3
s Wy D 4 Dm 2
s
y y
z
D
Iy
7 z e1 D r e2 Iy D 0;00686 d 4 Wy D e1
D 0;288 d IAB D Iz D 128
d4
e2 D 3
4 r
e1
y S y
D 0;212 d
e2
A B
z
94 2 Einfache Beanspruchungen
a
S
y y 0;1 H B 2
H
z
b
B
9 z eD H
2
Iy D
32
s H 2 .3B C H / Wy D 16
s
s Iz D
32
s B 2 .3H C B/ H .3B C H /
S Wz D 16
s
y y B .3H C B/
H
B
p
10 e D 1 R Iy D 516 3 R4 Wy D 5
R3
z p 2 8
3 D 0;5413 R4
D 0;866 R
e
S
R
y y
R
p p
11 z e1 D R Iy D 516 3 R4 Wy D 516 3 R3
D 0;5413 R4 D 0;5413 R3
R
R
S
y y
R
z
h3
Iy
12 a e1 D Iy D 36
a C b C aCb
2ab
W1 D e1
h.aC2b/
h3 Iy
D z C 3.aCb/ IAB D 12 .3a C b/ W2 D e2
e2 D 3
h.2aCb/ ICD D h12 .a C 3b/
e1
S 3.aCb/
y y
e2
A b z B
2.2 Biegebeanspruchung 95
Gegeben sei eine Fläche A mit dem ursprünglichen Koordinatensystem und den Schwer-
punktkoordinaten yS und zS . Eingeführt wird ein zweites Koordinatensystem mit den
Achsen yN und z,
N die parallel zu y und z liegen. Der Ursprung dieses neuen Koordinaten-
systems wird in den Schwerpunkt S der Fläche A gelegt. Gesucht wird der Zusammenhang
zwischen den Flächenmomenten (Abb. 2.68) IyN , IzNRsowie I y und I z . R
Ausgehend von den Flächenmomenten Iy D z 2 dA und Iz D y 2 dA sowie den
Koordinaten
dA
A
z
z S
ys zs y
0 y
2
Jakob Steiner (1796–1863), Schweizer Geometer.
96 2 Einfache Beanspruchungen
I D IS C s 2 A (2.53)
Das axiale Flächenmoment 2. Grades (I) bezogen auf eine beliebige Achse (y; z) ist
gleich dem Flächenmoment 2. Grades (I S ) in Bezug auf die parallele Schwerpunktachse
plus dem Produkt aus Quadrat des Achsenabstandes (yS 2 ; zS 2 ) multipliziert mit der Fläche
A.
Dieser Satz gilt nicht für beliebige Achsen, sondern nur in Verbindung mit den Schwer-
punktachsen, da nur in diesem Fall die statischen Flächenmomente (H y ; H z ) null sind.
s2 und A sind stets positiv. Daher ist auch immer I größer als I S . Die Flächenmomente
2. Grades um die Schwerpunktachsen sind somit immer die minimalen Flächenmomente.
Beispiel 2.17 Gesucht ist das Flächenmoment 2. Grades IyN bezogen auf die Schwerpunkt-
achse des Dreieckquerschnitts.
Gegeben:
b h3 h bh
Iy D I zS D und A D
12 3 2
Iy D IyN C zS 2 A ) IyN D Iy zS 2 A
2
b h3 h bh b h3 b h3
IyN D D
12 3 2 12 18
bh 3
D mit yN als Schwerpunktachse.
36
Eine Umrechnung des Flächenmomentes von einer beliebigen Achse 1 in Abb. 2.69 auf
eine zweite Achse, die nicht Schwerpunktachse ist, ist mit dem Steiner’schen Satz direkt
nicht möglich, sondern kann nur über die Schwerpunktachse vorgenommen werden.
2.2 Biegebeanspruchung 97
X
n X
n
Iy ges D Iyi und Izges D Izi (2.54)
i D1 i D1
Zu beachten ist, dass die einzelnen Iyi und Izi auch negativ sein können.
1 X 1 X
n n
yS D .yi Ai / und zS D .zi Ai /
Ages i D1 Ages i D1
4. Ermittlung des Gesamtflächenmoments I ges bezogen auf die jeweilige Achse (y oder
z) mithilfe des Steiner’schen Satzes:
X
n
Iges D ISi + si2 Ai
i D1
S2
Sges 2
yS
3
S3
a z b z c z
S2
zS2
y y y y y y
S1
zS3
S3 S1 S2
S3
z z z
Biegeachse
S3 S3
h (80)
B
y y
y
Mby
b (50)
x
σzm 3 3 3
ax I y = b· h - d · h = h (b - d ) = 128 cm 4
12 12 12
I I 2
W y = e y = y = h (b - d ) = 32 cm 3
max h 6
2
z Schnitt C - C
σd
ma
x
C
y y
d
h
y
C Mby
b
x
σz 3 3
I y = b∙h - b ∙d = b (h3 - d 3) = 210 cm 4
ma
x 12 12 12
I I
W y = e y = y = b (h3 - d 3) = 52,5 cm 3
max h 6h
2
z
Schnitt C - C
Mbz
σd
ma
x
C
y y
d
y
C
x b
3 3 3
I z = b ∙ h - b ∙ d = b (h - d ) ≈ 62 ,5 cm 4
σz 12 12 12
ma I I 2
x Wz = e y = y = b (h - d) ≈ 25 cm 3
max b 6h
2
100 2 Einfache Beanspruchungen
Flächenmoment 2. Grades
zusammengesetzter Querschnitte
2.2 Biegebeanspruchung 101
h
H
y
y
Beispiel 2.18 Zu ermitteln sind das Gesamtflächen- und das Widerstandmoment für ein
ausgespartes Rechteck (Abb. 2.75).
B H3 b h3
Iy 1 D I Iy2 D
12 12
Iy D Iyges D Iy1 Iy2
B H 3 b h3
Iy D
12
Iy B H 3 b h3
Wy D H D
2
6H
Beispiel 2.19 Es werden nun das Flächen- und das Widerstandsmoment des Rahmens aus
Vierkantrohr 50 × 20 × 2 (Abb. 2.76) von Finn Niklas’ Dreirad berechnet.
Iy D Iaußen Iinnen D
B H 3 b h3 20 503 16 463
D D mm4
12 12
Iy D 78:552 mm4
B 3 H b3 h 203 50 163 46
Iz D D mm4
12 12
D 17:632 mm4
Iy 78:552 mm4
Wy D D D 3142 mm3
emax 25 mm
Iz 17:632 mm4
Wz D D D 1763 mm3
emax 10 mm
102 2 Einfache Beanspruchungen
50
y y
z
20
Gemäß der Definition des Flächenmomentes 2. Grades ist nur der senkrechte Abstand
der einzelnen Teilflächen von der Bezugsachse (unabhängig vom Vorzeichen) von Bedeu-
tung, d. h.:
Beim Umklappen und Verschieben bzw. Umgruppierungen von Teilflächen ist die vor-
gegebene Fläche aus möglichst wenigen Grundfiguren aufzubauen (Abb. 2.77 und 2.78).
1 z z
2
y
y y y
y = = 1 - 2 y y = =
3 z z
I = I = I
1 z z
2 y y y
y = 1 - 2 y y = =
3
z z
Abb. 2.77 Ermittlung von Flächenmomenten 2. Grades durch Umgruppieren von Teilflächen
2.2 Biegebeanspruchung 103
= + z z
z
y y
=y y
– y y
I = I1 + I2
z
z z
I = I1 – I2
= + +
z z
z
I = I1 + 2I2
y y
= y y
– y y
z
z z
= + +
I = I1 – I2
I = I1 + I2 + I2
Beispiel 2.20 Ein quadratischer Plattenquerschnitt (Abb. 2.79) weist zwei Aussparungen
auf. Zu bestimmen sind die Flächenmomente bezüglich der Schwerpunktachsen y und z.
p
Radius der Bohrung: r D a=
a
z3
y y
z2
a
a
z a
104 2 Einfache Beanspruchungen
Lösung Der Schwerpunkt liegt in der Mitte der Fläche 1, da A2 = A3 ist und die beiden
Flächen symmetrisch zur y- bzw. z-Achse liegen.
Fläche 1: A1 = 4a 4a = 16a2
Fläche 2: A2 = a a = a2
Fläche 3: A3 D r 2 D pa 2 D a2
Schwerpunktabstand: z2 = z3 = a
Iy D Iz D I1 I2 C z2 2 A2 I3 C z3 2 A3
b h3 4a .4a/3 256 a4 b h3 a a3 a4
I1 D D D I I2 D D D I
12 12 12 12 12 12
r4 a4 a4
I3 D D D
4 4 2 4
256 a4 a4 a4
Iy D a2 a2 a2 a2
12
12 4
4 256 1 12 12 1 4 231 1
Iy D a Da D Iz
12 12 12 12 4 12 4
Zahlenwert: a = 10 mm
Iy D 191:704 mm4
Beispiel 2.21 Aus einem Baumstamm vom Durchmesser d (Abb. 2.80) soll ein Balken
mit rechteckigem Querschnitt und maximalen Flächenmoment 2. Grades gesägt werden.
Wie groß ist h zu wählen?
d 2 D h2 C b 2
p 1=2
h D d 2 b2 D d 2 b2
3=2
b h3 b d 2 b2
Iy D D
12 12
dI
I D Maximum ) D0
db
2.2 Biegebeanspruchung 105
h
d
b
.u v/0 D u0 v C u v 0
3=2
u D bI v D d 2 b 2
3 1=2
u0 D 1I v 0 D d 2 b 2 .2b/
2
dI 3=2 3 1=2
D 0 D d 2 b2 C d 2 b2 .2b/ b
db 2
3=2 3 1=2
0 D d 2 b2 C d 2 b2 2b 2
2
3=2 1=2 2 1=2 1
) d 2 b2 D 3b 2 d 2 b 2 W d b2 ) d 2 b 2 D 3b 2
1
d 2 D 3b 2 C b 2 D 4b 2 ) b D d
2
s
p 2 r
d 3 2 dp
hD d b D d
2 2 2 D d D 3
2 4 2
Beispiel 2.22 Für den dargestellten Biegeträger (Abb. 2.81) soll die größte auftretende
Spannung ermittelt werden.
Gesucht ist die maximale Spannung.
b
F
l/2 l/2 z
h
y
x
b
z 1
F S1
l/2 l/2
y
zS1
yS
zS2
emax = eu
Sges
F/2 F/2 S2
F l F l
Mb D D
2 2 4
Zunächst erfolgt die Berechnung des Flächenmomentes I y , dazu muss der Schwerpunkt
Sges der Gesamtfläche bestimmt werden (Abb. 2.82). Zu diesem Zweck legen wir das Ko-
ordinatensystem mit dem Ursprung in den Schwerpunkt S1 der Teilfläche 1 und berechnen
die Abstände von den Schwerpunktachsen yi und zi wie folgt:
i Ai zi zi Ai yi yi Ai
1 bh 0 0 0 0
2 hb 1/2(h + b) 1/2(h + b) h b 0 0
† 2bh – 1/2(h + b) h b – 0
1 X
2
1=2 .h C b/ h b 1
zS D .zi Ai / D D .h C b/
Ages i D1 2hb 4
1 X
2
yS D .yi Ai / D 0 .da S auf der Symmetrieachse liegt/
Ages i D1
2.2 Biegebeanspruchung 107
Mb Mb
b D D e
Wb Iy
h 1 1
emax D eu D b C h .b C h/ D .3b C h/
2 4 4
F l 24 1 3 F l .3b C h/
b D .3b C h/ D
4 .5bh3 C 5hb 3 C 6b 2 h2 / 4 2 .5bh3 C 5hb 3 C 6b 2 h2 /
Beispiel 2.23 Eine Konsole trägt bei der Last F das Radiallager einer Welle. Für den
skizzierten Querschnitt (Abb. 2.83) sind zu ermitteln:
a) Die maximale senkrechte Lagerlast F so, dass im Querschnitt A–A eine größte Zug-
spannung von 10 N/mm2 infolge Biegebeanspruchung auftritt.
b) Die im Querschnitt A–A auftretende größte Druckspannung.
Wir bestimmen zuerst die Koordinaten des Gesamtschwerpunktes Sges und das Flä-
chenmoment 2. Grades um die y-Achse. Das Ausgangskoordinatensystem legen wir in
den Schwerpunkt S2 der Teilfläche 2.
yS D 0
i Ai zi Ai zi zSi = zi zS
mm2 mm mm3 mm
1 b1 h1 400 24 = 9600 150 1.440.000 61,24
2 b2 h2 24 276 = 6624 0 0 88,76
† b1 h1 + b2 h2 16.224 – – –
108 2 Einfache Beanspruchungen
400
F A
24
250
300
24
Sges
A
Schnitt A - A
P
2
.Ai zi /
i D1 1:440:000 mm3
zS D D D 88;76 mm
Ages 16:224 mm2
Mit Hilfe des Steiner’schen Satzes bestimmen wir dann das Gesamtflächenmoment
b1 h31 b2 h32
Iyges D Iy1 C A1 zS1 2 C Iy2 C A2 zS2 2 D C A1 zS1 2 C C A2 zS2 2
12 12
400 mm 243 mm3 24 mm 2763 mm3
Iyges D C 9600 mm2 61;242 mm2 C
12 12
C 6624 mm2 88;762 mm2
Iyges D 1;307 108 mm4
eo
eu
σ bd
Bisher haben wir nur Normalspannungen betrachtet. Jetzt wenden wir uns den Tangenti-
alspannungen aus Schub- und Scherkräften sowie aus Torsionsmomenten zu. Schub- und
Scherspannungen treten in Niet-, Bolzen-, Kleb- und Schweißverbindungen (Abb. 2.85)
oder durch Querkräfte bei der Biegung von Balken (Abb. 2.90) auf.
F/2
Bolzenverbindung F
F/2
F
Klebverbindung F
F
Schweißverbindung F
110 2 Einfache Beanspruchungen
γ τ
L
τ
entsteht so ein Gleitwinkel , auch Schubwinkel genannt. Für kleine Winkel gilt:
Bei Werkstoffen, die dem Hooke’schen Gesetz " folgen (Spannung ist proportional
zur Dehnung), gilt auch : Der Gleitwinkel ist proportional zur Schubspannung in
den Horizontalebenen, siehe Abb. 2.86. Der Proportionalitätsfaktor wird Schubmodul G
genannt:
D G bzw. G D =; ŒG D N=mm2 (2.56)
In Abb. 2.87 sind Dehnung/Querdehnung und Schiebung (Gleitung) mit den dazuge-
hörigen Spannungen auf der Grundlage des Hooke’schen Gesetzes gegenübergestellt.
Aus der Elastizitätstheorie ergibt sich folgende Beziehung zwischen E- und G-Modul
(hier ohne Herleitung):
m
GD E (2.57)
2.m C 1/
Normalspannung Schubspannung
Längen-/Queränderung Winkeländerung
Dehnung Gleitung/Schiebung
l
l0 ∆s
F
F
d0
F
d
∆l l – l0 ∆ d d0 – d ∆s
ε= = und ε q = = γ=
l0 l0 d0 d0 L
s
A F = τ a·A
Die Größe m ist dabei die Poisson’sche Konstante (siehe auch Abschn. 1.4) und gibt
das Verhältnis von Längs- zu Querdehnung an (m = " / "q ). Für Metalle ist m = 3,3, so dass
man nach Gl. 2.57 für den Schubmodul G erhält:
G D 0;384 E (2.58)
Mit der Schubkraft F = A und der Verschiebung s = L / G ergibt sich für die
Formänderungsarbeit analog zu Abschn. 1.5
F s 2 V
W D D (2.59)
2 2G
mit dem Volumen V = A L.
Die Wirkung von Scherkräften auf ein Bauteil ist in Abb. 2.88 dargestellt: Zwei gleich
große, entgegengesetzt wirkende Kräfte greifen senkrecht zur Bauteilachse an. Sie haben
das Bestreben, die beiden Querschnitte des Bauteils gegeneinander zu verschieben, was
Schubspannungen in den Querschnitten hervorruft. Aus der Gleichgewichtsbedingung für
jeden Bauteilabschnitt lässt sich bei der (vereinfachenden) Annahme einer konstanten
Spannungsverteilung die Scherspannung a (Index a von „Abscheren“) ermitteln:
a D F=A (2.60)
In Wirklichkeit ergibt sich in den unter Scherkräften stehenden Querschnitten ein kom-
plizierter Spannungszustand, Abb. 2.89. Neben den Schubspannungen sind auch Zug-,
Druck- und Biegespannungen vorhanden. Außerdem ist die Scherspannung über dem
Querschnitt nicht konstant (siehe Abschn. 2.3.3).
Anhaltswerte für zulässige Scherspannungen im Maschinenbau können nach fol-
genden Beziehungen ermittelt werden:
Erfährt ein Balken eine Biegebeanspruchung durch eine Querkraft, so treten neben den
Biegespannungen auch Schubspannungen im Balken auf. Abb. 2.90 zeigt unten einen Teil-
abschnitt eines frei geschnittenen Balkens, bei dem nur die Schubspannungen eingetragen
sind.
Aus diesem Teilabschnitt wird ein weiteres Teilstück mit den Abmessungen h, b
und l herausgeschnitten (siehe Abb. 2.90 oben rechts). In diesem Teilabschnitt wirken
vertikale Schubspannungen und horizontale Schubspannungen . N Mit der Gleichge-
wichtsbedingung
X
Mi D 0 ) N l b h h b l D 0 (2.61)
i
y
x
Δl
b
l
F
τ
τ τ τ
2.3 Schub- oder Scherbeanspruchung 113
b
F
c
τ F
τ
τ
τ
114 2 Einfache Beanspruchungen
F
l
z
y
x
l/2
F
M1 M2 ∆A
Mb
F1 = σ1· ∆A F2 = σ2· ∆A
τ ·∆x·b
∆x
b
∆A z z
∆x
σ1 σ2
S-Achse
b
∆x
Als nächstes interessieren die Lage und die Größe der maximalen Schubspannung.
Abb. 2.93 zeigt einen Balken auf zwei Stützen mit einer Querkraft in Balkenmitte. Zwi-
schen der Angriffsstelle dieser äußeren Kraft und der Auflagerkraft rechts wird ein schma-
les Stück der Breite x aus dem Balken herausgeschnitten. Aufgrund des dreieckförmigen
Biegemomentenverlaufs ist das Schnittmoment M 1 am linken Rand des Teilstücks nicht
gleich dem Schnittmoment M 2 am rechten Rand. An der oberen Scheibe aus diesem
Balkenstück treten zum einen die Normalspannungen 1 und 2 aus den erwähnten Bie-
gemomenten M 1 und M 2 und zum anderen die Schubspannung an der Unterseite der
Scheibe auf. Weil die beiden Normalspannungen nicht gleich sind, ist Gleichgewicht an
dieser oberen Scheibe des Teilabschnitts nur möglich, wenn eine Schubspannung vorhan-
den ist: X
Fix D 0 ) 1 A x b 2 A D 0
2 1
D A (2.62)
x b
Mit 1 D M1
I
zN und 2 D M2
I
zN folgt:
M2 M1 zN A M zN A
D D (2.63)
x I b x I b
2.3 Schub- oder Scherbeanspruchung 115
d Mb
Fq D
dx
R
Die Gl. 2.40 für das statische Flächenmoment H = z dA kann hier für das Flächen-
element A eingesetzt werden als H = z N A. Damit lässt sich Gl. 2.63 schreiben als
allgemeine Beziehung für die Schubspannungsverteilung:
Fq .x/ H.z/
.x; z/ D (2.64)
I b
mit der Breite b der Querschnittsfläche an der Stelle x und I, dem Flächenmoment 2. Gra-
des der Querschnittsfläche bezogen auf die Schwerpunktsachse.
Ist der Biegemomentverlauf konstant, d. h. M 1 = M 2 , dann ist mit 1 = 2 nach Gl. 2.62
die Schubspannung = 0, d. h. bei reiner Biegung mit F q = 0 ist im Balken keine Schub-
spannung vorhanden.
Mit Hilfe von Gl. 2.64 werden jetzt die Schubspannungsverläufe in verschiedenen Quer-
schnitten ermittelt.
Da sich beim Rechteckquerschnitt die Breite des Flächenelementes mit der Koordinate z
nicht verändert, können wir vereinfacht schreiben:
H.z/ D zN A
a τ max b z c
τ=0
um 90° gedreht
h/2
∆A τ τ(z)
z z
Fq y
h
τm τ max
h
Fq
A
b Fq
1,5∙
A b τ=0
b h3
I D (2.66)
12
Mit der Gl. 2.64 für die allgemeine Schubspannungsverteilung und mit den Gln. 2.65
und 2.66 erhalten wir schließlich:
2
Fq 6 h
.x; z/ D z 2
(2.67)
b h3 4
Dies ist die Gleichung einer quadratischen Parabel, d. h. die Schubspannung ist über
dem Rechteckquerschnitt parabelförmig verteilt (siehe Abb. 2.94c). Für z = 0 ist die
Schubspannung maximal:
3 Fq
max D (2.68)
2 bh
Bei der Querkraftbiegung von Balken bzw. Trägern ist also die Schubspannung in der
neutralen Faser am größten, während sie am Rand den Wert null hat (siehe Gl. 2.67 für
z = h / 2 bzw. z = h / 2). Die Biegespannung wird aber am Rand maximal, ist jedoch in
der neutralen Faser null. Daher rechnet man üblicherweise vereinfacht mit der mittleren
Schubspannung:
Fq Fq
m D D (2.69)
A bh
und somit
max D 1;5 m
Die maximale Schubspannung ist beim Rechteckquerschnitt anderthalbmal so groß wie
die mittlere Schubspannung. Soweit es sich um lange, durch Querkräfte belastete Balken
handelt, reicht die Ermittlung der mittleren Schubspannung nach Gl. 2.69 völlig aus. Meist
kann man sogar die gegenüber der Biegespannung geringe Schubspannung insgesamt ver-
nachlässigen. Bei kurzen, durch Querkräfte auf Biegung und Schub belasteten Trägern und
bei Konsolen muss die Schubspannung genauer ermittelt und mit der Biegespannung als
Vergleichsspannung (siehe Kap. 3) zusammengefasst werden.
2.3 Schub- oder Scherbeanspruchung 117
b) Kreisquerschnitt
Die Querkraft F q und der Radius r des Querschnitts seien gegeben, siehe Abb. 2.95. Ge-
sucht sind der Verlauf der Schubspannung (z) und die größte Schubspannung max .
zN gibt die Lage des Schwerpunktes der schraffierten Kreisabschnittsfläche an; b(z) ist
deren Breite in Abhängigkeit von z.
Für die Berechnung der Schubspannung brauchen wir wieder das Flächenmoment
1. Grades:
Z p
H.z/ D z dA mit dA D 2 yN d zN und yN D r 2 zN 2 (siehe Abb. 2.95).
Zr Zr
1=2
H D zN 2 yN d zN D 2 zN .r 2 zN 2 / d zN
z z
2 3=2
r
2 2 3=2
H D .r 2 zN 2 / D r z2 (2.70)
3 z 3
Für die Breite b(z) des Kreisabschnitts in Abb. 2.95 ergibt sich:
p
b.z/ D 2 r 2 z 2
Das Flächenmoment 2. Grades eines Kreisquerschnitts haben wir in Abschn. 2.2.2 be-
rechnet:
I D r4
4
z
τ= 0 um 90° gedreht
b(z)
y τ ( z)
dz
max
z
Fq τmax
z
y
y
r
τ= 0
3=2
Fq H.z/ Fq 23 .r 2 z 2 /
.z/ D D
I b 2 1=2
4 r 2.r z /
4 2
4 Fq 2
.z/ D .r z 2 / (2.71)
3 r4
Für z = 0 erhalten wir die größte Schubspannung:
4 Fq
max D (2.72)
3 r2
Fq Fq
m D D (2.73)
A r2
gilt für den Balken mit Kreisquerschnitt:
4
max D m (2.74)
3
Die größte Schubspannung ist also beim Vollkreisquerschnitt, der im Maschinenbau
häufig bei Wellen und Achsen Anwendung findet, ein Drittel größer als die mittlere Schub-
spannung. Da diese größte Schubspannung wieder in der neutralen Faser auftritt (hier ist
die Biegespannung gleich null), reicht meist die Berechnung der mittleren Schubspannung
aus.
c) Dünnwandiges Kreisrohr
20 0 2,0
0,2
1a S 1a ΔA
0
1b 1b S 2
ΔA
0,2
2
0,3
2 z0 z1 z2
2,4
2,15
3 z1 z2
y 4
50
y
0 1 2
0,2
ΔA ΔA
S S
1,3
z3
2,4
3 z4
1,65
1,15
z3
4
3 4
Das Vierkantrohr besitzt ein Flächenmoment 2. Grades um die y-Achse von I y = 7,8552
cm4 (siehe Beispiel 2.19). Die Höhe des um die y-Achse symmetrischen Rohres beträgt
2,5 cm. Die Rechnung ist in Tab. 2.4 schrittweise dargestellt. Wir beginnen am oberen
Rand des Vierkantrohres mit Schritt 0 entsprechend Abb. 2.96.
Wie in Abb. 2.96 dargestellt, müssen für jede Höhe z (ausgehend von der Biegeachse)
die jeweilige Teilfläche A oberhalb z bis zum oberen Profilrand sowie die Breite b er-
mittelt werden. Die Lage des Schwerpunktes S der Fläche A wird durch die Koordinate
zN beschrieben. Für die Stelle 1 betrachten wir einmal die Fläche A zusammen mit der
Breite b(z) = 2 cm (1a) und zweitens mit der Breite b(z) = 0,4 cm (1b), also direkt unterhalb
der Deckfläche des Vierkantrohres. Die Breite b = 0,4 cm ergibt sich hier aus der Summe
der Wandstärke links und rechts mit je 0,2 cm. An dieser Stelle erhält man durch die Un-
stetigkeit des Breitenverlaufs auch eine Unstetigkeit der Schubspannungsfunktion q (z).
Die Lage des Schwerpunktes S der Restfläche A oberhalb z muss für jede betrachtete
Stelle ermittelt werden (siehe Tab. 2.4). Das Ergebnis der Schubspannungsberechnung am
Vierkantrohr zeigt Abb. 2.97.
y y τ
Für die mittlere Schubspannung über dem Vierkantrohr erhält man nach Gl. 2.69:
Fq 550 N N
m D D D 2;08
A 264 mm2 mm2
Das Verhältnis der in Tab. 2.4 berechneten maximalen Schubspannung und der mittle-
ren Schubspannung beträgt hier:
max
1;7
m
Da die Schubspannungen aber bei langen Biegeträgern wie im vorliegenden Beispiel
gegenüber den Biegespannungen gering sind, reicht die Berechnung der mittleren Schub-
spannung in der Regel aus.
Bei Biegeträgern mit Schubbelastung werden oftmals im Bereich der Krafteinleitungs-
stellen Schubbleche zur Verstärkung eingebaut (Abb. 2.98), um ein Ausknicken des Pro-
filsteges als Folge der auftretenden Schubspannungen zu verhindern.
Schubblech Schubblech
Abb. 2.98 Konstruktive Ausführung von Biegeträgern mit Schubbelastung: Schubbleche als Ver-
stärkung an Krafteinleitungsstellen
2.3 Schub- oder Scherbeanspruchung 121
Profilträger werden oftmals aus einzelnen Bauteilen (Bleche, Winkel- oder gekantete
Profile, Abb. 2.99) zusammengefügt. Die entsprechenden Verbindungen (Bolzen, Niete,
Klebstoff- oder Leimschichten, Schweißnähte) müssen die auftretenden Längsschub-
spannungen aufnehmen. Für geleimte, geklebte, genietete (oder punktgeschweißte) und
geschweißte (schrittgeschweißte) Träger nach Abb. 2.99 kommt Gl. 2.64 zur Anwendung.
q max kann für das Verbindungsmittel Klebnaht, Leimschicht, Niet, Schweißnaht mithilfe
von Tab. 2.5 ermittelt werden. Bei Schweißnahtverbindungen ist zu berücksichtigen, dass
gegenüber den auftretenden Schubspannungen auch Zug- oder Druckspannungen aus der
zusätzlichen Biegebeanspruchung auftreten. Daher muss für beide Beanspruchungsarten
die Vergleichsspannung v nach Abschn. 3.4 bestimmt werden.
Die Eigenschaften der Schub-(Scher-)Beanspruchung sind in Abb. 2.100 zusammen-
gefasst.
bz a
ls
t
Schub (Scherung)
F real F vereinfachend
τmax τm
2.3.5 Schubmittelpunkt
Bei Profilen mit nur einer Symmetrieachse (z. B. U-, L-Profile) ergibt sich bei Quer-
kraftbelastung eine Verdrehung (Torsion), wenn die Belastungsrichtung senkrecht zur
Symmetrieachse liegt (Abb. 2.101). Verhindern lässt sich diese Verdrehung nur, wenn
die Querkraft im so genannten Schubmittelpunkt M eingeleitet wird, Abb. 2.102a,b so-
wie 2.103. Greift die Querkraft F im Schwerpunkt S des U-Profils an, resultiert aus
den Schubspannungen im Querschnitt ein Torsionsmoment T in der Ebene senkrecht
zur Balkenachse, das die Verdrehung des Profils hervorruft. Wird die Querkraft mit Hil-
fe der angeschweißten Winkelkonsole im Schubmittelpunkt M des U-Profils aufgebracht
(Abb. 2.102b), so ergibt sich ein Torsionsmoment aus der Kraft F multipliziert mit dem
Abstand MS, das gleich dem Moment aus den Schubspannungen, aber entgegengesetzt
gerichtet ist. Da Lkw-Rahmen meist Längsträger aus U-Profilen besitzen, werden die
2.3 Schub- oder Scherbeanspruchung 123
S S
F F
Tragfedern außen an Konsolen befestigt (Abb. 2.102d). Damit wird die Federkraft im
Schubmittelpunkt in den Rahmenlängsträger eingeleitet und somit dessen Torsionsbean-
spruchung vermieden.
Bei symmetrischen Profilen mit Querkraft im Schwerpunkt, z. B. beim I-Profil in
Abb. 2.102c und 2.103, erhält man einen symmetrischen Schubspannungsfluss und damit
keine Verdrehung. Der Schubmittelpunkt ist also der Punkt, in dem die Querkraft wirken
a b c d
F F F
S T M S ΣT = 0 S
T T
z z
z z
S=M S=M
y y y y
z z
124 2 Einfache Beanspruchungen
muss, damit sie zwar eine Verbiegung des Balkens, aber keine Verdrehung verursacht.
Der Schubmittelpunkt liegt immer auf einer Symmetrieachse der Querschnittsfläche und
seine Lage ist für Standardprofile in den Profiltabellen (z. B. in DIN 1026-1 für U-Pro-
file) angegeben. Die Lage hängt nur von der Querschnittsgeometrie, nicht aber von der
Belastung ab.
2.4 Torsionsbeanspruchung
In diesem Abschnitt betrachten wir die Drehmomentbelastung von Bauteilen. Der Ein-
fachheit halber beginnen wir mit Bauteilen mit kreisförmigem Querschnitt und Rohrquer-
schnitt, die im Maschinenbau bei Antriebswellen überwiegend verwendet werden.
Ein Kreiszylinder bzw. eine Welle (Abb. 2.104a) wird durch ein in einer Ebene senk-
recht zur Wellenachse wirkendes Kräftepaar auf Verdrehung (Torsion) beansprucht. Die-
ses Kräftepaar mit dem Hebelarm a ruft im freigemachten Teilabschnitt der Welle ein
Torsionsmoment T = F a hervor (Abb. 2.104b). Aus Deformationsversuchen ist bekannt,
dass bei der Verdrehung eines Kreisquerschnittes die Durchmesser erhalten und die Quer-
schnittsflächen eben bleiben.
Wie in Abb. 2.105 dargestellt, wandern bei Verdrehung des Querschnittes der Punkt B
nach B0 und der Punkt C nach C0 . Bei Torsion wird demnach der Kreisquerschnitt um seine
Mittelachse verdreht. Von der Mittelachse bis zum Rand nimmt die Deformation linear zu.
Nach dem Hooke’schen Gesetz nimmt damit auch die Schubspannung linear zu.
a b c
F T = F·a
a
τ
F F
F
a
T = F·a Schnitt A - A
Schubspannung
Für die Auslegung einer Welle und für den Festigkeitsnachweis ist es wichtig, die maxi-
male Schubspannung max bei gegebenem Torsionsmoment berechnen zu können. Dazu
betrachten wir Abb. 2.106. Im Kreisring gilt: dT = r dF = r dA. Das Torsionsmoment
können wir daraus durch Integration berechnen:
Z
T D r dA (2.76)
Für die Spannung ergibt sich aufgrund der linearen Spannungsverteilung (siehe
Abb. 2.105) folgender Zusammenhang mit der Randspannung max :
r
D max (2.77)
R
Zusammengefasst erhält man aus den Gln. 2.76 und 2.77 unter Beachtung der Integra-
tionsgrenzen das bestimmte Integral für das Torsionsmoment T
ZR
max
T D r 2 dA: (2.78)
R
0
Das Integral stellt dabei eine charakteristische Querschnittsgröße bei Torsion dar und
wird polares Flächenträgheitsmoment oder polares Flächenmoment 2. Grades ge-
nannt:
ZR
Ip D r 2 dA (2.79)
0
dA
126 2 Einfache Beanspruchungen
Mby T Mby
y y
Iy Ip = Iy + Iz Iy
Iz Mbz
In Abb. 2.107 ist die Zuordnung der axialen Flächenmomente 2. Grades und des pola-
ren Flächenmoments 2. Grades zu den angreifenden Biegemomenten bzw. zum Torsions-
moment dargestellt.
Dividiert man das polare Flächenmoment 2. Grades durch den Außenradius, erhält
man das Torsionswiderstandsmoment W t , bei Kreisquerschnitten auch polares Wider-
standsmoment W p genannt:
Ip
Wt D Wp D (2.80)
R
Damit lässt sich für die Grundgleichung/Hauptgleichung der Torsion schreiben:
T T
t D D mit t D max als Spannung in der Außenfaser. (2.81)
Wt Wp
Das polare Flächenmoment 2. Grades kann entsprechend Abb. 2.106 für einen Kreis-
ring mit dem Innenradius ri und dem Außenradius ra nach Gl. 2.79 berechnet werden. Für
die Teil-Kreisringfläche nach Abb. 2.106 gilt dabei dA = 2 r dr.
Zra Zra
4
Ip D r dA D 2
2
r 3 dr ! Ip D ra ri4 (2.82)
2
ri ri
2.4 Torsionsbeanspruchung 127
4
Ip D d di4 (2.83)
32 a
da4 di4 D4 d 4
Wp D D (2.85)
16 da 16 D
Wp D d 3: (2.86)
16
Man erkennt, dass der Kreisringquerschnitt (Rohrquerschnitt) ideal für die Übertragung
von Torsionsmomenten geeignet ist, denn der innere Teil des Vollkreisquerschnitts trägt
wenig zur Torsionsmomentübertragung bei, aber hat einen Anteil an der Masse. Für Ge-
lenkwellen (Kardanwellen) in Fahrzeugen wie Pkw, Lkw und Schienenfahrzeugen werden
deshalb in der Regel Rohrquerschnitte verwendet.
Aus Gl. 2.81 mit Gl. 2.86 kann durch Einsetzen von t zul und Umstellen nach d eine
Gleichung zur Vordimensionierung von Vollwellen gewonnen werden:
s
16 T
derf D 3
(2.87)
t zul
Beispiel 2.24 Das Mittelstück einer Gelenkwelle (ohne Gelenke) sei 600 mm lang. Es soll
ein Drehmoment T = 1500 Nm übertragen. Die Welle soll probeweise sowohl als Vollwelle
als auch als Rohr ausgelegt werden. Als Werkstoff ist S355JR vorgesehen mit einer zuläs-
sigen Torsionsspannung von t zul = 150 N/mm2 . Die Kosten je kg Stahl S355JR betragen
für Rohrhalbzeug 2,30 C und für Rundmaterial 1,70 C.
Wir wählen d = 38 mm. Für die Vordimensionierung des Rohres muss man einen In-
nendurchmesser oder eine Wandstärke vorwählen und dann den Außendurchmesser über
128 2 Einfache Beanspruchungen
Gl. 2.85 bestimmen. Zu beachten ist, dass Rohre nicht in beliebigen Abmessungen ge-
liefert werden (siehe DIN EN 10220). Hier kommt ein Rohr mit da = 48,3 mm und 4 mm
Wandstärke infrage. Wir können dann die polaren Widerstandsmomente für das Rohr nach
Gl. 2.85 und für die Vollwelle nach Gl. 2.86 berechnen (siehe Tabelle). Die Torsions-
spannungen nach Gl. 2.81 sind für beide Ausführungen fast gleich und liegen unter der
zulässigen Spannung. Obwohl die Kosten für Rohre je kg höher sind als für Rundmaterial,
sind die Halbzeugkosten für die Hohlwelle mit 6,03 C deutlich günstiger als für die Voll-
welle mit 9,08 C. Dies liegt an der erheblich geringeren Masse der Hohlwelle bei gleicher
Festigkeit. Für Kardanwellen bietet die Hohlwelle außerdem den Vorteil, dass die Gelenke
(meist Schmiedestücke) einfach in die Hohlwelle eingeschoben und mit ihr verschweißt
oder eingeschrumpft werden können.
Torsion
τ tmax
T T
τ tmax
• Lineare Spannungsverteilung
• Größte Torsionsspannung τt max am Außendurchmesser => Werkstoff-
teilchen erfahren hier die größte Beanspruchung.
• Keine Beanspruchung des Teilchenverbundes in der Wellenachse
(Durchmesser null) => schlechte Werkstoffausnutzung.
• Querschnitt so gestalten, dass Teilchen auf entfernten Durchmessern liegen.
Verdrehwinkel
Das Torsionsmoment T verdreht entsprechend Abb. 2.109 den Endquerschnitt der Welle
um den Winkel '. Zwischen den Winkeln ' und besteht nach Abb. 2.109 folgender
geometrischer Zusammenhang über den Kreisbogen:
'r
s D' r D l ) D (2.88)
l
DG ) D : (2.89)
G
T
D : (2.90)
Wp G
Setzt man Gl. 2.88 in Gl. 2.90 ein, erhält man schließlich:
' r T T l
D !'D (2.91)
l Wp G Wp r G
τ
τ
τ
τ γ
γγ T
φ
φ
s
l r
dem Kehrwert der Verdrehsteifigkeit. Die Federsteifigkeit bzw. Federrate eines auf Verdre-
hung beanspruchten Querschnittes, z. B. einer Drehstabfeder, erhält man nach folgender
Gleichung:
T G Ip Nmm
C D D I ŒC D (2.93)
' l rad
Beispiel 2.25 Eine Drehfeder besteht aus einem Vollstab (1) und einem Rohr (2), siehe
Abb. 2.110. Die Verbindung links kann als starr angenommen werden. Der Verdrehwinkel
der Gesamtanordnung ist zu berechnen.
Lösung Die Drehwinkel von Vollstab und Rohr addieren sich, da es sich um eine Hinter-
einanderschaltung von Federn handelt:
1
Ø 20
Ø 40
Ø 50
T
2.4 Torsionsbeanspruchung 131
Formänderungsarbeit
Wie in Abschn. 1.5 für Zug/Druck und in Abschn. 2.3.1 für Schub wird auch für Torsion
die Formänderungsarbeit berechnet. Gerade bei Federn spielt die Kenntnis der Form-
änderungsarbeit eine große Rolle, wenn Federn z. B. als Antriebs- oder Rückholfedern
eingesetzt bzw. zur Stoßaufnahme in Puffern oder als elastische Anschläge verwendet
werden. Z
W D T d' (2.94)
Das Torsionsmoment T ist eine Funktion des Drehwinkels '. Mit T = C ', wobei C
die Drehfederkonstante ist, lautet das Integral:
Z
W D C ' d' (2.95)
1 1
W D C '2 D T ' (2.96)
2 2
Setzt man in Gl. 2.96 die Gl. 2.92 bzw. 2.93 ein, so erhält man für die Formände-
rungsarbeit drei weitere Beziehungen:
l G Ip 2 Ip l
W D T2 und W D ' sowie W D 2 (2.97)
2 G Ip 2l 2 G r2 t
Die letztgenannte Gleichung für die Formänderungsarbeit bei Torsion soll nun mit den
entsprechenden Beziehungen für Zug/Druck und Schub verglichen werden:
V0
Zug/Druck: W D 2 mit V0 D l A
2E
V
Schub: W D 2 mit V D L A:
2G
Beispiel 2.26 Für eine Drehstabfeder mit der federnden Länge l = 500 mm ist der er-
forderliche Stabdurchmesser derf zu ermitteln für eine Arbeitsaufnahme der Feder von
W = 20 Nm bei einem Verdrehwinkel von ' = 30°. Wie groß ist hierbei die Torsionsspan-
nung?
Lösung Wir verwenden den mittleren Ausdruck der Gl. 2.97 und setzen ein:
G derf
4
2
Ip D d4 und ' D 30ı D ) W D
32 6 64 l 36
Diese Spannung liegt unterhalb der zulässigen Spannung von t zul 1000 N/mm2
(z. B. für Drehstabfedern aus Federstahl 51CrV4).
dF D s du
2.4 Torsionsbeanspruchung 133
du
α
r·cos
α s τ ∙s·du
s =F
r
τ
B
A
du
dA
α
r
r·cos
A α
d2
c2
c1
Kontinuitätsgesetz: c1·A1 = c2·A2 = c·A = const
d T D dF r cos ˛ D s du r cos ˛
Das gesamte Schnittmoment T erhält man, wenn man über den gesamten Weg, d. h.
über die gesamte Profilmittellinie integriert:
I I
T D s r cos ˛ du D . s/ r cos ˛ du
Da der Schubfluss s ja konstant ist, kann er vor das Integral gezogen werden. Das
Produkt r cos ˛ du ist eine Rechteckfläche, wobei die hervorgehobene Dreieckfläche
dA D .1=2/ r cos ˛ du in Abb. 2.111 (rechts) gleich der halben Rechteckfläche ist:
I
r cos ˛ du D 2 dA ! T D 2 s dA
134 2 Einfache Beanspruchungen
rcosα
B
Am = ∫dA Profilmittellinie
Das Integral entspricht dem Summieren aller kleinen Dreiecksflächen mit dem Ergeb-
nis Am , der von der Profilmittellinie eingeschlossenen Fläche (Abb. 2.113). Das gesamte
Torsionsmoment errechnet sich daher zu:
T D 2 s Am (2.98)
Durch Umstellen dieser Gleichung erhält man für die Schubspannung bei einer
Wandstärke s die 1. Bredt’sche Formel3 :
T
D (2.99)
2 Am s
Die größte Schubspannung max tritt an der Stelle mit der kleinsten Wandstärke smin
auf:
T T
max D D zul (2.100)
2 Am smin Wt
Das Torsionswiderstandsmoment für beliebige dünnwandige geschlossene Quer-
schnitte lässt sich aus dieser Gleichung angeben:
Wt D 2 Am smin (2.101)
Beispiel 2.27 Man ermittle das Torsionswiderstandsmoment für die skizzierte kreisring-
förmige Schweißnaht (Abb. 2.114) mit dem Durchmesser der Wurzellinie (= mittlerer
Durchmesser entsprechend der Bauteilkontur) d = 50 mm und der Schweißnahtdicke
a = 3 mm.
3
Rudolph Bredt (1842–1900), deutscher Ingenieur.
2.4 Torsionsbeanspruchung 135
d
Wurzellinie = Randlinie der
Wurzellinie mittleren Fläche Am
D-a
a a
D+a Am
a = Schweißnahtdicke
Die zweite Möglichkeit ist die Berechnung nach der 1. Bredt’schen Formel Gl. 2.101
mit der Wanddicke s = a. Die mittlere Fläche wird durch die Wurzellinie begrenzt und
besitzt den Durchmesser d:
2
Wt D 2 Am a D 2 d a D 2 502 mm2 3 mm
4 4
Wt D 11:781 mm3
Hier ergibt sich nach Bredt ein etwas höherer Wert. Die Abweichungen sind umso
geringer, je kleiner die Wandstärke s (hier: Schweißnahtdicke a) ist.
Wir betrachten jetzt die Torsion eines Stabes mit Kreisquerschnitt und eines Stabes mit
Rechteckquerschnitt, Abb. 2.115. Zur Kennzeichnung der Deformationen bei Torsion sind
die Außenflächen der Stäbe mit einem quadratischen Raster versehen.
136 2 Einfache Beanspruchungen
Beim Kreisquerschnitt verformen sich alle Quadrate auf der Mantelfläche gleich; die
Stabendflächen bleiben eben. Dagegen werden die Quadrate auf dem Rechteckquerschnitt
unterschiedlich deformiert. Die Endflächen des Rechteckstabes bleiben nicht eben; sie
wölben sich auf. Die mathematische Behandlung der Torsion für beliebige Querschnitte
ist sehr anspruchsvoll, so dass hierfür Versuche von Bedeutung sind.
Sehr hilfreich für das allgemeine Verständnis ist das hydrodynamische Gleichnis: Es
besteht eine Analogie zwischen den Spannungslinien eines auf Torsion beanspruchten
Querschnitts und den Stromlinien einer in einem Behälter rotierenden Flüssigkeit. Die
Querschnittsform des tordierten Stabes und die Behälterform sind dabei gleich. Die Strö-
Spannungslinien
Spannungsfrei
mit Einstich
(Totwasser)
Abb. 2.116 Hydrodynamisches Gleichnis für die Torsion nicht kreisförmiger Querschnitte
2.4 Torsionsbeanspruchung 137
T T l
t D und ' D (2.102)
Wt G It
It D Ip
da di
4 4 4
2 16 da
32 da di4 Wie unter 1
da
di
4
August Föppl (1854–1924), Prof. für techn. Mechanik.
138 2 Einfache Beanspruchungen
c2 D 1 1Cn 0;625
3
a3 h3 a4 h4
6 Gleichseitiges 20 13 46;19 26 Größte Spannungen in der
Dreieck Mitte der Seiten. In den
Ecken ist = 0
h
2ρ
2.4 Torsionsbeanspruchung 139
2ρ
P P
9 Dünnwandige 3bmax
bi3 hi 3
bi3 hi Größte Spannungen in der
Profile Mitte der Längsseiten des
Rechteckes mit der
größten Dicke bmax
h1
h2
h1
h2
b2
b3
h3
Beispiel 2.28 In welchem Verhältnis stehen die von den beiden skizzierten Kastenträgern
in Abb. 2.117 aufnehmbaren Torsionsmomente T a und T b ? Beide Träger haben dieselben
Abmessungen; der Träger (Abb. 2.117a) ist geschlossen, Träger (Abb. 2.117b) besitzt
einen schmalen Längsschlitz.
Wta D 2 Am s
und setzen die entsprechenden Größen aus der Skizze in der Einheit cm ein:
Das Drillwiderstandsmoment für den geschlitzten Kastenträger ermitteln wir mit Hilfe
der Ziffer 9 aus Tab. 2.6: X
Wtb D bi3 hi
3bmax
140 2 Einfache Beanspruchungen
a b
3
3 3
Längsschlitz
120
120
60
120 120
Der Beiwert berücksichtigt die Querschnittsform. Wir schätzen hier 1. Die Sum-
me wird aus den Produkten Breite hoch drei mal Höhe der einzelnen Profilabschnitte
gebildet. Für h setzen wir hier die jeweilige Länge des Abschnitts und für b die Dicke ein,
wieder in der Einheit cm.
1
Wtb D .3 0;33 12 C 2 0;33 6/ cm3 D 1;44 cm3
3 0;3
Ta 82;1
D 57
Tb 1;44
Der geschlossene Kastenträger kann demnach das 57-fache Torsionsmoment des ge-
schlitzten Trägers aufnehmen. Grundsätzlich sind geschlossene Profile wesentlich torsi-
onssteifer als offene.
Beispiel 2.29 Das U-Profil ist wie dargestellt links wölbfrei fest eingespannt und wird
am rechten Ende durch ein Kräftepaar beansprucht (Abb. 2.118). Wie groß darf die Kraft
F höchstens sein, damit t zul und ' zul nicht überschritten werden?
T F a X
tzul D D mit Wt D bi3 hi
Wt Wt 3 bmax
2.4 Torsionsbeanspruchung 141
15 45 60
5
110
100
15
Version 1 Version 2
Version 1 Version 2
P P
Wt1 D 3bmax 3iD1 bi3 D 9520 mm3 Wt2 D 3bmax 3iD1 bi3 D 8773 mm3
3 3
D 315
1;12
mm
15 100 C 2 53 60 mm4 D 315
1;12
mm
15 100 C 2 53 60 mm4
60
F
5
105
110
F
15
Maßgebend ist der Verdrehwinkel ', d. h. die Kraft darf 3837 N nach Version 1 nicht
überschreiten.
Wäre die Wandstärke des U-Profils gleich, dann ist W t auch gleich:
55 60
5
5
110
100
5
Version 1 Version 2
Version 1 Version 2
P P
Wt2 D 3bmax 3iD1 bi3 D 6160 mm3 Wt2 D 3bmax 3iD1 bi3 D 6160 mm3
3 3
D 315 mm 5 110 C 2 5 55 mm
1;12 3 4
D 315 mm 5 110 C 2 5 60 mm
1;12 3 4
Fazit: Da es sich bei der Ermittlung von I t und W t gemäß Tab. 2.6, Ziffer 9, um Nähe-
rungsformeln handelt, sind Abweichungen aufgrund der Profilaufteilung gemäß Version 1
und 2 gegeben, wenn unterschiedliche Wandstärken bi vorliegen. Das heißt die Abwei-
chungen werden umso größer, je mehr sich die Wandstärken bi von Steg und Flanschen
unterscheiden. Aufgrund der zulässigen Spannungen und der vorgesehenen Sicherheiten
spielen diese Unsicherheiten keine maßgebende Rolle. Sind hingegen die Wandstärken bi
der Versionen 1 und 2 gleich, dann sind auch die Werte von I t und W t identisch.
Beispiel 2.30 Zu ermitteln sind das Verhältnis der axialen und polaren Flächenmomen-
te 2. Grades eines Kreises und eines Quadrates bei gleicher Querschnittsfläche (siehe
Abb. 2.119)!
Beide Flächen sollen gleich groß sein; es gilt also:
p
AKreis D r 2 D AQuadrat D a2 ) a D r
4
Iy Kreis D d D r 4 0;79 r 4
64 4
b h3 a4 2 4
Iy Quadrat D D D r 0;82 r 4
12 12 12
Iy Kreis 0;79 r 4
0;96
Iy Quadrat 0;82 r 4
2.4 Torsionsbeanspruchung 143
r
y y
Lösung Das Drillflächenmoment für ein quadratisches Profil finden wir in Tab. 2.6, Zif-
fer 4.
4
It Kreis D d D 2 Iy Kreis 1;57 r 4
32
It Quadrat 0;141 a4 0;141 2 r 4 1;39 r 4
It Kreis 1;57 r 4
1;13
It Quadrat 1;39 r 4
Während das axiale Flächenmoment der Kreisfläche nur geringfügig kleiner ist als das
der Quadratfläche, hat der Kreisquerschnitt ein um 13 % größeres Drillflächenmoment als
der Quadratquerschnitt. Für Wellen als weit verbreitetes Maschinenelement im Maschi-
nenbau ist daher der Kreisquerschnitt gut geeignet, weil meistens sowohl Biegemomente
als auch Torsionsmomente aufgenommen werden müssen.
Beispiel 2.31 (Finn Niklas’ Dreirad) Die Antriebswelle des Dreirades aus S235 hat
einen Durchmesser d = 18 mm. Der Antrieb erfolgt vom Kettenrad auf das linke Hinterrad.
Das rechte Hinterrad ist lose auf der Welle befestigt, überträgt daher keine Drehmomente
(das Dreirad besitzt kein Differenzialgetriebe). Wie groß ist die Torsionsbeanspruchung
der Antriebswelle im normalen Fahrbetrieb und im Extremfall?
Die Radlasten F hl und F hr betragen je 197,7 N.
Abmessungen (siehe Abb. 2.120):
Die Übersetzung von der Tretkurbel zur Kette beträgt i = 1,6:1 in der für die Übertra-
gung der Fußkraft günstigsten Stellung.
Der Fahrwiderstand des Dreirades, der als Umfangskraft am linken Hinterrad aufge-
bracht werden muss, wurde zu F ges = 50 N abgeschätzt.
Lösung Im unteren Bildteil sind die Verläufe des Torsionsmomentes sowie des Biegemo-
mentes aus den Radlasten dargestellt. Wir betrachten hier nur das Torsionsmoment. Wir
144 2 Einfache Beanspruchungen
y a sL a
Kettenrad
F hl F hr
T
D
d
T
sz
dz
F hl F hr
z
T
x
Mb
gehen zunächst von normaler Fahrt aus und setzen den Fahrwiderstand als Umfangskraft
am linken Hinterrad an. Damit erhält man das Torsionsmoment zu T = F ges D / 2 = 7500
Nmm.
Mit den Gln. 2.81 und 2.86 erhält man für die Torsionsspannung:
T 7500 Nmm
t D 3 D 6;6 N=mm2
16
d 1145 mm3
Diese Spannung ist sehr klein. Damit auch bei extremer Belastung die Welle nicht ver-
sagt, überprüfen wir noch die maximale Torsionsspannung. Sie tritt auf, wenn Finn Niklas
mit voller Beinkraft die Tretkurbel belastet und gleichzeitig das linke Hinterrad (Antriebs-
rad) z. B. durch einen vorgelegten Stein oder durch Anziehen der Handbremse blockiert
ist. Die maximale Fußkraft kann man mit der doppelten Gewichtskraft des Fahrers zu etwa
F Fuß,max = 1100 N abschätzen.
Mit der gegebenen Übersetzung beträgt die Umfangskraft am Kettenrad (gleich Zug-
kraft in der Kette) auf der Hinterachswelle
FFuß, max 1100 N
FuZ D D 688 N
i 1;6
und damit das maximale Torsionsmoment
Normalspannung σ Schubspannung τ
A Fz A Fd F
Mb F T R
l
l
l
l
τa, m =
A
Mb Fq · H ( z )
τ ( x, z ) = gilt für T
Fz Fd M M I ·b ( z ) T
σb · b · b e τt =
σ z = Fz σd = Fd Wb I den Querkraftschub Wt
A A
Durchbiegung w Vereinfachend wird mit der mittleren
σz = E · ε σd = E · ε Größte Torsions-
Größte Biegespannung in Schubspannung τ m gerechnet.
spannung τt max am
∆l ∆l den äußeren Randfasern, in Real: Die größte Schubspannung τmax Außendurchmesser,
σz = E · σd = E ·
l l der neutralen Faser ist σ b= tritt in der Mitte des Querschnitts auf, die Achse ist span-
Konstante Normalspannung über dem 0. wird aber häufig bei der Berechnung nungsfrei.
Querschnitt A, dies trifft nicht auf die Be- Eine Querkraftbiegung vernachlässigt. Am Außenrand ist die Wt aus Tab. 2.6.
reiche im Bauteil zu, wo sich Bohrungen, Ein- führt zusätzlich zur Schub- Schubspannung null.
beanspruchung. D
stiche, Kerben, Krafteinleitungsstellen oder Ausnahme: Kurze Träger (Achs-
Querschnittssprünge befinden (sh. Abb. 2.7). I und Wb aus Tab. 2.3. zapfen), bei denen der Abstand der τtmax
σ bz max Krafteinleitung von der Einspannung
e
Mb innerhalb der Bauteillänge liegt, dann T
σz Fz σd Fd ist die Schubspannung gegenüber der
Biegespannung maßgeblich. τtmax
σbd max
24:080 Nmm
t max D 21 N=mm2 :
1145 mm3
Ob diese Spannung vom Bauteil aufgenommen werden kann, können wir erst ent-
scheiden, wenn wir die Vergleichsspannung ermittelt haben (siehe Kap. 3), die auch die
Biegespannungen in der Welle einbezieht.
Eine Gegenüberstellung der in den Abschn. 2.1–2.4 behandelten fünf Grundbean-
spruchungsarten mit den entsprechenden Eigenschaften der Beanspruchungsarten er-
folgt in Abb. 2.121.
Aufgabe 2.1 Ein aus Stahl und Kupfer bestehender Verbundstab (ESt = 2 ECu =
210.000 N/mm2 ) mit den Querschnitten ASt = ACu / 2 = 1 / 3 cm2 und der Länge 3a = 3 m
soll in die gezeichnete Aussparung zwischen zwei starre Wände eingesetzt werden
(h = 2 mm).
a a a
St Cu St
F F
h/2 Einbauzustand h
3000
a) Wie groß muss die Presskraft F sein, damit der Einbau gelingt?
b) Wie groß sind die Spannungen in den drei Stäben nach dem Einbau?
c) Die Geometrie sei unverändert; jedoch soll die Schrumpfung nicht durch Aufbringen
einer Kraft, sondern durch Temperaturabsenkung erfolgen! Die Ausdehnungskoeffi-
zienten von Stahl und Kupfer sind gegeben: ˛ St = 12 106 K1 , ˛ Cu = 16 106 K1 .
Berechnen Sie die notwendige Temperaturabsenkung, so dass der Stab gerade in die
Aussparung passt.
148 2 Einfache Beanspruchungen
Aufgabe 2.2 Ein Standfuß aus GJL 200 steht auf einem Betonfundament und wird sta-
tisch mit einer Druckkraft F = 800 kN belastet.
a) Wie groß ist der Innendurchmesser di zu wählen, wenn da = 250 mm, d0,1 = 200 N/mm2
und S = 1,5 ist?
b) Wie groß ist der Durchmesser D1 des Standfußes zu wählen, wenn für das Fundament
eine zulässige Flächenpressung pzul = 7,5 MPa nicht überschritten werden darf?
F
da
di
D1
Aufgabe 2.3 Das dargestellte Rohr steht unter Innendruck. Es ist am rechten Ende fest
mit der Wand verbunden und am linken Ende durch eine Flanschverbindung verschlossen.
0 0
12
2.6 Aufgaben zu Kapitel 2 149
Aufgabe 2.5 Für die in der Abbildung dargestellten Profile sind die Flächenmomente
2. Grades I y und I z bezüglich der Schwerpunktachsen zu berechnen.
100
z
10
10
106
y
16
100 60
Aufgabe 2.6 Ein Gestell hat den skizzierten Querschnitt gemäß folgender Abbildung. Zu
berechnen sind:
600
160 40
z
S
282
350
y y
z
150 2 Einfache Beanspruchungen
Aufgabe 2.7 Ein Hohlträger liegt gemäß Abbildung an beiden Enden frei auf. Bei wel-
cher Länge l geht er aufgrund seines Eigengewichtes zu Bruch?
s
A
q s
l
A B
□ 500
R 15
z
7,5
x
30
y
Mby
6
8
40
2.6 Aufgaben zu Kapitel 2 151
Aufgabe 2.9 Das dargestellte Strangpressprofil aus AlMgSi1 wird durch eine mittig an-
greifende Kraft belastet.
a) Skizzieren Sie den Biegemomentenverlauf für den Profilträger mit Angabe des größten
Biegemoments!
b) Wie groß ist das axiale Flächenmoment 2. Grades bezogen auf die y-Achse?
c) Wie groß sind die Biegespannungen in den Randfasern?
d) Ist eine ausreichende Sicherheit gegen Fließen gegeben?
100
F z
A
45
120
y
x B
2800
A-B 35
Aufgabe 2.10 Für den einseitig eingespannten Balken 60 × 2000 (s. Abbildung) ist für
die Stellen ①, ② und ③ der Festigkeitsnachweis zu führen, wenn bzul = 245 N/mm2 nicht
überschritten werden darf.
Gegeben: F = 5 kN.
2000
600 400
□ 25 Ø25 F
□ 60
Ø25
3 2 1
152 2 Einfache Beanspruchungen
Aufgabe 2.11 Ein Bohrgestänge mit kreisförmigem Querschnitt ist bis zu einer Tiefe LE
ins Erdreich vorgedrungen. An der Spitze des Bohrmeißels wirkt das Bohrmoment T. Das
Erdreich übt auf das Gestänge einen konstanten Flächendruck p aus. Der Reibbeiwert zwi-
schen Erdreich und Bohrgestänge ist . Das Bohrgestänge ist insgesamt bis zur Einleitung
des Antriebsmomentes L = 5,5 m lang.
q
LE
Aufgabe 2.12 Eine Hohlwelle hat das Durchmesserverhältnis ı = d / D = 0,8. Sie soll eine
Leistung P = 13,1 kW bei einer Drehzahl von n = 250 min1 übertragen. Dabei soll die zu-
lässige Torsionsspannung von zul = 60 N/mm2 nicht überschritten werden. Zu bestimmen
sind:
Aufgabe 2.13 Für den skizzierten Drehfederstab ist die Bohrungstiefe a bei gegebenem
Durchmesser d so zu bestimmen, dass sich eine Verdrehung zwischen den Querschnitten A
und B von ' = 10° einstellt. Wie groß ist dabei die maximale Torsionsspannung?
D
d
A B
Aufgabe 2.14 Omnibusse erhalten ein Gerippe aus rechteckigen Stahl-Hohlprofilen. Die
Scheiben werden meist eingeklebt. Dazu wird im Fensterobergurt das im Bild dargestell-
te Spezial-Hohlprofil mit einer Wandstärke von s = 4 mm verwendet. Beim Anheben eines
Rades (z. B. Parken mit einem Rad auf dem Bürgersteig) wird die Bus-Karosserie auf Tor-
sion beansprucht. Dadurch erfährt auch der Fensterobergurt eine Torsionsbeanspruchung.
Das Torsionsmoment wurde zu T = 1,6 kNm berechnet. Wie groß ist die Torsionsspannung
im Fensterobergurt?
Stahl-Hohlprofil
4
80
44
40
60
Klebefuge
Seitenscheibe
154 2 Einfache Beanspruchungen
Aufgabe 2.15 Pkw der Kleinwagen- und unteren Mittelklasse besitzen oft eine nicht
angetriebene Hinterachse als so genannte Verbundlenkerachse. Die Räder werden über
Längslenker (Kasten- bzw. Rohrprofile) geführt. Die Längslenker sind zwischen den La-
gerstellen an der Karosserie durch eine Torsionsfeder verbunden, die beim Wanken der
Karosserie (Drehbewegung um die Längsachse) den Wankwinkel vermindert, indem sie
die Wankfedersteifigkeit erhöht. Sie wirkt also wie ein Stabilisator. Die Torsionsfeder ist
z. B. ein mit einem Öffnungswinkel von 70° gekantetes Stahlblech (V-Profil, siehe Skiz-
ze). Wie groß ist bei einem Verdrehwinkel von ' = 10° die Spannung in dem V-Profil?
70
36
Zusammengesetzte Beanspruchungen
3
In Kap. 2 wurden die fünf Grundbeanspruchungsarten Zug, Druck, Schub, Biegung und
Torsion behandelt. In der Praxis tritt selten eine Spannungsart für sich allein auf. Daher
hat man an einer Schnittstelle in einem Bauteil meistens zwei oder mehr Spannungsarten
gleichzeitig. Man spricht in diesem Fall von zusammengesetzter Beanspruchung. Für das
Versagen eines Bauteils sind dann nicht mehr die Einzelspannungen maßgebend, d. h. ein
Bauteil kann bei zusammengesetzter Beanspruchung auch versagen, wenn alle vorhande-
nen Einzelspannungen kleiner sind als die dafür jeweils zulässigen Spannungen. In diesem
Kapitel werden daher die Berechnungsgrundlagen für Bauteile mit mehreren Spannungs-
arten behandelt.
Zunächst werden einige Beispiele gezeigt (Abb. 3.1, 3.2).
Daraus folgt:
res = Zug/Druck + Biegung (Abb. 3.3)
res = Schub + Torsion (Abb. 3.4)
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 157
K.-D. Arndt et al., Festigkeitslehre für Wirtschaftsingenieure,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-26141-2_3
158 3 Zusammengesetzte Beanspruchungen
a F b Ansicht B
F F
A B B
h
l e
b
c F
d
d0
a
F F
F
Abb. 3.1 Beispiele für zusammengesetzte Beanspruchungen. a Beispiel für Zug-, Schub- und Bie-
gebeanspruchung (Balken auf zwei Stützen), b Beispiel für Biegung, Schub und Torsion (einseitig
eingespannter Träger), c Beispiel für Zug, Biegung und Schub (Kranhaken), d Getriebewelle, die
meist auf Biegung, Schub und Torsion beansprucht wird, wobei oftmals noch Zug oder Druck hin-
zukommen
F
e
F
3.1 Zusammengesetzte Normalspannungen 159
+ =
σ bz σ max
F M
σz =
A + σb = b
Wb = σres = σ z + σ b
+ =
τs τtmax τres min
Fq T
τs =
A + τt =
Wt = τres = τ s + τ t
F
Zug- bzw. Druckspannungen: z,d D
A
Mb Mb
Biegezugspannungen: bz D D
O I (3.1)
Wbz e z
160 3 Zusammengesetzte Beanspruchungen
a l x
x σz Zug
z Fz Fz σbz
Fq σz σmax
Fx Fl Fx
ez
A
emax
+ =
z0
ed
Mb A
x σbd σminDruck
b Fz Fz Zug
Fq σbz σd σmin
Fx Fx
ez
A Fl
z0
+ =
ed
Mb A
σbd Druck σmax
c σbz
Fx Fx σz σmax
A Fl Zug
+ =
a
a
A
z0
Mb
σbd σmin
d σbd σmax
Fx Fx σd
A Fl Druck
+ =
a
z0
Mb σbz σmin
Abb. 3.5 Biegung mit Zug oder Druck; a Biegekraft F z und mittige Zugkraft F x ; b Biegekraft F z
und mittige Druckkraft F x ; c außermittige Kraft F als Zug- und Biegekraft; d außermittige Kraft F
als Druck- und Biegekraft
Mb Mb
Biegedruckspannungen: bd D D
O I (3.2)
Wbd e d
I ist dabei das axiale Flächenmoment 2. Grades und ez und ed sind bei unsymmetrischen
Querschnitten die Abstände der Querschnittsränder von der Biegeachse.
Für die Dimensionierung oder den Nachweis eines Balkens interessieren beim Auf-
treten von Biegespannungen die Spannungen am Rand, da diese maximal sind und hier
die zulässigen Spannungen zuerst erreicht werden. Die resultierenden Randspannungen
können wir durch algebraische Addition ermitteln:
Durch die Überlagerung von Biegespannungen mit Zug- oder Druckspannungen ver-
schiebt sich die Spannungs-Nulllinie um das Maß z0 . Bei Biegung mit Zug wandert die
Nulllinie zur Biegedruckseite und z0 wird negativ. Ein positives z0 erhalten wir bei Bie-
gung mit Druck; hier verschiebt sich die Nulllinie zur Biegezugseite.
Nach Abb. 3.5a ergibt sich z0 bei Biegezug zu
z
z0 D ez (3.6)
bz
d
z0 D ed (3.7)
bd
Für z > bd (vgl. Abb. 3.5c) oder d > bz (vgl. Abb. 3.5d) liegt die Spannungsnull-
linie außerhalb des Querschnitts. Als resultierende Randspannungen erhält man hier nur
Zug- bzw. nur Druckspannungen.
Beispiel 3.1 Wir untersuchen eine Stütze aus einem I-Profil mit angeschweißtem Kon-
solblech, Abb. 3.6a. Die Stütze wird durch zwei Druckkräfte F 1 und F 2 außermittig be-
lastet, da die Kraft F 2 um die y-Achse des I-Profils (senkrecht zur Zeichnungsebene) ein
Biegemoment erzeugt.
Lösung Die Stütze wird auf Druck durch die beiden Kräfte F 1 und F 2 und auf Biegung
durch das Biegemoment M b = F 2 a beansprucht (Abb. 3.6b).
Die Gesamtspannung in einem Querschnitt in ausreichender Entfernung zur Kraftein-
leitungsstelle und zum Auflager (z. B. Querschnitt B–B) erhält man als Summe aus der
Biege- und der Druckspannung. Die größte Spannung wird entsprechend Abb. 3.5d am
Biegedruckrand auftreten. Da es sich um Druckspannungen handelt, werden sie mit nega-
tivem Vorzeichen berücksichtigt:
max D bd d
Mb F2 a 25 kN 300 mm
bd D D D
Wb Wb 557 103 mm3
N
bd D 13;46 :
mm2
162 3 Zusammengesetzte Beanspruchungen
a F1 = 60 kN F2 = 25 kN b
a = 300 F1 = 60 kN
Mb = F2·a F2 = 25 kN
ez ed
I300- DIN 1025
σd σd
σ bz
z0 σbd
B B
σmax
Abb. 3.6 a Stütze zu Beispiel 3.1, b Druck- und Biegespannungen in der Stütze
Nach Gl. 3.7 kann jetzt auch die Nulllinienverschiebung z0 ermittelt werden. Das I-
Profil nach Abb. 3.6a hat eine Höhe von 300 mm:
d
z0 D ed
bd
h 300 mm
ed ez D e D D D 150 mm
2 2
15;8
z0 D 150 mm D 176;08 mm
13;46
Die Spannungsnulllinie liegt also außerhalb des Profilquerschnittes analog zu Abb. 3.5d.
Beispiel 3.2 Ein U-Profil wird außermittig durch eine Druckkraft belastet (Abb. 3.7). Zu
bestimmen sind die Lage des Schwerpunktes der Querschnittsfläche und die maximale
Normalspannung an der Einspannung.
Gegeben: a, F
Bezogen auf die Schwerpunktachse in der Höhe zS hat die Kraft F ein Biegemoment
5
Mb D a F:
3
a 2a a
2a
S
2a
yS
A2
y
Mb
b D e
Iy
fehlt noch das Flächenmoment 2. Grades für die yS -Achse. Dies setzt sich zusammen
aus den Flächenmomenten der Einzelflächen um ihre (Teil-)Schwerpunkte und aus den
Steiner-Anteilen:
Iy D 2 I1 C 2 s12 A1 C I2 C s22 A2
b h3
I D
12
Setzt man den Abstand des unteren Profilrandes zum Schwerpunkt in die Formel für
die Biegespannung ein, so erhält man die Biegespannung am unteren Rand, in diesem Fall
eine Biegedruckspannung:
5 a F 3 5a 25 F
bu D D
3 44 a 3
4 132 a2
Durch entsprechendes Einsetzen für den oberen Rand ergibt sich eine Biegezugspan-
nung:
5 a F 3 7a 35 F
bo D D
3 44 a4 3 132 a2
3.2 Zusammengesetzte Tangentialspannungen 165
F F
d D D
Ages 12a2
Damit lassen sich die resultierenden Spannungen am unteren und am oberen Profilrand
bestimmen:
Am unteren Rand ergibt sich eine resultierende Druckspannung, während der obere
Rand eine resultierende Zugspannung aufweist. Die maximale Spannung tritt am unteren
Rand auf:
3 F
max D jres u j D
11 a2
Analog zur Behandlung der Normalspannungen in Abschn. 3.1 erfolgt jetzt die Betrach-
tung von Tangentialspannungen. In Abb. 3.9a ist ein einseitig eingespannter Zapfen mit
einer außermittigen Querkraft F q am freien Ende dargestellt. Die Abb. 3.9b,c zeigen die
Belastungen des Zapfens an der Einspannstelle. Neben der Querkraftbeanspruchung, die
zu Schubspannungen (Scherspannungen) führt, ergibt die am Außenradius angreifende
Kraft F q eine Torsionsbeanspruchung (Torsionsspannungen aus dem Torsionsmoment T,
Abb. 3.9c). Die zusätzlich aus der Querkraft herrührende Biegebelastung, das Biegemo-
ment M by in den Abb. 3.9b,c, wird für die Überlegungen hier vernachlässigt. Aufgrund
der geringen Länge des Zapfens ist das zunächst zulässig. Je näher die Schnittebene am
freien Ende liegt, umso geringer ist das Biegemoment.
T Fq r
t D D
O
Wt Wt
Diese Spannungen liegen in jedem Punkt des Querschnitts senkrecht auf dem Radius
des betreffenden Punktes, siehe Abb. 3.10a. Sie nehmen vom Rand zum Querschnittsmit-
telpunkt hin linear ab und sind im Mittelpunkt null.
Für die Schubspannungen infolge Querkraft gilt nach Gl. 2.64 allgemein (vgl.
Abschn. 2.3.4):
Fq .x/ H .z/
q .x; z/ D
I b
Abb. 3.10b zeigt die Größe der Schubspannungen aus Querkraft – sie sind parabelför-
mig über dem Querschnitt verteilt mit dem Maximum in Querschnittsmitte. Am oberen
und unteren Rand des Querschnitts (Punkte B und C) sind sie null. Sie liegen in der Quer-
schnittsebene – in Abb. 3.10b also in der Zeichenebene – und weisen hier nach unten. In
Abb. 3.10b sind sie für die Lage des Punktes D und für die Linie A–E eingezeichnet.
Für die Überlagerung der Tangentialspannungen aus Torsion und Querkraft ist zu be-
achten, dass sie aufgrund ihrer von Punkt zu Punkt unterschiedlichen Größe und Richtung
wie Vektoren zu behandeln sind.
Damit erhält man die Schubspannungen für die verschiedenen Punkte des Querschnit-
tes (siehe Abb. 3.10a):
Punkt A: A D q t
Punkte B und C: q D 0I B,C D t
Punkt D: ED D Et C Eq
τt
90
D
τD
τq
τt
τq
E E
A A
τt
τq
C τt C Schubspannungen
auf Linie A-E
Abb. 3.10 Überlagerung von Schubspannungen aus Torsion (a) und Querkraft (b)
3.3 Zusammengesetzte Normal- und Tangentialspannungen 167
In Punkt E tritt die maximale Schubspannung auf, da hier t und q dieselbe Richtung
haben. Die Schubspannung aus Querkraft erreicht hier den Maximalwert nach Gl. 2.72.
Fq r 4 Fq
max D E D C
Wt 3A
Für die Dimensionierung eines entsprechend Abb. 3.9a belasteten Bauteils ist diese
Schubspannung maßgebend, falls wie hier vorausgesetzt, die Biegespannungen vernach-
lässigbar sind. Die Vorgehensweise beim gleichzeitigen Auftreten von Normal- und Tan-
gentialspannungen wird in den folgenden Abschnitten behandelt.
In der Praxis treten Normal- und Tangentialspannungen oft gleichzeitig auf, z. B. bei
Antriebs- und Getriebewellen, die meist auf Biegung und Torsion (und auch durch
Längs- und Querkräfte) beansprucht werden. Da Normal- und Tangentialspannungen
unterschiedliche Richtungen haben, dürfen die verschiedenartigen Spannungen nicht für
sich gegen die zulässigen Spannungen geprüft werden. Damit ist der getrennte Vergleich
Zweiachsiger Spannungszustand
Ein Stab, der durch eine Längskraft (Zug- oder Druckkraft) belastet wird, unterliegt einem
einachsigen Spannungszustand. Es treten nur Spannungen in einer Achsenrichtung, hier
in Längsrichtung (Abb. 3.11), auf.
In der Praxis überwiegt der zweiachsige, ebene Spannungszustand. Dabei treten zwei
oder mehr Spannungen in einer Ebene auf. Dies ist z. B. der Fall bei Biegung mit Torsi-
on oder bei zwei zueinander senkrechten Normalspannungen. Die Schnittflächen parallel
zur Wirkungsebene dieser Spannungen sind spannungsfrei, z. B. bei Blechelementen, sie-
he Abb. 3.12. Alle Spannungen liegen in der x-y-Ebene, d. h. es gibt keine Spannungen
senkrecht zur Zeichenebene.
Für die Schubspannungen gilt folgende Vereinbarung für die Indizes: Der erste Index
gibt die Ebene an, in der angreift; x bezeichnet z. B. die Ebene senkrecht zur x-Achse.
Der zweite Index gibt die Richtung von an. xy steht demnach für eine Schubspannung,
die in einer Ebene senkrecht zur x-Achse liegt und in Richtung der y-Achse verläuft.
Es gilt der Satz der zugeordneten Schubspannungen (vgl. Abschn. 2.3.2):
xy D yx D
O
Auf die Darstellung eines dreiachsigen (räumlichen) Spannungszustands wird hier ver-
zichtet. Es sei nur angemerkt, dass sich dabei Normal- und/oder Tangentialspannungen
in drei zueinander senkrechten Ebenen überlagern. Es treten also Spannungen in allen
sechs Flächen eines Quaderelements auf. Räumliche Spannungszustände ergeben sich in
Bauteilen im Bereich von Kerben (z. B. Ringnuten, Passfedernuten, Bohrungen) und von
Schweißnähten sowie in der Nähe von Kraft-Einleitungs- und -Umleitungsstellen.
Wir kommen zurück zum zweiachsigen Spannungszustand und schneiden den Qua-
der aus Abb. 3.12 unter einem Winkel ˛. Auf die Schnittebene legen wir ein neues - -
Koordinatensystem, Abb. 3.13.
In diesem Koordinatensystem unter dem Winkel ˛ zur x-Achse treten ebenfalls Nor-
malspannungen ˛ senkrecht zur Schnittebene und Tangentialspannungen ˛ in der
Schnittebene auf. Diese Spannungen werden wir berechnen und schließlich einen Win-
kel ˛ bestimmen, für den die Normalspannung maximal ist. Damit haben wir dann die
Größe und die Richtung der so genannten Hauptspannungen im Quaderelement bestimmt.
Fy
η
y
ζ
Fx
α
x
Fy
Einerseits kennen wir damit die maximale Normalspannung, die ein Bauteil beansprucht.
Bei faserverstärkten Kunststoff-Bauteilen, die z. B. im Flugzeug- und Fahrzeugbau aus
Gewichtsgründen eingesetzt werden, kennen wir dann auch die Hauptbeanspruchungs-
richtung und können so die Richtung der Fasern in der Kunststoffmatrix festlegen.
Faserverstärkte Bauteile haben in Richtung der Fasern hohe Festigkeit, aber quer dazu nur
geringe, da hier allein die erheblich niedrigere Festigkeit der Kunststoffmatrix maßgebend
ist. Treten Spannungen unter verschiedenen Richtungen auf, muss z. B. ein entsprechend
ausgerichtetes Fasergewebe einlaminiert werden.
Auch bei Umformvorgängen, z. B. beim Tiefziehen von Blech bei der Herstellung von
Karosserieteilen für Automobile, wird die Blechplatine je nach Form des Presswerkzeugs
mehrachsig beansprucht. Hierbei interessieren die Größe der maximalen Spannung und
die Richtung, um z. B. das Entstehen von Rissen im Blech beim Umformen zu vermeiden.
Abb. 3.14a zeigt den geschnittenen Quader mit den auftretenden Spannungen; in
Abb. 3.14b sind die aus den Spannungen resultierenden Kräfte (Spannungen multipli-
ziert mit den zugehörigen Flächen) dargestellt. Die schräg liegende Schnittfläche hat die
Größe A.
τxy
α τyx α
A·cosα τyx·A·cosα
σy
σy·A·cosα
170 3 Zusammengesetzte Beanspruchungen
Mit den Gln. 3.8 und 3.9 können jetzt die Spannungen am geschnittenen Quader be-
rechnet werden. Wir können diese beiden Gleichungen aber noch vereinfachen.
Nach dem Satz der zugeordneten Schubspannungen ist xy D yx .
Außerdem gelten folgende trigonometrische Beziehungen:
1 cos 2˛
sin2 ˛ D cos2 ˛ sin2 ˛ D cos 2˛
2
1 C cos 2˛
cos ˛ D
2
2 sin ˛ cos ˛ D sin 2˛:
2
sα σx A·sinα
σ xA
·co
inα
τxy A·sinα
A·s α sα
·sin
α ·co
τ xy ·sin
α·
σ xA
inα
sinα
α
in α ·s
Α A·s
ζ σα
•
η τ xy τ yx A·cosα
σ yA
•Α sα
τ α α ·co
·co
α sα
σyA·cosα
·sin ·co
sα
sα A
·co
co
x
A τy
sα
α τy x
α
sin
sα
co
A·
σy
ΣFζ = 0: σα ·Α− σx A·sinα·sinα − σy A·cosα·cosα−τ yx A·cosα·sinα − τxy A·sinα·cosα
ΣFη = 0: τα ·Α −τxy A·sinα·sinα + τ yx A·cosα·cosα + σx A·sinα·cosα − σy A·cosα·sinα
d ˛ y x
D 2 sin 2˛ C 2yx cos 2˛ D 0
d˛ 2
Der Winkel, für den die Normalspannung maximal wird, d. h. für den die Ableitung
nach Gl. 3.12 null ist, wird Hauptachsenwinkel ˛ h genannt (mit Index „h“ für Hauptach-
se).
y x
sin 2˛h C yx cos 2˛h D 0 (3.12)
2
Über den allgemeinen trigonometrischen Zusammenhang
sin ˛
tan ˛ D
cos ˛
erhält man schließlich aus Gl. 3.12 für den Hauptachsenwinkel:
2yx 1 2yx
tan 2˛h D I ˛h D arctan (3.13)
y x 2 y x
lässt sich erkennen, dass die Extremwerte der Normalspannung für ˛ h und ˛ h + 90° auf-
treten, d. h. die Achsen für min und max stehen senkrecht aufeinander.
Zur Bestimmung der maximalen und der minimalen Spannung verwenden wir folgende
trigonometrische Beziehungen
tan 2˛ 1
sin 2˛ D p I cos 2˛ D p
1C tan2 2˛ 1 C tan2 2˛
und erhalten schließlich:
r
y C x y x 2
max D ˙ C yx
2
min 2 2 (3.14)
D0
172 3 Zusammengesetzte Beanspruchungen
Für das Problem der Ermittlung der Hauptspannungen und Hauptachsen bei einem
ebenen Spannungszustand hat Mohr1 eine grafische Lösung angegeben, die nach ihm
„Mohr’scher Spannungskreis“ genannt wird. Um diese grafische Methode zu entwi-
ckeln, betrachten wir nochmals die Gln. 3.10 und 3.11 für die Spannungen im unter dem
Winkel ˛ geschnittenen Quaderelement:
y C x y x
˛ D cos 2˛ C yx sin 2˛ (3.15)
2 2
y x
˛ D sin 2˛ yx cos 2˛ (3.16)
2
Diese beiden Gleichungen werden quadriert. Aus Gl. 3.15 wird dann
y C x 2 y x 2 2 y x
˛ D cos 2˛ C 2 cos 2˛ yx sin 2˛ C yx
2
sin2 2˛
2 2 2
Das Ergebnis hat die Form einer Kreisgleichung und stellt den schon erwähnten
„Mohr’schen Spannungskreis“ dar. Dieser Kreis hat die Mittelpunktskoordinaten
ˇ
y C x ˇˇ
M 0 (3.17)
2 ˇ
1
Christian Otto Mohr (1835–1918), deutscher Eisenbahn-Ingenieur, Baustatiker und Hochschulleh-
rer an den TH Stuttgart und Dresden.
3.3 Zusammengesetzte Normal- und Tangentialspannungen 173
τ σ M =½(σ y + σ x)
E
x
A
σ ma 45°
90
Normalspannungen
σy
Hauptachsen der
τ max
n
σ mi τyx
τ yx
n
σ mi
C αh G 2α h F τ xy σx
0
M D σ σx τ xy
σmin σ max
τ xy
τyx
σy
σx σy
B
σmax
½(σ y - σ x)
Die Größe der maximalen Tangentialspannung kann man analog zur Vorgehensweise
für die Ermittlung der maximalen Normalspannung durch Differenziation der Gl. 3.11
berechnen:
d ˛
D0
d˛
r
y x 2
max D C C yx
2 DO r (3.21)
2
Die maximale Tangentialspannung im Hauptachsensystem entspricht dem Radius des
Mohr’schen Spannungskreises, d. h. nach Abb. 3.16
max min
max D : (3.22)
2
˛ D ˛h C 45ı (3.23)
Damit erreichen die Schubspannungen unter 45° zur Hauptachse ein Maximum.
Da die tan-Funktion mehrdeutig ist, entstehen bei der Bestimmung der Lage der Haupt-
achsen leicht Fehler. Bei Betrachtung der Zuordnung von y, yx und x, xy sind vier
Kombinationen möglich. Mithilfe der Quadrantenregel (Abb. 3.17) kann man sehr schnell
die Lage des Punktes A auf dem Mohr’schen Spannungskreis und die Richtung der max.
und min. Hauptachse bestimmen.
Beispiel 3.3 Gegeben sind für einen ebenen Spannungszustand die Normalspannungen
x = 40 N/mm2 und y = 80 N/mm2 sowie die Tangentialspannung yx = 34,6 N/mm2 . Ge-
sucht sind die Größe und Richtung von max , min und max .
3.3 Zusammengesetzte Normal- und Tangentialspannungen 175
Lösung Zunächst werden die gesuchten Größen grafisch ermittelt. Dazu konstruieren wir
den Mohr’schen Spannungskreis. Wir tragen die gegebenen Spannungen x = 40 N/mm2
(Punkt G) und y = 80 N/mm2 (Punkt F) auf der waagerechten Achse auf. In F und G
zeichnen wir senkrecht nach oben bzw. unten die Tangentialspannung yx = 34,6 N/mm2
ein. Mit den Punkten A und B haben wir als Strecke AB den Durchmesser sowie als
Schnittpunkt der Geraden AB mit der waagerechten Achse den Mittelpunkt M gefunden.
Wir können dann die Hauptspannungen aus Abb. 3.18 ablesen:
Die Linie AC gibt eine Richtung der Hauptachse der Normalspannungen vor; die zweite
liegt senkrecht dazu. Die Linie AE legt die Richtung der Achse der Tangentialspannungen
fest; auch hier steht die zweite Achse senkrecht auf der ersten.
Als zweites ist auch eine rechnerische Lösung mit Hilfe der Gln. 3.19 und 3.20 mög-
lich. r
y C x y x 2
max D ˙ C yx
2
min 2 2
s
80 C 40 N 80 40 2 N
D ˙ C 34;62
2 mm2 2 mm2
q
N N
D 60 ˙ 20 C 34;6
2 2
.60 ˙ 40/
mm2 mm2
N N
max 100 min 20
mm2 mm2
20 σmin
τ yx
10 σ min
C αh G 2α h F
0
10 30 M 70 90 D 110 N/mm2 σ
–10 σmin x
σma
τ xy
–20 σy
–30 σx
–40 B
σ max
–50
176 3 Zusammengesetzte Beanspruchungen
Da die Arcus-Tangens-Funktion nicht eindeutig ist, liefert die Gl. 3.13 nur eine Haupt-
achsenrichtung; die zweite steht senkrecht dazu:
a) Einachsiger Zug (wie er z. B. beim Zugversuch auftritt, Abb. 3.19a) – der Spannungs-
kreis berührt die senkrechte Achse von rechts. Der Hauptachsenwinkel hat für yx = 0
nach Gl. 3.13 den Wert ˛ h = 0. Am unter 45° gedrehten Element können wir die größ-
ten auftretenden Schubspannungen erkennen, da sie nach Gl. 3.23 unter einem Winkel
von 45° zu den Normalspannungen auftreten. Ihre Größe ergibt sich nach Gl. 3.11 für
x = und y = 0 sowie ˛ = 45° zu ˛ = / 2.
b) Einachsiger Druck – der Spannungskreis berührt die senkrechte Achse von links,
Abb. 3.19b. Mit x = erhält man die am um 45° gedrehten Element eingezeichne-
ten Spannungen.
c) Allseitiger Schub – der Mittelpunkt des Spannungskreises liegt im Ursprung,
Abb. 3.19c. Für die Normalspannung am 45° gedrehten Element ergibt sich mit
x = y = 0 und yx = sowie ˛ = 45° der Wert ˛ = .
d) Allseitiger Druck (dieser Fall entspricht z. B. der Belastung eines Steins unter Wasser,
Abb. 3.19d) bzw. allseitiger Zug – der Mohr’sche Spannungskreis entartet zu einem
Punkt auf der waagerechten Achse, denn nach Gl. 3.18 ist für x = y = und yx = 0
der Radius r = 0. Unter 45° ist nach Gl. 3.10 ˛ = und nach Gl. 3.11 ergibt sich
˛ = 0.
3.3 Zusammengesetzte Normal- und Tangentialspannungen 177
a Einachsiger Zug
τ
σ /2 σ /2 σ /2
y
σ σ /2 σ /2 = τ max
45°
σ x σ σ /2 σ σ /2 σ /2 = τ max
σ /2 σ /2
b Einachsiger Druck
τ
σ /2 σ /2 σ /2 σ /2
y
σ σ /2
45°
σ x σ σ
σ /2 σ /2 σ /2 σ /2 σ /2
c Reiner Schub
τ
τ σ σ =τ
y
τ τ 45°
x τ
τ σ σ = −τ
d τ
σ (allseitiger allseitiger
Druck) Zug σ σ
y
45°
σ x σ σ
σ σ
σ
Beispiel 3.4 Die gebrochene Schraubenfeder eines Pkws zeigt eine Bruchfläche unter
45° zur Windungsachse (siehe Abb. 3.20). Erläutern Sie, warum der Bruch unter diesem
Winkel aufgetreten ist.
Lösung Schraubenfedern werden auf Torsion beansprucht, da es sich bei ihnen um ge-
wundene Torsionsstabfedern handelt [10, S. 325]. Wir zeichnen den Mohr’schen Span-
nungskreis für diesen Sonderfall der Beanspruchung (siehe auch Abb. 3.19c).
178 3 Zusammengesetzte Beanspruchungen
Aus dem Mohr’schen Spannungskreis, Abb. 3.21, entnimmt man die Größe der Haupt-
spannung:
max D yx D t (Zugspannung)
Mit Gl. 3.19 können wir die Hauptspannung max auch rechnerisch ermitteln und er-
halten dasselbe Ergebnis. Ebenso ergibt sich aus Gl. 3.13 der Hauptachsenwinkel zu 45°.
Auf der um 90° gedrehten Hauptspannungsrichtung tritt min auf. Diese Normalspan-
nung ist bei gleichem Betrag entgegengesetzt wie max gerichtet; es handelt sich also
um eine Druckspannung. Betrachten wir ein Rechteckelement auf der Außenseite des
Federdrahtes, so liegt die Hauptspannung max unter 45° zur Drahtachse, so dass bei tor-
sionsbeanspruchtem, vergütetem Federdraht ein Bruch in der Hauptachsenrichtung üblich
ist (90° zur maximalen Hauptspannung max ).
a τ
A
τt
2α h
b Hauptspannungs- Richtung der
αh richtung Bruchfläche
σmax
τt τt
B
Abb. 3.21 Mohr’scher Spannungskreis (a) und Hauptspannungen (b) im Draht zu Beispiel 3.4
3.4 Vergleichsspannungshypothesen 179
3.4 Vergleichsspannungshypothesen
I
1. die Normalspannungshypothese (NH)
2. die Schubspannungshypothese (SH) und
3. die Gestaltänderungsenergiehypothese (GEH).
Im Folgenden werden diese Hypothesen und ihre Einsatzbereiche der Reihe nach be-
handelt.
σy
σy
mehrachsiger Spannungszustand einachsiger Spannungszustand
Für den Fall, dass nur Biegung und Torsion als Belastung vorhanden sind, gilt: x = 0;
y = b und yx = t . Daraus folgt:
q
1
v D b C b C 4t zul
2 2
(3.25)
2
Die Hypothese der größten Normalspannung liefert eine brauchbare und gute Überein-
stimmung zwischen Versuch und Berechnung bei (überwiegend ruhender) Beanspruchung
von Werkstoffen, welche mit Trennbruch ohne Fließen versagen
Beispiel 3.5 In einer auf Zug und Torsion beanspruchten martensitisch gehärteten Welle
aus 41Cr4 treten folgende Spannungen auf:
Die Zugfestigkeit beträgt Rm = 2000 N/mm2 . Wie groß ist die Sicherheit gegen Bruch?
2
Sie wurde erstmals 1861 von dem schottischen Ingenieur und Physiker William John Macquorn
Rankine (1820–1871) formuliert.
3.4 Vergleichsspannungshypothesen 181
Die Schubspannungshypothese – auch Hypothese nach Tresca3 genannt – geht davon aus,
dass ein Versagen (bei räumlicher Beanspruchung) durch Schubspannungen ausgelöst
wird. max ergibt sich aus dem Mohr’schen Spannungskreis (Abb. 3.16):
q r
y x 2
max D
O M F 2 C AF 2 D C yx
2
2
max min
mit max D
2
Aus dem Zugversuch (Abschn. 2.1.1) hatte sich ergeben, dass die maximale Schub-
spannung unter einem Winkel von 45° auftritt und halb so groß wie die Normalspannung
ist:
v
max D I v D 2 max
2
Daraus ergibt sich für die Vergleichsspannung:
r
y x 2
zul v D 2 C yx
2 (3.26)
2
q
2 2
D y x C 2yx (3.27)
q
2
D y x C 4yx 2 (3.28)
Bei Biegung und Torsion gilt: x = 0; y = b und yx = t
q
zul v D b2 C 4t2 (3.29)
Beispiel 3.6 In einem auf Zug und Torsion beanspruchten Bolzen aus einem duktilen
Vergütungsstahl treten folgende Spannungen auf:
Die Streckgrenze beträgt Re = 700 N/mm2 . Wie groß ist die Sicherheit gegen Fließen?
3
Henri Édouard Tresca (1814–1885), französischer Ingenieur. Neben der Entwicklung der Schub-
spannungshypothese war Tresca auch an der Gestaltung des Urmeters in Paris beteiligt.
182 3 Zusammengesetzte Beanspruchungen
Volumenänderungsenergie W V
Gestaltänderungsenergie W G
mit: W F = W V + W G.
Beispiel 3.7 Bei einem Würfel, der in einer Richtung auf Zug beansprucht wird, vollzieht
sich die Formänderung in zwei Schritten (Abb. 3.23):
Aus der Beobachtung von Versuchen hat sich ergeben, dass die Volumenänderungs-
energie keinen Einfluss auf das Versagen hat, hingegen jedoch die Gestaltänderungsener-
gie. Das heißt, dass der Schubspannungseinfluss bei diesem Modell entscheidend ist.
Ohne Herleitung (da sehr aufwändig) ergibt sich für den zweiachsigen Spannungszu-
stand: q
v D x2 C y2 x y C 3yx
2
zul (3.30)
Die Hypothese der größten Gestaltänderungsenergie liefert eine gute Übereinstimmung
zwischen Versuch und Berechnung bei (überwiegend ruhender) Beanspruchung von duk-
tilen Werkstoffen ohne ausgeprägte Fließgrenze (z. B. Tiefziehstähle: hohes Verfor-
mungsvermögen ohne ausgeprägte Streckgrenze: DC 06; DC 10) sowie insbesondere bei
dynamischer Beanspruchung.
4
Richard von Mises (1883–1953), österreichischer Mathematiker.
3.4 Vergleichsspannungshypothesen 183
spröde
reich der Vergleichsspannungs-
hypothesen Werkstoff NH
duktil
GEH
SH
zäh
Aus Abb. 3.24 ist zu entnehmen für welchen Werkstoff und welche Beanspruchung
die jeweilige Vergleichsspannungshypothese anzuwenden ist. Der jeweilige Übergangs-
bereich zu den Vergleichsspannungshypothesen in Abb. 3.24 ist farblich heller dargestellt.
Beispiel 3.9 Eine Welle mit d = 40 mm wird durch ein Biegemoment M b = 450 Nm und
ein Torsionsmoment T = 300 Nm belastet.
184 3 Zusammengesetzte Beanspruchungen
Lösung
a)
b D Mb
Wb D 450:000 Nmm
3 3 D 71;62 mm
N
2
32 40 mm
t D T
Wt D T
Wp D 300:000 Nmm
3 3 D 23;87 mm
N
2
16 40 mm
b) q
1
NH: v Db C b2 C 4t2 D
2
1 p N
D 71;62 C 71;622 C 4 23;872 D 78;85
2 mm2
q p N
SH: v D b2 C 4t2 D 71;622 C 4 23;872 D 86;07
mm2
q p N
GEH: v D b2 C 3t2 D 71;622 C 3 23;872 D 82;7
mm2
3.4.4 Anstrengungsverhältnis
Bisher ist es nicht gelungen eine Hypothese zu finden, die allen Werkstoffen und Belas-
tungsarten gerecht wird. Die unter Abschn. 3.4.1, 3.4.2 und 3.4.3 aufgeführten Gleichun-
gen für die Vergleichsspannung v sind gültig, wenn für und der gleiche Belastungsfall
vorliegt, d. h. beide sind entweder ruhend, schwellend oder wechselnd. Häufig treten in der
Praxis jedoch unterschiedliche Belastungsfälle auf: z. B. für eine Welle: Biegung wech-
selnd, Torsion ruhend. Um diese unterschiedlichen Belastungsfälle zu berücksichtigen,
wird ein Korrekturfaktor in die Formeln eingeführt.
Zunächst soll betrachtet werden, wie die Torsionsspannung in den unterschiedlichen
Vergleichsspannungshypothesen berücksichtigt wird. Dazu wird der Fall „reine Torsi-
on“ betrachtet mit x = y = 0. Aus dem Verhältnis der zulässigen Spannung zul zur
zulässigen Torsionsspannung zul ergeben sich die folgenden Verhältniswerte ' für jede
Vergleichsspannungshypothese (Tab. 3.1).
Mit diesem Verhältniswert ' wird nach Bach der Korrekturfaktor ˛0 gebildet, der
auch Anstrengungsverhältnis genannt wird.
zul Grenz
˛0 D bzw. ˛0 D (3.31)
' zul ' Grenz
Beispiel 3.10 Gegeben ist eine Welle aus E335, die durch ein Biegemoment M und ein
Torsionsmoment T belastet wird.
Gesucht: Anstrengungsverhältnis ˛ 0, wenn
a) M wechselnd, T ruhend,
b) M und T wechselnd
c) M ruhend und T wechselnd.
p Grenz
'D 3 .für GEH/I ˛0 D
' Grenz
a) ˛0 D bw
'tF
Dp290 0;73
3230
b) ˛0 D bw
'tW D p290
3180
0;93
c) ˛0 D bF
'tW
D 3180 1;28
p400
Erkenntnis: die stärkste Gewichtung der Schubspannungen tritt bei wechselnden Tor-
sionsmomenten auf!
186 3 Zusammengesetzte Beanspruchungen
Beispiel 3.11 Wir schauen uns noch einmal die Antriebswelle von Finn Niklas’ Dreirad
an (Abb. 3.25). In Beispiel 2.31 hatten wir die maximal auftretende Torsionsspannung
bestimmt. Mit Kenntnis der Theorie zur Überlagerung von Spannungen soll jetzt die ma-
ximal auftretende Vergleichsspannung v der Antriebswelle bestimmt werden und mit der
zulässigen Spannung verglichen werden.
Gegeben:
F hl = F hr = 197,7 N
a = 150 mm
d = 18 mm
S235: Re = 235 N/mm2
Smin = 1,5
max = 21 N/mm2 (aus Beispiel 2.31)
Anstrengungsverhältnis ˛ 0 = 1
Lösung Aus dem Biegemomentenverlauf ergibt sich das maximal auftretende Biegemo-
ment:
Mb D Fhl a D 197;7 N 150 mm D 29:655 Nmm
Mb Mb 29:655 Nmm
max D D 3 D 3 3
D 51;8 N/mm2
Wb 32
d 32
18 mm
Da die Belastung der Antriebswelle dynamisch ist, wird die Vergleichsspannung nach
der Gestaltänderungsenergiehypothese bestimmt (nach Gl. 3.34).
q
v D 2 C 3.˛0 /2 :
q
v D .51;8 N=mm2 /2 C 3.21 N/mm2 /2 D 63;3 N=mm2
Re 235 N=mm2
zul D D D 157 N=mm2
Smin 1;5
v < zul
Treten zusammengesetzte Beanspruchungen auf, stellt sich die Frage, handelt es sich
um reine resultierende Spannungen nach dem Überlagerungsprinzip oder um Beanspru-
chungskombinationen? Der Ablauf bezüglich der Ermittlung resultierender Spannungen
bzw. der Vergleichsspannungen ist Abb. 3.26 zu entnehmen.
Für die nachfolgenden Beanspruchungskombinationen wird folgende Empfehlung zur
Anwendung der Vergleichsspannungshypothesen gegeben:
dynamischer Beanspruchung
σ σ
σ
Rm Bruch Rm
Rm
Re Bruch
Bruch
ε ε
ε
Zusammengesetzte Beanspruchungen
3.5 Verständnisfragen zu Kapitel 3 189
Einzelspannungen
σz,d σb τs τt
treten
σ und τ nein
gemeinsam
auf?
ja
resultierende Spannung
nein σres τres
Werkstoff
duktil (zäh)? σres = σz,d + σb
τres = τs + τt
ja
SH/
ja
GEH
1. Nennen Sie Beispiele für ein Bauteil mit zusammengesetzter Beanspruchung aus
Normal- und Tangentialspannungen.
190 3 Zusammengesetzte Beanspruchungen
2. Was ist bei der Überlagerung von Schubspannungen aus Querkraft und Torsion zu
beachten?
3. Was kennzeichnet einen ebenen Spannungszustand?
4. Erläutern Sie die Bedeutung der Hauptachsen bei einem ebenen Spannungszustand.
5. Wozu dient der Mohr’sche Spannungskreis?
6. Warum können Schub- und Normalspannungen nicht einfach addiert werden, um
eine maximal auftretende Spannung zu bestimmen?
7. Wann muss eine Vergleichsspannung berechnet werden?
8. Wie wird bei Berechnung einer Vergleichsspannung der Festigkeitsnachweis ge-
führt?
9. Welche Vergleichsspannungshypothesen werden
a) bei einer ruhenden Beanspruchung
b) bei einer dynamischen Beanspruchung angewendet?
10. Wieso wurde in die Theorie das Anstrengungsverhältnis ˛ 0 eingeführt?
Aufgabe 3.1 Ein Säulendrehkran darf in der äußersten Stellung der Laufkatze eine Last
F = 20 kN heben (siehe folgende Abbildung). Die Säule ist aus Rohr ¿ 273 × 5-S235JRH
hergestellt. Der Ausleger besteht aus einem IPB-Profil.
a) Ermitteln Sie Art und Größe der maximalen Spannung im Querschnitt B–B sowie im
Einspannquerschnitt am Boden.
b) Bestimmen Sie die Nulllinienverschiebung (Verlagerung der neutralen Faser) y0 im
Querschnitt B–B.
c) Skizzieren Sie den resultierenden Spannungsverlauf und die Nulllinienverschiebung
qualitativ im Querschnitt B–B.
3.6 Aufgaben zu Kapitel 3 191
Aufgabe 3.2 Eine Getriebewelle aus E335 wird auf Biegung wechselnd ( bW =
290 N/mm2 ) und Torsion schwellend ( Sch = 230 N/mm2 ) beansprucht.
Aufgabe 3.3 Ein Blech aus S235JR (Raumtemperatur und keine besonderen Umweltein-
flüsse) ist in der Blechebene statisch belastet. Die Spannungen betragen x = 132 N/mm2 ;
y = 48 N/mm2 und = xy = 61 N/mm2 .
a) Mit welcher Hypothese sollte das Blech auf Versagen gegen Fließen geprüft werden?
b) Wie groß ist die Vergleichsspannung?
c) Wie groß ist die Sicherheit gegen unzulässig große Verformung?
192 3 Zusammengesetzte Beanspruchungen
Aufgabe 3.4 Von einem abgewinkelten Balkenelement sind folgende Daten bekannt:
F1
Ød
l1 F3
F2
l2
F1 = 1,5 kN
F2 = 3,6 kN
F3 = 1,0 kN
l1 = 1000 mm
l2 = 500 mm
d = 50 mm
Bestimmen Sie Ort und Größe der maximalen Vergleichsspannung nach der Gestaltän-
derungsenergiehypothese für ein Anstrengungsverhältnis von ˛ 0 = 1.
Aufgabe 3.5 An einem Kegelrad wirken die Umfangkraft F u = 6 kN, die Axialkraft
F a = 2 kN und die Radialkraft F r = 1 kN. Die Abmessungen betragen: d = 50 mm, do =
120 mm, l = 40 mm.
Lager
Fu
Fa
A Fr
Fr
d0
d
Bisher haben wir bei der Dimensionierung von Bauteilen auf die Beanspruchung geachtet,
indem wir untersucht haben, ob die vorhandene Spannung die zulässige nicht überschreitet
und notwendige Sicherheiten eingehalten werden. In diesem Kapitel werden wir auch die
Verformung von Bauteilen berücksichtigen und Biegelinien und Tangentenwinkel dieser
Bauteile berechnen.
Im Maschinenbau spielt neben der Festigkeit auch die Verformung von Bauteilen,
Maschinen, Fahrzeugen usw. eine Rolle. Werkzeugmaschinen müssen sehr steif ausge-
legt werden, damit nicht die Bearbeitungsgenauigkeit durch unzulässige Verformungen
der Maschinen leidet. Eisenbahn-Reisezugwagen dürfen sich z. B. unter der Nutzlast
nur um 1/300 der Stützweite durchsenken. Das ergibt bei den üblichen Stützweiten von
19.000 mm zwischen den Drehzapfen der Laufwerke eine maximale zulässige Durchbie-
gung in der Mitte des Wagenkastens von 63 mm. Da auch Getriebewellen Verformungen
zeigen können, muss überprüft werden, ob die Winkelverschiebungen, die infolge der Ver-
formung der Welle in den Lagerstellen auftreten, von den vorgesehenen (Wälz-)Lagern
aufgenommen werden können.
Ein Träger, der auf Biegung beansprucht wird, krümmt sich (Abb. 4.1). In diesem Ab-
schnitt wird die Gleichung für die Linie hergeleitet, die diese Krümmung beschreibt. Diese
Linie wird elastische Linie oder Biegelinie genannt.
Die Krümmung des Trägers ist abhängig von
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 195
K.-D. Arndt et al., Festigkeitslehre für Wirtschaftsingenieure,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-26141-2_4
196 4 Durchbiegung
a F
b
σbd
h
σbz
b Nulllinie F
b
σbd
h
σbz
Abb. 4.1 Biegebeanspruchter Träger mit Rechteckquerschnitt auf zwei Stützen a hochkant, b flach-
kant
Zur Herleitung der Gleichung der elastischen Linie gelten die folgenden Voraussetzun-
gen (siehe auch Abschn. 2.2.1):
1. Die Achse des unbelasteten Trägers (Balkens) ist gerade und der Querschnitt konstant.
2. Die Querschnittsabmessungen (Breite b und Höhe h) sind klein gegenüber der Balken-
länge l (h l), d. h. die Schubspannungen sind vernachlässigbar.
3. Der Balkenwerkstoff ist homogen und isotrop, die E-Module für Zug und Druck sind
gleich und das Hooke’sche Gesetz ist gültig.
4. Die äußere Belastung liegt in der Symmetrieebene des Querschnitts bzw. in Richtung
einer Hauptachse (gerade Biegung).
5. Es treten nur kleine Durchbiegungen (Deformationen) und Winkeländerungen auf.
6. Die Balkenquerschnitte bleiben eben und senkrecht zur Balkenachse.
7. Die untersuchten Querschnitte sind in genügender Entfernung von Krafteinleitungs-
stellen (Auflager, Lastangriffsstellen).
8. Die maximale Spannung liegt unterhalb der Proportionalitätsgrenze ( max p ).
In Abb. 4.2 ist der Teilabschnitt eines auf Biegung beanspruchten Balkens dargestellt.
Die w-Koordinate ist nach unten gerichtet ) der Wert für die Durchbiegung ist positiv
(bei Belastung von oben).
Die Dehnung eines Bogenelementes im Abstand z von der neutralen Faser ist:
l z d˛
"D D
l ds
Ein Bogenelement hat die Länge ds D d˛
z d˛ z
"D D D .Hooke’sches Gesetz/
d˛ E
4.1 Differenzialgleichung der elastischen Linie 197
dα
ρ
x
ds = ρ·dα
dα
ds +Mb
z
z·dα
w parallel
Bei einer linearen Biegespannungsverteilung über der Balkenhöhe ergibt sich für die
Spannung:
Mb z
D .I D
O axiales Flächenmoment 2. Grades/
I
Mb z z
D
E I
1 Mb
) D Dk .k: Krümmung/ (4.1)
E I
Bemerkung:
Für die Technik sind die Durchbiegung w und die Winkellage w0 der Biegelinie von
Interesse. So gilt für viele Wälzlagerarten (Rillenkugel-, Nadel-, Zylinderrollenlager),
dass keine Winkelabweichungen der Drehachsen zugelassen sind. Mit der Berechnung
von w 0 kann überprüft werden, ob der Einsatz derartiger Lager möglich ist. Im Folgenden
soll der Zusammenhang zwischen und w bzw. w 0 hergeleitet werden.
In der Mathematik (Funktionentheorie) wird der Zusammenhang zwischen der Krüm-
mung einer Kurve, die durch den Punkt P geht, und der Tangente in dem Punkt P wie
198 4 Durchbiegung
1 y 00
D 3
1 C y02 2
1 w 00
D 3
1 C w0 2 2
Voraussetzung für die Herleitung der Gleichung der elastischen Linie sind kleine
Winkeländerungen (siehe auch Annahme 5). Daraus folgt zum Beispiel für ˛ max = 1/2°
) w 0 = tan ˛ = tan (0,5°) = 0,009 ) w 02 104 , d. h. w 02 ist in der vorstehenden Glei-
chung aufgrund der Größenordnung bei Anwendung auf Biegung vernachlässigbar.
1 Mb
D
E I
w 00 Mb
) D
1 C w0 2 2
3
E I
Mb .x/
) w 00 D (4.2)
EI
Dies ist die lineare Differenzialgleichung 2. Ordnung für die elastische Linie (Biege-
linie).
Hier noch einmal ein Verweis auf die Vorzeichenregel aus Abschn. 2.2.2:
Ein Moment, das auf der Seite der positiven w-Achse eine gezogene Faser erzeugt, ist
positiv (Abb. 4.4).
Die Gleichung w 00 D MEI b .x/
darf nur bedingt zur Berechnung von Blattfedern ver-
wendet werden (nur bei kleinen Verformungen), da die Voraussetzung w02 0 bei großen
Durchbiegungen nicht erfüllt ist.
4.1 Differenzialgleichung der elastischen Linie 199
w
+
Erkenntnis
Die zweite Ableitung der Biegelinie eines Trägers mit konstanter Biegesteifigkeit ent-
spricht nach vorstehender Gleichung dem Momentenverlauf.
Man erhält folgende Zusammenhänge zwischen der Streckenlast q(x), der Quer-
kraft F q (x), dem Momentenverlauf M b (x), dem Steigungswinkel '(x) und der elastischen
Linie (Biegelinie) w(x):
Aus der Funktion der Streckenlast erhält man nacheinander durch Integration:
Z
Fq D q dx (4.3)
Z
Mb D Fq dx (4.4)
Z
Mb
'D dx (4.5)
E I
Z
wD ' dx (4.6)
Diese Vorzeichen ergeben sich, weil es üblich ist, die Durchbiegung von Trägern nach
unten positiv anzugeben und die positive x-Achse nach rechts zu legen (Abb. 4.5). Der
Steigungswinkel soll dann positiv sein, wenn bei zunehmendem Wert x auch die Durch-
biegung größer (Abb. 4.5) wird.
Beispiel 4.1 Für den eingespannten Träger konstanter Biegesteifigkeit (Abb. 4.6), der am
Ende durch eine Einzelkraft F belastet ist, sind die Gleichung der Biegelinie, die maximale
Durchbiegung und der Neigungswinkel zu bestimmen.
200 4 Durchbiegung
w1 w2
postiver Bereich negativer Bereich
Mb .x/ D F .l x/
E I w 00 D ŒF .l x/ D CF .l x/
Zweimal integrieren:
1
E I w 0 D F l x F x 2 C C1
2
1 1
E I w D F l x 2 F x 3 C C1 x C C2
2 6
a b
F F
Mb(x)
x -Fl
wmax
φmax
w l l
wB
x
w φB
A B
w (x = 0) = 0 w (x = l) ≠ 0
w′(x = 0) = 0 = φA w′(x = l) ≠ 0 = φB = φmax
Rb. 1:
1
E I w 0 D F l 0 F 0 2 C C1 D 0
2
C1 D 0
Rb. 2:
1 1
E I w D F l 0 2 F 0 3 C 0 C C2 D 0
2 6
C2 D 0
Konstanten einsetzen in w(x) ergibt die Gleichung der Biegelinie:
1 1 1
wD F l x2 F x3
E I 2 6
3 2
F l x x 3
wD 3
6E I l l
F l3
xDl)wD Œ3 1
6E I
F l3
w .x D l/ D D wmax
3E I
Beispiel 4.2 Für den eingespannten Träger konstanter Biegesteifigkeit (Abb. 4.9), der
durch eine konstante Streckenlast q belastet ist, sind die Gleichung der Biegelinie, die ma-
ximale Durchbiegung und der Neigungswinkel zu bestimmen (Schnittgrößen am Träger
siehe Abb. 4.10b).
Lösung
X .l x/ q
Mi D 0 ) Mb D q .l x/ D .l x/2
2 2
00 q 2
E I w D Mb D .l x/
2
00 q 2
E I w D l 2lx C x 2
2
E·I
a b
x q q
Mb
E·I wmax Fq
l-x
φmax
w l
Integrieren:
3
q
0 2 x
E I w D l x l x +
2
C C1
2 3
2
q l 2 l 3 x4
EI w D x x + C C1 x C C2
2 2 3 12
Randbedingungen:
q 2 03
E I w 0 .x D 0/ D 0 ) l 0 l 02 C C C1 D 0
2 3
) C1 D 0
q l 2 2 l 3 04
E I w .x D 0/ D 0 ) 0 0 C C 0 C C2
2 2 3 12
) C2 D 0
q l4
w .x D l/ D D wmax
8E I
Neigung bei x = l:
q x3
w0 D l 2 x l x2+
2E I 3
ql 3
w 0 .x D l/ D D 'max
6E I
Beispiel 4.3 Für den außermittig mit einer Einzelkraft F belasteten Träger konstanter
Biegesteifigkeit (Abb. 4.11) sind die Gleichung der Biegelinie und die maximale Durch-
biegung zu bestimmen.
A B
l
w=z x
Auflagerkräfte:
X
Fz D 0 D FA FB C F
X a
MA D 0 D FB l F a D 0 ) FB D F
l
a
FA D F FB D F F
l
a l a b
FA D F 1 DF DF
l l l l
Bereich I (0 ≤ x ≤ a) Bereich II (a ≤ x ≤ l)
a F
MbI MbII
FA FA
FqII
x FqI x
4.1 Differenzialgleichung der elastischen Linie 205
MbI FA x D 0 MbII FA x C F .x a/ D 0
MbI D F bl x MbII D F bl x F .x a/
) Mbmax D MbI .x D a/ D F ba l
E I wI00 D MbI D F bl x E I wII00 D MbII
D F bl x C F .x a/
x2 x2 .xa/2
E I wI0 D F b
l
2
C CI1 E I wII0 D F b
l 2
CF 2
C CII1
x3 x3 .xa/3
E I wI D F b
l
6
C CI1 x C CI2 E I wII D F b
l
CF
6 6
C CII1 x C CII2
Übergangsbedingungen:
Aus Rb. 1:
wI .x D 0/ D CI 2 D 0 ) CI 2 D 0
Aus Üb. 2:
0 0
wIa .x D a/ D wIIa .x D a/
b a2 b a2 .a a/2
F C CI1 D F CF C CII1
l 2 l 2 2
) CI1 D CII1
φA φB
w
x
A B
w
w (x = 0) = 0 w (x = l) = 0
w′(x = 0) ≠ 0 = φA w′(x = l) ≠ 0 = φB
206 4 Durchbiegung
b a3
F C CI1 a C CI2 D
l 6
b a3 .a a/3
D F CF C CII1 a C CII2
l 6 6
) CII2 D 0
Aus Rb. 2:
b l3 .l a/3
wl D wII1 D 0 )D F CF C CII1 l D 0
" l 6 # 6
F .l a/3
) CII1 D bl
6 l
F b 2
Mit b D l aI CII1 D l b 2 D CI 1
6 l
Gleichungen für die Biegelinie entsprechend den beiden Bereichen I und II:
F b 2
wI .x/ D l b2 x x3
6E I l
F b l
wII .x/ D .x a/3 C l 2 b 2 x x 3
6E I l b
Kontrolle: w I (x = a) = w II (x = a):
F b 2
wI .x D a/ D l b 2 a a3
6E I l
F b l
D .a a/3 C l 2 b 2 a a3
6E I l b
mit l = a + b
F b 2
wI .x D a/ D a C 2ab C b 2 b 2 a a3
6E I l
F b 3 F a2 b 2
D a C 2a2 b a3 D
6E I l 3E I l
4.2 Überlagerungsprinzip bei der Biegung 207
wI0 .xm / D 0
F b x2 F b 2
wI0 D mC l b2 D 0
E I l 2 6E I l
xm2 1 2
D l b2
2 6
1 2
xm2 D l b2
3 r
.l 2 b 2 /
) xm D .x-Koordinate der maximalen Durchbiegung!/
3
F b 2
wmax D wI .xm / D l b 2 xm xm3
6E I l
F b 1 2 3 1 3
D p l b2 2 p l 2 b2 2
6E I l 3 3 3
F b 1 2 2 3
D p l b2 2
6E I l 3 3
F b 3
wmax D p l 2 b2 2
9 3E I l
Aus den Grundlösungen für die Durchbiegungen und Neigungen der elastischen Li-
nie (nach Tab. 4.1) ergeben sich Kombinationsmöglichkeiten. Die Voraussetzung dafür
ist, dass die resultierende Spannung kleiner als die Proportionalitätsspannung bleibt:
res max < P .
Im linear-elastischen Bereich gilt:
I Eine Überlagerung (Superposition) ist möglich. Durch die Überlagerung von Grundlö-
sungen werden die Durchbiege- und Neigungswerte für komplizierte Belastungsfälle aus
Einzelkräften und -momenten sowie Streckenlasten zusammengesetzt.
Wenn kleine Verformungen und geringe Neigungen (vgl. Annahme 5 aus Abschn. 4.1)
vorhanden sind und alle Durchbiegungswerte (so gut wie) senkrecht zur unverformten
Balkenachse liegen, besteht die Möglichkeit der einfachen Addition. Dazu wird auf die
Grundlösungen aus Tab. 4.1 und Abb. 4.14 zurückgegriffen.
Tab. 4.1 Gleichungen der Biegelinien, Durchbiegungen und Neigungen von Balken
208
A B φmax
F
M l 2
2 wD 2EI
x2 wmax D M
2EI
l M l 2
2 M l
wD 2EI
1 xl1 'max D EI
x x1
M
w wmax
A B φ max
h
ql 4 2 3 4 i ql 4
3 wD 24EI
6 xl 4 xl C xl wmax D 8EI
l h 4 i ql 3
ql 4 'max D
wD 6EI
24EI
x q x1 3 4 xl1 C xl1
w
wmax
A B φmax
h
q0 l 4 2 3 4 5 i q0 l 4
4 wD wmax D
4
120EI
10 xl 10 xl C 5 xl xl 30EI
l h 5 i q0 l 3
q0 l 4 'max D
x x1 wD 120EI
4 5 xl1 C xl1 24EI
w wmax
q0
A B φmax
Durchbiegung
Tab. 4.1 (Fortsetzung)
Belastungsfall Gleichung der Biegelinie Durchbiegungen w Nei-
h gung '
q0 l 4 2 3 5 i 11q0 l 4
5 wD 120EI
20 xl 10 xl + xl wmax D 120EI
l h 4 5 i q0 l 3
q0 l 4 'max D
q0 wD 120EI 11 15 xl1 + 5 xl1 xl1 8EI
x x1
w
wmax
A B φ max
F l 3
x h i
4 x 2 F l 3
6 wD 16EI
l
1 3 l
wF D wmax D 48EI
x l F l 2
für x 2l 'A D 16EI D 'B
4.2 Überlagerungsprinzip bei der Biegung
l/2 w
φA wmax φB
A B
F
F l 3
2 h x 2 i F l 3
2 2
7 w D 6EI al bl xl 1 C bl ab wF D 3EI al bl
x l x1 1
für 0 x a 'A D wF 2a 1 C bl
a b F l 3
2 h x 2 i 1
w1 w1 D 6EI bl al xl1 1 C al ab1 'B D wF 2b 1 C al
w wF für 0 x1 b
φA φB
A B
F
F F a
2
8 w D 6EI 3alx 3a2 x x 3 wmax D 24EI 3l 4a2
x l F a
a a für 0 x a 'A D 2EI .l a/ D 'B
w F F a
φA φB w D 6EI 3alx 3ax 2 a3 ' .a/ D 2EI .l 2a/
wmax
für a x 2l
A B
F F
209
210
x h x 2 i p
x M l 2 3 M l 2
11 l wD 24EI l
1 4 l
wmax D 216
EI
l/2 l p l
für 0 x bei x D 2 3
M φC 2
wmax M l
'A D 24EI
D 'B
φA wmax φ B M l
'C D 12EI
A C B
h
ql 4 x
x 3 x 4 i 5ql 4
12 wD 24EI l
2 l
C l
wmax D 384EI
x l 3
ql
4
n h 2 i h 2 2 i o h
ql 4 5 ql 4 5
a 2 i
14 a l a wD 16EI
1 4 xl 24 al 16 xl wmax D 16EI 24
l
q
φA φB w1 für 2l x 2l 5
wmax w n h i o wmax D 0 wenn a D l 24
q ql 4 3 2 4 a x1 4
φC w1 D 24EI 4 al C 6 al 1 xl1 al C l
l
wC hD i
C A B C ql 3 a a 2 a 3
x x1 für: 0 x1 a 24EI 6 l C 3 l 1
wC D 0 wenn a D 0;3747
l
'A D 'B h i
ql 3 2
'A D 24EI 6 al 1
j'C j D
q
24EI
4a3 C 6a2 l l 3
211
212 4 Durchbiegung
q· l 4 q ·l 3
q 8E· I 6 E· I
a b
A B C
wBF
wges
wφ
wges = wC = wBF + wφ = wBF + b·φBF φBF
Gemäß Abb. 4.15 ist beim Überlagerungsprinzip darauf zu achten, dass sich die Durch-
biegung w an der Stelle C additiv aus zwei Anteilen zusammensetzt, und zwar zum einen
aus der Durchbiegung w BF infolge der Kraft F (Stelle B; Strecke AB (Länge a)) und
zum anderen aus der Durchbiegung im Punkt C, die infolge des auftretenden Winkels ' BF
(Stelle B) multipliziert mit der Strecke BC (Länge b), entsteht.
Beispiel 4.4 Einseitig eingespannter Balken der Länge l mit konstanter Streckenlast q und
Einzellast F am freien Ende (Abb. 4.16). Wie groß sind die Durchbiegung und Neigung
am freien Ende?
E·I
l
4.2 Überlagerungsprinzip bei der Biegung 213
F F
q q
E·I = +
x
w(x)
= w(x)
+ w(x)
wges
wF
wq
Abb. 4.17 Überlagerungsprinzip Beispiel 4.4
q l3 F l2
'ges D 'q C 'F D C Ziffer (3) u. (1) für die Neigung aus Tab. 4.1
6E I 2E I
l2 ql
'ges D CF
2E I 3
Beispiel 4.5 Einseitig eingespannter Träger mit konstanter Streckenlast q auf der linken
Balkenhälfte und F am freien Ende (Abb. 4.18). Wie groß ist die Durchbiegung und Nei-
gung am freien Ende?
Ansatz
l
wges D w2 D w1q C '1q
C w2F
2
Wichtig: q verursacht nicht nur die Durchbiegung an der Stelle 1, sondern für die
Gesamtdurchbiegung muss auch die Neigung des Trägers an dieser Stelle berücksichtigt
l/2 l/2
214 4 Durchbiegung
F F
q q
E·I
= +
x
l/2 1 l/2 2 1 2
w(x)
= w(x)
+ w(x)
φ1q
w1q
w2F
φq1·l/2
wges
werden (s. Abb. 4.15). Diese Neigung ' 1q führt mit dem Hebel l / 2 zu einer zusätzlichen
Absenkung an der Stelle 2 (Abb. 4.19).
4 3
q 2l q 2l l F l3
wges D C C
8E I 6E I 2 3E I
l 3
q 2 F l2
'ges D '1q C '2F D C
6E I 2E I
Beispiel 4.6 Einseitig eingespannter Balken mit zwei Einzelkräften (Abb. 4.20). Auch bei
diesem Beispiel muss berücksichtigt werden, dass die Kraft F 1 nicht nur eine Durchbie-
gung an der Krafteinleitungsstelle von F 1 verursacht, sondern mit dem Neigungswinkel
' 1F1 und dem Hebelarm b zur Durchsenkung an der Stelle F 2 beiträgt (Abb. 4.21).
a3 a2 l3
wmax D F1 C b C F2
3E I 2E I 3E I
1
'max D F1 a2 C F2 l 2
2E I
a b
l
4.2 Überlagerungsprinzip bei der Biegung 215
F1 F1
F2 F2
E·I
= +
a b a b l
l
w(x)
wges = w(x)
+ w(x)
φ1F1
w1F1
w2F2
φ1F1·b
Abb. 4.21 Überlagerungsprinzip Beispiel 4.6
Beispiel 4.7 Einseitig eingespannter Balken mit konstanter Streckenlast q über der rech-
ten Hälfte der Balkenlänge (Abb. 4.22)
Eine Überlagerung kann auch mit negativer Addition – also durch Subtraktion –
stattfinden.
wges D wGanz wTeil
Auch bei diesem Beispiel muss berücksichtigt werden, dass die Teilquerkraft (rechts
im Bild) nicht nur die Durchbiegung w 1q an der Stelle 1 verursacht, sondern auch mit dem
Neigungswinkel ' 1q und dem Hebelarm l / 2 zur Durchsenkung an der Stelle 2 beiträgt
(Abb. 4.23).
l
wges D w2q w1q C '1q
2
l 4 3 !
q l4 q 2 q 2l l
wges D C
8E I 8E I 6E I 2
q l4 1 1 1
wges D
E I 8 128 96
q l 4 41 41 5
wges D
8E I 48 48 6
q l3 7
'ges D '2q '1q D
6E I 8
l/2 l/2
216 4 Durchbiegung
q q q
E·I
= _
l/2 l/2 l/2
1 2 2 1
_
=
w2q
w(x) w(x) w(x) φ1q
w1q
wges
φ1q∙l/2
Abb. 4.23 Überlagerungsprinzip Beispiel 4.7
Ansatz
Addition von drei Anteilen
max. Durchbiegung: wmax D w1 C w2 C w3 (Abb. 4.25)
w 1 an der Stelle 1 infolge F und M D F b:
a3 a2 F a2 a b
w1 D F CF b D C
3E Ia 2E Ia E Ia 3 2
E·Ia E·Ib
a b
1
F
F
E·Ia E·Ib E·Ia M = F·b
=
F
a b
l E·Ib
+
2
w 3 durch F über b:
F b3
w3 D
3E Ib
3 !
F a3 l b b Ia
wmax D 1C3 C
3E Ia a a a Ib
3 !
l b b
a 3
1C3 C D a3 C 3ab .a C b/ C b 3
aa a
D a3 C 3a2 b C 3ab 2 C b 3
D
O .a C b/3 D l 3 i. O.!
Moment M = F a in B
Kraft F über Länge a
.F a/ l F a3
wges D wM C wF D aC
3E I 3E I
M l .F a/ l
wobei wM D 'B a D a D a
3E I 3E I
3 2
F l a a
wges D 1C
3E I l l
E·I
A B
wges
E·I
φB
A B
Beispiel 4.10 Träger auf zwei Stützen mit Einzellasten F 1 und F 2 (Abb. 4.28). Die Durch-
biegung an der Stelle x = l1 und der Neigungswinkel ' A sind zu bestimmen, wenn l1 = 2a;
l2 = 3a; l3 = a; l = 6a sind.
Durchbiegungen an den Krafteinleitungsstellen (Abb. 4.29):
Bezogen auf:
x l
ai bi
wFi
A φA φB B
Fi
A E·I B
l1 l2 l3
l
4.2 Überlagerungsprinzip bei der Biegung 219
F1 F2 F1 F2
E·I
φB1 φB2
= +
A B A B A B
w1F2
w2F1
w2F2
w1F1
w1
w2
1 2 1 2 1 2
l
l1 l2 l3 a1 b1 a2 b2
= +
Mb Mb Mb
2
Fi l 3 ai bi 2 xi l xi
wi D 1C
6E I l l l bi a i bi
Für w 1 = w 1F1 + w 1F2 :
2 h i
F1 l 3 2
w1F1 D 6EI
bl1 xl 1 C bl1 a1xb1
a1
l
2 2
1 l l12
ll1 l2 Cl
3
w1F1 D F6EI 3
1 C l
l2 Cl3
l1 .l
l 2 Cl3 /
.6a/3 2a 2 4a 2 .2a/2
w1F1 D F16EI 6a 6a 1 C 4a 6a
2a4a
216a3
1 a
3 F1 a3
w1F1 D F16EI 36
4
16
36
1 C 32 12 D FEI 4 1636
2D 32
9
EI
2
F2 l 3 2
w1F2 D 6EI
a2
l
1 C bl2 ax2 b2
b2
l
x
l
2
2 l l12
l1 Cl
3
w1F2 D F6EI 2
l3
l1
l
1 C l
.l1 Cl
l l l3 2 /l3
F2 .6a/3 5a a 2 2a .2a/2
w1F2 D 6EI 6a 6a 6a 1 C a 5aa 6a
216a3 5
2 a
3 F2 a3
w1F2 D F26EI 6 36
1
26 1 C 6 45 D FEI 10 361
31
5 D 31
18 EI
F1 a3 F2 a3 a3
w1 D w1F1 C w1F2 D 32
9
EI
C 31
18
EI
D 18EI
.64F1 C 31F2 /
Für die Lagerstellen gilt: ' A = ' A1 + ' A2 und ' B = ' B1 + ' B2
Mit Tab. 4.1, Ziffer 7:
'A D 'A1 C 'A2 mit 'Ai D wFi 2a1 i 1 C bli
'A D wF1 2a1 1 1 C bl1 C wF2 2a1 2 1 C bl2
Gemäß Abb.: wF1 D
O w1F1 und wF2 D
O w2F2
220 4 Durchbiegung
F1 F2
a1 b1 a2 b2
φA1 φA2
+
w2F2
w1F1
A 1 B A 2 B
F2 l 3
a2 2 b2 2 .6a/3 5a 2 a 2 F2 a3
wF2 D 3EI
l
l D F23EI 6a 6a D 25
18
EI
F1 a3
20 F1 a2
'AF1 D 32
9 EI 2.2a/ 1 C 4a D 9 EI
1 6a
2 a
3 F2 a2
'AF2 D 25
18
FEI 2.5a/
1
1 C 6a
a
D 3536 EI
20 F1 a2 35 F2 a2 a2
'A D 'AF1 C 'AF2 D 9 EI
C 36 EI
D 36EI
.80F1 C 35F2 /
Beispiel 4.11 Jetzt wollen wir uns noch einmal das Dreirad von Finn Niklas (Abb. 4.30)
anschauen und bestimmen, wie weit sich das Gestell an der Stelle des Sitzes unter dem
Gewicht von Finn Niklas nach unten durchbiegt.
Die Schnittgrößen am Rahmen sind in Abb. 4.31 dargestellt.
Gegeben:
wB D wBF C wBM
2
F l 3 a 2 b
wBF D
3E I l l
a D l1 I b D l2 und l D l1 C l2
2 2
FGF l 3 l1 l2
wBF D
3E I l l
2
MA l x 3 x 2 1 x 3
wBM D C .Ziffer 10 Tab. 4.1/
3E I l 2 l 2 l
x D l2
" #
M l2 l2 3 l2 2 1 l2 3
wBM D C
3E I l 2 l 2 l
" #
FGF l 3 l1 2 l2 2 M l 2 l2 3 l2 2 1 l2 3
) wB D C C
3E I l l 3E I l 2 l 2 l
2 2
550 N 1300 mm3 3
450 850
) wB D
3 2;1 10 mm2 78:552 mm
5 N 4 1300 1300
" #
46;41 Nm 13002 mm2 850 3 850 2 1 850 3
C C
3 2;1 105 mm
N
2 78:552 mm
4 1300 2 1300 2 1300
D 1;25 mm C 1;16 mm D 2;14 mm
Gleichzeitig biegt sich der hintere Träger an der Stelle C unter dem Einfluss der Ge-
wichtskraft durch:
F l3
wC D .Ziffer 6 Tab. 4.1/
48E I
l D lh I F D Fh D Fhl C Fhr
Fh lh 3 395;3 N 9503 mm3
wC D D D 0;43 mm
48E I 48 2;1 105 mm
N
2 78:552 mm
4
222 4 Durchbiegung
Auf die Stelle B wirkt sich diese Durchbiegung wie folgt aus:
l2
wBC D wC
l
Die Gesamtdurchbiegung am Sitz ergibt sich aus:
l2 850
wBges D wB C wC D 2;41 mm C 0;43 mm D 2,69 mm
l 1300
innere und
äußere statische (Un-)Bestimmtheit.
MA F
FAx A
FAz
4.3 Anwendung der Biegetheorie auf statisch unbestimmte Systeme 223
FAx A FBx
FAz FBz
F1
FAx MA MB FBx
FAz FBz
a) †F ix = 0; †F iz = 0 und †M i(A) = 0
b) †F ix = 0; f†F iz = 0g; †M i(A) = 0 und †M i(C) = 0
c) †M i(A) = 0; †M i(B) = 0 und †M i(C) = 0
Bedingung für c) ist, dass die Punkte A, B und C nicht auf einer Geraden liegen.
Im Gegensatz zu statisch bestimmten Systemen sind bei statisch unbestimmten Sys-
temen mehr Unbekannte als Gleichgewichtsbedingungen vorhanden (Abb. 4.33, 4.34
und 4.35).
Das System in Abb. 4.33 basiert auf dem System in Abb. 4.32 oben. Es wurde ein
zusätzliches Loslager in Punkt C eingeführt. Damit gibt es vier unbekannte Größen (F Ax ,
F Az , F Bz und F Cz ). Für die Gleichgewichtsbedingungen gelten die drei unter a) bis c)
beschriebenen Alternativen. Bei vier Unbekannten und drei Gleichgewichtsbedingungen
bedeutet dies eine einfache statische Unbestimmtheit.
In Abb. 4.34 wurde das System aus Abb. 4.32 unten um ein Festlager in Punkt B er-
weitert. Mit dem Festlager ergeben sich zwei zusätzliche Unbekannte (F Bx , F Bz ). Mit fünf
224 4 Durchbiegung
Unbekannten und drei Gleichgewichtsbedingungen ist das System zweifach statisch un-
bestimmt.
In Abb. 4.35 ist ein fest eingespannter Rahmen dargestellt. In beiden Einspannpunkten
treten Horizontal- und Vertikalkräfte sowie Einspannmomente auf. In Summe gibt es sechs
unbekannte Größen. Bei drei Gleichgewichtsbedingungen bleiben drei Unbekannte übrig,
woraus folgt, dass das System dreifach unbestimmt ist.
Zur Ermittlung der unbekannten Größen werden zusätzliche Gleichungen aus der
Formänderung des Systems gewonnen. Für statisch unbestimmt gelagerte Balken bzw.
Rahmen sind verschiedene (gängige) Verfahren im Einsatz:
Z Z
1 1 Mb2
Wb D Mb d' D
O dx
2 2 E I
Der Ansatz von Castigliano ist:
@Wb
wF D
@F
d. h. die Durchbiegung an einer Kraftangriffsstelle ist gleich der Ableitung der Formände-
rungsarbeit nach dieser Kraft. An einem Auflager gilt:
@Wb
wD0) D 0 für Lager A.
@F
Es werden nur die Methoden a) und b) behandelt. Dabei wird im folgenden Abschnitt
aufgezeigt, wie man mit diesen Methoden die Unbekannten für statisch unbestimmte Sys-
teme erhalten kann.
a) Integrationsmethode
Ausgang ist die Differenzialgleichung der Biegelinie: w 00 D MEI
b .x/
Für ein zusätzliches Lager gilt: Die Durchbiegung w = 0 (unter Umständen auch w 0 = 0,
wenn eine Symmetrie vorliegt).
Bei zusätzlicher Einspannung: w = 0, w 0 = 0.
1
Carlo Alberto Castigliano (1847–1884), italienischer Ingenieur.
4.3 Anwendung der Biegetheorie auf statisch unbestimmte Systeme 225
Beispiel 4.12 Ein Balken der Länge 2 l mit konstanter Biegesteifigkeit E I wird in den
Punkten A, B und C gelagert und mit einer konstanten Streckenlast q belastet (Abb. 4.36).
Gesucht werden
die Auflagerkräfte F A , F B , F C
der Biegemomentenverlauf M b (x)
Lösung Da die Balkenanordnung und die Belastung symmetrisch sind, muss auch die
elastische Linie symmetrisch sein (Abb. 4.36b). Es reicht daher aus, nur eine Hälfte des
Balkens bis zur Balkenmitte zu betrachten. Wenn die Biegelinie symmetrisch ist, dann
muss der Steigungswinkel am Mittellager bei B gleich null sein: w 0 B = 0. Am Lager gilt
auch, dass die Durchbiegung gleich null ist: w B = 0. Das Lager B mit w B = 0 und w 0 B = 0
entspricht einer festen Einspannstelle.
Zur Vereinfachung kann daher ein Ersatzsystem mit der Hälfte des Balkens und einer
festen Einspannstelle betrachtet werden (Abb. 4.36c). An diesem treten die in Abb. 4.37
dargestellten Schnittgrößen auf.
Es gilt: X
Fz D 0 D FA q x Fq
X x2
M D0DC q x FA C Mb (4.7)
2
Z
x3 x2
E I w0 D M .x/ dx D q FA C C1 (4.8)
6 2
x4 x3
E I w D q FA C C1 x C C2 (4.9)
24 6
b q
A B C
c
A B
226 4 Durchbiegung
Das heißt, es gibt drei Unbekannte: F A , C1 , C2 zu bestimmen, und zwar aus den Rand-
bedingungen:
w0 D w.x D 0/ D 0 .Rb. 1/
wl D w.x D l/ D 0 .Rb. 2/
wl0 0
D w .x D l/ D 0 .Rb. 3/
Aus Gl. 4.9 und (Rb. 1) ) C2 = 0
Aus Gl. 4.9 und (Rb. 2):
l4 l3
0D q FA C C1 l
24 6
l2 l3
C1 D FA q
6 24
l3 l2
0D q FA C C1
6 2
l3 l2 l2 l3
0D q FA C FA q
6 2 6 24
l2 l3
0 D FA C q
3 8
3
FA D q l
8
l2 3 l3 32
C1 D ql q D q l3
6 8 24 48
1
C1 D q l3
48
Aus Symmetriegründen:
3
FC D FA D ql
8
4.3 Anwendung der Biegetheorie auf statisch unbestimmte Systeme 227
Vertikales Kräftegleichgewicht:
X
Fiz D 0 D FA C FB C FC 2 q l
FB D 2 .q l FA /
5
FB D q l
4
x4 x3 3 q l3
E I w D q ql C x
24 6 8 48
x 4 x 3 x
q l4
w .x/ D 2 3 C
48E I l l l
w.x D 0/ D 0 ) i. O.
w.x D l/ D 0 ) i. O.
w 0 .x D l/ D 0 ) i. O.
Biegemomentenverlauf:
x2 3
Mb .x/ D qC ql x
2 8
2 x
ql x 2
Mb .x/ D 4 C3
8 l l
x D 0 ) MbA D 0 ) i. O:
q l2
x D l ) MbB D
8
1 2
Mb max = – ql
8
A C
B
Mb
3 9
l M = ql 2
8 128
3
l
4
in ein statisch bestimmt gelagertes Hauptsystem (wird auch Grund- oder Nullsystem
genannt) mit allen gegebenen äußeren Belastungen und
so viele Zusatzsysteme, wie überzählige Lagereaktionen vorhanden sind. Die Reakti-
onskräfte oder -momente der überzähligen Auflager werden im jeweiligen Zusatzsys-
tem als äußere Belastungen berücksichtigt.
4.3 Anwendung der Biegetheorie auf statisch unbestimmte Systeme 229
q q
MA
l E·I
Freigemachtes System
A B FA FB
Hauptsystem I Hauptsystem II
q
wBq w′Aq
Zusatzsystem I Zusatzsystem II
wBFB MA
FB w′MA
Abb. 4.39 Statisch überbestimmt gelagerter Träger, zu zerlegen in Haupt- und Zusatzsystem
Beispiel 4.13 Der eingespannte Träger nach Abb. 4.40 hat ein überzähliges Lager. Er ist
damit einfach statisch unbestimmt. Zur Lösung werden ein statisch bestimmtes Hauptsys-
tem und ein Zusatzsystem gesucht.
wBq
wBFB
FB
Zur besseren Übersichtlichkeit werden im Index der Durchbiegungen (und auch der
Neigungen) immer der Ort (in diesem Fall B) und die verursachende Kraft (hier q) ange-
geben.
Im Zusatzsystem (Abb. 4.42) wird die überzählige Auflagerkraft (F B ) als äußere Be-
lastung angenommen.
Der Ansatz zur Lösung der Aufgabe ist die Überlagerung der Durchbiegungen am La-
ger B:
wB D wBq C wBFB D 0
Nach Tab. 4.1, Ziffer 3 und Ziffer 1:
q l4
wBq D
8E I
FB l 3
wBFB D
3E I
q l4 FB l 3
wB D D0
8E I 3E I
FB l 3 q l4
D
3E I 8E I
3
FB D q l
8
Damit ist die Auflagerreaktion des überzähligen Lagers bestimmt. Alle weiteren Grö-
ßen könnten jetzt berechnet werden.
Lösung nach Hauptsystem II: Die feste Einspannung in Punkt A wird zu einem
Festlager
Das Hauptsystem mit dem Neigungswinkel w 0 Aq am Lager A zeigt Abb. 4.43.
A B C
c d
q l3
'Aq D
24E I
M l
'AMA D
3E I
q l2
) MA D
8
Beispiel 4.14 Für den Träger (Abb. 4.45 und 4.46) sind die Lagerkräfte F A , F B , F C und
das Moment M A zu berechnen, wenn
a = d = l und b = c = 0,5 l ist.
Für die Berechnung soll nach Abb. 4.46b vorgegangen und mit Hilfe der Tab. 4.1,
Ziffer 1, die Durchbiegung für die Kräfte F, F B , F C und das Moment M A ermittelt werden.
232 4 Durchbiegung
a A B C b A B C
φAF F F
wAF
wCF
wBF
φAFA
wCFC
wAFA
wBFC
FC
FA
MA
wCFB
φAMA
FB
wBFB
wAMo
FC FB
wBFB
φAFC φAFB
MA MA
wCMA
φAMA
wBMA
φAMA
Abb. 4.46 Zerlegung in Haupt- und Zusatzsysteme (a–d) bei einem zweifach statisch unbestimm-
ten System
a b
l ½l
A B C
F F
MA
wCF
½l l
φF
wF
wBF
FC
FA FB
wCFC
wFFC
FC
wBFC
φFB
wCFB
wFFB
wBFB
FB
5 1 45
wB D 0W F FB FC D 0
48 24 128
7 1 9
wC D 0W F FB FC D 0
12 6 8
234 4 Durchbiegung
Man erhält also zwei Gleichungen mit zwei Unbekannten, mit dem Ergebnis:
15 16
FB D F und FC D F
2 27
X 319
FA kann aus Fiz D 0 bestimmt werden: FA C FB C FC F D 0 ) FA D F
54
X 3 l
MA kann aus MiA D 0 bestimmt werden: FC lF l C FB MA D 0
2 2
F l
) MA D
12
Aus dem Ergebnis ist ersichtlich, dass F A , F C und M A (Abb. 4.47a) entgegengesetzt
wie angenommen gerichtet sind.
Beispiel 4.15 Die Auflagerreaktionen des Balkens aus Beispiel 4.12 (Abb. 4.48) sollen
mit Hilfe des Überlagerungsprinzips bestimmt werden.
Ansatz zur Lösung: Das Hauptsystem bleibt erhalten, indem das mittlere Auflager (La-
ger B) entfernt wird, so dass ein statisch bestimmt gestützter Balken vorhanden ist. Im
Zusatzsystem wird die Kraft F B als äußere Belastung angenommen. Da am realen System
im Lager B die Durchbiegung null ist, gilt:
wB D wBq C wBF D 0
5 q.2 l/4 5 q l4
wBq D D
O
384 E I 24 E I
FB .2 l/3 l3
wBF D D FB
48E I 6E I
5 q l4 l3 5
FB D 0 ) FB D q l
24 E I 6E I 4
3
FA D FC D ql
8
A l B l C
4.4 Verständnisfragen zu Kapitel 4 235
Fazit Wenn man den Lösungsweg mit dem in Beispiel 4.12 (Lösung mit Integrations-
methode) vergleicht, ist der Ansatz mit dem Überlagerungsprinzip viel schneller. Er lässt
sich immer dann sehr gut einsetzen, wenn sich ein statisch unbestimmtes System in einfa-
che Teilsysteme zerlegen lässt, deren Durchbiegungen und Neigungen bekannt sind.
Aufgabe 4.1 In den Außenfasern eines Balkens herrscht der von Null mit der Trägerlänge
linear ansteigende Spannungsverlauf.
σmax
I II
l
Gegeben: ESt = 2,1 105 N/mm2 ; max = 120 N/mm2 ; l = 2 m; h = 300 mm (Balkenhöhe;
konstant).
a) Welchen Wert hat die größte Krümmung im Balken und wie ist der Krümmungsverlauf
entlang des Trägers?
236 4 Durchbiegung
b) Welchen Winkel bilden die Tangente an der Biegelinie in den Endpunkten I und II?
c) Durch welchen Belastungsfall kann der obige Spannungsverlauf erzeugt werden?
d) Wie groß ist die maximale Durchbiegung des Balkens?
Aufgabe 4.2 Dargestellt sind zwei horizontal eingespannte Blattfedern gleicher Biege-
steifigkeit.
F
d B
A d
l l
Aufgabe 4.3 Ein wie im Bild skizziert gelagerter Träger wird durch die Kraft F belastet.
F
E·I
l l
A B
Gegeben: F, l, E I = konst.
Zu bestimmen ist die Verschiebung des Kraftangriffspunktes bei konstanter Biegestei-
figkeit.
4.5 Aufgaben zu Kapitel 4 237
Aufgabe 4.4 Ein einseitig eingespannter Träger wird an seinem freien Ende durch einen
Gelenkstab abgestützt.
Gegeben: I, E, l, q, A, a.
E,A
a
q
x E·I c
l
w=z
Aufgabe 4.5 Ein horizontal in der Wand eingespannter Träger mit der Biegesteifigkeit
E1 I 1 wird durch eine Kraft F beansprucht. In der Mitte des Trägers (B) wird dieser
zusätzlich durch ein Stahlseil gehalten.
E2, A2
l
F
E1· I1
A B C
l l
Gegeben: F = 1 kN, l = 1 m, E1 = 0,72 105 N/mm2 , I 1 = 1008 cm4 , E2 = 2,10 105 N/mm2 ,
A2 = 113,10 mm2.
Aufgabe 4.6 Der beidseitig einbetonierte Träger wird durch die Kraft F belastet. Wie
groß ist die Durchbiegung an der Krafteinleitungsstelle?
F
⅔l ⅓l
Stabilitätsfall Knickung
5
Bei schlanken Druckstäben gibt es eine Versagensart bei Druckbelastung, die Knicken
genannt wird. Knicken ist kein Festigkeits-, sondern ein Stabilitätsproblem. Damit wollen
wir uns in diesem Kapitel beschäftigen.
In den Abschn. 2.1–2.4 sind wir bisher von folgenden Voraussetzungen ausgegangen:
Abb. 5.1 enthält die drei Gleichgewichtsarten, die bei Stabilitätsfällen zu betrachten
sind.
Wir wenden uns jetzt Stabilitätsproblemen zu (Abb. 5.2), d. h.
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 239
K.-D. Arndt et al., Festigkeitslehre für Wirtschaftsingenieure,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-26141-2_5
240 5 Stabilitätsfall Knickung
Stabilitätsprobleme treten auf, wenn ein Bauteil oder ein Bauelement auf Druck oder
Schub beansprucht wird.
Beispiele (siehe Abb. 5.2):
F F
w
b
qd qd
c
F F
F F
F
F
5.1 Knickspannung und Schlankheitsgrad 241
Zugkräfte haben auf verformte Bauteile eine stabilisierende Wirkung. So wird z. B. der
Durchhang eines Seils oder einer Kette durch eine Erhöhung der Zugkraft reduziert. Ein
schlanker Stab, der etwas durchgebogen oder gekrümmt ist, wird durch eine Zugkraft
gestreckt, durch eine Druckkraft aber stärker gekrümmt. Ein schlanker Stab unter einer
Druckkraft neigt zum Knicken oder Ausknicken (Abb. 5.2a). Hierbei handelt es sich um
eine eindimensionale Instabilität.
Dünnwandige Platten oder Schalen neigen unter Druckkräften zum Beulen oder Aus-
beulen (Abb. 5.2b). Dies nennt man zweidimensionale Instabilität. Es gibt noch weite-
re Versagensformen von Bauteilen: Bei dünnwandigen, offenen Profilen können unter
Druckkraft Drillknicken oder Biegedrillknicken auftreten (Abb. 5.2c). Biegebeanspruchte
Träger mit schmaler Querschnittsfläche (z. B. ein aufrecht gestelltes Rechteckprofil) kön-
nen durch Kippen versagen (Abb. 5.2d). Wir werden uns hier nur mit dem Knicken als
einzige Instabilität beschäftigen.
Knicken ist eine mögliche Versagensform druckbelasteter Bauteile. Dazu gehören im
Bauwesen z. B. Säulen, Pfeiler und Stützen ebenso wie Masten. Im Maschinenbau sind
z. B. Druckstangen, Kolbenstangen von Hydraulik- oder Pneumatikzylindern, Schrauben-
spindeln von Pressen sowie Pleuel von Verbrennungsmotoren auf Knicken zu prüfen.
Der in Abb. 5.3 gezeigte Strommast hat versagt, weil innerhalb des (räumlichen) Fach-
werks ein auf Druck belasteter Stab (Abb. 5.4) aufgrund extremer Eis- und Schneelast
geknickt ist und damit weitere Stäbe überlastet wurden. Ebenso können Bauteile durch
thermische Beanspruchung ausknicken (Abb. 5.5). Bei einem auf Druck belasteten schlan-
ken Stab ist es von Interesse, ob eine von außen einwirkende Störung, eine kleine Queraus-
lenkung, zurückgebildet oder verstärkt wird. Letzteres könnte bei einem labilen Gleich-
gewicht der Fall sein. Für einen idealen Stab mit idealer Belastung wurden die entspre-
chenden Beziehungen schon vor über 250 Jahren mathematisch hergeleitet. Ideal bedeutet
in diesem Zusammenhang, dass die Stabachse exakt gerade ist, also keine Vorverformung
besteht, und dass die Druckkraft genau im Profilschwerpunkt und in Richtung der Stab-
achse angreift.
Zunächst machen wir einen Gedankenversuch mit einem zwischen zwei Gelenken ge-
lagerten Stab, der durch aufgesetzte Massen belastet wird, Abb. 5.6. Untersucht werden
soll der Einfluss einer kleinen Außermittigkeit der Belastung durch Vorgabe einer Exzen-
trizität e0 .
In Stabmitte bildet sich jeweils eine Auslenkung e aus. Für eine Belastung mit der
Masse m beträgt diese e D e0 + e1 . Daraus ergibt sich für den Stab ein Biegemoment
M b = F G (e0 + e1 ) mit F G D m g. Für die Masse 2 m stellt sich eine neue Gleichgewichts-
lage ein bei e D e0 + e2 mit e2 > e1 . Bei der Masse 3 m erhalten wir eine überproportionale
Auslenkung e3 des Stabes aufgrund des Biegemomentes M b D 3 F G (e0 + e3 ). Der Stab
kehrt allerdings nach Entlastung (Wegnahme der Masse 3 m) in seine Ursprungslage zu-
rück. Oberhalb der Druckkraft 3F G führt eine kleine Zusatzbelastung zu großer Deforma-
tion des Stabes und schließlich zu seiner Zerstörung.
242 5 Stabilitätsfall Knickung
Die Belastung, die diese Zerstörung – das Knicken des Stabes – auslöst, nennt man
Knicklast oder Knickkraft F K . Auch bei verringerter Anfangsexzentrizität e0 (e0 ! 0)
führt dieselbe Knickkraft F K zur Zerstörung des Stabes, Abb. 5.7.
Wenn wir systematisch die Einflussgrößen unseres Experimentes aus Abb. 5.6 un-
tersuchen, erhalten wir folgende Zusammenhänge: Offenbar wird die Knickung eines
schlanken Stabes durch das Biegemoment verursacht. Daher ist die Biegesteifigkeit E I
des Stabes für sein Knickverhalten wichtig. Je größer die Biegesteifigkeit E I ist, umso
größer ist die Knicklast: F K EI min . Die Knicklast F K wird umso kleiner, je länger der
5.1 Knickspannung und Schlankheitsgrad 243
Stab ist: FK 1= lK2 mit der Stablänge lK . Zusammengefasst lässt sich schreiben:
E Imin
FK (5.1)
lK 2
Bezieht man diese Knickkraft F K auf die Querschnittsfläche A des Stabes, so erhält
man die Knickspannung K :
FK E Imin
K D (5.2)
A A lK 2
dem Elastizitätsmodul E,
dem minimalen Flächenmoment I min des Stabes,
der Querschnittsfläche A und
dem Quadrat der Stablänge lK2 .
2FG
1FG
e1 e3 Auslenkung e
e2
244 5 Stabilitätsfall Knickung
Mit der Definition des Trägheitsradius i (imin bezeichnet den Trägheitsradius für die
Stabachse mit dem minimalen Flächenmoment 2. Grades)
r
Imin Imin
imin D aus 2
imin D (5.3)
A A
lK lK
D D
O q (5.4)
imin Imin
A
E Imin E 2 E
K D 2 imin D 2 (5.5)
A lK2 lK
Die Knickspannung, also die Spannung im Stab, bei der dieser durch Knicken versa-
gen wird, hängt damit offenbar vom Elastizitätsmodul E als Materialkonstante und vom
Schlankheitsgrad als Beschreibung der geometrischen Eigenschaften ab. In Abb. 5.8
sind in Versuchen ermittelte Knickspannungen für Stäbe aus Stahl E335 über dem
Schlankheitsgrad aufgetragen.
Wenn die Knickspannung K unterhalb der Proportionalitätsgrenze P des Werkstoffs
liegt, spricht man von elastischer Knickung. Ist die Knickspannung größer als die Propor-
tionalitätsgrenze, liegt elastisch-plastische Knickung vor. Für Schlankheitsgrade < 20,
also sehr kurze Stäbe, ist ein Knicknachweis nicht erforderlich. Solche Stäbe müssen nur
auf Festigkeit überprüft werden.
Überlegungen zum Knicken von Druckstäben stellte Euler1 bereits im Jahre 1744 an. Er
betrachtete einen ideal elastischen und zentrisch belasteten Stab (e0 D 0), dessen beide
Enden in reibungsfreien Gelenken gelagert sind. Der Lastangriffspunkt (in Abb. 5.9 oben)
ist längs in x-Richtung verschieblich.
Die Ausgangsdeformation w wird durch eine von außen einwirkende Störung hervor-
gerufen, z. B. durch eine in Abb. 5.9 nicht eingezeichnete Querkraft. Solange die Axial-
kraft F kleiner ist als die Knickkraft F K , geht der Stab in seine gestreckte Ausgangslage
zurück, wenn die seitliche Störung wegfällt. Das durch die elastische Verformung entste-
hende Rückstellmoment im Stab ist also größer als das von außen aufgebrachte Moment
1
Leonhard Euler (1707–1783), Schweizer Mathematiker.
5.2 Elastische Knickung nach Euler 245
300
Proportionalitätsgrenze σ P
Knickspannung σ K
200
Kein
100
Knick- E335
nach-
weis
0
0 20 40 60 80 100 120 140
Schlankheitsgrad λ
F w. Die Knickkraft F K ist die kleinste Axiallast, bei der sich der aufgebogene Stab im
Gleichgewicht befindet. Diese Kraft kann man bestimmen über die Biegelinie. In Kap. 4
wurde dafür die linearisierte Differenzialgleichung w00 D M b / E I hergeleitet. w(x) ist
die Durchbiegung des Stabes in Abhängigkeit von der Koordinate x; w0 ist die Tangente
an die Biegelinie und w00 ist die Krümmung der Biegelinie. Die Krümmung ist proportional
zum Biegemoment (w00 D M b / E I). Diese Beziehung verwenden wir hier zur Berech-
nung des Rückstellmomentes:
Mb D w 00 E I (5.6)
Im Grenzfall liegt ein Gleichgewicht von Rückstellmoment und äußerem Moment vor:
Mb D FK w D w 00 E I
FK
w 00 E I C FK w D 0 bzw. w 00 C w D0
E I
w 00 C k 2 w D 0 (5.7)
246 5 Stabilitätsfall Knickung
w
Gelenk
(0)
x
lK
Gelenk
(1)
Imin
Imax
Ausweichrichtung
w D A sin .k x/ C B cos .k x/
Erste Ableitung nach x: w 0 D A k cos.k x/ B k sin.k x/
Zweite Ableitung nach x: w 00 D A k 2 sin.k x/ B k 2 cos.k x/
w 00 D k 2 w bzw. w 00 C k 2 w D 0
q
Damit haben wir unter Beachtung von k D FK
EI
die allgemeine Lösung:
r ! r !
FK FK
w D A sin x C B cos x
E I E I
Die Konstanten A und B ermitteln wir aus den Randbedingungen, den Lagerungsbe-
dingungen nach Abb. 5.9: Der Stab kann sich im oberen und unteren Lager nicht seitlich
verschieben. Demnach gilt:
Randbedingung 1 (oberes Lager): w0 D w .x D 0/ D 0
Randbedingung 2 (unteres Lager): wl D w .x D lK / D 0
Die Randbedingungen werden nun in die allgemeine Lösung eingesetzt:
Randbedingung 1: 0 D A 0 C B 1 ) B D 0
5.2 Elastische Knickung nach Euler 247
r ! r
FK FK
Randbedingung 2: 0 D A sin lK ) lK D 0I I 2I : : :
E I E I
Um keine triviale Lösung zu erhalten, muss A ¤ 0 sein. Der erste nicht triviale Eigen-
wert ist daher r
FK
lK D :
EI
Aus dieser Gleichung kann jetzt die Knicklast FK , auch Euler-Last genannt, durch
Umstellen berechnet werden:
E Imin
FK D 2 (5.8)
lK2
Aus der Knicklast F K kann man mit der Querschnittsfläche A und dem Schlankheits-
grad die Euler’sche Knickspannung K ermitteln:
FK 2 E 2 E Imin
K D D D (5.9)
A 2 lK2 A
Wenn diese Spannung im Stab vorliegt, knickt der Stab. Man erkennt, dass die Knick-
spannung nach Gl. 5.9 von der Festigkeit des Werkstoffs unabhängig ist. Als einziger
Werkstoffkennwert taucht in Gl. 5.9 der Elastizitätsmodul E auf. Knicken ist daher kein
Festigkeitsproblem, sondern ein Stabilitätsproblem. Ein Stab aus hochfestem Stahl knickt
bei der gleichen Last wie ein Stab aus Baustahl, da beide in etwa denselben Elastizitätsmo-
dul besitzen. Wichtig für diese Überlegungen ist, dass das Hooke’sche Gesetz gilt, d. h. die
Knickspannung K muss unterhalb der Proportionalitätsgrenze P liegen. Aus K P
kann man den minimalen Schlankheitsgrad für die Gültigkeit der elastischen Knickung
bestimmen: s
E
min D (5.10)
P
Die Proportionalitätsgrenze liegt bei Stählen ungefähr bei 80 % der Streckgrenze, für
Baustahl S235 also bei P 190 N/mm2 . Mit E D 2,1 105 N/mm2 erhält man
s
2;1 105
min 104 .gültig für S235/:
190
Für E335 mit P 270 N/mm2 und demselben Elastizitätsmodul ergibt sich:
s
2;1 105
min 88 .gültig für E335/:
270
800
N/mm2
600
GJ
L2
500 λ min = 80
00
λ min = 88
400
E335 Tetm λ min = 65
ajer λ min = 104
300
Te
tm
Quetschgrenze S235
aje
200 S235 Tetma
r
jer Stah
l Eu
GJL ler
100 σdzul S235 für SK = 4 200
Eule
r
Abb. 5.10 Knickspannungen für Gusseisen und Stahl in Abhängigkeit vom Schlankheitsgrad .
(Nach [2])
Fall 1 – der Stab ist an einem Ende fest eingespannt, das andere Ende ist frei:
lK D 2 l und D 2 l/imin
Fall 2 – der Stab ist beidseitig gelenkig gelagert: lK D l und D l/imin (Normalfall)
Fall 3 – der Stab ist einseitig fest eingespannt, die andere Seite ist gelenkig gelagert:
lK 0,7 l und D (0,7 l) / imin
Fall 4 – der Stab ist einseitig fest eingespannt, am anderen Ende in einer Schiebehülse
geführt: lK D 0,5 l und D (0,5 l) / imin
5.2 Elastische Knickung nach Euler 249
F
F F F
fest
lK = 2·l
lK = 0,5·l
lK = 0,7·l
lK = l
Gelenk
l
Gelenk
l
fest
fest fest
Fall 1 2 3 4
Freie Knicklän- 2l l 0,7 l 0,5 l
ge lK
2l l 0;7l 0;5l
Schlankheitsgrad imin imin imin imin
2 EImin
4 l2 EIl 2min 2 EIl 2min 4 EIl 2min
2 2 2
Knicklast F K
2 EImin
4 l 2 A 2 EI 2 l 2 A 4 2 EI
2 EImin
Knickspannung K min
l 2 A
min
l 2 A
Anwendung Masten und Stüt- Säulen, Säulen und Stützen, die fest einge-
zen Fachwerkstäbea spannt sind
a
Deren Einspannungen nicht starr genug sind, um eine Verdrehung der Stabenden zu verhindern
Mit Einführung der Knicklänge lK gelten die Knickkraft F K und die Knickspannung
K für alle vier Lagerungsfälle gleichermaßen (Tab. 5.1):
2 E Imin 2 E
FK D und K D (5.11)
lK2 2
Beispiel 5.1 Eine Stütze der Länge L0 mit dem Durchmesser d wird wie in Abb. 5.11
skizziert aus der spannungsfreien Stellung (Winkel ˛ ¤ 0) durch Verschieben des unteren
Lagers in eine senkrechte Lage (˛ D 0) gebracht. Wie groß darf die Länge L0 höchstens
sein, damit die Stütze in der senkrechten Stellung nicht ausknickt?
250 5 Stabilitätsfall Knickung
L
α
Gegeben: d; L D 30 d; E
2 E lK
K D 2
mit dem Schlankheitsgrad D :
i
Das axiale Flächenmoment 2. Grades I und die Querschnittsfläche A ergeben sich für
einen Kreisquerschnitt mit dem Durchmesser d zu:
4 2
I D d und A D d
64 4
L 30 d
D4 D4 D 120; also Euler-Knickung.
d d
Die Druckspannung durch die elastische Verkürzung des Stabes von L0 auf L bei der
Verschiebung aus der schrägen in die senkrechte Lage kann man nach dem Hooke’schen
Gesetz ermitteln:
L0 L
d D " E D E
L0
5.2 Elastische Knickung nach Euler 251
2 E d 2 L0 L
K D D E
L 16
2 L0
Nach Umstellung dieser Gleichung erhält man:
L 2 d 2 L 30 d
D1 und schließlich L0 D D
L0 16 L2 1 2 d 2
1 2 d 2
16L2 16900d 2
Beispiel 5.2 Ein beidseitig gelenkig an die festen Punkte A und B angeschlossener Stab
(siehe Abb. 5.12) mit Rechteckquerschnitt (Höhe h, Breite b) soll gleichmäßig erwärmt
werden, bis ein Ausknicken des Stabes eintritt. Welche Temperaturerhöhung # ist hier-
für erforderlich?
Gegeben:
lD6m
h D 300 mm
b D 150 mm
E D 2,1 105 N/mm2
˛ D 1,2 105 K1
Lösung Es liegt Knickfall 2 vor mit lK D l D 6 m. Der Stab knickt um die Achse des
kleineren axialen Flächenträgheitsmomentes aus, hier also um die senkrechte Achse; das
Ausknicken erfolgt also senkrecht zur Zeichenebene – aus der Zeichenebene heraus.
Die Knickspannung erhält man aus Gl. 5.11:
2 E lK
K D 2
mit D
imin
Für den Rechteckquerschnitt gilt für das kleinere axiale Flächenmoment 2. Grades:
h b3
Imin D
12
A B
252 5 Stabilitätsfall Knickung
Die Querschnittsfläche ist A D h b. Für den minimalen Trägheitsradius erhält man da-
her: r
h b3 b
imin D D p
12 h b 2 3
Damit errechnet sich der Schlankheitsgrad zu:
p p
l 2 3 6m2 3
D D D 138
b 0;15 m
Es liegt also Euler-Knickung vor. Die Knickspannung ist in diesem Fall gleich der
Spannung aus der Wärmedehnung, die durch die festen Auflager ja verhindert wird.
2 E
K D 2
D # D ˛ # E
2 2
# D D D 43;18 K
2˛
138 1;2 105 K 1
2
Der Stab muss bis zum Ausknicken also um 43,18 K erwärmt werden.
2
Ludwig von Tetmajer (1850–1905), Professor am Polytechnikum Zürich, Gründer der eidgenössi-
schen Materialprüfanstalt.
5.3 Elastisch-plastische Knickung nach Tetmajer 253
Aus Messungen werden dann die konstanten Größen a, b und c für den jeweiligen
Werkstoff bestimmt. Da die Stabquerschnittswerte A und I min in diesen Gleichungen nicht
enthalten sind, ist die Vordimensionierung eines Knickstabs im elastisch-plastischen Be-
reich nicht möglich. Es können nur angenommene Querschnitte nachgerechnet werden.
Für einige wichtige Werkstoffe des Maschinenbaus gelten für die Knickspannung in
Abhängigkeit vom Schlankheitsgrad folgende Formeln:
N
S235: K D .310 1;14 /
mm2
N
E335: K D .335 0;62 /
mm2
N
EN-GJL200: K D .776 12 C 0;053 2
/
mm2
Mit Hilfe der Gl. 5.10 hatten wir die Schlankheitsgrade min ermittelt, von denen ab die
elastische Knickung nach Euler gilt. Wir können jetzt die Schlankheitsgrade berechnen,
für die kein Knicken mehr erfolgt, sondern nur noch ein Versagen durch Fließen oder
Bruch auftritt. Dazu verwenden wir die Quetschgrenze, z. B. für S235:
N
dF D 235
mm2
310 235
min D ) min D 65 D q:
1;14
Für das Versagen von Druckstäben aus S235 mit Schlankheitsgraden < q ist daher
die Quetschgrenze dF maßgebend. Zusammengefasst gelten also folgende Werte für die
Bemessung von Druckstäben aus S235:
Quetschgrenze dF für D 0 : : : q D 65
Knickspannung nach Tetmajer für D q : : : min D 104
Knickspannung nach Euler für min
In Tab. 5.2 sind die jeweils gültigen Formeln der Knickspannung für weitere Werkstoffe
zusammengefasst.
Für den nichtelastischen Bereich findet man in der Literatur außer den Formeln von
Tetmajer auch die Johnson-Parabel (z. B. [10, S. 269]).
Für die technische Berechnung können die zulässige Druckspannung und die zuläs-
sige Druckkraft folgendermaßen ermittelt werden:
K FK K A
dzul D Fdzul D D
O (5.12)
Serf Serf Serf
254 5 Stabilitätsfall Knickung
Als erforderliche Sicherheit setzt man Serf 4 . . . 2 ein mit abnehmendem Schlank-
heitsgrad.
Der Knicknachweis für einen Druckstab wird wie folgt durchgeführt (Abb. 5.13):
Beispiel 5.3 Eine auf Druck belastete Stütze mit der Länge l D 6 m ist an beiden Enden
fest eingespannt. Sie muss eine Druckkraft von 300 kN aufnehmen. Es stehen folgende
Profile aus S235 zur Verfügung:
Wir berechnen nun nach Gl. 5.4 den jeweiligen Schlankheitsgrad und ermitteln da-
mit nach Tab. 5.2 die gültige Knickspannung. Außerdem bestimmen wir die vorhandene
Druckspannung in den Profilen und die Sicherheit gegen Knicken.
5.3 Elastisch-plastische Knickung nach Tetmajer 255
Nach den vorhandenen Sicherheiten gegen Knicken könnten alle drei Profile für die
gegebene Aufgabenstellung eingesetzt werden. Aufgrund der sehr unterschiedlichen Flä-
chenmomente um die beiden Profilachsen beim IPE-Profil erhält man hierbei sehr große
Abmessungen mit entsprechend hohen Gesamtkosten. IPB-Profil und Rohr unterscheiden
sich im Gewicht und in der Sicherheit nur geringfügig; aufgrund der höheren spezifischen
Kosten des Rohrs ergibt sich mit dem IPB-Profil die kostengünstigste Lösung.
1. Worauf basieren die Untersuchungen von Euler zum Knicken von Druckstäben?
2. Wie werden die Arten des Knickens unterschieden?
3. Warum werden bei druckbelasteten Stäben mit Knickgefahr hohe Sicherheiten ver-
langt?
4. Was ist zu verändern, wenn sich bei der Dimensionierung eines schlanken Stabs aus
Baustahl eine zu geringe Knicksicherheit ergibt?
5. Was kennzeichnet die Knickung nach Tetmajer?
Aufgabe 5.1 Ein Kran ist wie in folgender Abbildung mit F D 24 kN belastet. Wie groß
muss der Innendurchmesser d der an beiden Enden (in den Punkten A und B) gelenkig
gelagerten Stahlrohrstrebe aus S235 sein, wenn bei D D 100 mm Außendurchmesser die
Sicherheit gegen Ausknicken SK D 3,5 sein soll?
5.5 Aufgaben zu Kapitel 5 257
Aufgabe 5.2 In einer Spindelpresse werden Holzplatten furniert. Die Platten werden mit-
tels Spindelkraft gepresst. Dann werden zur Verkürzung der Abbindezeit des Leims die
Druckplatten der Presse beheizt. Die Spindel aus E335 erwärmt sich dabei schneller als
das Pressengestell aus S235. Die Spindel mit der maximalen freien Länge L ist oben in der
Mutter hülsenartig und unten am Pressenteller in einem Kugelgelenk gelagert. Die Ver-
formungen des Pressengestells aufgrund der Spindelkraft können vernachlässigt werden,
ebenso der Längenunterschied zwischen Pressengestell und Spindel.
258 5 Stabilitätsfall Knickung
Gegeben:
Freie Länge der Spindel: L D 715 mm
Kerndurchmesser der Spindel: d D 20 mm
Elastizitätsmodul für Stahl: E D 2,1 105 N/mm2
Wärmeausdehnungskoeffizient für Stahl: ˛ D 1,2 105 K1
Spindelkraft (aufgrund Vorspannmoment): F D 15.708 N
a) Wie groß ist die Sicherheit gegen Knicken bei unbeheizter Presse?
b) Wie hoch darf der Temperaturunterschied zwischen Pressengestell und Spindel maxi-
mal sein, damit die Knicksicherheit der Spindel mindestens SK D 2,1 ist?
Aufgabe 5.3 Der Ausleger gemäß des Bildes ist für eine Masse m D 3 t mit 3-facher Si-
cherheit zu berechnen. Zu wählen sind
P
5000
2300
m
2600
Aufgabe 5.4 Ein voller Wasserbehälter mit den Abmessungen 5 m × 2 m × 1,5 m wird
gemäß folgender Abbildung durch 4 I-Säulen von 4 m getragen. Die Gewichtskraft des
leeren Behälters beträgt 36 kN.
2000 5000
1500
4000
gelenkig gelagert
Lösungen zu Verständnisfragen und Aufgaben
6
In diesem Kapitel werden die Antworten zu den Verständnisfragen aus den Kap. 1–5 ge-
geben. Außerdem sind die Ergebnisse, teilweise auch die Lösungen zu den Aufgaben aus
den Kap. 1–5 enthalten. Damit können Leser und Leserinnen ihre eigenen Ergebnisse
der Verständnisfragen und Übungsaufgaben überprüfen. Schließlich sind zwei komplette
Klausuren und deren Lösungen dargestellt, so dass auch das Rechnen unter Klausurbedin-
gungen geübt werden kann.
1. Die Statik betrachtet ideale starre Körper und ermittelt die unbekannten Auflager-,
Gelenk- und Stabkräfte. Die Festigkeitslehre betrachtet deformierbare oder elastische
Körper und stellt einen Zusammenhang zwischen den äußeren und inneren Kräften
sowie den Verformungen her, mit dem Ziel der Bauteilbemessung und des Span-
nungsnachweises.
2. Ein Versagen eines Bauteils kann durch Gewaltbruch, Dauerbruch, unzulässig große
Verformungen und durch Instabilität auftreten.
3. Zu den Grundbeanspruchungsarten zählen: Zug, Druck, Biegung, Schub/Abscheren
und Torsion (Verdrehen).
4. Beim Freimachen werden die Auflager eines Systems durch ihre Kraft- und Momen-
tenwirkungen ersetzt. Beim Freischneiden werden die Systeme gedanklich aufge-
schnitten und die inneren Kräfte angetragen, so dass sich Kraft- und Momentenver-
läufe und schließlich Spannungen ermitteln lassen.
5. Die Spannung ist das Verhältnis aus der Teilschnittkraft F i und der dazugehörigen
Teilschnittfläche Ai .
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 261
K.-D. Arndt et al., Festigkeitslehre für Wirtschaftsingenieure,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-26141-2_6
262 6 Lösungen zu Verständnisfragen und Aufgaben
Aufgabe 1.1 Zunächst müssen die Kräfte aus dem Kräfte- und Momentengleichge-
wicht bestimmt werden (Reihenschaltung): F = F 1 + F 2 ; F 1 = 25 N; F 2 = 75 N. Damit wird
l1 = 0,238 mm; l2 = 0,714 mm und ' = 0,036°.
Für die Spannungen muss die Gewichtskraft F G des Stabes mit berücksichtigt werden,
somit wird F 1 = 50 N; 1 = 200 N/mm2 und F 2 = 100 N; 2 = 400 N/mm2 .
Aufgabe 1.2 Durch die Belastung des Verbundstabes ergeben sich gleiche Dehnungen
für Holz und Stahl. Die beiden Stahlplatten sind identisch und dürfen deshalb zusammen-
gefasst werden. Unter Beachtung dieses Zusammenhanges ergeben sich folgende Werte:
Aufgabe 1.3 Die Formänderungsenergie für die Gummifeder beträgt W f = 4,3 Nmm.
Aufgabe 1.4 Die Formänderungsenergie für den linken und rechten Teil des Stabes be-
trägt W f li = 327,4 Nmm und W f re = 873 Nmm.
Aufgabe 1.5
a) Berechnung der Kraft pro Stahlband mit F leer = 3679 N und F voll = 9810 N
Berechnung der Spannungen im Stahlband: leer = 41 N/mm und voll = 109 N/mm2
b) Bedingung für Fließen (voller Tank): SF = 2,7 (ausreichend, da Smin > 1,5)
Festigkeitsbedingung für Bruch (voller Tank): SB = 4,3 (ausreichend, da SB > 2)
c) Berechnung der Verlängerung der Stahlbänder (Befüllung): " = 0,00032 und l =
0,45 mm
Aufgabe 2.1
a) Mit der Bedingung 2lSt + lCu = h kann die Kraft F = 4,67 kN bestimmt werden.
b) Die Spannungen ergeben sich zu St = 140 N/mm2 und Cu = 70 N/mm2 .
c) Die Temperaturabsenkung muss # = 50 K betragen.
Aufgabe 2.2
a) Der erforderliche Querschnitt Aerf beträgt 43.087,4 mm2 und damit dierf = 230 mm (ge-
wählt).
b) Die erforderliche Fläche AD1 erf ist 148.214 mm2 und damit D1 = 440 mm (gewählt).
Aufgabe 2.3
a) Die Kraft, die auf den Flansch wirkt, beträgt F = 29,32 kN.
b) Die Spannungen betragen t = 16,2 N/mm2 und a = 8,1 N/mm2 .
Aufgabe 2.4 Bei einer Drehzahl nF = 2065 min1 beginnt der Ring, sich plastisch zu ver-
formen.
Aufgabe 2.5 Das y-z-Koordinatensystem wird in die Profilmitte (yS = 0) und den unteren
Rand des Profils gelegt, der Schwerpunkt zS befindet bei 46,6 mm. Die Flächenmomente
betragen I y = 588,4 cm4 und I z = 217,3 cm3 .
Für das rechte Profil erfolgt die gleiche Koordinatenzuordnung mit zS = 26 mm; damit
erhält man die Flächenmomente I y = 43,8 cm4 und I z = 213,6 cm4 .
Aufgabe 2.6 Für das Maschinengestell ergeben sich folgende Werte: yS = 0 und zS = 23 cm,
Aufgabe 2.8
a) Flächenmoment I y ges = 295.096,3 mm4
b) Biegespannungen b1 = 57,5 N/mm2 und b2 = 50,3 N/mm2
c) die Biegespannung in Höhe der Schweißnaht b Schw = 11,7 N/mm2
266 6 Lösungen zu Verständnisfragen und Aufgaben
Aufgabe 2.9
FA FB
Mb
Aufgabe 2.10
60 60 60
z z z
60
60
60
25
y y y y y y
z z z
25 25
Stelle 1 Stelle 2 Stelle 3
Aufgabe 2.11
a) Das Gesamtdrehmoment ergibt sich aus dem Bohrmoment und dem Reibmoment.
Das Reibmoment lässt sich aus der Normalkraft, dem Reibbeiwert und dem Hebel-
arm berechnen. Die Normalkraft erhält man aus Flächendruck und Mantelfläche des
Gestänges:
TR D r p d LE D 462 Nm
Das Gesamtmoment beträgt somit:
T ges = T R + T = 2462 Nm
6.2 Lösungen zu Kap. 2 267
b) t = 36,6 N/mm2
c) Der Verdrehwinkel wird mit der Gesamtlänge L = 5,5 m berechnet.
' = 0,0715 rad; '° = 4,1°
Aufgabe 2.12 Das Torsionsmoment berechnet man über die Formel P = T ! = 500,4 Nm
mit ! = Winkelgeschwindigkeit.
a) Mit t zul = T / W t erhält man für den Außendurchmesser D = 41,59 mm und über das
gegebene Durchmesserverhältnis ı für den Innendurchmesser d = 32,27 mm.
b) Die Torsionsspannung ist linear über dem Querschnitt verteilt (im Mittelpunkt ist die
Torsionsspannung Null). Da hier die Durchmesser so ausgelegt wurden, dass an der
Außenfaser die zulässige Spannung vorliegt, beträgt die Spannung an der Innenseite
ti = 0,8 t zul = 48 N/mm2 .
Aufgabe 2.13 Das Torsionsmoment wirkt auf beide Längenabschnitte; ' = ' 1 + ' 2 ;
damit ist a = 301,6 mm. Die Torsionsspannung ist im durchbohrten Teil höher; t =
407,4 N/mm2 .
Aufgabe 2.14 Für die Torsion geschlossener beliebiger Hohlprofile kann die Formel von
Bredt, Gl. 2.99, angewendet werden:
T
D
2 Am s
Dazu ermitteln wir zunächst die von der Mittellinie des Profils eingeschlossen Fläche
Am . Sie kann über zwei Rechtecke angenähert werden:
Aufgabe 2.15 Wir ermitteln zuerst nach Tab. 2.6, Ziffer 9, das Torsionsträgheitsmo-
ment und das Drillwiderstandsmoments für die V-förmige Torsionsfeder: I t 1080 mm4 ;
W t 360 mm3 . Den Faktor nehmen wir wie beim rechtwinkligen Profil mit 0,99 an.
Über Gl. 2.89 kann man durch Umstellen das Torsionsmoment für den Winkel ' = 10°
bestimmen (T 12.758 Nmm). Die Torsionsspannung erhält man dann nach Gl. 2.81:
t = 35 N/mm2 .
Aufgabe 2.16 Die Aufgabe kann mithilfe der Bredt’schen Formeln (siehe Tab. 2.6, Zif-
fer 3) zur Bestimmung von W t und I t gelöst werden.
1. Träger unter Querkraft werden auf Biegung und Schub beansprucht. Ein Kranhaken
wird auf Zug, Biegung und Schub beansprucht. Getriebewellen werden z. B. auf Bie-
gung und Torsion beansprucht.
2. Schubspannungen sind wie Vektoren zu behandeln, d. h. neben der Größe muss bei
der Überlagerung auch die Richtung beachtet werden. Die größte Schubspannung im
Querschnitt tritt dort auf, wo Schubspannungen aus Querkraft und Torsion dieselbe
Richtung haben.
3. Ein ebener Spannungszustand liegt vor, wenn alle auftretenden Spannungen (Normal-
und Schubspannungen) in einer Ebene liegen, wie es z. B. bei Blechelementen der
Fall ist.
4. Die Normalspannungen in Richtung einer der Hauptachsen sind maximal, senkrecht
dazu minimal. In Richtung der Hauptachsen sind die Schubspannungen null.
5. Der Mohr’sche Spannungskreis ist ein grafisches Verfahren, mit dessen Hilfe für z. B.
einen ebenen Spannungszustand Größe und Richtung der maximalen und minimalen
Spannungen bestimmt werden können.
6. Normalspannungen und Schubspannungen führen zu unterschiedlichen Schadens-
mechanismen im Bauteil. Diese lassen sich nicht linear überlagern. Daher nie
Normal- und Schubspannungen addieren!
7. Immer wenn Normal- und Schubspannungen in einem Bauteil auftreten, muss die
Vergleichsspannung berechnet werden. Nur wenn eine dieser beiden Spannungen
sehr klein sein sollte, z. B. die Schubspannung infolge einer Querkraft bei einem lan-
gen eingespannten Träger, kann diese Spannung vernachlässigt werden, so dass dann
auch nicht die Vergleichsspannung bestimmt werden muss.
8. Als Festigkeitsnachweis gilt, wenn die berechnete Vergleichsspannung kleiner als
die zulässige Normalspannung ist. Zur Bestimmung der zulässigen Spannung siehe
Abschn. 1.7.
9. a) Bei vorwiegend ruhender Beanspruchung wird für spröde Werkstoffe die Nor-
malspannungshypothese und für zähe Werkstoffe mit ausgeprägter Streckgrenze
die Schubspannungshypothese eingesetzt.
b) Bei dynamischer Beanspruchung wird die Gestaltänderungsenergiehypothese
verwendet.
10. Beanspruchungen können ruhend, schwellend oder wechselnd auftreten. Dies gilt so-
wohl für die Normalspannungen als auch für die Schubspannungen. Da das Eintreten
eines Schadens von den unterschiedlichen Beanspruchungen abhängig ist, müssen
diese in den Vergleichsspannungshypothesen berücksichtigt werden. Dies geschieht
über das Anstrengungsverhältnis ˛ o .
6.3 Lösungen zu Kap. 3 269
Aufgabe 3.1 Die Säule wird durch die Kraft F auf Druck und durch das Moment
M b = F (l a / 2) auf Biegung beansprucht. Die aus diesen beiden Belastungen herrüh-
renden Spannungen sind Normalspannungen und können daher addiert werden. Es ist
zu beachten, dass auf der linken Seite der Säule Biegezug-, auf der rechten Biegedruck-
spannungen vorliegen. Die Spannungen im Querschnitt B–B und im Einspannquerschnitt
(unten links) sind gleich, da die Säule durch ein konstantes Biegemoment und eine
konstante Druckkraft belastet wird.
a) Die Biegespannung beträgt b = 144,4 N/mm2 . Sie liegt auf der linken Seite der Säule
als Biegezug-, rechts als Biegedruckspannung vor.
Für die Druckspannung erhält man d = 4,8 N/mm2 . Damit ist die größte resultierende
Spannung eine Druckspannung mit d 149 N/mm2 .
b) Die neutrale Faser verschiebt sich zur Biegezugseite (hier also nach links) und zwar
um den Wert
d d da
y0 D ez D D 4;54 mm
bd bd 2
Aufgabe 3.2
a) Da es sich um einen zähen Werkstoff handelt und schwingende Beanspruchung vor-
liegt, ist die Gestaltänderungsenergiehypothese (GEH) anzuwenden.
b)
Grenz 1 bW 1 290 N=mm2
˛0 D Dp Dp D 0;73
' Grenz 3 Sch 3 230 N=mm2
Aufgabe 3.3
a) Es handelt sich um einen zähen Werkstoff und statische Belastung, damit kommt die
Schubspannungshypothese (SH) zur Anwendung.
b)
q 2
v D y x C 4 yx
2
s
N2 2 N
2
D .48 132/2 C 4 61 D 148;12 N=mm2
mm4 mm4
c)
Re 235 N=mm2
SD D D 1;59
v 148;12N=mm2
270 6 Lösungen zu Verständnisfragen und Aufgaben
Aufgabe 3.4
F13 F1
TF1
F3
F2
res D z C b
Mb13 D F13 l1
q
F13 D F12 C F32 D .1;5 kN/2 C .1;0 kN/2 D 1;80 kN
F2 F13 l1 3
res D C I Wb D d ; A D d2
A Wb 32 4
3600 N 1800 N 1000 mm
res D C
4
50 2
mm 2
32
503 mm3
N N N
res D 1;83 C 146;68 149
mm2 mm2 mm2
F1 l1 F1 l1 1500 N 500 mm N
t D D 3 D 3
31
Wt 16
d 16
50 mm 3 mm2
s
p
N 2 N 2 N
v D C 3 D
2 2 149 C 3 31 158
mm mm mm2
Aufgabe 3.5
a) Ansatz: F a und F r liegen in einer Ebene. Die Biegung ist aber entgegengesetzt ) Sub-
trahieren und resultierendes Biegemoment ermitteln.
Fa d0 2000 N 120 mm m
MbFa D D D 120 Nm
2 2 103 mm
m
MbFr D Fr l D 1000 N 40 mm 3 D 40 Nm
10 mm
Mbar D MbFa MbFr D 120 Nm 40 Nm D 80 Nm
6.3 Lösungen zu Kap. 3 271
F a und F r stehen senkrecht auf F u ) das Biegemoment ergibt sich aus einer vektori-
ellen Addition.
m
MbFu D Fu l D 6000 N 40 mm 3 D 240 Nm
q q 10 mm
Mbres D Mba r 2 C Mbu 2 D .240 Nm/2 C .80 Nm/2 D 253 Nm
Mb
b D Mb D Mbres ; Wb D d3
Wb 32
253 Nm 32 103 mm
b D D 20;61 N=mm2
503 mm3 m
Überlagerung der Normalspannung mit der Biegespannung:
Fa 2000 N 4
d D D D 1;01 N=mm2 ; A D d 2
A 50 mm
2 2 4
max D d C b D 20;61 N=mm2 C 1;01 N=mm2 D 21;62 N=mm2
T Fu d0
b) t D ,T D , Wt D d3
Wt 2 16
Fu d0 16 6000 N 120 mm 16
t D D D 14;66 N=mm2
2 d3 50 3
mm 3
q q
v D n C 3 .˛0 t /2 D 21;622 C 3 14;662 N=mm2 D 33;3 N=mm2
c) Unter Berücksichtigung der Schubspannung aus der Querkraft ergibt sich die resultie-
rende Schubkraft aus: F r + F u
q q
Fres D Fr C Fu D .1 kN/2 C .6 kN/2 D 6;08 kN
2 2
4 F
D für einen Vollkreisquerschnitt
3 A
4 Fres 4 6;08 kN 4 103 N
D D D 4;13 N=mm2
3 A 3 502 mm2 kN
Schubspannung aus der Querkraft und Torsion zusammenfassen:
d) Bei kurzen Trägern oder Wellen kann die Schubkraft aus der Querkraft einen nennens-
werten Einfluss haben und muss berücksichtigt werden.
272 6 Lösungen zu Verständnisfragen und Aufgaben
1 Mb
kD D
E I
Mb .x/
w 00 D
E I
w 00
3. Krümmung 1
D 3
.1Cw0 2 / 2
Gleichung der Biegelinie w 00 D EI Mb
R b .x/
Neigungswinkel der Biegelinie w 0 D R 'MD MEI dx C C1
Durchbiegung der Biegelinie w D EI
b
dx dx C C 1 x C C2
4. Das Produkt E I ist die Biegesteifigkeit. Je steifer ein Träger auf Grund seines Werk-
stoffes (E) und seiner Querschnittsform (I) ist, um sei kleiner ist die Formänderung
des Trägers.
5. Nein, die Biegesteifigkeit ist unabhängig von der Festigkeit des Werkstoffs. Sie ist
nur abhängig vom E-Modul und vom Flächenträgheitsmoment I.
6. Die Herleitung der Biegelinie gilt nur für kleine Winkeländerungen. Bei größeren
Verformungen und größeren Winkeländerungen ist die Berechnung mit einem Feh-
leranteil verbunden.
7. Liegt linear-elastische Biegung vor, dann dürfen die Lösungen von bekannten Ein-
zelbelastungsfällen zur Gesamtlösung durch Superposition (Überlagerung durch Ad-
dition oder Subtraktion) zusammengeführt werden.
8. Grundlegendes Prinzip ist die Zerlegung eines statisch unbestimmten Systems in ein
statisch bestimmtes Hauptsystem und Zusatzsysteme. Die Anzahl der Zusatzsysteme
entspricht dem Grad der statischen Unbestimmtheit (1-fach, 2-fach, . . . ). In jedem
Zusatzsystem wird eine der überzähligen Lagerreaktionen als äußere Kraft angenom-
men.
9. Eine Überlagerung von Biegefällen ist im linear-elastischen Bereich, also mit
res < p, möglich.
10. Die Überlagerung findet an Punkten statt, an denen die Verformung des Systems be-
kannt ist. Dazu gehören Lager- und Einspannstellen. An diesen ist die Durchbiegung
w = 0 und bei Einspannstellen auch die Neigung w0 = 0. Für diese Stellen gilt:
w Hauptsystem an dieser Stelle + w Zusatzsystem an dieser Stelle = 0 im Ursprungssystem an dieser Stelle .
6.4 Lösungen zu Kap. 4 273
Aufgabe 4.1
a) Krümmung des Balkens
Mb Mb Mb h 2 max I
max D D e D ) Mb D
Wb I I 2 h
Mb D F l
F l h 2 max I
max D ) Mb D F l D
I 2 h
1 Mb 2 max I
kD D )kD
EI E I h
2 max 2 120 mm N
D 3;81 106 mm1
2
kD D
E h 2;1 105 mmN
2 300 mm
' II D 0
F l2 2 max I l max l
' I D 'max D D D
2E I 2E I h Eh
120 mm2 2000 mm
N
'max D D 0,00381 rad 0,22ı
2,1 105 mm
N
2 300 mm
c) Belastungsfall
Der Spannungsverlauf tritt bei einem mit einer Kraft F belasteten eingespannten Bal-
ken auf.
d) Maximale Durchbiegung
F l3 2 l2 I 2 120 mmN
2 2000 mm
2 2
wD D D
3E I 3E I h 3 2;1 105 mmN
2 300 mm
wmax D 5;08 mm
Aufgabe 4.2
F l 3
a) wF D 3EI ; wF D d ; F D FIA
d
) FIA D 3EI l3
b) Wir betrachten zunächst nur den unteren Träger:
wB D wA C 'A l D d
FIIA l 3 FIIA l 2 FIIA l 3 5
wB D C l D Dd
3E I 2E I E I 6
6 E I d
) FIIA D :
5 l3
274 6 Lösungen zu Verständnisfragen und Aufgaben
Dies ist die Kraft, um den unteren Träger so weit hinunter zu drücken, dass dieser den
Punkt B berührt. Die notwendige Gesamtkraft ergibt sich aus:
FIwA ist die Kraft, um den oberen Träger zusätzlich um die Durchbiegung des unteren
Trägers hinunter zu drücken.
3 E I wA 3 E I FIIA l 3
FIwA D D D FIIA
l3 l3 3E I
12 E I d 3E I d 27 E I d
) Fges D 2 FIIA C FIA D C D
5 l3 l3 5 l3
Aufgabe 4.3 Als Hauptsystem wird ein eingespannter Balken gewählt. Im Zusatzsystem
wird die überzählige Auflagerkraft F B als äußere Belastung angenommen:
wBF
l l
wBFB
FB
wB D wBF C wBFB D 0
wBF D wF C 'F l
F l3 F l2
wBF D C l
3E I 2E I
(Tab. 4.1, Ziffer 1)
F l3 1 1
wBF D C
EI 3 2
5F l 3
wBF D
6 E I
6.4 Lösungen zu Kap. 4 275
FB .2l/3 8 FB l 3
wBFB D D
3E I 3 E I
Auflager ) wBF wBFB D 0
5 F l 3 8 FB l 3
D0
6 E I 3 E I
3 5 5
FB D F D F
8 6 16
wm D wmF wmB ;
F l3
wmF D .Tab. 4.1, Ziffer 1/
3E I
3 !
FB .2l/3 l 2 l
wmB D 3 .Tab. 4.1, Ziffer 1/
6EI 2l 2l
5 8 F l3 3 1 5 F l3 5
wmB D D
16 6 E I 4 8 6 E I 16
25 F l 3
wmB D
96 E I
F l 3 32 25
wm D
E I 96 96
7 F l3
wm D
96 E I
Aufgabe 4.4 Als Hauptsystem wird ein eingespannter Balken gewählt. Im Zusatzsystem
wird die Kraft, die im Gelenkstab auftritt, als äußere Kraft F C berücksichtigt.
q
wCq
wCFC
FC
Aufgabe 4.5 Als Hauptsystem wird ein eingespannter Balken gewählt. Das System wird
bis Punkt A betrachtet! Die Kraft F wird in den Punkt B verschoben. Daraus ergibt sich
auch das zusätzlich zu berücksichtigende Moment M = F l. Im Zusatzsystem wird die
Kraft, die über das Stahlseil eingebracht wird, als äußere Kraft F S berücksichtigt.
M
F
wBFM
B
wBFS
FS
F l3 F l l2 5 F l3
wBFM D C D
3E1 I1 2E1 I1 6 E1 I1
Nebensystem, Berücksichtigung von F S :
FS l 3
wBFS D
3E1 I1
Überlagerung:
5 F l3 FS l 3 l3 5
wBres D wBFM C wBFS D D F FS
6 E1 I1 3E1 I1 3E1 I1 2
6.4 Lösungen zu Kap. 4 277
Spannung im Stahlseil:
wBres FS
2 D E2 "2 D E2 D
l A2
wBres
) FS D E2 A2
l
l3 5 wBres
) wBres D F E2 A2
3E1 I1 2 l
5F l 3
) wBres D D 0;096 mm
6E1 I1 C 2E2 A2 l 2
b) Berechnung F S :
wBres
FS D E2 A2 D 2280;96 N
l
Winkel in Punkt B:
c) Verschiebung im Punkt C:
F l3
wC D wBres C 'B l C D 1;06 mm
3E1 I1
Aufgabe 4.6 Als Hauptsystem wird ein eingespannter Balken gewählt. Im Zusatzsystem
werden die Kraft und das Moment, die in der rechten Einspannstelle in der Wand vorhan-
den sind, als äußere Kraft F B und äußeres Moment M B berücksichtigt.
MB
B
FB
Ansatz 1: w B = 0 in Einspannstelle
3 2
F . 23 l/ F . 23 l/ 1 FB l 3 MB l 2
) C l C D0
3E I 2E I 3 3E I 2E I
2 28
) MB D FB l F l
3 81
278 6 Lösungen zu Verständnisfragen und Aufgaben
2
F . 23 l/ FB l 2 MB l
) C D0
2EI 2EI EI
MB 4
) FB D 2 C F
l 9
20
) FB D F
27
4
) MB D Fl
27
1. Euler betrachtete einen ideal elastischen und zentrisch belasteten Stab, dessen beide
Enden in reibungsfreien Gelenken gelagert sind. Der Lastangriffspunkt ist längs in x-
Richtung verschieblich. Daraus leitete er eine Differenzialgleichung ab und kam in
Abhängigkeit von den Lagerungsbedingungen zu vier Knickfällen.
2. Knicken wird nach elastisch und elastisch-plastisch/unelastisch unterschieden. Die Er-
mittlung im elastischen Bereich erfolgt nach Euler und im elastisch plastischen Bereich
nach Tetmajer. Das Kriterium, ob ein elastisches oder elastisch-plastisches Knicken
vorliegt, ist in Abhängigkeit vom Werkstoff der Schlankheitsgrad min .
3. Knicken ist kein Festigkeitsproblem, sondern ein Stabilitätsproblem. Sobald die
Knickkraft erreicht wird, erfolgt schlagartig das Versagen eines druckbelasteten Stabs
durch Knicken. Daher muss die vorhandene Kraft bzw. Spannung eine entsprechende
Sicherheit (SK > 2 . . . 4) gegenüber der theoretischen Knickkraft bzw. Knickspannung
haben.
4. Die Knickspannung (für schlanke Stäbe meist nach Euler) hängt nur vom minimalen
Flächenmoment 2. Grades und dem Elastizitätsmodul, ab. Ansonsten ist die Stabgeo-
metrie maßgebend. Wenn ein Stab aus Baustahl eine zu geringe Knicksicherheit hat,
6.5 Lösungen zu Kap. 5 279
bleibt nur eine Veränderung des Querschnitts (evtl. der Länge und der Lagerungspara-
meter). Die Wahl eines höherfesten Stahls führt aufgrund des gleichen Elastizitätsmo-
duls nicht zum Ziel.
5. Bei der Knickung nach Tetmajer liegt die Knickspannung im Bauteil oberhalb der
Proportionalitätsgrenze, also im unelastischen Bereich.
FK
SK D
FAB
Aufgabe 5.2
a) Die Spindel ist entsprechend Knickfall 3 gelagert (siehe Tab. 5.1) mit lK 0,7 l.
Damit ergibt sich der Schlankheitsgrad der Spindel zu 100 > 0 = 88 (für E335),
also Euler-Knickung. Die Knickspannung ist demnach K 210 N/mm2 .
280 6 Lösungen zu Verständnisfragen und Aufgaben
Als vorhandene Spannung liegt die Druckspannung aus der gegebenen Spindelkraft
mit d 50 N/mm2 vor. Damit ergibt sich eine Sicherheit gegen Knicken SK 4,2 für
die unbeheizte Presse.
b) Die Gesamtspannung in der Spindel setzt sich aus der Druckspannung und der Wär-
mespannung zusammen:
K
SK D
d C ˛ # E
Aufgabe 5.3 p
a) Länge des Auslegers l = lK = 52 m2 C 4;92 m2 = 7 m
Der Ausleger wird mit F K nach Knickfall 2 auf Druck belastet
FK 7m
D I FK D 79:234; 62 N 79;2 kN
FG 2;6 m
r
S FK l 2 64 Ierf
Imin Ierf D D 9834;48 cm4 I derf D D 21;16 cmI
4
2 E
d D 22 cm gewählt
i = d / 4 = 5,5 cm
b) = 127,27 > 104 ! Knickung nach Euler; I min = 281 cm4 ! gewählt U 260 mit
I z = 317 cm4 ; A = 48,3 cm2 ! i = 2,56 cm
= 273,44 > 104 ! Euler
D = 8,2 N/mm2 ; K 27,72 N/mm2 ; Stat = 3,38
Aufgabe 5.4
a) F G = 36 kN; F Wasser = m g = l b h g = 147.150 N;
F ges = F G + F Wasser =183.150 N
F St = F ges / 4 = 45.785,5 N
b) Knickfall 2: l = lK = 4000 mm; I min = 141,4 cm4
c) Gemäß Profil-Tabelle I z = I min , gewählt: I 200 mit I z = I min = 142 cm4 ; A = 28,5 cm2 ;
iz = 2,24 cm oder IPB 100 mit I z = I min = 167 cm4 ; A = 26 cm2 ; iz = 2,53 cm
d) = 178 (I 200) bzw. = 158 (IPB 100) ! Euler
6.6 Übungsklausuren 281
6.6 Übungsklausuren
Um ein Gefühl für den Zeitbedarf in einer Klausur zu bekommen, sind nachfolgend die
Aufgaben zweier Klausuren aufgeführt. Zulässige Hilfsmittel: Taschenrechner, ein Blatt
eigene Formelsammlung, Skript. Bearbeitungszeit 90 min. Der Lösungsweg ist vollstän-
dig anzugeben.
6.6.1 Klausur 1
Aufgabe 1 Die drei Stäbe sind miteinander verbunden und spannungsfrei zwischen den
Wänden platziert. Die Temperatur wird von T 1 auf T 2 erhöht.
Gegeben:
T 1 = 20 o C, T 2 = 40 o C
˛ St = 1,2 10 5 K1 ; ESt = 2,1 105 N/mm2
lSt = 300 mm; ASt = 200 mm2
˛ Al = 2,3 105 K1 ; EAl = 0,7 105 N/mm2
lAl = 200 mm; AAl = 450 mm2
˛ Cu = 1,7 105 K1 ; ECu = 1,2 105 N/mm2
lCu = 100 mm; ACu = 515 mm2
a) Bestimmen Sie die Spannung im Stahlstab, wenn beide Wände als starr angenommen
werden.
b) Welche Spannung tritt im Stahlstab auf, wenn die Wände nachgeben (C =
100.000 N/mm)?
Aufgabe 2 Ein im Boden eingespanntes Rohr ist mit einem Flachstahl verschweißt. Auf
diesen wirken die Kräfte F y und F z . Die Länge, um die der Flachstahl gebogen wird,
beträgt l.
282 6 Lösungen zu Verständnisfragen und Aufgaben
l
Fz
A
hR
h
di
Fy
b
dR
Gegeben:
F y = 0,5 kN
F z = 1,0 kN
l = 400 mm
h = 20 mm
b = 30 mm
hR = 1000 mm
da = 70 mm
di = 64 mm
E = 2,1 105 N/mm2
˛0 = 1
a) Bestimmen Sie die vertikale Verlagerung des Punktes A infolge der Kraft F z .
b) Bestimmen Sie die Vergleichsspannung, die im Rohr auftritt. Lassen Sie den Einfluss
der Schubspannung aus Querkräften unberücksichtigt.
Aufgabe 3 Das Profil des skizzierten Biegeträgers ist aus drei Rechtecken zusammenge-
setzt.
6.6 Übungsklausuren 283
5a
2F
2a
F
A B
5a
a
2l l 2l
a
5a
a) Skizzieren Sie den Biegemomentenverlauf für den Balken mit Angabe des größten
Biegemoments.
b) Ermitteln Sie die Lage der Schwerpunktachse des Profils.
c) Wie groß ist das axiale Flächenträgheitsmoment I y für die waagerechte Schwerpunkt-
achse?
d) Wie groß ist die maximale Biegespannung für F = 1 kN, a = 1 cm und l = 1 m?
F
Kolben
Kolbenbolzen
l
Kolbenstange
Bolzen
Kreuzkopf
Pleuel
Gegeben:
Länge l = 350 cm
Flächenmoment 2. Grades I min = 1200 cm4
284 6 Lösungen zu Verständnisfragen und Aufgaben
6.6.2 Klausur 2
l
a
Gegeben:
a) Welche Spannung tritt im Stab 1 auf, wenn die Wand 2 als starr angenommen wird?
b) Welche Spannung tritt im Stab 1 auf, wenn die Wand 2 nachgibt (C = 100.000 N/mm)?
Aufgabe 2 Ein T-Träger wird durch eine Kraft F auf Zug und Biegung beansprucht.
Gegeben:
F = 10 kN
l1 = 200 mm
l2 = 300 mm
a = 10 mm
b = 50 mm
c = 70 mm
6.6 Übungsklausuren 285
F
A B
c
l1 l2
a
Aufgabe 3 In einem Getriebe wird die untere Welle durch eine Radialkraft F R und durch
eine Umfangskraft F U belastet.
FR
FU
dz
dw
l1 l2
Gegeben:
F U = 500 N
F R = 300 N
l1 = 100 mm
l2 = 200 mm
dZ = 200 mm
zul = 120 N/mm2
Wie groß muss der Wellendurchmesser dW sein, damit die maximal auftretende
Vergleichsspannung (Anstrengungsverhältnis ˛ o = 1) die zulässige Spannung nicht über-
schreitet?
Aufgabe 4 Eine mit der Streckenlast q belastete Brücke (E I 1 ) wird durch eine Stahlstüt-
ze (E I 2 ) mit dem Durchmesser dS abgestützt.
Gegeben:
286 6 Lösungen zu Verständnisfragen und Aufgaben
q = 10 kN/m
l = 10 m
h=8m
dS = 200 mm
I 1 = 2 106 mm4
E = 2,1 105 N/mm2
l/2 l/2
q
h
a) Um welchen Betrag senkt sich die Brücke in der Mitte durch?
b) Wie groß ist die Sicherheit der Stütze gegen Knicken?
Aufgabe 1
a) lª D # Œ˛St lSt C ˛Al lAl C ˛Cu lCu
F D 13:104 N
F 13:104 N N N
St D D D 65;52 66
ASt 200 mm2 mm2 mm2
F lSt F lAl F lCu
b) lª D ESt ASt
C EAl AAl
C ECu ACu
C 2F
C
:::
F D D 5639 N
lSt
ESt ASt
C lAl
EAl AAl
C lCu
ECu ACu
C 2
C
F 5639 N N N
St D D D 28;2 28
ASt 200 mm2 mm2 mm2
Aufgabe 2
z hR Fz lhR Fz l 3
a) z D FEA ı
C EIı
l C 3EIFlachstahl
2 2
Aı D d di2 D 70 642 mm2 D 631;5 mm2
4 a 4
4 4
Iı D da di4 D 70 644 mm4 D 35,5 cm4
64 64
b h3 30 mm 203 mm3
IFlachstahl D D D 20:000 mm4
12 12
103 N 1000 mm 103 N 400 1000 mm3
z D C 400
2;1 105 mm
N
2 631;5 mm
2 2;1 105 mm
N
2 35;5 10 mm
4 4
Aufgabe 3
P
a) Fz D 0 D FA C FB 3F ! FA D 3F FB
X
Mb D 0 D F 2l C 2F 3l FB 5l D 0
8F l 8
FB D D F
5l 5
8 15 7
FA D F C F D F
5 5 5
16
Mbmax D Fl
5
14Fl 16Fl
5 5
S1
1
3,5a
a
z1
1,5a
yS yS
S2
z2
4,5a
2
z3
2,5a
emax
0,5a
3 S3
5a .2a/3 a .5a/3 5a a3
Iyges D C 10a2 .2;5a/2 C C 5a2 a2 C C 5a2 .4a/2
12 12 12
40a4 C 125a4 C 5a4
Iyges D C 62;5a4 C 5a4 C 80a4
12
40 C 125 C 5 C 750 C 60 C 960 4
Iyges D a
12
1940 4 485 4
Iyges D a D a 162a4
12 3
Mb 16 F l 27 432 F l
max D D D
Wb 5 970 a 3 4850 a3
F l
max D 0;089 3
a
432 1000 N 1000 mm
max D
4850 103 mm3
N
max 89
mm2
290 6 Lösungen zu Verständnisfragen und Aufgaben
Aufgabe 4
lK
D lK D l D 350 mm
imin
r s
Imin 1200 cm4
imin D D D 2,93 cm
A 140 cm2
350 cm
D D 119;45 120
2,93 cm
D 120 ) Euler-Knickung
2 E 2 210:000 N N
K D 2
D 2 2
144 2
120 mm mm
F 500:000 N N
d D D 2
36
A 14:000 mm mm2
K 144
SK D D 4 ) ausreichend Š
d 36
2 E Imin
FK D
l2
210:000 N 1200 cm4 102 mm2
2
D
3502 cm2 cm2 mm2
FK D 2030;32 kN
FK 2030,32 kN
SD D D 4;06
FD 500 kN
Aufgabe 1
a) lª D ˛ # l
b) lª D ls C a C x2
F
x2 D
C
F l F l 1
) lª D CaC ) lª a D F C
EA C EA C
lª a lª a 0,16 mm
)F D l D l D
CC 1
CC1
103 N
EA Er 2 500 mm
2,1105 N 152 mm2
C 100.000
1
N kN
mm2 mm
D 11;97 kN
F 11;97 kN 11;97 kN N
) D D D D 16;93
A r2 152 mm2 mm2
Aufgabe 2
a)
i Ai zi Ai zi zis = zi zs
mm2 mm mm3 mm
1 600 0 0 15,91
2 500 35 17.500 19,09
P
1100 17.500
P
zi Ai 17:500
zs D D D 15,91 mm
Ages 1100
b)
10 mm 603 mm3 50 mm 103 mm3
Iyges D C 15;912 mm2 600 mm2 C
12 12
C 19;092 mm2 500 mm2
D 518.257,58 mm4
292 6 Lösungen zu Verständnisfragen und Aufgaben
Mb Mb
b D D e
Wb Iyges
1p l2 1p 3 N m
Mb D 2F l1 D 2 10 kN 200 mm 103
2 l1 C l2 2 5 kN 103 mm
D 848,53 Nm
emax D eu D 15;91 mm C 30 mm D 45;91 mm
Mb 848;53 103 Nmm N
bmax D emax D 45;91 mm D 75;17
Iy 518:257;58 mm4 mm2
max D b C z
p p
1
2F 1
2 10 kN 103 N N
z D 2
D 2
D 6;43
Ages 1100 mm2 kN mm2
N N N
) max D 75;17 2
C 6;43 2
D 81;6
mm mm mm2
Aufgabe 3
T T
D D 3
Wt 16 d
dz
T D Fu D 500 N 100 mm D 50:000 Nmm D
O 50 Nm
q2
Fres D FU2 C FR2 D 583;1 N
l2 2
Mb D Fres l1 D 583;1 N 100 mm D O 38;87 Nm
l1 C l2 3
Mb Mb
b D D 3
Wb 32
d
s s
q 2 2
M b T 16 2
v D b2 C 3 2 D 3 C 3 3 D 4Mb2 C 3T 2
32
d 16
d d 3
q
16
D 4Mb C 3Mt
2 2
d 3
q
16
) d3 D 4Mb2 C 3T 2
v
s
q
1
d D 3
4Mb2 C 3T 2
v
s
q
3 16 mm2 2 2
D 4 38;87 103 Nmm C 3 50 103 Nmm D 17,03 mm
120 N
) dw 17,03 mm
6.6 Übungsklausuren 293
Aufgabe 4
a)
5 q l4
wq D
384 E I
Fs l 3
ws D
48E I
5 q l4 Fs l 3 Fs h
wres D wq ws D D
384 E I 48E I EA
Fs h Fs l 3 5 q l4
) C D
A 48I 384 I
h l 3
5 q l4
) Fs C D
A 48I 384 I
5 ql 4
1 5q l 4
) Fs D h iD h i
384 I h
C l
3
384 hI C l
3
A 48I A 48
5 10 .10:000/ 4
D h 6 3
i D 62,5 kN
384 8000210
2002
C 10:000
48
4
4
I D d
64
s h 4h 4 8000 mm
Dq Dq D D D 160 ) Euler
I
d44 d 200 mm
A 64 d2
2 E I
FK D
l2
2 2;1 105 N 2004 mm4 kN
) FK D D 2543,48 kN
mm2 64 80002 mm2 103 N
FK 2543;48 kN
SD D D 40;7
FS 62;5 kN
Verwendete Bezeichnungen und Indizes
7
k Krümmung
k0 bezogene oder spezifische Kosten
L, l Länge
M Material, Moment, Mittelpunktkoordinaten, Schubmittelpunkt
Mg Magnesium
m Masse, Poisson’sche Konstante, Steigung
m0 bezogene oder spezifische Masse
N Lastspiele
N Newton
NH Normalspannungshypothese
n Anzahl, Drehzahl
P Leistung, Steigung des Gewindes
PP Polypropylen
PVC Polyvinylchlorid
p Druck, Flächenpressung
q Streckenlast
R, r Radius
R Werkstofffestigkeit
Rb Randbedingung
S Schwerpunkt, Sicherheitsfaktor, Streckgrenze
s Abstand, Blechdicke, Wandstärke, Weg
SH Schubspannungshypothese
T Temperatur, Torsionsmoment
t Tonne
Üb Übergangsbedingung
V Volumen
v Geschwindigkeit
W Arbeit, Formänderungsarbeit, Widerstandsmoment
w Koordinate, Durchbiegung, spezifische Formänderungsarbeit
x, y, z Koordinaten
˛ Korrekturfaktor, Winkel, Längenausdehnungskoeffizient
ˇ Winkel
Winkel, Winkeländerung, spezifisches Gewicht
,ı Differenz
" Dehnung, Querkürzung
# Temperatur, thermisch
' Anstrengungsverhältnis, Biegewinkel, Neigung, Verdrehwinkel, Winkel-
änderung
, Koordinaten, Korrekturfaktor
Schlankheitsgrad
Querkontraktionszahl (P OISSON’sche Konstante)
Dichte, Krümmungsradius
7.2 Indizes 297
Normalspannung, Spannung
Schubspannung, Tangentialspannung
! Winkelgeschwindigkeit
7.2 Indizes
A, B, C, D Eckpunkte, Schnittbezeichnung
Al Aluminium
a Abscheren, Ausschlagspannung, außen, axial
B Bruch
b Biegung
bd Biegedruckspannung
bz Biegezugspannung
CFK Carbonfaserverstärkter Kunststoff
Cu Kupfer
D Dauer
d Druck
E Elastizitätsgrenze
erf erforderlich
elast elastisch
F Fließen, Fließ-/Stauchgrenze, Formänderung
f Formänderung
G Gewicht
ges gesamt
Grenz Grenzspannung
H Horizontal
h Hauptachse
I Doppel-T
i Zählindex, Index, innere
K Knickung
L Winkel
l Lochleibung
M Material
m Mittelspannung, mechanisch, mittlere
max maximal
mech mechanisch
min minimal
N Normal
n Nenn, normal
o Oberspannung
P Proportionalitätsgrenze
298 7 Verwendete Bezeichnungen und Indizes
p polar
plast plastisch
proj projiziert
q Querkraft
R Reißlänge
r radial
res resultierend
S Schwerpunkt, Stirnfläche, Streckgrenze
s Schub
Sch schwellend
St Stahl
T Traglänge
t tangential, Torsion, Zeit
# thermisch
tat tatsächlich
therm thermisch
u Umfang, Unterspannung
v Vergleichsspannung
vorh vorhanden
W Wand, wechselnd
x, y, z Koordinaten
z Zug
zd Zug-/Druckspannung
zul zulässig
e Streckgrenze
eH obere Streckgrenze
eL untere Streckgrenze
p0,2 0,2 % Dehngrenze
p0,01 0,01 % Stauchgrenze
m Zugfestigkeit
Weiterführende Literatur
1. Assmann, B.: Aufgaben zur Festigkeitslehre, 13. Aufl. Oldenbourg, München (2009)
2. Assmann, B., Selke, P.: Festigkeitslehre, 18. Aufl. Technische Mechanik, Bd. 2. Oldenbourg,
München (2013)
3. Böge, A.: Technische Mechanik. Statik – Dynamik – Fluidmechanik – Festigkeitslehre,
31. Aufl. Springer Vieweg (2015)
4. Brommundt, E., Sachs, G., Sachau, D.: Technische Mechanik. Eine Einführung, 4. Aufl. Olden-
bourg, München (2007)
5. Falk, S.: Mechanik des elastischen Körpers. Technische Mechanik, Bd. 3. Springer, Berlin Hei-
delberg New York (1969)
6. Hibbeler, R.C.: Festigkeitslehre, 8. Aufl. Technische Mechanik, Bd. 2. Pearson Studium, Mün-
chen (2013)
7. Holzmann, G., Dreyer, H.-J., et al.: Holzmann-Meyer-Schumpich. Technische Mechanik – Fes-
tigkeitslehre. Springer Vieweg (2016)
8. Läpple, V.: Lösungsbuch zur Einführung in die Festigkeitslehre. Ausführliche Lösungen und
Formelsammlung, 3. Aufl. Springer Vieweg (2012)
9. Läpple, V.: Einführung in die Festigkeitslehre. Lehr- und Übungsbuch, 4. Aufl. Springer Vieweg
(2016)
10. Muhs, D., Wittel, H., et al.: Roloff/Matek Maschinenelemente. Normung – Berechnung – Ge-
staltung, 23. Aufl. Springer Vieweg (2015)
11. Skolaut, W. (Hrsg.): Maschinenbau, 2. Aufl. Springer Vieweg (2018)
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 299
K.-D. Arndt et al., Festigkeitslehre für Wirtschaftsingenieure,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-26141-2
Stichwortverzeichnis
A Dehnsteifigkeit, 17
Anstrengungsverhältnis, 184 Dehnung, 11–14, 51
Außendruck, 61 Differenzialgleichung 2. Ordnung für die
Axialspannung, 62, 63 elastische Linie, 198
Drehfederkonstante, 131
Drillflächenmoment 2. Grades, 137
B Drillwiderstandsmoment, 137
Beanspruchung Druckbeanspruchung, 35
dynamische, 34, 182 Dünnwandiger Querschnitt, 132
Beanspruchungsarten, 6 Durchbiegung, 197
Belastung
dynamische, 28
ruhende, 28 E
schwellende, 28 Eigengewicht, 28, 49
statische, 28 Elastische Knickung, 244
wechselnde, 28 Elastizitätsgrenze, 13
Bemessungsechnung, 43 Elastizitätsmodul, 16
Bereich Energiemethode nach Castigliano, 224
elastischer, 13 Ermüdungsbruch, 2, 3
plastischer, 13, 14 Euler, 247
Berührungsspannungen, 54 Euler’sche Knickfälle, 249
Biegebeanspruchung, 69
Biegelinie, 195
Biegemoment, 72 F
Biegesteifigkeit, 197 Federrate, 130
Biegung, 69 Federsteifigkeit, 130
Bolzenverbindung, 109 Festigkeit, 10
Bredt’sche Formel, 134 Festigkeitsbedingung, 43
Bruchfestigkeit, 31, 33 Festigkeitshypothesen, 184, 187
Bruchverläufe, 4 Festigkeitslehre, 1
Flächenmomente 1. Grades, 87
Flächenmomente 2. Grades, 89
D Flächenpressung, 54
Dauerbruch, 2, 34 Flächenträgheitsmomente, 85
Dauerfestigkeit, 28 Fliehkräfte, 68
Dauerfestigkeitsschaubild, 32 Fließgrenze, 14, 31, 33, 182
301
302 Stichwortverzeichnis
Werkstoffe Z
duktil, 5, 6 Zeitfestigkeit, 31
Zugbeanspruchung, 34
duktile, 6 Zugfestigkeit, 35
Widerstandsmoment, 83 Zugspannung, 41
Zugversuch, 12
Wirklinie, 41, 82, 263 Zulässige Spannungen, 33
Wöhler-Diagramm, 31 Zusatzsystem, 228